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HANDBUCH
DER
INGEfüEÜRWISSENSCHAFTEN
IN FÜNF BANDEN
Dritter Teil
Der Wasserbau
Herausgegeben
von
J. F. Bubendey, 6. Franzius, A. Frühling, Th. Koehn, Fr. Ereilter,
Th. Rehbock und Ed. Sonne
Dreizehnter Band
Leipzig
Verlag von Wilhelm Engelmann
1906
DER
WASSERBAU
HANDBUCH DER INGENIEURWISSENSCHAFTEN III. TEIL
Dreizehnter Baad
Ausbau von Wasserkräften
und herausgegeben von
Th. Koehn
Stadtbaurat a. D. in Berlin-Granewald
Mit 467 Textflguren, Sachregister und 84 zum Teil lithographierten Tafeln
Verlag von Wilhelm Engelmann
1906
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Übersetzung, sind vorbehalten.
170460 QW^teo
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\"3
Vorwort.
Der grosse bei der Ausstellung in Frankfurt a. M. im Jahre 1892 angestellte
Versuch, eine Wasserkraft von Lauffen a. Neckar nach Frankfurt a. M. auf 175 km
Entfernung in Form von elektrischer Energie zu übertragen, lieferte zum ersten Male
den unanfechtbaren Beweis, dass eine solche Fernübertragung mit wirtschaftlichem Er-
folge möglich sei, und dieser Versuch bildet daher einen ragenden Markstein in der
Geschichte des Ausbaues von Wasserkräften. Bis 1892 konnte man in manchen Gegenden
eher einen Rückgang als einen Forschritt in der Ausnützung der Wasserkräfte feststellen,
weil es vielfach vorteilhafter wurde, neue Arbeitsstellen in unmittelbarer Nähe der Eisen-
bahnen zu errichten und die erforderliche Kraft mit den vervollkommneten Wärmekraft-
maschinen zu erzeugen, als entfernt liegende Wasserkräfte auszunützen.
Die ungefähr gleichzeitig angestellten grösseren Versuche, Kraft in Form von
Druckwasser oder Druckluft fernzuleiten und zu verteilen, haben lediglich den Beweis
erbracht, dass diese beiden Arten von Kraftübertragung wegen der Höhe ihrer Kosten,
wegen ihres verhältnismässig schlechten Wirkungsgrades und wegen ihrer beschränkten
Fernleitungsmöglichkeit mit der elektrischen Kraftübertragung nicht in einen erfolgreichen
Wettbewerb treten können.
Deshalb ist. die völlige Befreiung der Wasserkraft von der Gebundenheit an den
Ort ihrer Gewinnung erst durch ihre Umwandlung in Elektrizität erreicht. Mit dieser
Befreiung begann in fast allen Kulturländern ein früher ungeahnter Aufschwung in der
Ausnützung der Wasserkräfte. Es ist daher natürlich, dass in der überwiegenden Mehr-
zahl der Fälle die Ausnützung der Wasserkräfte in Form von Wasserkraftelektrizitäts-
werken erfolgt und dass ein Zusammenarbeiten des Bauingenieurs, des Turbinen-
ingenieurs und des Elektroingenieurs notwendig ist.
Die Fortschritte, welche alle drei Gruppen von Ingenieuren auf ihren Sonder-
gebieten seit Beginn der neuen Epoche gemacht haben, liegen vor aller Augen. Der
Ausbau eines Wasserkraft-Elektrizitätswerkes muss aber sowohl bei der Projektaufstellung
als auch bei der Ausführung als ein organisch verbundenes Ganzes behandelt werden,
wenn ein einwandfreies Werk entstehen soll.
Vom Beginn der neuen Epoche an bis auf den heutigen Tag hat es aber an der
nötigen einheitlich geleiteten Zusammenarbeit, sowohl bei den technischen und wirt-
schaftlichen Vorarbeiten, als auch bei der Ausführung noch oft gefehlt, und infolgedessen
sind bei einer ganzen Reihe von Wasserkraftwerken grosse Kapitalien unwirtschaftlich
verwendet.
VI Vorwort.
Als Leiter einer deutschen Industrie-Gesellschaft hatte ich Gelegenheit, mich bei
dem Ausbau und der wirtschaftlichen Ausnützung einer Anzahl grosser und kleinerer
inländischer und ausländischer Wasserkräfte zu betätigen. Die hierbei gemachten Er-
fahrungen und die Erkenntnis der oben erwähnten Übelstände haben in mir den Ge-
danken angeregt, zu versuchen, den Ausbau von Wasserkräften als ein zusammen-
hängendes Ganzes in einem Werke zu behandeln und neben der rein technischen auch
die wirtschaftliche Seite aller Einzelheiten der Gesamtaufgabe einer Erörterung zu
unterziehen.
Das vorliegende Buch wendet sich in erster Linie an den Bauingenieur, dem
in der Regel der grösste Anteil an der Gesamtarbeit und zugleich die Aufgabe zufallen
wird, für eine organische Verbindung der wasserbaulichen, motorischen und elektrischen
Teile der Gesamtanlage Sorge zu tragen.
In Erfüllung der gestellten Aufgabe hielt ich es für nötig, eine grössere Anzahl
ausgeführter Beispiele eingehend zu behandeln. Es erschien mir am zweckmässigsten,
diese Beispiele in Kap. II zunächst im Zusammenhange zu beschreiben und bei Bespre-
chung der Einzelheiten in Kap. III alsdann die Vorteile und Nachteile der einzelnen
Anordnungen bei den beschriebenen ausgeführten Beispielen hervorzuheben.
Zwei mitten in der Praxis stehende Ingenieure, die Herren N. Baashuus und
J. Lauf er haben die Freundlichkeit gehabt, mir bei Ausführung meines Planes ihre
Unterstützung zu leihen, und zwar hat der erstgenannte Herr die Bearbeitung des § 5
Kap. III „Die Turbinen", der zweitgenannte die Bearbeitung des § 6 B Kap. III
„Der elektrische Teil der Krafthäuser" unter Benutzung des zum Teil bereits
vorliegenden Materials an Zeichnungen und Abbildungen übernommen. Beiden Herren
spreche ich hiermit meinen besten Dank aus.
Herr Professor Philipp Forchheimer in Graz hat die Güte gehabt, mir eine
Abhandlung über die bei Knickpunkten an Druckrohrleitungen auftretenden Kräfte (S. 940)
zur Veröffentlichung in diesem Bande zur Verfügung zu stellen, wofür ich ihm an dieser
Stelle meinen verbindlichsten Dank sage.
Bei den Verhandlungen mit dem Verlage von Wilhelm Engelmann in Leipzig
wurde mir der Vorschlag gemacht, die ursprünglich als selbständiges Werk gedachte
Arbeit als Band 13 des Teiles HI, „Der Wasserbau" in die vierte Auflage des Hand-
buches der Ingenieur-Wissenschaften aufzunehmen. Diesem Vorschlage habeich
gerne zugestimmt.
Der Verlag hat allen meinen Wünschen in bezug auf die Ausstattung des Bandes
mit Tafeln und Abbildungen in der entgegenkommendsten Weise entsprochen.
Von in- und ausländischen Behörden, Gesellschaften und einzelnen Fachgenossen
ist mir durch Überlassung von Material und von Bildstöcken meine Arbeit sehr
erleichtert worden, und ich fühle mich allen Beteiligten zu besonderem Danke ver-
pflichtet.
Berlin-Grunewald im April 1908.
Th. Koehn.
Handbuch der Ingenieurwissenschaften.
Dritter Teil.
Übersicht des Inhaltes der im Erscheinen begriffenen 4. Auflage :
I. Band. Gewässerkunde.
I. Kapitel: Regen, Grundwasser, Quellen und stehende Gewisser«
II. „ messende Gewässer.
III. „ Praktische Hydraulik.
IL Band. Stauwerke.
I. Kapitel: Wehre.
II. „ Talsperren.
III. „ Fischwege und Fischteiche.
Anhang: Durch Aussweite der Brücken und Durchlässe.
III. Band. Wasserversorgung der Städte.
I. Kapitel: Voruntersuchungen.
II. r Allgemeine Anordnung der Wasserwerke,
m. „ Gewinnung, Reinigung, Aufspeicherung und Förderung des Wassers.
IV. „ Wasserwerkshetrieh.
V. „ Ausführung der Rohrleitungen und Wasserversorgung der Gehäude.
IV. Band. Entwässerung der Städte.
I. Kapitel: Anlagen cur Abführung der Brauch- und Regenwässer.
II. „ Unterbringung und Reinigung der städtischen Abfallwässer.
V. Band. Binnenschiffahrt. Schiffahrtskanäle. Flusskanalisierung.
I. Kapitel: Wasserstrassen. Flösserei und Binnenschiffahrt.
U. „ Binnenschiffahrtskanäle.
III. „ Kanalisierung der Flüsse.
VI. Band. Flussbau.
I. Kapitel: Allgemeines.
II. , Verbauung der Wildbäche.
III. „ Bändigung der Gebirgsflüsse.
IV. „ Verbesserung der schiffbaren Flüsse.
Vm Übersicht des Inhaltes.
VII. Band. Landwirtschaftlicher Wasserbau einschl. Deichbau und
Deichschleusen.
I. Kapitel: Meliorationen«
IL „ Deiche.
ID. „ Deichschleusen (Siele).
VIII. Band. Schiffsschleusen.
IX. Band. Meer. Seeschiffahrt. Küsten.
I. Kapitel: Das Meer.
II. „ Die Seeschiffahrt.
III. „ Die Küsten. Seeuferbau.
X. Band. Strommündungen. Seekanäle.
I. „ Strom mündungen mit schwacher Flut.
II. „ Strommiindungen mit starker Flut.
III. n Seekanäle.
XI. Band. Fluss- und Seehäfen.
I. Kapitel: Flussligfen.
II. „ Seehäfen.
III. „ Hafendämme, Ufermauern und Schiffsbauanstalten.
XII. Band. Seezeichen.
XIII. Band. Ausbau von Wasserkräften.
I. Kapitel: Allgemeines.
II. „ Ausgeführte Beispiele von Wasserkraft-Anlagen.
III. „ Einzelheiten über Entwurf und Ausführung der verschiedenen Bauteile,
über Tarife und den Betrieb von Wasserkraft-Anlagen.
Inhalts - Verzeichnis
des dreizehnten Bandes.
Kapitel I.
Allgemeines.
Seite
§ 1. Geschichtlicher Überblick 1
Die Stauwerke, Kanäle und Wasserräder des Altertums 1
Die Geschichte der neueren Wasserkraftmaschinen 8
Erste Versuche zur elektrischen Kraftübertragung auf weite Entfernungen und die Ent-
wickelung derselben 10
Die verwendeten Wasserkräfte in den einzelnen Ländern und zwar in den Vereinigten
Staaten von N.-A., Canada, Frankreich, Schweiz, Italien, Deutschland 14
Angaben über die Beteiligung von Privatpersonen und Privatgesellschaften einerseits und
von Gemeinden und Staat andererseits am Ausbau von Wasserkräften 20
Die Bestrebungen zur Vereinigung der Wasserkraft-Interessenten 23
Einige hervorragende und um den Ausbau von Wasserkräften verdiente Bauingenieure . . 24
Literaturangaben zu Kap. I § 1 25
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung für Wasserkraftanlagen und für elektrische Stark-
stromanlagen in verschiedenen Ländern 26
A. Die Lage der Gesetzgebung für Wasserkraftanlagen 27
I. Allgemeine Gesichtspunkte 27
1. Die Frage des Eigentums an dem Bette der Gewässer. 2. Das Nutzungsrecht am
Wasser, 8. KonzessioDswesen, 4. Weitere Entwicklung des Wasserrechtes.
IL Die gegenwärtige Lage des Wasserrechtes in verschiedenen europäischen Landern
Italien 88
Frankreich 86
Schweiz 41
Österreich-Ungarn 42
Deutschland: a) Preussen, b) Qayern. c) Sachsen, d) Württemberg,
e) Baden 48
III. Die fttr die Erlangung einer Konzession und für die Genehmigung der Bauten not-
wendigen Unterlagen 56
X Inhalto-Vebzeichxis.
Seit«
B. Dio Gesetzgebung betreffend die Führung von Starkstromleitungen in
Italien, Frankreich, Schweiz, Deutschland 58
Literatnrangaben zu Kap. I§2 64
Anhang zu Kftp. I § 2 65
enthaltend in Anlage I aus der italienischen Gesetzgebung
a) Art 5 des Gesetzes vom 20. August 1884 (Legge concernente le derivazioni di acque
pubbliche ^, welcher von der Verlängerung der auf je 30 Jahre zu erteilenden Kon-
zessionen handelt 66
b) und c) Art 36 und 37 aus den dazu gehörigen Ausführungßbestimmungen .... 66
d) Art 25, 26, 27 des Gesetzes vom 29. März 1903 betreffend die Übernahme von
öffentlichen Betrieben, wie Wasser- und Elektrizitätswerken etc. durch die Gemeinden.
(Legge sulTassanzione diretta dei pubblici servizi da parte dei Comuni) 67
e) Die Verfügung des Ministers für offen tl. Arbeiten vom 17. VI. 1898, betr. die Be-
schränkung der Eonzessionserteilung auf solche Wasserkräfte, welche für den
elektrischen Betrieb der Hauptbahnen nicht in Betracht kommen können .... 69
Anlage II aus der französischen Gesetzgebung:
a) Den Gesetzentwurf betreffend Wasserkraftanlagen an Privatflassen mit voraus-
geschickten ausfuhrlichen Motiven des Ministers für Landwirtschaft M. R. Ruau
(Projet de Loi relatif aux usines hydrauliques sur les cours d'eau non navigables ni
flottables) 71
b) Das Gesetz über die Verteilung elektrischer Energie vom 15. Juni 1906 (Loi du
15 juin 1906 sur les disfaributions d'energie) 84
c) Bericht des Senators Chautemps Aber das Gesetz su b) und Vorschlag eines
Spezialgesetzes betr. die Verweodung von elektrischer Energie französischen
Ursprungs im Auslande (Rapport fait au nom de la Commission, chargee d'examiner
Im proposition de loi, adoptee par la Chambre des Deputes sur les distributions
d'energie) 90
Anlage III aus der schweizerischen Gesetzgebung
a) Vorlage des Bundesrates vom 4. Dezember 1905 betr. die Verwendung von elektrischer
Energie schweizerischen Ursprungs im Auslände und Entwurf zu dem Beschluss
des Nationalrates vom 8a März 1906 92
Anlage IV aus der deutschen Gesetzgebung
Das auf Grund des Gesetzes vom I. IV. 1879 und des Ges. vom 19. V. 1891 durch
königl. Verordnung genehmigte Statut der .Wupper-Talsperren-Genossenschaft* . . 94
§ 8. Schätzung der Wasserkräfte verschiedener Länder und zwar: Deutschlands, Frank-
reichs, der Schwele, Österreich-Ungarns, Italiens, Norwegens, Schwedens, Englands 100
Allgemeine Betrachtungen über den Wert von Wasserkräften 112
Angaben über die in Deutschland und Frankreich verwendeten Dampfkrtfte . . . 116
Die Wasserkräfte der Wellenbewegung und der Ebbe und Flut 116
Literaturangaben zu Kap. I§8 117
4. Die technischen Vorarbeiten 118
1. Das Gefälle 118
Betrachtungen Aber das Gefälle in Flössen, welches sich wirtschaftlich für Wasser-
kraft-Anlagen noch ausnutzen läset. Gefälle in den Hauptströmen Deutschlands und
Frankreichs. Die Aufnahme von Wasserspiegelnivellements. Die Feststellung des
Langenprofils der Flussohle. Das Auftragen der Querprofile.
2. Die Beschaffenheit der Sohle 127
3. Die Geschiebeführung 128
Angaben über die Geschwindigkeiten, bei denen die Flusssohle angegriffen wird ... 128
Angaben flbrr Sinkstoffe und Geschiebemengen in Flüssen 129
Angaben über Wassergeschwindigkeiten, bei denen die Geschiebe und Sinkstoffe noch
bewegt werden 182
Angaben Aber die Theorie der Geschiebebewegung 133
(vergl. hierzu auch S. 789)
>»
Inhalts- Verzeichnis. XI
Seit«
4. Die Eisbildung 185
5. Die sekL Wassermengen 196
Begriffsbestimmung der einzelnen charakteristischen sekl. Wassennengen 137
Darstellung der tagl. sekl. Wassermengen und Wasserstände 189
Mitteilungen aber die hydrometrischen Dienste in Deutschland 143
in Österreich-Ungarn, in den Vereinigten Staaten von N. A 146
in Italien, in der Schweiz, in Frankreich 146
A. Die indirekte Ermittelung der sekl. Wassermengen 149
1. Die Niederschlagshöhen 150
Jahrliche Regenhohen, monatliche Regenhöhen, tägliche Regenhöhen, Sturzregen 158
2. Die Verlusthöhen und ihre Ursachen 165
a) Die Verdunstung 165
Jährliche Verdunstungshöhen, monatliche Verdunstungshöhen, tagliche Ver-
dunstungshöhen 167
b) Die Versickerung 178
c) Der Pflanzenwuchs 175
3. Die Abflussmengen oder Abflusshöhen (Ergiebigkeit) 175
a) Jahrliche Abflussmengen und jahrliche Verlusthöhe 175
b) Abflussmengen und Verlusthöhe bei Hochfluten 177
c) Monatliche Abflussmengen und Verlusthöhen 178
d) Sekl. Abflussmengen pro qkm Vorflutgebiet bei den einzelnen charakteristischen
Wasserständen in den verschiedenen Flussgebieten 180
Kuren der sekl Wassermengen der Rhone bei St Maurice und der
Durance bei Bompas 185
Gröeste sekl. Abflussmenge pro qkm 189
B. Direkte Ermittelung der sekl. Wassermengen durch Messungen 190
Wahl der Messprofile, Anbringung der Pegel zur Beobachtung der tagl. Wasserstande,
Pegellatten, selbstschreibende Pegel 191
Messung durch künstliche Oberfalle 194
Gerate zur Geschwindigkeitsmessung 196
a) Schwhnmermessungen, b) Röhrenmessungen, c) Flügelmessungen 198
Darstellung und Berechnung der mittleren Vertikal-Geschwiadigkeit 209
Berechnung der mittleren Profilgeschwindigkeit 209
Verweadung der Messresultate zur Feststellung der sekl. Wassermengen bei ver-
schiedenen Wasserstanden 210
6. Die künstlicheRegelung dersekl Wassermengen durch Seeregulierungen 213
I. Vorarbeiten 213
Wert der Gleichmassigkeit des Abflussvorganges. Über den regulierenden Ein-
Anas der Seen. Feststellung der tagl. Abflüsse und Zuflüsse 214
Untersuchungen Ober die geologische Beschaffenheit der Ufer etc 218
Vorteile, welche neben der Kraftgewinnung durch Seekorrektion erzielt werden
können 218
Die Feststellung des Stauraumes 219
II. Die baulichen Einrichtungen 221
IIL Beispiele 224
a) Die Regulierung des Genfer Sees, b) Die Regulierung des Lac d'Anoecy,
c) Die Regulierung der Masurischen Seen, d) Die Regulierung der Seen
Westpreussens, e) Regulierung des Lago Maggiore, f) Regulierung der
Lac s de Jouz et de Brenet, g) Regulierung des Lac de Ghallain,
h) Regulierung des Lac Crozet, i) Regulierung des Lac de la Girotte 224
7. Die Untersuchung des Baugrun des 231
Literaturangaben zu Kap. I § 4 231
§ 5. Die wirtschaftlichen Vorarbeiten 234
1. Die Anlagekosten von Wasserkraftanlagen 234
Vorschlage für eine einheitliche Sammlung von Zahlenmaterial für die Kosten ausgeführter
Anlagen . 236
XII Inhalts «Verzeichnis.
Seite
Tabelle der Anlagekosten von 17 Wasserkraftanlagen 242
Kosten von Wasserkraftanlagen nach 0. v. Miller 249
Tabelle IV, Kosten des wasserbaulichen Teiles von Wasserkraftanlagen bezogen a) anf
die grftsste Leistung in PSe, wofür die Wasserfassnng nnd Wasseraofflhrung gebaut
sind nnd b) auf die Leistung in PSe, welche als ständig vorbanden su betrachten ist 250
Bewertung von standigen nnd unständigen Wasserkräften anf Grundlage der jährlichen
Betriebskosten 252
Angaben Aber Beschaffungskosten von Turbinen 256
Preisangaben Aber die Kosten der elektrischen Einrichtung von Krafthäasern .... 260
Überschlägliche Kosten von Fernleitungen pro km Länge 264
2. Die Betriebskosten von Wasserkraftanlagen 266
Begriffsbestimmung für indirekte und direkte Betriebskosten 268
Tabelle der Betriebskosten bei 3000 Betriebsstunden f&r Wasserkraftanlagen von 200,
600 und 2000 PSe 272
Tabelle der Betriebskosten desgl. bei 7200 Betriebsstuuden jährlich 274
Tabelle der Betriebskosten bei 8520 Betriebsstunden jährlich, wie oben 275
3. Vergleich von Wärmekraftanlagen. mit Wasserkraftanlagen .... 278
I. Die Hetssdampfmaschinen 279
A. Die Kolbenmascbinen, B. Die Dampfturbinen, C. Die Dampfkessel .... 279—290
Anisgekosten von Kolbendampfmaschinen 290
Betriebskosten von Anlagen mit Kolbendampfmaschinen 295
II. Die Abwärme-Kraftmaschinen 309
III. Die Gasmotoren und zwar die Leuchtgas-, Kraftgas- und Gichtgasmotoren . . 310—315
Die Benzin- und Dieselmotoren 815—317
4. Betriebskosten von Wasserkraftanlagen mit Reserve in Wärmekraft-
maschinen mit 3 Tabellen 318—322
5. Die Feststellung des Kraftbedarfs und die Rentabilitätsberechnung . 323
a) Die Feststellung des Kraftbedarfs 323
b) Die Rentabilitätsberechnung 336
Literaturangaben zu Kap. I § 5 339
Kapitel IL
Beispiele.
Vorwort 341
§ 1. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk am Tessin bei Vizzola der Societa Lombards
per Distribnzione di Energia Elettrica in Mailand (Tafel I— III) 341
§ 2. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk am Naviglio Grarde bei Turbigo der Societa
Lombarda per Distribnzione di Energia Elettrica in Mailand (Tafel IV— VII) . . 854
§ 8. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk am Brembo der Societa Bergamasca per
Distribnzione di Energia Elettrica (Tafel VIII u. IX) 360
§ 4. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Funghera an der Stnra in der Valle di Lanzo,
Piemont, der Societa Anonima Elettricita, Alta Italia (Tafel X) 367
§ 5. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk an der Stnra di Ala bei Ceres, Piemont, Italien
(Tafel XI) 369
§ 6. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk an der Cenischia bei Novalesa, Piemont, Italien
(Tafel XII) 372
§ 7. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk an der Dora Baltea im Aosta-Tale der Societa
Industriale Elettrochimica di Pont Saint-Martin (Tafel XIII— XV) 378
§ 8. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk an der Adda bei Morbegno der Societa per la
Trazione Elettrica snlle Ferrovie (Tafel XVI u. XVII) 385
§ 9. Das Wasserkraft- Elektrizitätswerk am Doubs der Societe des Forces Electriques
de la Gonle (Schweiz) (Tafel XVIII) 396
§10. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk an der Orbe in Les Ctees bei Tverdon (Schweiz)
(Tafel XIX) 402
Inhalts -Verzeichnis. XIII
Seit«
§ 1 1. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Kabel bei St. Gallen (Tafel XX u. XXI) ... 407
§ 12. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Wangen a, d. Aare (Tafel XXII u. XXIII) . . 420
§ 13. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Beznau a. d. Aare (Tafel XXIV u. XXV) ... 438
§ 14. Das Kanderwerk bei Spie« am Thaner-See (Tafel XXV n. XXVI) 436
§15. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk der Stadt Genf bei Chevres an der Rhone
(Tafel XXVII u. XXVIII) 442
§ 16. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk an der Rhone bei St. Maarice der Stadtgemeinde
Lausanne (Tafel XXVIII u.' XXIX) 458
§17. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk in La Dernier bei Vallorbe der Compagnie
Vandoise des Laes de Joux et de 1 Orbe (Schweiz) (Tafel XXX u. XXXI) 460
§18. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk am Lac Tanay bei Vouvry 468
§19. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk am Aarekanal bei Hagneck (Tafel XXXII und
XXXIII) 473
§ 80. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk der Aktieselskabet Hafsland am Glommen in
Norwegen (Tafel XXXIH) 480
§ 21. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk bei Kykkelsrod am Glommen in Norwegen
(Tafel XXXIV) 486
§ 22. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk bei Jajce der Bosnischen Elektrizitäts-Aktien-
gesellschaft (Tafel XXXV u. XXXVI) 491
§ 23. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk am Drac bei Avignonnet der Societe* Greno-
bloise de Force et Lnmiere (Tafel XXXVII) 497
§ 24. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk an der Rhone bei Lyon der Societe Lyonnaise
des Forces Motrices da Rhone (Tafel XXXVIII-XLI) 507
§ 25. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk an der Romanche bei Livet (Isere) Frankreich
(Tafel XLI) 528
§ 26. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk am Drac bei Champ (Isere) der Societe Hydro-
electrique de Eure et Morge (Tafel XLII u. XLIII) 531
§ 27. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk der Ontario Power Company of Niagara Falls
(Tafel XLIV) , 542
§ 28. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk der Niagara Falls Power Co 545
§ 29. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk der Niagara Falls Hydraalic Power and
Maanfactaring Company (Tafel XLIV, Fig. 7-9) 548
§ 30. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk in Saalt St. Marie (Michigan) der Michigan
Lake Saperior Power Co 551
§31. Das Lech-EIektrizitätswerk Gersthofen bei Augsburg der E. A. G. vorm. W. Lah-
meyer & Co. in Frankfurt a. M. (Tafel XLV) 555
§ 32. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk am Neckar bei Marbach für die Stadt Stattgart
(Tafel XLVI) ". 570
§ 33. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Rheinfelden am Rhein der Kraftübertragungs-
werke Rheinfelden A. G. (Tafel XLVII) 577
§ 34. Die Urft-Talsperre bei Gemflnd in der Eifel (Tafel XLVIII u. XL1X) 585
§ 36. Die Talsperre am Queis bei Marklissa (Erbaut von der preussischen Provinz Schlesien)
•Tafel L) 594
Literaturangaben zu Kap. II in Form einer tabellarischen Zusammenstellung
von 55 weiteren neuen Wasserkraftanlagen 601—611
Kapitel III.
Einzelheiten
über Entwarf and Ausführung der verschiedenen Bauteile, übe-* Tarife and den Betrieb
von Wasserkraftanlagen.
§ 1. Stauwerke 612
A. Wehre (Tafel LI) 612
1. Die Wirkungen der Wehre 612
2. Die verschiedenen Arten der Wehre 614
8. Die Wahl der Stelle für das Wehr und die Anordnung desselben zur
Stromrichtung 614
XIV Ihhaltb-Verzeichfis.
Mte
4. Dia Stauhöhe 618
5. Die Berechnung der 8tauhöhen und Wehrlängen, der Durchfluss-
profile und der Stauweiten 621
A. Die Berechnung der Stauhöhen und Wehrnngen 621
Zahlen werte für die ErfahrnngsgrOesen p & und /t, 624
Grössere Versuche ans dem Jahre 1885 zur FeatateDnng derartiger Zahlenwerte
an einem Wehre im Teaain und einem Measwehr des Villoresikanala
(Italien) 625
B. Die Berechnung der DorchflnaspronJe bei Sehützenwehren 629
C. Die Berechnung der Stauweite 630
Ungleichförmige Bewegung des Wassers 631
Ermittelung der Staaweite ans der Stauhöhe 638
Ermittelung der Stauhone ans der gegebenen Stauweite 634
Tabelle I zur Berechnung 0er Stsukarven 636
6. Die festen Wehre 638
A. Die Wehre aus Stein und Beton 638
Wahl des Querprafils eines festen Wehres 638
Lage des Wehres im Flusse 688
Gestaltung des Abfallbodens 639
Beispiele für die Nachteile geneigter, glatter Abfallboden 640
Form des Abfallrftckens 643
Wehre mit Wehrkörpern in Beton oder Siein, aber mit AbfaUbödea in Holzkon-
struktion 645
B. Feste hölzerne Wehre 645
7. Bewegliche Wehre 648
a) Hölzerne Schotsenwehre 649
b) Schtttzenwehre in Stein und Eisen 650
c) BoUadenwehre 651
d) Nadel wehre 651
e) Klappen- und Trommerwehre 653
f) Walzenwehre (siehe Berichtigungen und Ergänzungen).
& Grundablisse oder Kieafreiliufe 655
9. Flossgassen und Eisschfitzen 657
10. Fischpisse 659
11. Die statische Berechnnag der Wehre 660
a) Die Berechnung eines Griesstinders 660
b) Die Berechnung eines Wehrpfeilers 661
c) Die Berechnung des Wehrkörpers eines massiven Wehres 665
d) Die Berechnung eines Nadelwehres 665
e) Die Berechnung Ton einseitig dem Wasserdruck ausgesetzten Mauern .... 665
f) Die Berechnung von Ufer- und Stützmauern mit einseitigem Erddruck .... 668
Tabelle II, Abmessungen und Beanspruchungen von Stütz* und Kaimauern mit
trapezförmigen Querschnitten * . 671
12. Die Ausführung der Wehre 671
Die Fnndierung der Wehre 671
Der Baugrund 672
Tabelle III, Werte für die zulässige Belastung bei Yerschiedenen Bodenarten . . . 673
Hölzerne und eiserne Spundwände 674
Das Eintreiben der Pfähle 675
Die Wasserhaltung 677
Der Beton 678
Die DracUuftgrundungen 681
Kosten der Dracklaftgrttndnngen 686
Literaturangabe zu Kap. DI § 1, Stauwerke, A. Wehre 687
B. Die Talsperren (Tafel LH) 693
a) Einige Angaben zur Geschichte des Talsperrenbaues 693
Inhalts -Verzeichnis. XV
Seite
Indische, spanische, algerische Talsperren, Englische Talsperren in Ägypten . . . 694
Die Talsperre der Gfleppe bei Verviers (Belgien) 698
b) Die verschiedenen Verwendungszwecke des aufgespeicherten
Wassers 698
c) Die Auswahl des Tales für eine Sperre 702
d) Die Wahl der Stelle für das Stauwerk und Auswahl der Bauweise 708
1. Geschüttete Dämme 704
Französische Bauart der Dämme 704
Staudämme mit Dichtungskern 707
2. Sperrmauern aus Stein oder Beton, oder Stein und Eisen 707
Tabelle XI, Angaben über Krümmungshalbmesser bei 18 Sperren 709
e) Einige besondere Ausführungsarten von Talsperren 709
Sperre von Otay (Kalifornien) 709
Staudamm am East-Canyon- Cr eek (Kalifornien) , 709
Staudamm am Bowman (Kalifornien) 709
Talsperre in Eisen bei South fork (Kalifornien) 710
Sperre des Sees Orldon (französische Pyrenäen) 711
Der Sweetwaterdam (Kalifornien) 711
Der Bearvaileydam 712
f) Die Feststellung des Fassungsvermögens eines Tales. Bestimmung
der für einen verfolgten Zweck erforderlichen Grösse des Stau-
raumes, sowie die Verteilung der Kosten 712
Tabelle XH, Angaben über das Verhältnis von Stauinhalt zur mittleren Zuflussmenge,
sowie über die Anlagekosten von 17 Intzeschen Talsperren 716
g) Die Ausführung von Sperrmauern 718
Gewinnung des Steinmaterials 719
Transport des Materials zur Baustelle 720
Hilfestauwerke 720
Ableitung des Wassers 721
Abmessung der Baugrube 721
Herstellung der Betonsohle 722
Abdichtung der Mauer 728
Mörtelmjaehungen 725
h) Die Entwässerung des Mauerinnern 727
i) Die Beobachtung der Bewegungen der Mauer 727
k) Die Überläufe und die Vorrichtungen für die Wasserentnahme . . 728
1) Die Ablagerungen innerhalb. des Staubeckens und ihre Beseitigung 729
m) Einige weitere Beispiele ausgeführter Talsperren 780
Die Ennepe •Sperrmauer 780
Die Staumauer des Furens 731
Die Staumauer des Mouche 732
Die Talsperre im Sioulef lasse, Departement Puy. de Dome zu Queille. bei
Clairemont " ' 784
Die Talsperre in Vyrnwy (England) für die Wasserversorgung von Liverpool 784
Die Staubecken im Crotongebiet zur Wasserversorgung von New York . . 786
n) Zerstörte Talsperren 739
Die alte Puentes Speire (Maicia, Südspanien) 789
Die Habrasperre in Algier 789
Die Sperrmauer von Bouzey 740
o) Die statische Berechnung der Talsperren 741
Vorschriften zur Berechnung der Talsperren in Frankreich 742
Anleitung für Bau und Betrieb von Sammelbecken in Preussen, Ministerialerlass
vom 24. Mai 1907 (siehe Berichtigungen und Ergänzungen).
Literaturangaben zu § 1 B, Talsperren 745
C. Stauweiber nnd Druckbecken 746
a) Stauweiher 746
Grunde für die Anlegung von Stauweihern 747
\
XVI Inhalts -Verzeichnis.
Seite
Die beste Lage eine« Stauweihers 747
Wasserverluste durch Verdunstung, Eisbildung etc 750
Vorteile und Nachteile der geschlossenen Stauweiher gegenüber den offenen . . . 751
Rentabilität einer Stauweiheranlage 752
b) Druckbecken 754
Druckbecken des Elektrizitätswerkes Olten-Aarburg 754
Druckbecken beim Kraftwerk des Kantone 8chaffh.au sen a. Rh. 756
Projektierte Ausnutzung zweier benachbarter, in ungleicher Höhe liegender Seen als
Druckbecken durch die Societä Lomba-rda per distribuzione di energia
elettrica in Mailand 756
2. Die Werkkanäle (Taf. LIII) 759
a) Allgemeines 759
Vorarbeiten zum Projekt eines Werkkanals 761
Preise für Bodengewinnang und Beförderung des Bodens 768
Tab. HI, IV und V, Preise für verschiedene Bauteile 770
b) Die Wahl des Gefälles und des Kanalprofils 772
Die Wasserbewegung in offenen Kanälen 772
Tab. VIII, Zusammenstellung der bei 15 ausgeführten Werkkanälen gewählten Werte
für die Geschwindigkeit 779
Tab. IX, Qrösste zulässige Geschwindigkeiten an der Sohle für verschiedene Arten des
benetzten Umfanges 782
Aufsuchung des vorteilhaftesten Profils mit Bezug auf die Wasserbewegung und die An-
lagekosten (vergl. hierzu Nachtrag zu § 2) 782
Geschiebefahrung in Werkkanälen 789
Praktische Hinweise für die Wahl der Kanalprofile 790
Untersuchung des Terrains in bezug auf Rutschungen 793
Rutschungen bei der Anlage Wangen 798
Verpackungen beim Werkkanal der Usine de la Pombliere (Savoien) 795
Kanalbrücken und Dakeranlagen. 795
Tunnelprofile 798
c) Der Einlauf und die Regulierungswerke 798
Offene Einlaufe 799
Geschlossene Einlaufe 800
Verschluss der Öffnungen des Regulierungswerkes 802
Tab. X, Abmessungen von Einflussöffhungen an ausgeführten Regulierungswerken . . 808
Standsicherheit eines Regulierungswerkes 805
Fundierung des Regulierungswerkes 806
Anschluss an das Ufer , 806
Sohlenbefestigung hinter dem Regulierungswerk 807
d) Die Oberläufe und die Ablaufkanäle 808
Lage des Überlaufe 808
Berechnung der fiberfliessenden Wassermenge 809
Tab. XII, Übersicht über die Höhe des Wasserstrahls bei Beginn und bei voller Aus-
bildung der Einschnürung nach Cesare Gipolletti 811
Die bauliche Einrichtung der Überläufe und Ablaufkanäle 814
Röhrenförmige Ablaufkanäle 817
Berechnung der Ablaufkanäle 818
e) Die Ablagerungsbecken 818
Grunde für Anlegung eines Ablagerungsbeckens 818
Entwicklung von Leitsätzen für die Wahl der Abmessungen und die bauliche Einrich-
tung von Ablagerungsbecken 821
Anwendung der entwickelten Leitsätze auf ausgeführte Beispiele und zwar auf die An-
lagen St Maurice-Lausanne, Pont St Martin, La Pombliere (Savoie)
bei Moutiers, Wangen 824
f) Die Druckkammern, die Turbinenkammern und die Rechen 827
Die Druckkammern 827
Inhalts-Verzeichnis. XVII
StiU
Ausmündung der Druckleitungen 829
Schützen- und Schieberanlagen zum Abschluss der Druckkammern 829
Filteranlagen für das zur Turbinenregulierung erforderliche Druck w asser in Verbindung
mit Dru kkammern 830
Druckkammer der Usine de Ja Pombliere bei Moutiers 880
Lage und bauliche Einrichtung der Turbinenkammern 881
Anlegung des Rechens 882
Abhaltung des Eises 888
Das Grundeis 884
Vorrichtung zum Freihalten des Rechens von Grundeis bei der Anlage Hafslund . . 888
Vorschläge zur Einführung liegender Rechen anstatt stehender mit Beispielen .... 841
g) Die Ausführung der Werkkanäle 848
S 3. Schätzen (Taf. L1V bis LVII) 847
1. Verschlüsse, welche in ebenen Flächen auf und ab bewegt werden . . 848
a) Hölzerne Schützen 848
Tafel der Reibungszahlen der gleitenden Reibung 850
Hölzerne Schützen mit Rollen 851
b) Eiserne Schützen 852
Grundrissform der Schützen 858
Eiserne Schützen mit Rollen 857
Die Stoneysche Walzenführung 857
c) Die statische Berechnung der Schützentafeln 858
d) Die Aufzugsvorrichtungen und einige Angaben zu ihrer Berechnung 859
Die Auf zugsvorrichtungen 860
Berechnung der Kraft und der Zeit, welche zur Hebung einer Schütze nötig ist . . 864
2. Glockenschützen (Zylindercchützen) 867
3. Drehschützen 869
Drehtore mit lotrechten und wagerechten Drehachsen . 869
4. Selbsttätig wirkende Schützen 871
Nachtrag so § 2, Werkkanäle.
Ableitung von Formeln für die Ermittelung des wirtschaftlich günstig-
sten Querschnittes von Werkkanälen und für das wirtschaftlich gün-
stigste Gefälle unter Berücksichtigung des Nutzwertes der durch das
Gefälle verloren gehenden Kraft und der in Prozenten der Anlage-
kosten auszudrückenden Betriebskosten 872
§ 4. Druckrohre ^Taf. LV1H bis LX) 876
1. Die Bestimmung des lichten Durchmessers 877
Tabelle I über sekundliche Geschwindigkeiten in ausgeführten Druckrohren 878
Tabelle der sekl. Wassermengen Q, welche bei einem bestimmten Durchmesser und eiuer
bestimmten Geschwindigkeit durch eine Leitung fliessen 881
Ableitung von Formeln zur Berechnung des wirtschaftlich günstigsten Durch-
messers unter Berücksichtigung des Nutzwertes der durch die Druck Verluste ver-
loren gehenden Kraft und der in Vonhundert der Anlagekosten auszudrückenden Be-
triebskosten 882
Die Druckverluste in einer Druckleitung 886
a) Der Verlust an der Ausmündungsstelle 886
b) Der Verlust auf einer geraden Strecke 886
c) Berechnung der Verluste bei Richtungsänderungen 887
d) Druckverlust an einem Schieber und einer Drosselklappe 887
e) Druckverluste an Stellen, wo Querschnittsveränderungen stattfinden 888
} 2. Die Festigkeit zylindrischer Rohre und die Vorrichtungen zum
, Schutze der Druckrohre gegen Wasserschläge.
a) Gleichmässig verteilter, der Höhe der ruhenden Wassersäule entsprechender
Innendruck > der gleichmässig verteilte äussere Druck 889
• b) Ungleichmässig verteilter Innendruck 890
I Handbuch dar Ing.-WUatnwjh. Ol. TelL 13. Bd. II
XVIII Inhalts -Verzeichnis.
S*ite
a) Für ein volles Rohr mit druckfreiem Scheitel und einer Auflagerung nur an der
tiefsten Stelle 891
ß) Für ein volles Rohr mit druckfreiem Scheitel und einer Auflagerung in ganzer
Breite 891
y) Für ein volles Rohr mit druckfreiem Scheitel und einer Auflagerung in be-
liebiger Breite 892
c) Die gleichmässig verteilten äusseren Drücke > als die gleichmassig verteilten
Innendrücke 893
d) Die Beanspruchung der leeren Leitung durch eine Einzellast 894
e) Beanspruchung zylindrischer Rohre durch Erddruck 895
f) Die Beanspruchung durch Wasserschläge und die Vorrichtungen zum Schutze der
Druckrohre gegen solche 897
Feststellung der Druckerhöhungen bei verschiedenen Schlusszeiton 901
Tabelle III, Übersicht über die Wandstärken und die Art der Verlegung von Druckrohr-
leitungen, die Entfernung der Stützpfeiler bei offener Verlegung und die Art der
Sicherheitsvorrichtungen gegen Wasserschläge bei 21 Anlagen 902, 908
Von den Mitteln, um die Wasserschläge unschädlich zu machen, wie Windkessel, Stand-
rohre, Sicherheitsventile etc 907
Rücksichten auf die Erleichterung des Transportes bei der Wahl des Durchmessers einer
Druckleitung 912
8. Die verschiedenen Materialien für Druckleitungen.
A. Eiserne Rohre 913
Gusseiserne Rohre und ihre Verbindungen 918
Tabelle IV. Die Hauptabmessungen gusseiserner Muffenrohre nach den Festsetzungen
des Vereins deutscher Ingenieure und des Vereins der Gas- und Wasserfachmäner
Deutschlands 914
Tabelle V. Die Hauptabmessungen gusseiserner Flanschenrohre nach den Verein-
barungen des Vereins deutscher Ingenieure und des Vereins der Gas- und Wasser-
fachmänner Deutschlands 916
Rohre aus Schweisseisen, Flusseisen, Siemens-Martin-Stahl 918
B. Druckrohre aus armiertem Beton 920
G. Sonstiges Material für Druckleitungen 921
Druckrohre aus Holz 921
In den Felsen eingesprengte Tunnel als Druckleitungen 922
4. Die Verlegung eiserner Drnckrohre 922
Offene Verlegung 922
Eisbildung im Druckrohr 923
Fundierung der offenen Druckleitungen 924
Bedeckte Verlegung 927
Verlegungsart, welche die Vorteile der offenen und bedeckten vereinigt 927
Transport der Druckrohre an die Baustelle 928
Dükeranlagen und Beispiele ihrer Ausführung 929
5. Die Vorrichtungen zum Ausgleich der Längenänderungen und die Ver-
ankerungen an den Knickpunkten 930
Dilatationsvorrichtungen , 930
Entwickelang von Formeln für die Berechnung der erforderlichen Verankerung an
schärferen Kniokpunkten 981
6. Die Vorrichtungen zum Abschluss, zur Entleerung, Entlüftung und
zur Unterhaltung der Druckleitungen 942
7. Die Einmündung der Druckrohre in die Turbinen 943
Literaturangaben zu Kap. III. § 4 945
| 5. Die Turbinen (Taf. LXI bis LXXVI) (bearbeitet von Ingenieur N. Baashuus) .... 947
1. Einleitung 947
2. Turbinensysteme und Turbinencharakteristik 949
8. Erster Entwurf von Turbinenanlagen 952
Bestimmung der Hauptabmessungen der Turbinen 954
Inhalts-Verzeichnis XIX
Salt»
Bestimmung der Gewichte 956
4. Verwendung der Turbinen bei verschiedenen Gefällen 958
5. Saugrohrwirkung und zulässige Saughohe 959
6. Die Francisturbinen 961
Die verschiedenen Regulierungssysteme 962
a) Francisturbinen im offenen Schacht 964
VerUkalturbinen 964
Horisontalturbinen 966
b) Francisturbinen in geschlossenem Gehäuse 967
Yertikalturbinen , . . 968
Horisontalturbinen 969
7. Die Peltonturbinen 970
8. Radiale Girard- oder Schwamkrugturbinen 972
9. Andere Turbinensysteme 974
Die Henschel-Jonvalturbine 974
Axiale Girardturbine 974
Grensturbinen 975
Konusturbinen 975
10. Lagerung und Kuppelung von Turbinenwellen 976
11. Turbinenbremsung und Wassermessung 977
12. Geschwindigkeitsregulatoren und Nebenauslässe 979
Literaturangaben zu Kap. III, § 5 982
| 6. Krafthäuser.
A. Der bauliche Teil (Taf. LXXYII) 988
1. Allgemeines.
a) Wahl der Stelle für das Krafthaus 988
Beispiele von Krafthäusern, welche unmittelbar am Fusse der Sperrmauer oder in
Verbindung mit dieser errichtet wurden 986
Beispiel für die Lage des Krafthauses in der Staumauer selbst (Wasserkraftanlage
am Patapsco-Fluss bei Ilchester) 987
Grunde gegen den Einbau des Krafthauses direkt in die Wehrpfeiler .... 988
Über die Versuche bei den Kraftanlagen Chevres a, d. Rhone und Vessy
a. d. Arve betreffend die Benutzung der Ejektorwirkung des durch die Schützen
bei H.W. fliessenden Freiwassers zur Erholung des Nutzgefälles 989
Rücksichtnahme auf die Erweiterungsfähigkeit der Kraftanlage 991
b) Die Höhe des Maschinenflurs 991
c) Die Lichtgebung durch Tageslicht 992
d) Wände und Fussboden 998
e) Der Laufkran und die Hohe des Maschinensaals 998
f) Heizung 998
g) Lüftung 995
Vorschläge für die Durchführung einer ausreichenden Lüftung an zwei Beispielen
und zwar an dem Krafthause der Vizzola- Anlage und der Mexican
Light and Power Company Ltd. a. d. Necaxafällen bei Mexiko . 999
Übersicht über die verwendeten Maschinenspannungen nnd über die Spannungen
in den Fernleitungen bei 82 von den im Kap. 11 beschriebenen Anlagen . . 1003
2. Krafthäuser mit liegenden Schachtturbinen 1602
Zwei Beispiele für eine anderweitige Losung der Grundrissanordnung beim Lech-
werk Gersthofen (Taf. LXXVII, Fig. 1-8) 1007
Tabelle III. Übersicht über die Bodenflächen des Maschinensaals bei liegenden
Schachtturbinen 1009
Die Wasserkraftanlage der Manchester Traction Light and Power Co. . . 1010
Die Wasserkraftanlage der Atlanta Water and Electric Power Co. . . . 1011
8. Krafthäuser mit stehenden Schachtturbinen 1011
Tabelle IV. Übersicht über die Bodenfläche des Maschinensaals bei stehenden
Turbinen 1012
II
*
XX Inhalts-Verzeichnis.
Seite.
4. Krafthftu8er mit stehenden Gehftuseturbinen 1014
5. Krafth&user mit liegenden Gehäuseturbinen 1015
Tabelle V. Übersicht aber die Bodenflftche bei liegenden Gehäuseturbinen .... 1016
Vergleich der zweireihigen Aufstellung der Turbinen mit der einreihigen Auf-
stellung 1015 u. 1018
6. Die Kabelkanäle 1019
Tabelle VI. Übersicht über die Abmessungen von Kabelkanälen 1020
7. Die Schalträume . . 1019
Tabelle VIT. Übersicht Ober die Grösse der Bodenfläche für die Schaltanlage bei
16 Anlagen 1022
8. Die Transformatorenräume 102?
9. Die Nebenräume 1028
10. Die Bedachung des Krafthauses 1029
B. Die elektrische Einrichtung der Krafthäoser (Taf. LXXVIII bis LXXX) (bearbeitet
von Oberingenieur J. Lauf er) 1029
1. Die Generatoren . 1080
a) Gleichstrommaschinen 1030
b) Wechselstrommaschinen 1086
Die in der Praxis für 50 periodige Maschinen üblichen Tourenzahlen .... 1086
c) Regulierung und Parallelschaltung 1041
2. Erregeranlagen 1043
8. Verbindungsleitungen 1044
4. Transformatoren 1044
5. Schaltanlagen 1047
Angaben Aber die Abmessungen der Schalträume und der Transformatorenräume 1055
6. Blitz- und Überspannungsschutz 1060
7. Beleuchtung des Krafthauses und sonstige Nebeneinrichtungen 1068
8. Wahl des Systems, Hauptgesichtspunkte 1064
a) Gleichstrom . .. 1066
b) Wechselstromsysteme. Das Einphasensystem, das Zweiphasensystem, das Dreh-
stromsystem 1068
c) Wahl der Spannung (Allgeroeines, vergl. auch S. 1093) 1069
9. Leitungsberechnung (vergl. auch S. 1096) 1070
a) Spannungsabfall 1070
Gleichstrom 1070
Einphasen-Wechselstrom 1071
Drehstrom 1074
b) Energieverlust 1075
c) Feuersicherheit 1076
Beispiele 1076
10. Zusammenfassung der Bezeichnungen und Formeln 1077
11. Preis- und Gewichtsangaben 1079
Tabelle III. Preise von Drehstromgeneratoren bezw. Drehstrom-Synchronmotoren
für eine Frequenz von 50 Perioden pro Sekunde (vergl. die Angaben S. 260 u.
261) 1079
Tabelle IV. Höchste Spannung, für welche die verschiedenen normalen Modelle ge-
baut werden können 1079
Tabelle V. Nettogewichte der Drehstromgeneratoren bezw. Synchronmotoren, deren
Preise in Tabelle III enthalten sind 1080
Tabelle VI. Preis- und Gewichtsangaben für Gleichstromdynamos und Motoren . . 1080
Tabelle VII. Preise 'von Drehstromtransformatoren mit Ölisolation 1081
Tabelle VIII. Nettogewichte der Transformatoren, deren Preise aus Tabelle VII zu
ersehen sind 1081
Literaturangaben zu Kap. III, § 6B 1081
§ 7. Fernleitungen (Tafel LXXXI bis LXXXIV) 1082
Inhalts Verzeichnis. XXI
Seite
1. Die Entfernung, bis zu weicher man noch elektrische Energie mit
wirtschaftlichem Erfolge übertragen kann, mit Hinweisen auf Ent-
fernungen und Spannungen bei ausgeführten Anlagen 1082
Tabelle I. Anlagen mit ungewöhnlich hoher Spannung und grosser Länge der Fern-
leitung 1085
Tabelle IL Übersicht über die angewendeten Spannungen und die vorhandenen Längen
bei 17 im Kap. II beschriebenen Anlagen , . . . . 1087
2. Die Wahl der Linie für die Fernleitung 1086
Kreuzung von Telephon- und Telegraphenleitungen 1090
8 Das Leitungsmaterial 1091
Kupferleitungen 1091
Aluminiumleitungen 1091
Zahlentafel über das spezifische Gewicht, den spezifischen Widerstand und die Leit-
fähigkeit verschiedener Materialien 1093
4. Die wirtschaftlich günstigste 8pannung für die Fernleitung. . . . 1098
5. Der wirtschaftlich günstigste Drahtquerschnitt, abgeleitet ans
dem wirtschaftlich günstigsten Wirkungsgrad der Fernleitung,
unter Berücksichtigung des Nutzwertes der in der Fernleitung ver-
loren gehenden Energie und der Betriebskosten 1096
Ableitung von Formeln 1097
Durchrechnung eines Beispiels 1100
6. Das Gestänge . , 1102
a) Die Holsmasten 1102
Lebensdauer 1103
Die verschiedenen Imprägnierungsverfahren 1104
Doppelgestänge 1106
Holzmasten mit Füssen aus Eisen oder Beton und Eisen 1110
b) Eiserne Leitungsmasten Uli
c) Masten in armiertem Beton 1116
7. Überführung von Hochspannungsleitungen mit grosseren Spann-
weiten über Schluchten, Eisenbahnen, Flüsse usw 1119
Die Überführung der Fernleitung der Anlage Tof vehult- Weste rvik über einen
Fjord 1119
Die Überführung der Fernleitung der Bay Counties Power Company über die
Qu arquinez- Meerenge 1122
8. Die Isolatoren und ihre Stützen 1124
a) Die Isolatoren 1124
b) Die Isolatorenstützen 1128
9. Die Verteilung der Drähte für die Kraftübertragung und den Dienst-
fernsprecher auf demGestänge, sowie die Schutzvorrrichtungen gegen
die Gefahren bei Berührung von Hochspannungsleitungen 1129
Abstand der Drähte voneinander und von Erde 1129
Anordnung der Drähte bei Gleichstromleitungen, beim Einphasensystem, beim Zwei-
phasensystem, beim Drehstrom 1129
Schutznetze bei Anbringung mehrerer Leitungssysteme auf einem Gestänge 1132
Schutz gegen die Gefahren bei Berührung von Hochspannungsleitungen durch Schmelz-
sicherungen und Ausschalter 1138
Die Frage, ob die Erdung der Holzmasten zweckdienlich ist oder nicht . . . . 1134
Die Erdung eiserner Masten 1135
10. Die Blitzschutz- und Überspannungsvorrichtungen (vergl. auch S. 1060) . 1135
11. Die Festigkeitsberechnung der Drähte und des Gestänges mit einigen
Angaben über die Montage der Leitungen 1140
a) Die Festigkeitsberechnung bei Belastung durch Eigengewicht 1141
Zahlentafel über das spezifische Gewicht, den Elastizitätsbeiwert und die Wänne-
dehnungszahl von drei Drahtsorten 1141
Zahlentafel über Gewichte von Kupferdrähten 1142
XXII Inhai/tb-Vxrzeighnib.
S«ite
Abbildung (450). Zeichnerische Spannung* und Durchhangstafel für Kupferaraht
von 50 kg/qmm Festigkeit 1144
Zahlentafel über die Veränderung der Horizontalspannung in Drflhten bei veränder-
licher Temperatur und Spannweite 1147
Zahlentafel fflr die Veränderung des Durchhangs bei veränderlicher Temperatur und
Spannweite 1148
Entwickelung von Formeln zur Festigkeitsberechnung bei Feldern mit ungleich hohen
Stützpunkten 1146
Einfluss der Belastung durch Wind, Schnee, Eis und Rauhreif 1150
b) Die Montage des Leitungsdrahtes 1158
c) Die statische Berechnung des Gestänges 1154
Ein einfacher Mast 1154
Einzelmaat mit Ankerdraht 1158
Einzelmast mit Strebe 1158
Ein Doppelgestänge 1159
12. Die unterirdischen Hochspannungsleitungen 1159
Preistafel für Beschaffungskosten von Leitungskabeln 1161
Kosten für Kabelverbindungen 1161
Verlegung von Kabeln 1162
13. Die bauliche Einrichtung der Transformatorenstellen am Ende der
Fernleitung 1166
14. Einige allgemeine Bemerkungen über das Verteilungsnetz, über die
Verwendungsarten der Elektrizität und über die im Verteilungs-
netz zu wählenden Spannungen 1169
Indirekte, direkte und gemischte Stromverteilung 1169
Verwendung der durch Wasserkraft gewonnenen Energie in Form von Elektrizität in
den elektrochemischen, elektrolytischen und metallurgischen Industrien 1170
Verwendung der Energie zur Verteilung von Licht und Kraft 1172
I. Glühlampen 1172
IL Bogenlampen 1173
III. Elektromotoren 1177
Die Spannung im Verteilungsnetz 1178
Literaturangaben zu Kap. III, § 7 1180
§ 8. Die Tarife der Wasserkraftanlagen 1181
1. Allgemeines 1181
Was ist für die Bestimmung des Verkaufspreises massgebend? 1181
Tabelle I. Die indirekten und direkten Betriebskosten in ihrer Abhängigkeit von der
Betriebsdauer und in ihrem Verhältnis zu der Grüße and den Einheitskosten der Anlage 1 182
Tabelle IL Zunahme der Betriebskosten pro PS«- St. bei kleinerer Betriebsdauer als
8000 Stunden 1183
Die verschiedenen Arten der Kraftlieferung 1184
Verbesserung der Kraftleistung vorhandener Wasserkraftwerke durch Vergleichmässi-
gung des Wasserabflusses 1184
Kraftüberlassung an einen oder wenige Abnehmer 1185
Kraftübertragung auf grössere Entfernungen in Form elektrischer Energie 1186
Feststellung der Preise für die abzugebende Energie 1186
2. Die Tarife für die Verteilung des elektrischen Stroms 1186
a) Pauschaltarife 1186
Pauschaltarife für Licht . . 1187
Pauschaltarife für Kraft 1190
b) Zählertarife 1193
Zählertarife mit Grundtaxen oder Mindestgebübren nnd mit Geld- und Benutzungs-
dauerrabatten 1196
Tarife ohne Grundtaxen oder Mindestgebühren, aber mit Geld- und Benutzungsdauer-
rabatten 1199
Inha lts -Verzeichnis. XX III
Seite
Übersicht Aber die Anwendung der Rabattsysteme in Deutschland 1200
Doppeltarife mit Erhob ung des Preises für gewisse Stunden 1199
Tarife mit Höchstverbrauchszählern 1202
3. Bedingungen für die Herstellung der elektrischen Anschlüsse und
der inneren Anlagen 1206
Literaturangaben zu Kap. HI, § 8 1206
\ 9. Der Betrieb von Wasserkraftanlagen 1207
A. Die Form, in welcher die Ausnutzung einer Wasserkraft gewerbsmässig
betrieben wird 1207
B. Die Organisation der Betriebsführung 1208
I. Die allgemeine Verwaltung 1208
1. Der Betriebsleiter 1208
2. Das Personal- und Lohnwesen 1209
3. Die Buchführung und die Korrespondenz 1210
4. Das Kassa- und Rechnungswesen 1211
5. Das Lager 1211
6. Die Statistik 1211
II. Die Bedienung und Unterhaltung des wasserbaulichen Teils . . 1214
III. Die Bedienung und Unterhaltung des Krafthauses und seiner ma-
schinellen Ausrüstung 1215
IV. Die Bedienung and Unterhaltung der Fernleitungen und der
Transformatorenstellen 1216
V. Die Bedienung und Unterhaltung des Verteilungsnetzes ein-
schliesslich der Anschlüsse 1217
Sachverzeichnis 1219
Berichtigungen und Ergänzungen 1282
Ausbau von Wasserkräften.
Bearbeitet und herausgegeben von
Theodor Koehn,
Sttdibaartt ». D. in Bcrlta-Grunewald.
Kapitel I. Allgemeines.
§ 1. Geschichtlicher Überblick.
Über grossartige Kunstbauten fast aller alten Kulturvölker zur Ausnützung des
Wassers für haus- und landwirtschaftliche Zwecke weiss die Geschichte viel zu berichten,
dagegen über Wasserkraftanlagen grösseren Stils fast nichts.
Namentlich Ägypten war reich an Stauwerken und Kanälen, welche zur Auf-
speicherung des Nilwassers und zu seiner Verwendung für Berieselungszwecke dienten.
Über das grossartigste Stauwerk des alten Ägyptens, den sogenannten Mörissee,
teilt Herodot mit1):
.Welches gewallige Werk auch das Labyrinth ist, so stellt sich der sogenannte
.Mörissee als ein noch grösseres Wunder dar. Denn sein Umfang beträgt 8600 Stadien
B(= 666 km), gerade soviel, als die Küstenetrecke Ägyptens selbst Seine Tiefe ist 50 Klafter
a(= 80 m) und er ist von Händen gemacht. Mitten* im See sind zwei Pyramiden, jede 50 Klafter
„Aber das Wasser hervorragend, auf deren Spitze sich ein thronender Steinkoloss befindet.
„Das Wasser des Sees kommt nicht aus der Erde, sondern ist durch einen Kanal vom Nil
„aus hingeleitet Sechs Monate lang flieset es landeinwärts, sechs Monate lang fliesst es wieder
.heraus. Während es herausfliesst , bringt es an Fischen taglich ein Silbertalent (1 Silber-
„talent = 4700 Mk.), während es hineinfliegst nur 20 Minen ein (1 Mine = 78,5 Mk.). Da
9ich nirgends den aus dem Kanal entfernten Schutt sah, frag ich die Umwohner. Man sagte
«mir, er sei weggeschleppt, und ich konnte das leicht glauben, da ich bei Ninive Ähnliches
»Yernommen. Auf diese Weise soll der See gegraben worden sein."
Herodot schreibt diese Stauanlage, welche Milliarden Kubikmeter Wasser auf-
nehmen konnte, dem Könige Amenemah III., bei den Griechen Möris genannt (nach
Lepsius 2221—2179 v. Christi) zu.
Diese Stauanlagen machen es verständlich, dass auf einem Gebiete von etwa
42200 qkm fast 8000000 Menschen, d. h. etwa 190 pro qkm2), sich ernähren konnten,
und dass trotzdem noch eine Ausfuhr der Landesprodukte stattfand. Nach ihrem Ver-
falle wurde das Land im Vergleich zu früher arm und unfruchtbar.
i) Curt Merckel: .Die Ingenieurtechnik im Altertum", Seite 82. Berlin, J. Springer 1899.
S) Die Bevölkerungsdichtigkeit Deutschlands ist nach der neuesten Zählung 110 pro qkm, für
die prenatisehe Rheinproyinz 208 pro qkm.
HaadbMh der Ing.-WlM«iiMh. in. T«U. IS. Bd. 1
2 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Erst in neuester Zeit ist durch die Initiative der Engländer die Wasserwirtschaft
Ägyptens im grossen Stil durch die Errichtung des Staudammes bei Assuan mit einem
Stauinhalt von 1065000000 cbm und durch einige andere minder grosse Stauanlagen
wieder eingeleitet und ihre günstige Einwirkung kann nicht ausbleiben.
In China, dessen Geschichte etwa 4000 Jahre v. Christi zurückreicht, ist durch
die Tributrolle des Kaisers Yü*) (2205 — 2198 v. Christi) die Anlage grosser Staudämme
und Bewässerungs-Kanäle nachgewiesen, und diese Kunst der Wasserwirtschaft für land-
wirtschaftliche Zwecke hat sich durch die Jahrhunderte erhalten, woraus sich erklärt, dass
in dem dichtbevölkertsten Teil des chinesischen Reiches von etwa 73000 Quadratmeilen
oder rund 4020000 qkm sich 367,5 Millionen Menschen ernähren können, d. h. etwa 91
pro Quadratkilometer.
Es ist bekannt, dass in Britisch-Indien, besonders in den Provinzen Madras un<i
Bombay die uralten Staubecken nach Tausenden zählen. Für die Provinz Madras allein
ist die Zahl auf 50000 angegeben.
In einem Bericht an die anthropologische Gesellschaft in Berlin beschreibt
Dr. W. Belck ausgedehnte Stauanlagen und Kanäle der Chaldäer in Mesopotamien
und Babylon, welche heute noch nach mehreren Jahrtausenden zum Teil im Ge-
brauch sind.
Die Überlieferungen und Berichte orientalischer Schriftsteller erzählen von den
grossen Stauanlagen, welche Lokman, König von Jemen, ein Sohn Ads aus dem Ge-
schlechte Sabas, in Südarabien anlegen liess8). Um den Oberfluss des Wassers aufzu-
bewahren und für das Land nutzbar zu machen, habe er einen hohen Damm mit
30 Schleusen zwischen zwei Bergen erbaut, um nach Belieben dem Wasser Abzug zu
geben und das Land zu bewässern. Seitdem soll Mareb, das Land der Sabäer, zum
schönsten Fruchtgarten geworden sein, bewohnt von zahlreichen glücklichen, gerechten,
gastfreien Völkern, deren Gesetz von allen anderen anerkannt war und die über alle
ihre Nachbarvölker herrschten.
Von dem Reichtum der Sabäer berichten auch Diodor und Strabo. Letzterer schreibt:
„In ihrem hochbeglückten Lande wachet Myrrhe, Weihrauch und Zimmet, an der Küste
„auch Balsam. So gross ist der Gewürze Meoge, dass man sieb anstatt des Strau&reisigs
„und Brennbolzes des Zimmet, des Kassia und der übrigen Gewürzbäume zur Feuerung bedient.
, — Durch dessen Handel sind sie die Reichsten von allen und besitzen unermessliche Vorräte
, goldener und silberner Gerate."
Es wird weiter berichtet, dass in der Zeit ungefähr um 150 n. Christi Geburt
der Staudamm unterwühlt und gebrochen sei« und dass eine Flut das Land in eine
Wüste verwandelt habe „zur Strafe für die Bewohner des Landes wegen ihres gott-
vergessenen Übermutes und gehäuften Frevels. "
Um die Stauanlagen für mechanische Arbeitsleistung in grösserem
Umfange auszunützen, fehlte den Völkern des Altertums noch die
Kenntnis geeigneter Wasserkraftmaschinen.
Man weiss, dass die aus Bambusstäben zusammengefügten Wasserräder (vergl.
Abb. 1), welche man jetzt noch in China findet, auf eine mehrtausendjährige Oberliefe-
rung zurückblicken. Es ist nachgewiesen, dass in Ägypten und in den Ländern des
Euphrat und Tigris weit vor Beginn der christlichen Zeitrechnung ähnliche Wasserräder
verwendet sind; aber diese alten Wasserkraftmaschinen wurden dort nur zum Wasser-
schöpfen für Bewässerungsanlagen und zum Tränken von Menschen und Vieh gebraucht.
3)CurtMerekel:Die Ingenieurtechnik im Altertum, Seite 93 und Seite 128.
§ 1. QJBCHICMTUÜHEB ÜBERBLICK. 3
Der zur Zeit des Kaisers Augustus lebende römische Baumeister Vitmvius
schildert die damals benutzten Wasserräder wie folgt:
„An den Stirnseiten Ton Rsdero werden Schaufeln befestigt, welche von dam 3taaaa
„de« fressenden Whmii bewegt, die Umdrehung des Rade« bewirken, indem sie so du
.Wasser in Eisten schöpfen nnd mr höchsten Höhe fahren, leisten sie ohne TreUrbeit,
.rielmahr durch dia Wirkung-
,d*e Wassere seihet das, >u Abb. 1. Chinesisches Schöpfrad.
.snm Gehrauche nötig tat. Auf
.diene Weite bewegen eie auch
„Getriebe, Mühlen usw."
Eine grosse Verbreitung schei-
nen aber diese Art Wassermühlen
nicht gefunden zu haben, vielmehr
blieben bei der damals billigen ani-
malischen Arbeit die Hand- und Tret-
mahlen in Gebrauch.
Zur Zeit des Kaisers Jnstinian
besass Rom bereits 14 grosse ge-
mauerte Wasserleitungen , deren
Wasser in der Stadt ausser für den Hausgebrauch auch zum Betrieb von Wasserrädern
benutzt wurde. Im Jahre 53 n. Christi bei der Belagerung Roms durch die Ostgoten
anter Vitigis half sich der berühmte Feldherr Belisar , als ihm die Belagerer diese
Wasserleitungen abschnitten, in der Weise, dass er die Mühlen auf Fahrzeuge setzen
nnd auf den Tiber bringen Hess, wo sie direkt vom Strom angetrieben wurden. Viel-
leicht war das die erste Anwendung von Schiffsmühlen.
Die ältesten Nachrichten über Wassermühlen in Deutschland stammen aus (fem
Ende des 4. Jahrhunderts n. Christi. Gross scheint aber ihre Verbreitung mehrere
Jahrhunderte hindurch nicht gewesen zu sein.
Dagegen wird aus dem 11. nnd 12. Jahrhundert schon vielfach über Wasser-
mühlen in Deutschland, Schweiz, Italien, Frankreich und anderen Kulturländern
berichtet.
Gegen Mitte des 11. Jahrhunderts sollen in Venedig Wasserräder in Benutzung
gewesen sein, welche von dem Flut- nnd Ebbstrom des Meeres getrieben wurden.
Alle alten, lediglich durch Stoss wirkenden Wasserrader nützten naturgemäss die
Kraft des Wassers nur in ganz geringem Masse ans.
In den nachgelassenen Schriften von Leonardo da Vinci (1452—1519) finden
sich verschiedene Skizzen oberscblächtiger Räder mit wagerechter Welle, unter anderen
eines mit Zahnradubersetzung und Kurbel zum Antriebe einer Steinsäge. Ferner Skizzen
eines Löffelrades mit doppelt gekrümmten Schaufeln. Das Wasser sollte bei dieser
Maschine durch eine stehende Röhre fliessen, um dann horizontal auf das Rad auszu-
strömen. Es ist das ein Beweis mehr, wie weit dieser geniale Geist seiner Zeit voraus
war4). Eine praktische Verwendung scheinen aber seine Ideen bei seinen Zeitgenossen
nicht gefunden zu haben.
Erst seit dem Anfang des 18. Jahrhunderts ist das oberscblächtige Wasserrad
(vergl. Abb. 2) in den verschiedenen Ländern Europas in Gebrauch. Es nützt den Stoss
nnd das Gewicht des Wassers zur Arbeitsleistung aus.
*) Wilhelm H Oller: Die Francisturbinen und die Entwicklung dea modernen Torbinsnba.ua.
Hannover bei Oebr. Jinecke, 1901, Seite 5. — TL Beck: Beitrage iur Geschichte du Haschinen bans
bei Julius Springer. Berlin. Z. d. V. d. I. 1906, Seite 580.
Abb. 2. Oberschlficbtiges Wassernd.
4 L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Die Bewegung der Mühlsteine bei der Mahlmühle musste zu der Idee führen,
Wasserräder zu entwerfen, welche ohne Übersetzung ihre Bewegung auf die Mühlsteine
übertragen konnten. Es sind dann auch von Belidor in seiner Architecture hydrau-
lique (1737—1753) zahlreiche Wasserkraft-
anlagen in der Provence und der Dauphine
mit horizontalen Wasserrädern, auf deren
stehenden Wellen die Mühlsteine festgekeilt
waren , beschrieben B). Diese Wasserräder
hatten gekrümmte Schaufeln, in welche
das Wasser in der Regel durch eine stark
geneigte, geschlossene Holzrinne von oben
eingeführt wurde. Das Wasser wirkte also
beim Eintritt durch den Stoss und beim
Durchmessen der gekrümmten Schaufel durch
sein Gewicht.
Die Tatsache der Reaktion
eines aus einem Gefässe fliessenden
Wasserstrahls ist zuerst von Daniel
Bernoulli"} in seiner Hydraulica in den
dreissiger Jahren des 18. Jahrhunderts mitgeteilt. Professor Segner in Güttingen
konstruierte das erste Reaktionsiad und beschrieb dasselbe in seinem 1750 erschienenen
Werke über hydraulische Maschinen. Eine stehende und unten geschlossene zylindrische
Röhre, welche mit einer drehbaren Achse fest verbunden war, hatte am unteren Ende
kreuzweis lotrecht zur Achse stehende zylinderförmige Ansätze. In diesen wagerechten
Abb. 8. Reaktionsrndn.Mai
DuryDe.
Röhren waren an der einen Seite kreisförmige Löcher,
aus welchen das Wasser strahlenförmig austreten
konnte, und es zeigte sich, dass durch den Austritt
des Wassers der Zylinder in drehende Bewegung
geriet und zwar im entgegengesetzten Sinne zu der
Austrittsrichtung des Wassers. Der deutsch-schweize-
rische Mathematiker Euler') hat bald darauf die
Theorie dieser Reaktionsräder weiter behandelt und
zuerst ein Rad mit gekrüminten Schaufeln und einem
Leitapparat vorgeschlagen.
Später wurden ausführliche Theorien dieser
Räder von den englischen Gelehrten Waring und
Ewart und noch später von dem Franzosen Navier
aufgestellt. Der Engländer Barker hat ähnliche
Konstruktionen unter Benutzung der Segnerschen und E nie r sehen Arbeiten zur
praktischen Verwendung gebracht. Abb. 3 zeigt ein von dem französischen Ingenieur
Manoury Decoct erfundenes und an mehreren Kraftanlagen in der Bretagne und
der Normandie von ihm verwendetes Modell eines Reaktionsrades, von dem sich noch
heute ein Exemplar in dem Cabinet des Arts et Metiers in Paris befindet.
M Moritz Rühlmano: Die horizontalen Wasserräder. Chemnitz. 1840, Seite 1.
6) Daniel Bernoulli, geb. 1700 in Groningen, Niederlande, wo sein Vater vorabergehend
Professor war, später Professor in Basel, t 1750.
f) Leonhard Euler, geb. 15. April 1707 zu Basel, Schüler des berühmten Mathematikers
Johann Bernoulli, seit 1741 in Berlin, t 1733 in Petersburg.
S 1- Geschichtlicher Überblick. 5
Der Theorie nach mit den eben angeführten Rädern fast gleich sind diejenigen,
bei welchen das Rad die Gestalt eines abgeschnittenen Kegels bat, dessen Grundfläche
nach oben gekehrt ist, and dessen Mantelfläche spiralförmige Schaufeln trägt. Wenn
ein gemauerter Ranm ein solches Rad konzentrisch umgibt, nötigt das in diesen Mantel
von oben eintretende und längs der Spiralwindnngen des Rades herablanfende Wasser
das Rad zur Umdrehung. Die Theorie dieser Räder ist von dem französischen Ingenieur
Poncelet behandelt.
Abb. 4. Schuitt durch «ine Fourneyron- Turbine.
Der französische Bergwerks-Ingenieur Burdin konstruierte im
Jahre 1824 ein Wasserrad mit stehender Welle, welchem er zuerst den
Kamen „Turbine1' gab. Burdin stützte sich hierbei auf die Veröffentlichungen
des französischen Ingenieurs Borda, welcher nachgewiesen hatte, dass man das
Wasser in die Schaufel des Laufrades möglichst tangential zu ihrer
beaufschlagten Krümmung ohne Stoss eintreten lassen müsse, und dass
man die Führung des Wassers in der Schaufel selbst so zu gestalten
habe, dass das Wasser das Rad mit der Geschwindigkeit des Rades
verlässt, d. h. mit einer relativen Geschwindigkeit = 0. Borda kam
rechnerisch zu dem Ergebnis , dass der Nutzeffekt eines nach diesen Grundsätzen
konstruierten Wasserrades 75 °/o betragen müsse. Die von Burdin konstruierten
noch sehr primitiven „Turbinen" erreichten diesen rechnerisch möglichen Nutzeffekt bei
weitem nicht.
6 I. Theodor Kokhn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Die Soctäte d'Encouragement in Paris setzte bald nach dem Erscheinen der Burdin-
schen Turbine für die beste neue Turbinenkonstraktion einen Preis von 6000 Frs. aus.
Die ersten Bewerbungen blieben aber ohne Erfolg. Dagegen gelang es im Jahre 1833
einem Schäler Burdins, dem französischen Ingenieur Fourneyron in Besannen,
diesen Preis mit der nach ihm benannten Turbine zu erringen (vergl. Abb. 4), deren
Theorie 1838 von Poncelet in seiner „Theorie des effets mecaniques de la Turbine
Fourneyron" erweitert und eingehender behandelt wurde. Im Jahre 1837 hatte
Fourneyron in St. Blasien im badischen Schwarzwald bereits eine Turbine seines Systems
aufgestellt, welcher das Wasser durch ein Druckrohr zugeführt wurde und welche ein
Gefälle von 108,0 m ausnützte. Moritz Kühlmann, der von der sachsischen Regierung
zur Besichtigung dieser Turbine nach St. Blasien gesandt war, schildert in seinem in der
Fussnote Nr. 5 bereits erwähnten Buche „Die horizontalen Wasserräder" den Eindruck,
welchen ihm diese neue Maschine gemacht hat, in folgenden Worten:
„Oft, wenn ich aus der Radstube getreten war, und die ungeheure Höhe
„von aussen ermass, von welcher herab die Leitungsröhren das Aufschlagwasser
„zum Rade führen, schien es, als dränge sich mir der Begriff „unmöglich4 auf,
rder aber ebenso schnell verschwunden war, trat ich wieder in jenen Raum
„zurück. Fourneyron hat hier zuerst eine Aufgabe gelöst, die seinen Namen
„der technischen und wissenschaftlichen Welt stets denkwürdig machen wird,
„eine Aufgabe, die nicht nur die grössten Hindernisse der Natur, sondern auch
„die der Missgunst und der Vorurteile in tausend Formen zu überwältigen hatte.
„Wer auch wollte ein anderes Mittel zur Benutzung dieser vor-
handenen Wasserkraft auffinden?"
Im Jahre 1837 wurde von den Mechanikern Henschel&Sohn in Kassel die
achsiale Turbine erfunden, bei welcher das Wasser die Turbine in der Richtung
der Turbinenachse durchmesst, während sich bei der Fourneyronschen Turbine das
Wasser durch das Laufrad in radialer Richtung von innen nach aussen bewegt. War
die Founeyronsche Turbine bestimmt, sowohl im Unterwasser, als auch über
demselben zu laufen, so sollte die Hen sc he Ische Turbine vornehmlich über dem Unter-
wasser stehen. Der Leitschaufelapparat befand sich über dem Laufrad und unter dem letz-
teren wurde das Wasser in einem luftdichten, in das Unterwasser eintauchenden Saugrohre
abgeführt. Diese Hen sehe Ische Turbine wurde von dem Werkmeister Jonval der
Maschinenfabrik von Andre Köchlin zu Mühlhausen i. E. vervollkommnet, und es
gelang ihm, ein französisches Patent darauf zu erhalten.
Die He nschel- Jonval -Turbine hat eine grosse Verbreitung gefunden, und es
sind noch bis in die neunziger Jähre des vorigen Jahrhunderts zahlreiche Wasserkraft-
anlagen mit Turbinen dieses Typs ausgerüstet worden.
In den dreissiger Jahren, also ungefähr um dieselbe Zeit, als Fourneyron,
He nschel und Jonval mit ihren Turbinen hervortraten, konstruierte der Ingenieur
L. C. Nagel von der Firma Nagel & Kaemp in Hamburg eine Turbine, bei welcher
das Wasser von unten in das Leitrad und von hier radial in das von innen beauf-
schlagte Laufrad eintrat.
Inzwischen hatte Poncelet zur Ausnützung kleinerer Gefalle von 1 bis 1,5 m
und zur Erreichung verhältnismässig grosser Umdrehungszahlen ein unterschlächtiges
Wasserrad erfunden (veugl. Abb. ö), bei dem der Boden des Gerinnes nach einer
bestimmten Kurve gekrümmt war und das Wasser durch eine schräge, dem Rande des
Rades möglichst nähe Schütze zugeführt wurde. Das Wasser tritt in dein Po nee-
§ 1. GBBcmarnjCHKB Übkrblick. 7
letschen Rade ohne Stow zwischen die gekrümmten Schaufeln, steigt an diesen in die
Hohe und überträgt seine lebendige Kraft auf das Rad. Der Nutzeffekt bei richtiger
Anlage kann bis zu 70°/° steigen.
Eine bemerkenswerte Weiterbildung des Wasserrades knüpft sich an den Namen
des deutsch-schweizerischen Maschineningenieurs Znppinger1). Nach seinem System wer-
den heute noch viele mittel- und tief seh lächtige Schaufel-Wasserräder mit Überfalleinlauf
und Durchmessern von 4,5 bis 8,0 m gebaut. Die Wasserräder kommen aber nur noch, ent-
weder bei ganz kleinen Gefallen oder bei Gefallen bis zn 10,0 m bei ganz kleinen Wasser-
m.j«.n(bi. (»!'«*.) in Fng* Dm gm» mtal|-|,f_Jlld,„,lli
andere Gebiet gehört der Turbine.
Eine ausserordentlich grosse Ver-
breitung bat die Achsialtnrbine des fran-
zösischen Ingenieurs L. D. Girard gefun-
den, welcher um das Jahr 1850 mit ver-
schiedenen neuen Konstruktionen hervor-
trat, anf welche er Patente erwarb. Im
Jahre 1863 hat er eine ausführliche Theorie
seiner Turbinen herausgegeben. Obwohl
die Girard sehen Konstruktionen (vergl.
Kap. III, 5. Turbinen) zum nicht geringen
Teile auf geschickter Verwendung älterer
Konstruktionen beruhen, so knüpft sich doch
an seinen Namen ein bemerkenswerter Auf-
schwang im Turbinenbau, und bis in die Mitte der neunziger Jahre des vorigen Jahr-
hundert« hinein sind eine beträchtliche Anzahl, namentlich kleinerer Turbinen, nach
einem System gebaut, für welches der Name Girard-Turbine allgemein gebräuchlich
geworden ist Zu erwähnen wäre dann noch die Freistrahlturbine mit partieller innerer
Beaufschlagung des deutschen Ingenieurs Schwamkrug, welche noch viel gebaut wird
(vergl. Kap. III, 5. Turbinen).
Eine grundlegende und noch heute zum grössten Teil gültige theoretische Ab-
handlung des gesamten, modernen Turbinenbaues hat der Karlsruher Professor F. Redten-
bacher im Jahre 1844 herausgegeben.
Bereichert wurde ferner die wissenschaftliche Behandlung der Turbinen u. a. durch :
Jul. Weissbach: Ingenieur- und Maschinentechnik 1845 — 60,
J. B. Francis: Lowell Hydraulic Experiments*) 1855—68,
Fr. Carl Herrn. Wiebe: Allgemeine Theorie der Turbinen 1859,
P. v. Rittinger: Theorie der Rohrturbinen 1861,
von Bach: Die Wasserräder 1886,
Gustav Zeuner: Theorie der Turbinen, Leipzig 1899,
Grasshof: Theorie der Kraftmaschinen 1890,
Ratean: Les Turbomoteurs, Revue mecanique, Paris 1897.
Hatton de la Gouppilliere: Moteurs Hydrauliques 1897.
Infolge der vielen, grossen und neuen Aufgaben, welche in den letzten anderthalb
Jahrzehnten an die ausführenden grossen Fabriken herantraten, haben diese auch in
*) Zuppinger: Wasserkraft and WaBserkrsftm lagen. ZeiUehr. d. V. D. lug, 1885.
3) Lowell hydraulic eiperimente boiug a setection from experimenta on hydraulic motora; tba
low «f water over weira and in canals of uniform reetangular section and of ahart lengtb müde st
UriU, MaaMcamMtta. Boaton 1865.
8 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
hervorvorragender Weise an der wissenschaftlichen Weiterbildung des Turbinenbaus mit-
gewirkt und die Wasserturbinen zu einer früher nicht geahnten Vollkommenheit geführt
Von den Männern der Praxis, welche zugleich für die theoretische und praktische
Weiterbildung tätig gewesen und zum Teil noch sind, mögen nur die Namen Pfarr10)
nnd Zodel genannt sein.
Es ist bemerkenswert, dass in neuerer Zeit zwei Turbinentypen, welche sich an
die Namen amerikanischer Ingenieure knüpfen, eine derartige Anerkennung und Ver-
breitung gefunden haben, dass durch sie fast alle anderen Konstruktionen in der Häufig-
keit ihrer Verwendung überflügelt sind. Gemeint sind die nach J. B. Francis be-
nannten Francisturbinen11) und das nach dem amerikanischen Ingenieur Pelton genannte
Peltonrad. Die Francisturbinen sind noch zweckmässig zu verwenden bis zu Druckhöhen
von etwa 125,0 m. Die Peltonräder kommen für grosse Druckhöhen von 50,0 bis
1000,0 m zur Anwendung.
Der europäische Turbinenbau hat aber, durch eine vertiefte theoretische Durch-
bildung geleitet, sowohl seine eigenen, als auch die herübergenommenen amerikanischen
Typen so verbessert und es so gut verstanden, sie all den verschiedenen Bedürfnissen
anzupassen, dass er dem amerikanischen überlegen wurde. Seit Francis hat sich
der amerikanische Turbinenbau im wesentlichen durch praktische Versuche weiter ge-
holfen. Die amerikanischen Turbinenfirmen bauen im allgemeinen je nur wenige Gat-
tungen, mit denen sich die Wasserkraftbesitzer abfinden müssen; infolgedessen sind sie
in der Lage, Preislisten herauszugeben, nach denen sich der Besteller die am preis-
wertesten scheinenden Typen heraussuchen kann. Es lässt sich aber auf diese Weise
auch nicht vermeiden, dass viele Turbinen unter ganz anderen Verhältnissen arbeiten,
als denjenigen, für welche sie geeignet sind und daher in solchen Fällen unbefriedigende
Nutzeffekte zeigen. Der europäische Turbinenbau passt sich mit jeder Turbine möglichst
an die jeweiligen Verhältnisse an, und er hat daher naturgemäss eine viel grössere
Mannigfaltigkeit der Konstruktionen, aber auch eine grössere Sicherheit in der Bewäl-
tigung von anssergewöhnlichen und schwierigen Aufgaben. So ist es gekommen, dass
fast alle grossen Turbinen beim Ausbau der Wasserkräfte der Niagarafalle europäischen
Firmen zugefallen sind, oder dass doch wenigstens die europäischen Firmen den ameri-
kanischen Werkstätten die Konstruktionszeichnungen liefern mussten. Es wurde z. B.
die erste 3000 PS6- Turbine der Hamilton Gataract Comp, von Riva Monneret in
Mailand, die später von der erstgenannten Gesellschaft aufgestellten 6100 PS*-Turbinen
von der bekannten deutschen Firma J. M. Voith in Heidenheim a. B. geliefert. Die
ersten 5000 PS« -Turbinen der Niagara Falls Power Comp, sind nach den Zeichnungen
der Genfer Firma Faesch & Piccard (später Piccard & Pictet) von J. P. Morris
in Philadelphia ausgeführt (vergl. die Beschreibung dieser Anlage Kap. H, 28), die
Turbinen des zweiten Krafthauses derselben Gesellschaft nach den Zeichnungen der
Aktiengesellschaft der Maschinenfabriken von Escher, Wyss & Co. in Zürich; ferner
sind die Maschinen der Canadian Niagara Falls Power Comp, von Escher, Wyss & Co.
gebaut. Die Lieferung der zurzeit grössten Turbinen der Welt für die Ontario Power
Comp, von 11340 PS« normaler, und 12000 tS« maximaler Leistung fiel J. M. Voith
zu, da sich amerikanische Firmen zur Zeit der Bestellung dieser grossartigen Aufgabe noch
nicht gewachsen fühlten (vergl. die Beschreibung d. Anlage Kap. II, 27). Die Turbinen
sind als Francisturbinen mit je zwei Laufrädern ausgeführt (vergl. Tafel Nr. LXXIV).
10) Gegenwärtig Professor in Dannstadt.
i r In Europa werden manche Typen als Francisturbinen bezeichnet, für welche man in Amerika
andere Benennungen gebraucht Vergl. Prof. Camer er, Zeitschr. f. d. ges. Turbinen wesen 1906, Seite 150.
§ 1.
Geschichtlicher Überblick.
Übrigens ist die Geschichte der Francisturbine charakteristisch für die Lang-
samkeit, mit welcher sich oft die besten Erfindungen des Ingenieurs Verbreitung ver-
schaffen. Zur Illustration diene die Tabelle I. Es wurden nämlich von Escher, Wyss
& Co., der ältesten und bedeutendsten schweizerischen Turbinen bauanstalt, erst im Jahre
1876 die ersten Francisturbinen geliefert und dann in der Zeit bis Ende 1893 nur noch
vier weitere gebaut. Die Tabelle I bietet aber auch ein anschauliches Bild von dem
Siegeslaufe, den alsdann die Francisturbine angetreten hat.
■
Tabelle I.
Übersicht der von der Aktiengesellschaft der Maschinenfabriken von Escher, Wyss & Co. in Zürich
gelieferten Turbinen.
Jahr
Anzahl Turbinen im Durchschnitt
Tang.-Rader
Jonval
Francis
Girard
im ganzen
PSe im
ganzen
PSe per
Turbine
1 '
1892
1898
1894
1895
1896
1897
1898
1899
1900
1901
1902
33
32
25
46
85
45
56
50
87
63
80
35
23
52
16
27
8
11
10
6
1
4
8
13
24
49
54
95
104
-worunter 8 i
10000 PSe.
34
39
6
80
36
12
11
10
2
5
8
102
94
84
96
106
78
102
119
93
169
187
11187
5 608
29130
12 850
21195
11579
26 550
42519
30 204
48 024
83 087
109,5
59,7
846,0
134
199,5
148,3
260
358
325
284
444
Ähnliche Bilder haben sich bei anderen Turbinen -Bauanstalten Europas und
Amerikas ergeben.
Erwähnt sei hier noch als eine andere interessante Erscheinung die wachsende
Grösse der Einheit Diese hat in erster Linie natürlich ihre Ursache in dem gewaltigen
Aufschwung der Industrien aller Kulturländer und in dem Emporschnellen ihres Kraft-
bedarfes. Sie hat aber auch ihre Ursache in der Erkenntnis, dass man
Anlage und Betrieb durch die Vergrösserung der Einheiten verbilligen kann.
Die nachstehende Tabelle führt das Anwachsen der Einheiten vor Augen:
Ta
belle 11.
Firma
GrOsste Einheiten, ausgeführt in den Jahren:
1892
93
94
95
96
97
98
99
1900
01
02
03
04
05/6
J. M. Voitfa, Heiden-
200
400
600
250
520
618
2000
1000
705
3850
800
12000
7000
12000
lag.' A. Riva, Mon-
tieret & Co., Mai-
land
400
450
710
750
2200
560
2000
3000
3000
4500
Gans & Co., Bnda-
700
345
440
650
1200
360
1813
1730
2000
2300
3500
2500
6000
Bacher Wyas & Co.,
Zflricb ....
620
610
1200
1200
1250
700
1500
1500
1500
3000
10250
8200
4300
8700
10 L Thkodob KoEHif. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Ais ein charakteristisches Beispiel mag noch erwähnt werden, dass die Hamilton
Cataract Comp., Kanada, ursprünglich Turbinen von 1500 PS», beim zweiten Ausbau
bereits solche von 3000, und beim letzten Ausbau schliesslich Einheiten Ton 6100 PS»
gewählt hat. Dasselbe Bild zeigt sich, wie hier im grossen, so bei vielen Anlagen, welche
nicht über so gewaltige Wassermengen verfugen, im kleinen.
Trotz aller Fortschritte im Turbinenbau konnte aber doch der Ausbau
von Wasserkräften erst die grossartige Entwickelang nehmen, deren
Zeuge wir seit .den letzten 18 Jähren gewesen sind, seitdem durch
die Anwendung der elektrischen Kraftverteilung die Ausnützung der
Wasserkraft nicht mehr an den Erzeugungsort gebunden war. Man
kann vielmehr feststellen, dass in den siebziger und achtziger Jahren des vorigen Jahr-
hunderts mit der Entwickelung des Eisenbahnwesens und der Dampfmaschinen vielfach
ein Rückschritt in der Verwendung von Wasserkräften eingetreten ist. Es wurde
vorteilhafter, neue Arbeitsstätten an die Eisenbahn heranzulegen und sie dort mit
Dampfmaschinen zu betreiben, als die von den Eisenbahnen entfernter liegenden Wasser-
kräfte auszunützen. Eine solche Entwickelung hat sich z. B. in den Bergischen Landen,
besonders in der Remscheider Gegend gezeigt, wo zahlreiche alte Wasserkraftanlagen
(Hammerwerke etc.) still gelegt wurden. In einer Studie über die Wasserkräfte des
Departement L'Orne weist der Ingenieur Henry Bresson") nach, dass im Jahre 1880
daselbst noch 779 Anlagen mit 3480 PSe ausgenützt wurden, während im Jahre 1890
hiervon nur noch 512 Anlagen mit 2400 PS6 im Betrieb waren, so dass 1000 PS»
unbenutzt blieben.
Den Vorrang, mit dem ersten Ausbau einer Wasserkraftanlage zur Erzeugung
«
elektrischer Energie und mit der Fernleitung und Verteilung derselben den Ausgangs-
punkt der grossen Entwickelung gebildet zu haben, machen sich die verschiedenen
Nationen streitig.
In England wird oft als erste derartige Anlage die im Jahre 1882 in Cragside
(Northumberland) 1S) ausgeführte genannt. Sie bestand aus einer Siemens-Gleichstrom-
Dynamo für 90 Volt, welche von einer 8 PS« -Turbine für 9,0 m Druckhöhe durch
Riemen angetrieben wurde und durch eine auf Porzellanisolatoren verlegt» blanke Kupfer-
leitung eine 1,5 km entfernte Werkstätte mit Strom versorgte.
Die Franzosen datieren den Aufschwung in der Ausnützung der Wasserkräfte
von dem Versuch her, den der Ingenieur Marcel Deprez im Jahre 1882/83 in der Nähe
von Grenoble machte. Überzeugt von der Möglichkeit, bei Verwendung hochgespannter
Gleichströme die elektrische Energie mit gutem Nutzeffekt auch auf grosse Entfernungen
übertragen zu können, errichtete Deprez eine Versuchsanlage in Vizille an der
Romanche, mit welcher er aus diesem Flusse gewonnene Kraft mit 3000 V. Spannung
auf 22,0 km Entfernung nach Grenoble übertragen hat. Marcel Deprez brachte
ungefähr gleichzeitig eine kleinere Versuchsanlage in der Nähe von München zur Aus-
führung, mit welcher er gelegentlich der 1882er Ausstellung, elektrische Energie auf
etwa 4,4 km nach München übertrug. Es war ihm aber nicht vergönnt, einen durch-
schlagenden Beweis für die Richtigkeit seiner Annahme zu bringen, weil die ihm damals
zur Verfügung stehenden Gleichstromapparate für hohe Spannungen versagten.
In Italien wird vielfach als die erste hydroelektrische Anlage von Bedeutung
diejenige der Societa degli Aquedotti de Ferrari Galliera bei Genua14), welche im März
is) L'Economtste Francis 10. Mai 1902, Seite 650.
13) E. T. Z. 1904, Seite 1097.
i*) Ing. G. M. Semenza, Mailand: Les installaiions Hydro - Eleetriquee de la Haute Italie,
Extrait des memoirea de la SocieU des Ingenieurs Civilea de France, Paris 1905.
§ 1.
Geschichtlicher Überblick.
li
1889 in Betrieb gekommen ist, betrachtet. Bei dieser Anlage wurden in drei kaskaden-
formig untereinanderliegenden Stationen Wasserkräfte ausgenutzt und die Gleichstrom-
generatoren der einzelnen Krafthäuser wurden nach dem System Thury in Serie ge-
schaltet, um die hohe Spannung für die Kraftübertragung zu erzielen (vergl. auch Kap. III.
6. Krafthäuser, b) elektrischer Teil).
Aber erst die im Jahre 1891 von Lauffen am Neckar nach Frank-
furt am Main gelegentlich der Frankfurter Ausstellung ausgeführte
und betriebene Kraftübertragung hat einen so entscheidenden Erfolg
gehabt, dass man sagen kann, von hier ab datiert wirklich eine neue
Epoche in der Ausnützung der Wasserkräfte. Durchgeführt wurde die
Anlage auf Anregung von Oskar von Miller durch die Allgemeine Elektrizitäts-Gesell-
schaft Berlin in Verbindung mit der schweizerischen Maschinenfabrik Örlikon. Es sollten
in Lauffen ca. 200 PS« von einer Wasserkraft an die dortige Dreh ström- Dynamo-
Maschine abgegeben werden, und es kam darauf an, zu zeigen, dass diese PS« ohne
erheblichen Effektverlust auf eine Entfernung von 175 km nach Frankfurt übertragen
werden konnten. Die Spannung wurde nach damaligen Verhältnissen in ausserordentlich
kühner Weise mit 15—20000 Volt angenommen. Die Drehstrommaschinen in Lauffen liefer-
ten den Strom zu 50 Volt und diese Spannung wurde dann in Transformatoren erhöht.
Für die Fernleitung wurden drei blanke Kupferdrähte von 4 mm Durchmesser benutzt,
welche auf Holzmasten und Porzellanisolatoren montiert wprden. In Frankfurt wurde
der Strom wieder auf 100 Volt zurück transformiert und damit 1000 Glühlampen gespeist
und verschiedene Drehstrommotoren angetrieben. Einer von diesen setzte eine Pumpe in
Bewegung, durch welche ein Wasserfall von 10,0 m Höhe betrieben wurde. Der durch
Messungen festgestellte Effektverlust in der Leitung selbst betrug etwa 15°/o und der
Nutzeffekt der ganzen elektrischen Kraftübertragung von den Turbinenwellen bis zu den
Verbrauchsstellen wurde zu 73,9% ermittelt. Wie ungemein befruchtend dieser grosse
Versuch auf die Entwickelung der Wasserkraftanlagen eingewirkt hat, beweist die Zahl
und Grösse der Kraftanlagen, welche seitdem entstanden sind. Dasselbe zeigen auch
die Statistiken der grossen Turbinenbauanstalten. Aus der auf Seite 9 gegebenen
Tabelle I ist zu ersehen, dass die Jahresleistung in gebauten Turbinen der Firma Escher,
Wyss & Co. von 11187 im Jahre 1892 auf 83078 im Jahre 1902 gestiegen ist. Ähn-
lich war auch die Entwickelung bei den anderen grossen Turbinenfirmen. Als Beweis
sind in Tabelle III die Leistungen in PSe in den Jahren 1892 — 1905 von noch 3 Tur-
binenbauanstalten zusammengestellt.
Es betrugen die Jahresleistungen an gelieferten Wasserturbinen in PSe:
Tabelle III.
1892
1898
1899
1900
1901
1902
1903
1904
1905
der deutschen Firma J. M.
Voith in Heidenheim a. B.
der Österreich - ungarischen
Firma Ganz & Co., Badepest
der italienischen Firma Riva,
Monnerer & Co. in Mailand
1059
22000
—
28556
27242
83829
87543
60408
4282
28480
17 879
13411
16 628
21944
15 687
63936
3282
20340
28506
24890
20663
25 788
20 339
25135
88868
12906
53341
Diese Zahlen schildern sicherlich in beredter Weise, welche Fortschritte der Aus-
bau Ton Wasserkräften seit 1892 gemacht hat.
Immer kühner und grossartiger sind die Konstruktionen der Ingenieure geworden.
12 I. Theoeor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Ali/semeines.
Während im Jahre 1844 Moritz Rühlmann die Verwendung eines Wasserdrucks von
108,0 m in einer Fourneyron-Turbine als „fast unmöglich" bewunderte, ist bereits im
Jahre 1902 in dem Elektrizitätswerk Vouvry — unweit der Ausmündung der Rhone in den
Genfer See — , welches die Wasserkraft des Lac Tanay ausnützt, ein Gefalle von 920,0 m
in einer Turbine erreicht und nachgewiesen, dass es keine Bedenken hat, auch noch weiter
zu gehen. Wenn bei den älteren Konstruktionen bei Gefällen von 5,0 — 10,0 m und
grösseren Einheiten Umlaufzahlen von 50 — 70 in der Minute schon als erheblich galten,
baut man heute mit Vorliebe unter sonst gleichen Verhältnissen Turbinen mit 100 — 200
Umläufen in der Minute. Bei kleinen Einheiten von 150 — 300 PS« und Gefallen von
15,0 — 30,0 m sind 300 — 400 Uml /Min. und bei grossen Gefallen und kleinen Einheiten
UmL/Min. von 500—1000 nicht selten. Im Jahre 1904 hat die Platt Iron Works Co.
Dayton, Ohio an die California Gas- and Electric-Co. eine Freistrahlturbine geliefert,
welche bei einem Gefalle von 213,0 m in einem Laufrade 10000 PSe bei 400 Ural/Min.
entwickelt und dieselbe Gesellschaft lieferte 1905 für die Seattle & Tacoma Power Co.
eine Francis Einradturbine, welche in einem Einzelrade 10000 PSe bei 300 Uml. /Min.
und 79,3 m Gefälle leisten kann ").
Andererseits vermag sich heute aber auch der Turbinenbauer den Bedürfnissen
anzupassen, wenn die Verwendungsart der gewonnenen Kraft geringe Tourenzahlen bei
grossem Gefalle erfordert. So hat z. B. die Firma Ganz & Co. in Budapest für das
Walzwerk Jauerburg (Krain) ein Peltonrad von 1600 PSe Leistung geliefert, welches bei
320,0 m Gefälle nur 70 Uml./Min. macht.
Auch die Nutzeffekte der Turbinen sind allmählich gesteigert worden. Früher
hielt man einen Nutzeffekt von 75% schon für ein gutes Resultat. Heute werden
nicht selten von den Turbinenbauanstalten 80°/o Nutzeffekt bei normaler Belastung und
unter besonders günstigen Umständen sogar noch mehr gewährleistet (vergl. auch Kap.
III, 5. Turbinen).
Bezüglich der Höhe der zu verwendenden elektrischen Spannung und der Länge
der Kraftleitung hat man ebenfalls seit dem Versuche von Lauffen gewaltige Fort*
schritte gemacht.
Wie in der Grösse der Turbineneinheiten und der einzelnen Wasserkraftanlagen
schreiten auch inbezug auf die Höhe der verwendeten Spannung und auf die Länge der
Übertragung die Vereinigten Staaten von Nordamerika an der Spitze. Spannungen von
60000 Volt sind bei mehreren amerikanischen Anlagen im Betriebe. Die grösste Ent-
fernung zwischen Krafthaus und Verwendungsstelle weist das Elektrizitätswerk der Bay
Counties Power-Co. in De Sabla, Kalifornien, auf, welches elektrische Energie mit
55000 Volt auf 370 km nach San Francisco liefert. Es ist aber vorgekommen, dass,
als einmal die Druckwasserleitung des Elektrizitätswerkes der Standard Electric Co. in
Electra, welche gleichfalls nach San Francisco Strom liefert, gebrochen war, von de Sabla
aus nach Electra auf rund 580 km Strom16) geliefert wurde und der Betrieb
mit genügender Sicherheit durchgeführt werden konnte (vergl. Kap. III, 7
Leitungsanlagen für den elektrischen Strom).
In Europa wird die Ende 1906 wahrscheinlich in Betrieb kommende Fernleitung der
Societa Lombarda per distribuzione di energia elettrica in Mailand von der italienischen
Grenze bei Brusio nach Vizzola am Tessin (vergl. Kap. II, 1) mit 155,0 km Länge wohl als
die gegenwärtig längste zu betrachten sein. Die Spannung soll hierbei 40000 Volt betragen.
ia) Die Turbine wurde für die Snoqualmie Falls Kraftanlage, 56 km Ostlich von Seattle. Wank
geliefert Zeitschr. f. d. gesamte Turbinen wesen 1906, S. 345.
ic) Elektrische Bahnen und Betriebe, 1905, Seite 539 540.
§ 1. Geschichtlicher Überblick. 13
Technisch gibt es für die Länge der Kraftübertragung kaum noch eine Grenze,
sie wird vielmehr durch wirtschaftliche Rücksichten gezogen, weil bei allzugrosser
Entfernung die Kosten der Leitung nicht mehr im Verhältnis zu dem Nutzen stehen,
welchen die Verwendung billiger Wasserkräfte im Vergleich zu Wärme-Kraftmaschinen
bietet.
•
Wer sich ein Bild machen will über die Entwickelung, welche der Ausbau von
Wasserkräften inzwischen in verschiedenen Ländern gehabt hat, wird bald den Mangel
und die Dürftigkeit des vorhandenen Materials erkennen. Nicht allein, dass die Statis-
tiken unvollständig sind, sie sind auch insofern ungenau und nicht vergleichbar, weil die
Angaben über die ausgebauten PSe auf ganz verschiedenen Grundlagen gemacht sind.
In ein und derselben Statistik findet man für einen Teil der Werke die Gesamtleistung
nach vollem Ausbau und für einen anderen Teil wiederum nur die Leistung des zurzeit
aasgebauten Teiles angegeben, ohne dass der grosse Unterschied in der Grundlage der
Zahlenangabe kenntlich gemacht wäre. Alsdann schwanken die Angaben insofern, als
an einer Stelle die Mindestkraft, welche das ganze Jahr hindurch vorhanden ist, an
einer anderen eine mittlere Kraft und an einer dritten Stelle die grösste Kraft zugrunde
gelegt wurde, Zahlen, welche oft sehr erheblich auseinanderliegen. So gut es geht, mag
dennoch versucht werden, mit Hilfe des vorhandenen Materials in grossen Zügen ein
Bild zu entwerfen.
Die Mehrzahl aller grösseren Anlagen verwertet die Wasserkraft durch Umwandlung
in elektrische Energie. Deshalb bilden die Statistiken der Elektrizitätswerke z. Z. noch
das verhältnismässig beste Material für die Schätzung der vorhandenen Wasserkraftanlagen.
Der englische Ingenieur Champbell Swinton gibt in „The Electrica! Reviews"
vom 2. September 1904 über die für Elektrizitätserzeugung ausgenützten Wasserkräfte
der verschiedenen Länder folgende Tabelle17):
Übersicht der ausgenützten Wasserkräfte nach Champbell Swinton.
Tabelle IV.
Vereinigte Staaten von Nordamerika 527467 PS«
Kanada 228225 n
Mexiko 18470 Ä
Venezuela 1200 „
n
n
n
Brasilien 800
Italien 210000
Frankreich 161343
Schweiz 133302 „
Deutschland 81077 „
Schweden 71000 „
Österreich 16000 „
England 11906 „
Russland 10000 „
Indien 7050 „
Japan 3450 „
Süd-Afrika 2100 „
Summa 1483390 PSd
1?) I. T. Z. 1904, Smte 1097.
71
n
14 I. Theodor Kobhn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Es wird indessen von dem genannten Verfasser dazu bemerkt, dass nicht von
allen Werken Angaben erhalten werden konnten, auch manche der berücksichtigten
Werke inzwischen vergrössert worden seien. Swinton schätzt daher die Gesamt-
leistung aller aufgeführten Länder an ausgebauten Wasserkräften für Elektrizitäts-
erzeugung auf rund 2000000 PS«. Seine Zahlen sind aber sicherlich inzwischen ganz
erheblich überholt.
Bezüglich der Vereinigten Staaten von Nordamerika ergibt die offizielle Statistik
über den Stand der Elektrizitätswerke für Licht- und Kraftzwecke am 30. Juni 1902
an, dass im ganzen an Wasserkraftmaschinen zur Erzeugung elektrischer Energie
381 134 PS« verwendet wurden18). Allerdings sind hierin nur die Werke für öffent-
liche Stromabgabe enthalten, also alle Privatwerke und Eigenwerke der Strassen-
bahnen etc. nicht. Dass diese Zahl aber auch mit dieser Einschränkung inzwischen
überschritten ist, beweist schon die nachstehende Zusammenstellung der Leistungen einer
Anzahl grösserer und bekannterer Werke für öffentliche Stromabgabe:
1. Niagara Falls Power Co. (vergl. Kap. II, 28) 110000 PS.
2. Niagara Falls Hydraulic and Manufacturing Co. (vergl. Kap. II, 29) 70000 „
3. St. Lawrence Power Co. bei Massena im Staate New York19) . 70000
4. Wasserkraftanlage bei Keokuk am Missouri 60000
5. Die Elektrizitätswerke der Standard Electric Co. und Bay Counties
Power Co. in Electra und De Sabla zur Versorgung von S. Francisco
und Oakland Kalifornien»0) 50000 „
6. Kraftwerk Sault St. Marie. Michigan (vergl. Kap. II, 30) . . . 45000 „
7. Elektrizitätswerk am Hudson zur Ausnützung der Spierfalle etwa
65 km oberhalb von Albany21) 32000 „
8. Washington Water Power Co. Spokane") 12000 „
9. Kern River Power Co. Los Angeles, Kalifornien") 10000 „
10. Missouri River Power Co. bei Black Canon am Missouri84) . . 10000 „
11. Nothern Power & California Power Co. bei Volta, Kalifornien26) 4500 p
12. Elektrizitätswerk am Cow Creek, Kansas26) 4000 „
477500 PSe
Die oben erwähnte offizielle Statistik war die erste ihrer Art und es ist des-
halb natürlich, dass sie noch recht unvollständig ausfiel. Zweifellos gibt es auch noch
eine Menge, meistens wohl kleinerer Wasserkraftanlagen, bei welchen die gewonnene
Kraft nicht in elektrische Energie umgewandelt wird. Schätzungsweise wird man die
bis 1905 verwendeten und im Bau begriffenen Wasserkräfte der Vereinigten Staaten
immerhin auf 700000 bis 800000 PS« in Anschlag zu bringen haben.
Für Kanada bleibt die von Champbell Swinton angegebene Zahl von
228225 PS« sicherlich hinter der Wirklichkeit zurück, weil schon allein die Wasser-
kraftanlagen auf der kanadischen Seite des Niagara- Flusses laut nachstehender Liste
18) Z. d. V. d. I. 1908, Seite 1578 und Electrica World and Engineer vom 8. August 1903,
Seite 212.
i») Z. d. V. d. I. 1901, Seite 500 und Engineering News, 21. Febr. 1901, Seite 1091.
>o) Elektrische Bahnen und Betriebe 1905, Seite 540.
•i) E. T. Z. 1903, Seite 758, — Electrical World and Engineer 1903, Seite 1091.
«) E. T. Z. 1904, Seite 1097.
t3) E. T. Z. 1904, Seite 1097.
»«) E. T. Z. 1903, Seit« 319, — The Electrical Times, 12. Febr. 1908.
") Electrical World, 14. Man 1908.
") E. T. Z. 1908, Seite 319.
§ 1. Geschichtlicher Oberblick. 15
487000 installierte PSe ergeben, wovon etwa 325000 PS« ständig aasgenützt werden
können.
1. Ontario Power Co. of Niagara Falls 205000 PSe
2. Toronto and Niagara Falls Power Co 137000 r
3. Canadian Niagara Falls Power Co 100000 „
4. Hamilton- Cataract Co. 45000 „
487000 PSe
Es ist allerdings zu dieser Zusammenstellung zu bemerken, dass die drei erst-
genannten Gesellschaften in ihren Krafthäusern die volle verfügbare Kraft noch nicht
ganz ausnützen. Die fiamilton Cataract Co. entnimmt ihr Wasser nicht unmittel-
bar an den Fällen, sondern weiter oberhalb durch einen längeren Werkkanal.
Für Frankreich gibt der Kommandant Audebrand in G renoble27) die ge-
samten im Jahre 1905 ausgenützten Wasserkräfte auf ungefähr 650000 PS« an. Diese
Angabe ist auf Grund anderen, zerstreut gefundenen Materials so gut wie möglich nach-
geprüft und scheint zu stimmen, wenn man die 1905 im Ausbau befindlichen und kon-
zessionierten Wasserkräfte mit hinzurechnet und die installierten PS© zugrunde legt.
In dem Compte rendu der Chambre de Commerce de Lyon für 1903 wird ein
Bericht des Vizepräsidenten der Handelskammer M. Coignet veröffentlicht, in welchem
als Anhang eine Statistik der grösseren Wasserkräfte von Süd- und Ostfrankreich ent-
halten ist. Diese Statistik führt allein 202041 PS* auf.
Der Ingenieur' V. Turquan gibt in einer Studie98) 1896 die ausgenützten
Kräfte schon auf 1028807 PS an. Wenn man auch diese Ziffer auf PS* an den Tur-
binenwellen zurückführt durch Multiplikation mit 0,75, so erscheint sie doch noch viel
zu hoch. Die Grösse dieser Zahl ist wahrscheinlich daraus zu erklären, dass alle kleinen
Wasserkraftbesitzer bei Anfragen ihre Wasserkraft erfahrungsgemäss viel zu hoch an-
geben. Interessant ist aber an den Angaben von Turquan, dass im Jahre 1896 in
Frankreich bereits 69620 Wasserkraftanlagen gezählt wurden, so dass nach seiner Zahl
sich die durchschnittliche Kraftleistung zu 14 PS berechnet haben würde. In Wirklich-
keit dürfte dieselbe aber wohl weniger als 7 PSe betragen haben.
Nach Audebrand entfallen von den 650000 PS« in Gesamt-Frankreich allein
auf die Dauphine und Savoyen 145000 PSe. Da beide Gebiete zusammen ungefähr
17870 qkm Oberfläche haben, so kommt auf das Quadratkilometer die stattliche Zahl
von ungefähr 8,1 PS«.
Für das gesamte Frankreich ergibt sich:
Tabelle V.
Verwendete Wasserkräfte Frankreichs 1905
Flächeninhalt in
qkm
Verwendete Wasser-
kräfte in PSe
Verwendete Wasser-
kräfte pro qkm
Einwohnerzahl
V er wendete W asser
kräfte in PSe pro
1000 Einwohner
536000
650000
1,2
88 900000
16,7
Für die Schwel« bietet die Statistik über die Starkstromanlagen des schweizeri-
schen elektrotechnischen Vereins und des Verbandes schweizerischer Elektrizitätswerke
t?) Le Commandant Audebrand log.: ,La Honille Blanche" Grenoble, Alexandre Gratier et
Jules Bey 1905.
i») Le Genie Civil 5. 12. und 19. September 1896.
16
I. Theodor Koshn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
60000 .
150000 „
380000 PSe
pro 1904 einen Anhaltspunkt Hiernach gab es im ganzen 218 durch Wasserkraft be-
triebene Werke mit zusammen 170000 PSe
maximaler und 142000 PS« mittlerer Leistung. Da die Statistik jeden-
falls auch noch unvollständig ist, wird das Gesamtbild bei Annahme der
maximalen Leistung der Wirklichkeit am besten entsprechen. Die nicht
für Elektrizitätserzeugung verwendeten Wasserkräfte sind nach anderen
Angaben auf rund
und die im Bau begriffenen sowie die bereits konzessionierten auf etwa
zu schätzen, so dass sich in Summa, wenn man aus der Statistik der
Elektrizitätswerke die Zahl der grössten Leistung zugrunde legt . . .
ergeben würden.
Es ist interessant, aus der schweizerischen Statistik zu sehen, dass von den
insgesamt gezählten 427 Elektrizitätswerken 147 keine eigene Stromerzeugung haben,
sondern ihren Strom von den grossen Wasserkraftanlagen beziehen, so dass nur 280 mit
eigener Stromerzeugung bleiben. Von diesen haben, wie gesagt, 218 Werke Wasser-
kraft, und nur 62 werden mit Dampf oder Gas betrieben. Allerdings muss dabei
bemerkt werden, dass eine ganze Reihe von Wasserkraftanlagen mehr
oder weniger grosse Dampfreserven zur Verfügung halten.
Unter den im Bau begriffenen Wasserkraftanlagen sei die Anlage am Poschi&vino
bei Brusio mit allein 35000 PS« besonders hervorgehoben, welche ca. 20000 PSe über die
italienische Grenze an die Societä Lombarda per distribuzione di energia elettrica in
Mailand zu liefern hat (vergl. Kap. II, 1 u. 2).
Das Gesamtbild der Schweiz stellt sich demnach wie folgt:
Tabelle VI.
Verwendete Wasserkräfte in der Schweiz 1905
Flächeninhalt in
qkm
Verwendete Wasser-
kräfte in PS«
Verwendete Wasser-
kräfte p. qkm in PSe
Einwohnerzahl
Verwendete Wasser-
kräfte in PSe pro
1000 Einwohner
41000
880000
9,27
3300000
115,1
Besonders bemerkenswert ist die Entwickelung des Ausbaues von Wasserkräften
im Kanton Waadt. Hier sind es die Gemeinde Lausanne und 14 Gesellschaften, welche
das ganze Gebiet des Kantons von 3223 qkm Oberfläche derart mit Kraft versorgen,
dass fast keine Gemeinde mehr ohne Gelegenheit zum Bezüge von elektrischer Energie
für Licht und Kraft ist. Es stehen nicht weniger als 43000 PS« in ausgebauten
Wasserkräften bereits zur Verfügung, von denen mehr als die Hälfte 1905 schon Ver-
wendung gefunden hatte. Dabei ist wohl zu bedenken, dass der Kanton verhältnis-
mässig arm an Grossindustrie ist. Aber die Kleinindustrie und die Land-
wirtschaft haben sich die Wohltaten der billigen Kraftlieferung in
staunenswerter Weise zunutze gemacht. Es kamen 1905 auf einen Quadrat-
kilometer ca. 13,6 verfugbare PS«, und es wird nicht lange dauern, bis dieselben völlig
ausgenützt sind. Am 1. Dezember 1900 betrug die Einwohnerzahl 281379, so dass auf
je 1000 Einwohner 155 verfügbare PS« an elektrischer, durch Wasserkraft erzeugter
Energie entfielen.
In Italien betrug nach der „Statistica Industriale" Riassunto delle No-
tizie sulle Condizione Industriali del Regno"), herausgegeben von der Direzione Gene-
") Tipografia Nasionale Borna, Via Umbris. 1905.
§ l.
Geschichtlicher Überblick.
17
raJe della Statistica des Ministeriums für Landwirtschaft, Industrie und Handel im
Jahre 1903 die Gesamtleistung der verwendeten Wasserkräfte 418248 theoretische PS.
(cavali dinamici), d. h. rund
an den Turbinenwellen gemessen, wovon
auf Piemont ,
auf die Lombardei
auf Venezien
62970 PSe
80496 „
26705 „
im ganzen also auf diese 3 Landesteile Oberitaliens 170 171 PSe
entfielen.
Seit der Zeit sind nach Auszählung der grösseren und
bekannteren Werke mindestens noch
hinzugekommen und es sind noch etwa
im Bau oder doch bereits konzessioniert, so dass sich die Gesamt-
zahl der bis Ende 1905 verwendeten und im Bau oder Vor-
bereitung befindlichen Wasserkräfte auf rund
stellt.
Für Italien ergibt sich demnach folgendes Gesamtbild:
Tabelle VI.
314000 PSe
75000
75000
464000
Verwendete Wasserkräfte in
Italien 1905.
Flächeninhalt in
qkm
Verwendete Wasser-
kräfte in PS«
Verwendete Wasser-
kräfte p. qkm in PS«
Einwohnerzahl
Verwendete Wasser:
kräfte in P8* pro
1000 Einwohner
287 000
464000
1,7
82500000
14,2
Hiervon fallen auf die Lombardei mit den Provinzen:
Bergamo, Brescia, Como, Cremona, Mantua, Milano, Pavia und
Sondrio ungefähr
Die Einwohnerzahl des Landesteiles (Regione) Lombardei
beträgt 4 107 851, so dass auf 1000 Einwohner im Jahre 1905
immerhin schon die beträchtliche Zahl von beinahe 28 PS. in
Wasserkraft entfielen.
Nach den „Notizie Statistiche sugli Impianti Elettrici
Esistenti in Italia alla Fine del 1898"*°) des Ministeriums für
Landwirtschaft, Industrie und Handel (Roma 1901) betrug am
Ende des Jahres 1898 die Gesamtkraft aller für die Erzeugung
elektrischer Energie verwendeten Wassermotoren 40440 Kw
oder rund 58000 PS.,
wovon auf die Lombardei rund
entfielen. Die übrigen nicht für Umwandlung in elektrische
Energie verwendeten Wasserkräfte sind für Ende 1898 etwa auf
zu schätzen, so dass sich für die Lombardei zusammen . . .
ergeben würden. Es haben sich also in der Lombardei
in dem verhältnismässig kurzen Zeitraum von
112000 PS..
23000
12000
9
35000 PS.
so) Eine neuere Anagabe war bia zur Drucklegung noch nicht erschienen.
Haadtoua dar Img.-WiiMiiM]i. m. Teil. 18. Band.
18
L Theodos Koehh. Ausbau vojt WakebkbIftbbt. AixoEMEnna
7 Jahren die verwendeten Wasserkräfte in PS« mehr
als verdreifacht.
Für Deutschland hat Frauenholz die in den acht-
ziger Jahren des vorigen Jahrhnnders ausgenützten Wasser-
kräfte auf etwa
geschätzt91). Diese Zahl erscheint nicht zu hoch gegriffen und
soll deshalb mangels einer besseren Unterlage hier zugrunde
gelegt werden81). Von 1891 an ist der Ausbau von Wasser-
kräften in ganz überwiegender Weise für die Erzeugung elek-
trischer Energie durchgeführt, so dass die Statistiken der Ver-
einigung deutscher Elektrizitätswerke und des Verbandes deutscher
Elektrotechniker die beste Auskunft erteilen. Diese Statistiken
geben nach dem Stande vom 1. April 1905* das folgende Bild13):
Es betrug:
1. in reinen Wasserkraftanlagen die normale Gesamt-
leistung der Maschinen 15582 Kw oder rund
und zwar in 125 Anlagen. Es kommen also im Durchschnitt
rund 170 PS. auf eine Anlage;
2. in gemischten Systemen mit Wasser und Dampf, und
zwar das eine oder andere als Reserve, die normale Gesamt-
leistung 61692 Kw oder rund 88000 PS. in 219 Anlagen. In
der letztgenannten Summe figuriert allein die Wasserkraft Rhein-
felden mit 17000 PS#, so dass verbleiben ohne Rheinfelden
71000 PS*. Von dieser Zahl ist mindestens die Hälfte . . .
auf Wasserkraft zu rechnen. Rheinfelden selbst ist aber nicht
mit der ganzen Kraft von 17000 PS«, sondern nur mit der
Hälfte, also mit
in Rechnung zu stellen, weil die Hälfte davon für die schwei-
zerischen Werke mitgezählt ist;
3. in gemischten Systemen mit Wasser und Gas die
normale Gesamtleitung 2200 PS, in 18 Anlagen. Es wird für
die Wasserkräfte nicht zu hoch gerechnet sein, wenn man ihren
Anteil mit der Hälfte, also zu
in Rechnung setzt. Hiernach ergeben sich für Deutschland im
ganzen rund
an bereits ausgenützten Pferdestärken.
Nach derselben Statistik sind noch im Bau oder Vor-
bereitung :
4. in 75 reinen Wasserkraftanlagen
(also durchschnittlich 84 PS« pro Anlage)
170000 PS.
22500
35000
8500
1100
237 100 PS.
6300 PS..
'1) Intze: «Die bessere Ausnutzung der Gewässer und Wasserkräfte*. Berlin, Verlag von
Julias Springer, 1889.
8*) In den Motiven zum bayrischen Wassergesetze vom Februar 1904 wird die Zahl der aus-
genutzten Wasserkräfte Bayerns allein für die im Staatseigentum befindlichen Flüsse auf 84300 PS«
angegeben.
88) E. T. Z. 1906, Seite 188.
§ 1. Geschichtlicher Überblick.
Übertrag :
5. in 15 gemischten Werken mit Wasserkraft und Dampf
2700 PSe, wovon auf Wasser allein etwa die Hälfte mit . .
zu rechnen ist.
6. in 6 gemischten Werken mit Wasser und Gas von
zusammen rund 900 PSe, wovon auf Wasser
zu rechnen sind. Hierzu kommen
7. die neuen Wasserkraftanlagen an der Isar der Stadt
München mit84)
8. Die beiden Talsperren der Provinz Schlesien bei
Marklissa und Mauer mit
9. Die Talsperren an der Wupper und ihren Neben-
flüssen und an der Ruhr und ihren Nebenflüssen mit rund
10. Die Wasserkräfte der Ruhrtalsperren-Gesellschaft in
Heimbach a. d. R.*5) mit zusammen
11. Schliesslich kommt noch hinzu die von den Feiten
& Guillaume-Lahmeyer -Werken geplante grosse Anlage bei
Laufenburg, deren Bau binnen kurzem beginnen soll. Dieselbe
ist in der Statistik mit rund 40000 Kw angegeben, es handelt
sich aber im ganzen nur um ca. 50000 PS6. Da die Hälfte davon
auf die Schweiz entfallt, so sollen hier in Ansatz gebracht werden
Hiernach ergeben sich für Deutschland als im Ausbau
und Vorbereitung befindlich
und alles zusammen für ganz Deutschland an bereits verwendeten
Wasserkräften 294400 PS,.
Für Deutschland ergiebt sich demnach:
Tabelle VII.
19
6300 PSe
1350 „
450
4200
6000
4000
n
10000 „
25000
57300 PS.
Verwendete Wasserkräfte in De
utschJand 1905.
Flächeninhalt in
qkm
Verwendete Wasser-
kräfte in PSe
Verwendete Wasser-
kräfte p. qkm in PSe
Einwohnerzahl
Verwendete Wasser-
kräfte in P8e pro
1000 Einwohner
540000
294400
0,54
60000000
4,56
In England ist der Reichtum an Wasserkräften nicht
bedeutend. Immerhin ist die Anzahl der verwendeten PS« bereits
erheblich grösser, als sie Cham pb eil Swin ton in der Tabelle
Seite 13 angibt. Bemerkenswerte Anlagen in England sind:
Die Anlagen der British-Aluminium-Werke in Foyers
Schottland, welche 1904 bereits eine Kraft von 9000 PS6 aus-
84) E. T. Z. 1903, Seite 61.
36) Die grosse Urfttalsperre (vergl. auch die Beschreibung der Urfttalsperre im Kap. II, 84) ist
inzwischen in Betrieb genommen, der Ausbau weiterer Wasserkräfte ist in Vorbereitung. In der Statistik
ist unter den in Bau begriffenen Werken die Urfttalsperre mit 20 000 Ew und ausserdem noch die Ruhr-
talsperren - Gesellschaft Ueimbach a. d. Roer mit 12800 Ew in Ansatz gebracht, was nur auf einem
Irrtum beruhen kann. Die hier zum Vergleich in Betracht kommende Leistung dürfte 10000 PSe nicht
aberschreiten.
2*
20
L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
nützten, dieselbe aber durch Hinzuziehung des Loch Leven auf
zu bringen beabsichtigen86).
Die Anlage der North Wales Electric Power Co., welche
ihre Betriebskraft dem Llydaw-See am Snowdon entnimmt. Das
Werk war 1904 erst mit 4 Turbineneinheiten ä 1000 Kw aus-
gerüstet, kann aber auf
gebracht werden.
Die Wasserkraftanlage des Scotch Water Power Syndi-
cates, welche sich 8 km nördlich von Tarbet am Inveruglas
Water befindet und ihre Betriebskraft dem Loch Sloy mit . .
entnimmt. Diese drei Werke zusammen ergeben bei vollem
Ausbau bereits
17000 PSe
8200
6000
31200 „
Wenn auch die Engländer in ihrem europäischen Reiche im Vergleich zu anderen
Ländern keine grosse Gelegenheit haben, Wasserkräfte auszubauen, so ist ihnen dafür
in ihren Kolonien, namentlich in Kanada und Indien ein um so grösseres Feld der
Tätigkeit zur Verfügung gestellt.
In Tabelle VIII sind die Ergebnisse der Tabellen IV— VII noch einmal zu-
sammengestellt.
Tabelle VIII.
Verwendete Wasserkräfte 1905 in PS«.
Bezeichnung des Landes
Deutschland
Frankreich
Italien . .
Schweiz
im ganzen
294400
650000
464000
880000
0,54
1,20
1,70
9,27
pro
1000 Emw.
4,56
16,7
K»
115,1
Von den übrigen europäischen Staaten fehlen leider genügende Angaben, um
einen einigermassen richtigen Überblick zu gewinnen.
Die Haupttätigkeit beim Ausbau von Wasserkräften haben in
allen Ländern bis jetzt Privatpersonen und Privatgesellschaften
entwickelt.
In Frankreich ist die Beteiligung des Staates und der Gemeinden an dem Ausbau
yon Wasserkräften bis jetzt noch ganz verschwindend.
In Italien haben eine Anzahl kleinerer Gemeinden Wasserkräfte selbst ausgebaut,
oder ausgebaute Kräfte käuflich übernommen. Neuerdings plant die Stadt Mailand
eine grosse Wasserkraftanlage bei Grosola an der Adda in der Valtellina von 40000 PS«,
um in Konkurrenz mit der Societa Generale Italiana di Elettricitä sistema Edison37), welche
bisher die Stadt Mailand für den öffentlichen und privaten Bedarf mit elektrischer
Energie versorgt, die Stromlieferang zu übernehmen.
Die schon erwähnte Statistik der Amerikanischen Elektrizitätswerke für Licht-
und Kraftzwecke vom 30. Juni 1902 gibt an, dass von den zur Erzeugung elektrischer
•«) E. T. Z. 1904, Seite 1098.
37) Die Societa Generale erzeugt ihren Strom, abgesehen von mehreren grossen Dampf zentralen
in Mailand, hauptsächlich in ihrem Wasserkraftwerk bei Paderno an der Adda.
§ 1. Geschichtlicher Überblick. 21
Energie verwendeten 381 134 Wasser-PSe nur 11218 PSe, d. h. etwa 3°/o auf städtische
oder staatliche Werke, 369916 auf private Besitzer entfallen.
In Deutschland war am Ende des Jahres 1905 die Zahl der im Betriebe von
Gemeinden oder Staat befindlichen Wasserkraftwerke mit Umwandlung in elektrische
Energie auf 95 mit zusammen 8800 PSe oder 3,7% der Gesamtleistung aller bereits
ausgebauten und 13,1% der elektrisch betriebenen Werke angewachsen. Wenn die im
Bau und Vorbereitung befindlichen Anlagen hinzugerechnet werden, verschiebt sich das
Verhältnis noch etwas zugunsten der gemeindlichen und staatlichen Werke.
In der Schweiz sind von den gesamten 218 Elektrizitätswerken mit eigener Kraft-
erzeugung durch Wasser mit rund 170000 PSe, 30 mit rund 30000 PS«, d. h. rund 17%
von den Gemeinden erstellt oder durch diese von den früheren Konzessionsinhabern
käuflich erworben worden. Der Rest aber ist auf private Initiative zurückzuführen und
wird von Privaten betrieben. Unter den gemeindlichen Anlagen mit Wasserkraft nimmt
diejenige der Stadt Genf mit 18600 PS« zurzeit noch den ersten Platz ein, dann folgen
St. Maurice- Lausanne mit 5240 PSe98) und andere.
Wie in Amerika, so sind es auch in Europa besonders die grossen Elek-
trizitäts-Gesellschaften gewesen, welche den kräftigsten Antrieb zum Ausbau
von Wasserkräften entwickelt haben. Die Erfahrung im eigenen Lande und das Bedürf-
nis nach Ausdehnung des Absatzgebietes für ihre Fabrikate boten ihnen den Anlass,
auch im Auslande den Ausbau grösserer Werke in die Hand zu nehmen89).
ss) Das Werk kann auf 14000 PSe ausgebaut werden.
>9) So wurde beispielsweise von der gröasten amerikanischen Elektrizitätsgesellschaft der
GenereJ-Electric-Company am Rimac-Flasse in Peru für die Versorgung der Hauptstadt Lima eine grossere
Wasserkraft ausgebaut
Im Hochgebirge des Himalaja in Kaschmir ist es dieselbe Gesellschaft, welche in Verbindung
mit der Ahner Dohle Co. in San Francisco die Gefalle des Dachihlam , eines Nebenflusses des Indus,
ausnützt, um 20000 P8e zu gewinnen und neben anderen Verwendungszwecken die Hauptstadt Srinagar
mit Licht und Kraft zu versorgen. (Z. d. V. d. L 1906, Seite 67.)
In Italien haben hei mehreren der frühesten und jetzt noch grossten Werke amerikanische,
deutsche, österreichisch-ungarische und schweizerische grosse Elektrizitäts-Gesellschaften durch Über-
nahme des finanziellen Risikos den Hauptanstoss gegeben und dadurch zu dem sehr bemerkenswerten
Aufschwünge der italienischen Industrie der letzten Jahrsehnte beigetragen. So x. B. wurde schon im
Jahre 1893 die erste grosse Wasserkraftabertragung mittelst Wechselstrom auf 25 km von Tivoli
nach Born von der Firma Ganz & Co. in Budapest erbaut. Das bereits kurz erwähnte grosse Werk
an der Adda bei Paderno ist mit Hilfe der amerikanischen Edison-Electric-Co. ins Leben gerufen. Die
Anlagen der Societh Lombards per Distribuzione di Energia Elettrica am Tessin bei Vizzola und Turbigo
(vergl. Kap. II, 1 u. 2), die Anlage der Societa Bergamaska am Brembo bei Bergamo f vergl. Kap. II, 3),
die Anlage Pont 8t Martin im Aostatale an der Dorn Baltea (vergl. Kap. II, 7) verdanken zum grossen
Teil dem Unternehmungsgeist der Nürnberger Gesellschaften: E. A. vorm. Scbuckert & Co. und der
Continentalen Gesellschaft für elektrische Unternehmungen ihre Entstehung.
Bei den Anlagen Funghera an der Stura (vergl. Kap. II, 4), Ala Ceres an der Stura (vergl.
Kap. II, 5) und mehreren anderen Werken, welche für die Versorgung von Turin mit elektrischer Energie
dienen, war es die Klektrisitäts-Gesellschaft Siemens & Halske in Berlin, welche den Hauptanstoss gab.
Zorn Aushau einer grossen Anlage in der Nähe von Susa (Piemont) ergriff die mit der schweizerischen
Elektriaitats- Gesellschaft Brown Boveri & Co. eng liierte Aktiengesellschaft „Motor" die Initiative und
nahm daa finanzielle Risiko auf sich. Es muss aber hervorgehoben werden, daes die Vorarbeiten, die Aus-
arbeitung des wasserbaulichen Teiles der Projekte und die Ausführung in Italien in den meisten Fallen
auch dann, wenn ausländische Gesellschaften die geschäftliche Führung hatten, von italienischen In-
genieuren gemacht worden sind, da deren Geschicklichkeit und Erfahrung gerade im Ausbau von Wasser-
kräften den Vergleich mit denjenigen der Ingenieure anderer Nationen keineswegs zu scheuen braucht.
Die Schweiz verdankt der Initiative der bereits erwähnten Aktiengesellschaft „Motor41 u. a. die
grossen Werke bei Spiez fKanderwerk), Beznau und bei Hagneck (vergl. Beschreibungen Kap. II, 13, 14
22 I. Theodor Koehh. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Neben den Elektrizitäte-Gesellschaften ist es in erster Linie die chemische In-
dustrie, welche zahlreiche Wasserkraftanlagen ins Leben gerufen hat, und zwar beson-
ders fdr die Herstellung von Aluminium, Kalziumkarbid, Chlorkalk, Soda und ganz neuer-
dings zur Gewinnung von Stickstoff aus der atmosphärischen Luft.
Der Ausbau von Wasserkräften macht die vorhandene Industrie durch Ver-
ringerung der Betriebskosten konkurrenzfähiger, ruft aber auch ganz neue Industrien ins
Leben. Der Bedarf an Kraft beschränkt sich daher für eine Gegend nicht auf den
Ersatz der bisherigen teureren Antriebsmaschinen, sondern das Angebot billiger Kraft
gibt die Anregung zur Erweiterung der vorhandenen Betriebe und zur Errichtung ganz
neuer Betriebsstätten.
In dem bereits erwähnten Compte rendu für 1903 der Handelskammer von Lyon
ist mitgeteilt, dass sich die dort aufgeführten grösseren Anlagen in Süd- und Ostfrank-
reich mit einer Gesamtleistung von 202041 PS« auf die einzelnen Industrien, wie folgt,
verteilen :
1. Aluminium-Industrie 18100 PS*,
2. Metallurgische Industrie 22500 n
3. Chlorkalk und Pottasche-Industrie 15500 „
4. Kalziumkarbid-Industrie 19310 „
5. Soda- und Chlor-Industrie 13500 „
6. Verteilung von Licht und Kraft 81681 „
7. Verschiedene Industrien 31450 „
202041 PS«.
Hierunter sind die Aluminium- und die Kalziumkarbid-Industrie ganz neu und
erst durch die billige Wasserkraft möglich gemacht. Aber auch die ad 2, 3 und 5
and 19). Tod ausländischen Gesellschaften, welche auf dem hier interessierenden Gebiet in der Schweiz
eine grossere Tätigkeit entwickelt haben, sei z. B. die E. A. G. vorm. W. Labmeyer & Co. in Frankfurt
a. M. genannt, welche die Anlage Wangen a. d. Aare (vergl. Kap. II, 12) und das sogenannte Kabelwerk
bei St Gallen (vergl. Kap. II, 11) errichtete.
In Norwegen wurden zwei grosse Werke am Glommen bei Hafslund (Kap. II, 20) und bei
Kykkelsrud (Kap. II, 21) von der E. A. vorm. Schuckert & Co. in Nürnberg erbaut
In Deutschland ist das gröaste bestehende Werk bei Bheinfelden (Kap. II, 83) von der Allge-
meinen ElektriziUtsgesellschaft ins Leben gerufen und das Werk bei Laufenburg a. Rh., welches zukünftig
das gröaste in Deutschland sein wird, verdankt seine Entstehung der Initiative der Feiten & Guillaume-
Lahmey er- Werke.
Von grösseren ausländischen Wasserkraftanlagen, welche auf deutsche Tatkraft zurückzufahren
sind, mögen noch genannt werden : Diejenige in der Nfthe von Valparaiso, welche die Bache des Penelas
und Las Varos, sowie den Penelassee ausnutzt, um ca. 8000 PS« zu gewinnen und f&r den Betrieb der
elektrischen Strassenbahn in Valparaiso und die Licht- und Kraftverteilung in dieser Stadt nutzbar zu
machen. Das Werk verdankt seine Entstehung dem vereinigten Vorgehen der Siemens-Schackert- Werke
und der Allgemeinen Elektrizitats- Gesellschaft in Berlin.
Die E. A. G. vorm. W. Labmeyer &, Co. baute in Rumänien bei Sinaja ein grosses Kraftwerk,
wobei sie Kraft des Prahovaflusses ausnutzt.
In Spanien sind eine ganze Reihe Wasserkraftanlagen ausgeführt, bei denen deutsche Gesell-
schaften mitgewirkt haben, so z. B. die Kraftanlage bei Flix am Ebro, welche zur Fabrikation von Soda
und Chlorkalk gemeinsam von der Kontinentalen Gesellschaft für elektrische Unternehmungen in Nürn-
berg und der Chemischen Fabrik Electron. Griesheim, gebaut worden ist
Die Siemens- Schuckert- Werke errichteten ein grosses Werk in Guatemala in Zentral- Amerika
am Ausfluß« des Amatitlan-Sees und in Verbindung mit der amerikanischen Mexican Light and Power Co.
in New York die gewaltige Anlage an den Necaxa- und Tenango-Ffillen, in welchen 30000 PS« gewonnen
werden sollen, um sie in Form von elektrischer Energie nach der Hauptstadt Mexiko zu leiten.
§ 1. GE8CHICHTUCHEK ÜBERBLICK. 23
genannten Kräfte dürften im wesentlichen für ganz neu angelegte Werke Verwendung
gefunden haben. Inwieweit die Verwendung der Wasserkräfte auf die Erweiterung bestehen-
der Arbeitsstätten für andere Industriezweige eingewirkt hat, lässt sich zahlengemäss
nicht feststellen, aber erfahrungsgemäss ist diese Einwirkung sehr bedeutend.
In Deutschland ist das sprechendste Beispiel die Anlage Rheinfelden, wo am
rechten badischen Rheinufer gegenüber der alten schweizerischen Stadt Rheinfelden in
wenig Jahren eine ganz neue Industrie-Stadt entstanden ist.
Unerwähnt soll hier aber nicht bleiben, dass an manchen
Stellen beim Ausbau von Wasserkräften, namentlich in den letzten
Jahren des vorigen Jahrhunderts, eine gewisse Überstürzung eintrat,
welche dadurch zum Ausdruck kam, dass man erheblich mehr Energie
zur Verfügung stellte, als die betreffende Gegend zu verwenden in der
Lage war. Besonders sind um die genannte Zeit für die chemischen Industrien
(Kalziumkarbid, Soda, Chlor und Pottasche) in Frankreich, in der Schweiz, Italien,
Spanien und Norwegen soviel neue Anlagen geschaffen worden, dass sie ein Vielfaches
von dem herstellen konnten, was der Weltmarkt aufzunehmen imstande war. Infolge-
dessen sind eine ganze Reihe von Anlagen zeitweise notleidend gewesen. Inzwischen hat
sich aber allmählich durch das Anwachsen des Bedarfes ein Ausgleich hergestellt.
Unerwähnt soll ferner nicht bleiben, dass in manchen Fällen der Ausbau von
Wasserkräften insofern Enttäuschungen bereitet hat, als die Anlagekosten den An-
schlag sehr erheblich überschritten haben und mitunter die Wirklichkeit sich bezüglich der
verfügbaren Kraft ungünstiger gestaltet hat, als die voraufgegangenen Ermittelungen
annehmen Hessen. In solchen Fällen lag die Ursache der Enttäuschungen immer in der
mangelhaften Sorgfalt, mit welcher die Vorarbeiten aufgestellt waren.
Das wachsende und immer allgemeiner werdende Interesse an der Verwendung
der Wasserkräfte, das Bedürfnis zum Austausch der gemachten Erfahrungen, die Not-
wendigkeit, die gesetzlichen Bestimmungen den neuen Verhältnissen anzupassen und der
Wunsch der interessierten Kreise, den Regierungen und den gesetzgebenden Körperschaften
aus der Praxis heraus die Bedürfnisse der Industrien, welche sich der Wasserkraft be-
dienen, nach gemeinschaftlicher Beratung mitzuteilen, und so die Ge-
setzgebung vor Missgriffen zu bewahren, haben zunächst in Frankreich zur
Bildung eines Syndikates40) von Eigentümern und Industriellen, welche Wasserkräfte
ausnützen und betreiben, geführt. Dieses Syndikat hat im September 1902 in Grenoble
einen sehr stark besuchten Kongress veranstaltet, an welchem hervorragende Ingenieure
und Industrielle, sowie Deputierte und hohe und höchste Staatsbeamte teilgenommen
haben« Auf diesem Kongress sind eine Reihe interessanter technischer, wirtschaftlicher
und gesetzgeberischer Fragen, welche den Ausbau und Betrieb von Wasserkräften be-
treffen, besprochen worden. Der Industrielle Aristide Bergfes in Lancey (Dauphinä),
welcher selbst als einer der ersten eine grosse Wasserkraft für seine Fabrik ausnützte
und für di£ Erkenntnis des Wertes der Wasserkräfte in Wort und Schrift tätig gewesen
ist, hat diesem Kongress den Namen „Congres de la Houille Blanche" gegeben, und diese
Bezeichnung „weisse Kohle4 für Wasserkraft hat sich in Frankreich eingebürgert.
Bei Gelegenheit dieses Kongresses ist den Teilnehmern auch die Besichtigung zahlreicher
ausgeführter Anlagen in Frankreich und in der Schweiz vermittelt. Alle Vorträge sind
in 2 grossen Bänden von dem genannten Syndikat veröffentlicht.
«0) 8yndicAt des ProprMtaires et lndustriels Possldant ou Exploitant des Forces Motrices
Hydraaliques. Siege Gtenoble.
24 L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Auch in Deutschland macht sich aus denselben Gründen das Bedürfnis nach einer
Vereinigung aller an dem Ausbau von Wasserkräften interessierten Kreise geltend, und
es ist bereits eine ähnliche Vereinigung in der Bildung begriffen41).
Ähnliche Bestrebungen sind auch in Österreich, in der Schweiz und in Italien
bemerkbar.
Es wäre wohl zu wünschen, dass es recht bald in verschiedenen Landern zu der-
artigen Vereinigungen kommen würde, aber man muss noch weitergehen und anstreben,
dass die Wasserkraftbesitzer und Wasserkraftingenieure sich von Zeit zu Zeit zu inter-
nationalen Kongressen nach dem Vorbilde anderer Interessengruppen vereinigen. Eine
Reihe einschlägiger wichtiger Fragen kann überhaupt nur im Wege internationaler
Verständigung gelöst werden und andererseits kann der mündliche Austausch der Er-
fahrungen nur fordernd auf die Entwickelung dieses für alle Völker wichtigen Arbeits-
gebietes einwirken.
Zum Schlüsse des geschichtlichen Überblickes mögen noch einige hervorragende
Bau-Ingenieure genannt werden, welche sich um den Ausbau von Wasserkräften besondere
Verdienste erworben haben.
In Deutschland ragt vor allen anderen Dr.-Ing. Otto Intze hervor41). Uner-
müdlich hat dieser Mann seit den achtziger Jahren darauf hingewiesen und durch
Projekte begründet, wie durch die Errichtung von Talsperren nicht allein die Millionen-
werte verschlingenden Hochwasserschäden vermieden werden könnten, sondern wie zu
gleicher Zeit die Versorgung in der Nähe liegender Städte mit gutem Trinkwasser ge-
fördert, der Landesmelioration die grössten Dienste erwiesen und schliesslich Kraft
für gewerbliche Zwecke gewonnen werden könne. Selten aber ist einem Ingenieur
ein so grosser Erfolg als Frucht seiner Arbeit beschieden gewesen. Es war ihm ver-
gönnt, in dem verhältnismässig kurzen Zeitraum von 1889—1903 allein in Deutschland
19 grosse Talsperren mit über 100000000 cbm Stauinhalt zu bauen. Von diesen liegen:
Im Wuppergebiet : 7,
im Ruhrgebiet: 9,
in Schlesien: 2,
im Roergebiet: 1.
Letztere, die Urfttalsperre bei Oemünd in der Eifel (vergl. Kap. II, 34), gehört
mit 45000000 cbm Stauinhalt zu den grössten Anlagen in Europa. Für zahlreiche
andere Anlagen im In- und Auslande waren von Intze bereits die Projekte aufgestellt,
als ihn der Tod nur allzu früh abrief.
In der Schwell sind besonders 3 Ingenieure beim Ausbau von Wasserkräften her-
vorgetreten :
Der Ingenieur M. Th. Turrettini in Genf hat die grossen Wasserkraftanlagen
der Stadt Genf an der Rhone geschaffen und sich damit ein unvergängliches Denkmal
gesetzt. Er hat aber auch ausserdem an verschiedenen anderen Wasserkraftanlagen der
Schweiz und des Auslandes als beratender Ingenieur mitgewirkt. Die von ihm über die
Anlage der Stadt Genf veröffentlichte Schrift führt die Bezeichnung: „Usine de Chfevres",
Notice historique et descriptive des traveauz ex6cut6s par la ville de Geneve 1893— 994S).
4i) Bayr. Handelazeitang, 4. Nov. 1905, Seite 641; E. T. Z. 1906, Seite 32.
**) Gestorben am 28. Dezember 1904 in Aachen.
*•) Genf, George & Gie. Editeurs.
§ 1. Gbschichtlichkb Überblick. 25
Der Ingenieur Professor M. A. Palaz in Lausanne hat unier anderen die Ent-
würfe für das Kraftwerk der Stadt Lausanne bei St. Maurice (vergl. Kap. II, 16) und für
die Anlage der Compagnie Vaudoise des Forces Motrices des Lacs de Joux et de l'Orbe
(▼ergl. Kap. II, 17) gemacht und die Anlagen ausgeführt. Er war ausserdem an zahl-
reichen anderen hydrotechnischen Arbeiten der Schweiz und des Auslandes beteiligt.
Der Ingenieur Conrad Zschokke44) in Aarau machte unter anderen die ersten
Entwürfe für die Wasserkraftanlage Rheinfelden. Er war gleichfalls an zahlreichen Wasser-
kraftanlagen der Schweiz und des Auslandes als beratender oder leitender Ingenieur tatig.
Sein grösstes Verdienst ist aber die Ausbildung der Druckluftgründungen,
welche bei Wasserkraftanlagen oft eine so wichtige Rolle spielen und
nicht selten eine technisch einwandsfreie und wirtschaftlich vertret-
bare Ausführung überhaupt erst ermöglichen. Von den in diesem Bande
beschriebenen Wasserkraftanlagen hat er die Druckluftgründungen bei Hagneck, Wangen,
Beznan, Chbvres und Rheinfelden ausgeführt. Conrad Zschokke ist gegenwärtig in
der Kunst der Druckluftgründungen in Europa unbestritten die erste Autorität.
Von den italienischen Ingenieuren verdienen zwei Männer insofern besondere
Erwähnung, als sie die ersten gewesen sind, welche mit gross angelegten Wasserkraft-
projekten an die Öffentlichkeit getreten sind und ihren Ideen auch die Verwirklichung
schaffen konnten. Zunächst der Ingenieur Enrico Carli45), welcher bereits im Jahre
1888 ein Projekt für die grosse Wasserkraft- Anlage an der Adda bei Paderno aufgestellt
und später auch das endgültige, im Jahre 1895 durch königliches Dekret genehmigte
und dann von der Edison-Gesellschaft zur Versorgung von Mailand ausgeführte Projekt
in allen Einzelheiten bearbeitet hat.
Ferner der Ingenieur Cesare Cipoletti, welcher in seiner Schrift „Delle Forze
Idrauliche che possono crearsi nelP Alto Milanese" im Jahre 1887 zuerst die Idee aus-
gesprochen und begründet hat, die wegen des Canale Villoresi im Tessin geschaffene
Wehranlage zur Gewinnung einer grossen Wasserkraft von 30000 PS0 zu benutzen.
Seine Idee ist später durch die Anlage bei Vizzola (vergl. Kap. II, 1), wenn auch in
etwas veränderter Gestalt zur Ausführung gekommen.
Unter den französischen Ingenieuren ist M. A. Gotteland46) auch im Aus-
lände dadurch bekannter geworden, dass er das definitive Projekt der Wasserkraftanlage
der Society Lyonnaise des Forces Motrices du Rhone (vergl. Kap. IL 24) verfasst und die
Ausführung geleitet hat. Diese Anlage, deren Vorgeschichte in die achtziger Jahre
des vorigen Jahrhunderts zurückreicht, ist, zwar nicht was die Kraftleistung, wohl aber
was den Umfang und die Schwierigkeit der Arbeiten betrifft, unstreitig die z. Z. inter-
essanteste und grossartigste in Frankreich.
Literaturangabe zu Kapitel I, § 1.
Ainsworth, Researches in Assyria, Babylonia and Chaldaea, forming part of the Euphratus Expedition.
London 1888.
Hirt, Die Geschichte der Baukunst bei den Alten.
44) Conrad Zschokke hat im ersten Teil des Handbuches der Ingeaieurwissenschaften das Kapitel
»Die Druck raftgründungen" bearbeitet
4&) Inzwischen verstorben.
4 t) Ingenieur en Chef des Fonts et Chanssees, Chambery. 8ein Mitarbeiter nnd später sein
Nachfolger war der Ingenieur Rena Chauvin, welcher eine glänzende Veröffentlichung der Gesamtanlage
Teranstaltet hat. Die Idee und der erste Entwurf der Gesamtanlage stammt von dem Ingenieur civil
M. J. Badet in Lyon.
26 I. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
0. Intze, Die bessere Ausnutzung der Gewässer und Wasserkräfte. Berlin 1889.
Coogres de la Houille Blanche, Compte rendu des travaux da congres, des visites industrielles et des
excaroions, 2 Volames. Grenoble 1902.
Le Commandant Aadebrand, La Houille Blanche. Grenoble 1905.
M. G. Semenza, Les Installations Hydro-Electriqaes de la flaute Italie, extrait des memoires de la
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$ 2. Die Läse der Gesetzgebung für Wasserkraftanlasen und
für elektrische Starkstromanlagen in verschiedenen Ländern.
Wenn ein Ingenieur das Projekt für eine Wasserkraftanlage aufstellen soll, so
mus8 er über die in Betracht kommenden gesetzlichen Bestimmungen soweit unterrichtet
sein, dass er wenigstens in grossen Zügen übersehen kann, welche Schranken das Gesetz
seinem Vorhaben zieht, wo es Erleichterungen bietet, welche formellen Schritte er zur
Erreichung seines Zweckes zu tun hat und welcher Aufklärung er von rechtskundiger
Seite bedarf.
In neuerer Zeit hat infolge des verallgemeinerten Interesses für den Ausbau von
Wasserkräften das Wasserrecht, soweit es sich auf die Wasserkraftanlagen bezieht, in
verschiedenen Ländern bereits eine neue Regelung gefunden, teils ist seine Moderni-
sierung noch im Flusse. Der Ingenieur ist aber berufen, an der Ausgestaltung dieser
Gesetzgebung mitzuwirken.
Es scheinen deshalb in diesem Handbuche einige einschlägige Mitteilungen und
Betrachtungen am Platze.
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung füb Wasbebkbaftanlagen usw. 27
A. Die Lage der Gesetzgebung für Wasserkraftanlagen.
I. Allgemeine Gesichtspunkte.
1. Die Frage des Eigentums an dem Bette der Gewisser.
Das Wasserrecht fast aller westeuropäischen Staaten unterscheidet öffentliche
und private (nicht öffentliche) Gewässer. Hierbei sind diejenigen Gewässer, welche als
öffentliche anzusehen sind, entweder, wie z. B. in Sachsen, einzeln namhaft gemacht,
oder man hat besondere Kennzeiohen für die eine oder die andere Gattung aufgestellt,
wonach im Einzelfalle entschieden werden kann, ob das Gewässer zu den öffentlichen
erder zu den privaten gehört. In den meisten Ländern ist der letztere Weg gewählt.
Hierbei sind als öffentliche Gewässer bezeichnet, entweder, dem römischen Rechte
folgend, alle ständig fliessenden Gewässer: Ströme, Flüsse, Bäche und Seen mit
einem offenen Abfluss (z. B. Italien, Österreich, Württemberg, verschiedene Kantone der
Schweiz), oder, der deutschrechtlichen Auffassung folgend, alle schiff- und flössbaren
Flüsse und die grösseren Seen, welche einen offenen Abfluss haben (z. B. Preussen,
Bayern, Baden, Frankreich, verschiedene Kantone der Schweiz).
Die römisch rechtliche Auffassung lässt als Privatgewässer nur ganz geringfügige,
nicht ständig fliessende Bäche, Quellen und geschlossene Teiche etc. übrig, welche für
unsere Zwecke kaum in Frage kommen, während in den nach deutschrechtlicher Auf-
fassung zu den Privatflüssen gehörenden Gewässern ein grosser Reichtum an Wasser-
kraft enthalten ist.
Das Eigentum an dem Bette der öffentlichen Gewässer gehört
dem Staate als dem Vertreter der Allgemeinheit, und zwar zwischen
den Uferlinien. Der Begriff der Uferlinien ist meistens sehr schwankend, weil die-
selben durch den Fluss selbst verändert werden. Die Gesetze enthalten daher in der
Regel Bestimmungen über das Besitzrecht von Anlandungen am Ufer und über die
Folgen von Uferabbrüchen, Inselbildungen etc.
An den Privatflüssen ist meistens das Eigentum bis zur Mitte
den einzelnen Anliegern zugestanden, so dass das Flussbett selbst bis zur
Mitte zum anliegenden Grundstücke gehört, oder aber das Eigentum ist der Gemeinde
überwiesen, in deren Gemarkung das Flussbett liegt (Baden, Kanton Graubünden).
2. Das Nutzungsrecht am Wasser.
Es wird meistens unterschieden zwischen
a) dem Gemeingebrauch, d. i. : Schöpfen mit Handgefässen, Trinken, Tränken,
Baden, Schwimmen, Schwemmen, Waschen, Spülen, Rudern, Eislaufen, Schiff-
fahrt, Flössen etc., und
b) den besonderen Nutzungsrechten.
An den öffentlichen Gewässern steht der Gemeingebrauch jedem unentgeltlich und
ohne besondere Erlaubnis zu, sofern nicht Vorrichtungen des Staates in Frage kommen,
durch welche der Gemeingebrauch erleichtert wird, wie z. B. Schleusen für die Schiff-
fahrt etc.
Durch polizeiliche und sonstige Verordnungen ist der Gemeingebrauch geregelt,
um Missbräuchen zu wehren und die Gleichheit des Rechtes zu wahren.
Alle übrigen Nutzungsrechte an den öffentlichen Flüssen sind dem Staate vorbe-
28 L Theodor Kokhn. Ausbau vom Wasserkräften. ALLOEMEiNEa
halten, und er allein kann solche Rechte an einzelne physische oder juristische Personen
übertragen.
An den Privatflüssen ist der Gemeingebranch meistens gleichfalls jedermann
gestattet, sofern die Zugänglichkeit zu dem Flusse entweder durch öffentliche Strassen
oder über herrenlose Grundstücke oder auf andere Weise gegeben ist, ohne Privatrechte
zu verletzen. Schiffahrt und Flösserei kommen der Natur der Privatflüsse nach unter
dem Begriff „Gemeingebrauch" nicht in Frage. Alle übrigen Nutzungsrechte sind
meistens den Anliegern überlassen, und zwar entfallen sie auf die Anlieger der beiden
Ufer je zur Hälfte. Wo an Stelle der einzelnen Anlieger die Gemeinde tritt, wie z. B.
in Baden, verfügt diese im gleichen Sinne über die besonderen Nutzungsrechte.
Das Nutzungsrecht schliesst kein Eigentumsrecht an dem Wasser in sich, sondern
es ist für den einzelnen Anlieger beschränkt durch die Rücksicht auf die Mitanlieger
oberhalb und unterhalb seines Grundstückes.
Da durch die Vernachlässigung eines Privatflusses oder durch Veränderung des-
selben nachteilige Folgen nicht allein in privatrechtlicher, sondern auch in öffentlich
rechtlicher Beziehung entstehen können, sofern durch solche Vernachlässigungen oder
Veränderungen auch die Zustände in den öffentlichen Wasserläufen beeinflusst werden,
ist in der Regel dem Staate die Befugnis eingeräumt, die Anlieger an Privatflüssen im
Verordnungswege zu gewissen Leistungen anzuhalten, welche auf die Unterhaltung der
Ufer, die Freihaltung und Räumung des Flussbettes Bezug haben. Es steht ausserdem
dem Staate allgemein* das Recht zu, im Verkehrs-, Gewerbe- und Gesundheitsinteresse
polizeiliche Verordnungen zu erlassen und den Anliegern Beschränkungen ihrer Nutzungs-
rechte aufzulegen, ebenso im Interesse der allgemeinen Landeskultur, der Fischerei und
der Abwendung von Hochwassergefahren.
3. Kouessionswesen.
An öffentlichen Flüssen kann, wie bereits erwähnt, nur der Staat im Wege der
Verleihung Nutzungsrechte vergeben, und es steht ihm selbstverständlich auch das Recht
zu, bei der Genehmigung der baulichen Anlagen Vorschriften zu machen, welche im
Interesse des Allgemeinwohls und zum Schutze privater Interessen, soweit sie übersehbar
sind, notwendig und zweckmässig erscheinen.
Die Ronzessionen werden entweder durch die Verwaltungsbehörden direkt oder
im Wege der Spezialgesetzgebung erteilt. In der Regel sind die Konzessionen an öffent-
lichen Flüssen entweder nur auf Widerruf gegeben oder zeitlich beschränkt, und der
Staat hat es in der Hand, besondere Bedingungen, wie Heimfallsrecht, Rückkaufsrecht,
Mitbenutzungsrecht, Kraftlieferung etc. aufzuerlegen und eventuell ein Entgelt für
die teilweise Überlassung seiner, einen Gewinn versprechenden Nutzungsrechte zu
verlangen.
An den Privat flüssen handelt es sich nicht mehr um Verleihung von Nutzungs-
rechten, welche dem Staate gehören, sondern nur noch um obrigkeitliche Genehmigung,
damit alle Vorschriften zum Schutze privater Interessen und zur Wahrung der Interessen
des Gemeinwohles getroffen werden können. Die sogenannte Konzession des Staates
kann daher bei Privatflüssen im allgemeinen keine zeitliche Beschränkung vorsehen, auch
keine besonderen Bedingungen in bezug auf Heimfallsrecht, Rückkaufsrecht, Kraftabgabe,
einmalige oder dauernde Abgaben an den Staat etc. auferlegen. Dagegen können natür-
lich diesbezügliche Abmachungen privatrechtlich zwischen dem Unternehmer einerseits
und den einzelnen Nutzungsberechtigten, oder den Genossenschaften derselben oder
den Gemeinden andrerseits getroffen werden.
f 2. Die Lage dee Gesetzgebung für Wasberkraftanlagen usw. 29
Im Laufe der Jahre sind unter der Herrschaft des älteren Rechtes viele Nutzungs-
anlagen ohne ausdrückliche Genehmigung entstanden und durch Gewohnheit rechtsgültig
geworden, ohne dass der Umfang des Rechtes feststeht. Auch sind an öffentlichen
Flüssen Verleihungen (Regale) erfolgt, ohne dass dieselben beurkundet oder mit ge-
nügender Klarheit umschrieben sind. Oft steht auch nicht mal das Eigentumsrecht an
dem Uferterrain ausser Zweifel.
So herrechte denn und herrscht noch heute vielfach über die Eigentums- und
Nutzungsrechte an den Flüssen und namentlich an den Privatflüssen grosse Unklarheit,
wodurch der Ausbau von Wasserkräften erschwert wird.
4. Weitere Entwiekelmag des Wasserrechts.
Als in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts mit der Erfindung der besseren
Wasserkraftmaschinen das Wassermühlen-Gewerbe einen grösseren Umfang annahm, sind
in manchen Ländern besondere Mühlenrechte entstanden.
Später hat das Wasserrecht eine weitere Entwickelung erfahren, soweit die
Nutzung des Wassers für landwirtschaftliche Zwecke und für die Wasserversorgung von
Ortschaften, sowie der Schutz des Gemeinwohles durch Verhütung von Verunreini-
gungen der Flussläufe, durch Pflege der Fischerei, Abwendung von Hochwassergefahren
etc. in Frage kamen.
In der Mitte des vorigen Jahrhunderts sind in vielen Ländern Gesetze ent-
standen, welche die bessere Verwertung des Wassers für landwirtschaftliche Zwecke,
sowie für Wasserversorgung durch Bildung von freien und Zwangsgenossenschaften
erleichtert haben. Die Entwickelung des Wasserrechtes in besonderer Rücksicht auf
die industrielle Ausnützung des Wassers im grossen Stil hat aber bis in die neuere
Zeit fast überall geruht Erst der grosse Aufschwung, welchen der Ausbau von Wasser-
kräften genommen hat, machte das Bedürfnis nach Neuregelung des Wasserrechtes
gerade in dieser Beziehung fühlbar, und es mögen im nachstehenden kurz die Haupt-
punkte herausgehoben werden, welche sich aus den an die Öffentlichkeit gelangten Be-
btrebungen nach Modernisierung des Wasserrechtes erkennen lassen.
Fast in allen westeuropäischen Ländern lassen sich drei Richtungen unterscheiden.
1. Diejenige Richtung, welche davon ausgeht, dass durch den Ausbau von Wasser-
kräften, und zwar um so mehr, je reicher das Land an solchen ist, eine wesentliche
Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des Landes herbeigeführt werden kann, und
dass der Vorteil für das Nationalvermögen und das Gemeinwohl des Landes um so
grösser ist, je schneller der Ausbau erfolgt Sie stellt sich auf den Standpunkt, dass,
da der Staat zu jeder Zeit in der Lage ist, wenn seine Interessen es erheischen, sich
im Wege der Zwangsenteignung gegen angemessene Entschädigung in den Besitz auch
der ausgebauten Wasserkräfte zu setzen, es für die Allgemeinheit am besten ist, wenn
der privaten Unternehmung die Wege zum Ausbau von Wasserkräften soweit wie
irgend möglich, geebnet werden. Da die Wasserkräfte ein totes und nutzloses Kapital
bilden, solange sie nicht nutzbringend verwendet sind, die Privatunternehmung aber
erfahrung8gemäss am geeignetsten ist, die Nutzbarmachung schnell und im grossen
Massstabe durchzuführen, so will sie dorn Staate und den anderen öffentlichen Körper-
schaften nur Vorzugsrechte einräumen, sofern und insoweit schon vorhandene Bedürf-
nisse durch den Ausbau von Wasserkräften befriedigt werden sollen. Sie will aber
nicht, dass die Privatinitiative dadurch beschränkt wird, dass die Wasserkräfte für
Bedürfnisse der Öffentlichkeit, welche später vielleicht eintreten könnten, zurzeit aber
30 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
noch Dicht greifbar sind, aufbewahrt werden. Sie will, dass alte verbriefte oder durch
Gewohnheit entstandene Privateigentums- und Nutzungsrechte überall geachtet und
geschont werden, und dass die rechtliche Auffassung der alten Gesetze über öff entf-
liehe und private Flüsse zugunsten des Staates nur soweit Einschränkungen erfahre,
als es das Gemeinwohl schon gegenwärtig notwendig macht.
2. Die andere Richtung erachtet das Wasser aller Flüsse und Seen seiner
Natur nach als Gemeingut. Sie wünscht die möglichste Erweiterung der Rechte des
Staates und die Beschränkung der Privatrechte. Sie will, dass Konzessionen nur auf
Zeit gegeben werden, dass möglichst überall ein Heimfalls- oder Rückkaufsrecht gesetz-
lich festgelegt und dass dem Staate mehr oder weniger grosse Gewinnanteile an den
Wasserkraftanlagen in Form von Wasserzinsen, einmaligen oder dauernden Abgaben
und dergl. zufallen. Sie wünscht ferner einen grossen Teil der vorhandenen Kräfte
überhaupt für öffentliche Zwecke zu reservieren, auch wenn ein Bedarf für diese Kräfte
zurzeit nicht vorliegt Sie zieht es vor, dass die Wasserkräfte ungenutzt bleiben,
sofern wirklich unter den gedachten Bedingungen die Privatinitiative erlahmen sollte,
damit die öffentlichen Körperschaften, Gemeinden, Kreise, Kantone, Departements,
Provinzen, Staat etc., im Bedarfsfalle noch die nötigen Wasserkräfte vorfinden, ohne
Privatpersonen gegenüber tributpflichtig zu werden.
3. Die dritte Richtung sucht die Lösung auf einer mittleren Linie.
Es verdient zunächst noch hervorgehoben zu werden, dass zwar die Länder mit
neueren, den Ausbau von Wasserkräften begünstigenden Wasserrechten, wie Österreich
und Italien im Vorteil gewesen sind, dass aber auch die älteren Wasserrechte in Frank-
reich, der Schweiz und in Deutschland den ausserordentlichen Aufschwung in der Aus-
nützung von Wasserkräften, den wir am Ende des vorigen Jahrhunderts erlebt haben,
nicht verhindert haben. Es drängt sich deshalb die Frage auf, ob überhaupt und welche
Gründe für eine Neugestaltung des Wasserrechtes, soweit es hier in Frage kommt,
sprechen und welche Hauptgesichtspunkte hierfür aufzustellen sind.
Von besonderer Bedeutung ist die Klarstellung der wirklich
bestehenden Privatrechte an allen wichtigen Gewässern. Nichts ist so
notwendig für die schnelle und erfolgreiche Durchführung eines Projektes, als die Klar-
heit über die bestehenden Rechte, bevor grosse Kapitalien festgelegt werden müssen,
Es ist deshalb eine Aufgabe der Gesetzgebung, die Kennzeichen zur Unterscheidung
zwischen öffentlichen und privaten Gewässern möglichst scharf festzustellen oder durch
namentliche Aufzählung aller öffentlichen Wasserläufe jeden Zweifel auszuschliessen.
Hierbei entspricht es wohl dem modernen Rechtsbewusstsein, dass der Begriff der öffent-
lichen Gewässer im Interesse des Gemeinwohles eine so weite Auslegung erfahrt, als es
unter voller Berücksichtigung der durch Gewohnheit, Brief oder Gesetz erworbenen Pri-
vatrechte angängig erscheint. Es ist ferner dringend erwünscht, dass für
alle in dieser Frage wichtigen Wasserläufe auf Grund genauer gesetz-
licher Bestimmungen sogenannte Wasserbücher neu angelegt oder die
bestehenden weiter entwickelt werden. In diese Wasserbücher würden alle
Eigentums- und Nutzungsrechte und zwar für jeden Wasserlauf getrennt einzutragen sein.
Es muss jedem, welcher ein berechtigtes Interesse nachweisen kann, gestattet sein, jeder-
zeit und möglichst gebühren- und sportelfrei Einsicht von diesen Büchern zu nehmen,
oder Auszüge aus denselben zu verlangen. Bei der Schwierigkeit der Materie wird es
unmöglich sein, neue Wasser bücher von vornherein so auszugestalten, dass ihnen öffent-
licher Glaube beigelegt wird, aber es sollte das Ziel sein, die Wasserbücher so zu ver-
vollkommnen, dass ihnen allmählich öffentlicher Glaube, wie den Grundbüchern, beige-
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung füb Wasserkraftanlagen usw. 31
legt werden kann. Inzwischen muss dahin gestrebt werden, dass die grundbuchliche
Eintragung des Privateigentums an Flussbetten in den Grundbüchern überall ordnungs-
mässig durchgeführt wird, so dass schliesslich jedes Eigentumsrecht, welches an einem
Wasserlauf nicht grundbuchmässig belegt werden kann, als nicht bestehend angesehen
werden darf. Hierzu ist es nötig, dass bei den öffentlichen Flüssen die Uferlinien ver-
messen und festgelegt werden, soweit es noch nicht geschehen ist. Auf Grund solcher
Wasserbücher ist es dann leicht, eine genaue Übersicht über die verwendeten Wasser-
kräfte eines Landes zu gewinnen, und es wäre sehr erwünscht, wenn auch hierüber von
Zeit zu Zeit Veröffentlichungen von Amts wegen erfolgten.
Im Beginn der neuen Bewegung für den Ausbau von Wasserkräften war es nicht
schwer, von den Anliegern an Privatflüssen sowohl das nötige Terrain, als auch die
Nutzungsrechte zu Preisen zu erwerben, welche ein neues Unternehmen tragen konnte.
Mit dem steigenden Interesse an den Wasserkräften und verlockt durch
den Erfolg eines Teiles solcher Unternehmungen, haben sich aber inso-
fern, namentlich in Frankreich, Übelstände herausgestellt, als von
Spekulanten (in Frankreich ist für sie die Bezeichnung „barreurs"
gebräuchlich geworden) schmale Landstreifen längs der Wasserläufe
zu billigen Preisen angekauft wurden, um sie sich von den ernsthaften
Unternehmern zu hohen, zum Teil sehr übertriebenen Preisen wieder
abkaufen zu lassen. Wenn das Gesetz keine Handhabe bietet, durch Auflegung
von Zwangsverpflichtungen oder Enteignungen solchen Spekulanten ihre Rechte gegen
angemessene Entschädigung zu entziehen oder zu beschränken, so können sie für die
gesunde Entwickelung des Ausbaues von Wasserkräften ein schweres Hindernis bieten.
Aber auch ohne das erwähnte Spekulantentum haben sich die Forderungen der alten
Grundeigentümer an den Gewässern und der Nutzungsberechtigten zum Teil ins Unge-
messene gesteigert, weil in ihren Köpfen phantastische Vorstellungen von dem Werte
einer Wasserkraft entstanden sind. Oft sind auch alte Triebwerke so unzweckmässig
angelegt, dass sie die Kraft nur mit 7 bis 8°/0 und noch schlechter ausnutzen, füi eine
wirtschaftlich bessere Ausnützung der Wasserkräfte eines Wasserlaufes aber ein schweres
Hindernis bilden. Es ist deshalb wünschenswert, dass im Interesse der Allge-
meinheit in solchen Fallen- das Einzelrecht gegen volle Entschädigung be-
seitigt oder eingeschränkt werden kann. Bei Neugestaltung des Wasserrechtes
wird dieses Ziel dadurch erreicht werden können, dass den Verwaltungsbehörden, mit
den nötigen Kautelen gegen Willkür, die Befugnis erteilt wird, im Verordnungswege den
Anliegern oder Nutzungsberechtigten gegen volle und gerechte Entschädigung gewisse
Zwangsverpflichtungen aufzuerlegen. Diese Zwangsverpflichtungen können sich auf die
Duldung von vorübergehenden und dauernden Anlagen auf ihren Grundstücken und auf
die Beschränkung oder Umwandlung ihrer Nutzungsrechte beziehen. Statt der milderen
Form der Zwangsverpflichtung kann durch das Gesetz in besonders wichtigen Fällen
auch die Enteignung vorgesehen werden.
An vielen Wasserläufen lässt sich die Nutzbarkeit des Wassers durch bauliche
Anlagen (Talsperren, Stauweiher, Seeregulierungen etc.) wesentlich verbessern. Oft
würden aber die Kosten dieser baulichen Anlagen zu gross sein, als dass sie von dem
einzelnen Unternehmer allein getragen werden könnten. Auch wäre es unbillig, wenn
die Kosten der Verbesserung, welche nicht allein einem Unternehmer, sondern allen
unterliegenden Nutzungsberechtigten zugute kommt, allein von einem Unternehmer
getragen werden müssten. Der Weg zur Beseitigung dieser Schwierigkeit ist
bereits durch die ältere Gesetzgebung betreffend die Bildung von
32 L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
freien und Zwangs-Genossenschaften für Bewässerung, Entwässerung
und Wasserversorgungsanlagen vorgezeichnet.
Da die Ausnützung des Wasserreichtums für landwirtschaftliche Zwecke, sowie
für die Wasserversorgung von Ortschaften durch kein anderes Mittel ersetzt werden
kann, während für die Kraftgewinnung die Technik überall auch noch andere Mittel,
als das Wasser zur Verfügung stellt, so ist es natürlich, dass bei widerstreitenden
Interessen von annähernd gleicher wirtschaftlicher Bedeutung die Kraftgewinnung
hinter der landwirtschaftlichen und hygienischen Nutzung des Wassers
zurückzustehen hat.
Entsprechend der Entwickelung des ganzen modernen Rechtslebens werden einer-
seits im allgemeinen Interesse die Befugnisse der Staatsbehörden zum Erlasse von Ver-
kehrs-, gewerbe- und gesundheitspolizeilichen Verordnungen, sowie zum Erlasse von
Zwangsmassregeln zur Förderung der allgemeinen Landeskultur, der Fischerei und zor
Abwehr von Hochwasserschäden, zu erhöhen sein, werden aber andererseits auch die
nötigen Kautelen gegen Willkür durch Öffnung des Beschwerdeweges, gesetzliche Vor-
schriften für schnelle Erledigung solcher Beschwerden, Heranziehung der Interessenten-
kreise zur Mitarbeit und Selbstverwaltung etc. und durch Offenhaltung des Rechtsweges
zu schaffen sein.
Der Gesichtspunkt der Einnahmen für denStaat aus der Nutzung
der Wasserkräfte sollte gegenüber dem allgemeinen volkswirtschaft-
lichen Gesichtspunkte ganz zurücktreten. Tatsächlich können diese Ein-
nahmen im allgemeinen Staatsbudget eine beträchtliche Rolle nicht spielen. Wenn man
den Nutzen, welcher sich durch Verwendung einer Wasserkraft bei 3000 Nutzstunden
jährlich im Vergleich mit Wärme-Antriebsmaschinen im Durchschnitt erzielen lässt, etwa
zu 30 — 60 Mk. pro PS6 annimmt, so bedeutet eine Abgabe vop 3 Mk. pro PS» und Jahr
schon 10 — 6% vom Nutzen. Auf alle Fälle wäre es verfehlt, den Wasserzins einheitlich
pro PS# und Jahr festzusetzen, denn der Wert einer Wasserkraft ist ausserordentlich
verschieden je nach der Beständigkeit und Grösse der Kraft, der Höhe des Gefälles und
der Verwendungsgelegenheit für die gewonnene Kraft. Es wäre vielmehr, wenn man sich
prinzipiell für Abgaben entscheiden will, nach gewissen Grundsätzen zu staffeln, wobei,
etwa unter gänzlicher Freilassung aller kleinen Wasserkräfte bis zu 100 PS«, der Wasser-
zins mit der Grösse der Kraft, mit der Ständigkeit derselben, mit der Höhe des Gefälles
und mit der Güte und Nähe des Absatzgebietes zu steigern wäre. Massgebend für den
Wasserzins sollte auch nur dasjenige Niedrigwasser sein, auf dessen Vorhandensein
man das ganze Jahr hindurch rechnen kann.
Ebenso sollten Auflagen wegen unentgeltlichen Heimfalles oder wegen
Rückkaufes oder Auflagen wegen Herstellung von Anlagen, welche in späterer Zeit
event. einmal notwendig oder wünschenswert sein könnten (z. B. die Berücksichtigung
der Schiffahrt auf zurzeit noch nicht schiffbaren Wasserläufen), nur soweit gemacht
werden, als hierdurch die Baukosten pro Einheit nicht wesentlich erhöht werden und
die private Unternehmung keine Entmutigung erfahren kann.
Im grossen Durchschnitt werden die Wasserkraftanlagen, ihrer hohen Anlagekosten
wegen in einem kürzeren Zeitraum als in 50 bis 60 Jahren, eine normale, gute Ent-
wickelung des Unternehmens vorausgesetzt, nicht getilgt werden können.
Was schliesslich die formelle Ordnung des Konzessionswesens anlangt, so wird es
besonders darauf ankommen, das Verfahren dadurch möglichst abzukürzen, dass es von
jeder unnötigen bureaukratischen Schablone befreit wird, dass die Kompetenzen klar
und unzweideutig festgelegt, und dass, soweit irgend tunlich, Fristen gesetzt werden,
§ 2. Die Laos der Qebbtzgbbuug fOb Wasskbkbaftanlaokh usw. 88
in welchen die verschiedenen Verfahren ihre Erledigung zu finden haben. Auch sollten
die Unterlagen, welche der Unternehmer bei Einreichnng eines Konzessionsgesuches Tor-
salegen hat, auf das unumgänglich Notwendige beschränkt werden. Alle auf die formelle
Behandlung des ^Konzessions wesens bezüglichen Bestimmungen werden meistens- nicht im
Wege der Gesetzgebung selbst, sondern im Wege der Verordnung ihre Regelung zu
finden haben.
Es wird im nächsten § des Kapitels I gezeigt werden, welche grosse Bedeutung
die Wasserkräfte für die wirtschaftliche Lage der einzelnen Länder haben können. Dar-
aus lassen sich dann Schlüsse ziehen, in welch hohem Grade die wirt-
schaftliche Entwickelung der einzelnen Länder von dem Geiste ab-
hängen wird, aus dem heraus das neuere Wasserrecht in dem uns hier
interessierenden Teile umgestaltet ist oder umgestaltet werden wird.
Zur Vervollständigung soll nunmehr
D. Die gegeiwirtige Lage des Wisserrechtes im verschiedenen europäischen
Lindern
kurz skizziert werden.
Italien.
1. Eigentumsverhältnisse«
In Italien bildet das Bürgerliche Gesetzbuch (Codice civile, 25. giugno 1866) die
Grundlage des Wasserrechtes.
Nach dem Vorbilde des römischen Rechtes sind hier (§ 427) als öffentliche Ge-
wisser alle dauernd fliessenden (fiumi e torrenti) und damit sinngemäss auch alle Seen,
welche einen offenen Abfluss haben, angesehen.
Abgesehen von den Fällen, wo ältere Privatbesitztitel (§ 615) vorliegen, gehören
demnach das Bett und die Nutzungsrechte fast aller Gewässer, welche für Wasserkraft-
anlagen in Frage kommen, dem Staate.
2. Nutzungsrechte.
Um die Nutzung des Wassers tunlichst zu fördern, ist das Gesetz
vom 10. August 1884 über die Ableitung von Wasser aus öffentlichen
Flüssen (Legge co nee rnente le derivazioni di acque pubbliche) erlassen.
Es beschäftigt sich logischerweise nur mit den öffentlichen Gewässern. Ergänzt ist das
Gesetz durch eine Reihe von Verordnungen der drei Minister für öffentliche Arbeiten,
für Handel und Gewerbe und Landwirtschaft, und für Finanzen, von welchen die nach-
folgenden die wichtigsten sind:
a) Regolamento sulla derivazione di acque pubbliche 9 novembre 1885, von allen
drei genannten Ministern gezeichnet. Genehmigt und veröffentlicht durch Regio Decreto
vom gleichen Tage..
b) Circolare 6 febbraio 1888 ai Signori Prefetti ed Ingegneri Capi del Genio
Civile del Regno, erlassen vom Ministero dei Lavori Pubblici. Direzione Generale delle
Opere Idrauliche.
c) «Regolamento per l1 eseeuzione della legge 10 agosto 1884 sulie derivazioni delle
acque pubbliche, genehmigt und veröffentlicht durch königliches Dekret vom 26. No-
vember 1893.
4m* Ia*-Wi»ttscli. III. Teil. 18. Bd. S
34 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
d) Regio Decreio 19 dicembre 1895, welches den Artikel 6 des Regolamento vom
26. November 1893 abändert.
Mit der Veröffentlichung des Regolamento vom 26. November 1893 ist dasjenige
vom 9. November 1885 ausser Kraft gesetzt.
Nach Artikel 1 des Gesetzes können neue Nutzungen durch Ableitungen des
Wassers (derivazioni) nur durch Konzessionen der Verwaltungsbehörden gegen Zahlung
eines Kanons gewährt werden, abgesehen von den Fällen, wo alte Rechtstitel vorliegen.
Der jährliche Kanon ist im Art. 14 auf 3 Lire pro Roh-PSe festgesetzt, wobei das Ge-
fälle am Krafthause selbst zu messen und eine mittlere Wassermenge zugrunde zu legen
ist. Um über die bestehenden Nutzungsrechte Klarheit zu schaffen, bestimmt Art. 24,
dass alle alten urkundlich noch nicht festgelegten Nutzungsrechte, in dem bisherigen
Umfange als rechtsgültig gelten sollen, sofern sie 30 Jahre vor Inkrafttreten des Ge-
setzes bestanden haben. Gleichzeitig bestimmt Art. 25, dass durch Verordnung des
Ministers für öffentliche Arbeiten für alle Flüsse und Seen nach Provinzen1) geordnete
Wasserbücher (elenchi delle acque pubbliche) und Kataster anzulegen sind. Jedes Wasser-
buch wird von Zeit zu Zeit veröffentlicht. Bis zwei Jahre nach Erlass dieser ministe*
riellen Verordnung hatten alle Nutzungsberechtigten das Recht und die Pflicht, ihre
Rechte nach Ort, Art und Umfang zur Anzeige zu bringen. Säumige Nutzniesser
konnten mit einem jährlichen Kanon bestraft werden, dessen Höhe so bemessen werden
konnte, als ob alte Rechte nicht existierten. Wer bis nach Ablauf von 3 Jahren nach
dem ersten Termin die vorgeschriebene Meldung nicht gemacht hatte, konnte seiner
Rechte verlustig erklärt werden, und es konnte ihm untersagt werden, die alte Nutzung
weiter auszuüben. Infolge dieses Gesetzes ist es in Italien verhältnismässig einfach,
sich über die an einem Wasserlauf oder See vorliegenden Privatrechte ein zuverlässiges
Bild zumachen.
S. Neue Konzessionen.
Alle neuen Nutzungsrechte können (Art. 2) nur verliehen werden a) an Seen und
den ein- und ausfliessenden Flussarmen, an den schiffbaren Flüssen und an den vom
Staate künstlich regulierten oder neu hergestellten Wasserläufen durch königliches
Dekret auf Grund eines Berichtes des Finanzministeriums nach Anhörung des Provin-
zialrates (Consiglio Provinciale) und der oberen technischen Behörden (Consiglio Supe-
riore dei lavori pubblici); b) an allen anderen Gewässern durch den Präfekten im Be-
schlussverfahren (Consiglio di prefettura) nach Anhörung des Lokal-Bauamtes (L'ufficio
del genio civile). Kommen mehrere Provinzen in Frage, so entscheidet der Präfekt,
in dessen Bezirk der Einlauf liegt. Indessen, wenn in solchem Falle Widerspruch von
den Interessenten auch nur einer Provinz erhoben wird, so hat der Minister der öffent-
lichen Arbeiten direkt die weitere Erledigung zu veranlassen (Art. 3).
Jede Konzession kann nur auf 30 Jahre und vorbehaltlich der Rechte Dritter
gegeben werden (Art. 2 und ö). Es bestimmt hier aber Art. 5, dass die Konzession auf
Antrag verlängert werden muss auf abermals 30 Jahre und so fort, es sei
denn, dass nach dem Urteil der Verwaltungsbehörden entweder Missbrauch oder kein
Gebrauch von der Konzession gemacht ist. Das bedeutet in normalen Fällen eine un-
begrenzte Konzession. Bei der Erneuerung können die Bedingungen der Konzession ge-
ändert werden, wenn die örtlichen Verhältnisse dies notwendig machen. Mit Rücksicht
*) Der Begriff „Provincia* entspricht etwa dem preussiscben Regierungsbezirk. Der Begriff
„Provinz* in Preuaaen deckt sich ungefähr mit dem Begriff „Regione", z. B. Lombardei, Venezien.
§ 2. Die Lage der Gesetzgebuno für Wasserkraftanlagen usw. » 36
auf die Wichtigkeit dieses Artikels ist derselbe im Anhange, Anlage I, wörtlich ab-
gedruckt und es sind die Art. 35 des Regolamento vom 9. November 1885 and Art. 37
des Regolamento vom 26. November 1893 hinzugefügt. Die genannten Artikel der beiden
Ausführungsverordnungen geben Anweisungen für die Handhabung von Art. 5 des Ge-
setzes. Es ist nicht zu verkennen, wenn man den § 35 des alten Regolamento mit dem
§ 37 des neueren von 1893 vergleicht, dass, entsprechend der allgemeinen Tendenz, das
neuere Regolamento den Schutz der privaten Interessen zugunsten der Machtvollkommen-
heit der staatlichen Organe einschränkt. Nach Art. 4 ist in der Konzession ein Termin
anzugeben, bis zu dem die Nutzung begonnen haben muss, widrigenfalls die Konzession
als hinfällig erklärt werden kann. Dieser Termin darf durch dieselbe Instanz, welche
die Konzession erteilt hat, verlängert werden, wenn die Verzögerung in der Ausführung
ausreichend begründet werden kann.
4. Erleichternde gesetzliehe Bestimmungen: Genossenschaften, Enteignung.
Durch ein besonderes Gesetz (Legge sui consorzi delle acque a scopo industriale
2 febbraio 1888) ist die Bildung von freien und Zwangsgenossenschaften zur Ausnützung
von Wasserkräften geregelt, und es ist vorgesehen, dass Staat, Provinzen und Gemeinden
solchen Genossenschaften durch Gewährung von Zinsgarantien bis zur gewissen Höhe
des Gesamtanlagekapitals Förderung zu Teil werden lassen können. Durch Verordnung
des Ministers für Landwirtschaft, Handel und Industrie vom 24. Juni 1888 (Regolamento
per esecuzione della legge 2 febbraio 1888 sui consorzi di derivazione e di uso delle acque
a scopo industriale, genehmigt und veröffentlicht durch königliches Dekret von dem-
selben Tage) sind alle Einzelheiten des Verfahrens genau geregelt. Zwangsgenossen-
schaften können nur gebildet werden auf Antrag der Majorität aller Interessenten auf
Grund des Art. 659 des Codice civile, und zwar durch richterlichen Beschluss, wenn die
Teilung des Gesamtunternehmens nicht ohne erhebliche Schädigung desselben möglich ist.
Auf Grund der Art. 16 und 24 des Gesetzes: Sülle espropriazioni per causa di
utilita publica 25 giugno 1865, kann ferner dem Unternehmer einer Wasserkraftanlage
durch königliches Dekret das Recht der Enteignung erteilt werden, wenn
sein Unternehmen als von öffentlichem Nutzen anerkannt wird. Zur Feststellung
und Anerkennung des „öffentlichen Nutzens" eines Unternehmens ist, ein bestimmtes Ver-
fahren vorgeschrieben. S
5. Die neuere Entwickelung der Gesetzgebung.
Während die beiden erstgenannten Gesetze über die Nutzung öffentlicher Gewässer
und die Bildung von Wassergenossenschaften aus der Absicht entsprungen sind, die
Nutzung des Wassers von Seiten privater Interessenten nach Möglichkeit zu begün-
stigen, macht sich in neuerer Zeit eine mehr fiskalische Richtung geltend. So ist
durch das sogenannte Munizipalisationsgesetz (Legge sui assunzione diretta dei publici
servizi da parte dei Comuni 29 marzo 1903) den Gemeinden die Befugnis gegeben, eine
ganze Reihe öffentlicher Betriebe, wie Wasserversorgungsanlagen, Beleuchtungs-, Kraft-
Keferungs-, Strassenbahn-, Telephon-Anlagen, Ausbau von Wasserkräften, Bau und Kon-
struktion von Mühlen etc. selbst zu übernehmen. Art. 22 bestimmt, dass sich mehrere
Gemeinden zu Konsortien vereinigen können, um den Bau oder die Übernahme solcher
Anlagen im gemeinschaftlichen Interesse durchzuführen. Art. 25 gibt den Gemeinden
das Recht, die unter das Gesetz fallenden Anlagen, welche Dritten konzessioniert sind,
zu übernehmen. Die Übernahme kann erfolgen in allen Fällen, wenn 20 Jahre von
dem wirklichen Beginn des Betriebes, bei kürzeren als 60jährigen Kon-
8*
36 L Thkodob Kobhh. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Zessionen, wenn mindestens ein Drittel der Gesamtdauer der Konzession vergangen*
sind Auf keinen Fall kann das Recht früher, als nach Ablauf von 10 Jahren ton
Beginn des Betriebes der Anlage ausgeübt werden. Macht die Gemeinde von diesem
Rechte keinen Gebrauch, so kann sie nur in Abstanden von 5 zu 5 Jahren wieder
darauf zurückkommen. Der Art. 25 bestimmt dann die Bedingungen, unter denen der
Rückkauf erfolgen kann. Der Wichtigkeit wegen ist dieser Artikel im Anhange Anlage I
mit den Art. 26 und 27 wörtlich abgedruckt.
Art. 26 enthält die Vorschriften, welche zu beachten sind, wenn eine Gemeinde
den Ruckkauf bewirken will. Die Genehmigung derartiger Antrage von Gemeinden
wird von der Beratung und Beschliessung einer königlichen Kommission abhängig
gemacht. Art. 27 bestimmt, dass alle Gemeinden, welche einen der im Gesetze aufge-
führten öffentlichen Dienste im Wege der Konzessionserteilung Privaten überlassen
wollen, sich das Recht des Rückkaufes vorbehalten müssen zu Bedingungen, welche für
die Gemeinde nicht ungünstiger sein dürfen, als diejenigen des Art. 25.
Es ist wohl anzunehmen, dass dieses Gesetz auf Wasserkonzessionen, welche vom
Staate an Privatunternehmer erteilt sind, nicht ohne weiteres, angewendet werden kann,
sondern nur in Fällen, wo die Gemeinde Trägerin der Wasserkonzession ist* und den
Ausbau und Betrieb der Anlage einem Privatunternehmer durch Vertrag übertragen hat.
Immerhin bedeutet das Gesetz einen starken Eingriff in wohlerworbene Privatrechte zu-
gunsten der Allgemeinheit.
Die ausserordentliche Ausdehnung, welche der Ausbau von Wasserkräften inzwischen
in Italien genommen hat, verstärkte die Strömung, welche die öffentlichen Interessen
noch mehr in den Vordergrund zu stellen bestrebt ist Diese Strömung möchte sowohl
den Kanon von 3 Lire jährlich erhöhen, als auch die Dispositionen des Art. 5 des Ge-
setzes vom 10. August 1884 zugunsten des Staates verschärfen8)
Erwähnenswert ist noch eine Verfügung des Ministers der öffentlichen Arbeiten
vom 18. Juli 1890 (vergl. Anhang Anlage I), wonach alle Präfekten und die sonst für die
Konzessionserteilung zuständigen Behörden angewiesen werden, bei Konzessionsgesuchen für
Wasserkraftanlagen grösseren Umfangs zunächst durch Nachfrage bei den Zentral-Eisen-
babnverwaltungen festzustellen, ob die betreffende Kraft für die spätere Umwandlung der
Eisenbahn in elektrischen Betrieb in Frage kommen könne und im bejahenden Falle die
Konzession nicht zu erteilen. Auf diese Weise sind eine ganze Anzahl günstig liegender
Kräfte für die spätere Umwandlung in elektrischen Betrieb reserviert.
Frankreich.
1. Eigentums Verhältnisse und Nutzungsrechte.
Die Wasserkraftanlagen unterliegen in Frankreich bis zur Stunde noch den Be-
stimmungdn des (Art. 644) Code civile (1804) und des Wassergesetzes vom 8. April 1898.
Als öffentliche Gewässer gelten diejenigen, welche schiffbar oder flössbar sind
(navigables et flottables), alle übrigen als private.
Über die öffentlichen Gewässer hat, soweit nicht durch besondere private Rechts-
titel andere Verhältnisse geschaffen sind, lediglich der Staat oder seine Organe zu ver-
fügen. Er ist sowohl Eigentümer des Bettes, als auch aller Wassernutzungsrechte.
*) Diese Richtung (in Frankreich hat sich dafür der Name »Leg Etatistes* eingebürgert) wird
beton')«» von dem Professor Nitti vertreten, während die andere Richtung, welche die Privatinitiative
nicht gehindert sehen will, besonders der Senator Colombo vertritt L' Elettricita vom 22. Januar,
5., 19., 26. Februar 1904, Milano Foro Buonanarte 12.
§ 2. Dob Lage der Gesetzgebung für Waööerkraftanlagen usw. 37
Bei den "Privatflüssen sind die Anlieger und zwar jede Seite bis zur Mitte Eigen*
tümer des Bettes und ihnen steht ausschliesslich das Nutzungsrecht des Wassers zu (wie
in Preussen). Jeder Uferbesitzer ist in Frankreich berechtigt, sein
Nutzungsrecht an einen Dritten zu cedieren, entweder mit oder ohne
das betreffende Ufergrundstück.
Für jede Wasserkraftanlage, sowohl an öffentlichen, als' auch an privaten Flössen
ist eine behördliche Genehmigung erforderlich. Für die öffentlichen Flüsse kann die
Genehmigung nur widerruflich erteilt und die Überlassang der Nutzungsrechte ausser-
dem mit besonderen Lasten, Abgaben etc. belegt werden. Weil die Widenuflichkeit es
aber den Privaten fast unmöglich macht, grössere Kapitalien in solchen Unternehmungen
festzulegen, so ist bei Konzessionen an öffentlichen Flüssen meistens der Weg der Spezial-
gesetsgebung für den einzelnen Fall beschritten (vergl. Kap. II, 24). Infolge der Schwierig-
keit und Langwierigkeit dieses Verfahrens sind in Frankreich Wasserkraftanlagen an
5ffentlichen Flüssen nur wenig zur Ausführung gekommen.
Bei den Privatflüssen kann naturgemäss die vom Staate zu erteilende Ge-
nehmigung nur polizeiliche Vorschriften im Iuteresse der Öffentlichkeit und Vorschriften
zum Schutze anderer Hechte (Stauhöbe, Zeitbestimmungen über den Gebrauch etc.) ent-
halten, aber von Staats wegen keine zeitliche Beschränkung und keine anderen Lasten.
Es kann aber auch die Konzession nur derjenige erhalten, welcher das
Nutzungsrecht oder das Eigentum an den anliegenden Ufern nachweist.
Zwar hat der Ausbau von Wasserkräften an Privatflüssen unter der gegenwärtigen
Gesetzgebung in Frankreich einen ganz gewaltigen Aufschwung genommen, es haben sich
aber doch grosse Schwierigkeiten (vergl. S. 31) herausgestellt, welche auch den direkt
interessierten Privatkreisen eine neue gesetzliche Ordnung der Verhältnisse wünschens-
wert erscheinen lassen, sofern sie sich darauf beschränkt, diese Schwierigkeiten zu
mildern oder ganz zu beseitigen. Andererseits sind aber auch Bestrebungen laut ge-
worden, welche das Interesse der Öffentlichkeit in weiterem Masse, als es die bisherigen
gesetzlichen Bestimmungen zulassen, gewahrt wissen wollen. Die ganze Frage ist in
Frankreich besonders durch den Congrfes de la Houille Blanche in Grenoble 1902 in
Fluss gekommen, und das Resultat aller Erörterungen war zunächst der Entschluss, da-
von abzusehen, schon jetzt die ganze Materie des Wasserrechtes neu
zu regeln, sondern sich auf die Wasserkraftanlagen zu beschränken.
Es haben der von der Kammer ad hoc für die Session 1905 — 1906 eingesetzten
Kommission nach Ausscheidung verschiedener älterer Entwürfe, welche durch den Schluss
der früheren Session hinfällig geworden sind, drei Entwürfe vorgelegen, von denen zwei
sich mit allen Wasserkraftanlagen, der dritte aber nur mit den Anlagen an Privat-
flüssen (Les coura d'eau non navigables ni flottables) befasst. Die Kommission hat
ihren Bericht unterm 12. Februar 1906 erstattet*).
») lmprin* Nr. 2978 Chambre des Depntes 8**»* Legislature Session de 1906, rapporteur
Fernand David.
Sa läge« der Kommission vor:
1. Der Eotwmrf das Ministers für Landwirtschaft, Mougeot, welcher sich nur auf Wasser-
kraitanlagen an Privatflüssen bezieht.
2. Der Entwurf der Deputierten Pierre Boudin und Millerand, bezüglich aller Wasser-
kraftanlagen.
3. Der Entwurf des Deputierten Guillain, bezüglich aller Waaserkraftanlagen.
Daa Projekt von Boudin und Millerand will unterscheiden zwischen privaten und
öffentlichen Wasserkraft- Anlagen. Es nennt alle Wasserkraft - Anlagen Öffentliche, deren
Rohkraft bei Mittelwasser 100 PS überschreitet, private Wasserkraft-Anlagen alle kleineren. Die
38 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Sie hat unter Verwerfung der beiden anderen, mehr ans fiskalischem Geiste (seos
6tatiste) geborenen Entwürfe, auf Grand des Projektes des Ministers für Landwirtschaft
einen nenen Entwurf ausgearbeitet. Die Kommission will alle bestehenden Rechte tun-
lichst respektiert wissen, und soweit irgend möglich, den Ausbau von Wasserkräften
durch Private und Körperschaften erleichtern. In der Begründung hebt sie als beson-
deren Gesichtspunkt hervor: „Les projets 6tatistes sont n6s de l'enthousiasme proroque,
dfcs la premifere heure par la decouverte de la propagation de la force ä distance.
Mais on s'est vite apergu que, s'il y avait dans les chutes une richesse nationale, cette
richesse ne vaudrait que dans la mesure ou l'initiative privee saurait en tirer profit.*
Der Gesetzentwurf4), welcher im Anhange als Anlage II abgedruckt ist, befasst
sich, wie erwähnt, nur mit den Wasserkraft- Anlagen an Privatflüssen, weil diese in
Frankreich für die Wasserkraftanlagen die interessantesten sind und weil bezüglich der
öffentlichen Flüsse das bestehende Recht gegenwärtig weniger reformbedürftig erschien.
So lange noch ein so grosser Reichtum an Wasserkräften in den Privatflüssen verfüg-
bar ist, wird sich die Privatunternehmung im Wesentlichen diesen zuwenden, da sich
die Anlagekosten beim Ausbau von Wasserkräften an öffentlichen Flüssen wegen des
meist schwächeren Gefälles derselben, durchschnittlich pro Einheit erheblich höhei
stellen werden.
2. Erleichternde Bestimmungen: Zwangsverpflichtungen, Enteignung,
Genossenschaften.
Der von der Kommission vorgeschlagene Gesetzentwurf unterscheidet zwischen
privilegierten Privat-Wasserkraftanlagen (Usines hydrauliques privees privilig6es)
letzteren sollen unter der bestehenden Gesetzgebung verbleiben. Die öffentlichen Wasserkraftanlagen
sollen zukünftig nur errichtet werden können auf Grund einer Verleihung und einer Genen migungs-
urkunde. Für die Verleihung ist die Anerkennung des öffentlichen Nutzens erforderlich Jede Verleihung
und Genehmigung soll nur auf Zeit gegeben werden und bei Ablauf soll die Anlage ohne Entschädigung
für den Konzessionär dem Staate anheimfallen. Ausserdem soll der Staat nach 15 Jahren das Rflck-
kaufrecht haben. Will der Staat von diesem Recht Gebrauch machen, so muss er 5 Jahre vorher kün-
digen; macht er keinen Gebrauch von dem Rück kaufsrecht, so soll die Konzession erneuert werden,
wobei dem alten Inhaber unter gleichen Bedingungen das Vorzugsrecht zugestanden werden soll. Der
Konzessionär soll an den Privatflüssen nur gehalten sein, diejenigen Uferbesitzer zu entschädigen, welche
bereite von ihrem Benutzungsrechte Gebrauch gemacht haben.
Das Projekt Guillain unterscheidet gleichfalls in öffentliche und private Wasserkraftanlagen.
Kr bezeichnet als private aber Anlagen, welche, weniger als 1000 Roh- PS bei mittlerem Niedrig-
wasser ausnützen und als öffentliche die übrigen. Wenn ein Unternehmer im Besitze aller Eigentums-
und Nutzungsrechte an der von ihm in Anspruch genommenen Flussstrecke ist, so kann er unter der
gegenwärtig geltenden Gesetzgebung verbleiben, auch wenn die Wasserkraft mehr als 1000 PS hat.
Im übrigen können die Unternehmer privater Wasserkraftanlagen nach Wahl unter der gegenwärtigen
Gesetzgebung verbleiben, oder sich unter das neue Gesetz stellen. In letzterem Falle wird die Kon-
zession auf unbeschränkte Zeit erteilt, aber der Staat hat das Kaufrecht von 80 zu 30 Jahren.
Bio öffentlichen Wasserkraftanlagen können nur auf 80 Jahre konzessioniert werden, und der
Staat hat am Schlüsse dieser Periode das Rückkaufsrecht. Der Unternehmer muss alle Nutzungsbe-
rechtigteg, auch diejenigen, welche ihre Rechte noch nicht ausgenützt haben, entschädigen, und zwar
unter Vorbehalt des Rechtsweges, nach Normen, welche die Verwaltungsbehörde feststellt.
«) Bei Beginn der Drucklegung war inzwischen die 8. Sitzungsperiode der französischen Depu-
tiertenkammer geschlossen und infolgedessen der Gesetzentwurf der Kommission verfallen. Es hat aber
unterm 9. Juni 1906 der gegenwärtige Minister für Landwirtschaft M. Ruau den Gesetzentwurf fast
wörtlich in der Fassung der Kommission wieder eingereicht Die von ihm beigefügten Motive besprechen
aber nicht allein die oben erwähnten zwei anderen Gesetzentwürfe, sondern geben einen erweiterten
Überblick über alle früheren Gesetzvorschläge und es sind deshalb in der Anlage II die Motive zum
Entwurf vom 9. Juni 1906 in ihren wesentlichsten Teile, und der Gesetzentwurf selber wörtlich abgedruckt
§ 2. Die Lage beb Gesetzgebung füb Wasserkraftanlagen usw. 39
und Wasserkraftanlagen von öffentlichem Nutzen (Usines hydrauliques declarees d'utilitö
publique). Jeder Unternehmer bat die Wahl, ob er sich unter das neue Gesetz stellen
will oder nicht. Im letzteren Falle handelt es sich um eine einfache Privat- Wasserkraft-
Anlage, im ersteren Falle um eine privilegierte Privat-Wasserkraftanlage. Der Unter-
nehmer, welcher sich nicht unter das Gesetz stellt, muss nach wie vor Besitzer aller
Wasserrechte und, so weit es für seine baulichen Anlagen notwendig ist, Besitzer des
Grundeigentums sein. Der Unternehmer, welcher sich unter das neue Gesetz stellen
will, braucht nur nachzuweisen, dass er besitzt:
1. die nötigen Terrains, um das Krafthaus zu errichten;
2. eine Seite des Ufers, an der Stelle, wo das Wehr errichtet werden soll;
3. die Nutzungsrechte auf mindestens V* der Länge der Flussstrecke, welche für
das Werk in Frage kommt.
Im übrigen hilft ihm das Gesetz, so weit nötig, durch Auflegung der nachstehend
erwähnten Zwangsverpflichtungen.
Werden mehrere Gesuche für dieselbe Wasserkraft eingereicht, so hat dasjenige
den Vorzug, welches die grösste Kraftausnützung vorsieht. Sind die Gesuche in dieser
Beziehung gleich, so entscheidet der Termin der Einreichung des Gesuches. Das Gesuch
um Verleihung einer Konzession auf Grund des neuen Gesetzes kann auch eingereicht
werden von einer freien Genossenschaft von Uferbesitzern, welche gebildet ist auf Grund
des Gesetzes vom 21. Juli 1865 oder vom 22. Dezember 1888. Eine solche Genossen-
schaft, welche übrigens unter keinen Umständen in eine öffentliche
oder Zwangsgenossenschaft umgewandelt werden kann, ist berechtigt, die
erworbene Konzession auf Zeit 'oder für immer an Dritte abzutreten und bei der Ab-
tretung nach freiem Ermessen Bedingungen wegen Bückerstattung von Kraft in Form
von Wasserkraft oder in elektrischer Kraft, oder wegen Entschädigung in Geldwert
zu stellen.
Besondere Bücksicht ist genommen auf die Wasserversorgung
von Ortschaften und auf die Bewässerung im landwirtschaftlichen
Interesse. Das Gesetz, Art. 6, bestimmt, dass von dem Unternehmer
der Wasserkraftanlage auf Verlangen der Interessenten das Wasser
für solche Zwecke in natura reserviert, oder nach Gebrauch zurückgegeben
werden muss, sofern die Interessenten bereits von ihren Nutzungs-
rechten Gebrauch gemacht hatten. Ist das nicht der Fall, so kann auf Antrag
das Gericht erkennen, dass die Nutzungsrechte durch Geldeswert abgelöst werden, wenn
nach richterlichem Ermessen durch die Lieferung des Wassers in natura dem Unter-
nehmer der Wasser kraft anläge ein viel grösserer Schaden entstünde, als der Nutzen,
welcher dem anderen Nutzungsberechtigten aus der Bewässerung oder Wasserversorgung
erwachsen kann; alle übrigen Nutzungsrechte können prinzipiell durch Geldeswert abge-
löst werden. Vorbehaltlich des Rechtsweges werden die Ablösungssummen oder die
Renten gleich beim Verleihungsverfahren festgesetzt.
Ein Wasserkraft besitzer, dem im Interesse eines neuen grösseren Unternehmens
die Nutzung entzogen wird, kann verlangen, dass ihm die entzogene Kraft in Form von
elektrischer Energie zur Verfügung gestellt wird, und dass der neue Unternehmer die
Kosten der Umformung seines Betriebes in elektrischen Betrieb trägt.
Mit der Zuerkennung einer Wassermenge in natura, oder der Kraftlieferung in
Form von elektrischer Energie, oder der Schadenersatzsumme in barem Gelde wird den
Empfangern gleichzeitig die Zwangsverpflichtung auferlegt, die Verlegung oberirdischer
40 I. Theodor Koebjt. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
oder unterirdischer elektrischer Leitungen auf ihren Grundstücken zu dulden, soweit
nicht geschlossene Höfe oder bebaute Grundstücke in Frage kommen. Auch müssen die
Betreffenden dem Unternehmer das Recht auf Zeit einräumen, an den Mauern, Häuser-
wänden oder Dächern Träger für die oberirdischen elektrischen Leitungen anzubringen,
wobei irgend ein Schaden den Besitzern der betreffenden Grundstücke, Mauern oder
Häuser nicht entstehen darf. Entsteht ein Schaden, so muss der Besitzer des betreffenden
Grundstückes etc. schadlos gehalten werden.
Ausserdem gestattet das Gesetz für die sogenannten privilegierten Privat-Wasser-
kraftanlagen (Art. 10) die Auferlegung von Servituten auf fremdes Eigentum für die
Anlegung und den Betrieb von Wehranlagen, Stauweihern und Talsperren, sowie für
Werkkanäle und zwar nach Massgabe der Gesetze vom 29. April 1846 und 11. Juli 1847,
nach welchen solche Servitute nur im Interesse von Bewässerungsanlagen auf-
erlegt werden konnten. Im Zusammenhange damit kann auch den Uferbesitzern die
Servitut auferlegt werden, dass sie sich gegen völlige Schadloshaltung die Überstauung
ihrer Grundstücke durch Hebung des Wasserspiegels bei Stauanlagen gefallen lassen
müssen. Jeder betroffene Besitzer kann verlangen, dass ihm die unter Wasser gesetzten
Terrains käuflich abgenommen werden.
Zur Ausführung und Unterhaltung von Arbeiten, welche die Verbesserung der
Wasserverhältnisse eines Wasserlaufes im Interesse der Kraftnutzung oder im landwirt-
schaftlichen Interesse bezwecken, können nach dem Gesetzentwurf (Art. 20) freie Genossen-
schaften gebildet werden durch Anwendung der Gesetze vom 21. Juni 1875 und
22. Dezember 188tf. In besonders wichtigen Fällen kann auf Antrag der Mehrheit der
Genossen durch Dekret des Staatsrates die Umwandlung in Zwangsgenossenschaften
(associations autorisees) erfolgen. Diese Zwangsgenossenschaften sind in der Lage, An-
lieger, welche von den gedachten Arbeiten Nutzen haben, auch zu den Anlage- und
Unterhaltungskosten heranzuziehen.
8. Konzessionen nach dem neuem Gesetzentwurf.
Es folgt aus der ganzen Rechtsauffassung, aus welcher der Entwurf hervor-
gegangen ist, dass die Konzession (Pacte d'autorisation des ouvrages hydrauliques) für
eine privilegierte Privat- Wasserkraftanlage (Usines hydrauliques priväes priviligees) eine
zeitlich unbegrenzte sein muss.
Die Konzession wird auf Antrag durch Autorisation des Staatsrates (Conseil d'Etat)
gegeben oder verweigert (Art. 3). Um noch einen verstärkten Schutz gegen Willkür zu
geben, ist die Entscheidung den departementalen Behörden entzogen und dem Staatsrat
übertragen. Die Konzession kann nur, sofern sonst die durch das Gesetz gegebenen
Voraussetzungen zutreffen, verweigert werden, wenn der von der Neuanlage zu erwartende
Nutzen nicht gross genug ist, um die Auflegung der Zwangsverpflichtungen, welche das
Gesetz vorsieht, zu rechtfertigen. Gegen die Entscheidung des Staatsrates steht
die Anrufung der Gerichte offen. Es können weder Heimfallsrechte, noch Rück-
kaufsrechte, noch einmalige oder dauernde. Abgaben an den Staat vorgesehen werden.
Dagegen legt die Konzession dem Unternehmer 4Üe Bedingung auf, dass er bis zum
Ablauf des zehnten Jahres für öffentliche Zwecke des Staates, des Departements, der
Gemeinden oder öffentlichen Genossenschaften zu bestimmten Preisen einen Teil der
gewonnenen Kraft, welche aber ein Viertel der Gesamtkraft bei Niedrigwasser nicht
überschreiten darf, auf Verlangen zur Verfugung stellen muss (Art. 6). Zum Schutz des
Unternehmers ist aber bestimmt , ' dass dieses Verlangen nur auf Grund einer Ermäch-
tigung des Staatsrates (Conseil d'Etat) .gestellt werden kann.
I 2. Die Lage dkb Gbbstzgebuvo füb Wasbkbkrajtahlagex usw. 41
IM© Konzession erlischt, wenn sie innerhalb einer bestimmten Frist nicht benutzt
wird (Art. 3). Sie kann zurückgezogen werden, wenn die znm Schatze der allgemeinen
Interessen in der Genehmigangsnrknnde gegebenen Vorschriften, in Sonderheit diejenigen
nach Art 6, vom Unternehmer nicht befolgt werden.
Eine besondere Behandlung erfahren diejenigen Wasserkraftan-
lagen Ton Privatflüssen, welche als von „öffentlichem Nutzen** aner-
kannt sind (üsines hydranliqnes däclarees d'utilitö publique Art. 11
bis 19). Diese Eigenschaft kann den Wasserkraftanlagen zuerkannt werden, wenn ihr
Hauptzweck, die Kraftlieferung für Staats- oder Departements- Verwaltungen, für Gemeinden
oder für öffentliche Genossenschaften ist, und zwar durch Befechluss des Conseil d'Etat
auf Grund von Berichten des Ministers der Landwirtschaft und der übrigen interessier-
ten Ministerien. Handelt es sich um eine Wasserkraft, bei welcher der Werkkanal ein-
schliesslich der Druckrohrleitung vom Einlauf bis zur Ausmündung 20 km und länger
ist, so muss ein Spezialgesetz hierfür erlassen werden (Art. 12). Im Interesse solcher
Wasserkraftanlagen können nicht nur alle Zwangsverpflichtungen auferlegt werden, welche
für die privilegierten Privat-Wasserkraftanlagen vorgesehen sind, sondern es kann
auch die Zwangsenteignung der Grundstücke für alle Anlagen und
auch die Zwangsenteignung der privaten Wasserrechte erfolgen, so-
fern diese Wasserrechte noch nicht tatsächlich ausgenützt sind. Die
Privat-Wasserkraftanlagen von öffentlichem Nutzen sind unter das öffentliche
Recht gestellt, und das Gesetz sieht Strafen vor für alle Fälle der böswilligen Be-
schädigung der Anlage durch Dritte. Die Konzession für solche wird nur auf Zeit
erteilt und am Schlüsse derselben fällt die ganze Anlage dem Staate kostenlos anheim
(Art. 15). Während der letzten 10 Jahre kann eine neue Konzession erteilt werden,
sofern der Staat den Betrieb nicht selber zu übernehmen gedenkt. Der alte Kon-
zessionär hat unter gleichen Bedingungen ein Vorzugsrecht. Ist ö Jahre vor Ablauf der
alten Konzession eine neue nicht gegeben, so kann der alte Konzessionär verlangen,
dass ihm die Konzession unter den alten Bedingungen auf weitere 10 Jahre verlängert
wird. Diese Bedingungen gelten auch für die weiteren zehnjährigen Konzessionsver-
läogerungen.
Die Schweiz.
Die Bundesverfassung hat bis in die allerneueste Zeit das Hoheitsrecht über
die Gewässer und die Handhabung der Fluss- und Uferpolizei den Kantonen überlassen.
Es hat sich infolgedessen das Recht in den einzelnen Kantonen verschieden
entwickelt
Während z. B. im Kanton Bern als Unterscheidungsmerkmale zwischen privaten
und öffentlichen Wasserläufen die Schiff- und Flössbarkeit gilt (wie in Frankreich,
Preussen, Bayern, Baden u. a.), folgen viele andere Kantonalrechte, zumal die ost-
schweizerischen, dem Züricherischen Privatrechte, nach welchem alle stehenden und
fliessenden Gewässer, an denen sich kein hergebrachtes Privatrecht Dritter (Recht von
Gemeinden und Privaten) nachweisen lässt, als öffentliche zu betrachten sind6).
Die Tendenz geht so ziemlich überall dahin, möglichst viel Gewässer dem
öffentlichen Recht zu unterstellen und sie dadurch den öffentlichen Interessen dienstbar
zu machen.
*) Di« Waeseninsfrage im Kanton St. Gallen, Berieht des Jastudepartements an den Regierongs-
rat vm 22. Min 1908.
42 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgrmedtes.
Am weitesten geht der Kanton Waadt, welcher jeden Wasserlauf, sobald er das
Grundstück, auf dem er entsteht, verlassen hat, zu den öffentlichen und damit zum
Staatseigentum rechnet.
In Graubünden werden die nicht schiff- und flössbaren fliessenden Gewässer und
Seen, an denen keine Privatrechtstitel nachgewiesen werden können, als Eigentum der
Gemeinden (wie in Baden) angesehen.
Verschiedene Kantone sind neuerdings mit besonderen Gesetzen bezüglich der
Nutzung des Wassers zu Kraftzwecken vorgegangen. Die Gesetzgebung ist aber zu
vielgestaltig, als dass sie hier auch nur skizziert werden könnte. Die Kantone sind
meistens bestrebt, durch Anlegung von Wasserbüchern die vorhandenen Nutzungsrechte
klar zu stellen und machen die neuen Nutzungsrechte von Genehmigungen abhängig,
bei denen zur Wahrung der öffentlichen Interessen eine Reihe Bedingungen gestellt
werden können.
Für die neueren Konzessionen sehen die meisten Kantone die Erhebung eines
Wasserzinses vor und zwar stellen sich die einen hierbei mehr auf den Standpunkt der
polizeilichen Aufsicht und Kontrolle und verlangen diesen Zins als Gebühr, die anderen
mehr auf denjenigen des Regals und verlangen den Zins als privatrechtliche Entschädigung.
Je nach der speziellen Lage der Verhältnisse wird versucht, diese Zinspflichtigkeit auch
auf ältere Anlagen auszudehnen.
Im Kanton Zürich wird nach dem Wassergesetz von 1901 ein Wasserzins \on
6 Frs. erhoben pro Roh-PS bei mittlerer Wassermenge.
Luzern bezieht einen Wasserzins von 1 bis 4 Frs. für jede effektive PS.
In Baselland wurde für die Konzession bis in die jüngste Zeit ein Pauschalbetrag
von 50 bis 1000 Frs. erhoben. Ganz neuerdings wird aber die Entrichtung einer jähr-
lichen Konzessionsgebühr von mindestens 5 Frs. pro Roh PS verlangt.
Da bei vielen Wasserkräften, und namentlich bei den grösseren, mehrere Kantone
beteiligt sind, haben sich aus der Mannigfaltigkeit der kantonalen Gesetze doch grosse
Schwierigkeiten ergeben. Es befindet sich deshalb auch ein neues eidgenössisches Wasser-
recht in Vorbereitung, und das allgemeine grosse Interesse daran hat eine Fülle von
öffentlichen Erörterungen ausgelöst. Auch hier, wie in anderen Ländern, stehen, sich die
zwei Hauptrichtungen, d. h. diejenigen, welche die Rechte des Staates in weitgehendem
Masse vergrössern wollen und diejenigen, welche das Wohl des Staates durch Erleich-
terung und Unterstützung der Privatinitiative am besten gefördert sehen, schroff gegen-
über. Besonders lebhaft wird der Wunsch vertreten, dass das neue Bundesgesetz dem
Bunde für den Betrieb der zukünftigen Staatseisenbahn das Recht einräumen soll, sich
die Nutzung bestimmter für den Zweck besonders geeigneter Wasserkräfte vorzubehalten.
Da in den Grenzkantonen mehrfach Wasserkraftanlagen konzessioniert sind, welche einen
mehr oder minder grossen Teil der Kraft in die Nachbarländer liefern, hat der Bund
1906 bereits in die Hoheitsrechte der Kantone durch einen Bundesbeschluss eingegriffen,
wonach die Kantone verpflichtet sind, für Wasserkraftanlagen, bei denen die Lieferung
von Energie ins Ausland in Frage kommt, die Genehmigung des Bundes einzuholen.
Vergl. Anhang zn § 2, Anlage IIL Vorlage des Bandesrates an die Bundes-Versammlung be-
treffend die Verwendung von Wasserkräften der Schweiz im Auslände.
Österreich-Ungarn.
In Österreich wird das Wasserrecht durch das, Reichs-Wassergesetz von 1869
beherrscht6). Weil nach dem Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867 als Vertretungs-
6) E. Peyrer, Ritter von Heimstatt. Das österreichische Wasserrecht 2. Aufl. (v. Peyrer
und Gross mann) Wien 1886.
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung für Wasserkraftanlaokn usw. 43
körper zur Mitwirkung bei der Gesetzgebung im gewissen Umfange der Reichsrat und
im gewissen Umfange die Landtage der einzelnen Länder gelten, sind in dem Reichs-
gesetz ron 1869 nur eine Reihe leitender Grundsätze des Wasserrechtes aufgestellt.
Dagegen wurde den Landtagen, welchen zu diesem Zwecke eine einheitliche Vorlage
unterbreitet ward, „die Erlassung weiterer gesetzlicher Bestimmungen über die Benutzung,
Leitung und Abwehr der Gewässer mit Ausschluss von Vorschriften über den Betrieb
von Schiffahrt* überlassen« Auf diese Weise sind in Österreich 17 fast wörtlich gleich-
lautende Landesgesetze aus den Jahren 1870 bis 73 entstanden.
Ungarn hat ein selbständiges Wasserrecht, welches sich aber an die Grundsätze
des österreichischen Wasserrechtes anschliesst. Konzessionen zu Wasserwerksanlagen
an Flüssen werden in Ungarn nur auf bestimmte Zeit, höchstens auf 50 Jahre erteilt.
1. Eigentumsverhältnisse.
Das Reichsgesetz erklärt nach § 3 auch die nicht zur Fahrt mit Schiffen oder
gebundenen Flössen dienenden Strecken der Flüsse und Ströme, sowie Bäche und Seen
und andere fliessende und stehende Gewässer als öffentliches Gut, soweit sie nicht
infolge besonderer gesetzlicher Bestimmungen oder besonderer PrivatrRechtstrtel jemanden
zugehören.
2. Nutzungsrechte.
Aus der eben erwähnten Auffassung über das Eigentum an den Gewässern folgt
schon, dass für die überwiegende Anzahl aller neuen Wasserkraftanlagen dem Staate
die Verleihung von Nutzungsrechten zusteht. Aber auch bezüglich der noch verbleibenden
Privatgewässer bestimmt das Reichsgesetz, dass die Benutzung durch die aus dem Zu-
sammenhange und der Unentbehrlichkeit des Wassers hervorgehenden öffentlichen Rück-
sichten beschränkt ist.
Zur Feststellung der alten Rechte und übersichtlichen Zusammenstellung der neu
verliehenen bestimmen die einzelnen Landesgesetze ziemlich übereinstimmend, dass bei
jeder politischen Behörde ein Wasserbuch nebst Wasserkarten geführt wird, worin
sämtliche im Bezirk bereits bestehenden und die künftig neu erworbenen Wasser-
benutzungsrechte, sowie die Bestimmungen wegen der Höhe des zulässigen Staues ein-
und nachzutragen sind.
Auch in Österreich machen sich Bestrebungen geltend, welche eine neuere die
Anrechte der Allgemeinheit noch mehr betonende Ausgestaltung des Wasserrechtes im
besonderen in bezug auf die Wasserkraftanlagen wünschen. Durch Verfügung des
Ministeriums für Eisenbahn und für Handel sind Untersuchungen angeordnet, welche
planmässig diejenigen Wasserkräfte, und zwar zunächst in den Alpenländern, feststellen
sollen, welche etwa für die Durchführung des elektrischen Betriebes auf den Eisenbahnen
in Frage kommen könnten.
Deutschland.
Durch das Reichsgesetz vom 28. Dezember 1873 (R.6.B1. S. 379) ist dem Reiche
die gemeinsame Gesetzgebung über das gesamte bürgerliche Recht übertragen und da-
durch die Möglichkeit eröffnet, dass das Reich über die Benutzung des Wassers auch
bürgerlich rechtliche Grundsätze aufstellt. Aus dem neuen bürgerlichen Gesetzbuch für
das deutsche Reich, welches am 1. Januar 1900 in Kraft getreten ist, wurde aber das
Wasserrecht vorläufig vollständig herausgelassen. Nach Artikel 65 und 66 des Ein-
44 I. Theodor Koehn. Ausbau von WaäserkkIften. Allgemeines.
fuhrungBgesetzes vom 18. August 1896 bleiben die tandesgesetzlichen Vorschriften, welche
dem Wasserrechte angehören, unberührt mit Einschluss des Mühlenrechtes und des
Flössereirechtes, sowie der Vorschriften zur Bewässerung und Entwässerung der Grund-
stücke und der Vorschriften über Anlandungen, entstehende Inseln und verlassene
Flussbetten etc.7).
Infolgedessen sind die einzelnen Bundesstaaten selbständig vorgegangen. In den
meisten grösseren Bundesstaaten sind entweder neue Wassergesetze bereits erlassen oder
doch in Vorbereitung.
a) Preussem.
Die Grundlage des preussischen Wasserrechtes bildet das allgemeine Landrecht
von 1794, obwohl es das Wasserrecht nur sehr unvollkommen und stückweise ge-
regelt hat.
Das Gesetz vom 15. November 1811 wegen des Wasserstaues bei Mühlen und
Verschaffung der Vorflut (Vorflutedikt) ordnet zuerst die Verhältnisse für Wasserkraft-
anlagen.
Wichtiger ist das Gesetz über die Benutzung der Privatflüsse vom 28. Februar
1843, welches noch heute im wesentlichen für die hier in Frage stehenden Zwecke
massgebend ist. Das Gesetz schafft zuerst eine Unterscheidung zwischen öffentlichen
und privaten Flüssen, von denen die ersteren der Vertretung der Allgemeinheit, d. h.
dem Staate gehören, während sich die anderen in Privatbesitz befinden, wie es der
Name sagt. Es steht auf dem Standpunkt, dass am Wasser von Privatflüssen, zu
welchen im Sinne des Gesetzes alle nicht schiffbaren Flüsse, ferner Quellen, Bäche,
Fliessen und Seen, welche keinen Abfluss haben, gehören, jeder Uferbesitzer grundsätz-
lich auf die Strecke seiner Anliegerschaft an einem Ufer die Verfugung über das vor-
überfliessende Wasser zur Hälfte besitzt, jedoch gehalten ist, von ihm abgeleitetes
Wasser in das Flussbett zurückzuleiten, bevor der Fluss das Ufer eines fremden Grund-
stückes berührt. Kein Uferbesitzer darf einen Rückstau über die Grenzen seines Grund-
stückes hinaus, sowie keine Überschwemmung oder Versumpfung fremder Grundstücke
verursachen. Der Anlieger ist nicht berechtigt, dem Flusse das darin fliessende Wasser
soweit zu entziehen, dass eine erhebliche, bleibende Verminderung des Wasserschatzes
eintritt Auch kann weder ein Anlieger noch ein Dritter an einem Privatfluss von der
Behörde mit Berechtigungen zur Ableitung auf ein Triebwerk beliehen werden. Der
Uferbesitzer kann aber die Vermittelung der Verwaltungsbehörden in Anspruch nehmen,
um sich durch behördliches Aufgebotsverfahren darüber Sicherheit zu verschaffen, welche
Widerspruchsrechte oder Entschädigungsansprüche gegen die von ihm beabsichtigte
Verwendung des Wassers erhoben werden können. Das Gesetz von 1843 hat auf die
im Jahre 1866 zum preussischen Gebiet neu hinzugetretenen Provinzen noch keine
Anwendung gefunden, vielmehr sind die alten Landesgesetze daselbst in Kraft ge-
blieben. Ausgenommen hiervon sind die Bestimmungen des Gesetzes von 1843 be-
züglich Zulässigkeit der Zwangsbildung von Wassergenossenschaften. Wenn Unter-
nehmungen zur Be- oder Entwässerung etc., deren Vorteile einer ganzen Gegend zugute
kommen, nur durch ein gemeinsames Wirken zustande zu bringen und fortzuführen sind,
sollen die Beteiligten zu gemeinsamer Anlegung und Unterhaltung der erforderlichen
Werke auch gegen ihren Willen durch landesherrliche Verordnung verpflichtet und zu
besonderen Wassergenossenschaften vereinigt werden können. Dieser Teil des Gesetzes
7) Bd. I des Elbetromboches Seite 331.
§ 2. Die Lage dkr Gesetzgebung für Waööerkraftanlagen usw. 45
ist durch Verordnung vom 28. Mai 1867 auch in den 1866 von Prenssen neu erworbenen
Landesteilen eingeführt Zu einer neuen einheitlichen Regelung des preußischen Wasser-
rechtes ist es bis jetzt noch nicht gekommen, vielmehr hat die preussische Regierung
bisher den Weg der NoreUengesetagebung für einzelne der Ordnung dringend bedürftiger
Teile des Wasserrechtes beschritten.
Von diesen ist das wichtigste das Gesetz vom 1. April 1879 (G.S. S. 297), welches
die Bildung von Wassergenossenschaften neu und eingehender regelt. Nach diesem Ge-
setze können zur Benutzung der Gewässer für Be- und.EntwissarungB-, sowie Wasser-
▼ersorgnngszwecke, zum Schutze der Ufer, zur Unterhaltung, Benutzung und Anlegung
von Wh Bwer teufen oder Sammelbecken, endlich zur Herstellung und Verbesserung von
Waaserstrassen (Flössereien und anderen Schiffahrts-Anlagen) sowohl freie Genossen-
schaften, als auch bei erfolgtem Nachweise eines öffentlichen oder gemeinschaftlichen
Nutzens öffentliche Genossenschaften gebildet werden. Letztere unterstdien staatlicher
Aufsicht. Ein Zwang zum Eintritt in eine neu zu bildende Genossenschaft kann nur
ausgeübt werden, wenn letztere zur Ent- und Bewässerung von Land- und Grundstücken
oder zum Schutze der Landeskultur dienen sollen und die Mehrheit der Beteiligten sich
für das Unternehmen erklärt hat8).
Das erwähnte Gesetz von 1879 ist insofern für die hier vorliegenden Zwecke
von Bedeutung, als in weiterer Entwicklung mit teilweiser Abänderung desselben für die
Wupper (19. Mai 1891) und für die Ruhr je ein Spezialgesetz erlassen worden ist, auf
Grund deren es möglich wurde, Zwangsgenossenschaften für die Anlegung von Tal*
sperren zu bilden, welche neben anderen Zwecken, auch der Kraftausnütznng
dienen. Um ein Bild von der Organisation solcher Zwangsgenossenschaften zu
geben, ist im Anhange Anlage IV das Statut der nWupper-Thalsperrefi-Geno88enschafttf
abgedruckt.
Für die nicht schiffbaren Gewässer hat der Minister für Landwirtschaft im
Jahre 1892 eine Anweisung erlassen, wonach für die verschiedenen Flussgebiete von den
Meliorations-Bauinspektoren Wasserbücher und Wasserkarten aufzustellen sind. Infolge-
dessen waren bereits nach den Mitteilungen im Jahrbuch für Gewässerkunde Nord-
deutschlands für das Abflussjahr 1901 im Jahre 1904 42 Wasserbücher ganz und 42
andere teilweise fertig gestellt Diese Wasserbucher enthalten aber doch im Wesent-
lichen technische Angaben, da die einheitliche gesetzliche Grundlage zur amtlichen Fest-
stellung der Rechtsverhältnisse noch fehlt.
Binnen kurzem wird wahrscheinlich auch in Preussen eine Neuregelung des ge-
samten WasseiTechtes erfolgen, da ein Gesetzentwurf bereits fertig gestellt und in den
verschiedenen Instanzen der Staatsverwaltung durchberaten ist.
b) Bayern.
In Bayern waren die wasserrechtlichen Fragen bisher durch 3 Gesetze vom
28. Mai 1852 •) geregelt und zwar:
1. durch das Gesetz, die Benutzung des Wassers betreffend,
•) Textabdrack sämtlicher preusaischer Gesetze betreffend Wasserrecht und Wasserpolizei tod
F. Frank, Brealao 1886.
2. Auflage von Frank, systematisch neu bearbeitet von A. Nieberdin*: Wasserrecht nnd
Wasserpolizei der deutschen Staaten, Breslau 1889. — Die preussische Gesetzgebung Ober Vorflut nsw.
mit Kommentar von O. Hahn, 2. Aufl., Breslau 1886.
») J. y. Pöxl, Die bayerischen Wassergesetze Tom 28. Mai 1862 (2. Aufl., Erlangen 1880).
46 I. Theodor Kokhx. Ausbau vok Wasserkräften. Allgemeines.
2. durch das Gesetz über die Bewässerungs- und Entwässerungs-Unternehmungen
zum Zwecke der Bodenkultur,
3. durch das Gesetz über den Uferschutz und den Schutz gegen die Über-
schwemmungen.
Die Wassergesetze vom 28. Mai 1852 hatten, was die Benützung des Wassers der
Privatflüsse anbelangt, die grundlegenden Bestimmungen aus dem preussischen Gesetze
vom 28. Februar 1843 übernommen (vergl. S. 44), jedoch den Verwaltungsbehörden einen
etwas weiteren Spielraum eingeräumt. Unterm 15. Februar 1904 ist der Kammer der
Abgeordneten der Entwurf eines neuen Wassergesetzes für das Königreich Bayern vor-
gelegt und in der Session 1905 erneut eingereicht, welcher nach dem bisherigen Verlaufe
der Kammerverhandlungen Aussicht hat, angenommen zu werden10). Es sollen deshalb
aus diesem Entwurf hier kurz die Hauptpunkte angeführt werden, weil sie auch die
Entwickelung des Rechtes am besten zeigen.
1. Eigentumsverhältnisse.
Der Entwurf unterscheidet wie üblich zwischen öffentlichen und privaten Ge-
wässern und charakterisiert die öffentlichen Gewässer wie folgt:
Art. 1.
„Öffentliche Gewässer sind die Flüsse und Flussteile, welche zur Schiff-
„und Flossfahrt dienen (öffentliche Flüsse), sowie die Nebenarme solcher Flüsse,
„selbst wenn sie nicht zur Schiff- oder Flossfahrt dienen, dann die vom Staate
„errichteten Kanäle, insoweit sie durch die Staatsregierung der Schiff- oder
„Flossfahrt eröffnet sind."
Abs. 2. „Welche Seen und sonstige geschlossene Gewässer als öffent-
liche zu betrachten sind, bemisst sich nach den bestehenden Rechtsverhält-
nissen.a
Art. 3.
„Flüsse und Flussteile behalten mit ihren Nebenarmen die Eigenschaft
„öffentlicher Flüsse, wenn sie nicht mehr zur Schiff- oder Flossfahrt benutzt
„ werden. u
Die Privatgewässer, als welche alle nicht öffentlichen Gewässer anzusehen sind,
werden unterschieden in
1. Geschlossene Gewässer.
2. Privatflüsse und Bäche.
Bezüglich des Eigentums bestimmen
Art. 2.
„Die öffentlichen Gewässer stehen im Eigentum des Staates. a
Art. 5.
„Die Ufer der öffentlichen Flüsse gehören den Eigentümern der anliegen-
den Grundstücke etc."
Art. 6.
„Die Uferlinie der öffentlichen Flüsse wird durch die Verwaltungsbe-
hörde nach den mittleren Wasserstand unter besonderer Berücksichtigung der
„Vegetationsgrenze festgesetzt und, wo es notwendig ist, auf angemessene Weise
„bezeichnet/
io) Bei Drucklegung hatte der Entwarf in einer besonderen Nachseesion im Spätsommer 1906
die Genehmigung von Abgeordneten-Kammer und Reicherat bereits gefunden.
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung für Wasserkraftanlagen usw. 47
Für Privat-Gewässer bestimmen und zwar
a) für geschlossene Gewässer
Art. 16.
„Soweit nicht andere Rechtsverhältnisse bestehen, erstreckt sich das
„Eigentumsrecht an einem Grundstücke, auf das Wasser, welches
„1. auf das Grundstück in Seen, Weihern (Teichen), Zisternen, Brunnen
„und anderen Behältern, in künstlich angelegten Wasserleitungen, Kanälen und
„Gräben sich befindet,
„2. auf dem Grundstück unterirdisch vorhanden ist (Grundwasser),
„3. darauf entspringt (Quelle) oder sich natürlich sammelt, solange es
„von dem Grundstücke nicht abgeflossen ist."
Abs. 2. „Hinsichtlich der Solquellen und der Grubenwässer finden die
„Bestimmungen des Berggesetzes Anwendung."
b) Für Privatflüsse und Bäche.
Art. 23.
„Die Privatflüsse und Bäche, die weder im Eigentum des Staates
„noch anderer Personen stehen, sind Bestandteile der Grundstücke, zwischen
„denen sie h indurchfli essen. u
Abs. 2. „Gehören die Ufer verschiedenen Eigentümern, so wird die
„Eigentumsgrenze vorbehaltlich, etwaiger anderweitiger Festsetzungen gebildet :
1. „In Ansehung der gegenüberliegenden Ufergrundstücke durch eine
„durch die Mitte des Flusses nach Massgabe des mittleren Wasserstandes zu
„ziehende Linie;
2. „In Ansehung der anliegenden Ufergrundstücke durch eine von dem
„Endpunkte der Landgrenze rechtwinkelig zu der in Ziff. 1 bezeichneten Mittel-
„linie des Wasserlaufes zu ziehende Linie.
Abs. 3. „Die Bestimmungen der Art. 8, 9, des Art. 14 Abs. 1 und des
„Art. 15 finden auf diese Privatflüsse und Bäche entsprechende Anwendung. u
2. Nutzungsrechte.
Bezüglich der Benutzung der Gewässer ist unterschieden zwischen
dem Gemeingebrauch und den besonderen Nutzungen.
Der Gemeingebrauch ist auf Grund der hierfür zu erlassenden polizeilichen
Vorschriften jedermann unentgeltlich gestattet, soweit nicht besondere Vorrichtungen
zur Erleichterung desselben in Frage kommen.
Für alle besonderen Nutzungsanlagen, gleichgültig ob an Privat- oder
öffentlichen Gewässern, ist eine behördliche Genehmigung notwendig.
In der Abteilung VII des bayerischen Gesetzentwurfes ist die Frage der Wasser-
bücher geregelt:
Art. 194.
„Bei jeder Distriktsverwaltungsbehörde ist über die Stauanlagen und
„Triebwerke mit gespannter Wasserkraft an öffentlichen und Privatgewässern,
„dann über die Anlagen zur Zuführung von Flüssigkeiten in solche Gewässer,
„ferner über Bewässerungs- und Entwässerungsanlagen, soweit die sämtlichen
„bezeichneten Anlagen mit Erlaubnis oder Genehmigung der Behörde errichtet
„sind, ein Wasserbuch zu führen. Das Wasserbuch soll über die hinsichtlich
48 I. Thäodob Kobhn. Ausbau von Wasserkräfte». Allgemeines.
„dieser Anlagen bestehenden Rechtsverhältnisse die erforderlichen Aufschlüsse
«enthalten/
Art. 195.
„In das Wasserbuch sind von Amts wegen einzutragen:
„1. Alle Anlagen der in Art. 194 bezeichneten Art, die nach dem
„Inkrafttreten dieses Gesetzes neu errichtet werden. t
„2. Alle nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes mit behördlicher Erlaub-
„nis oder Genehmigung erfolgenden Änderungen an Anlagen der im Art 194
„bezeichneten Art, gleichviel, ob die Anlage vor oder nach dem Inkrafttreten
„dieses Gesetzes errichtet worden ist.
Abs. 2. „Solche Eintragungen erfolgen gebührenfrei/
Art 196.
„Auf Antrag eines Berechtigten sind in das Wasserbach auch
„zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes schon bestehende Anlagen der im
„Art. 194 bezeichneten Art einzutragen/
Abs. 2. „Zu diesem Zwecke hat der Antragsteller der Behörde die zum
„Nachweise seiner Berechtigung dienenden Belege vorzulegen/
Abs. 3. „Erachtet die Behörde, soweit erforderlich nach Einvernahme
„der ihr bekannten Beteiligten, den Nachweis für zweifellos erbracht, so hat sie
„die Eintragung vorzunehmen. Andernfalls ist der Antrag durch Veröffentlichung
„geeignet bekannt zu machen. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,
„dass Einwendungen gegen den Bestand des angemeldeten Rechtes binnen einer
„angemessenen Frist bei der Verwaltungsbehörde anzubringen sind und dass die
„Eintragung, sofern innerhalb der Frist Einwendungen nicht einkommen, antrags-
„gemäss erfolgen wird. Von der Bekanntmachung sind die der Behörde be»
„kannten Beteiligten besonders zu verständigen."
Abs. 4. „Werden Einwendungen geltend gemacht, so hat die Eintragung
„zu unterbleiben. u
Abs. 5. „Die Kosten des Verfahrens fallen dem Antragsteller zur Last4'
Art. 197.
„Die näheren Bestimmungen über die Einrichtung und die Fortführung
„der Wasserbücher werden durch Ministerialvorschrift getroffen/'
Art. 198.
„Die Einsicht in die Wasserbücher und deren Beilagen
«steht jedem frei, der ein berechtigtes Interesse darlegt Unter
„der gleichen Voraussetzung kann auch gegen Entrichtung der vorschrifts-
„ massigen Gebühr die Erteilung von einfachen oder beglaubigten Auszügen und
„Abschriften aus dem Wasserbuch und seinen Beilagen gefordert werden."
Es sei hier zum Vergleich auf die Bestimmungen des italienischen Gesetzes und
des württembergischen Gesetzes- hingewiesen, welche insofern weiter gehen, als alte
Rechte nicht nur auf Antrag, sondern auch von Amts wegen eingetragen werden.
In der Begründung zu dem Gesetzentwurf ist ausgeführt:
„Das Wasserbach des vorliegenden Entwurfes, wie auch der neueren
„deutschen Gesetze und Gesetzentwürfe kann allerdings nicht über die privat
„rechtlichen Verhältnisse eines Wasserlaufes erschöpfenden Aufschluss geben}
„weil, soweit Eigentums- und Dienstbarkeitsrechte an den Gewässern begründet
„werden, ihre dringliche Wirksamkeit in der Regel von der Eintragung ins
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung für Wasserkraftanlagen usw. 49
„Grundbuch abhängig ist. . Dem Wasserbuch kann daher ein öffentlicher Glaube,
„wie solcher den Hypotheken- und Grundbüchern zukommt, nicht zugesprochen
„werden."
3. Konzessionserteilung.
Zur Errichtung oder Abänderung von Stauanlagen oder Triebwerken an öff ent-
lichen Gewässern oder Privatf lassen und Bächen ist nach Art. 49 die vor-
gängige Genehmigung der Verwaltungsbehörde erforderlich.
Da die privaten Eigentums- und Nutzungsrechte an den Privatgewässern
durch das Gesetz neu bestätigt sind, so kann für Genehmigungen von Wasserkraftan-
lagen an Privatflüssen zugunsten des Staates eine Abgabe, soweit sie nicht den
Charakter einer Aufwandsentschädigung trägt, nicht erhoben werden.
Bei der Erteilung der Genehmigung können vielmehr lediglich Vorschriften gemacht
werden, welche im Verkehrs-, gewerbe- oder gesundheitspolizeilichen Interesse oder zum
Schatze und zur Förderung der allgemeinen Landeskultur, der Fischerei etc. und zur Abwen-
dung von Hochwasserschäden notwendig sind. Ferner solche Vorschriften, welche verhüten
sollen, dass keine einem anderen schädliche Stauung, keine Überschwemmung und Ver-
sumpfung oder sonstige Beschädigung fremder Grundstücke und Anlagen verursacht wird
und dass nicht zum Nachteil anderer eine nutzlose Verschwendung oder eine ungleich-
massige Ausnutzung des Wassers stattfindet.
Bezüglich der Erlaubnis zur Wasserbenützung an öffentlichen
Gewässern bestimmt Artikel 42, dass die Erlaubnis von der Ver-
waltungsbehörde in der Regel auf eine bestimmte Zeit oder in wider-
ruflicher Weise erteilt wird. Die Verwaltungsbehörde ist hierbei befugt, dem
Unternehmer weitere Bedingungen im Interesse der Land- und Forstwirtschaft, der
Landeskultur und der Fischerei, sowie der Industrie und des Gewerbebetriebes aufzu-
erlegen. Ferner bei dem Zusammentreffen mehrerer Unternehmungen vom Standpunkte
des Gemeinwohls die Wahl zu treffen; endlich die Erlaubnis auf gewisse Betriebszwecke
oder auf bestimmte Unternehmer einzuschränken.
Art. 42, Abs. 3 bestimmt: „Eine auf Grund unwiderruflicher Erlaubnis
„eingeräumte Nutzung kann nur im Wege der Zwangsenteignung nach Massgabe
„der Bestimmungen der Art. 153 bis 155 entzogen oder geschmälert werden.14
Da für die bis 1904 in Bayern an öffentlichen und dem Staate gehörigen Privat-
flüssen ausgenützten 84000 PS6 nur eine jährliche Gebühr von rund 9630 Mk. als
sogenannte Rekognitionsgebühr für das Jahr erhoben wurde, und da nach den bislang
bestehenden gesetzlichen Bestimmungen eine höhere Gebühr nicht erhoben werden
konnte, will das Gesetz hierin Wandel schaffen und lässt nach Art. 71 Abs. 1 die Auf-
legung besonderer Gebühren an den Staat zu. Die näheren Bestimmungen sollen nach
Art. 71 Abs. 2 durch Ministerialvorschrift getroffen werden. In den Motiven zum Gesetz
ist in dieser Beziehung gesagt:
„Eine allgemeine gesetzliche Regel für die Festsetzung der Gebühren erscheint
„insbesondere bei der Gewährung besonderer Nutzungen nicht tunlich, da hier
„im Einzelfalle pflichtgemäss zu erwägen sein wird, ob das Unternehmen durch
„die Auflage der Gebühr nicht erheblich erschwert oder gar unmöglich gemacht
„würde, wie überhaupt bei der Bemessung der Gebühr allgemeine volks-
wirtschaftliche Gesichtspunkte gegenüber den fiskalischen Er-
„wägungen in den Vordergrund zu treten haben."
Handbuch der Iag.-Wistenaeh. III. Teil. 18. Bd. 4
50 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
4. Erleichternde Bestimmungen: Genossenschaften, Zwangsver-
pflichtungen, Zwangsenteignungen.
Nach dem Gesetzentwurf können auch für Stau- und Triebwerks- Anlagen , sowie
für Sammelbecken öffentliche Wassergenossenschaften gebildet werden: Art. 109 und folg.
Nach Art. 111 ist die Bildung einer Genossenschaft nur zulässig, wenn bei dem Unter-
nehmen ein Interesse des Gemeinwohls oder doch ein gemeinwirtschaftlicher Nutzen
obwaltet. Nach 'Art. 111, Abs. 2, setzt die Bildung von Genossenschaften mit Beitritts-
zwang ausserdem voraus, dass das Unternehmen in wirtschaftlicher oder technisch zweck-
massiger Weise nur durch Ausdehnung auf die Grundstücke der Widerstrebenden aus-
geführt werden kann, und der voraussichtliche Nutzen des Unternehmens den zu erwar-
tenden Schaden überwiegt. Nach den Motiven kommt aber die Bildung einer Zwangs-
genossenschaft nur für die Instandhaltung, nicht für die Benutzung von Gewässern in Frage.
Nach dem Muster des württembergischen Gesetzes sieht der bayerische Entwurf
in Abteilung V, Art. 156, 157, 158 — 162 gewisse Zwangsrechte vor, welche von den
Verwaltungsbehörden den Unternehmern gegenüber anderen Eigentümern oder Berech-
tigten verliehen werden können. Diese Zwangsrechte beziehen sich auf die Benutzung
von Wasser eines Privatflusses, welches bisher von dem Berechtigten selbst nicht benutzt
wurde, oder nach ergangener Aufforderung nicht innerhalb einer gesetzten Frist nutzbar
verwendet wird, fernerauf die Benutzung des ganzen Flassbettes und des gegenüber
liegenden Ufers zur Errichtung einer Stauanlage durch den Eigentümer von nur
einem Flussufer; schliesslich auf die Benutzung eines fremden Grundstückes zur ober-
oder unterirdischen Zu- und Ableitung des Triebwassers etc.
Das Zwangsenteignungsrecht auf Grund des Gesetzes vom 17. November
1837, betreffend die Zwangsabtretung von Grundeigentum für öffentliche Zwecke kann
für Stau- und Triebwerksanlagen und Sammelbecken nur an genossenschaftliche Unter-
nehmungen erteilt werden.
5. Sonstige allgemeine Bestimmungen.
Das Gesetz gibt im Interesse der Allgemeinheit den Verwaltungsbehörden weit-
gehendste Befugnisse zum Erlass von Verordnungen, behufs Regelung des Gemeinge-
brauches der Gewässer, Förderung der allgemeinen Landeskultur, sowie der Fischerei,
Abwehr von Hochwassergefahren und zum Erlasse von gewer be-, Verkehrs- und gesund-
heitspolizeilichen Verordnungen. Es unterstellt die Unterhaltung aller Wasserläufe der
staatlichen Aufsicht und regelt die Unterhaltungspflichten, die Bildung von Unterhaltungs-
verbänden etc.
c) Sachsen.
Für das Königreich Sachsen ist ein neues Wassergesetz bereits soweit vorbereitet
dass es binnen kurzer Zeit den gesetzgebenden Körperschaften vorgelegt werden wird,
und es kann deshalb hier davon abgesehen werden, über die alten gesetzlichen Bestim-
mungen in Sachsen nähere Mitteilungen zu machen11).
d) Württemberg.
Für das Königreich Württemberg ist ein neues Wassergesetz teilweise schon mit
der Verkündigung am 1. Dezember 1900, vollständig aber erst seit dem 1. Januar 1902
in Kraft getreten.
n) Das Wasserrecht im Königreich Sachsen von Dr. K. E. Lenthold, Leipzig, Roasbergsche
BuohhandluDg 1892.
} 2. Die Laos der Gesetzgebung für Wasserkbaftahlage* usw. 51
1. Eigentumsverhältnisse.
Das Gesetz vom 1. Dezember 1900 erklärt alle in natürlichem oder künstlichem
Bette ständig fliessenden Gewässer, sowie diejenigen Seen, welche einen in gleicher
Weise ständig fliessenden Ablauf haben, für öffentliche Gewässer.
Als Privat-Gewässer werden daher nur angesehen:
1. die unterirdischen Gewässer, soweit nicht ein öffentliches Gewässer in seiner
Fortsetzung streckenweise unterirdisch fliesst,
2. Teiche, Zisternen, Brunnen, Röhren oder Gräben, welche als geschlossene
Gewässer angesehen werden können,
3. Gewässer, welche nur zeitweise fliessen1*).
Alle öffentlichen Gewässer, und das sind nach der Definition des Gesetzes ungefähr
alle, welche für Kraftzwecke in Frage kommen, gehören dem Staate, sofern nicht
wohlerworbene Rechte Einzelner an diesen Gewässern, mögen sie auf dem öffentlichen
oder auf dem Privatrecht beruhen, vorliegen. Diese wohlerworbenen Rechte .bleiben als
dem öffentlichen Recht angehörige Nutzungsrechte mit unverändertem Inhalt bestehen.
Das Eigentum am Bette der Privatflusse gehört den Anliegern.
£. Nutzungsrechte.
Die öffentlichen Gewässer, an denen wohlerworbene Rechte Einzelner keinen
Anteil haben, sind nach Massgabe besonderer Bestimmungen des Gesetzes dem Ge-
meingebrauch unter Aufsicht der Staatsgewalt unentgeltlich und ohne besondere
behördliche Erlaubnis überlassen.
Alle besonderen Nutzungsberechtigungen insonderheit für Wasser-
Kraftanlagen sind dagegen in allen Fällen von einer Genehmigung
und, sofern wohlerworbene Privatrechte nicht vorliegen, auch von
einer Verleihung abhängig.
3. Konzessionen.
Über die Verleihung von Wassernutzungsrechten entscheidet die Kreisregierung
und in der Beschwerdeinstanz das Ministerium des Innern. Die gleichen Behörden
haben auch über die (polizeiliche) Genehmigung der WasserbenutzungsanlagenT'zu er-
kennen. Treffen mehrere Anträge auf Verleihung einer Wassernutzung zusammen,
welche nebeneinander nicht bestehen können, so. ist, wenn eine angemessene Ver-
teilung der Wassermenge, des Gefälles oder der Gebrauchszeiten den wirtschaftlichen
Interessen nicht entspricht, denjenigen Unternehmungen der Vorzug einzuräumen, von
welchen nach Abwägung sämtlicher in Betracht kommender tatsächlicher Verhältnisse
und Interessen der überwiegende gemeinschaftliche Nutzen zu erwarten ist. Bei dem
Vorliegen besonderer Verhältnisse kann die Verleihung auf einen bestimmten Zeitraum
beschränkt oder unter der ausdrücklichen Bedingung erteilt werden, dass eine nach-
trägliche Ergänzung oder Abänderung der gegebenen Vorschriften vorbehalten bleibt.
In der Regel findet eine Zeitbeschränkung bei der Verleihung eines
Waspernutzungsrechtes nicht statt; dagegen können den Umständen
entsprechende Fristen festgesetzt werden, binnen welchen die gesamte
Wassernutzungsanlage bei Vermeidung des Erlöschens des Ver-
leihungsrechtes begonnen, ausgeführt und dem Betriebe übergeben
werden muss.
i*) Dm württembergische Waasergeseti vom 1. Dezember 1900 von Rechtsanwalt H. Bierer
in Tübingen. Vorlag von 8. Ebner in Ulm.
4*
52 L Theodor Eoehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Entsprechend den Grundlagen des Gesetzes soll der Staat keinen direkten
Gewinn ans der Verleihung der Wasserrechte ziehen, vielmehr erhebt er nur
nach Art. 31 einmalig:
1. für die Erteilung der Verleihung des Wasserrechtes in der Regel 5 Mk., für
die rohe PS bis zu 5000 Mk.;
2. für die Genehmigung von Wasserbenutzungsanlagen, soweit hiermit eine Ver-
leihung von Wasserrechten nicht verbunden ist, Gebühren von 5 — 150 Mk.
4, Wasserbücher.
Bei jeder Kreisregierung ist zur Klarstellung der bestehenden Wasserrechtsver-
hältnisse ein Wasserrechtsbuch zu führen. Ebenso ist bei jedem Oberamt eine Abschrift
des Wasserrechtsbuches, soweit es sich auf die öffentlichen Gewässer des Oberamtsbe-
zirkes bezieht, fortlaufend zu halten. Die Einsichtnahme des Wasserrechtsbuches nebst
Beilagen, sowie der auf den Oberämtern gehaltenen Abschriften ist jedermann gestattet,
der ein berechtigtes Interesse darlegt. Unter der gleichen Voraussetzung werden auf Ver-
langen beglaubigte Abschriften gegen Kostenersatz ausgefertigt. In das Wasserrechts-
buch müssen alle die Benutzung der öffentlichen Gewässer betreffen
den Rechtsverhältnisse eingetragen werden, welche nach dem Inkraft-
treten des Gesetzes unter der Mitwirkung der Behörden neu begrün-
det oder hinsichtlich ihres Bestandes oder Umfanges geordnet werden.
Auch die zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes bezüglich der Benutzung der
öffentlichen Gewässer bestehenden Rechtsverhältnisse, insbesondere der Umfang und
die Art der gestatteten Wasserbenutzung, die zugelassene Stauhöhe, die statthaften
Weiten der Einlassstellen und die vorgeschriebene Beschaffenheit der übrigen, für die
zulässige Wasserbenutzung massgebenden Einrichtungen sollen in das Wasserrechts-
buch eingetragen werden. Bei denjenigen Wassernutzungsrechten, über deren Be-
stand und Umfang öffentliche Urkunden, namentlich Konzessionsurkunden bei den
Kreisregierungen vorliegen, hat der Eintrag nach vorhergegangener Vernehmung der
Beteiligten von Amts wegen zu erfolgen. Wenn öffentliche Urkunden nicht vorliegen,
wird die Eintragung nur auf Antrag eines Beteiligten bewirkt, nachdem der bezüg-
liche Beweis erbracht ist. Dem Verordnungswege bleibt die Festsetzung von
Fristen vorbehalten, innerhalb deren sämtliche zur Zeit des Inkraft-
tretens des Gesetzes bezüglich der Benutzung der öffentlichen Gewässer
bestehenden Rechtsverhältnisse in die Wasserbücher eingetragen
werden sollen. Inzwischen sind erlassen:
Eine Verfügung des Justizministeriums vom 18. Oktober 1901 (Amtsblatt des
Justizministeriums S. 99), betreffend . den Vollzug des Wassergesetzes;
eine Verfügung des Ministeriums des Innern vom 4. November 1901 wegen der
grundbuchmäs8igen Behandlung der öffentlichen Gewässer (Amtsblatt des Justizministeriums
S. 101) und
eine Verfügung des Finanzministeriums vom 14. November 1901 (Amtsblatt des
Justizministeriums S. 103). Die letzten beiden Verfügungen enthalten Anweisungen an
die zuständigen Amtsstellen wegen Prüfung und Ergänzung der privatrechtlichen Ein-
tragungen und Löschung derjenigen Eintragungen im Grundbuch, welche nichts anderes,
als den öffentlichen Charakter des Wasserlaufes nachweisen.
Für den Nachweis des Privat-Eigentums an einem öffentlichen Gewässer bleibt
also das Grundbuch und, bis zur völligen Neuordnung desselben, der Nachweis der
wohlerworbenen Rechte massgebend. Für den Bestand und Umfang der besonderen
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung für Wasserkraftanlagen usw. 53
Wassernutzungsrechte ist bis auf weiteres der Eintrag im Wasserrechtsbach noch nicht
allein massgebend, sondern der Rechtsgrund, auf welchen der Erwerb des Nutzungsrechts
sich stützt.
Nach den getroffenen Verfügungen müssen aber in Württemberg
in absehbarer Zeit die Wasserrechtsbücher eine vollkommen sichere
Unterlage für die Beurteilung aller Wasserrechtsverhältnisse an
einem Wasserlauf geben. Die Eintragungen in das Wasserbuch erfolgen gebühren-
nnd 8portelfrei.
5. Erleichternde Bestimmungen: Zwangsverpflichtungen, Genossen-
schaften, Enteignung.
Durch die ortspolizeiliche Behörde kann einem Besitzer eines Wassergrundstückes
die Zwangsverpflichtung auferlegt werden, gegen vollen Ersatz des eventuell be-
wirkten Schadens die Vornahme von Vermessungen, Nivellierungen oder Grundunter-
suchungen auf seinem Grundstücke zu dulden.
Wenn für eine Stauanlage, welche der Ufereigentümer in einem öffentlichen
Gewässer herzustellen beabsichtigt, die Benutzung des gegenüberliegenden Ufers notwendig
wird, so kann dem Eigentümer des letzteren auf Antrag des Unternehmers im Verwaltungs-
wege die Auflage gemacht werden, die Benutzung seines Grundstückes gegen vorgängige
volle Entschädigung insoweit zu gestatten, als eine solche Benutzung zur Ausführung
und zum Gebrauch der Stauanlage erforderlich' ist. Auch kann im Verwaltungswege
dem Besitzer einer Stauanlage aufgelegt werden, die Mitbenutzung anderen Unternehmern,
welche gleichfalls eine Wasserkraftanlage auszuführen beabsichtigen, zu gestatten, wenn
dadurch die Wassernutzung des Besitzers der Stauanlage nicht geschmälert oder erheblich
erschwert wird. Hierbei ist dem neuen Unternehmer aufzulegen, volle Entschädigung
zu gewähren, und einen, dem Masse der Mitbenutzung entsprechenden Anteil an den
Kosten der Anlage sowie der künftigen Unterhaltung mit zu übernehmen. Ebenso
können für die Bauzeit einer neuen Wasserkraftanlage oberhalb und unterhalb liegenden
Wasserkraftbesitzern gewisse Beschränkungen des Betriebes gegen volle Entschädigungen
auferlegt werden. Schliesslich kann auch einem Besitzer von Terrain, dessen Benutzung
für die Ausführung einer Wasserkraftanlage unbedingt notwendig ist, die Zwangsver-
pflichtung auferlegt werden, die Anlage von Zu- und Ableitungen gegen volle Entschädigung
zu gestatten. Die Zwangsverpflichtungen werden in geordnetem Verfahren von der Kreis-
regierung auferlegt. Gegen die Verfügung der letzteren ist die sofortige Beschwerde an
das Ministerium des Innern zulässig, welches endgültig entscheidet. Innerhalb einer
Ausschlussfrist von 6 Monaten kann sowohl der Unternehmer, als auch der für ver-
pflichtet Erklärte bei den bürgerlichen Gerichten Klage auf anderweitige Feststellung
des Schadenersatzes und Kostenanteiles erheben.
Zur Errichtung von Wasserkraftanlagen etc. können Wasserge-
nossenschaften gebildet werden. Die Wassergenossenschaft als solche hat selb-
ständige Rechte und Pflichten. Sie kann Eigentum und andere dingliche Rechte an
Grundstücken erwerben und vor Gericht klagen und verklagt werden.
Für die Verbindlichkeit der Genossenschaft haftet das Vermögen derselben.
Wenn es sich um ein Unternehmen handelt, welches einen erheblichen volkswirt-
schaftlichen Nutzen vermittelt, kann auf Ansuchen durch königliche Entschliessung eine
Genossenschaft als öffentliche anerkannt werden.
Die öffentliche Wassergenossenschaft gilt als ein körperschaftlicher Verband des
öffentlichen Rechtes. Ein Beitrittszwang findet aber bei Wassergenossenschaften nur
54 L Theodob Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
statt, wenn es sich um die Ausführung einer Bewässerungs- and Entwässerungs-Anlage
für die Zwecke der Bodenkultur oder Torfgewinnung bandelt. Da aber solche Anlagen
oft gleichzeitig auch zur Gewinnung von Wasserkraft dienen, so hat diese Bestimmung
auch für unsere Zwecke grosse Bedeutung.
Ein Enteignungsrecht kann für Wasserkraftanlagen nur in ganz
besonderen Fällen und wenn es sich um ein Unternehmen im direkten
Interesse des Staates oder anderer öffentlicher Korporationen handelt,
auf Grund des allgemeinen Zwangsenteignungsgesetzes erteilt werden.
6. Sonstige allgemeine Bestimmungen.
Das Gesetz wahrt den Verwaltungsbehörden natürlich das Recht, Privatbesitztitel
an Wasserläufen durch einschlägige Verordnungen zu beschränken, soweit es im Interesse
der Allgemeinheit erforderlich erscheint
Es genügt hier auf die bezüglichen kurzen Mitteilungen aus dem bayerischen
Gesetzentwurf zu verweisen (vergl. Seite 50 ad 5).
e) Baden.
Für das Grossherzogtum Baden ist ein neues Wassergesetz vom 26. Juni 1899
erlassen18). Vom gleichen Tage datiert ein neues Enteignungsgesetz14).
Daß Wassergesetz ist ergänzt durch eine Verordnung des Ministeriums des Innern
vom 8. Dezember 1899 lß).
1. Eigentumsverhältnisse.
Als öffentliche Gewässer sind nach § 1 des neuen Wassergesetzes, alle ihrer
Natur nach oder durch künstliche Veranstaltungen schiff* und flöss-
baren Flüsse, Kanäle und Seen betrachtet. Als Bestandteil der öffentlichen
Gewässer gelten auch die Nebenarme, welche bei den gewöhnlichen Anschwellungen des
Hauptgewässers zur Abführung der Wassermasse dienen, die Sammelbecken, Zu- und
Ableitungen, worin Wasser für die Zwecke des öffentlichen Gewässers gesammelt, zu- und
abgeleitet wird etc.
Das Eigentum an allen öffentlichen Gewässern steht dem Staate zu.
Seen, an denen Eigentumsrechte anderer nicht nachweisbar sind, stehen gleich-
falls im Eigentum des Staates.
Es steht dem Staate jederzeit zu, ein Gewässer oder eine Strecke desselben durch
künstliche Veranstaltungen schiffbar oder flössbar zu machen oder durch einen dritten
machen zu lassen und dem Gewässer so die Eigenschaft als öffentliches zu verleihen.
Den an dem Gewässer Eigentums- oder Nutzungsberechtigten ist der aus dieser Mass-
nahme entstehende Schaden vom Staate oder von dem durch den Staat berechtigten
Unternehmer zu ersetzen.
Im Gegensatz zum bayerischen Gesetzentwurf spricht das badische Gesetz nicht
von „privaten", sondern von „nicht öffentlichen" Gewässern, und es bestimmt der § 2:
„Alle natürlichen, nicht öffentlichen Wasserläufe (Flüsse, Bäche) stehen
„im Eigentum der Gemeinden, soweit sich das Bett innerhalb ihrer Gemarkung
„befindet. Bildet der Wasserlauf die Grenze zwischen zwei inländischen Ge-
is) Gesetzes- und Verordnungsblatt für das Groasherzogtum Baden 1899, XX VL, Saite 309.
Wiener, Geh. Regiernngarat : Daa badische Wassergesetz vom 26. Juni 1899 usw. Karlsruhe 1900.
Verlag der G. Braunseben Hofbuchdruckerei.
n) Gesetzes- und Verordnungsblatt XXVII., Seite 859.
16) Desgl. Nr. III, Seite 897.
S 2. Die Lage der Gesetzgebung für Wasserkraftanulgbx usw. 55
„markungen, so ist im Zweifel die Mittellinie des Wasserlaufes die Eigentums-
„grenze.*
Es kommen nach dem badischen Gesetz für Wasserkraft-Anlagen also nur Gewässer
in Frage, welche entweder dem Staate oder den Gemeinden gehören, da die künstlichen,
nicht öffentlichen Wasserläufe (§ 3) und die geschlossenen Gewässer (§ 4), welche dem
Privateigentum überlassen sind, für Wasserkraftanlagen nur in seltenen Ausnahmefällen
in Frage kommen können. Bei allen Gewässern bilden die Uferlinien die Grenze zwischen
dem Privatbesitz und dem Gewässer. Die Uferlinien bestimmen sich im Zweifel nach
dem normalen mittleren Wasserstande; sie können unter Aufsicht der technischen Behörde
vermarkt werden.
Das dem Staate an den öffentlichen und den Gemeinden an den natürlichen,
nicht öffentlichen Wasserläufen zustehende Eigentum kann im Wege privatrechtlicher
Abmachungen weder auf andere übertragen, noch mit Rechten belastet
werden (§ 5).
2. Nutzungsrechte.
Der Gemeingebrauch an den Gewässern ist jedermann unentgeltlich und ohne be-
sondere Erlaubnis nach Massgabe des hierfür zu erlassenden Verordnungen gestattet (§ 12).
Die anderweitige Benutzung eines Wasserlaufes hat derart zu erfolgen, dass in
die am gleichen Wasserlaufe bestehenden Nutzungsrechte und in die Eigentumsrechte
anderer nicht eingegriffen wird, und dass es sämtlichen Nutzungsberechtigten möglich
ist, für ihre Grundstücke den tunlichsten Vorteil aus dem Wasser zu ziehen. Die Ver-
leihung von besonderen Nutzungsrechten aller Art steht allein dem Staate zu. An den
natürlichen, nicht öffentlichen Wasserläufen, welche sich im Besitze der Gemeinden be-
finden, steht den Anliegern unentgeltlich aber nach Massgabe polizeilicher Verordnungen
die Entnahme von Eis, Sand, Kies, Schlamm, Steinen, Pflanzen und sonstigen festen
Stoffen zu. Die Gemeinden können an den nicht öffentlichen Wasserläufen, soweit ältere
Rechte Dritter nicht entgegenstehen, die besonderen Nutzungsrechte selber ausüben oder
durch Verträge an Dritte verpachten. Der Pachtvertrag kann für eine Zeit bis zu
60 Jahre* unkündbar geschlossen werden. Bei Verpachtung über die Dauer von
30 Jahren ist die Zustimmung der Staatsbehörden erforderlich.
3. Wasserbücher.
Die einschlägigen Bestimmungen des Gesetzes sind ganz ähnlich wie die des
württembergischen Gesetzes, welchem das badische Wassergesetz wohl als Vorbild ge-
dient hat.
4, Konzessionserteilung.
Für alle Wasserkraftanlagen ist eine staatliche Genehmigung notwendig. Bei den
öffentlichen Wasserläufen kann für das mit der Genehmigung zu erteilende Nutzungs-
recht vorbehalten werden (§ 41):
1. „dass als Gegenleistung ein angemessenes, einmaliges oder periodisches Ent-
gelt zu entrichten sei;
2. „dass im Falle des Erlöschens der Genehmigung die Benutzungsanlagen unter
„Wiederherstellung des früheren Zustand es zu beseitigen sind oder unent-
„geltlich oder gegen eine die Anlagekosten nicht übersteigende Vergütung in
„das Eigentum des Staates oder der Gemeinde übernommen werden können;
3. „dass zur Verhütung unbilliger oder ungleichmässiger Behandlung der Be-
teiligten behördliche Bestimmungen über die Preise getroffen werden können,
56 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
„welche für die Darbietung der durch die Anlage erzielten Nutzwirkungen an
r einen grösseren Kreis von Beteiligten zu stellen sind, insbesondere hinsicht-
lich des unter gleichen Verhältnissen zu stellenden Höchstbetrages.
Die Genehmigung kann mit Beschränkung auf eine bestimmte Dauer erteilt
werden. Bei der Genehmigung wird eine Frist gestellt, innerhalb derer, von der Zustellung
der Genehmigung an gerechnet, die Anlagen auszuführen sind.
5. Erleichternde Bestimmungen: Zwangsverpflichtung, Genossen-
schafteü, Enteignung.
Die Zwangsverpflichtungen, welche im Interesse der leichteren Durch-
führung von Wasserkraftanlagen nach dem Gesetz von den Verwaltungsbehörden auf-
erlegt werden können, sind im grossen und ganzen ähnlich denjenigen des bayerischen
Entwurfes und württembergischen Gesetzes und brauchen deshalb hier nicht besonders
hervorgehoben zu werden.
Ausser zur gemeinsamen Anlage von Be- und Entwässerungen, Wasserschutz,
Wasserversorgung und Abführung von Abwässern und Abgängen durch fliessendes Wasser.
§ 50, Abs. 1, 2, 4 und 5 ist auch nach Abs. 3 zur Errichtung, Benutzung und Unter-
haltung von gemeinsamen Stauwerken, Sammelbecken und zugehörigen Zu- und Ableitungs-
anlagen die Bildung von Wassergenossenschaften zulässig. Es ist auch gestattet, mehrere
Zwecke, für welche die Bildung von Wassergenossenschaften erlaubt ist, in einem Unter-
nehmen zu vereinigen. Einer Genossenschaft sollen mindestens drei Mitglieder ange-
hören. Die Wassergenossenschaft erhält dadurch Bechtsfähigkeit als eine juristische
Person des öffentlichen Rechtes, dass zu ihrer Bildung von der zuständigen Zentral-
behörde die Genehmigung erteilt wird.
Kann ein dem öffentlichen Interesse oder einem überwiegenden Interesse der
Landeskultur dienendes Unternehmen nur unter Mitwirkung mehrerer Eigentümer, deren
Grundstücke davon Vorteil ziehen, zweckmässig ausgeführt werden, und sprechen sich
mindestens zwei Drittel der beteiligten Eigentümer nach dem massgebenden Stimmgewicht
§ 73) für die Ausführung unter Bildung einer Genossenschaft aus, so können die betei-
ligten Eigentümer, welche die Teilnahme verweigern, als verpflichtet erklärt werden,
einer zur Ausführung der gemeinsamen Anlagen zu bildenden Genossenschaft mit ihrem
daran beteiligten Grundeigentum als Mitglieder beizutreten. Es sind aber im Gesetze
zahlreiche Kautelen geschaffen, dass von dem Beitrittszwang nur ganz ausnahmsweise
und unter weitgehendem Schutze der Privatinteressen Gebrauch gemacht werden kann.
Das Enteignungsrecht auf Grund des im Eingange erwähnten Gesetzes (vergl.
S. 54) vom 26. Juni 1899 kann bei Wasserkraftanlagen nur dann zur Geltung kommen,
wenn das Unternehmen als von öffentlichem Nutzen erklärt ist.
6. Sonstige allgemeine Bestimmungen.
Das Gesetz enthält natürlich auch alle Bestimmungen zur Wahrung der allge-
meinen öffentlichen Interessen. Es dürfte genügen, hier auf die kurzen, bei Besprechung
des bayerischen Gesetzentwurfs gemachten Mitteilungen hinzuweisen (vergl. Seite 50).
III. Die für die Erlangung einer Konzession nnd für die Genehmigung der
Bauten notwendigen Unterlagen.
Die einschlägigen Vorschriften sind naturgemäss in den verschiedenen Landein
verschieden, und der projektierende Ingenieur muss sich daher den Wortlaut derselben
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung für Wasserkraftanlagen usw. 57
beschaffen, bevor er sein Gesuch abgehen lässt. Im grossen und ganzen sind diese Vor-
schriften in den verschiedenen Staaten zwar einander ähnlich, weichen aber doch in
manchen Einzelheiten und besonders in bezug auf die vorgeschriebenen Masstäbe erheblich
von einander ab, so dass schon deshalb die Kenntnis des genauen Wortlauts im Einzelfalle
unentbehrlich wird. Um hier über die üblichen Anforderungen im grossen und ganzen
zu orientieren, mögen nachstehend eine deutsche und zwar die badische und eine
ausländische und zwar die italienische Verordnung im Einzelnen mitgeteilt werden.
1- Die Verordnung vom 8. Dezember 1899 zum Vollzuge des badischen
Wassergesetzes vom 26. Juni 1899 schreibt in § 16 und 17 vor, dass mit
dem Gesuche einzureichen sind:
a) Eine Beschreibung der zu errichtenden Anlagen oder der an einer schon
bestehenden Anlage beabsichtigten Veränderungen samt den rechnerischen Begründungen
und Nachweisen über die Einwirkung des Unternehmens auf den Zustand und das
Verhalten des Gewässers (Stauwirkung, Wasserverbrauch und dergleichen), sowie zutref-
fendenfalls auf den Betrieb bereits vorhandener Wasserbenutzungsanlagen.
b) Ein Lageplan, welcher die für die Errichtung der Anlage in Aussicht genom-
menen Grundstücke und zutreffendenfalls die Anlage, deren Änderung beabsichtigt ist,
den Lauf des Gewässers und dessen seitliche Zuflüsse, soweit sie durch das Unternehmen
berührt werden, die benachbarten Grundstücke und Anlagen, auf welche das Unter-
nehmen voraussichtlich eine Einwirkung ausüben kann, unter geeigneter Angabe der
Eigenschaft (Namen und Grundstücksnammer) darstellt und in welchen die beabsichtigte
Anlage unterscheidbar (in der Kegel mit einfachen roten Linien) einzuzeichnen ist.
(Mastab 1 : 1000).
c) Längenprofile der unter b) bezeichneten Gewässer, soweit das Unternehmen
auf deren Zustand und Verhalten, sowie auf bestehende Anlagen an denselben voraus-
sichtlich eine Einwirkung ausüben kann oder die Kenntnis der Gefällsverhältnisse
der Gewässer zur Beurteilung des Unternehmens sonst erforderlich ist, ferner Längen-
profile der Zu- und Ableitungskanäle. (Längen 1 : 1000, Höhen 1 : 100).
d) Querprofile im Anschluss an die unter c) genannten Längenprofile mit Ein-
zeichnung der für die Beurteilung des Unternehmens wichtigen Wasserstände (1 : 100).
e) Bauzeichnungen über die im Gewässer zu errichtenden Stauanlagen und deren
Zubehör, sowie über sonstige bauliche Herstellungen, welche für die Einwirkung des
Unternehmens auf das Gewässer von Bedeutung sind oder welche nach §§91 und 92
des Gesetzes der Genehmigung bedürfen, zutreffendenfalls Bauzeichnungen über die an
solchen Bauten beabsichtigten Veränderungen ; (1 : 100 oder 1 : 50).
f) bei Wassertriebwerken, Bauzeichnungen über das Triebwerk mit allen für die
Verwendung des Wassers wichtigen Zubehören, wie Leerläufen, Ablässen und der-
gleichen, zutreffendenfalles über die an solchen Anlagen beabsichtigten Veränderungen;
(1 : 100 oder 1 : 50).
g) Wenn zugleich Bauten vorgenommen werden sollen, welche einer polizeilichen
Genehmigung oder Anzeige bedürfen, die erforderlichen Bau- und Lagepläne.
Die vorbenannten Beilagen des Genehmigungsgesuches müssen in dreifacher Aus-
fertigung eingereicht und derart beschaffen sein, dass aus ihnen das beabsichtigte Unter-
nehmen in allen wesentlichen Bestandteilen und Einzelheiten, die Art der Ausführung
und des Betriebes, sowie die voraussichtliche Einwirkung desselben auf die in Frage
kommenden Gewässer, auf die Ufergrundstücke und auf bereits bestehende Anlagen
klar zu erkennen ist.
58 I. Theodor Kosh*. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Die in Klammern beigefügten Angaben über die Masstäbe sollen nach § 17 der
Verordnung „in der Regel" gewählt werden. Es ist wohl anzunehmen, dass bei grossen
Anlagen für die Lagepläne und Längenprofile auch kleinere Masstäbe wie 1 : 100O und
für die Querprofile kleinere wie 1 : 100 als zulässig erachtet werden.
2. Das Regolamento vom 26. November 1893 zum italienischen
Gesetz vom 10. August 1884
unterscheidet zwischen dem generellen Projekt, welches für die Erlangung der Konzession
einzureichen ist und dem speziellen Projekt, auf Grund dessen die Baugenehmigung
erteilt wird.
Zur Erlangung der Konzession sind erforderlich:
1. Ein Erläuterungsbericht nebst Angaben und Berechnungen über den beab-
sichtigen Stau, die Mengen des abzuleitenden Wassers, über die Leitung des-
selben, über die Eigentumsverhältnisse der Grundstücke, welche benutzt
werden sollen etc.
2. Ein Lageplan im Masstabe von mindestens 1 : 10000.
3. Ein Längsprofil des Flusses und des Kanales in einem Längenmasstab von
mindestens 1 : 10000 und einem Höhenmasstab von mindestens 1 : 500.
4. Querprofile des Flusses und des Werkkanales 1 : 200.
5* Zeichnungen aller Bauwerke mit den Hauptmaassen, im Masstabe von 1 :200
bis 1:500.
6. Ein überschlägiger Kostenanschlag.
Für das spezielle Projekt, welches der Baugenehmigung zugrunde gelegt werden
soll, werden verlangt:
1. Ein ausführlicher Erläuterungsbericht mit allen statischen und hydraulischen
Berechnungen.
2. Ein Lageplan im Masstabe von 1 : 1000 bis 1 : 2000, sowie Einzellagepläne
für spezielle Bauwerke im grösseren Masstabe (1:500) nach den Vorschriften
der Präfektur.
3. Längenprofile im Masstabe für die Längen von 1 : 1000 bis 1 : 2000. für die
Höhen von 1 : 100 bis 1:?00.
4. Querprofile in ausreichender Zahl, um die Bodenbewegung und den Umfang
der übrigen Bauarbeiten danach ermitteln zu können (1 : 200).
5. Zeichnungen aller Bauwerke im Masstabe von mindestens 1 : 200.
6. Massenberechnungen.
7. Kostenanschlag.
8. Beschreibung der Bauausführung mit Angabe der Bauzeit, sowie der Art und
der Bedingungen der Arbeitsvergebung.
B. Die Gesetzgebung betreffend die Führung von Starkstromleitungen.
Da die Ausnützung der Wasserkräfte in den weitaus häufigsten Fällen durch
Umwandlung in elektrische Energie erfolgt, welche auf mehr oder weniger weite
Strecken zu leiten ist und hierbei die Benutzung von Privatterrain und von öffentlichen
Wegen, und zwar oft verschiedener Gemeinden, unumgänglich notwendig ist, sind in
einigen Ländern gesetzliche Bestimmungen bereits getroffen worden, in andern Ländern
in Vorbereitung, welche die Verlegung von elektrischen Starkstromleitungen erleichtern
§ 2. Die Lage der Gesetzgebuno für Wasserkraftanlagen usw. 59
sollen. Es kann hier nur auf eine allgemeine Orientierung ankommen und für diesen
Zweck wird es genügen, wenn über den Stand der einschlägigen Gesetzgebung nur
einiger Staaten kurz berichtet wird.
Italien.
Für Italien ist bereits im Jahre 1894 ein einschlägiges Gesetz erlassen worden
(Legge sulla trasmissione a distanza delle correnti elettriche destinate al trasporto ed
alla distribuzione delle energie per uso industriale 7 giugno 1894).
Zu diesem Gesetz gehört eine durch königliches Dekret genehmigte ministerielle
Ausführungsverordnung (Regolamento per 1' esecuzione della legge 7 giugno 1894 n. 232,
sulla trasmissione a distanza delP energia per mezzo di correnti elettriche del 25 ottobre
1895, publicato nella gazetta ufficiale del 12 novembre 1895).
Das Gesetz bestimmt, dass jedem Privatgrundeigentümer sowohl, als auch Ge-
meinden, abgesehen von bebauten Grundstücken, Höfen, Gärten etc., die Zwangsver-
pflichtung auferlegt werden kann, die Führung, Unterhaltung und Bedienung von ober-
und unterirdischen Stromleitungen auf ihren Grundstücken zu dulden, wenn der Unter-
nehmer^ nachweisen kann, dass das betreffende Grundstück oder der Weg oder die
Strasse notwendig sind, um das Unternehmen in zweckmässiger Weise auszuführen, und
wenn das Unternehmen selbst für die Allgemeinheit eine solche Bedeutung hat, dass
nach dem Urteil der zuständigen Verwaltungsbehörden die Auferlegung einer solchen
Zwangsverpflichtung gerechtfertigt erscheint.
Es kann auch den Eigentümern von Gebäuden und Mauern etc., welche an
öffentlichen Strassen liegen, die Zwangsverpflichtung auferlegt werden, an den nach den
öffentlichen Strassen zu gelegenen Teilen der Gebäude oder Mauern etc. die Anbringung
von Leitungsträgern zu dulden. Der Unternehmer ist verpflichtet, dem betreffenden
Grundeigentümer eine angemessene Entschädigung zu gewähren, welche von den Ver-
waltungsbehörden festgesetzt wird, vorbehaltlich des beiden Teilen offenen Rechtsweges.
Nach Art. 2 des Gesetzes ist der Unternehmer gehalten, alle erforderlichen
Massregeln zu treffen, um Gefahren für Leib und Leben von Personen zu vermeiden,
und er hat sich allen Vorschriften zu unterwerfen, welche diesbezüglich von den Behörden
erlassen werden.
Nach Art. 1 des Regolamento kann den Eigentümern von Grundstücken, welche
für die Führung einer elektrischen Starkstromleitung in Frage kommen, auf Antrag des
Unternehmers durch den Präfekten die Zwangsverpflichtung auferlegt werden, vorüber-
gehend das Betreten ihrer Grundstücke durch den Unternehmer oder seine Angestellten
gegen Schadenersatz zu dulden.
Nach Art. 6 des Regolamento ist für die Auferlegung der nach dem Gesetze zu-
lassigen Zwangsverpflichtungen der Präfekt zuständig, wenn sich die betreffenden
Leitungen des Unternehmens nur auf den einen Bezirk (Provincia) beziehen und wenn
keine öffentlichen Anlagen des Staates davon berührt werden, in allen anderen Fällen
das Ministerium für Landwirtschaft, Handel und Industrie.
Nach Art. 14 des Regolamento darf der Zwangs verpflichtete keine Massregel
ergreifen, welche den Bau, den Betrieb und die Unterhaltung der Leitungsanlagen zum
Schaden des Unternehmers zu erschweren geeignet sind. Nur in besonderen Fällen
kann der Zwangsverpflichtete verlangen, dass die Leitungen von der in der Konzession
genehmigten Stelle verlegt werden, wie andererseits auch der Unternehmer nur die
genehmigten Stellen zur Ausübung seiner Rechte benutzen darf. Bei Auferlegung der
60 L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Zwangsverpflichtung wird festgelegt, welche grösste Anzahl und welchem grössten
Querschnitt von Leitungen der Zwangsverpflichtete auf seinem Grundstück zu dulden
hat. Der Unternehmer hat ohne besondere Erlaubnis das Recht, seine Leitungsanlagen
bis zu dieser Grenze nach und nach zu verstärken.
Im Art. 12 des Regoiamento ist hervorgehoben, dass es möglichst vermieden
werden soll, elektrische Hochspannungsleitungen längs der Eisenbahn und längs von
solchen öffentlichen Strassen, Flüssen und Kanälen zu verlegen, an welchen sich dem
öffentlichen Dienst gewidmete Telegraphen- oder Telephonlinien befinden.
Ferner enthält das Regoiamento eine ganze Reihe von Bestimmungen mehr
technischer Natur über die Mindesthöhe der oberirdischen Leitungen über dem Erdboden
(bei öffentlichen Strassen 6,0 m), über die Kreuzungen von Eisenbahnen (möglichst recht-
winklig und mit der untersten Hochspannungsleitung mindestens 7,0 m über den Schienen),
über die Kreuzungen von Flüssen, Kanälen, öffentlichen Strassen, über die Schutznetze
und andere Massregeln, welche verhindern sollen, dass Personen mit stromführenden
Teilen der Anlage in Berührung kommen, über die Rechte und Pflichten des Unter-
nehmers und der zwangsverpflichteten Grundeigentümer, über die Dienststellen, welche
die Überwachung zu leiten haben und anderes mehr.
Erläutert sind das Gesetz und das Regoiamento:
a) Durch das Circolare del Ministero delle Finanze, luglio 1897, n. 80. — Con-
cessioni di servitu per passaggio di condutture elettriche per uso industriale sopra
stabili del Demanio antico, dell' Asse ecclesiastico e del patrimonio amministrato per
conto della pubblica istruzione.
b) Durch das Circolare del Ministero delle Finanze 1 settembre 1897 n. 66527
— 6327. — Concessioni di forze motrici dai corsi d'acque pubbliche da trasportarsi a
grandi distanze per mezzo dell' energia elettrica.
c) Durch das Circolare del Ministero delle finanze, 31 ottobre 1900. n. 63426 —
11246. — Atti di abbonamento all' uso dei telefoni e convenzioni per somministrazione
di gas, di luce o di energia elettrica.
Frankreich.
In Frankreich hatte man sich schon seit längerer Zeit mit dem Erlass eines ähn-
lichen Gesetzes befasst. Schon im Jahre 1894 hatte eine staatliche Kommission Vor-
schläge ausgearbeitet, welche sich schliesslich zu einem im Juli 1897 der Kammer
vorgelegten Gesetzentwurf verdichteten. Dieser Entwurf, ebenso wie verschiedene spätere
wurden durch Schluss der Kainmersessionen hinfällig.
Auf Grund eines Entwurfes des Abgeordneten M. L. Janet hat endlich die
Kammer am 27. Februar 1906 ein Gesetz (Loi sur la distribution d' Energie) angenommen,
welches im Mai 1906 die Genehmigung des Senates fand und unter dem 15. Juni 1906
ve röifen tl icl 1 1 w u rde 1 6) .
Dieses Gesetz hi^tMiuiit, dass ein Unternehmen zur Verteilung elektrischer Energie
überhaupt keine Erlaubnis ncitig hat, wenn es an keinem Punkte öffentliche Wege be-
rührt, ausgenommen den Fall, wo eine Starkstromleitung sich auf mehr als 10,0 m einer
öffentlichen Telegraphen- oder Telephonlinie niiliert. ßerührt ein solches Unternehmen
öffentliche Wege, so sind die zuständigen Behörden befugt, entweder eine einfache Er-
i£) Das Gesetz ist im Anhange Anlage II Seite 84 u. folg. wörtlich mit abgedruckt, ebenso wie
der zugehörige Bericht der Senatskommission, verfasst vom Senateur N. Chautemps.
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung fük Wasserkraftanlagen usw. 61
l&ntmis zur Benutzung der Wege oder eine Konzession zu erteilen. Die einfache Er-
laubnis wird nicht an eine bestimmte Zeit gebunden, unterliegt den allgemeinen Bestim-
mungen und ist deshalb auch widerruflich. Sie verleiht auch dem Unternehmer keinerlei
besondere Hechte. Bei Verleihung einer Konzession dürfen Monopole für die Verteilung
von elektrischer Energie für Kraft zwecke überhaupt nicht eingeräumt werden, dagegen
kann eine Gemeinde oder ein Syndikat von Gemeinden bei Vergebung der Konzession
einem Unternehmer ein ausschliessliches Recht auf Stromlieferung für öffentliche und
private Beleuchtung einräumen. Solche Vorzugsrechte sind bei Konzessionen, welche
der Staat später erteilen sollte, zu berücksichtigen. Sie dürfen aber auf keinen Fall
für länger als 30 Jahre erteilt werden. Für die Erteilung einer einfachen Erlaubnis
dürfen keinerlei besondere Bedingungen gestellt werden, welche einen Vorteil für die
Gemeinden oder den Staat bedeuten. Bei Erteilung von Konzessionen können sich die
Gemeinden Vorzugspreise für die Stromlieferung für öffentliche Zwecke ausbedingen.
Im übrigen dürfen nur bestimmte vom Conseil d'Etat in einer Aus-
führungsverordnung festgesetzte Gebühren für die Benutzung der
Wege und Strassen erhoben werden, während alle anderen etwaigen
Lasten in Geldeswert (charges pecuniaires) zugunsten der die Kon-
zession erteilenden Körperschaften ausgeschlossen sind. Nach den
Motiven des Gesetzes soll die Gebühr für die Benutzung der Wege nur eine Ent-
schädigung für Mehrkosten darstellen, welche den Gemeinden durch das Vorhandensein
der Starkstromleitungen entstehen können. Dadurch, dass vom Conseil d'Etat ein Ein-
heitstarif für diese Gebühren aufgestellt wird, soll verhindert werden, dass die Ent-
wickelung solcher Unternehmungen durch die Fiskalität einzelner Gemeinden gefährdet
oder behindert wird.
•
Liegt ein Unternehmen ausschliesslich in einer Gemeinde, so ist der Maire sowohl
für die Erteilung der Erlaubnis, als auch für die Vergebung einer Konzession nach An-
hörung des Gemeinderates zuständig.
Mehrere Gemeinden können sich zu einem Syndikat vereinigen und in diesem
Falle ist der präsidierende Bürgermeister des Syndikates zuständig nach Beschlussfassung
sämtlicher Gemeinderäte.
Alle auf solchem Wege von Gemeinden erteilten Konzessionen bedürfen der Ge-
nehmigung des Präfekten.
Überschreitet ein Unternehmen die Grenzen einer Gemeinde oder eines Syndikats
von Gemeinden, so wird die Konzession von den Organen des Staates erteilt und zwar,
wenn das Unternehmen die Grenze eines Departements nicht überschreitet, vom Prä-
fekten, anderenfalles vom Minister der öffentlichen Arbeiten nach Anhörung des Ministers
des Innern.
Alle Konzessionen, gleichgültig von welcher Behörde sie erteilt werden, müssen
nach einem Muster-Lastenheft gegeben werden, welches der Conseil d'Etat aufzu-
stellen hat. Soll von dem Muster-Lastenheft abgewichen werden, so kann dies nur mit
Genehmigung des Conseil d'Etat geschehen. Das Muster-Lastenheft enthält einen Tarif
für die Energieabgaben, dessen Preise vom Unternehmer nicht überschritten werden
dürfen.
Keine Erlaubnis oder Konzession kann ein Hindernis für andere Erlaubnisse oder
Konzessionen bilden. Ausgenommen hiervon ist nur der oben bereits erwähnte Fall,
dass eine Gemeinde oder ein Syndikat von Gemeinden ein ausschliessliches Recht auf
Stromlieferung für öffentliche und private Beleuchtung erteilt hat. Im letztgedachten
62 I. Theodor Koehn. Ausbau ton Wasserkräften. Allgemeines.
Falle darf anderen Unternehmern die Benutzung derselben öffentlichen Strassen für die
Verteilung von Energie für Beleuchtungszwecke während der Dauer des Monopols
nicht gestattet werden. Ausgenommen hiervon sind wiederum alle Fälle, in welchen ein
Konsument, der im wesentlichen Strom für Eraftzwecke abnimmt, auch seine Arbeits-
stätten mit demselben Strom beleuchtet.
Jedem Unternehmer steht es frei, ob er nur eine einfache Erlaubnis für die
Verlegung von Leitungen auf öffentlichen Wegen und Strassen, oder eine Konzession
beantragen will.
Wenn ein Unternehmen von grösserer wirtschaftlicher Bedeutung ist, so kann ihm
auf Antrag die Eigenschaft des öffentlichen Nutzens zuerkannt werden. Die
Zuerkennung erfolgt durch einen Beschluss des Conseil d'Etat. Gleichzeitig können den
Grundeigentümern, deren Besitztum für die Führung der Starkstromleitungen benutzt
werden muss, Zwangsverpflichtungen auferlegt werden, diese Starkstromleitungen während
der Zeitdauer der Konzession zu dulden, und zwar kann sich diese Zwangsverpflichtung
nicht nur auf Grund und Boden beziehen, sondern es kann einem Eigentümer von Ge-
bäuden auch auferlegt werden, dass er an den nach einer öffentlichen Strasse zu liegen-
den Bauteilen die Anbringung von Leitungsträgern gestattet, ferner dass er Bäume, deren
Zweige der Starkstromleitung hinderlich oder gefährlich werden können, ausschneidet.
Durch diese Zwangsverpflichtungen findet eine Eigentumsentziehung nicht statt, vielmehr
bleibt der Eigentümer befugt, wenn er zum Beispiel den benutzten Boden bebauen will,
oder wenn er seine Gebäude verändern will, die Beseitigung der Starkstromleitungen zu
verlangen. Die Auflegung einer Zwangsverpflichtung für eine andere Linienführung bleibt
dann vorbehalten. Die für die Auferlegung der Zwangsverpflichtung vom Unternehmer zu
zahlenden Schadenersatzbeträge werden von Friedensrichter (Juge de paiz) vorbehaltlich
des beiden Teilen offenen Rechtsweges festgesetzt. Erachtet der Friedensrichter ein sach-
verständiges Gutachten für notwendig, so darf nur ein Gutachter ernannt werden.
Für ein Unternehmen, welchem die Eigenschaft des öffentlichen Nutzens zuer-
kannt ist, kann auch das Enteignungsrecht auf Grund des Gesetzes vom 3. Mai 1841
erteilt werden.
Eine vom Conseil d'Etat auf Grund eines Berichtes der Minister für öffentliche
Arbeiten und des Innern zu erlassende Ausführungsverordnung regelt:
Das Verfahren beim Nachsuchen und Erteilen von Konzessionen, wobei aut schnelle
Erledigung von Anträgen die weitgehendste Rücksicht zu nehmen ist.
Die allgemeinen und speziellen Vorschriften für den Bau und Betrieb von Anlagen.
Die Art der staatlichen Überwachung dieser Anlagen. Die hieraus entstehenden
Kosten fallen dem Unternehmer zur Last.
Die Tarife für die oben mehrfach genannten Gebühren.
Durch Verordnung der Minister für öffentliche Arbeiten, für Handel und Industrie,
der Posten und Telegraphen sind alle technischen, Bestimmungen zu treffen, denen
Starkstromleitungen im Interesse der Sicherheit und im Interesse aller öffentlichen
Dienste entsprechen müssen.
Auf Grund des Gesetzes wird ein Comitö d'electricite aus 29 Mitgliedern gebildet,
bestehend aus 15 Vertretern der verschiedenen Ministerien und aus 14 Vertretern der
beteiligten Industrien. Dieses Comite dient als beratende Körperschaft zur Vorberatung
und Prüfung der vorgenannten Verordnungen, welche alljährlich einer Revision zu unter-
ziehen sind. Das Gesetz enthält dann noch Strafbestimmungen für solche Fälle, in
denen von selten des Unternehmers gegen die Vorschriften des Gesetzes oder der Aus-
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung für Wabserkkutanlagen usw. 63
fühnmgsverordnungen Verstössen wird, oder wo durch Handlangen Dritter eine böswillige
Beschädigung oder Gefährdung solcher Anlagen stattfindet.
Das Gesetz ist von einem Geiste durchdrungen, welcher es dem
allgemeinen Interesse am meisten entsprechend erachtet, allen Unter-
nehmungen zur Verteilung elektrischer Energie die möglichste För-
derung angedeihen zu lassen.
Im Juni 1906 ist vom Senator Emile Chautemps der in dem Kommissions-
bericht (vergl. Fussnote 16) bereits angekündigte Gesetzentwurf vorgelegt , welcher die
Verwendung französischer Wasserkräfte im Auslande mittelst elektrischer Fernleitung
von der Genehmigung des Conseil d'Etat abhängig machen und eine solche Verwendung
für alle Fälle auf 20 Jahre beschränken soll. Der Gesetzentwurf enthält im Wesent-
lichen dieselben Bestimmungen wie der dem analogen Zweck dienende schweizerische
Bundesbeschluss 17).
Für die Schweiz ist ein besonderes Bundesgesetz vom 24. Juni 1902 erlassen,
betreffend die elektrischen Stark- und Schwachstromanlagen. Es bestimmen:
Art. 1: Die Errichtung und der Betrieb aller Stark- und Schwachstromanlagen,
soweit es sich nicht um innere Installationen, oder um isolierte Leitungen innerhalb des
Grundstückes eines Unternehmens handelt, unterliegen der Überwachung des Bundes,
welcher hierfür besondere Vorschriften erlässt. (Vorschriften betreffend die Unterlagen,
welche für die Genehmigung von Starkstromanlagen einzureichen sind, vom 13. Novenr
ber 1903).
Art. 19: Die allgemeine Aufsicht führt im Auftrage des Bundes eine von ihm zu
bildende Kommission aus 7 fachverständigen Mitgliedern , worunter Vertreter der elek-
trischen Wissenschaft und Technik sein müssen.
Art. 21, Abs. 3: Die spezielle Kontrolle der Starkstromanlagen, ausschliesslich
derjenigen für elektrische Eisenbahnen, ist einem Inspektorat übertragen.
Art. 27: Der Betriebsunternehmer ist für den Schaden verantwortlich, wenn
Personen durch elektrische Starkstromanlagen getötet oder verletzt werden, ausgenommen
die Fälle:
a) dass er das Vorliegen von höherer Gewalt nachweisen kann, welche abzuwenden
er nicht die Möglichkeit hatte;
b) dass der Unfall durch die Nachlässigkeit Dritter verursacht worden ist.
c) dass eine schwere Schuld den Getöteten oder Verletzten selber trifft, siehe
auch Art. 35.
Art. 34: Der Unternehmer ist für die Handlungen seiner Angestellten verant-
wortlich; ihm bleibt aber das Rückgriffsrecht gegen diese, wenn ein Verschulden der-
selben vorliegt.
Art. 36: Der von dem Unternehmer zu zahlende Schadenersatz wird von den
ordentlichen Gerichten festgesetzt.
Art. 37: Schadenersatzansprüche müssen mindestens 2 Jahre nach dem Unfall bei
Gericht angemeldet sein.^
Art 43 und 45: Der Bundesrat kann für den Bau und Betrieb ober-
und unterirdischer Starkstromleitungen, sowie für Transformatoren-
Btationen das Enteignungsrecht verleihen.
Art. 44: Dem Eigentümer von Bäumen, welche einer elektrischen oberirdischen
17) VergL Seite 41 and den Anhang Anlage III» Seite 92.
64 L Theodor* Koehv. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Starkstromleitung hinderlich oder gefahrlich werden können, kann die Zwangsverpflich-
tung auferlegt werden, die Bäume auszuschneiden.
Art. 55 bis 57 enthalten Strafbestimmungen gegen diejenigen, welche konzessio-
nierte Starkstromanlagen verletzen oder beschädigen, oder welche für sich oder andere
einen unberechtigten Vorteil dadurch herbeiführen, dass sie Strom für sich oder andere
ableiten, schliesslich Strafbestimmungen wegen Unterlassung der Vorschriften des In-
spektorats.
Deutschland.
In den meisten Bundesstaaten existieren spezielle Gesetze, welche in ähnlicher
Weise, wie die oben angeführten Gesetze, die Durchführung elektrischer Fernleitungen
zu erleichtern bestimmt sind, noch nicht.
Das Enteignungsgesetz vom 26. Juni 1899 des Grossherzogtums Baden bestimmt
allgemein, dass für ein dem öffentlichen Nutzen dienendes Unternehmen das Enteig-
nungsgesetz verliehen werden kann.' Auf Grund dieses Gesetzes kann auch ein Unter-
nehmer, welcher eine elektrische Kraftverteilung vornehmen will, dessen Art, Umfang
und Bedeutung so gross ist, dass ihm die öffentliche Nützlichkeit zuerkannt ist, das
Enteignungsrecht erhalten.
Im Königreich Sachsen ist ein neues Enteignungsgesetz vom » 24. Juni 1902 (Ge-
setz- und Verordnungsblatt S. 153) erlassen, nach welchem im Einzelfalle das Gesamt-
ministerium entscheiden kann, ob ein Unternehmen für Übertragung elektrischer Energie
dem öffentlichen Nutzen gewidmet ist, und ob die Enteignung zu seiner Durch-
führung notwendig erscheint. Beispielsweise würde eine Überland-Zentrale, die einer
grösseren Anzahl von Ortschaften dient, insbesondere auch zur Beleuchtung von Strassen,
Plätzen und öffentlichen Gebäuden, sowie Kraft nicht nur für einzelne Grossbetriebe,
sondern auch für eine beträchtliche Anzahl von Kleinbetrieben liefert, als ein dem
öffentlichen Nutzen gewidmetes Unternehmen anerkannt werden und — soweit dies zur
Durchführung desselben notwendig erscheint — mit dem Enteignungsrecht ausgestattet
werden können.
Die Vereinigung der deutschen Elektrizitäts- Werke und der Verband deutscher
Elektrotechniker, als die berufensten und bewährten Vertreter der Interessenten, und als
die beste Verkörperung der erforderlichen Sachkenntnis haben eine Kommission gebildet,
welche „Leitsätze für die einheitliche Regelung der den öffentlichen Starkstromanlagen ein-
zuräumenden Rechte inbezug auf die Benutzung von Verkehrswegen und privatem Eigentum u
ausarbeiten soll. Diese Kommission hat der XIV. Jahresversammlung des Verbandes
deutscher Elektrotechniker, welche in Stuttgart am 24.-27. Mai 1906 gehalten wurde,
einen Entwurf für solche Leitsätze vorgelegt. (Vergl. Elektrotechnische Zeitschrift 1906,
Heft 20, S. 480). Die Jahresversammlung hat aber die Beschlussfassung noch auf ein
Jahr zurückgestellt und die Leitsätze an die Kommission zurückverwiesen. Es kann
daher davon abgesehen werden, hier Einzelheiten aus diesen Leitsätzen mitzuteilen.
Literaturangabe zu Kapitel I, § 2.
Hahn, Die preussische Gesetzgebung Qber die Vorflat, die Ent- und Bewässerung und das Deich wesen.
2. Aufl., Breslau 1886.
F. Frank, Textabdruck sämtlicher preußischer Gesetze betreffend Wasserrecht und Wasserpolizei,
Breslau 1888.
A. Nieberding, Systematische Darstellung sämtlicher preussischer Gesetze betreffend Wasserrecht und
Wasserpolizei, 2. Aufl. (von F. Frank), Berlin 1889.
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung pur Wasserkraftanlagen ubw. Anhang. 65
Heimbach, Wasserrecht in Weiskes Rechtslexikon.
K. K. Leu t hold, Das Wasserrecht im Königreich Sachsen, Leipzig 1892.
J. v. Pöxl, Die bayrischen Wassergesetze vom 28. Mai 1852, 2. Aufl., Erlangen 1880.
Neubauer, Zusammenstellung des in Deutschland geltenden Wasserrechtes, einschliesslich des Mühlen-,
Flösserei- und Flötzrechtes, Berlin 1881.
S. Haber, Die Wassergesetze Klsass - Lothringens r zusammengestellt und erläutert. Mannheim und
Strasburg 1877.
P. Peyrer, Ritter von Heimstatt, Das österreichische Wasserrecht, 2. Aufl. (von Peyrer & Gross-
mann, Wien 1886.
H. Bier er, Das württembergische Wassergesetz vom 1. Dezember 1900 mit den Ausfuhrungsbestim-
mungen, Ulm 1902.
A. Wiener, Das badische Wassergesetz vom 26. Juni 1899, Karlsruhe 1900.
I>er Eibstrom, sein Stromgebiet und seine wichtigsten Nebenflüsse; eine hydrologische, wasserwirtschaft-
liche und wasserrechtliche Darstellung im Auftrage der deutschen Eibufer -Staaten und unter Be-
teiligung des preuesischen Wasserausschusses, herausgegeben von der Königlichen Eibstrom-Bauver-
waltung zu Magdeburg, Berlin 1898.
Congres de la houille blanche, compte rendu des travauz du congres, des visites Industriales et des
excursions. Deuz volumes. Grenoble 1902.
Jahrbach für die Gewässerkunde Nord-Deutschlands, herausgegeben von der preussischen Landesanstalt
für Gewässerkunde, Abfluasjahr 1901, Allgemeiner Teil, Berlin 1904.
Edouard Payen, La houille blanche, sa legislation. L'e"conomiste francais, 5 Septembre 1908.
Anhang zu Kapitel I. § 2, Seite 65 — 100 enthaltend:
In Anlage I aus der italienischen Gesetzgebung.
a) Artikel 5 des Gesetzes vom 20. August 1884, betreffend Ausnützung der Wasser-
kräfte; welcher von der Verlängerung der je auf 30 Jahre zu erteilenden Konzessionen handelt.
b) Artikel 35 der zu a) gehörigen Verordnung vom 9. November 1885, welcher genaue
Anweisungen über die Handhabung von Artikel 5 des Oesetzes gibt.
c) Artikel 37 der Verordnung vom 26. November 1893, welcher an Stelle der Ver-
ordnung ad b) getreten ist.
i) Artikel 25, 26, 27 des Gesetzes vom 29. März 1908, betreffend die Übernahme
von öffentlichen Betrieben, wie Wasserwerke, Beleuchtungswerke, Mühlen, Strassen bahnen,
Telephone, Apotheken, öffentliche Reinigung, Begräbnis wesen, Schlachthäuser, Badeanstalten,
Markthallen, Eisfabriken, Nachtasyle, Verkehrsanstalten durch Omnibusse und Automobile,
Wasserkraftanlagen, öffentliche Anschlagswesen, Trockenböden und Speicher für Mais, Ver-
kauf von Lebensmitteln.
e) die Verfügung des Ministers für öffentliche Arbeiten vom 17. Januar 1898, betreffend
die Beschränkung der Konzessionserteilung auf solche Wasserkräfte, welche tür den elektrischen
Betrieb der Hauptbahn Italiens nicht in Frage kommen können.
In Anlage II aus der französischen Gesetzgebung.
a) den Gesetzentwurf betreffend Wasserkraftanlagen an Privatflüssen mit vorange-
schickten ausfuhrlichen Motiven des Ministers für Landwirtschaft M. R. Ruau.
b) das Gesetz über die Verteilung elektrischer Energie vom 15. Juni 1906.
c) Bericht des Senators Chautemps über das Gesetz zu b) und Vorschlag eines
Spezialgesetzes betreffend die Verwendung von elektrischer Energie französischen Ursprungs
im Auslande.
Handbuch der Ing. Witsensch. III. Teil. 13. Bd. 5
66 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
In Anlage m aus der schweizerischen Gesetzgebung.
a) Vorlage des Bundesrats om 4. Dezember 1905 betreffend die Verwendung von
elektrischer Energie schweizerischen Ursprungs im Auslande und Entwurf zu dem Beschluas
des Nationalrates vom 30. März 1906.
In Anlage IV aus der deutschen Gesetzgebung.
Das auf Grund des Gesetzes vom 1. April 1879 und des Gesetzes vom 19. Mai 1891
durch königliche Verordnung genehmigte Statut der „Wupper-Tbalsperren-Genossenschaft".
Anlage I:
a) Legge concernente le derivazioni di acque pubbliche.
10 agosto 1884.
Art. 518).
Le conoessioni temporarie si fanno per un termine non maggiore di anni- trenta; ma
spirato quel termine, il concessionario ha diritto ad ottenere il rinnovamento della ooncessione
per un altro trentennio, e cosi successivamente, salvo quelle modificazioni, che per le variate
eondizioni dei luoghi o del coreo d'acqua si rendessero necessarie nel capitolato della oonces-
sione. U rinnovamento della ooncessione potra essere negato, quando nel preoedente tren-
tennio, sia per non uso, sia per abuso, il concessionario abbia, a giudizio dell' amministraziooe,
reso frustraneo il fine per cui fu data la conoessione stessa.
b) Regio Decreto che approva il regolamento per esecuzione della legge 10 agosto
1884 n. 2644 (serie 3a) sulla derivazione di acque pubbliche.
Monza, 9 novembre 1885.
Regolamento18)
sulla derivazione di acque pubbliche.
Art. 35. Chi desidera ottenere il rinnovamento di una ooncessione deve, sei mesi
almeno avanti la sua scadenza, presentare la relativa domanda al prefetto.
Questa deve essere corredata di una copia degli atti della prima ooncessione, cioe del
decreto, dell'atto di obbligazione e dei documenti ad essi allegati, di una copia degli atti che
abbiano autorizsato variazioni, e di una relazione sullo stato della derivazione, ovvero delPo-
pificio stabilito sull'acqua pubblica, di fronte alle eondizioni della ooncessione cessante, e sulle
variazioni che si volessero introdurre.
Questa relazione sara aecompagnata dai tipi e documenti che sieno, secondo le circoe-
tanze, necessarii ai sensi degli articoli 2 al 5 del presente regolamento.
II prefetto sentira l'ufficio del genio civile, il quäle riferirä, se per non uso od abuso
della ooncessione sia stato in tutto od in parte reso frustraneo il fine della ooncessione me-
desima; e se e quali modifieazioni debbano in essa introdursi per mutaraenti avveuuti nelle
eondizioni dei luoghi e dell'acqua pubblica,
II prefetto provvedera quindi sulla domanda se si tratta di ooncessione contemplata
dalla prima parte dell'articolo 3 della legge 10 agosto 1884, n. 2644 (serie 3*), e in ogni
altro caso trasmetterä gli atti, con motivato parere, al ministero dei lavori pubblici, dal quäle
ultimo saranno passati con le proprie osservazioni a quello delle finanze, cui spetteri di .
prendere gli opportuni prowedimenti. Nel caso che in yirtü dell'articolo 5 della legge
10 agosto 1884, la rinnoyazione dovesse essere negata, dovranno essere sentit! pre-
viamente il ministero d'agriooltura, industria e commercio, il cousiglio superiore dei
lavori pubblici e il consiglio di Stato.
Se le mutazioni avvenute nell'aoqua pubblica lo oonsigliano, il prefetto, o rispettiva-
mente il ministero dei lavori pubblici, potra ordinäre che si proceda oome per le domande di
i«) Vergl. Seite 34.
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung fük Wasserkraftanlagen usw. Anhang. 67
nouve conceasioni, aU'effetto perö soltanto di determinare da quali condizioni debba essere
acoompagnata la chiesta rinnovazione.
Dovra essere seguito a tutti gli efletti il prooedimento stabilito per le nouve conceasioni,
quando sia domandata alcuna fra le modificazioni indicate nell* articolo 31 del presente
regola*nento.
Potra essere prescritto in tutto od in parte il detto pröcedimendo quando sono chieete
modificazioni di qualsiasi altra specie nelle condizioni della oonoessione.
e) Regio Decreto ehe approva il regolamento sulle derivazioni di aque pubbliche in
esecuzione della legge 10 agosto 1884, n. 2644 (serie 3*).
Roma, 26 novembre 1893.
Regolamento19).
Art 37.
Chi desidera ottenere il rinnovamento di una concessione deve, almeno sei mesi avanti
la sua scadenza, presentare la relativa domanda al prefetto.
II prefetto integrando, ove occorra, la domanda con gli atti della prima oonoessione,
aentira l'ufficio del genio civile, il quäle riferira se per non uso od abuso della oonoessione
aia stato, in tutto od in parte, reso frustraneo il fine della concessione medesima, e se abbia
recato nocumento ad interessi pubblici privati, e infine se e quali modificazioni debbano in
esea introdursi per mutamenti awenuti nelle condizioni dei luoghi e dell'acqua pubblica.
II prefetto provvederä quindi aulla domanda, se si tratta di concessione contemplata
dalla prima parte dell'art 3 della legge 10 agosto 1884, n. 2644 (serie 3*) e in ogni altro
easo trasmetterä gli atti, con motivato parere, al Ministero di agriooltura, per l'ulteriore pro-
cedimento a'sensi degli articoli 16 e seguenti del presente regolamento.
Se le mutazioni avvenute nell'acqua pubblica lo consigliano, il prefetto o rispettiva-
mente il Ministero dei lavori pubblici potra disporre che si proceda come per le domande di
nuove conceasioni, allo effetto perö soltanto di determinare da quali condizioni debba essere
acoompagnata la chiesta rinnovazione.
Dovra essere seguito, a tutti gli effetti, il prooedimento stabilito per le nuove con-
ceasioni, quando sia domandata alcuna fra le modificazoni indicate nell'art. 33 del presente
regolamento.
Potra essere prescritto in tutto od in parte il detto prooedimento quando siano chieete
modificazioni di qualsiasi altra specie nelle condizioni della oonoessione.
d) Legge sull9 assunzione diretta dei pubblici serrizi da parte dei Comuni *°),
Roma, 29 marzo 1903.
Art 25.
II Comuni possono valersi delle facoltä consentite dall'articolo 1° pei servizi che siano
gia affidati all'induBtria privata, quando dall'effettivo cominciamento dell'esercizio sia trascorso
un terzo della durata oomplessiva del tempo per cui la concessione fu fatta. Tuttavia i
Comuni hanno sempre diritto al riscatto quando sieno passati 20 anni dall'effettivo comin-
ciamento dell'esercizio; ma in ogni caso non possono esercitarlo prima che ne siano
passati dieoi.
Qualora i Comuni non facciano uso delle facoltä di riscatto nelle epoche sopra deter-
minate, non possono valersene se non trascorso un quinquennio, e cosi in seguito di cinque
in cinque anni.
II riscatto deve essere sempre preceduto dal preawiso di un anno.
Quando i Comuni procedono al riscatto, debbono pa gare ai conoessionari un'equa in«
dennita nella quäle si tenga conto dei seguenti termini:
1») Vergl. 8eite 84.
*o) Aus der Qazetta Uffiziale del Regno d'Italia. Anno 1908. Roma, venerdi 3 aprile, vergL S. 86.
5*
68 L Theodor Koehh. Ausbau von Wasserkräfte*. Allgemeiher
a) velore industriale delllmpianto e del relativo materiale mobile ed immobile, tennto
conto del lempo traacorao dall'eftettivo eominciameoto deU'eaercizio e dagli eventuali riprislini
aweanti nelTinipianto o Del materiale ed iooltre eonsiderate le clanaole che Del contratto di
eoaceasione siano contenute circa U proprieta di detto materiale, allo spirare della conccaoiooe
medesima;
b) aoticipaxioni o auasidi dati dai Comuni noncbe importo delle taase proporzionali di
regtatro anticipate dai conceaaionari e premi ereotualmente pagati ai Comuni concedenti, setnpre
tenuto conto degli elementi indicati oella lettera precedente;
c) profitto che al concessionario viene a maocare a causa del riscatto e che si valota
al valore attuale che avrebbero, nel giorno del riscatto steaso al aagpio dell'interesse legale,
taste annualita eguali alla media dei profitti indnatriali deirultimo quinquennio, quanti aooo
gli anni pei quali dovrebbe aneora durare la conoessione, purche od .tale oumero di anni non
superi mai quello di venti.
L'importo di tali annualita ai calcola aulla media dei redditi netti accertati ai fini
deirimpoata di riccbezza mobile deUfulÜDio quinquennio, tolti dal medeaimo l'anno di maggiore
e di minore profitto e depurato deü'interesse del capitata, rappresentato da cid che ai corri-
aponde ai concessionario per i titoli di cui alle lettere a) e b) di queato articolo.
Lvammontare delTindeifoita pu& esaere determinato di accordo fra le parti, con l'ap-
provazione della Giunta provinciale amministrativa e della Commiasione Reale.
In maacanza deiraocordo decide in primo grado, con decisione motivata, un collegio
arbitrale compoato di tre arbitri, di cui uno e nominato dal Consiglio comunale, uno dal
coDceaaionario ed uno dal presidente de) tribunale nella cui giurisdizione e poeto il Comune.
Avverso la deciaione di tale collegio, cosi il Comune come il concessionario poasono
appellarai ad un altro collegio di tre arbitri, i quali aaranno nominati dal primo presidente
della Corte d'appello e decideranno come amichevoli compositori.
I Comuni che esercitano la facolta del riscatto, debbono sostituirai, nei contratti attivi
e paasivi del concessionario, in corso coi terzi, per l'eaecuzione dell'industria o del scrvizk), e
col personale addetto al servizio stesso, purche i contratti siano stati stipulati ed il personale
aia atato asaunto prima del preavviso di cui al terzo alinea del presente articolo. Tuttavia
degli oneri derivantt dai detti contratti sara tenuto conto nella determinazione dell'indennita
di riscatto.
Le disposizioni di questo articolo, salvo cio che si riferisce ai termini del riscatto, non
aooo applicabili quando le condizioni del riscatto medesimo o della revoca della conceesione
sieno stabilite da contratto, purche stipulato sei mesi prima della promulgazione . della
presente legge.
Art 26.
Quando i Comuni vogliano far uso della facolta, di riscatto, la deliberazione dei
Consiglio comunale e il progetto di massima di cui aH'art. 10 devono indicare esattamente,
oltre ai mezzi con cui ruolsi provvedere alla gestione del servizio, la consistenza dell'im-
pianto che intendesi rilevare e l'ammontare presumibile dell'indennita da corrispondersi ai
coneessionari.
Qualora, osservate le disposizioni degli articoli 11 e 12, la Commissione Reale abbia
dato parere favorevole sul progetto di riscatto, l'indenuita dev'essere determinata o d'accordo
fra le parti o per decisione arbitrale nei modi stabil iti dall'articolo precedente, prima che il
progetto di riscatto venga sottoposto al voto degli elettori del Comune, agli effetti degli articoli
13 e seguenti.
Art 27.
I Comuni, che intendano concedere all'industria privata qualcuno dei servizi indicati
airarticolo 1, debbono sempre nel relativo contratto di concessione riserbarsi la facolta del
riscatto, con tali condizioni e termini che non sieno,. pei Comuni medesimi, piü onerosi di
quelli contenuti nel precedente articolo.
Die Lage der Gesetzgebung für Wasserkraftanlagen usw. Anhang. 69
e) Ministero dei Lavori Pubbliei*1).
Direz. generale delle opere idrauliche*
Divisione 5». — N. 4497.
Oggetto.
Derivazione* di acque pubbliche.
Applicazione di föne idrauliche alla trazione
elettrica delle ferrovie.
Ai signori Prefetti.
Alle Direz. Comp, del Genio Civile.
Alle Intendenze di Finanz*
Roma» 17 giugno 1898.
Con circulare 1° settembre 1897, Direzione Generale Demanio e Tasse, N. 76327 — 6662,
il Ministero delle Finanze, preoccupatö della necessitä d'impedire che nelle concessioni per
derivazione di acque pubbliche ad uso di forza motrice, e specialmente in quelle lasciate per
legge alla competenza dei Signori Prefetti del Regno, si rendono possibili accaparramenti e
monopoli col concentrare nelle mani di pochi capitalisti speculatori l'ingente tesoro di forze
idrauliche esistenti in ltalia, richiamava Patten zione dei Signori Prefetti medesimi, dei Signori
Intendenti di Finanza e dei Signori Ingegneri Capi del Genio Civile sul grave argomento,
invitandoli ad applicare con severita le disposizioni della legge 10 Agosto 1884 No. 2644 e
del Regolamento 26 Novembre 1893 No. 710, in modo da poter conseguire lo scopo, special-
mente desiderato, di ripartire equamente fra il maggior numero d'industriali veri e propri un
cespite tanto produttivo di (tabblica ricchezza.
Con tali efficaci norme l'Amministrazione del Demanio provvidamente intese atutelare
gli interessi deU'indu9tria nazionale, in momenti nei quali cosi largo sviluppo va assumendo
il trasporto e impiego delle forze idrauliche esistenti nei nostri corsi d 'acque pubbliche a grandi
distanze dai punü di presa.
Ma un altro e non meno grande interesse pubblico ha oggi richiamato lo studio del
Governo, e in particolare quello del Ministero dei Lavori Pubblici, sempft in rapporto alla
utilizzazione di quelle forze. Perocche di rccente sono stati disposti in diverse localis del
Regno, e in taluna iniziati, esperiraenti comparativi per la scelta del sistema di trazione
elettrica meglio opportuno all'esercizio delle ferrovie; avvalendosi, per Poggetto, della forza
motrice ricavabile dai corsi d'acqua prossimi o a conveniente distanza dalle linee ferroviarie,
di cui si ravvisi utile la transformazione.
Or non e chi non veda quali e quanti sensibili vantaggi alla economia nazionale
potrebbero ottenerai da una ben intesa applicazione di quel sistema che fosse riconosciuto pre-
feribile per tale scopo; particolarmente pel considerevole risparraio della spesa, cui attualmente
si e soggetti, deH'acquisto di carbon fossile. Si eviterebbe infatti l'esodo airestero di ingenti
somme, che meglio potrebbero dedicarsi a imprese industriali e agricole nei confini del Regno,
e in pari tempo non andrebbe negletto un importante coefficiente di pubblica ricchezza, quäle
£ Pimpiego della forza motrice, non solo localmedte utilizzabile, ma eziandio, pei moderni
trovati della scienza, trasportabile a distanza.
Interessa quindi al Governo, ed e mio intendimento ottenere che, pur rispettando le
esigenze dello sviluppo industriale della Nazione, in quanto possa quest'ultimo avvantaggiarsi
del ricco patrimonio di forza motrice ricavabile dai fiumi e torrenti, non debba lo Stato un
giorno trovarsi in condizione di aver ceduto altrui tutto quel patrimonio, nulla serbaiuione
per se, e vedendosi obbligato o a rinunciare aH'applicazione della trazione elettrica sulle fer-
rovie, o a farvi luogo solo contro adeguati corapensi alle Imprese che, piü preveggenti, avessero
in precedenza ottenuto ed effettuato un fruttifero impiego delle forze idrauliche che allo Stato
medesimo occorresse utilizzare.
La Legge in vigore del 1884 ed il Regolamento relativo (i quali certamente non
potettero che provvedere a bisogni e rispondere ai criteri del momento, non and venire fatti e
ciroostanze allora non prevedibili), non agevolano al Governo il compito di conseguire lo>
scopo öuesposto. Con nuove disposizioni legislative, in corso avanzato di studio, sarä supplito
al difetto oggi lamentato; ma l'urgenza della cosa non consente luoga attesa.
21) Yergl. Seite 35.
70 L Theodor Kosh*. Ausbau von WasserkbIftek. Allgemeines.
Nondimeno, ae malagevole, come diaai, i il oonaeguimento di quello scopo, non certo
deve riconoecerai impoeaibile.
II Regolamento gia ricordato del 26 novembre 1893, No. 710, attribuiace facolta- ai
Prefetti od airAmministrazione Centrale, aecondo la riapettiva competenza, di respingere
senz'altro le domande per derivazione d'acqua, ove ritengano oatare al loro aocoglimento grravi
motivi di intereaae pubblico. Gome pure consente agli uni ed all'altra, di indagare, fra piü
domande concorrenti, ae a favore di una di eaae müitano prevalenti motivi d'interesse pub-
blico; aocertati i quali, debba la medeaima venir preferita alle altre, anche ae anteriormente
preaentata.
Ora, pel oompleaao ed in analogia di tali diapoeizioni, e di altre che torna inutile qui
richiamare, rieeoe evidente che alla Autorita governativa e aenza limiti attribuito di far luogo,
o pur no, alle oonceaaioni d'acqua, a aeconda che l'accordarle poaaa, o meno, riuacire di pre-
giudizio a pubblici intereaai. Ed in tale diaanima il Miniatero dei Lavori Pubblici ha parte
preponderante, apettando ad eaao (art 17 del Regolamento) nei oaai che la conoeaaione aia di
competensa dell'Amminiatrazione Centrale, di dichiarare ae, tenuto conto delTinteresse idraulico
e di ogni altro interease riguardante le opere pubbliche, la conoeaaione
medeaima poaaa farai.
Non puö revocarai in dubbio, ci6 staute, che l'applicabilita alla trasione elettrica delle
ferrovie della fona motrice rieavabile da un oorao d'acqua coatituiaca un alto interesse riguar-
dante le opere pubbliche. E di conaeguensa chiaro ne deriva che ben poaaa, anii debba»
questo Miniatero opporai ad una conoeaaione, ove riaulti che, coll'accordarla, potrebbe quel-
Kntereaae aoffrire nocumento o impedimento alcuno.
Tuttavia Tindagine relativa puo eaeere facile pel Miniatero dei Lavori Pubblici, quando
la conceaaione aia di- competenia della Amminiatrasione Central« Ma quando ooropete al
Prefetti di aocordarla, il caao e diverao, e ben potrebbe l'Autoritä prefettizia atatuire in oppo-
aizione alle vedute deJFAmministrasione Centrale
E' quindi opportuno che in primo luogo dagli Uffici del Oenio Civile, quäle che aia
la domanda di derivazione aottopoata al loro eaame, a forma del Regolamento, aia rivolto lo
studio aul punto »ae la fona motrice che dai richiedenti si intende ricavare poaaa essere,
attualmente o piü tardi, utilizxata a acopo di trazione elettrica aulle ferrovie della regiooe
cirooetante, fin dove 1'energia poaaa traanortarai«. E di tale circoatanza dovra farai eapreaaa
menzione ooai nella relazione preliminare di cui all'articolo 7 del Regolamento come in quella
di cui al auooeaaivo artioolo 13.
Uguale indagine sara da compierei dal competente Iapettore coropartimentale del Oenio
Civile, nei caai in cui egli e dal ripetuto Regolamento chiamato a manifestare il aüo parere
n propoeito.
Dopo di che, ae lo atatuire aulla domanda e di competenza dell'Amministrazione
Centrale, sarä la queatione eaaminata direttamente da questo Ministero, che non manchera
tener preaente le oaaervazioni degli Uffici locali, sentito il Consiglio Superiore dei lavori pub-
blici. ße invede e di competenza del Prefetto, dovra queati, prima di erneuere il decreto
relativo, chiedere al Miniatero dei Lavori Pubblici ae nulla oati, negli apeciali riguardi della
trazione elettrica applicabile al aervizio ferroviario locale, a che la conceasione abbia luogo,
e la deciaione dovrä essere conforme alle iatruzioni che dal Miniatero verranno impartite.
8i gradira dalla 8. V. un cenno di ricevuta della preaente, colPaaaicurazione che al
diapoato di eaaa sarä acrupoloaamente ottemperato.
II Mini8tro.
fto: Afan de Rivera.
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung für Wasserkraftanlagen usw. Anhang. 71
Anlage IL
a) Projet de Loi relatif aux usines hydrauliques sur les cours d'eau non navigables
ni flottables").
Presente au nom de M. Armand Fallieres, President " de la Republique fran9aise,
par M. Ruau, Ministre de l'Agrieulture.
Expose des Motifs.
Messieurs,
Le developpement considerable pria par l'industrie hydro-electrique dans ces dernieres
annees grftce aux transports de foroe et k l'amenagement des grandes chutes, la gravite des
int>s que represente cette industrie et l'importance de ses besoins, ont appel6 Pattention
publique sur les obstacles que la legislation actuelle des oours d'eau oppose aux progres que
l'avenir reaerve encore k oe nouvel emploi de l'aciivite nationale et qui importent aux Services
publica autant qu'aux entreprises privees.
Les discussions qui se sont elevees k ce sujet, les nombreux projets de reformes qui
ont ete soumis k l'opinion ou deposes au Parlement, indiquent qu'on est entre, relativement
a cette mattere, dana une crise legislative qui ne peut se terminer que par Tadoption d'une
loi nouvelle satisfaisante.
Les veritables difßcultes que souleve la legislation en vigueur se präsenten t sur les
oours d'eau non navigables; c'est donc d'eux qu'il convient de s'occnper tout d'abord. Les
rggimee legaux des deux categoriea dana lesquelles sont cJassees les rivieres sont, d'ailleurs,
tout k fait diflerenta. Les reformes k apporter aux deux legislations doivent donc etre elles-
m&nea diflerentes; et il y a tout a van tage k les separer.
Defenseur des interdts agricoles, mais en meine temps charge de diriger vers un but
d'utilite generale toutes les eaux qui ne fönt pas partie du domaine public, le Ministre de
l'Agrieulture avait le devoir de demander au Parlement de lui fournir les raoyena de repartir
entre les divers inteieis en concurrence les eaux des rivieres dont la gestion lui est confiee,
de maniere k leur faire produire la plus grande somme d'utilite possible.
Cest dans ce but qu'un projet de loi a ete depose le 15 janvier 1904, par M. Leon
Mougeot, Ministre de l'Agrieulture, sur le bureau de la Chambre des Deputes, au oours de la
huitieme legialature.
Ce projet de loi differait sous un rapport essen Hei de ceux dont le Parlement avait
ete anterieurement saisi. Tandis que ces pr&edents projets visaient tous les oours d'eau en
geoeral, il ne s'appliquait qu'aux oours d'eau non navigables ni flottables qui relevant exclusi-
vement du Departement de l'Agrieulture. Cest pour cette raison qu'il n'etait contreaigne que
par le Ministre de l'Agrieulture.
Les disposition8 de ce projet etaient le fruit des travaux d'une commission insiituee
par arretä ministeriel du 7 avril 1903 « k l'effet d'etudier les mesures k prendre en vue d'as-
surer une meilleure utilisation des forces hydrauliques provenant des oours d'eau non navi-
gables ni flottables >.
Cette Commission avait ete constituee de teile sorte que tous les interets en preeence,
ceux des Services publica comme ceux de l'agriculture et de l'industrie, tous les Systeme*
soutenus, etaient representes dans son sein. A cöte des membres du Conseil d'£tat, eile oom-
prenait les ingenieurs les plus comp&tents et d'eminents professeurs de nos Facultas de droit
8es conclusions mürement elaborees, empruntaient donc k sa composition une autorite toute
particuliere.
Le projet de loi, base sur ces conclusions, a ete renvoye par la derniere Chambre k
une Commission speciale, en mime temps que deux propositions de loi ayant un objet ana-
logue, mais s'appliquant k tous les cours d'eau et deposees, l'une par MM Baudin et Mille«
rud, et l'autre, jkr M. Guillain13).
Le Systeme propose par le Gouvernement a paru k la Commission bien preTerable,
dans son ensemble, k ceux que preconisaient» en ce qui concerne les usines sur cours d'eau
non navigables, MM. Baudin et Millerand et M. Guillain. Cet honorable depute s'est, d'ail-
»») VergL Seite 88.
>s) VergL Seite 37.
72 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
leim, rallie" sans reserves au projet du Gouvernement, que la Commission a pris pour base de
ses resolutions, en se bornant & y apporter quelques modifications de detail, auxquelles le
Ministre de l'Agriculture a souscrit.
Le 12 ferner 1906« M. Fernand David a d6pos£, au nom de la Commission, son
rapport, concluant, sou9 la reserve des dites modifications, ä l'adoption du projet de loi. Mais
la huitieme legislature est arrivee ä son terme sans que la Chambre ait pu deliberer sur cette
proposition.
Le projet de loi depose1 le 1 5 janvier 1904 est ainsi devenu caduc, et il est» des lora,
necessaire, pour que la Chambre issue des elections de 1906 puisse examiner les disposittons
qu'il comportait, que le Gouvernement Ten saisisse par le dep6t d*un nouveau projet.
Cest ce projet que nous avons Thonneur de presenter aujourd'hui a la Chambre.
Nous avons cru devoir le lui soumettre, au d£but de la neuvieme legislature, paroe
que les reformes qu'il a pour but de realiser presentent un reel caractere d'urgence.
En l'&at actuel de la legislation, en effet, l'exploitation de nos foroes bydrauliques ne
prend pas tout le developpement qu'on pourrait en esperer pour la richesse publique; seules,
les soci6tes financieres puissantes peuvent triompher des obstaeles qui s'opposent frequem-
ment ä l'amenagement des cours d'eau, et elles etablissent leurs usines sans sauvegarder
suffisamment les interets de la collectivite, comme le projet de loi präsente* permettra de
l'obtenir.
Ce projet repose sur les m&nes principe« que celui du 15 janvier 1904, et n'en differe
que par les changements d'importance secondaire sur lesquels la Commission de la derniere
Chambre et le Gouvernement se sont mis d'accord. Ses dispositions sont done la repro-
duotion textuelle de edles dont le rmpport de M. Fernand David demandait l'adoption.
Objet du projet de loi.
Avant d'entrer dans le detail de ces dispositions, nous devons, tout d'abord, indiquer
avec plus de precision l'objet de la loi qui vous est soumise, et delimiter le champ des
reiormes qu'elle a en vue.
Le projet actuel, de meme que celui qu'il remplace, laisse en debors de ses dispoeitions
les usines sur cours d'eau navigables, et ne vise que les usines sur cours d'eau non navi-
gables etc.
Examen critique de la lägislation existante et des räclamations auxquelles
eile a donne* Heu.
Avant d'aborder l'examen detaillä des reiormes qui vous sont aujourd'hui proposees, il
est necessaire de faire ici la synthese de la legislation actuelle sur regime des eaux.
Cette legislation a depuis longterops pris parti pour un Systeme de partage des richesses
bydrauliques entre l'fitat et les riverains, suivant la nature des cours d'eau.
Par la distinction des cours d'eau en navigables et flottables qui sont verses dans le
domaine public, et en non navigables ni flottables, qui n'y sont pas verses, la loi fait une
part a la collectivitö et une autre ä l'activite* privee. Ce dualisme, eet equilibre entre
l'action collective et Hnitiative individuelle, constitue une tradition trop enracinee
dans nos moeurs pour qu'il soit possible de rompre avec eile, en attribuant a l'utat
des droits exclusifs sur l'energie recelee dans les cours d'eau non navigables ni
lottables. II serait imprudent de toucher, soit a la distinction des cours d'eau en
navigables, et non navigables soit k la Situation des riverains, teile que l'a flute
un siecle de jurisprudence et de pratique sur la base de cette distinction.
En ce qui concerne particulierement les cours d'eau non navigables, la loi existante
peut se resumer dans des termes tres simples.
Leur lit est la proprio des riverains, depuis la loi du 8 avril 1898 qui a tranche en
faveur de ces derniers une vieille et classique oontroverse. Mais l'eau elle-m£me ne peut pas
6tre soumise ä la meme regle; l'eau courante, qui passe successivement sur les fonds des
divers riverains, ne peut pas ä son passage ötre consideiee, par chaeun d'eux, comme sa pro-
pri&e* individuelle; autrement, chaeun aurait le droit de la dötourner ä son profit et de
modifier par la meme la Situation naturelle de ses coriverains, consequence evidemment inad-
missible. Aussi, 1'article 644 du Code civil, maintenu par la loi de 1898 ne prononoe-t-il
pas, a l'egard de l'eau, le mot de proprio; le droit qu'il reconnait aux t verains est seule-
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung für Wasberkraftanlaqen usw. Anhang. 73
raent un droit d'usage; le propri&aire d'une rive peut se servir de l'eau a son passage
pour l'irrigation de ses propri&fo; le propn&aire des deux rives peut en user dans l'inter-
ralle qu'elle paroourt aar son fonds mais ä la Charge de la rendre a la sortie ä son coura
ordinaire.
Le droit d'user des eaux dans les limites ainsi d6termin6es est un acoessoire de la
propri6t£ riveraine. II n'est autre cfrose que Tun des avantages r&ultant pour le propri&aire
de la aituation mgme de son fonds et oet avantage ne pourrait lui 6tre refusä sans quelque
injustiee, car le voisinage de la rivifere entraiae pour lui des dangers et des frais de toute
sorte dont le droit d'user de l'eau n'est qu'une 6quitable oompensation.
La jurisprudenee a depuis longtemps pr£cis6 la portäe de oe droit. Elle admet notam-
ment que le propri&aire d'une seule rive, peut, aussi bien que eelui dont le fonds est traverse
per la riv&re, se servir de l'eau, noo seulement en vue de l'irrigation, mais aussi en vue
d'une 'utilisation industrielle, a condition toutefois qu'il ne d6tourne pas une quantit6 d'eau
sup4rieure ä celle dont il pourrait user pour l'irrigation.
D'autre part, et bien que des doutes se soient frlquemment manifestes sur ce point,
od a admis en pratique la cessibilit£ de oe droit d'usage et la possibilirä de le söparer de la
propri6i6 du fonds. Thäoriquement, on est oblig£ d'admettre comme valable tout au moins la
renonciation qu'un ri verain ferait de son droit au profit d'un autre ri verain, et il est Evident
que oette Convention äquivaut, en fait, a une v6ri table oession des droits de riverainetö. Dans
oes dernidres an nies, de trfcs nombreuses oessions de ce genre ont eu lieu, dans les r6gions
montagneuses, en vue des utilisations industrielles.
Le droit des riverains, tel qu'il vient d'gtre däfini, est subordonnä dans son exercioe ä
une autorisation administrative. D'aprfes l'article 11 de la loi de 1898, cette autorisation est
näceasaire toutes les fois qu'il s'agit de construire un barrage ou un ouvrage destinä ä l'äta-
blisaement d'une prise d'eau, d'un moulin, d'une usine. Elle est donnäe par le prüfet. On
doil remarquer que l'Administration n'intervient ici qua titre de pouvoir de police, pour la
defense des intärdts g6n6raux dont eile a la garde; eile ne doit se däcider que par des motifs
tirts de l'int&öt public, tels que la näoessitg de prävenir les inondations, de oonserver aux
eaux leur fooulement naturel, d'assurer la salubritä publique ou de diriger les eaux vers un
but d'utilitä g£n6rale. Elle n'a pas le droit de soumettre l'autorisation a des oonditions arbi-
traires, ni d'exiger une redevance, ni d'impo^er ä l'industriel qui demande a s'&ablir sur le
coura d'eau tel emploi de sa force piutftt que tel autre. Elle n'a pas non plus ä se prononcer
sur les droits respectifs des riverains les uns ä l'ägard des autres.
L'autorisation, une fois aocordöe, ne peut ötre retirte ou modifita sans indemnitö. que
pour des motifs du mdme ordre que ceuz qui auraient pu servir de base a un refus.
iyaprte l'article 14 de la loi de 1898, ces motifs sont seulement: I'int6r6t de la salu-
brit6 publique, la n6cessit6 de prävenir ou de faire cesser les inondations, enfio la r&glemen-
tation g^n^rale faite, dans les oonditions dätermiofos par l'article 9, en vue de fixer le regime
genfeal du cours d'eau, «de mani&re a ooncilier les intär&s de l'agriculture et de l'industrie
avec le respect du ä la propri&e et les droits et usages antärieurement 6tablis».
II est possible, en vertu des rfegles meines que nous venons d'analyser, qu'un riverain
rtigulförement autorisä empidte en fait sur les droits de ses coriverains. Mais ceux-ci ont alors
la reesource d'agir oontre lui en reglement d'eau judiciaire, et le tribunal saisi de la demande
peut aller jusqu'ä ordonner la destruction des ouvrages autorises, l'autorisation 6tant toujours
donnle, sauf les droits des tiers. Si d'ailleurs les tribunaux doivent, quand ils sont
saisis de ces questions, ooncilier, comme le dit l'article 645, les int6r£ts de la propri6i£ avec
ceux de l'agriculture, aucun texte ne leur donne ce röie de conciliateur lorsqu'il s'agit des
interta de l'industrie. Ils ne peuvent donc pas invoquer l'article 645 pour s'abstenir d'or-
donner la destruction d'un barrage industriel qui ferait grief ä certains riverains.
Teiles sont les seules dispositions que puisse invoquer l'industriel qui cherche ä am6-
nager une chute d'eau sur une rivi&re non navigable ni flottable. Ce sont aussi Celles qui
rägissent les prises d'eau en faveur des irrigations. Mais, sur ce dernier point, certaines faci-
litee particulieres ont 6t£ aooordäes aux riverains. En vertu des lois des 29 avril 1845 et
11 juillet 1847, les riverains peuvent, en vue de l'arrosage de leurs terrains: 1° conduire
sur leurs fonds non riverains les eaux dont ils ont le droit de disposer, en obtenant, moyen-
nant une indemnite, le passage des dites eaux ä travers les fonds interm6diaires ; 2° acquärir
la facultä d'appuyer, sur la propri6te du riverain oppoeä, les ouvrages näeessaires k leur prise
74 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
d'eau. Aucun texte, jusqu'ici, n'a 6tendu k l'industrie les facultas aocordfes par ces deox
lob 2t ragriculture.
Cette lägislation est, en soi, tr&s individualiste et a permis, en fait, la constroction
d'usines hydrauliques considärables qui sont la propri6t£ complöte des industriels. II sufBt
de parcourir les principales vallöes de nos montagnes pour se rendre compte que oeux-ci out
. pu, sous l'empire de oes dispoeitions, . gtablir des ouvrages grandioses et cr$er des eourees
d'änergie capables d'alimenter de puissantes indtistries et d'importants servioes publica. Elle
offre pourtant des lacuoes qui out &6 d6jk pour eux la cause de difficultäs nombreuses, ei il
est k craindre que ces difficultls ne deviennent de jour en jour plus genantes.
La premi&re choee que doit faire un industriel qui veut s'ätablir sur un oours d'eau
est de s'assurer le consentement de tous les, riverains dont les droits pourraient se trouver
oompromis, soit par le remous du barrage, soit par les d£rivations usiniöres projetles. II "lui
faut acquärir, bien entendu, les terrains näcessaires pour l'installation de l'usine. II lui faut
aussi, puisqu'il ne peut invoquer les servitudes des lois de 1845 et de 1847, se procurar k
l'amiable de droit de faire' passer ses dgrivations sur le terrain d'autrui et d'appuyer son bar-
rage sur la rive opposfe k la sienne. II doit 6galement obtenir le consentement des pro-
pri6taires supärieurs dont les fonds pourront se trouver submergta par la retenue de son bar-
rage. Enfin» il doit traiter avec tous les riverains auxquels le rempus et la d&ivation vont
enlever en tout ou en partie le droit d'usage de l'eau, et pour oela se faire c6der par eux,
ou leurs droits de riverainetä, ou les terrains mdme auxquels ces droits se trouvent attachäs.
Dans tous les cas, lorsqu'il s'agit de cr6er une usine importante, d&rivant l'eau sur un
parcours considärable, il lui faut rlunir les consentements amiables d'un tr&s grand nombre
d'int£ress&. .
Au däbut du grand mouvement d'utilisation de la houille blanche, ce consentement
s'obtenait d'ordinaire sans trop de diffioultäs, paroe que l'industriel avait affaire aux riverains
originales et v&itables. Mais, au bout d'un certain temps, les spfculateurs sentirent l'avan-
tage qu'il y aurait k faire de Pobstrucüon et ils acquirent des parcelles riveraines, uniquement
pour se faire barreurs, c'est-&-dire pour obliger les industriels k leur racheter chörement leur
riverainet6.
Si l'industriel passait outre, corome quelques-uns Tont fait en pr&ence de r&ietanoes
isoläes et irräductibles, il 6tait menac6 de demandes en rtglement d'eau qui pouvaient amener
la destruction de ses travaux.
La t&che des industriels devenait donc difBcile par suite de cette enträe en sc&ne de
la sp6culation. D'autre part, dans les pays montagneux, sur le bord des torrents aux rives
inaccessibles, la propri&6 mdme est fröquemment incertaine; la matrice cadastrale n'exprime
pas toujours son 6tat actuel, souvent compliqu6, d'ailleurs, par des indivisions, par l'existence
de coproprtetaires incapables ou absents. Apr&s avoir traitä avec ceux qu'ils jugeaient en
Possession rtiguli&re, les industriels se trouvaient exposds aprea coup k des demandes mat-
tend uea, provenant de tiers dont ils avaient ignorä l'existence, aboutissant k des proc&s ruineux
et aux exigences de nouveaux accapareurs. II n'eet pas 6tonnant qu'aux prises avec ces dif-
ficultäs, les industriels aient demandä une r&brme de la 16gislation qui leur permit, moyennaat
indemnitä, de vaincre les r&istanoes des barreurs et de purger des droits incertaina.
Ils demandaient encore l'extension k leur profit des servitudes d'aqueduc et d'appui
de barrage, que les lois de 1845 et de 1847 avaient cr&es au profit de ragriculture, qui leur
6taient nfoessaires pour l'&ablissement de leurs ouvrages et qu'il 6tait bien legitime de leur
accorder, puisque la proep6rit6 g6n£rale du pays 6tait li6e au däveloppement de l'industrie,
aussi bien qu'£ celui des irrigations.
L'Administration, de son c6t£, en eesayant de faire contribuer k l'alimentatiou de ses
Services publica l'änergie de la houille blanche, trouvait dans la llgislation exis taute, k la
fois des ressources et des insuffisanoes. Elle puisait dans cette llgislation, oiitre la beulte de
passer avec les usines priv6es produetrices d'6nergie des traitös de fourniture librement d6battus,
celle de erfer elle-m6me des usines publiques en se servant de la däclaration d'utilitä publique
et de l'expropriation. Mais, d'aprös les prineipes g6n£raux du droit en mati^re d'expropriation,
Tusine ^tablie par ce proc6d£ doit avoir pour objet l'alimentation exclusive des Services publica;
d'oü il r6sulte que la livraison k l'industrie priv6e d'une partie de son Energie ou de ses pro-
duits ne va pas sans difficult^s. II importe cependant que Tusine publique ait, comme l'usine
privöe, une enti&re libert6 d'exploitation, car il lui sera presque toujours impossible d'employer
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung für Wasserkraft anlagen usw. Anhang. 75
aa servioe public en vue daquel eile a ete cr&e, l'integralite de son eoergie; eile aura des
exo6dente provenant des variatione qui se produiront, soit dans le d6bit des rivieres, soit dans
lea besoins du service. II serait absurde de condamuer ces exc&lents ä la sterilite, uniquement
paroe qu'ils proviennent d'une usine cr£ee par declaration d'utilitä publique.
L' Administration demande donc la libert6 d'emploi pour les exenden ts et les residus
d*6nergie; eile entrevoit la n&essit6 de constituer des usines qui puissent etre mix les et
travailler a la fois pour des Bervices publice et pour l'industrie privee.
Ainsi, la legislation existante fournit des moyens d'aetion a la fois & l'industrie privee
et k lf Administration; en realite, toutes les deux en ont deja use; ces moyens d'aetion
reapectent la destination generale des cours d'eau non navigables ni flottables; les usines pri-
▼6ea se eräent par des modes volontaires de cession des droits de riverainete, les usines
publiques, par des expropriations qui sont un moyen connu de cession forcee des proprieies.
I>es deux efttea, on demande des facilites nouvelles, des simplifications, des ameiiorations, mais
<m ne proteste ni contre la coexistence des deux types d'usines, ni contre les bases funda-
mentales de la legislation.
Teile est la Situation cr$ee par les insuffisances de la loi et par les reclamations des
int&resses.
Rappel et examen des systemes proposes pour la rMorme de la legislation.
Divers systemes de reformes ont ete proposes a l'effet d'y rem6dier. II convient de
lea passer ici en revue.
Projet Jouart et projet du Gouvernement du 6 juillet 1900.
On erat d'abord donner satisfaction ä la fois aux voeux des industriels et ä ceux de
1* Administration, en introduisant dans la mattere le principe de la concession, applique d'une
maniere obligatoire a toute usine hydraulique developpant une certaine force. Ce fut la Solu-
tion prfoonisee par M. Jouart, dans la proposition presentee par lui a la Chambre des D6-
put&s, le 3 mars 1898, et, un peu plus tard, par le Gouvernement dans le projet deposä le
6 juillet 1900, sous la signature de MM. Pierre Baudin et Jean Dupuy, projet repris a titre
de proposition, le 30 mai 1903, par MM. Baudin et Millerand M). Le principe de la concession
en supposait un autre, a savoir que la force motrice des cours d'eau non navigables ni flot-
tables, n'appartenant a personne, pouvait etre librement concedee par l'Administration, sans
que celle-ci eüt a tenir compte des droits que Tarticle 644 du Code civil reconnait aux rive-
rains, du moins, s'ils n'avaient pas encore et6 utilises. D'apres le projet du Gouvernement, il
subeistait bien des usines priväes, mais il n'y avait pas la une Option pour les industriels ni
mötne pour 1' Administration. Les usines cr66es dans l'avenir avec une puissance brüte, en
eaux moyennes, d'au moins 100 chevaux-vapeur, devaient necessairement Ätre conc6d6es comme
usines publiques et il devait en 6tre de m6me des usines anterieurement existantes doot la
puissance serait porteo ä plus de 100 chevaux. Le type de concession choisi etait celui de
la concession de travaux publice; eile etait donc donnee a titre temporaire, et, ä son expira-
tion, l'usine faisait retour a TEtat sans aueune indemnite etc.
Ce projet suscita dans les milieux industriels et parmi les proprietaires riverains des
reclamations tres vives. On lui reprocha tout ä la fois, de sacrifier les droits des riverains
et de ne pas donner a l'industrie les garanties de liberte et de securitö qui lui sont
näoessaires.
Premier projet Guillain.
La Commission parlementaire qui avait ete saisie de la proposition Jouart, adopta, de
son cöte, en premiere lecture, sur le rapport de M. Guillain, un projet base sur les m&nes
idecs fondamentales que le precedent, mais modifie de maniere a lui enlever une partie de ses
dangers etc. (Guillain schlug vor, dass nur die Anlagen von mehr als 200 PS unter das
Gesetz falleu sollten.)
Enfin, on remaniait avec plus de soin les clauses de rachat et de dächeance du projet
du Gouvernement, de maniere a les rendre moins redoutables pour le concession naire.
Cependant, beaueoup d'esprits inclinaient a penser qu'il etait inutile et dangereux de
faire du regime de la concession, quelque attenue qu'il füt, le regime general de l'industrie
") Yergl Seit« 87, Fossnote S.
76 L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
hydraulique fraocaise; et, de divers cötes, on se mit & l'oauvre pour rechercher s'il n'6tait pas
poesible, sans entrer dans cette voie, de combiner une legislation donnant satisfaction aux
divers intär&s en presence.
Proposition Michoud.
Le premier Systeme proposä daus cet ordre d'idees fut oelui de la licitation des droits
de riverainete, formulä daus une proposition redigee par M. Micboud. Ge Systeme maintenait,
en principe, pour l'6tablissement des usines sur les cours d'eau noo navigables ni flottables,
le regime de l'autorisation, tel qu'il est regle par l'article 12 de la loi de 1898 et par les
reglements existants. Mais il permettait k chaque riverain du cours d'eau de demander la
licitation des droits appartenant aux riverains sur la seciion du cours d'eau qu'il determinait
lui-meme. Ces droits etaient adjuges au plus offrant, et le prix distribue entre les riverains.
Le resultat etait, d'une part, que ceux-ci se trouvaient, par lk, indemnises de la perte de leurs
droits aussi equitablement que possible, d'autre part, que l'adjudicataire pouvait desormais,
apres avoir obtenu l'autorisation administrative, executer les travaux sans crainte d'opposi-
tk)n future etc.
Proposition Hauriou et Ader.
Delix autres Systeme» furent proposes, dans le but de concilier les divers interets en
presence, sans imposer le regime de la concession. Celui que MM. Hauriou et Ader expo-
serent dans le Bulletin de la Sociäte d'etudes legislatives utilise une Organisation dejfc
connue et eprouvee, celle des associations syndicales autorisees, et arrive, par lk, k substituer
k la licitation judiciaire du prec&Jent Systeme, une sorte de licitation administrative. D'apres
ce projet, les riverains pouvaient se grouper en associations syndicales autorisees, avec pou-
voir coercitif de la majoritä sur la minorit£, dans des conditions analogues k Celles qui sont
determinees "par la loi des 21 juin 1865 et 22 decembre 1888. Le groupement ainsi forme)
intervenait, non pour mettre en valeur ou exploiter la chute, mais uniquement pour tirer parti
des droits de riverainetä. II pouvait vendre aux encheres la chute projetee ou la mettre en
location, , le produit servant k indemniser les riverains ä la suite d'une liquid ation confiee au
syndicat de l'association.
Proposition Coignet (systeme de l'Act Torrens).
Enfin, M. Coignet, dans un rapport adresse k la Chambre de commerce de Lyon et
adopt6 par eile, proposa d'arriver k un resultat analogue par une voie plus simple encore,
suggeiee par les dispositions de «l'Act Torrens». L'autorisation, donnee en principe
d'apres les regles actuelles, ne serait accordee k l'industriel qu'ä la suite d'une publicite)
serieuse de la demande. Pendant un an k partir de cette publicum, tout cpriverain aurait le
droit de demander, lui aussi, l'autorisation de faire une prise d'eau; il devrait, en formant
cette demande, assigner le premier demandeur en reglement d'eau, et le partage de l'eau entre
eux serait fait par le tribunal, conformement au Code civil. Les riverains n'ayant pas fait
cette demande dans 1 'an nee ne perdraient pas leur droit eventuel ; mais, en cas de reclamation
ultärieure de leur part, le tribunal, pour 6viter la d£raolition des ouvrages qui auraient 6t6
construits, aurait la facult6 de transformer ce droit en une indemnite* etc
Second projet Guillain.
M. Guillain, notamment, en deposant k la Chambre, k la date du 23 juin 1903, le
projet dont il avait eie* le rapporteur au nom de la Commission parlementaire, y avait intro-
duit des modifications importantes*5) etc
Critique et Elimination des systemes proposäs.
L'examen des divers systemes qui viennent d'Ätre analyges a conduit k penser qu'ils
devaient 6tre abandonnes ou ecartes.
En ce qui concerne le Systeme de la concession temporaire des chutes et des usines,
modele1 e sur la concession de travaux publics, nous avons ete" amenes k reconnaitre qu'il aurait
le grand inconvenient de rompre l'equilibre traditionnel entre la part de l'^tat et celle de
l'individu, dans la propi-ieie* des cours d'eau non navigables ni flottables. Les chutes et le"
25) Vergl. Seite 37, Fnssnot» 3.
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung fOä Wasserkraftanlagen usw. Anhang. 77
usines deviendraient domaniales k l'expiration de la premiere concession, de teile sorte que
des categories de biens qui, jusque-lä* avaient ete* le domaine de la propriete privee, paaseraient
dans la propriete collective. Gette extension de la domanialite publique provoquerait des
Opposition passionnees, qui se sont dej& fait jour au Congres de La houille blau che
de Orenoble. D'un autre cöte, il est k craindre que le regime de la oonoession considere en
lui-mgine, ne soit, k bien des egards, dangereux pour le developpement de l'industrie hydrau-
lique. Cette Industrie, comme toutes les autres, a besoin, avaot tout, de liberie et de securite;
an controle administratif trop etroit» l'eventualite perpetuelle d'un rachat ou d'une decheance,
le caractere temporaire du droit, toutes oes consequences forcees du Systeme de la concession,
constituent pour eile une menace d'autant plus redoutable qu'il .s'agit d'une Industrie jeune
ei\core, peu connue, sujette ä des surprises et k des mecouiptes, et que les calculs d'amortisse*
menty en ce qui la conrerne, ne peuvent offrir encore une entiere certitude. On peut apprehen-
der en outre que le choix du concessionnaire, laisse & 1* Administration , autre oorollaire du
Systeme, n'expoee celle-ci ä des difficultes soulevees par des questions de personnes.
D'ailleurs, et ceci est capita), il faut remarquer que la question n'est plus entiere; de
nonibreu8es usines bydro-electriques se sont dejä Stabiles sous le regime du droit actuel;
d'autres, dont les chutes sont juridiquement oonstituees, vont sortir de terre. Ces usines sont
la propriete perpetuelle de leurs fondateurs, elles echappent ä la precarite et aux entraves
administratives; leur credit en beneficie; elles ont choisi, en fait, les baasins bydrauliques les
plus avantageux, soit au point de vue des depenses d'etablissement, soit au point de vue des
d6bouches. Elles constituent donc comme un premier räseau privilegie auquel on ne pourrait
toncher que par une coüteuse Operation de rachat Cömment les usines nouvelles etablies
sous le regime de la concession, et qui constitueraient comme un second reseau, moins avan-
tageux au point de vue economique, pourraient-elles lutter contreldes premieres, si on Jeur
imposait par lä-dessus un cahier des charges onereux? II» *convient de remarquer qu'on ne
leur conflrerait aucun av an tage d'exploitation, mais seulement des charges. Dans
la plupart des concessions de travaux public?, le concessionnaire beneficie d'un monopole dont
il est possible de calculer approximativement le ren dement, et si ce ren dement est in süffisant
un concours nuancier du concedant y supplee. Ici, aucun monopole. confere^ ni aucun con-
cours fioancier organise, pas m£me la clieutele des Services pu blies assuree.
Ce ne serait pas la concession de travaux publice dans sa realiu§ financiere et econo-
mique; ce n'en serait que l'apparence juridique.
Ou bien l'on ne trouverait pas de concessionnaire, ou bien ceux que Pon trouverait
auraient 1'arriere pensee d'obtenir plus tard le concours financier de l'administration. On
serait ainsi amene, si Ton ne voulait pas faire courir tot ou tard aux financee de l'Etat le
risque d'entreprises hydro-electriques etablies dans de mauvaises conditions au point de vue
de la coneurrence, ou bien a envisager le rachat immediat de toutes les grandes usines privees
dej& oonstituees, ou bien k restreindre l'application du Systeme de la concession aux seules
usines franebement publiques et administratives, 'creees pour l'alimentation des Services publios.
Sans doute, il eüt fallu passer par dessus ces objeetions si un regime de concession obliga-
toire avait ete le seul moyen d'assurer le bon ameuagement de l'energie hydraulique et d'en
empecher dans l'avenir l'accaparement; mais les travaux acoomplis par l'industrie privee, sous
l'empire de la legislation actuelle, pouriant peu favorable, suffisaient k demontrer que Ton
pouvait avoir confiance en eile et qu'elle saurait se montrer capable de tirer des forces natu-
relies le meilleur parti possible. Et il suffisait pour ecarter toute crainte d'aecaparement, de
maintenir la concession & titre facultatif, toutes les fois que l'alimentation d'un Service public
se trouvait en cause, et de classer, d'ailleurs, expressement, parmi les Services publics, les
entreprises publiques de distribution d'energie. U Administration se trouvait ainsi, pour l'avenir,
suffisamment armee contre une coalition des detenteurs de forces bydrauliques, a supposer
qu'une pareille coalition füt possible, sans assumer les responsabüites morales et financiere*
auxquelles l'exposerait le regime de la concession obligatoire.
Toutes ces considerations conduisaieut k abandonner ce regime, et la plupart d'entrc
elles pouvaient eire opposees non seulement au Systeme de la concession temporaire, mais aussi,
bien qua un degre moindre, au Systeme de la concession perpetuelle, analogue aux concessions
des mines (projet Guillain). Lui aussi tendait k creer une categorie d'usines qui seraient
moins libres dallures que les usines privees dejfc existantes et qui cependant ne seraient pas
soutenues d'une maniere efficaoe par 1' Administration ; lui aussi, par consequent, risquait de
78 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
determiner la Constitution d'entraprises non visbles. On retrouvait, dans oe Systeme, et la
difficult6 touchant au choiz des concessionnaires, et les clauses de rachat et de decheance, et
le cou träte adrainistratif etroit: en un mot, toutes les clauses qui fönt le danger du regime
de la concession temporaire. On y retrouvait, d'ailleurs, le principe meme de la concession,
c'est a-dire l'idee que l'&at a le droit de disposer des eaux, fut-ce au detriment des riveraina,
et que les rivieres non navigables ni flottables doivent devenir domaniales comme les grands
cours d'eau, idee qui introduirait dans notre droit une de ces modifications profondes qu'il est
dangereux de tenter. Sans doute, dans le dernier projet deposä par M. Guillain, ces incon-
venients se trouvaient attenues par cela seul que le Systeme se trouvait reserve aux usinea
de plus de 1,000 cbevaux; mais, en l'appliquant & toutes les grandes usines, on l'aurait feit
precisement fonctionner dans les cas oü son application aurait et6 le plus dommageable a
l'avenir de Finduatrie hydro electrique, et en meme temps on n'aurait fourni aux difBcultes
soulevees par la legislation existante qu'une Solution partielle, et on n'aurait facilite d'aucune
maniere la creation des usines de moyenne importanoe.
Le Systeme de la licitation aurait l'avantage de fonder les usines nouvelles, comme
les anciennes, sur la propriete privee, de leur laisser meme liberte et meme credit. Mais on
peut lui reprocher d'employer pour leur creation une procedura qui accentuerait, peut-elre plus
que de raison, le caractere civiliste des droits de riverainete, qui d'ailleurs sentit trop coro-
pliquee, trop lente & mouvoir et qui, cependant, contiendratt une part d'inconnu, laiseeraH
l*industriel expose a des surprises, par cela meme que la licitation pourrait toujours etre suivie
d'une surlicitation.
Quant au Systeme de l'association syndicale autorisee, il ne fournirait que rarement la
Solution des difßcult&s, les associations de ce genre etant pratiquement malaisees & constituer.
Autant il paralt desirable d'enoourager les associations volontaires de riverains ä s'organiser,
et de les admettre au benefice de la loi, autant il semble inutile d'adopter, comme moyen de
contrainte, le mecanisme complique de l'association syndicale autorisee.
Enfin, le Systeme de l'Act Torrens, bien que plus simple que tous les precedents,
est cependant defectueux en tant que Systeme. II faut en retenir l'idee fondamentale qui est
de developper les pouvoirs du juge dans le reglement d*eau et de lui permettre en certains
cas de transformer les droits en une indemnite, mais la procedura de purge, imitee de l'Act
Torrens., avec ses mesures de publicite et ses delais, serait dangerause en ce qu'elle pous-
serait les Interesses a exercer leurs droits, par consequent, en ce qu'elle amenerait la multi*
plication et la fragmentation des chutes, au lieu de fa*oriser leur concentration, resultat tres
f&cheux au point de vue d'un bon amenagement general des forces bydrauliques.
Tous ces systemes ecartea, on se retrouve en presence des realites tres simples que
nous avons signalees, savoir: d'un cöie les lacunes de la legislation actuelle; de l'autre les
remedes demandes, soit par l'industrie privee en faveur d'usines qui resteraient privees, tout
en acquerant des facilites de creation, soit par l'Administration en faveur d'usines qui acquer-
raient une certaine autonomie industrielle, tout en restant publiques. II n'y a qu'ä donner
satisfaction a ces desiderata en touchant le moins possible au regime legal existant et en le
completant dans la mesure strictement necessaire.
C'est en nous placant dans cet ordre d'idees que nous avons arrgte les tennes du
präsent projet de loi.
Economic generale du projet de loi.
Ce projet se caracterise par les traits suivants:
1° II se borne a creer deux nouvelles categories d'usines: les usines privees
privilegiees et les usines d'utilite publique autonomes; ces nouvelles categories
ne detruisent pas les anciennes, elies s'y superposent et leur emploi est facultatif.
Die weiteren allgemeinen Motive und diejenigen zu den einzelnen Gesetzespara-
graphen sind fortgelassen und es folgt hier gleich der Abdruck des Gesetzentwurfes selber.
Projet de loi.
Le President de la Republique francaise
Decrete:
Le projet de loi dont la teneur suit sera presente ä la Chambre des Deputes par le
Ministre de l'Agriculture, qui est charge d'en exposer les motifs et d'en soutenir la discussion.
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung für Wasserkraftanlagen usw. Anhang. 79
Chapitre premier.
Des usines hydrauliques priväes.
Article premier.
Lee usines hydrauliques priväes sur les cours d'eau non navigables ni flottables sont
divisäes en deux catägories.
La premi&re catägorie comprend oelles qui sont uniquement soumises a la lägislation
anl&rieure a la präsente loi.
La seconde catägorie comprend Celles qui ont obtenu le bänäfice des dispositions de la
präsente loi, dans les formes prävues aux articles 2 et 3 ci-apräs.
Les usiniers pourront, ä leur choix, soit demeurer sous le regime de la lägislation
actuelle, soit demander a bänäficier des dispositions de la präsente loi.
Art 2.
Pour qu'une usine bänäficie des dispositions de la präsente loi, il est näcessaire qu'une
demande erpresse ait ätä formuläe ä cet effet, soit dans la demande en autorisation des
onvrages, soit poetärieurement, s'il s'agit d'une usine ezistante.
Le demandeur doit indiquer les sections de rivee intäressäes, soit par la retenue des
soit par les därivations usiniäres projetäes.
II doit ägalement justifier qu'il dispose:
1° Des terrains näcessaires a l'ätablisseinent de l'usine;
2° De l'une des rives a l'emplacement du barrage projetä;
3° Des droits appartenant aus riverains sur le quart au moins de la longueur des
rives, dans la section intäressäe.
Art 3.
La demande est soumise ä une enquäte, dont les formes sont les mämes que Celles de
l'enquäte prescrite par Particle 12 de la loi du 8 avril 1898.
II est statuä par un däcret en Conseil d'fitat, soit pour .admettre la demande, soit
pour la rejeter, si les conditions näcessaires pour obtenir l'autorisation prävue par la loi du
8 avril 1898 et Celles qui räsultent de la präsente loi ne sont pas remplies, ou s'il ressort de
Ifenquäte des oppositions que le Conseil d'£tat aura jugäes däcisives.
L'autori&atioi* est pärimäe si une partie des travaux hydrauliques, däterminäe par le
däcret, n'est pas exäcutäe dans un dälai de trois'ans a dater de ce däcret Elle pourra tou-
jours ätre retiräe par däcret en Conseil dTfiiat, si les conditions prescrites dans l'acte d'autori-
sation, par application de Particle 6 ci-apr&s, pour la sauvegarde des intäräts gänäraux ne
sont pas remplies ou cessent de l'ätre.
Art. 4.
Lorsqu'une demande en ätablissement d*usine nouvelle a ätä däposäe, des demandes en
concurrence, comprenant en tout ou en partie, la section du cours d'eau intäressäe par la
demande primitive, peuvent ätre formäes au cours de l'instruction ä laquelle eile est
soumise. Elles doivent ätre notifiäes par les soins des demandeurs, ä tous les demandeurs
antärieurs.
Lorsque plusieura demandes se trouvent en concurrence pour une mäme chute, la prä-
färence est donnäe ä celui des demandeurs qui peut justifier qu'il dispose de la fraction la
plus importante des droits appartenant aux riverains.
Lorsque les demandes portant sur des sections diförentes d'un mäme cours d'eau sont
partiellement concurrentes, la präfärence est donnäe & celle qui a pour objet la plus grande
production d'änergie, a la condition que l'äcart en sa faveur, dans les conditions moyennes
d'utilisation des ouvrages ä ätablir dans le dälai de trois ans prävu par Particle präcädent,
soit d'au moins un cinquifeme.
Lorsque, le droit de präfärence ne peut ätre däterminä d'apräs les rfegles präcädentes,
il räsulte de la prioritä de la demande.
Art 5.
La demande en autorisation prävue par les articles präcädents peut ätre formäe par
tone association libre de riverains, constituäe sous le rägime de la loi des 21 juin 1865-
22 däcembre 1888; cette association n'est pas susceptible d'ätre transformäe en association
autorieäe.
80 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
L'association syndicale ainsi constituee peut ceder, 2t titre temporaire ou deÜnitivement,
ses droits aar la chute ou sur l'usine.
Son syndicat a mandat de fixer, entre les associes, les reserves d'eau en nature, les
restitutions de forces motriees et les indemnites en argent» en observant les regles posees aux
article8 8 et suivants de la präsente loi; il repartit entre les interesses tous les produits pro-
venant des cessions prevues & l'alinea precedent» le tout sauf recours au tribunal civil.
Les Statuts deierminent les conditioDS dans lesquelles il est proeede' ä ees diverses
Operations.
Art. 6.
L'acte d'autorisatioii des ouvrages hydrauliques determine les conditions ä remplir
pour la sauvegarde des intärets geneVaux, notamment en ce qui concerne la salubrit6
publique, la protection contre les itiondations, l'alimentation des populatiöns riveraines, les
necessites de l'irrigation, la conservation et la libre circulation du poisson et la protection des
paysages.
II peut contenir des reserves imposant la restitution d'eau, en nature, sur des points
deiermines de la scction, en vue d'entreprises ayant pour objet, soit l'alimentation d'agglo-
meVations non riveraines, soit des irrigations collect! ves. Ces reserves seront non avenues si,
dans un delai de deux ans ä partir de l'acte d'autorisation, le projet qui les a motivees n'a
pas 6i^ approuve, ou si, apres avoir eie approuve, il n'a pas &6 ex6cut£ dans un delai de
trois ans, ä partir de la dale de l'approbation.
Pendant les dix premieres annees, a compter de la mise en exploitation de l'usine,
tonte administration publique peut requisitionner, pour les Services publica qu'elle gere, une
quote-part de l'energie qui n'excede pas le quart en eaux basses. %Cette requisition est
autorisee par un decret motive rendu en Conseil d'£tat sur le rapport du Ministre de l'Agri-
culture et des Ministres aux Departements desquels ressortissent {es Services interesses. La
requisition n'est executoire que moyennant remboursement prealable d'une quote-part correspon-
dante dans les frais d'etablissement de l'usine, ou moyennant payement d'un droit de location
correspondant, si la requisition est temporaire. En cas de litige, la somme ä rembourser, ou
le droit de location, est fixe* par le tribunal civil a dire d'experts.
L' Administration aura la facultä de requisitionner, dans les m&nes conditions, une
quote-part de l'augmentation d'6nergie en eaux basses, produite par des travaux executes, par
application de la presente loi, ä l'effet de developper la puissance d'une usine cr&e anteneurement
ä sa Promulgation.
Art 7.
L'autorisation est donnee sous la reserve des droits des tiers.
Les interesses peuvent saisir le tribunal civil de leurs demandes en reserve ou
en restitution d'eau en natura, en restitution de foroe motrioe, ou en indemnit6. Le juge,
en prononcant, doit concilier les intereis de la proprio avec ceux de l'agrioulture et de
l'industrie.
II peut ordonner qu'une inderanitä provisionnelle sera payee par l'usinier, avant tont
commencement d'execution des travaux prejudiciables.
II s'inspire, en outre, des regles suivantes:
Art. 8.
Peur les irrigations ou les prises d'eau d'alimentation preexistantes, la restitution en
nature et gratuite de IVau peut £tre exigee par les inteVesses; reciproquement, l'usinier a le
droit de se liberal ä leur egard en operant cette restitution et en indemnisant, le cas echeaot,
chacun d'eux des frais qui ]ui seraient imposes par les modifications apportees aux conditions
de l'uülisation de cette eau.
Par exception, et lorsqu'il n'aura pas 6t6 pre*vu dans le decret d'autorisation de
reserves formelles en ce qui concerne les necessites de l'irrigation, le juge peut prononcer, a
charge d'rodemnite', lä diminution ou la suppression de Celles des irrigations existaotes
dont le maintien comporterait des dirficultes excessives, s'il reconnait que la creation des
ouvrages projetes presente un interet notablement plus grand que celui des ouvrages particu-
liers emp6ch6s.
Pour les droits d'irrigarion et d'alimentation dont il n'aurait pas 6t£ fait usage ante»
rieurement ä la demande en autorisation des ouvrages, le juge apprecie si et dans quelle
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung für Wasberkraftanlagen usw. Anhang. 81
iure la räclamation individuelle a fin de räserve en nature qui lui est adressäe doit 6tre
avceueillie, ou ei les droits invoquäs doivent Ätre r6gl&, en tout ou en partie, par une in-
damnit^ en argent L'usinier peut toujours se lib&rer vis-a-vis des titulaires de ces droits, en
leur fournissant en nature l'eaa ntoessaire a leurs fonds bordant le coors d'eau, dans les
oonditions et prix de revient qu'ils auraient pu eux-mgmes räaliser antörieurement par des
ouvrages n'utilisant que Im simple gravitä; oes oonditions et prix de revient seront, en cas de
contestation, fixäs par experts.
Art. 9.
Le droit des riverains a l'usage des eaux a d'autres fins que l'irrigation ou l'alimen-
tation, est transfonnä en droit ä indemnit&
Toutefois, quand il se trouve, dans les sections de oours d'eau int6ress6es par la
cr£ation de la cbute projetäe, des forces rootrices prgexistantes, l'usinier doit restituer aux
ayants droit, si oeux-ci lVxigent, toute l'gnergie dont ils dispoeent La restitution peut 6tre
faite Sons forme d'6nergie 6lectrique, avec indemnit£ de transformation s'il y a lieu.
Les ayante droit peuvent, s'ils le präförent, abandonner leurs droitB a restitution de
l'6nergie en nature moyennant indemnitä.
Pour la restitution de l'änergie en nature prävue ci-dessus, l'usinier aura le droit:
1° D'6tablir a demeure des supports et ancrages pour eonducteurs a£riens d'älectricite,
soit ä l'ext&ieur des murs ou fa9ades donnant sur la voie publique, ,soit sur les toits ou
terrasaes des batiments, a oondition qu'on puisse y accäder par l'ext&rieur;
2° De faire passer les eonducteurs d'6lectricit£ au-dessus des propri6t£s priväes;
3° D'ötablir a demeure des canalisadons souterraines ou des supports pour eonducteurs
Syriens d'6lectricit£, sur des terrains privfo non batis et non fermäs de murs ou autres clötures
äquivalentes ;
4° De couper les branebes d'arbres qui, se trouvant a proximitä des eonducteurs
aäriens d'&ectricitd, pourraient, par leur mouvement ou leur cbute, occasionner des eourts-
cireuits ou des avaries aux ouvrages.
Les droits prtvus aux aliuäas 1 et 2 ci-dessus ne pourront ätre exercäs que sous les
oonditions prescrites, tant au point de vue de la säcuritä qu'au point de vue de la commodite
des habitants, par un rfeglement d'administration publique. Ce rfegiement devra limiter
l'exercioe de oes droits au cas de couranU 61ectriques tels que la pr&ence des eonducteurs
d'61ectricit6 ä proximal des batiments ne soit pas de nature ä präsenter, nonobstant les pr6-
caution8 priaes conformöment aux röglements, des dangers graves pour les personnes ou les
batiments.
L'exäcution des travaux prävus aux alinSaa 1, 2, 3 et 4 ci-dessus doit 6tre pr6c6d6e
d'une notification directe aux int6ress6s et d'une enqu&e speciale dans chaque commune; eile
ne peut avoir lieu qu'apr&s approbation du projet de detail des traeäs par ie prüfet.
Elle n'eutraine aueune d£possession ; la pose d'appuis sur les murs ou fagades ou sur
les toits ou terrasses des batiments ne peut faire obstacle au droit du propriätaire de d&nolir,
rlparer ou surtlever. La pose des canalisations ou supports dans un terrain ouvert et non
bau, ne fait pas non plus obstacle au droit du propri&aire de se clore ou de batir. Le pro-
pri&aire devra, un mois avant d'entreprendre les travaux de d6molition, räparation, sur616va-
tion, clftture ou baiiment, prävenir l'usinier par lettre recommandäe, adressäe au domicile
du dit usinier.
Les indemnitäs aui pourraient Ätre dues ä raison des servitudes d'appui, de passage
ou d'gbrancbage, prgvues aux alin£as 1, 2, 3 et 4 ci-dessus, sont rägläes conform6ment aux
lois des 29 avril 1845 et 11 juillet 1847.
Art. 10. m
Les usines ttablies dans les oonditions de la präsente loi ont le b£n6fice des servi-
tudes d'aqueduc et d'appui de' barrages, telles qu'elles sont r6gl6es par les lois des 29 avril
1846 et 11 juillet 1847. Elles ont 6galement, moyennant une juste et pr6alable indemnitä,
la faculil d'oecoper le lit du oours d'eau et de submerger les berges par le rel&vement du
plan d'eau.
Toutefois, les propri&aires des fonds gravis de ces servitudes ont'la faculte d'exiger
que l'usinier fasse l'acquisition des terrains submerggs, ainsi que des emplacements occup£s
par les ouvrages ou par les canaux ä ciel ouvert.
H*n4boch der In*.-WiMenseh III. Teil. IS. Bd. 6
82 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Le propri&aire peut obliger l'usinier ä effectuer tous lea ouvragee neoessaires pour
Maurer la communication des paroellea traversees.
Toutea lea difficultes aoulevees par l'application du preaent artiole aont de la comp&ence
du tribunal civil.
Chapitre II.
Des uaine8 hydrauliquea däclaräea d'utilite publique.
Art 11.
Lea usines hydrauliquea peuvent £tre 6tablies en vertu d'une declaration d'utilit6
publique et faire Pobjet d'une eonceaaion speciale, lorsqu'ellea ont pour objet principal
d'assurer lea fournitures d'energie neceasairea & des aervicea publica de ITßtal, des departe-
ments, des communea ou des syndicats de commune* ou des associations syndicales autorisecs.
Art 13.
La declaration d'utilite publique est prononcee et la eonceaaion eat approuvee, apres
enquete, par decret deiib6r6 en Cooaeil d'&at, aur le rapport du Miniatre de l'Agriculture et
des Miniatres aux Departements deaquels reaaortiaaent lea aervicea inuSreaaea.
Toutefois la declaration d'utilite' publique eat prononcee par une loi rendue apres en-
qugte et avis du Conaeil d'&at, quand les travaux comportent le detournement des eaux de
leur lit naturel, sur un parcoura d'au moins 20 kilometrea mesurä suivant ce lit
La concession peut ötre accordee, avec facultä de rätrocession, aux departements, com-
munea et syndicats de communea.
Art 13.
Le cabier des chargea de la eonceaaion detarmine:
1° lea Services en vue desquels l'usine eat etablie et les conditiona dana lesquelles ila
seront desservis;
2° la duree de la concession;
3° les ouvrages, terraina, b&timenta et engina de toute nature qui conatituent lea depen-
dancea immobilieres de la eonceaaion ;
4° le reglement d'eau de l'ueine, et notaroment lea mesurea interessant la salubrite
publique, la protection contre lea inondations, l'alimentation des populations riverainea, les
neceaaites de l'irrigation, la conaervation et la libre circulation du poiaaon et la protection
des paysagea;
5° lea droits et obligationa du concessionnaire, tant pendant la duree de la conces-
sion qu'& 8on expiration, et lea reglea relatives au raebat de la eonceaaion et a la decheance,
a'il y a lieu.
Le cabier des cbarges doit etre conforme k un cabier des chargea type approuve* par
decret de1ibe>6 en Gonseil d'Etat Toute derogation qui y aerait apportee doit 6m expressed
ment mentionnee dans l'acte de concession.
Art. 14.
Des modificationa peuvent 6tre apportees, aur la demande du concesaionnaire et en
vertu de decreta rendua en Conaeil d'Etat apres enqultes et motivea, & raffeetation de l'energie,
teile qu'elle eat prevue par le cabier dea cbarges.
Ein outre, ä toute epoque, il y a liberte* de vente et d'emploi dea excedents d'energie
et des reaidua d'exploitation.
Les traites passes par application du paragraphe precedent reateront valables, en caa
de retour de l'uaine h l'autorite" concedarite, pour quelque cause que ce seit» pendant un delai
d&enninl au cabier des cbarges.
Art 15.
A l'expiration du terme fixe, la eonceaaion avec toutea ses dependanoes, tellea qu'ellea
aont delerminees au cabier des cbarges, fait retour & lOStat aana aueune indemnitg.
Dana- lea dix ans qui precedent l'expiration de la concession, une conceasion nou-
velle peut 6tre instituee. Le concessionnaire actuel a un droit de preference, & conditions
äquivalentes.
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung für Wasserkbaftanlagex usw. Anhang. 83
8i, cinq ans avant l'expiration aucune concession nouvelle n'a 6t6 instituee, le conces-
sionnaire peut exiger la Prorogation de sa concession ponr une nouvelle duree de dix ans,
aux conditionB anteneures.
II en est de m6me cinq ans avant l'expiration de chaque nouvelle penode de
dix annfes.
Art. 16.
Lee usines declarees d'utilite1 publique ont le b&ieÜce des servitudes mentionnees a
l'article 10 de la präsente loi.
Elles bengficient egalement, d'une maniere generale, des servitudes d'appni, de'passage
et d96branchage qui sont accordees par l'article 9 aux usines privees privilegiees, pour la
restitution de l'energie en natura.
Lee exprophaiions necessaires pour l'&ablissement des usines d'utilitä publique sont
effectuäes dans les conditions prevues par les cinq derniers paragraphes de l'article 16 de la
loi du 21 raai 1836. Toutefois, s'il s'agit d'exproprier des terrains batis, la loi du 3 mai 1841
est seole applicable.
Art. 17.
Le decret de concession fixe les indemnites qui peuvent 6tre allouees, s'il y a Heu,
pour la privation des droits que les riverains tiennent de l'article 644 du Code civil, dans
les cas oü il n'en aurait pas encore 6t£ fait un usage effectif.
Art. 18.
Les usines declarees d'utilite* publique et leurs dependances immobil i eres, dtfnies par
le cahler des charges, sont classees dans le domaine public.
Leurs ouvrages sont assimiles aux ouvrages dependant de la grande voirie, notamment
au point de vue de la repreeaion des contraventions.
Les contraventions sont passables d'une amende de 16 francs ä 300 francs.
Art. 19.
Les usines qui fönt partie integrante d entreprises declarees d'utilite publique, telles que
chemins de fer, tramways, distributions publiques de lumiere ou de force, etc., bengfictent des
dispositions des articles 10, 14 et 18 ci-dessus.
Les autres dispositions de la presente loi ne peuvent leur Ätre rendues applicables
que par une modification de l'acte de concession, approuvee dans les mdmes formes que celui-ci.
A ddfaut de modification approuvee sous cette forme, elles restent soumises au nieme
regime que l'ensemble de l'entreprise dont elles dependent
Chapitre III.
Des travaux collectifs d'amelioration du regime des cours d'eau.
Art. 20.
L'execution et Ten treuen, des travaux ayant pour objet l'amelioration du regime den
cours d'eau au point de vue industriel et agricole, peuvent donner lieu a la constitutios
d'associations syndicales libres. Cea associations peuvent se transformer en associations auto-
risess, par application de l'article 8 de la loi des 21 juin 1875-22 decembre 1888, dans les
conditions de majorii6 d&erminees par les Statuts.
Art. 21.
Les proprietaires de terrains et d'usines qui ne feraient pas partie de l'association,
mm qui auraient profitl directement des ameliorations apportees au regime des cours d'eau,
pourront etre tenus de payer a l'association, lorsqu'elle aura 6t6 con verde en association
»utoriiee, des indemnites qui seront reglees par le conseil de pr6fecture, sauf recours au
Conseil d'fitat.
Les actions en indemnites de plus-value ne peuvent ötre exereees qu'en vertu d'une
autoriaation prealable accordee par decret rendu en Conseil d'fitat
Le decret peut decider que les indemnites seront payables par annuites, en tenant
compte chaque annee de l'utilisation effective du Supplement d'eau ou de force motrice resultant
des travaux.
6*
84 I. Theodor Koehn. Ausbau vok Wasserkräften. Allgemeines.
Chapitre IV.
Disposition gEnErale.
Art. 22.
Un rEglement d'administration publique dEterminera les mesures nEoessaires ä l'eacäcu-
tion de la präsente loi, et notamment:
1° les pieces ä joindre ä la demande prEvue a l'article 2, ainsi que les regle* a survre
pour constater le dEpät de la demande et pour en fixer la date;
2° le mode de constatation de 1'exEcution des travaux dans le dElai fixE a l'article 3,
ainsi que les formes dans lesquelles oe dElai pourra Etre prorogE en cas de retard rEsultant
de foroe majeure;
3° le mode de notification et d'instruction des demandes en concurrenoe, les d£lais
dans lesquels ces demandes seront recevables et oeux dans lesquels les modifications apportees
aux diverses demandes en cours d'instruction pourront Etre prises en considEration pour
l'exeroice du droit de prEfErence;
4° le mode de constatation de la prescription prEvue au deuxieme paragraphe de
Particle 6;
5° les conditions auxqueiles sera subordonnE, ainsi qu'il est prEvu ä l'article 9, l'Etablia-
sement des Supports pour condueteure d'ElectricitE ;
6° les formes des enquEtes auxqueiles sera soumiae la modification de l'affectation de
l'Energie des usines d'utilitE publique par application de l'article 14;
7° les formes dans lesquelles les intEressEs seront admis a faire valoir leurs titres aux
indemnitEs prEvues par l'article 17.
Fait a Paris, le 9 juin 1906.
8ignE: A. Fallieres.
Par le Präsident de la Republique:
Le Ministre de l'Agriculture,
Signe: Ruau.
b) Loi du 15 juin 1906, s« les Distribution» d'energie.
Le SEnat et la Chambre des dEputEs ont adopte,
Le PrEsident de la Republique promulgue la loi dont la teneur suit:
Titre Ier
Classification des Distributions d'Energie electrique.
Article premier. — Les distributions d'Energie Electrique qui ne sont pas desttnees
a la transmission des signaux et de la parole et auxqueiles le dEcret-loi du 27 dEcembre 1851
n'eat pas d&s lors applicable, sont soumises pour leur Etablissement et leur fonctionnement
aux conditions generales ci-aprös.
Art. 2. — Une distribution d'Energie Electrique n'empruntant en aucun point de son
parcours des voies publiques peut Etre Etablie et exploitee, soit sans autorisation ni declara-
tion, soit lorsque ses conducteurs doivent Etre Etablie, en un point quelconque, ä moins de
10 metres de distance horizontale d'une ligne telegraphique ou* tElEpbonique prEexistante, en
vertu d'une autorisation dElivrEe dans les conditions spEcifiees au titre II de la presente loi.
Art. 3. — Une distribution d'energie Electrique empruntant sur tout ou partie de son
parcours les voies publiques peut Etre exploitEe. soit en vertu de permissions de voirie, sans
durEe dEtermiuEe, dans les conditions spEcifiEes au titre III de la prEsente loi, soit en vertu
de concessions d'une durEe dEtertninEe, avec cahier des charges et tarif maximum, dans' les
conditions speciales 'au titre IV, s'il n'j • pas dEclaration d'utilitE publique, ou dans Celles
spEcifiEes au titre V, s'il y a dEclaration d'utilitE publique.
Elle peut, suivant la demande de l'entrepreneur, Etre soumise simultanEment dans des
communes difiErentes a des rEgimee diffErents, soit oelui des permissions de voirie sur une
partie de son rEseau, soit oelui de la concession simple ou oelui de la conoession dEclarEe
d'utilitE publique dans d'autres parties.
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung für Wasberkraftanlagen usw. Anhang. 85
Titre IL
Des ouvrages de Iransport et de distribution d'energie electrique etablis
exclusi vement sur des terrains prives sous le regime des autori-
sations.
Art. 4. — Les aatorisations prevues par l'article 2 sont delivrees par le prüfet, en
conformit£ de l'avis 6mis par radministration des postes et telegrapbes et dans un delai de
trois mois ä partir de la demande.
Lies installalions visees dans ees autorisations devront satisfaire aux conditioDS tech-
niquea cteterminees par les arr&es prävus & l'article 19 de la präsente loi.
Elles devront etre exploitees et entretennes de maniere a n'apporter par induction,
derivation oo autrement, aucun trouble dans les transmissions telegraphiques et teiepboniques
par lea lignes preexistantes.
Lorsque, pour prevenir ou faire cesser ce trouble, il sera necessaire d'exiger le deplaoe-
ment oo la modification des lignes preexistantes et en cas de non-entente avec Fexploitant, la
nature des travaux 2t exequier sera determinee par le ministre da commerce, de l'industrie, des
postes et des telegraphes, apres avis du comite d'electricite vise par l'article 20. Dans tous
les cas, les frais necessites par ces deplacements ou modifications seront k la charge de
Vexploitant.
Titre III.
Des ouvrages de transport et de distribution d'energie electrique etablis
sous le regime des permissions de voirie.
Art. 5. — Les permissions de voirie sont dälivrees par le prüfet ou par le maire,
suivant que la voie empruntäe rentre dans les attributions de Tun ou de l'autre, sous les con-
ditions ordinaires des arrdtls reglementaires relatifs ä ces permissions, et en outre sous les
conditions stipulees par les reglements d'administration publique vises & l'article 18 de la
präsente loi.
Elles ne peuvent prescrire aucune disposition relative aux conditions commerciales de
l'exploitation.
EUes ne peuvent imposer au permissionnaire aucune charge pecuniaire autre que les
redevaoces pr6vues au paragraphe 7 de l'article 18.
Aucune permission de voirie ne peut faire obstacle ä ce qu'il soit accorde sur les
meines voies des permissions ou concessions concurrentes.
Titre IV.
Regime des concessions simples sans declaration d'utilite publique.
Art. 6. — La concession d'une distribution publique d'energie est donnee, apres
enqoete, soit par la commune ou par le syndicat forme entre plusieurs commune», si la de-
mande de concession ne vise que le territoire de la commune ou du syndicat, soit par l'Etat
dans les autres cas.
Toute concession et soumise aux clauses d'un cahier des cbarges conforme ä Tun
deB types approuves par decret delibere en Conseil d'Etat, sauf les derogationB ou modifi-
cations qui seraient expressement formulees dans les Conventions passees au sujet de la dite
concession.
Art. 7. — Lorsque la concession est de la compe'tence de l'Etat, Facte de concession
est passg par le prüfet, si eile ne s'etend que sur des communes situees dans le territoire du
<tepartement, ou par le ministre des travaux publica, apres avis du ministre de Fint£rieur, si
die s'etend sur des communes situees dans plusieurs d€partements.
Lorsque la concession est de la comp&enoe de la commune, Facte de concession est
passe1 par le maire, en execution d'une deliberation du conseil municipal.
Si la concession est de la competeoce d'un syndicat de communes, Facte de concession
*t pasee par le pr&ident du comite du syndicat, en execution d'une deliberation de ce
comite, homologuee par des delib&aüons des conseil s municipaux de toutes les communes
»yndiquees.
La .concession donnee au nom* de la commuue ou du syndicat de communes n'est
definitive qu'apres avoir 6t£ approuvee par le prüfet.
86 L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Toutefois, ei l'acte de conoession pass6 par le ministre, le prüfet, le maire ou le Pre-
sident du comit6 du syndicat de communes comporte des de>ogations ou modifications au cahier
des cbarges type, il ne devient dlfinitif qu'apres avoir ei6 approuv6 par un deoret delibere en
Conseil d'Etat
Art. 8. — Aucüne conoession ne peut faire obstacle a oe qu'ü soit accordä des per-
missions de voirie ou une conoession ä une entreprise concurrente, sous la reserve que celle-ci
n'aura pas des conditions plus avantageuses.
Toutefois, l'acte par lequel une commune ou un syndicat de communes donne la con-
cession de l'eclairage public et priv6 sur tout ou partie de son territoire peut stipuler que le
conoessionnaire aura seul le droit d'utiliser les voies publiques dependant de la commune ou
des communes syndiquees dans les limites de sa concession, en vue de pourvoir a l'eclairage
priv6 par une distribution publique d'energie, sans que cependant oe privilege puisse s'eteodre
a l'emploi de l'energie a tous usages autres que l'eclairage, ni ä son emploi acoessoire poar
l'eclairage des locaux dans Iesquels l'energie est ainsi utilisee.
Pendant la duree du privilege ainsi institue, les permissions de voirie delivrees per le
prüfet et les actes de concession passes au nom de l'Etat devront tenir compte de ce privi-
lege dans les obligations imposees aux permissionnaires et concession naires.
Art. 9. — L'acte de concession ne peut imposer au conoessionnaire une cbarge pecu-
niaire autre que les redevances prevues au paragrapbe 7 de l'article 18, ni attribuer a l'Etat
ou ä la commune des avantages particuliers autres que les prix reduits d'abonnements qui
seraient accordes aux Services publice pour des fournitures äquivalentes.
Art 10. — La concession oonfere a l'entrepreneur le droit d'executer sur les voies
publiques et leurs dependances tous travaux neoessaires ä l'&ablissement et a Pentretien des
ouvrages en se conformant aux conditions du cahier des cbarges, des reglements de voirie et
des reglements d'administration publique prSvus & l'article 18 ci-apres.
L'autoritS qui a fait la concession a toujoura le droit, pour un motif d'intäret public,
d'exiger la suppression d'une partie quelconque des ouvrages d'une conoession ou d'en faire
modifier les dispositions et le trac6.
L'indemnite qui peut 6tre due dans ce cas au conoessionnaire est fixee par los tribunaux
competents si les obligations et droits de celui-ci ne sont pas regles soit par le cahier des
cbarges, soit par une Convention posterieure.
Titre V.
Regime des concessions döclarees d'utilite1 publique.
Art. 11. — Sont applicables aux concessions declarees d'utilite publique l'article 6>
les paragraphe8 1er, 2 et 3 de l'article 7 et les articles 8, 9 et 10 de la präsente loi.
La declaration d'utilitä publique est prononcee, apres enquäte, par un decret delibere
en Conseil d'Etat, sur le rapport des ministres des travaux publica et de l'inteneur, apres avis
du ministre du commerce, de l'industrie, des postes et des telegrapbes et du ministre de l'agriculture.
L'acte de concession ne devient däfinitif qu'apres avoir ete approuvä par ce deoret.
Art 12. — La delaration d'utililä publique investit le concessionnaire, pour Fexecu-
tion des travaux dependant de la conoession, de tous les droits que les lois et reglements
conferent a l'administration en matiere de travaux publica. Le ooncessionnaire demeure en
meroe temps soumis a toutes les obligations qui dement, pour l'administration, de oes lois et
reglements.
Sil y a lieu ä expropriation, il y est proc6d6 conformement a la loi du 3 mai 1841,
au nom de l'autoritä concedante et aux frais du conoessionnaire.
La declaration d'utilite1 publique d'une distribution d'energie oonfere, en outre, au oon-
cessionnaire le droit:
1° LVetablir ä demeure des Supports et ancrages pour conduoteurs aeriens d'eiectrieite,
soit a l'exterieur des murs ou facades donnant sur la voie publique, soit sur les toits et ter-
rasse8 des b&timents, ä la condiüon qu'on y puisse acceder par l'exterieur, 6taut specific que
ce droit ne pourra etre exerce que sous les conditions prescrites, tant au point de vue de la
securitä qu'au point de vue de la commodite des babitants, par les reglements d'administration
publique prevus ä l'article 18, lesdits reglements devant limiter Fexercioe de ce droit au cas
de courants electriques tels que la presenee desdits conducteurs d'electricite a proximite des
bfttiroents ne soit pas de natura a presenter, nonobstant les precautions prises conformement
aux reglements, des dangers graves pour les personnes ou les b&tiroents;
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung pöb Wasberkbaftanlagen usw. Anhang. 87
2° De faire passer les conducteurs d'dectrioite au-dessus des propri&es privees, sous
les mgmes conditions et r&erves que Celles spfciBees & Talinea 1° ci-dessus;
3° D'&ablir a demeure des canalisations souterraines, ou des Supports pour conducteurs
a6riena, äur des terrains priv& non batis, qui ne sont pas ferm£s de murs ou autres clfttures
äquivalentes;
4° De oouper les branches d'arbre qui, se trouvant a proximitö des conducteurs aeriens
d'6lectrieit6, pourraient, par leur mouvement ou leur chute, oocasionner des courts-circuits ou
des avaries auz ouvrages.
L'ex&ution des travaux prävus aux alinäas 1° et 4° ci-dessus doit 6tre prfeedee d'une
notification directe aux inteiessäs et d'une enqu&e speciale dans chaque commune; eile ne
peut avoir lieu qu'apres approbation du projet de detail des traces par le prüfet.
Elle n'entralne aucune däpossession ; la pose d'appuis sur les murs ou facades ou sur
les toito ou terrasses des batiments ne peut faire obstacle au droit du propri&atre de dlmolir,
räparer ou surelever. La pose des canalisations ou supports dans un terrain ouvert et non
b&ti ne fait pas non plus obstacle au droit du proprieiaire de se clore ou de bfttir. Le pro-
priätaire devra, un mois avant d'entrepreudre les travaux de d&nolition, rgparation, suräleva-
Uod, ctöture ou bätiment, pr6venir le concessionnaire par lettre recommandee adressee au do-
micile 6Iu par ledit concessionnaire.
Les indemnitäs qui pourraient etre dues a raison des servitudes d'apptri, de passage
ou d'6branchage, prevues aux alinöas 1°, 2°, 3° et 4° ci-dessus, sont rgglees en premier ressort
par le juge de paix: s'il y a expertise, le juge ne peut nommer qu'un seul expert
Titre VI.
Conditions communes & l'6tablissement et ä l'exploit ation des disfribu-
tions sous le räginve des permissions de voirie ou des concessions.
Art. 13. — L'&ablissement et exploitation des lignes de transport d'energie electrique
plaoäes sous le regime, soit du titre III, soit du titre IV, soit du titre V de la präsente loi,
aont soumises aux conditions ci-apres.
Art 14. — Les projets sont examinäs par les representants des Services interesses
dans une oonftreuoe a laquelle prennent part, dans tous les cas, les representants de Padmi-
nistration des poeter et des t616graphes. 8i l'accord en vue de l'execution des projets n'inter-
▼ient pas au cours de la Conference, Faffaire est soumise au comit£ d'electricitä. 8i tous les
ministres intereesäs n'adherent pas ä Favis du comitä, il est Statut par decret en conseil des
ministres.
Art. 16. — La mise en Service d'une distribution d'energie älectrique ne peut avoir
lieu qu'a la suite des essais faits en pr&ence du Service du controle et des representants
des Services int&essäs, et apres delivrance, par le prüfet, d'une autorisation de circulation
du courant
Art. 16. — Le conträle de la construotion et de Fexploitation est exerc6 sous
l'autoritö du ministre des travaux publies, soit par les agents qu'U aura delegues ä cet effet
lorsqull s'agit de coueeesions donness par l'Etat ou de permissions pour des distributions
empruntant en tout ou en partie la grande voirie, soit par les agents deleguta par les muni-
dpalites lorsqu'il s'agit de concessions donnees par les communes ou les syndicats de
communes ou de permissions pour les distributions n'empruntant que les voies vicinales
ou urbaines.
Art. 17. — L'administration des postes et des telägraphes peut adresser au service du
centrale, oonstiträ comme il est dit & l'artide 16, une requisition ä 1'efFet de prendre toutes
les mesurss neoessaires pour pr&renir ou faire cesser toute perturbation nuisible aux trans-
misaions par les lignes tällgraphiques ou telephoniques actuellement existantes dans le rayon
d'influence des conducteurs d'energie electrique.
8emblable requisition peut Ätre adressee au service du contröle par les fonctionnaires
ehargäs de la survefllance de tout service public dont la marche subirait une atteinte du fait
du fonctionnement d'une distribution d'energie.
Le service du contrftle est tenu de prendre les mesures neoessaires pour qu'U soit im-
m6diatea>ent däf&ne a la requisition.
En cas de oontestation, il est ensuite procedä comme il est dit & l'article 14.
Art 18. — Des reglementa d'administration publique, rendus sur le rapport du
88 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
ministre de Pinterieur, du ministre dee travaux publica, du ministre du commerce, de Pindustrie,
des postes et des telegraphes, du ministre de Pagriculture et, en outre, sur Je rapport du
ministre des finances pour les reglements de Palinea 7°, deWmioent:
1° La forme des enqudtes prävues aux articles 6, 11 et 12, Staat stipull que Pavis
des coDseils municipaux int§resses devra £tre demande' au eours de oes enqudtes;
2° Les forme» de l'instruction des projets et de leur approbation;
3d L'organisation du oontrole de la constractioo et de Pexp^oitation dout les frais soot
ä la charge du concessionnaire ou du permissionnaire ;
4° Les conditions g£n6rale8 et d'int^rdt public auxquelles deyront satisfaire les ouvrages
servant a la distribution d'6nergie, soit en vertu de concessions, soit en vertu de pennissions
de voirie;
5° La forme des requisitions ä adresser en exeeution de Particle 17;
6° Les mesures relatives a la polioe et a la securit& de Pexploitatkra des distributions
d'energie ;
7° Les tarifs des redevances dues a PEtat, aux departements et aux communes, en
raison de Poecupation du domaine public par les ouvrages des entreprises concedees ou munies
de pennissions de voirie;
8° Et, en ggneral, toutes les mesures necessaires a Pexecution de la presente loi.
Les reglements visäs par les alineas 2°, 4° et 6° seront pris apres avis du eomit£
d'electriche.
Art. 19. — Des arretes pris par le ministre des travaux publice et le ministre du
commerce, de Pindustrie, des poetes et des telegraphes, apres avis du comitS d'6lectricite,
determinent les conditions techniques auxquelles devront satisfaire les distributions d'energie
au point de vue de la securite* des personnes et des Services . publica interesses, ainsi qu'an
point de vue de la protection des paysages. Ces conditions seront soumises a une revision
annuelle.
Titre VIL
Dispositions diverses.
Art 20. — II sera forme un comite1 d'electpcitä, composeV pour une moitie de repre-
sentant8 professionnels francais des grandes industries älectriques et, pour Pautre moitie, de
membres pris dans les administrations de Pinterieur, des travaux publics, du commerce, de
Pindustrie, des postes et des telegraphes, de la guerre et de Pagriculture.
Les fonctionnaires, membres de ce comite, au nombre de quinze, seront nommes par
decret sur les propositions que les ministres de Pinterieur, des travaux publice, du commerce,
de Pindustrie, des postes et des telegraphes, de la guerre et de l'agriculture ffresenteront» chacun
en ce qui le concerne, ä raison de trois par ministere.
Les representants professionnels des grandes industries electriques, au nombre de quinze,
seront nommes par decret, sur les propositions du ministre des travaux publics et du ministre
du commerce, de Pindustrie, des postes et des telegraphes.
Le comite donnera son avis dans les cas prevus par la presente loi et sur toutes les
questions dont les ministres interesses le saisiront.
Le mode de son fonctionnement sera determine par un reglement d'administration
publique.
Art. 21. — La dedaration d'utilitä publique d'ouvrages ä ex£cuter par PEtat, un
departement, une commune ou une association syndicale de la loi du 26 juin 1866, modifiee
par celle du 22 decembre 1888, ou par leur concessionnaire, confere a Padministration ou au
concessionnaire pour Pätablissement ou le fonctionnement des conducteurs d'energie employes
a Pexploitation de ces ouvrages, les droits de passage, d'appui et d'ebrancbage specifies a
Particle 12 ci-dessus, avec application des dispositions speciales edictees a cet effet par les
reglements d'administration publique prävus ä Particle 18.
Le benefice de ces droits restera acquis a Padministration ou au concessionnaire, meine
dans le cas oü P€nergie serait fournie aux conducteurs par une usine privee ou par une entre-
prise de distribution publique d'energie non declaree d'utilite publique, et aussi dans le cas
oü les ouvrages serviraient simultan^ment ä un transport d'energie destine* ä des usages autres
que le service public ou le service de Passociation syndicale.
Art. 22. — Les contestations et reclamations auxquelles peut donner lieu Papplication
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung füb Wasserkraftanlagen usw. Anhang. 89
iree prises an vue de la protection des transmissions telegraphiques et telephoniques,
et, en gäneral, de la marche de tout servioe public, sont jugees par le Conseil de preiecture,
sauf reeours au Conseil d'Etat, comme eu matiere de dommages causes par l'execution des
Art 23. — Toiite eontravention aux arretes d'autorisation pris en conformitä des
diapoaitioos da titre II de la präsente loi sera, apres une mise en demeure non suivie d'effet,
pania des penalites portees a l'article 2 da decret-loi da 27 deoembre 1851. Elle sera con-
atatfe, poursuivie et reprimee dans les formes deierroinees au titre V dudit decret.
Art. 24. — Lorsque le permissionDaire ou le conoessionnaire d'une distribudon d'energie
eootraTiefidra aox danses de la peraission de voirie ou da cahier des charges de la eonceasion
oa tax deetsions rendues en execution de ees claases, en oe qai concerne le servioe de la
navigation ou des cbemins de fer ou tramways, la viabilitö des voies nationales, departemen-
tale* ou oommunales, le libre ecoulement des eaux, le fonctionnement des Communications
ttittgnphiqaes oa telephoniques, proces-verbal sera dresse* de la eontravention par les agents
da servioe interesee dument assermentes.
Gas contraventions seront poursuivies et jugees comme en matiere de grande voirie et
punies d'une amende de seile francs (16 fr.) a trois cents francs (300 fr.), sans prejudice de
la. reparation da dommage caus6.
Le servioe du centrale pourra prendre imm&liatement toutes les mesures provisoires
pour faire cesser le dommage, comme il est procede en matiere de voirie. Les frais
qa'entralnera l'execution de oes mesures,' ainsi que ceux des travaux que les administrations
inlemaaees auraient 6t6 amenees a faire comme suite ä la requisition visee ä rarticle 17,
seront a la charge du permissionnaire ou du conoessionnaire. II en sera de mime pour
les frais avances par l'Etat pour la modification des installations des Services publica pre-
Art 25. — Toute infraction aux disposidons eclictees dans Tinteret de la securitä des
peraonnes, soit par des regleinents d'administration publique, soit par les arr&es vises ä
l'article 19, sera poursuivie devant les tribunaux correcdonnels et punie d'une amende de
seile francs (16 fr.) a trois mille francs (3.000 fr.), sans prejudice de l'application des pena-
lites prevues au Code penal, en cas d'aeeident resultant de l'infraetion.
Les delits et contraventions pourront 6tre constates par des proees-verbaux dresses par
las officio» de police judiciaire, les Ingenieurs et agents des ponts et chaussees et des mines,
les ingenieurs et agents du servioe des tälegraphes, les agents voyers, les agents munieipaux
chargee de la surveillance ou du contröle et les gardes particuliera du conoessionnaire agr&s
par l'administration et dütnent assermentes.
Obs proees-verbaux feront foi jusqu'a preuve du contraire.
Us seront vises pour timbre et enregistres en de'bet.
Oeux qui seront dresses par des gardes particuliera assermentes devront 6tre affirmes
dans les trois jours, ä peine de nullite, devant le juge de paix ou le maire, soit du lieu du
delit ou de la eontravention, soit de la residence de l'agent
Art 26. — Sont maintenues dans leur forme et teneur les concessions et permissions
aooordees par des actes anteneurs ä la presente loi»
Art 27. — Sont abrogees la loi du 25 juin 1895 et toutes les disposidons oontraires
a la presente loi.
La presente loi, deliberee et adoptee par le Senat et par la Ghambre des deputes, sera
executee comme loi d'Etat
Fait a Paris, le 15 juin 1906.
A. Fallieres.
Par le President de la Republique:
Le ministre de travaux publica, des postes
et des telegrapnes.
Louis Barthou.
Le ministre de l'int&ieur,
O. Clemenceau.
90 I. Theodor Koehn. Ausbau vom Wasserkräften. Allgemeines.
e) Rapport fait au nom de la Commission **) chargee d'examiner la propositioa de
loi, adoptee par la Chambre des Deputes, sur les Distributions d'energie.
par M, Chautemps,
Senateur.
Messieurs,
Dans sa seance da 27 ftvrier 1906, la Chambre des Deputes a adopted sur le rapport
de M. Leon Janet, une proposition de loi concernant les distributions d'energie electrique non
destinees ä la telegraphie ni ä la teJepbonie.
Cette question etait pendante devant la Chambre des Deputes depuis le 12 juillet
1897, jour oü fut depos6 le projet de loi qu'avait Labore une Commission presidee par M.
Armand Rousseau, conseiller d'Etat (1894), et qui avait 6t6 adopt£ plus tard (1896) par le
Conseil d'Etat
Elle avait donn6 Heu a un rapport de M. Guillain (8 fevrier 1898), puis, sous la
legislature suivante, de M. Andrö Berthelot.
Les premiers projets de lois (rapports Guillain et Berthelot) s'appliquaient aux divers
modes de transport de l'energie, aux conduites d'eau & haute-pression et aux eonduites d'air
comprime oomme aux condueteurs d'electricite ; celul qui a &6 finalement adopte par la
Chambre des Deputes, sur le rapport de M. Leon Janet, ne vise que les distributions d'energie
electrique.
Une autre dissemblance separe encore le texte adopte par la Chambre des Deputes de
oelui qui eiait annexe au rapport de M. Andre Berthelot, e'est que ce dernier s'appliquait
seulement aux entreprraes ayant pour objet la distribution de l'energie electrique au public,
tandis que le texte presente ä la Chambre des Deputes par M. Leon Janet s'applique egale-
ment aux distributions n'interessant que les particuiiers.
Le texte adoptl presente enfin, sur le projet Berthelot, cet autre avantage tres precieux
qu'on j a incorporä les dispositions de la loi du 25 juin 1895 qui restent en vigueur, et
qu'ainsi, la loi de 1895 pouvant Atre abrogee, la loi nouvelle sera une codification en un seul
texte de toutes les dispositions legales concernant les distributions d'energie electrique.
Insuffisance de la legislation actuelle.
Dans l'&at actuel de la legislation, les entreprises de distribution d'energie sont regies
par la loi du 25 juin 1895, «concernant l'eiablisseraent des condueteurs d'energie electrique
amres que les condueteurs telegraphiques et tglephoniques », et par les dispositions de la loi
municipale de 1884 qui autorisent, d'une maniere generale, les maires a conceder l'usage des
voies publiques communalea.
La loi du 25 juin 1895 ne prevoit que trois regimes, la liberte absolue, l'autorisation
et la permission de voirie etc.
Tarif maximum. — Redevances- — Monopole.
Tarif maximum. — Tonte coneeesion, qu'elle soit donnee par la commune, par un
syndicat de commune« ou par l'Etat, est soumise a un cahier des charges conforme a Tun
des types approuves par decret delibere en Conseil d'Etat, et il est dit ä l'article 3 que « les
ooncessions d'une duree d&erminee, qu'elles soient ou non d'utüit£ publique, seront soumises
ä un cahier des charges, avec tarif maximum».
Le rapport de M. Leon Janet nous apprend que la proposition d'un tarif maximum
a 6te vivement com battue par les industriels qui ont et6 entendus devant la Commission de
la Chambre des Deputes; tous ont reclanae la plus grande liberte pour la fixation des prix
des courants, faisant valoir que les prix de revient dependaient de circonstances diverses,
telles que Fheure de la livraison, la quantite demandee, la regularite" exigee, etc.; ils ont
demande, pour ce motu, que la plus grande liberte füt laissee aux autoriuSs concedantes;
mais la Chambre des Deputes a estiroe, dÜaccord avec sa Commission, qu'il n'etait pas possible
d'aller jusqu'ä la liberte absolue des tarifs, et que rintroduetion d'un tarif maximum dans
t*) Diese Kommission ist zusammengesetzt ans: de MM. Berthelot, President; Genet,
8ecr6taire; Fougeirol, Paul le Roax, Chantemps, Charles Prevet, Goutant, Pedebidon,
Francoz.
§ 2. Die Lage der Gesetzgebung für Wassebkraftanlagen uenfr. Anhang. 91
*•
les cahiers des charges types aurait l'avantage de prevenir certains abus. La Commission du
S€nat> poar ne paa retarder le vote de la loi, s'est ralltee ä cette manifere de voir.
Redevances. — L'article 18 stipule que des rfeglements d'adrainistration publique
d&ermineront:
••• • ••••••••i
7* Lee tarife des redevaocee dues ä l'Etat, aux departements et aux commune«, ä
raison de l'oocupation du domaine public par lee ouvrages des entreprises conc6d6es ou munies
de permissions de voirie.
Lee tarifs des redevances ont fait l'objet d'un commentaire interessant dans le rapport
präsente ä la Chambre des D6put& par M. Andre Berthelot (n+ 1054 de la 7# legislature,
p. 36); nous croyons utile de reproduire ici oes quelques lignes:
«Getto redevance doit tenir compte pour les canalisations souterraines, du Supplement
des frais d'entretien que la presence de oes canalisations impose necessairement au service
de la voirie, quelque imperatives que soient les prescriptions qui mettent & la cbarge des
ooncessionnaires les frais de r6fection et d'entretien temporaire des chauss^es k la suite de
ees travaux. En oe qui ooncerne les conducteurs Syriens, la redevance est plut6t une rede-
vance nominale, destinäe iL affirmer les droits du domaine public. 11 est n^cessaire de faire
en sorte que les redevances qui seront impos6es aux concessionnaires oonservent ces
caracteres, et que le däveloppement des distributions ne soit paa entravä par 1'esprit de
fiscalite des administrations. Cest pourquoi le Gouvernement et la Commission propoaent
de faire fixer par un reglement d'administration publique un tarif uniforme, qui liera iL la
fots rAdministration des domaines pour l'Etat et les Administrations däpartementales et
oommunales. »
La Commission de la Chambre avait adopte, dans un m£me esprit, une disposition
fixant le maximum de la redevance fiscale par kilometae, mais eile a finalement abandonne
\ cette disposition.
La Commission du Senat eftt volontiere adopte un texte mettant un freio k l'esprit de
fiscalite excessif de certaines municipalites» mais eile en a et6 61oign£e par son desir de ne
pas modifier, si peu que oe füt, le texte adopte par la Chambre des D6put6s, et eile s'est
born6e iL prier son rapporteur d'insister fortement sur la necessite de ne pas oonsidörer les
redevances de l'article 18 comme un impftt, mais comme l'indemmte justement dne pour le
Supplement de depenses d'entretien que la presence des canalisations peut occasionner a la
charge des Services de voirie.
Monopole. — Le texte adopte par la Chambre ne permet, en aucun cas, que l'energie
destin6e iL la foroe motrice puisse faire l'objet d'un monopole; eile autorise les monopoles d'une
duree maxima de trente ans pour Feclairage eiectrique, estimant que l'interdiction ou la limi-
tation trop etroite du monopole empecherait beaucoup de petites communes de trouver des
concessionn aires.
La Commission du Senat s'est rang£e iL cette maniere de voir.
Organisation du contrAle des distributions d'energie.
La loi de 1895 ne donne pas l'unite de contrdle. Les conflits sont frequenta entre
les agents des Postes et Teiegraphes et ceux des Travaux pu blies.
La nouvelle loi cree cette unite en faisant intervenir les Conferences mixtes des Services
Interesses,
Elle reorganise le oomite superieur d'electricite, dans lequel eile fait entrer pour moitie
les representants professionnels des grandes industries eiectriques.
Du transfert de l'energie eiectrique iL l'etranger.
La Commission avait termine l'examen de la präsente proposition de loi et adopte,
sans changement, le texte vote dejiL par la Chambre, lorsque, oecupe iL corriger les epreuves
de ce travail, le rapporteur soussigue, qui represente un pays de houille blanche et en m£me
tempe un pays frontfere, eut son attention appeiee sur la poesibilite du transfert hors de
France de l'energie eiectrique produite par des forces hydrauliques francaises.
92 I. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Le Cooseil national de la Confederation helvetique a pris, en effet, nn airtte* en
du 31 mars 1906, en vertu duquel < la derivation, ä l'etranger, d'energie electrique provenant
de forees hydrauliques suisses ne peut avoir lieu sans l'autori&ation du Conseil föderal >; et
eette autorisation, qui n'est accordee qu'«en iant que la force hydraulique ne trouve pas
d'emploi en Suisse», est donnee pour un temps limited dont la duree ne peut exender vingt
ans; eile peut etre retiree en tout temps, moyennant indemnitä, pour des raisons d'utilit£
publique.
La neoessite' d'une disposition de loi analogue s'impose evidemment pour la France;
mais allions-nous provoquer une nouvelle reunion de la Commission senatoriale pour )ui pro-
poeer l'addition d'un texte, ou bien n'etait-il pas preTerable, vu l'impatience, avec laquelle est
attendu le vote deÜnitif de la loi sur les distributions d'änergie, de ne rien changer au texte
de la Cbambre et de demander a une propoeition de loi speciale le reglement de la question
soulevee par le recent arrete föderal?
Nous nous sommes deeides pour cette derniere procedura*').
Nous avons dono l'honneur de proposer au Senat l'adoption du projet de loi auivant,
qui est identique au texte vot£ par la Cbambre des D6putes.
Anlage III.
a) Message du Conseil föderal a l'Assemblee föderale concernant un projet d'arrete
föderal sur l'utilisation des forees hydrauliques de la Suisse a Fetranger88).
(Du 4 decembre 1905.)
Monsieur le President et Messieurs,
La Suisse possede, comme pays de montagnes, une r&erve de forees hydrauliques
d'une utilisation relativement facile; c'est un capital qui constitue une partie importante de la
richesse nationale et la valeur en a ete considerablement augmentee ä partir du jour oü,
l'electricitl inaugurant sa marche triomphale ä travers le monde, la teebnique de la trans-
formation des fbroes hydrauliques en eoergie electrique a pris un essor qui tient du prodige.
Grftce aux progres realises dans ce domaine, la Suisse, jusqu'ici tributaire de l'etranger pour
la bouille destinee ä la produetion de la force mecanique, peut remplacer desormais ce com-
busüble, dans une tres forte mesure, par la force hydraulique indigene. Or, s'il est vrai que
nous dependons de l'&ranger pour Pecoulement de nos produits industriell nous devons, en
revanche, saluer avec joie la reduetion du tribut que nous payons au dehors pour la plus
importante des matieres premiere» necessaires a notre Industrie. Aussi le peuple suisse a-t-il
dejä le sentiment que nos forees hydrauliques constituent une ressource inappreciabie, sur
laquelle il doit veiller plus soigneusement qu'il ne l'a fait jusqu'ici. D'oü la neoessite, pour
les autorites du pays, de se preoecuper de la question et d'y vouer une plus grande attention
que jusqu'a ce jour. Nous avons ä veiller en premiere ligne ä ce que la Suisse puisse dis-
poser des forees hydrauliques necessaires lorsqu'elle voudra exploiter par l'^lectricite ses voies
ferrees, dont la plupart sout dejä nationalisees. Nous avons a travailler, en second lieu, a
assurer lemploi de nos chutes d'eau au profit de la produetion et de la consommation indi-
genes. Enfin, nous devons aviser aux voies e moyens d'utiliser les forees hydrauliques du
pays d'une maniere rationelle et dans l'int£ret de l'ensemble de la population, de prevenir la
dilapidation de ce bien commun et d'eviter, en troisieme lieu, que l'Etat ne soit un jour oblige
de recourir exclusivement au moyen tres onereux de l'expropriation pour le rachat de ce qui
est dejä concede ou le sera encore.
Comme vous le savez, nous aecordons, depuis un certain temps deja, toute notre atten-
tion ä la premiere de ces taches.
Nous nous oecupons de la deuxieme dans Texpose et les propositions qui vont suivre.
La realisation du troisieme et du plus important des buts a poursuivre offre de
27) Die Kommission hat dann einen Gesetzentwurf vorgelegt, welcher fast identisch ist mit
dem Entwurf des schweizerischen Bandesrats, welcher am 31. März 1906 von der Bundes- Versammlung
angenommen wurde und dessen Wortlaut nebst Motiven in Anlage III abgedruckt ist
*») Ein deutscher Text stand leider für den Abdruck nicht zur Vertagung.
§ 2. Die Laos dbr Gesetzgebung für Wasberkraftaiilagen usw. Anhang. 93
difficultes, en tant que la tache incombe ä la Confed Gration. La principale
difficolt^ reside dans le fait que la ConfSderation doit prealablement s'entendre avec les can-
tons et irouver le mayen de tenir suffisamment compte de leurs interets legitimes. Nous
▼oaerone a cette troisieme tache toute la sollicitude qu'elle merite.
£xaminons aujourd'bui de plus prfcs le deuxieme but ä atteindre.
L»a charge ou pente de dos coure d'eau et des affluents de nos lacs est une proprio
publique, au sens strict du mot, et, dans une acception plus etendue, un bien national. Les
eommoDes, les cantons et la Confederation s'efforoent de regulariser le oours des fleuves,
rivieres ou torrents, d'empecher la destruction des installations hydrauliquee qui existent deja
ei de prevenir les degats auzqueis sont exposees ces installations ou auxquels pourraient l'etre
Celles qui seront creess plus tard. Le pays a deja depens£ dans ce but plusieurs oentaines
de millions de franes. Or, bien que la cooreetion de nos oours d'eau profite egalement dans
une large mesure aux Etats voisins sitae* en aval, la Suisse a toujours pris la depense ex-
clusivement ä sa Charge.
Cest une raison de plus pour nous d'envisager comme notre droit et, a l'egard du
peuple, comme notre devoir, d'assurer au pays, dans Finteret national, l'utilisation des cbutes
d'eau qui existent sur le territoire suisse. Aussi longtempe et en tant que ces dernieres ne
sont pas utilisees en Suisse, rien n'empeche d'en conceder la jouissance dans les Etats voisins.
Mais des qu'elles trouvent cbez nous leur emploi, c'est ä cet emploi dans l'interieur du
pays qu'elles doivent 6tre affectees en toute premiere ligne. Et si nos forces hydrauliques
devaieDt contribuer ä assurer In victoire coutre nous ä l'industrie etrangere, qui travaille deja
dans des conditions plus favorables que la n6tre au double point de vue des salaires et de
l'ecoulement des produits, nous voulons pouvoir retirer des mains de nos concurrents des
armes qui sont ä nous.
Nous vous proposons en consequence un arr&e qui nous permette de conserver a notre
pays ce qui lui appartient.
Pour des raisons qu'il serait superflu de discuter, nous avons la conviction que les
mesures necessaires doivent etre prises par la Confederation et doivent rentrer dans ses
attributions.
Nous estimons que la compeieuce de la Confederation derive de son but d'accroftre la
prosperitg commune des confederes (article 2 de la Constitution federale).
La question revet un caractere d'urgence, particulierement ä parür du moment oü
Ton apprend que l'autoritä föderale s'en occupe. Nous proposons des lors d'ajouter a
rarretä föderal la clause d'urgence, d'autant plus justitiee que nous • sommes tout ä fait
sürs que les mesures que nous proposons repondent aux vc&ux de la grande majorite du
peuple suisse.
Nous nous permettons, en terra inant, d'insister pour que cet objet soit liquide deÜni-
tivement pendant la session de l'Asseroblee föderale qui s'ouvre aujourd'hui. Cette demande
est motivee par les memes raisons qui militent en faveur de la clause d'urgence.
Veuillez agreer, monsieur le President et Messieurs, l'assurance de notre haute con-
sideration.
Berne, le 4 decembre 1905.
Au nom du Conseil federal suisse:
Le predident de la Confederation,
Ruche t.
Le I" vice chancelier.
Schatzmann.
Projet d'arr£t£ federal concernant l'utilisation des forces hydrauliques
de la Suisse ä l'etranger.
L'assemblee federale de la confederation Suisse.
Vu le message du Conseil föderal du 4 decembre 1905;
En execution de Farticle 2 de la Constitution federale,
Arr6te:
Art. 1er — La derivation, ä l'etranger, d'energie electrique provenant en tolalite ou
en partie de forces hydrauliques suisses ne peut avoir Heu sans l'autorisation du Conseil
federal. Les traites intemationaux demeurent reserves.
94 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines..
Art 2. — La demande d'autorisation doit 6tre adresse« au Conseil föderal par
l'entremise des gouvernements cantonaux, qoi preavisent en ro^me temps aar l'objet de la
rcqudte.
Art 3. — Le Conseil f6de>al acoorde l'autorisation en tant que la force hydraulique
ne trouve pas d'emploi en Suisse, et dans )a mesure seulement oü l'utilisation qui en est faifce
& Fetranger ne lese aucun int6r6t Baisse.
Art 4. — L'autorisation est aceordee pour un temps limited dont la duree ne pent
excäder vingt ans, et eile petit 6tre renouvelee oa modifiee une ou plusieurs fois, & la requ6te
du propri&aire. La disposition de l'article 2 est egalement applicable aus demandes de
renouvel lernen t ou de modification.
Art 5. — Moyennant indemnitä, le Gonseil föderal peut retirer en tout temps son
autorisation pendant la periode pour laquelle eile a &£ aceordee. Le Tribunal fecteral jage
les cas de contestation sur le chiffre de l'indemnitä.
Art 6. — La souverainäte* cantonale en matiere d'impöt et la legislation des cantons
sur les cours d'eau demeurent garanties dans les limites de la Constitution föderale et du
präsent arr6t£.
Art. 7. — Le Gonseil föderal est charge* d'exöcuter le präsent aristo.
Art 8. — Vu Particle 89, 2° alinea, de la Constitution f ödende, le present arr&6
est döclarö d'urgence et entre immödiatement en vigueur.
Anlage IV.
Statut der „Wupper-Thalsp^nren- Genossenschaft",
Wir Wilhelm,- von Gottes Gnaden König von Preussen etc. verordnen auf Grund des
§ 57 des Gesetzes vom 1. April 1879 (Gesetzsammlung 8. 297) und des Artikels 1 des Ge-
setzes vom 19. Mai 1891 (Gesetzsammlung 8. 97) nach Anhörung der Betheiligten was folgt:
§ 1.
Die Eigen thümer der in den Plänen des Professors Intze zu Aachen vom April 1894
beziehungsweise vom Oktober 1896 enthaltenen gewerblichen Anlagen im Gebiete der Wupper
und ihrer Nebenflüsse werden zu einer Genossenschaft vereinigt, welche die Anlegung, Benutzung
und Unterhaltung von Sammelbecken für die Wupper und ihre Nebenflüsse zur besseren Aus«
nutzüng der gewerblichen Triebkraft und zur besseren Benutzung des Wassers zu sonstigen
gewerblichen Zwecken beabsichtigt.
Die zunäebt in Angriff zu nehmenden Sammelbecken im Brucher- und im Beverthale
sind auf Lageplaoen, die ein Zubehör der zu Grunde liegenden oben angeführten Pläne bilden,
mit Höhen-Curven der für die Anlage der beiden Thalsperren bestimmten Terrains in den ge-
nannten Thalern, im Mai 1888 angefertigt durch den Kataster-Controlleur 8teffen, dargestellt
und werden daselbst nach Nordwest im Brucherthale, nach Süden im Beverthale durch den roth
angelegten Grundriss der Sperrmauer, im Übrigen durch die Höhen- Cur ve 362,55 m über N. N.
für das Brucherthal und durch die Höhen-Curve 286,43 m über N. N. für das Bevertbal
begrenzt
Die sur Herstellung, Unterhaltung und Ausnutzung der Sammelbecken, sowie zum
Schutze der unterhalb derselben liegenden Grundstücke und Gebäuhchkeiten zu erbauenden
8perrmauern sind auf den ebenfalls ein Zubehör der Pläne bildenden „Project- Zeichnungen zu
der Thalsperre im Brucherthale für 750000 cbm Inhalt und zu der Thalsperre im Beverthale für
3000000cbm Inhalt, entworfen und berechnet durch O. Intze, Professor/' in Vorderansicht,
Grundriss und Querschnitt dargestellt und mit einer graphischen Festigkeitsberechnung versehen.
Die bei dem Unternehmen betheiligten gewerblichen Anlagen sind in den ein weiteres
Zubehör der Pläne bildenden Lagezeichnungen mit rother Farbe kenntlich gemacht. Auch sind
diese Anlagen in den zugehörigen Verzeichnissen unter Angabe ihrer Eigenthümer und des in
den Voranschlägen ermittelten Vortheils speoiell nachgewiesen.
Karten und Register werden mit einem auf das Datum des genehmigten Statuts Bezug
nehmenden Beglaubigungsvermerke versehen und bei der Aufsichtsbehörde der Genossenschaft
niedergelegt.
§ 2. Die Lage deb Gesetzgebung für Wabsebxraftanlagen usw. Anhang. 95
Abänderungen der Projecte, die im Laufe der Ausfabrang sich als erforderlich heraus-
stellen, können vom Genossenschaftsvorstande beschlossen werden. Der Besohl uss bedarf jedoch
der Genehmigung der staatlichen Aufsichtsbehörde.
Vor Ertheilung der Genehmigung sind diejenigen Genossen zu hören/ deren Grundstücke
Atilagen durch die Veränderungen direkt in Mitleidenschaft gezogen werden.
§2.
Die Genossenschaft fuhrt den Namen „Wupper-Thalsperren-Genossenschaft" und hat ihren
Sitx in der Gemeinde Neuhückeswagen.
Die Verlegung des Sitzes an einen anderen im Gebiete der Wupper oder ihrer Neben-
flüsse belegenen Ort kann von der Generalversammlung der Genossenschaft beschlossen werden
und bedarf der Genehmigung der staatlichen Aufsichtsbehörde.
§ 3.
Die Kosten der Herstellung und Unterhaltung der gemeinschaftlichen Anlagen werden
von der Genossenschaft getragen. Dagegen bleiben die nach den Zwecken der Thalsperren-
anlagen an den einzelnen Betriebswerken erforderlichen Einrichtungen den betreffenden Genossen
überlassen.
Die Genossen sind gehalten, den im Interesse des ganzen Unternehmens getroffenen
Anordnungen des Vorstehers Folge zu leisten.
§ 4.
Ausser der Herstellung der im Projecte vorgesehenen Anlagen liegt dem Vorstande
ob, Anlagen, welche im besonderen Interesse mehrerer Betheiligter zur besseren Ausnutzung
der gewerblichen Triebkraft oder zur besseren Benutzung des Wassers der Sammelbecken und
der dazu gehörigen Wasserläufe zu sonstigen gewerblichen Zwecken dienen sollen, einzurichten
und auf Rosten der dabei Betheiligten ausführen zu lassen.
Die Absiebt des Vorstandes ist unter Auflegung der Pläne und Kostenanschläge sowie
der Kosten vertheilung bei dem Vorsteher nach Vorschrift des § 8 dieses Statuts bekannt zu
machen. Einsprüche sind bei dem Vorsteher innerhalb 4 Wochen nach der Offenlegung schriftlich
unter Angabe der Gründe anzubringen. Über dieselben entscheidet endgiltig die Aufsichts-
behörde.
Die Unterhaltung derartiger Anlagen untersteht der Aufsicht des Vorstehers.
Die Generalversammlung kann die Ausführung und Unterhaltung solcher Anlagen auf
Kosten der Genossenschaft beschliessen. Ebenso kann die Generalversammlung die Neuanlage
von Bammelbecken im Gebiete der Wupper und deren Nebenflüsse zur reichlicheren Versorgung
der Genossenschaft mit Wasser beschliessen. In beiden Fällen bedürfen die Beschlüsse der
Generalversammlung der Genehmigung der staatlichen Aufsichtsbehörde. Der gleichen Genehmigung
bedürfen die auf diese Anlagen bezüglichen Projecte sowie — in Ermangelung einer Einigung
der Betheiligten — das Kostenbeitragsverhältniss.
§ 5.
Der Vorstand ist befugt, das Wasser der Sammelbecken und der dazu gehörigen Wasserläufe
über die eigentlichen Genossenschaftszwecke hinaus mit der Massgabe nutzbar zu machen, dass
für die Sicherstellung der eigentlichen Genossenschaftszwecke die notwendigen Vorkehrungen
getroffen werden.
Namentlich darf er:
1. das Wasser für Landes-Meliorationen abgeben, auch mit Genehmigung der General-
versammlung und der Aufsichtsbehörde solche auf Rechnung der Genossenschaft
einrichten;
2. das Wasser gegen Entgelt insbesondere auch für 'Wasserleitungen abgeben ;
3. die Fischerei auf dem Becken verpachten;
4. die sonstige Benutzung des Beckens gegen .Entgelt gestatten.
Alle für solche Nutzbarmachung des Beckens und des Wassers erforderlichen Anlagen
unterstehen der' Aufsicht des Vorstandes.
§ 6.
Die gemeinschaftlichen Anlagen werden unter Leitung des oder der vom Vorstande
hierzu angenommenen Personen ausgeführt und unterhalten. Der Vorstand hat dafür Sorge
Q6 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeine*.
zu tragen, dass die Sammelbecken im Bracher- und Beverthale, entsprechend den angeschh
Planen des Professors Intze, so construiert werden, und dass der Betrieb derselben danermi
so eingerichtet wird, dass die zur Hochwasserzeit abfliessenden Wassermengen zur Vermeidung
von Überschwemmungen möglichst zurückgebalten werden.
§ 7-
Die Städte Barmen und Elberfeld zahlen zu den aufzubringenden Ausgaben der Ge-
nossenschaft für Verzinsung, Amortisation, Unterhaltung und Verwaltung der Brucher- und
Bever-Thalsperren jede Stadt den festen Jahresbeitrag von 10000 Mark. Nach Tilgung des
Anlagekapitals fallen die vorgenannten Beitrage der beiden 8tädte für die laufenden Unfcer-
haltungs- und Verwaltungskosten der Genossenschaft fort.
In welchem Masse bei etwa wachsenden Einnahmen der Genossenschaft im Falle des
Artikels 3, §§ 1 und 2 des Gesetzes vom 19. Mai 1891 die Beitrage der beiden Städte eine
vorzugsweise Ermässigung erfahren sollen, bleibt der Vereinbarung des Vorstandes der Ge-
nossenschaft mit den Vertretungen der beiden Städte überlassen.
Im Uebrigen wird nach Begründung der Genossenschaft das Verhältnis*, in welchem die
einzelnen Genossen zu den Genossenschaftslasten beizutragen haben, nach Massgabe des für
dieselben aus den Genossenschaftsanlagen erwachsenden Vortheils in dem im § 8 dieses Statute
bezeichneten Verfahren festgesetzt, wobei als Vertheilungsmassstab für das Jahr Vi«« der durah
das Thalsperren wasser gewonnenen Nutzpferdekraft dreihundert Cubikmetern des zu sonstigen
gewerblichen Zwecken aus der Wupper entnommenen Wassers gleichzustellen ist. Hierbei sollen
die Kosten pro Nutzpferdekraft auf ganze Mark und die Kosten pro Cubikmeter sonstigen
Nutzwassers auf ganze Pfennige abgerundet werden und zwar bis einschliesslich 1/t Mark
bezw 1/s Pfennig nach unten; über 1/t Mark bezw. 7* Pfennig nach oben. Eine Änderung
dieses Vertheilungs- Massstabes, soweit er das Beitragsverhältniss der Genossen unter einander
betrifft, kann nur durch Beschluss der Generalversammlung, welcher der Bestätigung der Auf-
sichtsbehörde bedarf, erfolgen.
Das nach Vorstehendem aufzustellende Register hat die einzelnen Genossen und das
Beitragsverhältniss zu den Genosseuschaftslasten zu enthalten.
§ 8.
Nach Ablauf von zwei Jahren nach Inbetriebsetzung der Anlagen sowie ferner auf
Antrag von einem Drittheile der Genossen, wenn seit der letzten Revision zwei Jahre verflossen
sind, hat eine Revision des Vertheilungsmassstabee, beziehungsweise des Registers durch zwei
vom Vorstande zu wählende Sachverständige unter Leitung des Vorstehers zu erfolgen, welcher
bei Meinungsverschiedenheiten den Ausschlag gibt. Sowohl ein nach der Zahl der gewerb-
lichen Anlagen wie ein nach der Beitragspflicht berechnetes Dritttheil der Genossen ist zur
Stellung einjBS Antrags berechtigt.
Nach vorgängiger Bekanntmachung in den amtlichen Kreisblättern derjenigen Kreise, deren
Bezirken das Genossenschaftsgebiet ganz oder theil weise angehört, wird das revidierte Genossen-
8chaft8register vier Wochen lang zur Einsicht der Genossen in der Wohnung des Vorstehers
ausgelegt. Auch kann jeder Genosse Abschrift des Verzeichnisses gegen Erstattung der Schreib*
gebühren vom Vorsteher verlangen. Abänderungsanträge müssen innerhalb der vierwöchent-
lichen Frist schriftlich bei dem Vorsteher angebracht werden.
Nach Ablauf dieser Frist hat der Vorsteher die bei ihm schriftlich eingegangenen Ab-
änderungsanträge der Aufsichtsbehörde vorzulegen. Die letztere oder deren Commissar läset
unter Zuziehung der Beschwerdeführer und eines Vertreters des Vorstandes die erhobenen
Reklamationen durch einen Sachverständigen untersuchen.
Einigt sich der Vorstand und der Beschwerdeführer über die Person des Sachverstän-
digen, so ist dieser zu nehmen, andernfalls wird der Sachverständige von der Aufsichtsbehörde
ernannt. Mit dem Ergebniss der Untersuchung werden die Beschwerdeführer und der Vertreter
des Vorstandes von dem Commissar bekannt gemacht. Sind beide Theile mit dem Gutachten
einverstanden, so wird das Register demgemäss festgestellt; andernfalls sind die Verhandlungen
der Aufsichtsbehörde zur Entscheidung einzureichen.
Der Aufsichtsbehörde ist es unbenommen, vor ihrer Entscheidung andere ihr geeignet
scheinende Sachverständige zu hören.
Die bis zur Mittheilung des Ergebnisses der Untersuchung entstandenen Kosten sind
§> g. Die Lage dkr Gsbbteosbdko fOb Wasserkraftaklagkn usw. Anhang. 97
in jedem Falle von der Genossenschaft zu tragen. Wird eine Entscheidung erforderlieh, so
sind 'die weiter erwachsenden Kosten dem unterliegenden Theile aufzuerlegen.
Ausserdem kann jederzeit im Bedürfnisfalle eine in gleicher Weise vorzunehmende
Revision des Vertheilungsmassstabes beziehungsweise des Registers vom Vorstande beschlossen
oder von der staatlichen) Aufsichtsbehörde angeordnet werden.
In den Fällen des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Mai 1891 findet die Neuregelung
des BeitragBverhältnisses jederzeit von Amtswegen durch den Vorstand statt.
Den von der Aufsichtsbehörde* von dem Vorstande und auf Vereinbarung mit den
Interessenten ernannten Sachverstandigen ist Seitens der Genossen die erforderliche Auskunft
su geben und der Zutritt zu den gewerblichen Anlagen zu gestatten.
Aus diesem Anläse entstehende Streitigkeiten entscheidet endgültig die Aufsichtsbehörde.
i 9.
Die Genossen sind verpflichtet, die Beitrage in den von dem Vorstande festzusetzenden
Terminen zur Genossenschaftskasse abzuführen.
Bei versäumter Zahlung hat der Vorsteher die fälligen Beitrage beizutreiben.
§ 10.
Im Falle des Artikels 3, §§ 1 und 2 des Gesetzes vom 19. Mai 1891 sind Genossen,
welche durch Erweiterung oder Verbesserung ihrer gewerblichen Anlagen eine grössere Aus-
nutzung des Wassers der Sammelbecken oder der aus denselben fliessenden Wasserliufe be-
zwecken, verpflichtet, vor Benutzung dieser Einrichtungen dem Vorsteher von ihrem Vorhaben
Anzeige zu erstatten.
§ 11.
Jeder Genosse bat sich die Einrichtung der genossenschaftlichen Anlagen, diese Anlagen
selbst» sowie deren Unterhaltung, soweit sein Eigentum davon vorübergehend oder dauernd be-
troffen wird, gefallen zu lassen.
Darüber, ob und su welchem Betrage dem einzelnen Genossen unter Berücksichtigung
der ihm aus der Anlage erwachsenden Vorteile eine Entschädigung gebührt» entscheidet» falls
zieh ein Genosse mit dem Vorsteher nicht gütlich verst&ndigen sollte, das nach Vorschrift
dieses Statuts zu bildende Sehiedsgerieht mit Ausschluss des Rechtsweges.
§ 12.
Das Stimmenverhältnis richtet sich nach der Theilnahme an den Genossenschaftslasten
und zwar derart, dass für jede gewerbliche Anlage bei einer Betheiligung bis zu 10 Mark eine
Stimme gerechnet wird, während bei grösserer Betheiligung soviel weitere Stimmen hinzukommen,
als die Zahl 10 in der überschiessenden 8umme von Mark enthalten ist. Bruchtheile von 10
werden bei der Berechnung der Mehrstimmen nicht berücksichtigt.
Die Stimmliste ist demgemäss von dem Vorstande zu entwerfen und nach vorgängiger
öffentlicher Bekanntmachung der Auslegung vier Wochen lang zur Einsicht der Genossen in
der Wohnung des Vorstehers auszulegen. Jeder Genoase kann Abschrift der Stimmliste gegeu
Erstattung der Schreibgebühren verlangen.
Antrage auf Berichtigung der Stimmliste sind an keine Frist gebunden.
§ 13.
Miteigentümer einer an der Genossenschaft betheiligten gewerblichen Anlage haben auf
Erfordern des Vorstandes zur Wahrnehmung ihres gemeinschaftlichen Interesses einen Bevoll-
mächtigten su bestellen.
§ 14.
Der Genossenschaftsbund besteht aus:
a) einem Vorsteher,
b) sechs Beisitzern.
Die Vorstandsmitglieder bekleiden ein Ehrenamt Als Ersatz für Auslagen und Zeit-
versäumni8 erhält jedoch der Vorsteher, erforderlichen Falls auch der Stellvertreter desselben,
eine jährliche von dem Vorstande festzusetzende Entschädigung, welche der Genehmigung der
Aufsichtsbehörde bedarf.
Handbuch dar Ing.-Wistcntrh. UI. Teil. 13. Bd. 7
96 L Theodor Kobhn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Die Stadtvertretungen von Burtnen und Elberfeld haben dafür, dass die beiden Städte
nach Massgabe des aufgestellten Vertheilungsmassstabes einen Jahresbeitrag von je lOOOO Mark
zahlen, das Recht, jede einen von den sechs Beisitzern, sowie je einen Stellvertreter za be-
stimmen. Die übrigen vier Beisitzer des Vorstandes nebst vier Stellvertretern werden von der
Generalversammlung auf 4 Jahre nach absoluter Mehrheit der abgegebenen 8rimmen gewählt.
Alle 2 Jahre scheidet die Baute der von der Genossenschaft gewählten Beisitzer und Stell-
vertreter aus. Die das erste mal Ausscheidenden werden durch das vom Vorsteher in einer
Vorstandssitzung zu ziehende Loos bestimmt
Wählbar ist jeder Genosse, welcher den Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte nicht durch
rechtskräftiges Erkenntnis verloren hat
Der Vorsteher, sowie der Stellvertreter desselben werden gleichfalls von der General-
versammlung nach absoluter Stimmenmehrheit auf 4 Jahre gewählt. Die Wahl derselben kann
auf andere, der Genossenschaft nicht angehörige Persönlichkeiten gerichtet werden und bedarf
der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.
Der Stellvertreter des Vorstehers kann auch aus den Beisitzern gewählt werden.
Die Wahl der von der Generalversammlung zu wählenden Vorstandsmitglieder wie der
Stellvertreter erfolgt in getrennten Wahlhandlungen für jedes Mitglied. Wird im ersten Wahl-
gange eine absolute Stimmenmehrheit nicht erreicht so erfolgt eine engere Wahl zwischen den-
jenigen beiden Personen, welche die meisten Stimmen erhalten haben. Bei Stimmengleichheit
entscheidet das vom Vorsitzenden zu ziehende Loos. Die Mitgliedschaft im Vorstande dauert
bei Ablauf der Wahlperiode bis zur Wahl des Nachfolgers fort Die Ausscheidenden sind
wieder wählbar.
Im übrigen finden die Vorschriften für Gemeindewahlen in den Landgemeinden der
Rheinprovinz sinngemässe Anwendung.
Wenn kein Widerspruch erfolgt, kann Wahl durch Acclamation erfolgen.
§ 15.
Die Mitglieder des Vorstandes werden von der Aufsichtsbehörde durch Handschlag an
Eidesstatt verpflichtet.
Zur Legitimation der Vorstandsmitglieder und ihrer Stellvertreter dient das von der
Aufsichtsbehörde aufgenommene Verpflichtungsprotokoll.
Soll der Stellvertreter sich darüber ausweisen, dass der Fall der Stellvertretung ein-
getreten ist so dient dazu ein Zeugnis der Aufsichtsbehörde.
Der Vorstand hält seine Sitzungen unter dein Vorsitze des Vorstehers, der gleiches
Stimmrecht hat wie die Beisitzer, und dessen Stimme im Falle der Stimmengleichheit ent-
scheidet.
Zur Gültigkeit der gefassten Beschlüsse ist es erforderlich, dass die Beisitzer unter Angabe
der Gegenstände der Verhandlung geladen und dass mit Eiuschluss des Vorstehers mindestens
drei der Vorstandsmitglieder anwesend sind.
Wer am Erscheinen verhindert ist hat dies unverzüglich dem Vorsteher anzuzeigen.
Dieser hat alsdann den für das betreffende Mitglied gewählten Stellvertreter oder wenn auch
dieser verhindert ist den an Lebenszeit ältesten Stellvertreter zu laden.
§ 16.
Soweit nicht in diesem Statute einzelne Verwaltungsbefugnisse dem Vorstande oder der
Generalversammlung vorbehalten sind, hat der Vorsteher die selbständige Leitung und Ver-
waltung aller Angelegenheiten der Genossenschaft.
Zeit und Art der Wasserabgabe aus der Thalsperre bestimmt der Vorstand.
§ 17.
Die Verwaltung der Kasse führt ein Rechner, welcher von dem Vorstande auf 2 Jahre
gewählt und dessen Remuneration sowie zu stellende Kaution vom Vorstande festgestellt wird.
Die Aufsichtsbehörde kann jederzeit die Entlassung des Rechners wegen mangelhafter Dienst-
führung anordnen.
§ 18.
Zur Bewachung und Bedienung der genossenschaftlichen Anlagen stellt der Vorsteher
auf Beschluss des "Vorstandes zwei oder im Bedarfsfalle mehrere Wärter an und stellt den
Lohn für dieselben fest.
§•2. Die Lage i>kr Gesetzgebung für Wassebkraftaklagen usw. Anhang. 99
Die Wirter sind allein befugt, die genossenschaftlichen Schleusen zu öffnen.
Die Wirter müssen den Anordnungen des Vorstehers pünktlich Folge leisten.
§ 19.
Der gemeinsamen Beschlußfassung der Genossen (Generalversammlung) unterliegen:
1. die Wahl der Vorstandsmitglieder und deren Stellvertreter;
2. die Wahl der Schiedsrichter und deren Stellvertreter;
3. die Abänderung des Statuts;
4. die in den Paragraphen 2, 4 und 7 dieses Statuts der Generalversammlung vor-
behaltene Entscheidung.
f
§ 20.
Die erste rar Bestellung des Vorstandes erforderliche Generalversammlung beruft die
Aufsichtsbehörde, welche auch xu den in dieser Versammlung erforderlichen Abstimmungen eine
vorlaufige Stimmliste nach dem vorläufig festgestellten Verteilungsmassstabe aufzustellen hat.
Die weiteren Generalversammlungen sind in den gesetzlich vorgeschriebenen Fällen
(§ 60 des Gesetzes vom 1. April 1879)» mindestens aber alle zwei Jahre durch den Vorsteher
zusammenzuberufen.
Die Einladung erfolgt unter Angabe der Gegenstande der Verhandlung durch ein
öffentlich bekannt zu machendes Ausschreiben der Genossenschaft und ausserdem durch Einzel-
ladung an die Mitglieder der Genossenschaft, beziehungsweise an die von denselben gemäss
§ 13 des Statuts bestellten Bevollmächtigten.
Zwischen der Einladung und der Versammlung muss ein Zeitraum von mindestens
zwei Wochen liegen.
Die Versammlung ist ohne Rücksicht auf die Zahl der Erschienenen beschlussfahig.
Die Mitglieder der Genossenschaft können sich in der Generalversammlung durch andere stimm-
berechtigte Mitglieder oder durch einen bevollmächtigten Leiter ihres Betriebes vertreten lassen.
Der Vorsteher führt den Vorsitz.
Die Generalversammlung kann auch von der Aufsichtsbehörde zusammen berufen werden.
In diesem Falle führt diese oder der von ihr ernannte Kommissar den Vorsitz.
§ 21.
Die Streitigkeiten, welche zwischen Mitgliedern der Genossenschaft über das Eigentum
an Grundstücken, über das Vorbandensein oder den Umfang von Grundgerechtigkeiten oder
anderen Nutzungsrechten oder über besondere, auf speciellen Rechtstiteln beruhende Rechte
und Verbindlichkeiten der Parteien entstehen, gehören zur Entscheidung der ordentlichen
Gerichte.
Dagegen werden alle anderen Beschwerden, welche die gemeinsamen Angelegenheiten
der Genossenschaft oder die vorgebliche Beeinträchtigung einzelner Genossen in ihren durch
das Statut begründeten Rechten betreffen, von dem Vorsteher untersucht und entschieden, soweit
nicht nach Massgahe dieses Statuts oder nach gesetzlicher Vorschrift eine andere Instanz zur
Entscheidung berufen ist.
Gegen die Entscheidung des Vorstehers steht, sofern es sich nicht um eine, der aus-
schliesslichen Zuständigkeit anderer Behörden unterliegende Angelegenheit handelt, jedem Theile
die Anrufung der Entscheidung eines Schiedsgerichts frei, welche binnen zwei Wochen, von
der Bekanntmachung des Bescheides an gerechnet, bei dem Vorsteher angemeldet werden muss.
Die Kosten des Verfahrens sind dem unterliegenden Theile aufzuerlegen.
Das Schiedsgericht besteht aus einem Vorsitzenden, welchen die Aufsichtsbehörde ernennt,
und zwei Beisitzern.
Die Beisitzer werden nebet swei Stellvertretern von der Generalversammlung nach Massgabe
der Vorschriften dieses StatntB gewählt. Wählbar ist jeder, der in der Gemeinde seines Wohn-
ortes zu den öffentlichen Gemeindeamtern wahlbar und nicht Mitglied oder Nebeninteressent
der Genossenschaft ist
Wird ein Schiedsrichter mit Erfolg abgelehnt, so ist der Ersatzmann aus den gewählten
Stellvertretern oder erforderlichen Falles aus den wählbaren Personen durch die
zu bestimmen.
100 I. Theodor Koehn. Ausbau ton Wambbkbäften. Allgemkoisb.
§ 22.
Die von der Genossenschaft ausgehenden Bekanntmachungen sind unter der Bsaeiehnirag
„Wupper-Thalsperren-Genossenschaft" au erlassen und vom Vorsteher au unteraeiehnen.
Die für die Öffentlichkeit bestimmten Bekanntmachungen der Genossenschaft
in das Kreisblatt aufgenommen, welches als amtliches Kreisblatt für den .Ort des Sitses
Genossenschaft gilt.
§ 23.
Soweit die Aufnahme neuer Genossen nicht auf einer, dem § 69 des Q Sectios
1. April 1879 oder dem Art 3 § 2 des Gesetaes vom 19. Mai 1891 entsprechenden recht-
lichen Verpflichtung beruht, kann sie auch als ein Akt der Vereinbarung auf den Antrag dem
Aufsunehmenden durch einen der Zustimmung der Aufsichtsbehörde bedürftigen Vorstandst
beschluss erfolgen.
Gegeben Neues Palais, den 29. April 1896.
[L. &] gei.: Wilhelm R.
Zugleich für den Minister für Landwirtschaft* Domänen und Forsten.
gea: Freiherr von Berlepsch. Thielen.
Es wird hiermit bescheinigt» dass vorstehendes Statut von der am 29. November 1895
stattgehabten Versammlung der Interessenten mr Bildung der Wupper-Thalsperren-Gcnossensohaft
in der in dem Protokoll über diese Versammlung angegebenen Weise beraten und angenommen
worden ist.
Lennep, den 1. Dezember 1895.
[L. 8.] Der Kommissar
aur Bildung der Wupper-ThaLsperren-Genossenschaf t
gei.: Koenigs, Landrath.
[L HL 3829.]
§ 3. Schätzung der Wasserkräfte einiger Länder Europas und
allgemeine Betrachtungen über den Wert von Wasserkräften.
Nachdem an den Beispielen einiger Länder gezeigt ist, was der Unternehmungs-
geist und die Kunst des Ingenieurs bereits an Wasserkraftanlagen geschaffen haben und
wie die Gesetzgebung den Bedürfhissen dieses Arbeitsgebietes gefolgt ist, würde die
Schätzung der in den verschiedenen Ländern überhaupt verfügbaren Wasserkräfte
interessant sein, um die Bedeutung dieses Arbeitsgebietes für die Volkswirtschaft im
allgemeinen und für den Ingenieur im besonderen beurteilen zu können.
Leider ist das Material, welches in dieser Beziehung bereits gesammelt und
bekannt geworden ist, ausserordentlich dürftig. Auch wird der Vergleich dadurch er-
schwert, dass bei den vorhandenen Angaben der Begriff der PS ganz verschieden auf-
gefas8t ist, ohne dass überall eine eindeutige Erläuterung dazu gegeben wäre. Je nach-
dem man die niedrigste sekl. Wassermenge, welche während des ganzen Jahres zur Ver-
fügung steht oder eine mittlere sekl. Jahres- Wassermenge zugrunde legt, können sich
Unterschiede von dem Zwei-, Drei- und Mehrfachen ergeben. Auch schwankt die Aus*
nützbarkeit der theoretischen Wasserkraft in sehr weiten Grenzen und zwar wächst sie
mit der Grösse des Gefälles im Wasserlauf. Wahrend man zum Beispiel bei einem
Wasserfall nur mit den kleinen Gefällverlusten in den Druckrohren zu rechnen hat, so
5 8. Schätzung der Wasserkräfte einiger Länder Europas usw. 101
dass die theoretische Kraft mit der Nutzkraft ungefähr zusammenfallt, d. h. fast 100%
ananfitebar sind, gibt es eine Grenze für das Gefalle, bei welcher die Ausnfitzbarkeit
der vorhandenen Roh-PS gleich 0 wird. Diepe Grenze liegt ungefähr bei einem Gefälle
Ton 1 : 1500 oder 0,0066. im Wasserlanf, wie in § 4 dieses' Kapitels Seite 118 gezeigt
werden wird. Deshalb müssen die mittleren und unteren Strecken der grösseren Ströme
mit Gef&Uen von weniger als 1 : 1 600 trotz der theoretisch gewaltigen Roh- Wasserkräfte,
Welche sie darbieten, für die Nutzbarkeit» im wesentlichen doch ausser Betracht bleiben.
Es mag nun eine Schätzung des Reichtums an Wasserkräften für einige Länder
versucht werden, obwohl dieselbe bei der Dürftigkeit des verfügbaren Materials nur ganz
oberflächlich ausfallen kann. Vielleicht kann sie aber die Anregung zu eingehenderen
weiteren Studien auf diesem Gebiete geben. Hierbei möge als Rohwasserkraft eines
Wasserlaufe8 in PS diejenige bezeichnet werden, welche sich ergibt aus der Formel:
R = cbm/sek. . H (i. m) . 7fi ,
wobei H das Gesamtgefälle einer beobachteten Flusstrecke bedeutet.
Für die cbm/sek. soll diejenige mittlere Wassermenge zugrunde gelegt werden,
welche etwa neun Monate des Jahres vorhanden ist. Wird angenommen , dass der
Nutzeffekt bis zur Turbinenwelle im Durchschnitt etwa 76% beträgt, so ergeben sieh
die effektiven Nutzpferdekräfte aus der Formel
VT cbm/sek. . H' (i. m) 1000 76 -Ä , , i «,
N « -j^J '- . —?r = 10 . cbm/sek. . H'
wobei H' das nutzbare Gefälle einer Flusstrecke bedeutet.
1. Deutschland.
Auf Grund der 'von dem König], bayerischen bydrometrischen Bureau veran-
lassten Beobachtungen und Messungen hat Oskar von Miller1) eine sehr interessante
Studie über die Wasserkräfte am Nordabhange der Alpen gemacht und in der Zeitschr.
der Ver. deutscher Ing. veröffentlicht Er hat hierbei für den Begriff der Roh- Wasser-
kraft dieselbe Deutung angenommen, welche oben gegeben ist, und als Grundlage für
die sekundliche Wassermenge dasjenige Wasser, welches an 270 Tagen im Jahre vor-
handen ist. Die Nutzbarkeit der Roh- Wasserkraft eines Wasserlaufes ermittelt er der-
art, dass er als das Mindestgefälle, welches für den Werkkanal einschliesslich aller Ver-
luste in ihm pro 1 km notwendig ist, 0,6 %o annimmt. Nach dieser Annahme lässt
also ein Wasserlauf mit einem Wasserspiegelgctfalle von 0,6 pro Mille überhaupt keine
Nutzbarkeit mehr zu , und die letztere vergrössert sich mit dem steigenden Gefälle im
Wasser lauf geradlinig. Es verhält sich demnach:
ausnützbare Wasserkraft vorhandenes Gefälle pro km — Kanalgefalle pro km
Roh- Wasserkraft vorhandenes Gefälle pro km
Mit diesen Annahmen hat der genannte Autor eine Zahlentafel aufgestellt, welche in
§ 4 (siehe S. 120) wiedergegeben wird. Danach würde also die Ausnützbarkeit bei einem
Gefälle von 1:100, 40%; bei einem Gefälle von 1:1000, 4,0 °/o betragen. Bei der
v.Mi 11 ersehen Schätzung ist insofern etwas zu ungünstig gerechnet, als für jede Fluss-
strecke die sekundlichen Wassermengen am oberen Ende zugrunde gelegt wurden, so dass
die unteren Zuflüsse bis zur nächsten Grenze unberücksichtigt geblieben sind, und dann
insofern, als die Flusstrecken meistens stark gewunden sind, die Kanalstrecken dagegen,
meistens weniger gekrümmt oder geradlinig sein können, so dass das pro Kilometer zu
i) Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1908, Saite 1002.
102
L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Alloemeixes.
gewinnende Gefalle grösser werden kann. v. Miller kommt zu dem Schlnss, daas für
die 30000 qkm des bayerischen Teiles des Gesamt -Niederschlagsgebietes am Nordab-
hange der Alpen 1900000 Roh -PS» vorhanden sind und dass sich 37% hiervon also
700000 PS«, d. h. ungefähr 23,3 pro qkm ausnützen lassen. Hieraus wurde sich eine
effektive Nute Wasserkraft an den Turbinen wellen von 525000 PS« oder von 17,5 PS.
pro qkm ergeben.
Die Gesamtflache des Königreichs Bayern betragt 76000 qkm. Der noch
nicht betrachtete Teil von 46000 qkm hat wegen seiner flacheren Beschaffenheit
erheblich weniger ausnutzbare Wasserkräfte und es dürfte nach den vom Verfasser
gestellten überschlaglichen Rechnungen und Vergleichen für dieses Gebiet kaum mehr
als 3 PS» pro Quadratkilometer zu rechnen sein, so dass sich für Bayern im ganzen
663000 PS, ergeben würden2).
Für das Königreich Württemberg sind seit 1889 durch das dortige hydro-
graphische Bureau gleichfalls systematische Beobachtungen und Messungen veröffentlicht
und unter Berücksichtigung derselben hat der Ingenieur Gugenhan eine Studie über
die Wasserkräfte der Donau, des Neckars, Enz und Nagold gemacht*). Nachfolgende
Tabelle gibt die Zahl der bereits ausgenützten und noch verfugbaren Wasserkräfte an
den 4 Flüssen auf Grund fünfjähriger Messungen von 1891 bis 95:
Tabelle I:
Name de« Flueaes
Ausgenutzte Wasser-
triebkrftfte
Verfügbare Wasser -
triebkrftfte
Anzahl der
Betriebe
Leistung in
PSe
Anzahl der
Flusstellen
Leistung in
PS«
Neckar
Edz
Nagold
122
22
54
55
9160
1280
3966
1425
46
22
24
30
15661
6303
3 378
2298
zusammen 1
1 258
15831
122
27640
Als sekundliche Wassermenge für die noch verfügbaren Kräfte ist hierbei die-
jenige des „gemittelten niedrigsten4' Wasserstandes zugrunde gelegt. „Der gemittelte
niedrigte" Wasserstand ist eine von denjenigen Angaben, welche für Wasserkraftanlagen
nicht genügen, weil man daraus halbwegs sichere Schlüsse auf die Dauer dieses Wasser-
standes nicht ziehn kann. Um aber bei der Schätzung möglichst auf der sicheren Seite
zu bleiben, mag angenommen werden, dass der bezeichnete Wasserstand der neunmonat-
lichen sekl. Wassermenge entspricht. Es würden sich deshalb an den 4 Flüssen 43471
PS« ergeben.
Das Vorflutgebiet der vier Flüsse schliesst etwa zwei Drittel der Gesamtfläche
Württembergs in sich. Rechnet man für das noch nicht betrachtete Gebiet etwa ein
Drittel der oben ermittelten Gesamtkraft mit rund 15000 PS« hinzu, so würde sich
für ganz Württemberg rund 58500 PS« oder bei 19500 qkm rund 3 PS« pro Quadrat-
kilometer ergeben.
Für das Grossherzogtum Baden wird man, abgesehen von den Wasser-
*) In den Motiven zum neuen bayrischen Wassergesetzentwnrf sind die gesamten ausoützbaren
Wasserkräfte allein an den im Staatseigentum befindlichen Waseerlänfen mit 442200 PS« angegeben.
S) Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1899, Seite 1070.
§ 3. Schätzung der WahrebkrAftb einiger IAstder Europas usw. 108
kraften des Rheins etwa dieselbe Zahl von 3 PSe pro Quadratkilometer zugrunde legen
können. Danach würden sich für 15000 qkm 45000 PS« ergeben. Am Rhein selbst
sind bereits zwischen Schaflhansen und Basel ca 70000 PS6 ausgenützt oder zur Aus-
nützung vergeben, wovon auf Baden rund 35000 PS« entfallen. Nach überschläglicher
Berechnung bleiben aber noch für die badische Seite des Rheins weitere 20000 PS«
ausnützbar, so dass im ganzen auf Baden rund 100000 PS« entfallen würden, d. h.
6,7 PS« pro 1 qkm.
Für Preussen liegen in den Berichten von O. Intze über die Wasserverh<-
nisse Ostpreussens und Schlesiens4) und in Berichten von Professor Holz in Aachen
über die Wasserverhältnisse der Provinz Westpreussen6) gute Unterlagen vor.
Holz berechnet die gesamten Wasserkräfte Westpreussens zu 54360 PS«, wovon
5030 bereits ausgenützt sind. Diese Leistung wird als kleinste Nutzleistung angegeben.
Mit Rücksicht- aber auf die Unsicherheit, welche mangels ganz zuverlässiger Unterlagen
bei dieser Bearbeitung trotz ihrer Sorgfalt noch bestehen bleiben musste, mag diese
Zahl als der neunmonatlichen Kraft entsprechend angenommen werden. Hiernach er-
geben sich auf ein Gesamtgebiet der Provinz von 25500 qkm rund 2,13 PS« pro qkm.
Die verhältnismässig hohe Zahl der verfugbaren Kraft erklärt sich aus der regulierenden
Wirkung der reichlich vorhandenen Seen, welche auf einer zum Teil mehr als 100,0 m
über dem Meere befindlichen Platte liegen.
Für Ostpreussen hat Intze die nutzbaren Wasserkräfte auf 47373 PS« ange-
geben und es können diese ebenfalls als neunmonatliche Kraft angesehen werden, weil
die Mehrzahl der beobachteten Wasserläufe aus grösseren Seebecken, unter denen die
grossen Massurischen Seen besonders hervorzuheben sind, gespeist werden. Bei 37000 qkm
der Provinz ergeben sich danach 1,28 PS« pro Quadratkilometer.
In der Provinz Schlesien wird am Queiss durch die nach In tz eschen Plänen aus-
geführte Talsperre bei Marklissa eine neunmonatlirhe Kraft von etwa 2000 PS« ge-
wonnen, durch die am Bober bei Mauer in Ausführung begriffene Talsperre etwa
4000 PS«, zusammen an beiden Flüssen demnach 6000 PS«. Infolge der regulierenden
Wirkung der Talsperren, welche natürlich auch allen unterhalb liegenden Wasserkräften
zugute kommt, kann man die unterhalb der beiden Talsperren an den genannten
Flüssen noch vorhandenen Wasserkräfte auf etwa 1000 PS« schätzen. Das Nieder-
schlagsgebiet der beiden Flüsse beträgt 4164 qkm, so dass auf das Quadratkilometer
nach unten abgerundet etwa 1,6 PS» entfallen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass
diese Talsperren Anlagen sind, welche in erster Linie zur Beseitigung der Hochwasser-
gefahr angelegt wurden, und dass ihre Anlage-Kosten, allein zu ihrem Kraftwerte nicht
mehr in richtigem wirtschaftlichen Verhältnis stehen würden. Wenngleich Schlesien an
der ganzen böhmisch-mährisch-schlesischen Grenze Österreichs entlang reich an Wasser-
läufen mit verhältnismässig grossem Gefalle ist, so fallt doch das ganze untere Odergebiet
von Breslau abwärts für Kraftzwecke wegen mangelnden Gefälles so ziemlich ganz aus.
Es soll deshalb für den übrigen Teil der Provinz Schlesien an nutzbarer Wasserkraft auch
*) O. Intze: Bericht Aber die Wasserrerhaltnisse Ostpreussens und deren Ausnutzung zu ge-
werblichen Zwecken, Berlin, Karl Heymanne Verlag 1898. — Bericht Ober die Wasserverhältnisse der Gebirga-
flfltin Schlesiens im Buber und Queissgebiete, sowie im Gebiete der Glatzer Nrisse nnd deren Verbesserung
zor Ausnutzung der Wasserkräfte, sowie zur Verminderung der Hochwasserschäden durch Anlege von
Sammelbecken, erstattet im Dezember 1897 und September 1898 Berlin, K. Heymanns Verlag 1899.
*) Bericht des Professors Holz in Aachen Aber die Wasserverhältnisse der Provinz West-
preussens hinsichtlich der Benutzung für gewerbliche Zwecke, erstattet dem Minister für Handel und
Gewerbe in Berlin, 15. Mai 1902.
104
I. Theodor Koehh. Ausbau von WassebkbAftek. Allgemeines.
Tabellen.
Di« Wasserkräfte Deutschlands.
Länder
Fliehen-.
inhalt in
qkm
im
einseL
Gesamte nuts-
hexe Wasser-
kraft in P8.
im
•iaseL
kraft pro
qkm
in P8.
im
ein-
Ml
Einwohnerzahl
Im
einseL
Preneeen:
Westpreaasen ....
Ostpreoaaen
Schlesien
Schleswig-Holstein . .
Sachsen and Westfalen.
Rheinprovins und Hohen
zollern
Hessen-Nassau ....
Brandenbarg
Posen
Pommern
Hannover
gans Prenssen . ,
40000
29000
80000
88500
25 500
87000
40800
18800
45400
28000
15 700
187 500
54860
47878
64500
118750
70000
89500
68750
Bayern
Königreich Sachsen
Württemberg . . .
Baden
Elsass Lothringen . . ,
Grossherzogtum Hessen
8aehsen Heiningen . ,
Sachsen-Coburg-Gotha ,
SacbsenAltenbarg . ,
Seh wsrzbarg-Rudolstadt
Schwarzburg-Sondershausen
Fürstentum Reass
Lippe
Sachsen Weimap .
Braunschweig . .
Anhalt ....
Waldock ....
Schaumburg-Lippe
Mecklenburg-Schwerin
MecklenborgStrelitz
Oldenburg
Hamburg .
Lübeck .
Bremen
848200
76000
15000
19500
15000
145001
7 700
2500
2000
1800
940
860
1150
1200
8600.
8 700)
2800
1100
840
18100
8000
85 750
28540
7 875
gans Deutschland
rund
540000
2,18
1,28
1,6
2,5
2,5
2,5
0,5
458288
668000
45000 -
58500
100000
89875
11770
rund
1425900
1568 0Q0
1994000
4668000
1888000
6021000
5826000
1897000
11108000
1,8
8,7
8
8,0
6,7
84465000
6200000
4900000
2170000
1870000
2£
0,5
1720000
1120000
250000
280000
195000
95000
80000
210000
140000
865000
465000
815000
60000
45000
610000
105000
400000
770000
95000
225000
4405000
1600000
1490000
72
24
14
19
12
20
14
107
11
27
58
2,6
rund
57600000«)
84,5
«) Nach der neuesten für einzelne Gebiete aber noch nicht völlig abgeschlossenen Volkszlkhmg
des Jahres 1905 beträgt die Einwohnerzahl Deutschlands rund 60000000.
§ S. Schätzung der Wasserkräfte einiger Lander Europas usw. 105
nur 1,6 PS« im Durchschnitt angenommen werden. Die Provinz hat einen Flächeninhalt
von 40 300 qkm, es bleiben also ausser dem Queiss- und Bobergebiet noch 36 136 q km.
Zusammen würden sich demnach für die Provinz Schlesien rund 64500 PS« ergeben.
Von den übrigen Teilen Prenssens würde die Provinz Schleswig-Holstein für
unsere Betrachtung wegen des zu kleinen Gefälles in den Wasserläufen ganz aus-
scheiden, obwohl, besonders in der Gegend von Kiel, bereits einige recht beträchtliche
Wasserkräfte ausgenutzt sind. Ihre Berücksichtigung würde aber das Gesamtbild, auf
welches es hier ankommt, nicht nennenswert verändern.
Die Provinzen Sachsen mit 25200 qkm7) und Westfalen mit 20200 qkm8) können
mit je 2,5 PS» in Ansatz gebracht werden, weil in der Provinz Sachsen besonders der
Harz reich an Wasserkräften ist, und weil in Westfalen allein in der oberen Ruhr und
ihren Nebenflüssen durch die zahlreichen Talsperren bereits sehr beträchtliche Wasser-
kräfte ausgebaut sind.
Ahnlich liegen die Verhältnisse für die Rheinprovinz, Hessen-Nassau und Hohenzollern.
Dagegen wird man für Brandenburg, Pommern, Posen und Hannover trotz des
Reichtums an Seen wegen des verhältnismässig geringen Gefälles kaum mehr als 0,5 PS«
pro Quadratkilometer annehmen dürfen.
Auf Grund zerstreut gefundenen Materials sind die übrigen Gebiete Deutsch-
lands, so gut es ging, eingeschätzt, und es ist für ganz Deutschland die nebenstehende
Tabelle II aufgestellt.
Aus den Mitteilungen in § 1 Seite 19 ergibt sich, dass von den verfügbaren
Wasserkräften Deutschlands etwa 20% verwendet sind.
2. Frankreich.
In Frankreich ist durch einen Erlass des Ministers für Landwirtschaft vom 25. März
1908 eine besondere technische Dienststelle eingerichtet, welche unter anderen die Aufgabe
hat, alle die in den französischen Alpenländern vorhandenen Wasserkräfte zu ermitteln.
Von dieser Dienststelle ist in den „Annales de la directum de l'hydraulique et
des amöliorations agricoles", fascicule 30, Paris, Imprim6rie National 1904 ein Bericht
erstattet und hierin eine Schätzung der Wasserkräfte in dem von ihr zunächst bear-
beiteten Alpengebiete wiedergegeben. Wie die Verfasser9) selber hervorheben, kann diese
Schätzung auf Geoauigkeit keinen Anspruch machen, aber sie geben der Meinung Aus-
druck, dass die späteren, auf genaueren Grundlagen erneut anzustellenden Ermittelungen
ihre Schätzungen übertreffen werden.
7) Die Gewinnung und Verwertung der Wasserkräfte im Oberbau von Haberland, Zeitscbr.
4 Ver. deutscher in*, Seite 709» 1901.
«) Die bessere Ansntttsung der Gewisser and Wasserkräfte von O. Intse, Verlag von Julias
8f*ioger, Berlin 1899.
•) Die Verfasser und die Ingenieure R. Tavernier and R. de In Brosse.
106 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allobmuheb.
Die nachstehende Tabelle zeigt das Ergebnis:
Tabelle III.
Schätzung der Wasserkräfte im sddSstlichen Alpengebiet Frankreich«.
Departements
Oberfliehe in
ha
Vormalige Sehitsana der Wasser-
kräfte in PSe an der Torbmen-
welle
Bemeiknnajera
bei Niedrig-
waseer
bei Mittel-
Haute-Savoie
8aveie
459801
618 791
828658
564311
100000
820000
850000
800000
875000
650000
800000
500000
Die Zahlen ge-
nügen wahr-
scheinlich
nicht
zusammen für die 4 betrachteten
2466561
1070000
2825000
—
1000000
2800000
!
Hierbei ist unter Niedrig- Wasser dasjenige verstanden, welches an
365 Tagen des Jahres Torhanden ist, unter Mittelwasser dasjenige, welches an nicht
mehr als 180 Tagen unterschritten wird, d. h. an mindestens 185 Tagen im Jahre vor-
handen ist.
Da nun bei den bisherigen Schätzungen die nennmonatlichen Wassermengen zu-
grunde gelegt sind, so müssen, nm einen Vergleich zu ermöglichen, die Zahlen der
Tabelle entsprechend reduziert werden. Es ist sehr schwer, hierfür einen richtigen Mass-
stab zu finden. Im nächsten Paragraph wird gezeigt werden, dass sich die neunmonat-
liche durchschnittliche Wassermenge z. B. an der oberen Rhone bei St. Maurice zu der
sechsmonatlichen durchschnittlichen Wassermenge verhält wie 40:73 cbm/sek., während
an der Durance bei Bompas sich die neunmonatliche Wassermenge zu der sechsmonat-
lichen nur verhält wie 200:255. Mangels der Möglichkeit einer genaueren Schätzung
soll deshalb für unseren Vergleich das sechsmonatliche Wasser der Tabelle auf das
neunmonatliche im Verhältnis der Tage , d. h. im Verhältnis von 185 : 270 reduziert
werden, so dass die Zahl von 2300000 PS« mit 0,68 zu multiplizieren ist und sich
als Gesamtwasserkraft der vier Departemente bei neunmonatlichem Wasser 1564000 PS,
ergibt und zwar an den Turbinenwellen gemessen.
Die Oberfläche der vier Departements beträgt 24666 qkm, so dass sich eins
neunmonatliche Nutzwasserkraft von 63,0 PS# pro Quadratkilometer ergeben würde.
Diese Zahl könnte auf dem ersten Blick hoch erscheinen. Sie erklärt sich aber aus der
Grösse der Gletscher, welche die Flüsse der vier Departements speisen und die Wasser-
kräfte jener Gegend so wertvoll machen, weil während des ganzen Jahres auf eine ver-
hältnismässig hohe Mindestwasserrtenge zu rechnen ist.
Der Ingenieur Henri Bresson hat in einer Studie über die Wasserkräfte der
sieben Departements: la Manche, le Calvados, l'Orne, l'Eure, l'Eure et Loire, la Sarthe,
la Mayenne, welche er unter den Namen der „Suisse Normande" zusammenfasst, ermittelt,
dass die ausnützbaren Wasserkräfte bei Mittelwasser etwa 82 300 PS« betragen für eine
Oberfläche von 42000 qkm, d. h. rund 2 PS« pro Quadratkilometer. Der bekannte
National-Ökonom Pierre Leroy-Beaulieu hat die Arbeiten der oben genannten
staatlichen Dienststelle und diejenige Bressons zu einer in L'Economiste francais
am 20. Januar 1906 veröffentlichten Studie benutzt, und er kommt hier zu folgenden
§ 3.
ßcalnuHo dbb Wasserkräfte einiger Länder Europas usw.
107
weiteren Schätzungen: Er schlägt vor, die anderen sechs Departements des Süd-Ostens
(Drome, ^tnclnse, Bouches du Rhone, Var, Bassee-Alpes,' Alpes-Naritimes) und die sechs
Departements der pyrenaischen Grenze (Basses-Pyrenees, Hautes-Pyränäes, Haute-Garonne,
Ariftga, Aude and Pjränäes-Qrientales) mit einer Oberfläche von zusammen 63166 qkm
mit einem Koeffizienten von ungefähr der halben Grösse desjenigen für die oben ge-
nannten Tier Departements der hohen Alpen in Ansatz zu bringen. Diesem Vorschlage
folgend, sollen dieselben für unsere Berechnung mit 30 PS, für das nennmonatlicbe Wasser
angesetzt werden, so dass sich 63166 mal 30 = rund 1900000 PS« ergeben würden.
Eine dritte Gruppe umfasst die elf Departements von Zentralfrankreich und die
sechs Departements des Ostens. Für diese wird ein Koeffizient gleich da* Hälfte der
vorgenannten Gruppe in Vorschlag gebracht. Das würde für unsere Berechnung 15 PS«
pro Quadratkilometer sein und bei 91000 qkm Oberfläche 1365000 PS« ausmachen.
Ausser den 7 schon genannten Departements der sogenannten Suisse Romande
bleiben noch 46 Departements übrig mit zusammen 315000 qkm. In dem Rapport der
staatlichen Dienststelle werden diese 53 Departements zusammengefasst, und es wird
vorgeschlagen sie mit Vi© des Koeffizienten der vier Departements der hohen Alpen
in Ansatz zu bringen. Das würden für das neunmonatliche Wasser 6,3 PS* pro
Quadratkilometer sein, was erheblich zu hoch sein dürfte, obwohl einige von diesen
Departements Höhenrücken haben, welche 800, 1000 und selbst 1200 m über dem Meeres-
spiegel liegen. Da aber eine grössere Anzahl Departements wie la Marne, l'Aube, les
Landes und la Gironde, Seine, Loire-et-Cher u. a. so flach sind, dass sie wie Schleswig-
Holstein nur geringe ausnützbare Wasserkräfte besitzen, so soll die Gesamtheit der
46 Departements hier nur durchschnittlich mit 3 PS» in Ansatz gebracht werden, oder
zusammen mit 945000 PS».
In der Seite 15 bereits erwähnten Studie von V. Turquan findet sich noch die
interessante Angabe, dass die Länge der für Wasserkräfte ausnutzbaren Privatflüsse
(cours d'eau non navigables ni flottables) in Frankreich 285574 km beträgt, so dass
bei 535000 qkm Oberfläche anf das Quadratkilometer etwa 0,53 km Länge zur
Wasserkraft ausnutzbarer Privatwasserläufe entfallen. Rechnet man von den in nach-
folgender Tabelle IV ermittelten 5857300 PS» »/« auf die Privatdüsse, so würden etwa
15,3 PS» auf das Kilometer Flusslänge fallen. Des Vergleichs wegen sei noch erwähnt,
dass nach der v. Millerschen Studie auf die 1730 km Flusslänge des betrachteten
bayerischen Gebietes am Nordabhange der Alpen rund 30 PS» auf das Kilometer
entfallen.
Tabelle IV.
Schätzung der Wasserkräfte Frankreichs.
Departements
Fläcnen-
grosse in
qkm
Gesamte Wasser*
kräfte in PS» bei
9 monatl. Wasser
Wasser-
kräfte
pro qkm
in PS»
Einwohner-
zahl
Wasserkräfte
pro 1000 Ein-
wohner
in PS»
.1. Gruppe.
Biate>8aToie, 8avoie, Hautes- Alpes,
leere
IL Gruppe.
& Departemente des 80d-Ostens und
6 Departements der pyronäiachen
Grenze
24666
1564 000
63
63166
1900000
30
106
I. TltBODOB KOBHN. AUSBAU VOR WASSBBKRiFTBir. ALLOBMEDTBa,
Departements
Flächen-
grOeee in
qkm
Gesamte Wasser-
kräfte in PS« bei
9 monatl. Wasser
Wasser-
kräfte
pro qkm
in PS*
Einwohner-
sabi
Wasserkräfte
pro lOOOBim-
wobaer
in PS«
Übertrag:
III. Gruppe.
11 Departements Zentral -Frank-
reichs and 6 Departements des
IV. Gruppe.
7 Departements der sogenannten
V. Gruppe.
die übrigen 46 Departements . .
87882
91000
42000
815 000
8464000
1865000
82800
945000
98
15
2
8
—
585000
5857 800
10,9
88900000
150
Von diesen Kräften sind nach den in § 1 Seite 15 gemachten Mitteilungen
«60000 PS« oder rund ll°/o ausgenützt.
3. Die Schweiz.
bietet die y. Mill ersehe Studie für die 30000 qkm des Vorfiutgebietes des
Rheins eine gute Unterlage. Er gibt an, dass da die Höhenunterschiede zwischen den
Ursprungsstellen der Flüsse und dem Flachlande in Österreich und in der Schweiz an
dem Nordabhange der Alpen um rund 60°/o grosser sind als in Bayern, auch die Ausnütx-
barkeit der Flüsse entsprechend grösser sein müsse. Nach dieser Scb&tzung- würden auf das
Quadratkilometer etwa 35—36 Nutz-PS d. h. von 26,5 PS« an den Turbinenachsen entfallen.
Das Vorflutgebiet des Rheins in der Schweiz beträgt rund 30000 qkm, und es
würden in demselben demnach 675000 PS# vorhanden sein. Die restlichen 11000 qkm
des Vorfiutgebietes der Rhone und des Tessins werden nach dem Vorbilde der ersten
Gruppe des franzosischen Alpengebietes mit ca. 63 PSe in Ansatz gebracht werden
können, da hier die Verhältnisse ähnlich wie dort liegen. Das ergäbe für den zweiten
Teil der Schweiz rund 700000 PS# und zusammen 1 365000. Die nachstehende Tabelle
ergibt die Übersicht:
Tabelle V.
Schätzung der Wasserkräfte in der 8ohweU.
Flächen-
grosse in
qkm
6 eeamte Wasser-
kräfte in PS« bei
9 monatl. Wasser
Waseer-
krifte
Einwohner-
sahl
Wasserkräfte
pro 10001m-
wohaer
in PS»
Vorflutgebiet des Rheins ....
, der Khonen.d. Tessins
80000
11000
795000
700000
26,5
63
:
—
41000
rd. 1500000
86,6
3300000
454,5
Von diesen Kräften sind nach den Seite 16 gemachten Mitteilungen 380000 PS»
oder rund 25,3% ausgenützt.
§ 3.
SOHlTZUKO DBB WASSERKRÄFTE EINIGER LiXDEK EUBOPAS USW.
109
4. Österreich-Ungarn.
Von den gleichen Gesichtspunkten ausgehend ist in der Tabelle VI eine Schätzung
Österreich-Ungarn vorgenommen.
Tabelle VI.
Schätzung der Wasserkräfte in Österreich-Ungarn.
Linder
. Flachen-
grosse in
qkm
Gesamte Wasser-
kräfte in PS« bei
9monatl. Wasser
Wasser-
kraft«
pro qkm
in P8«
Einwohner-
sahl
Wasserkräfte
pro 1000 Ein-
wohner
in PS*
Salzburg
20000
12000
7000
18000
18000
1750000
2700000
524000
451200
195000
510000
2660000
785000
175 OUO
1200000
525000
Dalmatiaii
mummw
70000
22000
10000
28000
25
5845000
2280000
860000
980000
892
nssamen
Böhmen
60000
52000
22ÖO0
5000
10000
42000
45
8570000
5840000
2270000
605000
645000
2200000
756
Mlkren
Schlesien
Bukowina
taiimmeo
Ungarn nnd Siebenbürgen . . .
Gatiiieaio)
181000
282000
78000
51000
4
1,6
2,5
10
11560000
15200000
6600000
1700000
45
80
80
Bosnien nnd Herzegowina . . .
800
ganz Österreich-Ungarn ....
676000
6180200
04
47000000
180
5. Italien.
In einer umfangreichen Studie hat der Ingenieur Torquato Perdoni11) die
Wasserkräfte Italiens abgeschätzt und zwar bei niedrigstem Jahreswasser und bei
Mittelwasser. Unter Mittelwasser versteht er dasjenige, welches mindestens an 270 Tagen
im Jahre vorhanden ist. Hierbei sind eine ganze Reihe kleinerer Flüsse, wo Angaben
ganz fehlten, überhaupt fortgelassen, bei anderen sind die Wasserkräfte geschätzt.
Perdoni kommt zu dem Schlüsse, dass in dem kontinentalen Italien, also abgesehen
von den Inseln, 19710013 theoretische Roh-PSe bei Mittelwasser und 4655863 bei
niedrigstem Wasser vorbanden sind. Er berücksichtigt aber nicht die Aus-
nutzbarkeit. Würde man für die italienischen Flüsse denselben Koeffizienten der
10) Die von der Landesverwaltung angestellten Ermittelungen haben allein für das Dunajec-
uad Popradgebiet 77000 PSe ergeben (vergl. Österreich. Wochenschrift f. d. Offentl. Baud. 1906, S. 154).
ii) log. Torquato Perdoni, Le Forze Idrauliche dell' Italia Continentale ed ü Loro Impiego
ülrice Hoepli, Editore Libraio. Milano 1902.
110
L Theodor Koehh. Ausbau von Wasserkräften. AljjOemeine8.
Au8ntitzbarkeit tob 37°/o, welchen v. Miller bei den bayerischen Wasserkräften am
Nordabhange der Alpen ermittelt hat, annehmen und dann durch Multiplikation mit
0,75 die Reduktion auf die PS0 an den Turbinenwellen vornehmen, so wurden sich
für Italien bei Mittelwasser rund 5500000 PS« ergeben:
Tabelle VII.
Sch&trong der Wasserkräfte des Festlandes tob Italien.
Land
ilachen-
grosse in
qkm
Gesamte Wasser-
kräfte in PS« bei
9mooatl. Wasser
Wi
krafte
pro qkm
in PS«
Einwohner*
zahl
pro 1000
WO« IM
in PSe
Italien
287000
5500000
19
88500000
Aus den Mitteilungen Seite 17 ergibt sich, dass von diesem grossen
an Wasserkräften zurzeit etwa erst 463000 PS», also 8,4% ausgenutzt sind.
169
6* Norwegen.
Ganz ausserordentlich günstig liegen in bezug auf die Wasserkräfte die Verhalt-
nisse für Norwegen. Grosse Wassermengen vereinigen sich hier mit grossen Gefallen.
Durch die Regulierung des Mjösen-Sees, welcher aliein eine Oberfläche von 359 qkm
hat, kann die Niedrigwassermenge des Glommen, des grössten Flusses Norwegens auf
330 cbm/sek. und die neunmonatliche Mittelwassermenge auf ca. 400 cbm/sek. gebracht
werden. Das wirklich ausnützbare Gefälle dieses Flusses unterhalb des genannten Sees
betragt etwa 100 m, so dass allein im Unterlauf des Glommen vom Mjösen-See bis zum
Meere 400000 PS# zu gewinnen sind. Professor Holz hat auf Grund einer Studien-
reise in einem im Aachener Ingenieurverein am ö. März 1902 gehaltenen Vortrage11)
die Gesamtwasserkräfte Norwegens bei Mittelwasser auf 30000000 PS geschätzt
Nimmt man die Ausnützbarkeits- Koeffizienten wie für das bayerische Alpengebiet zu 37*/#
an, so ergeben sich rund 11000000 ausnützbare PS und demnach bei 75% Nutzeffekt
an den Turbinenwellen 8325000 PSe. Es soll hier für das Gesamtgebiet mit einem
durchschnittlichen Koeffizienten von 20 PS« pro Quadratkilometer gerechnet werden,
woraus sich 7500000 PS» ergeben würden.
Tabelle VIII.
Schätzung der Wasserkräfte Norwegens.
Land
Fliehen-
grosse in
qkm
Gesamte Wasser
krifte in PS« bei
9 monatl. Wasser
Wasser-
kräfte
pro qkm
in PS«
Einwohner-
sah!
Wasserkräfte
pro 1000 lin-
wohosr
in PS.
Norwegen
825000
7500000
20
2200000
3409
ii) Z. d. V. D. L 1902. Seite 1194.
3.
Schätzung der Wasserkräfte einiger Länder Europas usw.
111
7. Schweden.
Für Schweden kommt der ungeheuere Seenreich tum in Betracht, dafür ist aber
das nutzbare Gefälle nicht so gross.
Es soll deshalb das 460000 qkm betragende Gesamtgebiet mit durchschnittlich
15 PS© pro Quadratkilometer in Ansatz gebracht werden.
TabellelX.
Schätzung der Wasserkräfte Schwedens.
Land
Flächen-
grosse in
qkm
Gesamte Wasser-
kräfte in PS« bei
9monatl. Wasser
Wasser-
kräfte
pro qkm
in PSe
Einwohner-
zahl
Wasserkräfte
pro 1000 Ein-
wohner
in PS«
Schweden
450000
6750000
i
i
15
5200000
1290
8. GrossbritannieiL
Für Grossbritannien wird zu unterscheiden sein zwischen England mit Wales
151000 qkm, Irland 84000 qkm, Schottland* mit 79000 qkm. In England selbst kommen
für Wasserkraftanlagen besonders das gebirgige Wales, die Abhänge der Pennine Chaine
Nordenglands und der Seendistrikt Gumberlands und Westmorelands in Betracht. Dieses
Gebiet mit zusammen etwa 36 000 qkm dürfte mit etwa 3 PSe pro Quadratkilometer
einzuschätzen sein. Das übrige England ist verhältnismässig flach, so dass es den
Wasserlänfen an ausreichendem Gefälle fehlt. Es mag deshalb das restierende Gebiet
Englands mit 0,5 PSe pro Quadratkilometer in Ansatz gebracht werden. Für Irland,
welches zu zwei Fünftel auch eben ist, sind etwa 2 und für Schottland etwa 8 PS«
pro Quadratkilometer anzunehmen. Hiernach ergibt sich:
Tabelle X.
Schätzung der Wasserkräfte Englands.
Linder
Flächen-
gröese in
qkm
Gesamte Wasser-
kräfte in PSe bei
9monatL Wasser
Wasser-
kräfte
pro qkm
in PSe
Einwohner-
zahl
Wasserkräfte
pro 1000 Ein-
wohner
in PS«
Bogland mit Wales ......
Irland
Schottland .........
gm England
151000
84000
79000
163000
168000
682000
1,08
2
8
32 500000
4500000
4500000
5,0
87,8
140
315000
968000
3,06
41600000
23,1
Wenn auch die Zahlen dieser oberflächlichen Schätzung mehr
oder weniger von der Wirklichkeit abweichen mögen» so ergibt sich
dennoch soviel mit Sicherheit aus den Zusammenstellungen, dass dem
Ingenieur noch ganz gewaltige Aufgaben auf dem Gebiete des Aus-
baues von Wasserkräften allein in den westeuropäischen Ländern
geboten sind, ganz zu schweigen von den Wasserkräften des östlichen
Europas and der übrigen Erdteile.
112
I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräfte. Allgemeines.
In der nachfolgenden Tabelle XI sind die Ergebnisse der Schätzungen noch ein-
mal übersichtlich geordnet und zwar:
a) nach der Anzahl der überhaupt vorhandenen nutzbaren Wasserkräfte in PS».
b) nach der Anzahl der vorhandenen PS« pro Quadratkilometer Oberfläche des
Landes.
c) nach der Anzahl der vorhandenen PSe pro 1000 Einwohner.
Tabelle
XI.
1
i
b
c
Bezeichnung des
Verfügbar*
Wasserkräfte
bei • monatL
WmmMäk*
Bezeichnung des
Verfügbare
Waaaerkriffce
bei •monatL
Bezeichnung den
Varfttbava
WaeeertrllU
beiSasaaelL
Landet
** •■MF
an den Tur-
bineuwellen
in PSe
Tiindon
Wasser
in PSe pro qkm
Oharaic*»
Landen
in PSe sc*
1000 IIa ■■!■■
Großbritannien
968000
Deutschland
2,6
Grosabritannien
28,1
Deutschland
1425900
Groaabritannien
8,06
Deatacbland
«4,5
Schweiz
1500000
Österreich-Ungarn
9,1
Österreich Ungarn
180
Italien
5500000
Frankreich
10,9
Frankreich
150
Frankreich
5857 000
Schweden
15,0
Italien
169
Österreich-Ungarn
6180200
Italien
19.0
8chweiz
454,5
Schweden
6750000
Norwegen
20,0
Schweden
1290
Norwegen
7500000
Schweiz
86,6
Norwegen
8409
Allgemeine Betrachtungen Aber den Wert Tom Wasserkräften. Der Wert einer
Wasserkraft pro PS ist natürlich nicht überall derselbe, sondern schwankt in sehr
weiten Grenzen. Der erste und wichtigste Wertmesser für eine Wasserkraft ist der
Bedarfan Kraft in einem gewissen Umkreis. Ist der Bedarf gross im Vergleich rar
verfügbaren Kraft, so findet der Absatz schnell und zu guten Preisen statt; ist aber der
Bedarf klein im Verhältnis zur verfügbaren Kraft, so muss der Preis sinken. Es ist
auch sehr wesentlich für die Wertschätzung einer Wasserkraft, ob der Kraftbedarf durch
Verwendung von Warme- Antriebsmaschinen, und durch Gewöhnung an reichliche Be-
leuchtung schon stark entwickelt ist, oder ob nur gute Vorbedingungen für eine
zukünftige Entwickelung des Kraftbedarfes, z. B. durch zahlreiche und wohl-
habende Bevölkerung, gute Land- und Wasserwege, Eisenbahnen, intelligentes, tüchtiges
Arbeiterpersonal etc. gegeben sind. Im ersteren Falle hat der Besitzer die Wasser-
kraft nur so billig abzugeben, dass der Betrieb den Abnehmern billiger wird, als mit
den bisherigen Kraftquellen. Im letzteren Falle muss der Besitzer der
Wasserkraft durch die Billigkeit seiner Preise erst den Anstoss zur
Einrichtung neuer Arbeitsstätten und Beleuchtungsanlagen geben
und eine starke Anziehungskraft für neue industrielle Nieder-
lassungen ausüben.
Eine wichtige Rolle für die Beurteilung des Wertes einer Wasserkraft spielt auch
die Entfernung derselben von dem Schwerpunkt des Verwendungsgebietes, da mit jedem
Kilometer Mehrlänge für die Leitung nicht allein die Anlage- und Betriebskosten, sondern
auch die Energieverluste in der Leitung wachsen. Es wird im § 5 dieses Kapitels gezeigt
werden, welchen Einfluss die Betriebskosten der Fernleitungen auf die Gesamt- Betriebs-
kosten einer Wasserkraftanlage haben. Der Einfiuss der Energieverluste in den Lei-
tungen springt ohne weiteres in die Augen. Wenn z. B. für eine Pferdekraft und Jahr
bei dem Abnehmer eine Einnahme von Mk. 100 erzielt wird, so beträgt bei 5°/o
§ 3. Schätzung der Wasserkräfte einiger Länder Europas usw. 113
Verlust in der Fernleitung die Einnahme pro PSe am Anfang der Leitung Mk. 95
bei 15°/o Verlust aber nur noch Mk. 85.
Es ist klar, dass eine von der Natur gebotene Wasserkraft um
so wertvoller ist, je billiger sie sich ausbauen lässt. Im allgemeinen wird
eine Wasserkraft in der Anlage um so billiger pro Einheit, je grösser das Gefalle und
je grösser die sekundliche Wassermenge ist, und zwar ist der Einfluss des Gefälles
grösser, als derjenige der sekundlichen Wassermenge. Es sind deshalb im allgemeinen
die Wasserkräfte im Gebirge pro Einheit billiger, als im Flachlande; und an Flüssen,
welche aus grossen Seen kommen, billiger, als an Flüssen ohne solche Sammelbecken.
Eilien in allgemeinerer Weise gültigen Wertmesser für Wasser-
kräfte bildet heute noch der Preis der Kohle, weil dieselbe fast die
einzige wettbewerbende Kraftquelle darstellt. Es ist deshalb die Wasser-
kraft in Italien, wo eine Kohle von der Güte der Ruhrkohle infolge der höheren Trans-
portkosten durchschnittlich etwa Mk. 30,0 pro 1000 kg kostet, mehr wert, als in Bayern,
wo der Preis für dieselbe Kohle etwa Mk. 25,0 ausmacht, und hier ist wiederum die
Wasserkraft pro PS« mehr wert, als im Ruhrgebiet selbst, wo die Kphle pro 1000 kg
nur Mk, 15,0 und weniger kostet. Nimmt man an, dass durchschnittlich eine PS«
während 3000 Stunden im Jahre ausgenützt wird und veranschlagt den Verbrauch an
Kohle pro Pferdekraftstunde nur mit dem geringen Satz von 1 kg, so würde sich der
Jahresverbrauch für eine PS6 auf 3000 kg stellen. Die Ersparnis an diesem Kohlen-
verbrauch würde in Italien Mk. 90,0, in Bayern Mk. 75,0 und im Ruhrgebiet Mk. 45,0
pro Jahr und PS« ausmachen.
Es ist ferner einleuchtend, dass eine Wasserkraft um so wert-
voller wird, je ständiger ihre sekl. Wassermenge ist. Der Mehrwert der
Ständigkeit einer Wasserkraft hängt naturgemäss von dem Preise ab, zu dem man
sich an einer bestimmten örtlichkeit die zur Ergänzung notwendige Kraft während des
Wassermangels durch Wärmekraftmaschinen beschaffen kann. Wenn z. B. eine Wasser-
kraft für die Ausnützung des neunmonatlichen Wassers eingerichtet ist, und für die
dem neunmonatlichem Wasser entsprechende Kraft das ganze Jahr hindurch Bedarf vor-
liegt, der Wasserzufluss dagegen während dreier Monate auf die Hälfte der neunmonat-
lichen sekl. Wassermenge sinkt, so muss man zur Ergänzung für die andere Hälfte eine
Reserve in Wärme- Antriebsmaschinen einrichten. Es sind also in solchem Falle die
durchschnittlichen Betriebskosten der Gesamtanlage einerseits von dem Preise der
Kohlen abhängig und sie werden andererseits von den Kosten für Verzinsung, Tilgung,
Erneuerung und Unterhaltung der Wärmekraft-Reserve, welche nur während 90 Tagen
benutzt wird, empfindlich erhöht. Will man die Errichtung einer Wärmekraft-Reserve
vermeiden, so kann man an ständiger Kraft nur das verkanten, was während des ganzen
Jahres ununterbrochen an Wasserkraft verfügbar ist, und man muss sich für die un-
ständige Kraft in den weitaus häufigsten Fällen mit einem erheblich geringeren Preise
pro Einheit begnügen.
Die Wasserkräfte an fliessenden Gewässern schwanken in ihrer Leistung während
eines Jahres oft in weiten Grenzen, stehen dagegen mit der jeweilig vorhandenen sekund-
lichen Leistung ununterbrochen während der 24 Stunden des Tages zur Verfügung.
Betriebskosten für den 24 stündigen Betrieb wachsen gegenüber dem
128tündigen im wesentlichen nur durch die Löhne für das Personal,
durch die Kosten für Schmier- und Putzmaterial und im geringeren
Masse durch die Vermehrung der Unterhaltungskosten des maschi-
nellen Teiles und durch die grösseren Rücklagen für Erneuerungen.
Handbuch der Ing.-WisMMeh. III. Teil. 13. Bd. 8
114 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Bei allen Wärmeantriebsmaschinen wird der 24stündige Betrieb da-
gegen auch durch den Verbrauch an Brennmaterial mehr belastet. Hier-
aus folgt, dass der Wert einer Wasserkraft um so grösser sein mnss,
je länger sie im Jahre ausgenützt werden kann und dass der Wert im
stärkeren, als dem einfachen Verhältnis der Betriebsstunden wächst.
Aus diesen Betrachtungen erkennt man auch, dass eine vergleichende Schätzung
des Reichtums an Wasserkräften verschiedener Länder, in Geldeswert ausgedrückt, schwer
durchzuführen ist In Grossbritannien und Deutschland zum Beispiel ist der Bedarf an
Kraft fast in allen Landesteilen ein grosser und deshalb kann die durchschnittliche Ein-
nahme pro PS« im Durchschnitt auch eine verhältnismässig hohe sein, im Durchschnitt
werden aber auch die Anlagekosten in diesen beiden Ländern pro Einheit hohe sein, weil
Gefälle und sekundliche Wassermenge im Durchschnitt klein sind. Dagegen wird z. B.
in Norwegen, wo es noch an Bedarf fehlt, die erzielbare Einnahme pro PS6 verhältnis-
mässig gering sein, dagegen im Durchschnitt die Anlagekosten pro Einheit klein ausfallen,
weil Gefälle und Wassermenge gross sind. Verhältnismässig am höchsten ist deshalb der
Wert von Wasserkräften in einem Lande wie die Schweiz zu bemessen, welches keine
eigenen Kohlenlager besitzt und wo sowohl der Bedarf ein grosser, als auch die Anlage-
kosten im Durchschnitt verhältnismässig klein sind.
Sicher ist, dass wie der Reichtum an Kohle die industrielle Entwickelung z. B.
Englands, Deutschlands, Amerikas und Belgiens im 19. Jahrhundert in starker Weise
begünstigt hat, die Länder mit grossem Reichtum an Wasserkräften, wenn sie den
Ausbau durch verfehlte Gesetzgebung nicht künstlich zurückhalten,
im Wettkampf der Nationen aus diesen für Handel und Industrie grossen Nutzen ziehen
können. Wie sehr das z. B. für Italien bereits zutrifft, beweist der Umstand, dass in
übereinstimmender Weise sowohl in den Berichten der staatlichen Organe, als in denen
verschiedener Handelskammern, als schliesslich in den Jahresberichten der grossen Banken
unter den Faktoren für die wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des Landes
der Ausbau von Wasserkräften stets Erwähnung findet.
Wenn in Italien z. B. weitere 1000000 PS« ausgebaut sein werden, so muss
sich die Handelsbilanz um wenigstens 90000000 Mk. oder 110000000 Lire jährlich
dadurch verbessern, dass um diesen Betrag weniger Kohle vom Auslande gekauft zu
werden braucht. Wenn aber 1000000 PSe an Wasserkräften ausgebaut werden sollen,
so werden im Durchschnitt pro PS6 einschliesslich aller elektrischen Leitungen rund
1000 Lire oder im ganzen eine Milliarde Lire aufzuwenden sein. Soweit diese Beträge
aus dem Auslande kommen, wird der nationale Reichtum direkt durch diese Geldein-
fuhr gehoben, soweit die Beträge im Lande selbst aufgebracht werden, wird die Rente
aus dem Kapital den Nationalwohlstand vergrössern, weil durch die Verwendung der
Wasserkraft auf den verschiedenen Arbeitsgebieten neue Werte geschaffen werden.
Hervorzuheben ist noch, dass die Natur in ihrem grossen Kreis-
lauf die Wasserkraft stets erneuert, so dass sie unerschöpflich ist,
wogegen man sich vorstellen kann, dass die bis jetzt bekannten Kohlen-
vorräte der Erde in einem fernen Zeitpunkte erschöpft sein können.
Wenn dieser Gesichtspunkt gewiss in absehbarer Zeit keine Rolle zu spielen ver-
mag, so ist jedenfalls derjenige, von aktueller Bedeutung, dass nach Tilgung der grossen
Anlagekosten für den baulichen Teil der Wasserkraft- Anlagen durch Wegfall der Beträge
für Verzinsung und Tilgung des Anlage-Kapitals die Selbstkosten pro PS« und Jahr sich
ganz erheblich verkleinern müssen. Man kann annehmen, dass bei guter Ausführung die
baulichen Anlagen und namentlich die kostspieligen Wasserbauten von praktich unbe-
3. Schätzung der Wasserkräfte einiger Länder Europas usw. 115
schränkter Lebensdauer sind. Legt man Kosten von 650 bis 700 Mk. pro PS« zu-
grunde und rechnet für Verzinsung und Tilgung zusammen 5 Va %>, so würden die Betriebs-
kosten nach erfolgter Tilgung pro PS« und Jahr um 35,75 bis 38,50 Mk. sinken müssen.
Billige Wasserkräfte bieten für die Industrien eine starke Anziehungskraft und
besonders für solche, welche aus Wärme-Kraftquellen überhaupt nicht billig genug ihre
Energie beziehen können, um konkurrenzfähig zu bleiben. Das' trift besonders zu für
die Aluminiumindustrie, für die Herstellung von Stahl auf elektrischem Wege, für die
Fabrikation von Kalzium-Karbid, Chlorkalk,* Barium, Ferro-Silizium etc. Neuerdings
scheinen für die Praxis brauchbare Verfahren gefunden zu sein, um auf elektrischem
Wege den Stickstoff aus der Luft für landwirtschaftliche Zwecke zu gewinnen18). Für alle
diese Industriezweige und für manche andere liegt bei der internatio-
nalen Konkurrenz ein direkter Zwang vor, sich dort anzusiedeln, wo
grosse und billige Wasserkräfte zur Verfügung stehen. Einem Lande wie
Norwegen bietet deshalb sein Wasserreichtum eine grosse Zukunftschance. Heute ist das
weite Gebiet nur mit etwa 2200000 Menschen bevölkert und die Einwanderung ist noch
verhältnismässig gering, weil es an Arbeitsgelegenheit fehlt. Wenn auch nur erstmal
20°/o des Wasserreichtums benutzt sein wird, muss sich notwendig eine vermehrte Arbeits-
gelegenheit und ein starker Zustrom von Intelligenz und Arbeitern entwickeln.
Zu gedenken wäre noch des Umstandes, dass in vielen Fällen sich mit der
Gewinnung der Wasserkräfte andere Interessen der allgemeinen Landeskultur verbinden
assen.
Bekannt ist, wie durch Anlage von Talsperren der Hochwassergefahr dadurch
vorgebeugt werden kann, dass durch den Aufstau des Wassers in einem grossen Becken
der Abfluss der Hochflut auf eine längere Zeit verteilt und dadurch unschädlich ge-
macht wird.
In einem Wasserlauf mit starkem Gefälle und grosser Geschiebeführung kann
durch die Errichtung von Wasserkraftanlagen die Geschwindigkeit in der Sohle
so gemässigt werden, dass die Geschiebeführung, wenn auch nicht aufgehoben, so doch
sehr stark eingeschränkt wird. Hieraus ergeben sich grosse Erleichterungen für die
bauliche Unterhaltung der Flüsse und die Einschränkung der Gefahr, dass durch Ver-
sandung und Verkiesung bei Hochwasser Kulturland vernichtet wird.
Es wird sich oft Gelegenheit finden, mit Stauwerken für Wasserkraftgewinnung
auch Berieselungsanlagen zu verbinden. Es kann aber auch der Kreis der
landwirtschaftlichen Verwendung des Wassers dadurch ganz erheb-
lich erweitert werden, dass die gewonnene Energie in Form von elek-
trischem Strom auf grössere Entfernungen geleitet und zur Hebung
des Wassers aus Gerinnen oder dem Untergrunde verwendet und zur
Anlegung von Berieselungsanlagen nutzbar gemacht wird. Diese Ver-
wendung wird überall dort ernstlich in Frage kommen können, wo für
die Verwertung der Kraft bei Nacht sich andere ausreichende Gelegen-
heit nicht findet.
Interessant ist nun noch die Frage, wie sich die verfügbaren Wassserkräfte zu
dem gegenwärtigen Kraftbedarf verhalten. Letzterer lässt sich im grossen und ganzen
nach der vorhandenen Dampfkraft ermessen. Es möge deshalb noch zum Schlüsse dieser
Vergleich für zwei Länder, Deutschland und Frankreich, gezogen werden.
13) W Mathmann, Technische Methoden zur Verarbeitung des atmosphärischen Stickstoffes.
Vortrag in der 47. Hauptversammlung des Vereins deutscher Ingenieure am 15. Juni 1906 zu Berlin.
Zeitechr. d. Ver. deutscher Ing. 1906. S. 1169 n. ff.
8*
116 I. Theodor Kobhk. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Aus den Mitteilungen der statistischen Korrespondenz für das Königreich Preussen
ergibt sich, dass am 1. April 1904 in Preussen, — ausschliesslich der Kessel und Maschinen
der Verwaltung des Landheeres und der Kriegsflotte, sowie der Lokomotiven, — Dampf-
maschinen mit zusammen 5138991 PS« vorhanden waren14), wovon 86°/o mit rund
4360000 auf ortsfeste Maschinen entfallen. Die Zunahme in dem Jahre 1903 — 1904
hat 241465 PS«, also ca. 47°/o betragen, wovon auf ortsfeste Dampfmaschinen 212169, auf
Lokomobilen 11733 und auf Schiffsmaschinen 17563 PS« entfallen. Auf das Quadrat-
kilometer ergibt sich für Preussen bei 350000 qkm Bodenfläche eine Maschinenleistnng
der ortsfesten Dampfmaschinen von 12,5 PS«. Rechnet man auf den Rest des deutschen
Reiches mit 190000 qkm rund 10 PSe pro Quadratkilometer, so ergeben sich noch
1900000 PS« ortsfester Dampfmaschinen und zusammen für das Deutsche Reich
6260000 PS«, oder rund 11,6 PS« pro qkm gegen 0.54 PS, in Wasserkraftanlagen (vgl. S. 19).
Die Gesamtzahl der in Deutschland im April 1902 vorhandenen Lokomotiven
lässt sich nach den statistischen Mitteilungen in der Zeitschr. d. V. D. Eisenbahnen
auf rund 30000 Stück berechnen mit einer Leistung von etwa 6000ÖÜ0 PS«. Berück-
sichtigt man, dass von den Lokomotiven mehr als die Hälfte jeweilig ausser Dienst ist,
die im Dienst befindlichen aber bei weitem nicht alle gleichzeitig ihre ganze Kraft herzugeben
haben, so wird der gleichzeitige Kraftbedarf für die Eisenbahn-Lokomotiven Deutsch-
lands etwa mit 1500000 PS« zu veranschlagen sein. Denjenigen für die ortsfesten Dampf-
maschinen kann man etwa mit 3000000 PS« in Ansatz bringen. Es würde sich dem
nach für Deutschland ein gleichzeitiger Kraftbedarf, — abgesehen von den Lokomobilen,
von den Schiffsdampfmaschinen und den Maschinen des Landheeres und der Kriegsflotte —
von 4500000 PS«, und wenn man rund 20°/o für Verluste durch .Umwandlung in andere
Energieformen und durch Leitungsverluste hinzurechnet 5400000 PS« ergeben.
Wir haben im geschichtlichen Überblick § 1 gesehen, dass in Deutschland bereits
294400 PS« an Wasserkräften ausgenützt sind und in diesem Abschnitte, dass etwa
1425900 PS«, im ganzen an Wasserkräften Vorhanden sind. Im grossen Durchschnitt kann
man also einerseits annehmen, dass in Deutschland für die vorhandenen Wasser-
kräfte sich eine reichliche und lohnende Verwendung bieten wird, dass aber
andererseits die Wärme-Kraftquelle stets bei weitem die Hauptrolle
spielen muss.
In Frankreich beträgt nach einer Mitteilung von Pierre Leroy-Beaulieu
im L'Economiste fran^ais vom 20. Januar 1906 die Leistung der ortsfesten Dampf-
maschinen, abgesehen von denen des Landheeres und der Marine, 1900000 PS«, die-
jenige der Lokomotiven der Eisenbahn und der Tramways 6200000. Der gesamte
gleichzeitige Kraftbedarf für die beiden Arten von Dampfmaschinen lässt sich etwa auf
2500000 PS« und unter Berücksichtigung von 20% Verlust für Umwandlung in andere
Energieformen und in Leitungen etwa 3120000 PS« einschätzen. Demgegenüber sind in
Frankreich bereits an Wasserkräften ausgenützt 650000 PS« (vergl. S. 15) und im ganzen ver-
fügbar 5857300 PS« (vergl. S. 101.) In Frankreich würde also zurzeit noch kein
Bedarf für den gesamten Reichtum an Wasserkräften vorliegen, dagegen
wäre es denkbar, dass über kurz oder lang die Wasserkraft als Kraftquelle
an die erste Stelle rückte jind damit Frankreich von dem Tribut von
mehreren Hundert Millionen Francs, den es jährlich für Brennmaterial an
das Ausland zu zahlen hat, zum beträchtlichen Teil befreite.
Es ist bisher noch nicht die Rede gewesen von den Wasserkräften, welche ans
den Erscheinungen von Ebbe und Flut und aus der Wellenbewegung des Meeres ge-
i«) Zeitachr. d. Ver. deutscher Lag. 1905, Seite 107.
§ 3. Schätzung der Wasserkräfte einiger Länder Europas usw. 117
wonnen werden könnten. Hier handelt es sich sicherlich um unermessliche Kräfte.
Es ist anch die Berechnung und Gewinnung derselben schon oft der Gegenstand von
wissenschaftlichen Studien gewesen16).
Allein erst wenn es gelungen sein wird, Akkumulatoren für elektrische Energie
zu bauen, welche in der Anlage um ein vielfaches billiger und in ihrem Nutzeffekt
bedeutend besser sind, als die zurzeit bekannten Bleiakkumulatoren, wird es verlohnen,
sich diesen Aufgaben mit Aussicht auf praktischen Erfolg zuzuwenden. Deshalb kann
es unterbleiben, zurzeit auf diesen Gegenstand näher einzugehen.
Literaturangabe zum Kap. I, § 3.
Oskar von Miller, Die Wasserkräfte am NordabhaDge der Alpen. Zeitscbr. d. Ver. deutscher Ing.
1903. Seite 1002.
Gagenhan, Die hydrologischen Beobachtungen und Messungen in Württemberg. Wttrttembergische
Monatsschrift für Baukunde. 1899, — Zeitscbr. d. Ver. deutscher Ing. 1899, Seite 1070.
Holz (Aachen), Bericht über die Wasserverhältniase der Provinzen Westpreussen hinsichtlich der Be-
nutzung für gewerbliche Zwecke, erstattet dem Minister für Handel und Gewerbe. Berlin, 15. Mai
1902.
Holz (Aachen), Neuere Wasserkraft- Elektrizitätswerke in Norwegen (insbesondere die Ergebnisse des
Wettbewerbes zur Erlangung von Planen zu einem Werk von 20000 PSe für die Stadt Ohristiania).
Zeitscbr. d. Ver. deutscher Ing. 1902, Seite 1194.
O. Intze, Bericht über die Wasserverhältnisse Ostpreussens und deren Ausnutzung zu gewerblichen
Zwecken. Berlin 1893.
O. Intze, Bericht über die Wasserverhältnisse der Gebirgsflttsse Schlesiens im Bober- und Queissgebiete,
sowie im Gebiete der Glatzer Neisse und deren Verbesserung zur Ausnützung der Wasserkräfte,
sowie zur Verminderung der Hochwasserschaden durch Anlage von Sammelbecken, erstattet im
Dezember 1897 und September 1898. Berlin 1899.
O. Intze, Die bessere Ausnützung der Gewässer und Wasserkräfte. Berlin 1899.
Haberland, Die Gewinnung und Verwertung der Wasserkräfte im Oberharz. Zeitschr. d. Ver. deut-
scher Ing. 1901, Seite 709.
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L'Information, 8 Juillet, 16 et 80 Septembre.
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et houille verte. L'Economiste francais, 20 Janvier 1906.
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12 Janvier 1901.
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miste francais, 10 Mai 1902.
Edouard Payen, La houille blanche. See plus recentes utilisations L'economiste francais. 29 Aofit
1903.
Congres de la houille blanche vom 7.— 13. September 1902. Compte rendu des travaux du congres, des
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Torquato Perdoni, Le force idrauliche dell' Italia continentale ed il loro impiego. Ulrico Hoepli,
Editore-Libraio, Milano 1902»
Direzione Generale Della Statistica Industriale. Riassunto delle notizie sulle condizioni industriell del
regne Roma 1905.
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lütorale di Gbiaia (Napoli) in rapporto alle opere della nuova riviera. Torino 1885.
J. Diamant, Utilisation de la force motrice des maräes, Paris 1890.
118 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeine*.
§ 4. Die technischen Vorarbeiten.
Man kann die Vorarbeiten für den Ausbau einer Wasserkraft am besten ein-
teilen in:
a) technische und
b) wirtschaftliche Vorarbeiten.
Die technischen Vorarbeiten erstrecken sich auf die Eigenschaften des fliessen-
den oder stehenden Wassers, an welchem man eine Wasserkraftanlage errichten will,
und zwar:
1. auf das Gefälle,
2. auf die Beschaffenheit der Flusssohle,
S. auf die Geschiebeführung,
4. auf die Eisbildung,
5. auf die sekundliche Wassermenge, welche von der Grösse und Art des
Vorflutgebietes, sowie von den klimatischen Verhältnissen, insonderheit von
der Niederschlagsmenge abhängig ist,
6. auf die Möglichkeit, die sekundliche Wassermenge künstlich zu
regeln,
7. auf den Baugrund für die Bauwerke.
In fast allen Kulturländern werden seit längerer Zeit die Wasserläufe beobachtet,
ihre Gefalle und Wasserstände festgestellt und aufgezeichnet, die Grösse ihres Vorflut-
gebietes nach seiner verschiedenen Beschaffenheit ausgemessen und in Karten wieder-
gegeben, die klimatischen Verhältnisse beobachtet und Niederschlagsmessungen vorge-
nommen. Dennoch ist das Material, welches bis zur Gegenwart, von Einzelfällen abge-
sehen, für die Beurteilung der Gewässer als Kraftquellen zur Verfügung steht,
noch sehr lückenhaft und unzureichend.
1. Das Gefälle.
Die Druckhöhe des Wassers an den Turbinen wird gewonnen durch Werk-
kanäle und durch Stauwerke.
Als kleinstes Gefälle, welches an einen Wasserlauf noch unter sonst günstigen
Umständen ohne künstlichen Stau ausnutzbar ist, kann 1 : 1500 angesehen werden, was
durch folgende Betrachtungen bewiesen werden mag.
Als kleinstes Gefälle in einem Werkkanal gilt 1 : 10000, weil sonst die sekund-
liche Geschwindigkeit zu gering, Ablagerungen und Eisbildung störend und die Quer-
schnitte des Kanalsprofils im Verhältnis zur Leistung in cbm/sek. zu gross werden.
Wenn man sich begnügen wollte, als kleinste Nutzdruckhöhe, welche man pro Kilometer
durch einen Werkkanal erzielen muss, 0,50 m anzunehmen, also, da man bei kurzen
Werkkanälen 0,05 m Druckverluste pro Kilometer für Einlaufschützen, Regulierungs-
schützen, Druckkammer etc. etwa hinzuzurechnen hat, einen Mindestgewinn an Brutto-
Druckhöhe pro Kilometer Werkkanal von 0,55 m, so müsste die Gleichung bestehen:
iooo (J — 0,0001) ;> 0,55
8 4.
Die technischen Vorarbeiten.
119
worin J das Wasserspiegelgefälle im Flusse bedeutet. Hieraus ergibt sich J zu 0,0065
oder abgerundet zu 1 : 1500.
Um 2,0 m Gesamtdruckhöhe zu gewinnen, müsste der 'Werkkanal bei obiger An-
nahme bereits 4.0 km lang sein. Nimmt man den selten günstigen Fall an, dass
100 cbm/sek. zur Verfügung stünden, so würde man eine Nutzleistung von 2000 PSe
erzielen. Bei einem Gefälle im Werkkanal von 1 : 10000, dessen Profil in normaler
Weise trapezförmig in Erde hergestellt und an den Böschungen mit Tonschlag gedichtet
und mit Kies befestigt, angenommen sei. würde sich eine Geschwindigkeit von ungefähr
0,3 mfsek. ergeben und ein wasserberührter Querschnitt von 333,3 qm. Ein solcher
Kanal würde durchschnittlich etwa 2,5 Mark pro Quadratmeter wasserberührtr Quer-
schnittsfläche und laufenden Meter, d. h. rund 833,3 Mark pro lfm. Kanal kosten.
Danach würden sich die Kosten eines 4 km Kanals auf 3333000 Mark belaufen so dass
allein schon auf die Anlagekosten des Werkkanals 1666 Mark pro PS© der-
jenigen Leistung entfielen, für welche der Kanal auszubauen wäre. Das ist
eine Ziffer, welche, wie in § 5 gezeigt wird, nur bei ungewöhnlich günstiger Ver-
wendungsgelegenheit der Kraft noch wirtschaftlich vertretbar ist. Fast immer ist die
Sek./Leistung, für welche man den Kanal auszubauen hat, erheblich grösser, als
diejenige, welche ständig vorhanden ist. Legt man die letztere zugrunde, so müssen
auch die allein auf den Werkkacnal entfallenden Einheitskosten pro PS* erheblich höher
als 1666 Mark ausfallen. Bei demselben Gefälle würden aber alle Wasserkraftanlagen
mit kleineren sekundl. Wassermengen, also kleineren Leistungen teurer werden. Aller-
dings kann ein Gefälle von 1:1500 noch recht gut ausnutzbar sein, wenn
der Fluss sehr starke Windungen macht und man, wie z. B. bei der An-
lage Beznau, den Werkkanal erheblich kürzer machen kann, als die
Länge des Flusslaufes zwischen Einlauf und Auslauf des Werkkanales
beträgt. Wenn man das Wasser aus einem Flusse entnehmen und es in
einen tiefer gelegenen See oder Fluss abfliessen lassen kann (vergl. die
Anlagen Kanderwerk und Hagneck, Kap. II, 14 und 19) ist man unter Umständen
von dem Gefälle im Fluss auf der für die Wasserkraft in Betracht kom-
menden Strecke ganz unabhängig.
Um nun zunächst einen Überblick über die Gefallverhältnisse bei ausgeführten
Beispielen zu geben, sind in nachstehender Tabelle I für eine Anzahl Wasserkraftan-
lagen, welche in diesem Bande beschrieben werden sollen, die Gefälle, in den Flussläufen
und Werkkanälen zusammengestellt.
Tabelle I.
Gefälle
in FJusslaufen und Werkkan&len.
Bezeichnung der Anlage
Name des
Waaserlanfs
Gefälle des
Waaserlanfs
Gefalle des
Werkkanal»
'■ ii. — _______ ___^__
1. Novalesa
Cenischia
1:7-1:10
1:370
2. Ala-Cerea
Stora
1 : 15—1 : 20
9
3. La Goule
Doubs
1:30
1:1300
4. Liret
Romanche
1:40
9
•
5. Pont St Martin
Dora Baltea
1:70
,1:1500
l 1 : 837
6. Bergamaaca
Brembo
1:70
r 1:1000
11:2000
7. Fanghera
Stur»
1:70
?
120
I. Theodor Kokhh. Ausbau tok WasbebkbAfisn. Aixobmedieb.
Bezeichnung der Anlage
Name des
Waaserlaafs
Gefälle das
Wasserlaufs
Gefalle des
Werkkanals
8. Les Clees-Yverdon
Orbe
1:80
1:3400
9. St. Maurice-Lausanne
Rhone
1:100
1:2128
10. Morbegno
Adda
1:150-1:170
1:1000
11. Kabelwerk
Urnisch
1 : 150-180
1:1333
12. Fare et lforge
Drae
1:170
1:2000
13. Rheinfelden
Rhein
1:820-350
1:1666
14. Stattgart
Neckar
1:500
1:2500
15. Vizzola
Tessin
1:500
1:6666
16. Wangen
Aare
1:900
1:8000
17. Tarbigo
Naviglio Grande
1:970
1:8370
18. Jonage-Ctwset-Lyon
Rhftne
1:1400
1:10000
19. Beznan
Aare
1:1500
1:6000
Die Nutzbarkeit einer Flusstrecke ist um so grösser, je grösser das Re-
lativgefälle ist. Ganz abgesehen von der Kostenfrage, würde es unmöglich sein, die
Rohwasserkraft in einer angenähert geraden Flusstrecke mit einem Gefälle von 1 : 10000
auszunützen, da man das Gefalle des WerkkanaJes nicht kleiner machen kann. Das Ver-
hältnis der ausnutzbaren Wasserkraft zur Rohwasserkraft würde in einem solchen Falle
null sein. Andererseits kann man die Rohwasserkraft eines Wasserfalles fast vollkommen
ausnützen, abgesehen von den kleinen Verlusten in der Druckrohrleitung, so dass das Ver-
hältnis der ausnützbaren Kraft zur Rohkraft hier fast = 1,0 wird. In der bereits erwähnten
Studie über die Wasserkräfte am Nordabhange der Alpen hat Oskar von Miller die
nachfolgende Zahlentafel gegeben, bei welcher das Verhältnis der ausnutzbaren Ge-
fälle zum vorhandenen Gefälle dargestellt ist. Hierbei ist insofern zu ungünstig ge-
rechnet, als von Miller als schwächstes Kanalgefalle 0,6 °/oo = 1 : 1666 annimmt,
während, wie die Tabelle I zeigt, in • der Praxis doch sehr erheblich schwächere Gefalle
vorkommen, andererseits aber wieder ein wenig zu günstig, weil wie wir gesehen haben,
bei schwächeren Gefällen im Flusse als 1 : 1500 die Anlagekosten pro PS« zu gross
werden, als dass sich in den weitaus meisten Fällen der Ausbau noch lohnen könnte.
Tabelle II1).
Verhältnis des ansntttzbaren Gefälles zum vorhandenen Gefälle nach O. von Miller.
VorhondencsGe falle
auf 1 km
Vorhandenes Gefall«
auf 1 km, abzüglich
dea KattalgefaTles
von 0,6 auf 1 km ;
d i ausnutxbares
Gefalle auf 1 km
Verhältnis dea aus-
nutzbaren Gefälles '
zum vorh Gefälle
bezw. der ansnutz-
baren Wasserkraft
zur rohen Wasser-
kraft rd
VorhandenesGefäUe
auf 1 km
Vorhand«nesGefll1e
auf 1 km, absQgtieh
des Kanalgefalle«
Ton 0,o auf 1 km;
d. i. ausnutzbares
Gefille auf 1 km
Verhältnis des sus-
nuizbexen Gefille«
zum Torh. Gefalle
besw. der aasnutz-
baren Wasserkraft
zur rohen Wasser-
kraft rd
Ul
m
•<•
m
m
\
0,6
0,0
0,0
1,85
0,75
55,0
0,65
0,05
7,5
1,5
0,9
60,0
0,7
0.1
15,0
1,7
1,1
65,0
0,75
0,15
20,0
8,0
1,4
70,0
0,8
0,2
25,0
8,4
1,8
75,0
0,85
0,25
80,0
8,0
2.4
80,0
0,9
0,8
85,0
4,0
3,4
85,0
1.0
0,4
40,0
6,0
5,4
90,0
1,1
0,5
45,0
12,0
11,4
95,0
1,2
0,6
50,0
84,0
28,4
97,5
i) Zeitschr. d. Ver. deutscher log. 1904, Seite 1004.
§ 4. Die technischen Vorarbeiten. 121
Wasserkraft ist um so wertvoller, je grösser das durch die Natur zur Ver-
fügung gestellte Rohgefälle ist. Da sich der Rohwert einer Wasserkraft in PS durch
die Formel
Q (cbm/Sek.) . H (in m) . 1000
75
ausdrückt, so kann bei gleicher Leistung die Wassermenge um so kleiner sein, je
grosser das Gefälle wird. Die Anlagekosten hängen aber in wesentlichster Weise
von der Grösse der sekl. Wassermenge ab, welche durch die Kaftäle, Druckrohre
und Turbinen fliessen muss.
Schwieriger ist schon die Frage, inwieweit sich das Nutzgefälle durch Aufstau
oder durch Vertiefung des Flussbettes unterhalb der Staustelle vergrössern und wie sich
durch die Ausführung solcher Bauarbeiten das Verhältnis zwischen Anlagekosten und
Nutzen verbessern lässt Zweifellos ist man, wenn die Nutzdruckhöhe durch ein Stau-
werk gewonnen werden kann, vom Gefälle im Flusse unabhängiger, als wenn man das#
Nutzgefälle durch einen Werkkanal gewinnen will. Aber auch in dem er st ge-
dachten Falle wird praktisch die Ausnutzbarkeitsgrenze einer Fluss-
strecke nicht sehr weit von dem Gefälle 1 : 1500 entfernt liegen und etwa
bis 1 : 2000 reichen.. Nur unter sehr günstigen Umständen, d. h. wenn an der Wehr-
steile sehr guter Baugrund und flussauf- und flussabwärts hohe Ufer vorhanden sind,
kurz, bei Örtlichkeiten, wie sie für den Talsperrenbau vorhanden sein müssen, wird sich
bei schwächerem Gefälle als ungefähr 1 : 1500 bis 1 : 2000 eine wirtschaftlich günstige
Wasserkraftanlage durch ein Stauwerk noch erzielen lassen, denn bei kleinem Stau
würden die Kosten für die Einheit zu gross, bei hohem Stau die Stauweiten flussaufwärts zu
ausgedehnt und die Einwirkung desselben auf die anliegenden Uferländereien zu bedeutend,
als dass das Unternehmen die Summe der Schadenersatzansprüche noch tragen könnte. Es
kommt hinzu, dass bei einer Stauanlage in einem Flusse mit schwächerem Gefälle . als
1 : 1500 bis 1:2000, bei welchem man, wie gezeigt wurde, in des Regel zur Gewinnung
von Gefälle der Kosten wegen Werkkanäle nicht mehr bauen kann, das Druckgefälle
sich stark verringert, oder wohl ganz verschwindet , sobald höhere Wasserstände ein-
treten, was dann meistens zur Anlage von Dampfreserven und damit zu weiterer Steige-
rung der Anlagekosten nötigen würde.
Diese Fragen werden übrigens in dem Kap. III, 1 Stauwerke und Kap. HE, 2 Werk-
kanäle noch weiter behandelt werden und es mag deshalb an dieser Stelle darauf hin-
gewiesen sein.
Da das Gefälle in den Hauptströmen Nord- und Westdeutschlands von der' Mün-
dung ins Meer bis 700 km und mehr aufwärts durchschnittlich geringer ist als 0,65 bib
0,5°/oo oder 1 : 1500 bis 1 : 2000, so sind dieselben auf diesen Strecken für die Kraft-
gewinnung praktisch nur an einigen wenigen Stellen, wo durch die Natur Gefällstufen -
gebildet sind, geeignet, obwohl sie theoretisch eine ganz gewaltige Wasserkraft darstellen.
Es gibt zwar auf diesen Flugstrecken noch viele alte Kraftanlagen, aber diese sind in
einer Zeit entstanden, wo die Wärmeantriebsmaschinen noch bei weitem nicht so kon-
kurrenzfähig waren wie jetzt, und wo der billige Transport noch nicht die heutige Bolle
spielte.
Es soll hier abgesehen werden von den Fällen, wo durch Kanalisierung
der Flüsse für Schiffahrtszwecke Staustufen künstlich geschaffen werden
und sich infolgedessen auch Wasserkräfte gewinnen lassen; denn hierbei
werden in der Regel die Kosten für die Schaffung der Staustufen durch
122
L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
das Interesse an der Schiffahrt bereits gedeckt und die Kraftquelle ge-
wisserm&ssen nur als willkommenes Nebenprodukt mitgewonnen *).
An der Memel steigt auf den ganzen Verlauf des Flusses innerhalb der deutschen
Grenzen das Gefälle nicht über 0,238 %>o; an der Weichsel nicht über 0,20 °/oo.
Die Oder hat von der Mündung bis zur Einmündung der Glatzer Neisse überall
erheblich weniger Gefalle als 0.5°/oo. Erst auf der oberen Strecke, von ca. 181, 0 km
Lange, beginnend ungefähr bei der Einmündung der Glatzer Neisse, wächst das Gefalle
stellenweise so an, namentlich bei Ratibor, und zwischen Cosel und der Oppamündung
(Landesgrenze), dass der Ausbau von Wasserkräften mit Aussicht auf wirtschaftlichen Er-
folg unternommen werden kann.
Über die Gefall Verhältnisse der Elbe gibt die nachfolgende, dem Eibstrom buche
entnommene Tabelle III Auskunft.
Tabelle in.
Durchschnittliche Gefalle der Elbe.
Flugstrecke
Höhenlage
Fallhohe
Entfernung
•
Mittleres Gefalle
in m
in m
km
°/oo
l:x
Von der Quelle bis zur Moldaumündung
155,4
1234
309,0
3,99
251
Moldaumfindung— Egermündung
143,5
11.9
44,2
0,269
3714
EgermünduDg— Böhmisch-Sächsische Grenze
119,5
24,0
61,6
0,890
2567
Bfthmische-S&ehsische Grenze— Pirna
110,9
8,6
34,4
0,250
40OO
Pirna— Alt Hirsenstein
93,7
17,2
63,1
0,278
3665
Alt Hirschstein S&chsisch-Preussische Grenze
87,3
6,4
24,3
0,263
3797
Sachsiscb-Preussische Grenze — Torgan
78,4
8,9
38,8
0.263
3800
Torgau — E Isterm Qnde
69,0
9,4
44,0
0,214
4670
Elstermdnde — Anhaltische Grenze
63,0
6,0
25,7
0,233
4290
Anhaltische Grenze — Muldemündung
55,9
7,10
35,3
0,201
4972
Muldemündung— Saalemündnng
49,72
6,18
31,1
0,199
5032
Saalemttnd ung — Ehlemttndung
40.50
9,22
45,8
0,201
4967
Ehlemündung— TangermQndnng
30,63
9,87
51,7
0,191
5288
Tangermündung— Havelmündung
23,00
7,63
48,1
0,177
5649
In der unteren Stromstrecke nehmen die Gefälle allmählich bis zur Seevemündung
auf 1 : 10722 ab. Unterhalb dieser beginnt dann schon bald der EinHuss von Ebbe und
Flut, so dass das Gefalle bald nach dem Meere zu, bald umgekehrt, vom Meere land-
einwärts gerichtet ist.
Aus der Tabelle III erkennt man, dass der Hauptwert der Elbe als Kraftquelle
von der Moldaumündung an aufwärts liegt. Auf der unteren Strecke gibt es gewiss
noch einige Stellen, an denen sich ein ausnützbares Gefälle konzentriert findet, im
grossen Durchschnitt kann man aber auch von der Elbe sagen, dass sie innerhalb der
deutschen Landesgrenzen für die Gewinnung von Wasserkräften nicht in erheblichem
Masse in Frage kommt, es sei denn, dass man den oberen Lauf kanalisieren und damit
als Nebenprodukt auch Wasserkräfte gewinnen würde.
Die Weser hat gleichfalls nur in ihrem oberen Laufe, etwa zwischen Höxter und
Münden einige Stellen, wo sich ihr Gefalle über 0,50 °/oo soweit erhebt, dass ein Aus-
bau von Wasserkräften einen wirtschaftlichen Erfolg verspricht. Der ganze untere Fluss-
lauf hat im grossen und ganzen ein zu schwaches Gefälle.
*) Prüsmann, Ausnutzung der Wasserkräfte an Wehren kanalisierter Flusse. Internatl.
Schiffahrtskongress 1902.
§ 4. Die technischen Vorarbeiten. 123
Der Rhein hat von der Mündung bis Strassbnrg im Durchschnitt ein geringeres
Gefälle als 0,50 °/oo. Zwischen Strassbnrg and Basel wächst das durchschnittliche Gefälle
bis 1,0%^. Erst oberhalb Basels beginnt die für Kraftzwecke in günstiger Weise aus-
nützbare Strecke des Rheines, welche, wie in §§ 1 und 3 dieses Kapitels erwähnt wurde,
auch eine ausgedehnte Ausnützung bereits erfahren hat.
Viele von den Nebenflüssen der genannten Ströme haben dagegen Gefälle, welche
gut ausnützbar sind und es liegt daher in Nord- und Westdeutschland die beste
und grösste nutzbare Wasserkraft in den Oberläufen der Hauptströme, und in
ihren Nebenflüssen und in diesen gleichfalls besonders in den oberen Strecken.
Für Frankreich und Italien liegen die Verhältnisse in den Hauptflüssen günstiger,
weil diese erheblich stärkere Gefälle haben. So erreichen die Höhe von 100,0 m über
dem Meere:
die Seine, bei der Aubemündung, d. h: 547 km oberhalb der Mündung in das Meer,
die Loire bei Orleans, 370 km oberhalb der Mündung,
die Garonne bei Toulouse, 380 km oberhalb der Mündung,
die Rhone bei Valence, 220 km oberhalb der Mündung,
während von den deutschen Strömen dieselbe Höhe erst erreichen:
die Elbe bei Dresden, d. h. 662 km oberhalb der Mündung,
der Rhein bei Karlsruhe, d. h. 621 km oberhalb der Mündung,
die Oder bei Breslau, d. h. 524 km oberhalb der Mündung,
die Weser bei Carlshafen, d. h. 399 km oberhalb der Mündung.
Aber die wertvollsten und grössten Kräfte liegen auch in Frankreich und ebenso
in Italien in den Oberläufen der Hauptströme und den Nebenflüssen und kleineren Privat-
gewässern.
Für die erste Auswahl einer passenden Stelle zur Errichtung einer Kraftanlage
reichen in der Regel die Nivellementaufnahmen der öffentlichen Kartenwerke und die bei
den behördlichen Wasserbauverwaltungen erhältlichen Längs- und Querprofile aus. Aufgabe
der Vorarbeiten ist es dann, das Längenprofil und eine genügende Anzahl
von Querprofilen der Flußsohle auf der zunächst ausgewählten Strecke,
sowie die Wasserspiegelgefälle bei Niedrig wasser, bei mindestens 2 charak-
teristischen Mittelwasserständen und bei Hochwasser feststellen (vgl. S.
137 u. 139). Auch über die Wasserspiegelgefälle geben die Wasserstandsbeobachtungen
der behördlichen Wasserbauverwaltungen oder der Anlieger und Nutzniesser oft genügenden
Aufschlass. Überdies ist die Aufnahme von Wasserspiegelnivellements und einiger Quer-
profile "einer Flusstrecke und die Ermittelung der Wasserspiegelgefälle bei den genannten
Wasserständen eine einfache und wenig kostspielige Arbeit. Nur ausnahmsweise wird
es sich für den Einzelfall um eine Flussstrecke von mehr als 20 km Länge handeln,
auch werden selten auf der Strecke erhebliche Zuflüsse einmünden, denn man wird den
Einlauf naturgemäss unterhalb einer grösseren Einmündungssteile zu verlegen haben.
Weil sich beim Wechsel der sekl. Wassermengen auch die Gefälle ändern,
so muss man für die Spiegelnivellements der einzelnen wichtigen Wasserstandshöhen
einen Beharrungszustand abwarten. Allgemein kann man sagen, däss das Ge-
fälle einer Flusstrecke bei steigendem Wasser grösser und bei fallendem
Wasser kleiner wird. Folgen auf die untersuchte Flusstrecke ein schwächeres Sohlen-
gefälle oder kleinere Querprofile, so nehmen die Wasserspiegelgefälle des Beharrungs-
zustandes in der Regel bei höheren Wasserständen ab. Liegt dagegen abwärts der
untersuchten Strecke ein stärkeres Sohlengefälle, oder vergrössern sich die Querprofile,
124 L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
so treten bei höheren Wasserstanden im Beharrnngsznstande stärkere Gefalle, als bei
Niedrigwasser auf. Aussergewöhnljche Spiegelgefalle werden durch sogenannte Flut-
wellen verursacht. Lokale starke Niederschläge im Vorflutgebiet des untersuchte*! Flusses
oder seiner Nebenflüsse verursachen das Auftreten solcher Flutwellen mit meist klar -er-
kennbarem Scheitel und mit einem steilen vorderen und einem flachen, hinteren Ab-
hänge. Braucht eine Flutwelle des Hauptflusses längere Zeit, um an eine beobachtete
Stelle zu kommen, als diejenige eines Seitenzuflusses, so treten zwei oder mehr Auf-
einander folgende Flutwellen in die Erscheinung.
Der Beharrungszustand dauert in der Regel nicht lange und daher
müssen die Wasserspiegelaufnahmen gut vorbereitet und schnell durchge-
führt werden.
Zur Aufnahme von Wasserspiegelnivellements schlägt man bei breiteren
Wasserläufen auf beiden Seiten des Flusses, bei schmäleren auf einer Seite, in Stations-
weiten von etwa 100,0 m am Wasserrande, aber so, dass der Pfahl noch im Wasser
steht, Pfähle von etwa 10 — 15 cm Dicke und 1,0 — 1,5 m Länge ein und treibt quer
in jeden Pfahl etwas oberhalb des Wasserspiegels einen 10 — 15 cm langen Nagel so
weit ein, dass noch etwa 5 cm vorstehen. Das vorstehende Ende des Nagels mass
wagerecht sein, was durch Lot und Winkel zu kontrollieren ist. Alle Pfahle sind der
Reihenfolge nach zu numerieren. Gleich nach dem Einschlagen des Nagels wird die
Differenz zwischen Oberkante Nagel und Wasserspiegel gemessen und aufgeschrieben
und schliesslich werden alle Nägel mit Anschluss an eine Höhenmarke der Landes-
aufnahme oder an einem sonstigen Fixpunkt einnivelliert. Das Einschlagen der Pfähle
und das Einmessen der Nageloberkanten rauss an beiden Ufern möglichst gleichzeitig
geschehen. Die Wasserspiegel an beiden Ufern werden bei breiteren Flüssen je nach der
Gestalt der Ufer und der Lage des Stromstriches in ein und demselben Beharrungszu-
stande immerhin so verschiedene Höhen zeigen, dass ihre Berücksichtigung wünschens-
wert ist. Das Mittel aus den Höhenmessungen an beiden Ufern wird als die Spiegel-
höhe der Flussachse angenommen. Bei kleinen und schmalen Flüssen genügt, wie gesagt,
eine Pfahlreihe an einem Ufer.
Um das höchste Hochwasser zu finden, muss man, wenn zuverlässige. Aufzeichnungen
nicht zu erhalten sind, die Flusstrecke untersuchen, ob nicht Spuren der höchsten
Hochwasserstände an dem Ufer, wie kleine Schlammkrusten an Baumstämmen oder
Brücken und dergi., zu finden sind, mit deren Hilfe man sich eine höchste Wasserspiegel-
linie herstellen kann.
Die- Feststellung des Län'genprofils der Flussohle erfolgt durch
die Aufnahme der Quer.profile.
Fast in allen Gebirgsfiüssen und auch in den oberen Läufen der Flüsse des Flach-
landes wechseln schwächere Einzelfalle mit stärkeren Gefallestufen ab. Letztere bieten
natürlich für die Anlage von Wasserkraftanlagen die günstigsten Verhälthisse.
Je nachdem die Flusstrecke gerade oder gekrümmt ist und je nach der Be-
schaffenheit der Flussohle bilden sich die Querprofile in der verschiedensten Weise aus.
Besteht die Flussohle aus felsigem Gestein, so ändert sich die Gestalt des Querpiofils
nur langsam und kann für unsere Zwecke als unveränderlich angenommen werden. Be-
steht dagegen die Flussohle aus Geschiebe, so ist die Form der Querprofile einem
steten Wechsel unterworfen. Bei den verhältnismässig grossen Gefällen in den Fluss-
strecken, welche für Kraftzwecke in Frage kommen, finden auch bei N. W., je nach der
Korngrösse des Geschiebes, kleinere Veränderungen der Sohlenform eines Querpiofils
statt. Aber fast mit Sicherheit kann man nach jedem Hochwasser eine mehr oder
§ 4. Die technischen Vorarbeiten. 125
weniger erhebliche Veränderung eines an einer bestimmten Stelle aufgenommenen Quer-
profils Toraussetzen and zwar ändert sich hierbei weniger 'das Gesamtmass des wasser-
berührten Querschnittes, als seine Gestalt.
Bei graden und wenig gekrümmten Flusstrecken serpentiniert die Stromrinne
von einem Ufer zum andern und zwar wird im allgemeinen die Wellenform der Schlangen-
linie um so flacher, je grösser die mittlere Wassergeschwindigkeit und je feiner das
Korn des Geschiebes ist. Indem der Fluss das Geschiebe talwärts führt, häuft er es
stellenweise zu Inseln auf, welche seine Stromrichtung schliesslich ablenken. Solche
Sand-, Kies- oder Schotterinseln wandern stetig talwärts. Das Wasser reisst an dem
oberen Ende die Geschiebemassen ab und führt sie weiter talwärts zu neuen Inseln zu-
sammen. So erklärt es sich, dass an geraden und an wenig gekrümmten Flusstrecken die
Stromrinne sich einmal an dem linken und nach einiger Zeit an dem gegenüberliegenden
Ufer befinden kann.
In stark gekrümmten Flusstrecken bleibt die Stromrinne in der Regel an der
konkaven Seite, während sich an der konvexen Kiesinseln ausbilden. Nach jedem
Hochwasser verändert sich in der Regel aber auch hier die Profilform einer beobachteten
Stelle, weil, je nach der Höhe und Dauer des Hochwassers, Auffüllungen, Vertiefungen
oder Verbreiterungen stattfinden.
Zur Aufnahme von Querprofilen setzt man zweckmässigerweise, bei breiteren
Flüssen an beiden Ufern, bei schmäleren an einem Ufer Profilsteine, welche trigono-
metrisch in der Flusskarte festgelegt und in deren Oberkanten einnivelliert werden. Wenn
es ohne grösseren Zeitaufwand möglich ist, wird man an das gegebene öffentliche Fix-
punktnetz anschliessen und kann dann bei der Peilung sofort die Beziehung auf
N. N. erhalten. Die Aufnahme der Querprofile erfolgt stets lotrecht zur Stromrichtung
und es werden deshalb die Profilsteine, wenn auf beiden Seiten solche gesetzt werden,
so angebracht, dass ihre Verbindungslinie lotrecht zur Stromrichtung steht. Die Ent-
fernung der aufzunehmenden Querprofile richtet sich nach der Örtlichkeit und den ver-
fugbaren Mitteln und kann 100,0 bis 300,0 m betragen. Man kann sich meistens nach
der Flusskarte und auf Grund einer Ortsbesichtigung, welche am besten bei N. W. vor-
zunehmen ist, schon ein ungefähres Bild über den Ort und die Zahl der aufzunehmen-
den Querprofile machen, und man entwirft zweckmässig vorher auf der Karte das Netz
der festen Profilsteine und die Entfernung der Zwischenpunkte, an denen Querprofile
aufgenommen werden sollen. An jeder Stelle, wo, ausser an den Profilsteinen, Querprofile
aufzunehmen sind, werden am Ufer Zwischenpfähle geschlagen und zwar bei schmalen
Flüssen nur an einer Seite, bei breiteren an beiden. Oft wird die Möglichkeit vor-
liegen, mit der Aufnahme der Spiegelgefälle auch die Peilung der Querprofile zu ver-
binden und die für den erstgenannten Zweck zu schlagenden Pfahle für die Peilung mit
zu verwenden. Alle Zwischenpfähle werden gleichfalls trigonometrisch festgelegt und
mit Bolzen oder Nägeln versehen, welche durch Nivellement an die Profilsteine anzu->
sehliessen sind.
An den Stellen, welche für die Errichtung des Wehres, des Einlaufes , der Aus-
nrandung des Werkkanales, der Errichtung des Kraft hauses oder sonstiger wichtiger Bau-
werke in Frage kommen, muss man die Querprofile enger aneinander, etwa in Abständen
von 10—25,0 m, legen. Auf den dazwischen liegenden Strecken genügen die oben ge-
nannten Profilentfernungen, es sei denn, dass man an dem Flusse selbst noch Regulie-
rangsarbeiten vorzunehmen hat, deren Notwendigkeit schon bei den Vorarbeiten in die
Augen springt. In solchem Falle wird man je nach Umständen die Entfernung der
Qnerprofile auf der freien Flusstrecke zu bemessen haben.
126 I. Theodor Koebn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Die Profilsteine werden, wenn irgend möglich, hochwasserfrei gesetzt, die Zwischen-
pfähle je nach der Örtlichkeit und je nachdem ihre Verwendung auch zur Aufnahme von
Spiegelgefällen mit in Frage kommt, an passender Stelle. In der Regel verbindet man
mit der Aufnahme der Querprofile auch die Aufnahme je eines 50,0 bis 100,0 m breiten
Uferstreifens auf beiden Seiten des Flusses, wobei die besondere Beschaffenheit des Ufer-
geländes, seine Nutzungsart, die vorhandenen Wege, Strassen, Eisenbahnen oder Bau-
werke mit aufzunehmen sind.
Zur Vornahme der Querprofilpeilungen bedient man sich neuerdings fast allgemein
eines Peildrahtes. Solche Peildrähte werden von Kabelfabriken als geseilte Drähte von
4—6 mm Stärke geliefert und sind in der Regel in Abständen von 5,0 m mit kleinen
Metallplatten versehen, auf denen die entsprechenden Zahlen angebracht sind. Hanf-
leinen sind zur Peilung nicht gut verwendbar, weil sie ihre Länge zu stark verändern,
je nachdem sie nass oder trocken sind. Der Peildraht wird auf einer leichten, aber
fest gebauten Holztrommel an Ort und Stelle gebracht. Er muss mindestens an einem
losen Ende eine Öse haben, an welcher er am Ufer durch Draht oder Taue an einem
Anker oder einem besonders festen Pfahl möglichst dicht über dem Wasserspiegel be-
festigt wird. Die Entfernung des Nullpunktes von dem Profilpfahl oder Stein wird
sorgfältig eingemessen , ebenso die Entfernung des Wasserrandes von dem Nullpunkt.
Zweckmässigerweise strebt man an, von vornherein den Nullpunkt des Peildrahtes mit
dem Wasserrande zusammenfallen zu lassen. Die Drahttrommel wird alsdann mittelst
eines Kahnes aqf das andere Ufer gebracht, indem der Peildraht sich abwickelt. Durch
Pfahle oder in sonst geeigneter Weise wird die Drahttrommel möglichst dicht über dem
Wasser festgemacht und alsdann der Peildraht mit der Winde straff gespannt. Das
Straffspannen des Drahtes gelingt noch bis zu Profilbreiten von 120,0—130,0 m. Ist
der Fluss breiter, so muss man die Drahttrommel auf einem festen, schweren Kahn gut
befestigen und den letzteren so verankern, dass der Peildraht in die Profillinie gebracht
und daselbst gespannt werden kann. Die Peilung erfolgt bei kleineren Wasserläufen in der
Regel von m zu m. Bei sehr unregelmässiger Sohlengestaltung und ganz kleinen Bächen, auch
wohl noch an Zwischenstellen und zwar entweder direkt durch Aufstellen von Nivellier-
latten auf die Flussohle, so dass man die Höhe <ler Sohle mit dem Instrument direkt
abliest, oder durch das Peilen mit Peillatten, indem man die Wassertiefe misst. Nivel-
liert man den Wasserspiegel ein, so kann man aus der Peilung die Sohlenhöhe, bezogen
auf den Nullpunkt, berechnen. In beiden Fällen bedient man sich eines möglichst leicht
beweglichen Kahnes, in welchem man sich an dem Peildraht entlangzieht. Es ist nfttig
die Peilung mindestens doppelt (rück- und vorwärts) vorzunehmen, um eine Kontroll-
messung zu haben, da irrtümliche Ablesungen sehr leicht vorkommen. Aber auch bei
richtigen Ablesungen bekommt man bei der Kontrollpeilung recht erhebliche Abweichungen
und man muss dann eine mittlere Zahl als die richtige für jede Stelle annehmen.
Die Peillatten werden zweckmässig unten mit einem breiten, eisernen Bing ver-
sehen, damit sie beim Herunterstossen nicht so leicht abtreiben und bequem in die lot-
rechte Lage zu bringen sind. Auch ist es zu empfehlen, an der Peilstange mittelst einer
Öse ein Lot zu befestigen, damit die lotrechte Stellung der Stange bei der Ablesung
kontrolliert werden kann. Bei sehr loser Sohle empfiehlt es sich, das untere Ende der
Stange mit einem Teller zu versehen, weil sonst die Stange sehr verschieden tief in den
Grund eindringt und die Abweichungen bei mehrfachen Peilungen an ein und derselben
Stelle zu. gross werden.
Das Auftragen der Querprofile geschieht meistens im Masstab von 1 : 100 bis
1 : 250. Verzerrte Masstäbe anzuwenden empfiehlt sich nicht , weil es besser ist , für
§ 4. Die technischen Vorarbeiten. 127
das Projektieren der Bauwerke die Neigungen der Böschungen im richtigen Verhältnis
vor Augen zu haben.
Das Längsprofil der Flussohle wird dagegen stets in verzerrtem Masstabe auf-
getragen und zwar die Längen je nach dem Umfang der -darzustellenden Strecke im
Masstabe von 1 : 1000 bis 1 : 10000, die Höhen im Masstabe von 1 : 50 bis 1: 100.
Meistens wird man sich bei Wahl des Längsmasstabes nach den verfügbaren Fluss-
karten richten. Im übrigen sind die Vorschriften des betreffenden Landes für die Ein-
reichung von Konzessionsanträgen etc. zu beachten (vergl. S. 56). Als Längen werden, wenn nur
ein Ufer mit Profilsteinen bezw. Pfählen versehen ist, die nach diesem Ufernetz ermittelten
Längen aufgetragen. Wenn beide Ufer vermessen sind, so wird nach der Flusskarte die
Flussmitte bei M.W. stationiert und hiernach die Längen aufgetragen. Als Höhen der
Flussohle trägt man die aus den Querprofilen zu entnehmenden Masse in der Mittel-
linie des Wasserspiegels bei einem Mittelwasserstande auf, wobei auf den Zeichnungen
die Höhenzahl dieses Mittelwasserstandes angegeben werden muss.1 Nach dem Auf-
tragen der Flussohle werden auf Grund der früheren Wasserspiegelaufnahmen die Wasser-
spiegellinien der charakteristischen Wasserstände eingetragen und schliesslich die Ufer-
höhen hinzugefügt,
Hat man in das Längenprofil der Flussohle die Wasserspiegellinien eingetragen,
so lässt sich daraus leicht das verfügbare Rohgefälle ermitteln, wenn man vorläufige
Annahmen für die Einlauf- und Ausmündungsstelle des Werkkanales macht. Schätzt
man dann so gut es geht, die charakteristischen, sekundlichen Wassermengen, welche für
den Werkkanal zur Verfügung stehen, so kann man sich ein erstes überschlägliches Bild
über die erzielbare Leistung der Wasserkraft machen. D& aufgestellte Längenprofil
bildet aber auch die endgültige Unterlage für den Entwurf der Bauwerke (Wehr, Kanal,
Krafthaus etc.).
Alle Fragen, welche sich auf das Gefalle beziehen, lassen sich in verhältnismässig
kurzer Zeit und unter Aufwendung geringer Mittel mit ausreichender Sicherheit aufklären.
2. Die Beschaffenheit der Sohle.
Die Beschaffenheit der Sohle muss bekannt sein, nicht nur, um daraus Schlüsse
auf die Ausführbarkeit und die Kosten der Bauwerke zu ziehen, sondern vor allem auch
deshalb, um zu wissen, ob sich und in weichem Sinne die Höhenlage der Flussohle ver-
ändert, oder ob mit einem angenähert unveränderlichen Zustand gerechnet werden kann.
Es gibt Flusstrecken, bei denen sich eine dauernde Vertiefung feststellen lässt,
wie es andererseits Flusstrecken gibt, bei denen sich die Sohle durch Geschiebeab-
lagerungen fortwährend erhöht und schliesslich Flusstrecken, bei denen Vertiefungen
und Erhöhungen abwechselnd im steten Wandel auftreten.
So hat man z. B. beobachtet, dass der Lech bei Gersthofen sein Bett jährlich
um etwa 15—20 cm vertiefte, während der Drac in der Nähe von Champ bei Grenoble
sein Bett durch die grossen, von ihm mitgeführten Kiesmassen fortwährend auffüllt.
Bei Gebirgsflüssen, wie der obere Tessin und die obere Adda verschieben sich die Kies-
bänke und die Kolke fast nach jedem Hochwasser. Es ist deshalb klar, dass bei solchen
Flüssen Wasserstandsbeobachtungen allein nicht geniigen, um daraus einen Schluss auf
die sekl. Wassermengen zu ziehen, weil je nachdem, ob sich das Querprofil vergrössert
°der verkleinert, auch den einzelnen Wasserständen verschiedene sekl. Wassermengen
entsprechen. So hatte an der Durance (Frankreich) der Dienst zur Anzeige von Hoch--
128 I. Theodor Kosh*. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
wasser in den Jahren 1897 bis 1901 eine lange Reihe von Wassermengenberechmiiigen
ans Wasserstandsbeobachtnngen vorgenommen, sie aber im Jahre 1902 aufgegeben, nach-
dem festgestellt war, dass bei ein und derselben Wasserhöhe, je nach dem Znstande des
Flussbettes, die Abflußsmengen in ausserordentlich weiten Grenzen schwankten9).
Sind stärkere Veränderungen der Flussohle zu erwarten, so sind dieselben so-
wohl bei der Ermittelung des erzielbaren Druckgefälles zu berücksichtigen, als auch be-
sonders bei Festlegung der Höhenzahlen für die Ein- und Auslaufschwellen des Werk-
kanals, der Höhe der Wehrkrone und der Tiefe der Fundierung aller Bauwerke.
3. Die Geschiebeföhrung.
Die Frage der Gescbiebefuhrung wird zum Teil schon bei dem Studium der Fluss-
sohle mit erörtert. Es ist zweckmässig, die festen Stoffe, welche ein Fluss mit sich
führt, zu unterscheiden in solche, welche an der Flussohle rollend und rutschend be-
wegt und solche, welche freischwebend fortgeführt werden, und man bezeichnet im all-
gemeinen die letzteren als Sinkstoffe und die erstgenannten als Geschiebe.
Die Menge der Sinkstoffe und Geschiebe, welche das Flusswasser pro Volumen-
einheit mit sich führt, hängt ab von der Beschaffenheit der wasserberührten Ufer und
der Flussohle, sowie von der Geschwindigkeit des Wassers, d. h. also von dem Gefalle
und von der Gestalt der Querprofile.
Nach den bekannten Untersuchungen von Telford wird das Flussbett je nach
seiner Natur bei ganz bestimmten Geschwindigkeiten angegriffen, wofür der genannte
Autor folgende Zahlen4) gibt:
Geschwindigkeit des Wassers
Bodenart des Flnsebettes
an der Sohle
Schlammige Erde
0,076 m
Weicher Ton
0,152 „
Sand
0,305 „
Kies
0,609 „
Kieselsteine
0.941 „
Gebrochene Steine
1,220 „
Trümmer-Gestein und weicher Schiefer
1,520 „
Lagerhafter Felsen
1,830 „
Harter Felsen
3,050 „
Wenn also das Wasser mit einer gewissen Geschwindigkeit über eine Flussohle
mit beweglicheren, weicheren Bodenarten fliesst, so wird es sehr viel mehr von
ihnen mit sich fortreissen, als wenn die Flussohle aus festeren Bodenarten gebildet ist.
Für unsere Betrachtungen kommen im wesentlichen die fünf ersten Bodenarten in
Frage, von denen der Schlamm und der weiche Ton und Lehm, sowie die feineren
Sandarten zu den Sinkstoffen, die gröberen Sandarten, sowie der Kies und die Kiesel-
steine zu den Geschieben gehören. Obwohl das Flusswasser eine gewisse Sortierung der
3) R. Tavernier et R. de la Broate, Compte rendu des travaox, execntee a la fin de
l'annee 1908 du aervice d'ttndes des grandes forces bydrauliqnee dana la rigion dee Alpes (Paris 1904).
*) Der Wert dieaer Zahlen wird vielfach angezweifelt. Indesaen existiert noch kein einwand*-
freier Ersatz. Die Schwierigkeit, solche Zahlen einwandfrei zu finden, liegt z. T. auch darin, daaa man
mit den gewöhnlichen Mitteln die Geschwindigkeit an der Sohle direkt nicht messen kann.
§ 4-
Die technischen Vorarbeiten.
129
Geschiebemassen vornimmt, so ist das Geschiebe doch noch meistens mit Sinkstoffen
reichlich untermischt. Der Sand findet sich in der Zusammensetzung aller Sinkstoffe
und Geschiebe, denn er entsteht als Verwitterungsprodukt sowohl der vulkanischen, als
auch der weicheren Gesteinarten. Seine zerstörende Wirkung in den Turbinen wächst
mit der Schärfe und Harte seines Kornes. Die Beimischung von Schlamm und weicheren
Ton- und Lehmarten ist in Flüssen, deren Ursprung in Gebirgsgruppen aus Sand-
stein, Kalkstein, Molasse etc. liegt, grösser als in den Flüssen, deren Quellgebiet aus
vulkanischen Gesteinsarten, wie Granit, Porphyr, Gneis und Basalt etc. besteht und sie
wächst natürlich gewaltig, wenn ein schnellfliessendes Wasser durch weichere Alluvial-
schichten fliesst und von ungeschützten, steilen Ufern grössere Massen abreissen kann,
oder wenn alte Schlickmassen, welche bei niedrigem Wasserstande zum Teil zur Ruhe
gekommen sind, bei wachsenden Wasserständen wieder in Bewegung geraten. Im all-
gemeinen nimmt die Menge des Sinkstoffgehaltes bei wachsendem Wasser zu und bei
fallendem Wasser ab. Die schwebenden Sinkstoffe nehmen allmählich bis zum Be-
harrungszustande die Geschwindigkeit der Wasserschichten an, in welchen sie sich be-
finden, indem sie bei wachsender Geschwindigkeit allmählich in die oberen Schichten
emporgewirbelt werden und bei abnehmender Geschwindigkeit wieder in die unteren
Schichten zurücksinken. Trotzdem die Sinkstoffe ungefähr noch einmal so schwer sind
wie das Wasser, können sie sich dennoch bei grösseren Geschwindigkeiten in allen
Schichten der Vertikalen halten, woraus folgt, dass nach oben gerichtete Eraftkom-
ponenten zur Äusserung kommen müssen.
Das bis jetzt veröffentlichte Beobachtungsmaterial über die Menge der Geschiebe
und Sinkstoffe, welche ein Fluss mit sich fuhren kann, ist noch sehr gering. Über die
Menge der Sinkstoffe kann man sich im Einzelfalle durch Entnahme von Proben ein
ungefähres Bild machen, indem man das Gewicht der Beimischung an Sinkstoffen für
die Raumeinheit Wasser feststellt und nach dem spezifischen Gewicht der Sinkstoffe den
prozentualen Raumgehalt derselben berechnet.
Man hat z. B. bei einem Hochwasser am 3. Oktober 1888 an der Arve festge-
stellt, dass dieser Fluss 5 kg pro cbm Wasser an Sinkstoffen mit sich führte. Bei
einem Gewicht von 2000 kg pro cbm würde das 2,5°/00 des Raumgehaltes ausmachen0).
Toi k mit t gibt in seinen „Grundlagen der Wasserbaukunst" S. 259 folgende
Zahlen über den Sinkstoffgehalt einiger Flüsse:
Name des Flusses
Sinkstoffgehalt in 1 cbm
Wasser in kg
Raumgehalt in °/oo bei An-
nahme eines Gewichtes von
2000 kg pro cbm
durch-
schnittlich
bei
Hochwasser
durch-
schnittlich
bei
Hochwasser
der Yar bei Nisza
die Marne
die Seine
die Dnrance
der Ganges
der Miasiasippi
die Donau bei Wien
8,577
0,074
0,040
1,45
0,67
0,11
86,6
0,52
2,74
8,63
1,W
1,79
0,087
0,02
0,78
0,885
0,055
18,5
0,26
1,87
1,82
0,97
5) M. Th. Tnrrettini, Usine de Chevres. Notice historiqne et descriptive des travaox execntes
ptr la Vüle de Geneve de 1898 a 1899. S. 18.
Handbuch der Intv-WiMeaseh. HL ML 18. Bd. 9
130 L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Nach Partiot6) betrag auf Grund von 300 Proben, welche bei Hochwasser in
der Loire im Jahre 1856 gemacht wurden, der Gehalt, trotz des schwachen Gefälles,
allein an tonigen und lehmigen Sinkstoffen (Argiles) pro cbm Wasser
in g pro cbm
ui Raumgehalt in */•*
300
0,15
bei Feurs
242
0.121
„ Roanne
210
0,105
„ Nevers
237
0,117
„ Orleans
212
0,106
, Tours
117
0,089
„ Saumnr
150
0,075
„ Nantes
Nach den Mitteilungen des Ingenieurs M. A. Boucher auf dem Congres de 1&
Houille Blanche7) im September 1902 hat man an den Alpenflüssen sehr oft 4 — 5%
schwebenden Sandes bei Hochwasser beobachtet. Mit Rücksicht auf das grosse Gefalle,
welches in den für Wasserkraftanlagen besonders in Frage kommenden Flüssen vorhanden
ist, muss man damit rechnen, dass auch bei allen mittleren Wasserständen grössere Sink-
stoffmengen yom Wasser mitgeführt werden. Bei der Grössenbestimmung der Ablage-
rungsbecken wird man immer gut tun, ungünstige Annahmen zu machen, und so lange
nicht durch eine ausreichende Anzahl von Proben ein anderer Zustand nachgewiesen
ist, bei Hochwasser mit 1— 4°/o und bei mittleren Wasserständen mit 1 — 2°/oo des
Raumgehaltes zu rechnen haben.
Der Raumgehalt der Geschiebeführung pro Volumeneinheit Wasser kann unter
Umständen sehr viel grösser sein« als derjenige der Sinkstoffe. In den weitaus meisten
Fällen ist aber das Umgekehrte der Fall. Zuverlässiges Beobachtungsmaterial fehlt in
dieser Beziehung leider gleichfalls noch sehr. Es lassen sich zwar aus der Wanderung
der Kies- und Sandinseln, wie überhaupt aus der Veränderung der Flussohle bei höheren
Wasserständen Schlüsse auf die Mengen der Geschiebeführung ziehen, aber unsicher
werden die Resultate immer bleiben müssen. Die verhältnismässig zuver-
lässigsten Schlüsse Hessen sich aus der Auffüllung der Flussohle vor
bestehenden Stauanlagen ziehen, und es wäre sehr zu wünschen, wenn
solche Untersuchungen systematisch an möglichst vielen Stellen
vorgenommen und die Resultate veröffentlicht würden.
Während sich die Sinkstoffe ungefähr mit der Geschwindigkeit der Wasserteilchen
vorwärts bewegen, setzen die Geschiebe dem Wasser einen viel grösseren Widerstand
entgegen und wandern nur langsam talwärts. Am Oberrhein zwischen Basel und Brei-
sach hat man festgestellt, dass durch den Querschnitt eines Profils während eines Jahres
durchschnittlich nur etwa 220000 cbm Geschiebe wandern8). Wenn man als sekl.
Wassermenge bei M.W. nur diejenige bei Basel mit 865 cbm/sek. zugrunde legt, so
ergibt sich eine durchschnittliche Gescbiebefuhrung von nur 0,0087 °/eo.
Der französische Ingenieur Wilhelm9) teilte auf dem Congres de la Houille
Blanche 1902 in Grenoble mit, dass nach seinen Untersuchungen an dem Verdon (einem
•) Partiot, Memoirea nur les aablee de Im Loire. Ann. des ponts et eh. 1871. I. S. 238.
7) Compte renda dee traveaax da Congres de )a Hoaüle Blanche etc., Premier Volume S. 285,
Grenoble 1902.
S) R. Jaemond, Handbuch der lng.-Wiaaenseh. III. Teil Wasserbau. 4. Aufl. Bd. I. 8. 853.
0) J. Wilhelm, Climatologie et Hydrologie. Compte rendo des travaux da Congres de 1*
Houille Blanche. Premier Volume. S. 160—164. Grenoble. 1902.
§ 4. DlB TECHNISCHEN VORAKBEOTN. 181
Nebenfluss der Durance) bei Sainte Croix oberhalb Qninson die Jahresmenge der
Geschiebeführung 44430 cbm betragen habe, d. h. bei 18 cbm/sek. durchschnittlich
0,078 %o des Raumgehaltes des Wassers. An der genannten Stelle wurde im Jahre 1869
eine Talsperre von 13,0 m Höhe errichtet und Wilhelm konnte auf Grundlage von
alten, genauen Peilungen aus dem Jahre 1878 und Peilungen, welche von ihm selbst
im Jahre 1899 vorgenommen * wurden, feststellen, dass während dieser Periode von
21 Jahren sich im Staubecken der Talsperre 933000 cbm Geschiebe abgelagert hatten
und zwar abgesehen von den Sinkstoffen. Die Menge der abgelagerten Sinkstoffe war
viel grösser und sie füllten den der Sperrmauer zunächst gelegenen Stauraum zum
grossen Teil aus. Die Flußsohle des Verdons ist wie diejenige vieler Gebirgsflüsse mit
Geschiebe ganz bedeckt. Da nun die Geschiebeführung von der Schleppkraft, diese aber
wiederum von dem Gefälle und der Wassertiefe des Flusses abhängt, so kann ein Fluss
auf einer gewissen Strecke bei einem bestimmten Wasserstand immer nur eine bestimmte
und beschränkte Geschiebemenge mit sich fort führen. Man nennt den Zustand der
maximalen Geschiebeführung bei einer bestimmten Wassertiefe und einem bestimmten
Gefalle den der „Sättigung". Wenn deshalb die Sohle einer längeren Flugstrecke so stark
mit Geschiebe bedeckt ist, dass der Zustand der Sättigung des Wassers eintreten kann,
so macht es, nach Wilhelm, auf die Gesamtschiebeführung keinen Unterschied mehr,
ob dem Flusse aus seinen Nebenflüssen Geschiebemengen zugeführt werden oder nicht.
Wilhelm hat es deshalb versucht aus dem am Verdon festgestellten Verhältnis zwischen
der mittleren sekl. Wassermenge und der Geschiebeführung eines Jahres Vergleichszahlen
für andere Gebirgsflüsse mit ähnlicher Sohlenbeschaffenheit aufzustellen. Er ist sich
dabei vollkommen bewpsst gewesen und hebt das auch entsprechend hervor, dass diese
Beziehung insofern grundsätzlich unzutreffend ist, weil sie auf der Annahme beruht,
dass jeder sekl. Wassermenge dieselbe verhältnismässige Geschiebeführung zukäme,
während tatsächlich bei den kleinen sekl. Wassermengen die Geschiebeführung fast auf-
hört, dafür aber bei den hohen Wasserständen um so lebhafter eintritt. Es kann des-
halb die nachstehend angegebene Gleichung selbstverständlich nur für die Gewinnung
überschläglicher Zahlen bei ähnlichen Verhältnissen Verwendung finden. Bezeichnet:
q die gesuchte jährliche Geschiebemenge an einem Flusse,
Q die sekl. Wassermenge bei M.W. in cbm,
J das Gefälle in mm für einen Meter, dagegen
q' die gemessene Geschiebeführung eines Jahres am Verdon,
Q' und J' die entsprechenden Werte für den genannten Fluss, so würde folgende
Gleichung als bestehend angenommen werden können:
3 — _9'
QJ ~~ Q' J'~
und daraus würde sich ergeben:
, QJ
q = q q,:j,
Da q' = 44430 cbm,
Q'= 18 „ und
J/= 4,72 mm für einen Meter ist, so würde die Gleichung lauten:
q = 523 Q . J, wobei Q in cbm und J in mm pro ein Meter auszu-
drücken wäre. —
Über die Geschwindigkeit, welche zur Fortbewegung der Sinkstoffe und Geschiebe
mindestens notwendig ist, werden von den verschiedenen Autoren folgende Angaben
gemacht :
9*
132 L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Nach älteren Versuchen von Du Buat10):
Brauner Töpferlehm 0,081 m
Sand, welcher aus solchem Lehm ausgeschieden wird 0,162
Grober Sand 0,216
Eies in der Grösse eines Aniskornes 0,108
Eies in der Grösse einer Erbse 0,189
Eies in der Grösse einer Bohne 0,325
Runde Kieselsteine von 0,027 m Durchmesser 0,650
Eckige Eieselsteine in der Grösse eines Hühnereies 0,975
Die Versuche von Du Buat wurden an kleinen Versuchsrinnen gemacht und ihr
Wert wird vielfach angezweifelt.
Franzi us11) nimmt an, dass in offenen unbefestigten Gräben in Bewegung ge-
setzt werden:
Bei einer mittleren Geschwindigkeit von:
0,5 m feiner Sand und Schlamm
1,0 „ gewöhnlicher Sand, Mauersand und fester Moorboden,
1,5 „ gebundener toniger oder sehr grober Sand und feiner Eies.
2,0 „ grober Eies und fester Elaiboden.
Nach Versuchen, die Such i er 1874 am Oberrhein bei Alt-Breisach lf) vornahm,
setzte sich beim Aufrühren durch Stangen in Bewegung:
Bei einer Geschwindigkeit, etwa 5 cm über der Sohle gemessen, von:
0,897 m Eies bis zur Bohnengrösse
0,923 „ Eies bis zur Haselnussgrösse
1,123 „ Eies bis zur Taubeneigrösse
1,589 „ Steine bis zu 1000 g Gewicht
1,800 „ Steine bis zu 2500 g Gewicht
und es war sämtliches Geschiebe bei 2,063 m Geschwindigkeit in Bewegung.
M. Partiot18) gibt an, dass bei folgenden Geschwindigkeiten die darunter an-
gegebenen Eies- und Steingrössen noch in Bewegung gesetzt werden:
Mittlere Geschwindigkeit
im Vertikalprofil . . 0,36 m 0,70 m 1,43 m 2,14 m 2,86 m 4,29 m 5,21 m
Geschwindigkeit an der
Sohle 0,25 „ 0,50 „ 1,00 „ 1,50 „ 2,00 „ 8,00 „ 4,00 „
Durchmesser des Eieses
und der Steine . . . 0,0025 „ 0,01 „ 0,04 „ 0,10 „ 0,17 „ 0,38 „ 0,67 „
Man sieht aus diesen Angaben, so sehr auch die einzelnen Autoren voneinander
abweichen, dass Sinkstoffe schon bei verhältnismässig kleinen Geschwindigkeiten bewegt
werden und man kann daraus schliessen, dass bei entsprechender Beschaffenheit der
Flußsohle mit Rücksicht anf das grosse Gefälle auch bei N. W. ziemlich reichliche Sink-
stoffe im Wasser enthalten sein müssen, was auch mit den Erfahrungen an ausgeführten
Wasserkraft- Anlagen übereinstimmt.
Bezüglich der Wassergeschwindigkeit an der Sohle bestehen nach Bazin (vergl.
S. 196 und Eap. III, 2, Werkkanäle), wenn man
mit vB die grösste Geschwindigkeit in einer Vertikalen,
10) A. Flamant, Bydranlique. Paris 1900. S. 298.
ii) Handbach der Baukunde. Teil II. S. 162.
i») Doli, Deutsche Bauz. 1883. S. 832.
13) Partiot, Mlmoires aar les sables de la Loire. Ann. des ponts et eh. I. 1876. S. 259.
§ 4. Die technischen Vorarbeiten. 183
mit ym die mittlere Geschwindigkeit und
mit v8 die Geschwindigkeit an der Sohle bezeichnet, annäherungsweise
folgende Beziehungen:
vm = 0,785 v, v8 = 0,75 vm.
Der französische Ingenieur Sainjon u) hat durch Messungen mit dem Wolt-
manschen Flügel in der Loire gefunden, dass die Sohlengeschwindigkeit etwa dem
0,70 fachen der mittleren Vertikalgeschwindigkeit einer Lotrechten entsprach.
Die Bewegung des Geschiebes 1&) erfolgt durch den Stoss des Wassers auf der zur
Strömung senkrechten Projektion der Querschnittsfläche F des einzelnen Kornes.
v2
Dieser Stoss ist P = s F v . rt , wenn
2g'
y das spezifische Gewicht des Wassers,
v die Geschwindigkeit des Wassers,
g die Erdbeschleunigung = 9,81 m und
e einen Beiwert bedeuten.
Letzterer ist nach Eytelwein für die Kugelform 6 = 0,7886 und nach Stern-
berg16) für die Form des Ellipsoids, dessen kleine Halbachse b halb so gross ist, als die
halbe Längsachse a, « = 0,8.
Soll das Geschiebekorn bewegt werden, so muss P> sein als der Widerstand
des Kornes W
W = r . V . (y0 — y), wenn
V das Volumen des Kornes,
y0 sein spezifisches Gewicht und
r den Beibungsbeiwert bedeuten. Letzterer wird meistens zu 7* ange-
nommen.
Es muss also sein:
0,8 F. y.^>J(y0-y)
4
Für ein Ellipsoid ist F = a . b . n und V = « n . a b2 und wenn y0 = 2200 kg an-
genommen wird, muss sein
v > ■ /* » Ä b2 12200 — 1000)9,81
y-g*ab*(2ä
a b . 1000
woraus sich v > 4,43 }/b ergibt.
Wir haben gesehen, dass der Widerstand eines Geschiebekornes seinem Volumen,
d. h. der dritten Potenz seiner Seite, Würfelform angenommen, proportional ist : W = k(*.
Dementsprechend ist auch der ganze Sohlenwiderstand von der Korngrösse und dem
spezifischen Gewicht des Geschiebes abhängig, aus welchem die Sohle besteht17).
14) Ann. des ponto et cb. 1871. S. 260.
i&) Lechalas, Sur les rtvieres a fand de eable. Ann. des ponts et eh. 1871. S. 381.
16) Sternberg, Untersuchungen über Längen und Qaerprofile geschiebeführender Flüsse. Zeit-
schrift f. Bauw. 1875. S. 485 und ff.
1?) Du Boys, Ann. des Ponts et eh. 1879. II. S. 149 u. ff.
134 L Theodor Koehn. Aushau von Wasserkräften. Allgemeines.
Die Schleppkraft des Wassers hängt von seiner Geschwindigkeit, also toq dem
Gefälle and der Wassertiefe ab. Setzt man die Schleppkraft S gleich der Zunahme an
lebendiger Kraft, so ist für einen Wasserfaden von der Masse m
c dv T
d = m . -5 — = m . g«j.
Die Masse m einer Wassersaule von 1,0 qm Grundfläche und von der Tiefe t ist
_1000.t
•^_» ... ^
g
Demnach ist die Schleppkraft auf 1,0 qm Sohlenfläche St = 1000 . t . J tmd es
wäre S z. B. bei einer Wassertiefe von 3,0 m und einem Gefälle von 1:1000
S = 1000.3.0,001 = 3kg,
bei einem Gefalle 1 : 100 und 2,0 m Tiefe 20 kg, und bei einem Gefalle 1 : 10 und 1,0 m
Tiefe schon 100 kg pro qm.
Es ist also die Schleppkraft auf der ganzen Sohlenbreite S» = 2 & b.t.lOOO.J
oder angenähert = 1000 . F . J, wenn F den wasserberührten Querschnitt bedeutet.
Bei gleichförmiger Bewegung des Wassers muss der Zuwachs an lebendiger Kraft
vollkommen durch die im Sohlenwiderstand geleistete Arbeit aufgezehrt werden.
Der Sohlenwiderstand eines Kornes war k$s, die Schleppkraft auf der von dem
Korn bedeckten Sohlenfläohe
ist = 1000 t. J.$f,
also kf«=1000.t. J.p« %
1000t. J . T
Q =• =- = C . t . J.
Also wenn J konstant wäre, so entspräche jeder verschiedenen Tiefe t eine be-
stimmte Geschiebekorngrösse, welche noch bewegt wurde, und es müsste die Korngrösse
in einem Gerinne der Tiefe entsprechend sortiert werden. Umgekehrt müsste, wenn t
an einer bestimmten Stelle konstant wäre, die Sortierung auch dem wechselnden Ge-
fälle entsprechend erfolgen. Allerdings verhält sich ein von freiem Wasser umgebenes
Geschiebekorn ganz anders, als wenn es sich in der Masse anderer Körner befindet und
es wächst der Widerstand mit der Dichtigkeit, mit welcher die Geschiebekörner ver-
schiedener Grösse zusammengelagert sind. Denkt man sich an einer Flusstelle einen
Beharrungszustand eingetreten, so muss derselbe gestört werden und erneute Bewegung
des Geschiebes eintreten, wenn das Gefälle oder die Wassertiefe oder beide sich ver-
grössern.
Aus dem Obigen folgt, dass eine Sortierung des Geschiebes in der Lotrechten
eintreten muss und die Erfahrung lehrt auch, dass das kleinste Geschiebe in den
höheren Wasserschichten, das gröbste in den tieferen treibt 18). Wenn man bei höherem
Wasser in Geschiebe führenden Flüssen mit einer Stange in die Sohle stösst, so dringt
die Stange in die lockere Sohle mehr oder weniger tief hinein, während man an der-
selben Stelle bei niedrigem Wasser bemerkt, dass die Oberfläche festliegt. Die lockere
Schicht ist um so starker, je höher der Wasserstand und je gleichmässiger das Ge-
schiebe ist.
Da die Zusammensetzung des Geschiebes eine ausserordentliche Verschiedenheit
zeigt, ist man bei dem Mangel an genauem Beobachtungsmaterial heute noch nicht in
>•) Wang, Bewegung des Geschiebes. Österr. Monatssehr. Ar den Öffentlichen Bmdieaet 1897.
8. 75 n. ff.
§ 4. Die technischen Vorarbeiten. 135
der Lage, theoretisch die Masse der Geschiebeführung eines Gewässers mit einiger Ge-
nauigkeit zu bestimmen, vielmehr ist man bis auf weiteres noch auf Schätzungen an-
gewiesen, wobei anderweitig gewonnene Erfahrungszahlen, die Wassertiefe, das Gefälle,
die Wassermenge und die durchschnittliche Korngrösse zu berücksichtigen sind und
weitere Anhaltspunkte aus den Peilungen und den daraus zu erkennenden Veränderungen
der Querprofile gewonnen werden müssen.
Bei dem Entwurf des Wehres und des Einlaufs hat man dafür zu sorgen, dass
möglichst alles Geschiebe von dem Eintritt in den Werkkanal zurückgehalten wird und
dass die Geschiebemengen, welche sich vor dem Wehr ablagern, durch Grundablässe
ins Unterwasser gespült werden können.
Da die Sinkstoffe in allen Schichten des benetzten Profils bei grösseren Geschwindig-
keiten treiben, so ist es nicht möglich, auch diese von dem Eintritt in den Werkkanal gänz-
lich auasnschliessen. Die Menge der Sinkstoffe nimmt aber mit der Wassertiefe zu und des-
halb werden die Einrichtungen am Einlauf so zu treffen sein, dass man bei höheren
Wasserständen das in den Werkkanal einzuführende Wasser aus den oberen Schichten
entnehmen kann. Kommen Schlick, Sand oder gar Kies in grösseren Mengen in die
Turbinen, so ist der Verschleiss derselben ein sehr grosser und es treten häufig Be-
triebsstörungen ein. Man muss deshalb bei Flüssen mit starker Sinkstoff- und Ge-
schiebefährung für entsprechende Ablagerungsbecken Sorge tragen.
Näheres über diese Massregeln wird im Kapitel III, 2, Werkkanäle mitgeteilt
werden, so dass an dieser Stelle darauf verwiesen werden kann.
4. Die Eisbildung.
Der Einfluss, welchen die Eisbildung auf die sekl. Wassermenge im Flusse selbst
hat, wird bereite bei den Messungen zur Feststellung dieser Wassermenge berück-
sichtigt. Auch in offenen Werkkanälen verringert die Eisbildung noch die an den
Turbinen verfügbare sekl. Wassermenge; indessen ist dieser Einfluss meistens nicht so
bedeutend, dass seine Berücksichtigung nötig wäre.
Bei Geschwindigkeiten im Werkkanal von 1,50 m und mehr findet eine Eis-
bildung, welche die Oberfläche überspannt, bei den klimatischen Verhältnissen West-
Europas nicht mehr statt. In Italien und in Süd-Frankreich hat man, abgesehen von
den höheren Lagen über dem Meere in den Alpenländern, auch bei geringeren Ge-
schwindigkeiten von dem Eise Schwierigkeiten nicht mehr zu erwarten. In den nörd-
lichen Gegenden Norwegens und Schwedens, sowie im nörd-östlichen Russland liegt die
Grenze der Geschwindigkeit, bei welchen offene Werkkanäle nicht mehr zufrieren höher
als bei 1,50 m.
Die mehr oder weniger leichte Eisbildung in einem Werkkanal hängt ausser von
der Geschwindigkeit auch von der Wassertiefe und der Rauhigkeit seiner Ufer ab. Die
nahen Böschungen begünstigen das Ansetzen der Eiskristalle und geben ihnen einen
festeren Halt, so dass sie weniger leicht von dem Stoss des fliessenden Wassers abge-
rissen werden können. Das Zufrieren einer Kanalstrecke kann erst erfolgen, wenn
alle Wasserteilchen auf 0° abgekühlt sind, denn es findet bei schnellfliessendem Wasser
eine fortwährende Mischung und ein Auf- und Absteigen der einzelnen Wasserfaden
statt. Dieser Zustand der Abkühlung wird bei schnell fliessendem Wasser und grösserer
Wassertiefe schwer erreicht, überdies werden auch die sich bildenden Eiskristalle durch
die Bewegung immer wieder durcheinander gewirbelt, so dass sich Eisflächen nicht bilden
können.
136 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Wenn ein Zufrieren eines Werkkanals zu erwarten ist, so muss man bei der Aus-
bildung des Profils darauf Rücksicht nehmen, dass die Uferbefestigung den zerstörenden
Wirkungen der Eisbildung Widerstand leisten kann.
Von besonderer Wichtigkeit ist es aber, dafür zu sorgen, dass beim Aufbruch
des Eises im Flusse durch entsprechende Massregel am Wehr und am Einlauf das
schwimmende Eis von dem Eintritt in den Werkkanal zurückgehalten und in das Unter-
wasser abgeführt wird. Findet Eisbildung auch im Werkkanal selber statt, so ist be-
sonders bei der Aufstellung des Rechens vor den Druckkammern oder Turbinenkammern
darauf Bedacht zu nehmen, dass Verstopfungen der freien Durchflussflächen in grosserem
Umfange nicht vorkommen können.
Ebenso wichtig als die Beseitigung des schwimmenden Stückeises, ist diejenige des
Grundeises. Bildet sich Grundeis im Flusse, so ist es meistens nicht möglich, dasselbe
von dem Eintritt in den Kanal vollständig zurückzuhalten. Um so wichtiger ist es
darum aber, entsprechende Vorrichtungen an den Druckkammern oder Turbinenkammern
zu treffen. Mit Rücksicht auf die Eisbildung kann unter Umständen ein teuereres
Kanalprofil im Tunnel oder mit einer künstlichen Decke dem billigeren offenen Profil
vorzuziehen sein. Auch wird man, wo Eisbildung zu befürchten ist, schmale, glatt-
wandige und tiefe Kanalprofile den breiten, rauhen und flachen vorziehen. (VergL
Kap. III, 2, Werkkanäle.)
5. Die sekündliche Wassermenge.
Ungleich schwieriger, als die bisher besprochenen Vorarbeiten ist die Feststellung
der sekl. Wassermenge. Die meisten älteren hydrometrischen Beobachtungen waren
wesentlich von den Gesichtspunkten der landwirtschaftlichen Interessen, der bau-
lichen Unterhaltung und der Verhütung von Hochwasserschäden gemacht. Es kam hier
vielmehr darauf an, die gemittelten Niedrigwasserstände, die Mittelwasserstände im Durch-
schnitt eines Jahres oder einer Pentade oder Dekade und schliesslich die höchsten Wasser-
stände kennen zu lernen, aber weniger auf die Zeitdauer, während welcher die einzelnen
Wasserstände vorhanden gewesen waren. Bei der heutigen Entwickelung des Verkehrs
und des Konkurrenzkampfes muss aber ein Gewerbetreibender, welcher sich eine Wasser-
kraft für seinen Betrieb ausbauen, oder von einer grösseren Anlage seine Kraft beziehen
will, mit möglichster Sicherheit wissen, auf wieviel Kraft und für welche Zeit er darauf
rechnen kann. Wenn man mit genügender Genauigkeit den Umfang und die Dauer
eines Kraftmangels vorausbestimmen kann, so lassen sich Mittel und Wege finden, um
dem Übelstand, der in dem Kräftmangel liegt, die Schärfe zu nehmen; wenn aber ein
Gewerbetreibender oder Industrieller grössere Bestellungen auszuführen bat und ihm
unerwartet die Kraft fehlt, so können ihm Schädigungen entstehen, welche viel grösser
sind, als der Gewinn durcb die billigere Wasserkraft. Es ist deshalb anzustreben,
dass eingehende hydrometrische Messungen an allen Wasserläufen, welche für Kraft*
zwecke in Frage kommen, möglichst von Staats wegen gemacht werden und dass feste
Grundsätze, sowohl für die Beobachtungen, als auch für die Veröffentlichung der gewon-
nenen Ergebnisse, aufgestellt werden, nach denen möglichst einheitlich für alle Beobach-
tungsstellen eines Staates vorzugehen ist. Aber nicht allein das: wenn irgend
möglich sollte auch eine internationale Verständigung über eine gleich-
massige Bezeichnung der einzelnen charakteristischen sekl. Wassermengen,
sowie über die Methode der Beobachtungen und über die Veröffentlichungen
ihrer Ergebnisse erstrebt werden. Es verlohnt sich auch sehr der Mühe, alle
Privatinteressenten zur Mitarbeit heranzuziehen.
4. Die technischen Vorarbeiten. 137
Die Zahl der ausgebauten Wasserkräfte in Deutschland, Frankreich, Italien,
Österreich-Ungarn, Schweiz, Schweden und Norwegen ist zusammen bereits eine sehr
grosse und wächst von Jahr zu Jahr. Wenn man auch nur von 10% der Wasser-
kraftanlagen dieser Länder nach denselben Gesichtspunkten vorgenommene Beobach-
tungen in einer gleichmässigen Form veröffentlichte, so müsste es gelingen, daraus mit
ungleich grösserer Sicherheit, als es aus dem bis heute bereits vorliegenden dürftigen
Material möglich ist, Schlüsse auf die jährlichen Abflussmengen und auf die sekl. Wasser
mengen pro qkm Yorflutgebiet für neu zu projektierende Anlagen zu ziehen. Die
Begriffe „Niedrigwasser" (N.W.), „Mittelwasser" (M.W.), „Hochwasser" (H.W.) sind in
ihrer Bedeutung meistens nicht scharf genug charakterisiert. Mit der am häufigsten
angegebenen, durchschnittlichen mittleren sekl. Jahreswassermenge allein kann der
Ingenieur, welcher die Vorarbeiten für eine Wasserkraft zu machen hat, noch wenig
anfangen. Gewiss, wenn er Talsperren anlegen, oder vorhandene Seen regulieren will,
um darin Wasser aufzuspeichern, so muss er u. a. auch die mittlere sekl. Wasser-
menge, welche ihm die Jahreswassermenge gibt, kennen. Aber in den meisten Fällen
handelt es sich um die Ausnützung von fliessendem Wasser, und in der Mehrzahl
der Flüsse wird die mittlere sekl. Wassermenge, welche den Jahres-
durchschnitt darstellt, in zwei Drittel des Jahres nicht erreicht, da-
gegen in einem Drittel des Jahres erheblich überschritten werden.
Eine kurze Unterbrechung oder Einschränkung der Kraftlieferung wird in vielen
gewerblichen und industriellen Unternehmungen erträglich sein und desto mehr, mit je
mehr Sicherheit man den Eintritt des Wassermangels, oder den Eintritt derjenigen
höheren Wasserstände, welche das durch den Stau gewonnene Gefälle ganz oder zum
Teil aufheben, kennt. Man braucht also mit der allerkleinsten Kraftmenge nicht zu
rechnen; aber man wird die Zahl der Tage festzusetzen haben, an welchen
eine gewisse verfügbare Kraft nicht unterschritten werden soll. Es ist
natürlich, dass diese Zahl je nach der Art der Verwendung der gewonnenen Kraft ver-
schieden bemessen werden kann; indessen im Durchschnitt kann man nach den vor-
liegenden Erfahrungen sagen, dass eine zehntägige Unterbrechung oder vielmehr
Einschränkung der Kraftlieferung im Jahre, als ein Zustand angesehen wird, mit welchem
sich die Kraftabnehmer ohne Schwierigkeiten abzufinden vermögen. Es kann bekannt-
lich der Kraftmangel eintreten durch starke Gefällabnahme bei H.W. oder durch Ver-
ringerung der Wassermenge bei N.W. In der grossen Mehrzahl der Fälle wird es
an solchen Neuanlagen, bei denen die durch Stau zu gewinnende Druckhöhe bei H.W.
stark abnimmt, auf Grund richtiger und gründlicher Vorarbeiten möglich sein,
das Projekt so aufzustellen, dass durch Vermehrung der sekl. Wassermenge in den
Turbinen bei H.W. noch diejenige Kraftmenge gewonnen wird, welche bei kleinster
sekL Wassermenge zur Verfügung steht. Es genügt daher in der Regel für die
Ermittelung der ständig verfügbaren Kraftmenge die Kenntnis der kleinsten sekl. Wasser-
menge und es wird nach dem oben Gesagten zweckmässig sein, möglichst einheitlich für
alle Vorarbeiten zur Kraftgewinnung :
1. als kleinste sekl. Wassermenge eines Jahres diejenige zu be-
zeichnen, welche an nicht mehr als 10 Tagen unterschritten, also an
355 Tagen des Jahres vorhanden ist und als kleinste sekl. Wassermenge
für die Wasserkraft überhaupt, die 355tägige sekl. Wassermenge des
trockensten Jahres der Beobachtungsperiode.
Bei den meisten Wasserkräften des Flach- und Berglandes, also z. B. bei den
meisten Wasserkräften Nord- und Westdeutschlands, selbst auch bei denen, welche durch
138 L Theodor Kokhn. Ausbau von Wasserkräfte*. Allgemeines.
Seen oder künstliche Stauanlagen reguliert werden, wird zur wirtschaftlich günstigsten
Ausnützung der Wasserkräfte eine Reserve in Wärmekraftmaschinen unentbehrlich oder
doch zweckmässig sein, weil auf mehrere Monate das Wasser stark zurückgeht, die Ab-
nehmer aber meistens ständige Kraft verlangen und dafür auch höhere Preise pro
Einheit zahlen können, als wenn ihnen ein längerer und womöglich nicht einmal in zu-
sammenhängenden Perioden, sondern wiederholt im Jahre auftretender Kraftausfall
zugemutet wird. Es würden aber im Durchschnitt der Fälle die Anlagekosten und Be-
triebskosten zu gross werden, wenn man diese Reserve für mehr als den 90tägigen Wasser-
mangel einrichten und länger als 3 Monate oder 90 Tage im Jahre mitlaufen lassen
müsste. Deshalb werden die Reserven in Wärmeantriebmaschinen meistens so einzu-
richten sein, dass man die 355 tagige Wasserkraft auf die neunmonatliche ergänzen
kann, und es empfiehlt sich daher als eine weitere charakteristische Wasser-
menge diejenige anzusehen, welche an mindestens 275 Tagen eines Jahres vorhanden
ist. Es möge dieselbe
2. als neunmonatliche sekl. Wassermenge bezeichnet werden.
Nicht selten gibt es aber auch Industrien oder sonstige Abnehmer, welche die nur
6 Monate im Jahre vorhandenen Wasserkräfte noch mit wirtschaftlichem Nutzen ver-
wenden können, wie z. B. Holzschleifereien etc. Wenn, um ein anderes Beispiel zu
nennen, die höheren Wasserstände regelmässig im Herbst und Winter von Oktober bis
April eintreten, wo besonders der Lichtbedarf stärker ansteigt, so kann unter Um-
ständen eine sechsmonatüchp Kraft hierfür noch nutzbringend verwendet werden, ohne
dass man für dieselbe eine Dampfreserve nötig hätte. Deshalb würde als eine dritte
charakteristische Wassermenge in cbm/sek. ausgedrückt, diejenige anzusehen sein, welche
an mindestens 180 Tagen vorhanden ist. Hierfür soll die Bezeichnung gewählt werden:
3. sechsmonatliche sekl. Wassermenge.
Schliesslich versteht es sich von selbst, dass man zwar nicht für die Ermittelang
der Kraftleistung, wohl aber für den Entwurf aller Bauwerke
4. die grösste sekl. Wassermenge
mit möglichster Sicherheit zu ermitteln hat.
Vorgreifend sei hier bemerkt, dass, wenn man den Wert einer ständigen Wasser-
kraft, d. h. einer solchen, welche an mindestens 365 Tagen des Jahres verfügbar ist,
pro PS» mit a bezeichnet, die neunmonatliche Kraft im Durchschnitt nur den Wert
von V> a und die sechsmonatliche Kraft den Wert von 1U a besitzt, denn abgesehen
davon, dass die Jahresleistung pro Einheit um V««, bezw. Vi abnimmt, verteilen sich auch
die Kosten für Verzinsung und Tilgung der Anlage, welche unabhängig von der Be-
nutzungsdauer sind, und die Aufwendung für Unterhaltung und Erneuerung, welche nur
zum Teil abhängig von der Benutzungsdauer sind, auf eine kürzere Zeit, fallen also pro
Einheit und Jahr höher aus (vergl. § 5 Die wirtschaftlichen Vorarbeiten).
Der Wert einer Wasserkraft wächst auch mit der Zuverlässigkeit der zur Ver-
fügung stehenden Wasserbeobachtungen. Wenngleich sich für die meisten Wasserläufe
eine charakteristische Jahreskurve der sekl. Wassermengen feststellen lässt, so kommen
doch in den einzelnen Jahren sehr erhebliche Schwankungen vor und das Beobachtungs-
material wird deshalb um so wertvoller, je mehr Jahre es umfasst Je sicherer man
den Eintritt der verschiedenen sekl. Wassermengen voraussagen kann, um so mehr
können sich die Konsumenten darauf einrichten und um so leichter ist es, überhaupt
Konsumenten zu finden und angemessene Preise zu erzielen. Nichts wirkt so hindernd
§ 4. Die techhi8CHen Vorarbeiten. 139
beim Anwerben von Abnehmern and beim Heranziehen neuer Industrien, als die Un-
sicherheit über die Zeit und Grösse der verfügbaren Kraft. Dm diese Unsicherheit aus-
zuschalten, muss man deshalb oft zu dem Notbehelf der Reserve von Wärmekraft-
maschinen greifen.
Der Wert einer Wasserkraft steigt ferner mit der Regelmassigkeit, mit welcher
die Perioden von niedrigen und höheren Wasserstanden aufeinander folgen und mit der
Seltenheit des Wechsels zwischen höheren und niedrigeren Wasserständen. In den
Flüssen der Alpenländer, soweit sie aus den Gletscher- und Schneeregionen gespeist
werden, tritt in der Regel N.W. nur im Winter und zwar in ganz bestimmten Monaten
auf, während man für den ganzen Rest des Jahres, der Regel nach, auf höhere Wasser-
stande rechnen kann.
Bei den Wasserläufen des Flach- und Berglandes sind die Schwankungen häufiger
und man muss im allgemeinen sowohl im Winter, als auch ein- oder mehrmals im
Sommer oder Herbst mit niedrigen Wasserständen rechnen, was natürlich den Betrieb
erschwert.
die Ordnung und Darstellung des gewonnenen Beobachtungsmaterials ist es
zweckmassig, das trockenste Jahr, das nasseste Jahr und das Mittel aus allen be-
obachteten Jahren während der Zeitdauer der Beobachtungen graphisch oder tabellarisch
darzustellen. Nun könnte ein Zweifel entstehen, welches Jahr von einer Reihe von Ver-
glftichungsjahren als das nasseste oder trockenste zu bezeichnen ist. Das einfachste und
eindeutigste Unterscheidungsmerkmal wäre die Jahreswassermenge. Aber es kann recht
gut ein Jahr eine grosse Jahreswassermenge aufweisen und doch kleinere 355 tägige
und neunmonatliche sekl. Wassermengen zeigen, als ein anderes Vergleichsjahr mit
kleinerer Jahreswassermenge. Für unsere Zwecke sind aber die charakteristischen sekl.
Wassennengen viel wichtiger, als die Jahreswassermengen und deshalb empfiehlt es sich,
die ersteren als Merkmale zur Bestimmung des nassesten und trockensten Jahres zu
wählen und zwar in erster Linie die 355 tägige und die neunmonatliche sekl. Wasser-
menge, weil diese die wichtigsten sind. Kommt der Fall vor, dass ein Jahr zwar das
kleinste 355 tägige Wasser hat, aber nicht das kleinste neunmonatliche Wasser, so würde
man am zweckmässigsten doch das Jahr mit dem kleinsten 355 tägigen Wasser als das
trockenste auftragen und die absolut kleinsten Werte anderer Jahre für' das neun-
monatliche oder sechsmonatliche sekl. Wasser mit Zahlen in das Wassermengenprofil
dieses Jahres einschreiben.
Sind kleinste oder grösste sekl. Wassermengen aus früherer Zeit bekannt, welche
nach Zahl der cbm/sek. und der Zeitdauer die gewonnenen Beobachtungsresultate unter-
oder überschreiten, so sind auch diese Daten mit einzuschreiben. Bei graphischer Dar-
stellung erreicht man die grösste Deutlichkeit, wenn man die Wasserstände und
die ihnen entsprechenden sekl. Wassermengen nicht in ein und demselben Profil,
sondern in getrennten Profilen aufträgt und die einzelnen Jahre durch verschiedene
Farben oder Schraffur oder auf andere Weise kenntlich macht Es empfiehlt sich aber
jedenfalls die Masstäbe für die Zeit (Tage) gleich zu wählen und die Profile der leichteren
Übersicht wegen untereinander anzuordnen. Die Horizontale wird entsprechend
der Zahl der Jahrestage mit 0 beginnend in 365 Teile eingeteilt, die 366 Vertikalen
in passenden, nicht zu kleinen Masstaben in cbm/sek. für die Wassermengen und in
m oder cm für die Wasserstände.
140
I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
UljXiM^MUiMUm'
4»
B
0»
s
■?
O
Je kleiner das Vorflutgebiet der
beobachteten Flusstrecke ist, um so
grössere Schwankungen in den Wasser-
ständen und den sekl. Wassermengen
ein es Tages sind zu erwarten. Anderer-
seits handelt es sich bei kleinen Vorflut-
gebieten, von Hochfluten abgesehen, auch
immer nur um verhältnismässig kleine
sekl. Wassermengen und man muss des-
halb auch kleinere Unterschiede mit be-
rücksichtigen. Es empfiehlt sich daher,
den Masstab der Längen (Zeit) und der
Höhen (Wasserstände und sekl. Wasser-
mengen) um so grösser zu wählen, je
kleiner das Vorflutgebiet ist. Auf aus-
nahmsweise hohe Spitzen bei Hochfluten
braucht man bei der Wahl des Masstabes
keine Rücksicht zu nehmen; man kann
vielmehr die Spitzen abbrechen und die
Höchstzahl der cbm/sek. sowohl, als der
Gesamtabflussmenge der betreffenden Hoch-
flut, soweit sie im Profil nicht zur Dar-
stellung kommen, in Zahlen daneben
schreiben. Für beobachtete Hochfluten
wird man überdies immer besondere
Profile in passendem Masstabe aufzu-
tragen haben. Bei kleineren Yorflutge-
bieten ist es ferner ratsam, den Tag in
acht, sechs oder drei Teile zu zerlegen und
stärkere Schwankungen des Wasserstandes
eines Tages an den entsprechenden Tei-
lungslinien aufzutragen. Man gewinnt die
Kenntnis dieser Schwankungen durch selbst-
zeichnende Wasserstandsmesser.
Bei grösseren Vorflutgebieten genügt
es dagegen meistens, die einmaligen Be-
obachtungen des Wasserstandes eines
Tages in der Mittellinie desselben auf-
zutragen und die so gewonnenen Punkte
gradlinig zu verbinden. Bei Verwendung
selbstzeichnender Wasserstandsmesser wur-
de man das gerechnete Mittel auftragen.
Auf diese Weise stellen die Wasser-
standsprofile Zickzack -Linien
dar. Die sekl. Wassermenge trägt man
am besten als Tagesmittel in der vertika-
len Mittellinie des betreffenden Tages auf
und verbindet je zwei Tagesver-
Hri^'n^iw^uun nm i rn 5i
4. Die technischen Vorarbeiten. 141
tikalen durch eine Horizontale. Auf diese Weise erscheinen die sekl. Wasser-
mengenprotile als treppenförmige Linien. Ans einer solchen graphischen Darstellung der
sekl. Wassermengen (vergl. Abb. 6) läset sich auch die Gesamtwassermenge eines Jahres
oder einer kürzeren Zeitperiode ermitteln, welche man u. A. für Sammelbecken kennen mnss.
Wenn man z. B. den Tag mit 3 mm und den cbm/sek. mit 2 mm aufträgt, so ent-
sprechen 6 qmm einer Gesamtabflussmenge von 86400 cbm. Durch Planimetrierung der
gesamten Fläche des Wassermengenprofils eines Jahres in qmm und Multiplikation mit
14400 würde man demnach die Jahreswasser menge in cbm erhalten.
Ans einer solchen Tafel ist dann zweckmässigerweise eine zweite Tafel, nämlich
die der Dauerlinien der verschiedenen sekl. Wassermengen zu ermitteln und
aufzutragen (vergl. Abb. 7) und zwar gleichfalls für das trockenste, für das nasseste und
för das mittlere Jahr. Die Horizontale ist bei dieser Tafel wiederum in 365 Teile, den
Tagen entsprechend einzuteilen, die Vertikalen in cbm/sek.
Auf Grund solcher graphischen Darstellungen lassen sich dann die gesamten
Wasserzofluss-Verhältnisse schnell und klar übersehen, und man kann unter
Berücksichtigung der besonderen Umstände des für die zu gewinnende
Kraft in Betracht kommenden Verwendungsgebietes diejenige sekl.
Waseermenge auswählen, für welche man zweckmässigerweise den Aus-
bau vorzunehmen bat. In der Regel wird es, der Kosten wegen, nicht verlohnen,
eine grössere Wassermenge als das sechsmonatliche sekl. Wasser zugrunde zu legen.
Aus der Dauerlinientafel Iässt sich schliesslich auch unter Berück-
sichtigung der bei den verschiedenen sekl. Wassermengen festgestellten
Druckhöhen,die Jahresleistung der Wasserkraft für die Rentabilitäts-
berechnung ermitteln. Vergl. § 5. Die wirtschaftlichen Vorarbeiten.
Nachdem so die Ziele gekennzeichnet sind, welche durch die technischen Vorar-
beiten erreicht werden sollen, fragt es sich nun, wie man zu ihnen gelangt.
In allen Kulturländern werden schon seit längerer Zeit an den Wasserläufen,
welche für Kraftzwecke in Frage kommen, Beobachtungen der Wasserstande gemacht.
Es hat sich aber doch oft herausgestellt, dass die älteren Beobachtungen für unsere
Zwecke nicht genügend zuverlässiges Material darbieten. Erst als im Anfang der neun-
ziger Jahre des vorigen Jahrhunderts das Interesse an der wirtschaftlichen Ausnützung
der Wasserkräfte reger und allgemeiner wurde, ist bei den Wasserbeobachtungen dieser
Gesichtspunkt mehr berücksichtigt worden.
In Preussen sind zusammenhängende Darstellungen herausgegeben:
1. der Oder mit allen Nebenflüssen von dem Bureau des Wasserausschusses19),
2. der Memel, des Pregel und der Weichsel mit allen Nebenflüssen vom Geh.
Baurat Keller im Auftrage des Wasserausschusses,
3. des Rheins von einer besonders hierfür gebildeten Kommission,
4. der Elbe von der Elbstrombauverwaltung unter Mitwirkung des Wasseraus-
schusses und der beteiligten Uferstaaten,
5. der Weser und der Ems vom Geh. Baurat Keller im Auftrage des Wasser-
ausschusses.
Die einzelnen Strombücher umfassen jedes mehrere Bände und Kartenwerke, so-
wie Tabellen und es werden in ihnen sehr gute und brauchbare Angaben über Grösse,
Höhenlage, Bodenarten, Bedeckung der Bodenflächen, Klima und Regenhöhe des Vor-
*9) Das technische Bureau des sogenannten Wasserausscbuases wurde fttr Preussen besonders
aua Anlass der verschiedenen Hochwasserkatastrophen eingerichtet und mit dem speziellen Studium der
Ursachen und der Mittel zur Verhütung derselben beauftragt
142
I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
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•0) In vielen Fällen beginnen und endigen die Danerlinien mit scharfem Richtungswechsel mehr
tangential an den
§ 4. Die technischen Vorarbeiten. 143
flutgebietes , Längen- und Querprofile der Wasserläufe, sowie der Wasserstände und
Wassermengen mit besonderer Berücksichtigung der Hochfluten, gegeben.
Gewiss enthalten die Strombücher bereits sehr wertvolle Angaben über Wasser-
stände und sekl. Wassermengen und auch über die Dauer, während welcher die einzelnen
Wasserstände angehalten haben, aber sie beziehen sich hauptsächlich auf den Hauptstrom
und die grösseren Nebenflüsse. Das älteste Strombuch ist dasjenige der Oder, das neueste
dasjenige der Weser und Ems und in letzterem findet man für Wasserkraftanlagen schon
erheblich mehr Auskünfte, als in den älteren Werken. Immerhin wird der Ingenieur, welcher
die Vorarbeiten für eine Wasserkraft zu machen hat, für die kleineren Nebenflüsse, auf
-welche es hier besonders ankommt, aus den bisher erschienenen Strombüchern nur selten
ein genügend genaues Bild der Wasserverhältnisse seines Einzelfalles entnehmen können.
Seit dem 1. April 1902 ist der frühere Wasserausschuss für Preussen in eine
„Landesanstalt für Gewässerkunde" umgewandelt worden, welche u. A. die Auf-
gabe hat, die Lücken in den bisher vorliegenden Angaben über die Wasserverhältnisse
der Flüsse auszufüllen*1).
*i) Die Denkschrift, welche eis Anlage des Haushaltsentwurfs der Bau Verwaltung 1902 dem
preussischen Landtage mitgeteilt wurde und welche die Aufgaben dieser Landesanstalt festlegt, hat
folgenden Wortlaut:
Eine zuverlässige und erschöpfende Gewässerkunde ist die notwendige Grundlage für die Ein-
richtung einer zweckmässigen, sowohl die Wassernützung, als auch die Wasserabwehr umfassenden
Wasserwirtschaft. Es müssen deshalb die für den Abflussvorgang der Ströme, Flüsse und Bäche
massgebenden Verhältnisse genau, und zwar nach einheitliehen Grundsätzen erforscht werden.
In dieser Erkenntnis sind sowohl in anderen Bundeestsaten , nämlich in Baden, Württemberg
und Bayern, als auch im Auslande, wie in Österreich -Ungarn, Italien, entsprechende Einrichtungen
getroffen worden. In Preussen sind bisher die Arbeiten zur Förderung der Gewässerkunde durch die
Beamten der allgemeinen Bau Verwaltung und Meliorations - Bauverwaltung ausgeführt worden. An den
schiffbaren Flüssen sind schon seit vielen Jahren durch Einrichtung der erforderlichen Pegel und ihre
Beobachtung, durch Aufnahme von Stromkarten, sowie durch nivellitische und hydrometrische Arbeiten
wertvolle Unterlagen für die Gewässerkunde beschafft worden. Auch hat die zur allgemeinen Verfügung
des Ministers der öffentlichen Arbeiten und des Ministers für Landwirtschaft vom 22. Januar 1880
den 8trombauverwaltungeo , denen hierdurch u. a. die Beobachtung und Untersuchung der Hochwasser-
Verhältnisse übertragen ist, Anises zur sorgfältigen Bearbeitung jener Unterlagen als Hilfsmittel zur
Kenntnis des Abflussvorganges und zur Voraussage der Wasserstände geboten. So enthalten z. B. die
Ton der Elbstromverwaltung in Gemeinschaft mit den Eibuferstaaten herausgegebenen hydrologischen
Jahrbücher wichtige Beiträge für die Gewässerkunde des ganzen Eibstromgebietes. Für die nicht schiff-
baren Gewässsr war bei den bisherigen Arbeiten eine vom Minister für Landwirtschaft im Jahre 1892
erlassene Anweisung, wonach für die verschiedenen Flussgebiete Wasserbücher und Wasserkarten auf-
zustellen sind, massgebend. Hiernach sind bisher 42 Wasserbücher ganz und 42 andere teilweise fertig-
gestellt worden.
Es fehlte aber an einer Zentrale für die einheitliche Leitung, Sammlung und Bearbeitung der
von den beiden Beamtengruppen gelieferten Arbeiten. Dieser Msngel wurde bis jetzt noch wenig fühl-
bar, weil das Bureau des Wasserausschusses, der durch Allerhöchsten Erlass vom 28. Februar 1892
zur Untersuchung der Wasserverhältnisse in den der Überschwemmung ausgesetzten Flussgebieten ein-
gesetzt worden ist, einen Teil der Aufgaben erfüllt hat, für welche eine Zentralstelle notwendig ist
Da aber der Wasserausschuss seine eigentlichen, ihm durch den Allerhöchsten Erlass über-
tragenen Arbeiten im Laufe des nächsten Jahres vollenden wird, steht seine Auflösung im kommenden*
Etatsjahre voraussichtlich bevor. Es wird deshalb jetzt die Einrichtung einer Zentralstelle von der
Staatsregierung für dringend notwendig erachtet und es ist in Aussicht genommen, sie unter der Be-
zeichnung „Landesanstalt für Gewässerkunde" zum 1. April 1902 zu eröffnen.
Die nächste Aufgabe dieser Landesanstslt wird bestehen in der Sammlung, einheitlichen Be-
arbeitung und Ergänzung der Beobachtungen über den Abflussvorgang bei schiffbaren und nicht schiff-
baren Gewässern, sowie Ermittlung der dafür maasgebenden Verhältnisse (Wasserstand, Abflossmengen,
Eis- und Hochwassererscheinungen, Znsammenhang von Niederschlag, Verdunstung, Versickerung und
144 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Räumlich dehnt sich das Arbeitsgebiet auf alle Gewässer Norddeutschlands ans,
was dadurch ermöglicht ist, dass die beteiligten Bundesstaaten sich bereit erklärt haben,
ihrerseits der Landesanstalt alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und
sich an den Kosten der Landesanstalt zu beteiligen.
Durch den Runderlass vom 26. Oktober 1902 ist den Provinzialbehörden eine
Geschäftsanweisung der Landesanstalt mitgeteilt und verfügt worden, dass der Leiter
der Anstalt zur Erleichterung und Vereinfachung des Geschäftsverkehrs wegen Mit-
teilungen von Pegelbeobachtungen, Wassermengen und sonstigen Angaben aus dem Ge-
biete der Gewässerkunde mit den in Frage kommenden Provinzial- bezw. Lokalbehörden
der allgemeinen Bauverwaltung und der Meliorations-Bauverwaltung in unmittelbare Ver-
bindung treten, sowie alle zur etwaigen Aufklärung über die vorgenannten Gegenstände
notwendigen Rückfragen gleichfalls durch unmittelbaren Verkehr mit den beteiligten
Dienststellen direkt erledigen kann.
offenen Abflugs, Grundwasserbewegung und Qaellenbildung, Durchlässigkeitsverhältnisse, Einwirkung der
Bodenbedeckung, Geschiebe und SinkstoffÜhrung u. a. m.).
Von gleicher Bedeutung ist die zweite Aufgabe der Landesanatalt für Gewässerkunde, nämlich
die Verwertung der Untersuchungsergebnisse durch Veröffentlichung und durch Mitwirkung bei der
Lösung wasserwirtschaftlicher Fragen aller Art. Die kritisch bearbeiteten Ergebnisse der Unter-
suchungen sollen in Jahrbüchern veröffentlicht werden, die ausserdem in Tabellen und bildlichen Dar-
stellungen mitgeteilten, regelmässigen Beobachtnngsergebnisse zusammenfassende, von den Beamten
der Landesanstalt bearbeitete Abhandlungen aus dem Bereiche der Gewässerkunde bringen. Es erstrecken
sich diese Abhandlungen auf aJle Fragen, die in dem bereits erschienenen, hydrographisch- wasserwirt-
schaftlichen Darstellungen der preuesischen Ströme berührt worden sind und bilden somit eine stetige
Ergänzung dieser Werke. Im Zusammenhange mit ihnen sollen die Jahrbücher als zuverlässige, tod
jedem Sachverständigen zu verwertende Quelle für die Bearbeitung wasserwirtschaftlicher Aufgaben
aller Art dienen.
Die Landesanstalt soll den Ressorts der Minister der öffentlichen Arbeiten und für Landwirt-
schaft, Domänen und Forsten zur Verfügung stehen, sodann aber auch bei wasserwirtschaftlichen Fragen
anderer Ressorts durch Abgabe von Gutachten mitwirken, besonders bei den Fragen der Ausnützung
von Wasserkräften durch Talsperren und Sammelbecken, der Zulässigkeit des Einlassens von Scbmutz-
wasser in fliessende Wasserläufe usw. Aufträge zur Erstattung von Gutachten werden von den Ministem
der öffentlichen Arbeiten und für Landwirtschaft, Domänen und Forsten gemeinsam erteilt
Die Landesanstalt ist keine besondere Behörde, sie bildet vielmehr ein Bureau im Ministerium
der öffentlichen Arbeiten, in dessen Etat die erforderlichen Mittel aufgebracht werden, und ist ein*
gemeinschaftliche Einrichtung dieses Ministeriums und des Ministeriums für Landwirtschaft, Domänen
und Forsten. Von diesen ^beiden Ministerien ressortiert ihre gesamte Verwaltung.
Die Leitung der Anstalt soll einem wasserbautechnischen, vortragenden Rate des Ministeriums
der öffentlichen Arbeiten übertragen werden, dem als Abteilungsvorsteher zwei Regterungs- und Bauräte
des Wasserbaufachs und als weitere Mitarbeiter zwei — im Stellen- und Besoldungsrange der Bauin-
spektoren stehende — wissenschaftliche Hilfsarbeiter zugeteilt werden.
Ferner sind ein expedierender Sekretär und Kalkulator und für die technischen Arbeiten
mehrere besonders geschulte, mittlere technische Beamte erforderlich. Zunächst sollen als ständige
Beamte zwei technische Revisoren angestellt werden. Die übrigen technischen Hilfskräfte sind von den
Provinzialbehörden der allgemeinen Bauverwaltung und der Meliorations-Bauverwaltung heranzuziehen
und kommissarisch zu beschäftigen.
Die Berufung zur Leitung der Landesanstalt erfolgt gemeinschaftlich durch die Minister der
Öffentlichen Arbeiten und für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Ebenso wird von ihnen über die
Besetzung der sonstigen etatmässigen Stellen und die Heranziehung von Provinzialbeamten als Hilfs-
arbeiter gemeinschaftlich Verfügung getroffen.
(Folgen Mitteilungen über die Verteilung der Kosten auf die in Betracht kommenden Titel
des Haushaltsplanes,)
Für die ausserhalb Deutschlands gelegenen Teile des Memel-, Weichsel-, Oder- und des Elbe-
gebietes werden voraussichtlich die von den Nachbarstaaten gemachten Beobachtungen zur Verfügung
gestellt und jedenfalls die einschlägigen Veröffentlichungen des Auslandes benutzt werden. Kine
§ 4. Die technischen Vorarbeiten. 145
Im Jahre 1904 wurde das erste Jahrbuch für die Gewässerkunde Norddeutschlands
von der preussischen Landesanstalt und zwar über das Abflussjahr 1901 herausgegeben,
und voraussichtlich werden bis Schluss des Jahres 1906 bereits die Jahrbücher für die
Abflnssjahre 1902 und 1903 folgen. Das erste Jahrbuch enthält:
1. Allgemeine Übersichten über die Witterungs- und Wasserstands Verhältnisse
aller Stromgebiete.
2. Mitteilungen über Grösse, Witterungs-, Niederschlags- und Eisverhältnisse der
einzelnen Vorflutgebiete.
3. Verzeichnis der Pegelstellen.
4. Wasserstandsbeobachtungen und zwar:
Tägliche Wasserstände,
Hauptzahl der Wasserstände,
Häufigkeit der Wasserstände.
5. Wassermengenmessungen.
6. Gefallaufnahmen.
7. Nach Weisung von Querschnittsaufnahmen,
Beobachtung der Wassertemperatur und
Grundwasserstandsbeobachtungen.
Dem grossen Bande des Jahrbuches sollen einzelne Veröffentlichungen in zwangloser
Reihe folgen. Diese er$te Veröffentlichung stellt jedenfalls bereits gegenüber den
früheren Mitteilungen in den Strombüchern für unsere Zwecke einen grossen Fortschritt
dar. Was die Messungen der sekl. Wassermengen betrifft, so beziehen sich die Mit-
teilungen auf alles verfügbare Material der Vorjahre, soweit es nicht schon in den Strom-
büchern gesammelt vorlag. Es ist zweifellos sehr wertvoll, dasselbe in übersichtlicher
Weise geordnet zu haben. Aber für die meisten Wasserläufe, welche für Kraftzwecke
hauptsächlich in Frage kommen, genügt ebensowenig wie die Zahl der Messteilen, die-
jenige der mitgeteilten direkten Wassermengenmessungen, da diese sich hauptsächlich auf
die grösseren Wasserläufe beziehen. Der Einfluss der Landesanstalt auf die
Methode und Anzahl der Wasserbeobachtungen konnte sich noch
nicht geltend machen. Es ist aber beabsichtigt, dass die Landesanstalt auf
methodische Verteilung der Messtellen und die einheitliche Ausführung der Messungen
nach bestimmten Grundsätzen hinwirkt. Man darf daher hoffen, dass man in Preussen
nach einem Zeitraum von etwa weiteren zehn Jahren für viele Wasserläufe, welche für
unsere Zwecke in Frage kommen, vollständige Auskünfte aus den Veröffentlichungen
der Landesanstalt für Gewässerkunde wird holen können.
inderang der fttr die Bearbeitung der Hochwasserbeobachtungen im Rheingebiet getroffenen Anord-
nungen (Bearbeitung durch das badische Zentralbureau fUr Hydrographie) wird einstweilen nicht beab-
sichtigt Nach dem Vorgange dieser Anordnungen sind aber für die auaeerpreuasiachen Teile der Elbe
und Weser (einschliesslich der Werra) mit den beteiligten Bundesstaaten Verhandlungen darüber einge-
leitet, dass die wesentlichen Beobachtungen nach gleichen Grundsätzen wie in Preussen vorgenommen
und der Landesanstalt fttr Gewasserkunde zur Bearbeitung Überwiesen werden.
Alle beteiligten Bundesstaaten haben sieb hierzu bereit erklärt und werden die durch die Be-
obachtungen in ihrem Gebiet entstehenden Kosten tragen. Ausserdem werden diejenigen Bundesstaaten,
welche ein grosseres Interesse an der Tätigkeit der Anstalt haben, auch einen Teil der allgemeinen
Kosten Übernehmen.
Die Leitung der Anstalt wurde dem vortragenden Rat im Ministerium der Öffentlichen Arbeiten,
Geheimen Baurat H. Keller, Übertragen, der seit Einsetzung des technischen Bureaus des Wasseraus-
acaostes dessen Arbeiten geleitet hatte.
HaifaM* der lDg.-Wlee«aaeh. DL TeU. 13. Bd. 10
146 I. Thbodob Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
In Bayern werden schon seit langer Zeit Wassermessungen an den verschie-
denen öffentlichen Wasserläufen vorgenommen und es existieren darüber auch zahl-
reiche Veröffentlichungen. Als aber in dem Anfang der neunziger Jahre des vorigen
Jahrhunderts das Interesse an der wirtschaftlichen Ausnutzung der Wasserkräfte reger
und allgemeiner wurde, .stellte sich doch heraus, dass die bisher vorgenommenen Mes-
sungen der Einheitlichkeit entbehrten und ein genügend sicheres Material für die Be-
wertung der Wasserkräfte und ihre wirtschaftliche Ausnützung nicht hoten. Infolgedessen
ist seit 1898 ein spezieller Dienst „das hydrotechnische Bureau" in München einge-
richtet88). Dieses Bureau hat von 1899 an in dem „Jahrbuch des hydrotechnischen
Bureaus"28) vierteljährliche interessante Veröffentlichungen über seine Arbeiten er-
scheinen lassen.
Das Gesamtgebiet Bayerns von 76000 qkm ist geteilt in das Vortiutgebiet der
Donau und in dasjenige des Rheins. Im Jahre 1902 existierten bereits 283 hydro-
metrische Messtationen und zwar 131 an öffentlichen Flüssen und 162 an Privatflüssen,
d. h. 0,37 pro 100 qkm. 10 Messtationen waren mit selbstschreibenden Messapparaten
versehen. Im Jahre 1902 sind allein 230 genaue Messungen vorgenommen worden und
ausserdem, stellenweise täglich, an anderen Stationen in grösseren Zeitabschnitten.
Wasserstandsablesungen. In der Veröffentlichung vom April 1903 konnte das Bureau
bereits ziemlich genaue graphische Darstellungen der sekL Wassermenge und der Dauer
der einzelnen Wasserstände für 73 Hauptmesstationen machen. Ausser den direkten
Messungen überwacht das Bureau auch die zahlreichen hydrologischen Regenmess-
stationen, von denen 304 bereits im Jahre 1903 eingerichtet waren, d. h. also 0,40
pro 100 qkm. 98 von diesen Stationen hängen direkt von dem meteorologischen Zentral-
bureau ab und 6 waren mit selbstschreibenden Apparaten versehen.
Ahnliche Organisationen besitzen auch Sachsen, Württemberg und Baden.
Für Österreich -Ungarn führt die entsprechende Organisation die Bezeich-
nung: „K. K. hydrographisches Zentral- Bureau", dessen Veröffentlichungen seit 1893
regelmässig in 15 Heften erscheinen.
In den Vereinigten Staaten von Amerika werden die Beobachtungen und
Veröffentlichungen von dem „U. S. Geological Survey" veranlasst.
In Italien ist seit 1890 von Seiten des Ministeriums für Landwirtschaft ein
spezieller Dienst für methodische, hydrometrische Messungen eingerichtet, und es sind
von dieser Stelle aus eine ganze Anzahl hydrographischer Karten, Tabellen und graphische
Darstellungen von Wasserständen und Wassermengen, namentlich der Flüsse Mittelitaliens,
deren Verhältnisse bisher noch ziemlich unbekannt waren , veröffentlicht. Die bis jetzt
erzielten Resultate sind allerdings -nicht hinreichend, um über die Mehrzahl der italie-
nischen oberen Flussläufe ein wirklich zuverlässiges Bild geben zu können.
In der Schweiz ist durch Bundesbeschluss vom 17. August 1895 gleichfalls ein
spezieller hydrometrischer Dienst14) eingerichtet. In der Vorlage der Bundesregierung
vom 4. Juni 1895 ist das Programm für diesen Spezialdienst dahin festgelegt, dass das
zu beobachtende Vorflutgebiet auf 57700 qkm bemessen wurde, wovon 16300 qkm
ausserhalb und 41 000 qkm innerhalb der Schweiz liegen. Das Gesamtniederschlagsgebiet
ist in 14 Teile von verschiedener Flächengrösse, schwankend zwischen 2200 und 6700 qkm
*8) Chef dieses Bureaus ist der Baurat M. He n sei.
2 3) München, König). Hof- und Universität* Buchdruckerei Dr. Wolf & Sohn.
**) Derselbe wurde dem Chefingenieur Epper unterstellt.
§ 4. Die technischen Vorarbeiten. 147
geteilt, derart, dass immer in sich abgeschlossene Vorflutbecken zu betrachten sind. Für
jedes dieser Becken sollen drei verschiedene Arten von Tafeln mit den nötigen Tabellen
aufgestellt werden:
1 . Die Tafeln , welche die Grösse des Vorflutbeckens und seine Beschaffenheit
ergeben. Letztere ist in verschiedene charakteristische Arten eingeteilt und zwar nach
der Bedeckung der Oberfläche, nach der Durchlässigkeit, nach der Neigung
und nach der Regenhöhe.
2. Die Tafeln der Längenprofile der einzelnen Wasserläufe mit Angabe der Sohlen-
neigung und der Gefälle bei den verschiedenen charakteristischen Wasserständen.
3. Die Tafeln des Kleinstwassers für die einzelnen Wasserläufe.
Der hydrometrische Dienst hat bereits sehr wertvolles Material veröffentlicht.
Auf den 41000 qkm der Schweiz selbst waren im Jahre 1903 287 direkte Mess-
stationen an Flössen, d. h. 0,70 auf 100 qkm eingerichtet, wovon 20 Stationen mit
selbstzeichnenden Messapparaten versehen waren! Ausserdem existierten 246 Regenmess-
stationen, d. h. 0,60 auf 100 qkm als Ergänzung derjenigen des meteorologischen Insti-
tutes. Die direkten Wassermessungen werden mit besonderer Sorgfalt und vollkommen
einheitlich mit besonders guten Instrumenten durchgeführt. Das Ziel ist, für jede
Messteile die richtige, durch eine Formel ausdrückbare Beziehung
zwischen Wasserstand und sekl. Durchflussmenge zu finden und zu
kontrolieren, so dass nach den für diese Beziehung aufgestellten
Formeln oder graphischen Masstäben aus den täglichen Ablesungen
der Wasserstände mit genügender Genauigkeit die sekl. Wassermengen
festgestellt werden können. Die bisher von dem hydrometrischen Bureau ver-
öffentlichten Tafeln*6), welche sich besonders auf den Rhein, die Rhone und die Reuss
bezieben, lassen die grosse Sorgfalt der schweizerischen Arbeiten und den Erfolg
der dort eingerichteten Organisation erkennen. Bei den Mitteilungen über die
einzelnen Beobachtungsstellen sind auch die Namen der Beobachter
genannt.
In Frankreich sind zwar schon seit langer Zeit regelmässige, hydrometrische
Arbeiten an verschiedenen Flüssen gemacht, aber die gewonnenen älteren Resultate sollen im
allgemeinen noch sehr an Genauigkeit und Zuverlässigkeit zu wünschen übrig lassen. Von den
Flüssen Frankreichs, für welche älteres, für unsere Zwecke einigermassen brauchbares Material
existiert, sind zu nennen die Rhone, Isere, Drac, Are und Durance. Die für Fragen der
Kraftgewinnung brauchbaren Messungen in diesen Flüssen gehen bis zum Ende der achtziger
Jahre des vorigen Jahrhunderts zurück. Der bereits im § 1 erwähnte Congres de la
Rouille Blanche im September 1902 in Grenoble hat der französischen Regierung erneut
die Anregung gegeben, einen speziellen Dienst für die hydrometrischen Messungen zur
Feststellung yon Art und Grösse der verfügbaren Wasserkräfte Frankreichs einzurichten.
Das Bureau ist durch einen Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft vom 29. März
1903 ins Leben gerufen 26). Es hat zunächst die Aufgabe, die Wasserkräfte der Alpen-
gegend Frankreichs zu ermitteln und die Fragen, welche sich an die wirtschaftliche Ver-
wendung dieser Wasserkräfte knüpfen, zu erörtern. Die Veröffentlichungen dieses Bureaus
erfolgen in den von dem Ministerium für Landwirtschaft herausgegebenen „ Annales de
la Direction de L'Hydraulique et des Ameliorations Agricoles" Mit Rücksicht auf die
**) Die erste Serie ist 1901 erschienen.
*•) Das Bureau ist den Chefingenieuren R. Tavernier und B. de la B rosse unterstellt.
10*
148 I. Theodor Kokhn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Kurze der Zeit, während welcher das Bureau erst besteht, sind natürlich die bisher
erfolgten Veröffentlichungen noch nicht sehr umfangreich. Es sind aber schon eine
grosse Anzahl Messtellen für direkte Wassermessungen in den Flüssen und ebenso Mess-
stellen für Regen und Schnee etc. eingerichtet Die von dem meteorologischen Institute
Frankreichs vorgenommenen Regenmessungen etc. werden von dem Bureau entsprechend
mit verwendet. Das Bureau hat die Grundsätze für die vorzunehmenden Messungen
ausgearbeitet und eine einheitliche Begriffsfeststellung und Bezeichnung für die charak-
teristischen sekundlichen Wassermengen vorgeschlagen. Es stellt die Messinstrumente
entweder selbst zur Verfügung, oder sorgt doch dafür, dass dieselben einheitlich geaicht
und verwendet werden. Es macht Angaben über die zu verwendenden Geschwindigkeits-
formeln und den Zahlenwert der Koeffizienten ; es übersendet einheitliche Formulare für
die Eintragung der Beobachtungsresultate, kurz es tut alles, damit die Messungen überall
im gleichen Sinne und nach möglichst gleicher Methode ausgeführt werden, um auf
diese Weise mit möglichster Wahrscheinlichkeit vergleichbares Material zu erzielen.
Die zunächst von dem Bureau zu beobachtende Gegend ist bereits reich an alten
und neuen Wasserkraftanlagen, und das Bureau hat es verstanden, viele Besitzer solcher
Anlagen für seine Zwecke zu interessieren, so dass sie es übernommen haben, regel-
mässige Ablesungen an den Messteilen, welche an ihren Wehren oder Kanaleinläufen
angebracht sind, auszuführen und dem Bureau einzusenden. Im übrigen bestimmt das
Bureau die Anzahl der für die einzelnen Vorflutgebiete zu beobachtenden Messtellen und
zwar sowohl für die täglichen Wasserstandsbeobachtungen, als auch für die direkten
Wassermengenmessungen. Soweit eine Ergänzung der von dem meteorologischen Institut
beobachteten Regenmesstellen notwendig wird, bestimmt das Bureau auch die Zahl und
die Örtlichkeit der zur Ergänzung aufzustellenden Regenmesser. Die Ausführung der
Messungen selbst und ihre spezielle Organisation an Ort und Stelle wird natürlich dem
Lokal-Baubeamten der Departements überlassen. Alle Organe aber müssen ihre Auf-
schreibungen nach einheitlichen Formularen machen und sie an die Zentralstelle abliefern.
Es sind auch die Land- und Stadtgemeinden, die Eisenbahnverwaltungen, Bewässerungs-
genossenschaften, die Organe der allgemeinen Vermessungsbureaus Frankreichs, die
Dienststellen der Berg- und Forst Verwaltung etc., soweit nötig, mit in die Organisation
eingeschaltet. Für die Messteilen an der schweizerischen und italienischen Alpengrenze
sind die betreffenden militärischen Posten mit herangezogen. In dem zunächst in An-
griff genommenen Gebiet waren 200 direkte Messtellen für Wassermessungen an Flüssen
oder 0,30 pro 100 qkm Vorflutgebiet im Jahre 1904 vorgesehen. Wie oft direkte
Wassermessungen gemacht werden müssen, hängt natürlich von der charakteristischen
Jahreskurve der Wasserstände, sowie von der Beschaffenheit der Flussohle und des
Qaerprofils an der Messtelle ab. Das Bureau trifft deshalb von Fall zu Fall seine be-
züglichen Anordnungen. Die beiden Chefingenieure haben sich das zunächst zu beobachtende
Gebiet so geteilt, dass einer den nördlichen und der andere den südlichen Teil bearbeitet,
derart indessen, dass jeder vollkommen iti sich abgeschlossene Vorflutgebiete hat. Die
Beobachtungsresultate sollen jährlich veröffentlicht werden und zwar getrennt nach
5 Kapiteln nämlich:
1. Resultate der direkten Wassermessungen,
2. Resultate der Regen- und Schneemessungen,
3. Resultate der Flächenmessungen,
4. Resultate der Höhenmessungen und des Längsprofils der Wasserläufe,
5. Schlussfolgerungen.
§ -4. Die technischen Vorakbeitex. 149
Bei den Veröffentlichungen für die einzelnen Wasserläufe und
Messteilen sollen die Namen der Ingenieure, Industriellen etc. ge-
nannt werden, welche die Verantwortung für die Richtigkeit des Be-
obachtungsmaterials übernehmen. Man hofft wohl mit Recht, durch diese
Massregel das Interesse an diesen zum Teil recht mühsamen Arbeiten zu erhöhen.
Solange als das bereite, hydrometrische Material noch unzureichend ist, bleibt
man darauf angewiesen, sowohl die jährlichen Gesamtwassermengen, als auch die
täglichen Wassermengen und die charakteristischen, sekl. Wassermengen selbst zu
ermitteln. Das kann geschehen:
A. auf indirektem Wege durch Schlüsse aus der Grösse und Art
des Vorflutgebietes und seiner Niederschlagsmenge,
B. durch direkte Messungen.
A. Die indirekte Ermittelung der sekl. Wassermengen.
Fast in allen Kulturländern gibt es Karten, aus welchen man mit genügender Ge-
nauigkeit die Grösse des Vorflutgebietes ermitteln kann» Auch über die Neigung,
Bodenbedeckung, Durchlässigkeit der einzelnen Teile des Vorflutgebietes sind meistens
ausreichende Angaben vorhanden. Wo das nicht der Fall ist, ergeben sich die Arbeiten,
welche nötig sind, von selbst.
Über den Grad der Durchlässigkeit des Bodens wird der Ingenieur den Berufs-
geologen zu Rate zu ziehen haben.
Die meisten Kulturländer besitzen meteorologische Institute, welche schon seit
langen Jahren und in methodischer Weise Beobachtungen über Regenhöhe, allgemeine
Witterungsverhältnisse etc. angestellt und veröffentlicht haben, da das Bedürfnis hierzu
sich im Interesse der Landwirtschaft und für die Vorhersage von Hochfluten und die
Verhütung von Wasserschaden geltend gemacht hat, lange bevor man den wirtschaft-
lichen Wert des Ausbaues von Wasserkräften erkannt hatte.
Jede Wasserkraft bildet einen Teil des grossen Kreislaufes, welchen die Bewegung
des Wassers von der Quelle bis zum Meere, das Aufsteigen des verdunsteten Wassers
in Form von Wasserdampf (Wolken) und ihre Niederschläge in Form von Regen, Schnee,
Hagel, Tau und Nebel darstellen. Die Sonne, als Urquelle aller Kraft, veranlasst die
Verdunstungen der Meeresoberfläche und erzeugt die Winde, welche die verdunsteten
Wassermassen auf das Land treiben, woselbst sie infolge von Abkühlung in Form von
Regen, Schnee, Hagel etc. zur Erdoberfläche herunterfallen. Von der Regen- und
Schneemenge, welche auf die Erde fällt, wird ein Teil im Boden festgehalten, ein anderer
Teil von den Pflanzen aufgenommen, ein weiterer verdunstet abermals und nur ein
Bruchteil gelangt in die Wasserläufe. Es ist das Bestreben aller hydrometrischen Be-
obachtungen, für jedes Vorflutbecken und seine einzelnen Teile die Verlusthöhen
festzustellen, welche zwischen Regenhöhe und Abflussmenge sich ergeben.
Hierbei liegt aber die grosse Schwierigkeit darin, als tertium comparationis, die
Zeit in richtiger Weise einzufügen. Vielfach festgestellt und veröffentlicht sind solche
Verlusthöhen als Durchschnittszahlen für den Zeitabschnitt eines oder mehrerer Jahre
und für ausserordentliche Regenfälle und die von ihnen verursachten Hochfluten. Im
Jahresdurchschnitt gleichen sich die verschiedenen Ursachen, von welchen Verlusthöhen
abhängen, zeitlich einigermassen aus. Bei Hochfluten kann man den Beginn und das
Aufhören der stärkeren Niederschläge, welche als Ursache der Hochfluten anzusehen
160 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
sind, mit einiger Genauigkeit zeitlich feststellen, auch kann, man an dem starken An-
steigen und Abfallen der Flutwellen und ' durch den Vergleich mit dem Wasserstande
vor Beginn der Hochflut, wenn auch gewiss nicht genau, so doch angenähert die Zeit
ermitteln, während welcher der stärkere Abfluss durch die stärkeren Niederschlage
beeinflusst wurde. Es ist in solchem Falle also möglich, eine direkte Beziehung
zwischen Gesamtabflussmenge and Gesamtniederschlagsmenge zu finden. Aach lässt sich
ungefähr erkennen, welche Zeit die gefallenen Regenmengen gebraucht haben, um in
den Fluss zu gelangen.
Sobald man aber für den gewöhnlichen Verlauf der Niederschläge die Verlust-
hohen für kürzere Zeitperioden als ein Jahr ermitteln will, ergeben sich die ver-
wickeltsten Verhältnisse und so stark schwankende Ergebnisse, dass es ausserordentlich
schwierig, wenn nicht unmöglich erscheint, eine bestimmte, einfach ausdrückbare Ge-
setzmässigkeit der Verlusthöhe festzustellen, welche man auch für andere Verhältnisse,
wie die speziell untersuchten, als gältig ansehen könnt«. Die Ursachen dieser Schwierig-
keit werden sich aus den nachstehenden Betrachtungen ergeben.
1. Die Niederschlagshifhen.
Die Messung der Niederschlagshöhen erfolgt durch sogenannte Regenmesser
(Ombrometer, Udometer, Pluviometer). Abb. 8 stellt das für die Stationen des preussi-
schen meteorologischen Instituts eingeführte Modell 1886 nach dem System Hell-
mann17) dar.
Abb. 8. Eegenmener System Hellm tau Modell 1886.
^5*^ «-
A ist das Aoffangegefäss mit trichterförmigen Boden, B dient als Behälter für
die Sammelflache C. Die Anffangefläche des Sammelgefasses betragt 200 qcm. Die
SammelSäcbe C wird zwischen Führungsstäben auf drei darunter gestellte Korken der-
artig eingesetzt, dass eine 3 cm starke Luftschicht die Sammelfläche vor direkter Be-
strahlung durch die Sonne and damit das Wasser vor Verdunstung schützt.
«■') Uindbnch der lug.- Wi wonach. III. Teil Der Wasserbau. Enter Band. Die QewfsMikiwd«.
3. 11, Fi«. 2 u. 3.
§ 4-
Die technischen Vorarbeiten.
151
Die Messung der Regenhöhen geschieht an den preussischen Stationen regelmässig
um 7 Uhr morgens.
Nachweislich geben zwei nebeneinander aufgestellte Regenmesser verschiedene
Itesoltate, je nachdem sie dem Erdboden näher oder entfernter aufgestellt werden. Es
ist daher zu empfehlen, alle Regenmesser eines Beobachtungsgebietes ganz gleichmässig
weit vom Erdboden aufzustellen. In Deutschland wird allgemein hierfür das Mass von
1,0 m gewählt. Im allgemeinen nimmt die gemessene Regenhöhe bei kleinerer Ent-
fernung des Regenmessers vom Erdboden ab. Auch die Winde haben einen grossen
Einfluss auf das Resultat der Messung und es ist deshalb nötig, den Regenmesser mög-
lichst an einer geschützten, aber sonst freien Stelle aufzustellen oder ihn mit einem
Windschutz in Form einer Holzwand oder eines Schutztrichters aus Eisenblech zu ver-
sehen. Bei der Aufstellung solcher Schutzvorrichtungen gegen den Wind ist aber zu
beachten, dass der Regenmesser nicht in den Regenschatten kommt, denn würde man
z. B. den Regenmesser zu nahe hinter eine gegen die herrschende Windrichtung stehende
Wand stellen, so würde ein beträchtlicher Teil der schräg herabfallenden Regenstrahlen
von der Wand aufgefangen und nicht zur Messung kommen können. Schwieriger als die
Feststellung der Regenmenge ist die Messung der Schnee- und Hagelmenge, weil die
Zahl der in einem kleinen Gefisse aufzufangenden Flocken und Körner von dem Winde
noch stärker abhängt. Es ist auch der Wasserwert einer Schneedecke sehr verschieden,
je nachdem es sich um Neuschnee oder Altschnee handelt. Während bei frisch gefallenem
Schnee ungefähr 12 mm Schneehöhe einer Wasserhöhe von 1 mm entsprechen, ver-
dichtet sich der Schnee nach einiger Zeit fast auf die Hälfte dieses Masses, so dass sein
Wasserwert sich verdoppelt
In dem Eibstrombuche werden die in der Tabelle Nr. IV angegebenen Werte
mitgeteilt:
Tabelle IV.
Wassergehalt von 1 cm Schneedecke in mm.
Ort
Klanataal .
Nordbaasen .
Brandenburg
Celle . \ .
Zeit
1891/94
1891/94
1892,94
1892/94
Neuschnee
Zahl der
Messungen
14
19
10
10
mm
Max.
mm
Min.
mm
1,2
1,3
1,5
1,3
2,8
8,9
8,4
3,4
0,5
0,4
0,4
0,6
Lagerschnee
Zahl der
Messungen
Mittel
mm
Max.
mm
mm
88
27
41
70
2,5
4.7
1.8
6.9
1.7
4,8
1.7
1
8.»
0,6
0,4
0,4
0,8
Für 10 mm frisch gefallenen Schnee -ergibt sich danach eine Niederschlagshöhe
▼on 1,2 bis 1,5 mm Wasser, für 10 mm Altschnee dagegen 1,7 bis 2,5 mm Wasser-
höhe. Als Höchstwert dürfte bei sogenanntem „Wasserschnee" 5 mm Wasserhöhe für
10 mm Schneehöhe anzusehen sein.
Es gilt allgemein als die zuverlässigste Methode, den aufgefangenen Schnee und
Hagel zu schmelzen und die Wassermenge festzustellen.
Obwohl die tägliche Ablesung der gefallenen Niederschlagshöhen im allgemeinen
als ausreichend erscheint, ist es dennoch sehr erwünscht, um einen tieferen Einblick in
das Verhältnis zwischen Regenhöhe und Abfluss unter Berücksichtigung der Zeit zu ge-
winnen, durch selbstschreibende Apparate festzustellen, wie sich die gesamten Regen-
152 I. Theodor Koehn. Ausbau vom Wasserkräften. Allgkmeihu.
hohen innerhalb 24 Stunden auf die einzelnen Zeitabschnitte verteilen. Abb. 9 zeigt
einen solchen Regenmesser von Prof. Hellmann und R. Foess").
... a „ ... . „ , Die genauere Beschreibung wird stets mit dem
Abb. 9. Regenschreiber nach Professor , , .....
Hellmann und R-. Fuess. Instrument geliefert.
In Deutschland haben alle Bundesstaaten
meteorologische Institute, so weit ihre Gebiete nicht
von dem preuss Sachen meteorologischen Institut
mit beobachtet werden. Nach dem Bericht über die
Tätigkeit des königlich preussischen Institutes im
Jahre 1904 (Seite 12) sind im ganzen Niederschlags-
beobachtungen aus 2621 Orten mitgeteilt, so dass
etwa auf 100 qkm 0,48 Mees teilen entfallen, während
in den dem norddeutschen Flachlande angehörigen
Provinzen eine Station auf etwa 250 bis 350 qkm
entfällt, da die Dichtigkeit des Beobachtungsnetzes
in den Landesteilen mit starker vertikaler Gliederung
3 bis 8 mal so gross ist. Am dichtesten ist natur-
lich das Netz in den eigentlichen Berglandschaften
(Riesengebirge, Harz, Thüringer Waid, Taunus, Wester-
wald, Sauerland), wo eine Regenstation schon auf 30
bis 50 qkm kommt. Das preussisch meteorologische
Institut hat auch bereits für fast alle Provinzen
Regenkarten veröffentlicht, aus denen man sich über
die jährlichen durchschnittlichen Regenmengen in den
einzelnen Teilen der Provinzen ein Bild machen kann.
In ähnlicher Weise wurden auch in Österreich,
Ungarn, Frankreich, England, der Schweiz, Italien
und anderen Landern die Niederschläge gemessen
_ und die Resultate veröffentlicht.
*8) Handbach der Ing.<Wissensch. III. Teil. 4. Aufl. Band I. Gewässerkunde. S. 11. — G. Hell-
mann, Ein neuer registrierender Regenmesser. — Meteorol. Zeitschr. Febr. 1897.
Das Auffangegefasa hat dieselbe Gestalt und Grosse, nie bei dem Modell 1886 (Abb. 8).
Das Regenwasser flieset durch eine gebogene Metallrohre in das zylindrische Qefasa G. In diesem be-
findet sich ein Schwimmer, an dessen Achse 8 ein Hebelarm mit der Schreibfeder befestigt ist. So
übertragt sich die Bewegung des Schwimmers aof den Fapieratrsifen einer Trommel T, die durch ein
in ihrem Innern befindliches Uhrwerk in 24 Stunden einmal um sich selbst gedreht wird. Das Papier
der Trommel ist durch lotrechte Linien in Zeitabschnitte von 10 Minuten geteilt und durch horiiontals
Linien in Entfernungen, die einer KegenbOhe von 0,1 mm entsprechen. Bei einer bestimmten
Wassennenge von etwa 6 cm Höhe im Gefass G steht der Schreibstift-, snf der Null-Linie. Ist das
Geftas G mit 200 cem Wasser Ober der Anfangsstsllung gefallt, d. b. sind 10 mm Regenhohe ge-
fallen, so steht der Schreibstift suf der 10 mm Linie. Dann entleert sich das Gefass G plötzlich
durch einen Gissheber in eine am Boden stehende Sammelkanna. Die Wassermsnge im Gefass G fallt
snf 6 cm Hohe zurück, der Schreibstift führt einen geraden lotrechten Strich bis zur Null-Linie aus
und die Aufzeichnung beginnt hier von neuem. Die in G dauernd bleibende Wassermenge von 6 cm
Hohe kann nur in verschwindend geringem Masse verdunsten , weil sie von der Ausssnlnft ginilkb
abgeschlossen ist. Nur in seltenen Zeiträumen ist eine Ergänzung dieses Wasssrs erforderlich. Zur
genauen Einstellung des Schreibstiftes snf Null ist die Auffüllung nicht jedesmal nötig; diese Einstellung
erfolgt vielmehr gewöhnlich durch Lüftung der am anderen Hebelende befindlichen Schraube. In der
Sammelkanne kann man zur Prüfung der go zeichneten Angaben die Gesamtregen menge nachmessen.
Bei eintretendem Frost muss, da die Messung von Schnee ausgeschlossen ist, der Regenschreiber ausser
Betrieb gesetzt werden. Der Regenschreiber kostet 176 Mk.; er wiegt nur 15 kg und kann laicht «n
jeder Stelle aufgestellt werden, weil alle Teile sich in einein geschlossenen Gehäuse befinden.
§ 4. Die technischen .Vorarbeiten. 153
Das von den meteorologischen Instituten veröffentlichte Material wird aber
namentlich bei kleineren Vorflntgebieten oft noch nicht ausreichen, weil eine genauere
Kenntnis der Niederschlagshohen auf den einzelnen Teilen des Beckens sehr erwünscht
ist, um die Abflussverhältnisse genauer zu übersehen. Deshalb wird es oft nötig, bei
Beginn der Vorarbeiten weitere Regenmesser im Vorflutgebiet aufzustellen, um mit ihrer
Hilfe das Beobachtungsmaterial zu ergänzen. Wegen näherer Mitteilungen über die
mannigfachen Umstände, welche bei Aufstellung der Regenmesser zu berücksichtigen
sind, um vollwertiges und vergleichbares Beobachtungsmaterial zu erhalten, sei auf die
in der Fussnote*9) angegebene Literatur verwiesen.
Jährliche RegenhQhen. Zieht man zunächst die Gesamtniederschläge des Erd-
körpers in Betracht, so kann als feststehend gelten, dass die jährlichen Regenhöhen vom
Äquator nach den Polen zu abnehmen und dass ungefähr zwei Drittel aller Regenmengen
auf denjenigen Teil des Erdkörpers fallen, welcher zwischen dem 30. Grad nördlicher
und dem 30. Grad südlicher Breite gelegen ist. Denkt man sich die jährlichen Gesamt-
niederschläge auf die Festländer der Erde gleichmässig verteilt, so würden dieselben mit
einer 0,844 m hohen Wasserschicht bedeckt werden. Es steht auch fest, dass zwischen
den mittleren Regenhöhen der einzelnen Jahre ausserordentlich grosse Schwankungen
vorkommen und dass periodenweise trockene Jahre mit nassen abwechseln.
Die grössten jährlichen Niederschläge finden überall da statt, wo der Regenwind
gezwungen ist, ein Gebirge zu überschreiten. Da die Luft auf dem Meere selbst am
meisten mit Wasser geschwängert ist, so ergeben sich die grössten Niederschläge dort,
wo sieb an der Küste der häufigsten Windrichtung bereits grössere Bergmassen entgegen-
stellen. So fallen bei Bergen in Norwegen 2253 mm, in Christiania dagegen auf der
Schutzseite des Windes nur 538 mm, Die durchschnittliche Regenhöhe des östlichen
Teiles von Schweden beträgt nur 700 mm. Die durchschnittliche Regenhöhe in Seath-
waite in Cumberland beträgt 3687 mm, diejenige am Sty-Heade-Pass (488,0 m über dem
Meere) bereits 4812 mm, während als durchschnittliche Regenhöhe in England nur
ca. 860 mm gelten. Als durchschnittliche Regenhöhe Schottlands wird 2000 mm ange-
geben. In dem südlichen und mittleren Chile, wo die feuchten Seewinde von der hohen
Küste aufgehalten werden, sind Regenhöhen von 2400 bis 3350 mm gemessen worden,
während in Buenos-Ayres an der Ostküste nur 1340 mm als Mittel gelten. In Nord-
Amerika beträgt an dem flachen Teil der kalifornischen Westküste die mittlere Regen-
menge 600 mm, dagegen in dem nördlichen und nordöstlichen Hochlande bereits 1500 bis
2000 mm. Die jährliche Regenhöhe zu Phönix in Arizona beträgt durchschnittlich nur
168 mm. Diejenige in den Hochebenen von Utah durchschnittlich nur 300 mm, diejenige
in Colorado durchschnittlich 425 mm80).
Die grösste bekannte Regenmenge soll am Südabhange des Himalaya mit 15000 mm
*•) KOnigl . Preuas. Meteorolog. Institut. — Anleitung zur Aufzeichnung und Messung dar
Niederschläge. Berlin. 4. Aufl. 1899.
Wild, Einfluss der Qualität und Aufstellung des Regenmessers auf die Angaben der Regen-
messer. Repertor. f. Meteorologie. IX. Nr. 9.
Wollny, Agrikulturphysik. 1866. S. 445.
Schmidts Meteorologie. S. 692.
Zeitschr. d. österr. Gesellsch. f. Meteorol. 1870. S. 272.
Zeitschr. f. Bauw. 1890. S. 504.
Zeitschr. f. Instrumentenkunde. 1888. S. 180 u. 1889. S. 95.
*
30). Emil Krüger, Beiträge zur Kenntnis der Wasserwirtschaft in den Vereinigten Staaten
von Amerika. 1906. S. 25—29.
154 J. Theodor Eoehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
beobachtet worden sein. Zu Maranhäo in Brasilien, 2 7* Grad südlich vom Äquator soll
die jährliche Regenhöhe 7110, an der Westküste von Afrika in Sierra Leone 4800, za
Vera Cruz in Mexiko 4600, zu Havana 3301 mm betragen.
Von den Regenhöhen Europas interessieren zunächst diejenigen in den Alpen-
ländern. An dem Nordabhange der französischen Alpen soll in einer Höhe von 1500,0 m
eine durchschnittliche Regenhöhe von 1500 mm beobachtet worden sein und man nimmt
an, dass sich dort im grossen Durchschnitt die Niederschläge in den Gebieten über
1500,0 m auf je 100,0 m Mehrhöhe um 150 — 200 mm steigern. Für einzelne kleinere
Beobachtungsgebiete können natürlich die Beobachtungsresultate von dieser groben
Regel erheblich abweichen. Am See De la Girotte (Savoie), welcher 1736,0 m über
dem Meere liegt, wurde eine jährliche Regenhöhe von 2000 mm festgestellt, am See
Crozet (bfere) welcher in einer Höhe von 1168,0 m über dem Meere liegt, eine Regen-
höhe von 1650 mm, am See d'Annecy (Haute Savoie), welcher nur 446,52 m über
dem Meere liegt, eine durchschnittliche Regenhöhe in 30 jähriger Beobachtungsperiode
von 1278 mm. Die Regenhöhe von Lyon beträgt 777, von Toulouse 626, von Nancy 880.
von Rouen 838, von Paris 550, von Ghälons sur Marne 585 mm. Ungleich höher als
an dem Nordabhange der französischen Alpen sind die Regenhöhen an dem Südabhange
der italienischen Alpen. So beträgt die Regenhöhe in Lugano bereits 1618 mm, obwohl
es nur 275,0 m über dem Meere liegt. Auf der italienischen Seite des Bernina-Passes
und des Stilfser Jochs betragen die Regenhöhen 2500 bis 3000 mm. Für Mailand
werden 966, für Florenz 931, für Rom 700 mm angegeben.
Die mittlere jährliche Regenhöhe in Zürich beträgt 890, diejenige in Genf 770 mm,
diejenige bei St Maurice im oberen Rhonetal (etwa 80,0 m höher als Genf) 1050 nun.
In Deutschland sind die regenreichsten Gebiete diejenigen der Yogesen und des
Schwarzwaldes, und es nehmen hier, der allgemeinen Erfahrung entsprechend, die Regen-
höhen talaufwärts zu. Es betrugen im Jahre 1880 die Regenhöhen im Thur-Tale der
Südvogesen ") :
in Sennheim 275,0 m hoch 820 mm
„ Thann 335,0 „ „ 970 „
„ Weiler 385,0 „ „ 1420 „
„ St. Amarin 403,0 „ „ 1450 „
„ Wesserling 427,0 „ „ 1630 „
„ Odern 460,0 „ „' 1930 „
„ Wildenstein 570,0 „ „ 2520 „
Die Zunahme der Regenhöhe mit dem Wachsen der örtlichen Lage über dem
Meere wird auch durch alle anderen Beobachtungen bestätigt. Während in Osterode a. H.
die Regenhöhe nur 796 mm beträgt, ist dieselbe bei dem nur 11 km entfernten, aber
354,0 m höher, an der Regenseite des Harzes gelegenen Klausthal mit 1491 mm beobachtet
worden. Die mittlere Niederschlagshöhe des Harzes betragt 833 mm. Teilt man den
Harz nach der Linie Wernigerode/Ilfeld, so entfallen auf den Westharz 1030, auf den
Ostharz 633 mm.
Nach 15 jährigen Beobachtungen betrug in Remscheid (378,6 m über dem Meeres-
spiegel) die durchschnittliche jährliche Regenhöhe 1267 mm, während sich nach 23 jährigen
si) G. Hell mann, Ober die Niederschlagsverhlltnisse Deutschlands. Meteorol. Zettsdr. 1886.
Heft 10 u. 11.
6. Hellmann, Der Naturforscher. 1887. 8. 50.
§ 4- Die technischen Vorarbeiten. 155
Beobachtungen für Köln (67,0 m über dem Meeresspiegel und in der Luftlinie gemessen
30 km von Remscheid entfernt) 596 mm ergaben82).
Die mittlere Niederschlagshöhe in Württemberg beträgt nach 20jährigem Durch-
schnitt etwa 850 mm. Die Niederschlagsverteilung hat sich in diesem Zeitraum so ge-
staltet, da88 im westlichen Teil des Landes auf der Hornisgrinde und dem Ruhestein,
das Maximum der Jahresniederschläge mit etwa 2200 mm eintritt; ein zweites schwächeres
Maximum von etwa 1500 mm wird im Südosten des Landes, am schwarzen Grat' bei
Isny, beobachtet. Teilmaxima von 1000 und 1100 mm treten an allen höheren Punkten
des Nordrandes der Alb und des Albuches, des Mainhardter Waldes und des Stromberges
auf, während sich die Minima der Niederschläge ungefähr in Jahreshöhen von 500 bis
600 mm neckar- und donauabwärts weit ins Land herein erstrecken88).
Zu den trockeneren Gebieten Westeuropas mit 550 mm und weniger Regenhöhe
jährlich gehören die Umgegend von Paris, die Rheinebene nördlich von Mannheim, das
nördliche Böhmen und die ganze ungarische Tiefebene. Bei den beiden letztgenannten
Gebieten erklärt sich diese Erscheinung durch die sie rings umgebenden Gebirgszüge84).
Nach den Mitteilungen von Professor He 11 mann85) über die Niederschlagsver-
hältnisse Deutschlands ergeben sieh für die verschiedenen Gebiete folgende Zahlen:
Provinz Posen 513 mm
„ Westpreussen 541 „
„ Brandenburg . 556 „
„ Sachsen und Thüringen 593 „
„ Pommern 599 „
„ Ostpreussen 600 „
* ,, Mecklenburg-Schwerin und Strelitz 602 „
„ Schlesien 680 „
„ Hannover mit Oldenburg, Braunschweig und Bremen 690 „
„ Oberhessen 690 ,,
,, Hessen-Nassau 692 „
„ Schleswig-Holstein mit Hamburg und Lübeck 718 „
„ Rheinprovinz 754 „
„ Hohenzollernsche Lande 785 „
,, Westfalen mit Waldeck und Lippe 804 „
Im grossen Durchschnitt beträgt die Höhe der jährlichen Niederschläge in Deutsch-
land 660 mm.
Von diesen durchschnittlichen jährlichen Regenhöhen weichen naturgemäss die
kleinsten jährlichen Regenhöhen mehr oder weniger erheblich ab. Diese Abweichungen
fallen im allgemeinen um so stärker aus, je kleiner das Vorflutgebiet ist, weil sich in
grossen Vorflutgebieten die Verhältnisse besser ausgleichen. So haben sich an ver-
schiedenen Flussgebieten Westpreussens, für deren ganzes Gebiet die mittleren jährlichen
»*) Karl Borchardt, Die Remscheider SUoweiber- Anlage.
•3) Gagenhan, Hydrologische Beobachtungen and Meesailgen in Württemberg. Zeitschr. d. Ver.
deutscher Ing. 1899. 8. 1070.
34) O. Krümm el, Die Verteilung der Regen in Europa. Wollny, Agrikulturpbysik. 1879.
Seite 116.
»*) 6. Hell mann, Regenkarte Ton Hessen-Nassaa, Rheinland, Hohenzollern und Oberhessen.
1903. Seite 19.
156
I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Regenhöhen nach He 11 mann 541 mm betragen in den Beobachtungsjahren 1896 bis
1900 folgende Verhältnisse ergeben86).
Tabelle V.
Grösste, mittlere und kleinste Regenhöhen in einseinen Flussgebieten Westpreussens.
Grösse der
Nieder-
schlagsflftche
in qkm
Zahl der Be-
obachtungs-
jahre
Grösste jfihrl.
Regenhöhe
in mm
Mittlere
Regenhöhe
in mm
Kleinste Regenhöhe
Bezeichnung des
Flussgebietes
in mm
in •/•
der mutieren
1
2 i 8
4 > 5
6 | 7
Radaune . . .
Ferse ....
758
1632
2202
4526
4490
5515
1440
501
4 (1896-99)
4 ,
4 .
4 .
5 (1896-1900)
5 .
673
588
575
547
514
610
537
567
600
517
550
500
91,7
96,7
H4
92,8
98,6
90,1
74,8
75,5
Schwarzwasser
Brahe .
540
528
495
555
468
510 n.
510
490
463
500
etwa 850
* 38*
Kaddow . .
Drewenz . . .
Liebe .
Hellmann 1
1
Die in Spalte 6 und 7 für die Flussgebiete der Ossa und Liebe angegebenen
Zahlen können wohl als kleinste Regenhöhen überhaupt gelten, weil sie sich auf das
Jahr 1900 beziehen, welches für die beiden Gebiete als ausnahmsweise trockenes Jahr
anzusehen ist.
Monatliche Regenhöhen: Nach den Ermittelungen des preussischen meteoro-
logischen Instituts entfallen von den mittleren, jährlichen Niederschlagsmengen in Deutsch-
land durchschnittlich auf den Winter 18,1%, auf den Frühling 22,4 °/o, auf den
Sommer 36,0%, auf den Herbst 23,5 %87).
Über die durchschnittlichen monatlichen Niederschläge in verschiedenen Stromge-
bieten gibt die nachstehende Tabelle einige Auskunft.
Tabelle VI.
Mittlere monatliche Niederschlage nach Stromgebieten geordnet.
Stromgebiete
Küsten der Nordsee:
Im Mittel nach v. Möllendorff
Helgoland und Meldorf ....
Küsten der Ostsee:
Im Mittel nach v. Möllendorff
Pommersche Küste bis Heia . •
Stromgebiet des Rheins:
Maingebiet . .
Moselgebiet
Von der Mosel bis Emmerich . .
Stromgebiet der Ems
Regenhöhen in mm
u
«8
0
U
es
0
U
39
51
34
88
65
51
48
18
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22
28
36
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48
60
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64
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67 | 69
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79
71
65
77
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83
48
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50
52
32
96
36
62
53
55
52
43
80
37
45
57
50
54
42
66
35
41
75
43
46
511
762
495
603
697
629
681
82 ' 77 56 ! 61 63 I 62 ,! 714
36) Prof. Holz, Aachen. Bericht über die Wasserverhältnisse der Provinz Westprenssen 1902.
37) G. Hellmann, Über die Niederschlags Verhältnisse Deutschlands. Meteorol. Zeitschr. 1886.
Heft 10 u. 11. — Der Naturforscher. 1887. S. 50.
§ *.
Die technischen Vorarbeiten.
157
Stromgebiete
Reg od ho heu in mm
«8
g
•
Bei
&
«8
<
a
s
Stromgebiet der Weser:
Werragebiet
Fuldagebiet
Okergebiet . . . m
Leinegebiet
Weser bis Bremen
Stromgebiet der Elbe:
Im Mittel nach v. MOllendorff
Sgergebiet
Mnldegebiet
Saalegebiet
Spree- und Havelgebiet ....
Untere Elbe: Hambnrg-Qlflckstadt
Stromgebiet der Oder:
Im Mittel nach ▼. MOllendorff
Ostrawitzagebiet
Glatser-Neissegebiet
Weistritzgebiet
Bobergebiet
Lanaitser-Neissegebiet
Warthegebiet
Untere Oder: KOstrin-Stettin . .
8tromgebiet der Weichsel:
Brahegebiet
Weichsel : Klaussen, Karwien,
Thorn
Untere Weichsel: Marienwerder-
Danzig
Stromgebiet der Donau:
Im Mittel nach v. MOllendorff
9
0
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6
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u
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S
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85
89
48
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59
29
29
28
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29
26
48
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87
39
48
41
54
49
61
64
49
42
42
25
32
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48
86
88
36
86
45
27
28
41
72
27
50
26
87
42
86
84
42
26
84
27
37
27
34
28
38
26
27
46
48
85
37
42
45
34
55-
88
58
52
49
87
88
67
54
47
69
47
87
33
35
84
84
65
57
55
57
59
58
71
72
68
67
54
54
55
111
69
67
90
61
54
48
47
53
43
92
74
70
78
86
71
90
84
84
106
61
65
70
154
108
88
118
75
64
57
62
64
56
98
91
88
87
100
87
97
93
97
91
76
82
87
150
107
79
137
88
92
76
71
83
68
115
69
79
70
82
78
86
79
88
78
74
76
82
181
86
77
116
73
59
56
67
76
66
100
45
44
45
48
51
57
68
63
58
88
63
41
114
74
62
102
49
89
87
45
51
52
78
71
62
68
68
68
29
64
45
52
38
70
87
99
61
37
99
47
53
48
41
49
48
87
59
56
58
67
56
55
52
64
48
51
54
89
81
54
46
80
45
34
36
36
87
44
68
B
•
N
•
Q
62
52
58
66
49
58
82
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44
46
56
36
68
48
85
73
42
33
86
85
34
85
52
Jahr
755
681
776
939
677
720
670
788
705
591
679
572
1144
723
630
995
598
543
519
528
571
525
892
Nach dem 15 jährigen Durchschnitt fielen in Remscheid von den jährlichen Regen-
höhen von 1267 mm auf die Monate
Dezember, Januar, Februar 27,6 °/o
März, April Mai 18,2%
Juni, Juli, August 26,1 °/o
September, Oktober, November 28,1 °/o.
Hier weichen also die Ergebnisse von den allgemeineren Erfahrungen insofern ab,
als die Regenhöhen des Winters grösser waren, als die des Sommers.
Dagegen wurden für Köln nach 23jährigen Beobachtungen ermittelt:
Die Regenhöhen des Winters mit 130 mm,
des Frühlings „ 133
des Sommers „ 191
des Herbstes „ 142
im ganzen
>l
1»
»
596 mm.
158
L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Auf Veranlassung von Intze wurden als Vorarbeiten zum Bau von Talsperren
in Lennep, sowie im Uelfe- und Bevertale während der Jahre 1889 bis 1892 Regen-
messungen vorgenommen, deren Resultate in der nachfolgenden Tabelle wiedergegeben
sind. Die Beobachtungspunkte lagen auf den Ecken eines gleichseitigen Dreiecks in
ungefähr 8 km Entfernung. Lennep liegt westlich von den beiden anderen Beobach-
tungspunkten und 340,0 m über N.N., die beiden anderen Beobachtungspunkte liegen
ca. 70,0 m tiefer.
Tabelle VII. M)
Monatliche Niederschlagsh&hen in drei benachbarten Talern in mm and a/a der jfthrlicheD
Niederschlagshöhe.
Lennep
üelfetal
Bevertal
Niederschlag
in °/o des
Jahresnieder-
Niederschlag
in °/o des
Jahresnieder-
Niederschlag
in •/• de«
JahreSDieder-
in mm
schlags
in mm
schläge
in mm
•ehlaga
188»
Januar
54*6
4,8
45.4
4,6
88,6
43
Februar .
112,9
10,0
76,7
7,8
60,0
6,7
Marx . .
78,6
6,5
67,9
6,9
55,5
6,2
April . .
89,5
8,5
36,7
8,7
29,1
3,8
Mai . .
77,9
6,9
53,0
5,4
58,9
e.o
Juni .
81,1
7,2 %
55,6
5,6
82,9
9.8
Jali . . .
158,0
18,5
171,0
17,3
149,3 16,7
August
165,9
14,7
153,1
15,5
142,5
16.0
September
126,8
11,2
120,2
12,1
105,0
11,7
Oktober .
54,0
4,8
42,1
4,2
29,0
3,2
November
54,15
4,8
52,5
5.3
87,85
4,2
Dezember
186,5
12,1
115,2
11,6
110.6
12,4
im ganzen J
ahr . .
|
1129,4
100,0
989.4
i
100,0
—
893,7
100,0
1890
Janaar
192,5
14,8
197,0
16,3
158,4
14.5
Februar .
6,0
0,5
—
t
—
Marx . . .
61,0
4,7
58,3
4,9
55,2
5,1
April . . .
98,86
7,6
89,2
7,4
79,2
7.8
Mai . .
76,95
6,0
77,2
6.4
68,7
6.8
Juni . .
93,5
7,2
86.6
7,2
71,4
6,6
Juli ...
149,0
11,5
161.4
18,4
134,5
12,4
August . .
162,7
12,6
144,6
12,1
146,2
13,4
September .
16,8
X3
12.6
1,0
13,0
1.2
Oktober . .
166,5
12,9
144,4
12,0
141,0
12,9
November
264,85
20,4
232.5
19,3
221,4
20.8
Dezember
5,6
05
t
—
—
m ganzen J
ah
r
•
•
i
, 1293,25
i
i
100,0
1203,8
100,0
1089,0
i
100,0
38) Zusammengestellt nach P. Ziegler. Der Talsperrenbau. Berlin 1900. S. 19.
4.
Die technischen Vorarbeiten.
159
Lennep
Uelfetal
Bevertal
Niederschlag
in % des
Jabreenieder-
Niederschlag
in °/o dee
Jahresnieder-
Niederschlag
in % des
Jahresnieder-
in mm
Schlags
in mm
schläge
in mm
schläge
1891
Januar
155,65
12,7
135,0
11,5
127,0
12,6
Fetaraar .
8,7
0,7
—
—
—
—
M&rx . .
160,2
13,0
144,8
12,3
92,7
9,2
April . .
86,0
7,0
100,7
8,6
73,1
7,8
Mai . .
77,3
6,3
90,9
7,8
65,5
6,5
Jani . .
181,0
14,6
172,7
14,7
172,2
17,1
Juli . .
101,8
8,3
111,9
9,6
91,0
fl,l
August .
112,0
9,1
78,6
6,7
73,6
7.2
September .
44,2
3,6
43,1
3,8
85.2
3.5
Oktober .
61,2
5,0
68,7
5,8
46,6
4,7
November
48,6
4,0
48,6
4,1
46.0
4.6
£tasember
192,6
15,7
177,0
15,1
182,6
18,2
im ganzen J
ahr . .
1229,25
100,0
1171,5
100,0
1005,5
100,0
1892
Januar
102,4
10,1
72,2
8,8
60,5
7.8
Februar .
79,1
7,7
64,7
7,5
54,2
7,0
Mars .
43,1
4,2
25,5
3,0
34,0
4.8
April .
44,2
4,8
30,5
3,5
34,1
4.4
Mai .
72,2
7,1
55,4
6,4
52,1
6,7
Jnni
85,9
8,4
85,3
9,9
65,5
8,4
Juli :
68,85
6,7
78,0
8,4
44,7
5,8
August
84,41
8,3
75,75
8,8
70,8
9.1
September
144.35
14,1
115,3
13,3
99,3
12,7
Oktober .
100,6
9,9
86,7
10,6
88,6
11.4
November
66,7
6,5
53,0
6,1
47,0
6,0
Dezember
180,0
12,7
128,0
14,8
127,0
16,4
im ganzen J
ak
r
•
»
1021,31
100,0
865,35
100,0
777,8
100,0
Interessant ist es, neben den durchschnittlichen monatlichen Regen-
höhen auch die grössten monatlichen Regenhöhen kennen zu lernen.
Tabelle VIII.
Grosete monatliche Regenhohen in mm 3»).
Ort
Zahl der
Beobaehtangs-
j»hre
Grftaste monatL Regenhone
während der Monate
Oktober bis Mftrz
Groaste monatL RegenhOhe
während der Monate
April bis September
Aachen
23
27
37
53
151 Februar
162 Dezember.
221 Dezember
134 März
162 September
181 Juli
222 Juli
229 Juli
Altona
*•) P. Gerhardt, Handbuch der Ing.-Wiasensch. Hl. Teil. Der Wasserbau. 4. Aufl. 1. Band.
S. 24. — Meteorol. Zeitschr. 1898. S. 263. Siehe daselbst S. 23 auch wegen der Angaben in Tab. VI
160
L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Ort
Zehl der
Beobachtung«
jähre
_ i
GrOsste moüAtl. Regeaholie
wihreod der Monate
Oktober bis Min
Grfteete monsU.
wihreiid der
April bis
Birkenfeld . .
Bonn ....
Boppard . . .
Bremen . . .
Bromberg . .
Breslau . . .
Cftln ....
Dansig ....
Emden ....
Erfurt ....
Frankfurt a. M.
Fulda ....
Giessen . . .
Görlitz ....
Gotha ....
Göttingen . . .
Halle a. S. . .
Hanau ....
Hannover . . .
Jena ....
Jever ....
Kiel
Klausthal . . .
Königsberg in Pr.
Koslin ....
Krefeld . . .
Kreuznach
Lingen ....
Lüneburg . . .
Mainz ....
Monster i. W. .
Oldenburg . .
Posen ....
Ratibor . . .
Rostock . . .
Stettin ....
Tilsit ....
Trier ....
Wiesbaden . .
42
55
56
47
89
36
55
80
52
53
67
36
52
36
41
46
50
31
46
61
46
33
47
50
53
55
35
47
48
40
64
27
52
85
82
53
79
79
36
312 Dezember
123 Dezember
145 Oktober
185 Dezember
107 Oktober
93 November
152 März
187 Oktober
152 Oktob./Novemb.
109 September
153 November
152 Marx
159 Oktober
128 M&rz
127 Oktober
128 Dezember
148 November
143 Oktober
135 Dezember
116 Oktober
169 Oktober
152 Oktober
456 Dezember
179 Oktober
169 Oktober
178 Dezember
90 Oktober
148 Dezember
128 Dezember
129 Oktob./Novemb.
175 Dezember
153 Dezember
112 November
96 November
143 Oktober
117 Oktober
172 Oktober
181 November
141 November
210 Juli
204 Juli
182 August
235 Juli
206 Juli
229 August
187 August
207 Juli
174 August
202 Juli
208 Juli
243 Juli
224 Juli
204 Juli
214 Juni
186 Juli
206 Juli
259 Juli
161 Juli
186 Juli
221 September
161 Juli
861 Juni
186 Juli
210 August
157 August
153 Juni
178 Juli
200 Juni
167 August
202 Juli
190 Juli
180 August
218 Juli
189 Juli
205 August
206 Juni
239 September
162 Juli
Die Tabelle lehrt, dass der Monat der grössten Niederschläge im Sommerhalbjahr
der Juli ist, während für das Winterhalbjahr der Dezember diese Stelle einnimmt.
Da unter Umständen Niederschläge während eines Monats ganz ausfallen können,
so muss als kleinste monatliche Regenhöhe die Zahl 0 gelten.
Tägliche Niederschlüge. Für die Erforschung der Beziehungen zwischen Nieder-
schlag und Abfluss bietet die Aufschreibung der täglichen Niederschläge die grösste Aus-
sicht auf Erfolg. Wenn man in die Seite 140 und 141 gekennzeichnete Profiltafeln der täg-
lichen Wasserstände und sekl. Wassermengen auch die täglichen Regenhöhen eines Vorflut-
gebietes einträgt, so kann man mit einem Blicke die Verhältnisse im grossen und ganzen
übersehen und man wird unter Umständen in der Lage sein, aus vieljährigem Beobach-
§ *
Die technischen Vorarbeiten.
161
tungsmaterial die Abflusszeit, d. h. die Zeit, welche zwischen dem Fall des Regens und
dem Erscheinen im Flusslauf durchschnittlich vergeht, zu erkennen. Ist das im Einzel-
falle möglich, so wird man auch für ein bestimmtes Vorf lutgebiet durchschnitt-
liche monatliche Yerlusthöhen berechnen können. Aber diese monatlichen Ver-
lusthöhen werden immer nur für ein und dasselbe Vorflutgebiet Gültigkeit haben und
es mus8 vorläufig noch weiterer Forschung überlassen bleiben, festzustellen, ob und in
wie weit es möglich sein wird, aus dergleichen Beobachtungen zuverlässige Schlüsse
auf die monatlichen Verlusthöhen eines anderen Vorflutgebietes zu ziehen.
In der nachstehenden Tabelle sind für eine Reihe von Orten die grössten
täglichen Regenhöhen während einer längeren Beobachtungsperiode angegeben und
die Monate hinzugefügt, in denen sie beobachtet wurden.
Tabelle IX.
Gröeste tägliche Regenhöhen.
Ort
Zahl der Be
obachtunge-
jahre
Aachen
Berlin
Breslau
Coln
Danzig
Erfurt
Frankfurt a. 0
Halle ..........
Hamburg
Hannover
Heiligenatadt
Kiel . . . . :
KlauathaJ
Königsberg i. Pr.
Liegnitz
Poeen
Schneekoppe
Schreibern an
Stettin
Thorn
Trier
9
Weimar . .
Zwickau
28
44
40
86
81
36
36
40
15
29
36
18
36
42
?
40
?
?
86
19
86
10
27
Groaate
RegenhOhe
in 24 Stunden
im Monat
75
76
112
63
46
82
94
89
86
62
58
57
116
69
49
88
178
81
&>
52
73
54
72
Juni
Juli
August
August
August
Juli
Juli
Juli
Juni
Juni
Juli
Juli
Juni
September
Juli
Juli
Juli
Auguat
August
Juli
Juni
Juli
Oktober
Bei den Vorarbeiten für die Remscheider Talsperre wurden in den Jahren 1888
bis 1896 als grösste Niederschlagsmengen innerhalb von 24 Stunden diejenigen am
28. Juli 1888 mit 95 mm beobachtet40).
Eine der grössten in Norddeutschland bekannt gewordenen Regenmengen eines
Tages ist mit 238 mm bei einem Wolkenbruche am 22. Juli 1885 auf dem Büchenberge
zwischen Werningerode und Elbingerode in nicht ganz 24 Stunden beobachtet.
Bei dem Wolkenbruch am 30. Juli 1897 in dem Vorflutgebiet der Lomnitz,
ies Bobers und des Zackens, Schlesien, sind auf der Schneekoppe 232 mm festgestellt.
Über die in den kritischen Tagen vom 27. bis 31. Juli 1897 in dem Vorflut-
gebiet des Queis gefallenen Regenmengen gibt die nachstehende Tabelle Auskunft41):
*0) Karl Borchardt, Die Remecbeider Stauweiher- Anlage. Manchen 1897.
4i) Bachmann, „Die Talsperrenanlage bei Marklissa am Queis". Dezember 1903.
Handbaeh dar Inff.-WiaMnsch. in. Teil. 13. Bd. 11
162
L Theodok Koehn. Ausbau von WasberkrIftk*. Allgbmbines.
Tabelle X.
Der BegenhOheii and Bagwunuigaii im Vorflutgekiete
Fischeninhalt, Regenhöhe und Meng«
Datum
Flinsberg
68,94 qkm
Greif fenberg
106,28 qkm
Wiegsndstal
46,01 qkm
mm
cbm
mm
cbm
mm
cbm 1
- - . . *■
27. Juli
28. Joli
29. Joli
29. Juli
30. Joli
81. Joli
1. August
2. August
14,4
40,6
81,0
127,0
14,0
13,0
29,4
18,9
1100000
2 799 114
2 187 140
8755380
965160
896220
2026 836
958266
9.0
28,1
19,4
79,0
6,4
18,5
20,0
9,1
956070
2985068
2060860
8892170
679 872
1965255
2124600
966 698
11,1
82,6
28,25
95,25
8.1
19,2
28,8
11,0
510 711
1499986
1069788
4882453
872681
888892 1
1325068 1
i
i
506110
r
i
I
(
1
i
Zu dieser Tabelle sei erwähnt, dass Flinsberg auf etwa 600,0 m über N. N. liegt
mit Erhebungen in der Umgebung, welche bis über 1000,0 m emporsteigen. Wiegancb-
tal auf 440,0 m, Greiffenberg auf 320,0 m, Liebental auf 400,0 m.
Über die im Juli 1903 im Quellgebiet der Oder beobachteten grössten Regen-
hohen macht die preussische Landesanstalt für Gewässerkunde in ihrem Bericht über
das Hochwasser für einige hochgelegene Regenmesstellen folgende Angaben:
Tabelle XL
Grftsete Regenbögen im Odergebiet am 9.— 11. Juli 1903").
Ort
Seehöbe
in m
Flussgebiet
24 8tflndige Mengen
in mm
48stttndig6
Gesamt-
9./10.
10./11.
menge in mm
Westlicher Teil.
Nea-Röihwaaser . . .
Alt-Reihwiesen . . .
810
757
559
625
695
Weidenauer Wasser
Oppa
Freiwaldaoer Biele
Freiwaldauer Biele
Landecker ßiele
240,2
221,0
217,0
200,0
178,5
77,8
91,7
85,1
89,2
65,0
318,0
312,7
302,8
289,2
243,5
*i) Denkschrift der Landeaanstalt fttr Gewässerkunde über das Hochwasser hn Oder- antf
Weichselgebiet vom Juli 1903. Vorlage Nr. 175 der Königl. Prenasischen Regierung an das Abgeord-
neten-Hans. 20. Legislaturperiode. I. Session 1904. Seite 8.
§ 4.
DlE TBCHK1BCHBH VORARBEITEN.
163
Queia vom 27. Jali bw 2. August 1897.
da» Nied
erschlagsg
;ebietes
Gesamt-
Regenmenge
ebm
Zeitdauer des Regenfalls
Stunden
8eknndl.
Ltiebental
60,69 qkm
Beerberg
24,56 qkm
Regen-
menge
mm
ebm
mm
cbm
cbm
16,9
1025 661
10,2
250512
3842954
4 Uhr nachm. bis
7 , morg. = 14 Std.
70,12
34,1
2069529
22,8
559968
9 913 600
7 Uhr morg. bis
7 „ , = 24 Std.
114,7
15,06
913091
26,5
650840
6832564
7 Uhr morg. bis
7 , nachm. = 12 Std.
158,1
61,74
3 747 006
108,8
2 659848
27 986 857
7 Uhr nachm. bis
7 , morg. = 12 Std.
644,4
6,9
418 761
3,1
75636
2512110
61698085
7 Uhr morg. bis
7 „ „ = 24 Std.
29,8
| 5.9
358071
2,8
68768
4 171 706
7 Uhr morg. bis
7 , , = 24 Std.
48,2
9,6
582624
82,4
795 744
6854892
7 Uhr morg. bis
7 , , = 24 Std.
79,8
11,8
716 142
8,2
201392
8 848603
7 Uhr morg. bis
7 , „ = 24 Std.
38,8
Fortsetsang von Tabelle XL
Ort
Östlicher Teil.
Lysahora ....
Podolanki . . .
Mornwka ....
Tyra
Seehfthe
in m
1325
686
450
470
Flussgebiet
24 ständige Mengen
in mm
9./10.
10/11.
Ostrawitsa
Ostra witsa
Ostrawitsa
Olsa
71,5
41,5
42,9
88,1
192,0
175,7
126,8
126,2
48 stundige
Gesamt-
menge m mm
268,5
217,2
169,7
164,3
Im Osten blieb die Fläche mit mehr als 200 mm Regenfall in jenen zwei Tagen
auf das QueUgebiet der Ostrawitza beschränkt und der Höohstbetrag, der auf der Lysa-
hora gemessen wurde, belief sich hier auf 263,5 mm, war also geringer als beim west-
lichen Niederscblagsherde. Ein fernerer Unterschied besteht darin, dass im östlichen
Regenherde die grösste Starke des Niederschlags sich auf den 10. bis 11. Juli verschob.
Solche gewaltige Niederschlagshöhen von mehr als 100 mm in 24 Stunden be-
schränken sich im europäischen Berg- und Flachlande fast immer auf kleine Gebiete
und auf die Zeit von ein bis zwei Tagen. Auch ist ihr Eintritt für ein und denselben
Ort kaum häufiger als 2 bis 3 mal im Jahrhundert zu erwarten.
Stündliche Regenhöhen. Da sich bei kleinen Vorflutgebieten der Einfluss starker
Niederschläge oft schon nach Stunden durch Flutwellen bemerkbar macht, so ist es,
wie bereits erwähnt, von Interesse, durch selbstschreibende Regenmesser den stund«
11»
164
L Theodor Eoehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
liehen Verlauf der Niederschläge festzustellen. Man pflegt die stärksten Regengüsse,
welche mindestens 18 mm in der Stunde oder 0,3 mm in der Minute ergeben, als Sturz-
regen zu bezeichnen. Derartige Sturzregen bilden meistens einen Teil eines längeren
Regenfalls. Nach P. Gerhardt kommen die meisten Sturzregen in den Nachmittags-
stunden vor, während in der Nacht Sturzregen seltener und die Morgenstunden ganz
frei von ihnen sind. Sturzregen sind Erscheinungen, welche sich fast immer nur auf
sehr kleine Gebiete ausdehnen, im Gegensatz zu den Landregen, welche sich gleich-
zeitig über sehr grosse Flächen erstrecken können. In der nachfolgenden Tabelle sind
einzelne Angaben aus einer umfangreichen Tabelle im ersten Bande des dritten Teils
des Handbuches der Ingenieurwissenschaften zusammengestellt.
Tabelle XII.
•
Sturzregen.
•
Regen von mehr als einer Stunde Daner
Regen von 60 Minuten und
geringerer Daner
Ort
Tag
Regen«
höhe
*
Dauer
Ifocwi-
hfth«
*.d.8t&
Tag
! Regen
höhe
nun
Dauer
Min.
kök*
Gotha
3. Juni 1895
54,5
1 Std. 35 M.
34,4
19. Jnni 1895
22,5
20
1.13
Braunschweig
5. Juni 1897
25,0
1 8td.' 4 M.
23,4
27. Juli 1895
6,0
2
3.00
Darmstadt
—
—
—
—
2a Juli 1902
6,3
4
1,58
Schwerin
11. Mai 1890
111,0
1 Std. 35 M.
70.1
—
—
—
—
Oldenburg
18. Juli 1899
108,0
4 Std.
27,0
—
-■-
—
—
Berlin
11. Juli 1858
67,0
11 Std.
6,0
80. Mai 1861
43,0
60
0,72
Berlin
14. April 1902
166,0
5 Std. 45 M.
28,8
22. Jnni 1891
18,9
14
1.85
Berlin
—
—
—
—
22. Juli 1893
34,3
26
1,32
Hannover
—
—
^^^M '
—
20. Juli 1901
19,8
20
0,99
Blankenbaeh \
Kr. Rotenburg'
—
—
—
13. Juli 1899
53,0
30
1,77
Fulda
—
—
—
8. Aug. 1899
41,0
60
0,68
Kassel
25. 26. Juli 1894
84,6
7 Std. 88 M.
11,1
—
—
—
—
8igmaringen
6. Juni 1895
48,8
1 Std. 50 M.
26,6
—
—
—
—
Königsberg i. Pr.
27. Aug. 1867
58,0
2 Std.
29,0
16. Juni 1864
55,0
45
1,22
Kolberg
7. Sept. 1880
102,0
7 Std.
14,6
7. Sept 1880
28,0
30
0,94
Stralsund
—
—
—
—
31. Aug. 1899
7,9
8
0,99
Meaerits
30. Juli 1897
75,6
8 Std.
9.4
20. Mai 1899
9,9
3
3,30
Aachen
30. Juni 1901
37,5
1 Std. 40 M.
22,5
4. Juni 1896
26,0
52
0,50
Cöln
—
—
—
27. Aug. 1894
28,6
60
0,48
Trier
—
—
—
30 Juni 1897
39,4
55
0,72
Eisleben
—
—
—
16. Aug. 1893
17,6
5
3,52
Naumburg a. S.
9. Juli 1898
41,2
1 Std. 55 M.
22,5
—
!
—
—
Bunzlau
21. Juli 1893
54,5
1 Std. 47 M.
30,6
—
_ 1
1
—
—
Flrasberg(8.162)
29. 30. Juli 1897
127,0
10 Std.
12,7
—
|
—
—
Görlitz
4. Juli 1891
58,9
2 Std. 50 M. i
20,8
—
__ I
—
Ratibor
26. Juni 1881
68,0
1 Std. 30 M. ;
45,3
5. Sept. 1892
32,0
46
0,70
Kiel
14. Aug. 1859
89,0
5 8td.
17,8
8. Okt. 1879
24,0
20
1.20
Plön
23. Mai 1893
40,5
1 Std. 30 M.
27,0
•
—
—
—
Bochum
20. Aug. 1900
63,0
1 Std. 21 M.
46,7
—
i
—
—
Paderborn
7. Aug. 1894
26,2
1 Std. 5 M.
24,2
—
— 1
—
—
Dansig
27. Juni 1891
63,4
2 Std. 40 M.
23,8
—
—
—
—
Pollum Kr. Pr. I
8Urgard
—
—
—
—
22. Mai 1898
71,7
45 |
1,59
Dresden
29. Juni 1874
75,0-
1 Std. 80 M.
50,0
18. Juni 1876
41,0
80 |
1,37
§ 4-
Die TncHtnscBEH Vorarbeiten.
165
Regen von mehr eis einer Stande Duner
Regen von 60 Minuten und
geringerer Daner
Ort
Tag
Regen-
hohe
mm
Daner
Rogon-
böhe
s.d. Std.
mm
Tag
Regen-
hOhe
Dauer
Min.
Begon-
hfthe
a.dJfin.
mm
Basel
Bern
Budapest
Genf
Maraeille
Palermo
Paria
Wien
Zürich
80. Mai 1827
15. 8ept 1872
21. Okt 1867
162,0
240,0
76,0
8 8td.
2 Std.
1 Std. 15 M.
54,0
120,0
60,8
5. Ang. 1889
19. Jani 1877
26. Jani 1875
20. SepL 1867
8. Jali 1895
1. Sept. 1894
18,4
66,0
66,0
41,0
26,5
17,0
8
45
60
20
20
7
2,80
1.46
1,10
2,05
1,88
2,43
Soviel über Regenhöhen. Nunmehr kommt die Frage nach
2» Verlusthöhe und ihre Ursachen«
Die Hauptursachen für die Yerlusthöhe sind:
die Verdunstung,
die Versickernng, und
der Pflanzenwuchs.
a) Die Verdunstung.
Die Verdunstung hängt ab von der Lufttemperatur, dem Feuchtigkeitsgrad und
der Bewegung der Luft; sie nimmt mit der Temperatur zu und zwar vermag die Luft
bei einem Barometerstande von 760 mm an Feuchtigkeit (Wasserdampf) aufzunehmen43):
Bei— 20 —15 —10—5 0 +5 10 15 20 25 80 Celaina
0,94 1,84 2,15 8,16 4,57 6,31 9,14 12,67 17,67 28.52 81,51 g in 1 ebm
0,77 1,19 1,76 2,69 8,75 5,84 7,51 10,48 14,88 19,47 26,18 g in 1 kg
Man sieht aus dieser Zahlenreihe, dass die Zunahme der Verdunstung mit wachsender
Temperatur in einem stärkeren Verhältnis, als dem geradlinigen steigt. Hieraus erklärt
sich die verhältnismässig kleine Verdunstung im Winter und die grossen Verdunstungs-
böhen an heissen Sommertagen, ebenso erklärt sich daraus der Umstand, dass die Ver-
dunstung am Tage um ein vielfaches grösser ist, als in der Nacht.
Je weniger mit Feuchtigkeit gesättigt eine Luftschicht ist, um so mehr kann sie
noch aufnehmen. Ist keine Bewegung in der. Luft, so sättigt sich die über einer
grösseren, freien Wasserfläche oder über durchfeuchteten Bodenflächen liegende Luft-
schicht allmählich mit Wasserdampf und die Verdunstung hört auf. Werden aber durch
Wind immer neue ungesättigte Luftschichten auf die Verdunstungsfläche hingeführt, tfo
findet eine lebhaftere und dauernde Verdunstung statt.
Da nun die Luft um so mehr mit Wasserdampf gesättigt wird, je länger sie
über einer wasserreichen Verdunstungsfläche hinwegstreicht, so ist die Verdunstung im
allgemeinen bei Wind an der zugekehrten Seite am stärksten und nimmt nach der
dem Wind abgekehrten Seite hin ab. Hieraus erkennt man die Gründe, weswegen die
") R. BOrnstein, Leitfaden der Wetterkunde. 1901. 8. 80,
166 L Theodor Koehn. Ausbau vom Wasserkräften. Allgemeines.
mittlere Verdunstung einer kleinen Wasseroberfläche, z. B. derjenigen
eines auf dem Lande aufgestellten Gefösses, grösser sein muss, als die mittlere Ver-
dunstung einer grossen Wasserfläche und auch grösser als diejenige einer gleich
kleinen Gefössoberfläche, welche statt auf dem Lande, mitten in einem See in der Höhe
des Seespiegels aufgestellt würde.
Es haben die Untersuchungen ergeben, dass die Verdunstung einer mit Wasser
gesättigten Bodenfläche, welche mit Pflanzenwuchs bedeckt ist, erheblich grösser ist, als
die Verdunstung einer gleich grossen, freien Wasserfläche. Umgekehrt verdunstet in
der Zeiteinheit auf einer freien Wasserfläche durchschnittlich mehr Wasser, als auf
einer gleich grossen von Pflanzen unbedeckten Bodenfläche. Diese Erscheinungen er-
klären sich daraus, dass die Gesamtheit der wasserhaltenden Flächen, welche der Sonne
und dem Winde ausgesetzt werden, bei der mit Pflanzenwuchs bedeckten Boden-
fläche grösser, bei einer von Pflanzen unbedeckten Bodenfläche aber kleiner ist,
als bei einer Wasserfläche von gleicher Grundfläche44). In diese Gedankenreihe passt
auch die Beobachtung, dass auf einer Waldfläche nur etwa 0,33°/© bis 0,40% von der-
jenigen Wassermenge verdunstet, welche bei einer gleich grossen mit Gras oder Getreide
bestandenen Fläche an die Luft abgegeben wird, dass aber andererseits eine Waldfläche
erheblich mehr verdunstet, als eine kahle Bodenfläche ; ferner die Beobachtung, dass die
Form der Oberfläche und ihr Rauhigkeitsgrad die Verdunstungshohe beeinflussen, in-
sofern, als bewegte und rauhe Oberflächen der Luft und der Sonne mehr Angriffspunkte
bieten, als ebene und glatte45).
Durch die Versuche von C. E s e r und anderen ist festgestellt, dass die Verdunstung
einer Bodenfläche abnimmt, sobald die oberste Schicht ausgetrocknet ist und ferner,
dass diejenigen Bodenarten unter sonst gleichen Umstanden eine grössere Verdunstung
nach Austrocknung der Oberfläche zeigen, welche eine grosse Kapillarität besitzen —
also alle sandigen Bodenarten — und welche infolgedessen die Feuchtigkeit der tieferen
Schichten schneller an die Oberfläche steigen lassen46). Schon ein Austrocknen des
Bodens bis 2 cm Tiefe ermässigt die Verdunstung nach Esers Versuchen unter sonst
gleichen Verhältnissen in den Monaten Mai und Juni bei Quarzsand auf ungefähr 34*/«,
bei Kalksand auf 66*/o.
Auch die Farbe des Bodens ist von Einfluss, indem die Gelände mit dunkler
Oberfläche mehr Wasser an die Luft abgeben, als solche mit heller Oberfläche44) und
zwar nach den Abstufungen schwarz, grau, braun, gelb, weiss47).
Wenn auch nach den obigen Mitteilungen die Verdunstung pro Zeiteinheit
bei pflanzenbedecktem Gelände grösser sein kann, als bei einer Seefläche, so muss doch
die Gesamtverdunstung des Sommers oder des ganzen Jahres bei einer See-
fläche grösser werden und besonders in trocknen Jahren, als diejenige des Geländes,
weil hier in regenloser Zeit allmählich durch Sonne und Wind eine Anstrock-
nung stattfindet, während auf der Seefläche das Wasser stets den verdunsten-
den Wirkungen von Wärme und Wind ausgesetzt bleibt. Flache Seen, welche
durch offene Zuflüsse oder unterirdische aus dem Grundwasser nicht gespeist werden,
«) Versuche von Th. Hart ig, Allgem. Font- and Jagd-Zeitung. 1878. S. 8.
4*) Versuche von F. Mssure, Ann. agronomiques 1882. 8. 161. Untersuchungen tob Risler,
mitgeteilt in Biedermanne Zentralblatt für Agrikulturchemie. 1872. S. 160. — M. Fautrat, Oheer-
vationa mtterologiquea faites de 1874 a 1878. Paris 1878.
*•) E. Ebermayer, Die physikalische Einwirkung des Waldes auf Luft und Boden und seine
klünatologiache und hygienische Bedeutung. Berlin 1873. 8. 17.
47) Versuche von C. Eser, Forschungen aus dem Gebiete der Agrikulturphysik von Wollny.
1884. S. 1.
§ 4.
Die technischen Vorarbeiten.
167
trocknen daher in heissen Sommern, besonders in den wärmeren Klimaten, gänzlich aas.
Im allgemeinen ist also die Jahresverdunstungshöhe eines Seespiegels höher, als die durch-
schnittliche Jahresverdunstung auf dem Gelände seines Vorflutgebietes. Daraus erklärt
es sich, dass die jährliche Verlusthöhe in Gebieten mit grossen Seeoberflächen
grösser ist, als in solchen ohne Seen oder mit kleinen Seeoberflächen.
Die Messung der Verdunstung erfolgt durch sogenannte Verdunstungsmesser
(Atmometer oder Evaporimeter). Diese bestehen aus Schalen oder kastenförmigen
Gefässen4*), welche mit Wasser oder mit durchfeuchtetem Boden49) gefüllt sind. Natur-
gemäss kann die Verdunstungsfläche der Messer nur klein sein und es ist deshalb
ganz unmöglich, durch derartige Apparate Verhältnisse zu schaffen, welche die
ausserordentliche Mannigfaltigkeit der für ein ganzes Vorflutgebiet tatsächlich bestehen-
den Umstände auch nur angenähert berücksichtigen. Verhältnismässig am nächsten
der Wirklichkeit können die Resultate der schwimmenden Verdunstungsmesser auf offenen
Seen kommen, weil hier die Verhältnisse des Messers im kleinen den grossen Verhält-
nissen der Wasseroberfläche immerhin ähnlich werden. Aber diese Beobachtungen sind
schwierig und kostspielig durchzuführen und es fehlt infolgedessen z. Z. zuverlässiges
Beobachtungsmaterial für Binnenseen fast noch gänzlich.
Die Beobachtungen der Höhe des Wasserspiegels toq grösseren Seeflächen in
regenfreier Zeit lassen sichere Schlüsse auf die Verdunstung deshalb nur ausnahmsweise
zu , weil ausser der Verdunstung und den messbaren offnen Abflüssen , auch die Ver-
sickerung eine grosse Rolle spielt. Letztere aber ist der Menge nach genau genug fest-
zustellen ungemein schwierig, wenn nicht unmöglich.
Mit den sich aus Obigem ergebenden Vorbehalten sind daher alle Angaben über
Verdunstungshöhen zu betrachten.
JUurliehe Verdunstungshöhen. Es wird die jährliche Verdunstungshöhe unter
dem Äquator in Gumana, Süd-Amerika mit 3520 mm angegeben, diejenige von Ober-
ägypten mit 1825 mm60). Nach Th. Rehbock61) sind in der Kapkolonie folgende Ver-
dunstungshöhen festgestellt.
Tabelle XIII.
Verdunstungsmessungen in der Kapkolonie.
Ort
Meereshohe
in m
Anzahl der
Beob.-Jahre
Jährliche VerdunstnngshOben
in m
mittlere
grösete
kleinste
Dunbrody bei Port Elizabeth
Van 8taaiena Rivier bei Port Elisabeth . .
60
100
280
870
4
7
9
8
1,470
1,540
1,200
2,670
1,500
1,690
1,780
2,910
1380
1,880
0,800
2,410
In dem Eibstrombuch werden im ersten Bande, Seite 92 die nachfolgenden An-
gaben gemacht:
**) H. Wild, Verdunstungsmesser auf freier Wasserfläche. Wollny, Forschungen auf dem
Gabiete der Agrikulturphysik. 1882. 8. 868.
*•) P. Gerhardt, Verdunstungsmesser für durchtränkten Boden. Handbuch der Ing.-Wissenseh.-
m. Teil Wasserbau. S. 49 und folgende.
*o) R. Jasmund, Handbuch der Ing.-Wissensch. Dritter Teil. Wasserbau. 4. Aufl. 1. Bd. S. 273.
fti) Th. Rehbock, Deutsch -Sud -West -Afrika, seine wirtschaftliche Erschliessung etc. Berlin
1898 Seite 44.
168
I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Tabelle XIV.
VerdanstongshOhen im Eibgebiet.
Verdunstung in mm
•
7
NM
•
>
i
VL-VIIL
*
1 *4
Ort, Zeit
und Autor
•
t
►
O
•
's
N
0
a
«8
ä
9
GU
<
"5
! se
s
3
"3
0
<*1
•
S
&
e
00
1
M
o
u
•s
i
1 xs
«
Prag 1876/90
Penck
18,8
14,6
15,8
18,5
33,1
55,8
83,5
95,0 96,6
85,6
54,4
81,6
603,8
48
172
277
105
Dresden 1883/93
15,4
13,2
10,7
14,4
28,1
48,6 55,5
47,9
44,1
47,9
33,6
21,2
380,6
88
132
140 j| 70
Lindemann
Chemnitz 1888/93
16,5
15,3
13,0
15,7
25,0
38,6
50,6
43,1
44,1
43,7
85,0
26,8
366,9
44
114
131
78
Lindemann
Magdeburg 1881/92
GrQtsmacher
14,4
9,2
9,7
11,0
24,2
48,4
71,5
82,1
82,6
70,0
55,6
24,1
502,8
1
30
144
235
i
1
M
Co Hin62) fand mittelst Verdunstungsmessern von 6 qm Oberfläche:
JahrL Verdunstungsb&hen
Dijon
667
Bar-le-duc
581
Agen
838
Cardillac
848
Montrejean
1231
Auxerre
577
Sana
808
Montbaxd
589
Nach den 14 Jahre lang von Stark angestellten Versuchen in Augsburg betrug
die Verdunstung des Wassers unter Einwirkung des Sonnenlichtes:
Min
113
April
174
Mai
200
Juni
205
Jali
221
August
223
September
198
Oktober
115
November
76
Weil das Gerät durch das Gefrieren des Wassers beschädigt wurde, sind die Be-
obachtungen während der Frostmonate ausgesetzt worden.
Sowohl die Beobachtungen von Co Hin, als auch die von Stark zeigen, dass die
durch die Messer festgestellten Verdunstungshöhen des Jahres zum Teil nicht nur die
Regenhöhen erreichen, sondern erheblich grösser sind, als diese. Solche Beobachtungs-
resultate dürften z. T. darin ihren Grund haben, dass man in kleinen Gefassen dauernd Wasser-
flächen der Verdunstung aussetzte und diese Verdunstungen mass, also Verhältnisse schuf,
welche höchstens ausnahmsweise für eine Seeoberfläche, keinesfalls aber im Durchschnitt
für ein Vorflutgebiet zutreffen können. Schon die Versuche von Delaporte6*), welche er
1839 bis 1845 bei Dijon und an anderen Stellen in der Nähe des Kanals von Bonrgogne an-
stellte, habennachgewiesen, dass die Verdunstungshöhen, welche an 6qm grossen gemauerten
und mit Zink ausgekleideten 1,2 m tiefen Verdunstungsgruben beobachtet wurden, um
etwa 1/s kleiner waren, als diejenige der unmittelbar daneben aufgestellten Geräte von
0,1 qm Fläche. Aus diesen Beobachtungen folgt, dass man den Anteil der Ver-
dunstung an der Verlusthöhe zu hoch rechnen würde, wenn man die in kleinen
Messgefässen festgestellten Höhen einfach auf ein grosses Vorflutgebiet über-
tragen wollte.
•») Collin, Comptei rendos de l'Academie des aieocea 1865. S. 250; erwähnt in der Zeitsear.
der Oaterr. Gesellschaft für Meteorologie. VII. S. 121.
fr») Ann. dea ponU et chanaa^ 1850. IL 8. 383.
§ 4.
Die technischen Vorarbeiten.
169
Für England beträgt nach Humber die jährliche Verdunstungshöhe 540 mm,
wovon die Hälfte auf die 4 Monate Juli bis Oktober entfallen sollen.
Die jährliche Verdunstungshöhe für Kopenhagen wird mit 209 mm angegeben.
Die jährliche Verdunstungshöhe im Königreich Sachsen soll im Durchschnitt 374 mm
betragen. Nach den Beobachtungen von Professor Müttrich in Eberswalde54) haben
sich in den 5 Beobachtungsjahren 1875 — 1879 die jährlichen Verdunstungen bei 13 Mess-
stationen im Wa)de zu 125 mnij
, im Freien zu 303 mm
ergeben.
Die Beobachtungen zur Bestimmung der Speisewassermenge des Marnekanals er-
gaben Tom 1. Juli 1844 bis zum Juli 1845 eine Verdunstungshöhe von 436 mm, vom
1. Juli 1845 bis 1. Juli 1846 eine Verdunstungshöhe von 625 mm.
Für die Anlage von Talsperren sind von Intze*5) in Lennep, im Uelfe- und im
Berertale während der Jahre 1889 — 1892 gleichzeitig mit den bereits erwähnten Be-
obachtungen über Niederschlagshöhen (vergl. Tab. VII, S. 158/159) auch Beobachtungen
über Verdunstungshöhen gemacht worden, welche in der nachfolgenden Tabelle wieder-
gegeben sind.
Tabelle XV.
Niederschlags- and Verdunstungen Oben in drei benachbarten Tfilern.
Lennep
Uelfetal
Berertal
Niederschlag
Verdunstung
Niederschlag
Verdunstung
Niederschlag Verdunstung
188»
Januar
54,6
25
45.4
85
38,6
27
Februar .
112,9
—
76,7
—
60,0
—
Man . .
73,6
70
67,9
90
55,5
60
Aprü . .
39,5
58
86,7
107
29,1
97
Mai . .
77,9
98
58,0
182
53,9
134
Juni . ,
81,1
124
55,6
166
82,9
154
Juli . ,
158,0
HO
171,0
114
149,3
168
August ,
165,9
115
158,1
95
142,5
135
8ftptember
126,8
102
120,2
85
105,0
102
Oktober .
54,0
83
42,1
67
29,0
75
November .
54,15
50
52.5
30
37,35
33
Deiember
186,5
20
115.2
15
110,6
—
im ganzen J
ab
r
•
•
1129,4
855
989,4
936
893,7
985
Es betrug die Verdunstung in den Monaten April — September in % der Jahres-
yerdunstung :
1889 1890 1891 1892
in Lennep 71,0°/o 80,0°/o 78,0 °/o 82.0°/o
im uelfetal 75,0 °/o 79,0 °/o 68,0 °/o 81,0 °/o
imBevertal 80,0% 82,0 °/o 80,0 °/o 82,0 °/o
durchschnittlich . . . . 75,3 °/o 80,3 °/o 75,3 °/o 81,7 •/•
**) Mut trieb, Beobachtungsergebnisae der forstlichen Versuchsanstalten nsw. Berlin.
**) P. Ziegler, Der Talsperrenbau. 8. 19.
170
L Thkodob Kokhh. Ausbau von Waj88Ebkbäften. Allgemeinm.
Len
nep
Uelfetal
Bevc
»rtal
Niederschlag
Verdunstung
Niederschlag
Verdunstung
Niederschlag
Verdunstung
1800
Januar
192,5
40
197,0
36
158,4
2d
Febraar .
•
6,0
—
—
—
—
Min . .
61,0
60
58,3
63
55,2
62
April . .
98,35
95
89,2
71
79,2
90
Mai . .
76,95
100
77,2
120
68,7
154
Juni . ,
98,5
94
86,6
99
71,4
107
Juli .
149,0
89
161,4
107
134,5
118
August .
162,7
83
144,6
89
146,2
115
September .
16.3
65
12,6
64
13,0
67
Oktober . .
166,5
88
144,4
36
141,0
32
November ,
264,85
10
282,5
10
221,4
20
Dezember
5,6
—
—
—
—
—
im gansen J
ahr . .
1297,5
629
1103,8
704
1089,0
799
1001
Januar
155,65
—
185,0
—
127,0
—
Februar
8,7
—
—
—
—
—
Min .
160,2
50
144,8
50
92,7
50
April .
86,0
60
100,7
55
73,1
60
Mai .
77,8
110
90,9
107
65,5
120
Juni
181,0
90
172,7
82
172,7
105
Juli .
101,8
110
111,9
110
91,0
125
August
112,0
90
78,6
86
78,6
100
September .
44,2
80
48,1
82
35,2
85
Oktober .
61,2
68
68,7
66
46,6
70
November
48,6
26
48,6
88
46,0
34
Desember
192,6
—
177,0 4
182,6
—
im gansen J
ahr . .
1229,2
684
1170,0
781
1005,5
749
1002
Januar
102,4
—
72.2
—
00,5
—
Februar
79,1
20
64,7
22
54,2
22
Min .
48,1
58
25.5
68
34,0
58
April .
44,2
79
80,5
106
84,1
80
Mai . .
72,2
160
55,4
100
52,1
157
Juni
85,9
118
85,3
113
65,5
125
Juli . ,
68,85
124
73,0
123
44,7
137
August ,
84,41
118
75,75
118
70,8
125
September .
144,85
52
115,3
55
99,8
59
Oktober .
100,6
45
86,7
48
88,6
51
November .
66,7
22
58,0
22
47,0
22
Desember
180,0
—
128,0
—
127,0
—
im gansen J
sb
r
■
>
1017,8
792
865,4
835
777,8
836
§ 4.
Die technischen Vorarbeiten.
171
Dass die Jahresverdunstungshöhen der Tabelle XV zum Teil höber sind, als die
Niederschlagshöhen dürfte gleichfalls darauf zurückzuführen sein, dass in den kleinen
Verdunstungsmessern die Verdunstung grösser war, als die wirkliche im ganzen Vor-
flutgebiet, da man dauernd in den Schalen Wasser der Verdunstung aussetzte,
-während in Wirklichkeit bei fehlenden oder geringen Niederschlägen durch die Abtrock-
nung der Oberfläche die Verdunstung stark zurückgegangen ist.
Auch wenn nach den mit kleinen Schalen gewonnenen Messresultaten durchschnitt-
lich 50— 70°/o und mehr der Regenmenge verdunsten sollen, kann man in Gebirgs-
flüssen und zwar auch an solchen, welche nicht von Gletschern gespeist werden, mitunter
feststellen, daro die jährliche Abflussmenge die jährliche Niederschlagsmenge
fast erreicht, oder wohl sogar überschreitet. Das hat seinen Grund erstens darin,
dass die Abflüsse im Gebirge wegen der Schnee- und fasschmelze ebenso von der Tem-
peratur, als Ton den Niederschlägen abhängen und ferner darin, dass die in den Tälern
Terdunsteten Wassermengen durch die Sonnenwärme in Form von Wolken aufsteigen und
sich nach den kühleren Bergspitzen hinziehen. Man kann oft im Gebirge beobachten,
wie einige Stunden nach Sonnenaufgang aus allen Tälern Wolken aufsteigen, welche sich
mm Nachmittag um die Bergspitzen sammeln und dort bis zum Abend hängen bleiben.
Bei untergehender Sonne werden die Spitzen wieder klar, weil der Wassergehalt der
Wolken sich in Form von Schnee oder Nebel niederschlägt und dann später wieder zu
Tal fliegst. Auf diese Weise wird durch die Sonne ein kleiner Kreislauf erzeugt, welcher
Teile der in Ombrometern messbaren Niederschläge eines Jahres mehrfach an
ein und derselben Stelle eines Flusses erscheinen lässt. Derselbe Vorgang findet
gleichfalls in den Tälern des Berglandes statt, wenn auch in kleinerem Masstabe. Auch
die Länge der Beobachtungsperiode spielt bei den Feststellungen der Verlusthöhen, be-
sonders im Gebirge, insofern oft eine grosse Bolle, als z. B. Schnee, der im Jahre vorher
gefallen war, erst in einem folgenden Beobachtungsjahr zur Schmelze und zum Abfluss
kommen kann, und damit mehr oder weniger stark die Verlusthöhe eines Jahres beeinflusst.
Monatliche Verdmmstungshöhen. Aus der S. 168 gegebenen, dem Eibstrombuch
entnommenen Tabelle XIV, wenn man nur die Angaben von Dresden und Chemnitz ins
Auge fasst, sieht man, dass das Verdunstungsvermögen in den Monaten April bis Sep-
tember 2,3 — 2,7 mal so gross war, als in der Zeit von September bis März. Für Prag
und Magdeburg ergibt sich, dass das Maximum im Juli fast sieben- bezw. neunmal so
gross war, wie das Minimum im Dezember. Für die Monate April bis September und
ferner für den Monat der grössten Verdunstung ergeben sich folgende Verhältniszahlen:
Tabelle XVI.
Verdunstungen in •/© der Jahresverdunstong.
Ort
Verdunstung während der
Monate April— September
Durchschnittliche
monatl.Verduastang
von April— Sept.
in mm
Grosste Verdunstung eines
Monate
mm
°/o der
Jahresverdunstung
. mm
•/• der
Jahresveidunstung
Chemnitz ....
Magdsbuig ....
470,9
277,6
255,1
410,2
78
78
69
81
78,8
46,8
42,5
68,8
96,6
55,5
50,6,
82,6
(Juli) 20,6
(Mai) 20,0
(April) 19,0
(Juli) 20,0
172
I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Wenn man die höchsten Verbältniszahlen der obigen Tabelle auf die Beobach-
tnngen beim Marnekanal anwenden wollte, so wurden sich folgende Verdunstungshöhen
ergeben :
Für die Beobachtungszeit vom
für die Monate
April— September
für den Monat der
höchsten Verdunstung
1. Juli 1844 bis 1. Juli 1845
1. Juli 1845 bis 1. Juli 1846
358 mm
506 ,
89,8 mm
128,25 ,
Aus der Tabelle der Beobachtungen in Lennep, im Uelfe- und Bevertale ergibt
sich als höchste Verdunstungshöhe eines Monates diejenige im Bevertale im Monat Juli
1898 mit 168 mm. Auch die grössten monatlichen Verdunstungshöhen der übrigen Mess-
stellen und Jahre, sowie ferner die Jahresverdunstungshöhen sind z. T. recht erheblich
höher, als die aus Tabelle XIV.
Wenn auch der Wert aller dieser Zahlen absolut betrachtet, zweifelhaft erscheinen
mag, so geben dieselben doch ein gutes Bild über das Verhältnis der Verdunstungen
in den einzelnen Monaten, indem sie u. a. zeigen, dass die Verdunstung durchschnittlich
in den Monaten April bis September 73 — 83°/0 der Jahresverdunstung ausmacht.
»
Auf diese Erscheinung ist es, — neben dem Umstände, dass im Winter die Ver-
sickerung im Durchschnitt klein ist und die Wasseraufnahme durch die Pflanzen ganz
aufhört — zurückzuführen, dass wir in den meisten Flüssen des Hügel- und Flachlandes
Nordwesteuropas in den Monaten Oktober bis April meist höhere Wasserstände haben,
als in den Monaten Mai bis September, obwohl die Regenhöhe gerade in den letztge-
nannten Monaten die grössten sind.
Tägliche Verdunstungshöhen : Die Kenntnis der taglichen Verdunstungshöhen hat
besonders Interesse für Talsperren, Seeregulierungen und namentlich für kleinere Stau-
weiher, welche zum Ausgleich der sekl. Wassermenge während einer kürzeren Zeitdauer
bestimmt sind.
Durchschnittliche tägliche Verdunstungshöhen ergeben sich aus* den Mit-
teilungen der monatlichen Verdunstungen.
Th. Reh bock hat vom 5. Januar bis zum 31. August 1897 an 216 Tagen Ver-
dunstungsmessungen zu Windhoek vorgenommen und die in Tabelle XVII mitgeteilten
Resultate erhalten *•).
Tabelle XVII.
Verdunstnngsmesaungen in Windhoek.
Schale I
Schale II
Mittlere Verdunstungshöhe für die ganze Beobachtungszeit pro Tag . . .
Grösste mittlere Verdunstungshöhe in einem Monat (Januar) pro Tag . .
Kleinste mittlere Verdunstungshöhe in einem Monat (August) pro Tag . .
Kleinste Verdunstungshöhe für einen Tag (5. März)
12.5 mm
14,2 ,
10.6 „
17,4 ,
4,0 „
9,1 mm
10.0 .
8.0 .
13,2 .
8,0 .
w,v f
**) Tb. Reh bock, Deutsch -Südwest- Afrika, seine wirtschaftliche Erschliessung etc, Berlin
1898. Seite 43.
§ 4. Die technischen Vorarbeiten. 173
Ein schwimmender Verdunstungsmesser in Neuchatel, welcher am Rande des Sees
aufgestellt war, zeigte als grösste Verdunstungshöhe eines Tages 10 mm (August 1856)
bei trockenem Nordwestwinde.
H. Dufour67) Lausanne hat nie mehr als 10 mm Verdunstungshöhe in zwölf
Tagesstunden beobachtet, in den Nachtstunden war die Verdunstung häufig = 0 und
sie betrug im Juni und Juli noch nicht 2 mm.
In den Entwürfen für die preussischen Kanäle wurde früher mit 4 mm täglicher
Verdunstung in den heissen Sommermonaten gerechnet. Auf einer Versuchsstrecke des
Dortmund-Ems-Kanale8 wurde aber nach Beobachtungen vom Oktober 1892 bis Juni 1894
als grösste Verdunstung eines Tages 7,5 mm festgestellt Für den preussischen Mittel-
landkanal wurde aus besonderer Vorsicht 1901 die Annahme einer grössten täglichen
Verdunstung von 11 mm gemacht68).
Wenn man berücksichtigt, was schon mehrfach hervorgehoben wurde, dass die
Messungsergebnisse mit kleinen Gefässen nicht ohne weiteres für grössere Wasserflächen
massgebend sein können, wenn man weiter berücksichtigt, dass der Wind, welcher
z. B. quer über einen Schiffahrtskanal streicht, einen grösseren Einfluss auf die Ver-
dunstung haben muss, als derselbe Wind auf einem grösseren See oder Staubecken, weil
hier allmählich eine stärkere Schwängerung der Luft mit Wasserdampf stattfindet und
daher die Verdunstung vom Ufer nach dem offenen Wasser zu abnehmen muss, so dürfte
es ausreichend sein — die durchschnittlichen klimatischen Verbältnisse von Deutschland
zugrunde gelegt — als höchste durchschnittliche monatliche Verdunstungs-
höhe für mittlere Seen und Staubecken 50 — 60 mm und als grösste Ver-
dunstungshöhe eines Ausnahme- Monates 70— 80 mm anzunehmen. Hieraus
würden sich dann auch die entsprechenden durchschnittlichen täglichen Verdunstungs-
höhen ergeben. Für kleinere Stauweiher kann man als höchste tägliche Ver-
dunstungshöhe, welche ausnahmsweise an einem, oder wenigen aufeinander folgenden
Tagen vorkommen kann, 10 mm zugrunde legen.
b) Die Versickerung.
Beim Rückblick auf die zu dem Abschnitt „Verdunstung" gemachten Angaben
erkennt man, wie schwierig und in den Ergebnissen unsicher es ist, den Einfluss der
Verdunstung auf die Verlusthöhen eines ganzen Vorflutgebiets zahlenmässig festzulegen
und das je mehr, um desto kürzere Zeitabschnitte es sich handelt.
Das gleiche gilt, nur noch im verstärkten Masse, von der Versickerung. Es sind
zwar vielfach, unter anderen von Wollnyw), Ebermayer00), G. v. Möllendorff81),
von E. Bisler6i) Versuche über Versickerungen mit kleinen Gruben und Kästen ange-
stellt und es sind zahlenmässige Feststellungen für verschiedene Bodenarten und Boden-
tiefen und für verschiedene Zustände ein und derselben Bodenart (ob mit Pflanzenwuchs
bedeckt oder kahl) gemacht, aber diese Resultate, so wertvoll sie für die Land- und
Forstwirtschaft sein mögen, beweisen noch nichts für den Anteil der Versickerung an
der Verlusthöhe, welche zwischen Niederschlagsmengen und Abflussmengen entsteht. Es
&7) Handb. der Ing.-Wissensch. III. Teü. Der Wasserbau. 4. Aufl. I. Bd. S. 50.
**) Vergl. Denkschrift von Prflssmann. 8. 54.
6») Wollny, Forschungen auf dem Gebiete der Agrikulturphysik. 1888. S. 61.
•■>) E. Eberinayer, Die physikalischen Einwirkungen des Waldes auf Luft nnd Boden. Berlin
1873. 8eite 215.
•i) G. von MOllendorff, Die Regenverhiltnisse Deutschland«. Görlitz 1862.
**) E. Risler, Archiven des Siences de la Bibliotbeqne Universelle. Jonrn. d'Agr. prat 1869.
Seite 865.
174
I. Theodor Koehx. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
leuchtet ein, dass die Versickerung um so grösser ist. je weniger dicht die einzelnen
Bodenteilcben sich berühren und je kahler eine Gel&ndefläche ist. Eine mit Gras oder
anderen Pflanzen dicht bestandene Fläche wird weniger Wasser versickern lassen, ab
ein blankes Sandfeld. Wenn eine Bodenfläche durch längere Dörre ausgetrocknet ist,
so wird die Versickerung bei Beginn von Niederschlägen gross sein und allmählich ab-
nehmen, je mehr sich der Boden mit Feuchtigkeit sättigt. Hieraus erklärt es ach,
dass, wenn Sturzregen nach längeren reichlichen Niederschlägen eintreten, die Abfluss-
menge ungefähr gleich der Niederschlagsmenge wird, d. h. die Verlusthöbe ganz ver-
schwindet. Es bedarf ferner keiner besonderen Begründung, dass die Versickerung bei
stärker geneigten Flächen, im ganzen genommen, kleiner ist, als bei schwach geneigten
oder wagerechten Flächen, weil auf den erst genannten ein grösserer Teil der Nieder-
schläge oberirdisch zum Abfluss gelangt.
Wenn die Oberfläche des Bodens im Winter mit Feuchtigkeit gesättigt und dann
gefroren ist, so wird bei Regenfällen und bei Wasserschnee erheblich weniger versickern,
als im Sommer.
Es ist vielfach versucht worden, die Vorflutgebiete nach dem Grade ihrer Durch-
lässigkeit zu zerlegen. So soll z. B. das Niederschlagsgebiet des Neckars6*) bei 13965 qkm
Gesamtgrösse 29°/o undurchlässige, 56% durchlässige und 15°/o sehr durchlässige Boden-
flächen enthalten.
Nach dem Programm des bydro-technischen Dienstes der Schweiz sollen die unter-
suchten Vorflutgebiete nach der Bedeckung der Oberfläche, nach der Durchlässig-
keit und nach der Neigung eingeteilt werden.
Das französische bydrometrische Bureau will jedes Vorflutgebiet einteilen:
1. in Höhenzonen,
2. nach Bodenarten
und zwar für die Höhenzonen wie folgt: unter 500 m, von 500 — 1000 m, von 1000 bis
1500 m, von 1500—2000 m, von 2000-2500 m, von 2500—3000 m, über 3000 m.
Einteilung nach Bodenarten:
Sehr diirehliaaice, aufnahme-
fähige Bodenarten
Mittel durchlässige aufnahme-
fähige Bodenarten
Undurchlässige Bodenarten
Bewaldeta Fliehen tiefer riaaiger
Kalkfelsen etc.
Dünnere Knltarbodenachicht, alte
Allnvionen, verschiedene Kulturen
etc.
Kompakter dichter Felsen, dichte
nnd undurchlässige TonacHcfaten
etc.
Im allgemeinen müssen die Vorflutgebiete mit starker Bewaldung und reichlicher
landwirtschaftlicher Kultur einen gleichmässigeren Abfluss zeigen, weil die Niederschläge
länger festgehalten werden. Die Entwaldung, die Umlegung von Wiesen und die Ver-
ödung von Äckern wirkt jedenfalls auf einen schnelleren Abfluss hin und die vielen
Hochwasserschäden, welche namentlich um die Mitte des vorigen Jahrhunderts an vielen
französischen Flüssen zu beklagen waren, beruhten zum grössten Teil auf die Entwaldung
der Gebirge.
Das versickerte Wasser geht den Flüssen schliesslich nicht verloren, sondern dient
zum beträchtlichen Teil dennoch zu ihrer Speisung, indem es auf dem Wege des Grund-
wassers in die Flüsse gelangt oder in Quellen wieder zutage tritt. Diese unterirdischen
Wege des Wassers lassen sich aber aus der Beschaffenheit der Oberfläche nicht ohne
••) Der Rhein nnd seine wichtigeten Nebenflüsse. 3. 188.
§ 4. Die technische^ Vorarbeiten. 175
^weiteres erkennen nnd wenn man an einer bestimmten Flnsstelle die Abflussmenge fest-
stellt, so kann man nicht genau bestimmen, welche Teile des Vorflutgebietes im Wege
des Grundwassers zur Speisung des oberen Flusslaufes beigetragen haben. Namentlich
im Gebirge kommt es sehr oft vor, dass unterirdische Rinnsale und selbst Sammelbecken
vorhanden sind, welche erst ziemlich weit unterhalb desjenigen Gebietes, aus welchem
sie bei Niederschlagen gespeist werden, sich in den Wasserlauf ergiessen. Bei Niedrig-
wasserständen nach längerer Trockenheit erfolgt die Speisung der Wasserläufe oft
lediglich aus dem Grundwasser und es hängt von der Durchlässigkeit des Bodens ab,
ob sich die sekl. Wassermengen längere Zeit auf einem Werte halten oder schnell ab-
nehmen. Bei fallendem Wasser ist die Speisung aus dem Grundwasser in der Regel
kräftiger, weil das Gefälle des Grundwasserstroms grösser ist. Wenn nach trockener
Zeit das Wasser im Flusse steigt, so kann umgekehrt eine Speisung des Grundwasser-
beckens aus dem Flusse stattfinden. Alle diese einzelnen Umstände muss man beim
Studium eines Wasserlaufs beobachten, ihren Einfluss auf die Verlusthöhe aber Zahlen-
massig im einzelnen oder im ganzen zuverlässig festzustellen, ist bis heute noch nicht
möglich.
c) Der Pflanzenwuchs.
Da die Pflanzen zu ihrer Ernährung und zu ihrem Aufbau .reichlich Wasser not-
wendig haben, so wird von den Niederschlägen durch die Pflanzen ein grösserer Prozent-
satz zurückgehalten. Zahlenmässig lässt sich der Anteil, welchen der Pflanzenwuchs
an der Verlusthöhe hat, gleichfalls kaum feststellen. Die Wasseraufnahme der Pflanzen
tragt aber sicherlich nicht unwesentlich dazu bei, dass die Verlusthöhe zwischen Nieder-
schlag und Abflugs namentlich in den Flüssen des Hügel- und Flachlandes in den
Sommermonaten grösser ist, als im Winter.
Nachdem wir die Ursachen der Verlusthöhen kennen gelernt haben, kommen
wir nun zu der Ergiebigkeit, durch welche die Verlusthöhen zahlenmässig festgestellt
werden. Die Ergiebigkeit wird ausgedrückt durch
3. Abflussmengen oder Abflusshöhen.
a) Jährliche Abflussmengen und jährliche Verlusthöhen.
Aus dem, was über die Ursachen der Verlusthöhen mitgeteilt ist, wird es jetzt
einleuchtend sein — von Hochfluten zunächst abgesehen — weshalb man zu Zahlen von
allgemeinerer Gültigkeit für die Verlusthöhen und Abflusshöhen nur bei Betrachtung
yon Zeitabschnitten von mindestens einem Jahre kommen kann.
Nach von Möllendorff64) sollen in Deutschland durchschnittlich 47,4% der
Jahresniederschläge frei abfliessen, wobei die Abflussverhältnisse an den einzelnen Flüssen
zwischen 28,1 und 71,6 °/o schwanken.
Es nimmt im allgemeinen die Verlusthöhe mit der Grösse des Vorflutgebietes
zu, da man dasselbe von der Quelle aus misst und die Verlusthöhen im Hochgebirge
kleiner sind, ab im Hügellande und im Hügellande kleiner als in der Ebene. Für die
norddeutsche Tiefebene darf man daher mit der Durchschnittszahl von 47,4 °/o keines-
falls rechnen.
Ebenso wächst auch die Gleichmässigkeit des Abflussvorganges mit der Grösse
des Vorflutgebietes d. h. die Unterschiede zwischen N.W. und H.W. werden kleiner.
«) 6. von Möllendorff, Die RegenverhSltnisae Deutschlands. 1862.
176
I. Theodor Koehn. Ausbau ton Wasserkräften. Aiagemeines.
Nach Gräve65) sollen die deutschen Ströme im Durchschnitt 31,4% der jähr-
lichen Regenmenge abführen und zwar:
der Rhein bei KobLnz 38,5%
die Weser bei Minden 37,0%
die Memel bei Tilsit 32,5%
die Elbe bei Torgau 30,0%
die Weichsel an der Montauer Spitze 29,0%
die Oder bei Steinau 27,0%
die Warthe an der Mündung 21,0%
Für die Elbe innerhalb Böhmens wurde im Jahre 1885 die jährliche Abflvss-
menge auf 29,2% der jährlichen Niederschlagsmenge festgestellt.
Prof. Holz macht in seinem Bericht über die Wasserverhältnisse der Provinz
Westpreussen, Mai 1902 Mitteilungen, welche in nachstehender Tabelle zusammengestellt
sind und zwar gelten diese Zahlen für ein mittleres Jahr von vier-, beziehungsweise
fünfjährigen Beobachtungen.
Tabelle XVIII.
Mittlere Regen-, Abflugs- and Verlusthöhen in den Fitisagebieten Westpreussens (vergL Tab. V 8. 156).
Bezeichnung des
Flussgebietes
1
Badaune
Ferse
8chwarzwAsser
Brabe
Köddow
Drewenz
Gesa
Liebe
Mittlere
RegenhOhe
in mm nach
Hellmann
2
Abflusshöhe
M. W.
in mm
3
entsprechende Verloethtthe
in •/• der mittl.
Regenhöhe
in mm
608
564
549
548
587
527
488
510
820
(262)
189
270
181
233
151
97
114
52,4
24,6
49,2
33,3
40,0
26,7
20,0
22,0
> 288
(346)
< 425
> 279
854
376
891
396
Man sieht aus dieser Tabelle, dass in absoluten Zahlen betrachtet, die Verlust-
höhen zwischen den einzelnen Vorflutgebieten weniger schwanken, als die Ab-
flusshöhen. Auch die Schwankungen der Verlusthöhen in den einzelnen Jahren ein und
desselben Vorflutgebietes haben sich kleiner ergeben, als die Schwankungen der Abfluss-
menge. Wenn daher ungewöhnlich niedrige Regenhöhen in einem Gebiete eintreten, so
kann unter Umständen die Verlusthöhe die Regenhöhe erreichen und der Fluss versiegen.
Die Schwankungen in den Jahreswerien der Verlusthöhe eines bestimmten Ge-
bietes sind im grossen und ganzen den Schwankungen der Niederschlagshöhen ähnlich
und die Unterschiede werden vornehmlich durch die Verschiedenheit der Temperatur
in den einzelnen Jahren verursacht.
Prof. Dr. Schreiber66) hat die Niederschlagshöhen, Abflusshöhen und Verlust-
höhen für die Elbe bei Schandau in den Jahren 1877 bis 1893 zusammengestellt und
es ergibt sich daraus folgendes Bild:
66) Gräve, Wasserreichtum der deutschen Ströme. Zivüiugenieur. Bd. XXV. Heft 8.
•6) Schreiber, Beiträge zur meteorologischen Hydrologie der Elbe. Zivil.-Ing. 1896. S. W4.
§ 4-
Die technjschen Vorabbetten.
177
1 . Gröbste jährliche Niederschlags-
höhe (1890)
850 mm
2. Grtaste jährliche Verlusthöhe
(1882) 617 mm n. 598 mm im
J&fare 1890, also 70 °/o von 1.
3. Grftaste jährliche Abflosshöhe
(1890) 257 mm
oder 30,37* von 1.
Kleinste jährliche Niederschlags*
höhe (1887)
541 mm
Kleinste jährliche Verlusthöhe
(1887) 898 mm
also 73°/o von 1.
Kleinste jährliche Abflusshöhe
(1887) 148 mm
oder 26,4*/o von 1.
Kleinste Niederschlagshöhe in
°/o der grössten
63,6%
Kleinste Verlusthöhe in °/° der
grössten
67,1>
Kleinste Abflusshöhe in °/o der
grössten
55,8 °/o
1895 65,8°/o
1896 62,5°/o
Es wurde bereits gesagt, dass die Abflusshöhen im Hügel- und Gebirgs-
lande im allgemeinen weit grösser sind, als im Tieflande.
An der Mulde bei Duben beträgt die Abflusshöhe bereits 42% der Nieder-
schlagshöhe.
Im Eschbachtal bei Remscheid betrugen die Abflusshöhen
im Jahre 1888 67,8% im Jahre 1891 67,5% im Jahre 1894 70,5°/o
„ „ 1889 66,5o/o „ „ 1892 71,2% „ „
„ „ 1890 69,4°/o „ „ 1893 65,3% n „
im 9 jährigen Durchschnitt 67,4°/o").
Für das Niederschlagsgebiet des Füren s werden 64,1 °/o, für das Becken des
Bodensees 60,0 — 70,0% angegeben.
Nach Fecht betragen die Abflussmengen am Abhänge der Yogesen 60 bis 80%,
nach P. Ziegler das Abflussverhältnis für das Wuppergebiet 70%.
Bei den Vorarbeiten für die Urft-Talsperre bei Gemünd hat Intze im Jahre 1897
ein Abflussverhältnis von 61,2% beobachtet68).
An der Rhone bei St. Maurice (vergL Kap. II, 16) beträgt bei einer mittleren
Regenhöhe von 1050 mm das Abflussverhältnis 91%. Die Oberfläche des Niederschlags-
gebietes der Rhone bei St. Maurice beträgt 4692 qkm und % dieser Oberfläche unge-
fähr ist von Gletschern eingenommen, ein Verhältnis, welches in solcher Erheblichkeit
nicht oft vorkommt. Hier steuert der Gletscher in erheblichem Masse zu der jährlichen
mittleren Abflussmenge bei. Ausserdem tritt im Rhonetal auch der oben, Seite 171, be-
sprochene kleine Kreislauf auf, indem grosse Feuchtigkeitsmengen während des Tages
verdunsten, in Wolkenform nach dem Rhonegletscher ziehen und dort niedergeschlagen
werden.
An der Durance bei Bompas in der Nähe von Avignon beträgt bei einem Vor-
flutgebiet von 14800 qkm nnd einer durchschnittlichen jährlichen Regenhöbe von 700 mm
die durchschnittliche Abflussmenge 70%.
b) Abflussmengen und Verlusthöhen bei Hochfluten.
Bei Hochfluten, welche bekanntlich einzutreten pflegen, wenn nach
einer längeren Periode stärkerer Niederschläge Sturzregen fallen, kann
unter Umständen die Verlusthöhe ganz verschwinden, weil die Verdunstung
bei der Kürze der Zeit, in welcher die Niederschläge fallen und wegen der
Schwängerung der Luft mit Feuchtigkeit, nicht von Bedeutung ist, und weil
eine Versickerung wegen der Sättigung des Bodens durch die voraufge-
gangenen Niederschläge nicht mehr stattfindet.
*?) Karl Borchardt, Die Remscheider Stauweiher- Anlage. S. 11 u. 12.
«•) Zeitacbr. d. Ver. deutscher Ing. 1868. S. 1224.
Handbuch der Ing.-WisMnach. m. Teil. 18. Bd.
12
178 L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräfte*. Allgemeines.
Bei der Hochflut am Queis sind nach den Schätzungen Bachmanns*9) von den
vom 27. Juli nachmittags, bis zum 31. Juli 7 Uhr morgens gefallenen Regenmengen tob
51038085 cbm (vergl. S. 163) bei einem Vorflntgebiet von 306 qkm bis zum 31. JuJi
abends rund 49192000 oder 96,39 °/o zum Abfluss gekommen.
Bei den winterlichen Regenfluten im Januar 1841, welche an der Wupper und
Emscher bei gefrorenem Boden fielen, sind Abflusshöhen von 70—90% nachgi
worden.
Nach der Denkschrift der preussischen Landesanstalt für Gewässerkunde
das Hochwasser an der Oder und Weichsel im Juli 1903 sind an dem Goldbach bei
Arnoldsdorf mit einem Vorflutgebiet von 51,1 qkm in 24 Stunden Abflussmengen be-
obachtet, welche einer Regenhöhe von 250 mm entsprechen, wenn diese ohne
Rest zum Abfluss gekommen wäre. Es hatte sich hier also für eine 24 stündige
Beobachtungszeit eine Abflusshöhe ergeben, welche wahrscheinlich höher war, als die
grösste beobachtete Regenhöhe in 24 Stunden (vergl. Tab XI, S. 163).
In dein Vorflutgebiet der gesamten oberen Oder von 22640 qkm hat der Abfluss
dagegen nur 51 % der bei der Hochflut beobachteten Regenhöhe betragen.
c) Monatliche Abflussmengen und Verlusthöhen.
Die Erfahrung lehrt, dass im allgemeinen für das Hügel- und Flach-
land die Verlusthöhen im Sommer grösser sind, als im Winter, was ohne
weiteres aus den obigen Betrachtungen über die Ursachen der Verlusthöhen einleuchtet.
Wir sehen auch, wie schon mehrfach hervorgehoben wurde, dass im Durchschnitt die
deutschen Flüsse im Winter mehr Wasser abführen, als im Sommer.
Nach den Ermittelungen des Wasserausschusses ist das Abflussverhältnis
der Memel bei Tilsit im Sommer 20,6, im Winter 56,2 °/0
der Weser an der Allermündung „ „ 21,1, „ „ 52,5%
der Ems bei der Hasemündung „ „ 16,3, „ „ 65,5 °/0
der Weichsel an der Montauer-Spitze „ ., 16,1, „ „ 42,8 °/0
der Brahe „ „ 22,2, „ „ 50,7%
Im Gebirgslande ist meist das Umgekehrte der Fall, weil hier die
Niederschläge im Winter wegen der höheren Lage grösstenteils in Form
von Schnee fallen und deshalb erst bei Beginn der wärmeren Jahreszeit
zum Abfluss kommen.
Wenn man die monatlichen Abflussverhältnisse mit den monatlichen Regenhöhen
in direkte Beziehung bringt, müssen sich naturgemäss sehr grosse Schwankungen ergeben.
Man kann nicht beurteilen, bis wann die Regenhöhe eines Monats zum Ab-
fluss gelangt. Alle bisherigen Versuche wenigstens, in dieser Beziehung, eine Gesetz-
mässigkeit festzustellen, haben noch kein einwandfreies Material ergeben. Rein zahlen-
massig ergibt sich natürlich eine monatliche Verlusthöhe, wenn man die monatliche Ab-
flussmenge auf die Fläche des Niederschlagsgebietes gleichmässig verteilt denkt und ihre
Höhe in mm mit der Niederschlagsmenge in mm vergleicht.
Für die Oder sind von Sasse70) und für die Elbe bei Schandau von Schreiber
derartige Zahlen zusammengestellt, welche in nachfolgender Tabelle wiedergegeben werden.
••) Bachmann, Die Talaperrenanlage bei Markliesa am Qoeis. Dezember. 1908.
70) Sasse, Ober die Wasserabnahme in den Strömen and Bienen Deutschlands. Halls 1880.—
Schreiber, Beiträge sor meteorologischen Hydrologie der Elbe. 1897.
§ 4.
Die technischen Vorabbeiten.
179
Tabelle XIX").
Die monatlichen AbftaMwh<nuM der Oder bei Oppeln and der Elbe bei Schanden.
Oder bei Oppeln
Elbe bei Schänden
Abfluss-
verhältnis
Abfluss-
Monat
Niederschlag
Abflusshohe
Niederschlag
Abflusshöhe
Verhältnis
1850 65
1850/65
1876/94
1874/95
mm
mm
•/.
mm
mm
°/o
November ....
82
15
45
41,4
12.6
31
Dezember . ,
29
28
77
44,9
15,3
34
Januar . . .
82
28
86
88,8
15,0
45
Februar .
88
88
100
88f5
18,4
55
Mar« . ,
85
43
121
48,5
80,5
68
April . .
38
44
116
48,6
24,0
55
Mai . .
60
23
89
65,2
18,8
28
Juni
82
19
28
86,2
14,0
16
Juli . ,
92
22
28
»1.1
IV
18
August
115
24
21
77,5
11,6
15
September . .
59
16
26
64,3
12,0
19
Oktober .
m ganzen
> • *
41
12
29
53,6
,
12,9
24
Jak
r
•
•
648
802
47
683,1
196,1
29
Die Abflussverhältnisse schwanken demnach in den einzelnen Monatsmittelwerten
an der Oder zwischen 21 und 121 °/o und an der Elbe zwischen 13 und63°/o, d. h. um
das fünf- bis sechsfache des kleinsten Wertes.
In dem Eschbach bei Remscheid sank im August 1893 die Abflusshöhe auf 5,1 °/o
der monatlichen Regenhöhe71).
Bei den von Schmidt im Auftrage Intzes bei Dahlhausen an der Wupper
(Vorflutgebiet 213,4 qkm) gemachten Wassermessungen wurden die in Lennep beobach-
teten Regenhöhen als mittlere Werte für das ganze Vorflutgebiet angesehen und daraus
folgende monatliche Prozentsätze des Abflusses im fünfjährigen Mittel herechnet 7B).
Januar 84°/0 Februar 78°/0 März 60°/0 April 62°/0
Mai 40% Juni 45% Juli 48% August 46%
September 61 % Oktober 74% November 86% Dezember 86%
Noch viel schwankender, als die zahlenmässigen Beziehungen zwischen monat-
lichen Niederschlagshöhen und Abflusshöhen müssen naturgemäss — abgesehen von
ausserordentlichen Niederschlägen und Hochfluten — die gleichen rechnerischen Fest-
stellungen für einzelne Tage ausfallen. Es ist deshalb zweckmässig, von diesen Fest-
stellungen ganz abzusehen.
Wenn die Vorarbeiten ihr Endziel (vergl. S. 136 — 141) voll erreichen sollen, so
mu8s man die Kenntnis der sekl. Wassermengen in einer Flusstrecke an allen
einzelnen Tagen für eine längere Reihe von Jahren erlangen. Bei kleineren Ver-
lostgebieten ist auch noch der stündliche Verlauf von Flutwellen festzustellen. Dieses Ziel
tast sich auf indirektem Wege durch Ermittlung der Regen- und Verlusthöhen und mit
Hülfe von Vergleichszahlen aus anderen, genauer untersuchten Vorflutgebieten nicht er-
7i) R. Jasmund, Handbuch der Ing.-Wissenscb. III. Teil. Wasserbau. 4. Aufl. I. Bd. S. 279.
?*) Karl Borchardt, Die Remscheider Stau-Weiher-Anlage. S. 12.
73) P. Ziegler, Der Talsperrenbau. Berlin 1900. S. 21.
12*
180
L Theodor Kobhk. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
reichen. Indessen genügt auch oft, wenigstens für den technischen Entwurf einer Wasser-
kraftanlage, die Kenntnis der charakteristischen sekl. Wassermengen. Ferner ist
es sehr wertvoll, wenn die Zeit fehlt, eingehende Vorarbeiten während einer längeren Reihe
Ton Jahren durchzuführen, die direkt ermittelten täglichen sekl. Wassermengen durch
die auf Grund von Vergleichen gewonnenen Zahlen für die charakteristischen sekl.
Wassermengen kontrollieren zu können. Solche Zahlenwerte für die charakteristischen sekl.
Wassermengen eines Flusses lassen sich am besten dadurch auffinden, dass man
d) die sekl. Abflussmengen pro qkm Vorflutgebiet
feststellt. In diesen Zahlenwerten werden die Einflüsse von Grösse und Art des Vor-
flutgebietes, der Niederschläge und der klimatischen Verhältnisse in einfacher und über-
sichtlicher Weise zum Ausdruck gebracht.
Wenn nach Verlauf eines Jahrzehntes umfangreicheres Material durch die z. Z. teil-
weise erst in der Entwickelung begriffenen hydrologischen und hydrometrischen Dienste
der einzelnen Länder veröffentlicht sein wird, und wenn es gelingen würde, die
Beobachtungssysteme und die Begriffe für die einzelnen charakteristischen
sekl. Wassermengen, sowie die Art der Veröffentlichung, möglichst inter-
national einheitlich zu gestalten, so müsste es gelingen, aus Karten eines Vorflutge-
bieles, welche etwa nach dem Muster der schweizerischen auszuführen wären und aus den
Regenkarten für irgend eine Flusstelle auch ohne direkte Wassermessungen, also auf in-
direktem Wege, zuverlässige Werte für die charakteristischen sekl. Wassermengen herzu-
leiten. Es sind nach letztgedachter Richtung hin schon vielfach Versuche gemacht worden.
So hat Lauterburg74) versucht, eine Methode festzustellen, um die kleinste, mittlere
und grösste sekl. Abflussmenge eines Wasserlaufes an jeder beliebigen Stelle desselben
aus der Grösse, der Beschaffenheit und der Niederschlagsmenge des betreffenden Fluss-
gebietes zu bestimmen. Michaelis79) versuchte für die kleineren Flüsse Norddeutsch-
Tabelle XX.
Ergiebigkeit bei N.W. and H.W. nach Fr ans ins.
Deutsche Flosse fahren in der
Sekunde and für das qkm Zufluss-
gebiet
Bei kleinstem
Wasser
1
Beigrosstem
Wasser
1
Verhältnis
beider
Bemerkungen
Nabe bei den Quellen, in gebirgiger
Gegend (ohne Gletscher) . . .
In bergiger oder Steuer, hügeliger
Gegend
In nicht steiler hügeliger Gegend
In flacher Gegend
In flacher, sandiger oder mooriger
Gegend
2—4
2
1,8
1,6
350-600
180-280
120-180
60-120
1:150
1:90
1:75
1:50
1,2-1,5
85-60
1:35
grosser Niederschlag,
rascher o. voller Abflust.
massiger Niederschlag,
rascher Abfluss.
massiger Niederschlag,
langsamer unvollkom-
mener Abfluss.
kleiner Niederschlag, lang-
samer unvollkommene;
Abfluss
kleiner Niederschlag,
grossenteüs
n) Lauterburg, Versuche sur Aufstellung einer allgemeinen Obersicht der aus Grosse und
Beschaffenheit der Flussgebiete abgeleiteten schweizerischen Stromabflussmengeo. Bern 1876 und An-
leitung sur Berechnung der Quellen und Stromabflussmengen. All gem. Bauz. 1887. S. 9, 17 und 27.
7&) Zeitschr. für Bauw. 1865.
§ 4.
Die technischen Vorarbeiten.
181
lands, wie für die Lippe, die Ems und die Emscher, allgemeinere Regeln zur Feststellung
der sekl. Wassermenge pro qkm herzuleiten. Auch Franzi us76) hat versucht, allgemein
gültige Regeln für die Berechnung der kleinsten und grössten sekl. Abflussmengen auf-
zustellen, welche in nebenstehender Tabelle wiedergegeben sind;
Bei der Sammlung von Zahlenmaterial stösst man zunächst dadurch
auf Schwierigkeiten, dass meistens die Angaben sich auf N.W., M.W. und
H.W. beziehen, während für unsere Zwecke die Kenntnis eines ganz be-
stimmten, N.W. nämlich des 355tägigen und — ausser dem M.W., welches für
Stauweiher und Talsperren, sowie für Seeregulierungen gebraucht wird, für
Was8erkraftanlagen an fliessenden Gewässern aber entbehrt werden könnte,
— die Kenntnis der neunmonatlichen und sechsmonatlichen sekl. Wasser-
menge notwendig wäre.
R. Jasmund hat, insbesondere nach den Veröffentlichungen des Wasserausschusses,
für einzelne Stromgebiete im Handbuch der Ingenieurwissenschaften, III. Teil, 4. Aufl.
I. Bd. S. 285 einige Werte für N.W., M.W. und H.W. zusammengestellt. Aus dieser
Zusammenstellung sind in nachstehender Tabelle einige Werte für Flusstrecken wieder-
gegeben, welche für den Ausbau von Wasserkraftanlagen in Frage kommen können.
Tabelle XXI.
Sekunden-Abfluesmengen in 1 pro qkm Vorflntgebiet.
Ort and Fluee
Oder bei Ratibor
Oder bei Cosel
Elbe bei Melnik
Elbe bei Teteehen
Saale bei Rothenburg
Mulde bei Dflben
Fulda an der Mündung ......
Weser bei Karlehafen
Weser bei Hoya
Ems bei Meppen
Neckar bei Heidelberg
Rhein bei Basel
Rhone bei Genf
Rhone oberhalb Lyon
Rhone an der Mflndung der Saftne
Rhone an der Mflndung der leere . .
Rhone an der Mflndung der Durance .
Donau bei Wien
Inn bei Passen
Vorflutgebiet
in qkm
6 698
9103
41810
51000
18841
5984
7000
18100
22300
8205
13965
36400
6901
19267
47 815
63 564
91150
101600
26000
Abfluaa in 1/eek. pro qkm
1,6
0,9
0,9
1,2
1,7
0,7
2,1
0,9
2,8
10,1
'6,8
3,1
3,9
4,1
6,6
6,1
5,6
5,8
8,4
6,3
7,8
8,7
13,6
18.8
18,6
232
154
103
92
90
184
280
172
184
92
340
165
83
291
146
151
152
103
190
Für die Flüsse Westprenssens ergeben sich, nach dem schon mehrfach erwähnten
Bericht von Holz: „Über die Wasserverhältnisse der Provinz Westpreussen" Zahlen, die
in der nachstehenden Tabelle zusammengestellt sind (vergl. S. 156 Tab. V n. S. 176
Tab. XVIII):
7«) Handbuch der Banknnde. Teil VI. 2. Heft. S. 159.
182
I. Theodor Kobhk. Ausbau von WasserkrIften. AxLOEMEiKEa.
Tabelle XXII.
Ober die eekL. AbAoeamengen der Hauptflllsee
Nr.
Flnssgebiet
Geländeverhältnisse
Fluaetrecke L
▼on A bia B
Aber
N.N.
B
ttber
N.N.
Länge
der
8treeke
L
km
Wertvollee
Rohgeftlle
der Strecke
L
NiederschlAgs-
gebiet an den
Endpunkten der
8trecke L
bei A
;i
bei B
F,inqk»
2
3
6
8
9
löZl
Westlich
1.
2.
3.
4.
5.
Radaane
Ferse
Seh
Brake
Küddow
Semlin
152
Fietsemfln-
104
dung
(185)
Weitseeaas-
188
lauf
Müblhofer
119
8eblenae
8 km unter-
halb dea
Vilmaeea
130
Praiiet bezw.
Daaiig
0
—
152
280
Weichsel
9
^^^
95
841
Weichsel
22
—
106
509
Bromberg
82
—
87
1889
oberhalb
Sehneide-
mflhl
56
86
«
| MO
758 bei
1682
2202
4526
■
4490
östlich
6.
7.
&
Drewenz
Oesa
Liebe
Wellemao-
duog
84
Traapelaee-
analanf
88
Scbloaaee
81
Weichsel
Elodtken
bezw.
Grandenz
Bialken
87
HO
41
2713
5515
20
—
68
295
1440 bei
Klodtken
16
81
65
291
501
Es ist möglich, dass die Angaben in Spalte 16 Tabelle XXII über das Niedrig-
wasser durch das ungewöhnlich trockene Jahr 1904 noch eine Korrektur nach unten ge-
funden haben, entsprechend den Erfahrungen an anderen Flussläufen. Sehr deutlich
ist der regulierende Einfluss, welchen die Seen gehabt haben, in der verhältnismässig
kleinen Differenz zwischen Niedrigwasser und Hochwasser zu erkennen. Wollte man
versuchen, die neunmonatliche sekl. Wassermenge zu schätzen, so dürfte dieselbe nicht
wesentlich höher als die grössten Zahlen in der Spalte 16 anzunehmen sein.
Für das kleine Vorflutgebiet des Eschbachtales bei Remscheid von 4,5 qkm Grösse
mit 2,3 qkm Niederwald gibt Intze77) das kleinste anhaltende Sommerwasser zu
0,44 l/sek./qkm an, während die grösste Hochwassermenge auf mehr als 1000 1/sek. pro
qkm anzunehmen ist, so dass sich hier kleinstes Wasser zum grösstem Wasser etwa
schon wie 1 : 2300 verhält. Nach Intze* soll die kleinste Abflussmenge in den Neben-
flüssen des Rheins häufig auf 1 — 2 l/sek./qkm heruntersinken.
?7) Intze, Die bessere Aasnutzung der Gewässer und Wasserkräfte. Berlin 1889.
i-
DlE TECHNISCHEN VOBAKBEITEN.
183
Tabelle XXII.
Weeftprenssens in den Jahren von 1896 bis 1900.
Abflug 8 Verhältnisse
Grossere Seen
Abflasswerte im Unterlauf der Strecke L
Durch Regulierung der Seen
möglicher Ausgleich, d. h.
erreichbares Kleinstwasser
an Stelle von N.W. nach 16
SeeJUche
bei A
Seeflache
bei B
Verhältnis
Höchste
Hochwasser-
menge
Mittel-
wasser
Niedrig-
wasser
qkm
s,
H.W. etwa
L'sek/qkm
M.W. etwa
lsekjqkm
N.W. etwa
Lsek^qkm
bei A
LsekJqkm
bei B
I/Mkjqkm
_
«
12
13
14
15
16
17
18
Weichsel.
21,65
15,a
27,6
75,8
32,3
der Weichsel.
28
20
47
100
112
8,7
1.2
2,1
2,2
2,5
114,0
19,0
21,0
26,2
< 10,0 (8,2)
5,7 (5,1)
52,0
7,4
2-8
2—3
2,9-8,6
2-2,7
3-4
9,6
5,9
9,5
7,0
6,0
5,4
8,74
6,0
4,8
4,0
19,3
150 in
Preussen
82
2,2
20
4,0
20,0
26,0
?
4,8
2,5—3,1
8,6
2,7
0,4-0,8
1,0
3,8
1.8
8,2
8,0
1,5
8,2
Für die Urft und die Wupper macht Intze folgende Angaben78).
Tabelle XXffl.
Abfiussmengen an der Urft, Olef und Wupper.
Wasser-
lauf
WNM ÖjOS
sefclaage-
Htfi«
Mittler»
Rsgenhshe
Im Jahre
Kleinste Ab-
fiassmenge
in
Mittlere Ab-
flusemengen
in
Grösete Hoebwssser-
mengen in
Bemerkungen
ekst
mm
1/sek. jnro qkm
1/sek. pro qkm
1/sek. pro qkm
Olef 1897
200
863
2,5
17
200 gemessen
Urft mit
Olef 1897
375
789
2,7
15
160 gemessen, 270 nach älteren
Hochwassermarken geschätzt
and 500 1 zur Vorsicht ange-
nommen.
Wupper
1890/98
bis zu 300
1000 bis
1100
1,5-2,0
22-25
1000 gemessen
seit Menschengedenken
grosstes Hochwasser im
Not ember 1890, in meh-
reren Tilern gemessen.
78) Zeitschr. des Ver. deutscher Ing. 1898. S. 1224.
184
I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Die in obiger Tabelle für dieUrft angegebene kleinste Abilassmenge von 2,7 L/sek./qkm
ist in dem trockenen Jahre von 1904 während mehrerer Monate sehr erheblich unter-
schritten worden (1,3—1,5 1/sek.).
Bei den Vorarbeiten für die Talsperre bei Lennep sind die in nachfolgender
Tabelle aufgestellten Zahlenwerte ermittelt:
Tab«
eile XXIV ™)
Jahreszahl
< Niederechlags-
höhe im Jahre
Anzahl der Tage mit einen
i sekundlichen Abfloaa von
Ober i zn-
6 com i sanuneB
*
in Lennep
unter 1
1-2
2-3
3-4
4-5
5—6
1882 !
1602,0
0
16
28
99
81
25
i
116 ! 365 Tage
1883 i
1310.0
50
60
35
35
25
22
138 | . .
1884
1273,0
92
52
47
26
22
28
98 ! ,
1885
1090,0
82
58
70
22
50
23
60 ! ,
1886
1228,0
53
106
35
34
80
32
75 ! ,
1887
924,0
70
110
44
27
45
19
50
1888
1323,0
26
52
48
24
25
49
142
1889
1134,0
49
38
48
54
48
25
103
1890
1293,0
25
56
54
50
40
40
1 100
1891
1229,0
37
63
28
48
63
58
68
1892
1021,0
80
78
57
32
80
24
' 61
1893
1110,0
186
53
26
10
10
17
113
1894
1361,5
40
75
35
26
21
29
139
1895
1325,0
41
62
56
40
32
21
110 l ,
1896
965,0
63
45 i 45
82
45
42
94 1 ,
im 15 jähr. Mittel
1216,7
| 56
63
, 44
i
1 87
37
; 30
98
1
i 365 Tag»
i
Das Vortiutgebiet der Wapper bei Dahlhausen, wo die Wassermessungen vorge-
nommen wurden, beträgt 213,4 qkm. Aus der Tabelle sieht man zunächst, dass die
kleinste jährliche Regenhöhe rund 76°/0 der mittleren und 56°/0 der grössten betragen
hat. Man sieht ferner, dass die sekl. Wassermenge auf unter 1 cbm, also auf weniger
als 4,68 1/qkm gefallen ist im trockensten Jahre an 136 Tagen, im nassesten Jahre an
0 Tagen, im Durchschnitt an 56 Tagen. Während des trockensten Jahres (1893)
wird die 355tägige sekl. Wassermenge vermutlich, entsprechend anderen Erfahrungen,
nicht mehr als 1 bis höchstens 2 1/qkm betragen haben und auch das neunmonatliche
Wasser hat noch unter 4,68 1/sek. /qkm, vielleicht auf 3—4 1/qkm gelegen. Im Durch-
schnittsjahr kann das 355 tägige Wasser gleichfalls den niedrigsten Stand vom trockensten
Jahre erreicht haben, aber das neunmonatliche Wasser lag schon zwischen 1 — 2 cbm/sek.,
also, wenn wir es auf 1,5 cbm/sek. schätzen, auf 7,3 l/sek./qkm. Im nassesten Jahr
(1882) hat das neunmonatliche Wasser zwischen 3—4 cbm/sek. gelegen, also etwa anf
16,4 l/sek./qkm. Die sechsmonatliche sekl. Wassermenge hat im trockensten Jahre etwa
2 cbm/sek.« im durchschnittlichen Jahre etwa 3,75 cbm/sek., im nassesten Jahre (1882)
etwa 4,5 cbm/sek. betragen. Die durchschnittliche sekl. Wassermenge d. h. M.W., be-
trug 5,81 cbm/sek. und es bestätigt sich auch hier, dass die sekl. Wassermenge
des sogenannten M.W. in drei Viertel des Jahres nicht erreicht, in
einem Viertel des Jahres aber erheblich überschritten wurde. Die höchste
sekl. Wassermenge wurde auf 186 cbm gemessen und wenn man 1,5 1 als kleinste sekl.
19) p. Ziegler, Der Talsperrenbau. S. 21.
§ 4.
Die technischen Vorarbeiten.
185
Waasermenge pro qkm annimmt, oder 0,320 cbm/sek., so würde das höchste Hochwasser
das 584 fache des niedrigsten Wassers betragen haben. Aus dem Bilde der sekl. Wasser-
meuge, welches die obige Tabelle bietet, erkennt man ohne weiteres, wie hier durch
die Aufspeicherung des Wassers die Ausnutzbarkeit der Wasserkraft verbessert werden
konnte. Hätte man die Kraft ohne Talsperren am fliessenden Wasser ausnützen wollen,
so würde es kaum anders möglich gewesen sein, als dadurch, dass man die 355tägige
Kraft des trockensten Jahres durch eine Reserve in Wärmekraftmaschinen mindestens
auf die neunmonatliche Kraft des Durchschnittsjahres ergänzt hätte.
Abb. 10. Kurven der sekl. Waaaermeogen der Rhone bei 8t Maurice.
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Für die Wasserläufe der Alpenländer, deren Wasserzufuhr stark durch
die Schnee- und Gletscherschmelze beeinflusst wird, ist der Verlauf der
Kurve der monatlichen mittleren Wassermengen meistens der in Abb. 10*°)
dargestellte. Das Profil stellt das Resultat der Beobachtungen an der oberen Rhone
in der Nähe von St. Maurice dar, welche während der Jahre 1890 — 1899 zum Zwecke
der Errichtung der Wasserkraftanlage St. Maurice -Lausanne gemacht wurden (vergl.
Kap. II, 16). Man sieht, dass sich die Kurven der Wassermengen des trockensten und
des nassesten, sowie des durchschnittlichen Jahres ähnlich sind, und dass die niedrigen
Wasserstände regelmässig in d«n Monaten November bis März, die höheren Wasserstände
regelmässig in den anderen Monaten, April bis Oktober, eintreten. Diese Regelmässigkeit
erhöht natürlich sehr erheblich den Wert der Kraft, denn wenn sich der Konsument mit
•0) R*d6 Tavernier, Inflnence des neige« et des glaciera aar le regime des cours d'eaa. Congrea
dt la Honüle Blanche, Compte rendu des travaox da Congrea etc. Grenoble. Premier Volume. 8. 186
186 I. Theodor Korar. Ausbau von Wasserkräften. Alloemedteb.
einiger Sicherheit auf die Zeiten der grösseren Wassermeoge einrichten kann, so ist er
eher in der Lage, sie nutzbringend zu verwenden. Das Niederschlagsgebiet der Rhone bei
St. Maurice beträgt, wie schon einmal erwähnt, 4692 qkm. Die niedrigste sekl. Wasser-
menge, welche an nicht mehr als 10 Tagen unterschritten wurde , betrug 18,7 cbm/sek.
oder 4 1/sek. pro qkm. Die neunmonatliche kleinste sekl. Wassermenge des Jahres
1894, welche mindestens 275 Tage vorhanden war, betrug ca. 30 cbm/sek. oder rund
6,4 l/sek./qkm. Die kleinste sechsmonatliche sekl. Wassermenge während der Be-
obachtungsjahre betrug (1894) rund 44 cbm/sek. oder 9,4 l/sek./qkm, das sogenannte M. W.
fuhrt 133 cbm/sek oder 30,4 l/sek./qkm. Im Durchschnitt der beobachteten Jahre be-
trug dagegen die sechsmonatliche sekl. Wassermenge 73 cbm/sek. oder 15,5 1/sek. /qkm,
die neunmonatliche sekl. Wassermenge 40 cbm/sek. oder 9 l/sek./qkm. Diese letzt-
genannte Einheit ist für die Wasserkraftanlage zugrunde gelegt, was um so mehr gerecht-
fertigt erscheint, als das sechsmonatliche sekl. Wasser des trockensten Jahres nicht sehr
erheblich von dem neunmon&tlichen des durchschnittlichen abweicht und die höheren
Wasserstände stets in einer Reihe ununterbrochen aufeinander folgender Monate vor-
handen sind, also — auch ohne Dampf reserve — recht gut für besondere gewerbliche
Zwecke ausgenützt werden können.
Ähnliche Bilder geben die Kurven an der Dora Baltea im Aostatale, Italien
für die Wasserkraftanlage Pont St. Martin (vergl. Kap. II, 7). In Pont St. Martin
beträgt die Oberfläche des Vorflütbeckens der Dora rund 3000 qkm. Nach fünfjährigen
Beobachtungen hat das kleinste Winterwasser, welches an nicht mehr als 10 Tagen
im Jahre unterschritten wurde, 18 cbm/sek oder 6 l/sek./qkm betragen, die kleinste
neunmonatliche sekl. Wassermenge 37,5 cbm/sek. oder 12,5 l/sek./qkm, das neun-
monatliche durchschnittliche sekl. Wasser 42 cbm/sek. oder rund 14 l/sek./qkm, die
kleinste sechsmonatliche sekl. Wassermenge 54 cbm/sek. oder 18 l/sek./qkm. Dife
sechsmonatliche durchschnittliche sekl. Wassermenge 60 cbm/sek., oder rund
20 l/sek./qkm. Dato höchste sekl. Hochwasser betrug etwa das 60 fache des niedrigsten
Wassers. Der Ausbau der Wasserkraft erfolgte zunächst für 30 cbm/sek. jedoch so,
dass ohne grössere Veränderung am Wehre und Werkkanal die Betriebswassermenge
leicht auf 40 cbm/sek. zu bringen war.
In Morbegno in der Valtellina (vergl. Kap. II, 8) betrug bei einem Niederschlags-
gebiet der Adda von 2550 qkm die niedrigste ' Wassermenge, welche an nicht mehr als
10 Tagen unterschritten wurde, ca. 16 cbm/sek., also ebenfalls 6 1/sek. /qkm. Die übrigen
Zahlen sind ähnlich wie bei Pont St. Martin.
In den Kurven der Abb. 10 sind die Endpunkte der auf den Tageslotrechten abge-
tragenen täglichen sekl. Wassermengen miteinander verbunden, so dass anstatt der treppen-
förmigen Linien in Abb. 6 S. 140 hier die kontinuierlichen Wassermengenlinien erscheinen.
Dass die sekl. Wassermengen pro qkm in Pont St. Martin und Morbegno grösser sind,
als an der Rhone, erklärt sich zwanglos aus der grösseren Niederschlagsmenge an dem
Südabhang der italienischen Alpen.
Ein anderes Bild geben die Flüsse, deren Quellgebiet zwar auch in
den hohen Alpen liegt, welche aber nicht von grossen Gletschermassen ge-
speist werden und deren Vorflutgebiet grösstenteils Gebirgsgruppen von
geringer Höhe und weite, flache Täler bilden, wie z. B. die Durance (Frank-
reich). Die nachstehende Abb. II81) gibt ein Bild der sekl. Wassermengen in der Zeit
ii) Ren* Tarernier, Inflaenee des neiges et des glacie» sur le regime des coors d'eao.
Compte rendu des travaux du Congres de la Houille Blanche. VoL I. Grenoble 1902. p. 187.
Die technischen Vorabbeiten.
187
1882 bis 1888 an der Durance bei Bompas in der Nähe von Avignon. Die
Z&hlen unter den Abb. 10 u. 11 bezeichnen die Monatsmittel. Das Vorflutgebiet der Durance
beträgt daselbst 14800 qkm, die durchschnittliche Regenhöhe 700 mm, die durchschnitt-
liche sekl. Abflussmenge, d. h. also M.W., 266 cbm/sek. oder 18 l/sek./qkm, so dass,
bereits erwähnt, ca. 70% der Niederschlagsmengen zum Abflüsse gelangen. Auch
spielen die Schnee- und Eismassen der oberen Quellgebiete noch eine erhebliche Rolle
die durchschnittlichen Abflussmengen; ebenso der kleine Kreislauf der Verdunstung
den Tälern und der abendlichen und nächtlichen Kondensation in den höheren Lagen.
Abb. 11. Kurven der sekl. Wassermengen der Durance bei Bompas.
Aus der Abb. 11 ersieht man, dass auch hier noch mit ziemlicher Regelmässigkeit
höhere Wasserstände in den Monaten April bis Juni infolge der Schneeschmelze eintreten.
Diese Wirkung hält aber während des Augusts nicht mehr an und so treten neben den
Winter-Niedrigwasser auch Sommer-Niedrigwasser ein, welchen in der Regel Hochwasser-
perioden folgen, weil während Ende September bis November grössere Niederschläge
stattzufinden pflegen. Sind aber der Sommer und Herbst trocken, so tritt statt des
Herbsthochwassers ein Herbstniedrigwasser ein, welches dasjenige des Winters und
Sommers noch unterschreiten kann.
Für die Durance bei Bompas war das niedrigste Wasser, welches im trocken-
sten Jahre 1884 an nicht mehr als 10 Tagen unterschritten wurde, 80 cbm/sek, oder
188 L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
6,34 l/sek./qkm. Die neunmonatliche aekl. Wassermenge im trockensten Jahre
betrug etwa 110 cbm oder 7,5 l/sek./qkm. Aber es bilden hier die 3 Monate
des geringeren Wassers nicht mehr eine zusammenhängende Zeitperiode,
vielmehr treten hier zwei Intervalle auf. Das ist für die Beurteilung einer
Wasserkraft, wie schon mehrfach hervorgehoben wurde, von grosser Wichtigkeit, weil
der Betrieb dadurch naturgemäss erschwert und verteuert wird. Bei den meisten
Flüssen des Hügel- und Berglandes treten die Unterbrechungen noch
häufiger ein. Die sechsmonatliche sekl. Wassermenge im trockensten Jahre be-
trug an der Durance etwa 120 cbm oder 8,1 l/sek./qkm. Dagegen war die sechsmonat-
liche sekl. Wassermenge des durchschnittlichen Jahres bereits um 135 cbm grösser
und betrug 255 cbm oder 17,2 l/sek./qkm. Dieser grosse Unterschied ist verursacht
durch die ungewöhnliche Ergiebigkeit des nassesten Jahres (1886), welche den Durchschnitt
der kurzen Zeitperiode (1882—88) so stark hob, dass sich ihre durchschnittliche.
8 echs monatliche sekl. Wassermenge dem M.W. aus einer längeren Beobachtungsperiode
(266 cbm vergl. S. 187) näherte. Das höchste Wasser betrug 6000 cbm/sek. oder
rund 400,5 l/sek./qkm, das ist das 75 fache des niedrigsten Wassers. Aus den obigen
Zahlen für die Durance erkennt man die Schwierigkeit, die richtige Auswahl derjenigen
sekl. Wassermenge zu treffen, welche man in einem solchen Falle für ein Wasserkraft-
Projekt zugrunde zu legen hat. Ohne vergleichende Rechnungen wird man schwerlich
zu einer richtigen Wahl kommen. Wollte man z. B. einem Projekt die neunmonatliche
durchschnittliche sekl. Wassermenge zugrunde legen, welche mit 200 cbm/sek.
um 90 cbm/sek. höher liegt, als die des trockensten Jahres, so müsste man in der Rentabili-
tätsberechnung jedenfalls eine Reserve in Wärmeantriebstnaschinen mit in Anschlag bringen.
Nach den Messungen der k. k. Landes-Anstalt in Innsbruck führt die
Sill, welche ihren Ursprung im Brennersee nimmt, ihre Hauptzuflüsse aus dem Obern-
berg-, Gschnitz-, Valser-, Schmiern-, Navis-, Ruetztale (Stubaitale) erhält und bei Inns-
bruck in den Inn mündet, bei einem Niederschlagsgebiet von 854,4 qkm eine kleinste
Wassermenge von etwa 4 cbm/sek., d. h. rund 4,7 l/sek./qkm81). Die höchste Hoch-
wassermenge wird auf etwa 90 cbm/sek., d. h. auf das 22,5 fache des niedrigsten
Wassers angegeben. Die verhältnismässig kleine Hochwassermenge erklärt sich aus der
reichen Bewaldung des Vorflutgebietes.
An der Urnäsch, Kanton St. Gallen, Schweiz (vergl. die Beschreibung der Wasser-
kraftanlage Kubelwerk an der Urnäsch, Kap. U, 11), deren Quellen auf dem Säntis bis
zu Höhen von 1200,0 m emporgehen, hat die kleinste sekl. Abflussmenge bei einem
Yorflutbecken von 77,7 qkm 6,4 1/qkm betragen. Diese Zahl deckt sich ungefähr mit
den Feststellungen Von M. Ep,per, Chef des eidgenössischen hydrometrischen Amtes,
wonach die kleinsten Abflussmengen in dem schweizerischen Vorflütbecken des Rheins
6,0 1/qkm, für dasjenige der Rhone 4,0»l/qkm betragen. Das höchste Wasser betrug in
der Urnäsch an der Wehrstelle des Kabelwerkes 130 cbm/sek. oder 1670 l/sek./qkm.
d. h. das 260 fache des niedrigsten Wassers. Die durchschnittliche neunmonatliche
sekl. Wassermenge kann nach den von der St. Gallenschen Baudirektion an der Goldach
während der Jahre 1890 bis 1898 durchgeführten Wassermessungen für die Urnärfch zu
etwa 1,5 cbm/sek. oder rund 19,2 l/sek./qkm angenommen werden.
Am Queis in Schlesien war auf Grund der in den Jahren 1901 bis 1903 ge-
machten Beobachtungen für die Talsperre bei Marklissa bei einem Vorflutgebiet von
306 qkm die geringste Abflussmenge auf 1 cbm/sek. oder 3 3 l/sek./qkm angenommen.
•t) Josef Riehl, Die Sillwtrke bei InnuWnick. ZeiUchr. d. Ver. deutscher lag. 1906. & 758.
§ 4.
Die technischen Vorarbeiten.
189
Im Jahre 1904 ist aber im Durchschnitt der fünf Monate von Mitte Mai bis
Okiober die Wassermenge auf 0,95 cbm/sek. oder 3,14 l/sek./qkm zurückgegangen und
sie hat -wahrend einiger Zeit in dieser fünfmonatlichen Periode nur 0,50 cbm/sek. oder
1,63 l/sek./qkm betragen. Die neunmonatliche, durchschnittliche Mindestwassermenge
wird dagegen auf etwa 2,5 cbm/sek., d. h. rund 8 l/sek./qkm anzunehmen sein.
In den Tagen vom 27. bis 31. Juli 1897 haben in dem Vdrflutgebiet des Queis
(vergl. S. 162) ganz ungewöhnliche Regenfölle stattgefunden. Das höchste Hochwasser be-
trag bei Marklissa am 30. Juli 780 cbm/sek. oder 2581 l/selc/qkm, d. h. das 1585 fache
der niedrigsten sekl. Wassermenge. Diese Hochflut hat allerdings nur wenige Stunden
gewährt. Die Wassermenge ist von 10 cbm/sek. am 28. Juli während des 29. auf 180 cbm/sek.
und dann ganz steil ansteigend am 30. Juli während einiger Stunden auf 780 cbm an-
geschwollen, um dann wieder, ebenso schnell abfallend, schon während des 31. Juli
auf unter 110 cbm herunterzugeben. Aber die Gewalt dieser kurzen Flutwelle hat
genügt, um einen Schaden anzurichten, der sich in Geldeswert nach Millionen Mark
bezifferte.
Es hat sich bei der Beobachtung dieses Hochwassers ergeben, dass die grösste
sekl. Abflussmenge Während 12 Stunden des 30. Juli erheblich grösser
war, als die grösste, mittlere sekl. Regenmenge in den 12 Stunden des
stärksten Regenfalles am 29. Juli. Das erklärt sich zum Teil aus der Cnge-
nauigkeit der Beobachtungen, zum anderen Teil auch aus der wegen der starken An-
schwellung in der oberen Flusstrecke entstandenen grösseren Geschwindigkeit, infolge-
deren sich die Flutwelle am 30.. in das bei Marklissa bereits am 29. vorhandene Hoch-
wasser hineinschob und so die ungeheure Gesamtfluthöhe erzeugte.
Über die grössten sekl. Abflussmengen im Odergebiet macht die preussische Landes-
anstalt für Gewässerkunde in ihrem schon mehrfach erwähnten Bericht vom 1. April
1904 über das Hochwasser im Oder- und Weichselgebiet vom Juli 1903 die in nach-
stehender Tabelle zusammengestellten Angaben:
Tabelle XXV.
Bezeichnung der Messtellen
Grosse des Vor-
flntgebietea in
qkm
Grösste Abflnaa-
menge am 20./21.Jnli
1903 in cbm/sek. im
ganzen
Grösste Abflnaa-
menge in 1/aek.
pro qkm
1. An der Oder bei Hohensaaten ....
S, An der Glatzer Neisae bei der Mündung
in die Oder
107 870
47 000
4555
1016
51,1
2040
1788
1230
854
150
19
87
270
4. An der Hotzenplotz bei der Mündung
in die Oder
840
5. An dem Goldbach bei Arnoldsdorf . .
2900
In dieser Zahlenreihe tritt der Erfahrungssatz, dass die sekl. Hochwassermenge
pro qkm um so grösser wird, je kleiner das betrachtete Vorflutgebiet ist, d. h. je
näher es den Quellen liegt, so recht deutlich hervor.
Die im vorstehenden einzeln mitgeteilten Zahlen über sekundliche Abflussmengen
pro qkm sind in Tabelle XXVI noch einmal übersichtlich zusammengestellt und ergänzt
worden.
190
L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Tabelle XXVI.
Sekl. Abflusamengen pro qkm.
Bezeichnung des
FlaMgebietes
Eschbachtal (Rem-
scheid)
Ose* bei Klodtken
(Weetpreussen)
Wupper bei Dahl-
hansen
Urft bei Gemfind
(Eifel)
Queis bei Marklissa
(Schlesien)
Goldbach bei Ar-
noldsdorf (Oder-
gebiet)
Rhone bei St. Maa-
rice
Dora Baltea im
Aostatale (Südab-
hang der italieni-
schen Alpen)
Adda bei Morbegno
in der Valteüina
(SOdabhang d. ita-
lienischen Alpen)
Dnrance bei Bom-
pas (Frankreich)
8ill bei Innsbruck
(Tirol)
Urnasch, St Gallen
(Schweis)
Grösse
des Vor-
flntge-
biets in
qkm
im
brocken'
sUn
Jahr
4,5
14*0,0
218,4
875,0
806,0
51,1
4692,0
8000,0
2550,0
14800,0
854,4
77,7
855 tag. Ab-
flugs in
l/selc/qkra
0,44
0,40
1,50
1,30
1,65
im
Durch-
sehnitt
4,0
6,0
6,o
5,34
4,70
6,4
9monatl. Abflnas
in l/sek./qkm
im
fcroeken
aten
Jahr
3-4
im
Durch-
sehnitt
7,8
— 8,0
im
•ton
Jahr
16,4
M
12,5
7,5
9,0
14,0
18,5
6monatl. Abflnss
in l/sek*/qkm
im
Itroekan-
■ton
Jahr
im
Durch-
schnitt
■ton
Jahr
9,3
19,2
9,4
18,0
17,6
M
15,5
20,0
21,0
17,2
Grosste Afaflass-
in
UbekJqkm
im
27,2
1000,0
2300
26,0
65
1000,0
666
270,0
208
2581,0
1585
2900,0
—
208,0
52
360,0
60
400,5
105,75
1670,0
75
22,5
260
8« Direkte Ermittelung der sekL 'Wassermengen durch direkte
Messungen*
Bis zu dem Zeitpunkt, wo ein umfangreicheres und einheitliches Vergleichs-
material vorliegt, wird in den meisten Fällen die indirekte Ermittelung der charakteri-
stischen sekl. Wasser mengen noch keine genügend sichere Unterlage für Projekte ton
Wasserkraftanlagen liefern, sondern man wird diese indirekten Ermittelungen durch
direkte Messungen meistens zu ergänzen haben.
Die Grundlagen für die Bestimmung der sekl. Wassermengen müssen, wie gesagt,
für unsere Zwecke täglich während einer Zeitperiode von möglichst vielen Jahren ge-
wonnen werden, denn nur auf diese Weise kann man einen genügend klaren Einblick
in den Wert einer Wasserkraft und in die mit ihr zu erzielenden Kraftleistungen
erreichen. Wenn stärkere Schwankungen des Wasserstandes an einem Tage zu er-
warten sind, muss bei kleineren Wasserläufen mehr als einmal am Tage abgelesen
werden. Die sekl. Wassermenge Q, welche durch ein bestimmtes benetztes Querprofil
§ 4. Die technischen Vobabbetten. 191
F flieest, ist Q = F.v. Die Geschwindigkeit v ist nach der bekannten Chezy-Eytel-
w ein sehen Grundformel88) v ■» c }/R. J. (vergl. Kap. 1H, 2, Werkkan&le), worin be-
deuten: c einen Beiwert, welcher von der Rauhigkeit des benetzten Umfanges, von der
Grösse des hydraulischen Radius und von der Geschwindigkeit selbst abhängt R den
sogenannten hydraulischen Radius, d. h. den Quotienten ^^^^^tt =Hr~» ün(* '
das Gefälle. Wäre die Gestalt des Querprofils einer Flusstrecke bekannt und unveränder-
lich und hätte man für das Profil bei verschiedenen Wasserständen und Gefallen den
Beiwert c bestimmt, so könnte man aus täglichen Ablesungen an drei Pegeln die Spiegel-
gef&Ue J, die Querschnitte F und die hydraulichen Radien R bestimmen und daraus
also die Geschwindigkeiten v und daher auch die täglichen sekl. Wassermengen Q be-
rechnen. Aber die ausreichend genaue Bestimmung des Beiwertes c ist nur durch eine
grössere Anzahl von direkten Wassermessungen möglich und dann ist in Flüssen, welche
für unsere Zwecke in Frage kommen, der Fall nicht häufig, dass man ein natürliches
Qnerprofil als unveränderlich ansehen könnte. Es müssen deshalb während der Be-
obachtungsperiode für einige charakteristische Wasserstände durch direkte Wasser-
messungen die Zahlenwerte von c bestimmt und durch gleichzeitige Peilungen die Ver-
änderungen des Sohlenprofils festgestellt werden, damit aus den täglichen Wasserstands-
ablesungen die sekl. Wassermengen ermittelt werden können.
Für ein bestimmtes Projekt genügt es immer, die sekl. Wassermengen an einem
Messprofil festzustellen, welches man möglichst in die Nähe des zukünftigen Einlaufes
zu verlegen suchen wird, sofern man sich diesbezüglich schon bei Beginn der Vorar-
beiten ein ungefähres Bild machen kann. Wenn irgend möglich, wählt man anderer-
seits für das Messprofil eine gradlinige Flusstrecke und eine solche mit möglichst regel-
mässigen Ufern und dem Stromstrich in der Mitte.
Liegt eine für das Messprofil günstige Stelle erheblich ober* oder unterhalb des
zukünftigen Einlaufes, so muss man später die für die einzelnen charakteristischen sekl.
Wassermengen gewonnenen Resultate nach Massgabe der Differenz zwischen dem wirk-
lichen Vorflutgebiet an der Einlaufstelle und dem berechneten Vorflutgebiet an dem
Messprofil berichtigen, indem man die qkm dieser Differenz mit dem gefundenen Wert
für die 1/sek. pro qkm multipliziert und das Produkt entweder abzieht oder zuzählt.
In vielen Fällen wird diese Differenz belanglos sein.
Ist die Stelle des Messprofils gewählt — aus der nachfolgenden Beschreibung
einzelner Messmethoden werden sich noch weitere Gesichtspunkte für die Auswahl er-
geben — so müssen zunächst die Pegel zur Beobachtung der täglichen Wasserstände
angebracht werden und zwar einer am Messprofil selbst und je ein Hilfspegel
oberhalb und unterhalb.
Die Pegellatten mit der Masseinteilung müssen an Orten angebracht werden,
welche gegen Strömung, Eisgang und Wellenschlag* tunlichst geschützt sind, anderer-
seits natürlich auch so, dass am Pegel der Wasserspiegel der betreffenden Flusstelle
noch sicher zur Geltung kommt. Man darf z. B. die Pegellatten nicht an dem talwärts
gerichteten runden Kopfe eines Brückenpfeilers anbringen, weil sich, hier durch die
Strömung Vertiefungen des Wasserspiegels bilden. Die Entfernung der Hilfspegel vom
Hauptpegel am Messprofil selbst hängt ganz von der örtlichkeit und dem Wasserspiegel-
gefalle ab, wird in der Regel aber nicht mehr als je 250,0 m betragen und kann bei sehr
steilem Gefalle erheblich kleiner sein.
88) In Frankreich and Italien wird diese Formel häufig Tadini zugeschrieben, vergl. A Flamant
Hydranliqoe. Paris 1900. 8. 189.
I. Theodor Koehn. Aushau i
' WaBSEBKRIITEH. AlXQEHEDtES.
Die Entfernung yod zusammen 500,0 m gibt bei einem Wasserspiegeige falle von
: 1500 schon eine Höhendifferenz zwischen oberstem und unterstem Pegel von 0,333 m.
Liegt eine Brücke, welche das Profil einengt, oberhalb oder unterhalb des Mess-
Abb.18. PegelmitinPorielli» »uageJegtorFeinteilong YonSeibt-Foea». Abb. 13. Pegel an«
profils, so empfiehlt es sich, die Hilfspegel so anzubringen, dass die kleine Gefällstnfe.
welche an der Bracke im Wasserspiegel entsteht, nicht mitgemessen wird, d. h. also,
die Brücke ausserhalb der beobachteten Strecke zu lassen.
. . eg* nng. j^ gDrjgen gin)j Brücken und namentlich Hängebrücken,
:£= sehr geeignete Stellen für das Hessprofil selbst.
Die Ablesung der Wasserstande am Pegel wird um
- so zuverlässiger, je näher der Beobachter sich dem Pegel
gegenüber aufstellen kann und je mehr der Sehwinkel sich
einem rechten nähert. Am besten ist es, wenn man die
Pegel am Flussufer in Nischen unterbringen kann, welche
- durch Treppen gut zugänglich sind.
Es gibt im Handel eiserne und hölzerne Pegellatten
von meistens 20 cm Breite. Bei den hölzernen Pegellatten
ist die Teilung meistens in ÖlfarbenanBtrich aufgetragen, bei
1 den eisernen in Emaille, oder in einzelnen Porzellanplatten.
L Je nachdem die Pegellatten lotrecht oder schräg rar
Aufstellung gelangen, ist die Einteilung natürlich verschieden.
Abb. 12, 13 und 14 zeigen verschiedene Pegelanordnungen.
Den Nullpunkt der Pegellatten legt man in der Regel
gleichmäsBig für alle ' 30 — 50 cm unter den niedrigsten
Wasserspiegel am Messprofil und schliesst den Nullpunkt an bekannte Festpunkte
an, So dass man aus der Ablesung auf einfache Weise die Beziehungen zu dem Null-
punkt des Fixpunktnetzes herstellen kann.
Für kleinere Wasserläufe, bei denen die Einwirkungen von Niederschlägen sieb
schnell /eigen und kleinere, innerhalb einiger Stunden verlaufende Flutwellen erzengen,
ist die dauernde Abschreibung der Wasserstände durch selbstschreibende Pegel not-
wendig. Aber auch sonst ist die Verwendung derartiger Apparate zu empfehlen, wenn
§ *■ Diu TBCmnSCREH VOBAHBEITEK. 193
die nötigen Mittel zur Beschaffung verfügbar sind. Es tritt immerhin durch die An-
wendung eelbstregistrierender Pegel insofern eine Ersparnis ein, als die Beobachtung
derselben nicht alle Tage nötig ist.
Eine in Praussen viel verwendete Eonstraktion ist der in Abbildung 16 darge-
stellte Apparat von Seibt-Fuess8*).
Als Schwimmer dient ein mit Bleischrot beschwert«« Kupfer- oder Eisengefas* 8, welche!
mittelst eines Stauldrabtes an einer Bolle 8r aufgehängt ist. Ein Gegengewicht N spannt diesen Draht
und dreht die Rolle bei steigendem Wasser. Die Drehung der Rolle wird mittelst Zahnstange T auf
«inen Schreibstift e übertragen, welcher die Kurven anf einer Papiertrommel zeichnet Die Papier-
Abb. 15. Abb. 16.
Selbatstchreibender Kontrollpegel von Seibt-Fueas. Selbstachreibender Pegel von A. Ott, Kempten.
trommel wird durch ein besonderes Uhrwerk mittelst Zahntrieb Z regelmassig, meistens wöchentlich
einmal um ihre Achse gedreht. Die mit dem Schreibstift anf der Trommel gezeichnete fortlaufende
Linie nennt man die Wasserstau dskurve. Durch iwei weitere Schreibstifte b und b werden im festen
Abstände voneinander und in bestimmter Hohe horizontale Linien auf die Trommel Obertragen. Der
Hammer H zeichnet durch Schlage in bestimmten Zeitabatlnden (alle Tier Stunden) Zeitmerken an den
horizontalen Linien anf. Hierdurch werden Irrtümer in bezog anf die Zeit leichter ausgeschlossen und
es wird auch die Veränderung, welche das während der Aufzeichnung meistens feuchte Pspier sp&ter
erleidet, kontrollierbar. Ein am Apparate angebrachter Hasstab M ermöglicht die Ablesung des Wasser-
standes unmittelbar in Beciehung auf den Nullpunkt des Pegels. Ebenso kann durch eine besondere
Lotrorrichtung L, durch welche mittelst der Kurve K ein Stahlband mit dem Gewichte P bis auf den
Schwimmer S herabgelassen werden kann, die direkte Feststellung des Wasserstandes erfolgen.
Abb. 16 stellt den selbstregistrierenden Pegel von A. Ott dar91). Die Apparate
sind für 7 V« tägige Umlaufszeit eingerichtet. Die nutzbare Höhe der Papiertrommel
") Seibt, Der Kurven widmende Kontroll pegel. Zentralbl. d. Bau-Terw. 1898. S. 542.
at) A. Ott, Matb.-wiech. Institut Kempten in Bayern.
Hwdtneh An Int,-WlHu»ch. ID. Toll. IB. Bd. IS
194 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgeheines.
beträgt 350 mm, die Länge der Stande 2 7* nun. Die Aufzeichnung erfolgt je nach der
Grösse der zu -erwartenden Wasserstandsunterschiede im Verhältnis 1:1 bis 1:20. Der
Preis eines Apparates schwankt zwischen 210 — 325 Mark, je nach der Ausrüstung und
dem Aufzeichnungsverhältnis.
Derartige selbstschreibende Apparate müssen über einen gemauerten oder hölzernen
oder eisernen Brunnenschacht von ca. 1,0 m lichter Weite aufgestellt werden, welcher
durch einen Seitenkanal von mindestens 0,15 m lichter Weite mit dem Flusswasser in
Verbindung steht. Der Apparat selbst ist durch ein kleines Pegelhäuschen in Holz oder
Eisen oder Mauerwerk zu schützen.
Die verschiedenen Bedürfnisse bei Einzelfallen haben ihre Befriedigung durch
eine ganze Reihe von Verbesserungen und Vervollkommnungen dieser Apparate ge-
funden, deren Besprechung hier aber zu weit führen würde. Erwähnt sei nur kurz der
Druckluftpegel von Seibt-Fuess86), ferner der elektrische Fernpegel von Seibt-
Fuess87), bei welchem auf elektrischem Wege der Wasserstand an einer entfernten Stelle
angezeigt wird. Namentlich die letztgenannten Apparate haben für Wasserkraft-Anlagen
mit einem Stauweiher oder einer Talsperre insofern Bedeutung, als durch den Apparat
in einem entfernt gelegenen Krafthause der Wasserstand im Sammelbecken angezeigt
werden kann.
Über das Auftragen der Wasserstandsablesungen ist bereits Seite 140 und 141
das Nötige mitgeteilt worden.
Das Ziel der direkten Wassermengen-Messungen ist nun, für
das beobachtete Messprofil eine möglichst einfache, aber sichere
Methode zu finden, aus der iqan mit Hilfe der täglich gemessenen oder
durch den Selbstschreiber dauernd registrierten Wasserstände die
sekl. Wassermengen bestimmen katin. Es müssen zu diesem Zwecke für je ein
Beobachtungsjahr mindestens bei einem niedrigen Wasserstande, bei zwei weiteren
mittleren Wasserständen, sowie bei einem Hochwasserstande direkte
Wassermessungen stattfinden und zwar ist jede Wassermessung mindestens doppelt
am besten dreifach zu machen, damit eine Kontrolle vorhanden ist, da Irrtümer leicht
vorkommen. Auf Genauigkeit muss besonders bei der Messung des N.W.,
aber auch der zwei mittleren Wasserstände geachtet werden, weil ihre
Werte für die Wasserkraft am wichtigsten sind, während bei den höheren
Wasserständen, soweit es sich ausschliesslich um Ausnutzung der Wasser-
kraft handelt, grössere Fehlergrenzen zulässig erscheinen.
Uberfallmessung: In kleineren Bächen und auch noch in breiteren Wasserlaufen,
welche ein gleichmässiges Sohlenprofil haben, ist die Messung durch Überfälle die
sicherste Methode. Allerdings erfordert eine solche Messung die Anlage eines festen
Überfalls im Flussprofil, was immerhin mit erheblichen Unkosten verknüpft ist. Die
Wassermenge, welche durch einen solchen Überfall fliesst, ist bestimmt durch die Formel
Q = */sjub.h1.V2gh1 = 8/3iMbi/2gh1S
worin fi einen von der Form und der Höhe des Überfalls abhängigen Beiwert, ht die Höhe
und b die Breite des überfallenden Wasserstrahls, g die Erdbeschleunigung = 9,81 be-
deuten. Die Bestimmung des Beiwerts /4 ist am sichersten, wenn vollkommene Ein-
86) Zentral Bl. d. Bau-Verw. 1896. S. 202. Seibt, Selbstochreibeiider Drnckluftpegd.
8?) Zenlral-BI. d. Bau-Verw. 1900. 8. 69.
§ 4.
Die
Vorarbeiten.
195
schnürung am ganzen Umfange stattfindet und man wird deshalb derartige Messaber-
falle am besten ans Holz herstellen und sie mit einem scharfen Rande aus Eisen
versehen.
Die Angaben über die Werte für fi sind bis heute noch ziemlich schwankend.
Bis zn Überfallhöhen von 0,60 m kann bei vollkommener Einschnürung ft zu 0,623 an-
genommen werden. Für grössere Überfallhöhen wachst dieser Wert; man würde also
zu kleine sekl. Wassermengen bei Beibehaltung des genannten Beiwortes bekommen.
Wenn man sicher gehen will, bleibt deshalb nichts anderes übrig, als den Beiwert /*
durch direkte Flügelmessung im Profil für einige Werte von h, an dem errichteten
Messüberfall festzustellen.
Abb. 17. Einbau oines MessUborfalla mit sBlbstochroibendem Pegel für den vereinigten Wweeriauf des
Wipiierbacbe» und Brnoherbacbw bei Marienheide.
Oft ist die Geschwindigkeit des ankommenden Wassers so gross, dass man sie
nicht vernachlässigen kann. Man würde ohne Berücksichtigung dieser ankommenden
Geschwindigkeit zu kleine Werte für Q erhalten. In der nachstehenden Formel
Q = »/• (i b V2l [(h, + k) •/■ - k */.]
ict die Geschwindigkeit des ankommenden Wassers durch k berücksichtigt. Die Ge-
schwindigkeit v0 des ankommenden Wassers wird man meistens durch Stab-Schwimmer-
messungen feststellen und aus der Beziehung v0 = y'2g k den Wert für k ermitteln.
Im Kap. III, § 2, Werkkanäle, wird über die Theorie der Überfalle Näheres mit-
geteilt, so dass hier darauf verwiesen werden kann.
Die Höhe des überfallenden Wasserstrahls ist ca. 1,0 m von dem Überfall selbst zu
messen und es ist deshalb die Pegellatte ca. 1,0 m vor dem Überfall aufzustellen und zwar
am besten so, dass der Nullpunkt auf gleicher Höhe mit der Krone des Überfalls liegt.
Derartige Überfälle werden häufig mit selbstschreibenden Pegeln verbunden.
Eine solche Anlage wurde im Dezember 1887 von Intze im Esehbachtale bei Rera-
18«
196 I. Theodor Koehx. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
scheid für ein Vorflutgebiet von 4,5 qkm und später für den vereinigten Wasserlauf
des Wipperbaches und des Brncherbaches bei Marienheide, ausreichend für 8 qkm
Niederschlagsgebiet aufgestellt. Abb. 17 zeigt Grundriss und 2 Querschnitte einer solchen
Einrichtung. Für diese Überfälle wurde fi konstant zu 0,63 angenommen.
Es versteht sich von selbst, dass man alte Triebwerksanlagen oder feste Bracken
und Durchlässe benutzen wird, ohne sich die Kosten eines besonderen Überfaümeas-
profiles aufzuerlegen, wenn man an ihnen zuverlässige Messprofile gewinnen kann.
Meistens wird allerdings die Auswahl eines Zahlenwertes für fi aus den Angaben der
verschiedenen Autoren dann noch schwieriger, weil eine vollkommene Einschnürung selten
vorausgesetzt werden darf, es auch nicht leicht zu entscheiden ist, bei welcher Über-
fallhöhe ht sich die Sohleneinschnürung ganz oder teilweise ausbildet, welchen F.rnflnsa
man der Gestalt der aufwärts gelegenen Überfallswand beimessen muss und anderes
mehr. Bei Brücken und Durchlässen kann der Fall des unvollkommenen Überfalles in
Betracht kommen, und man hat dann 2 Beiwerte /u, und p2 zu bestimmen (vergl. Kap.
III, § 1, Wehre). Wenn man sicher gehen will, muss man auch in solchem Falle durch
Flügelmessungen bei verschiedenen Werten von ht entsprechende Werte von (i ermitteln,
welche dann solange ihre Gültigkeit behalten, als das Messprofil unverändert bleibt.
Uesch windigkeitsmessungen : Bei grösseren Flussläufen würde die Herstellung
eines Überfallprofils zu Messzwecken zu kostspielig werden. Man muss deshalb die
Wassergeschwindigkeit in dem Profil direkt messen.
Vorarbeit für jede Geschwindigkeitsmessung ist die Peilung des Flussprofils,
welche möglichst unmittelbar vor Beginn der Messung vorzunehmen ist. Erst aus der
Gestalt der Flussohle kann man Schlüsse ziehen über die Anzahl der Vertikalen, in
denen man Geschwindigkeitsmessungen vorzunehmen hat. Ausgehend von den Knick-
punkten in dem Querprofil der Sohle wird man an den steileren Böschungen die Lot-
rechten im Abstand von 2 — 5 m wählen, auf Strecken aber, wo die Wassertiefe un-
gefähr dieselbe bleibt, sich, namentlich bei Hochwasser, mit Lotrechten im Abstand ion
10,0—20,0 m begnügen. Zeigt z. B. das Niedrigwasserprofil von der Stromrinne aus eine
nach beiden Seiten gleichmässig ansteigende Sohlenlinie, so wählt man am besten die
Lotrechten in gleichem Abstand von 2— 5 m über das ganze Profil.
Die Wassergeschwindigkeit in einer Lotrechten ändert sich nach Dupuit88),
Boileau89), Humphreys und Abbot90), Darcy, Bazin u. a. nach einer Parabel mit
horizontaler Achse und nach Humphreys und Abbot liegt diese Achse, also die maxi-
male Geschwindigkeit vs, 0,297 m unter dem Wasserspiegel (vergl. Abb. 18). Nach
Hagen91) ist die Kurve der Geschwindigkeiten in einer Lotrechten eine Parabel mit
stehender Achse (vergl. Abb. 19). Nach R. Jasmund") ist die vertikale Geschwindig-
keitskurve eine logarithmische Linie. Sowohl nach Hagen, als nach Jasmund liegt
88) Dupuit, Etudes theoriques et pratiques sur les mouvements des eaux eourantee etc.
Paris. 1848.
88) Boileau, Tratte* de Ia mesure des eaux courantes etc. Paris 1854.
80) Humphreys u. Abbot, Report upon tbe physics and hydraulica of the Mississippi. Phila-
delphia 1861. Obersetzt von Grebenau.
•i) G. Hagen, Über Bewegung des Wassers in Strömen. Berlin 1868. — Ober das Gesetz,
wonach die Geschwindigkeit des strömenden Wassers mit der Entfernung vom Boden sich vergrossert
Berlin 1871.
88) R. Jasmund, Die Einwirkung der Flussohle auf die Geschwindigkeit des niessenden
Wassers. Zeil sehr. f. Bauw. 1893. — Handbuch der Ingenieurwissenschaften. HL Teil Der Wasserbau.
4. Aufl. I. Bd. S. 462 ff.
§ 4.
Die technischen Vorarbeiten.
197
die Maximalgeschwindigkeit in der Oberfläche. Letzteres kann theoretisch richtig sein,
praktisch wird es aber nur bei ruhiger Luft zutreffen, denn bei stromaufwärts gerichteter
Luftbewegung muss eine Verzögerang der Wasserteilchen im Wasserspiegel stattfinden.
Bei der Messung an der Isere vom 20. und 21. März 1894 bei N.W. wurde
z. B. die grösste Geschwindigkeit nicht in der Oberfläche, sondern ungefähr 0,50 m
darnnter gefunden").
Für die Berechnung der seid. Wassermengen braucht man die mittlere Geschwin-
digkeit in jeder Lotrechten.
Man kann nun diese gewünschte mittlere Geschwindigkeit in einer Lotrechten so
finden, dass man die Geschwindigkeit an der Oberfläche, an der Sohle und in verschie-
Abb. 18. Vertikalgeschwindigkeitskanre
nach Hnmphreys u. Abbot,
Hfi
Abb. 19. Vertikalgesohwindigkeitskurve
nach Hagen.
denen Tiefen dazwischen misst, alsdann die gewonnenen Geschwindigkeiten in einem
Profil aufträgt und die Profilfläche f (vergl. Abb. 18 und Abb. 19) durch die Wassertiefe t
f
dividiert, also vm = j.
V
Anstatt die Parabelfläche zu berechnen wird es meistens genügen, sich die Fläche
in Trapeze zerlegt zu denken.
Will man grössere Fehlergrenzen zulassen, so kann man entweder die mittlere
Vertikalprofilgeschwindigkeit direkt messen oder die mittlere Geschwindigkeit aus der
Oberflächengeschwindigkeit, bezw. aus der Maximalgeschwindigkeit herleiten.
Die mittlere Vertikalgeschwindigkeit liegt nach R. J asm und 0,368 t über der
Sohle, also 0,632 t unter dem Wasserspiegel. Nach v. Wagner94) liegt der Mittel-
wert der Vertikalgeschwindigkeit auf 0,5966 t, nach Hagen auf 0,555 t, nach Schlich-
tung 0,577 t, nach Humphreys und Abbot auf 0,66 t.
Wie bereits S. 133 erwähnt, kann die mittlere Geschwindigkeit nach B a z i n an-
genähert zu 0,785 v„ nach Hagen = 0,86 v0 = v„ nach v. Wagner 0.838 v0 ange-
nommen werden.
") B. delaBrosse, Etüde nydrologiqne d'on bassin de montagne. Compte rendn des traveanx
fa coogres de la Honille Blanche. Grenoble 1902. Premier volnme 8. 172.
94) von Wagner, Hydrologische Untersuchungen. Brannschweig 1881*. S. 37.
198 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Baumgart en empfahl den Ausdruck vm = 0,8 -^-jp-«- . v0
« . • . ,A. , A , , 1+ 0,2676 y t bei Geschwindigkeiten
Schhchting den Ausdruck vm:=h A^rV-'V »l h* , ,
° 2 + 0,4014 yt ° über 1,5 m/sek.
Wenn man sich also mit der Genauigkeit begnügen will, welche sich aus der An-
wendung dieser immerhin unsicheren Beiwerte ergibt, so würde es z. B. genügen, die
Oberflächengeschwindigkeit oder die Maximalgeschwindigkeit in den einzelnen Lotrechten
zu messen und daraus die mittlere Geschwindigkeit durch Multiplikation mit einem der
angegebenen Beiwerte zu berechnen oder die mittlere Geschwindigkeit direkt in der
Tiefe, in welcher man dieselbe nach einem der Autoren annehmen will, zu messen.
Für die direkte Messung der mittleren Geschwindigkeit eines Vertikalprofils gibt
es noch andere Methoden, von denen noch die Rede sein wird.
Ist das Messprofil gewählt, so wird es durch je einen' Profilstein am linken und
rechten Ufer markiert, derart, dass die Profillinie lotrecht zum Stromstrich liegt
Jeder Messung muss, wie bereits erwähnt, eine Sohlenpeilung vorausgehen, damit
die Fläche des benetzten Profils sicher berechnet werden kann. Fehler in der Berech-
nung der Querschnittsfläche haben nach der Formel Q = F . v den gleichen Einfluss auf
die sekl. Wassermenge wie gleiche grosse Fehler in der Geschwindigkeitsmessung.
Während der Geschwindigkeitsmessungen werden stündlich die Wasserstände an
den 3 Pegelstellen abgelesen und zwar bei breiteren Flüssen, bei welchen sich an beiden
Ufern verschiedene Höhen ergeben können, an beiden Ufern möglichst gleichzeitig. Diese
Pegelablesungen sind notwendig, um das Wasserspiegelgefalle festzustellen und um, wenn
sich der Wasserstand während der ganzen Messung ändert, einen mittleren Wasserstand
rechnerisch zu finden.
Geräte cur Geschwindigkeitsmessung, a) Schwimmermessungen. Man unter-
scheidet Oberflächen-Schwimmer, Schwimmer mit geringer Eintauchung und Stabschwimmer.
Als Oberflächenschwimmer kommen kleine Holzscheibchen, auf denen an weissen
Stäben Fähnchen befestigt sind, oder hohle Blechkugeln von 10 — 50 cm Durchmesser zur
avv M o i. . -i. Verwendung. Da die Oberflächenschwimmer aber vom Winde
add« 29U« öcnwiromer mit
geringer Eintanehong. stärker beeinflusst werden, bevorzugt man kleinere Holzstäbe
oder Blechröhren, welche durch Blei oder kleine Kieselsteine
an einem Ende so beschwert sind, dass sie etwa 0,25— 0,30 cm
in das Wasser eintauchen und nahezu lotrecht stehen. Das
herausstehende Ende wird zweckmässig mit Kalk oder Farbe
weiss gemacht (vergl. Abb. 20). Statt der Stäbe kann man
auch leere Glasflaschen von 0,26—0,30 cm Länge verwenden.
Man darf annehmen, dass diese Schwimmer die Maximalgeschwindigkeit v-«» oo v0 messen.
Zur Ausführung einer Schwimmermessung wird in gleichem Abstände vom Mess-
profil aufwärts und abwärts je ein weiteres Profil abgesteckt und, sofern es sich um
eine längere Reihe von Messungen handelt, durch Steine festgelegt. Man setzt die
Steine so, dass sie mit dem Steine des Messprofils eine Gerade bilden und dass diese
Geraden an beiden Ufern einander parallel sind, d. h. die Entfernung der Steine von
Ufer zu Ufer in jedem Profil die gleiche wird. Alle Profilsteine werden trigonometrisch
festgelegt. Den Abstand der 3 Profile wählt man je nach der Geschwindigkeit im Flosse
verschieden, jedoch so, dass der Schwimmer in der Strommitte nicht mehr als 2 Minuten
vom obersten bis zum untersten Profil braucht.
Für die Messung selbst werden in jedem Profil zwei Signalstangen aufgestellt, an
denen der Durchgang der Schwimmer beobachtet werden kann. In dem Messprofil und
§ 4. Die technischen Vorabbeiten. 199
e&wa 10 Meter oberhalb der obersten beiden Signalstangen spannt man je einen Peil-
clraht qner über den Fluss, deren Nullpunkte in gleichem Abstand von der Geraden der
Pxofilsteine festgemacht werden und an welchen die Lotrechten durch verschiedenfarbige
Zeuglappen gekennzeichnet sind.
An dem oberen Peildraht stellt man sich alsdann in einem leichten Kahn in den ein-
zelnen Lotrechten ein und setzt jedesmal nacheinander 3 — 6 Schwimmer aus. Die Zeitbe-
stimmung des Durchganges der Schwimmer durch die drei Profile kann in der Regel von
einem Beobachter wahrgenommen werden, welcher möglichst mit zwei Chronoskopen, d. h.
Uliren mit Hemmungsvorrichtungen, versehen ist. Die Tageszeit der Messung an jeder
Lotrechten wird notiert, damit man nach den stündlichen Pegel beobachtungen den ge-
nauen Wasserstand, bezogen auf den Nullpunkt des Fixpunktnetzes kennt und damit man
die gemessenen Geschwindigkeiten für alle Lotrechten bei schwankendem Wasserstande
später auf einen mittleren Wasserstand reduzieren kann. Es ist notwendig, an jeder
Lotrechten eine grössere Anzahl von Schwimmern auszusetzen, weil die Schwimmer oft
abtreiben und die Messungsresultate sonst zu ungenau werden. Wenn es ihr Wert ver-
lohnt, werden die Schwimmer durch einen zweiten Kahn unten wieder aufgefangen.
Abb. 21. Der Stabschwimmer. Abb. 22 Pi tot »che Röhre.
Als Stabschwimmer werden meistens hohle, unten geschlossene Blech-
röhren von 3—4 cm Durchmesser verwendet, welche aus einzelnen Stücken zusammenge-
schraubt und mit Bleischrot soweit beschwert werden, dass ihr Ende eben noch über
der Sohle bleibt.
Ein Stabschwimmer wurde zuerst von dem Jesuitenpater und Mathematiker Cabeo
(geboren 1585 zu Ferrara, gestorben 1650 zu Genua) im Jahre 1646 benutzt und von
dessen Zeitgenossen Barattieri verbessert96). Der Stab nimmt beim Schwimmen eine
geneigte Stellung ein, entsprechend der nach der Sohle zu abnehmenden Geschwindig-
keit. Man nimmt an, dass sich ein solcher Stab mit der mittleren Ge-
schwindigkeit der Lotrechten, in welcher er sich befindet, bewegt,
so dassdie Messung direkt die mittlere Vertikalprofilgeschwindigkeit
ergibt.
Die Ansichten über den Wert solcher Stabschwimmermessungen schwanken.
Hagen**) war der Meinung, dass der Cabeo sehe Stab eine viel häufigere Anwendung
verdiene, als er gefunden habe.
Bei den Rheinstrommessungen Grebenans wurden sehr erhebliche Differenzen
zwischen den Resultaten mit Stabschwimmern und mit Wolt manschen Flügeln festge-
stellt. Die Theorie der Stabschwimmer ist in verschiedenen Abhandlungen von Legier,
Fliegner, Amsler-Laffon u. a. in der Schweiz. Bauzeitung 1888, S. 70, 83, 92,
108, 152 behandelt.
•*) Brüning, Über die Geschwindigkeit dm fließenden Warnn. 8. 99.
••) Handbmch der Wasserbaukunst. II. Teü. 1. Bd. 8. 250.
Abb. 28.
Pitot-Dsrcysche Röhre.
■ \ ', >',\« Ko*BS. AüSIUU VON WaBBEBKBIFTEN. ALLGEMEINES.
* ■- trbciten bei Waoserkraftanlagen können die Messungen
»»mmern bei beschränkten Mitteln nnd beschränkter Zeit
, i.v %«hl empfohlen werden.
\ cj^Arenmessangen. Die älteste Messröhre wurde im Jahre 1732 von dem
u..,v->t>n Ingenieur Pitot in Form einer einfachen, an beiden Enden offenen, recbt-
>.-i£ gebogenen Glasröhre (vergl. Abb. 22) der Akademie der Wissenschaften ro
tfe'fc xvrgelegt. Die Geschwindigkeit v sollte nach Pitot sich aus der Höhe h direkt
„toh «l*r Formel v = V 2gh ermitteln lassen. Eine genauere Ablesung war aber wegen
(tut Schwankungen des Wassers in der Röhre nicht möglich. Es sind deshalb im Laufe
der Zeit zahlreiche Verbesserungen vorgeschlagen , von
denen nur diejenigen Ton Duchemin") und yon Reichen-
bach'8) erwähnt sein mögen.
Die grösste Verbreitung fand die von DarcyHi
vorgeschlagene Anordnung nnd der von dem genannten
Ingenieur konstruierte Apparat ist unter der Bezeichnung
Pitot-Darcyscbe Röhre (vergl. Abb. 23) in allen Län-
dern bekannt und viel gebraucht, worden.
Zw« Glasröhren C and D stehen im oberen Ende durch
•ine mstsllsoe Fassung E in Verbindung. In dieser Fleming be-
findet sich ein luftdicht schli essend er Hahn, hu welchen skn eil
Gumroischlsuch mit MundstOek anschlissst Die beiden Glasröhre«
sind in einer eichenen Tafel AB eingelassen nnd am unteren Ende
in ein kupfernes Stock F eingekittet Ton F abwkrts eetien eich
die Gltsr&bren als kupferne Rohren fort nnd es endigt C in einer
öffnnng mit lotrechtem Querschnitt, welche bei der Messung gsges
die Stromriehtnng gekehrt wird. Das Ende der kupfernen Röhre D
ist nach unten umgebogen. Durch einen mit Drabtiug versehenen
Huhn bei F können beide Rohren C und D geöffnet und gsichlnsses
werden. Ein Steuer H soll die Einstellung dss Apparats* in der
Stromriehtnng erleichtern. Bei der Messung wird dss Bohrende C
in diejenige Wssserschicht gebracht, deren Geschwindigkeit man
messen will. Dsr ganze Apparat, dessen Hohe etwa 1.25— 1, SO n
betragt, kann an einem Eisenhohlstsb auf- nnd abbewegt nnd dnres
Stellschrauben sn bestimmten Stellen fest gemacht werden. Ds die
Wssssrgssch windigkeit auf die Wsssersflnle in C direkt einwirkt,
und iwar natürlich am so mehr, je grosser die Geschwindigkeit ist,
so mnss der Wasserspiegel in dsn beiden Rohren C und D ver-
schieden sein. Aus dieser Höhendifferenz h berechnet sich die Ge-
schwindigkeit v = ft . l'b.
Am besten misst man mit der Pitot-Darcyschen Röhre von festen Brücken
aus, aber man kann auch recht gut von einem Kahn aus die Messung vornehmen. Haben
die Wasserspiegel sich in den beiden Röhren einigermasBen konstant eingestellt, so sangt
man die Luft bei m so weit an, bis der Wasserstand in beiden Röhren zu einer für
die Ablesung passenden Höhe emporgestiegen ist und schliesst dann den Hahn bei E
»') Duchsmin, Rechsrches expenmentales cur lee lois de 1s resistsnes ds fluide«. 1841
Deutsch von Schnuss. Brsunachweig 1844.
»*) C. H. v. Bsnsrnfeiad, Die Elemente der Vermessungskunde. 5. Aufl. Hauchen 1870.
1. Bd. 8. 449.
••) Dsrcy, Note relative k quelques modiflcstions k introduire dann la tube de Pitot Ann.
des ponts et chaussece. 1858. I. S. 851.
§ 4. Dds technischen Vorarbeiten. 201
xw<3, sobald eine gewisse Beharrung eingetreten ist, auch den Hahn bei F luftdicht ab.
Ist die Wassertiefe so gross, dass der ganze Apparat untertaucht, so bläst man in
das Mundstück m Luft hinein und schliesst dann die beiden Hähne. Zur Ablesung ist
im letzteren Falle das Herausnehmen des Apparates aus dem Wasser notwendig.
Der Beiwert fi in der obigen Formel muss für jedes Instrument besonders be-
stimmt und von Zeit zu Zeit kontrolliert werden, indem man im stehenden Wasser das
Instrument mit verschiedenen bekannten Geschwindigkeiten bewegt, h abliest und /*
daraus ermittelt.
Der Nachteil der Darcy sehen Röhre ist, dass man schwer genaue Ablesungen
machen kann, weil der Wasserspiegel in den Röhren fortwährend schwankt. Diese Er-
scheinung hat ihre Ursache zum Teil in dem Umstände, dass meistens in dem Wasser
viel Luft enthalten ist, was die Wassersäule elastisch macht und ferner besonders darin,
dass, wie zuerst 1847 von Baumgarten gefunden und später von Harlacher nach-
gewiesen wurde, sich das Wasser nicht völlig gleichmässig bewegt, sondern pulsiert.
Diese Pulsationen sind in der Sohle am stärksten und nehmen nach der Oberfläche zu
ab. — Dennoch wird die Pitot-Darcysche Röhre viel verwandt, besonders bei Mes-
sungen in wenig tiefem Wasser und gerade zur Feststellung der Geschwindigkeit an der
Sohle und den Böschungen, weil man mit den Messflügeln der Sohle nicht so nahe
kommen kann, als mit der Röhre. Die Darcy sehe Röhre hat noch verschiedene Ver-
vollkommnungen erfahren, welche zu beschreiben hier aber zu weit führen würde100).
e) Flügelmessungen. Das vollkommenste Messinstrument ist bis heute der
Messflügel, meistens nach seinem Erfinder Woltm anscher Flügel genannt101). Das erste
Instrument, welches Woltm an verwandte, und dessen Kenntnis hier vorausgesetzt
werden mag, hat bis heute eine sehr grosse Reihe von Veränderungen und Verbesserungen
erfahren. Der hydrometrische Messflügel wird heute, je nach dem besonderen Zwecke, in
den verschiedensten Grössen und in der verschiedensten Ausrüstung geliefert. Von den
mechanischen Verbesserungen sind besonders hervorzuheben : Jeder neuere Flügel wird
mit einem Steuer versehen, um ein Gegengewicht gegen das Flügelgewicht zu bieten
und so ein Festklemmen beim Aufziehen und Herablassen des Flügels an der Führungs-
stange zu verhindern. Das Steuer bewirkt auch ferner, dass der Flügel sich mit den
Schaufeln nach vorne in der Stromrichtung einstellt.
Das Führungsseil beim Bewegen des Flügels an der Stange wird neuerdings viel-
fach in das Innere der Führungsstange gelegt, damit dasselbe nicht durch die Strömung
in Vibration versetzt wird und den Flügel beeinflusst.
Die Führungsstange wird unten mit einer Scheibe versehen, damit sie auf der
Sohle fest aufruht und nicht zu tief einsinkt und es wird auch wohl die Hülse, mit
welcher der Flügel die Führungsstange umfasst, mit einer Scheibe versehen, welche
verhindert, dass der Flügel der Sohle zu nahe kommt und Schaden leidet.
Die Achse des Flügels wird mit Stahlspitzen in Achatlagern geführt, um die
Empfindlichkeit des Instrumentes zu steigern.
Die Form der Flügel wird so gewählt, dass sich treibende Pflanzen nicht leicht
an den Flügelschaufeln festsetzen können. Anstatt die Flügelschaufeln aus Bronze zu
machen, werden sie zum Teil heute aus Aluminium hergestellt. Allerdings sind die An-
ioo) Ann. des ponts et chaussees. 1885. IL S. 697—724 und Deutsche Banz. 1887. S. 249—251.
ioi) Woltman, Theorie and Gebrauch des hydrometrischen Flögeis. Hamburg 1790.
21)2
I. Theodob Koehm. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeine«.
sichten über den Wert dieser Anordnung sehr verschieden. Schmidt101) fand, das
der mittlere Fehler eines Flügels mit Aluminiumschaufeln grösser war, als bei Bronze-
Schaufeln.
Abb. 21. Elektrischer Flügel von Amalor-Laffon. Die wichtigste Verbesaerang
a. euthvmagnt h. ¥trtiKiUfknl(L an dem Woltmanschen Flügel war
und hatlene. _ ftDer die, dass man das Instrument
mit einem elektrischen Zähl- oder
Signal - Apparat versah, so dass es
nicht mehr nötig war, den Flügel
behufs Ablesung ans dem Wasser
herauszunehmen. Farrand-Hay.
welcher 18C7 und 1868 mit zahl-
reichen hydrometrischen Arbeiten an
den Great Lakes (Nordamerika) be-
schäftigt war, bat zuerst einen Flügel
mit elektrischer Zählvorrichtung ver-
wandt. In Europa baute Arne ler-
Laffon in Schaffhausen den ersten
elektrischen Flügel (vergl. Abb. 24).
Ein kleiner, im Durchmesser etwa
12 cm grosser schraubenförmiger Flügel f
treibt ein Zahnrad s derart, das* das letz-
tere bei 100 Flügelumlliifeu eine ein Dg«
Umdrehung macht. Bei jeder solchen Um-
drehung berührt eine Naae z eine Kan-
taktfeder u and echlieest einen galvani-
schen Strom. Die Feder u ist in ihrer
Verlängerung t mit dem einen Stromleiter
verbunden, welcher iu der Batterie fahrt.
Der andere Leiter c iat an die Hfilae B
an geschlossen, in welcher der eine Leitung»
draht isoliert untergebracht iat und welche
gleichzeitig data dient, des Instrument an
einer viereckigen Uoiiatange d xu fahren.
Indem bei dem Eontakt bei x der Strom die
Magnetspule durchlauft, wird eine Fader an-
gesogen und bringt in dem Dache! g des Elek-
tromagneten eine rate Scheibe iur Erschei-
nung oder lisst sin Qlocbensignsl ertönen.
Dieser erste europäische Apparat wurde Anfang der 70er Jahre gebaut101). Seit
der Zeit sind noch viele und wesentliche Verbesserungen an dem Messflügel vorgenommen.
U. a. hat Harlacher einen Messllügel konstruiert — vergl. Abb. 25 — dessen Füh-
rungshülse entweder durch einen Arm in einen Schlitz der FübrungssUmge greift oder
durch einen an der stromabwärts gekehrten Seite der Stange befindlichen Wulst und
entsprechender Nute geführt wird. Der Flügel kann durch eine Windetrommel E
mittelst des Kabels C leicht auf- und abbewegt werden. An der Windetrommel be-
ioi) Schmidt, Die Gleichung des Woltmanschen Flugeis. Zeitsehr. des Vereins Deutscher
Ingenieare. 1805. & 9SS.
101) HOhlmenn, Ober Ameler-Laffon- Wo! tmanncbcn Flügel mit elektrischem Zlbl-
htitt. des Gewerbe- Vereins für Hannover. 1878. S. 12
§ -4-
Die technischen Vorarbeiten.
203
findet sieh eine Scheibe mit Skala und Zeiger, an welcher man die Stellung des Flügels jederzeit
ablesen kann. Die Flügelwelle trägt eine mit einem radiden Metallstreifen versehene Elfenbein-
scheibe auf welcher eine Metall-
Abk. 25. D« H.rL.h.r-rlmri. feder schleift, wihrend eraeweite
Feder, isoliert von der ersten, auf
der Flügelwelle schleift. Beide
Federn liegen in einem Strom-
kreise, der jedesmal geschlossen
wird, wenn die Feder auf der
Elfenbeinscheibe den Metallstreifen
berührt. Durch den Stromschiusa
wird ein H i p p scher Tourenzähler
so bewegt, dass ein Zeiger bei
jeder Flügelumdrehung um eine
Ziffer weiter springt. Wenn man
die Beobachtungszeit durch ein
Chronoskop misst und den Touren-
zähler gleichzeitig mit dem Chro-
noskop ein- und abstellt, so hat
man durch die Division der Touren
durch die Sekunden-Zahl direkt die
mittlere Tourenzahl pro Zeitein-
heit und daraus die mittlere
Wassergeschwindigkeit. Es werden auch Uhren zu den
Instrumenten der elektrischen Leitung mit selbsttätiger
Unterbrechung des Tourenzählers nach einer bestimmten
Zeitdauer mitgeliefert. Wenn man die Uhr und gleichzeitig
den Tourenzähler mit der Hand einrückt, so wird im
übrigen die Messung ganz automatisch vollzogen. Bei
grösseren Messungen und für solche von längerer Dauer
werden auch oft noch sogen. Chronographen verwandt,
welche auf einem Papierstreifen die Zahl der Umdre-
hnngen markieren und auf demselben Streifen daneben
mit Hilfe eines in besonderem Stromkreise liegenden Uhr-
werkes die Sekunden aufzeichnen.
Ganz neuerdings wird beim hydrographischen Zen-
tralbureau in Wien statt des Tourenanzeigers der Indi-
kator von Lauda104) verwandt, bei welchem die Wasser-
geschwindigkeit direkt auf dem Zifferblatt abzulesen ist.
Anstatt des an der Führungsstange auf und ab beweglichen Flügels, wird von
A. Ott in Kempten nach dem Vorschlage von Epper ein Flügelmesser mit beweg*
lieber Stange und festem Flügel geliefert105), vergl. Abb. 26, 27, 28, 29. Die Einrichtung
soll sich mit 8,0 m langer, vollständig tief gesenkter Stange bei 5.0 m Wassertiefe und
2,5 m/sek. Geschwindigkeit gut bewährt haben.
104) Wochenschrift für den öffentliche» Baudwnst. 1902. Heft 18.
10») Schreibung dea Instrumentes nach A. Ott, Kempten. Der in Abb. 26-
ond baaehriolMD« hjdmm et rieche Flügel gehört in den Instrumenten
-29 abgebildet« and
Gattung. Er
SIM I- TfewoDOR KoehH. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
D» Messung mit Flügeln kann von Brücken aus erfolgen oder von gekoppelten
Kftfcam, «wischen denen der Flügel und zwar möglichst weit nach vorn, aufgestellt wird.
MM* uf NB» fmhlngende, spitz eiförmige Stange von nahtlosem Stahlrohr von 54 X 27 X 3 mm Qaer-
•MBHII *»i bssitat eine tweiteilige, schragkantige Schaufel von 25 cm Steigung und 18 cm DuiiIjuiimm.
Abb. W. Hydrometrischer Flüge), Vit nat. Grösse Abb. 28. Vorrichtung tarn Anzeigen de« Etek
mit neuartigen Kontaktanordnungen und Halter nach wirtslaufens oder Scbankslns der Schaufel.
Epper von A. Ott, Kempten.
Abb. 29. Tablesu in Abb. 26, '/> n»t Grfs».
Der FlÜgelkorper besteht in äusserst solider Weise aus einem einzigen Rotgnas- Stock und i»t au/ dir
Stange nicht verschiebbar. Hierdurch wird ea ermöglicht, die sogen. Kontaktkammer auf die bist*"
Seite der Stange tu verlegen und den der Strömung zugekehrten Teil des Flugela volLrtlndig glatt in
halten. In Verbindung mit der sehr ig kantigen Schaufel wird auf die«« Weise du ao listige Anhing**
von kleinem Treibeeng an das Instrument auf das erreichbar geringste Haas beschränkt.
Die Kontsk Unordnung (durch 2 in der Abbildung weggelassene Klsppdeckel geschfltat) ist •*
eingerichtet, dsss sowohl mit Glockenaignalen nach einer grosseren Tourenzahl, als auch mit Susi*
§ 4. Die technischen Vorarbeiten. 206
Am einfachsten ist es stich bei I'lügelmessungen zur Auffindung der Lotrechten im
offenen Flosa einen Peildraht zu spannen, an welchem die Lotrechten markiert sind
am dr »hon gen beobachtet werden kann. Ausserdem ist sin Kontakt für A eisige der etwa rückwärts
laufenden oder schaukelnden Schaufel, wie sich dies bei Turin nenmesson gen häufig gibt, vorhanden.
Des gross« Zahnrad Z für Gloekensiguftle hat 100 Zahne und trlgt 4 Kontaktstift« 0, deren
eine Hälfte ans isolierendom Material (Elfenbein) besteht. Die Kontaktstifte lassen eich von hinten
leicht drehen und werden durch eine, in der Figur nicht sichtbare Plattenfeder in ihrer Stellang fest-
gehalten. Sind alle Stifte so gedreht, daas der Kontaktheb«! k Ober sämtliche leitende Umfangshftlften
gleitet, ho gibt die mit dem Flügel verbundene Glocke nach je 25 Umdrehungen der Achse ein Signal.
Dreht man bei 2 gegenüberliegenden Stiften die isoliert« Seite nach ansäen, so klingelt es nach j« 50 Um-
drehungen und kehrt man schliesslich 8 Isolierungen nach aussen, so erfolgt nach 100 Tonren ein Signal.
Man bat es mithin in der Hand, die Zeiten iwiscben 2 Signalen den jeweils herrschenden Wasser-
Abb. 27. Einzelheit des Meeeflugels nach Epper von A. Ott. '/• nat. Grosse.
gesch windigkeiten und der beabsichtigten Beobaohtungsdaner anzupassen. Dadurch werden bei geringen
Geschwindigkeiten zu lange Zeiten, bei grossen zu rasches Aufeinanderfolgen der Signale vermieden.
Es wird ausserdem der oft befolgte Modus entbehrlich, für grossere Geschwindigkeiten ein« Schaufel
tob grosserer Ganghöhe an benutzen.
EJne auf der Achse sitzende Nase berührt bei jeder Umdrehung eine Feder f nnd schlisset so den
Stromkreis, der den Tourenzähler betätigt.
Das Anzeigen des Rückwärtslaufens oder Schenkeln« der Schaufel wird durch die beiden runden
Scheiben B n. B bewirkt (Abb. 27 and 28).
R sitzt auf der Achse fest, 8 ist lose nnd drehbar in einem Bügel gelagert, liegt mit* ihrem
Kigni gewicht am Umfang von R anf nnd enthalt an 2 gegenüberliegenden Stellen Elfenbeineinlagen J.
Sie beiden Stifte I u. s, begrenzen die Drehung der Scheibe S derart, dass bei Vorwärtelsof der Achse
die Isolierung i auf R schleift (Stellung I), wahrend bei Rücklauf der leitende Teil von S anf R zo
stehen kommt (II). In letzterer Stellung wird ein Stromkreis geschlossen, der auf ein optisches Signal
wirkt, das in einem kleinen Tableau (Abb. 29), ähnlich denjenigen von Haus- oder Bahntelegraphen, be-
steht Läuft der Pingel normal, so zeigt sich im Ausschnitt des Kästchens ein schwarzes Feld; bei
Rücklauf erscheint «in rotes.
206 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
and sich wenn möglich, auch an diesem Draht bei den einzelnen Lotrechten mit dem
gekoppelten Kähnen einzustellen. Findet aber auf dem Flusse Schiffahrt statt, ein FalL
Es ist nicht beabsichtigt, die rückläufigen Touren zu zlhlen, was sich ohne Schwierigkeiten
machen liesse, sondern sie lediglich zu konstatieren. Wollte man sie zahlen und rechnerisch verwerte!,
so müsste der Flügel auch für Rücklauf tariert sein.
Bei der nur geringen Drehung, die S ausführeu kann, lässt sich auch jede hin- und herscbwingende
Bewegung der 8chaufel erkennen, solange sie wenigstens 7«o Umdrehung betragt.
Die elektrischen Verbindungen des Flügels mit den Zähl- und Signal- Apparaten gestalten akfc
sehr einfach (s. Abb. 27 u. 29).
Die isolierten Klemmen 25-1 -R entsprechen den Verbindungen von Glocke (Signal nach 25, 50
oder 100 Umdrehungen), Tourenzähler (Einzelumdrehungen) und Tableau für Rücklauf.
Die Klemme 0 ist vom Flügelkörper nicht isoliert und dient für die gemeinsame Rttckleitung
obiger Verbindungen. Als Leitung dient ein Kabel mit 4 isolierten, an ihren Enden gezeichneten Drahten,
das im Innern der Stange entlang und durch eine seitliche Öffnung in dieser dem Flügel zugeführt
wird. Auf diese Weise werden alle Störungen, die durch lose, ausserhalb der Stange zum Instrument
fahrende Drähte so gerne entstehen, vermieden.
Der Flügel ist schliesslich noch mit einem abnehmbaren sogen. Grundtaster versehen, der mit
Jer elektrischen Glocke in Verbindung gebracht, diese zum Ertönen bringt, sobald das Instrument am
Grund aufstösst Hierdurch ist eine vollständig zuverlässige Feststellung der jeweiligen Wassertiefe
ermöglicht
Die zum FlOgel gehörige Stange von eiförmigem Querschnitt kann bis 6 m Länge in einem
Rohrstack geliefert werden. Grössere Längen werden aus zwei Röhren zusammengesetzt. Der Ver-
bindungsbolzen ist dann durchbohrt, um dem Leitungskabel Durchgang zu gestatten. Die Stange ist in
cm geteilt, von dem zu dem mit tiefgravierter, deutlicher Bezifferung versehen und ausserdem von 5 zo
5 cm gebohrt. Für Verschiebung und Feststellung der Stange in den erwünschten Tauchtiefen fftr den
Flügel dient ein besonderer, auf einem kräftigen Brett montierter Halter, dessen Einrichtung aus Abb. 26
deutlich ersichtlich ist
Auf dem Rahmen C ist umlegbar und mittelst Dosenlibelle einstellbar der Ständer D befestigt
auf dessen Kopf platte sich der Aufsatz A einschieben und durch einen Stift befestigen lässt. R, D ond
A besitzen an ihren übereinanderliegenden Vorderkanten Vertiefungen, in die sich die Flügelstange legt
Diese Vertiefungen und die ebenfalls dem Querschnitt der Stange entsprechend geformten Riegel r, r
geben dieser die nötige Führung. Auf die Stange festklemmbar sind zwei kräftige, mit Scharnieren ver-
sehene und mit starkem Kernleder gefütterte Muffen M u. Mt, von denen jede, wenn richtig angesogen,
die hängende Stange zu tragen vermag. Mt trägt ausserdem ein dem grossen Rohr parallel laufendes
Stahlrohr von 20 mm Durchmesser und ca. 21/« m Länge, das gleichfalls in entsprechenden Ausschnitten
von C, D u. A gleitet. Am unteren Ende dieses Rohres ist eine Öse einschraubbar, in der ein 4 mm
starkes Drahtseilchen befestigt ist, das hinter der Stange entlang (in der Abbildung nicht sichtbar) zu
einer von der Kurbel K angetriebenen, mit Sperr- Rad versehenen Welle führt. Es kann also das dünne
Rohr mittelst der Kurbel gehoben und gesenkt werden und mit ihm, wenn Mt fest gezogen ist, das
grosse mit dem Flügel. Ober dem Flügel ist noch eine Hülse H auf die Stange gesteckt, die seitlich
2 Ösen für dünne Seile trägt, mittelst welcher die tiefgesenkte Stange von zwei Messgehilfen mit
Leichtigkeit von seitlichen Ausbiegungen gewahrt werden kann.
Die Handhabung der ganzen Einrichtung ist ungefähr folgende:
Nachdem das Leitungskabel durch die Stangen gezogen und diese zusammengesetzt sind, werden
Seilhülse und Flügel aufgesteckt und befestigt die Stange in den zurecht gestellten Halter gebracht,
durch einen Sicherungsstift am Tiefgleiten gehindert und die Riegel geschlossen. Nun wird Muffe M
über die Stange gelegt und festgeklemmt; alsdann das Drahtseil am unteren Ende der kleinen 8tange
befestigt diese (bei geöffneten Riegeln) in ihre Führung, M, um die grosse Stange gelegt und beides
versichert Ist das Ganze in die vorher bezeichnete Messtelle gerückt, das Halterbrett noch etwas be-
schwert und sind die nötigen Verbindungen mit der Batterie hergestellt worden, so kann die Messung
beginnen. Mu.M, werden gerade soviel gelöst, dass das Gestänge durch sein Gewicht sinken kann,
nachdem der oben erwähnte Sicherungsstift gezogen worden ist, M sitzt nun oben auf A, M, auf M
auf. Die Stange gleitet langsam weiter, bis sie am Grund aufstösst, was sich durch Ertönen der Glocke
kund gibt Mt wird nun festgeklemmt und die Stange mittelst Kurbel eben soviel gehoben, bis dw
Glocke verstammt (ca. 0,5 cm). Der Flügel befindet sich nun im ersten Messpunkt, dessen Lage an der
Stangenleitung abgelesen wird.
§ 4. Die technischen Vorarbeiten. 207
der für Wasserkraft-Anlagen selten in Frage kommt, so mnss man an einem oder beiden
Ufern feste Fluchtpunkte ' aufstellen, nach denen sich der die Messung ausführende
Ingenieur auf dem Messfahrzeuge in der Profillinie einfluchten kann106).
Man misst in jeder Lotrechten die Geschwindigkeit an der Oberfläche derart,
dass die Achse des Flügels ca. 0,15 m unter der Oberfläche liegt und an der Sohle so,
dass sich die Flügelachse ca. 0,15 m über der Sohle befindet Die Einteilung der
zwischen diesen beiden Lagen befindlichen Wassertiefe t wird auf Grund der Profil-
peilung für jede Lotrechte vorher bestimmt und zwar möglichst so, dass man von der
Sohle beginnend, eine weitere Ablesung im Abstand von 0,30, 0,60, 1,00, 1,50, 2,00,
3,00 m usw. macht. Jede Messung in einer Lotrechten muss mindestens zweimal
gemacht werden, weil sonst Fehler zu leicht übersehen werden können. Man misst des-
halb in der Regel einmal abwärts und einmal aufwärts. In jeder Höhenlage wird die
Umdrehungszahl des Flügels während ca. 2—3 Minuten gezählt. Als Eontrolle wird
man meistens, bevor man die Lotrechte verlässt, noch die mittlere Geschwindigkeit
direkt messen und zwar in der hierfür massgebend erachteten Höhe über der Sohle
(0,368 t). Da auch bei Doppelmessungen noch erhebliche Fehler vorkommen können,
ist es sehr zu empfehlen, am folgenden Tage zwei weitere Kontrollmessungen vorzu-
nehmen. Es ist natürlich sehr zeitraubend und auch sehr kostspielig, diese Einzel-
messung in jeder Lotrechten durchzuführen. Ausserdem ist die Wahrscheinlichkeit bei
lange dauernden Messungen grösser, dass sich die Wasserstands- und .Gefällsverhält-
nisse während der Messung ändern und dadurch die Verwertung der gewonnenen Resul-
tate sehr erschweren. Es wird deshalb nicht selten anstatt der Einzelmessung die so-
genannte mechanische Integration vorgenommen, indem man den Flügel vom Wasser-
spiegel bis zur Sohle ganz gleichmässig hinabgleiten lässt und alsdann zur Kontrolle
den Flügel mit derselben Geschwindigkeit wieder hebt. Hierbei wird erwartet, dass
die mittlere Tourenzahl des Messers in der Zeiteinheit, der mittleren Geschwindigkeit
in der Lotrechten entspricht. Die für solche Messungen bestimmten Flügel (Integrier-
instrumente) sind mit besonderen Aufzugsvorrichtungen — vergl. Abb. 30 — versehen,
welche die Gleichmässigkeit der Senkung und Hebung gewährleisten. Amsler-Laffon
bauen z. B. einen solchen Flügel nach dem System Eger bei welchem die an einer
Seite aufgeschlitzte, hohle Führungsstange im Innern eine Schraubenspindel aus Messing
mit flachem Gewinde trägt, in welches einige, an der Gleithülse des Flügels befestigte
Zähne eingreifen. Durch jede volle Drehung der Schraubenspindel wird der Flügel
um 1 cm gehoben oder gesenkt.
«
Ist diese Messung durchgeführt, so wird zum nächsten Punkt hochgezogen. Das Mass der Ver-
schiebung, die mit einemmal bis 1,2 m betragen kann, wird an einer cm-Teilung der kleinen Stange
abgelesen und an derjenigen der grossen kontrolliert. Ist die Messung im zweiten Punkt beendet, so
wird M festgeklemmt, um die Stange am Tiefgleiten zu hindern, bis Mi gelöst, niedergeschoben und zn
neuem Hochzug befestigt ist. In dieser Weise wird die Vertikale durchmessen, bis im letzten Punkt
die Flügelschaofel eben noch unter der Wasseroberfläche steht. Hierauf wird die ganze Einrichtung in
die nächste Vertikale verschoben und das Verfahren in der gleichen Weise wiederholt.
Selbstredend kann auch von der Oberfläche aus nach der Tiefe gemessen werden. In diesem
falle wird die Muffe Mt mit dem kleinen Rohr je um die gewünschten Abstände lose hochgezogen,
dann festgeklemmt und gesenkt, bis sie auf M aufsitzt. M bleibt während des jeweiligen Hochzuges
von Mi angezogen.
Durch Einstecken eines Sicherungsstiries Ober den beiden Muffen vor dem Heben und Senken
der Stange wird jedes zufällige Tiefgleiten derselben verhindert. Vergl. auch Schweiz. Bauz. 1906.
Heft 14 und 15.
1^6) R, Jasmund, Handbuch der Ingenieurwissenschaften. III. Teil. Der Wasserbau. 4. Aufl.
1. Bd. 3. 444 ff.
208 I. Theodor Koehh. Ausbau von Wasserkräften, Axlgemeines.
Über den Genauigkeitswert der mechanischen Integration schwanken die An-
sichten noch. Harlacher hat sie empfohlen. R. Jasmund107) ist der Meinung, dass
. . . _ . „ . die Ergebnisse derselben
Abb. SO. Integrierflngol, Syetem Eger von J. Amsler-Laffon 4 Sohn, _ ,_. _ ,
BcbaShuMi iSeiwrä). meistens zu gross werden.
Es ergibt sieb aus der
Natur des Flügels, dass jedes
Instrument besonders tariert
werden muss und dass föi
jedes Instrument besondere
Formeln aufzustellen sind, nach
denen man aus der Umdre-
hungszahl die WasBergeschwin-
digk'eit berechnet. Von den
Lieferanten wird jedes Instru-
ment tariert und die Formel
nebst den Zahlwerten mitge-
liefert. Nach längerem Ge-
brauch oder nach einer Be-
schädigung und Reparatur mnss
das Instrument von neuem
tariert werden.
Die Formel für die Be-
ziehung zwischen Wasserge-
schwindigkeit und Umdrehungs-
zahl wird verschieden angegeben.
Harlacher108) rechnete
meistens mit der Formel
v = a + bn, worin n die Um-
drehungszahl und a und b be-
stimmte Zahlenwerte bedeuten.
— Lahmeyer108) legte von
vornherein die Formel v = a
4- bn + cn* zu Grunde. Die
gleiche Grundform empfiehlt
Rate au. Hörne mann110),
Weisbach111) und Baum-
garten befürworten als Grund-
iormel v = bn -j- /as + ch*.
10!) Handbuch der Inge-
nieur Wissenschaften. III. Teil. Der
Wasserbau. 4. Aufl. I. Bd. S. 428.
loa) Harlacher, Die Messungen in der Elbe und Dur.au. Leipsig 1881. S. 24.
109) Lshmsyer, Erfahr iwgoresultato über die Bewegung des Wassere in Flnesbetten und
Kanälen. BrsanBcnweig 1645. S. 53.
no) Bornemann, Hydrometrie. Freiberg 1349. S. 104.
ul) Weisbach, Lehrbuch der Ing, und Maschinen- Mechanik. I. Teil, 5. AiiH. Leipiig 1870.
S. 1147.
9
-j
k.
1
/
>
, 1
| 4. Die tjbchdibchkn Vorabbeitbn. 309
R. de la Brosse1") spricht sich für die lineare Gleichung nach Har-
lacher ans.
Neuerdings hat Epper durch Versuche der Prüfungsanstalt in Bern festgestellt,
dass die Flägelkurven nur bei kleineren Wassergeschwindigkeiten von 0,50 m/sek. und
weniger und bei Geschwindigkeiten von etwa 3,0 m/sek. und mehr, Unregelmässig-
keiten zeigen und von der linearen Gleichung abweichen. Die Abweichung bei der
kleinen Geschwindigkeit beruht wohl auf dem Einfluss der Trägheit der Hassen und
der Reibung in der Ruhe. Worauf die Abweichungen bei den grossen Geschwindigkeiten
zurückzuführen sind, ist noch nicht vollkommen klargestellt.
Meistens tragt man die Tarierungsergebnisse graphisch derartig auf, dass man
die bekannten Geschwindigkeiten als Ordinalen nnd die festgestellten Umdrehungen in
der Sekunde als Abszissen auftragt und zwischen den erzielten Punkten eine Mittellinie
zieht, nach welchen man bei den Flügelmessungen im Flusse die Wassergeschwindig-
keiten aus der Umdrehungszahl direkt ablesen kann. Die Tarierung der Fliigelmesser
erfolgt in stehendem oder wenig bewegtem Wasser, indem man das Instrument an ge-
eigneten Vorrichtungen mit bekannter Geschwindigkeit durch das Wasser zieht und
die Umdrehungszahl des Flügels in der Zeiteinheit feststellt. Steht das Wasser nicht
ganz still, sondern fliesst ein wenig, so ist, wenn man das zu tarierende Instrument in
der Stromrichtung bewegt, die Geschwindigkeit des Wassers von der Geschwindigkeit
der Bewegung abzuziehen, umgekehrt zuzuzahlen, wenn man den Messer gegen die
Stromricntong bewegt.
Ist der Wasserstand während der Messung in einem Messprofil derselbe geblieben,
so ist die Errechnung der mittleren Geschwindigkeiten in den einzelnen Lotrechten aus
den Kurven der Vertikalgeschwindigkeiten verhältnismässig einfach und schnell durch
Division der Fläche f der Vertikalgeschwindigkeitskurve mit der Afcb „ Knrren der mittl
Wassertiefe t zu finden; »»=-• Wenn man sich, wie bereits Vertikdgeschwindisk.it«!.
oben erwähnt, damit begnügt, die von einer Parabel oder loga-
rithmischen Linie begrenzte Vertikalgeschwindigkeits -Fläche
in Trapeze zu zerlegen, so ist es wohl zweckmässig, bei Flügel-
messnngen, die in Höhe von 15 cm unter dem Spiegel und in
15 cm über der Sohle gemessenen Geschwindigkeiten derart
als mittlere anzusehen, dass man die Fläche in Höhe von 0,15 m
vom Spiegel und in Höhe von 0,30 m von der Sohle ans als '
Rechtecke misst Nach Berechnung aller mittleren Vertikal-
geschwindigkeiten trägt man dieselben an der Wasserspiegellinie
des Querprofils in den einzelnen Lotrechten nach oben auf und
verbindet die Endpunkte durch eine Kurve, welche eine Ähn-
lichkeit mit der Gestalt der Sohle haben wird (vergl. Abb. 31).
Planimetriert man die Fläche, welche von der Kurve der mittleren
Vertikalgeschwindigkeiten eingeschlossen wird, und dividiert sie durch
die Spiegelbreite B des Messprofils, so erhält man die mittlere Profil-
geschwindigkeit und kann nunmehr die sekl. Wassermenge aus Q = F.v
berechnen, worin F die Fläche des Flussprofils an der Messtelle, v die
mittlere Geschwindigkeit in dem Messquerschnitt bedeuten.
u») De la ßroaie, fondea bydrologiquee d'un baaein de moatagne. Cumpte rendu des travanx
da eoDgree de U Honüle blanche. Granobil» 1902. Premier Volume 8. 171.
HaaihKfc d« Ins -Wluauth. in. Teil. i*. Bd. 14
210 I. Theodor Koehh. Ausbau von Wasserkräften. Allg
Man kann aber auch die Entfernungen zwischen den einzelnen Lotrechten des
Messquerschnittes, in denen Geschwindigkeitsmessungen ausgeführt wurden, halbieren, fir
jede Lotrechte die zwischen den beiden nächstgelegenen Halbierungslinien befindliche
Teililfiche des Querschnitts berechnen und mit der mittleren Geschwindigkeit dar be-
treffenden Lotrechten multiplizieren. Man erh< dann
und es ist die mittlere Geschwindigkeit im Messquerschnitt, welche man meistens ab
„mittlere Profilgeschwindigkeit" bezeichnet': v = ^— r.
•
Die Berechnung der mittleren Vertikalgeschwindigkeiten stösst
aber auf Schwierigkeiten, wenn der Wasserstand sich während der
Messung erheblich ändert. In Gebirgsflüssen mit Speisung aus Gletschern und
aus Schneemassen schwankt an sonnigen Tagen der Wasserstand innerhalb 24 Stunden
nicht unerheblich, weil sich in der Nacht die Schmelze von Schnee • und Eis und der
sich daraus ergebende Wasserzufluss stark verringern. Wenn vor und während der
Messung grössere Niederschläge gefallen sind, so kann gleichfalls während einer Messung
in einem Messprofil der Wasserstand recht erheblich schwanken.
Um nun im Falle einer Messung bei schwankendem Wasserstande
die sekl. Wassermenge des Messprofils bezogen auf einen gemittelten
Wasserstand zu erhalten, kann man entweder aus den ständlichen Pegelablesungen den
mittleren Wasserstand für die Zeit der Messung ermitteln und diesen in den Querschnitt
der Messteile eintragen, oder man bildet zunächst, wie für den Fall des unveränderten
Wasserstandes beschrieben, die 2(fvm), indem man für die Berechnung der Teilflächen
f'n lv2, P8 usw. den wirklichen Wasserstand in der betreffenden Lot-
rechten bei der Messung und ebenso die sich aus der Messung direkt
ergebenden Werte für die mittleren Vertikalgeschwindigkeiten jeder
Lotrechten zugrunde legt. Auf diese Weise erhält man zunächst einen Annähe
rungswert für die sekl. Wassermenge Qm = 2 (f v'm ). Wenn man dann jedes einzelne
Produkt i\ . v'm ; f8 . v'^ etc. mit seiner bei der Messung festgestellten, auf den Null-
punkt bezogenen Wasserstandshöhe, h\, h't, h'8 usw. in m multipliziert und dann
2 (P v'm hO mit Q» dividiert, so erhält man die mittlere Wasserstandshöhe h für die Ge-
samtmessung.
Die letztbeschriebene Ermittelung des mittleren Wasserstandes ist insofern ge-
nauer, als dem Wasserstande der einzelnen Lotrechten, das ihm zukommende Gewicht
für die Berechnung der Gesamtwassermenge gegeben wird. Für die Feststellung der
mittleren Profilgeschwindigkeit des Messquerschnittes hätte man nunmehr auf der mittleren,
dem Werte von h entsprechenden Wasserspiegellinie nach oben in den einzelnen Lot-
rechten die mittleren Vertikalgeschwindigkeiten aufzutragen und daraus die Kurve der
mittleren Vertikalgeschwindigkeiten zu konstruieren. Hier stellt sich nun aber
noch die weitere Schwierigkeit heraus, dass die aus der Messung ge-
fundenen mittleren Vertikalgeschwindigkeiten zunächst noch auf den
mittleren Wasserspiegel der Messung reduziert werden müssen. Da
sich die Vertikalgeschwindigkeitskurven in ein und derselben Lotrechten bei verschiedenen
Wasserständen nach dem Ergebnis zahlreicher Messungen nicht ähnlich zu sein brauchen,
ist eine genaue Reduktion der mittleren Vertikalgeschwindigkeit schwer durchführbar.
§ 4-
Dm
• :r it. fr :i -k
VOBABBBTTBN.
211
Bezeichnet (v'J die gesuchte mittlere Vertikalgeschwindigkeit beim umgerechneten
Wasserstande, v'» die gemessene mittlere Yertikalgeschwindigkeit, t' die gemessene
Wassertiefe, (tf) die umgerechnete Wassertiefe} so kann man nach Harlacher setzen:
Der Beiwert a muss durch den Vergleich mit den mittleren Vertikalgeschwindig-
keiten ans Messungen bei anderen Wasserstanden in derselben Lotrechten hergeleitet werden.
Da man für die Zwecke von Vorarbeiten eine ganze Anzahl Wassermessungen in ein
und demselben Messquerschnitt zu machen hat, so ergibt sich das hierfür nötige Be-
obachtxmgsmaterial von selbst. Da man ferner in der Regel die an einem Tage vor-
genommene Messung wenn irgend möglich am anderen Tage zur Kontrolle wiederholt,
so wird man, sofern man den Verlauf der Wasserstandsschwankungen einigermassen im
voraus übersehen kann, tunlichst die Reihenfolge der Messungen in den einzelnen Lot-
rechten der Zeit nach so vornehmen, dass man das gewünschte Vergleichsmaterial erhält
Abb. 32. Darstellung der Isotaeheen in einem Fluasprofil.
i w m w r
i
/
i
/
Am besten ist es natürlich, wenn man zur Vermeidung derartiger, immerhin unsicherer
Umrechnungen die Messungen und Eontrollmessungen bei ein und demselben Wasser-
stande durchführen kann.
Die grosse Erschwerung in der Verwertung der Messresultate bei starker schwan-
kendem Wasserstande während der Messung haben dazu geführt, dass man in solchen
Fallen Messmethoden bevorzugt, mit welchen sich die Messung eines ganzen Messquer-
echnittes in kürzerer Zeit durchfuhren lässt, als es bei Einzelmessungen mit dem Flügel
möglich wäre. Besonders werden Messungen mit Schwimmern mit geringer Eintauchung
zur Feststellung von vs resp. v« und die Reduktion dieses Wertes auf die mittlere Vertikal-
geechwindigkeit vm, sowie die direkte Messung von vm durch Stabschwimmer und mit
Integrierflügeln bevorzugt (vergl. S. 196, 197 und 207).
Erwähnt sei noch, dass man aus der Kurve der mittleren Vertikalgeschwindigkeiten
vergl. Abb. 31) auch eine Wassermengenkurve graphisch darstellen kann. Aus der
Kurve der mittleren Geschwindigkeiten lässt sich für jede Tiefe t die zugehörige mittlere
Vertikalgeschwindigkeit va abgreifen. Werden die Produkte von t und vm für die einzelnen
vertikalen Teillinien des Messquerschnittes gebildet und nach unten von der mittleren
Wasserspiegellinie in einem passenden, aber natürlich für alle Vertikalen gleichen Mass-
14*
212
L Theodob Kosh*. Ausbau von WABsmntlFTKN. Al&qeiieinbb.
stabe aufgetragen, so ergibt die Verbindungslinie der Endpunkte die Wassermenge»-
kurve, deren Flächeninhalt die Grösse der seid. Wassermenge Q darstellt.
Zar anschaulichen Darstellung der Geschwindigkeiten in einem Querprofil ver-
bindet man durch Kurven die Punkte gleicher Geschwindigkeit in den einzelnen Verti-
kalen, Auf diese Weise entstehen Bilder nach Abb. 32 und man bezeichnet die Kurven
gleicher Geschwindigkeit als Isotacheen.
Abb. 88 ii»). Abfliissmengenkurre der Isere bei ^fr haben uns nun zu erinnern, das
GwnoUe, g^ichaet weh 16 Flügeltüren. der ^^ ^ Wa8germe88angen ^ ^
Beziehung zwischen dem Wasserstande und
den sekl. Wassermengen für den Mess-
querschnitt zu finden, damit man aus den
Wasserstandsablesungen direkt die cbm/sek.
nach einem graphischen Masstab oder
nach einer Tabelle bestimmen kann. Das
Einfachste ist die graphische Dar-
stellung einer Abflussmengen-
kurve. Wenn man die Wasserstände
als Abszissen und als Ordinaten die er-
mittelten cbm/sek. aufträgt und zwischen
den so erhaltenen Punkten eine Mittellinie
hindurebzeichnet (vergl. Abb. 33), so kann
man mit Hilfe dieser Linie für jede be-
liebige Wasserstandshöhe h die entsprechen-
den cbm/sek. ablesen. Solche Abfluss-
mengenkurven haben ihre konvexe Seite
immer nach der Achse der Wasserstände zu,
zeigen aber bei plötzlichem Profilwechsel
an breiten Bermen und in Ausuferungshöhe s-förmige Knicke. Einige Autoren nehmen
an, dass die Abflussmengenkurve einer Gleichung von folgender Form entspricht
Q = a + bh + ch*u*)
und entwickelten nach der Methode der kleinsten Quadrate unter Einsetzung aller für Q
und h aus den Messungen gewonnenen Werte die Zahlenwerte für a, b und c.
In der Regel kann man aber für diejenigen Wasserstandshöhen, deren Wassermengen
von besonderem Interesse sind, die Gleichung der Abflussmengenkurve als linear be-
trachten und setzen: Q = a-f-b, h (vergl. die gestrichelte Linie d in Abb. 33).
Sowohl nach der quadratischen, als nach der linearen Gleichungsform sind für
eine ganze Reihe von Messteilen, u. a. an deutschen und französischen Flüssen, die Zahlen-
WassersimcUkoßtt ov m*hm
"*) R. de la Brosse. fitude hydrologique d'un bassin de montagne. Compte rendu des
traraux du congres de la Honille blanche. Premier volume 8. 178. Grenoble 1902.
u*) Statt der oben genannten Gleichungsform wird auch die Formel Q = C . (h ± i)' ange-
wendet, indem man annimmt, daas das Messprofil sich als Parabel mit lotrechter Achse darstellen laset»
deren Scheitel um % über oder unter dem Nullpunkt des Pegels liegt
Oder die Form Q = B.t'v indem angenommen wird, dass das Messprofil sich als Rechteck
darstellen laset t bedeutet die Wassertiefe. Diese Form ist von Boussinesq in seiner „Theorie des
eaux coarrantes" und auch von Tolkmltt in seiner „Wasserbaukunst" empfohlen.
Oder die Form Q = C(h±z)nf wenn nach Harlacher (Die hydrometrischen Arbeiten in der
Elbe bei Tetschen. Prag 1888) die allgemeine parabolische Kurve nter Ordnung zugrunde gelegt wird.
Näheres Aber die theoretische Begründung dieser Formeln siehe R. Jasmund, Gewässerkunde,
Handb. der lngenieurw. 8. Teil. Wasserbau. 4. Aufl. Bd. L S. 298.
§ 4. Die technischen Vorahbetten. 213
werte von a und b beziehungsweise a, b und c ermittelt. So z. B. für die Isere bei
Grenoble in den Formeln: Q «= 72 + 202,5h + 7,6 hf und Q = 29 -f 250h; nnd für den
Rhein bei Düsseldorf bei +3,50 m am Pegel Q = 301,8 + 120,18 h + 41,698h».
Man kann aber auch noch init för unsere Zwecke ausreichender Genauigkeit nach
der Grundformel Q = F . c . VR J für die verschiedenen Werte von h die Werte von Q
ermitteln nnd tabellarisch zusammenstellen, so dass man mit Hilfe einer solchen Tabelle
für jede Wasserstandsablesung sofort die seid. Wassermenge erkennen kann. In der
Formel bedeuten bekanntlich:
F den wasserberührten Querschnitt in qm,
c einen Beiwert,
F
R den hydraulischen Radius = - , wenn p den benetzten Umfang in m be-
deutet nnd J das Gefälle auf einen Meter in m.
Es werden zunächst aus den Peilungen des Messquerschnittes die verschiedenen
Werte Ton F und R für die verschiedenen Werte von h berechnet und man nimmt
dann an, dass innerhalb gewisser Stufen von h die aus den Spiegelnivellements, und aus
den Pegelablesungen bei den Wassermengenmessungen selbst gewonnenen Werte von J
unveränderlich bleiben. Ebenso nimmt man an, dass die aus den Wassermengenmes-
sungen ermittelten Zahlenwerte von c innerhalb derselben Stufen von h die gleichen
bleiben.
Die graphische Methode führt aber bei weitem am schnellsten zum Ziel und
liefert so sichere Resultate, dass man ihr fast immer den Vorzug gibt.
Über die Darstellung der taglichen sekl. Wassermengen eines Beobachtungsjahres
ist bereit* das Erforderliche S. 140 und 141 mitgeteilt Man sucht in der Kurve
der sekl. Wassermengen eines Jahres die horizontalen Linien der
355tägigen, der neunmonatlichen und der sechsmonatlichen Wasser-
menge auf, bestimmt dadurch ihre Zahlenwerte und übersieht dann
zugleich, wenn es sich um Aufspeicherungsanlagen bandelt, welchen
Bedarf zur Auffüllung der niedrigen Wasserstände man hat und über
welche Zuflussmengen man für die Aufspeicherung verfügen kann (verl.
Kap. IQ, 1. B. Talsperren).
Es sei hier nur noch kurz wiederholt, dass aus den Kurven der täglichen sekl.
Wassermengen die Dauerlinien herzuleiten und darzustellen sind.
Zum Schluss mag noch erwähnt sein, dass wiederholt versucht worden ist, die
sekl. Wassermenge durch quantitative Analysen festzustellen. So schlugen die fran-
zösischen Ingenieure Detienne "und Leclerq vor, eine bestimmte Menge Kalk in
Lösung dem Wasser zuzusetzen und alsdann an einer unteren Stelle, bis zu welcher
man eine vollkommene Vermischung des Flusswassers mit der Lösung voraussetzen
könne, Proben zu schöpfen und aus dem Grade der Verdünnung auf die Wassermenge
zu schliessen. Praktisch brauchbare Resultate scheinen aber diese und ähnliche Methoden
bis jetzt noch nicht gegeben zu haben.
6. Die künstliche Regelung der sekL Wassermengen durch
Seeregulierungen.
I. Vorarbeiten.
Wir haben in dem vorigen Abschnitt gesehen, dass die sekL Mengen des M.W.
d. h. diejenigen, welche das ganze Jahr hindurch im Durchschnitt fliessen müssten, um
214 L Theodor Koehn. Ausbau ton Wasserkräften. Allgemeines.
die Jabresabflussmenge zu ergeben, in 4er Regel während zwei Drittel des Jahres nicht
erreicht während ein Drittel des Jahres aber erheblich überschritten werden.
Die sekl. Mittelwassermenge schwankt etwa zwischen dem Zweifachen und
12 fachen der Niedrigwassermenge, während die sekl. Hochwassermengen, namentlich
kleinen Yorflntgebieten , bis zu dem 2300 fachen der sekl. Niedrigwassermengen empor-
schnellen können. Bei allen Flüssen wechselt Wassermangel mit Wasserüberflnss jüb.
Es liegt deshalb anf der Hand, dass es wünschenswert ist, den Über-
flnss zur Beseitigung des Wassermangels zu verwenden. Je unregelmässiger
sich dieser Wechsel durchschnittlich während eines Jahres abspielt, um so weniger ist
die Wasserkraft wert und um so schwieriger wird der Betrieb. Die Schwankung zwischen
der 356 tagigen, der neunmonatlichen und sechsmonatlichen sekl. Wassermenge ist daher,
wie bereits mehrfach hervorgehoben wurde, ein wichtiger Masstab für die Beurteilung
einer Wasserkraft Die Interessen der Eraftgewinnung verlangen einen
möglichst gleichmässigen Abflussvorgang.
Die Gleichmäßigkeit des Abflusses wächst im allgemeinen mit der Grosse der
bewaldeten und in landwirtschaftlicher Kultur befindlichen Flächen des Vorflutgebietee.
Der mit Moos und Waldstreu bedeckte Boden der Wälder und die in Kultur befind-
lichen Flächen der Äcker wirken als grosse Schwämme, welche die Niederschläge fest-
halten und nur allmählich abgeben.
Die verheerenden Hochwasser, welche besonders um die Mitte des vorigen Jahr-
hunderts an den französischen Gebirgsflüssen oft zu beklagen waren, hatten jedenfalls
z. T. ihre Ursache in der systemlosen Entwaldung ihrer Vorflutgebiete.
Es liegt ausserhalb des Bereiches der Aufgaben des Ingenieurs, auf diesem Ge-
biete aktiv mitzuwirken, auch handelt es sich um weit ausschauende Massregeln, welche
nur im Laufe von Jahrzehnten Erfolg versprechen.
Die Gleichmä8sigkeit des Abflusses hängt ferner ab von der Art der Verteilung
der Niederschläge auf die einzelnen Monate, sowie von der Neigung des Vorflutgebietea
gegen den Flusslauf. Die beiden letztgenannten Umstände bedürfen nur der tatsäch-
lichen Feststellung, entziehen sich aber naturgemäss jeder merkbaren Einwirkung durch
menschliche Tätigkeit.
Die Gleichmässigkeit des Abflusses wächst aber ganz besonders mit der Grösse
der im Yorflutgebiet vorhandenen Gletscher und Seen. Die Natur hat bisher dem
Menschen nicht gestattet, auf das Wachsen und Abnehmen der Gletscher Einfluss zu
gewinnen, dagegen kann der Ingenieur die ausgleichende Wirkung vor-
handener Seen künstlich vergrössern und neue Sammelbecken schaffen.
Aus der Grösse der Oberfläche eines Sammelbeckens ergibt sich ohne weiteres,
wieviel Wasser man in cbm bei einer gewissen Stauhöhe aufspeichern könnte und aus
der Division dieser Wassermenge mit der Zeit in Sek. erkennt man überschläglich den
Zuwachs, welchen man für die sekl. Niedrigwassermenge gewinnen kann. Liegt ober-
halb einer Flusstrecke, welche für eine Wasserkraftanlage in Aussicht
genommen ist, eine grössere Seefläche, so ist jedesmal die Frage, in-
wieweit die Abflussverhältnisse durch den See künstlich zu regeln sind,
mit in den Bereich der Vorarbeiten zu ziehen.
Alle Fragen, welche künstliche Sammelbecken wie Talsperren und Stauweiher be-
treffen, werden in Kap. HI, 1 B und C besonders behandelt und es kann hier darauf
verwiesen werden. Beschäftigen soll uns hier vielmehr nur die Regelung der Abfluss-
verhältnisse durch künstliche Anlagen an vorhandenen Seen.
§ 4. Die technischen Vorarbeiten. 215
Für den regulierenden Einfluss der Seen ist das grossartigste Beispiel der Welt
dar Niagarafluss, welcher bei M.W. etwa 11000 cbm/sek. führt115). Er wird gespeist fcus
dem Erie-, Huron-, Michigan- und Snperior-See mit zusammen 231 880 qkm Oberfläche,
so dass etwa 47,4 1/sek. pro qkm Seefläche bei M.W. abfliessen. Das Vorflutgebiet der
4 Seen misst etwa das Vierfache der Seeoberfläche, so dass der Abfluss bei M.W. etwa
11,85 l/sek./qkm beträgt. Von dieser sekl. 'Wassermenge weichen die N.W.- und H.W.-
Menge nur so wenig ab, dass* die H.W.-Menge nur etwa das Zweifache der N.W.-Menge
ausmacht. Aus dem Saperiorsee mit 88630 qkm fliessen durch den St. Marystrom in
den Hnronsee bei N.W. 1400 cbm/sek. oder 16,7 l'sek. pro qkm Seeoberfläche, bei
H.W. 3300 cbm/sek. oder rund 40 I/sek. pro qkm Seeoberfläche, so dass hier der
Unterschied zwischen N.W. und H.W. auch nur das 2,4 fache beträgt.
Während die Rhone bei H.W. im Jahre 1888 zeitweise 2200 cbm/sek. dem Genfer
See mit 582,36 qkm Oberfläche zuführte, sind nie mehr als 700 cbm/sek. aus dem See
bei Genf abgeflossen.
In den LagoMaggiore sollen beim höchsten beobachteten H.W. etwa 10000 cbm/sek.
geflossen sein. Die grösste Abflussmenge soll aber nie mehr als 5000 cbm/sek. be-
tragen haben.
Die sekl. Wassermenge der Aare bei Wangen wird durch den Thuner-, Brienzer-
trad Bieler-See so ausgeglichen, dass während der Jahre 1893 — 1898 als kleinste sekl. Wasser-
menge 75,0 cbm, als neunmonatliche 100 cbm, als höchste etwa 1464 cbm gemessen wurden,
so dass die höchste Hochwassermenge noch nicht ganz das 20 fache des niedrigsten
Wassers betrug, eine für einen Gebirgsfluss niedrige Zahl.
Für eine Seekorrektion zu Zwecken von Kraftgewinnung sind im
wesentlichen dieselben technischen Vorarbeiten nötig, wie für eine
Wasserkraftanlage an fliessendem Wasser, nur dass sie noch umfang-
reicher werden.
Zunächst sind die Eigentumsverhältnisse des Sees und seiner Ufer
festzustellen, damit man übersehen kann, ob eine Regulierung des Wasserspiegels nicht
von vornherein auf unüberwindliche Schwierigkeiten stösst.
Die Grösse des Sees und seines Vorflntgebietes wird man meistens für die Vor-
arbeiten aus vorhandenen Karten mit ausreichender Genauigkeit ermitteln können. Sel-
tener findet man schon genauere Peilungen der Seesohle. Die Höhe des Niedrigwassers
an der Ausmündung des tiefst gelegenen Abflussgerinnes gibt meistens die Marke an,
bis zu welcher man äusserstenfalls die Wassermenge des Sees ausnützen kann, und es hat
deshalb in solchen Fällen für die Zwecke der Kraftgewinnung auch nur die genauere Peilung
der Seesohle bis etwa zu dieser Marke ein spezielles Interesse, während für die Er-
mittelung der Seetiefen unterhalb dieser Marke man sich mit verhältnismässig wenig
Peilstichen begnügen kann. Später wird allerdings noch von Fällen die Rede sein, wo
die beste Lösung in der Vergrösserung des Stauraumes durch Senkung des N.W.-
Spiegels gefunden wird.
Alle Seen erleiden in ihrer Sohle im Laufe der Jahre Veränderungen. Die haupt-
sächlichste Ursache dieser Veränderungen ist die Ablagerung des Geschiebes und der
Sinkstoffe, welche die Zuflüsse mit sich führen. An der Einmündung grösserer geschiebe-
führender Zuflüsse wird man immer in der Seesohle haldenförmige Ablagerungen mit
einer Rinne in der Verlängerung des Stromstriches des einmündenden Flusses feststellen
116) Professor Fritz, Zürich. Die 5 grossen Seen Kanadas. Petermanns Mitteilungen.
Bd. 28. Jahrgang 1882. 8. 57.
216 L Theodor Eoehv. Ausbau von WabbbrkbAftkx. Allgemeines.
•
können und es gehört mit zu den Vorarbeiten, das Wachsen dieser Halden durch j£
liehe Peilungen festzustellen. In der Regel wird allerdings die jahrliche Sohlen*
Veränderung infolge von Geschiebe nnd Sinkstoff-Ablagerungen nicht
so erheblich sein, dass sie bei den Zeitabschnitten, mit welchen bei
Anlage von Wasserkräften gerechnet wird, eine Bolle spielt.
Eine weitere Ursache der Veränderung der Seesohle kann der Pflanzenwuchs an
den Ufern sein. Aber auch aus dieser Ursache treten wesentliche Veränderungen nur im
Laufe von vielen Dezennien oder vielmehr Jahrhunderten auf, so dass man für unsere
Zwecke mit ihnen in der Regel kaum zu rechnen braucht.
Von grösster Wichtigkeit ist die Feststellung des Gefälles, welches
in dem aus dem See ausmündenden Wasserlauf nutzbar zur Verfügung
steht, denn jedes cbm Wasser, welches man in dem See aufspeichern
kann, hat einen um so grösseren Eraftwert, je grösser das Gesamt-
Nutzgefälle ist.
Die schwierigste und zeitraubendste Aufgabe bleibt auch bei einer Seekorrektion
die Feststellung der Zuflüsse und Abflüsse. Was die Zuflüsse betrifft, so wird man zu-
nächst versuchen, aus der bekannten Regenhöhe und aus der Grösse und Beschaffen-
heit des Vorflutgebietes Schlüsse auf die l/sek./qkm zu ziehen, welche bei dem 356 tägigem
N.W., bei M.W. und beim höchsten Wasser in den See fliessen, um die erste Übersicht
über die erreichbaren Kraftwirkungen und den Umfang der Bauwerke zu gewinnen.
Die 355tägige sekl. Wassermenge ist die Grundzahl, wie bei Kraftanlagen an
fliessendem Wasser. Je grösser diese Zahl ist, desto wertvoller ist an sich schon die natür-
lich vorhandene Kraft, aber es wird auch die Wirkung der zur Regulierung des Seespiegels
erforderlichen Stauwerke in gewonnenen PS» ausgedrückt, desto grösser und infolge-
dessen die Anlagekosten pro Einheit desto kleiner. Die l/sek./qkm bei M.W. muss man
kennen, um zu wissen, welche Wassermenge überhaupt im Jahresdurchschnitt für die
Aufspeicherung verfügbar ist. Die Kenntnis der l/sek./qkm bei höchstem Wasser
ist notwendig, um daraus die höchste Ordinate des Wasserspiegels zu finden.
Die genauere Kenntnis der Ab fluss Verhältnisse des Sees müssen dagegen
durch tägliche Beobachtungen während einer mehrjährigen Periode gewonnen
werden, sofern nicht ausreichendes Beobachtungsmaterial zur Verfügung steht Gleich-
zeitig damit sind die täglichen Schwankungen des Wasserstandes im Seespiegel selbst
durch Pegelbeobachtungen festzustellen. Wenn man Annahmen für Verdunstung und
Versickerung macht, kann man aus der Abflussmenge eines Tages und aus der Wasser-
spiegeldifferenz des Sees während derselben Zeit auch auf die Zuflüsse schliessen und
damit die aus den Regenhöhen schätzungsweise ermittelten Zahlen kontrollieren. Über
die technische Ausfuhrung dieser Vorarbeiten ist bereits das Erforderliche im voran-
gehenden Abschnitt mitgeteilt.
Bei Auswahl der Messtelle für die sekl. Abflussmenge muss man insofern beson-
dere Sorgfalt walten lassen, als man sich zu überzeugen hat, ob nicht unterirdische Ab-
flüsse von Erheblichkeit bestehen, welche erst mehr oder weniger weiter unterhalb in
den Abflusswasserlauf eintreten. Sind solche unterirdischen Abflüsse festgestellt, so ist
zu ermitteln, ob und inwieweit man in der Lage ist, sie zu schliessen oder ob es mög-
lich ist, die Wasserfassung so zu legen, dass man ihre Ergiebigkeit für Kraftzwecke
noch mitbenutzen kann.
Hat man die Zuflussverhältnisse eines Sees in den Hauptziffern, die Abflussver-
hältnisse und ebenso die Schwankungen des Seespiegels aber täglich festgestellt, so
§ 4- Die technischen Vorarbeiten. 217
man zunächst entscheiden, welche Auffüllung der 355tägigen kleinsten
sekl Abflussmenge des trockensten Jahres man aus dem künstlich regu-
lierten Staninhalte des Sees erzielen kann. Bedeuten:
H in m die Höhe des Wasserspiegels im See beim kleinsten sekl. Abfluss.
Hx in m die Höhe, bis zu welcher man den See normal stauen will,
Z den durchschnittlichen sekl. Zufluss in cbm während der Zeit t,
t die Zeit, während welcher man die kleinste sekl. Abflussmenge aufzufüllen hat,
in Sek.,
h' in m die Verdunstungs- und Versickerungshöhe während dieser Zeit t,
O in qm die mittlere Oberfläche des Sees,
so ist die aufgefüllte sekl. Wassermenge, welche sich beim (kleinsten) Zufluss Z erzielen
l&sst, in cbm
Qa=0 |H,-(H+h').jfZ
Diese Formel trifft allerdings nur zu, wenn während der ganzen Niedrigwasser-
periode aus dem See ein ganz gleichmässig grosser Zuschuss gegeben wird. Dieser Fall
-wird meistens da zutreffen, wo das Druckgefälle an den Turbinen von dem Wasserspiegel
im See nicht abhängig ist, wie z. B. bei der Anlage Chfevres (vergl. Kap. H, 15).
Andernfalls, wie z. B. meistens bei Talsperren mit dem Kraftwerk in der Nähe der
Sperre, wird Q variabel und muss auf andere Weise ermittelt werden (vergl. Kap. III,
1, B. Talsperren).
Die Unterlagen zur Feststellung von Ht ergeben sich am besten aus dem Profil der
taglichen sekl. Abflussmengen (vergl. Abb. 10. S. 140). Wenn man z. B. die 355tägige
sekl. Wassermenge eines Jahres auf die sechsmonatliche auffüllen wollte , so würden die
Flächen der betreffenden Jahreskurve, welche von der sechsmonatlichen Horizontalen
nach oben abgeschnitten werden, multipliziert mit dem Koeffizienten des Flächenwertes
in cbm/qmm, die zum Aufstau verfügbaren Wassermengen und die unter
der gedachten Horizontalen von ihr und der Wassermengenkurve eingeschlossenen Flächen,
die für die Auffüllung notwendigen Wassermengen ergeben. Gleichzeitig
kann man aus dem Profil die Zeit t bestimmen, während welcher man aus dem Stau-
raum auffüllen muss. Es ist bei Seeregulierungen zweckmässig, anstatt der Zufluss-
mengen die täglichen sekl. Abfluss mengen in Jahreskurven darzustellen, weil
in ihnen bereits die Abzüge für Verdunstung und Versickerung, die immerhin nur un-
sicher festgestellt werden können, gemacht sind. Die denkbar grösste gleichmässige
sekl. Wassermenge ist natürlich das sogenannte Mittelwasser, d. h. diejenige sekl. Wasser-
menge, welche unausgesetzt während des ganzen Jahres abfliessen müsste, um die ge-
samte Jahresabflussmenge zu erhalten. Diesen ideellen Grenzwert kann man aber prak-
tisch nie erreichen, einmal weil die Stauhöhe meistens zu gross werden würde und dann,
weil die Verluste durch Verdunstung und Versickerung grösser werden müssten, als sie
beim alten Zustande des Sees waren; denn durch den Stau werden grössere Flächen
für längere Zeit der Verdunstung ausgesetzt und ebenso findet in der Regel auch bei
höherem Wasserstande eine stärkere Versickerung statt.
Bei Feststellung der normalen Stauhöhe hat man ferner:
a) die geologische Beschaffenheit der Ufer,
b) ihre landwirtschaftliche Kultur,
c) die hygienischen Verhältnisse, und
d) die Kostenfrage der Seekorrektion
218 L Thkodob Eoehk. Ausbau voh Wasserkräften. Allgemeiwes.
zu berücksichtigen. Es können natürlich bei Einzelfallen noch andere besondere Rück-
sichten ausschlaggebend sein, aber es ist unmöglich und unnötig, diese hier alle auf-
zuführen.
a) Die geologische Beschaffenheit der Ufer muss besonders vom Gesichts-
punkte der Durchlässigkeit untersucht werden, um festzustellen, ob die Wasserverlofl&e
durch Versickerung oder direkte unterirdische Abflüsse bei höheren Wasserständen nicht
erheblich wachsen« Undichtigkeiten der Ufer können unter Umständen alle Rechnungen
illusorisch machen. Die örtliche Feststellung solcher Undichtigkeiten ist meistens sehr
schwierig, sofern sie nicht so stark sind, dass man in der Bewegung der Wasserober-
fläche ihre Wirkung erkennt.
Das sicherste Mittel zur tatsächlichen und quantitativen Feststellung der Undich-
tigkeiten ist die provisorische Schliessung der offenen Abflussteilen und Anstauung des
Seespiegels auf die projektierte Höhe. Durch die Beobachtung des Seespiegels, durch
die Messung der Abflüsse mittelst genauer Schützenöffnungen, welche in dem provisori-
schen Abflusswerk anzulegen sind, sowie durch die Messung der Zuflüsse und Ver-
dunstungen kann man dann die Undichtigkeiten feststellen. Aber dieses Mittel wird der
Kosten wegen nur selten und zwar bei kleineren Verhältnissen anwendbar sein. Es ge-
nügt aber auch, möglichst bei regenfreier Zeit, die möglichst genaue Messung der offenen
Abflüsse und Zuflüsse und die Beobachtung des Wasserspiegels im See vorzunehmen,
wenn der Seespiegel sich auf natürliche Weise infolge stärkerer Zuflüsse in der beab-
sichtigten Stauhöhe befindet. Die direkten unterirdischen Zuflüsse durch
das Grundwasser sind im allgemeinen nicht so bedeutend, dass sie nicht vernach-
lässigt werden könnten. Findet die Senkung des Wasserspiegels schneller statt, ab dem
Abfluss + Verdunstung — Zufluss entsprechen würde, so wprd man auf Undichtigkeiten
schliessen und auch den Einfluss derselben in cbm ungefähr ermitteln können.
Ein weiteres Mittel ist die Beobachtung aller kleinen Rinnsale in der Umgebung
des Sees, deren Speisung durch Sickerwasser aus dem See, ihrer Höhenlage nach mög-
lich ist. Tritt bei höheren Wasserständen im See ein vermehrter Abfluss in solchen
Rinnsalen auf, so ist zunächst die Möglichkeit ihrer Speisung durch Seewasser gegeben.
Die Tatsache der Speisung kann man dann unter Umständen durch Temperaturmessungen
des Wassers und Vergleiche mit der Seetemperatur oder durch Färbung des Seewassers
an verdächtigen Stellen konstatieren. Ist die Tatsache zweifellos festgestellt, so kann
man durch vergleichende Wassermengenmessungen auch Schlüsse auf die sekL Menge
des Seewassers ziehen, welches den festgestellten unterirdischen Weg nimmt. Die genaue
Nachfrage bei ortskundigen Leuten und die Mitarbeit eines Geologen ist hierbei unent-
behrlich.
b)Die landwirtschaftliche Kultur der Ufer kann, um nur ein Beispiel zu
nennen, in der Weise eine Rolle spielen, dass während der sommerlichen Niedrigwasserstände
im See auf den trocken gelegten Uferflächen unter Umständen Grasbau getrieben wird,
welcher durch die Seekorrektion unmöglich gemacht werden würde. Es wird sich also
unter Umständen um Schadenersatzansprüche oder um die Vergrösserung des Grund-
erwerbs handeln.
c) Sehr wichtig können die hygienischen Vorteile einer Seeregulierung werden,
besonders wenn grössere bewohnte Ortschaften sich in der Nähe des Seeufers befinden.
Es gilt allgemein ab anerkannt, dass eine möglichst kleine Schwankung im Grundwasser-
stande für die gesundheitlichen Verhältnisse eines Ortes am vorteilhaftesten ist. Man
wird deshalb, wenn die Umstände es wünschenswert erscheinen lassen, bestrebt sein,
S 4. Die technibcheh Vorarbeiten. 219
d«?n höchsten Wasserstand des Sees zu erniedrigen und den niedrigsten Wasserstand zu
erhöhen, um die Amplitude der Schwankung im Grundwasserstand zu verkleinern.
d) Da es schliesslich stets darauf ankommt, eine Seekorrektion mit Geldmitteln durch-
zuführen, welche noch mit dem wirtschaftlichen Nutzen des Unternehmens in einem
richtigen Verhältnis stehen, so wird man die Stauhöhe schon aus diesem Grund so zu
wählen haben, dass möglichst geringe bauliche Veränderungen am Seeufer nötig sind
und die Kosten der Abschlusswerke in vertretbaren Grenzen bleiben.
Wenn weder die hygienischen Rücksichten noch die Rücksicht auf die Uferge-
lände und deren Nutzung bei einer Seeregulierung mitsprechen, kann die beste Lösung
stach in der künstlichen Vergrösserung der Differenz zwischen H.W. und
U.W. gefunden werden, indem man entweder durch Errichtung einer Staumauer oder
eines Staudammes an der Austinssmündung den alten, höchsten Stauspiegel noch erhöht,
oder indem man umgekehrt den Ausfluss niedriger legt, also den niedrigsten Wasser-
stand vertieft, oder schliesslich, indem man beide Massregeln vereinigt. Sowohl die Er-
höhung, als auch die Erniedrigung des Wasserspiegels über die natürliche Grenze, welche
sich im Laufe der Zeit herausgebildet hat, erfordern aber ein sehr gründliches Studium
der Seeufer.
Von den Untersuchungen wegen der Durchlässigkeit der Ufer oei Erhöhung des
Seespiegels war schon die Rede. Ebenso wichtig ist die Feststellung, ob und wieweit
Rutschungen und Uferabbrüche durch die zeitweise Veränderung des Wasserstandes im
See und infolge deren des Grundwasserspiegels zu befürchten sind. Namentlich bei
Spiegelsenkungen können sich durch die Vergrösserung des Gefälles im Grundwasser
Ratschflächen bilden und Uferteile, welche bei dem alten N.W. noch im Gleichgewicht
waren, ins Rutschen geraten.
Meistens werden sich mit den Seekorrektionen neben der Kraftgewinnung auch
noch andere wesentliche Vorteile erzielen lassen.
Von dem hygienischen Vorteil der Regulierung des Grundwasserstandes war schon
die Rede.
Durch die Herabsetzung des höchsten Wasserstandes wird man nicht
selten grössere Flächen der dauernden wirtschaftlichen Benutzung zuführen können und
damit Vorteile für die Uferbesitzer erzielen, welche unter Umständen die Nachteile des
höheren normalen Staus mehr als aufwiegen.
Mit der Aufspeicherung des Wassers für Kraftzwecke lassen sich meistens auch
Wassermengen für Berieselungszwecke und für Wasserversorgungen etc gewinnen. —
Bei der Feststellung des Stauraumes, den man für die Auffüllung
der nutzbaren sekl. Wassermenge bei N.W. zu einer gewünschten Zahl
in cbm/sek. gebraucht, sind weiter noch zwei Gesichtspunkte zu be-
achten, von denen bis jetzt noch nicht die Rede war.
In erster Linie ist hier hervorzuheben, dass man meistens gezwungen sein wird,
im Interesse der Fischerei und aus Rücksicht auf Wassernutzungsrechte Dritter, sei es
im landwirtschaftlichen Betriebe, sei es für Triebwerke, eine minimale sekl. Wassermenge
ständig abfliessen zu lassen, gleichgültig ob bei einem projektierten Werke ein ständiger Kraft-
bedarf vorliegt oder nicht. Für die Bestimmung dieser minimalen sekl. Wassermenge werden
die aus den Wassermengenmessungen und Wasserstandsbeobachtungen gewonnenen und aut-
getragenen Kurven der täglichen durchschnittlichen sekl. Abflussmengen die nötigen und
sicheren Anhaltspunkte geben, insoweit es sich um Durchschnittswerte handelt. Hierbei wird
man aus praktischen Gründen nicht alle täglichen Veränderungen berücksichtigen können,
220 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
sondern Durchschnittswerte für die verschiedenen Monate ermitteln. Aber es kommt
hierbei auch auf die Verteilung dieser durchschnittlichen täglichen
sekl. Wassermenge auf die einzelnen Tagesstunden an.
Wenn man z. B. in einem Kraftwerk nur Tagesbetrieb hätte und Hesse wahrend
der 12 Tagesstunden die doppelte sekl. Wassermenge derjenigen, welche als die durch-
schnittliche eines Tages der betreffenden Zeitperiode vor Regulierung des Sees ermittelt
wurde, ab, so dass, wenn man während der Nachtstunden den Abfluss absperrte, in
24 Stunden doch ebenso viel Wasser abfliessen würde, wie vor der Regulierung, so
würde dennoch den Unterliegern nicht mit einer derartigen Regelung gedient sein und
sie könnten Schadenersatzansprüche erheben. Hätte das Kraftwerk z. B. seinen Be-
trieb zwischen 6 Uhr morgens und 6 Uhr abends, so könnten unter Umstanden an
einem unterliegenden Triebwerk die abgeflossenen Wassermengen erst zwischen 12 Uhr
mittags und 12 Uhr nachts eintreffen, der Unterlieger also behindert sein, mit seinem Betriebe
auch um 6 Uhr früh zu beginnen. Es sind daher bei dem Verbrauch des aufgespeicherten
Seewassers nicht allein der Betrieb des Kraftwerkes, sondern auch die Rücksichten auf
die unterliegenden Nutzungsberechtigten zu beachten. Oft kann sich als beste Lösung
ergeben, in dem Kostenanschlage des Projektes kleine Stauweiheranlagen für die unter-
liegenden Nutzungsberechtigten vorzusehen, in denen der zeitliche Ausgleich der Wasser-
mengen stattfinden kann. Auf diese Weise würde man dann die höchste Ökonomie in
der Ausnützung des Stauinhalts erzielen. Wenn z. B. ein Unterlieger einen Anspruch
auf mindestens 1 cbm/sek. während der Tagesstunden hätte, das Betriebswasser des
Tagesbetriebes des Kraftwerkes aber erst mit 6 Stunden Verspätung zu diesem Unter-
lieger käme, so müsste der Stauweiher mindestens 1 cbm . 6 . 3600 -f- A = 21600 cbm +
Verluste durch Versickerung und Verdunstung fassen können. In der Praxis werden sich
allerdings selten Fälle finden, wo die völlige Absperrung des Abflusses während der Nacht
statthaft ist
Der zweite hier noch zu besprechende Gesichtspunkt ist die Eisbildung. Die
Temperatur des Seewassers nimmt im Sommer von der Oberfläche nach der Sohle zu
ab, steigt dagegen im Winter bei starkem Frost von dem Spiegel nach der Sohle zu.
In Schichten von 60,0 m Tiefe und mehr bleibt Winter und Sommer die Temperatur
des See wassers ungefähr dieselbe, nämlich etwa 4° C. Das ist die Temperatur, bei
welcher das Wasser die grösste Dichtigkeit und das grösste spezifische Gewicht hat.
So wurden z. B. im Attersee in Ober-Österreich am 18. September 1891 bei einer
Lufttemperatur von 18,4° C folgende Temperaturen gemessen116):
in 5,0 m Tiefe 18,3° C; in 10,0 m Tiefe 17,7° C
„ 12,0 m „
17,6° C; „ 14,0 m „
15,8« C
„ 15,0 m „
12,0° C; „ 16,0 m „
11,4° C
„ 20,0 m „
7,8 ° C ; „ 30,0 m „
4,9° C
„ 40,0 m „
4,5° C; „ 60,0 m „
4,1» C
und in grösseren Tiefen etwa 4,0° C.
Umgekehrt wurde im Traunsee bei Gmunden am 7. März 1895 an der Ober-
fläche 0,3° C; in 10 m Tiefe 0,8° C; in 30,0 m Tiefe 1,0° C; in 40,0 m Tiefe
1,2° C; in 60,0 m Tiefe 3,8° C und darunter etwa 4,0° C festgestellt.
Im Sommer hegen also die wärmeren Schichten, weil sie leichter sind, über den
klüteren. Wenn aber die Lufttemperatur unter 4° C fällt, so kühlen sich zunächst die
ii«) P. Gerhardt, Handb. d«r lag.- Wissenschaften. HI. Teü. Wasserbau. 4. Aufl. 1. Bd. 3.112.
§ 4.
Die technischen Vorabbetten.
221
Abb. 84. Schema einer Hochflutkurve.
oberen Schichten ab und sinken unter, bis alle Wasserschichten auf etwa 4,0° abge-
kühlt sind. .Findet dann eine weitere Abkühlung an der Oberfläche statt, so werden
kahleren Schichten leichter und bleiben oben. Auf diese Weise wird das Zufrieren
ruhender Wasserflächen erklärlich. Auch die Beobachtung erklärt sich daraus,
dass das Zufrieren von Seeflächen am Ufer beginnt und allmählich nach den tieferen
Wasserstellen fortschreitet. Ist die Wassertiefe eines Sees grösser als 60,0 m, so hat
die Mehrtiefe auf die Eisbildung an der Seeoberfläche keinen Einfluss mehr117).
In der Regel werden in unseren deutschen Seen die winterlichen sekl. Zuflüsse
so grosse sein, dass die Ausnützung des Stauinhaltes zu ihrer Auffüllung nicht in Frage
kommt. Es wird deshalb die Frage der Eisbildung nicht so sehr in bezug auf die
sekl. Wassermenge von Interesse sein, als vielmehr wegen des Schutzes der Bauwerke
gegen Eisschiebungen. Im Gebirge da-
gegen, wo der Wassermangel mit der Zeit
des Frostes zusammenfallt, wird man bei
Berechnung des verfügbaren Stauinhaltes
eine Höhe abzuziehen haben, welche etwa
der stärksten bekannten Eisdecke ent-
spricht.
Über denhöchsten normalen
Stau wird sich der Seespiegel not-
wendigerweise bei allen Hoch-
wasserzuflüssen erheben, 'sofern
sie eintreten, wenn der Seespiegel
im höchsten normalen Stau liegt.
Eis ist an sich nicht nötig, diese Voraus-
setzung bei der Projektaufstellung zu
machen, weil Hochfluten nur stattfinden,
wenn nach mehrtägigen Regenperioden noch
sturzregenartige Niederschläge eintreten.
Man wird auch stets mit derartigen Wasser-
kraftwerken einen Regenmessdienst verbinden oder sich die rechtzeitige Kenntnis der
Regenhöhen des Yorflutgebietes von öffentlichen oder privaten anderen Messdiensten
verschaffen, so dass man auf den Eintritt von Hochfluten stets vorbereitet sein und
eine entsprechende Entleerung des Stauinhaltes rechtzeitig vorbereiten kann. Trotzdem
wird zur grösseren Sicherheit behördlicherseits oft verlangt werden, dass man den
höchsten normalen Stau bei Eintritt der höchsten Hochflut als vorhanden annimmt.
Zur Feststellung des denkbar grössten Zuflusses muss man aus dem alten, oder neu ge-
t • 3 Tagt /*Ji «. ttJhn
117) An dieser Stelle mögen einige Zahlen Aber Seetiefen eingefügt werden:
Es betragen die grössten Tiefen:
im Gardasee 630,0 m
im Neuenbarger-See
»
*
Lsgo Maggiore 865,0
Genfer-See 310,0
Lugano-See 288,0
Brientzer-See 261,0
Thuner-See 217,0
Yierwaldstitter-See 214,0
Zoger-See 198,0
, Züricher- See ,
„ Superior-See .
v Horon-See
, Ontario-See .
, Michigan-See
. Erie-See . .
153,0
143,0
810,0
300,0
220,0
200,0
85,0
m
*
P. Gerhardt, Handbach d. Ing.-Wissensch. Dritter Teil. Wasserbau. 4. Aufl. 1. Bd. S. 106.
222 I. Theodor Kobhk. Ausbau ton Wasserkräften. Allgemeines.
wonnenen Beobachtungsmaterial eine höchste Wassermengenknrre des Zuflusses (vergL
Abb. 34) darstellen mit der Zeit t als Abszissen und mit 1/sek. oder cbm/sek. als Ordi-
naton nnd danach die höchstmögliche Anschwellong des Sees berechnen, indem
gleichzeitig eine höchste durchschnittliche sekl. Abflussmenge während
Zeit zugrunde legt.
Zur Erleichterung der Übersicht mögen an dieser Stelle einige Angaben über die
Schwankungen des Wasserstandes in einigen unregulierten Seen Platz finden.
Im Bodensee war die grösste Schwankung des Seespiegels in einem Jahre 3,30 m
und zwar im Jahre 1821, die geringste im Jahre 1870 1,24 m. In dem 60 jibrigeo Zeit-
raum von 1817—1876 hat die durchschnittliche Jahresschwankung 2,12 m, die grösste
Schwankung überhaupt 3,90 m betragen118).
Im Züricher See betrug die grösste Schwankung 2,52 119), 110).
Für den Lago Maggiore betragen die gewöhnlichen Schwankungen 4,0 m, in sel-
tenen Fällen 6,0 m. Die höchste beobachtete Schwankung betrug 8,11 m.
Im Comersee beträgt die jährliche Schwankung gewöhnlich 3,0 m, ausnahms-
weise 4,0 m.
In den 5 grossen amerikanisch-kanadischen Seen sind die Schwankungen! mit
Bücksicht auf ihre gewaltige Wasseroberfläche erheblich geringer und betragen im Durch-
schnitt im
Superiorsee 0,39 m,
Michigan- und Huronsee 0,32 m,
Eriesee 0,40 m und
Ontariosee 0,48 m.
Diese Seen haben aber auch zusammen eine Oberfläche von 251700 qkm, d. h.
beinahe halb soviel, wie das deutsche Reich, so dass eine Erbebung des Wasserspiegels
von 0,30 m schon eine aufgespeicherte Wassermenge von 75510 Millionen cbm ergibt.
Bezeichnet man:
die höchste durchschnittliche sekl. Abflussmenge während einer
Hochflut mit Qm*x in cbm
die aus der Wassermengenkurve der Hochflut berechnete durchschnitt-
liche sekl. Zuflussmenge mit Z in cbm
die Spiegelhöhe über dem Nullpunkt am Pegel des höchsten nor-
malen Staus, welche bei Eintritt des Hochwassers als vorhanden
angenommen wird mit Ht in m
die höchste zulässige Stauhöhe mit Hg in m
die mittlere Seeoberfläche über dem normalen Stau mit 0 in qm
und die Zeit, während welcher die höchste Hochflut verläuft mit t in Sek.
so muss sein
Z . t =i= (H, — HJ . 0 + Qm« . t .
alsoH, = H t + (Z~^mJL) . t.
i>8) P. Gerhardt, Handbuch d. Ing.-Wissenscb. Dritter Teil. Wasserbau. 4. Aufl. 1. Bd. R HO.
M9) Wetli, Die Bewegung des Wasserstandes im Züricher See.
uo) Beutel i, Die Niveauaehwankungen in den 13 grosseren Schweizer Seen von J 867— 1886.
Mitteilungen der naturforecbenden Gesellschaft in Bern. 1888.
§ 4. Die technischen Vorarbeiten. 223
i einer Gestalt der Hochflut-Wassermengenkurve nach Abb. 34 würde die Zeit t,
e jn der Figur gekennzeichnet, zu wählen sein. In der obigen Formel ist voraus-
gesetzt, dass die baulichen Einrichtungen eine derartige Regelung des Abflusses zu-
n, dass von Beginn der Hochflut an bis zum Ablauf derselben durchschnittlich
sekl. zum Abflugs gebracht werden kann.
IL Die baulichen Einrichtungen.
Die baulichen Einrichtungen zur Regelung des Stauinhaltes eines Sees bestehen
wesentlichen darin, dass man alle erkennbaren Abflüsse so weit als möglich durch
Dämme oder Mauern schliesst. Ferner darin, dass man an einer oder mehreren Stellen
durch Anbringung von Schützen oder Schiebern, sowie von selbstätigen Überläufen in
und auf den Abschluss werken die sekl. Abflussmengen regelbar macht, schliesslich darin,
datss man den Abflusswasserlauf entsprechend der grössten sekl. Wassermenge korrigiert.
Die Grösse der Schützenöffnungen ist so zu wählen, dass die grösste für das
Projekt zugrunde gelegte sekl. Abflussmenge bei dem normalen Stau noch hindurch-
fliessen kann. (Über die Berechnung von Schützenöffnungen, vergl. Kap. III, 1 A, „Wehre"
und Kap. III, 3, „Schützen".)
Die Krone der neben den Regulierungsschützen stets vorzusehenden Überläufe
wird in der Regel auf den normalen Stauspiegel zu legen sein. Ist man in der Wahl
der Höhe H8, bis zu welcher der höchste Wasserspiegel über den normalen Stau an-
steigen darf, gebunden, H, also gegeben, dagegen in der Wahl der grössten sekl.
Abflussmenge mit Rücksicht auf die Verhältnisse im Unterlauf frei, so wird man die
letztere gleich der grössten sekl. Zuflussmenge wählen191) und daraus die Überlaufbreite
3 Z
b berechnen. Setzt man für Ho — H, =h, so ist b = - — — ™^.-_=r=. Diese grösste sekl.
2 n h V2 g h °
Menge Zm^ braucht man aber nicht gleich der Scheitelgrösse, sondern etwa gleich der
durchschnittlichen eines Tages während der höchsten Zuflüsse oder wenn das Seebecken
verhältnismässig klein ist, gleich der durchschnittlichen einer kleineren Zeitperiode,, z. B.
von 12 oder 6 Stunden anzunehmen. Man hat dann die absolute Sicherheit, dass der
Wasserspiegel die gewollte höchste Stauhöhe nur um kleine Werte übersteigen kann,
welche leicht zu übersehen sind und meistens vernachlässigt werden dürfen.
Ist man dagegen in der Wahl der grössten Stauhöhe H, frei, aber in bezug auf
die grösste Abflussmenge Qnax, gebunden, Qmax also gegeben, so wird man zunächst die
Stauhöhe H, und die Überfallhöhe h aus den Formeln
Hf = H1 + ^^n^)j^ und h = Ho— Et
ermitteln und dann die Breite des Überfalls b mit Berücksichtigung von Q».~ berechnen.
Dabei muss allerdings eine Bedienung der Schützen in der Weise vorausgesetzt werden,
dass von Beginn der Hochflut an Qmmx abgelassen wird und dass während des Ansteigens
des Sees die Schützen gedrosselt werden, bis sie endlich beim höchsten Stauspiegel
vollständig geschlossen sind.
Wegen der baulichen Einrichtung von Überfallen wird auf Beispiele in Kap. II,
sowie wegen der Bestimmung des Beiwertes ju zur Berechnung der Überfallbreite
auf Kap. III, 1 A „Wehre" und auf Kap. III, 2 „Werkkanäle" verwiesen.
i*i) Dieselbe iat aus der Waseermengenkurve der höchsten Fiat zu entnehmen, vgl. Abb. 34.
224 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Man hat vielfach versucht, die Schützen an solchen Regulierungswerken
nisch selbstwirkend einzurichten. Alle derartigen Vorrichtungen sind aber nicht sicher
genug und es wird deshalb empfohlen, die Hebung und Senkung der Schieber und
Schützentafeln entweder von Hand oder auf elektrisch-mechanischem Wege vorzusehen.
Im letzteren Falle können auch selbstwirkende Einrichtungen mit Erfolg verwendet
werden, vergl. Kap. EI, 3 „Schützen".
Da eine Seereguüerung einerseits meistens nicht allein für ein bestimmtes Kraft-
werk, sondern auch für alle ober- und unterliegenden Triebwerke die Vorteile besseren
Ausgleichs der sekl. Wassermengen bietet und ferner in der Regel mit derselben See-
regulierung zahlreiche andere Verbesserungen, sei es in hygienischer Beziehung oder für
landwirtschaftliche Zwecke oder für die Verminderung der Hochwassergefahren etc. ver-
bunden sind und da andererseits die Kosten oft so beträchtliche werden, dass sie ein
Interessent allein nicht tragen kann, so entsteht die Aufgabe, alle diese Vorteile mög-
lichst zahlenmäßig darzustellen und auf die einzelnen Interessenten in angemessener
Weise zu verteilen. Die Heranziehung der Interessenten zu der Anteilnahme an den
Kosten macht aber meistens die grössten Schwierigkeiten und erfordert ausserordentlich
viel Zeit. Als bester Weg zum Ziele zu gelangen, bietet sich meist die Bildung von
freien und, sofern die gesetzlichen Bestimmungen es erlauben, von Zwangsgenossenschaften,
in welcher Beziehung auf § 2 dieses Kapitels verwiesen werden kann.
III. Beispiele.
Nachdem nun die Vorarbeiten und die baulichen Einrichtungen bei Seeregulie-
rungen besprochen sind, mögen noch einige speziell hierher gehörige Beispiele kurz
skizziert werden:
a) Die Regulierung des Genfer Sees ist von der Stadt Genf im Anfang
der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts unternommen worden, weil die Höhe der
Niveaudifferenz von 2,60 m zu schweren hygienischen Nachteilen für die Stadt und ihre
Umgebung geführt hatte (vergl. Kap. II, 15, Beschreibung der Wasserkraft -Anlage
Chevres). Der Genfer See liegt etwa 372,0 m über dem Meere und hat eine Oberfläche
von 582,36 qkm. Durch die Regulierung ist die grösste Niveaudifferenz auf 0,60 m be-
schränkt. In dieser können noch rund 349500000 cbra zum Ausgleich der sekL Ab-
flussmenge aufgespeichert werden und es ist dadurch erreicht, dass man die frühere
sekl. Wassermenge bei N.W. von 50 cbm auf 100 cbm gehoben hat Durch diesen
ausserordentlich wirksamen Ausgleich hat nicht allein die Stadt Genf bei ihren Kraft-
anlagen in Coulouvreniere und Chevres gewonnen, sondern auch alle weiter unten
liegenden schweizerischen und französischen Kraftwerke, aber die Kosten hat die Stadt
Genf im wesentlichen allein getragen, da die direkten Vorteile aus der Regulierung für
sie allein gross genug waren, um die Ausgabe zu rechtfertigen.
b) Der Lac d'Annecy18*) (Haute Savoie, Frankreich), welcher 446,52 m über
dem Meere liegt und dessen Oberfläche ca. 2 700 ha misst, wurde bereits in den sieb-
ziger Jahren des vorigen Jahrhunderts nach einem Projekt des Ingenieurs Carnot
(späteren Präsidenten der Republik) reguliert. Bei dieser Regulierung hatte man aber
zu grosse Zuflüsse angenommen und die Regulierungs-Bauwerke auf zu grosse sekl. Ab-
flüsse eingerichtet, so dass der beabsichtigte Ausgleich nicht erzielt wurde.
i") Albert Crolard, Lm regulisation du d6bit des cours d'eau par le moyen dee bei etc.
Compte rendu des travaux du Congres de )a Hoaille Blanche, Premier Volume S. 196, Grenoble 1902.
§ 4. Die technischen Vorabbetten. 225
^Nach neueren Projektstudien, welche von einem Syndikat von Interessenten
während der Jahre 1899 — 1901 vorgenommen wurden, stellte man die mittlere Jahres-
Regenhöhe der drei Jahre auf dem 27040 ha grossen Vorflutgebiet auf 1355 mm fest128).
Von diesen Niederschlägen gelangten im Durchschnitt etwa 58% in den See. Es ergab
sich daraus eine mittlere sekl. Zuflussmenge von 6,9 cbm oder 25,5 1/qkm. Die kleinste
Znflnssmenge wurde auf 1,5 cbm oder 5,54 1/sek. pro qkm ermittelt. Während vor der
ersten Regulierung die grösste Niveaudifferenz des Sees 1,06 m betragen hatte, sieht
das Projekt eine höchste Differenz von 0,80 m vor, von welcher 0,65 m als Ausgleich-
raum für die Auffüllung der Niedrig-Wassermenge und 0,15 m für die Aufnahme grösster
Flutwellen des Zuflusses dienen sollen. Nach den Kurven der täglichen sekl. Zuflüsse
kann man durch den Ausgleichsraum von 17550000 cbm die sekl. Wassermenge bei
N.W. von 1,5 cbm während einer Periode von 80 Tagen auf 5 cbm bringen.
c) In seinem „Bericht über die Wasserverhältnisse Ostpreussens
und deren Ausnützung zu gewerblichen Zwecken" weist O. Intze nach,
dass man aus der mit dem Mauer- und dem Spirding-See in gleicher Höhe liegenden
Seengruppe der Masurischen Seen, welche unter sich durch Kanäle verbunden ist und
eine Oberfläche von 319 qkm hat, bei einer mittleren jährlichen Regenhöhe von 575 mm
in dem trockensten Jahre noch 12 cbm/sek. während 3600. Arbeitsstunden im Jahre er-
zielen kann, nachdem alle für die vorhandenen Triebwerke notwendigen Wassermengen
abgezogen sind. Durch Messungen ist festgestellt, dass aus den Seen von der mittleren
Regenhöhe im Jahresdurchschnitt 30°/o zum Abfluss kommen. Bei dem Intzeschen
Projekt ist es noch möglich, die höchste Fluthöhe der Seen, welche für die anliegenden
Ländereien erhebliche Nachteile im Gefolge hat, um 0,20 bis 0,30 m tiefer zu halten.
Als günstigste Lösung für die Errichtung eines Kraftwerkes fand Intze die Verlegung
desselben an den Engelsteiner See, welcher 35,0 m tiefer liegt, als der Mauer See.
Rechnet man mit einem Nutzgefälle von 33,0 m, so würde man mit 12 cbm/sek. für
3600 Arbeitsstunden im Jahre rund 4000 PSe gewinnen können. Die Kosten sind auf
2600000 Mk. veranschlagt, d. h. auf Mk. 650,0 für die effektive PS, bezogen auf 3600
Arbeitsstunden jährlich.
d) Aus der auf Seite 182/183 gegebenen Tabelle Nr. XXII, welche dem Bericht von
Prof. Holz „Über die Wasserverhältnisse der Provinz Westpreussen* ent-
nommen und durch die gleichfalls aus dem Bericht entnommenen Hochwassermengen
vom Verfasser ergänzt ist, erkennt man zunächst aus dem verhältnismässig kleinen
Schwankungen zwischen der N.W.-Menge und H.W.-Menge die ausgleichende Wirkung
der Seen in ihrem natürlichen Zustande. Man sieht ferner, wie durch die Regulierung
der Seen diese ausgleichende Wirkung noch erheblich gesteigert werden kann Je nach
der Grösse der Seen im Verhältnis zum Gesamt-Vorflutgebiet kann die N.W.-Menge in
l/sek./qkm um das 1,14 fache bis zu dem 3,2 fachen gesteigert werden. Die Zahlen in den
Spalten 17 und 18 der erwähnten Tabelle beziehen sich auf 24 stündigen Abfluss, was
noch besonders hervorgehoben werden muss. Es ist aber gerade der grosse Vorteil
solcher Sammelbecken mit regulierbaren Abflüssen, dass man die grösste Wasserökonomie
durchführen kann und das Wasser nicht gleichmässig während der 24 Stunden ablaufen
zu lassen braucht. Man kann sich vielmehr, abgesehen von einer gewissen minimalen
sekl. Wassermenge, welche meistens mit Rücksicht auf .die Hechte Dritter immer ab-
gelassen werden muss, ganz nach dem Betriebe richten und z. B. für einige Stunden des
123) Die mittlere Regenhohe aus 30jfthrigen Beobachtungen war früher in 1278 mm ermittelt
Handbuch der Ing.-WiMenfloh. HI. Tefl. 13. Bd. 15
326 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Tages w&hrend des grössten Kraftbedarfes ein mehrfaches der durchschnittlichen
an Kraft abgeben.
e) Die beiden grossen Wasserkraftanlagen bei Vizzola und Tur-
bigo der Societa Lombarda per Distribuzione di Energia Elettrica,
welche im Kap. II, 1 nnd 2 beschrieben werden, verdanken ihr verhall
grosses nnd gleichmässiges sekl. Wasser der regulierenden Wirkung des Lago
Beiläufig bemerkt liegen ähnlich günstige Verhältnisse auch für das bekannte
Werk der Mailänder Edison- Gesellschaft bei Paderno an der Adda vor, weil die seid.
Wassermenge der Adda durch den Lago di Gomo ausgeglichen wird. Schon seit An-
fang der neunziger Jahre ist von der Besitzerin des sogenannten Villoresi-Kanals, der
Societa Italiana per Gondotte d'Aqua, projektiert, den Lago Maggiore mit einer Ober-
fläche von 212,0 qkm durch Errichtung eines Wehres an seinem Ausflusse zu regulieren
und zum Ausgleich der regelmässig im Winter eintretenden niedrigen Wassennengen
einen nutzbaren Stauraum von 0,60 m Höhe zu schaffen. Durch denselben könnte wahrend
90 Tagen die bisherige kleinste Abflussmenge um ca. 15,5 cbm/sek. nach Abzug aller Ver-
luste ffir Verdunstung etc. vergrössert werden. Da die Periode des N.W. immer im Winter
eintritt, so spielt die Verdunstung keine erhebliche Rolle. Nimmt man an, dass von den
obengenannten 15,5 cbm/sek. etwa 5,5 cbm für den Villoresi-Kanal und sonstige landwirt-
schaftliche Zwecke und 10,0 cbm für Kraftzwecke verwendet würden, so könnte mit diesen
10 cbm die ständige Leistung der unterhalb der Wehrstelle bereits ausgeführten oder projek-
tierten Wasserkraftanlagen im ganzen um etwa 7000 PS« erhöht werden, weil das ge-
samte Nutzgefalle, wenn man die einzelnen Gefällstufen addiert, etwa 70,0 m ausmacht.
Die Begulierungskosten des Sees sind auf etwa 2,5 Millionen Lire veranschlagt, so dass
auf die PS, rund 360 Lire entfallen wurden. Das ist ein verhältnismässig geringer Preis,
wenn man bedenkt, dass es sich um eine ständige Wasserkraft handelt. Ausserdem
könnten, wie gesagt, der Villoresikanal und andere Bewässerungsanlagen am Tessin ans
der Regulierung Vorteil ziehen, weil sich der jetzige winterliche Wassermangel sehr oft
noch bis in den Monat März ausdehnt, wo eine Bewässerung der Wiesen und Felder
besonders erwünscht ist. Es könnte natürlich auch die für Bewässerungszwecke ver-
füg bare sekl. Wassermenge von 5,5 auf 16,5 cbm erhöht werden, wenn man anstatt
90 Tage nur 30 Tage Zuschüsse aus dem Stauraum entnimmt. Die grosse Schwierig-
keit, dieses Projekt zur Ausführung zu bringen, liegt zum Teil darin, dass zwei Staaten,
die Schweiz und Italien, interessiert sind, aber noch mehr in dem Umstände, dass es
noch immer nicht gelingen will, die verschiedenen Interessenten, zu denen auch die
Provinz Mailand und eine ganze Reihe von einzelnen am Tessinufer gelegenen Gemeinden
gehören, zu einer ihren Vorteilen entsprechenden Anteilnahme an den Kosten heran-
zuziehen. Das Projekt, welches wie bereits erwähnt, seit Anfang der neunziger Jahre
des vorigen Jahrhunderts fertig ist, könnte leicht in zwei Jahren ausgeführt werden, die
Verhandlungen aber über den Ausführungsplan und besonders über die Kostenverteilung
werden wohl das Zehnfache und mehr der voraussichtlichen Bauzeit erfordern.
f) Durch die Regulierung der Lacs de Joux et Brennet, Kanton
Waadt, Schweiz (vergl. Kap. II, 17) konnte nicht allein die 6,10 m betragende Schwan-
kung des Seespiegels auf 3,50 m ermässigt, sondern es konnte auch ein für die Regu-
lierung der sekl. Wassermenge verwendbarer Stauraum von 30000000 cbm geschaffen
werden. Die Oberfläche der beiden Seen, welche hauptsächlich durch die Zuflüsse der
Orbe gespeist werden, beträgt ungefähr 10,0 qkm und liegt etwas mehr als 1000,0 m
über dem Meere. Die grösste Tiefe der Seen beträgt 34,0 m, das Yorflutgebiet 211,0 qkm.
Die beiden Seen haben die Eigentümlichkeit, dass das Wasser nicht in einem offnen
§ 4. Die technischen Vorabbbtten. 227
Flosse abfliesst, sondern zum Teil seinen Weg unterseeisch, zum Teil durch 13 natür-
liche Überläufe (Entonnoirs), deren Wasser alsbald in den Spalten der umgebenden
Felsen verschwindet, nimmt. Erst 3—11 km unterhalb tritt es wieder aus dem Felsen
jus Quellen hervor und vereinigt sich zu dem Qrbeflusse. Als kleinste Zuflussmenge
wurde auf Grund der Vorarbeiten 460 1 oder 2,14 l/sek./qkm angenommen. Die grösste
Hochflut veranlasste eine Hebung des Seespiegels um 1,80 m innerhalb von 10 Tagen
und zwar im Oktober 1865. Es sind daher in diesen Tagen 18000000 cbm oder durch-
schnittlich 21 cbm/sek. oder rund 99 l/sek./qkm zugeflossen. Die Beobachtung des See-
w&sserspiegels hat gezeigt, dass ziemlich regelmässig während eines Jahres zwei Niedrig-
wasser-Perioden eintreten und zwar am Ende des Winters zwischen Anfang Januar und
Anfang April und im Herbst zwischen Ende September und Mitte Dezember. Ganz
regelmässig treten reichlichere Zuflüsse in den Monaten von Mitte April bis Mitte August
infolge der Schneeschmelze ein. Die sekl. Abflüsse konnte man in den sogenannten
Entonnoirs durch Messung einigermassen feststellen, die unterirdischen, nicht sichtbaren
Abflüsse aber nur aus den Beobachtungen des Seespiegels und den Vergleich mit den
zum Teil geschätzten Zuflüssen und den gemessenen, sichtbaren Abflüssen schätzen.
Während früher der See zwischen den Höhenkoten 1011,0 und 1004,90 schwankte, hat
man jetzt das höchste Niveau auf 1008,60 und das niedrigste auf 1005,0 festgelegt.
Wenn bei Eintritt einer Trockenperiode der ganze Stauraum von 30000000 cbm gefüllt
ist, so kann man während 120 Tagen 2,9 cbm/sek. zur Auffüllung des Wassers der Orbe
verwenden, in der Annahme, dass der geringste Zufluss von 0,450 cbm/sek. durch unter-
irdische Abflüsse und Verdunstung verloren geht. Der Stauraum der Seen stellt sich
bei den einzelnen Stauspiegeln wie folgt:
Hohe des Wasserspiegels Über N.N. Inhalt des Stauraames in cbm.
1005,0 0
1006,0 8200000
1007,0 16900000
1007,5 21500000
1008,0 25200000
1008,5 30000000.
Wenn der Stauspiegel bei Eintritt einer Trockenheit auf 1007,0 läge, so würde
aus dem Stauinhalt von 16900000 cbm noch ein Zuschuss zum Wasser der Orbe von
1,6 cbm/sek. während 120 Tagen gegeben werden können. Die Beobachtungen des See-
Wasserspiegels und der Zu- und Abflüsse haben gezeigt, dass man während des Betriebes
bei richtiger Bedienung der Schützen in der Lage sein wird, den Wasserspiegel bei Ein*
tritt der Trockenheit ungefähr auf 1008,0 zu halten. Das Nutzgefälle zwischen dem See-
sptegel und der Orbe unweit ihres Austritts aus dem Felsen beträgt 234,0 m, wenn
der Stauspiegel des Sees bei Beginn der Trockenperiode auf 1008,50 liegt, so dass man
bei 24 stündigem Betriebe während 120 Tagen allein aus dem Stauinhalt noch rund
6700 PS« leisten kann. Da man in Wirklichkeit keinen gleichmäßigen 24 stündigen
Betrieb hat, erhöht sich die Leistung entsprechend einer kürzeren Betriebsdauer. Die
Benutzung des Sees als Sammelbecken gestattet überdies beliebige Schwankungen in
der Kraftmenge während eines Tages ohne alle Wasservergeudung. Die Regulierung
ist so durchgeführt, dass man den Werkkanal für 21 cbm/sek., d. h. für den durch-
schnittlichen Zufluss während einer höchsten Flutperiode eingerichtet hat. Die Schützen-
anlage am Einlauf des Werkkanals liegt mit der Sohle 1,50 m unter dem tiefsten
Wasserspiegel. (Näheres vergl. Kap. II, 17.) Alle 13 natürlichen Überläufe sind durch
15*
218 L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
zu berücksichtigen. Es können naturlich bei Einzelfällen noch andere besondere Rück-
sichten ausschlaggebend sein, aber es ist unmöglich und unnötig, diese hier alle Auf-
zuführen.
a) Die geologische Beschaffenheit der Ufer muss besonders todi Gesichts-
punkte der Durchlässigkeit untersucht werden, um festzustellen, ob die Wasserverlaste
durch Versickerung oder direkte unterirdische Abflüsse bei höheren Wasserständen nicht
erheblich wachsen. Undichtigkeiten der Ufer können unter Umständen alle Rechnungen
illusorisch machen. Die örtliche Feststellung solcher Undichtigkeiten ist meistens sehr
schwierig, sofern sie nicht so stark sind, dass man in der Bewegung der Wasserober-
fläche ihre Wirkung erkennt.
Das sicherste Mittel zur tatsächlichen und quantitativen Feststellung der Undich-
tigkeiten ist die provisorische Schliessung der offenen Abflussteilen und Anstauung des
Seespiegels auf die projektierte Höhe. Durch die Beobachtung des Seespiegels, durch
die Messung der Abflüsse mittelst genauer Schützenöffnungen, welche in dem provisori-
schen Abflusswerk anzulegen sind, sowie durch die Messung der Zuflüsse und Ver-
dunstungen kann man dann die Undichtigkeiten feststellen. Aber dieses Mittel wird der
Kosten wegen nur selten und zwar bei kleineren Verhältnissen anwendbar sein. Es ge-
nügt aber auch, möglichst bei regenfreier Zeit, die möglichst genaue Messung der offenen
Abflüsse und Zuflüsse und die Beobachtung des Wasserspiegels im See vorzunehmen,
wenn der Seespiegel sich auf natürliche Weise infolge stärkerer Zuflüsse in der beab-
sichtigten Stauhöhe befindet. Die direkten unterirdischen Zuflüsse durch
das Grundwasser sind im allgemeinen nicht so bedeutend, dass sie nicht vernach-
lässigt werden könnten. Findet die Senkung des Wasserspiegels schneller statt, als dem
Abfluss + Verdunstung — Zufluss entsprechen würde, so wird man auf Undichtigkeiten
schliessen und auch den Einfluss derselben in cbm ungefähr ermitteln können.
Ein weiteres Mittel ist die Beobachtung aller kleinen Rinnsale in der Umgebung
des Sees, deren Speisung durch Sickerwasser aus dem See, ihrer Höhenlage nach mög-
lich ist. Tritt bei höheren Wasserständen im See ein vermehrter Abfluss in solchen
Rinnsalen auf, so ist zunächst die Möglichkeit ihrer Speisung durch Seewasser gegeben.
Die Tatsache der Speisung kann man dann unter Umständen durch Temperaturmessungen
des Wassers und Vergleiche mit der Seetemperatur oder durch Färbung des Seewassers
an verdächtigen Stellen konstatieren. Ist die Tatsache zweifellos festgestellt, so kann
man durch vergleichende Wassermengenmessungen auch Schlüsse auf die sekL Menge
des Seewassers ziehen, welches den festgestellten unterirdischen Weg nimmt. Die genaue
Nachfrage bei ortskundigen Leuten und die Mitarbeit eines Geologen ist hierbei unent-
behrlich.
b)"Die landwirtschaftliche Kultur der Ufer kann, um nur ein Beispiel zu
nennen, in der Weise eine Rolle spielen, dass während der sommerlichen Niedrigwasserstände
im See auf den trocken gelegten Uferflachen unter Umständen Grasbau getrieben wird,
welcher durch die Seekorrektion unmöglich gemacht werden würde. Es wird sich also
unter Umständen um Schadenersatzansprüche oder um die Vergrösserung des Grund-
erwerbs handeln.
c) Sehr wichtig können die hygienischen Vorteile einer Seeregulierung werden,
besonders wenn grössere bewohnte Ortschaften sich in der Nähe des Seeufers befinden.
Es gilt allgemein als anerkannt, dass eine möglichst kleine Schwankung im Grundwasser-
stande für die gesundheitlichen Verhältnisse eines Ortes am vorteilhaftesten ist. Man
wird deshalb, wenn die Umstände es wünschenswert erscheinen lassen, bestrebt sein,
§ 4. Die technische» Vorarbeiten. 219
den höchsten Wasserstand des Sees zu erniedrigen und den niedrigsten Wasserstand zu
erhöhen, um die Amplitude der Schwankung im Grundwasserstand zu verkleinern.
d) Da es schliesslich stets darauf ankommt, eine Seekorrektion mit Geldmitteln durch-
zuführen, welche noch mit dem wirtschaftlichen Nutzen des Unternehmens in einem
richtigen Verhältnis stehen, so wird man die Stauhöhe schon aus diesem Grund so zu
wählen haben, dass möglichst geringe bauliche Veränderungen am Seeufer nötig sind
und die Kosten der Abschlusswerke in vertretbaren Grenzen bleiben.
Wenn weder die hygienischen Rücksichten noch die Rücksicht auf die Uferge-
lände und deren Nutzung bei einer Seeregulierung mitsprechen, kann die beste Lösung
auch in der künstlichen Vergrösserung der Differenz zwischen H.W. und
N.W. gefunden werden, indem man entweder durch Errichtung einer Staumauer oder
eines Staudammes an der Ausflussmündung den alten, höchsten Stauspiegel noch erhöht,
oder indem man umgekehrt den Ausfluss niedriger legt, also den niedrigsten Wasser-
stand vertieft, oder schliesslich, indem man beide Massregeln vereinigt. Sowohl die Er-
höhung, als auch die Erniedrigung des Wasserspiegels über die natürliche Grenze, welche
sich im Laufe der Zeit herausgebildet hat, erfordern aber ein sehr gründliches Studium
der Seeufer.
Von den Untersuchungen wegen der Durchlässigkeit der Ufer oei Erhöhung des
Seespiegels war schon die Rede. Ebenso wichtig ist die Feststellung, ob und wieweit
Rutschungen und Uferabbrüche durch die zeitweise Veränderung des Wasserstandes im
See und infolge deren des Grundwasserspiegels zu befürchten sind. Namentlich bei
Spiegelsenkungen können sich durch die Vergrösserung des Gefälles im Grundwasser
Rutschflächen bilden und Uferteile, welche bei dem alten N.W. noch im Gleichgewicht
waren, ins Rutschen geraten.
Meistens werden sich mit den Seekorrektionen neben der Kraftgewinnung auch
noch andere wesentliche Vorteile erzielen lassen.
Von dem hygienischen Vorteil der Regulierung des Grundwasserstandes war schon
die Rede.
Durch die Herabsetzung des höchsten Wasserstandes wird man nicht
selten grössere Flächen der dauernden wirtschaftlichen Benutzung zuführen können und
damit Vorteile für die Uferbesitzer erzielen, welche unter Umständen die Nachteile des
höheren normalen Staus mehr als aufwiegen.
Mit der Aufspeicherung des Wassers für Kraftzwecke lassen sich meistens auch
Wassermengen für Berieselungszwecke und für Wasserversorgungen eto gewinnen. —
Bei der Feststellung des Stauraumes, den man für die Auffüllung
der nutzbaren sekl. Wassermenge bei N.W. zu einer gewünschten Zahl
in cbm/sek. gebraucht, sind weiter noch zwei Gesichtspunkte zu be-
achten, von denen bis jetzt noch nicht die Rede war.
In erster Linie ist hier hervorzuheben, dass man meistens gezwungen sein wird,
im Interesse der Fischerei und aus Rücksicht auf Wassernutzungsrechte Dritter, sei es
im landwirtschaftlichen Betriebe, sei es für Triebwerke, eine minimale sekl. Wassermenge
standig abfliessen zu lassen, gleichgültig ob bei einem projektierten Werke ein ständiger Kraft-
bedarf vorliegt oder nicht. Für die Bestimmung dieser minimalen sekl. Wassermenge werden
die aus den Wassermengenmessungen und Wasserstandsbeobachtungen gewonnenen und aut-
getragenen Kurven der täglichen durchschnittlichen sekl. Abflussmengen die nötigen und
sicheren Anhaltspunkte geben, insoweit es sich um Durchschnittswerte handelt. Hierbei wird
man aus praktischen Gründen nicht alle täglichen Veränderungen berücksichtigen können,
230 L Theodor Kobhn. Ausbau ton Wasserkräften. Alloeheikes.
sprechend zwei Dritte) nach Domene geführt werden. In der Nähe des Lac Cimet
liegt der Lac Blanc, welcher durch einen Tunnel mit dem Lac Crozet verbanden werden
soll. Das Projekt" für die Regulierung des Lac Crozet besteht darin, den natürlichen
Abflass dnrch eine Mauer zu sperren and dadurch den Wasserspiegel um 7,0 m über
seine jetzige Höhe zn erheben. Schon 1897 war für eine Wasserkraftanlage in Lancer
ein Tunnel angelegt, welcher 24,8 m unter dem bisherigen höchsten Niveau des Sees
ausmündet und die Verwendung des Seeinhaltes für Kraftzwecke gestattet. Dnrch den
Stau von 7,0 m glaubt mau wahrend der drei Wintermonate, in denen bisher Kraft-
mangel eintrat; die geringste sekl. Wassermenge auf 300 1/sek. bringen za können '").
Bis 1902 war die gewonnene Kraft nur in dem Kraftwerk von Lancey mit einem Nutz-
gefälle von 500,0 m ausgenützt. Das Projekt sieht aber zwei weitere KrafthJwiser
(vergl. Abb. 35 u. 36) mit 425,0 nnd 750,0 m Nutzgefälle vor. Mit 300 1/sek. konnte
man in allen drei Krafthäusern rund 5000 PS. erzeugen. Aach hier sind vor den
beiden unteren Kraftanlagen kleinere Ausgleichsbecken vorgesehen, damit dieselben ohne
Wasservergeudnng bei Beginn des Tagesbetriebes die nötige Wasserreserve so lange vor-
finden, bis das Wasser aus dem obersten Krafthause zu ihnen gelangt.
i) Zum Schlüsse mag noch kurz das Projekt der Regulierung des
Lac de la Girotte erwähnt werden, welches wegen der vorgeschlagenen
Art der Ausführung von Interesse ist. Der Doron ist ein kleiner Nebenfloss
des Arly, welcher an dem Abhänge des Mont
Blanc entspringt und unweit von Albertville in
die Isere einmündet. Das Vorflutgebiet des
Doron bis zum Arly beträgt etwa 280 qkm,
die durchschnittliche jährliche Regenhöhe etwa.
1750 mm. Der Doron durchfliegst in seinem
oberen Laufe den Lac de la Girotte, welcher
auf einer Höhe von 1736,0 m über dem Heere
liegt and eine Oberfläche von 568000 qm bat.
Die regulierende Wirkung dieses Sees zeigt sich
bereits darin, dass der Doron bei kleinstem
Wasser noch etwa 4 cbm oder rund 14 l/sek./qkm fuhrt. Das Vorflutgebiet des Sees
selbst beträgt etwa 4,644 qkm und die durchschnittliche jährliche Regenhöhe in dem-
selben liegt etwa auf 2000 mm. Die Seeufer bestehen aus festen undurchlässigen Felsen.
Man hat nun projektiert, von einer Stelle aus, welche ungefähr 70,0 m unterhalb des
Ausflusses des Doron aas dem Lac de la Girotte liegt, einen Tunnel nach dem See zu
treiben, dessen Scheitel sich 15,0 m unter dem normalen Wasserspiegel des Sees
befinden soll. Der bisherige Ausfluss des Sees selbst soll derart reguliert werden, dass
kein Wasser selbstätig durch ihn abfliesst, solange dieser normale Wasserspiegel nicht
überschritten wird. Auf diese Weise schafft man ein Ausgleichbecken von 6520000 cbm,
ans welchem man die niedrigste sekl. Wassermenge des Doron bei der Mündung während
80 Tagen auf etwa 6 — 7 cbm/sek. bei 24stündigem Betriebe erhöhen kann, indem man je
nach den Wassermengen im Flusse selbst, Zuschüsse von 500—3000 1/sek. gibt. Man
hat die Ausführung, und das ist das Interessanteste an dem Projekt, so vorgesehen,
dass man zunächst den Tunnel G, vergl. Abb. 37, macht, alsdann den Schieberschacht
i") Du Projekt rührt von dem Indnstrieilen A. Berges her, welcher den 1908 in GroveMo
abgehaltenen Congree de la Hooillo Blanche angeregt hat. Ob dae Projekt iniwieehen aoageflhrt ward«,
iet dem Verfaater nicht bekannt geworden.
§ 4. Die technibchen Vorarbeiten. 231
P ba>ut und schliesslich vor dem Schacht das Gebirge bei A von oben beginnend all-
mählich abbaut, indem man den Wasserstand im See durch den Schacht und den
Tunnel immer so weit senkt, als es für die Arbeit jeweilig notwendig ist.
*
7. Die Untersuchung des Baugrundes.
Alle Vorarbeiten, welche zur Untersuchung des Baugrundes für die Bauwerke
notwendig sind, müssen hier als bekannt vorausgesetzt werden. Soweit es im Rahmen
dieses Bandes erforderlich erscheint, werden im Kap. IH, 1 „Stauwerke", Kap. III, 2
„Werkkan&le" und Kap. III, 6 „Krafthäuser" noch einige diesbezüglichen Mitteilungen
gemacht.
Literatur-Angaben zu Kap. I, § 4. Die technischen Vorarbeiten.
«
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§ 5. Die wirtschaftlichen Vorarbeiten.
Die Betrachtungen über wirtschaftliche Vorarbeiten sollen sich erstrecken auf:
1. Anlagekosten, 2. Betriebskosten von Wasserkraftanlagen, 3. Ver-
gleich von Wärmekraftanlagen mit Wasserkraftanlagen, 4. Betriebskosten
von Wasserkraftanlagen mit Reserven in Wärmekraft-Maschinen, 5. Fest-
stellung des K-raftbedarfs und die Rentabilitätsberechnungen.
1. Die Anlagekosten.
Selten werden die Verhältnisse bei einem Projekte von vornherein so klar liegen,
dass nur eine einzige Lösung für den Ausbau der Wasserkraftanlage in Frage kommt,
vielmehr werden fast immer mehrere verschiedene Lösungen möglich erscheinen, und es
wird die Aufgabe des Ingenieurs sein, die beste herauszufinden.
Die erste und wichtigste Frage, welche eine Entscheidung erheischt, ist die, für
welche sekl. Wassermenge man den Werkkanal und das Druckrohr, sowie die Turbinen-
anlage einrichten soll. Hierbei sind die Dauerlinien der sekl. Wassermengen zu Rate
zu ziehen und die Anlagekosten mit der aus dem voraussichtlichen Kraftbedarf erziel-
baren Einnahme in das richtige Verhältnis zu bringen. Es können dann weiter, um
einige Beispiele zu nennen, die behördlichen Vorschriften und die Rücksichten auf die
Anlieger verschiedene Stauhöhen an einem Wehre zulassen, und wenn dann der Bau-
grund keine Beschränkungen auferlegt, so kann nur der wirtschaftliche Wert für die
eine oder die andere Lösung mit mehr oder weniger hohem Stau den Ausschlag geben
Nicht selten hat man sich zu entscheiden, ob man das vorhandene Gefälle in einer Stufe
oder in mehreren ausnützen soll; ob man mit einem langen Werkkanal ein grösseres
Gefälle erreichen, oder ob man sich zweckmässiger mit einem kurzen und billigeren Kanal
und entsprechend kleinerem Gefälle begnügen soll, ob eine Aufspeicherungsanlage wirt-
schaftlich zweckmässig ist, und wenn ja, in welcher Grösse usf. Die Praxis bietet eine
unendliche Mannigfaltigkeit der Aufgaben und mannigfaltig sind auch die Lösungen,
welche vom rein technischen Standpunkte aus gefunden und vertreten werden können,
aber es wird für jede Aufgabe immer nur eine wirtschaftlich beste Lösung geben.
Um den wirtschaftlichen Wert einer Lösung beurteilen zu können, ist
§ 5. Bis wirtschaftlichen Vorabbetten. 235
in erster Linie die Aufstellung eines Kostenanschlages notwendig. Es
kann hierfür ein überschläglicher Kostenanschlag genügen, da Zeit- und Geldopfer zu
gross sein würden, wollte man die verschiedenen Lösungen in allen Einzelheiten vor der
Auswahl durcharbeiten. Überschlägliche Kostenanschläge sind aber unbedingt erforder-
lich und sie können auf Grund genereller Projektskizzen angefertigt werden. In manchen
Staaten, wie z. B. Italien (vergl. S. 57) werden auch bei Einreicaung des Konzessions-
gesuches Kostenanschläge verlangt Bei Anfertigung überschläglicher Kostenanschläge
schleichen sich nun erfahrungsgemäss leicht, namentlich bei Ingenieuren, denen eine
grössere Erfahrung auf diesem Spezialgebiete fehlt, recht erhebliche Fehler ein, und es
wäre deshalb sehr wünschenswert, wenn dem Bauingenieur zur Erleichterung seiner Auf-
gabe Einheitszahlen für die Kosten pro PS# zur Verfügung stünden, welche aus einer
grossen Anzahl ausgeführter Anlagen herzuleiten wären. Mit Hilfe derselben könnte er
dann die von ihm überschläglich ermittelten Kosten sowohl der Gesamtanlage, als auch
der einseinen, in Gruppen zusammengefassten Bauteile vergleichen und kontrollieren.
Indessen sind erstens die Kosten pro Krafteinheit, namentlich für den wasserbaulichen
Teil, je nach der örtlichkeit, nach der sekl. Wassermenge und nach dem Gefälle ausser-
ordentlich verschieden und zweitens ist es zurzeit bei dem geringen greifbaren Zahlen-
material über ausgeführte Anlagen noch unmöglich, einigermassen zuverlässige Annähe-
rungswerte für die Kosten abzuleiten. Die allgemeine Erfahrung lehrt, dass im grossen
Durchschnitt die Kosten pro PS» für eine bestimmte Gefällstufe mit der Grosse der sekl.
Wassermenge und für eine bestimmte sekl. Wassermenge mit der wachsenden Grösse
des Gefälles abnehmen. Das leuchtet auoh ohne weiteres ein, wenn man überlegt, dass
z. B. die Ausführung eines Kanals mit einem Querschnitt von 10,0 qm benetzter Fläche
nicht das Doppelte kostet, als eines solchen von 5,0 qm ; ferner dass die Reibungsverluste
in einem Querschnitt um so kleiner werden, je grösser das Verhältnis von wasserberührtem
Querschnitt zum benetzten Umfang wird, infolgedessen also bei gleichem Gefälle der
Querschnitt von 10,0 qm mehr als die doppelte Wassermenge des Querschnitts von
5,0 qm abfuhrt. Ebenso liegt auf der Hand, dass die Anlagekosten pro Einheit bei
wachsendem Gefälle kleiner werden müssen, weil nach der Formel:
K_Q.H.100O J6
JN— 75 100
bei gleicher Leistung die sekl. Wassermenge Q um so kleiner werden kann, je
grösser das Gefälle H in m wird. Dass aber mit der Verkleinerung der Querschnitte
für die wasserführenden Bauteile die Kosten im grossen Durchschnitt abnehmen müssen,
versteht sich von selbst. Die Benutzung des zurzeit leider noch recht kleinen Zahlen-
materials über Kosten von Wasserkraftanlagen wird überdies dadurch sehr erschwert,
dass dasselbe einmal ganz verschieden gruppiert ist, will sagen, dass die angegebenen
Zahlen ganz verschiedene Gruppen von Bauteilen in sich schliessen und zweitens dadurch»
dass die Angaben über die Leistung einer Wasserkraftanlage durchaus nicht auf gleicher
Grundlage beruhen. Es wird zwar meistens als Leistung einer Wasserkraft, auch wenn
es nicht noch besonders gesagt ist, diejenige verstanden, welche an den Turbinenwellen
abgegeben wird, aber es macht natürlich für die Preisermittelung pro Ein-
heit noch einen sehr grossen Unterschied, ob man für die Berechnung
der Kraftleistung die 355tägige oder eine neunmonatliche oder eine
»echsmonatliche sekl. Wassermenge oder schliesslich einfach die in
Turbinen installierte Leistung zugrunde legt. Hierin müsste vor allen
Dingen zunächst einmal eine gewisse Einheitlichkeit erzielt werden
and ein Ingenieur sollte niemals von Kosten einer Wasserkraftanlage
236 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
pro PSa sprechen, ohne gleichzeitig die Grundlage für die Berechnung
der Leistung anzugehen.
Würde man einheitlich geordnetes Zahlenmaterial von einer grossen Ang^M ron
Wasserkraftanlagen sammeln können *), so würde man wahrscheinlich in die Lage kommen,
für die verschiedenen Gefällstufen Zahlen tafeln aufzustellen, oder Kurven aufzuzeichnen.
welche das durchschnittliche Mass der Abhängigkeit der Kosten pro PSe von der sekl.
Wassennenge und dem Gefälle erkennen lassen würden. Es soll deshalb an dieser Stelle
ein Vorschlag versucht werden, wie das Zahlenmaterial gesammelt und geordnet werden
könnte, um zu brauchbaren, überschläglichen Angaben über Kosten pro Einheit von
Wasserkraftanlagen zu gelangen. Zunächst fragt es sich, ob man nach der sek I.
Wassermenge oder nach dem Gefälle einteilen soll. Als sekl. Wassermenge
würde diejenige zu wählen sein, für welche Werkkanal und Druckrohr bei voller normaler
Füllung projektiert sind, wobei ausnahmsweise Zustände wie z. B. Überfüllungen des
Werkkanals und Betrieb mit allen Turbinen einschliesslich der Reserven u. dergl. ausser
Acht zu lasse» wären. An sich ist es nicht von grossem Belang, welche von den beiden
Einteilungen gewählt wird, es verdient aber die Gruppierung nach dem Gefalle doch
wohl den Vorzug, weil das Gefalle in weiteren Grenzen schwankt (von 1,0 m bis
1000,0 m) als die sekl. Wassermenge2). Auch ist der Einfluss, den das Gefalle auf
die Kosten pro PS© hat, grösser als der Einfluss der Wassermenge. Vergleicht man
z. B. die Kosten einer Wasserkraftanlage A von 2000 PSC mit 20 cbm/sek. und
10,0 m Gefälle mit den Kosten zweier Anlagen von 4000 PS0, von denen die eine
B 40 cbm/sek. bei 10,0 m Gefälle und die andere C 20 cbm/sek. bei 20,0 m Gefälle
verfügbar hat, so wird man finden, dass die Kosten pro Einheit bei der Anlage C
gegen A viel stärker abnehmen, als die Kosten der Anlage B. Bei der Anlage B mnss
die Leistungsfähigkeit des Werkkanals und der Druckrohre in cbm/sek. verdoppelt werden,
was die Gesamtkosten, wenn auch gewiss nicht verdoppelt, so doch erheblich beeinflusst
Bei der Anlage C dagegen könnte unter Umständen der Werkkanal ganz das gleiche
Profil behalten, nur das Druckrohr würde entsprechend länger und stärker und die
Turbinen entsprechend stärker im Material zu machen sein.
Hat man sich für die Gruppierung nach dem Druckgefalle entschieden, so fragt
es sich noch, welche Gefällszahl von denen zu wählen ist, zwischen denen das Gefälle
während des Jahres schwankt. Nähme man das höchste Druckgefälle, welches an fliessen-
dem Wasser meistens mit N.W., also mit kleinen sekl. Wassermengen, bei Anlagen an
Talsperren und Seen dagegen mit den höheren Wasserständen in dem Staubecken oder
dem See, also mit den grösseren sekl. Wassermengen zusammenfällt, so würde man sehr
viel grössere Leistungen herausrechnen, als dem Werke für die Bewertung zukommen.
Im ersten Falle würde die errechnete Leistung meistens überhaupt nicht erziel bar sein,
im zweiten Falle nur ausnahmsweise. Nimmt man dagegen das niedrigste Druckgefälle,
welches bei Anlagen an fliessenden Wasser meistens mit dem höchsten Wasserstande,
also mit der grössten sekl. Wassermenge, bei Anlagen an Talsperren und Seen mit dem
niedrigsten Wasserstande im Staubecken, und mit der kleinsten sekl. Wassermenge im
Flusse zusammenfallt, so würde ungefähr das Umgekehrte der Fall sein. Man müsste
also für eine solche Sammlung und Ordnung von Zahlenmaterial ein
i) Wenn man auch nur von 10° o der neueren und wichtigeren europäischen und amerikanischen
Anlagen zuverlässige Zahlen erhalten könnte, so würde man schon mehrere Hundert Beispiele haben
und das würde für den Anfang schon vollkommen genüger.
2) Die 8ekundl. Wassermenge von 900 com, für welche der Werkkanal bei der Anlage Sault
St. Marie ausgebaut ist, gehört gewiss zu den Ausnahmen, während man Gefälle von 920,0 m wie bei
Vouvry and mehr im Hochgebirge noch häufiger findet.
§
Die wirtschaftlichen Vorarbeiten.
237
mittleres Druckgefälle wählen. Als solches erscheint das Druckgefälle,
welches der sechsmonatlichen sekl. Wassermenge entspricht, das am
meisten zu empfehlende, weil es die Dauer mitberücksichtigt, und weil
man auch in der Mehrzahl der Fälle Werkkanal undDruckrohr für eine
sekl. Wassermenge projektieren wird, welche dem durchschntl. sechsmonatl.
Wasser am nächsten liegt. Aus -der sekl. Wassermenge, für welche
Werkkanal und Druckrohr projektiert sind und dem Druckgefälle bei
s echs monatlichem Wasser ergäbe sich dann die bei Berechnung der
Kosten pro PSe zugrunde zu legende Leistung der Anlage. Eine andere
Lösung wäre allerdings noch, ein für allemal zur Berechnung der Einheitskosten die
Gesamtleistung der im Krafthause installierten Turbinen zugrunde zu
legen. Indessen bildet hierbei doch die Grösse der gewählten Reserve ein sehr schwanken-
des Moment, welches zu unzutreffenden Vergleichen führen muss und es verdient daher
wohl der obige Vorschlag den Vorzug.
Was nun die Einteilung der Gruppen nach dem Druckgefälle betrifft, so würden
zweifellos die Stufen bei den kleinen Gefällen kleiner, bei den grössereü Gefällen all-
mählich wachsend zu nehmen sein, weil die Wasserkraftanlagen bei kleinem Gefälle sehr
teuer werden und infolgedessen die absoluten Unterschiede in den Kosten pro Einheit
auch bei kleinen Gefällzunahmen schon wesentlich sind. Aus der nachstehenden Tabelle 1 wird
sich ergeben , dass bei der teuersten Anlage (Jonage-Cusset-Lyon) (Gefälle 8,5—13,0 m)
der dort aufgeführten die Kosten pro PSe der sogenannten „mittleren Nutzleistung"
Mk. 1 564,8, bei der billigsten Anlage (Novalesa) mit einem Gefälle von zusammen 858,80 m
nur 167,8 Mk. ausmachen. Man sieht ferner, dass die Kosten pro Einheit bei wachsen-
der Druckhöhe innerhalb der kleineren Gefälle viel schneller abnehmen, als bei grösseren
Gefällen. Es wird deshalb vorgeschlagen, eine erste Gruppe zu bilden, welche alle An-
lagen mit Gefällen bis zu 2,0 m in sich schliesst, alsdann bis zu 10,0 m Gefälle die
Gruppen von 2,0 zu 2,0 m, bei 10,0 bis 50,0 m die Gruppen von 5,0 m zu 5,0 m, bei 50,0
bis 100,0 m die Gruppen von 10,0 m zu 10,0 m, zwischen 100,0 und 200,0 m die Gruppen
von 25,0 m zu 25,0 m, zwischen 200,0 und 500,0 m die Gruppen von 50,0 zu 50,0 m,
zwischen 500,0 und 1000,0 m die Gruppen von 100,0 m zu 100,0 m abzustufen. Hiernach
würde sich die nachstehende Gruppeneinteilung ergeben.
1. 1
Gefälle
von
1,0 bis 2,0 m
XVIII.
Gefälle
von
90,1 bis
100,0 m
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71
33
80,1
„ 90,0 „
I. Theodor Koehn. Ausbau voh WasserkrIfteh. Allgemeines.
Entwurf zu einem Formular für die Sammlung von Zahlenmaterial für i
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12,0
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86,0
4,0
33,0
98.0
34,0
32,5
80£
88,0 81,0 80,0
80,0
1220
11180
2 »660
2*880
Turbinen
1901—19031
7 k 2100
Franria-
Qehlaee-
TarMnen
1897-18991
187
1980
24400
14700 890600
20
12200
10
85
200880,0
86 «00 £
18,0
44 6400,0t 40 C-
I
Bei der Sammlang von Zahlenmaterial wäre ferner Gewicht darauf zu legen, mög-
lichst die 355 tagigen, neunmonatlichen und die secbsmonatlichen sekl. Wassermengen
mit anzugeben, ebenso die verschiedenen Gefälle, damit man erkennt, in welchem Ver-
hältnisse die sekl. Wassermengen, für welche Wasserhaltung und Wasserführung aas-
gebaut sind, zu der ständigen Wassermenge stehen und damit auch die Kosten pro Einheit
der 355 tägigen, neunmonatlichen und sechsmonatlichen Leistungen im Bedarfsfalle
ermittelt werden können. Diese Ermittelungen sind oft für die Bewertung einer
Wasserkraft von grösster Wichtigkeit.
Obenstehend ist der Entwurf für ein Formular gegeben, nach welchem das
Zahlenmaterial einer Gruppe gesammelt werden könnte. In den Spalten 6, 7 und 8
sind Angaben über die Art, Anzahl, Umdrehungszahl und Gesamtleistung der installierten
Turbinen verlangt, damit man danach den Einheitspreis der Turbinenanlage beurteilen
kann. Wichtig scheint auch die Angabe der Ausführungszeit, um in der Lage zu sein,
die obwaltenden Preiskonjunkturen für Löhne und Material mit zu berücksichtigen. Zu
den Spalten 9 — 11 wäre nichts Besonderes zu erwähnen, weil sich die vorgeschlagene
Einteilung von selber ergibt Freilich wird oft eine Trennung zwischen Konzession und
Grunderwerb nicht, oder doch nur schätzungsweise möglich sein, wenn Grunderwerb and
§ 5-
Die wirtschaftlichen Vorarbeiten.
239
lagekosten von ausgebauten Wasserkräften (Gruppe X, Gefälle von 30,1 — 35,0 m).
Kosten in Mark
für Wehr, Werk-
kanal u. Druckrohre,
einschl. Vorbecken,
Druckkammer,
Beeben, Schfitzen,
Schieber. Wege,
Zulukrstnssen,
Brfioken n. einschl.
etwaiaer Sammel-
becken
Ö >3
B •
— M
.flu»
O.B;g
fioo
12
des Krafthauses, einsehliessUeJi der
Transfonnatorenraume, Werk-
stätten, Wohnungen etc.
a
M
S
3,
a
8
e) pro PS«
nach Spalte 8
18
der Turbinenanlage ein-
sehliessL der selbsttätigen
Regler, der AnschlussTei-
tnngen. vom Stutzen des
Hauptdrnekrohres an, aller
Erregerturbinen, Pumpen
u. sonstigen Hilfsanlagen,
sowie des Laufkrane
a
M
I
a
**2
14
der Gesamtanlage
Spalte 9 bis 14
s
M
I
s
83
J
5e
a
15
B emerkungen
16
610000,0
3906 000,0
500,0
350,0
79 800,0
390600,0
65,0
85,0
40,05
Zwei Wohnungen
und Werkstatt im
Krafthause.
25,89
Wohnung des Ma-
schinenmeisters und
eines Maschinisten
im Anbau. Trans-
formatorenraum von
— qm Grundfläche
im Krafthause.
82500
294000
67,62
26,34
85
für die zwei
grossen
Turbinen
55
ffir die zwei
kleinen
Turbinen
20
845 000,0
5 628480,0
692,62
504,84
426,77
882,88
Werkkanal hat
— qm benetzten
Querschnitt und
- km Lange und
war gleichzeitig
zur Abgabe Ton
5 cbm/sek. für
Berioselungs-
zwecke einzu-
richten.
Konzession, bezw. Nutzungsrecht als untrennbares Ganzes erworben sind. In Spalte 12
ist die ganze Wasserfassung und Wasserführung zusammengefasst. Wollte man hier
noch weiter trennen, so würde die Schwierigkeit in der Beschaffung des Materials sehr
vergrössert und die Vergleichbarkeit statt verbessert, nur beeinträchtigt werden. Man
könnte allerdings einwenden, dass es zweckmässiger wäre, die Druckrohre für sich, zu
behandeln. Indessen es ist oft nur eine Frage der Kosten, von wo ab
man den Werkkanal aufhören und das Druckrohr beginnen lassen
will. Ausserdem scheint es doch jedenfalls für den ersten Versuch zur Sammlung von
Material im grösseren Umfange auch empfehlenswert, nicht zwischen Anlagen mit Schacht-
turbinen und Anlagen mit Gehäuseturbinen zu unterscheiden. Eine Unterteilung und
Spezialisierung des Formulars bleibt besser für später vorbehalten, wenn erst ein um-
fangreicheres Material für die Hauptbauteile vorliegt. In der Spalte 13, „Kosten des
Kraft hause s" werden die Kosten für alle Nebengebäude, wie Werkstätten, Wohnungen,
Transformatorenraum etc., welche mit dem Krafthause zusammenhängen oder in dessen
Bäumen untergebracht sind, eingeschlossen, und es könnte durch kleine Notizen Zahl
und Umfang solcher Nebenräume kenntlich gemacht werden, welche zu dem Krafthause
der betreffenden Anlage gehören.
240 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
In der Spalte 14 „Kosten der Turbinenanlage* sind die Kosten der
samten Turbinenanlage, einschliesslich aller Hilfsturbinen und Apparate, Pumpen
zusammengefasst und der Preis ist für die betriebsfertige Anlage anzugeben. Mitunter
werden zwar die Anschlussleitungen der Turbinen von dem Lieferanten des Druckrohres
mitgeliefert, meistens indessen gehört die Anschlussleitung zur Lieferung des Turbinen-
bauers, und es dürfte die meiste Aussicht bestehen, gutes vergleichbares Material zu er-
halten, wenn man die ganze Anlage ohne weitere Unterteilung zusammenfasst. Der Ein-
fachheit halber ist auch der Laufkran mit hineingerechnet, denn es macht auf den Ein-
heitspreis der Turbinenanlage wenig aus, wenn wirklich bei einer oder der anderen An-
lage die Preisangabe für diesen Bauteil fehlen sollte.
Im Kap. III 6 A Krafthäuser, Baulicher Teil werden einige Preise für Laufkräne
etc. mitgeteilt.
In Spalte 15 „Kosten der Gesamtanlage" sollen die Kosten der Spalten 9
bis 14 zusammengefasst werden. Es sind absichtlich alle elektrischen Teile
herausgelassen, weil dadurch die Sammlung des Materials noch mehr erschwert würde,
und weil sich überdies hierfür aus den bereits organisierten Statistiken der Elektrizitäts-
werke brauchbares Material finden lässt. In die Rubrik Bemerkungen würden dann be-
sondere Umstände, wie z. B. schlechter Baugrund oder die Verpflichtung, den Werk-
kanal für die Schiffahrt mit auszubauen, oder die Anlage von Stauweihern, Talsperren.
Seeregulierungen und dergleichen einzutragen sein.
Würde es gelingen für jede Gruppe die Zahlen von auch nur
10 Anlagen zu sammeln, so dürfte man schon in die Lage kommen, eine
gewisse Gesetzmässigkeit für die Einheitspreise zu erkennen und zwar
ihre Abhängigkeit von dem Gefälle, durch den Vergleich der Durch-
schnittswerte der einzelnen Gruppen, und ihre Abhängigkeit von der
sekl. Wassormenge, durch den Vergleich der einzelnen Anlagen inner-
halb einer Gruppe. Man könnte dann für jede Gruppe graphische Masstäbe auf-
tragen, wobei die sekl. Wassermengen als Abszissen und die Kosten pro PS« als Ordinateo
aufzutragen wären, nach welchen auch die Einheitskosten jeder Zwischenstufe angenähert
zu ermitteln wären. Selbstverständlich, und das soll noch einmal aus-
drücklich hervorgehoben werden, könnten solche Zahlen nur für über*
schlägige Kostenanschläge Verwendung finden, und ihr Wert könnte
nur darin bestehen, die erste Übersicht bei Aufsuchung und Projek-
tierung von Wasserkraftanlagen zu erleichtern und eine gute Kontrolle
der auf Grund von Projektskizzen selbständig aufgestellten Kosten-
überschläge zu bieten. Jedenfalls würde man unserem wichtigen Arbeitsgebiete
neue werbende und treibende Kräfte zuführen und einige Klarheit in einer Frage
schaffen, in welcher heute noch eine Menge falscher oder missverstandener Zahlen eine
rechte Verwirrung anrichten. Gegenwärtig begegnet man bei dem Bestreben, Zahlen-
material zu sammeln, noch sehr erheblichen Schwierigkeiten, welche sich aber vermindern
dürften, je mehr gleichmäßig geordnete Angaben- über Anlagekosten veröffentlicht werden.
Um nun zunächst einiges Zahlenmaterial über Anlagekosten von ausgebauten
Wasserkräften zu bieten, sind in der nachstehenden Tabelle I die Kosten von 17 An-
lagen zusammengestellt Es muss indessen hierzu bemerkt werden, dass das Zahlen-
material nicht gleichmässig gruppiert erlangt werden konnte, sondern dass die Bauteile
verschieden zusammengefasst waren. Es sind deshalb, um eine einheitliche Grup-
pierung der Zahlen für alle Anlagen durchzufuhren, bei einigen die für die einzelnen
§ 5. Die wirtschaftlichen Vorakbetcten. 241
Bauteile gebotenen Zahlen nach Schätzung getrennt und nach dem gewählten Schema
▼erteilt ^worden- Immerhin waren die Anhaltspunkte für diese Schätzung derartig, dass
die Wirklichkeit bei den Kosten für die einzelnen Bauteile auch in diesem Falle erheb-
lich nicht verfehlt sein dürfte. Weil ganz sichere Angaben für das Gefälle bei sechs*
monatlichem Wasser nicht bei allen Anlagen erhältlich waren, ist es vorgezogen, die er-
mittelten Einheitspreise auf die installierte Leistung der Hauptturbinen zu beziehen und
als sogenannte „mittlere Nutzleistung" diejenige hinzuzufügen, welche *k der instal-
lierten Leistung beträgt. Die letzte Annahme ist allerdings willkürlich, und wenig prägnant,
aber als Notbehelf gewählt, weil tatsächlich in vielen Wasserkraftanlagen ungefähr 1/s
der installierten Leistung als Reserve bei mittlerer Kraftleistung angenommen ist, und
weil ältere Angaben oft auf die sogenannte mittlere Leistung bezogen sind.
In Spalte 6 geben mit erreichbarer Genauigkeit die Zahlen ad a) die sekl. Wassermengen,
für welche Werkkanal und Druckrohre projektiert sind und weiter diejenigen ad b) die
aekl Wassermengen, welche, wenigstens angenähert, als 355 tägige angesehen werden können.
Die Tabelle I zeigt zunächst deutlich, dass die Kosten pro Einheit mit dem Wachsen
der sekl. Wassermenge und mit dem Gefälle abnehmen, wenn auch einzelne Anlagen
wegen besonderer Umstände in erheblicher Weise aus der Reihe herausfallen. Alle in
der Tabelle I enthaltenen Werke mit Ausnahme von Nr. 16: „Die Sillwerke der Stadt
Innsbruck* sind im Kapitel II beschrieben, und man wird aus diesen Beschreibungen
erkennen, weshalb bei einzelnen Werken trotz höheren Gefälles und grösserer sekl. Wasser-
menge die Kosten höher ausgefallen sind, als bei anderen mit scheinbar weniger günstigen
Vorbedingungen. Ganz kurz mögen hier zur vorläufigen Orientierung schon einige Haupt-
gründe für die Erhöhung der Anlagekosten einiger Werke hervorgehoben werden:
1. Jonage-Cusset-Lyon. Es wurde ein Stauweiher von 4000000 cbm Inhalt
angelegt. Die Bauausführung war ungemein schwierig und einige wichtige Teile des
Werkkanals sind wegen schwerer Beschädigungen, welche während der Probefüllung ein-
traten, doppelt gemacht. Der Werkkanal musste für die Schiffahrt eingerichtet und
mit sehr kostspieligen Schleusen versehen werden. Namentlich bei dem Krafthause
waren die Fundierungsarbeiten besonders schwierig und teuer. Die Kosten für Vor-
arbeiten, Konzession und Grunderwerb sind ungewöhnlich hoch.
2. Lechwerk Gersthofen. Es ist ein Stauweiher mit 500000 cbm Inhalt
angelegt. Der Werkkanal musste für die Schiffahrt eingerichtet und mit Schleusen ver-
sehen werden.
3. Avignonnet Durch verschiedene Hochwässer ist der Bau der Talsperre
sehr verzögert worden und schwierige Arbeiten sind doppelt ausgeführt.
4. Bergamasca. Durch die Zerstörung des ersten Wehres ist eine grosse Ver-
zögerung in der Fertigstellung der Arbeiten verursacht. Eine Reihe von Anlagen mussten
doppelt gemacht werden.
5. Kanderwerk. Es ist ein Stauweiher von 170000 cbm Inhalt angelegt.
6. Kübel werk. Zu der Anlage gehört ein grosser Stauweiher von 1466500 cbm
Inhalt.
Die billigste Anlage ist die Nr. 17: Novalesa an der Cenischia, bei welcher
die ganze hydrauliche Anlage nur 112,0 Mk. pro PS« der installierten Leistung und
167,8 Mk. der sogenannten mittleren Nutzleistung kostet. Die Anlage wäre wahrschein-
lich noch billiger geworden, wenn man sich entschlossen hätte, das ganze Gefalle von
858,80 m in einer Stufe auszunützen.
Besonders hingewiesen mag werden auf die Kosten pro Einheit
für Vorarbeiten, Grunderwerb und Konzession, weil sich vielfach ganz
Hiadboeh der bc-Wimos*. IH. T«iL M. Bd. 16
L Theodor Koehw. Ausbad von WubmbxmIftmm Allgemeines.
Tabelle L
4. Jouaga-Cna
••t-LTon
B. Lwhwerk
Genthofen
6. Pont St
Martin
8. Arigconnet
9. Bargamaaca
10. Fora et
Morga
Ibwtnsvnc 1 800 PS,
1898- 1896
S .tahend* Kaniu-Tiir-
biotn k 1200 FS.
10 (UfcoBda Fruosirtar-
biou i 1900 PB.
1908-1904
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1899-1902
S llannd. SchuhUm
Am i isoo ps.
1899-1901
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1899-1902
7 lUnad. a.hlo.*tar-
bb« i 11» PS.
1898-1901
1902—1903
1 Ut»ud« fl.bloMtu-
bis* * too PS.
1900-1903
I Utnod* eahloHtnt
Ah I UM PS,
"
80
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12000
120
1
125
7 500
5000
120
20400
18600
96
7500
5000
1B7
6000
8838
1148
1160
16 600
11066
250
12 250
8176
1300
(230
8000
2000
300
6750
4500
4,8 in bu 8,5 m
a) 250 b) 120
8,5 m bis 18,0 m
a) 150 b) 100
8,0 m bi» 10,0 m
a) 60 b) 24
11,0 m b» 14,0 n
a) 40 b) 18
16,5 m bi* 18,0 b
a) 180 b) 50
24,0 m bia 27,5 u
a) 18,28 b) 7
25,0 m bia 80,0 m
a) 25 b) 17
29,0*/*
875800
12,13 * ■
20,8
562100
16,78»/.
74£
8209000
15,08«/.
1573
1385 300
28,92«/.
184,7
418000
82,18*/.
83,6
440000
14,9*/.
26,5
1228 200
26,08*/.
99^
343 800
88,807.
114,6
482 750
19,0*/.
78,0
§ 5.
DlE WIRTSCHAFTLICHEN VORARBEITEN.
243
Tabelle I.
Wasserkraft- ADlagen.
K c
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r "Wehr- und Kanalanlage,
nschL Rachen, Scbfltsen,
»rncJcrolu-leiUing. Wege,
nf onrBtrmasen. Brücken
ad «jinavehliessL etwaiger
Sammelbecken
des
Krafthauses
0
der Turbinenaalage,
einsehllessl. selbst-
wirkender Begier
und Laufkran
der Geeamtanlage
ad 7 bis 10
in
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kosten
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und in %
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Bemerkungen
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Leistung
n. Spalte 4
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Leistung
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n. Spalte 5
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Leistung
n. Spalte 4
d. mittleren
Nutsleistg.
n. Spalte 5
der instalL
Leistung
n. Spalte 4
der mitt-
leren Nutz-
leistung
n. Spalte 5
1
•
8
9
10
11
12
f
\
350 000
37,6 °/o
291,7
437,50
120 000
12,9 °/o
100
150
190000
20,5 °o
* •
158,3
237,5
980000
100 °/o
775,0
1 162,5
Altes Wehr war im
Neckar verbanden.
Biese Kosten sind
also nicht mitbe-
beruckaiehtigt.
Werkkanal 770,0 m
lang.
1
1
i
898 900
28,99 °/o
49,9
74,9
1042000
83,62 °/o
57,9
86,8
788000
25,26%
43,5
65,25
3 099 700
100 °/o
172,2
258,8
Gefalle ganz dureh
das unmittelbar am
Krafthause gele-
gene Wehr ge-
wonnen.
•
8
m
13
2452000
73,16 °/o
326,9
490,4
187 500
5,59 °/o
25,0
37,5
150000
4,47 °/o
20,0
30,0
3 351600
100 °/o
446,9
670,3
Werkkanal 6200.0 m
lang, ist für Schiff -
fahrt eingerichtet.
Nadelwehr im Na-
vigiio.
3
a
1
13 666 000
64,21 °/o
669,9
1004,8
3489000
16,16 °/o
168,5
252,9
968000
4,55 °/o
47,4
71,2
21282000
100 ° <•
1043,3
1564,8
Kein Wehr, Werk-
kanal 18846,0m lg.
Ungewöhnlich
schwierige Gran-
dungsarbeiten.
i
•
•
1
3 750000
64,74 •/•
500,0
750,0
225000
8,88 °/o
80,0
45,0
432200
7,46 •/•
57,6
86,44
5 792 500
100 °/o
772,3
1 158,5
Wehr imLech, Werk-
kanal 7 2ö0,o m lg.
Der Werkkanal ist
für Schiffahrt ein-
gerichtet. Stau-
weiher.
3
608800
46,87 •;#
121,7
182,6
161500
12,43 °/o
32,3
48,4
110,500
8,51 %
22,1
33,2
1298 800
100 °/o
259,7
389,6
Wehr in der Bora
Baltoa Werkkanal
ca. 1820,0 m lang.
1
es
752500
25,48 °/o
45,8
68,0
830000
28,11 °/o
50,0
75,0
930 000
31,5 °/o
56,0
84,0
2 952 500
100 °/o
177,8
266,9
Kein Wehr, Abzwei-
gung des kurzen,
in gesundenFelsen
ausgeschnittenen
Werkkanals Tor
einem Wasserfall.
'S
•
9
M
-a
2984000
62,45»/o
239,5
858,9
295,700
6,29 °/o
24,2
36,2
245 000
5,21 °/o
20,0
29,9
4 697 900
383,5
574,6
Talsperre und 960,0m
langer WerkkanaL
7 Bruekrohre
u
891000
60,39 °/o
i
297,0
445,5
128900
8,89 •/•
41,3
61,95
116 700
7,9 •/#
38,9
58,35
1 475 400
100 °/o
491,8
737,7
Je ein Wehr ImBrenv
bo u. in der Brem-
billa. Werkkanal
4000.0m lang. Ein
fast fertiges Wehr
wurde Tom Hoch-
wasser fortgeris-
sen. Bio hierauf
entfallenden Ko-
ten sind nicht mit-
berücksichtigt.
ä
£
cS
CO
Q
cS
a
s>
a
•
1725000
66,6%
1
255,5
883,3
202 500
7,8 •>
30,0
45,0
168 750
6,5 °/o
25,0
37,5
2589 000
100 °/o
883,5
575,3
Wehr, 600,0 m langer
Werkkanal und
4700,0 m langes
Druckrohr.
•**
Q
16*
244
I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Fortsetzung der Tabelle I.
Bezeichnung
du
Werkes
Art und Anzahl der
installierten Turbinen
alt Angabe der Aus-
fuarungueit ftr die
Gesamt' Anlage
üm-
dro-
Uli
in der
Minute!
8
Gesamt-
leiatmig
der
instaU.
Tur-
binen
in PS,
Mittlere
Nuts-
leiatong
des
Kraft-
werke«
in PS«
(ange-
nommen
an */,
Ton
Spalte«)
Dntekgefllle in den
Turbinen in m, und die
seU. Wasaermengen
in cbm, a) für welche
Waseerfaestnig nnd
Werkkanal einge-
richtet sind nnd b)
welche ständig (856-
tigig) Torhanden sind
6
im
in
nnd in %
der Gesamt-
kosten
Kosten in Mark
für Vorarbeiten. Grund-
erwerb nnd Kontession
pro PS.
Ulf
11. Yixzol»
12. Moibegno
18. Kanderwerk
14. Kabelwerk
15. UrftUlsperre
der Rnrtal-
sperren, Ge-
sellschaft m.
b. H., Heim-
bach
16. Sillwerke d.
Stadt «Inns-
bruck
17. NoTaleaa an
derCenischia
18. Dorcbichnitt
1897-1899
10 liegende Gehause-
Franeis-Tnrbinen
a 2000 PS«
1899-1902
4 liegende Gehluse-
Frands-Turbinen
a 2000 PS.
1898—1899
6 liegende Gehausetnr-
blnen ä 900 PS«
1898-1900
4Pelton-Bldersn500PS«
2 . ä 1000 PS«
1898—1904
8 liegende Gehloee
4 1500-2000 PS«
TatsiehUeh ani
sind nnr 6
1901-1903
6Pelton-Kdsra2500P8«
1902-1905
In twei staffelfSmüg
fibereinander gelegenen
Zentralen. lOFreistrahl-
tnrbinen Ton je 1600 PS«
187
150
800
);
875
800
500
20000
8000
5400
4000
12000
315
15000
500
16000
18383
5383
3600
2666
8000
10000
10666
25,0 m big 28,0 m
a) 70 b) 55
27,0 m bifl 80,0 m
a) 25 b) 15
64,0m
a) 6 b) 2
87,0 m big 92,0 m
•) 4 b) 1
70,0 m big 110,0 m
a) 11,4 b) 4,40
187,0 m
a) 8 b) 4
418,1 m
hm oberen Krafthanse
440,70 m
•>) M b) 0,7
1565 600
22,84 °/o
78,3
292000
11,38 °/e
36,5
688500
28,7 •/©
172,1
750000
13,5 */e
62,5
117,4
54,8
258,3
93,75
20,62 •/•
§ 5.
Die wirtschaftlichen Vorarbeiten.
245
Fortsetzung der Tabelle I.
Eoit«n in Mark
für Wehr- imHT«iit^yi
einschl. Becken, Schützen,
Druekrokrleitang, Wege,
Zufuhrstrsssen, Brücken
einschliessl etwaiger
Sammelbecken
imgansen
inMk
und in %
Her Gesamt-
kosten
pro PS«
3Ss
8
4 519 300
65,91 °/o
1806300
70,43 °/o
1391580
58,04 °/o
hiervon
entfallen
allein auf d.
Stauweiher
546 760
4300000
77,5 %
2050000
1231000
68,78 °/o
hiervon .
entfallen
ca. 665000
anf die
Dmckrohre
58,06 %
225,9
225,8
347,8
858,3
136,6
76,9
838,9
838,7
521,9
537,6
205,0
115,5
des
Krafthaoses
Im
inMk.
unata Y#
der Ge-
sanft-
kosten
pro PS«
iil
9
324500
4,73 °/o
198900
7,7 °/o
200000*
8,34 °/o
250000
4,5 °/o
209100
einschL
einiger
Neben-
gebinde
320000
17,86 °/o
11,88 °/o
16,2
24,8
50,0
20,8
13,9
20,0
24,3
der Turbinen anläge,
einsehliessL selbst-
wirkender Begier
und Laufkran
im
ffi
und in
•/«der
Gc-
ssmt-
kosten
pro PS«
Sm*
bis»
10
der Gesamtanlage
ad 7 bis 10
imgansen
inMk.
und in •/©
der Gesamt-
kosten
pro PS«
0«
00
Ha aS
11
1446600
6,52 °/o
37,2
1267 300
10,4 °/o
75,0
81,2
117 500
4,9 •/•
250000
4,5 */o
for6
Tur-
binen
20,9
80,0
240000
18,4 °/o
10,7 °/o
22,3
33,4
29,4
20,8
15,0
33,5
50,1
44,0
31,2
22,5
6 856000
100 °/o
2 564500
100 °/o
2320000
2397580
100 °/o
5550000
1 791 000
100 °/o
342,8
320,5
429,7
599,4
462,5
111,9
448,8
514,2
480,9
644,4
899,3
693,7
167,8
672,4
Bemerkungen
12
Vorhandenes Wehr
im Tessin mit be-
notet, dessen Ko-
sten nicht mitbe-
rocksichtlgt Bind.
Werkkanal 0535.0
m lang, ist für
Schiffahrt einge-
richtet.
Wehr in der Adds,
Werkkanal 4920,0
m lang, zum Teil
im Tunnel, zum
Teil offen.
Wehr in derKander,
Kanal zum Teil
offen, zum Teil im
Tunnel, Stau-
weiher. 2 Druck-
rohre.
Beim Krafthause
Hind 68900 M. für
eine 1000 PS«
Dampfreserve ab-
gezogen. Wehr in
dcrUrnäsch,Werk-
kanal 4026,0 m lg.,
im Tunnel, Stau-
weiher , Druck-
rohre.
Die stindig vorhan-
dene Mindestlei-
stung betragt 4*00
PS«.
Z. d. V. d. I. 1906.
Heft20 8.753. Für
2 Dmckrohre von
1 20 mm Durchmes-
ser und je ca 340,0
m Lange ist ein
geschätzter Pau-
schalpreis von
100000 M. einge-
setzt. Wehrinder
SM, Kanal im
Tunnel 7,5 km lang.
Wehr in der Ceni-
schia, Werkkanal
2341,0 m lang, tum
Teil offen, zum
Teil bedeckt Zwei
Krafthaueer Staf-
fel förmig über-
einander.
246 L Theodor Kot&x. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
übertriebene Vorstellungen von dem Werte von Wasserkonzessionen ge-
bildet haben. Man sieht ans Tabelle I, dass diese Kosten pro installierte PS« zwischen
20,8 Mk. bei Chevres und 225 Mk. bei Stuttgart schwanken. Im letzteren Falle sind mit
der Eonzession Gebäude, ein ziemlich grosser, für den Ausbau der Wasserkraft nicht
unmittelbar benötigter Grundbesitz, sowie wasserbauliche Anlagen erworben, welche an
sich schon einen beträchtlichen Wert darstellen. Im Durchschnitt betragen die Kosten
Spalte 7 für die 14 Werke, für welche diesbezügliche Angaben gemacht werden konnten
rund 100,0 Mk. pro installierte PS* Rechnet man die Hälfte der Kosten dieser Spalte
auf Vorarbeiten und Grunderwerb, so würde sich im Durchschnitt für die Kon-
zession allein eine Ausgabe von 50,0 Mk. pro im Krafthaus installierte PS*
und von etwa 75,0 Mk. der sogenannten mittleren Nutzleistung ergeben. An
sich betrachtet, könnten die Kosten für die Konzession um so höher werden, je billiger
sich die Anlage und namentlich die wasserbaulichen Arbeiten einschliesslich Krafthaus
und Turbinen-Anlage ausfuhren lassen. Da grössere Anlagen im allgemeinen pro PS«
billiger werden als' kleine, so könnte auch die Konzession für grössere Anlagen pro PS»
höher bewertet werden, als für kleine. In der Regel aber müssen für kleinere Anlagen
höhere Preise pro Einheit gezahlt werden, was nur zum Teil dadurch eine innere Be-
rechtigung hat, dass man die gewonnene Kraft bei kleineren Anlagen oft vollständiger
und zu höheren Preisen ausnützen kann. Über den wirklich begründeten Wert einer
Konzession kann man sich überhaupt erst ein angenähert zutreffendes Bild
machen, wenn man die Anlagekosten wenigstens überschläglich veranschlagt hat. Ein
richtiges Bild erlangt man aber erst mit erreichbarer Genauigkeit nach Aufstellung
einer Rentabilitätsberechnung.
Für die Ermittelung der Grunderwerbskosten wird der Ingenieur
meistens die nötigen Unterlagen aus verfügbaren Karten und durch Nachfragen bei orts-
kundigen Leuten über die Einheitspreise von Grund und Boden etc. gewinnen, so dass
an dieser Stelle weitere Erläuterungen zu diesem Punkte entbehrlich sind. Die Kosten
für die Vorarbeiten ergeben sich entweder im Laufe dieser Arbeiten von selbst, oder
man fügt dieselben dem Anschlage in einer runden Summe in % der Gesamtanschlags-
summe nachträglich hinzu. Es bieten hierfür die Normen für Ingenieurarbeiten, welche
in den meisten Ländern aufgestellt sind, eine geeignete Grundlage.
Bei Betrachtung der Spalte 8 in Tabelle I springt die Billigkeit des wasserbau-
lichen Teiles besonders von zwei Anlagen in die Augen und zwar von Chevres und Hafs-
lund. Bei Hafslund konnte das Gefälle eines natürlichen Wasserfalls direkt aus-
genützt werden und es war ein Wehr überhaupt nicht nötig. Es liegt also hier der Fall
vor, wo das Nutzgefalle einer kurzen Strecke angenähert gleich dem Rohgefälle wird
(vergl. Taf. XXXIII, Fig. 6).
Bei Chevres konnte auf der felsigen, festen Flussohle der Rhone ein Wehr
errichtet und durch den 8,5 m hohen Stau desselben das ganze Nutzgefälle gewonnen
werden (vergl. Taf. XXVII). Das Krafthaus liegt unmittelbar am Wehre, so dass das
Wasser den Turbinen nur durch ein Vorbecken zugeführt wird. Das Beispiel von
Chevres bestätigt die allgemeine Erfahrung, dass man bei gutem Bau-
grunde im Flusse im allgemeinen zu billigeren Kosten pro Einheit ge-
langt, wenn man das gewünschte Druckgefälle durch einen hohen Stau
am Wehre gewinnt, als wenn man dieselbe Leistung durch einen längeren
Werkkanal oder durch ein Stauwerk mit niedrigen Stauundeinen Werk-
kanal erreichen will. Bauliche Rücksichten und sehr oft auch die Rücksicht auf
§ 5. Die wirtschaftlichen Vorarbeiten. 247
oberhalb liegende Kraftwerke und auf das anliegende Ufergelände ziehen hier eine Grenze
(vergl. Kap. DI, 1 Stauwerke). Erwähnt sei noch kurz, dass sich diese Erfahrung bei
den Talsperren, bei welchen die grössten Stauhöhen vorkommen, nicht zu bestätigen
scheint, weil hier die Kosten pro gewonnene PS0 meistens recht hoch ausfallen. Das
hat aber seine natürliche Ursache besonders darin, dass in den Wasserläufen, an denen
Talsperren in der Regel errichtet werden, die nutzbaren sekl. Wassertaengen und zwar
sowohl die 355tägige, als auch die neun- und sechsmonatliche verhältnismässig klein
sind. Man kann deshalb durch den grösseren Stau pro m nur eine verhältnismässig
kleine Vermehrung der ständig zuflies senden Kraft erzielen, während die Mehr-
kosten des Bauwerkes bei höherem Stau wegen der stark wachsenden Kronenbreiten
und der aus Rücksicht, auf die Festigkeit grösseren Mehrdicke der Staumauer im stärkeren
Verhältnis wachsen. Talsperren dienen auch häufig in erster Linie der Abwendung von
Hochwassergefahren oder den Zwecken der Wasserversorgung, Bewässerung oder Schiffahrt
und nebenher nur denjenigen der Kraftgewinnung. In letzterer Beziehung bieten sie den
Vorteil," als Eraftsammler zu dienen, um bei mangelndem Zufluss die sekl. Wassermenge
für Kraftzwecke zu vergrössern. Aber, um z. B. die sekl. Wassermenge während 90 Tagen
und 24 stündigem Betriebe um durchschnittlich einen cbm/sek. zu erhöhen, braucht man
schon einen Stauraum von 86400.90 = 7776000 cbm Inhalt. Man kann aber durch
einen Meter mehr Stauhöhe bei einer Wassermenge von 1 cbm/sek. nur 10 PS6 .gewinnen.
Allgemein betrachtet würde dieselbe Staumauer auch ausreichen, wenn 'die ständig zu-
fliessende sekl. Wassermenge 10 cbm oder 100 cbm anstatt 1 cbm betrüge. Man würde
aber durch je 1,0 m mehr Stauhöhe in den letztgedachten Fällen 100, bezw. 1000 PS«
gewinnen. Bei Wehranlagen für Kraftzwecke in offenen Flussläufen handelt es sich da-
gegen meistens nicht mehr — oder doch nur in geringerem Grade — um die Aufsamm-
lung von Wasser, vielmehr fast ausschliesslich um die Gewinnung von Druckgefalle, und
da es sich hierbei meistens um grössere sekl. Wassermengen handelt, so ist der Gewinn
an Kraft bei jedem Meter mehr Stau verhältnismässig gross.
Die Kosten des Einlaufs und des Werkkanals sind naturgemäss in erster
Linie abhängig — gleiche Boden- und Transportverbältnisse vorausgesetzt — von der
sekl. Wassermenge, welche den Turbinen zugeführt werden muss und von dem Gefälle
im Fluss. Von der sekl. Wassermenge hängt der Querschnitt des Werkkanals ab und
von dem Gefälle im Fluss die Länge desselben, wenn man ein bestimmtes Druckgefälle
in den Turbinen durch die Führung des Wassers im Werkkanal erzielen will.
Es sind der besseren Übersicht wegen in Tabelle II hier noch einmal die Gefälle
im Flusse bei 15 von den in Tabelle I betrachteten Werken hinzugefügt8).
Die Angaben in Spalte 9, Tabelle I, betreffend die Kosten für die Krafthäuser
können recht gute Anhaltspunkte für die überschlägige Veranschlagung derartiger
Bauwerke bieten. Wer sie aber benutzen will, muss doch zuvor die Beschreibung der
einzelnen Werke durcharbeiten, damit er bei der Auswahl der Einheitszahlen, alle be-
sonderen Umstände berücksichtigen kann. Es sind alle Maschinenfundamente und alle
Nebenräume, wie Wohnungen, Werkstätten, Anbauten für Transformatoren etc. einge-
schlossen. Darin enthalten sind auch alle für die Wasserführung in und am Krafthause
notwendigen Bauteile (abgesehen von den Druckrohrleitungen selbst), also z. B. bei
Schachtturbinen -Anlagen alle Bauteile, beginnend mit der Schwelle des Rechens, über
welche das Wasser in das Gebäude eintritt bis zu der Stelle, wo das Turbinenwasser
wieder das Gebäude verlässt und in den freien Unterwasserkanal austritt.
8) Bei dem Kanderwerk spielt das Gefälle im Flusse für die vorliegenden Betrachtungen inso-
fern keine Bolle, als das Wasser ans der Kander in den Thoner See abgeleitet wird.
248
I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Axlgekeineb.
Tabelle II.
Bezeichnung des Werkes
Name des Flusses
Gefälle im Flosa
rund
Bemerkungeil
1. Hafslund
2. Novalesa
8. Sillwerke
4. Pont St Martin . . .
5. Bergamasca ....
6. Morbegno
7. Kubelwerk
8. Avignonnet ....
9. Füre et Morge . . .
10. Marbach-Stuttgart . .
11. Viazola
12. Chevres
18. Lechwerk Gersthofen .
14. Torbigo ......
15. Jonage-Cusset-Lyon
Glommen
Ceniachia
Sill
Dora Baltea
Brembo
Adda
Urnasch
Drac
Drac
Neckar
Tessin
Rhone
Lech
Naviglio Grande
Rhone
1:1
1:7-1: 10
1:40-1:50
1:70
1 : 70-1 : 150*
1 : 150-1 : 170
1 : 150-1 : 180
1 : 180-1 : 150
1:170
1:500
1 : 800—1 : 500
1 : 526
1 : 700-1 : 750
1:970
1:1400
Wasserfall
♦In der Tabelle T,
8. 119 ist ver-
sehentlich nur
1 : 70 angegeben.
Zur Vervollständigung des Vergleichsmaterials mag hier noch eine Zahlentafel
über Anlagekosten von Wasserkräften eingefügt werden, welche O. v. Miller in
seiner schon erwähnten Abhandlung „Die Wasserkräfte am Nordabhange der Alpen u
bringt4).
Der Nutzwert einer Wasserkraft muss im allgemeinen, wenn
man alle anderen Umstände zunächst einmal ausser Betracht lässt,
pro Einheit um so kleiner ausfallen, je kleiner das Verhältnis:
355 tagige sekl. Wassermenge
sekl. Wassermenge, für welche Wasserfassung und Wasserführung auszubauen sind
wird.
Diejenige Kraft, welche nur neunmonatlich vorhanden ist, hat rein zeitlich be-
trachtet nur '/< des Wertes der ständigen Kraft. Da aber auch der Preis, den man
für eine neunmonatliche Kraft erzielen kann, im grossen Durchschnitt nicht mehr als
*U des Wertes der ständigen Kraft ausmacht, so ist der Wert der neunmonatlichen
Kraft pro Einheit im Durchschnitt nur 9/ie desjenigen der ständigen Kraft. Der Wert
der sechsmonatlichen Kraft ist rein zeitlich betrachtet nur gleich V» des Wertes der
ständigen Kraft. Da aber der erzielbare Preis für die erstgenannte pro Einheit im
Durchschnitt nur halb so gross ist, als der Preis der ständigen Kraft, so ergibt sich
für die sechsmonatliche Kraft nur ein Wert von V*.
Um eine Einschätzung der in Tabelle I aufgeführten Wasserkräfte von diesen Ge-
sichtspunkten aus zu ermöglichen, sind in Tabelle IV für 16 Anlagen noch einmal die
Gesamtkosten für den im engeren Sinne eigentlichen r wasserbaulichen" Teil zusammen-
gestellt und die Einheitspreise auf die grösstp Leistung, wofür Wasser-
führung und Wasserfassung ausgebaut sind, und auf die sogenannte
„ständige" Leistung bezogen. Es ist interessant und wichtig, zu sehen, wie weit
die Einheitskosten von Spalte 5 und 6 auseinanderliegen. Die Tabelle IV ist auch
insofern von Interesse, als sie an 16 ausgeführten Beispielen übersichtlich zeigt, wie
<) Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1908. 8. 1006.
§ 5.
Die wirtschaftlichen Vorarbeiten.
249
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§ 5. Die wirtschaftlichen Vokakbeiten. 251
ungefähr die Leistung, für welche man Wasserführung und Wasserfassung ausgebaut
hat, sich zu der sogenannten ständigen Leistung verhält.
Mit der Auswahl derjenigen sekl. Wassermenge, für welche man die Wasserbauten
ausführen will, wird man auch meistens die Frage zu entscheiden haben, ob man die
Errichtung einer Reserve in Wärmeantriebsmaschinen und wenn ja, für welche Leistung
vorsehen will. .
Der hauptsächlichste Bedarf wird im grossen Durchschnitt
immer in solcher Kraft vorhanden sein, welche ständig verfügbar ist.
Je weniger sicher man in der Lage ist, den Eintritt von Wassermangel voraus zu be-
stimmen und je häufiger man mit der Möglichkeit seines Eintritts zu rechnen hat, um
so schwieriger wird es sein, die aus den stärkeren Zuflüssen erzielte Kraft zu ver-
kaufen, wenn man keine Reserve in Wärmeantriebsmaschinen zur Verfügung. hat. Die
Sicherheit der Lieferung ist den meisten Abnehmern eine Haupt-
bedingung.
Oft wird der Ausbau der Wärmekraftreserve erst einige Jahre nach der Betriebs-
eröffnung vorzunehmen sein, sobald sich die Abnahme der gewonnenen Energie von
seiten der Konsumenten genügend entwickelt hat. Indessen der Gesamtplan sollte,
wenn irgend möglich, von vornherein feststehen, weil man nicht allein mit manchen
baulichen Anlagen, sondern auch mit der Kapitalsbeschaffung darauf Rücksicht zu
nehmen hat.
In manchen Fällen kann es sich als sehr zweckmässig erweisen, mit der Errich-
tung der Reserve in Wärmekraftmaschinen zu beginnen und zwar aus folgenden Gründen:
Da die Abnehmer sich nur selten auf feste Verpflichtungen zur Kraftabnahme einlassen,
solange die Kraft noch nicht greifbar ist, so sind die Jahre des Ausbaues der Wasser-
kraft ftr die Anwerbung von Abnehmern zum grössten Teile verloren. Es können sich
aber die Aussichten für die Unterbringung der Kraft während eines mehrjährigen Zeit-
raums durch Vergebung von Konzessionen an andere, durch Einrichtung von anderen
Kraftquellen usf. sehr verschlechtern. Für die Ausnützung der Wasserkraftanlage ist
es dagegen von grosser Bedeutung, dass mit der Betriebseröffnung bereits
eine grössere Kraftlieferung vorliegt, denn anderenfalls belasten nämlich
Betriebszuschüsse solange das Unternehmen, unter Umständen auf mehrere Jahre, bis
die Betriebseinnahmen die volle Deckung der indirekten und direkten Betriebsausgaben
gestatten. Die Rechnung wird daher oft ergeben, dass die Verluste, welche durch den
vorübergehenden Betrieb mit der Reserve in Wärmeantriebsmaschinen während der Bau-
periode entstehen können, durch die schnellere Entwickelung der Einnahmen mehr als
ausgeglichen werden.
Bei genügendem Bedarf wird man in der Regel zur Ergänzung der neunmonat-
lichen Kraft eine Dampfreserve einrichten. Aus den Seite 318 u. ff. gegebenen Tabellen XXX
und XXXI über die Betriebskosten von Wasserkraftanlagen mit Dampfreserve ergibt sich,
dass — die für die genannten Tabellen angenommenen durchschnittlichen Verhältnisse
zugrunde gelegt — die Anlagekosten pro PS« durch die Dampfreserve wachsen:
bei einer Anlage von 200 PSe von 1383,2 auf 1870,6 Mk. d. h. um 42,5%
» » » ■■ . 600 , , 1004,7 „ 1362,3 n m 9 „ 35,6%
, „ , „ 2000 , , 736,7 „ 998,5 , , , „ 35,6%
Vorgreifend sind die Betriebskosten pro PS6 - Stunde den Tabellen XI und XIII
S. 272 u. ff. und XXX und XXXI S. 318 u. ff. entnommen und in Tabelle V vergleichungs-
halber zusammengestellt, um hier schon den Einfluss der Dampfreserve auch in dieser
Beziehung vor Augen zu fuhren.
252
L Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Tabelle V.
Vergleichende Zusammenstellung yon Betriebskosten bei Wasserkraft- Anlagen mit and ohne Dampfreserre.
Leistung der Wasser-
kraft in PSe
200 während 270 Tagen
100 90 ,
600 während 270 Tagen
300 90 ,
2000 während 270 Tagen
1000 90 ,
Kosten pro P3e-Stnnde und K-W Stande in PI (volle Belastung yoransgesetst)
Betriebsdauer
#
a) ohne
Dampf-
reserre
b) mit
Dampfreserve
für 100 PSe
a) ohne
Dampf-
reserre
b) mit
Dampfreserre
fte 800 PS*
a) ohne
Dampf-
reserre
b) mit
Dampfreserre
für 1000 PSe
1. bei 3000-3 600 stän-
digem Betriebe jähr-
lich pro PSe -St . .
, KW-St . .
5,07
6,89
6,61
8,98
8,28
4,45
4,47
6,08
2,42
3,29
3,28 | Ott
2. bei 8520-8640stttn-
digem Betriebe jähr-
lich pro PS«- St. .
, KW-St. .
2,59
3,52
3,92
5,33
1,56
2,12
2,58
3,51
1,08
1,47
1,86 f bdSSb
o c o 1 während
*&* l 2160 8t
Es handelt sieh um PSe -St und KW-St, welche an das Verteilungsnetz abgegeben werden.
Die Leistungen der Wasserkraft sind also am Ende der Fernleitung, diejenige der Dampfreserve an den
Sammelschienen der Zentrale gemessen. Kohlenpreis Mk. 2. — für 100 kg.
Ans den Zahlen der Tabellen XI bis XIII S. 272 u. ff. und XXIII bis
XXVI S. 300 n. ff. lässt sich dann noch auf Grundlage der jährlichen Be-
triebskosten ein Vergleich anstellen über den Wert einer ständigen
Wasserkraft verglichen mit einer neunmonatlichen Kraft, welche
während drei Monaten durch Wärmekraft vollständig ersetzt werden muss.
Die in Tabelle Y mitgeteilten Zahlen geben insofern hierüber noch keine Aus-
kunft, weil in den Spalten b durchschnittliche jährliche Betriebskosten
pro Einheit des gemischten Betriebes, also einschliesslich der ständigen
Wasserkraft enthalten sind und das Bild sich sehr verändert, wenn man die ständige
Tabelle VI.
Bewertung von ständigen und unständigen Wasserkräften auf Grundlage der jährliehen Betriebs-
1. Grösse der ständigen Wasserkraft in PSe . .
100
2. Grösse der während 270 Arbeitstagen vorhan-
(100 + 100) = 200
100
(100 X 3600 X 0,90 X 0,95) x 0,0507 = 15605,46 Mk.
(100 X 2700 X 0,90 X 0,95) X 0,0507 = 11704,00 .
(100 X 900 X 0,90) X 0,1689 =13680,00 „
3. Grösse der Dampfreserve in PSe, welche an
90 Tagen die Differenz zwischen 1 u. 2 ersetzt
4. Jährliche Betriebskosten bei 3 600 Betriebs-
stunden (10 Stunden täglich) in Mk.:
a) der ständigen Kraft (vergl. Tab. XI Nr. 24)
b) der unständigen Kraft und zwar:
1. der 9 monatlichen Wasserkraft abzüglich
2. der Dampfreserve, welche an 90 Tagen
die unständige Wasserkraft ad b 1 ersetzt
(vgl. Tab. XXIII, Nr. 20, Spalte 3, 4+5 u. 11)
25 384,00 Mk.
1 : 1,63 SQ 0,61 SO -^-
§ 6.
Die wirtschaftlichen Vorarbeiten.
253
Wasserkraft für sich getrennt betrachtet Es ist daher in Tabelle VI dieser Vergleich
Auf der Grundlage der jährlichen Betriebskosten und zwar unter Annahme einer Reserve
in Dampfmaschinen durchgeführt.
Nimmt man an, dass der Wert Wa der ständigen Wasserkraft zum Werte der
unständigen Kraft Wb im umgekehrten Verhältnis steht zu den jährlichen Betriebskosten
also =p = -undWb=WÄ.|
48 44 466
so beträgt nach Tabelle VI der Wert der unständigen Kraft nur ^ bezw. qä bezw. ■■ '
oü oU oü •
desjenigen der ständigen Kraft.
Es war oben S. 248 aus anderer Überlegung ermittelt, dass der Wert der neun-
monatlichen Wasserkraft 9/i« = 46/so des Wertes der ständigen Kraft beträgt. Man sieht
also, dass sich aus den Betriebskosten bei 3 600 stündigem Betriebe pro Jahr und voller
Belastung, sowie bei Annahme einer Dampfreserve für die Differenz zwischen neun-
monatlicher Kraft und ständiger ungefähr dasselbe Verhältnis ergibt. Legt man — die
sonstigen Umstände gleich gedacht — 7200 stündigen Betrieb pro Jahr zugrunde, so
verändert sich das aus den Betriebskosten ermittelte Wertverhältnis von ständiger zur
neunmonatlichen Kraft auf etwas unter 1/t. Diese Wertzahlen haben naturgemäss
keine allgemeine Gültigkeit, treffen aber für durchschnittliche Verhältnisse zu und können
daher dazu dienen, die allgemeine Übersicht zu erleichtern und grössere Klarheit in der
Bewertung von Wasserkräften und Konzessionen zu schaffen. Es muss auch beson-
derer Wert darauf gelegt werden, recht deutlich und eindringlich vor
Augen zu führen, wie durchaus notwendig es ist, dass ein Ingenieur
bei Angabe von Anlage- und Betriebskosten für Wasserkraftanlagen
niemals kurzweg von PS oder KW spricht, sondern dass er stets Charak-
teristika hinzufügt, welche für den Leser jeden Zweifel ausschliessen.
In den Tabellen V und VI wurde volle Belastung der Maschinen angenommen.
In Wirklichkeit kann man keineswegs immer damit rechnen, vielmehr schwankt die
Belastung während der einzelnen Stunden des Tages und der Nacht und ebenso auch
in den einzelnen Monaten. Es werden deshalb die Betriebskosten in absoluten Zahlen
Tabelle VI.
kosten anter Annahme einer Dampfreserve, welche die ständige Kraft auf die 9 monatliche ergänzt.
300
(300 + 300) = 600
300
(300 X 3600 X 0,90 X 0,945) X 0,0328 = 29 128,10 Mk.
(300 X 2700 X 0,90 X 0,945) X 0,0328 = 22596,00 „
(300 X 900 X 0,90) X 0,1289
1:1,80^0,55^0
30107,70
52 703,70 Mk.
44
80
1000
(1000 + 1000) = 2000
1000
(1000 X 3 600 X 0,88 X 0,894) X 0,0242 = 68539,00 Mk.
(1000 X 2 700 X 0,88 X 0,894) X 0,0242 = 51 404,30
(1000 X 900 X 0,88) X 0,0873
= 69141,60 ,
120545,90 Mk.
1 : 1,76 ce 0,57 ^-^p
254 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
pro PS«-St. oder KW.-St. im allgemeinen höher werden, als sie sich ans den Tabellen XI
bis XLII, XIX bis XXVI und XXX bis XXXI ergeben, aber die obigen Verhältniszahlen
werden dadurch doch wenig berührt. Dagegen muss man bei Durchführung der ver-
gleichenden Betriebsrechnungen für die wirtschaftlichen Vorarbeiten danach streben, von
vornherein eine möglichst gute Übersicht über die zu erwartenden Betriebsverhältnisse
einer Wasserkraftanlage zu gewinnen.
In Tabelle V S. 252 und noch genauer in den Tabellen XI, XII und XIII S. 272 u. L
ist gezeigt, wie mit dem Wachsen der jährlichen Betriebsstunden, während welcher eine
Wasserkraft ausgenützt werden kann, die Betriebskosten pro PSe-Stunde sinken. Aus
den Tabellen XIX bis XXVI S. 296 u. fi. über die Betriebskosten von Dampfmaschinen
wird man erkennen, dass die Betriebskosten pro PSe-Stunde bei dieser Betriebsart nicht
in gleich starkem Verhältnis zur Betriebsdauer abnehmen, weil der Einfluss der indirekten
Betriebskosten, welche ganz oder zum Teil unabhängig von der Betriebsdauer sind, bei
den Dampfanlagen eine erheblich kleinere Rolle spielt, als bei den Wasserkraftanlagen.
Es können deshalb unter Umständen sehr teuere Wasserkraftanlagen noch rentabler, als
Dampfanlagen sein, wenn die Ausnützungsmöglichkeit eine grosse ist. Ein sprechen-
des Beispiel hierfür ist die Wasserkraftanlage der Stadt Stuttgart in Marbach. Obwohl
dieselbe, wie aus Tabelle I ersichtlich, mit zu den teueren Anlagen gehört, gibt sie den-
noch sehr gute wirtschaftliche Ergebnisse, weil sozusagen jeder Tropfen Wasser voll aus-
genützt werden kann. Es ist nämlich in Stuttgart vor Errichtung der Wasserkraftanlage
eine grosse Dampfanlage und zwei grosse Akkumulatorenbatterien für Licht- und Strassen-
bahnbetrieb vorhanden gewesen. Ausserdem ist der Kraftbedarf um ein vielfaches grösser,
als die Höchstleistung der Wasserkraftanlage. Man kann daher jeden Zustand im Wasser-
zufluss des Neckars Tag und Nacht voll ausnützen und zwar während des Tages, indem
man entsprechend weniger Dampfmaschinen mitlaufen läset und während der Nacht,
solange der direkte Bedarf kleiner ist, als die Leistung der Wasserkraft, indem man die
Akkumulatorenbatterie auflädt.
' Auch bei der Anlage Jonage-Cusset-Lyon, bei welcher, wie bereits erwähnt, die
Anlagekosten durch besondere Schwierigkeiten eine ungewöhnliche Höhe erreicht haben,
hat sich doch im Laufe der Jahre eine Rentabilität entwickeln können, weil der grosse
Kraftbedarf der Stadt Lyon eine fast vollkommene Ausnützung des fliessenden Wassers
gestattet. —
Während der Bauingenieur bei Veranschlagung des wasserbaulichen Teiles und
des Erafthauses für die wirtschaftlichen Vorarbeiten sich auf Grund von vorläufigen
Skizzen alle Elemente des Anschlages selbst zu verschaffen vermag, ist er bei Veran-
schlagung der Turbinenanlage auf die Mitwirkung des Turbineningenieurs angewiesen.
Auf Anfrage werden die Turbinenbau- Anstalten meistens bereit sein, Kostenanschläge
zu machen. Voraussetzung ist aber dabei, dass richtige, ausführliche und klare An-
fragen ausgearbeitet werden. Hierzu ist es unbedingt erforderlich, dass der Bauingenieur
die Einzelheiten der Wasserkraft-Maschinen soweit beherrscht, dass er versteht, welche
Umstände und Verhältnisse für die richtige Auswahl des Systems der Turbinen und für
die Durchbildung ihrer Konstruktionen von Einfluss sind. Deshalb ist diesem Bande
eine besondere Abhandlung über Turbinen im Kap. III, 5 beigefügt. Es kann nicht
dringend genug darauf hingewiesen werden, dass nur dann bei einer
Torbinenanlage der höchste Nutzeffekt und die kleinsten Betriebskosten
erzielt werden können, wenn der Turbinen-Bauanstalt vom Besteller
§ 5. Die wirtschaftlichen Vorarbeiten. 255
alle erforderlichen Unterlagen rechtzeitig, richtig und vollständig mit-
geteilt werden. Hierzu gehören in erster Linie:
1. Die sekl. Wassermengen und zwar die kleinste (355 tägige), die neunmonatliche,
die sechsmonatliche und die grösste, welche überhaupt verfügbar sein kann. Hinzugefügt
muss werden eine Darstellung der Dauerlinien der einzelnen sekl. Wassermengen und
zwar für das trockenste, für das nasseste und für das mittlere Jahr (vergl. S. 142). Es
ist auch erwünscht hinzuzufügen, für welchen Zustand die höchsten Nutzeffekte erwartet
werden, Wenn der Kraftbedarf besonders in der Zeit des Wassermangels gross ist, so
kann es unter Umständen zweckmässig sein, bei der Konstruktion der Turbinen speziell
auf diesen Zustand Rücksicht zu nehmen, indem man entweder alle Turbinen hierfür
einrichtet, oder indem man einen Teil der Turbinen speziell für die Arbeit bei kleinster
Wassermenge und dem zugehörigen Druckgefälle bestimmt.
2. Das Gefälle, d. h. die Höhendifferenz von Ober- und Unterwasserspiegel an
der Stelle, wo die Turbinen aufgestellt werden sollen. Hierbei sind natürlich alle ver-
schiedenen Gefalle für die einzelnen charakteristischen sekl. Wassermengen anzugeben,
was am besten unter Bezugnahme auf die Dauerlinien geschieht»
3. Die Verhältnisse vom Ober- und Unterkanal, nämlich die Breite, die Wasser-
tiefe und Länge derselben mit einem Längsprofil, in welchem die wichtigsten Wasser«
stände einzutragen sind. Ebenso sind die lichten Weiten und Wassertiefen der Einlauf-
schützen mitzuteilen. Der Turbinenbauer wird bei älteren Anlagen oft in die Lage
kommen, Verbesserungsvorschläge zu machen. Sind Druckrohrleitungen vorhanden oder
projektiert, so ist deren Länge und lichte Weite anzugeben. Bei bereits vorhandenen
Anlagen muss die Zahl und Grösse der gleichzeitig betriebenen, an einem Bohrstränge
angeschlossenen Turbinen mitgeteilt werden.
4. Soll die Turbine an eine vorhandene Transmission angeschlossen werden, so
ist die Angabe der Höhenlage derselben im Verhältnis zum Oberwasserspiegel, die Dreh-
richtung und die minutliche Umdrehungszahl notwendig.
5. Wegen der Wahl der Umdrehungszahl der Turbine selbst ist es notwendig,
anzugeben, was die Turbine antreiben soll und ob Beserve in Dampfmaschinen oder
anderen Wärme- Antriebmaschinen vorhanden oder geplant ist, welche zeitweise dieselben
Vorrichtungen zu treiben hat.
6. Wenn selbsttätige Begelung der Turbine gewünscht wird, was bei Elektri-
zitätswerken stets der Fall sein dürfte, so muss angegeben werden, welches Mass von
Gleichmässigkeit des Ganges verlangt wird und welche Schwungmassen in den anzu-
treibenden Maschinen schon enthalten sind. Bei Elektrizitätswerken wird der Turbinen-
bauer mit dem Elektrotechniker Hand in Hand zu gehen haben (vergl. Kap. IU, 5 Turbinen
und 6 B Krafthäuser, Elektrischer Teil).
Der entwerfende Bauingenieur wird aber recht oft, bevor er imstande ist, alle
diese Angaben sachgemäss zu machen, in die„ Notwendigkeit versetzt sein, durch ver-
gleichende Rechnung erst eine bestimmte Lösung als die beste für den wasserbaulichen
Teil herauszufinden. Um diese Arbeit zu erleichtern, ist es sehr erwünscht, dass ihm
überschlägliche Preise für Turbinenanlagen zur Hand sind, damit er ohne allzu weit-
läufige und zeitraubende Arbeiten vergleichende Betriebskostenrechnungen und Renta-
bilitätsberechnungen anstellen kann. Es sind deshalb in der nachfolgenden Tabelle
eine Anzahl mittlerer Preise von Turbinenanlagen gegeben, welche der Praxis ent-
nommen sind und zum Teil auf Angaben von Turbinen-Bauanstalten, zum Teil auf An-
gaben im Betriebe befindlicher Werke beruhen. Die Tabelle ist leider noch sehr unvoll-
266
L Theodor Kokhn. Ausbau von Wassehe&Iften. Allgemeines.
Tabelle VIL
Anaähenuigspreiae für vollständige, betriebsfertig aufgestellte Turhinenanlagen pro inst PSe einschliess-
einschlieeslich der Abzweigrohre yon dem
Leistung der Turbinen in PS«
50
100
800
Gefalle
in m
Art der Turbinen
Preis
inMk.
Um-
drehungs-
zahl in
der Min.
Ge-
wicht
in kg
p.PSe
Preis
inMk.
pro
PS«
Um-
drehungs-
zahl in
der Min.
Ge-
wicht
in kg
p-PS*
Preis
inMk.
Um-
drehungs-
zahl in
der Min.
Ge-
inkg
p.PS»
1
2
8
4
5
2,0
Stehende Francis-
Schacht-Tnrbine
165,0
50-60
200,0
155,0
40-50
180,0-
190,0
150.0
86-40
170,0
5,0
Stehende Francis-
Schacht-Tnrbine
125,0
150
—
120,0
150
—
100,0
150
—
10,0
Schacht-Turbine
10,0
Liegende Francis-
Gebiuie-Turbine
—
—
—
80,0
250
—
60,0
200
—
80,0
Liegende Francis-
Gehtuse-Turbine
—
—
—
65,0
(54,0)
500-600
(600)
45,0
(45,0)
55,0
400-500
40,0
100,0
Liegende Freistrahl-
Turbine
-
85,0
(25,0)
400-500
(400)
28,0
(28,0)
400,0
Liegende Freistrahl-
Turbine
_
45,5
(88,0)
600
(600)
35,0
(85,0)
25,0
(21,0)
500-600
(500)
20,0
(20,0)
ständig, aber sie wird immerhin eine ganze Reihe von Anhaltspunkten bieten. Es wäre
sehr erwünscht, wenn sie den Antoss gäbe, weiteres diesbezügliches Material
zu sammeln and zn veröffentlichen. Bei dem zurzeit erhältlichen Material er-
schien es am richtigsten die Kosten pro PS« der installierten Leistung für betriebsfertig
aufgestellte Anlagen und einschliesslich aller Nebenanlagen anzugeben. Die in der Tabelle
gegebenen Einheitspreise sind mittlere aus dem Jahre 1897 — 1905 und beziehen sich
auf die rolle Leistung und auf die betriebsfertig aufgestellte Anlage. Die eingeklammerten
Zahlen stammen aus den Jahren 1904/1905. Sie beziehen sich aber nicht auf die be-
triebsfertig aufgestellte Anlage, sondern auf die Einheitskosten ab Fabrik, d. h. ohne
die Kosten für Transport und Montage.
Es versteht sich von selbst, dass die Preise bei ein und derselben Gefallstufe mit
der Grösse der Umdrehungszahl in dem Sinne veränderlich sind, dass sie bei kleiner Um-
drehungszahl wachsen und bei grosser Umdrehungszahl abnehmen, ebenso dass die Preise mit
wachsender Grösse abnehmen. Die Tabelle VII zeigt auch deutlich den Einfluss des Gefälles
auf die Einheitskosten. Die verschiedenen Aufstellungsarten und Systeme, ob liegende, ob
stehende, ob Schacht- oder Gehäuseturbinen, ob Francis- oder Freistrahlturbinen greifen bei
einzelnen Gefällstufen übereinander, so dass die in Spalte 2 der Tabelle VII angegebenen
Typen nicht die einzigen sind, welche in Frage kommen. Es war für den Verfasser hierbei
das zunächst erreichbare Zahlenmaterial allein massgebend. Dass die Preise auch Schwan-
kungen der Konjunktur unterliegen, will sagen, dass sie von den Materialpreisen und
der Höhe der Löhne, sowie von dem Beschäftigungsgrade der Werkstätten abhängen,
braucht wohl nicht besonders hervorgehoben zu werden. Es ist ferner selbstverständ-
lich, dass, wenn auch die Herstellungskosten in der Fabrik dieselben wären, die wirk-
lichen Kosten an Ort und Stelle einschliesslich der Montage in erheblichem Masse von
o.
DlE WIRTSCHAFTLICHEN VORARBEITEN.
257
Tabelle VII.
lieh der selbsttätigen Begier, Schätzen, Schieber, Drosselklappen in und an dem Krafthaue«, sowie
Hanpt-Drnekrohr und der Saugrohre.
500
Preis
inMk.
Dm-
drehuDgs*
aahlin
der Mio.
Ge-
wicht
in kg
p.PS*
6
1000
Preis
inMk.
pro
PS«
Um-
drehungs-
zahl in
der Min.
Ge-
wicht
in kg
p. PS«
2000
Preis
inMk.
pro
P8.
Um-
drehungs-
zahl in
der Hin.
Ge-
wicht
in kg
p.PS0
8
4000
Preis
inMk.
Um-
drehungs-
zahl in
der Min.
9
Ge-
wicht
in kg
p.PS.
80,0
50,0
88,0
(29,0)
80,0
(18,0)
150
80,0
180
850
(850)
500
25,0
(25,0)
(500)
(17,0)
45
22
(18)
80
28
20
(15)
17
120
125
(180)
150—160
200
850
(850)
850
80,0
16,0
(16,0)
11,0
25,0
20,0
17,0
18,0
(9,50)
150-160
180—190
800
350
(350)
8,0
(8,0)
18,8
(14,0)
15,0
9,0
(«,«
180
(180)
800
850
(350)
15,0
(15,0)
6,0
(6,0)
dem mehr oder weniger weitem und schwierigem Transport, von den Hilfsmitteln, welche
bei der Montage zur Verfügung stehen, von den Reisekosten des Personals usw. ab-
hängen. Wenn z. B. eine Turbine von der Schweiz nach den Necaxa-Fällen in Mexiko
transportiert werden und dort an einer Baustelle aufgestellt werden muss, zu welcher
von der letzten Eisenbahnstation nur schlechte oder überhaupt keine geebneten Wege
führen, so kann natürlich der Preis einer solchen Turbinenanlage pro PS* das Doppelte
und Dreifache von dem betragen, was dieselbe Anlage in der Schweiz selbst gekostet
haben würde.
Übrigens sind die Transportverhältnisse auch bei der Wahl der Einheit und bei
der Konstruktion der Turbinen insofern zu berücksichtigen, als die einzelnen Stücke
nicht zu schwer werden dürfen, damit sie mit dem verfügbaren Transportmittel über-
haupt noch transportiert werden können. Man hat z. B. bei der in Fussnote 39 S. 21
erwähnten Wasserkraftanlage in Kaschimir bei Srinagar trotz der Grösse der Gesamt-
anlage (20000 PS«) keine grösseren Einheiten als 1000 KW = 1500 PS« wählen können,
weil als einziges Beförderungsmittel die zweiräderigen Ochsenkarren der Bergbewohner
zur Verfügung standen*). Wenn also besonders schwierige Transportverhältnisse vor-
liegen, so muss natürlich auch davon den Turbinenbauanstalten bei der Anfrage nach
Preisangaben Mitteilung gemacht werden.
Handelt es sich um eine grössere Anzahl von Einheiten als etwa 2 — 3, so können
für die weiter hinzukommenden Einheiten die Einheitspreise der Tabelle VII mit einem
Rabatt von etwa 10 — 15% in Ansatz gebracht werden, weil sich in solchen Fällen die
Modell-Transport- und Montagekosten pro Einheit immerhin erheblich billiger stellen.
«) Zeitsehr. d. Ver. deutscher log. 1906. S. 67.
g*«*^ 6m Ing>WiMttiM]i. UI. Ttfl. 11. Band.
17
258 L Theodor Koehn. Ausbau von Warrkekräftkn. Allgemeines.
Wie aus der Tabelle I ersichtlich, betragen die Turbinenkosten bei den daselbst aufge-
führten Anlagen höchstens 31,5 °/o und mindestens 4,47 °/o der Gesamtanlagekosten der
Wasserkraft einschliesslich der Turbinenanlage7). Im Barchschnitt von 15 Anlagen be-
trägt der auf* die Turbinenanlage entfallende Teil 10,7%. Die hohen Prozentsätze,
25,26% bei Chevres und bei Hafslund 31,5% haben ihren Grund in der ausnahms-
weisen Billigkeit der baulichen Anlagen dieser Werke und ferner darin, dass stehende
Turbinen verwendet wurden, welche fast immer teurer ausfallen, als liegende. Lasst
man die beiden Anlagen fort, so beträgt der Durchschnitt aus den dann noch verblei-
benden 13 Anlagen rd. 8,0%. Wenn man also auch beim überschläglichen Kostenanschlage
bei der Wahl des Einheitspreises für die Turbinenanlage die Wirklichkeit selbst um
20% verfehlt, so wird der Einfluss auf die im obigen Sinne aufgefassten Gesamtkosten
doch nur durchschnittlich rd. 1,6—2,1% ausmachen.
Diese Überlegung mag die Aufstellung der Tabelle VII trotz der erheblichen Ab-
weichungen in den Preisen, welche sich im Einzelfalle ergeben können, rechtfertigen.
Sie soll es dem Bauingenieur erleichtern, ohne grossen Zeitaufwand bei Aufstellung
überschläglicher Kostenanschläge — und nur für solche ist die Tabelle bestimmt — zu
einem Abschluss zu gelangen.
Die Schwankung des Nutzeffektes bei modernen Turbinen beträgt zwischen etwa 4/io
Belastung und voller Belastung, meistens etwa 10—12%, der höchste Nutzeffekt liegt oft
nicht bei voller, sondern bei 8/io Belastung. Wie die Tabelle VII S. 256/257 lehrt,
nehmen die Kosten pro PS« der Turbinenleistung bei gleichem Gefälle
sehr erheblich mit der wachsenden Grösse der Einheit ab. Im nächsten
Abschnitt wird gezeigt werden, dass sowohl die indirekten, als auch
die direkten Betriebskosten bei grossen Einheiten billiger werden.
Aus diesen Gründen ist es deshalb zu empfehlen, die Turbinenein-
heiten so gross zu wählen, als es für den Fall nur irgend noch passt.
Wenn z. B. die maximale Nutzleistung eines Krafthauses 10000 PS« betragen soll, so
ist es im allgemeinen vorzuziehen, 5 Einheiten zu 2500 PS« aufzustellen, wobei eine
Einheit als Reserve dienen würde, statt z. B. 12 Einheiten zu 1000 PS«, es sei denn,
dass die besondere Art der Kraftverwendung eine stärkere Unter-
teilung und eine Reserve in mehr als einer Einheit notwendig macht.
In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle findet die Umwandlung der Wasser-
kraft in elektrische Energie statt, sofern es sich um Kraftübertragung und
Kraftverteilung auf grössere Entfernungen handelt. Es sind zwar vor ca. 10 bis 15
Jahren umfangreiche Einrichtungen zur Verteilung von Kraft in Form von Druck-
wasser oder Druckluft angelegt worden, aber der Betrieb hat sich doch im Vergleich
mit elektrischer Kraftübertragung als nicht konkurrenzfähig herausgestellt So ist
z. B. in Genf die Druckwasserverteilung, welche bei Ausbau der ersten Wasser-
kraftanlage dieser Stadt bei Coulouvreniere für gewerbliche Zwecke angelegt wurde,
gegenüber der später nach dem Ausbau des Wasserkraft-Elektrizitätswerkes Chevres
eingeführten Verteilung elektrischer Energie ganz in den Hintergrund getreten. In
Antwerpen, wo bereits ein grosser Teil der Stadt mit Druckwasserleitungen nach dem
System van Rysselberghe versehen war, ist seit etwa 8 — 9 Jahren die Druckwasser-
verteilung fast vollständig durch die Elektrizität verdrängt. Die bekannte Druckluft-
?) Also ausschliesslich des elektrischen Teils.
§ 5. Die wirtschaftlichen Vorarbeiten. 259
Verteilung in einem Secteur von Paris nach dem System Popp hat wirtschaftlich voll-
kommen Fiasko gemacht und ist längst durch Elektrizität ersetzt.
Es gehört deshalb zu einem Anschlage meistens auch die Kenntnis der Preise
von elektrischen Einrichtungen der Krafthäuser. Beim Projektieren und Ver-
anschlagen derselben ist die Mitarbeit des Elektrotechnikers unent-
behrlich. Sobald also die Projektunterlagen soweit geklärt sind, dass man die Grösse
der zu gewinnenden Kraft kennt und die Wahl der Einheiten und des Systems treffen
kann, so wird eine Anfrage bei einer oder mehreren elektrotechnischen Firmen am
besten zum Ziele fuhren. Dieselben werden meistens bereit sein, Anschläge zu machen,
wenn ihnen genügende Unterlagen mitgeteilt werden. Da aber auch hier, ähnlich wie
bei den Turbinen, eine genauere Übersicht über das ganze Gebiet der elektrischen
Krafterzeugung und Kraftverteilung für den projektierenden Bauingenieur unentbehrlich
ist,, damit er die baulichen Dispositionen des Krafthauses und der Fernleitungen etc.
richtig treffen und damit er sachgemässe und ausreichende Angaben an die Elektrizitäts-
firmen leiten und ihre Angebote beurteilen kann, sind in dem Kapitel III 6 B. der
elektrische Teil der Krafthäuser und im Kap. III, 7 die Fernleitungen eingehender be-
handelt. Hier sollen nur Angaben über überschlägliche Preise folgen, welche für wirt-
schaftliche Vorarbeiten Verwendung finden können.
Die Preise der Generatoren hängen im geringeren Masse von der Wahl der
Spannung und des Systems, im höheren Masse von der Umdrehungszahl ab. Zwischen
500 und 5000 Volt Spannung bleiben die Preise dieselben, sie nehmen zu, wenn die
Spannung unter 500 Volt sinkt oder über 5000 Volt steigt und zwar ungefähr in fol-
send er Weise *
bei 500 bis 400 und 5000 bis 7000 Volt 2°/o
„ 400 „ 300 „ 7000 „ 8000 „ 3°/o
„ 300 „ 200 „ 8000 „ 9000 „ 4%
„ 200 „ 100 „ 9000 „ 10000 „ 5°/o
10000 „ 12000 „ 7°/o
über 14000 „ 10°/o.
Schwieriger als die Veranschlagung der Hauptgeneratoren und der Erreger-
maschinen, wofür fast alle grossen Firmen ausführliche Preislisten herausgeben, ist die
Veranschlagung von Schaltanlagen mit allem Zubehör, sowie die Veranschlagung der
Beleuchtung des Krafthauses und der kleineren elektrischen Hilfsmaschinen etc. In dem
Zahlenmaterial, welches sich über die elektrischen Einrichtungen von Wasserkraftanlagen
finden läset, ist meistens die ganze elektrische Einrichtung zusammengefasst, und es
dürfte auch für überschlägliche Kostenanschläge der einfachste und sicherste Weg sein,
wenn man die ganze elektrische Ausrüstung des Krafthauses pro installierte Einheit
veranschlagt. Um das zu erleichtern und um dem Bauingenieur zunächst einige Unter-
lagen an die Hand zu geben, sind in der nachstehenden Tabelle VIII überschlägliche
Preise, wie sie aus einer grösseren Anzahl ausgeführter Anlagen ermittelt wurden, für
eine Reihe von Einheiten zusammengestellt. Diese Einheitspreise schliessen die ganze
elektrische Ausrüstung der Zentrale einschliesslich aller Hilfsapparate, Erregermaschinen,
Schaltanlagen und der Beleuchtungseinrichtung des Krafthauses selbst in sich8) und
beziehen sich auf die Leistungen der Hauptmaschinen. Es ist vorausgesetzt, dass
mindestens zwei Maschinen der in Spalte 1 angegebenen Leistung aufzustellen sind.
Werden mehr Einheiten aufgestellt, so sind die hinzukommenden Einheiten mit einem
s) Aber ausschliesslich Transformatoren.
17
260
L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Preissatz von dem 0,75 fachen der in der Tabelle angegebenen Preise in Rechnung zu
stellen. Angenommen ist ferner, dass Spannungen zwischen 500 und 5000 Volt gewählt
werden, anderenfalls sind die obigen Zuschläge zu machen, also wenn z. B. die Maschinen-
spannung zu 10000 Volt gewählt wird, 5 °/°- Di© angegebenen Prozentsatze für die Zur
schlage beziehen sich eigentlich nur auf die Generatoren, können aber auch für die
Kosten der Gesamtanlage zur Anwendung kommen, weil die Kosten der Schaltanlage
in ähnlicher Weise von der Spannung abhängen.
Tabelle VIII.
Kosten der betriebsfertig aufgestellten elektrischen Einrichtung von Krafthausern.
Leistung
der aufgestellten Einheit
Umdre-
hungszahl
der Gene-
ratoren
in der
Minute
Kosten der Generatoren, ein-
schliesslich der Erregerma-
sehinen, der Schaltanlage, der
Yerbindangsleitnngen, der Be-
leuchtung des Krafthaases ete.
Umdre-
hungszahl
der Gene-
ratoren
in der
Minute
Kosten der Generatoren, ein-
schliesslich der Erregeraa-
srhinen, der Schaltanlage, der
Verbindungsleitungen, aerBe-
leuehtangdes Krafthaases ete.
betriebsfertig
der Turbinen
in PS.
der Strom-
erzeuger in
KW
pro PS»
der insUll.
Tarbinen-
Leitang
pro KW
der instsll.
Generatoren-
Leistung
pro PSr
der instalL.
Turbinen-
Leistung
pro KW
der inatall.
Generatoren-
Leistung
1
1
750 ;
3
4
.
_- - . . _ _
50
88
109,5
166
^^
100
67
600 1
70
104,5
300
120 180,0
150
100
500 ;
65
97,5
250
100 ' 150,0
800
200
500 i
55
80,25
250
95 !i 142,5
750
500
875 !
40
60,0
215
70 ü 105,0
1000
675 |
875 |
85
51,8
187
58 ' 86,0
2000
1350
375
30
44,4
187
50
74,0
3000
2025
375
25
37,0
187
40
60,0
4 000
2700
i
300
20
30,0
150 j
35
! 52,0
Im Kapitel III 6 B wird über die Wahl der Maschinen -Spannung and über
die Fälle, wo sich die Verwendung von Transformatoren zur Erreichung einer höheren
Spannung empfiehlt, näheres mitgeteilt werden. Hier mögen in Tabelle IX einige Preis-
angaben für Transformatoren folgen, um wenigstens für eine Anzahl von Fällen, welche
die Praxis bieten kann, einigen Anhalt zu geben. Bei den Transformatoren wächst der
Preis pro Einheit für ein und dieselbe Grösse mit der Höhe der Spannung, auf welche
der Strom transformiert werden soll, weil sowohl die Schaltapparate, als auch die Trans-
formatoren selbst bei höheren Spannungen sorgfältigere Arbeit und teuere Konstruktions-
einzelheiten erfordern.
Der Preis pflegt auf KW mit Angabe des cos des Winkels der Phasenverschiebung
bezogen zu werden, da die effektive Leistung der Transformatoren bei induktiver Be-
lastung von der Phasenverschiebung abhängt, welche sich zwischen Spannung und Strom
ergibt. (Näheres hierüber Kap. III 6B.) Überwiegt der Anschluss von Asynchron-Motoren,
so pflegt man mit einer Phasenverschiebung von cos g> = 0,8 zu rechnen. Bei ganz
induktionsfreier Belastung (reiner Lichtanschluss und bei Anschluss von Synchron-Motoren)
wird cosy=l. In der nachfolgenden Tabelle IX sind Einheitspreise von Trans-
formatorenanlagen in KW bei cos q> = 0,8 mitgeteilt. Die Preise pro KW bei cos
y = 1 (KVA) lassen sich danach leicht ermitteln. Die Einheitspreise verstehen sich
für die betriebsfertig montierten Gesamtanlagen einschliesslich der Leitungsvdrbindungen
und aller Schaltapparate. Die Einheiten in KW für cos q> = 0,8 der Tabelle IX, welche
aus Umrechnung entstanden sind, stellen nicht die im Handel gangbaren Grössen dar.
Letztere pflegen vielmehr auf volle KW abgerundet bei den kleineren Typen in Stufen
D.
Die wirtschaftlichen Vorakbjttbn.
261
von 5 zu 5 KW, bei den Einheiten zwischen 50 und 100 KW in Stufen von 10 zu 10
und bei den grösseren Einheiten in noch grösseren Stufen gebaut zu werden. Da aber
in der Tabelle IX Einheitspreise angegeben sind, so können die Einheitspreise normaler
Typen gleich denjenigen der nach Tabelle IX nächstgelegenen Grössen angenommen werden.
Preise für Transformatorenanlagen mit Leistungen und Spannungen, welche zwischen den
angegebenen liegen, lassen sich für den überschläglichen Kostenanschlag mit hinreichender
Genauigkeit durch Interpolation finden, indem man ein gradliniges Ansteigen der Preise
zwischen 2 Werten der Tabelle annimmt. Für die grösseren Typen konnten leider nur
vereinzelte Preise mitgeteilt werden, aber immerhin erscheinen sie schon wertvoll, weil
sie dem Bauingenieur doch einen Begriff geben, wie hoch die Kosten derartiger Trans-
formatorenanlagen ungefähr zu stehen kommen.
Tabelle IX.
Oberschlfigliche Einheitspreise von Öl- Transformatoren-Anlagen, einschliesaBth Leitnngsverbiiidimgen
und der Schaltapparate in Mark pro KW bei cos gp = 0,8* Alle baulichen Anlagen sind nicht in den
Preisen enthalten. Die in Klammern beigefügten Preise gelten für Transformatoren mit Wasserkühlung.
.
Leistung eines Transformators
Höbe der
in PS«
50 ] 100 150 300 500 1000
2000 3000 | 4000
Oberspannung
in Volt
in KW bei cos <p = 1
33 67 100 200 340 675
1350 2025 2700
in KW bei cos <p = 0,8
26,4 53,6 80 160 272 540
1080 1620 2160
Preise in Mark pro KW bei cos 9 = 0,8
2000
60,0
42,0
38,0
32,0
_
15,0
(10)
(8,75)
(7,5)
5000
62,0
46,0
38,0
82,0
—
—
12,0
(11)
—
*—
10000
64,0
47,0
40,0
35,0
22,0
16,0
12,0
(11)
— —
—
15000
66,0
48,0
41,0
—
23,0
—
—
».0
20000
—
43,0
87,0
24,0
17,0
13,0
30000
!
48,0
40,0
26,0
18,5
(17)
13,0
— —
9,5
(8,0)
40000
1
1
(17)
11,5
—
(8,0)
Zur weiteren Vervollständigung des überschläglichen Kostenanschlages einer Wasser»
kraftanlage gehören dann noch die Kosten der Fernleitung durch welche die ge-
wonnene elektrische Energie in den Schwerpunkt des Verwendungsgebietes zu leiten ist
Die Kosten solcher Fernleitung können unter Umstanden von sehr ausschlag-
gebender Bedeutung sein, wenn n&mlich die Fernleitung im Verhältnis rar gewonnenen
und verwendbaren Kraft verhältnismässig lang wird und unter schwierigen örtlichen Ver-
hältnissen zu verlegen ist. Will man eine Wasserkraftanlage mit einer Wärmekraft-
anlage vergleichen, welch letztere man ganz in der Nähe des Verwendungsgebietes zu
errichten in der Lage ist, so muss der Kostenanschlag für die Wasserkraftanlage alle
Bauteile enthalten, welche dazu nötig sind, um die Kraft an derselben Stelle zu liefern,
wo sie die Wärmekraftanlage zur Verfügung stellt Die Fernleitung des elektrischen
Stroms geschieht meistens durch blanke oberirdische Kupferleitungen, welche mittelst
Porzellanisolatoren auf hölzernem oder eisernem Gestänge befestigt werden« Nur bei
Führung der Leitungen durch städtische Strassen wird man statt der oberirdischen Fern-
leitung die erheblich teurere Kabelleitung zu wählen haben. Näheres hierüber ist im
Kap. in, 7 Fernleitungen mitgeteilt
262 L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Die Kosten einer Fernleitung pro km Länge hängen ab von:
Der Energiemenge, welche man übertragen will,
dem Effektverlust, welchen man am Ende der Leitung noch als zulässig
erachten will,
der gewählten Spannung,
dem gewählten Stromsystem, sowie von
einer ganzen Reihe besonderer Umstände.
Jedem qmm Kupferquerschnitt des Leitungsdrahtes entspricht eine gewisse Leit-
fähigkeit bei bestimmter Temperatur; nimmt die Temperatur zu, so nimmt die Leit-
fähigkeit des Kupfers ab9). Man kann daher mit einem bestimmten Querschnitt und bei
einer bestimmten Temperatur im Kupfer auch nur eine bestimmte Maximalmenge von
Amperes übertragen. Deshalb hängt der Kupferquerschnitt und damit das
Kupfergewicht bei gegebener Spannung von der Kraftmenge ab, welche
übertragen werden soll. — Je grösser die Zahl der Amperes wird, welche man durch
einen Draht von bestimmtem Querschnitt und bestimmter Länge hindurchleitet, um so
grösser wird der Effektverlust durch Joulesche Wärme in der Leitung.
Die Leitung kann deshalb einen um so kleineren Querschnitt erhalten, also um so billiger
werden, je grösser der Effektverlust ist, den man am Ende der Leitung noch zulassen
will. Wenn z. B. sehr reichliche Wasserkraft vorhanden ist, so dass die Effektverluste
keine Rolle spielen, so wird man dieselben bei der Berechnung der Fernleitung grösser,
als normal annehmen dürfen. — Von der Spannung hängen die Kosten in dem Masse
ab, dass der erforderliche Drahtquerschnitt bei ein und derselben Leistung umgekehrt
proportional dem Quadrate der Spannung ist. Bei Verdoppelung der Spannung braucht
also der Querschnitt bei gleicher Leitfähigkeit des gewählten Leitungsmaterials und
gleichem Effektverlust nur */« so gross zu sein. — Das gewählte Stromsystem
beeinflusst die Kosten insofern, als die Zahl der erforderlichen Drähte bei den ver-
schiedenen Systemen verschieden ist und als zu den Effektverlusten bei Gleichstrom durch
Joulesche Wärme noch wirkliche und scheinbare Effektverluste durch Induktion hinzu-
kommen können. Näheres über alle diese Punkte ist im Kap. III 6 B mitgeteilt —
Was die besonderen Umstände betrifft, welche den Preis von Fernleitungen beeinflussen,
so mögen hier nur folgende kurz hervorgehoben werden:
Die jeweiligen Preise für Kupferdraht, Isolatoren und Gestänge, sowie die Höhe
der Löhne und Transportkosten; die Art des Baugrundes, auf welchen das Gestänge
aufgestellt werden muss; das Längenprofil der Trace, ob bergig oder eben, ob wegsam
oder unwegsam, ob zahlreiche Wasserläufe, Wege und Eisenbahnen zu überschreiten und
viele und lange Ortschaften zu durchqueren sind, für welche Schutznetze erforderlich
werden, ob viele Abzweigstellen anzulegen sind, welche an den Abzweigpunkten stärkeres
Gestänge und besondere Schalt- und Blitzschutzapparate etc. erfordern und anderes mehr.
Unter Umständen kann auch, wenn es nicht möglich ist, die Fernleitung unter Benutzung
öffentlichen Bodens, längs vorhandener Strassen und Wege zu verlegen, der Grunderwerb
recht schwer ins Gewicht fallen. Über letzteren Punkt kann sich aber der entwerfende
Ingenieur durch Besichtigung der Örtlichkeit auf Grund vorhandener Karten und durch
Nachfrage bei ortskundigen Leuten wegen der Grund- und Bodenpreise leicht einen ge-
nügenden Überblick verschaffen.
Sind die Leitungsquerschnitte nach den Angaben in Kap. III, 6 B berechnet, so
wird man nach Anleitung der im Kap. III, 7 gegebenen Einzelheiten und Einzelpreise
») In der Praxis werden die Unterschiede der Leitfähigkeit des Kupfers infolge von Temperatnr-
Schwankungen hei Berechnung der Kupferquerschnitte von Fernleitungen meist gani vernachlässigt
§ 5. DDE WIRTSCHAFTLICHEN VORAJtBEITEK. 263
in der Lage sein, die Fernleitungen zu veranschlagen. Für den speziellen Anschlag
wird es aber stets zu empfehlen sein, dass der projektierende Bau-
ingenieur Kostenanschläge von Elektrizitätsfirmen einholt oder einen
Elektrotechniker zu Rate zieht. Indessen wird es oft notwendig sein, noch
bevor die Trace der Fernleitung näher bestimmt und Querschnittsberechnungen
und Einzel Veranschlagungen gemacht werden können, für vergleichende Rechnungen
die Kosten der Fernleitung in überschläglicher Weise zu ermitteln. Um hierfür
Anhaltspunkte zu geben, sind in Tabelle X eine Anzahl Einheitspreise pro km mit-
geteilt, welche nach einer grösseren Reihe ausgeführter und projektierter Anlagen
als durchschnittliche ermittelt worden sind. In der Tabelle X ist Drehstrom ange-
nommen, weil dieses Stromsystem gegenwärtig in mindestens 95 Fällen von 100 für
elektrische Fernleitungen auf grössere Entfernungen zur Anwendung kommt. Die Span-
nung ist derart berücksichtigt, dass für eine Leitungslänge von 1 km 1000 Volt Span-
nung angenommen wurde und ferner, dass diese Spannung um je 500 Volt pro km
mehr Länge bis zu einer Spannung von 40000 Volt zunimmt. Höhere Spannungen ge-
hören immerhin noch zu den Ausnahmen. Hiernach würde also bei einer Leitungslänge
von 10 km in Tabelle X eine Spannung von 5500 Volt und bei einer Leitungslänge von
79 km und mehr eine Spannung von 40000 Volt vorausgesetzt sein. Die Effektverluste
sind in der Weise berücksichtigt, dass bis zu einer Leitungslänge von 5 km Effektverluste
von 5°/o und dann steigend bis zu 20% bei 100 km und mehr als zulässig betrachtet
wurden. Es ist bei den Einheitspreisen der Tabelle X ferner angenommen, dass die
Fernleitung auf ebenem Terrain zu verlegen ist und dass überall gute Wege vorhanden
sind, auf welchen das Material herangeschafft werden kann. Schliesslich wurde ange-
nommen, dass nicht mehr als etwa 5% der Gesamtlänge mit Schutznetzen zu versehen
sind und dass für das Gestänge selbst sich überall gesundes, tragfähiges Erdreich findet.
Wenn also z, B. in einem Spezialfälle die Fundamentlöcher für das Gestänge in Felsen
auszusprengen wären, oder wenn in einem Moore besonders schwierige Fundierungen
notwendig würden, so müssten Zuschläge gemacht werden. Dasselbe würde auch für
alle übrigen Verhältnisse zutreffen, sofern sie von den zugrunde gelegten erheblich ab-
weichen sollten. Die Kosten pro km für Leitungen, welche zwischen den in der Tabelle X
angegebenen liegen, kann man durch Interpolation finden, indem man ein gradliniges
Anwachsen der Preise von Stufe zu Stufe annimmt. Diese Annahme entspricht zwar der
Wirklichkeit nicht, ist aber hier zulässig, wo es sich nur um überschlägliche Zahlen bandelt.
Es könnte auffallen, dass die Preise pro km angegeben sind, ohne dass auf
die Gesamtlänge weitere Rücksicht genommen ist, als sie bereits in der ange-
nommenen Abhängigkeit der Spannung und der Effektverluste von der Länge,
liegt. Danach wäre also eine Leitung gleichen Systems, gleicher Spannung, gleicher
Kraftleistung und gleicher Örtlichkeit für 5 km Länge pro km ebenso teuer, als
eine solche von 50 km Länge. Das ist genau genommen gewiss nicht der Fall,
weil sich die Transport- und Montagekosten bei grösseren Längen verbilligen und
weil auch die Materialbeschaffung bei grösserem Bedarf in der Regel zu günstigeren
Bedingungen möglich sein wird. Leider reichte das für den Verfasser greifbare Zahlen-
material nicht aus, um auch die Leitungslänge nach den letzterwähnten Gesichtspunkten
zu berücksichtigen. Bei den Angaben von Kosten ausgeführter Anlagen ist es oft nicht
ohne weiteres möglich, die Kosten der reinen Fernleitungs-Anlage zu erkennen, weil genaue
Angaben über den Anteil von Grunderwerb fehlen, ferner weil in einem Falle die Trans-
formatoren und ein Teil des sekundären Netzes mit in dem Gesamtpreise enthalten sind,
in einem anderen wieder nicht; ferner weil sehr oft bei einer Fernleitungsanlage nicht
264
I. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
ein und derselbe Kupferquerschnitt von Anfang bis zum Ende vorhanden ist, sondern sich
dieser Querschnitt nach Abzweigungen oft erheblich verändert u. s. f. Da aber schliess-
lich den kleineren Kraftleistungen meist auch kleinere Leitungslängen entsprechen, so
wird der besprochene Mangel der Tabelle X nicht allzuschwer ins Gewicht fallen.
Für das Gestänge sind bis zu 3000 PS« oder rd. 2025 KW hölzerne Masten, bei
grösseren Kraftübertragungen eiserne Masten angenommen. Das entspricht wohl dem
Durchschnitt der ausgeführten Anlagen, obwohl selbstverständlich auch andere Dispo-
sitionen vorkommen. Man kann aber bei Aufstellung eines Kostenanschlages nach den
Mitteilungen im Kap. III, 7 den Kinfluss des Gestänges selbst feststellen und danach
etwaige Korrekturen vornehmen.
Am Ende der Fernleitung ist der Strom meistens in Umformer- oder Trans-
formatoren-Stationen auf eine kleinere Spannung zu bringen, wie sie für das Verteilungsnetz
oder für direkt angeschlossene grössere Konsumenten notwendig ist. Die bauliche An-
lage dieser Stationen wird unter Berücksichtigung dessen, was im Kap. III, 7 mitgeteilt
werden wird, unschwer veranschlagt werden können. Für die Veranschlagung von Wechsel-
stromtransformatoren gibt die Tabelle IX einige Anhaltspunkte, bezüglich der Gleich-
strom-Umformer wird auf Kap. III, 6B verwiesen.
Tabelle X.
Überschläglich«» Kosten pro km Fernleitung, bei Drehstrom mit je 3 Drähten unter der Annahme, das* die
Spannung mit 1000 Volt bei 1 km Leitungslänge beginnend um je 500 Volt pro 1 km Mehrlange zu-
nimmt bis zu einer Spannung von 40000 Volt. Ferner unter der Annahme, dasa bis zu 5 km Leitunga-
länge Effektverluste am Ende der Fernleitung von 5°/o und dann steigend bis zu 20°/o bei 100 km zu-
gelassen sind. Die Kosten sind ausschliesslich Grunderwerb zu verstehen *<>)
Kosten für 1 km Leitungslänge in Mark
Grösse der zu übertragenden Kraft:
in PS
in KW bei cos g> = 1
Kosten der Fernleitung pro km in Mk. .
50
88
2500
200
185
2500
1000
675
3 500
8000
2025
5 500
8000
5400
10000
20000
• 14000
I 25000
Handelt es sich nicht um die Kraftlieferung an einen einzelnen Grossabnehmer,
sondern um die Verteilung an eine grosse Anzahl von Abnehmern, so kommt zu den
bisher besprochenen Anlagen noch das Verteilungsnetz. Die Besprechung der näheren
Umstände und Gesichtspunkte, welche hierbei zu berücksichtigen sind, fällt aber nicht
mehr in den Rahmen dieses Bandes, vielmehr gehört dieses Gebiet ausschliesslich dem
Elektrotechniker11).
io) Bei Tabelle X ist ein London- Kopf erpreia von 60 Lstl. pro t Elektrolyt-Kupfer zagnmde gelegt.
n) Fritz Hoppe macht in seinem Bache „Wie stellt man Projekte, Kostenanschläge etc.
für Elektrizitätswerke auf S. 240" folgende Angaben Ober durchschnittliche Kosten von Verteüunga-
netzen, welche bei ganz generellen Kostenanschlägen den ersten Überblick erleichtern:
bei Ortschaften unter
10000 Einwohnern
hei Ortschaften von
10000 bis 50000 Einwohnern
Kosten pro angeschlossene 16 kerzige
(50 >V) Lampe
Kosten pro angeschlossenes KW
Kosten pro KW Gesamt-Zentral
Kosten pro 1000 Einwohner
15 Mk.
800 .
415
12800
16 Mk.
820 ,
884 ,
6900 .
In Wirklichkeit schwanken die Kosten von Verteilnngsnetzen in sehr weiten Grenzen, so dass
fast unmöglich erscheint, hierför allgemein gültige Annäherungswerte zu finden.
§ 5.
Die wirtschaftlichen Vorarbeiten.
265
Da es aber für den Bauingenieur oft notwendig ist, um bei den wirtschaftlichen
Vorarbeiten zu einem Endresultat zu kommen, die Kosten des Verteilungsnetzes
wenigstens überschläglich zu berücksichtigen, mag nachstehend eine Zahlenreihe Auf-
nahme finden, welche Fritz Hoppe aus der Statistik der Vereinigung deutscher
Elektrizitätswerke für das Jahr 1903 ermittelt und in der Elektrotechnischen Zeitschr.
1905 S. 673 mitgeteilt hat:
Auf 1 KW der normalen Gesamtleistung der Zentrale entfallendes Anlage-Kapital in Mk.
1
1
i
Normale
Gesamtleistung der
1
Anzahl
der in
Betracht
Anlagekosten pro KW Zentralenleistung
für
1
"3
'S ©'S |
aas«
M 2 - o
EM*
5
1 i • L
•5 § c-ä 2 a
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a ® 2 b* *
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• •
• •K2
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2 -® §Sss
• © S 55 •
- s
•MB«
Zentrale in KW
gezogenen
Werke
Kessel, Kess<
rang, Speis
Kondensate
Vorrichtung«
tungen. Mase
former, A
'S g 5
31
2
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« OB
«■5
i !
2
3
4
5
6
7
1
Ober 5000
7
305
410
103
445
52
55
1380
2
, 2000—5000
13
230
410
106
585
70
57
1460
3
„ 1 000-2000
20
250
390
HO
500
59
51
1360
4
500—1 000
18
•
350
450
90
440
61
69
1460
5
250-500
16
340
430
108
560
45
57
1570
6
100-250
24
405
520
180
525
128
62
1770
7
, 100
14
560
662
210
750
180
78
2440
112
Unberücksichtigt geblieben sind bisher noch die Kosten für Bauleitung, für
Unvorhergesehenes, für Bauzinsen und für die Kapitalbeschaffung. Die
Beträge für Bauleitung und Unvorhergesehenes — mit letzterem muss man
erfahrungsgemäss bei jeder Anlage rechnen — werden am besten in einem Pauschal-
zuschlage von etwa 10% zur Gesamtsumme zum Ausdruck gebracht. Es ist meistens
nicht möglich, von vornherein alle Umstände, welche eintreten können, zu übersehen und
daher ein Ausgleichposten in jedem Anschlage für so verwickelte Anlagen, wie es Wasser-
kraftwerke sind, unbedingt nötig.
Was die Bauzinsen betrifft, so empfiehlt es sich, die Zinsen für die Hälfte des
Bankapitals auf die ganze Dauer der Bauzeit mit dem Zinsfuss, zu welchem das Geld
beschafft werden kann, einzusetzen. Steht der Bauplan ganz fest, und kann man mit
genügender Wahrscheinlichkeit die Beendigung der einzelnen Bauteile übersehen, so ist
es natürlich vorzuziehen, wenn man diese Umstände spezieller bei der Bauzinsenberech-
nung berücksichtigt.
Bei der Kapitalbeschaffung kommt es zunächst darauf an, ob die Anlage
vom Staat, einer Provinz, einer Gemeinde, einer öffentlichen Genossenschaft oder dergl.
ausgeführt wird, oder ob es sich um ein Privatunternehmen bandelt. Ist eine öffent-
liche Körperschaft die Bauherrin, so werden meistens Zuschläge für die eigentliche
Kapitalbeschaffung entbehrlich sein. Handelt es sich aber um ein Privatunternehmen,
so kommt es sehr darauf an, 1) ob der Ausbau der Wasserkraftanlage an eine bereits be-
stehende Gesellschaft angegliedert oder für Rechnung bestimmter Personen oder Firmen
ausgeführt wird, in welchen Fällen schon mit Sicherheit übersehen werden kann, zu
266 I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkraft». Allgemeines.
welchen Bedingungen Geld für das neue Unternehmen zu beschaffen ist, oder 2) ob es sioh
um die Gründung einer besonderen Gesellschaft ad hoc handelt. In letzterem Falle
müssen die Kosten der Gesellschaftsgründung, Bankprovisionen, Aktienstempel und der-
gleichen mehr im Anschlage berücksichtigt werden. Die Lasten in dieser Beziehung
sind in den verschiedenen Ländern sehr verschieden und es muss sich deshalb der pro-
jektierende Ingenieur bei Rechtsverständigen und Finanzleuten über die einschlägigen
Verhältnisse erkundigen. Es genügt an dieser Stelle, darauf hinzuweisen, dass dieser
Posten nicht vergessen werden darf. Beim ersten überschläglichen Anschlag empfiehlt
es sich, wenn eine Gesellschaftsgründung in Aussicht genommen ist, für die Kapital-
beschaffung allein 5 — 10°/o derjenigen Anschlagssumme vorzusehen, welche für den
ersten Ausbau ermittelt ist.
Die Höhe des rechnerisch erforderlichen Gesamtkapitals kann unter Umständen
noch von dem Resultat der ersten Rentabilitätsberechnung beeinflusst werden, wenn sich
nämlich für die ersten Betriebsjahre keine Reinüberschüsse ergeben. Ist das ganze
Kapital in Aktien beschafft, so entsteht noch kein Betriebsverlust, wenn die Einnahmen
gegen die Ausgaben ausschliesslich der Verzinsung aufgehen. Denn Aktien
sind keine Schulden. Muss aber das Kapital verzinst werden, weil es etwa in Form von
Schulden aufgenommen ist, so entstehen, wenn der Zinsendienst nicht aus den Einnahmen
gedeckt werden kann, Betriebsverluste, für welche Barmittel vorhanden sein müssen.
Man muss also bei der Kapitalbeschaffung gleich mit den etwaigen Betriebszuschüssen
der ersten Jahre rechnen, sofern die Rentabilitätsberechnung, nicht die Deckung aller
Betriebsausgaben von vornherein mit einiger Sicherheit erwarten lässt. Es gehört nicht
zu den Seltenheiten, dass an sich sehr gute Wasserkraftanlagen in den ersten 1 — 2
Jahren noch nicht eine bürgerliche Verzinsung aufbringen. An dieser Stelle genügt es,
auch auf diesen Punkt hingewiesen zu haben.
2. Die Betriebskosten von Wasserkraftanlagen.
Bei der Feststellung der Betriebskosten von Wasser-Kraft-An-
lagen hat man zu unterscheiden in indirekte und direkte Betriebskosten.
L Unter indirekten Betriebskosten sind zu verstehen:
a) die Verzinsung des Kapitals,
b) die Tilgung des Kapitals,
c) die Rücklage für die Erneuerungen der Anlage.
Oft findet man die Rücklagen für Tilgung und Erneuerung unter
der Bezeichnung „Abschreibung* zusammengefasst. Es ist aber zu
empfehlen, diesen Posten in Tilgung und Erneuerung zu trennen, weil
das dem Sinne und dem Zwecke der Rücklagen mehr entspricht.
a) Die Höhe des Zinsfusses für die Verzinsung des Kapitals hängt natur-
gemäss von der Art der Kapitalbeschaffung ab. Am zweckmässigsten ist es, in der
Betriebskostenberechnung den ortsüblichen Zinsfuss zu berücksichtigen, da sich schliesslich
aus der Rentabilitätsberechnung ergeben wird, welche Überschüsse erzielt werden können
und welche Gesamtverzinsung des Kapitals stattfinden kann. In den nachfolgenden Be-
triebskostenberechnungen ist als Zinsfuss 4,5 °/o eingesetzt.
b) Was die Tilgung betrifft, so hängt der Prozentsatz von der Zeitdauer
ab, in welcher das Unternehmen getilgt werden muss. Wenn es sich um zeitlich unbe-
schränkte Konzessionen oder um Anlagen an Wasserläufen handelt, welche Eigentum
§ 5. Die wirtschaftlichen Vorarbeiten. 267
des Unternehmers sind, so kann es unter Umständen gerechtfertigt sein, von der Tilgung
der Kosten der eigentlichen Wasserkraftanlage überhaupt ganz abzusehen. Ist die Kon-
zession zeitlich beschränkt, so muss die Konzessionsdauer berücksichtigt werden. In den
nachfolgenden Betriebsberechnungen ist für Wasserkraftanlagen eine Tilgung in 50 Jahren
bei einem Zinssatz für das jährlich zurückgelegte Kapital von 4°/o angenommen, und es
ist dementsprechend der Tilgungssatz von 0,7 °/o eingeführt.
c) Die Rücklagen für die Erneuerungen sind bei den einzelnen Bauteilen
verschieden zu normieren. Bei sachgemäss und mit gutem Material ausgeführten Wasser-
bauten ist eine Erneuerung für das Wehr und den Werkkanal nicht zu erwarten, wenn
eine ordnungsmässige Unterhaltung erfolgt. Es ist deshalb gerechtfertigt, für den
wasserbaulichen Teil der Anlagen Rücklagen für Erneuerungen überhaupt nicht vorzu-
sehen, sondern die tatsächlichen Erneuerungen, welche an den beweglichen Teilen und
an dem Rechen vorkommen können, in die direkten Betriebskosten mit aufzunehmen.
Auch bei gut angelegten Druckrohren kann man eine Lebensdauer von 50 Jahren an-
nehmen. Nur wenn beispielsweise hölzerne oder eiserne Brücken über den Werkkanal
führen, oder wenn die Unterhaltung viel befahrener Strassen dem Unternehmer obliegt,
ist es zu empfehlen, für diese Bauwerke besondere Rücklagen in den Erneuerungsfond
zu machen.
Bei den Turbinenanlagen hängt die Höhe der Rücklagen für den Erneuerungsr
fond von der jährlichen Betriebsdauer ab. Es ist angenommen, dass eine Turbinen-
anlage,
bei 3000- bis 3600-stündigem Betriebe jährlich, nach 25 Jahren,
bei 7200-stündigem Betriebe nach 17 Jahren und
bei 8520-8tündigem Betriebe nach 15 Jahren vollständig erneuert
werden muss. Dementsprechend sind die Prozentsätze zur Berechnung der
Rücklagen zu 2,4%, 4,2 °/o und 5% angenommen. Der Yerschleiss der Turbinen-
schaufeln muss durch die direkten Betriebskosten gedeckt werden.
Für den elektrischen Teil des Krafthauses ist angenommen, dass derselbe
bei 3000 bis 3600-stündigem Betriebe nach 20 Jahren,
bei 7200-stündigem Betriebe nach 15 Jahren,
bei 8520-stündigem Betriebe nach 14 Jahren
einer vollständigen Erneuerung bedarf, und es sind dementsprechend die Prozentsätze
für die Rücklage zu 3,4 °/o, 5% und 5,6 °/o angenommen. Diese Annahmen sind jedenfalls
ungünstig und die Prozentsätze deshalb reichlich und das um so mehr, als die Maschinen,
Apparate und Leitungen auf jeden Fall einen erheblichen Altwert behalten, welcher ab-
zuziehen wäre. Abschliessende Erfahrungen liegen noch nicht vor, und so ist es schliess-
lich ein Gebot der Vorsicht, reichlichere Prozentsätze zugrunde zu legen.
Bei den Fernleitungen muss man unterscheiden zwischen den Kosten für das
Kupfer, für die Isolatoren und für das Gestänge. Im grossen Durchschnitt entfallt auf
das Gestänge bei kleinen Anlagen etwa die Hälfte der Kosten und bei grösseren An-
lagen weniger, bis zu etwa einem Drittel. Darüber, ob das Kupfer durch die Strom-
führung im Laufe der Zeit verändert wird, so dass es schliesslich einer vollkommenen
Erneuerung bedarf, liegen abschliessende Erfahrungen noch nicht vor. Jedenfalls darf
man aber annehmen, dass solche Veränderungen nicht vor Ablauf von 50 Jahren ein-
treten, innerhalb welcher Zeitdauer die Tilgung der ganzen Anlage angenommen ist.
Bei den Isolatoren kommt Bruch durch Steinwurf und durch Blitzschlag vor, aber der-
selbe ist im grossen Durchschnitt nicht von Erheblichkeit. Bei der Güte des Materials
268 I. Theodor Koehn. Ausbau von WassebkrIffbn. Altokmkines.
und der Ausführung, welche heute von den Fabrikanten geboten wird, widerstehen die
Porzellanisolatoren den Einwirkungen des Wetters. Dagegen bedarf das Gestänge, wenn
es aus Holz und nicht imprägniert ist, in 8 Jahren, wenn es imprägniert ist, in 12 Jahren
einer vollständigen Erneuerung. Über die Lebensdauer gut unterhaltener eiserner Masten
liegen bestimmte Erfahrungen noch nicht vor, aber man wird annehmen dürfen, dass
sie 30 bis 40 Jahre halten, ohne eine Erneuerung zu erfordern. Bei den in den nach-
folgenden Tabellen XI, XII und XIII aufgestellten Betriebskostenberechnungen ist für
die Fernleitung ein Satz von 3,5 °/o der Gesamtanlagekosten als Bücklage in den
Erneuerungsfond vorgesehen, was einer Lebensdauer des hölzernen Gestänges von etwa
12 Jahren entsprechen dürfte.
II. Die direkten Betriebskosten.
Die direkten Betriebskosten zerfallen in drei Hauptgruppen, nämlich:
a) in diejenige für die Unterhaltung der Anlagen in gutem und
betriebsfähigem Zustande,
b) in diejenige für die Bedienung und für Schmier* und Putz-
racterial,
c) in diejenige für die allgemeine Verwaltung.
a) Die Unterhaltung wird bei der Berechnung der Betriebskosten am besten
auch in °/o des Anlagekapitals zum Ausdruck gebracht, weil sich eine ganz scharfe
Grenze zwischen Unterhaltung und Bedienung nicht ziehen lässt und deshalb eine Spezi-
fikation sehr schwierig wird. Auch führt solche bei Voranschlägen leicht zu Irrtümern.
Beim wasserbaulichen Teil und bei der Fernleitung sind die Unterhaltungskosten
von der Betriebsdauer unabhängig. Es ist für die Unterhaltung eines Wehres
und eines Kanals bei guter Ausführung nicht von Belang, ob Wasser
in den Turbinen benutzt wird oder nicht. Ebenso hat es auf die Unter-
haltungskosten der Fernleitung keinen nennenswerten Einfluss, ob
Strom täglich 10 oder 24 Stunden durch die Leitungen geht. Dagegen
wird die Unterhaltung bei allen maschinellen Teilen und im gewissen Grade auch bei
dem hochbaulichen Teile durch die Betriebsdauer beeinflusst. Für den wasserbaulichen
Teil ist in den nachfolgenden Tabellen Nr. XI, XII und XIII für die Unterhaltung ein
Satz von 0,5 °/o zugrunde gelegt, welcher sich bei einer Anzahl von Wasserkraftanlagen
als ausreichend herausgestellt hat.
Für die Fernleitung sind Unterhaltungskosten deshalb nicht eingesetzt, weil die-
selben mit in der Bedienung enthalten sind und der Ersatz des Gestänges bereits unter
den indirekten Betriebskosten (Erneuerung) Berücksichtigung gefunden hat.
Für dieTurbinen und für den elektrischen Teil wurde
bei 3000 bis 3600 Betriebsstunden ein Satz von 1,5%.
bei 7200 Betriebsstunden ein Satz von 2,5 °/o und
bei 8520 Betriebsstunden ein Satz von 3,0 °/o angenommen.
Die Kosten der Unterhaltung hängen natürlich sehr stark von der guten Schulung
und der Sorgfalt des Personals ab. Die angenommenen Sätze sind aber für normale,
gutgeleitete Anlagen ausreichend, vorausgesetzt, dass für die Ausscheidung von Schlick,
Sand und Eies aus dem Triebwasser in sachgemässer und ausreichender Weise ge-
sorgt ist
Für den hochbaulichen Teil wurden
bei 3000 bis 3600 Stunden 0,75 °/o
§ 5. Die wirtschaftlichen Vorarbeiten. 269
bei 7200 Betriebsstunden 1,0 °/o und
bei 8620 Betriebsstunden 1,1 °/o zugrunde gelegt, worin die Feuerversicherung
mit enthalten ist. *
b) Die Bedienung* 1. Die personellen Bedienungskosten hängen naturgemäss
ebenfalls von der Betriebsdauer ab, allerdings nur in grösseren Staffeln, denn ob bei Tages-
betrieb im Jahre 3600 oder 3000 oder 2500 Betriebsstunden geleistet werden, macht bei
den Lohnen nur einen sehr geringen Unterschied. Die Bedienung des wasserbaulichen Teiles
ist in den nachfolgenden Tabellen wiederum in Prozenten der Anlagekosten zum Aus-
druck gebracht. Bei Betriebskostenberechnungen für einen ganz bestimmten Fall lassen
sich je nach der besonderen Art des Wehres, der Werkkanäle und der Druckrohre und
je nach der Entfernung des Wehres vom Krafthause und der Sonstigen örtlichen Um-
stände Dienstpläne für das notwendige Personal aufstellen und hiernach unter Zugrunde-
legung der ortsüblichen Löhne die Kosten für die Bedienung der wasserbaulichen An-
lage ohne Schwierigkeit veranschlagen.
Beim Ansatz für die personellen Bedienungskosten im Krafthause etc. ist in den
Tabellen XI, XII und XIII angenommen, dass sowohl bei der 200 PSe-Anlage, als auch
der 600 PSe- Anlage 3 Mann, bei der 2000 PSe- Anlage 5 Mann während einer Schicht
ausreichend sind. Demgemäss sind die Kosten für die Bedienung im Krafthause, wozu
bei der 2000 PS#-Anlage die Bedienung an den Transformatorenstationen am Ende der
Leitung kommt, beim 7200 stündigen Betriebe doppelt so hoch als beim 3000 bis 3600-
stündigen Betriebe. Für den 8520 stündigen Betrieb sind entsprechende Zuschläge für
überstunden und Hilfspersonal gemacht.
Die Kosten für die Bedienung der Fernleitung hängen nicht ab von der Betriebs-
dauer, es muss vielmehr die Fernleitung täglich in ihrer ganzen Länge in Augenschein
genommen werden, um zu sehen, ob nicht Zerstörungen von Isolatoren, Schutznetzen,
Blitzableitern, Schaltapparaten etc. oder Gestängebrüche und dergl. vorgekommen sind.
Bei kurzen Längen kann die Bedienung der Fernleitung von Hilfsarbeitern besorgt werden,
welche noch in dem Krafthause weitere Beschäftigung finden. Bei längeren Fernleitungen
wird hierfür ein besonderer Dienst einzurichten sein. Je nach der Schwierigkeit des
Terrains, auf welchem die Fernleitung errichtet ist, können die Kosten wachsen, denn
bei unwegsamen bergigen Tracen kann ein Mann nur eine wesentlich kürzere Strecke
bedienen, als wenn die Fernleitung längs einer Chaussee steht. Sind viele Schutznetze
vorhanden, welche erfahrungsgemäss zahlreiche Reparaturen erfordern, so müssen die
Unterhaltungskosten wachsen.
In ebenem Terrain und wenn die Leitungen in der Nähe fahrbarer Strassen sich
befinden, so dass das Bedienungspersonal per Rad oder Motorrad die Strecke befahren
kann, betragen die Bedienungskosten und Unterhaltungskosten von Fernleitungen (aus-
schliesslich der Erneuerung des Gestänges) ungefähr:
Bei Längen bis zu 5 km und ca. 200 PS. ) m übertragende Leistung ungefähr 12«/o
oder 1 der Anlagekosten.
133 KW j ^
Bei Längen ton 5-10 km und ca. 200-600 PS. 1 m ÜDertragende Leistung 12
°^ j bis 8°/o der Anlagekosten.
133-400 KW
Bei Längen von 10—20 km und ca. 600—2000 PS.
oder
400—1350 KW
zu übertragende Leistung
8bisö%> der 'Anlagekosten.
270 L Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Bei Langen von 20—40 km und ca. 2000—4000 PS. \ ... ^ , T -^_
, I zu abertragende Leistung
1360—2700 KW I 5bis3>5°/°der Anlagekosten.
zu übertragende Leistung 3,5
bis 2,5% der Anlagekosten.
zu tibertragende Leistung 2,5
bis 2,0 °/o der Anlagekosten.
Bei Längen von 40—60 km und ca. 4000—6000 PS«
oder
2700—4050 KW
Bei Längen von 60—80 km und ca. 6000—8000 PS«
oder
4050-5400 KW
DieseZahlen sind nur für überschlägliche Kostenanschläge ver-
wendbar. Es ist hierbei die Wahl von Spannungen vorausgesetzt, wie sie in Tabelle X
zugrunde gelegt sind. Bei genauen Betriebskostenberechnungen müssen die personellen
und sachlichen Kosten im einzelnen veranschlagt werden (vergl. Kap. III, 9 : Der Betrieb
von Wasserkraftanlagen). In der obigen Zahlentafel ist ein Anwachsen der zu über-
tragenden Leistung mit der grösseren Länge angenommen, weil die aus der Praxis ent-
nommenen Zahlen durchschnittlich ein solches Bild zeigten. Für neu zu projektierende
Anlagen werden sich oft ähnliche Verhältnisse ergeben. Je grösser die Anlagekosten
namentlich für Kupfer und Isolatoren pro km Fernleitung sind, um so kleiner werden
naturgemäss im allgemeinen die Prozentsätze für Bedienung und Unterhaltung ausfallen.
2. Der Verbrauch von Schmier- und Putzmaterial pro PSe-Stunde
bei Turbinen an lagen hängt, abgesehen von der Grösse der Einheiten, wesentlich
von dem Gefälle und von den gewählten Turbinensystemen ab. Je grösser das Gefalle,
um so kleiner wird das Gewicht der Turbine bei gleicher Leistung und gleichem System.
Stehende Turbinen verbrauchen bei gleicher Leistung mehr Schmier- und Putzmaterial
als liegende, Turbinen mit Kammradübertragung mehr als direkt gekuppelte, Gehäuse-
turbinen mehr als Schachtturbinen, liegende Gehäuseturbinen mit einseitigem Ausguss
mehr als solche mit symmetrischem zweiseitigem, Francisturbinen mehr als Peltonräder,
langsam laufende mehr als Schnelläufer etc. Wenn man unter der Rubrik „Schmieröl*
den ganzen Ölverbrauch berücksichtigen soll, spielt es natürlich eine Rolle, ob die
selbsttätigen Turbinenregler mit Druckwasser oder mit Drucköl angetrieben werden, ob-
wohl im letzteren Falle das Öl in einem Kreislaufe bewegt wird und der effektive Ver-
brauch nicht gross ist.
Bei der elektrischen Anlage hängt der Verbrauch von Sehmier-
und Putzmaterial pro PS#-Stunde, abgesehen von der Grösse der Einheiten, in
erster Linie von der Umdrehungszahl der Generatoren ab. Wenn der ganze Ölverbrauch
unter der Rubrik „Schmier- und Putzmaterial* einbegriffen wird, so ist von nicht un-
wesentlicher Bedeutung ob Oltransformatoren und (»widerstände namentlich für die Blitz-
schutzanlagen verwendet werden.
Für die spezielle Betriebskostenberechnung muss sich daher der Bauingenieur
durch Anfrage bei den Konstruktionsfirmen zuverlässige Daten zu verschaffen suchen.
Zur Verwendung bei überschläglichen Betriebskostenberechnungen für Vorarbeiten
können die nachstehend angegebenen Einheitskosten dienen, welche sich nach den Er-
fahrungen des Verfassers in der Praxis bei guter Wartung als auskömmlich erwiesen haben.
§ 5.
Die wirtschaftlichen Vorarbeiten.
271
Kosten für den Öl-, Schmier- und Putzmaterialverbrauch pro PSe-Stunde.
a) Beim Betriebe von Turbinen-Anlagen.
1. Leistung der Turbine in
PSe
2. Kosten für Schmier- und
Putsmaterial pro PSe-
Stunde in Pfennigen. .
b) Beim Betriebe des elektrischen Teiles des Krafthauses.
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200
600
800
1000
2000 .
8000
0,15
0,10
0,06
0,04
0,02
—
—
4000
3 w Grosse der direkt ge-
V
kuppelten Einheit der
Generatoren in KW . .
33
135
405
540
675
1350
2025
2 700
4. Kosten für 8chmier und
Putzmaterial pro PSe-
Stunde der Antriebsma-
schinen in Pfennigen
0,15
0,10
0,06
0,045
0,040
0,030
0,027
0,025
Es ist bei den obigen Preisen ad a) angenommen, dass die selbsttätigen Regler
mit Druckwasser angetrieben werden und bei den Preisen ad b), dass von 1000PSe
oder 675 KW an im Krafthause Oltransformatoren aufgestellt und die Blitzschutz-
vorrichtungen mit Öl widerständen versehen sind.
Bei den in den Tabellen XI, XII und XIII als Beispiele aufgeführten Betriebs-
kostenberechnungen ist bei der Feststellung der Anlagekosten als Reserve ein Drittel
der Gesamtleistung in einer Einheit angenommen. Im übrigen sind mittlere Baukosten
zugrunde gelegt.
Weil die Umwandlung der Wasserkräfte in elektrische Energie den häufigsten
Fall darstellt, sind in den Beispielen Wasserkraft-Elektrizitätswerke gedacht, und es ist
vorausgesetzt, dass
bei der 200 PSe-Anlage der Strom auf 5,0 km,
600 * * * 10,0 ,
und
2000
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7)
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20,0
zu leiten ist. Ferner ist angenommen, dass bei der 2000 PSe- Anlage eine Transformie-
rung des Stromes im Krafthause und am Ende der Fernleitung stattfinden muss. Um
die Nutz-PSe-Stunden zu berechnen, ist bei den Anlagen ohne Transformatoren in dem
Krafthaus ein Nutzeffekt von 90°/o, bei den Anlagen mit Transformatoren ein Nutzeffekt
zwischen Turbinenwellen und Schaltbrett von 88% vorausgesetzt. Das sind Annahmen,
welche bei voller Belastung gut erreichbar sind; bei schwankender Belastung muss man
etwas höhere Verluste im Krafthaus voraussetzen. Bei den Fernleitungen sind bis 5 km
Länge 5%, bei 10 km 5,5 °/o, bei 20 km Länge 6,6% Energieverluste in der Fernleitung
angenommen und ausserdem 4°/o Verlust in den Transformatoren am Ende der Leitung.
In letzteren war eine höhere Verlustannahme notwendig, weil am Ende der Leitung
meistens kleinere Einheiten aufgestellt werden.
Die Kosten für die PS«-Stunde und KW-Stunde sind am Ende der Fernleitung
berechnet, damit sie direkt in Vergleich gestellt werden können mit den Kosten für An-
lagen mit Wärme-Antriebmaschinen, welche man meistens in unmittelbarer Nähe des
Verwendungsgebietes errichten kann.
Besonders hingewiesen mag werden auf die Anteile der indirekten und direkten
Kosten an den Gesamtkosten des Betriebes bei Wasserkraftanlagen (Nr. 25 und 26 der
272
I. Theodor Koehx. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
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I. Theodor Kobhh. Ausbau voh WasberkbAften. Ai.mmfKnrjB.
Tabellen XI, XII und XIII) und auf den grossen Einfinss, welchen die Anzahl der jähr-
lichen Betriebsstunden auf die Einheitskosten pro PS«-Stunde oder KW-Stunden hat
Es betragen die Betriebskoston pro PS«-Stunde im Krafthause:
bei Anlagen von
200
600
2000 PS«
Bemerkungen
in Einheiten von j
3 zu 100
8 zu 800
3 zn 1 000 PS«
mit V» Reserve
bei 3000 Betriebeeton-
.
den jährlich und voller
Belastung ....
5,07 Pf.
3,28 Pf.
2,42 Pf.
—
bei 7 200 Betriebsstun-
den jahrlich und voller
Belastung . . . ,
2,80 Pf.
1,72 Pf.
1,21 Pf.
—
d.h. bei 7200 Betriebs-
etnnden weniger . .
2,27 Pf. oder 44.8 °/o
1,56 Pf. oder 47,6 */•
1,21 Pf. oder 50 */o
—
Interessant ist dann auch, die Gesamtbetriebskosten in Prozenten der Anlagekosten
auszudrücken :
Es betragen die jährlichen Gesamtbetriebskosten (ohne die Kosten für die allge-
meine Verwaltung) in °/o der Gesamtanlagekosten:
bei einer Anlage in PS. von 200 600 2000
bei 8520 Betriebsstunden und voller Belastung 13,7 °/o 11,1% 9,9 °/o
bei 7200 „ „ „ 12,8°/o 10,5°/o 9,4°/o
•bei 3000 „ „ 9,4 °/o 8,3°/o 7,7°/o
Bei dem letzten Zahlenbild muss man sich vor Augen halten, das»
volle Belastung während der angegebenen Betriebsstunden voraus-
gesetzt war. Bei schwächerer Belastung, aber gleicher Betriebsdauer
werden die jährlichen Leistungen kleiner, es bleiben aber die in-
direkten Betriebskosten sowohl, als auch die direkten fast dieselben,
wie bei voll belastetem Betriebe und es müssen deshalb die Kosten
pro PSe-Stunde wachsen. Wenn man z. B. einen 7200 stündigen, schwach be-
lasteten Betrieb hat, bei dem die Jahresleistung nicht grösser wird, als bei einem
3000 stündigen , voll belasteten Betrieb, so müssen die Kosten pro PS6-Stunde beim
schwach belasteten 7200 stündigen Betrieb höher werden, als diejenigen beim voll be-
lasteten 3000 stündigen und die Gesamtbetriebskosten, in % des Anlage-
kapitals ausgedrückt, werden viel näher bei denjenigen des 7200 stündigen Be-
triebes mit voller Belastung, als bei dem 3000 stündigen mit voller Belastung liegen.
c) Ganz unberücksichtigt geblieben sind in den Tabellen Nr. XI,
XII und XIII die allgemeinen Verwaltungskosten, d. h. die Ausgaben für Geschäfts-
leitung, Bureaumiete, Bureaupersonal, Steuern und Abgaben, sowie die Kosten für etwaige
Wasserzinse etc.
Die Wasserzinse können meistens nach Massgabe der gesetzlichen Bestimmungen
des betreffenden Landes oder nach dem Beispiel ausgeführter Anlagen im voraus be-
stimmt und deshalb in dem richtigen Betrage der Betriebskostenberechnung zugefugt
werden. Die Steuern und Abgaben richten sich gleichfalls nach den gesetzlichen Be-
stimmungen des Landes, sind aber auch abhängig von den Gewinnen, die das Unter-
nehmen erzielen wird. Da aber diese Gewinne erst nach durchgeführter Rentabilitäts-
berechnung angenähert ermittelt werden können, so ist es am besten, bei der über-
§ 5. Die wirtschaftlichen Vorarbeiten. 277
schläglichen Rechnung auch die Steuern und Abgaben in durchschnittlichen Ansätzen für
alle allgemeinen Verwaltungskosten — ausschliesslich der Wasserzinse — mit zu berück-
sichtigen. Die Unkosten für Geschäftsleitung, Bureaumiete, Bureaupersonal etc. müssen
bei der definitiven Rentabilitätsberechnung nach Massgabe eines bestimmten Organi-
sationsplanes aufgestellt werden. Sie können unter Umständen = 0 gesetzt werden,
wenn der Betrieb der Wasserkraft an ein vorhandenes Unternehmen angegliedert wird.
Handelt es sich aber beim Betriebe einer Wasserkraft um ein selbständiges Unternehmen,
so fallen die allgemeinen Verwaltungskosten erfahrungsgemäss recht erheblich in das
Gewicht. Als Durchschnittssätze für die allgemeinen Verwaltungskosten ausschliesslich
der Wasserzinse dürfen 1,5 — 2,5 °/o des Anlagekapitals1*) angesehen werden, sofern es
sich nicht um eine Unternehmung in Form einer Aktiengesellschaft handelt. Ist
letzteres der Fall, so erhöhen sich die durchschnittlichen Prozentsätze noch um
weitere 1 — 1,5 °/o und zwar wegen der Aufwendungen für den Aufsichtsrat, Generalver-
sammlungen, der teueren inneren Organisation etc. Dazu kommt in einigen Ländern,
z. B. in Frankreich und Italien, noch die sogenannte „Taxe de circulation", eine Steuer,
welche auf die ausgegebenen Titres (Aktien und Obligationen) erhoben wird.
Ganz unberücksichtigt geblieben sind ferner noch die Betriebs-
kosten für das Verteilungsnetz. Näher hierauf einzugehen, liegt ausserhalb des
Rahmens dieses Buches. Kurz erwähnt sei nur, dass die indirekten Betriebskosten, so-
weit sie die Verzinsung betreffen, nach dem Muster der Tabellen XI, Xu und XIII be-
rechnet werden können. Bei Feststellung der Sätze für Tilgung kommt es darauf an,
ob man beim Verteilungsnetz dieselbe Tilgungsdauer von 50 Jahren, wie bei den Wasser-
kraftanlagen, voraussetzen darf. Meistens wird bei den Konzessionen für die Verteilung
elektrischer Energie eine kürzere Konzessionsdauer festgelegt werden, und es muss sich
deshalb der Tilgungssatz entsprechend erhöhen. Für die Erneuerung kann man bei ober-
irdischen Netzen etwa eine 20 jährige Lebensdauer voraussetzen, wenn das Gestänge nicht
etwa zum grössten Teile aus Holz besteht, sondern, wie es häufig der Fall, aus eisernen,
an den Häusern befestigten Konsolträgern. Bei Verteilungsnetzen ist auch der Anteil
des Kupfers an den Gesamtkosten wegen der niedrigen Spannung erheblich höher, als bei
Fernleitungsnetzen und man wird deshalb annehmen dürfen, dass bei der Erneuerung für Alt-
material mindestens der halbe Anschaffungswert der Neuanlage wiedergewonnen werden kann.
Es dürfte daher ein Satz von 1,7% der gesamten Anlagekosten des Verteilungsnetzes
als Rücklage für Erneuerung genügen, wenn man entsprechend unseren früheren An-
nahmen eine 4°/oige Verzinsung der Rücklagen zugrunde legt. Über die Sätze, welche
für die Erneuerung von Kabelnetzen notwendig sind, hat die Praxis die Ansichten noch
wenig geklärt. Im allgemeinen wird für die Kabelnetze, obwohl sie wahrscheinlich eine
weit grössere Lebensdauer haben, als oberirdische Netze, ein Satz von 1,5 bis 1,7% für
notwendig erachtet. Demnach ergäbe sich bei einer Tilgungsdauer von 30 Jahren eine
Gesamtrücklage für Tilgung ^und Erneuerung — also für das, was man wohl auch unter
dem Begriff „Abschreibung" versteht — von 1,8 -f- 1,7 = 3,5% bei oberirdischen
und von 3,3 bis 3,5% bei unterirdischen Verteilungsnetzen.
Für den Ansatz der Unterhaltungs- und Bedienungskosten des
Verteilungsnetzes werden häufig Durchschnittssätze von 1,5 bis 2,0% des Anlage-
kapitals angenommen, wenn das Netz im wesentlichen unterirdisch ist Bei oberirdischen
Verteilungsnetzen müssen je nach der Ausdehnung und je nachdem, ob es sich um ein
i*) Hierbei ist das' Anlagekapital ausschliesslich der Kosten für Kapitalbeschaffung nnd aus-
schliesslich der Zuschläge für etwaige Betriebszuschüsse der ersten Jahre in Anaais in bringen.
278 I. Theodor Koehn. Ausbau- von Wasserkräften. Allgemeines.
grosses, in einer bevölkerten Stadt zusammenliegendes Netz, oder um ein in verschiedenen
Ortschaften zerstreutes Netz handelt, höhere Prozentsätze in Ansatz gebracht werden.
Die Kosten der „allgemeinen Verwaltung" — speziell für das Verteilungsnetz — sind
ziemlich erheblich, sofern man den ganzen Verkehr mit den Stromabnehmern und die
hierdurch verursachten Kosten auf das Verteilungsnetz allein rechnen will. Für den
rohen Überschlag dürfte es genügen, wenn man die Anlagekosten des Verteilungsnetzes
den übrigen Anlagekosten hinzuaddiert und alsdann die allgemeinen Verwaltungskosten
nach den oben angegebenen Prozentsätzen im ganzen berechnet (vergl. auch Kap. III, 9
Betrieb von Wasserkraftanlagen).
Zu erwähnen wären schliesslich noch die Rücklagen für die Zähler, welche, wie
das Zahlenbild S. 266 zeigt, immerhin in den Gesamtanlagekosten einen recht beträcht-
lichen Posten ausmachen werden. Wenn die Zähler an die Konsumenten nur gegen volle
Entschädigung in Form von einmaligen Zahlungen (Kauf) oder von Zählermieten verab-
folgt werden, so bedarf es natürlich keiner Rücklagen für die Tilgung. Werden die
Zähler aber unentgeltlich von dem Unternehmer vorgehalten, so muss das für sie auf-
gewendete Anlagekapital getilgt werden und für die Erneuerung und Unterhaltung müssen
gewisse Beträge in der Betriebskostenrechnung zum Ansatz gelangen. Die Tilgungsquote
ergibt sich aus der Konzessionsdauer von selbst. Für die Erneuerung wird meistens
eine 14 bis 15 jährige Lebensdauer, also bei 4% iger Verzinsung der Rücklage, eine Quote
von 5— 5,6 °/o der Beschaffungskosten zugrunde gelegt. Zur Deckung der Unterhaltungs-
kosten dürfte ein Satz von l,5°/o — 2%> der Beschaffungskosten genügen.
3. Vergleich von Wännekraftanlagen mit Wasserkraftanlagen.
Wenn ein Ingenieur das Projekt für den Ausbau einer Wasserkraft aufstellt, so
ißt er in vielen Fällen auch gezwungen, den Nachweis zu führen, dass die Gewinnung
der Energie durch die Wasserkraft vorteilhafter wird, als jede andere mögliebe Kraft-
gewinnung. Er muss also Vergleichsrechnungen durchführen und durch diese den Be-
weis bringen, dass sein Projekt vor allen anderen den Vorzug verdient. Ergeben sich
die Anlagekosten einer Wasserkraft so niedrig, dass sie pro PS« ungefähr denjenigen
einer Anlage in Wärmekraft-Maschinen gleichkommen, so ist natürlich ein Vergleich der
Betriebskosten nicht mehr nötig. Es ergibt sich dann von selbst, dass die Wasserkraft-
anlage wirtschaftlich vorteilhafter ist. Sind die Anlagekosten einer Wasserkraft aber
erheblich höher, als diejenigen einer Anlage in Wärmekraftmaschinen, so wird eine ver-
gleichende Betriebskostenberechnung meist unentbehrlich sein. Stellen sich durch die
Rechnung die jährlichen Betriebskosten für eine Wasserkraftanlage auch nur eben so
billig, wie diejenigen einer Anlage mit Wärme-Kraftmaschinen, so verdient die Wasser-
kraft fast immer den Vorzug, schon weil sie einen bleibenden Wert darstellt und die
Kraftquelle unversiegbar ist. Überdies ist zu beachten, dass, wie aus den Tabellen XI,
XII und XIII gezeigt worden ist, ca. 38 bis 67% der Betriebskosten allein auf die
Tilgung und Verzinsung entfallen und die Betriebskosten deshalb nach be-
endigter Tilgung sprungweise sinken müssen. Allerdings muss man hierbei
den sehr wichtigen Vorbehalt machen, dass die Beschaffung des erheblich grösseren
Kapitals für die Wasserkraft-Anlage keine Schwierigkeiten macht und dass die für den
Ausbau der Wasserkraft erforderliche Zeit, welche doch meist grösser sein wird,
als die für Beschaffung einer Wärmekraftanlage erforderliche, zur Verfügung gestellt
werden kann.
Liegt die Wasserkraft, was oft der Fall sein wird, von dem Konsumgebiet für
§ 5. Die wirtschaftlichen Vorarbeiten. 279
die Energie entfernt, so mnss man natürlich zu den Betriebskosten der Wasserkraft
noch die direkten und indirekten Betriebskosten hinzurechnen, welche durch die Fern-
leitung der Energie zur Konsumstelle entstehen, und man muss ferner die Energie-
verluste in der Fernleitung berücksichtigen.
Von den Wärme-Kraft-Maschinen, welche mit Wasserkraft- An-
lagen in Vergleich zu stellen sind, kommen hier die Heissdampf-
maschinen, die Abwärmekraftmaschinen und die Gasmotoren in Frage.
I. Die Heissdampfmaschinen.
Unter den Wärmekraft-Maschinen nehmen bis heute die Heissdampfmaschinen,
welche hier kurzweg als Dampfmaschinen bezeichnet werden sollen, noch bei weitem den
ersten Platz ein. Nach der Statistik der deutschen Elektrizitätswerke wurden im Jahre
1903 betrieben!
570 Anlagen mit 341 200 PS« mit Dampf und
94 Anlagen mit 10100 PS« mit Gas.
Von den deutschen Wasserkraft-Elektrizitätswerken mit gemischtem Betrieb hatten
als Reserve
208 Anlagen Dampfmaschinen mit 60700 PS«
16 Anlagen Gasmaschinen mit 1400 PS«
Das beute noch bei weitem am meisten verbreitete System der Dampfmaschine ist
A. Die Kolbenmaschine.
Man unterscheidet bekanntlich die Kolbenmaschinen im grossen und ganzen in
sogenannte stationäre Maschinen, welche mit dem Grund und Boden fest ver-
bunden sind und bei welchen die Antriebsmaschinen von der Kesselanlage getrennt sind
und die Lokomobilen, bei welchen sich die Antriebsmaschinen auf der Kesselanlage
montiert, befinden. Früher waren die Lokomobilen bestimmt, ihren Standort häufiger
zu wechseln, neuerdings werden die Lokomobilanlagen auch häufiger stationär ausgeführt.
Stationäre ebenso wie sogenannte lokomobile Dampfmaschinen können gebaut
werden als:
Einzylinder-Maschinen, bei welchen der Dampf nur in einer Stufe,
Verbund-Maschinen, bei welchen der Dampf in zwei Stufen, und als.
Dreifach-Expansions-Maschinen, bei welchen der Dampf in drei Stufen
ausgenützt wird. Mehrstufige Kolbenmaschinen werden selten verwendet.
Ist eine Verbund-Maschine so gebaut, dass beide Zylinder hintereinander liegen
und die Kolben an einer gemeinschaftlichen durchgehenden Stange befestigt sind, so
bezeichnet man sie als Tandem- Maschine. Dieser Typ hat den Vorteil, dass man
ihn in einem sehr schmalen Raum aufstellen kann, und dass er etwas billiger wird, als
die Compound-Maschine, unter welcher Bezeichnung man meistens eine Maschine
mit nebeneinander liegendem Hochdruck- und Niederdruck Zylinder versteht. Die Kurbeln
sind um 90° gegeneinander versetzt und die Zylinder so bemessen, dass dieselben bei
normaler Leistung nahezu die gleiche Kraft auf die Kurbel übertragen. Nachdem der
Dampf in dem kleinen (Hochdruckzylinder) durch Expansion Arbeit verrichtet hat, tritt
er in einen mit Dampfventil versehenen Zwischenbehälter (Receiver), um hier durch
frischen Kesseldampf wieder geheizt zu werden und gibt dann durch weitere Expansion
in dem grossen (Niederdruck) Zylinder die seiner Spannung entsprechende Arbeit ab.
280 I. Thboeor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Man unterscheidet dann noch liegende und stehende Dampfmaschinen.
Erstere, welche am meisten verwendet werden, haben den Vorzog, dass sie sich be-
quem und leicht bedienen lassen, weil alle Teile leicht zugänglich und übersehbar sind,
dagegen den Nachteil, dass die Maschinen verhältnismässig viel Platz beanspruchen und
dass sich Kolben und Zylinder einseitig abnutzen.
Stehende Dampfmaschinen haben den Vorteil der geringeren Raumbean-
spruchung und der geringeren Abnutzung der Triebwerksteile, dagegen den Nachteil, dass
die Bedienung etwas schwieriger ist, die Fundamentierung teurer wird, und die ganze
Maschine nicht so stabil wird, wie eine liegende.
In bezug auf die Steuerung unterscheidet man dann noch in Dampfmaschinen
mit Schiebersteuerung und in Dampfmaschinen mit Ventilsteuerung.
Die Schieber-Dampfmaschinen zeichnen sich durch grosse Einfachheit der Kon-
struktion und leichte Bedienung aus und sind im allgemeinen in der Anschaffung billiger,
als die Dampfmaschinen mit Ventilsteuerung. Letztere gestatten aber einen höheren
Gleichformigkeitsgrad des Ganges bei wechselnder Belastung und haben im allgemeinen
einen geringeren Dampfverbrauch bei gleicher Einheit und Betriebsdauer.
Was die Umdrehungszahl betrifft, so kann man kleine Kolben-Dampfmaschinen
als sogenannte Schnelläufer bauen mit Umdrehungszahlen bis zu 360 in der Minute.
Bei den Grossdampfmaschinen mit 200 Pferdestärken und mehr geht man selten über
200—250 Touren hinaus.
Je nachdem man den verbrauchten Dampf in die freie Luft oder in einen Kon-
densator entweichen lässt, spricht man von Auspuff- oder Kondensations-
maschinen.
Die Einzylindermaschinen werden sowohl als Auspuff- als auch als Kondensations-
maschinen gebaut, dagegen die Verbund- und Dreifach-Expansionsmaschinen fast aus-
schliesslich mit Kondensation. Zur Kondensation des Dampfes wird Wasser benutzt.
Ist Wasser reichlich und auf billige Weise zu haben, so lässt man das Kondensations-
wasser abfliessen. Wenn dagegen die Wasserbeschaffung schwierig und teuer ist, so ver-
wendet man Rückkühlanlagen (Gradierwerke), mit Hilfe deren das zur Kondensation ein-
mal verwendete Wasser wieder gekühlt wird und so in einem Kreislaufe immer aufs
neue zur Kondensation verwendet werden kann. Die Rückkühlanlage verteuert selbst-
verständlich die Anlage sowohl im Bau, als im Betrieb.
Um aus 1 kg Wasser von 0° C Dampt von 4 Atmosphären Spannung zu erzeugen,
braucht man 650 W.E.18), dagegen um Dampf von 9 Atmosphären zu erzeugen nur
659,68 W.E. Nimmt man den Heizwert einer Kohle zu 7000 W.E. an, so würde man
zu 1 kg Dampf von 4 Atmosphären aus Wasser von 0° G gebrauchen 7nftn = 0,093 kg
Kohle und zur Erzeugung von 1 kg Dampf von 9 Atmosphären Spannung nur ? '
= 0,094 kg Kohle. Es ist deshalb vorteilhaft hochgespannten Dampf zu
verwenden und mit der Vervollkommnung des Dampfmaschinenbaues
ist auch die Dampfspannung erheblich gestiegen. Die bei Kolbenmaschinen
is) Eine W.E. = 1 Kilogramm Kalorie (Kgkal.) = derjenigen Wärmemenge, welche nötig ist,
am die Temperatur von 1 kg destillierten Wassers von 0° anf 1° C zu erhöhen.
1 W.E. Sfi424 mkg/aek. fiß 0,00157 PS« -Standern £ß 1,156 Wattstunden »0,001156 Kilowatt-Stunden.
1 PS« -Stunde = 687 W.E. = rd. 272000 mkg/aek.
§ ö.
Die wirtschaftlichen Vorarbeiten.
281
heute verwendeten Dampfspannungen schwanken zwischen 6 und 12 Atmosphären. Wenn
der im Kessel erzeugte sogenannte „gesättigte" Dampf in den Zylinder der Dampfmaschine
tritt, so reisst er immer etwas Wasser mit — wenn nicht besondere Vorrichtungen zur
Trocknung des Dampfes vorgesehen sind — , ausserdem aber erfolgt bei seiner Berührung
mit den kühleren Flächen des Zylinders und des Kolbens eine teilweise Kondensierung
des Dampfes, welche sich bei der im Zylinder stattfindenden Expansion allmählich ver-
stärkt. Hierdurch büsst der Dampf an motorischer Wirksamkeit ein. Schon seit langer
Zeit ist erkannt, dass dieser für die wirtschaftliche Ausnützung des Feuerungsmaterials
nachteilige Vorgang durch Überhitzung des Dampfes vermieden werden kann, aber
erst in neuerer Zeit ist es gelungen so zweckmässige Überhitzer zu bauen, dass
diese theoretische Erkenntnis mit Erfolg in die Praxis überführt werden konnte. Man
ist auch heute imstande durch Verwendung besser geeigneten Materials für die Zylinder
und die Kolben, ferner durch Verwendung säurefreien Mineralöles zur Zylinderschmierung
und durch Anfertigung von geeignetem Dichtungs- und Verpackungsmaterial die
Nachteile zu überwinden, welche sich früher bei Verwendung überhitzten Dampfes zeigten
und zeitweise die Überhitzer in Misskredit gebracht haben. Nach den bis jetzt vor-
liegenden Resultaten scheint es, als ob durch die Verwenduug der Überhitzer eine Er-
sparnis an Brennmaterial von 10 bis 2ö°/0 erzielt werden kann.
Während früher für industrielle Zwecke fast nur stationäre Dampfmaschinen ver-
wendet wurden, sind neuerdings die Lokomobilen so vervollkommnet, dass sie für kleinere
Anlagen bis zu 300 PSe mit den sogenannten stationären Maschinen erfolgreich in Wett-
bewerb treten können. Der Lokomobiltyp der Dampfmaschine hat den Vorzug, dass
sowohl die ganze maschinelle Anlage, als auch die bauliche Einrichtung nicht unerheblich
billiger wird und ferner den Vorzug, dass die Wärmeverluste in den Rohrleitungen
zwischen Kessel und Maschine, welche bei den stationären Maschinen eine Rolle spielen,
so gut wie ganz fortfallen. Auch ist der Betrieb mit weniger Personal durchführbar.
Der Nachteil des Lokomobiltyps besteht aber darin, dass die Heizung in demselben Räume
stattfindet, in welchem die Maschine steht, und dass es daher nicht möglich ist, den-
selben Grad von Staubfreiheit und Sauberkeit im Maschinenräume zu erreichen, wie bei
stationären Maschinen. Dieser Punkt ist aber oft, namentlich bei Elektrizitätswerken,
von sehr erheblicher Bedeutung.
Tabelle XIV.
Es werden in der Beschaffung Lokoraobilanlagen billiger, als stationäre Anlagen in v. H.
Nach den Angaben Ton F. Barth
1 Kaeh den Angaben
von Chr. Bberle
Nutibare
Einsylinder-Auspuff-
Componnd-Lokomobilen
Hochdruck- Lokomobilen
Compound-Lokomobilen
mit Kondensation ver-
in PS.
Lokomobilen verglichen
▼erglichen mit Konden-
rerglichen mit
glichen mit Compound-
mit Einzylinder-Aiupun'-
sation« Damnftnasehinen
Binzylinder-Anspaff-
Kondensations-Dampf-
masohinen onne Bflek-
kflhlnng um
Maeehinen um
mit Ventilsteuerung um
M&echinen um
10
rd. 5°/o
rd. 82°/*
^^_
20
, 9Vo
—
. 27»/.
—
SO
, 9°/o
—
. " Vo
—
50
—
rd. 8 °/o
12°/o
80
—
„ 16%
17 °/o
100
—
, 20%
14%
200
—
, 6%
16 •/#
300
—
, teurer 5%
—
im D
orchachnitt 7,7 °/o
, 12,5 o/o
rd. 25°/e
14,8 °/o
282
I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
In den Tabellen XVI u> XVII auf S. 291/292 werden genauere Angaben über Kosten
von Anlagen mit stationären Kolbenmaschinen gemacht. Des Vergleiches halber sind in
vorhergehender Tabelle XIV die Prozentsätze angegeben14), um welche sich die Beschaffungs-
kosten von Anlagen mit dem Lokomobiltyp etwa billiger stellen würden.
Was die Betriebskosten betrifft, so gibt Tabelle XV einen Überblick über die
Ersparnisse bei dem Lokomobiltyp im Vergleich mit stationären Maschinen gleichfalls
in v. H. ausgedrückt.
Tabelle XV.
Es wird der Betrieb unter Berücksichtigung der indirekten und direkten Betriebskosten pro PS« -Stunde
billiger bei einem SOOtfigigen Betriebe ä 10 Stunden
Nutzbare
I<eirtung
in PS.
nach den Angaben von F. Barth
Bei einem
Kohlen preiae
in Mk
pro 100 kg
Ton
bei einer Einzy lin-
der Auspuff-Loko-
mobile verglichen
mit Einxylinder-
Anapuff-Dampf-
maaehinen um
bei e'iner Compound-
Lokomobile mit
DampfUberhitznng
nnd Kondensation
▼ergliehen mit Kon-
densations-Dampf-
maaehinen mit Ven-
tilsteuerung um
nach den Angaben von Chr. Eberle
bei einem
Kohlenproiae
in Mk.
pro 100 kg
von
bei einer Hoch-
druck-Lokomobile
verglichen mit
Einzylinder- Aus-
puff-Maschinen
um
bei einer Compoond-
Lokomobile mit
Kondensation ver-
glichen mit Com-
pound-Kondenaa-
tions-Dampfma-
schinen ohne
RfiekkQblung um
10
20
30
50
80
100
200
300
f 1,5 Mk.
*2,0 ,
|1.5
*2,0
fl,5
*2,0
|1.5
*2,0
12,0
IW
*2,0
ri.5
*2,0
ri,5
*2,0
8°/o
9°/o
9°/o
10°/o
6°/o
6°/e
17°/o
19°/o
28 °/o
24°/o
18°/o
17 Vo
10 °/o
10°/o
7%
7,5 7«
1,6 Mk.
2,0
1,6
2,0
1,6
2,0
1,6
2,0
1,6
2,0
1,6
2,0
1,6
2,0
10 •/•
10°/o
18%
19 °/o
15°/o
15°/o
5°/«
5>
15#/o
14 °/e
18°/o
13 •/•
10°/«
10°/o
Diese Angaben mögen für den Überblick, auf den es an dieser Stelle nur an-
kommen kann, genügen und es wird deshalb auf Lokomobilanlagen nicht weiter ein-
gegangen werden.
Neben den Kolbenmaschinen haben sich in neuerer Zeit
B. Die Dampfturbinen15)
einen hervorragenden Platz erobern können, und es scheint, als ob dieselben, namentlich
für grössere Einheiten immer mehr und mehr Eingang finden werden. Zurzeit (1906) sind
i«) Die Prozentsätze der Tabellen XI V and XV sind vom Verfasser berechnet nach den An-
gaben von
Friedrich Bartb, Die zweckm assigste Betriebskraft. Sammlung Göschen. Band I. Leipzig
1904 und
Chr. Eberle, Kosten der Krafterzeugong. 1901. Halle a. 8. Verlag von Wilb. Knapp.
15) Hero von Alexandrien soll im Jahre 120 vor Christi bereits eine Dampfturbine ausgeführt
und beschrieben haben, welche auf demselben Prinzip wie des Segnersche Reaktionsrad beruhte nnd
ans einer bohlen um eine Achse drehbaren Kugel bestand, welche an ihrem Umfange mit radialen nnd
entgegengesetzt zur Drehrichtung umgebogenen Düsen versehen war. Durch den aus den Dosen
austretenden Dampf rotierte die Kugel und konnte Arbeit verrichten.
§ 6. Die wirtschaftlichen Vorarbeiten. 283
die Preise von Dampfturbinenanlagen wohl mit Rücksicht auf die verhältnismässige Neu-
heit der Fabrikation und auf die gegenwärtig ausserordentlich starke Beschäftigung fast
aller Maschinen-Bauanstalten teilweise noch so hoch, dass die Anlagen mit Kolben-
maschinen meistens billiger oder doch nicht teurer werden. Allerdings ist eine Tendenz
zur Abwärtsbewegung bei den Preisstellungen für Dampfturbinen bereits deutlich erkenn-
bar und es ist deshalb möglich, dass sehr bald die Anlagekosten von Dampfturbinen durch-
schnittlich niedriger werden, als die von Kolbenmaschinen* Was die Betriebskosten betrifft,
so scheint für die kleineren Einheiten bis zu 600 PS« der Dampfverbrauch bei den Tur-
binen noch höher, als bei den Kolbenmaschinen zu sein und bei den grösseren Typen soll
bis heute bestenfalls der Dampfverbrauch guter Kolbenmaschinen erreicht werden. Dagegen
kann man schon heute sagen, dass bei den Dampfturbinen eine Ersparnis an Bedienung
und an Schmier- und Putzmaterial von 20% und mehr erzielt werden kann. Als Vorteile
der Dampfturbine kommen weiter in Betracht, die geringeren Abmessungen und das geringe
Gewicht und infolgedessen kleinere Kosten für das Maschinenhaus und für die Fundamente.
Da sehr grosse Umlaufgeschwindigkeiten bei den Dampfturbinen erreichbar sind, werden
für Elektrizitätswerke die Gewichte der direkt gekuppelten Generatoren kleiner. Er-
sparnisse an Beschaffungskosten der Generatoren ergeben sich aber daraus oft nicht,
weil die Vorteile der Gewichtsverringerungen durch die schwierigere Konstruktion auf-
gewogen werden. Im Innern der Dampfzylinder reiben keine metallischen Teile auf-
einander und infolgedessen ist eine Schmierung nicht nötig und das Kondenswasser
ölfrei, wodurch seine Verwendung als Kesselwasser ohne vorherige Reinigung möglich
wird. Man kann bei Dampfturbinen höher überhitzten Dampf verwenden, weil die Dich-
tung der Turbinenwelle in der Stopfbüchse leichter ist, als diejenige der hin- und her-
gehenden Kolbenstange. Die Turbinen lassen sich vorzüglich regulieren. Der Dampf-
verbrauch nimmt mit der Zeit nicht zu, weil eine Abnutzung der Leit- und Laufrad-
schaufel nur in geringem Masse stattfindet, auch ist der Dampfverbrauch von der Sorg-
falt des Betriebspersonals nicht abhängig, weswegen man ge- _ g6
rade auch an Löhnen beim Betriebe sparen kann. Schema der Lavalturbine.
Die Konstruktionseinzelheiten erfahren unausgesetzt
weitere Vervollkommnungen, so dass man erwarten darf, dass
auch der Dampf verbrauch pro PS« -Stunde gegenüber den
bis heute erreichten Zahlen noch erheblich sinken wird.
Es existieren heute schon eine ganze Reihe verschiedener Typen "), und es kommen
immer neue hinzu« Die ältesten Turbinentypen sind die Turbine des Schweden de Laval
und die Parsons Turbine. Beide Typen wurden 1884 zum ersten Male gebaut.
Die de Lavalturbine ist eine einstufige Aktionsturbine (vergl. Abb. 36), die Parsons-
turbine eine vielstufige Überdruck-Reaktionsturbine (vergl. Abb. 41).
Bei den Aktions- oder Druckturbinen ist der Querschnitt der Ausströmungsöffnung
in den Schaufeln des Laufrades gleich oder etwas grösser als die Einströmungsöffnung
i<) Professor Donät Bänki, Budapest, .Grundlagen zur Berechnung der Dampfturbinen *.
Zeitschr. f. d. gesamte Turbinenwesen 1906. S. 74 u. f.
Professor A. Ried ler, Ober Dampfturbinen. Zeitschr. des Ver. D. Ing. 1906. S. 1210 u. ff.
A. Stodola, Die Dampfturbinen und die Aussichten der Wärmekraftmaschinen. Berlin 1905.
Über Abmessungen von Dampfturbinen-Dynamos vergl. Fritz Hoppe: Wie stellt man Pro-
jekte, Kostenanschläge und Betriebsberechnungen für elektrische Licht- und Kraftanlagen auf 3. 59.
Über Anlage- und Betriebskosten von Dampfturbinen vergl. Friedrich Barth: Die zweck-
mässigste Betriebskraft 8. 77 u. f.
Fritz Hoppe, Projektierung von Elektrizitätswerken. X. Band der Repetitorien der Elektro-
technik. Hannover 1906. S. 38.
284 I- Theodor Koebh. Ausbad vom Waebkrjcräfi-kn. Allgemkitos.
and es herrscht vor und hinter dem Laufrade der gleiche Druck. Bei den Überdruck
Reaktionsturbinen dagegen ist die Ansatrömuugsöffnuug der Laufradschaufeln kleiner als
die Einströmungsöffnung und die Schaufeln sind so geformt, dass nicht bloss Arbeit
durch die lebendige Kraft des strömenden Dampfes, sondern auch durch den Riickstoss
beim Ausströmen des Dampfes geleistet wird. Ausserdom findet in den Laufradschaufeln
selbst eine weitere Expandienmg des Dampfes statt, so dass vor dem Laufrad ein höherer
Druck herrscht, als hinter demselben. Deshalb muss der Kranz des Laufrades, mit der
Mantelfläche des Gehäuses möglichst dicht schliessen, ohne sie za berühren, und auch
der Spalt zwischen Leit- nnd Laufkranz mögliebst klein sein.
Die de Lavalturbine ist partiell beanfschlagt und hat nur eine
Druckstufe. In den dnsen förmigen Leitapparaten wird die ganze potentielle Energie
der Dampfspannung in kinetische Energie verwandelt und der Dampf tritt mit der vollen
Geschwindigkeit, welche der Differenz der Spannungen im Dampfzuleitungsrohr und im
Turbineng ehäuso entspricht, in die Schaufel des Laufrades. Diese Geschwindigkeit be-
trägt bei einer Dampfspannung von 10 Atmosphären und bei einer Spannung im Ge-
häuse von 0,1 Atmosphären etwa 1100 m/sek. Theoretisch ändert sich die Pressung im
Laufrade nicht mehr. Infolge der grossen Strömungsgeschwindigkeit des Dampfes machen
Abb 87 Sehern« ^ie Lavalturbinen 10 — 30000 Umläufe in der Minute, und es ist
der Elektrattnbine. deshalb eine Übersetzung der grossen Tourenzahl durch Zahnradvor-
gelege oder Riemenbetrieb notwendig. Die Lavalturbine ist an sich
eine äusserst einfache Maschine, verlangt aber wegen der grossen Um-
drehungszahl die sorgfältigste Auswahl des Materials und genaueste
Arbeit.
Zar Klasse der Druckturbinen mit einer Druck-
stufe gehört ein neuerer Turbinentyp, die sogenannte
Elektra-Turbine (vergl. Abb. 37). Sie nutzt die Geschwindigkeit des
Abb. 88. Sehe*. d.r Biedler 8 t„mpf.ToH,u.e. a0B dem Kranze erstmalig ausströmenden
, Dampfes noch weiter in mehreren Geschwin-
digkeitsstufen aus, indem der Dampf durch
den Kranz ein und desselben Laufrades mittelst
besonderer Leitapparate mehrfach geleitet wird,
wobei er einmal von der einen und dann von
der entgegengesetzten Seite in das Laufrad ein-
tritt, also seine Krümmungsrichtung ändert.
Die Ried ler- Stumpf- Turbine hat gleich-
falls eine Drnckstufe (vergl. Abb. 38).
Der Dampf wird aber, nachdem er eine Schaufel
durchströmt hat, durch besondere Leitapparatc
in die Schaufel des nebenliegenden Schaufel-
kranzes, und zwar in einer oder mehreren Geschwindigkeitsstofen geführt. Die beson-
dere Eigentümlichkeit der Riedler - Stnmpfschen Dampfturbine besteht darin, dass der
strömende Dampf sowohl in den Schaufeln, als auch in den Leitapparaten dieselbe
Krümmungsrichtung behält. Hierdurch sollen die Effektverluste in den Leitapparaten
möglichst beschränkt werden.
Eine andere Klasse nmfasst die Aktion sturbine mit mehreren Druck
stufen. Hierher gehört die Ratea«tarbine's>) mit 10 bis 24 nnd die so-
genannte Zoclly- Turbine mit 5 bis 12 Druckstufen. Bei der Zoelly Turbine
i«») TergT. Zdtaehr. d. V«. deutscher. lag. 1906. S. 1605 u. 1907. S. 417.
§ 5.
DlS WIRTBCHAFTUGHEV VORARBEITEN.
286
(▼ergl. Abb. 39) tritt der Dampf an einem Ende des Gehäuses ein und wird durch Leit-
schaufeln auf das erste Laufrad geführt. In den Leitkanälen expandiert der Dampf
auf einen niedrigeren Druck, so dass er eine diesem Druckgefälle entsprechende Ge-
schwindigkeit erhält. Mit dieser Geschwindigkeit durchströmt er die gekrümmten
286 I- Theodor Koehn. Ausbau von W ahhkrkbäftbn. Allgemeines.
Schaufeln des Laufrades und gibt während des Dnrchströmens das Arbeitsvermögen, welches
der Druckstufe entspricht an die Schaufeln ab. Hierauf gelangt der Dampf in den
nächsten Leitapparat und erhält hier eine dem zweiten Druckgefalle entsprechende Ge-
schwindigkeit, welche dann in dem zweiten Laufrade ausgenützt wird, und so wiederholt
sich der gleiche Vorgang bis zur letzten Stufe. Auf diese Weise wird das einer jeden
Stufe zugehörige Arbeitsvermögen auf das betreffende Laufrad übertragen. Der aus dem
letzten Rade austretende Dampf geht dann in den Kondensator oder ins Freie. Jeder
Druckstufe entspricht eine für sich abgeschlossene Kammer im Turbinengehäuse, welche
nur durch die Öffnungen des Leitapparates mit der nächsten Kammer in Verbindung
steht Da der Dampfdruck vor und hinter dem Laufrade theoretisch der gleiche ist,
kann der Spalt grösser sein, als bei der mehrstufigen Überdruckturbine, auch
kann der Spielraum zwischen Laufkranz und Mantelfläche etwas grösser sein. Hieraus
soll sich der Vorteil einer einfacheren und stabileren Kon-
Seh iwOurtie-Tarbine. ßtruktion ergeben. Charakteristisch für die Zoellyturbine sind
dann noch eine Menge sinnreicher Konstruktionseinzelheiten
(wie z. B. der nach dem Mittelpunkt zu sich verstärkende
Querschnitt der Schaufeln des Laufrades), auf welche näher
einzugehen hier zu weit gehen würde.
Eine andere eigenartige Ausbildung mehr-
stufiger Druckturbinen zeigen die sogenannten
Curtis - Turbinen (vergl. Abb. 40), welche sowohl mehrere
Druck stufen haben, als auch innerhalb jeder Druckstufe mehrere Geschwindigkeitsstufen
enthalten. Turbinen dieses Typs werden besonders in Amerika, aber auch in Deutsch-
land viel gebaut (vergl. S. 288).
Abweichend von den bisher genannten Typen stellt die Parsons-Turblne eine vier-
stufige (bis zu 70 Stufen) sogenannte Überdruck-Reaktionsturbine dar (vergl. Abb. 41).
Das Prinzip dieser Turbine soll bereits im Jahre 1853 von Tournaire in der Pariser
Akademie vorgeführt sein17). Parsons verdankt den grossartigen Erfolg seiner zuerst
1884 gebauten Dampfturbine den von ihm erdachten Konstruktionseinzelheiten. Die
Parsonsturbine wird meistens als voll beaufschlagte Turbine gebaut. Die einzelnen Leit-
und Laufkränze folgen dicht aufeinander mit möglichst kleinen Spalten und der Dampf
expandiert nicht nur in Leitschaufeln, sondern auch in dem Laufrade selbst. Auf diese
Weise ist der Dampfdruck an der Einströmungsseite eines Laufkranzes grösser, als an
der Ausströmungsseite, und es findet deshalb eine axiale Pressung auf die Welle statt,
welche durch rotierende Gegenkolben aufgenommen wird. Letztere sind wiederum durch
Dampf in sinnreicher Weise entlastet. Da zwischen Vorder- und Hinterseite jedes Kolbens
eine Differenz der Dampfspannung besteht, sind die Kolben durch sogenannte Labyrinth-
dichtungen gegen die Mantelflächen abgedichtet. In den Dichtungen schleift aber nicht
Metall auf Metall, sondern es sind kleine Spielräume gelassen, durch welche der Dampf
infolge der Wirbelbildung nicht mehr hindurchgelangen kann, sobald die Maschine ihre
normale Tourenzahl macht. Auch die bronzenen Schaufelkränze, welche in die Stahl-
walze schwalbenschwanzförmig eingelassen sind, schliessen nicht so dicht, dass sie auf
der Mantelfläche reiben. Im Dampfraum ist daher auch bei der Parsonsturbine 01-
schmierung nicht erforderlich. Der Dampf wirkt, wie bereits erwähnt, teilweise durch
den Druck auf die Schaufel des Laufrades, wie bei den Aktionsturbinen, teilweise durch
den Rückdruck des ausströmenden Strahls.
17) Don 4t Btnki, Grundlagen zur Berechnung von Dampfturbinen. Zeitschr. t cL gesamt*
Torbinenwesen 1906. 8. 155.
g 5. Die wibi«chaftlichsii Vorabbeiten. 287
Die Umlaufgeschwindigkeiten aller mehrstufigen Turbinen schwanken zwischen 760
bis 4500, so dass sie mit elektrischen Generatoren direkt gekoppelt werden können.
Mit Rücksicht darauf, dass alle neueren Konstraktionen von Dampfturbinen noch
nicht durch eine längere Praxis, wie die Kolben-Dampfmaschine erprobt Bind, man aber
Abb. 41. Schematiche Darstellung der Brown
i Parsooalurbine.
A Dirapf eintritt.
B Dampf «Hitritt In du
C Dinpf'amom tu dem Eutliitungiiolben kl li
Verbindung mit B.
e Kuul tur Verbindung dei Kolben
der Stihrwalne,
■ tragt Abdichtung
• luil rar Verbindung Tun E mit dem Zjllnder-
ruuc unter dem Kolben K. lit e gwblouen, eo
habt der durch ■ eintretende Dumpf K Bnd dmnit V.
k t Rotierend« Kolben alt LabrrfntbdJentang
le. durch welche die Spannung in den Hupt-
etnfon de. Wil.ent.il. twuieneD A und B m
.. „ _.« Kolben kl, kz. ks g-fBhrt wird, d
Tollattndlre Entlutong derselben eUttflndet
Ll\ Druokliger der StehltnlH mit DrnekalHhmlerung.
1.1/ unter 1.5 Alm.
f. (IM -ÄSOHttoe pro Klnute.)
S Knmmleger. dient i
dient ngloieb nr genmen Elneiellung
__jten nmf rotierenden Sehufalkrlnun.
HanptdampfrentU, welche« je nuh QrSeie der
wahrscheinlich in wenigen Jahren inbezug auf die direkten Betriebskosten andere und
wahrscheinlich gunstigere Zahlen als heute wird aufweisen können, mit Rücksicht ferner
'darauf, dass bei der grossen, jahrlich wachsenden Anzahl von Maschinenbauanstalten 1B),
i>) Dem in der Zeitscbr. d. T. D. J. 1906 S. 1209 u. ff. veröffentlichten Vortrag» von Prof.
A. Biedler sind die folgenden Mitteilungen entnommen und durch die mit * bezeichneten Satze erginst.
Die Puraona-Turbine wird in England von Parsons & Co. in New Castle-on Tyne und einer
grossen Zahl anderer englischer Firmen gebaut, wie i. B. von der englischen Niederlassung der Wetting-
bouse- Gesellschaft in Manchester.
In der Schweiz bant die A.-G. Brown, Boveri * Comp, in Baden unter der Bezeichnung Brown-
Boveri-Parson «-Turbine dieses Maschinensystem. Es soll wesentliche Verbesserungen gegenüber der eng-
lischen Bauart aufweisen.
In Deutachland bauen Brown, Boveri & Comp, die erwähnte Parsons -Turbine in Mannheim.
Von Brown, Boveri &, Comp, erwarben die A usführuu gäbe rechtig ung die Socidte John Cockorill
in Seraing für Belgien, Franco Tosi in Legnano für Italien, Richsrdsons, Westgarth & Co. in Hartlepool
für England. In Frankreich sind ausftthruu gab erachtigt : die Compagnie Eleetromecaniqae in Le Bonrget
»»
1>
288 I. Theodor Koehn. Ausbau von WasserkkXjften. Allöeiceihe8.
welche sich mit der Fabrikation von Dampfturbinen befassen, auch die heutigen Anlage»
kosten infolge der Konkurrenz bald erheblich zurückgehen dürften, soll bei den nach-
stehenden Mitteilungen über Betriebskosten von Dampfanlagen auf die Dampfturbine
nicht näher eingegangen werden.
C. Die Dampfkessel.
Von den vielen verschiedenen Dampfkesselsystemen mögen die folgenden genannt
sein19):
1. Einfache Walzenkessel mit einem Raumbedarf pro qm Heiz-
fläche von 1,25 qm,
2. Mehrfache Walzenkessel mit 1 oder 2 Unterkessel mit einem
Raumbedarf pro qm Heizfläche von 0,6 — 0,575 .,
3. Mehrfache Walzenkessel mit 2 Ober- und 2 Unterkessel
mit einem Raumbedarf pro qm Heizfläche von 0,4 — 0,45
4. Flammrohrkessel mit einem Raumbedarf pro qm Heiz-
fläche von 0,45—0,6
5. Heizrohrkessel mit einem Raumbedarf pro qm Heizfläche von 0,3 .,
(Seine) und im Zusammenhange mit dieser mehrere Maschinenfabriken und französische Werften, letztere
für Schiffsmaschinen.
Die Curtis-Turbine wird in Amerika von der General Electric Co. in Schenectady N. Y. and in
Lyon (Mass) gebaut, in Frankreich von der Gie d'Electricite* Thomson-Houston in Paris und von der British
Thomson- Houston-Co. in Rugby. *In Deutschland wird ein der Cnrtis-Tnrbine verwandter Typ unter der
Bezeichnung A.E.G.-Turbine von der Allgemeinen Elektrizität*- Gesellschaft gebaut
Die Laval- Turbine wird von den Laval-Gesellschaften in Schweden, Frankreich, England*
Amerika und in Deutschland von der Maschinenbauanstalt Humboldt in Kalk gebaut.
* Die Elektra- Turbine baut in Deutschland die Gesellschaft für elektrische Industrie in Karlsruhe.
Die Rateau-Turbine wird in Frankreich von Sautter, Harl6 & Gie, in der Schweif von dar
Maschinenfabrik Oerlikon, in Deutschland von der Bergmann Elektrizitätswerke A.-G., in Österreich von
von Skoda-Werken A.-G. in Pilsen, in Belgien von Van den Eerchove in Gent, in England von Fräser
& Chalmers Ltd. in Erith-London, in Amerika von der Rateau-Turbine-Co. in Chicago gebaut
Die Zoelly-Turbine wurde zuerst von Escher Wyss A Co. in Zürich für die Schweiz in Zürich
und für Deutschland in Ravensburg gebaut. Später hat sich ein Zoelly- Syndikat zur Ausfahrung dieser
Turbine gebildet» bestehend aus der Züricher Firma, den Siemens-Schuckert- Werken, den vereinigten
Maschinenfabriken Augsburg und Maschinenbaugesellschaft Nürnberg, dem Norddeutschen Lloyd und
Friedr. Krupp, Essen, welches auf gemeinsame Rechnung und Gewinnbeteiligung zu vereinbarten Syn-
dikatpreisen Turbinen liefert. Dieses Syndikat hat dann weitere Bauberechtigung erteilt, in Deutsch-
land der Maschinenbauanstalt Görlitz, Elsässische Maschinenbaugesellschaft in Mülbausen i. Eis.,
Schüchtermann & Krem er in Dortmund, ausserdem an die Maschinenfabriken L. Lang in Budapest,
F. Ringhoffer in Smichow und an italienische Firmen.
In gleicher Weise ist ein französisches Syndikat mit Creuzot gebildet und ausserdem aus-
führungsberechtigt die Elsässische Maschinenbaugesellschaft in Beifort und die Compagnie de l'Honna.
In England sind bisher Mather & Platt in Manchester und Musgrave in Bolton ausftthrungsberecfatigt.
•Der Bau der Riedler-Stumpf-Turbine war in Deutschland von der Allgemeinen Elektrizitäts-
gesellschaft aufgenommen, ist aber vorläufig wieder aufgegeben.
Nach den Mitteilungen von A. Ried ler sollen an Parsons-Turbinen bis 1906 bereits mehr als
l\t Millionen PSe gebaut Bein, wovon auf Brown, Boveri & Co. und ihre Lizenznehmer a/i Millionen
PSe entfallen.
Die Curtis-Turbinen einschliesslich der A.ti.G.-Turbinen sollen im ganzen etwa eine Leistung
von 1 Millionen PS« aufweisen, die Zoelly- Turbinen etwa 164000 PS«, wovon auf die Entwicklungs-
jahre 1904 28575 und 1905 74025 PSe entfallen.
Die Rateau-Tnrbinen sollen in etwa 70000 PSe ausgeführt worden sein.
Insgesamt soll die Leistung der bis Sommer 1906 ausgeführten Dampfturbinen auf ca. 3 Millionen
PS« anzunehmen sein.
19) Fritz Hoppe, Wie stellt man Projekte, Kostenanschläge etc. auf? S. 48.
§ 5.
DlB WIRTSCHAFTLICHEN VOBABBBRBI.
289
0,25—0,3 qm
0,2-0,25
0,2—0,25
n
)»
0,15
0,07—0,176
)J
6. Walzenkessel mit stehendem Heizrohrkessel mit einem
Raumbedarf pro qm Heizfläche von
7. Walzenkessel mit liegendem Heizrohrkessel mit einem Raum-
bedarf pro qm Heizflache von
8. Flammrohrkessel mit Heizrohren mit einem Raumbedarf
pro qm Heizfläche von
9. Flammrohrkessel mit Heizrohrkessel und Dampfraum im
Ober- und Unterkessel mit einem Raumbedarf pro qm Heiz-
flache von
10. Wasserrohrkessel mit einem Raumbedarf pro qm
fläche von
Unter wasserberührter Heizfläche eines Dampfkessels versteht man die Grösse
des Flächeninhaltes der einerseits von den Feuergasen, andererseits vom Wasser berührten
Wandungen des Kessels, wobei die Maasse auf der Feuerseite zu nehmen sind. Die
Grosse der Heizfläche berechnet sich nach der empirischen Formel: H = — worin H die
Heizfläche in qm, Dm den Dampfverbrauch in kg pro effektive PS-Stunde und a einen
Erfahrnngskoeffizienten bedeuten. Soll die Kesselanlage stark angestrengt werden, um
die Anschaffungskosten herunterzusetzen, so kann man a zu etwa 30 annehmen. Im
Durchschnitt rechnet man für Dauerbetrieb nur mit a = 14 bis 15, was also bedeutet»
dass man mit 1 qm Heizfläche im Dauerbetriebe, ohne die Kesselanlage anzustrengen
14 bis 15 kg Dampf erzeugen kann.
Der Dampfverbrauch richtet sich nach dem System der Dampfmaschine, nach
der Grösse der Einheit, nach der Belastung und nach der Betriebsdauer. Von den
Fabrikanten wird bei Lieferung der Maschine der Dampfverbrauch entweder pro indi-
zierte oder effektive PS-Stunde bei verschiedenen Belastungen angegeben. Es ist zweck-
massig, die Angaben pro effektive PS-Stunde zu verlangen, weil es hierauf für den Ver-
brauch an Brennmaterialien ankommt.
Bedeutet di den Dampfverbrauch pro indizierte PS-Stunde,
d# den Dampfverbrauch pro effektive PS-Stunde bei einer bestimmten Belastung,
t) den Wirkungsgrad der Maschine,
so ist — = d«, und wenn
Dm den stündlichen Dampfverbrauch einer Maschine von Ne effektiven PS be-
deutet, so ist DB = d6 . N#
Aus dem grössten Werte für DB würde dann die Heizfläche zu berechnen sein.
Art
dei Brennstoffes
Hochwertige Stein-
kohle
Minderwertige Stein
kohle. .
Koka. . .
Braunkohlen
Torf, trocken
Hol* . . .
Gewicht
eines etat
in kg
700-900
700-950
400-550
600-700
300-500
800-400
Heiswert in
W.E.
7500
4500
6000—7000
4000-5000
8000—4000
2500-3000
1 kg rerdampft
Wasser in kg bei einem
Wirkungsgrad Ton
©*,«•/„
7,7
4,5
6-7
4-5
8-4
2,5-8
so«/.
9,5
5,5
7,5-8,5
5-6
4—5
Auf 1 qm
Bostttehe Yer-
br«nnen kg
pro Stund«
80-125
80-100
100-150
140-180
150—200
150-200
Erforderliohe
Heisi&die pro
qm Boirtilfhc
inqm
40-50
80-85
40-50
40—50
85-40
25—80
Hsndbiuk der Ing.-Wissensen. IIL Teil. 13. Bd.
19
290
L Theodob Koehn. Ausbau ton Wasserkräften. Allgemeines.
Die Grösse der Rostfläche hängt von dem Feuerungsmaterial ab. Vorhergehende
Zahlentafel gibt eine Übersicht über den Heizwert, die Yerdampfungsf&higkeit der ver-
schiedenen Brennmaterialen und das Verhältnis von Rostfläche zur Heizfläche:
Bezüglich der Dimensionen gemauerter Schornsteine sei kurz bemerkt, dass sich
hierfür folgende Erfahrungsformeln herausgebildet haben:
Bezeichnet r den Halbmesser des oberen lichten kreisrunden Querschnitts,
rt den Halbmesser des unteren lichten Querschnitts des Schornsteins,
H die Höhe des Schornsteins,
B die in der Stunde auf dem Roste der Kesselanlage zu verbrennende Brenn-
stoffmenge in kg, so ist
2r = 0,055. VB
H= 50r bis 56r
r1==r + 0,01 H*°).
Anlagekosten von Kolben-Dampfmaschinen.
Um für Vergleichsrechnungen bei den wirtschaftlichen Vorarbeiten Anhaltspunkte
zu geben, sind in der Tabelle XVI Anlagekosten für Einzylinder-Auspuff-Maschinen und
in Tabelle XVII für Kondensationsmaschinen ohne Rückkühlung zusammengestellt, wie sie
etwa heutigen mittleren Preisen entsprechen würden. Hierbei ist angenommen, dass bei
den Anlagen mit Einzylinder-Auspuff-Maschinen von 10 bis 100 PSe ein Grunderwerb
nicht erforderlich ist, sondern dass vielmehr die Anlagen auf verfügbarem Grundbesitz
errichtet werden können. In Tabelle XVH ist für die Anlagen mit Kondensationsmaschinen
eine Rückkühlung nicht vorgesehen, sondern angenommen, dass reichlich und billig Wasser
zur Verfügung steht. Für einen richtigen Vergleich zwischen einer Wasserkraftanlage
und einer Dampfanlage muss man die letztere so veranschlagen, dass sie mit Sicherheit
dieselbe Jahresleistung hergeben kann wie die Wasserkraft. Hierbei ist die Grösse und
Art des voraussichtlichen Bedarfs in absehbarer Zeit zu berücksichtigen. Ist dieser
kleiner als die Leistungsfähigkeit der Wasserkraft, so würde man die Grösse der Anlage
so) Frits Hoppe* Wie stellt man Projekte, Kostenanschläge etc. für elektrische Licht- und
Kraftanlagen auf? Darmatadt. Elektrotechnische Verlagsanstalt gibt S. 51 die nachfolgende Tabelle:
Tabelle Aber Abmessungen (in Meter) für gemauerte Schornsteine unter normalen Verhältnissen.
Heizfllohe
Hohe
Lichter Durchmesser
Äusserer Durchmesser
Sock«!
in qm
in m
oben
unten
oben
outen
Breite
Hohe
80
16
0,6
1.0
0,9
1,6
8,0
2.1
40
18
0,6
1.0
0,9
1,7
8,2
2,8
50
20
0,65
1.1
1,0
1,8
8,4
2,5
60
22
0,7
1,2
1,1
2,0
8,6
2,6
80
24
0,8
1.8
1.2
2,2
8,8
8,0
100
26
0,9
1*
1,8
2,4
4,1
8,2
130
28
1.0
1,7
1.4
2,7
M
8,4
170
30
1,1
1.»
1,5
8,0
4,7
M
200
32
1,2
2.0
1,7
8,2
5,0
4,1
850
34
1,8
2.2
1.8
8,5
5,8
4,5
290
86
1,4
2.4
1,9
8,8
5,6
4,8
850
40
1,5
2,6
2.1
4,1
6,0
M
400
48
1,6
2,8
2,2
4,4
«,4
5,4
500
46
Iß
S.2
2.4
4.»
6,8
5,9
650
50
2,0
8,5
2,8
5,2
7,2
6*
§ 5.
Die wirtschaftlichen Vorarbeiten.
291
Tabelle XVI.
Anlage-Rotten von Einzylinder-Auspoff-Dampfinascbinen in Mark.
Normale Nutzleistung in PS«
1. Preis einer Dampfmaschine
mit allem Zubehör, ein-
achlieasL Fundament and
Montage
2. Preis eines Kessele mit
Armatur, Speisepampen n.
Injektoren, Speisewasser-
reinigung nnd einsohliessL
der Einmanerang . . .
8. Rohrleitungen
4. Die ganze maschinelle An-
lage ohne Reserve . . .
5. Kosten pro PS© nach Nr. 4
6. Kosten der Reserve . .
7. Die ganze maschinelle Ein-
richtung mit Reserve . .
8. Kosten pro PSe nach Nr. 7
9. Grosse des Granderwerbs
in qm
10. Kosten des Grunderwerbs
in Alk
11. Kosten für Maschinen nnd
Kesselhaus ohne Reserve
12. Kosten für Maschinen nnd
Kesselhaus mit Reserve .
18. Schornstein
14. Kosten des baulichen Teils
mit Reserve
15. Kosten des hanlichen Teils
mit Reserve pro PS« nach
Nr. 14
16. Kosten der Gesamtanlage
ohne Reserve, sowohl des
baulichen als des maschi-
nellen Teils
17. Kosten pro PS« ohne Re-
serve nach Nr. 16 . . .
18. Kosten der Gesamtanlage
mit Reserve, sowohl des
maschinellen als des bau-
lichen Teils
19. Kosten der Gesamtanlage
mit Reserve pro PS« nach
Nr. 18
Maschinen mit Schiebersteuerung
Gesättigter Dampf mit 8 Atmosphären Oberdruck
10
20
80 I 40
50
60
Maschinen mit
Ventilsteuerung
Dampf 8 Atm.
ÜberLauf 260°C
80
100
2300
3500
3000
550
5 850
585
4 887,5
10 237,5
1028,7
5300
650
9450
472,5
7 087,5
16 537,5
826,8
2400
4000
700
4 700
4400
5600
900
6500
470
325
8950
895
14 750
787,5
14987,5
1493,7
23037,5
1 151,8
4000
6700
800
11500
383,3
8625,0
20 125,0
670,8
5600
9 600
1200
10800
360
18800
610
80925,0
1030,8
5500
6200
7500
950
13 950
348,7
10 462,5
24412,5
610,8
6400
10800
1500
12800
307,5
21850
546,2
86 712,5
917,8
8200
1100
15 500
310
11 625,0
27125
542,5
6800
11600
1800
13400
268
24100
482
40525
810,5
6800
8750
1200
16750
279,1
12 562,5
29 312,5
488,5
7200
12400
2000
14400
240
25950
432,5
48 712,5
728,5
10200
10500
1400
22100
276,2
16 575,0
38 675,0
483,4
7600
13200
2800
15 500
198,7
82000
400
54 175,0
677,1
19*
18500
12000
1500
27000
270
20250,0
47 250
472,5
8000
14000
2500
16500
165
37 500
375
63750
637,5
892
L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Tabelle
Anlage-Kosten ftr Kondansstisas
Compound-Kondensatiofis-
8 AI Überhitxt auf 250° G
Normale Nutslsistang in P8«
1. Preis silier Dampfmaschine mit allem Zabehor
einecklieealiok Fundament and Montage m Mk.
8. Preis eines Kessels mit Armatur, Speisepumpen
und Injektoren« Speisewasscnrenrigung and ein-
sehliesslieh der Einmauerung in Mk.T) . . .
8. Rohrfettnngen in Mk.
4. Die ganze maschinelle Anlage ohne Reeerve in
Mk. (Addition von 1 bis 3)
5. Kosten pro PS« in Mk
6- Kosten der rollen Reserve (75°/* derKosten iu4)
7. Die $snss maschinelle Einrichtung mit Reserve
(Addition von 4 und 6)
& Kosten pro PS« so 7
9. Grösse des Granderwerhs in qm m. Res. . .
10. Kosten des Granderwerhs in Mk. (20 Mk. pro qm)
11. Kosten ftr Maschinen- und Kesselhaus mit Re-
serve (80 Mk. pro qm)
12L Kosten ftr den Schornstein mit Fundament .
18. Gessmtkostsn des baulichen Teils einsehliess-
lich Grunderwerb mit Reserve (Addition von
Nr. 10, 11 and 12)
14. Gesamtkostsn des baulichen Teils einschliess-
lich Grnnderwerb pro P8«
15. Kosten der Gesamtanlage ohne Reserve des
maschinellen Teils, aber mit Reserve des bau-
lichen Teils (Addition von 4 und 18) ...
16. Kosten pro PS« nach 15
17. Kosten der Gesamtanlags mit Reserve des ms*
8chinellen und baulichen Teils (Addition von
7 und 13)
18. Kosten der Gesamtanlage pro PS« nach 17
50
100
200
400
10000
6000
1800
17 800
856
18850
81150
250
5000
12000
1500
18500
870
86800
726
49650
998
17000
10000
8100
80100
801
22575
52675
526,7
800
6000
18000
1800
25800
258
55900
559
78475
784,7
29000
•
18000
4500
51500
257,5
88625
90125
450,6
425
8500
24000
4000
86500
182,5
88000
440
126625
688,1
58000
29000
6000
98000
282,5
69750
162750
406,8
560
11200
88600
5000
49800
124,5
142 800
857
212550
581,3 ||
i) Die Anlagekosten der Speisswasserreinigung allein betragen hei Anlagen
Tabelle
Anlage-Kosten für
Componnd-Kondensations-
Normale Nutsleistang in PS«
1. Preis der kompl. Anlage einschl. Montage . . .
2. Kosten pro PS« nsch 1
3. Kosten der vollen Reserve (759/o der Kosten zu 1)
4. Kosten der Rückkühlanlage mit Reserve ....
5. Kosten pro PS« tu 4
100
200
400
1800
18
1850
3150
81,5
2500
12,5
1875
4 375
21,8
4800
12
3600
8400
21
S 5.
Dat WIBTSOHARLICHBZr V0BAB8BXBH.
298
xvn.
Dampfmaschinen (ohna BdekkOUnnf ).
Maschinen
Dreifach ETpanaons-Maachinen mit Kondensation
11 At Überhürt auf 820» C
11 Ai ÜWhi
ist auf 320
°C
600
800
1000
600
800
1000
2000
3000
4000
85000
105000
125000
78000
100000
110000
176000
250000
805000
45 000
56000
62000
45000
56000
62000
80000
115000
150000
7000
8000
9000
6000
7000
8000
14000
18000
21000
137 000
169000
196000
129000
168000
180000
270000
383000
476000
228,3
211,2
196
215
208,7
180
135
127,7
119
102 750
126750
147000
96750
122250
185000
202500
287 250
857000
239750
i
295 750
343 000
225750
285250
815000
472500
670250
888000
399,5
369,6
343,9
376,2
856,5
815,0
236,2
228,4
206,2
640
720
800
640
720
800
1200
1400
1600
12800
14400
16000
12800
14400
16000
24000
28000
82000
j 38400
48200
48000
88400
48200
48000
72000
84000
96000
7500
9000
11000
7500
9000
11000
15 000
18000
20000
58700
66600
75000
58700
66 600
75000
111000
130000
148000
97,8
88,2
75
97,8
88,2
75
55,5
43,8
87
195700
235000
271000
187 700
229600
255000
381000
513000
624000
326,1
293,7
271
312,8
287,0
255,0
190,5
171,0
156,0
298400
362350
418000
284450
851850
890000
583 500
800250
981000
497,4
452,9
418
474,0
489,8
890,0
291,7
266,7
245,2
von 50— 200 PS« etwa 12 •/• dar Geaamtkoaten ad 2 dar Tabelle XVII
, 400- 600 . . 10«7o , . „ „ .
800-1000 , , 8°/o , p , „ ,
» » » • •
bei grosseren Anlagen 6—7% „
*
XVIII.
Bflckkflhlanlagen.
Dampfmaschinen
Dreifach Expanaiona-Maschinen
600
800
1000
600
800
1000
2000
8000
4000
6800
7500
9500
4200
5000
6400
10000
14000
16000
10,5
9,3
9,5
7
8,2
6,4
5
4,6
4
4725
5 625
7125
3150
3 750
4800
7500
10500
12000
11025
13125
16 625
7350
8 750
11200
17 500
24500
28000
18,3
16,4
16,6
12,2
10,9
11,2
8,7
8,1
7,0
294 I. Theodor Kosh*. Ausbau vom WA«nciunilrnar. ALLoncm.
in Wärmekraftmaschinen bei der Vergleichsberechnung nur nach dem voraussichtlichen
Kraftbedarf zu bemessen haben. Jedenfalls muss man aber f&r die Wärme-Kraftanlage
eine ausreichende Reserve vorsehen, weil sonst die Rechnung unrichtig werden müsste.
Es sind in den Tabellen XIX bis XXVI volle Reserven angenommen, also bei einer An-
lage von z. B. 100 PSe eine volle Einheit von 100 PS« als Reserve. Diese Annahme
könnte für die Dampfresefve zu ungünstig erscheinen, weil bei den
Wasserkraftanlagen in den Tabellen XI, XII, XIQ nur je ein Drittel
als Reserve vorgesehen ist. Hätte man also z. B. bei einer Anlage von 40 PS«
anstatt 2 Einheiten von 40 PS« zu wählen, nur 3 Einheiten a 20 PSe genommen, so
wäre immer noch ein Drittel als Reserve geblieben. Nach der Tabelle XVI kostet die
40 PS«- Anlage einschliesslich voller Reserve 36712,60 Mk, während eine Anlage von 3
Einheiten ä 20 PSe nur 23037,5 + (0,75 X 14750) = rund 34000 Mk. gekostet haben
würde. Oder wenn man nach Tabelle XVII bei einer 4000 PS«-Anlage statt zwei gleiche
Einheiten ä 4000 PS«, welche 981000 Mark kosten, 3 Einheiten ä 2000 PSe aufstellen
würde, so berechneten sich die Kosten zu rd. :
für 2 Einheiten a 2000 PS« nach Nr. 17 der Tabelle XVII = 583500 Mk.
für die maschinelle Anlage der dritten Einheit von 2000 PS« nach
Nr. 6 Tabelle XVII 202500 „
für den Grunderwerb als Zuschlag nach Nr. 10 Tabelle XVII 12000 „
für den Schornstein nach Nr. 12 als Zuschlag 5000 „
an Kosten für Maschinen- und Kesselhaus als Zuschlag nach Nr. 11,
Tabelle XVII ^~ = 36000 „
839000 Mk.
Man kann also aus den Tabellen XVI und XVII nach Anleitung der obigen Bei-
spiele überschläglich die Beschaffungskosten für Dampfanlagen mit 7s Reserve berechnen.
Indessen alle Wärmekraftmaschinen stellen doch immerhin erheblich kompliziertere Apparate
dar, als Wasserturbinen und unterliegen deshalb häufigeren Betriebsstörungen als die
letzteren. Es wird daher immer ratsam sein, bei Wärmekraft-Elektrizitätswerken reich-
liche Reserven vorzusehen. Dann ist aber noch zu bedenken, dass in der Betriebskosten-
rechnung bei den Wärmekraftmaschinen der Verbrauch von Brennstoff eine erhebliche
Rolle spielt und dieser mit der Grösse der Einheit abnimmt. Wenn also auch bei der
Annahme von vollen Reserven nach Tabelle XVI und XVII die indirekten Betriebskosten
höher werden, so müssen doch dagegen die direkten Betriebskosten nicht unwesentlich
kleiner ausfallen, weil die grossen Einheiten weniger Brennstoffe verbrauchen und auch
verhältnismässig geringere Bedienungskosten erfordern als kleinere Einheiten. Die Kosten
pro PS*-Stunde oder KW-Stunde würden daher nicht wesentlich anders ausfallen, als sie
in den Tabellen XIX bis XXVI ermittelt sind, wenn man statt der vollen Reserve mit
grossen Einheiten, nur Va Reserve mit kleineren Einheiten zugrunde gelegt hätte. Über-
dies sollen auch die in den genannten Tabellen gegebenen Zahlen nur Anhaltspunkte
bieten, mit deren Hilfe im Einzelfalle die vergleichende Betriebskostenrechnung durch-
geführt werden kann.
Die Tabelle XVII gibt die Anlagekosteu ohne Rückkühlung. Wo Wasser für die
Kondensation nicht reichlich und billig zur Verfügung steht, muss eine Rückkühlungs-
Anlage (Gradierwerk) angebracht werden, welche sowohl die Anlagekosten, als auch die
Betriebskosten beeinflusst.
Die vorstehende Tabelle XVIII gibt eine Übersicht über die Kosten von Rück-
kuhlanlagen.
§ 5. Die wirtschaftlichen Vorarbeiten. 295
Betriebskosten bei Anlagen mit Kolbendampfinasehinen.
Da sich die einschlägigen Erläuterungen am besten durch Beispiele geben lassen,
sind in den Tabellen XIX bis XXVI Betriebskostenberechnungen für Anlagen mit
Kolbendampfinasehinen durchgeführt.
Auch bei Dampfanlagen wird in indirekte und direkte Betriebskosten zu unter-
scheiden sein.
Bei den indirekten Betriebskosten ist in den Tabellen angenommen, dass die maschi-
nelle Anlage innerhalb 30 Jahren getilgt werden muss und dass der Prozentsatz für die
Verzinsung der Rücklagen 4% beträgt. Für die Rücklagen in den Erneuerungsfonds
ist vorausgesetzt, dass die Erneuerung des maschinellen Teils der Dampfanlage
bei jährlich 1000 Betriebsstunden in 20 Jahren,
n n 1500 , , 18 ,
„ 3000-3600 „ n 15 „
* . 7200 , , 12 ,
erforderlich wird. Für den baulichen Teil ist mit Rücksicht darauf, dass die Tilgung der
ganzen Anlage bereits in 30 Jahren angenommen wurde, eine Erneuerung unnötig.
Die direkten Betriebskosten zerfallen in die Unterhaltungskosten, und
in die Kosten für die Bedienung, für den Brennstoff, sowie für das Schmier-, Putz- und
Dichtungsmaterial21). Die Unterhaltungskosten sind in °/o der Anlagekosten ausgedrückt,
steigend mit der Betriebsdauer. Wie die Bedienungskosten berechnet sind, ebenso welche
Ansätze für Schmier-, Putz- und Dichtungsmaterial pro PSe- Stunde in Pfennigen ge-
nommen werden, ergibt sich direkt aus den Tabellen.
Der Brennstoffverbrauch richtet sich in erster Linie nach der Wahl des Brenn-
stoffes. Er hängt weiter ab von dem gewählten System der Kessel und Dampfmaschinen,
sowie von der Grösse der Einheit und von der Betriebsdauer. In den Tabellen XIX
und XXYI ist Steinkohle mit etwa 7000 W.E. angenommen. Die Kosten der Kohle ab
Zeche sind je nach des Herkunft verschieden. Es kosten ab Zeche etwa
die Saarkohle Mk. 1 ,30
die Ruhrkohle „ 1,25
die oberschlesische Kohle „ 0,85 pro 100 kg.
Die Kosten hängen aber auch sehr wesentlich von den Transportwegen ab, und es sind
deshalb in den Tabellen bei Berechnung der Kosten des Brennstoffverbrauches vier ver-
schiedene Preise pro 100 kg zugrunde gelegt.
Oben wurde bereits gesagt, dass der stündliche Dampfverbrauch einer Dampf-
maschine sich ausdrücken lässt durch die Formel:
Dm = de . Na (vergl. S. 289).
Zu diesem Verbrauch kommt noch ein Dampfverlust durch die Undichtigkeiten der
Dampfleitung, Abkühlung in den Leitungen etc., welcher sich in einem Bruchteil von
Dm ausdrücken lässt und mit a Dm bezeichnet werden mag"). Die im Kessel stündlich
zu erzeugende Kraftmenge beträgt deshalb
D. = Ne . da (1 +<*)
Wird im Jahre an t Betriebstagen je s Stunden mit Dampfmaschinen gearbeitet,
so ist der Dampfverbrauch pro Jahr:
D = D. . s . t.
<i) Die Kosten für die allgemeine Verwaltung können für den Vergleich mit Wasserkraft-
Anlagen ausscheiden.
»*) Vergl. Chr. Eberle, Kosten der Krafterzeugung. Halle a. 8. 1901. S. 6.
L Theodor Koshit. Ausbad vov Wamebkeaftew. Allgemedthi.
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900
I. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Tabelle
Betriebskosten für Kondensations-Dampfmaschinen ohne
Normale Nutzleistung in PS«
Anlagekosten«
1. Preis der kompletten maschinellen Anlage einschliessl.
Reserve nach Nr. 7 Tabelle XVII
2. Kosten des Qrnnderwerbs
8. Kosten des baulichen Teils mit Reserve (Nr. 11 u. 12
Tabelle XVII)
4. Gesamtkosten ad 1—3
Indirekte Betriebskosten.
5. Verzinsung 4,5 %
Tilgung 1,8 °/o, zusammen 6,8 % der Gesamtkosten von 4
6. Erneuerung für den maschinellen Teil 3,4 °/o von 1
für den baulichen Teil 0 %
Direkte Betriebskosten.
7. Unierhaltung einschliessl. Feuerversicherung
a) für den maschinellen Teil 1 % von 1
b) für den baulichen Teil 0,5% von 3
8. Bedienung einschliessl. aller Versicherungen ....
9. Schmier-, Pate- und Dichtungsmaterial
10. Brennstoffverbrauch in kg pro PSe- Stunde
11. Brennstoffverbrauch pro Jahr in 100 kg
{1,00 Mk.
1,50 ,
2,00 ,
2,50 ,
13. Kosten der effektiven Pferdekraftstnnde in ( ?'°jj ML
Pfennig bei einem Kohlenpreise pro { i' 00 "
100 kg von [ 2'jß •
14. Von den Kosten ad 13 entfallen rd. auf die [ }'22 Mk*
indirekten Betriebskosten in °/o bei einem l oqa "
Kohlenpreise pro 100 kg von ( gEj "
15. Kosten dar elektrischen Einrichtung des Krafthauses
16. Kosten für Verzinsung 4,5 °/o, Tilgung 1,8 %, Erneuerung
2,8 °/o und Unterhaltung 1%, zusammen 10,1% . . .
17. Bedienung (l/s von 8 als Zuschlag)
18. Schmier- und Putzmaterial
19. Im Jahre an das Schaltbrett abgegebene
a) Pferdekraftstunden
b) Kilowattstunden .
M «bmi Hatioffekt swiMken DampflnaMhinenwell« vad 8ch*lt-
teett von 90% Ar Bpatten 2-10, 88% für Spaltes 11-14
20. Kosten der an das Schaltbrett abgegebenen ( MJ Mk
PSe-Stunde in Pfennigen bei einem Kohlen- { *%! ß
preise pro 100 kg von ( ^ »
{ 1,00 Mk.
21. Kosten der Kilowattstuode in Pfennigen bei I 1.50 „
einem Kohlenpreise pro 100 kg von 1 2,00 ,
1 2,50 r
Compound-Konden-
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8 Atm. Überdruck. 250 • C
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5000
18 500
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1 069,1
311,50
67,5
1200
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2,04
1020
1020
1530
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2 550
13,9
15,0
16,0
17,0
60%
55%
52%
49%
100
52 675
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19 800
78475
4 943,9
1790,9
11000
1111
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75,0
45 000
33120
18,62
20,20
21,33
22,46
25,90
27,42
28,99
30,53
526,75
99,0
1500
300
1,75
1750
1750
2 625
3500
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10,9
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12,6
13,5
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57%
58%
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200
90125
8500
28000
126 625
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901,25
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2860
2860
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10,7
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59%
55%
51%
ohne Tran»form*toren
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1919
500
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14,95
15,92
16,89
17,86
20,32
21,64
22,93
24,28
31360
3 167,3
600
200
180000
132480
11,78
12,58
13,87
14,17
16,01
17,09
18,17
19,25
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162 750
11200
38600
212550
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1 627,50
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5200
5200
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55%
51%
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296750
848000
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285250
815000
472500
670250
088000
12800
14400
16000
12800
14400
16000
24000
28000
82000
45900
52200
59000
45900
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59000
87000
102000
116000
298450
862850
418000
284450
851850
890000
583500
800250
981000
18802,8
22828,0
26884,0
17 9203
22166,5
24 570,0
36760,5
50415,7
61808,0
8151.5
10055^
11662,0
7675,5
96983
10 710,0
16065,0
22788,5
28822,0
2397,50
229,5
2957,50
261,0
8480,00
295,0
2257,50
229,5
2852,50
261,0
8150,00
295,0
4725,00
435,0
670230
510,0
8880,00
580,0
2650
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2650
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1500
2000
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1750
2500
8800
8800
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1,16
1,06
0,97
0,98
0,89
0,84
0,80
0,76
7880
9280
10600
5820
7440
8900
16800
24000
80400
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11070
14760
18450
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13920
18560
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10600
15900
21200
26500
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11640
14550
7440
11160
14880
18600
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13 350
17 800
22250
16800
25200
38600
42000
24000
36000
48000
60000
30400
45600
60800
76000
6,7
7,8
7,9
8,6
6,2
6,7
7,8
7,9
5,7
6,3
6,8
7,3
6,2
6,7
73
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5,9
6,2
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5,2
5,7
6,1
63
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43
4,9
5,3
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42
4,6
5,0
3,5
8,9
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4,6
66%
61%
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52%
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61°/o
56°/o
52°/o
66%
60%
55%
51°/o
68%
68%
59%
56%
67%
64°/o
59°/o
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67%
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860
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529920
880000
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1760000
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2640000
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10,04
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9,90
10,59
7,94
8,53
9,12
9,71
8,77
9,31
9,85
10,87
7,20
7,98
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9,78
7,71
8,22
8,78
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6,07
6,55
7,08
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5,51
5,96
6,42
6,87
5,07
5,50
533
6,36
12,70
13,68
14,56
15,49
11,71
1239
13,49
14,84
11,39
11,59
12,39
18,19
11,91
12,64
18,44
14,10
11,11
11,82
12,52
1832
10,49
11,17
11,81
12,55
8,26
9,14
9,81
10,20
7,49
8,05
8,72
9,85
6,89
7,47
8,06
8,65
802
L Theodor Koehn. Ausbau von WabbbbkrIftbn. AujGemeines.
Tabelle
Betriebskosten für Kondensatioiis-Damptmaschinan ohne Bftek-
Compound- Konden-
8 Atm. Überdruck. 260* G.
Normale Nutzleistung in P8#
50
100
200
400
8
Anlagekosten.
1. Preis der kompletten msschinellen Anlage
Reserre nach Nr. 7 Tsbeüe XVU . . .
2. Kosten des Granderwetbs
8. Kosten des baulichen Teils mit Reserre (Nr. 11 und 12
Tabelle XVU)
4. Gesamtkosten ad 1—8
Indirekte Betriebskosten,
5. Verzinsung 4,5 %,
Tilgung 1,8 •/•, zusammen 6,8% der Gesamtkosten ron 4
6. Erneuerung für den maschinellen Teil 8,9% von 1 . •
für den baulichen Teil 0°/o
Direkte Betriebskosten.
7. Unterhaltung einschliessl. Feuerversicherung
a) für den maschinellen Teil 1.1 % von 1 . . . .
b) für den baulichen Teil 0,5 % von 3
8. Bedienung einschliessl. aller Versicherungen ....
9. Schmier-, Putz* und Dichtungamaterial
10. Brennstoffverbrauch in kg pro PSe-8tunde
11. Brennstoffverbranch pro Jahr in 100 kg
1,00 Mk.
12. Kosten des Brennstoffverbrauchs pro Jahr
bei einem Kohlenpreise pro 100 kg von
18. Kosten der effektiven Pferdekraftstunde in
Pfennigen bei einem Kohlenpreise pro
100 kg von
14. Von den Kosten ad 18 entfallen rd. auf die
indirekten Betriebskosten in % bei einem
Kohlenpreise pro 100 kg Ton
1,50
2,00 ,
2,50 .
1,0011k.
1.50 ,
2,00 .
2,50 .
1,00 Mk.
1,50 .
2,00
2,50
*
15. Kosten der elektrischen Einrichtung des Krafthauses .
16. Kosten für Verzinsung 4,5 %, Tilgung 1,8 %, Erneue-
rung 8,2 % und Unterhaltung 1,1 %, zusammen 10,6 •/•
▼on 15
17. Bedienung zu 15 (Vi too 8' als Zuschlag)
18. Schmier» und Putzmaterial sn 15
19. Im Jahre an das Schaltbrett abgegebene
a) Pferdekraftatunden ,
b) Kilowattstunden
bei «bMai Notieffekt swiechea DaawftaeieMaea weih
brrtt von 90% Ar die Spaltes «-1$ 86% flrtfU Statten 11-14.
20. Kosten der an das Schaltbrett abgegebenen ' M»Mk.
P8e- Stande in Pfennigen bei einem Kohlen-
preise pro 100 kg von
21. Kosten der Kilowattstunde in Pfennigen bei
einem Kohlenpreise pro 100 kg von
1,50
400 .
WO ,
1,00 Mk.
1,50 .
2,00 t
2,50 ,
81150
5000
18500
49650
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1214,8
52675
6000
19 800
78475
4948,9
2054,8
90125
8500
28000
126625
7 977,8
8 514,8
842,6
67,5
1500
260
2,00
1500
1500
2250
8000
3 750
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11,6
12,6
13,6
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49%
45%
42%
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2000
890
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2580
2580
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9,2
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15,33
59040
5258,2
1000
480
540000
897 440
§ 5.
Die wirtschaftlichen Vorarbeiten.
303
XXIV.
kahlong bei 1500 Betriebsetunden im Jabre (800 Tage zu 5 Stunden).
eationa-Maechinen
11 At. Übdr. Überhitzt auf 820 ° C
600
800
6
1000
8
Dreifach-Expansiona-Maschinen
11 Atm. Überdruck. Überhitzt auf 320° C
600
800
I
1000
9
10
11
2000
12
3000
4000
13
14
289750
12800
45900
298450
18802,8
9350,2
2637,2
229,5
3600
1300
1,20
10800
10800
16 200
21600
27 000
5,1
5,7
6,3
6,9
295750
14400
52200
862350
22828,0
11534,2
3253,2
261,0
450C
1950
1,14
13680
13680
20520
27360
34200
4,8
5,4
5,9
6,5
61%
59%
54°/o
52%
49%
48°/o
45 */o
44%
343000
16000
59000
418000
26334,0
13377,0
225750
12800
45900
284450
17920,3
8804,2
8773,0 2483,2
295,0 229,5
5000 3600
2600 1170
1,04 0,95
15600 8550
15600 8550
23400 12825
31200 17100
39000 21875
4,4
4,9
5,5
6,0
60%
53%
48°/o
44%
ohne Transformatoren
285250
14400
52200
851850
22166,5
11124,7
4>1
5,2
5,7
6,1
62%
56%
51 °/o
48%
3137,7
261,0
4500
1690
0,91
10920
10920
16380
21840
27200
4.4
4,9
5,3
5,8
62%
56%
52%
47%
85 680
9082
1200
540
810000
596160
7,18
7,77
8,52
9,10
9,65
10,55
11,46
12,36
108800
11532,8
1500
540
1080000
794880
6,62
7,26
7,89
8,52)
9,01
9,87
10,78
11,46
120000
12720
1666,6
600
1850000
998600
6,07
6,65
7,22
7,80
85680
9082
1200
540
810000
596160
6,61
1>U
7,67
8,20
8,98
9,70
10,42
11,14
108800
11532,8
1500
540
1080000
794800
6,23
6,74
7,24
7,74
8,48
9,16
9,85|
10,52
315000
16000
59000
390000
24570,0
12285,0
3465,0
295,0
5000
2275
0,87
13050
13050
19 575
26100
32 625
4.0
4,4
4,9
5,3
61%
55%
50%
46%
472500
24000
87000
583500
670250
28000
102000
800250
833000
82000
116000
981000
36760,5
18427,5
5197,5
485,0
7200
3640
0,82
24600
24600
86900
'49200
61500
3,2
3.6
4,0
4,4
57%
50%
45 %
42 %
50415,7
26 139,7
7372,7
510,0
8600
4320
0,78
35100
35100
52650
70200
87750
2,9
3,3
3,7
4,1
58 %
51 %
45%
41%
61 803,0
32487,0
9163,0
580,0
11000
4940
0,74
44400
44400
66600
88800
111000
2,7
3,1
8,4
3,8
58%
50%
46%
41%
mit Transformatoren
133500
227000
280000
324000
14151
24062
29680
84344
1666,6
2400
2866,6
3666,6
600
900
1215
1500
1320000
2640000
8960000
5280000
971520
1948040
2914560
8886480
5^5
4,68
4,19
3,86
6,85
5,14
4,64
4,28
6,84
5,61
5,08
4,70
7^4
6,08
5,52
5,12
7,96
6,36
5,70
5,24
8,64
6,99
6,80
5,81
9,81
7,68
6,90
6,88
9,98l
8,26
7,16
6,95
804
I. Theodor Kosbn. Ausbau von Wasserkraft». Allgemeines.
Betriebskosten für Koaaiensatioiis-Dampfinasdiincn
Tabelle
ohne Rfick-
Normalo Nntilaiatsng in P8#
Componnd-Konden
8 Ate. Überdruck. 250* C
50
2
100
8
200
400
Anlagekosten.
1. Preis dar kompletten maschinellen Anlage einsehlitssL
Basarve nach Nr. 7 Tabelle XVII
2. Kasten das Grnnderwerbe
8. Kosten des baulichen Teils mit Reserve Nr. 11 und 12
Tabells XVII
4. Gesamtkosteu sd 1-3
Indirekte Betriebskosten.
5. Verzinsung 4*5 •/•,
Tilgung 1,8 •/•, zusammen 6,8 % der Gassmtkasten von 4
6. Erneuerung für den maschinellen Teil 5°/o von 1 . .
für den baulichen Teil 0°/° von 8 . . .
Direkte Betriebskosten.
7. Unterhaltung ainsehliessl. Feuerversicherung
a) Ar dan maschinellen Teil 1,5% von 1
b) für den baulichen Teil 0,75% von 3 .
8. Bedienung einschliessl. aller Versicherungen
9. Schmier-, Putz- und Dichtungsmaterial . .
10. Brannstoffverbrauch in kg pro PSe- Stunde .
11. Brennstoffverbrauch pro Jahr in 100 kg . .
31150
5000
18500
49850
8127,9
1557,50
12. Kosten des Brennstoffverbrauchs pro Jahr
bei einem Kohlenpreise pro 100 kg von
13. Kosten dar effektiven Pferdekraftstunde in
Pfennig bei einem Kohlenpreise pro
100 kg von
14. Von den Kosten ad 18 entfallen rd. auf die
indirekten Betriebskosten in % bei einem
Kohlenpreise pro 100 kg von
1,00 Mk.
1,50 ,
2,00 ,
2,50 ,
1,00 Mk.
1.50
2,00
2,50
1,00 Mk.
1,50 ,
2,00 ,
2,50 ,
9
15. Kosten der elektrischen Einrichtung des Krafthauses .
16. Kosten der Verzinsung 4,5 f/o, Tilgung 1,8 °/o, Erneuerung
8,4 °/° und Unterhaltung l,5°/°> zusammen 11,2°/° von 15
17. Bedienung zu 15 ('/* von 8 als Zuschlag)
18. Schmier- und Putzmaterial zu 15
19. Im Jahre an das Schaltbrett abgegebene
aj Pferdekraftstunden
b) Kilowattstunden
bei einem Nutzeffekt zwischen Dampftnaeohinenwelle und Schalt-
brett von 90% für die 8palten 2-10, 88% fflr die Spalten 11-14.
20. Kosten der an das Schaltbrett abgegebenen ' 1,0° Mk*
PSe -Stunde in Pfennigen bei einem Kohlen-
preise pro 100 kg von
*
21. Kosten der Kilowattstunde in Pfennigen bei
einem Kohlenpreise von pro 100 kg
1,50
2,00
2,50
1,00 Mk.
1,50 .
2,00 ,
2,50 .
467,2
101,2
2100
520
1,95
2925
2925
4387,50
5850
7 312,50
7,1
8,1
9,1
10,1
48°/o
38#/o
34*/o
80%
52875
6000
19800
78475
4943,9
2688,75
90125
8500
28000
126625
7 977,8
4506,25
790,1
148,5
2500
900
1,7
5100
5100
7650
10200
12750
5,6
6,5
7,3
8,2
45d/o
38%
84°/o
80d/o
ohne Tranaforaaetoren
1351,8
210,0
3200
1250
1,37
8220
8220
12330
16440
20550
M
5,1
5,8
6,5
47°/o
40°/e
85°A
32#/o
162750
11200
88600
212550
18890,6
81S7,50||
2441,2
289,5
4500
1920
1,25
15000
15000
22500
30000
37000
3,8
4,4
5,0
5,6
47°/t
40°/o
35 V.
31 •/•
11000
1282
700,0
225
135000
99360
9,59
10,68
11,76
12,84
13,02
14,50
15,98
17,45
19000
31860
2128
8 512.3
883,3
1066,6
390
600
270000
540000
198 720
397 440
7,54
5,90
8,49
6,67
9,43
7,48
10,37
8,19
10,25
8,02
11,08
9,05
12,81
10,08
14,10
11,12
59040
6612,4
1500,0
960
1080000
794880
S 5.
Du wnrrecHAFTLiCHEN Vobabbbitbn.
305
XXV
MUaag bei 8000 Betmbeetnaden im Jahr (300 Tage so 10 Stunden).
uticun lf ncihimn
Dreifach-ExpanaiODC-liMohüien
g llAtOMr.Oeer»itatauf820*C
11 Atm. Überdruck. Überhitzt auf 320* G
600
800
1000
600
800
1000
2000
3000
4000
6
7
8
9
10
11
12
18
14
289750
296750
848000
225750
285250
315000
472500
670250
883000
12800
14400
16000
12800
14400
16000
24000
28000
32000
45900
52200
59000
45900
52200
59000
87000
102000
116000
298450
862850
418000
284450
851850
890000
583500
800250
981000
18802,8
22828,0
26834,0
17920,3
22166,5
245700
36760,5
50415,7
61808,0
11987,50
14787,50
17 150,00
11287,50
14262,50
1575000
23625,00
88512,50
41650,00
8596,2
844*2
4486,2
891,5
5145,0
442,5
8386,2
844,2
4278,7
891,5
4725,0
442,5
7087,5
652,5
10053,7
765,0
12495,0
870,0
5800
7200
8500
5500
7000
8500
10600
12600
14700
2600
8800
4000
2840
8500
8500
6000
8600
9800
1,20
1,15
1,05
0,95
0,90
0,86
0,80
0,75
0,70
21600
27600
81500
17100
21600
25800
48000
67500
84000
21600
32400
48200
54000
27600
41400
55200
69000
81500
47250
63000
78750
17100
25650
84200
42750
21600
82400
43200
54000
25800
88700
51600
64500
48000
72000
96000
120000
67500
101250
135000
168750
84000
126000
168000
210000
8,5
4,1
4,7
5,3
3,8
3,9
4,5
5,0
8,1
3,6
4,1
4,8
3,2
8,6
4,1
4,6
8,0
3,4
3,9
4,3
2,7
8,2
3,6
4,0
2,2
2,6
8,0
8,4
2,0
2,4
2,7
8,1
1,8
2,2
2,5
2,9
"48 V.
86%
82%
47%
40%
84%
81%
46%
89%
84%
83%
50%
45%
89%
85%
50%
44*/*
88%
85%
49%
41%
37%
83%
48%
40%
85%
81%
46%
38%
34%
30%
47%
39%
34%
29%
okm
► Trancformsfc
rota
mit Trans:
fonnmtoren
85680
106800
120000
85680
108800
188500
227000
280000
334000
9596,1
12185,6
18440
9596,1
12185,6
14952
25424
31860
37408
1988,8
2400.0
2883,3
1888,8
2833,3
2833,8
8533,3
4200,0
4900,0
1080
1080
1200
1080
1080
1200
1800
2430
3000
1620000
1192820
2160000
1595760
2700000
1987200
1620000
1192820
2160000
1595760
2640000
1948040
5280000
3886080
5920000
7829120
10560000
7772160
4,77
5.44
6,07
6,77
4,45
5,09
5,78
6,37
4,05
4,67
5,26
5,84
4,84
4,87
5,40
5,98
4,11
4,60
5,11
5,61
3,87
4,36
4,85
5,34
3,09
3.54
4,00
4,45
2,65
3,21
8,64
4,07
2,56
2,96
8,85
8,75
6,49
7,89
8JM)
9,20
6,03
6,90
7,76
8,68
5,55
6,85
7ÜJ
7,9$
5,90
6,62
7,34
8,05
5,57
6,25
6,92
7,60
5,27
5,93
6,60
7,26
4,21
432
5.44
6,06
8,79
4,87
4,95
5,53
8,48
414
4,69
5,08
HanAwli 4
*Iaf.-WI«Ni
■MB. ULM
L Ml Bd.
2
0
806
I. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Tabelle
Betriebskosten rar Kondensations-Dampfmasebinen ohne Rfick-
Normale Nutzleistung in PS«
Compound Konden-
8 Atm. Überdruck. 250 °C
50
100
200
400
3
4
Anlagekosten.
1. Preis der kompletten maschinellen Anlege eioschlieesl.
Reserve nach Nr. 7 Tabelle XVII
2. Kosten des Granderwerbs
8. Kosten des baulichen Teils mit Reserve
4. Gesamtkosten ad 1—8
Indirekte Betriebskosten.
5. Verzinsung 4,5%,
Tilgung 1,8 °/o, zusammen 6,3 °/o der Gesamtkosten von 4
3. Erneuerung für den maschinellen Teil 6,7% vonl . .
rar den baulichen Teil 0% •
Direkte Betriebskosten.
7. Unterhaltung einschliessl. Feuerversicherung
a) für den maschinellen Teil 2,5 °/o von 1
b) rar den baulichen Teil 1 °/o von 3 . .
8. Bedienung einschliessl. aller Versicherungen
9. Schmier-, Putz- und Dichtungsmaterial . .
10. Brennstoffverbrauch in kg pro PSe- Stunde .
11. Brennstoffverbrauch pro Jahr in 100 kg . .
12. Kosten des Brennstoffverbrauchs pro Jahr
bei einem Kohlenpreise pro 100 kg von
18. Kosten der effektiven Pferdekraftstunde in
Pfennig bei einem Kohlenpreise pro
100 kg von
14. Von den Kosten ad 18 entfallen rd. auf die
indirekten Betriebskosten in °/o bei einem
Kohlenpreise pro 100 kg von
I *'
|2,
l 9
1,00 Mk.
1,50 .
2,00 ,
2,50 ,
1.00 Mk.
1,50 ,
2,00 „
2,50 „
1,00 Mk.
50 ,
00 ,
2,50 „
15. Kosten der elektrischen Einrichtung des Krafthauses
mit Reserve
16. Kosten für Verzinsung 4,5 %, Tilgung 1,8 °/o, Erneuerung
5 °/q und Unterhaltung 2,5 °/o, zusammen 13 8 °, o . . .
17. Bedienung (Vi von 8 als Zuschlag)
18. Schmier- und Putzmaterial zu 15
19. Im Jahre an das 'Schaltbrett abgegebene
a) Pferdekraftstunden
b) Kilowattstunden
bei einem Nutzeffekt swiaehen DampDnaeehlnenwelle und Schalt-
brett Ten 90% bei den Spalten 2-10. 88% bei den Spalten 11-14
20. Kosten der an das Schaltbrett abgegeben lf0° Mk'
PSe -Stunde in Pfennigen bei einem Kohlen-
preise pro 100 kg von
1,50
2,00
2.50
*
21. Kosten der Kilowattstunde in Pfennigen bei
einem Kohlenpreise pro 100 kg von
1,00 Mk.
1.50 ,
2,00 ,
*,50 .
81150
5 000
18500
49650
3127,9
2087.0
778,7
135,0
5000
1200
1,8
6 480
6480
9 720
12 960
16200
5,2
6,1
7,0
7,9
27°/o
24°/o
20°/o
18°/o
52675
6000
19800
78475
90125
8500
28000
126625
4943,9
8 529,2
7977,3
6038,3
i:
162750
11200
38600
212550
2253,1
280,0
6500
2700
1,30
18720
1 316,8
198,0
5500
2000
1,6
11520
11520
17 280
23 040
28800
4,0
4,8
5,6
6,4
29°/o
24°/o
20°/o
18°/o
ohne Transformatoren
1 3390,6
10904,2
4068,7
886,0
9000
4300
1.20J
84560 t
18720
34560
28080
51840
37440
69120
46800
86400
3,0
2,6
8,7
3,2
4.8
3,8
5,3
4,4
32 °/e
82°/e
26°/o
26°/o
22°/o
22°/o
l?Q/o
19°/e
11000
1518
1 666,6
540
324000
238464
6,95
7,95
8,95
9,95
9,44
10,81
12,16
13,52
19000
2 622
1 833,3
936
648000
476928
5,80
6,19
7,08
7.97
7,21
8,41
9,62
10,88
31860
4327,6
2166,6
1440
1296000
983856
4,05
4.77
5,49
6,20
5,84
6,28
7,24
8,19
59040
8147,5
3000
2304
2592000
1907712
§ 5-
Die wirtschaftlichen Vobabbeiten.
307
XXVL
kflUang bei 7 200 Betriebaatanden im Jahr (800 Tage sa 24 Stunden).
aatiooaOfaaehinaii
Dreiiacli-ExpaDsioiis-Maschinen
11 At Übdr. Überhitxt auf 320 ° C
11 Atm. Überdruck.
■
Überhitzt auf 820° G
600
800
1000
600
800
1000
2000
8000
4000
6
7
8
9
10
11
12
13
14
239750
295750
848000
225750
285250
315000
472500
670250
888000
12900
14400
16000
12800
14400
16000
24000
28000
82000
45900
52200
59000
45900
52200
59000
87000
102000
116000
298450
862850
418000
284450
851850
890000
583500
800250
981000
18802.8
22828,0
26884,0
17920,3
22166,5
24570,0
36760,5
50415,7
61803,0
15968,2
19815,2
22981,0
15125,2
19111,7
21 105,0
31 657,5
44906,7
55811,0
5998,7
459,0
7893,7
522,0
8575,0
590,0
5643,7
459,0
7131,2
522,0
7875,0
590,0
11812,5
870,0
16756,2
1020,0
20825,0
1 160,0
12000
15000
18000
12000
15000
18000
28800
28600
&4000
6000
7000
8000
5800
6800
7800
12300
16600
2100
1,15
1,10
1,00
0,90
0,85
0,82
0,75
0,70
0,65
49680
63360
72000
38880
48960
59040
108000
151200
187200
49680
74520
99860
124200
68360
95040
126720
158400
72000
108000
144000
180000
38880
58820
77760
' 97200
48960
73440
97920
122400
59040
88560
118080
147600
108000
162000
216000
270000
151200
226800
302400
378000
187200
280 bOO
374400
468000
i
2,5
3,0
3.6
4,2
2,3
2,9
3,4
4,0
2,4
2,9
3,4
3,9
| 2.2
2,6
3.1
3,5
2,0
2,5
2,9
3,3
1,9
2,3
2,7
8,1
1,5
1,9
2,8
2,6
1,4
1,7
2,1
2,4
1,3
1,6
1,9
2,2
32 o/o
26%
22%
19 o/o
32%
25 o/o
21%
18°/.
40%
33 °/o
28%
24%
34 ° o
29 °. o
24%
21 %
37 o/o
30%
25 o/o
22°/0
33%
27%
23°/o
20 o/o
31 o/o
24 %
20 o/o
18 O/o
81 %
25%
21%
18 o/o
30%
25%
21%
18%
ohne Transformat
oren
mit Tran'
iformaioreo
85680
108800
120000
85680
108800
133500
227000
280000
334000
i
11823,8
15014,4
16560
11823,8
15014,4
18423
31326
38640
46092
4000
5000
6000
4000
5000
6000
7 766,6
9533,3
11333,3
2592
2592
2880
2592
2592
2880
4320
5832
7200
3888000
2861568
5184000
3815424
6480000
4769280
3888000
2861568
5184000
3815424
6336000
4673296
12672000
9826592
19008000
13989888
25344000
18658184
8,27
8,91
4,54
5,18
3,07
3,67
4,28
4,89
3,10
3,66
4,24
4,80
2,93
3,43
3,93
4,43
2,75
3,22
3,69
4,16
2,57
3,00
3,47
3,93
211
2,54
2,96
3,39
1,91
2.31
2,71
3,11
1,76
2,13
2,50
2,87
4,45
5,31
6,18
7,05
*
4,15
4,98
5,81
6,64
4,2<J
4,99
5,72
3,99
4,67
5,35
6,02
3,72
4,36
5,01
5,65
3,44
4,07
4.71
5,34
2,87
3,45
4,03
4,61
2,60
3,14
3,67
4,22
2,44
2.89
3,39
3,89
20*
L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Alloemeine&
Wenn 1 kg Kohle a kg Dampf erzengt, so beträgt der Bedarf an Kohle pro Jahr:
A _ D _ D, . s . t _ N« de (1 + q) 8 ■ t
1 a a a
Der Koeffizient o des Leitungs Verlustes kann nach E b e r 1 e bis zu 100 PS» zu 0,05
und darüber zu 0,03 angenommen werden. Über die Zahlenwerte der Verdampfungs-
ziffer a in kg, Ah. über die Dampfmenge in kg, welche mit 1 kg Brennstoff erzeugt
werden kann, gibt die Zahlentafel S. 289 bereits eine Obersicht. Diese Zahlenwerte
hängen aber auch noch von der Grösse der Heizfläche ab. Unter Annahme einer Kessel-
kohle von 7000 W.E. und einer Temperatur des Kesselwassers von 50° C kann man
für vergleichende Betriebskostenberechnungen durchschnittlich annehmen:
für Kessel bis zu 30 qm Heizfläche a = 7
„ von 30-60 „ „ a = 7,5
„ „ „60-100 , „ a = 8
„ „ über 100 n „ a = 8,5.
Zu diesem Kohlenverbrauch Ax kommt aber noch der Verbrauch an Kohle A, für
das Frischanheizen der Kessel und für den Ersatz der Abkühlungsverluste während der
Arbeitspausen. Wenn t die Zahl der Betriebstage bedeutet, so lässt sich die Anzahl der
Tage t* (zu 24 Stunden gerechnet), während welcher ein Kessel abkühlend steht aus-
drucken durch:
t. = (365-t) + ?^=^ t.
Der Abkühlungsverlust eines Kessels ist eine Funktion seiner Heizfläche und der
Zeit der Betriebsunterbrechung. Nach dem Flugblatte Nr. 1 von 1895 des Magdeburger
Vereins für Dampfkesselbetrieb rechnet man für einen Tag von 24 Stunden Abkühlungs-
zeit 2 kg Steinkohlen pro qm Heizfläche. Für das Frischanheizen sind drei Abkühlungs-
tage einzuführen.
Bezeichnet man wiederum mit H die Heizfläche der Kessel und nimmt an, dass
dieselben im Jahre n mal angeheizt werden müssen, so ergibt sich der Kohlenverbranch zu:
A, = {2t».H + 6nH) kg.
A, = 2 H . (U + 3J kg.
A, = 2 H{(365-t) +^±.t + 3n}kg.
Der Jahresverbrauch an Kohlen berechnet sich demnach zu A = At -f- A,.
Die in den Tabellen XIX bis XXVI zugrunde gelegten Werte für den Kohlen-
verbrauch pro PSe-Stunde entsprechen nicht denjenigen Werten von D8, welche sich
bei Abnahmeversuchen erreichen, sondern denjenigen, welche sich mit
guten Maschinen bei normalem Betriebe und bei guter Wartung dauernd
erzielen lassen.
In den Tabellen XIX, XX, XXI und XXII sind lediglich die Betriebskosten der
Dampfkraft PSe-Stunde berechnet, weil es sich bei den kleineren Wasserkraft-Anlagen
meistens nicht um Kraftverteilung, sondern um direkten Verbranch der
Kraft in einer bestimmten Anlage handelt, also der Vergleich meistens auch
auf dieser Grundlage durchzuführen ist. Die Zahlen der Tabellen XIX bis XXH geben
auch gute Anhaltspunkte für die Preise, zu welchen man die elektrische Energie pro
PS*- oder KW-Stunde oder pro PS« und Jahr abgeben muss, um noch erfolgreich mit
Dampf konkurrieren zu können.
In den Tabellen XXIII bis XXVI dagegen ist zugleich die Umwandlung in elektrische
Energie angenommen. Die bezüglichen Anlage- und Betriebskosten sind nach den An-
§ 5. Die wirtschaftlichen Vobabbettkn. 309
gaben in den Abschnitten 1 und 2 dieses Paragraphen und nach dem Master der Tabellen
XI, XII und XIII in Ansatz gebracht. Da das Verhältnis der indirekten Betriebskosten
zu den direkten für den Vergleich zwischen Wasserkraftanlagen und Dampfanlagen be-
sonders charakteristisch ist, sind in den Tabellen XIX bis XXVI die indirekten Be-
triebskosten in °/0 der Gesamtbetriebskosten noch besonders angegeben.
Da in den Tabellen XXIII bis XXVI, wie bereits erwähnt, Anlagen für Rück-
kühlung des Kondenswassers nicht vorgesehen sind, müssen, wenn solche im Einzelfalle
notwendig werden, zur Berechnung der indirekten Betriebskosten die in Tabelle XVIII
angegebenen Anlagekosten wegen der Tilgung und Verzinsung mit den für alle Anlagen
gewählten Prozentsätzen und wegen der Erneuerung mit den Prozentsätzen für den
maschinellen Teil in Ansatz gebracht werden. Zur Berechnung der direkten Betriebs-
kosten für Rückkühlanlagen können wegen der Unterhaltung die Prozentsätze für
den maschinellen Teil der Tabellen XXIII bis XXVI Anwendung finden. Die Zuschläge,
welche wegen einer Rückkühlanlage für Schmier- und Putzmaterial sowie für Bedienung
und Brennstoffverbrauch zu machen sind, würde man für unsere Zwecke im Durchschnitt
genau genug berücksichtigen, wenn man zu den Kosten 8, 9 und 12 der Tabellen
XXIU bis XXVI je 4 bis 5 °/o zuschlägt.
Es ist in den Tabellen XIX bis XXVI während des Betriebes immer volle Be-
lastung angenommen, ein Fall der in Wirklichkeit meistens wohl nicht zutrifft.
Findet dauernd oder zeitweise nicht volle Belastung statt, so wird die Jahresleistung
bei derselben Betriebsdauer kleiner. Die indirekten Betriebskosten vermindern sich aber
hierdurch nicht erheblich, da man , wesentlich geringere Prozentsätze für Tilgung und
Erneuerung kaum ansetzen darf. Die direkten Betriebskosten vermindern sich im wesent-
lichen nur in bezug auf den Brennstoffverbrauch, welcher natürlich kleiner ausfällt, aber
auch nicht im direkten Verhältnisse zur verringerten Jahresleistung, da die Nutzeffekte
der Maschinen bei geringerer Belastung schlechter werden. Kennt man die Verminderung
des Nutzeffektes der Dampfmaschine bei kleineren Belastungen, — und die Maschinen-
fabriken werden auf Anfrage hierüber stets genaue Auskunft erteilen, — so kann man
daraus den Verbrauch an Brennmaterial und damit auch die Kosten der effektiven PS-
Stunde bei schwächerer als voller Belastung berechnen.
II. Die Abwärme-Kraftmaschinen.
Bei den Heissdampfmaschinen wird immer noch ein grosser Teil der im Frisch-
dampf enthaltenen Wärme in die Atmosphäre oder in den Kondensator abgeführt ohne
für die Arbeitserzeugung nutzbar gemacht zu werden. Der Gedanke, den Abdampf zur
weiteren Arbeitsgewinnung zu verwenden, hat die Technik schon lange beschäftigt, aber
erst neuerdings ist es gelungen, Abwärme- Kraftmaschinen oder sogenannte Kalt-
Dampfmaschinen zu bauen, welche eine erfolgreiche, praktische Verwertung des
Gedankens zu ermöglichen scheinen. Die erste grössere Abwärme-Kraftmaschine mit
einer Leistung von 60 bis 70 PS* wurde im September 1900 in der technischen Hoch-
schule zu Berlin dem Betriebe übergeben und inzwischen sollen weitere Maschinen zur
Aufstellung gekommen sein. Längere Erfahrungen liegen mit diesen Maschinen noch
nicht vor. und es genügt deshalb, hier auf sie hinzuweisen28).
23) Fried r. Barth teilt in seinem Buche rDie zweckmassigste Betriebskraft*, Heft I, S. 111
folgendes mit:
Das Prinzip der Abwärme-Kraftmaschine ist kurz folgendes: Der Abdampf der Dampfmaschine
wird dazu benützt, niedrigsiedende Flüssigkeiten, wie Ammoniak, schweflige Säure usw., zu erwarmen
SM L Thsodob Koehn. Ausbau von WifwmnniÄrrKN. Allgemeines.
HL Die Gasmotoren-
Aus dieser Klasse von Antriebsmaschinen sind besonders hervorzuheben:
die Leuchtgas-, Kraftgas-, Gichtgas-Motoren,
ferner von den Gasmotoren mit flüssigen Brennstoffen:
die Diesel-Motoren und
die Spiritus-, Petroleum- und Benzin-Motoren.
und tu verdampfen. Der so gewonnene sog. Kaltdampf dient dann nun Betrieb einer Maschine, deren
Aussehen nnd Wirkungsweise mit der gewöhnlichen Dampfmaschine übereinstimmt. Bei den bisher von
der Abwanne-Kraflmaschinen-Gesellschait gebauten Maschinen wurde mit Vorteil schweflige Stare (80b)
Terwendet, hauptsächlich deshalb, weil deren Dampfspannungen bei den in Betracht kommenden Tem-
peraturen innerhalb geeigneter Grenzen liegen. Nachdem die 30S-Dämpfe ihre Arbeit verrichtet haben,
werden sie in einem Oberflichenkondensator mittelst Kühlwasser verflüssigt, sodann die flüssige 80,
wieder durch den Abdampf verdampft usw. Ein Verbrauch an schwefliger Saure findet daher nicht
statt, nur insofern als etwaige Verluste infolge Undichtheiten vorkommen.
Es bedarf demnach zur Ausnutzung von Abwärme eines Verdampfers für die flüssige SO», einer
Kraftmaschine nnd eines Oberflächenkondensators für die entspannten SO, -Dämpfe. Der Verdampfer
der Ab warme -Kraftmaschine bildet für die Dampfmaschine (die Dampfmaschine leistet dasselbe, ob eine
Abwärme- Kraftmaschine hinzugefügt wird oder nicht) den Kondensator (das Kühlmittel zum Konden-
sieren des Abdampf besteht in diesem Fall eben in schweflieber Säure); für. die Abwärme-Kraftmaschine
hingegen spielt er die Rolle eines Dampfkessels. Die für gewöhnlich in ihm herrschende Spannung der
SOrDämpfe beträgt 10—12 Atmosphären, je nach dem Vakuum, mit dem die Dampfmaschine arbeitet.
Die Spannung der aus der Abwärme-Kraftmaschine entweichenden 80,-Dämpfe beträgt 2—4 Atmosphären,
je nach der Temperatur des Kühlwassers.
Was die Preise der Abwärme-Kraftmaschinen betrifft, so kann man im Durchschnitt annehmen»
dass dieselben — sofern sie als selbständige Maschinen angeordnet sind — einsohlieaslich Verdampfer
nnd zwei Kondensern z. Z. etwa 20°/o höher sind als diejenigen gleichstarker Dampfmaschinen samt
Kesselanlage. Die Leistung, die man durch Aufstellen einer Abwärme-Kraftmaschine gewinnt, ist natür-
lich sehr von dem Dampfverbrauch der Dampfmaschine abhängig. Für durchschnittliche Verhältnisse
kann man rechnen, dass ca. 80°/o der Dampfmaschinen-Leistung (arbeitet die Dampfmaschine vorzüglich,
d. h. mit geringem Dampfverbrauch, so gewinnt man mit der Abwärme- Kraftmaschine nur etwa 259/«)
hinzugewonnen werden.
Der Zylinder der Abwärme -Kraftmaschine braucht keine besondere Schmierung, da die SOj-
Dämpfe selbstschmierend wirken, nur die Stopfbüchse wird mit reinem Mineralöl geölt. Der Ölver-
brauch wird deshalb geringer sein als bei einer gleichstarken Dampfmaschine.
Wird eine Abwärme-Maschine von vornherein in direkter Verbindung mit der Dampfmaschine
ausgeführt, so kommt die kombinierte Dampfabwärmeanlage nicht teurer zu stehen als eine Dampf-
maschinenanlage von gleicher Gesamtleistung.
Es ist zu bemerken, dass reine schweflige Säure weder Eisen noch Bronze angreift. Nur wenn
Wasser oder Luft hinzukommen, wirkt sie zerstörend auf die Metalle. Wasser könnte z. B. dann zu-
treten, wenn der Verdampfer und Kondensator nicht vollständig dicht halten ; dann allerdings würde die
betreffende Stelle sofort angefressen und die Undichtheit würde dadurch immer stärker. Die Erfahrung
lehrt jedoch , dass die Verdampfer sowie auch die Kondensatoren so solide hergestellt werden können»
dass solche Undichtheiten nicht vorkommen. Was das Eindringen von Luft betrifft, so ist dies im
Betrieb gsnz undenkbar, da aowohl im Arbeitszylinder, als auch in dem Kondensator die Spannung stets
weit Über der Atmosphäre liegt und nicht wie bei den Dampfmaschinen mit Kondensation darunter sinkt.
Die Abwärme-Kraftmaschine braucht mehr Kühlwasser zum Kondensieren der entspannten SOi-
Dämpfe als eine Dampfmaschine. Besonders ungünstig stellen sich die Verhältnisse dann, wenn die
Temperatur des zur Verfügung stehenden Kühlwassers hoch liegt. In diesem Fall ist nicht nur der
Kühlwasserverbrauch ein sehr hoher, sondern man hat auch höhere Spannungen im Kondensator als
2—4 Atmosphären, wodurch natürlich die Leistung der Abwärme-Kraftmaschine herunter gedrückt wird.
Ob sich doshalb die Abwärme-Kraftmaschine dort, wo man im Kühlwasser beschränkt ist, bzw. wo man
Rück kili Janlagen anordnen muss, noch als wirtschaftlich erweist, muss erst durch Versuche festgestellt
werden. Heute liegen hierüber die nötigen Erfahrungen noch nicht vor.
Häufig wird gegen die Abwärme -Kraftmaschine eingewendet, dass geringe Undichtheiten dar-
§ 5. Die wirtschaftliche» Vorarbeite*. 311
Im allgemeinen findet bei den Grasmotoren eine bessere Ausnutzung der im Brenn-
stoff enthaltenen Wärmeenergie als bei den Dampfmaschinen statt, weil die Umwandlang
von Wärme in Arbeit direkt im Zylinder der Arbeitsmaschine stattfindet. Während bei
den Dampfmaschinen mittlerer Grösse 95% und bei den Gross -Dampfmaschinen mit
überhitzten Dampf noch immer 83°/o von dem Wärmewert des Brennmaterials verloren
gehen, beträgt die wirtschaftliche Ausnutzung der in den Brennstoffen steckenden Wärme
bei den kleinsten Gasmaschinen im Mittel 0,12 bis 0,18%, bei grösseren Gasmaschinen
von 50 PS« aufwärts 0,23 bis 0,26%, bei den Dieselmotoren sogar ca. 32-35°/o84).
Bei den eigentlichen Gasmotoren86) verteilt sich der Arbeits-
pro zess entweder auf 4 Kolbenhübe (Viertaktmotoren) oder auf 2 Hübe
(Zweitaktmotoren).
Bei den Viertaktmotoren wird beim ersten Hube das Gasgemisch angesogen, beim
zweiten Hube komprimiert. Kurz bevor der Kolben am toten Punkt angelangt ist, die
Zusammenpressung des Gasgemisches also ein Maximum erreicht, erfolgt die Entzündung.
Beim dritten Hube verbrennen explosionsartig die Gase unter. Arbeitsleistung, wobei ihre
Spannung allmählich sinkt, und sich derjenigen der Atmosphäre nähert, und beim vierten
Hube puffen die Ver br e im ungsriick stände in die atmosphärische Luft aus. Es wird daher
nur beim dritten Hube Arbeit geleistet, während bei den 3 anderen Hüben Arbeit ver-
zehrt wird.
Beim Zweitaktmotor spielt sich der Arbeitsvorgang während zweier Hübe, also
während einer Umdrehung der Schwungradwelle ab. Um das zu erreichen, wird mittelst
besonderer Ladepumpen am Ende des ersten Hubes kühle Luft und kurz darauf brenn-
bares Gemisch in den Arbeitszylinder gepresst. Beim ersten Hube treibt das entzündete
Gemisch den Kolben vorwärts. Noch ehe der erste Arbeitshub ganz zu Ende ist, können
die Verbrennungsgase durch Schlitze im Zylindermantel, welche der Kolben kurz vor
seiner Endstellung frei gibt, in den Auspuff entweichen. Die Ladepumpe presst in diesem
selben den Austritt von Schweflige-Säure-Dämpfen in den Maschinenraum zur Folge haben können, welche
den Aufenthalt in demselben unmöglich machen. Die Erfahrung lehrt jedoch, dass diese Befürchtung
bei solide gebauten Maschinen unbegründet ist. Ein geringer Austritt von SO|-Dämpfen lässt sich zwar
nie ganz vermeiden, jedoch ist derselbe so unbedeutend, dass der Maschinenwärter dadurch nicht ernst-
lich belästigt wird.
Es braucht wohl nicht besonders daraufhingewiesen zu werden, dass die Abwärme- Kraftmaschine
sowohl mit einer Dampfmaschine, als auch mit einer Lokomobile oder Dampfturbine kombiniert werden
kann, und dass die Betriebskosten derselben nur in der Verzinsung und Abschreibung des Anlagekapitals
sowie in den Kosten für Bedienung, Schmier- und Putzmaterial bestehen. Die Kosten für Schmierung
sind, wie bereits im vorausgehenden hervorgehoben, geringer als bei Dampfmaschinen, ebenso die Kosten
fttr Bedienung, da der Verdampfer keine ständige Bedienung braucht wie ein Dampfkessel. Ein Ver-
brauch von Brennmaterial findet nicht statt, da das Betriebsmittel für die Abwärme- Kraftmaschine in
dem Abdampf besteht. Was den Brennstoffverbranch der Dampfmaschine, Lokomobile oder Dampf-
turbine betrifft, so wird derselbe durch das Hinzutreten einer Abwärme-Kraftmaschine nicht beeinflusst.
**) Fritz Hoppe, Ober den Wirkungsgrad und die Kosten der Umwandlung von Wärme in
elektrische Energie bei städtischen Elektrizitätswerken. Schillings Journal für Gasbeleuchtung und
Wasserversorgung 1905. S. 438.
26) Die erste Gaskraftmaschine stammt aus dem Jahre 1860 von dem Franzosen Lenoir. Sie
war aber praktisch noch unbrauchbar. Einen grösseren Erfolg hatte dagegen bereits die im Jahre 1867
auf der Pariser Weltausstellung vorgeführte Gasmaschine von Otto & Langen aus Köln-Deutz. Der
Explosionsdrnck wurde hier dazu benutzt, den Kolben der stehend gebauten Maschine hochzuschleudern,
während der Druck der Atmosphäre die eigentliche Triebkraft bildete. Auf der Pariser Weltausstellung
1878 wurde eine von Otto erfundene neue Gasmaschine vorgeführt, bei welcher das Prinzip der alten
Maschine von 1867 ganz verlassen war und welche noch heute die Grundlage fast aller Explosions-
motoren bildet.
312 L Theodor Koehk. Ausbau voh WasserkhIftkn. Allgemeines.
Moment kühle Luft in den Zylinder, welche die Verbrennungsgase vollständig ausbläst
nnd den Zylinder kühlt. Gleich darauf wird das brennbare Gasgemisch durch dieselbe
Pumpe in den Zylinder geführt und von dem Kolben bei seinem zweiten Hube kompri-
miert. Der Zweitaktmotor leistet also in derselben Zeit unter sonst gleichen Verhält-
nissen doppelt soviel als der Viertaktmotor, sein Nutzeffekt ist aber schlechter, weil die
Ladepumpe ca. 10°/# der indizierten Arbeit des Motors verzehrt.
Die Zündung geschieht bei den neueren Gasmotoren, abgesehen von Dieselmotoren,
meistens durch elektrische Funken, welche von einer kleinen, durch den Gasmotor selbst
betätigten magnetoelektrischen Maschine erzeugt werden oder durch Dai ml ersehe Glührohre.
Zum Anlassen des Gasmotors werden bei den neueren Gasmotoren meistens kleine
Hilfsapparate verwendet, welche mittelst komprimierter Luft den Motor in Bewegung
setzen. Bei elektrischen Anlagen besorgt man das Anlassen auch wohl dadurch, dass
man, vorausgesetzt, dass anderweitig erzeugter Strom zur Verfügung steht, den mit der
Gas-Maschine gekuppelten Generator als Motor schaltet und nach einigen Hüben um-
schaltet. Wo es, wie beim Antrieb von elektrischen Maschinen, auf gute Regulierung
wesentlich ankommt, wird die sogenannte Präzisionsregulierung verwendet, welche darin
besteht, dass der Regler die zugeführten Mengen des Gasgemisches je nach dem Kraftn
bedarf entweder in seiner Quantität oder in seiner Qualität verändert.
Da das Gasgemisch im Motor mit einer höheren Temperatur verbrennt, muss der
Zylindermantel und die Ventile, welche mit den Verbrennungsgasen in Berührung kommen,
durch Wasser gekühlt werden. Unter normalen Verhältnissen beträgt bei Leuchtgaa-
maschinen der Kühlwasserverbrauch 30 bis 40 Liter pro effektive Pferdekraf tstunde ;
bei den Kraftgasmotoren etwa 60 Liter pro PSt-Stunde, weil hier der Wasserverbrauch
des Skrubbers und des Verdampfers hinzukommt H).
Die Leuchtgasmotorem werden in der Regel nur für kleinere Leistungen bis zu
30 PS«, ausnahmsweise bis zu 60 PS« gebaut. Das Leuchtgas der städtischen Zen-
tralen besitzt im Mittel einen Heizwert von 5000 W.E. pro cbm, sofern dem Stein-
kohlengase kein sogenanntes Wassergas beigemischt ist Im letzteren Falle liegt der
Heizwert unter Umstanden erheblich tiefer. In der nachfolgenden Tabelle XX VH sind
einige Angaben über Anlagekosten, Raumbedarf, Bedienung»- und Unterhaltungskosten
über den Bedarf an Schmier- und Putzmittel sowie über den Gasverbrauch gemacht17),
nach denen die Betriebskosten in bestimmten Fällen berechnet werden können. Die
Gaspreise pro cbm Leuchtgas für Kraftzwecke schwanken in Deutschland zwischen 8
und 16 Pfennigen. Zu berücksichtigen sind dann noch auf Grundlage der obigen Ver-
brauchsangaben die Kosten für das Kühlwasser.
Bei den sogenannten Kraftgasmetorem wird das Mischgas, welches nach seinem
Erfinder Dewson-Gas (1881) genannt wird, in besonderen Generatoren aus Anthrazit
oder Koks und neuerdings auch aus Braunkohle hergestellt. Ein solcher Generator be-
steht in einem Schachtofen, durch welchen während des Betriebes durch den Gasmotor
selbsttätig ein Gemisch von Luft und Wasserdampf gesogen wird (Sauggas). Mit-
unter wird auch die Luft durch ein besonderes Gebläse durch den Schachtofen hin-
durchgedrückt, und man spricht dann von Druckgas. Beim Durchstreichen der
Mischung von Luft und Wasserdampf durch die glühenden Brennstoffe im Ofen bildet
sich das Kraftgas. Zur Herstellung des Wasserdampfes dient die überschüssige Wärme
»«) Fried r. Barth, Die sweckmftasigftte Betriebekraft Heft II, S. 15.
") Die Angaben der Tabellen XXVII und XXVIII sind dem Bache von Chr. Eberle »Kosten-
der Kraftersengnng 3. 44 u. f. entnommen.
§ 6-
Die wirtschaftlichen Vorarbeiten;
313
Tabelle XXVII.
Anlagekosten und Grundlagen fdr die Bwechnnng von
Ton Leuchtgas-Motoren.
Leistung der Motoren
4
6
8
10
20
30
40
50
60
in PSe
Kosten der gesamten maschinellen
■
Anlage einschliesslich Montage nnd
Fundament in Mk. ......
2455
3210
3690
4600
6960
9220
11570
12560
13 620
Raumbedarf für das Maschinenhans
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in qm der Grundfläche ....
5
6
7
8
15
25
30
40
50
Jährliche Kosten in
Mk.
bei einer Be-
a) für Bedienung .
triebsdauer
36
40
55
67
105
145
175
190
200
b) Schmiermittel
von je
u. Putzmaterial
5 Stunden an
300 Tagen
48
63
72
75
120
157,50
210
225
270
c) Unterhaltung .
14,67
16.65
23.25
25,40
40,60
50,20
62,45
69,60
72,70
4 500
6 300
8160
9250
18600
26 775
85400
43500
51900
Jährliche Kosten in
Mk.
bei einer Be-
a) für Bedienung .
triebsdauer
55
60
80
100
160
220
260
280
300
b) Schmiermittel
von je
u. Putzmaterial
10 Stunden
an 300 Tagen
96
126
144
150
240
315
420
450
540
c) Unterhaltung .
20,67
24,65
32,25
37,40
56,60
74,70
93,45
102,60
108,70
Gasverbrauch in cbm
9000
12 600
16320
18500
37 200
53 550
70800
87000
102600
des den Generator verlassenden Kraftgases. Da beim Hindurchleiten von über-
hitztem Wasserdampf ohne Luftzuführung durch die glühende Brenn-
stoffschicht des Generators das Wasser in seine Bestandteile, Wasser-
stoff und Sauerstoff, zersetzt und dabei mehr Wärme gebunden würde,
als durch das Verbrennen des Kohlenstoffs zu Kohlenoxyd entsteht,
so würde das entweichende Kraftgas nicht nur nicht genügende
Wärme haben, um Dampf zu erzeugen, sondern der Ofen würde erlöschen.
Es muss daher die Mischung von Luft und Wasserdampf so vorgenommen werden,
dass das entstehende Kraftgas überschüssige Wärme genug besitzt, um den Wasserdampf
zu erzeugen. Das den Generator verlassende Kraftgas durchzieht einen Verdampfer, der
in einer Art Röhrenkessel besteht. Indem es den zu seiner Herstellung nötigen Wasser-
dampf erzeugt, kühlt es sich im Verdampfer ab, und passiert dann ein stehendes zylin-
drisches Gefäss von unten nach oben, in welchem auf einem siebartigen Rost Koksstücke
aufgespeichert sind. In dieses Gefäss, Skrubber oder Wäscher genannt, wird von oben
durch eine Brause Wasser in Form eines feinen Sprühregens zugeführt, welches an den
Koksstücken herabrieselt. Das aus dem Skrubber austretende Gas durchströmt dann
noch den meist mit Sägespänen gefüllten sogenannten Trockenreiniger, um von dort in
den Motor zu gelangen.
In der Tabelle XXVHI sind einige Angaben über Anlagekosten und Unterlagen
für die Berechnung der Betriebskosten mitgeteilt.
Die Kosten von Anthrazit schwanken je nach Höhe der Transportkosten zwischen
1,50 und 3,00 Mk. pro 100 kg und die Kosten des Koks etwa zwischen 1,30 und 2,30
pro 100 kg. Hinzu kommen dann noch die Kosten für das Kühlwasser (vergl. S. 312).
314
I. Theodor Koehn. Ausbau vor Wasserkräften. Allgemeines.
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§ 5. Die wirtschaftlichen Vorarbeiten. 315
In neuerer Zeit haben die GichtgAsmotoren eine besondere Bedeu-
tung gewonnen. Früher liess man die Hochofengase ungenützt in die Luft entweichen,
später etwa bis Ende der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wurden sie zur
Kesselfeuerung und Erzeugung von Dampf für Kraftzwecke verwendet, wobei aber nur
ein schlechter Nutzeffekt erzielt werden konnte. Durch die neuerliche Verwendung der
Gichtgase in Grossgasmaschinen hat man den Nutzeffekt der in dem Gichtgase enthaltenen
Wärmeeinheiten um das Vier- bis Fünffache gesteigert. Mit der Ausbildung der Gas-
kraftmaschinen musste man sich naturgemäss auch der Aufgabe zuwenden, die Gichtgase
direkt für Kraftzwecke zu verwenden und heute sind bereits bei den meisten Hütten-
werken Grossgasmotoren mit Einheiten von 1000 PS« und mehr aufgestellt. Man kann
im allgemeinen annehmen, dass bei einer Tonne Roheisen 4500 cbm Hochofengas erzeugt
werden. Hiervon gehen durchschnittlich ca. 60°/o beim Gichten für Winderhitzung etc. und
durch Verluste ab, so dass etwa 40°/o zur Arbeitsleistung in Gaskraftmaschinen übrig bleiben.
Nimmt man in runden Ziffern an, dass im Gasmotor, reichlich gerechnet, etwa 4 cbm Gas
pro PSe-Stunde verzehrt werden, so können auf je eine Tonne täglicher Roheisenerzeugung
4500 . 04
— 9 * ' = rund 20 PS6 im Gasmotor dauernd geleistet werden. Auf hinein Hoch-
ofenwerk, das täglich 600 Tonnen Roheisen erzeugt stehen also 12000 PS« zur Verfügung*8).
Je nach der Zusammensetzung der Hochofengase wechselt bei den verschiedenen deutschen
Hüttenwerken die Menge der bei der Verbrennung theoretisch zu entwickelnden Wärme-
einheiten zwischen 725 und 950 und kann im Durchschnitt zu 850 angenommen werden *9).
Der wirkliche Verbrauch pro effektive Pferdekraftstunde beträgt bei 1000 PS6-Maschinen
etwa 3,7 cbm. Die Gase bedürfen natürlich vor ihrem Eintritt in den Motor einer
gründlichen Reinigung in Koksskrubbern und in mit Sägespänen gefüllten Trockenreinigern.
Da die Hüttenwerke eine andere Verwendung der überschüssigen Gichtgase, als
diejenige zur Krafterzeugung zurzeit meistens nicht haben, so wird man schwerlich in
die Lage kommen, Wasserkraftanlagen mit Gichtgasanlagen in Vergleich zu stellen. Die
Anlagekosten von Gichtgasgrossmaschinen dürften wohl in der grossen Mehrzahl «der
Fälle, welche die Praxis bieten kann, billiger werden, als Wasserkraftanlagen von gleicher
Leistung und da das Hüttenwerk sich bei einer Vergleichsrechnung die Gichtgase kosten-
los einstellen könnte, müssten sich die Gasanlagen als vorteilhafter ergeben. Es soll
deshalb hier auf die Gichtgasgrossmotoren nicht weiter eingegangen werden.
Von den Gasmotoren mit .flüssigen Brennstoffen nehmen heute der
Dieselmotor für industrielle Zwecke und der Benzinmotor für motorische Zwecke (Auto-
mobile) die ersten Stellen ein. Mit Ausnahme des Dieselmotors sind alle
bisher, in die Praxis eingeführten Motore mit flüssigen Brennstoffen
Explosionsmotor e. Die Benzin-, Petroleum- und Spiritusmotoren arbeiten ent-
weder als Viertakt- oder als Zweitaktmaschinen, wobei die Brennstoffe ausserhalb des
Arbeitszylinders vergasen und die Gase mit atmosphärischer Luft gemischt werden.
Die Zündung des in den Arbeitszylinder eingeführten fertigen Gemisches erfolgt auf
physikalischem Wege durch den elektrischen Funken oder durch Glühröhren, unter An-
wendung von 3 bis 5 Atmosphären Druck.
Das Benzin hat ein spezifisches Gewicht im mittel von 0,7, sein absoluter Heiz-
wert beträgt 10000 bis 10500 W.E. pro kg. Es siedet bereits zwischen 80 und 100
88) E. Meyer, Die Verwendung der Hochofengase zum Betrieb von Gasmotoren und Versuche
an einem 60 pferdigen Gichtgasmotor. Zeitschr. d. Ter. deutscher Lag. 1899. S. 448.
*&) Fritz Hoppe, Wie stellt man Projekte, Kostenanschläge nnd Betriebakostenberechnnngen
fflr elektrische Licht- nnd Kraftanlagen anf. 8. 67.
316 I. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräfte*. Allgemeines.
Grad C. und vergast bereits bei gewöhnlicher mittlerer Lufttemperatur. Das Gemisch
Ton Benzingas und Luft ist leicht entzündlich und die Benzinmotoren sind daher ver-
hältnismässig betriebssicher.
Der Heizwert des 93°/oigen Spiritus liegt etwa zwischen 6000 und 6600
W.E. pro kg und das spezifische Gewicht des Spiritus beträgt etwa 0,823. Der Vorzog
des Betriebes mit Spiritusmotoren besteht besonders in der Geruchlosigkeit und Rein-
lichkeit. Auch besitzen die Spiritusmaschinen einen ruhigen und gleichmassigen Gang,
so dass sie zum Antrieb von Dynamomaschinen, wie die Benzinmotoren, benutzt werden
können.
Im Gegensatz zu dem Benzin und Spiritus verdunstet das Petro-
leum (spezifisches Gewicht 0,83 bis 0,85) bei mittlerer Lufttemperatur
nur in ganz geringem Masse und entzündet sich, mit atmosphärisher
Luft gemischt, nur sehr unzuverlässig. Bei dem Saug- und Kompressionshube
im Arbeitszylinder schlagen sich die schwereren nicht genügend verdampften Petroleum-
teilchen an den kühlen Zylinderwandungen nieder und werden zum Teil nicht genügend
verbrannt, beziehungsweise ganz unverbrannt wieder mit den Auspuffgasen ins Freie ge-
führt. Das im Innern des Zylinders zurückbleibende flüssige Petroleum fuhrt oft zur
Verschmutzung des Zylinders und Kolbens und im Verein mit der unzuverlässigen Zün-
dung zu häufigen Betriebsstörungen. Infolge dieser Umstände hat sich der
Petroleummotor als Explosionsmotor in der Praxis nicht behaupten
können.
R. Diesel ging den Ursachen des Misserfolges der Petroleummotoren nach und
trat 1893 in einer Broschüre : Theorie und Konstruktion eines rationellen Wärmemotores
als erster mit ganz neuen Konstruktion vorschlagen an die Öffentlichkeit. Nach seinem
Prinzip sollte dieVergasung des Petroleums ausserhalb desZylinders
wegfallen, dafür aber atmosphärische Luft im Zylinder während des
Kolbenrückganges auf 35 Atmosphären zusammengepresst und der
Brennstoff fein verteilt in die Pressluft mit besonderer Luftpumpe
mit 25 Atmosphären Überdruck, also 60 Atmosphären Druck eingepumpt
werden. Bei den ersten im Jahre 1893 gebauten Maschinen stellten sich noch eine
Menge konstruktive Schwierigkeiten heraus und erst im Jahre 1897 gelang es, einen
20 pferdigen Motor vorzuführen, welcher die für einen geordneten Betrieb erforderliche
Betriebssicherheit bot und dennoch die von Diesel nachgewiesene hohe Ausnützung der
im Petroleum enthaltenen Wärmeeinheiten (10000 pro kg) leistete. Inzwischen sind eine
grosse Anzahl von Dieselmotoren in Grössen bis zu 200 Pferden und mehr gebaut und
scheinen sich im Betriebe zu bewähren. Die Dieselmotoren werden als Viertaktmotoren
gebaut. Die beim letzten Rückgang des Kolbens auf ca. 35 Atmosphären komprimierte
Luft erhitzt sich auf ca. 690° C und der in feiner Zerstäubung eingeführte Brennstoff
entzündet sich von selbst, so dass es keiner besonderen Zündung, wie bei den übrigen
Gasmotoren, bedarf. Die Einführung des Brennstoffes geschieht allmählich und die Ver-
brennung erfolgt derartig, dass der Druck auf den Kolben während des Aibeitshubes
nahezu konstant bleibt. Prinzipiell können auch andere Brennstoffe als flüssige ver-
wendet werden, bis jetzt werden aber im wesentlichen Rohnaphtha und Masut (Naphtha-
rückstände), Rohpetroleum und in Deutschland vielfach Paraffinöl (Braunkohlendestilate)
verwendet.
Bezüglich der Anlagekosten sowie der Betriebskosten von Benzin- und Spiritus-
motoren muss auf die Spezialliteratur verwiesen werden, da bezügliche Angaben für die
Zwecke dieses Buches zu weit fuhren würden.
§ ».
DlE WIKT8CHAFTLIGHEN VORARBBTTEH.
317
Bezüglich der Anlage- und Betriebskosten yon Dieselmotoren sind in nächst
Tabelle einige Angaben zusammengestellt80).
Tabelle XXIX.
Anlagekosten und Unterlagen für die Betriebekostenberechaiingen von Dieselmotoren.
Nonnale Nutzleistung
in PS«
8
10
15
20
40
60
80
100
125
Kosten eines kompleten Diesel-
motors einsehliessl. Rohrleitung,
Fundament und Montage . . .
4700
5800
8500
9200
14600
20000
26200
81050
37 000
Raumbedarf fftr das Maschinenbaus
in qm der Grandflache ....
6
7
10
12
20
24
28
30
32
/ bei je
Kosten fftr Bedienung* 1 5 Stunden
Schmier- nnd Pots- l Betriebs-
material .... 1 daoer an
180
192
265
290
860
600
860
1020
1200
V 300 Tagen
f bei je
Kosten fftr Bedienung,
10 8tanden
-
Schmier- und Patz- <
Betriebs-
material ....
dauer an
900
320
440
480
600
1000
1430
1700
2000
l 300 Tagen
Brennstoffverbrauch bei Verwen-
dung Ton Paraffinöl in kg pro
P8«- Stunde
0,245
0240
0,280
0,223
0,210
0,208
0,208
0,200
0,200
Nach E. Meyer81) wurde bei Versuchen folgender Verbrauch an Brennmaterial
festgestellt :
A. bei einem 8 pferdigen Dieselmotor und Verwendung von russischem Petroleum:
Bei
Vollbelastung
Bei normaler
Belastung
Bei
V« Belastung
Bei
7t Belastung
Petroleumyerbraucb für 1 PSe
Stande in kg
0,219
0,227-0,222
0,234
0,260
B. Bei einem 70 pferdigen Motor:
Bei
Vollbelastung
Bei normaler
Belastung
Bei
V* Belastung
Bei
7» Belastung
Petroleumyerbrauch für 1* PSe-
Stnnde in kg
Verbranch von Paraffindl bei
demselben Motor
0,188
0,209
0,192-0,193
0,204-0,206
0,201
0,215
0,224
Man sieht aus den obigen Mitteilungen von E. Meyer, dass der Verbrauch an
Paraffinöl entsprechend dem geringeren Heizwert dieses Materials etwas höher ist, als
der Verbrauch an Petroleum und kann deshalb aus den Zahlen der Tabelle XXIX auch
den Verbrauch an Petroleum pro PSA-Stunde angenähert berechnen, wenn man das Ver-
hältnis der Versuchsresultate ad B zwischen Petroleum und Paraffinölverbrauch zugrunde legt.
30) Nach Friedr. Barth, Die zweckmassigste Betriebskraft Heft 2. S. 42.
3i) Eugen Meyer, Versuche über Spiritostnotoren und an Dieselmotoren. Zeitschr. d. Ver.
deutscher log. 1903. S. 670.
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322 I. Theobor Koehn. Ausbau yon Wasserkräften. Allgemeines.
4. Betriebskosten yon Wasserkraftanlagen mit Reserve in Wärmekraft Masehimen.
In mehr als der Hälfte aller Fälle wird, genügender Kraftbedarf vorausgesetzt,
eim Ausbau von Wasserkräften eine Reserve in Wärmekraft vorzusehen sein, um die
wirtschaftlich vorteilhafteste Ausnutzung der schwankenden Wasserzuflüsse zu ermöglichen.
Wie sich aus der Statistik der deutschen Elektrizitätswerke (vergl. S. 18) ergibt, hatten
nach dem Stande vom 1. April 1905 125 Elektrizitätswerke reine Wasserkraftanlagen und
237 Anlagen gemischten Betrieb mit Wasser und Dampf oder Wasser und Gas.
Welche Leistung einer schwankenden Wasserkraft man durch
eine Reserve inWärmekraft zu einer ständigen ergänzen soll, kann in
einem bestimmten Falle nur eine Vergleichsrechnung ergeben. Man
wird aber für den Anfang meistens nicht weiter gehen, als eine Ergänzung der Wasser-
kraft etwa auf die neunmonatliche Leistung des Durchschnittsjahres vorzusehen ; es genagt
vielmehr durch entsprechenden Grunderwerb eine spätere Vergrösserung vorzubereiten.
Die Entwickelung des Konsums, die erzielbaren Preise pro Krafteinheit und die genaue
Kenntnis der Betriebskosten geben später sichere Fingerzeige für die Grenze, bis zu
welcher es sich noch lohnt, die Wasserkraft durch Wärmekraft zu ergänzen.
Alle für die Berechnung der Betriebskosten von Wasserkraftanlagen mit Dampf-
reserven erforderlichen Unterlagen sind in den Abschnitten 1—3 dieses §, soweit es. im
Rahmen dieses Bandes möglich war, gegeben. Um aber einige Zahlenbeispiele vor Augen
zu führen, sind die vorstehenden Tabellen XXX und XXXI zusammengestellt, welche einer
besonderen Erläuterung nicht bedürfen. Hervorgehoben sei nur, dass bei der 200 pferdigen
Wasserkraft eine Fernleitung von 5 km, bei der 600 pferdigen von 10 km und bei der
2000 pferdigen Wasserkraft eine Fernleitung von 20 km angenommen wurde, während
die Dampf reserven im Schwerpunkte des Konsumgebietes selbst aufgestellt gedacht sind.
Wenn man die Betriebskosten pro PS#-Stunde für den 3600 stündigen Betrieb
aus der Tabelle XXX mit den Betriebskosten für einen 3000 stündigen Betrieb einer reinen
Dampfanlage (siehe Tabelle XXV) vergleicht, so erkennt man, dass bei einem Kohlen-
preise von Mk. 1, — pro 100 kg die reine Dampfkraft bei der 200- und 2000 pferdigen
Anlage billiger, bei der 600 pferdigen unter Berücksichtigung der Reduktion auf 3600
Stunden ungefähr ebenso billig wird, als die Wasserkraft mit Dampfreserve. Dass die
600 pf erdige Anlage bei der Wasserkraft ein etwas anderes Bild zeigt, als die beiden
anderen Beispiele liegt an der immerhin zufalligen Wahl der Einzelpreise für die Anlage-
kosten, wie denn überhaupt die Resultate dieses Vergleichs keine allgemeine Gültigkeit
haben können, sondern nur für die in den Beispielen zugrunde gelegten Anlagekosten
der Wasserkräfte zutreffen. Werden diese kleiner, so muss sich der Vergleich zugunsten
der Wasserkräfte verschieben. Bei allen höheren Kohlenpreisen als Mk. 1,— pro 100 kg
werden bei unserem Vergleich die Betriebskosten der Wasserkraftanlage mit Dampf-
reserve bei 3600 stündigem Betriebe kleiner als die Betriebskosten der reinen Dampf-
anlagen, auch wenn diese im Konsumgebiet selbst errichtet werden kann, so dass die
Fernleitung fortfällt. Dieses Bild würde sich zuungunsten der Wasserkraftanlagen bei
Beschränkung der Betriebsdauer verschieben müssen, weil die indirekten Betriebskosten
bei Wasserkraftanlagen eine grössere Rolle spielen, als bei den Dampfanlagen. Aus-
genommen ist natürlich der Fall, dass die Anlagekosten der Wasserkraftanlage pro Ein-
heit gleich oder billiger ausfallen, als diejenigen der Dampfanlage. In einem solchen
Falle ist selbstverständlich eine Vergleichsrechnung unnötig, da die Wasserkraft mit
Rücksicht auf die Ersparnis an Brenn- und Schmiermaterial unbedingt vorteilhafter
sein muss.
§ 5. Die wirtschaftlichen Vorarbeiten. 323
Weiter würde sich ein Vergleich zwischen einer Wasserkraft mit Dampfreserve
und einer reinen Dampfkraft erheblich zu Ungunsten der Wasserkraft verschieben, wenn
man die Reserve nicht als Ergänzung der ständigen Kraft auf die neunmonatliche, sondern
als Ergänzung der ständigen z. B. auf die sechsmonatliche Kraft des Durchschnittsjahres
annehmen und betreiben wollte. In diesem Falle würde die Dampfreserve nicht allein
grösser, also teurer werden müssen, sondern sie würde auch anstatt an 90 Tagen, etwa an
180 Tagen mitzulaufen haben.
Aus einem Vergleiche der Betriebskosten der Tabelle XXXI (8640-
stündigenBetrieb von Wasserkraftanlagen mit Dampfreserve) mit den
Zahl ender Tabelle XXVI (7200s tündigen Betrieb von reinen Dampf anlagen)
ist zu entnehmen, dass der Betrieb der Wasserkraft mit Dampfreserve
bei allen Kohlenpreisen erheblich günstiger wird, auch wenn man die
Betriebskosten der Tabelle XXVI, um sie auf 8640stündigen Betrieb zu
reduzieren, um ca. 10°/o kürzt.
Die Betriebskosten pro PS*-Stunde einer Wasserkraftanlage mit Dampfreserve
nehmen bei 8640 stündigen Betriebe verglichen mit dem 3600 stündigem, — einen Kohlen-
preis von Mk. 2 für 100 kg vorausgesetzt — ab, bei einer Anlage von:
200 PS. von 6,61 Pf. auf 3,92 Pf. d. h. um 42,2 °/0
600 , „ 4,47 , „ 2,58 „ „ „ 9 42,3%
2000 „ „ 3,28 „ n 1,86 „ „ „ n 43,3 °/0
Damit wird bestätigt, was schon mehrfach hervorgehoben wurde,
dass bei der Bewertung von Wasserkraftanlagen die Betriebsdauer,
während welcher dieselben Verwendung finden können, von ganz be-
sonderer Bedeutung ist.
5. Dfo Feststellung des Kraftbedarfes and die Rentabilitätsberechnung.
a) Die Feststellung des Kraftbedarfs.
Sowohl für die Aufstellung des Projektes, des Kostenanschlages und der Betriebs-
kostenberechnungen einerseits, als auch für die Bestimmung der Einnahmen andererseits
ist es notig, den Kraftbedarf, welcher im Konsamgebiet einer Wasserkraftanlage voraus-
sichtlich vorhanden und zu entwickeln sein wird, mit erreichbarer Genauigkeit festzu-
stellen.
Soll die Wasserkraft einem oder mehreren bestimmten, gewerblichen oder indu-
striellen Unternehmen dienen, oder soll sie für den Betrieb einer Bahnanlage verwendet
werden, so wird es meistens nicht schwer halten, den Kraftbedarf mit ziemlicher Ge-
nauigkeit im voraus zu ermitteln. Im ersteren Falle ist der Bedarf aus der Erfahrung
zahlenmässig bekannt und sein zukünftiges Anwachsen lässt sich meistens mit hinreichender
Genauigkeit für absehbare Zeit schätzen. Für ein bestehendes Bahnunternehmen kann
man aus den Betriebsziffern selbst den Kraftbedarf rechnerisch ermitteln und auch, unter
Berücksichtigung der etwa im Programm liegenden Umgestaltung des Betriebes und des
auf Erfahrungszahlen beruhenden Verkehrzuwachses, den zukünftigen Gesamtkraftbedarf
für absehbare Zeit feststellen. Das gleiche gilt sinngemäss für neue Bahnanlagen.
Auch für die Feststellung der zeitlichen Verteilung des Jahresbedarfes auf die
einzelnen Jahreszeiten und Tagesstunden sind in solchen Fällen die Unterlagen unschwer
zu erzielen, so dass danach durch Vergleichsrechnungen das wirtschaftlich beste Programm
für das Bauprojekt gefunden und der Kostenanschlag und die Betriebskostenberechnung
21*
324 I. Theodor Koehh. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeinem
aufgestellt werden können. Auch die erzielbaren Verkaufspreise für die Kraftleistang,
Mi es pro PS*-Stunde oder KW-Stunde, sei es pauschalier pro PS« oder KW und Jahr,
lassen sich in solchen Fällen verhältnismässig leicht ermitteln, da es sich nur um Ver-
einbarungen mit wenig Personen handelt.
Ungleich schwieriger wird aber die Aufgabe, wenn es sich um die Feststellung
des Kraftbedarfes einer öffentlichen Kraftverteilung handelt, denn es sind halbwegs
genaue und verbindliche Angaben von den zukünftigen Konsumenten, schwer zu erlangen.
Überdies kann man mit Anfragen an die voraussichtlichen Konsumenten erst herantreten,
wenn das ganze Projekt greifbare Gestalt angenommen hat, d. h, wenn Konzessionen
für die Wasserkraftanlage und das Elektrizitätswerk, sowie für das Kraftverteilungsnetz
«teilt sind.
öffentliche Kraftverteilungen mit Wasser als Kraftquelle werden nach dem heutigen
Stande der Technik fast nur noch in Form von elektrischer Energie ausgeführt, weil
sich diese Form allen anderen als durchaus überlegen herausgestellt hat.
Die besten Unterlagen für die Ermittlung des Kraftbedarfes bieten daher die Statis-
tiken der bestehenden Elektrizitätswerke '*). . Die statistischen Angaben der Vereinigung der
deutschen Elektrizitätswerke sind zurzeit vergleichsweise die vollkommensten. Der
Ingenieur wird in einem bestimmten Falle, nach in Augenscheinnahme des Gebietes,
welches für die Kraftverteilung in Frage kommt und nach Sammlung des erhältlichen
Zahlenmaterials an Ort und Stelle zu beurteilen in der Lage sein, welche Verhältnisse
bestehender und in der Statistik enthaltener Elektrizitätswerke sich am besten auf seinen
Fall anwenden lassen. Bestimmte Regeln lassen sich hierfür nicht auf-
stellen, sondern es können nur Erfahrung und richtiges Augenmass
zutreffende Schätzungen gewährleisten. Alle Statistiken lehren, dass der Be-
darf sowohl für Licht, als auch für Kraft ständig steigt und zwar nicht allein im Ver-
hältnis zu der Vermehrung der Bevölkerung, sondern es steigt der Bedarf pro Kopf der
Bevölkerung. Man hat die Erfahrung gemacht, dass bei Errichtung von Elektrizitäts-
werken in Ortschaften mit Gasanstalten die Gasabgabe sowohl für Beleuchtung, als für
motorische Zwecke der Gasanstalten entweder gar nicht, oder nur vorübergehend einen
Stillstand oder einen kleinen Rückgang gezeigt hat, dann aber wieder in gleichem oder
stärkerem Tempo, wie vor Errichtung des Elektrizitätswerkes gewachsen ist**). Allerdings
s*) In Deutschland wird von der Vereinigung der Elektrizitätswerke jährlich eine Statistik
herausgegeben. Dieselbe ist zu beziehen von dem Vorsitzenden der Kommission für Statistik Direktor
C. Döpke, Dortmund. Ausserdem wird in der Elektrotechnischen Zeitschrift jahrlich eine Zusammen-
stellung der Elektrizitätswerke mit ausführlichen Angaben über Einzelheiten mitgeteilt
In der Schweiz erscheint jährlich eine Statistik über Starkstromanlagen des Verbandes Schweize-
rischer Elektrizitätswerke und des Schweizerischen elektrotechnischen Vereins.
In Italien gibt das Ministerium für Landwirtschaft, Industrie und Handel die „Notizie Statistiche
sugli Impianti EUettrici Esistenti in Italia etc.* heraus.
Für England erscheinen jährlich in ,The Electrical Review* und in dem „Electrician Handbook11
ähnliche Zusammenstellungen der Elektrizitätswerke.
In Nordamerika gibt das Statistische Amt des Landes eine Statistik Aber Elektrizitätswerke
für Licht- und Kraftzwecke der Vereinigten Staaten heraus, aus welcher die Hauptziffern in der «Elec-
trical World and Engineer* veröffentlicht werden (vergl. Fussnote 18, S. 14).
3') Fritz Hoppe teilt in seinem Buche „Was lehren die Statistiken der Elektrizitätswerke
für das Projektieren und die Betriebsführung von elektrischen Zentralen11 aus einem von ihm erstattetem
Outachten für eine mit Gasanstalt versehene Stadt mit 17000 Einwohnern folgenden Auszug wort-
lich mit:
„An dieser Stelle dürfte es vielleicht am Platze sein, die Frage zu erörtern, ob die Errichtana;
.des Elektrizitätswerkes einen ungünstigen Einfluss auf die Rentabilität der Gasanstalt haben kann.
§ 5. Die wirtschaftlichen Vorarbeiten. 325
wird sich bei Verteilung elektrischer Energie in Ortschaften mit Gasanstalten 'die Kon-
kurrenz immerhin in den Anschlussziffern bemerkbar machen.
„In dieser Beziehung sei zunächst auf die Verhandlungen hingewiesen, welche im Jahre 1898 in Danzig
«geführt wurden, als die Frage der Vergrößerung des dortigen Gaswerkes erörtert wurde. Die Verhand-
lungen sind in dem «Journal für Gasbeleuchtung* s. Z. veröffentlicht Der Magistrat von Danzig hat
«sich an 16 deutsche Städte mit der Bitte um Auskunft darüber gewendet, welchen Eiofluss die Er-
«richtung eines Elektrizitätswerkes auf den Gaskonsum gehabt hat In diesem Falle handelt es sich
«selbstverständlich um Städte in der Grössenordnung von Danzig (ca. 140000 Einwohner), doch ist daa
«Ergebnis derselben auch für den vorliegenden Fall äusseret interessant.
«In sechs Städten (Nürnberg, Strassburg, Lübeck, Chemnitz, Barmen, Cassel) ist ein nachteiliger
«Einfluss der Einführung elektrischer Beleuchtung nicht zu bemerken.
«In vier Städten (Düsseldorf, Bremen, Zwickau, Gera) hat sich in den ersten ein bis zwei Jahren
«nach Einführung der elektrischen Beleuchtung ein meist nur geringer Rückgang des Gaskonsums ge-
, zeigt, dann aber ist ein um so grösserer Aufschwung des Gaskonsums eingetreten. Bei diesen Städten
«haben zum Teil andere Ursachen, wie die Einführung der Sonntagsruhe und der Normalzeit auf den
„anfänglichen Rückgang des Gaskonsums eingewirkt.
«In weiteren vier Städten (Stettin, Königsberg, Elberfeld und Altona) hat sich teils unmittel-
bar nach Einführung des elektrischen Lichtes, teils erst längere Zeit nachher, ein Stillstand im Gas-
«konanm gezeigt, der längere Zeit angehalten hat und wenigstens zum Teil auf die Konkurrenz des
»elektrischen Lichtes zurückzuführen ist, wenngleich auch noch andere Ursachen in erheblicher Weise
«mitgewirkt haben. So hat z. B. der Magistrat von Stettin, wo sich zuerst eine starke Zunahme des
«Gasverbrauchs trotz der Eröffnung des Elektrizitätswerkes, dann aber ein vierjährlicher Stillstand und
«schliesslich wieder eine starke Zunahme des Gaskonsumes herausgestellt hat, erklärt, dass das elek-
trische Licht zwar nicht ohne nachteiligen Einfluss gewesen sei, dass jedoch sämtliche ungünstigen
«Momente, die Sonntagsruhe, die Einführung des Gasglühlichtes und die wirtschaftlich ungünstige Lage
«zusammengewirkt haben.
«Es verbleiben dann zwei Städte als die ungünstigsten. Zunächst Aachen, wo bald nach Er-
öffnung des Elektrizitätswerkes ein Rückgang des Gaskonsums um 10°/o in 2 Jahren eingetreten ist.
«Auch hier fällt jedoch der Rückgang in die allgemein ungünstige Zeit und auch hier erfolgte ein nicht
«unbedeutender Aufschwung. Sodann Stuttgart, wo gleich nach Eröffnung des Elektrizitätswerkes in
«zwei Jahren ein Rückgang von zunächst 13% eingetreten ist. Dieser Rückgang wird als hauptsäch-
«lich durch das elektrische Licht bewirkt anzusehen sein.
«Von den befragten 16 Städten hat also nur in einer einzigen ein sehr erheblicher durch nichts
«anderes zu erklärender Rückgang stattgefunden. Dagegen ist in 6 Städten kein wahrnehmbarer, in
«4 Städten nur ein vorübergehender Einfluss des elektrischen Lichtes festgestellt worden.
,Um nun die Verhältnisse auch für eine Stadt von ca. 17000 Einwohnern zu betrachten, wurden
«nach der Statistik der Gaswerke die gesamten jährlichen Gasproduktionen, die Verteilung derselben
«auf Privatabnehmer, ferner der Verbrauch zum Heizen und Kochen und der Verbrauch für Kraft-
«maschtnen für folgende Städte zusammengestellt:
«Freiberg i. Sa. f (30176), Geestemünde t (17500), Göttingen f (30500), Graudenz t (32000),
«Hamm (31000), Hanau f (31889), Heidelberg f (40000), Mühlhausen f (34000), Neumünster f (27000),
«Scbmöllnt (10500), Stargardf (26856), Thorn f (80000), Altenburg (37000), Cannstadt (25500), Eisenach
,(81390), Esslingen (23000), Flensburg (45500), Gaarden b. Kiel (24500), Greiz i. V. (23000), St. Johann
,(22000), Meerane (24000), Olsnitz (14985), Pforzheim (49653), Solingen (46000), Stolp (27000), Stral-
sund (31000), Tilsit (84500), Weimar (29600).
«Die Zusammenstellung lässt erkennen, dass das jährliche Produktionsquantum ausser bei den
, Städten Stargard und Thorn ständig zugenommen hat, dass aber auch die Produktionsverminderung
,bei diesen Städten nicht auf eine Verminderung des Privatkonsums zurückzuführen ist. In Heidel-
«berg, Kaiserslautern, Pforzheim und Weimar ist allerdings der Privatkonsum im Jahre 1900 gegenüber
,1899 heruntergegangen, was vielleicht auf die Einflüsse des Elektrizitätswerkes zurückzuführen ist.
«Bei den mit einem Kreuz bezeichneten Städten fällt die Eröffnung des Elektrizitätswerkes in die in
«der Tabelle berücksichtigten Betriebsjahre. Bei diesen Städten ist ausser bei Thorn und Stargard
«keine Verminderung des jährlichen Produktionsquantums eingetreten. Bei sämtlichen Städten ist der
, Gaskonsum zu Koch- und Heizzwecken ganz erheblich gestiegen, wogegen die Gasabgabe für Gaskraft-
«maschinen in Gaarden bei Kiel, Geestemünde, St. Johann, Meerane, Mahlhausen and ölsnitz herunter-
gegangen ist, was selbstverständlich auf die Einflüsse der Elektromotoren zurückgeführt werden muss.
326
L Theodor Koehw. Ausbau von Wasserkräften. AixGKMmn».
]Sin ungemein wichtiger Faktor für die Schätzung des Kraft-
bedarfes ist der Tarif, den man für die Verteilung elektrischer Energie
anzuwenden gedenkt. Nicht selten wird durch eine verfehlte Aufstellung des Tarifs
eine gesunde und kräftige Entwickelung des Unternehmens von vornherein unterbunden.
Man mußs den Tarif zunächst möglichst einfach zu gestalten suchen. Die Preise für
motorische Zwecke sind so zu stellen, dass die Konsumenten in der Verwendung elek-
trischer Energie einen Vorteil erkennen können. Für Beleuchtungszwecke dagegen sind
die hygienischen Vorzüge des elektrischen Lichtes und die Bequemlichkeit in der Aus-
und Einschaltung erfahrungsgemäss genügender Anreiz, um auch bei recht erheblich
höheren Preisen pro H.E. Lichtstärke mit allen anderen künstlichen Lichtquellen in
wirksame Konkurrenz zu treten. Näheres über Tarife vergl. Kap. III, 8.
Um an dieser Stelle einen ungefähren Überblick zu bieten, sollen im nachstehenden
einige Angaben über Anschlussziffern mitgeteilt werden. Fritz Hoppe hat sich der
dankenswerten Aufgabe unterzogen, aus der Statistik der Vereinigung der deutschen
Elektrizitätswerke Mittelwerte für Anschlussziffern pro 1000 Einwohner, eingeteilt nach
Stadtekategorien, zusammenzustellen M).
Tabelle XXXII.
Mittelwerte für Anschlussziffern.
I Mittelwerte für die Anzahl angeschlos-
sener 50 Watt Glühlampen, oder deren
Äquivalent in anderen Belenchtnngs-
kftrpern, bezogen auf 1000 Einwohner
Zahl der
motoren,
angeeehlosaeneo PS« in Elektro-
bexogen auf 1000 Einwohner
Einwohnerzahl
der Orte
Anzahl
der
Werke
Mittel
wert für
»amtliche
Anlagen
ad 2
Anzahl
der
neueren
Werke
Mittel-
wert fllr
neuere
Anlagen
ad 4
Anxahl
der
Werke
Mittel-
wert für
sämtliche
Anlagen
ad 6
Anzahl
der
neueren
Werke
Mittel-
wert ftr
neuere
Anlagen
ad 8
a
1
i
i
i
l
>
1
2 | 8
4
5
6
7
8
9
150—1000
28
680
5
884
17
16,4
5
7.9
1000-1500
89
482
9
510
24
IM
10
10.7
1500-2000
46
478
18
468
85
9,2
18
Ifi
2000-2500
49
500
14
520
42
10,7
14
8,1
2500-8000
50
448
12
440
41
10,8
11
4,95
8000-8500
49
450
16
400
42
9,4
17
»,8
8500-4000
45
500
19
494
40
11.1
17
10.4
4000-4500
86
478
12
452
28
8,9
11
8.«
4500-5000
26
406
8
824
25
11,1
7
M
5000-5500
22
850
12
880
21
8,81
12
492
5500-6000
28
862
6
819
18
8,3
6
6.48
8000-6500
16
886
6
510
15
6,8
8
9JS
6500—7000
18
867
4
404
11
6,0
2
V
7000—7500
11
862
2
886
9
6,9
2
5.8
7500-8000
11
876
2
840
8
10,0
1
7.4
8000-10000
19
835
1
285
18
6,9
3
8,75
10000-50000
71
287
81
153
71
8,9
31
7,25
.Dan Ergebnis der vorstehenden Betrachtungen zusammeogefasst, ergibt, dass aller Voraussicht nach
«durch Errichtung eines Elektrizitätswerkes ein wesentlicher Rückgang des Gaskonsums und damit der
„Einnahme aua den Oaswerk nicht zu erwarten ist.*
34) Fritz Hoppe, Was lehren die Statistiken der Elektrizitätswerke für das Projektieren und
die Betriebsfnhrung von elektrischen Zentralen. Darmstadt, Leipzig, 1903. S. 99 und 101.
§ 6.
Die wirtschaftlichen Vorarbeiten.
327
Er bat hierbei Mittelwerte angegeben, welche das Mittel ans allen Angaben
darstellen und ausserdem Mittelwerte, bei welchen anormale Werte ausgeschieden
sind. In der vorhergehenden Tabelle XXXII sind nur die letzteren erwähnt. In den
Spalten a sind die Werte angegeben, welche durchschnittlich im vierten bis fünften
Betriebsjahre erreicht sind, in den Spalten b Mittelwerte für neuere Werke im ersten
oder zweiten Betriebsjahr.
Die Zahlen der obigen Tabelle sind den Statistiken bis 1901 entnommen. Da aber
die Entwickelung des Bedürfnisses für Licht und Kraft nicht zum Stillstand gekommen,
sondern fortgeschritten ist, so kann man annehmen, dass die Verhältnisse heute eher
gunstiger liegen, als umgekehrt.
Um die Leistung in KW aus der Tabelle XXXII zu ermitteln würde man für
einen vorliegenden Fall zunächst den Anschluss einer Ortschaft nach Massgabe der Ein-
wohnerzahl in 50 Watt Lampen feststellen und dann diese Zahl mit 20 zu dividieren
haben. Um aus den Pferdestärken die KW zu ermitteln, wäre die Multiplikation mit
0,736 erforderlich, weil in der Tabelle bereits elektrische PS« gemeint sind.
Zuaammengefasst würden sich aus der Tabelle XXXII folgende Anschlussziffern in KW
pro 1000 Einwohner ergeben:
Tabelle XXXIII.
Mittlere Anschluss werte in KW pro 1000 Einwohner.
für Beleuchtung
für Motorensnschluss
im ganzen
Einwohnerzahl
Mittelwert
ans sämt-
lichen
Angaben
a
Mittelwert
für neuere
Werke
b
Mittelwert aus
sämtlichen An-
gaben
a
Mittelwert für
neuere Werke
b
Mittelwert
aus sämt-
lichen
Angaben
a
Mittelwert
für neuere
Werke
b
1
2
3
4
5
6
7
1500- 5000
5000-10000
10000-50000 «)
23,9
18,1
11,9
22,5
17,8
7,7
10,6 . 0,786 = 7,8
7,6 . 0,786 = 5.6
8,9 . 0,736 = 6,6
1
7,50 . 0,736 = 5,5
6,80 . 0,736 = 4,8
7,25 . 0,736 = 5,8
31,7
23,7
18,5
28,0
22,6
13,0
Da Städte mit Gasanstalten sich bezüglich der Anschlussziffern immerhin anders
verhalten, als solche ohne Gasanstalten ist von Hoppe noch eine vergleichende Zu-
sammenstellung gemacht für Städte mit und ohne Gasanstalten.
Er ermittelt, dass von 25 Städten mit 10 bis 20000 Einwohnern ohne Gasanstalten
nach durchschnittlich 51/» jährigem Betriebe angeschlossen waren pro 1000 Einwohner:
284 Glühlampen von 50 Watt und 9,5 PSe in Motoren d. h. zusammen 22,2 KW
und stellt demgegenüber 11 Städte von 10-30000 Einwohnern, mit Gasanstalten bei
welchen nach im Durchschnitt 5 jährigem Betriebe die Anschlussziffern pro 1000 Ein-
wohner betrugen:
207 Glühlampen von 50 Watt und 6,75 PS« in Motoren, d. h. zusammen 18,32 KW.
Um ferner zu zeigen, wie die Entwickelung von Elektrizitätswerken in Städten
mit Gasanstalten ungefähr von Jahr zu Jahr vor sich geht, teilt er dann noch mit, dass
betragen haben:
35) Für Ortschaften von 50—150000 Einwohner, welche heute aber wohl schon fast ausnahmslos
mit Elektrizität versorgt sind, ergibt die Statistik ungefähr dieselben Anschlussziffern, wie diejenigen
der dritten Reihe.
328 L Theodor Koehk. Ausbau von WasbbbkrIft». Allgemeines.
in 4 St&dten mit 11—33400 Einwohnern der Anschlusswert pro 1000 Einwohnern
allein für Licht
im ersten Jahre 2,85 KW im dritten Jahre 6,9 KW
im zweiten Jahre 5,6 KW im vierten Jahre 8,0 KW,
dagegen in 5 Städten mit 27300—40200 Einwohnern und ganz neu angelegten Elektrizi-
tätswerken der Anschluss für Beleuchtung pro 1000 Einwohner
im ersten Jahre 1900/1901 6,5 KW
. im zweiten Jahre 1901/1902 9,7 KW,
woraus er den Schluss zieht, das bei neueren Anlagen, wie das übrigens auch die Tabelle
XXXIII zeigt, schon im ersten Betriebsjahre mit Rücksicht auf das allgemein ge-
steigerte Bedürfnis nach Licht höhere Ziffern eingesetzt werden können, als sie bei älteren
Anlagen für die ersten Betriebsjahre nachgewiesen sind.
Über Anschlnssziffern in Ortschaften auf dem „platten Lande0 hat Dr. Robert
Haas in der Elektrotechnischen Zeitschrift 1902 Heft 35 interessante Mitteilungen gemacht
und zwar auf Grund von Beobachtungen in 35 Landgemeinden, welche an das Strassen-
bahnnetz der Hannoverschen Strassenbahn angeschlossen sind. Es handelt sich um 35
Ortschaften mit zusammen 37547 Seelen, darunter 3 Landstädte zwischen 2000 und
4000 Einwohnern und ein Flecken mit 4500 Einwohnern. In den betrachteten Ortschaften
lebt eine ganz vorwiegend Ackerbau treibende Bevölkerung. Bei dem Anschluss für
Beleuchtung entfielen nach den ersten zwei Betriebsjabren etwa 500 Lampen auf 1000
Einwohner ; unter diesen waren aber sehr viel von nur 5 HK, so dass sich pro installierte
Lampe eine durchschnittliche Helligkeit von 12 HK ergaben. Danach hat sich also ein
Anschlugsäquivalent in Beleuchtung nach den ersten zwei Betriebsjahren von etwa 20 KW
pro 1000 Einwohner ergeben. Für motorischen Anschluss ergab sich in der gleichen
Zeit ein Äquivalent von 67 elektrischen PS« pro 1000 Einwohner, d. h. etwa neunmal
soviel als nach Spalte 5 der Tabelle XXXIH. Von diesem Anschluss entfielen 77°/o
auf Anschliesser, welche sich mit Landwirtschaft im Hauptbetriebe beschäftigen86).
3*) Robert Haas führt in seinem Vortrage, welcher in der Elektrotechnischen Zeitschrift 1902
Heft 85 abgedruckt ist, wörtlich folgendes ans:
»Der Schwerpunkt der Kraftabgabe lag im landwirtschaftlichen Betriebe, denn er hatte fast 80° •
aller Pferdestarken absorbiert
.An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass es möglich ist, die Einnahme an Strom ans
der Landwirtschaft im voraus zu berechnen. Dies kann etwa auf folgende Weise geschehen:
„Der Hektar bringt etwa 30 bis 50 Ztr. Korn (als Mittel aus Roggen, Weizen, Gerste und Hafer
gerechnet). Man kann daher für mittleren Boden und mittlere Ernten 40 Ztr. ausgedroschenes Getreide
auf den Hektar rechnen. Dieses Getreide wird auf den grösseren Höfen, wo sich dazu Gelegenheit
bietet, elektrisch ausgedroschen werden. Das Ausdreschen eines Zentners Korn erfordert etwa V* KW-Std.
an Strom, mithin bringt jeder mit Getreide bewachsener Hektar einen Stromverbrauch von
40 X Vi = 20 KW-Std.
.,Da die landwirtschaftlichen Nebenbeschäftigungen des Elektromotors wie Schroten, Pumpen,
Häckselschneiden usw. nach einer Schätzung, die aus einigen landwirtschaftlichen Betrieben ersielt
wurde, etwa 15— 20°/o des Stromverbrauches beim Dreschen brauchen, so ist pro mit Getreide be-
wachsenen Hektar etwa
20 x 1,2 = 24 KW-Std.
im Jahre an Strom im Maximum zu erwarten.
«Vergleichende Berechnungen lassen erkennen, dass der Elektromotor bei 25 Pfg. Strompreis
pro Kilowattstunde noch eben mit der Lokomobile beim Dreschen konkurrieren kann. Man kann daher
annehmen, dass ein Strompreis von 20 Pfg. pro Kilowattstunde durchaus angemessen ist Da nach
obigem ein Hektar im Mittel jährlich für 24 KW-Std. Strom Arbeit gibt, so bringt der mit Getreide be-
wachsene Hektar bei 20 Pfg. Strompreis etwa 5 Mk. an Stromeinnahme ein.
% 5. Die ^ ittschaftlichen Vorarbeiten. 329
Es scheint auf den ersten Blick nach diesen Zahlen die Aussicht auf Energieab-
gabe auf dem platten Lande recht günstig zu liegen, doch ist, wie später gezeigt wird,
zu beachten, dass die Benutzungsdauer erheblich hinter dem Durchschnitt bei mehr
städtischen Anlagen zurückbleibt^ was auf die Rentabilität ungünstig einwirkt.
Hat man auf Grund der obigen oder ähnlicher Unterlagen den Kraftbedarf für
die ersten zwei Betriebsjahre bei der Verteilung im kleinen eingeschätzt, so darf man
im Durchschnitt für die folgenden beiden Betriebsjahre auf eine Zunahme des Anschlusses
um etwa je 25% rechnen, und man kann für die weiteren etwa 10 — 15 Jahre im Durch-
schnitt alsdann eine weitere Steigerung von etwa 3 bis 5°/o für die Rentabilität ein-
stellen. Das entspricht durchschnittlichen Ergebnissen. Im Einzelfalle kann es
durchaus berechtigt sein, wenn Beispiele ausgeführter Anlagen, welche
auf die Verhältnisse des vorliegenden Falls zutreffen, dafür sprechen,
für den jährlichen Zuwachs erheblich höhereZahlen zugrundezu legen.
Wenn es sich erweist, dass zur Befriedigung desjenigen Energiebedarfs, welcher
sich aus der vorgenommenen Schätzung der Anschlusswerte bei der Verteilung im kleinen
ergibt, die durch die Wasserkraft erzielbare Gesamtenergie nur zum Teil Verwendung
finden kann, so würde es in manchen Fällen doch verfehlt sein, die baulichen Anlagen
für die Wasserfassung und Wasserführung nur für diesen ermittelten Bedarf einzurichten,
es sei denn, dass eine Erweiterung jederzeit leicht und schnell möglich ist, ein Fall, welcher
zwar häufig für die Druckrohranlagen und das Krafthaus, selten aber für das Wehr und
den Werkkanal zutreffen dürfte. Wenn die in dem Konsumgebiet einer Wasserkraft-
anlage liegenden Ortschaften durch Eisenbahnverbindungen und durch Schiffahrt gut an
den grossen Verkehr angeschlossen sind, so darf man darauf rechnen, für die durch den
Verkauf im kleinen nicht verwendete Kraft auch noch Abnehmer zu finden, vorausgesetzt,
dass sie billig genug zur Verfügung gestellt werden kann. Als Massstab für den erzielbaren
Preis pro Einheit gelten diejenigen Kosten, zu denen sich die PSe-Stunde durch Wärme-
kraftmaschinen herstellen lässt, und es versteht sich von selbst, dass man, um eine An-
ziehungskraft auf neue Gewerbe und Industrien auszuüben, in der Lage sein muss, solche
Einheitspreise erheblich zu unterbieten. Man darf hierbei allerdings nicht allein
die Verhältnisse des engeren Konsumgebietes berücksichtigen, wo vielleicht die Brenn-
stoffe durch einen langen Transport verteuert werden, sondern man muss vielmehr die
Produktionsbedingungen eines weiteren Umkreises, vielleicht einer ganzen Provinz, oder
auch eines ganzen Staates, und, wenn es sich um sehr grosse Wasserkräfte handelt, auch
diejenigen der Nachbarstaaten in Rücksicht ziehen. Es gibt eine ganze Reihe von In-
dustrien, wie in § 1 Seite 22 und 23 bereits erwähnt wurde, welche überhaupt nur
mit Erfolg betrieben werden können, wenn die erforderliche Kraft zu Bruchteilen der-
jenigen Kosten pro PSe-Stunde zur Verfügung gestellt werden kann, zu welchen sich
die Kraft mit Wärmemaschinen erzeugen lässt. Bestimmte, allgemein gültige Ziffern
lassen sich hierfür nicht angeben, sondern nur von Fall zu Fall ermitteln. Bei der Be-
schreibung ausgeführter Anlagen im Kap. ü werden für einzelne Beispiele auch Anschluss-
ziffern mitgeteilt werden, sodass gegebenenfalls hieraus Schlüsse für ein neues Projekt
gezogen werden können.
Ist die Schätzung des gesamten zu erwartenden Anschlusses durch-
geführt, so handelt es sich weiter darum, die grösste gleichzeitige Be-
lastung und die Benutzungsdauer für die Anschlusswerte zu bestimmen.
„Da das deutsche Reich etwa 14 Mill. Hektar mit Getreide bewachsenen Boden hat, so würde
dies für den Fall, dass alles Getreide elektrisch gedroschen werden würde, allein 70 Mill. Mk. Strom-
einnahmen ergeben."
880 I. Theodor Koehk. Ausbau von WasbeberIften. Allgemeines.
Die grfeste gleichseitige Belastung, nach welcher die Grösse der zu beschaffen-
den Maschinen und der zugehörigen Betriebseinrichtungen zu bestimmen ist, wird meistens
in vH. des Anschlüsswertes ausgedrückt. In der Regel wird man die Wasserführung
und Wasserfassung, abgesehen von den Druckrohren, von vornherein so einrichten, dass
sie für absehbare Zeit ausreichen. Dagegen kann es zweckmässig sein, die Drnckrohr-
anlagen, das Krafthaus und die Fernleitung für den ersten Ausbau nur soweit vorzu-
sehen, dass sie etwa für den Bedarf der ersten 4 bis 5 Betriebsjahre ausreichen. Selbst-
verständlich mu8S bei der Projektaufstellung für die Erweiterungsmöglichkeit ohne Be-
triebsstörung Vorsorge getroffen werden. Das Gleiche gilt für die Reserveanlagen in
Wärmekraftmaschinen, welche sich etwa nach Massgabe des ermittelten Kraftbedarfes
als notwendig herausstellen.
Bezüglich des grössten gleichzeitigen Bedarfs hat Hoppe folgendes mitgeteilt:
Es betrug die gleichzeitige Höchstbelastung bei St&dten bis zu 10000 Einwohnern
im Mittel aus 16 Angaben 35°/o des Gesamtanschlusswertes, schwankend zwischen 20,7
und 61°/o.
Bei Städten von 10—50000 Einwohnern im Mittel aus 15 Angaben 31 °/o, schwan-
kend zwischen 22 und 49,4% und in Städten von 50000 bis 100000 Einwohnern im
Mittel 36,8%.
Da die Verwendung dieser Mittelwerte immerhin misslich wäre, sofern man die-
selben nicht durch Vergleiche mit bestimmten, für die projektierte Anlage in besonderem
Masse passenden Beispielen bestätigt findet, so wird man für die Beschaffung der
Maschinen und der zugehörigen Betriebeeinrichtungen, doch meistens 40 bis 60% des
Anschlusswertes für Beleuchtung und 30 bis 50% des Anschlusswertes für kleine Motoren
als grösste gleichzeitige Belastung zugrunde zu legen haben. Hierbei ist vorausgesetzt,
dass der Verkauf von Energie im wesentlichen nach Zählertarifen erfolgt, wobei der
Konsument an der möglichst sparsamen Benutzung der bei ihm installierten Lampen und
Motoren direkt interessiert ist Handelt es sich um ein Kraftwerk, für welches ein
Pauschaltarif als vorherrschend angenommen werden soll, so hat man auf einen grössten
gleichzeitigen Konsum von 60 bis 80% vom Anschlusswert für Beleuchtung und von
80 bis 90% für Motoren etc. zu rechnen. Hieraus ergibt sich dann die höchste gleich-
zeitige Belastung des Gesamtanschlusses, nachdem festgestellt ist, ob und inwieweit der
grösste Licht- mit dem grössten Kraftkonsum zusammenfallen kann.
Grossabnehmer in Motoren und Licht werden häufig den Pauschaltarif vorziehen,
und es ist deshalb in solchem Falle zweckmässig, wenn man den grössten gleichzeitigen
Bedarf für die Grossabnehmer gesondert berechnet. Das gleiche gilt besonders für die
öffentlichen Beleuchtungsanlagen, für welche meistens Brennstundentabellen aufzustellen
sind, nach welchen der grösste gleichzeitige Konsum berechnet werden kann*7).
Eine wichtige Tatsache welche sich aus den oben gegebenen Ziffern ergibt, sei hier
besonders hervorgehoben. Man kann nämlich in allen Fällen, sei es, dass
die Kraft nach Zählertarifen oder Pauschaltarifen verkauft wird, mehr
Kraft verkaufen, als man mit der Kraftanlage an den Kensumsteilen maximal
gleichzeitig zu liefern vermag, weil die maximale Benutzung aller Anschluss-
objekte niemals gleichzeitig stattfindet. Da man aber häufig Verwechselungen
begegnet, so sei nochmals auf die fettgedruckten Worte besonders hingewiesen. Wie
87) Friti Hoppe gibt in «einem Boche: »Projektierung von Elektrizitätswerken" 10. Band
des Repetitorinms der Elektrotechnik, herausgegeben tob Alex Königs werter, Hannover 1906, 8. 81
folgende Tabelle:
f 5.
DIE WIBTBOHAFTLICHEH VOBAUBBTTEH.
881
auf Seite 886 gezeigt wird, kann in Fällen, wo die maximal gleichzeitig bei den
Konsumenten abzugebende Energiemenge z. B. auf 60°/o nnd mehr des
Gesamtanschlusswertes anzunehmen ist, die im Krafthause maximal gleichzeitig zu
erzeugende Energiemenge infolge der Energieverluste in Leitungen und Maschinen etc.
ungefähr gleich dem Anschlusswerte werden. Da der maximal-gleichzeitige
Lichtkonsum im Jahre durchschnittlich nur an wenigen Tagen und
dann auch immer nur während 2 bis 3 Stunden eintritt, so ist es vom
betriebstechnischen Standpunkte aus vertretbar, wenn man die er-
forderliche Reserve in Maschinen nicht nach Massgabe dieses maximal
gleichzeitigen Energiebedarfes berechnet, d. h. also, dass man die
Heranziehung eines grossen Teiles der Reserven für die Deckung des
maximal gleichzeitigen Bedarfes in Licht als zulässig erachtet. Anders
liegt es bei dem Energiebedarf für motorische Zwecke, weil sich hier der maximal-gleich-
zeitige Konsum nicht nur auf wenige Stunden und wenige Tage beschränkt, oder doch
wenigstens nicht zu beschränken braucht, sondern sich häufig wiederholen kann.
Die Erfahrung lehrt weiter, dass im normalen Betriebe bei Verteilung von
Kraft und Licht im kleinen nach Zählertarifen durchschnittlich etwa
nur 10 — 20°/o des Anschlusswertes gebraucht werden und dass man bei
Pauschaltarifen im Durchschnitt nicht mehr als mit einem Konsum von
30 bis höchstens 50% zu rechnen hat. Anschlüsse von Grossabnehmern
für motorische Zwecke und öffentliche Beleuchtungsanlagen sind auch
in dieser Beziehung besonders zu behandeln.
Sowohl für die Betriebskostenberechnungen, als auch für die Rentabilitätsberech-
nungen ist es femer von grösster Wichtigkeit, die Benntaungsdaner zu kennen, auf
welche man für die einzelnen Anschlussobjekte jährlich rechnen darf. In dieser Bezie-
hung ist es für den projektierenden Ingenieur stets das Empfehlenswerteste sich möglichst
genaue Kenntnis von der Benutzungsdauer bei solchen bereits in längerem Betriebe be-
findlichen Anlagen zu verschaffen, bei welchen ungefähr ähnliche Verhältnisse wie in
seinem Falle vorliegen.
Hier mögen zunächst einige Angaben Platz finden, welche von Hoppe aus der
Statistik der Elektrizitätswerke ermittelt sind:
Monatliche nnd jährliche Brennzeiten in !
Standen. Für Mitteldeutschland und Ortszeit
T>iche Brennzeit
m
0
a
e
£
1
'S
<
'2
a
B
•^4
5
i
0
<
J
1
M
•
1
u
I
S
•
8
»4
•3
1
Vom Sonnenuntergang
bis 8 Uhr abends
125
89
67
36
6
—
21
54
87
117
140
742
. » ,
156
117
98
86
87
20
25
52
84
118
147
171
1091
. 10 .
187
145
129
96
68
50
56
83
114
149
177
202
1446
. 11 .
218
178
160
126
99
80
87
114
144
180
207
233
1821
, 12 .
249
201
191
156
130
110
118
145
174
211
237
264
2186
„ 2 | morgens
811
257
253
216
192
170
180
207
284
278
297
826
2916
, * .
378
313
315
276
254
280
242
269
294
335
857
888
3646
von 4 Uhr morgens t ajj
• 5 . • all
125
92
69
32
3
—
—
34
51
75
103
154
728
94
64
38
2
—
—
—
—
21
44
83
123
459
68
36
7
15
43
92
256
882
L Theodor Koran. Ausbau vok Wa9sbuvülttks. ALLOBtamras.
Tabelle XXXIV.
B— i«opg»d>qw tob MgMeUoaMtMD L«wp«n aad Motoren in 8tsnd«a.
' "' ^- ^- — - ■
Vftr Belcncntnnff
Fftr Motoren
ünw«hner-
Ansmnl der
Anlngnn, «u
d«n«n die
MitUlwerU
ad 4 ermittelt
sind
Gmnswnrto
in
Stunden
Mittel-
wert» in
Stunden
Anzahl der
Anlagen, ans
denen die
Mittelwerte
ad 7 eramittelt
amd
Grenzwerte
in
Standen
Mittel-
werte in
atnmden
Mittelwerte
Orden
ceenaten
Aaoohtoai
pro Kw.
1
2
3
4
5
6
7
8
bis 10000
10- 50000
50-150000
25
26
170- 847
118-1247
375
410
320
25
23
107- 825
72-1090
-
420
540
477
410
545
Ungleich kleiner als die Durchschnittszahlen der Tabelle XXXIV mnss die Benut-
zungsdauer für Anschlüsse auf dem platten Lande angenommen werden. Nach den An-
gaben von R. Haas haben sich bei den von dem genannten Verfasser geschilderten ort-
lichen Verhältnissen (vergl. S. 328) für Licht nnr eine jährliche Benutzungsdauer von
180 bis 200 Stunden, für motorische Anschlüsse eine solche von nicht ganz 150 Stunden
ergeben. Bei allen obigen Angaben war Zählertarif vorausgesetzt. Bei Pauschaltarifen
kann die Benutzungsdauer doppelt und dreifach so gross werden.
Als Anhaltspunkte für die Einschätzung der Benutzungsdauer einiger besonderer
Lichtkonsumenten mögen noch folgende Zahlen dienen:
Es beträgt die durchschnittliche Benutzungsdauer pro Jahr und angeschlossene
Lampe:
r
»
nach Fritz Hoppe:
für Bahnhöfe und Postämter . 1766 Std.
„ Ladengeschäfte .... 384
„ Gasthöfe, Restaurants, Caf6s 482
„ Banken und sonstige Ge-
schäftsräume .... 323
„ Theater, Gesellschafts- und
Vergnügungslokale . . 300
„ Wohnungen 113
v Kirchen und Museen . . 127
„ Heil- u. Pflegeanstalten 227
,. Fabriken, Werkstätten,
Lagerräume .... 336
,. Strassenbeleuchtung in klei-
neren Städten 800—1000
in mittleren Städten 1500—1600
nach L. Saint-Martin*8):
für Bahnhöfe 1492 Std.
r
öffentliche Gebäude . .
Läden und Warenhäuser .
Kaufmännische Bureaus .
Hotels, Restaurants, Cafes
Theater, Zirkus, Ausstel-
lung
Privatwohnräume . . .
Krankenhäuser ....
Werkstätten u. Fabriken
öffentliche Beleuchtung
332 .
365 .
tJ'il'JL ,.
464 ',
303 „
132 „
323 -
18Ö9 .
n
in grossen Städten 3000—3880
Strassenlaternen, die um 11 Uhr gelöscht werden verbrauchen 1553 Stunden,
Nachtlaternen 3652—3675 ff
Strassenlaternen bis 12 Uhr nachts 1900,5
Strassenlaternen bis 1 Uhr nachts 2265,5
Strassenlaternen von 12 Uhr nachts ab 1774,5 p
38) Etüde sur les distributions d'änergie älectrique poor force motrice. Extreit da balletia
technologique (mars et avril 1903), de la Socilte de« AncieDS Elevea des Ecolee Nationale« des Arte et
Ifttiers. Paria 1903.
§ 6. Die wirtschaftlichen Vorabbeotn. 333
Nach Mitternacht brennen in der Regel
in kleinen Städten 20 — 25°/o aller Lampen.
in mittleren Städten 33 — 50% aller Strassenlampen
in grossen Städten 50 — 75% „ » »
Für einzelne grosse Anschlüsse zu motorischen Zwecken, bei welchen nach Pau-
schalen gezahlt wird, kann man bei Tagesbetrieb auf 3000—3600 Betriebsstunden jährlich
und bei Nacht- und Tagbetrieb auf 7200—8520 Stunden Benutzungsdauer rechnen.
Hat man mit Hilfe der obigen Angaben und auf Grund der geschätzten Anschluss-
werte ermittelt, welchen grössten gleichzeitigen und welchen jährlichen Energieverbrauch
man bei den Konsumenten zu erwarten hat, so handelt es sich weiter darum, die grösste
gleichzeitig und die jährlich durchschnittlich im Krafthause am erzeugende
Emergiememge zu finden.
Da in den Verteilungsnetzen, in den Fernleitungsnetzen, sowie in dem Krafthause
selbst Energiererluste unvermeidlich sind, muss die im Krafthause erzeugte Energiemenge
grösser sein, als die Eaergieabgabe bei den Konsumenten, oder anders ausgedrückt,
es muss die Zahl der nutzbar abgegebenen KW-Stunden kleiner sein als die der er-
zeugten. Für die wirtschaftlichen Vorarbeiten ist es notwendig, diese Verluste, wenn
auch zunächst nur angenähert, zu kennen, um daraus die Grundlagen für die Aufstellung
des Anschlages und für die Berechnung der Betriebskosten zu gewinnen. Die Verluste im
Verteilungsnefee**), ausgedrückt in % der Leistung bangen ab: von dem Stromsystem, von
der Lange des Leitungsnetzes und von der Dimensionierung der Speise- und Verteilungs-
leitungen im Verhältnis zur Stromstärke. Sie können deshalb in weiten Grenzen schwanken.
Ein reichlich dimensioniertes und deshalb teureres Netz wird naturgemäss kleinere Ver-
luste aufweisen, als ein für dieselbe Leistung knapp dimensioniertes und deshalb billigeres
Netz. Genauere Rechnungen anzustellen, muss Sache des Elektrotechnikers bleiben. Hier
kann es sich nur um überschlägliche Angaben handeln, welche den Bauingenieur in den
Stand setzen sollen, zunächst bei seinen Vorarbeiten zu einem Schlüsse zu kommen.
Hoppe teilt mit, dass die Verluste im Leitungsnetze im Sinne der Fussnote 39
betragen haben:
in Städten bis zu 10000 Einwohnern durchschnittlich 11,2%
von 10—50000 Einwohner durchschnittlich 11%
von 50—150000 Einwohner durchschnittlich 8,2%
und zwar drücken diese Zahlen die Verluste im Jahresdurchschnitt m Prozenten der e r-
zeugten Energiemenge aus. Die Verluste bei maximaler Belastung müssen natürlich
erheblich höhere gewesen sein, als diese durchschnittlichen Verluste. Will man die Ver-
luste in % der nutzbar abgegebenen Leistung ausdrücken, so müssen selbstver-
ständlich auch hierfür die Prozentsätze höher sein, wenn sich dasselbe Resultat ergeben
soll. Bei der Berechnung des Verteilungsnetzes und der zugehörigen Betriebseinrichtungen
wird die maximale Belastung zugrunde gelegt, und es werden meistens für die
Speiseleitungen Spannungsverluste von 10 bis 15%, im Verteiluhgsnetze
im engeren Sinne, wenn Licht oder Licht und Kraft angeschlossen sind, aber nicht mehr
als 1,5 bis 2,5% der Lampenspannung zugelassen. Sind nur Motoren angeschlossen
so erachtet man wohl noch Verluste von 5 bis 8°/o im Verteilungsnetze selbst für zulässig.
Für die Bestimmung der maximal-gleichzeitig in das Verteilungsnetz im Sinne der Fuss-
••) Unter Verteilungsnetz »oll hierbei das ganze Netz verstanden werden, welches sich an die
Fernleitung aoschlieest, also bei einer Dampfanlage, welche im Konsumgebiet selber gebaut ist, das
ganze Netz Überhaupt
334
L Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
note 39 zu liefernden Energiemenge wird es mit der für Vorarbeiten erforderlichen
Genauigkeit genügen, wenn man bei der grössten-gleichzeitigen Belastung in den Lei-
tungen bis zu den Konsumenten einen Energieverlust von 15 bis 23% zugrunde legt.
Bezeichnen wir die maximal gleichzeitig nutzbar abzugebende Belastung mit N,
so ist der Energiebedarf für diese Belastung am Anfang der Speiseleitung
0,86 bis 0,75'
Für die Verluste in der Fernleitung können die bei Tabelle X auf Seite 264 gemachten
Annahmen Anhaltspunkte bieten, worauf hier verwiesen werden mag.
Die Verluste in deq Generatoren betragen durchschnittlich40) (vergL auch
Kap. m, 6. B.):
¥ttr Dynanio-
Bss*«ainen n.
Motoren ron
Bei voller bis
•/« Belastung
Zwischen */* bis
Vi Belastung
Bei V» bis Vi
Belastung
Bei V* bis V«
Belastung
1
2
3
4
5
e-io PS.
15-50 ,
bei grosseren
Maschinell
20-25 °/o
10—20 o/o
7—9 •/•
l°/omehr als zu Nr. 2
l°/o , , . . .
!•/• » . . . .
2—8°/« mehr als tu Nr. 2
2-8<7o , , . , ,
2-S> , , , , .
8 —5 •/• mehr als xa Nr. 2
3-5*/# , , , , ,
3-5°/# , , . , .
Die Verluste in den Transformatoren betragen bei kleineren Einheiten von 5 KW
bei cos q> = 0,8 etwa 7%, bei grösseren Einheiten von 100 KW aufwärts etwa 2 bis
3% bei voller Belastung. Da man am Ende der Fernleitung häufig gezwungen ist, an
vielen Stellen eine Transfonnierung des Stromes vorzunehmen, so werden die Einheiten
hier klein und die Verluste grösser. In dem Krafthause dagegen, wo man meistens
grössere Einheiten aufstellen kann, werden die Verluste mit 2 bis 3°/o bei maximaler
Belastung wohl meistens ausreichend bemessen sein, vergl. Kap. III, 6. B Krafthftuser.
Elektrischer Teil.
Zu den bisher aufgezahlten Energieverlusten kommt dann noch der Eigenbedarf
im Krafthause selbst, z. B. für die Beleuchtung, für den Antrieb der Werkzeugmaschinen,
für die Bewegnngsmechanismen der Schützen an den Turbinenkammern und am Wehre,
für die ölpumpen, sowie bei Wechselstromanlagen der Eigenbedarf für die Erreger-
maschinen. Auf Grund der bereits gegebenen und im Kapitel III noch zu machenden
Angaben wird man in der Lage sein, den Bedarf im Einzelfalle genau genug zu veran-
schlagen. Durchschnittlich und überschläglich dürfte er genügend berücksichtigt sein,
wenn man bei Gleichstromzentralen einen Zuschlag von l°/o, bei Drehstromzentralen
mit Bücksicht auf die Erregermaschinen einen Zuschlag von 1,5 — 1,75% zu den PS«
oder KW bezeichnungsweise zu PS« oder KW-Stunden macht, welche unter Berücksich-
tigung aller Energieverluste im Krafthause maximal gleichzeitig und durchschnittlich
zu erzeugen sind.
Beispiel. Angenommen der gesamte Anschlnssweri einer Drehstromanlage mit Transformatoren
betröge 2000 KW nnd der maximal gleichseitige- Energie verbrauch würde mit Rücksicht auf nach
Pauschaltarif angeschlossene Qroesmotoren auf 60°/«, d. h. anf 1800 KW ermittelt, so mSssie man
maximal-gleichseitig am Anfang des Verteilungsnetses bei einem Verluste im Yerteüangsnets von maximal
1200
= 1500 KW abgeben können. Bei einem Verlost Ton 4°/« in den am Ende der FerakÜnng
»•/#
0,80
befindlichen Transformatoren nnd 10% in der Fernleitung selbst mflssten an die Seramejschienea der
*0) Frits Hoppe, Wie stellt man Projekte etc. auf. S.
f 5. Die wietschaftuohkn Vorarbeiten. 335
1500
Hochspannung im Krsftnanse maximal rd. -^^ = rd. 1745 KW abgegeben werden. Bei einem Verlast
U,00
in den Transformatoren des Krafthauses von 2%, einem Wirkungsgrad der Generatoren von 91,5 °/o
1745
«ad einem Eigenbedarf im Krafthause von 1,5°/« mfisaten die Turbinen rd. 7; öö = 1988 KW oder
1745
2694 PS« maximal leisten können« Die Grösse der Generatoren selbst würde sieb auf AQ_e = rd. 1800 KW
U,9DO
berechnen. Es ergibe sieb also xwiseben den elektrischen Generatoren und Konsumstellen bei der
maximal-gleiobseitigen Belastung ein Wirkungsgrad von rd. 0,67, zwischen Turbinen und
Konsumstellen ein Wirkungsgrad- von rd. 0,60. Gebt man also von einer maximal gleichseitig su
erzeugenden Energiemenge von 1800 KW aus und nimmt an, dass die durchschnittliche Leistung etwa
SO9/« der maximalen oder 18*/* des Anschlusswertes betrüge, d. h. rd. 860 KW, so würde man damit
alle Anhaltspunkte für die Wahl der Einheiten besitsen. Bei einer Anlage an fliessendem Wasser ohne
Anfspeieherungsbecken mit genügendem Wassenufiuss würde man sweekmissigerweise drei gleiche
Einheiten von 750 bis 900 KW wählen können und damit noch Besenren von '/* M* x/t besitsen. Die
grossen Einheiten würden in solchem Falle vorteilhafter sein, weil es auf den Nutzeffekt der Maschinen
bei schwacher Belastung nicht so sehr ankäme, der Betrieb aber bei weniger und dafür grosseren Ein-
heiten einfacher und billiger wird.
Würde es sich dagegen s. B. um eine Anlage mit Aufspeicherungsbecken handeln, (vergl.
Kap. in 1 C. Stauweiher) und würde der Bedarf im Verhältnis sur vorhandenen Wassermenge der-
artig sein, dass man auf eine besondere Ökonomie in der Verwendung des Wassers angewiesen wäre,
so würde man die Einheiten so su wählen haben, dass die Belastung der einseinen Maschinen bei den
verschiedenen Betriebsperioden möglichst nicht viel unter drei Viertel sinkt Man würde also etwa
2 Einheiten su je 450 KW und 2 weitere Einheiten su je 700 bis 900 KW wählen.
Es kann vorteilhaft sein, wenn das Verteilnngsnetz mit Gleichstrom betrieben
wird, oder wenn einzelne Grosskonsumenten für Gleichstrom angeschlossen, aber keine
Stanbecken vorhanden sind, die in der Nacht verfügbare, aber nicht direkt verwend-
bare Kraft durch Anlage von Akkumulatoren40) auf der elektrischen Seite aufzuspeichern.
Handelt es sich in einem solchen Falle um eine Drehstromzentrale, so muss der Strom
zunächst in Gleichstrom umgeformt werden, was durch Umformer geschieht. Diese
können als sogenannte rotierende Umformer gebaut sein, d. h. als Maschinen, welche
in ein und derselben Ankerwickelung Wechselstrom aufnehmen und Gleichstrom abgeben.
In diesem Falle würde der Wirkungsgrad einer solchen Maschine etwa dem oben ange-
gebenen Wirkungsgrade für die Generatoren gleich sein. Werden die Umformer dagegen
durch eine Drehstrommaschine als Motor und durch eine Gleichstrommaschine als Gene-
rator gebildet, so ergibt sich ungefähr der doppelte Effektverlust. In den Akkumulatoren-
batterien selbst haben sich nach Hoppe in °/o der erzeugten Energie durchschnittlich etwa
folgende Energieverluste ergeben:
Bei kleineren Anlagen in Städten bis zu 10000 Einwohnern im Mittel 13,4 °/o,
maximal etwa 27%- Bei grösseren Werken iu Städten von 10 — 50000 Einwohner im
Mittel 11,3%, maximal 20°/o.
Diese mittleren Verlustziffefn sind aber nur zutreffend bei sehr
guter Instandhaltung der Akkumulatoren. Für eine Vergleichsrech-
nung sollte man höhere Verluste zugrundelegen.
Aus den Anschlusswerten für Licht und für motorische Zwecke,
sowie aus der Benutzungsdauer ergeben sich die jährlich nutzbar ab-
zugebenden Energiemengen in PS« -Stunden oder KW-Stunden. Es fragt
sich nun noch, in welchem Verhältnis die erzeugte Energie zur nutz-
bar abgegebenen Energie steht.
40) Vergl. Frits Hoppe: Wie stellt man Projekte etc. auf. 8. 96-101 und S. 214. Fflr die
Unterhaltung der Akkumulatoren sind 8-10°/o des Anschaffungswertes und für die Erneuerung such
etwa 10°/t in Ansatz su briogen.
336 I. Theodor Koehn. Aubbau voir Wasserkräften. Allgemeine».
Ans der Statistik der deutschen Elektrizitätswerke ergeben sich angenähert folgende
Verhältniszahlen :
Verhältnis von nntxbar abmgebsMr
Energie zur erzeugten Energie.
Für Elektrizitätswerke in Städten bis zu 1000 Einwohnern 0,760
in Städten von 1000—60000 Einwohnern 0,760
„ „ 50—100000 „ 0,774
„ „ über 100000 „ 0,834.
Wenn man also einen Anschlußswert von zusammen 2000 KW und mit Rücksicht anf
einen überwiegenden Motorenanschloss durchschnittlich eine 1000 stündige Benutzungs-
dauer pro Jahr ermittelt hätte, so würde man 2000000 EW-Stunden jährlich nutzbar
2000000
abzugeben haben. Bei einem Wirkungsgrad von 0,76 würde man daher ft-fi = 2 631 579
KW-Stunden erzeugen müssen. Da die obigen mittleren Verhältniszahlen aus Angaben
von Elektrizitätswerken ermittelt sind, welche in überwiegender Mehrheit mit Gleichstrom
betrieben werden, so müsste man bei Drehstromanlagen mit längerer Fernleitung noch
die Verluste in dieser und den Transformatoren hinzurechnen, wofür überschläglich ein
Verlust von etwa 5—10% hinzuzurechnen wäre. Ist die zu erzeugende jährliche Energie-
menge in EW-Stunden oder in PS«- Stunden ermittelt, so hat man unter Berücksichtigung
der Verteilung des Gesamtanschlusses auf Licht und Kraft und unter Berücksichtigung
der speziellen Verhältnisse bei allen grösseren Anschlussobjekten einen Betriebeplan
aufzustellen. Auf Grund dieses Betriebsplanes lassen sich dann die Betriebsstunden
der einzelnen Arbeitsperioden und die zugehörigen Belastungen ermitteln und die Be-
rechnung der Betriebskosten durchführen. Hierbei ist es nicht nötig, alle möglichen
Schwankungen in der Betriebsbelastung zu berücksichtigen, vielmehr genügt es vollkommen,
wenn man etwa für jedes Vierteljahr eine typische, durchschnittliche Betriebsdauer pro
Tag und für den typischen Tag auch die typische Üurchschnittliche Belastung während
je 6 Stunden feststellt.
b) Die Rentabilitätsberechnung.
Die Rente eines Unternehmens wird gefunden, indem man von den Gesamtein-
nahmen die Gesamtausgaben abzieht. Ob man zu den Betriebsausgaben formell die
Verzinsung des Anlagekapitals ganz oder zum Teil zu rechnen hat, hängt von der Art
der Kapitalbeschaffung und von der Form ab, in welche das Unternehmen gekleidet ist
Bei Aktiengesellschaften z. B. werden zu den Betriebsausgaben nur die Zinsen derjenigen
Kapitalien gerechnet, welche nicht durch Ausgabe von Aktien beschafft sind. Man spricht
also in diesem Falle bereits von einem Gewinn, wenn für das Aktienkapital überhaupt irgend
eine Verzinsung übrig bleibt. Es ist aber zweckmässig, bei wirtschaftlichen Vorarbeiten
in die Betriebsausgaben eine normale Verzinsung des Gesamtkapitals hineinzurechnen und
als Gewinn im eigentlichen Sinne erst den Betrag anzusehen, welcher nach Abzug aller
Ausgaben einschliesslich einer bürgerlichen Verzinsung des Gesamtkapitals übrig bleibt
Wie hoch die letztere anzunehmen ist, hängt von dem Lande ab, in welchem das Unter-
nehmen liegt und von den besonderen Umständen, welche auf dem Geldmarkte z, Z.
obwalten.
Für die Berechnung der Einnahmen geht man am besten von den ermittelten
Anschlusswerten aus. Man findet häufig die Berechnung der Einnahmen einer Wasser-
kraft so durchgeführt, dass die gesamte Energieabgabe in PS»-Stunden oder KW-Stunden,
welche mit der Wasserkraft pro Jahr — sei es während 10 — 12 Arbeitsstunden pro
§ 6.
Ddb wirtschaftlichen Vorabbetten.
337
Tag, oder sei es gar während 24 Arbeitsstunden pro Tag — geleistet werden kann, mit
einem Verkaufspreis pro PS«-Stunde oder KW-Stunde multipliziert wird. Hierbei wird
also nicht berücksichtigt oder doch jedenfalls nicht nachgewiesen, ob für die
Kraft auch entsprechende Verwendung zu erwarten ist oder nicht. Diese Art
der Berechnung kann deshalb oft zu hohe Einnahmeziffern ergeben, auch wenn man einen
scheinbar sehr niedrigen Preis pro PS»-Stunde oder KW-Stunde einsetzt. Es ist darum
besser, von den ermittelten Anschlusswerten auszugehen.
Handelt es sich um Kraftlieferung für einen oder wenige Konsumenten, so wird
man die abzugebende Leistung in PS0-Stunden oder KW- Stunden verhältnismässig sicher
berechnen und auf Grund der vereinbarten Einheitspreise die Gesamteinnahmen mit
gleicher Sicherheit ermitteln können. Handelt es sich dagegen um öffentliche Kraft-
verteilung, so muss man die Benutzungsdauer der einzelnen Anschlusswerte schätzen (vergl.
S. 331 und 332) und daraus die abzugebende Leistung in PS« -Stunden oder KW- Stunden
berechnen. Hierbei wird man jedenfalls die Gesamtanschlusswerte zunächst in a) Be-
leuchtungsstrom und b) in Strom für gewerbliche Zwecke zu trennen haben, da man
bis heute fast allgemein den Tarif noch für Licht und Kraft verschieden gestaltet. So-
weit es irgend erreichbar ist, trennt man auch die Licht- und Kraftanschlüsse noch
weiter nach ihrer vermutlichen Benutzungsdauer, damit man nach Massgabe des Tarifes
für jede Kategorie die zutreffenden Einheitspreise im Jahresdurchschnitt mit erreichbarer
Genauigkeit einsetzen kann.
Wird nach Pauschaltarifen verkauft, so ergibt sich die Einnahme ohne weiteres
aus der Zahl und Grösse der verschiedenen Anschlussobjekte in Licht und Kraft durch
Multiplikation mit den tarifmässigen Pauschalsätzen.
Zur Kontrolle der derart ermittelten Einnahmen mögen folgende Zahlenangaben
dienen, welche von Fritz Hoppe aus der Statistik der Elektrotechnischen Zeitschrift,
1905, Heft 2 ermittelt und im Heft 29 Seite 676 und 677 mitgeteilt sind40).
Durchschnittliche jährliche Einnahmen.
Grösse der normalen
Gesamtleistung in
der Zentrale
Für Beleuchtung
pro KW* Stande
bei einem
Grundpreise von
= 601* |<60Pf
in Pfennig
; pro angeschlossenes
KW bei einem
Grundpreise Ton
= 60 Pf. |<«0Pf.
in Mark
pro ange-
schlossene 50
Watt- Lampe
bei einem
Grundpreise von
< 60Pf.
in Mark
Für gewerbliche Zwecke
pro KW-Stunde
bei einem
Grundpreise Ton
= 20 Pf. | < 20 Pf.
In Pfennig
pro angeschlossenes
KW bei einem
Grundpreise ron
= 20 Pf. | < »Pf.
in Mark
Über 5000 KW
, 2000-5000 „
, 1000-2000 „
, 500—1000 ,
. 250-500 „
100—250 ,
anter 100
50,6
42,7
175
167
48,2
41,7
162
148
45.0
—
143
—
46,0
45,3
141
120
52,8
42,7
160
176
43,5
36,8
190
172
41,4
39,3
154
134
8,85
7,45
6,00
8,80
8,60
6,70
19,8
__
63
17,3
14,66
82
16,7
12,2
90
18,0
13,7
64
19,0
13,8
42
18,7
17,0
63
18,8
—
81
61
49
51
52
44
Aus der obigen Zahlentafel haben sich ferner folgende Mittelwerte ergeben:
*0) Fritz Hoppe, Finanzielle Ergebnisse städtischer Elektrizitätswerke. Elektrotechnische
Zeitschr. 1905, Heft 29.
Handbuch der Ing.- Wissen seh. III. Teil. 13. Bd.
22
888
L Thäodob Eobhk. Ausbau ton WassebkbIttbn. Allgsmsznbb.
a) Geordnet nmeh Verwaltungen.
Verwaltung
atadt.
privat
Anzahl der in Betracht
gezogenen Werke
50
42
Hinnahme fttr Beleuchtung:
ProangeschlossenesKW Mk.
Pro nntsbar abgegebene Kilo-
wattatonde ... Pf.
Einnahme für Kraft:
Pro angeaehloaaeneaKW Mk.
Pro nntsbar abgegebene Kflo-
wattetande ... Pf.
UmUUlnMIUlMIUIV .
a) Pro nntsbar abgegebene
Kilowattstunde . . Pf.
b) In V.H. des Anlagekapitals
158
44,8
78
21,10
81,9
16,05
164
45,2
65
18,20
81,1
14,68
b) Gesamteinnahmen, geordnet nach dar Grosse der
Zentralenleiatung.
Anzahl
der In
Pro
nntsbar
In t.
a««
8t6m6 dar normalen
A ||M
flmmtUirtong in
der Zentral«
Betracht
gesogenen
Werk«
abgegebene
Kflovwtt-
•tande
in Pfc
Owtit-
enlas*
kapital«
kapftalaAr
tiiLrf-
Ober 5000 KW
14
22,4
173
55,4
, 2000-5000 ,
10
29,7
19,6
513
, 1000-2000 ,
19
29,0
14,8
44,6
„ 500-1000 .
23
30,0
16,1
4M
, 250-500 ,
15
86,6
18,0
48,0
, 100-250 ,
10
40,0
12,8
403
unter 100 ,
7
37,1
8,6
813
An dieser Stelle sei noch einmal darauf aufmerksam gemacht, dass man für die
sogenannte „unständige Kraft" nicht mit denselben Einheitspreisen rechnen darf
wie für die ständige Kraft. Man muss vielmehr annehmen, dass für die Kraft, welche
nur während neun Monate abgegeben werden kann, nur etwa drei Viertel des Durch«
schnittspreises der ständigen Kraft und für die sechsmonatliche Kraft nur der halbe
Preis pro Einheit im Durchschnitt erzielbar sein wird.
Die Grossabnehmer, welche 24 stundige Kraft abnehmen, werden, wenn sie nach
Zählertarif zahlen, im Durchschnitt für die Nachtkraft auch nur 60 bis 70% derjenigen
Einheitspreise zahlen können, welche für Tagesbedarf verlangt werden41), und wenn
nach Pauschalpreisen verkauft wird, so darf man für 24 ständige Kraft nicht das
Doppelte der 12 ständigen, sondern etwa nur 60 bis höchstens 70°/o mehr in Anschlag
bringen.
Ist nach diesen Gesichtspunkten die Einnahme ermittelt und werden von der
Gesamteinnahme die gesamten Betriebskosten abgezogen, so ergibt die Differenz den
Reinüberschuas. Von diesem Reinüberschuss gehen aber noch weitere Betrage ab, bevor
von einem verteilbaren Reingewinn gesprochen werden kann und zwar:
1. Die Deckung etwaiger Betriebzuschüsse in den ersten Betriebsjahren,
2. 5 °/o des Reinüberschusses für den Reservefond. Die Dotierung des Reservefonds
ist bei öffentlichen Gesellschaften fast in allen Staaten gesetzlich vorgeschrieben,
aber auch bei Unternehmungen in anderer Form zweckmassigerweise stets vor-
zunehmen *•),
3. Die Tantiemen an die Direktion und die Beamten und, insofern es sich um eine
Gesellschaft handelt, auch die Tantiemen des Aufsichtsrates. Dieser Abzug
lässt sich durchschnittlich und überschläglich etwa auf 5 bis 10#/« des Rein-
Überschusses normieren41).
• i) Der Preisnaehlass wird meistens in Rabattsitsen anf den Gesamtkonsvm ausgedruckt, vsrgL
Kap. III, 8 Tarifa.
•») Bei Aktiengesellschaften etc. darf bei der Berechnung ad 2 eine Verzinsung des Aktien-
kapitals in die Betriebeausgaben nicht eingerechnet werden.
**) Hierbei ist eine bürgerliche Versinsung des Anlagekapitals in den Betriebeausgaben ent-
halten gedacht
§ 6. Die wirtschaftlichen Vobasbeiish. 389
4. Rücklagen für Beamten und Arbeiter-Wohlfahrt Es wird heute sieht nur in
Deutschland, sondern auch in anderen Kulturländern als ein nobile officium
jeder grösseren Unternehmung angesehen, für die Angestellten und Arbeiter in
Form von Wohnungen, Unterstützung»- und Pensionskassen etc. über das gesetz-
lich Torgeschriebene Mass hinaus Sorge zu tragen, sobald die Unternehmung
Reinüberschüsse*4) abwirft Die Höhe der Rücklagen für den letztgedachten
Zweck richtet sich im allgemeinen nach dem Gewinn, welchen die Unternehmung
erzielt Als untere Grenze für diese Rücklagen darf man etwa 2 bis 3 °/o der
Löhne und Gehalter ansehen.
Hiermit dürften alle wesentlichen Gesichtspunkte, welche für die Aufstellung der
wirtschaftlichen Vorarbeiten für Wasserkraftanlagen in Frage kommen können, soweit be-
sprochen sein, als es im Rahmen dieses Bandes möglich war. Über wirtschaftliche Er-
gebnisse und Betriebskosten werden ergänzend im Kapitel H bei Besprechung der ein-
zelnen Beispiele noch einige Mitteilungen folgen.
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DonätBAnki, Grundlagen zur Berechnung der Dampfturbinen. Zeitschr. für d. gesamte Turbinen-
wesen. 1906. 8. 74 u. f.
**) Unter Reinflberschuss ist in diesem Falle die Differenz zwischen den Gesamteinnahmen und
den Gesamtausgaben einschliesslich einer normalen Verzinsung dee Gesamtanlagekapitale verstanden.
22*
840 L Theodor Kosh*. Ausbau von Wasserkräften. Allgemeines.
Frits Hoppe, Wie stellt man Projekte, Kostenanschläge und BetriebsbereehnuiigeB für elektrisch«
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Vergi.
FosanoteSO
8. 822.
§ l. Das Wasserkrapt-Elektrizitätswkrk Vizzola. 341
Kapitel II. Beispiele.
Nachdem nun im Kapitel I eine allgemeine EinführuDg gegeben und die Vor-
arbeiten besprochen sind, sollen im Kap. II eine Reihe von ausgeführten Anlagen be-
schrieben werden, damit' dann an Hand dieser Beispiele im Kap. III die baulichen Einzel-
heiten von Wasserkraftanlagen und der Betrieb besprochen werden können.
§ I. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk am Tessin bei Vizzola
der Societä Lombarda per Distribuzione di Energia Elettrica1).
Hierzu Tai. I bis III.
Der Tessin ist in seinem Verlaufe vom Ausfluss aus dem Lago Maggiore bis zur
Mündung in den Po schon seit Jahrhunderten in ausgiebiger Weise zur Bewässerung des
Landes benutzt worden, und diese verständige Ausnützung des Wassers hat dem benach-
barten Lande seine grosse Fruchtbarkeit und seinen hohen, landwirtschaftlichen Nutzungs-
wert gegeben. Denselben Zweck verfolgte die Societä Italiana per Gondotte d'Aqua,
als sie im Jahre 1880 — 84 zur Bewässerung der Ländereien am linken Tessinufer den
„Villoresi-Kanal" erbaute, durch welchen aus dem genannten Flusse, ungefähr 12 km
unterhalb seines Ausflusses aus dem Lago Maggiore, je nach den Wasserstanden bis zu
70 cbm/sek. entnommen und der Landwirtschaft zur Verfügung gestellt werden sollten.
Ein massives, festes Wehr von 290,0 m Länge und einer Kronenhöhe von etwa 4,0 m
über der Sohle des Tessins wurde für diesen Kanal erbaut (vergl. Kap. III, 1, A. Wehre)
und am linken Ufer ein grosses Ablagerungsbecken von 650,0 m Länge angelegt, in
welches 190 cbm/sek. aus dem Tessin abgeleitet werden können (vergl. Tai I, Fig. 1 u. 2).
Neben dem Becken befindet sich ein Kanal für Schiffszwecke. Der Einlauf in das Becken
ist durch eine grosse Reihe von Schützen regulierbar. Den Zugang zum Schiffahrtskanal
vermittelt eine Schleuse. Am unteren Ende des Beckens musste konzessionsgemäss ein
ca. 72,0 m langer Messüberfall angelegt werden, dessen Überfallbreite so regulierbar ist,
dass bei N.W. immer mindestens 120 cbm/sek. in den Tessin zurückfiiessen können
(vergl. Kap. III, 1, A. Wehre). 65 cbm von diesen 120 sind für den Naviglio Grande be-
stimmt. Dieser bei Tomavento aus dem Tessin ausmündende alte Kanal hat schon seit
mehr als 6 Jahrhunderten der Kleinschiffahrt bis Mailand gedient, und was viel wich-
tiger ist, mehr als 50000 ha der Provinzen Mailand und Pavia für landwirtschaftliche
Zwecke bewässert und zu den ertragreichsten Ländereien gemacht, welche Europa kennt.
i) Dia bildlichen Darstellungen sind einer vom Direktor der Lombarda Aleasandro Sootti
verfaseten Brotebare entnommen.
842 IL Tmodor Koran. Ausbau vom WäbbkbxrIttks. Bubpiblb.
Neben dem erwähnte^ Messüberlauf wurde eine Schleuse angelegt, um die Schiffe
in den Tessin znrfiokzuleiten. Gleichzeitig mit der Konzessionierung des Villoresi-Kanal»
wurde eine alte Gerechtsame des Duca Visconti Modrone dahin festgelegt, dass ihm er-
laubt wurde, Ton den 66,0 cbm/sek., welche für den Naviglio Qrande bestimmt waren,
durch eine Entnahmestelle neben der Schleuse 7 cbm/sek. abzuleiten und für industrielle
Zwecke zu verwenden, mit der Verpflichtung indessen, dieselbe jedenfalls vor dem Ausfius*
des Naviglio Qrande aus dem Tessin in diesen zurückzuleiten.
Die Entnahmestelle des Villoresi-Kanals, ausreichend für 70 cbm/sek., liegt unweit
der eben erwähnten des Duca Visconti. Die Abgabe des Wassers aus dem Vifloresi-
Kanal für Bewässerungszwecke erfolgt an landwirtschaftliche Genossenschaften, welche
ihrerseits für die Weiterleitung zu sorgen haben und denen da» ihnen zustehende Wasser-
quantum mittelst sehr sorgfältig berechneter und ausgeführter Schützen zugeteilt wird.
So gross auch der volkswirtschaftliche Nutzen der Anlage ist, so blieb der finanzielle
Erfolg für die Gesellschaft doch aus, und sie nahm deshalb gern die von dem Ingenieur
Cesare Gipolletti in seiner Schrift: Delle force idrauliche che poesono crearsi nelT AKo
Milanese e condursi nella cittä di Milano im Jahre 1887 entwickelte Idee auf, dahin-
gehend, die grossen, von der Societä ItaUana per Condotte d9 Aqua geschaffenen Wehr-
und Kanal- Anlagen für Zwecke der Erzeugung elektrischer Energie auszunutzen. Cip ol-
letti schlug vor, die für den Naviglio Grande bestimmten Wasserquanten nicht über den
Messüberfall in den Tessin zurückzuleiten, sondern das grosse Gefalle zwischen dem
Tessinspiegel am vorerwähnten Überfall und am Ausflusse des Naviglio Grande ans dem
Tessin durch einen Kanal von rd. 14,0 km Llnge auszunutzen. Auf diese Weise konnten
39,0 m Gef&lle und ca. 84000 theoretische PS gewonnen werden. Dieses Projekt bot aber
insofern finanzielle Schwierigkeiten, als der Kanal wegen der niedrigen Lage des Terrains auf
der letzten 8 km langen Strecke hfttte als Brückenkanal ausgeführt werden müssen, was
natürlich die Kosten sehr stark erhöht haben würde. Die Societä Italiana per Condotte
d' Aqua Hess daher das Projekt so umarbeiten, dass das Gefalle in zwei Teile zerlegt
wurde, von denen der obere Teil bei einer Kanallänge von ca. 6 km ein Gefälle van
88,0 m erzielte. Für dieses Projekt wurde durch königliches Dekret vom 6. Dezember
1896 die Konzession auf 30 Jahre erteilt und durch Dekret vom 20. Mai 1897 das Ent-
eignungsrecht verliehen. KonzessJonsmäasig können 66 cbm/sek. bei M.W« und 62 cbm/sek.
bei höheren Wasserständen für industrielle Zwecke entnommen werden. Wegen dar
Bestimmungen des italienischen Gesetzes: Legge concernente le derivazioni di aoque
pubbliche vom 10. August 1884 bezüglich Verlängerung der Konzession nach Ablauf der
ersten 30 Jahre vergl. S. 34, 66 und 67. Es mag hier gleich erwähnt werden, dass später
eine Vereinbarung mit dem Duca Visconti Modrone getroffen ist, wonach auch die dem-
selben zustehenden 7 cbm dem Werk-Kanal zugeführt werden. Das Krafthaus war nach
dem Projekt in der Nähe des Ortes VizzoU zu errichten. Da in nicht zu grossen Ent-
fernungen von diesem Platze zahlreiche Ortschaften mit hochentwickelter Industrie liegen,
so bot sich eine gute Aussicht, die verfügbare Kraft zu rentablen Preisen abzusetzen
und das um so mehr, weil schon damals das die nächtliche Frauen- und Kinderarbeit ver-
bietende Gesetz: „Disposizioni sul lavoro delle donne e dei fanciulli negü opifici in»
dustriali, laboratori etc.* (veröffentlicht am 19. Juni 1902)*) zu erwarten stand und die
Industriellen, und besonders die vielen Spinnereien veranlasst wurden, ihre Fabrik-
anlagen so zu erweitern, dass sie während der Tagesschichten das bislang durch die
Nachtschichten geleistete Arbeitsquantum mit bewältigen konnten. Unter solchen Um-
ständen versprach die Unternehmung eine gute Zukunft und es wurde hauptsächlich auf
*) Das Qsssti war bis Anfang 1907 noch sieht im vollen Umfange in Kraft getreten.
| 1. Das WAsaERKBAFT-ELEKTBizrrÄ-rewEBit Vizzola. 343
Betreiben einer deutschen Gesellschaft*) unter Mitwirkung italienischer Finanzkräfte die
Societa Lombarda per DiBtribuzione di Energia elettrica im Herbst 1897 gegründet.
In diese inferierte die Societa Italiana per Condotte d' Aqua ihr Projekt und die Eon-
zession gegen entsprechende Entschädigung. Bereits im Herbst 1897 konnte mit dem
Bau begonnen werden.
Erinnert sei hier an die Mitteilung in § 4, Seite 226, nämlich dass die Societa
Italiana per Condotte d' Aqua eine Regulierung des Lago Maggiore vermittelst eines
Wehres am Ausflüsse des Tessins plant, wodurch für alle unterhalb liegenden Inhaber
Ton Wasser-Konzessionen, sei es für Bewässerung, sei es für Kraftzwecke eine erheb-
liche Erhöhung der seid. Wassermengen bei N.W. erreicht werden könnte.
Abb. 42. Einschnitt bei CastelnoTate.
Die Gesamtanordnung der hydraulischen Anlage geht aus dem Ubersiohtsptan
Taf. I, Fig. 1 hervor. Man legte längs des Villoresi-Ksnals einen zweiten Kanal mit
einer Leistungsfähigkeit bis zu 70 cbm/sek. bei voller Füllung, welcher nach der Kon-
zession zugleich der Schiffahrt zu dienen hat. Letztere war bislang wegen der
Windungen des Flusses und seines starken Gefälles gerade auf der fraglichen Strecke
sehr mühsam und gefährlich. Übrigens ist die Schiffahrt auch jetzt, nachdem sie bereits
den neuen Kanal benutzt, unbedeutend geblieben.
Im Mittel sind in den drei Jahren (1901— 1908) nar 470 Buken eufwirU und ungefähr die
gleich* Ansah! abwärts gegangen. Dieselben haben eine grS&ate Lange von 25,0 m und eine graut*
Brette von 4,5 m, sowie «ine Tragfähigkeit von 15 —20 1
Der Einlauf des neuen Kanals wurde direkt neben denjenigen des Villoresi-
Kanals gelegt; er erhielt vier durch Schützen regulierbare Öffnungen und daneben eine
») Der Kontinentalen OeaeUachaft fBr elektrische Unternehmungen in Nürnberg.
844 II- Theodor Koehk. Ausbau vox Wäbsejikbäften. Beispiele.
Schleuse für den Durchgang der Schiffe. Die Ordinate des Wasserspiegels am Einlauf
ißt auf + 185,0 über dem Spiegel des adriatiseben Meeres gelegt. Die Länge des nenen Werk-
kaaals beträgt 5835,0 m im Auftrag und Einschnitt und ca. 200,0 m als Brückenkanal
(Ponte Canale). Bei der kleinen Ortschaft Castel Novate musste der Kanal einen 300,0 m
langen und sehr tiefen Einschnitt passieren, welcher allein eine Bodenbewegimg von
210000 cbm verursachte (vergl. Abb. 42}. Hinter diesem Einschnitt fällt das Terrain
nach dem Tessin zu stark ab. Der neue Kanal verzweigt sich hier in zwei Teile. Der
eine führt als Ponte Canale das Wasser an das Kraftbaus (vergl. Abb. 43), der andere
dient lediglich der Schiffahrt und überwindet mittelst zweier Schleusengruppen den Gefälls-
unterschied von 28,0 m. In dem nur der Schiffahrt dienenden Zweige müssen nach der
Abb. 48. Dar Werkkwal ab Pont« Canale.
Konzession sekundlich 3 cbm abgelassen werden. Tatsächlich ist der Bedarf für
diesen Zweck viel geringer, wie schon aus der oben angegebenen Ziffer über die Zahl
der Barken hervorgeht Das Gefälle im eigentlichen Kanal beträgt 0,15 •/<» = 1 : 6666.
Für den Ponte Canale ist das Gefälle auf 0,53 °/m gewählt worden, um mit einem
möglichst kleinen Querschnitt auszukommen. Zur Berechnung der Geschwindigkeit ist
die neuere Formel von Gangnillet & Kutter
M+J.+W!»
.+(■+*¥»)-!,
VRJ
'VKj
verwendet, worin der Koeffizient n so angenommen ist, dass der Ausdruck in der Klammer
sich zu rd. 70 für den normalen Werkkanal und zu rd. 76 für den Briickenkanal ergibt. Die
Gesamtanordnung des Schiffahrtskanals, der Schleusenanlage und der Zentrale zeigt der
ÜbemichUplan Taf. IT, Fig. 1.
Über die Einzelheiten der Anlage sollen nun noch einige Angaben folgen. Die
vier Einäuss-Offnongen des Einlaufe sind je 3,0 m breit Jede kann mit einer lotrechten
§ 1. " Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Vizzola. 345
Schlitzentafel geschlossen werden, welche von Hand mittelst der gewöhnlichen Vorgelege
gehoben und gesenkt wird. Die neben dieser Entnahmestelle angelegte Schiffahrts-
schleuse war nötig, um die Wasserspiegel-Differenz von etwa 0,28 m zu überwinden.
Der Werkkanal liegt überall auf der rechten Seite des Villoresi-Kanals und parallel
zu demselben in einer Entfernung von rd. 26,0 m von Achse zu Achse und getrennt
von ihm durch ein Bankett von 7,0 m Breite. Dreiviertel der Kanallänge liegen im
Auftrag, der Rest im Einschnitt, jedoch ist der Auftrag an keiner Stelle bedeutend.
Der Werk-Kanal ist in seiner ganzen benetzten Oberfläche mit einer Betonlage bekleidet
und diese mit einem fetten Putz zur Glättung und Dichtung der Flächen bedeckt (vergl.
Taf. I, Fig. 3, 4 u. 6). Die Bekleidung einschliesslich der Putzschicht hat an der Sohle
und dem linken Ufer eine Stärke von 16 bis 17 cm, am rechten Ufer eine solche von
25 cm. Die Glättungsschicht selbst ist Vit bis 2 cm stark. Der Beton ist hergestellt
zum kleineren Teil im Mischungsverhältnis : 0,85 cbm Kies, 0,50 cbm Sand und 200 kg
Zement, zum weitaus grösseren Teil aus 0,85 cbm Kies, 0,55 cbm Sand und 255 kg
hydraulischen Kalks 'aus Palazzolo. Für die Putzschicht ist ein Mischungsverhältnis von
1 cbm Sand auf 1000 kg Portland-Zement oder 1000 kg hydraulischen Kalk verwendet.
Die Dichtung hat sich als vollkommen ausreichend herausgestellt.
Man hatte als Verlust für Verdunstung und Versickerung bei 55 cbm/sek. Füllung
1,5 cbm/sek. für die ganze Kanalstrecke angenommen. Obwohl genaue Messungen fehlen,
kann man aus den Schützenstellungen am Einlauf und dem Verbrauch der Turbinen
dennoch schliessen, dass dieser Verlust tatsächlich bei weitem nicht eintritt. Bemerkt
muss aber werden, dass man in der Auftragstrecke, die Nähe des Villoresi-Kanals be-
nutzend, die im Bodenprofil fertigen Kanalstrecken gehörig bewässert hat, so dass nach
Aufbringen der Betonbekleidung ein Sacken nicht mehr eingetreten ist. Was die Glätte
der Wände betrifft, so hat sich durch Messungen und durch den Betrieb ergeben, dass
die Wassermenge bei Füllungen von 3,50 m Tiefe im normalen Profil und von 3,90 m
im Brückenkanal den angenommenen Rauhigkeitsbeiwerten in der Geschwindigkeitsformel
entsprach.
An zwei Stellen wurde es notwendig, den Villoresi-Kanal vom Tessin landeinwärts
zu verdrängen und den Werkkanal an seine Stelle zu legen. In der Nähe der Fabrik
Visconti Modrone bandelte es sich darum, einen starken Auftrag zu vermeiden und
zwischen den Stationen 4446 und 4670 wollte man etwas weiter vom Tessin abkommen,
um ein Durchbrechen nach dem Flusse bei etwa entstehenden Undichtigkeiten zu ver-
hindern, da der Tessin an dieser Stelle schon ca. 20,0 m unter dem Wasserspiegel im
Kanal liegt. Zur Überführung von Wegen mussten vier eiserne Brücken über den Kanal
gelegt werden.
Der Kanalarm für die Schiffahrt hat von dem Schnittpunkt seiner Achse mit der
Achse des Ponte Canale bis zum Tessin etwa eine Länge von 1 km. Bald nach der
Abzweigung ist die erste Gruppe von zwei gekuppelten Schleusen angelegt, welche zu-
sammen ein Gefälle von 14,0 m überwindet (vergl. Taf. III, Fig. 2). Zwischen der ersten
und zweiten Schleusengruppe ist eine gerade Kanalstrecke von 250,0 m eingelegt, um
hier ein Begegnen der aufsteigenden und abwärtsgehenden Fahrzeuge zu ermöglichen
und um Ein- und Auslade-Plätze für etwaige Fabrikanlagen zu schaffen (vergl. Taf. II,
Fig. 1). Jede Schleuse hat eine Nutzlänge von 38,0 m zwischen den Toren und eine
Breite von 6,40 m im Wasserspiegel und 5,50 m in der Sohle (vergl. Taf. III, Fig. 2,
3 u. 4). Bald hinter der unteren Schleusengruppe mündet der Unterwasserkanal der
Turbinen in den Schiffahrtskanal, welcher von hier bis zum Tessin noch ungefähr 500,0 m
lang ist und auf den ersten 350,0 m ein Wasserspiegelgefälle von 0,3°/oo, auf den
346 IL Theodor Kobhn. Ausbau von WAssmucnlFrar. Beispiele.
letzten 160,0 m ein solches von l°/oo hat. An derselben Stelle mündet auch der kas-
kadenförmig angelegte Überlauf kanal ein.
Für die Sicherheit der Anlage ist besonders die Stelle wichtig»
an welcher der Kanal ans dem Einschnitt bei Castel Novate aastritt
und sich in die beiden Arme teilt. Man musste hier mit besonderer Sorgfalt
fundieren, um nicht ein Durchbrechen des Wassers zu Tale befürchten zu müssen, und
das um so mehr, als das Terrain hier aus aufgeschüttetem Boden bestand, welcher von
dem Bau des Villoresi-Kanals herrührt.
Die Sicherung ist in der Weise erfolgt» dass man von dem Schnittpunkt der Achsen der beiden
Abzweigungen an, die Betensohle auf 0,50 m ▼erstarkt hat and «war bis an die Stelle, wo der Ponte
Canale (vergl. Taf. II» Fig. 1) beginnt Im Sehlensenkanal ist von da ab die Betonsohle auf 1,0 m verstärkt
und darüber noch eine 50 cm starke Schicht ans fettem, reinem Ton gestampft, welcher, um ihn Ter
AhspOlnng in schUtsen, noch mit einer Flachschicht ans Ziegelsteinen bedeckt ist Unmittelbar Ter
der Schleuse ist die 8ohle von einem Betonbogen getragen, welcher sich einerseits auf die Schleusen«
mauer, andererseits auf einen tiefer fundierten Pfeiler stützt Da, wo die gemauerten ßeitonwlode des
Brockenkanals beginnen, ist sunichst quer Aber denselben eine 3,0 m tief fundierte Grundmauer gelegt
Daran anschliessend folgt nach dem Ernfthause su eine 0,80 m starke Betonsohle bis su einem 8,40 m
starken Betonpfeiler. Von diesem Pfeiler an wird die Kanalsohle durch flache Bögen von 4,20 m Spann-
weite swischen kursen Pfeilern gebildet, denen je nach der Beschaffenheit des Bodens bis su 4,40 m
breite Fundamentplatten gegeben wurden, um den Druck pro Flächeneinheit auf den Fflllboden tunlichst
zu verringern. Der erste bis in den gewachsenen Boden hinein fundierte Pfeiler des freistehendem
Brackenkanals steht in der Böschung, mit welcher das Terrain von + 184,92 auf + 174.50 abfallt
Der freistehende Brückenkanal ruht auf Bögen von 4,80 m Spannweite und 0,80 m
Scheitelstärke zwischen Pfeilern, welche in K&mpferhöhe 1,30 m stark sind (vergl. Taf. II,
Fig. 4). Jedesmal nach 5 Bogen-Öffnungen folgt ein Gruppenpfeiler von 2,50 m Breite.
Die Länge der Mittelpfeiler quer zur Kanalachse betragt 12,50 m, die der Gruppen-
pfeiler 12,90 m. Die Einzelheiten des Brückenkanalprofils gehen am besten aus dem
Querschnitt Taf. II, Fig. 3 hervor. Viel erwogen ist die Art und Weise, wie man den
Brückenkanal gegen Undichtigkeiten sichern könnte. Wenn auch die Temperatur im
Winter in der Gegend nicht sehr tief unter 0° sinkt, so ist doch infolge der heissen
Sonne der Temperaturunterschied zwischen den beschienenen und beschatteten Stellen
und zwischen den wasserberührten und den aussen liegenden Betonmassen recht be-
deutend, und man musste sich darauf gefasst machen, dass erhebliche Verschiebungen
im Material vorkommen würden. Man hatte daran gedacht, in den Betonkanal einen
dichten Kasten von Holz einzusetzen, welcher die genügende Dichtigkeit allein herstellen
sollte, auch wenn das Mauerwerk reissen würde. Schliesslich hat man aber doch hier-
von Abstand genommen und sich damit begnügt, auf die eigentlich tragende Betonmasse
rings um den benetzten Umfang herum eine Schicht aus drei übereinandergelegten
Asphalt-Filzlagen einzulegen und diese dann wieder mit einem in sorgfaltigster Weise
aus fetterem Material hergestellten Betonschlag zu bedecken. Zunächst wurde die Beton-
fläche sorgfältig gesäubert und dann in Längen von 4,0 bis 6,0 m mit heissem, flüssigem
Asphalt angestrichen; hierauf sind dann nacheinander die drei Lagen Asphalt-Filz ge-
legt und jede sofort nach dem Verlegen mit einem gehörigen Asphaltanstrich versehen*
Nach Fertigstellung des Asphaltbelages ist dann eine Betonlage von ca 20 cm auf-
gebracht und sehr sorgfaltig zwischen einer vorgebauten Verschalung festgestampft Diese
Betonlage wurde, nachdem sie vollkommen abgebunden hatte, gleichfalls mit einem Glattputz
versehen. Bei den steilen Seitenwänden war es nötig und von ausschlaggebender
Wichtigkeit, das Bedecken der Asphaltschicht mit dem Beton sofort
vorzunehmen, damit nicht durch den Einfluss der Sonne der Asphalt
herabfloss und die Filzlagen biossiegte. Die Gesamtdicke der Asphaltschicht
| 1. Das Wahsrkxavt-ElektbizitItbwere Vizzola. 847
ist 32 de Obwohl sich, wie zu erwarten war, in den Bögen und Seitenwinden des
Bräckenkanals viele kleinere and grössere Risse gebildet haben, ist die Dichtigkeit den-
noch eine vollkommene, so dass der WasserverluRt so gut wie Null ist. Auch die ge-
wölbten unteren Bogenflachen der Kanalbrücke sind so trocken, dass die Bogen als
Lagerräume benutzt werden können. Die meisten Bisse befinden sich an den Kämpfern
und im Scheitel der Bögen. Sie sind von ganz verschiedener Breite. Einzelne erreichen
bei niedrigster Temperatur eine Weite von 16 mm, und es ist ersichtlich, dass die Bisse
nicht nur an der Oberfläche sind, sondern bis tief in die Betonmasse der Seitenwände
und Bögen hineingehen.
Der Brückenkanal endet, indem seine Achse in einen Winkel von 188* StK abbiegt,
in einem Henken, in welchem die Sohle um 1,45 m vertieft ist und die Sohlenweite sich
von 6,35 auf 9,86 m vergrössert. Dadurch wird die Geschwindigkeit des Wassers ver-
langsamt und eine Gelegenheit zur Ablagerung des mitgefühlten gröberen Sandes gegeben.
Abb. 44. Aiutefat des ÜberUafkuak und Aar antarra ScfalMMngrapp«.
Weitere Torrichtungen für diesen Zweck waren nicht nötig, weil das Wasser des Tessins
fast direkt aus dem grossen Sammelbecken des Lago Maggiore kommt, also verhältnis-
mässig frei von Sinkstoffen ist und weif dem Wasser vor dem Wehre selbst und in dem
grossen Becken unterhalb des Wehres Gelegenheit zur Ablagerung gegeben ist. In der
Praxis, wie gleich vorweg bemerkt werden soll, hat sich auch herausgestellt, dass das
Wasser in schädlichen Mengen Sand nicht mit sich fuhrt, denn es sind keinerlei Be-
schädigungen der Turbinen durch Sand vorgekommen. Für die zur Begelung der Tur-
binen dienenden hydraulischen Motoren ist aber dennoch in dem Endbecken eine kleine
Filteranlage eingebaut, in welcher das Wasser durch mehrfaches Auf- und Absteigen in
verhältnismässig grossen Querschnitten zur Ablagerung aller etwaigen Sandbeimengungen
gezwungen wird. Das Wasser tritt aus dem Filter direkt in die Druokrohre der hydrau-
lischen Servomotore, so dass der vorhandene Wasserdruck gleich zum Betrieb der letzteren
benutzt wird.
In der Anssenmaner des Beckens befinden sich in Sohlenhöhe drei kreisrunde,
mit gusseisernen Schiebern verschlossene Ablasse, durch welche das Becken abgelassen
848 IL Theodor Koehn. Ausbau tos Wasserkräften. Beispiele.
und gespült werden kann. Auf derselben Mauer ist ein Überlauf von 90,0 m Lange an-
gelegt (vergl. Abb. 43), über welchen bei plötzlichem Schliessen aller Turbinen der gante
Zuüubb des Kanals abstürzen kann. Über den Überlauf hinweg führt ein aas Plattes
gebildeter Steg, damit die Revision des ganzen Bauwerkes jederzeit möglich bleibt Das
Wasser fällt von diesem Überlauf 8,5 m herab in einen Überlaufkanal,. dessen Sohle auf
Terrainböhe (-f 174,40) liegt und ebenso wie seine Seitenmauern aus Beton gebildet ist
Treppen förmig fallt die Sohle dieses Überlaufkanals in den Schiffahrtskanal ab, um die
grosse Gefalldifferenz auf der kurzen Strecke zu überwinden (vergl. Abb. 44). Am abwarte
gelegenen Ende der ersten Stufe, in welches das Wasser ans dem Becken hineinstürzt,
ist eine Quermauer errichtet und in dieser sind vertikale Röhren angelegt
mit horizontalen Zufluss-Öffnungen in Höhe von 1,30 m über der Sohle.
Abb. 45. InnarM de« Hadscs Obrr den Druckkammern.
Es muas also immer ein Wasserpolster von mindestens 1,30 m Hohe in
der ersten Stufe des ÜberlaufkanalB bleiben, so dass der Schlag des
herabstürzenden Wassers die Sohle nicht angreifen kann. Bei maxi-
maler Inanspruchnahme des Überlaufs wächst natürlich auch die Wasserhöhe des Über-
laufkanales und kann so weit ansteigen, dass ein Teil des Wassers Über die erwähnte
Quermauer in die zweite Stufe abfallen mnss. Für gewöhnlich genügen die vertikalen
Röhren in den Quermauern. In diesen stürzt das Wasser lotrecht ab und tritt aus hori-
zontalen Öffnungen in die zweite Stufe unterhalb des Wasserspiegels aus. Die zweite
Stufe wie die übrigen vier haben dauernd eine Wasserhöhe von ca. 1,0 m. Das Wasser
tritt tatsächlich selbst bei reichlichem Abfluss aus dem Becken mit verhältnismässig ge-
ringer und jedenfalls unschädlicher Geschwindigkeit in den Schiffahrtakanal.
Zu erwähnen ist noch, dass der Brückenkanal am oberen Ende durch ein schräg
angeordnetes hölzernes Leitwerk derart abgeschlossen ist, dass die Barken nicht in ihn
hineingelangen können, sondern in den Schiffahrtskanal abgewiesen werden. Unterhalb
dieses Leitwerkes befinden sich in den Seitenmauern und der Sohle zwei Dammbalken-
5 1. DAS WASBEBXBAFT-ELEKTRIzrrATBWBBK VlZZOLA. 349
schlitze, so dass der Ponte Ganale mittelst Dammbalken im Falle von Reparaturen trocken
gelegt werden kann. Um in solchem Falle die obere Kanalstrecke zu entlasten, ist in
der Nähe des Schnittpunktes der Achsen vom Schiffahrtskanal und Brückenkanal eine
Schleuse mit sieben Schützen-Öffnungen angelegt, durch welche nötigenfalls das Wasser
in den Villoresi-Kanal abgelassen werden kann. Andererseits hat diese Schützenreihe
auch den Zweuk, dass, falls einmal am oberen Ende des Werkkanals selbst eine Repa-
ratur vorzunehmen wäre, durch den Villoresi-Kanal dennoch Wasser in den Brücken-
kanal zum Betrieb der Turbinen eingerührt werden könnte (vergl. Taf. II, Fig. 1).
Von dem Endbecken des Brückenkanals zweigen auf der nach dem Krafthause
zugekehrten Seite zwölf einzelne Kammern ab, welche, jede für sich, duroh Schützen
verachliessbar sind (vergl. Abb. 45) und durch welche das Wasser den einzelnen Turbinen
zugeführt wird (vergl. Taf. II, Fig. 2). Vor diesen zwölf Kammern befindet sieb ein
Abb. 46. Ad sieht de« Krafthansn der Draekrobre und des Hause« Aber den Druckkammern.
durchlaufene )er Unterbau
des Beckens ist soweit als möglich in Bögen, Kappen and Pfeilern aufgelöst, so dass sich
unter dem Becken zusammenhängende gewölbte Räume befinden. Ein Benutzungszweck
für diese Räume ist z. Zt. noch nicht gefunden.
Aus den zwölf Kammern wird das Wasser mittelst zwölf schmiedeeiserner ge-
nieteter Flanscheiirohre den Turbinen zugeführt, und zwar dienen zehn von diesen
Rohren von je 2,0 m innerem Dm. für die Speisung von zehn 2000 PSB-Turbinen und
zwei von je 0,85 m innerem Dm. für zwei kleinere Erregerturbinen von 220 PSe.
Die Rohre sind auf Fundamentsockeln in gnsseisernen Schalen beweglich gelagert nnd
münden in die Kammern des Beckens mittelst je einer Stopfbüchse bo ein, dass sie sieb
bei Temperaturunterschieden in der Büchse bewegen können. Die Röhren liegen frei
und sind von allen Seiten zugänglich (vergl. Abb. 46). Unter ihnen führen kleine Beton-
rinnen herab, um bei Regen und etwaigen Undichtigkeiten das Wasser abzuführen. Die Röhren
durchdringen die Mauern des Kratthauses uud münden mit einem Krümmer von oben
in die Turbinen ein (vergl. Abb. 47). Das Druckgefälle beträgt bei N.W. 28,0 m, bei
H.W. 24,0 m. Jedes Rohr ist vor dem Eintritt in den Maschinenraum mit einem Ent-
800 II- Tbbooob Koehh. Ausbau vom Wasserkräften. Beupiklk.
lastungsrohr versehen, durch welches es erforderlichenfalls entleert werden kann (vergl.
Tai. II, Fig. 2). Die grossen 2000 PS»-Frands-Turbinen*) machen 187 Uml./Min. nnd
haben horizontale Wellen, auf welchen je zwei Laufräder and zwei Leitschaufelrader
mit beweglichen Finkschen Zungen sitzen. Die Laufräder gieasen Ton beiden Sehen
nach der Mitte zu in ein gemeinsames Saugrohr ans. Jedes Saugrohr mündet in einen
besonderen Kanal und taucht in den Unter-Wasserspiegel ein. Die zwei kleinen Erreger-
tnrbinen, mit 300 Uml./Min., haben gleichfalls liegende Wellen, aber nnr je ein Laufrad.
Die Wellen der grossen Turbine sind so gelegt, dass von dem Gesamtgefalle bei N.W.
6,6 m als Saugwirkung, der Rest als Druck zur Geltung kommt. Die selbsttätige Reg-
lung der Hauptturbinen von Riva Monneret erfolgt durch hydraulische, diejenige der
Abb. 47. Innere Ansicht d«
Toithschen Turbinen durch mechanische Servo-Motoren. Die zehn getrennten Kanäle
der grossen Turbinen führen unter dem Fussboden des Krafthauses entlang
und munden in den gemeinsamen Unterwasserkanal. Die beiden kleinen Erreger-
turbinen dagegen haben einen gemeinschaftlichen Kanal , welcher dazu bestimmt
ist, einen Mühlgraben (Roggia Molinare) zu speisen (vergl. Taf. DJ, Fig. 1). Dieser
Mühlgraben bezog früher das Wasser vom oberen Tessin direkt, sein Znflnsakanal
aber mnsste infolge der Werk-Kanal anläge beseitigt werden. Auf diese Weise
wird ihm das Wasser in derselben Menge wieder zugeführt, wie er es früher be-
kommen hat.
Um «in Bild van dem Umfang der Arbeiten bd gaben, m&gen folgende Ziffern hier Plab finden.
Ke eind geleistet; An Erdarbeiten 1100000 ebtn, an aufgehendem Beton- nnd Ziegel- tesp. Brndtstun-
Hnaerwerk 90000 obm, sn Kanal-Beklsidnngen 50000 am, Tsgewerke in Tagolohn «69000.
Die Drelphaaen Dreastroa- Maschinen*) sind mit den Turbinen direkt gekuppelt
Sie haben beweglichen Induktor, machen 187 Uml./Min. und kennen je 1050 KW bei
«) Acht Turbinen sind von Biva Monneret in Mailand, swei von J. M. Veitb
sv d, Brens geliefert.
>) Geliefert von der E. A. vorm. Schlickert et Co in Nürnberg.
5 1. Das Wi«— nAFT-l&MTOBFiTwmi: Vizzola. 361
coe tp = 1 mit 11 000 Tolt Spannung und 50 Perioden in der Sekunde leisten. Die
beiden Gleichstromerreger-HBSchinen sind gleichfalls mit ihren Turbinen direkt gekuppelt,
machen 300 Uml./Min. und leisten je 146 KW bei 110 Volt Spannung.
Abb. 48. Anaiaht de* Knftkraaw von UntorwuMr sbb.
Der bauliche Teil des KmfUurases bietet kerne Besonderheiten (vergl. Abb. 48}.
Es enthalt einen grossen Maschniensssl Ton 91,20 m Länge, 16,70 m Breite und
Abb. 49. LnwrM &** MMchioenrwuni wShrend de* Montage.
11,80 m Hohe bis zum Dachbinder (7,66 qm Bodenflache für 100 installierte PS. der
Hauptturbinen), welcher mit einem grossen Kran für die Montage und Reparatur der
Maschinen (vergl. Abb. 49) ausgerüstet ist. Das Dach ist ganz flach und nach dem System
352 II. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
„Bianchi" eingedeckt. Anf den eisernen Pfetten liegen in Abständen von je 1,0 m
I-Eisen, in welche hineinpassende Hohlziegel dicht an dicht geschoben sind. Die Ober-
fläche der Hohlziegel liegt bändig mit der Oberkante der I Träger. Die so gebildete
Dachfläche ist mit mehreren Lagen Asphaltpappe bedeckt, und darauf ist Kies und
Chausseeschlick gebracht wie bei Holzzement-Dächern. Die Dichtigkeit ist eine voll-
kommene und das Erfordernis der Feuersicherheit erfüllt. Ausserdem kühlt das Dach
im Winter nicht stark ab, so dass es nicht tropft. Freilich wird eine solche Eindeckung
teuer (8,0—10,0 Lire pro qm).
Hervorzuheben wäre noch die Anlage eines unter dem ganzen Maschinenräume
hinlaufenden 4,10 m breiten Kabel-Kanals (vergl. Taf. II, Fig. 2), in welchem alle von
den Maschinen ausgehenden Leitungen in übersichtlicher Weise untergebracht sind. Ein
solcher Raum sollte mit möglichst reichlichen Abmessungen in keinem elektrischen Kraft-
hause fehlen. Vor dem eigentlichen Maschinensaale nach dem Becken zu befindet sich
noch ein besonderer, vom Maschinensaale aus zugänglicher und unter einem besonderen
Dach befindlicher Raum, in welchem sich die Schieber der Haupt-Druckrohre und die
Entlastungsrohre derselben mit ihren Schiebern befinden.
Obwohl in einem Vorbau zum Maschinensaale für die Schaltanlage in zwei Etagen
übereinander je ein Raum von 17,0 m Länge und 3,60 m Breite zur Verfügung gestellt
wurde, hat sich dennoch schon bei der Montage des ersten Ausbaus
herausgestellt, dass der Platz zu knapp war.
Im Erdgeschoss der Schaltanlage befinden sich alle für die Regulierung der
Dynamo-Maschinen erforderlichen Schaltapparate; im ersten Stock diejenigen für die
Fernleitung. An der äusseren Seite des im ersten Stocke befindlichen Hauptschaltbrettes
sind nur isolierte Griffe und Apparate mit niedriger Spannung sichtbar und greifbar.
Für jede Phase einer Fernleitung Bind je ein Siemens scher Homer-Blitzableiter und ein Wnrts-
scher Abieiter mit Kohlen widerständen zum Schutze der Maschinen gegen atmosphärische Entladungen
eingeschaltet Ausserdem ist für jede Linie ein Wasserstrahlapparat zur dauernden Entladung atmo-
sphärischer Elektrizität angelegt (vergl. Kap. III, 6B und Kap. III, 7). Für die Unterbringung der Blitz-
schutz Vorrichtungen wurde nachträglich ein besonderer Raum Qber den Druckrohrschiebern angelegt.
Die industriellen Orte Gallarate (10 km von dem Krafthause), Busto Arsizio (rd.
15 km), Legnano (rd. 18 km), Saronno (rd. 28 km), Sesto Calende (rd. 15 km) und ihre
Umgebungen, sowie das Tal des Flusses Olona sind ein gutes Absatzgebiet für die er-
zeugte Elektrizität. Hauptsächlich handelt es sich um Kraftabgabe an Spinnereien,
Maschinenbau-Anstalten und andere industrielle Unternehmungen. Drei gesonderte Fern-
leitungen, bestehend aus blanken Kupierdrähten, gehen von dem Krafthause aus in die
Konsumgebiete. Für die Beleuchtungsanlagen in den Orten Gallarate, Busto Arsizio und
Legnano und ihrer' Umgebung sind noch auf denselben Masten besondere Lichtleitungen
verlegt. Mailand ist 40 km entfernt. Bis jetzt hat die Societä Lombarda nach dorthin
ihre Strom lieferung noch nicht ausgedehnt. Die Gesamtlänge der Primär- und Sekundär-
leitungen betrug bereits 1903 für das Krafthaus Vizzola allein 150 km6). Die Montage
erfolgte auf eisernen Gittermasten mit eichenen Auslegern und Porzellan-Isolatoren (vergl.
Kap. III, 7. Fernleitungen). Die Spannung beträgt wie die Maschinenspannung 11000 Volt
In den genannten Orten und an anderen Stellen, wo es die Umstände erforderten, wird
der Strom in Transformatoren-Stationen, welche meistens mit normalen Typen von
200 KW ausgerüstet sind, auf 3600 Volt herabtransformiert und von da in einem
sekundären Netz verteilt. Grössere Konsumenten haben zum Teil bei sich selbst eine
<>) Das Netz ist inzwischen noch erheblich weiter ausgebaut, da die Gesellschaft noch andere
Kräfte erworben hat und betrug Ende 190"> schon 254,0 km.
§ 1. Das Wasserkraft Elektrizitätswerk Vizzola. 353
besondere Transformatorenstelle einrichten lassen, in welcher der primäre Strom auf
600 Volt herabtransformiert wird. Der sekundäre Strom von 3600 Volt wird zum Teil
direkt mit dieser Spannung an die Konsumenten abgegeben, zum Teil noch an den
Konsumstellen auf 125 Volt ein zweites Mal transformiert. Von den Niederspannungs-
Klemmen der sekundären Transformatoren an hat der Konsument die weitere Leitung
auf seine Kosten anzulegen und zu bedienen. Im ganzen waren 1903 bereits 113 ein-
zelne Transformatoren-Stellen im Betriebe.
Alle Stromlieferungsverträge sind auf Basis von Pauschalpreisen pro KW und
Jahr abgeschlossen, welche zwischen einem Maximum von 400 Lire bei einem Konsum
bis zu 5,0 KW und einem Minimum von 160 Lire bei einem Konsum über 700 KW
schwanken. Bei den meisten Verträgen ist der Strom 12 stündig zur Verfügung gestellt.
Für 24stÜDdige Benutzung ist ein um 60 bis 70°/o erhöhter Preis zu entrichten.
Es steht in dem Krafthause Vizzola an den Turbinenwellen gemessen, eine ständige
Kraft, welche als 355tägige bezeichnet werden darf, unter Mitverwendung der von dem
DucaViscontiModrone erworbenen 7 cbm/sek. von etwa 15400 PS« zur Verfügung.
Die neunmonatliche und sechsmonatliche Kraftleistung ist natürlich noch höher. Es ist
also die S. 244 in Tabelle I des Vergleichs wegen mit */s der installierten Turbinen-
leistung angenommene sogenannte „mittlere Nutzleistung* für Vizzola viel zu ungünstig,
und es liegt gerade der hohe Wert dieser Wasserkraftanlage in der verhältnismässig
grossen Gleichmässigkeit der verfügbaren Wassermengen.
Im Jahre 1908 haben die Gesamteinnahmen der Lombard» schon 1984129 Lire betragen. Da
aber die Einnahmen der letzten Monate 1908 eich bereite anf je 180000 Lire beliefen, so hätte man pro
1904 mit einer Jahreaeinnabme von mindestens 2160000 Lire aus der Yizsola- Anlage allein rechnen
können. Die Gesellschaft hat später eine grosse Dampf zentrale in Caatellanza errichtet und es sind
noch andere Wasserkräfte hinzugekommen, so daes man ans späteren Geschäftsberichten den Anteil der
Wasserkraftanlage Vizzola an den Gesamteinnahmen nicht mehr erkennen kann. Die erzielte Durch-
schnittspreis hatte im Jahre 1905 för das bei den Konsumenten abgegebene KW und Jahr 238 Lire bei
12 ständiger Lieferung betragen. Wegen eines Projektes zur Verwendung der verfügbaren Kraft während
der Nachtstunden vergl. Kap. III» 1 G. Stauweiher.
Über die Anlagekosten enthält die Tabelle I S. 244/245 einige Angaben.
Die Betriebsausgaben betrugen 1903 in runden Zahlen:
a) für alle direkten Betriebskosten, einschliesslich der Kosten für die allgemeine
Verwaltung, aber ohne Steuern, Abgaben und Wasserzins, Lire 315500;
b) för Steuern und Abgaben sowie für den Wasserzins Lire 1980006); zusammen
also 513500 Lire. Das Gesamtanlagekapital betrug Ende 1903 (ohne Abzug der seit
Betriebseröffnung erfolgten Abschreibungen) 13328000 Lire, so dass die obigen Aus-
gaben etwa 4,2 °/o des Anlagekapitals ausmachen. Rechnet man für die indirekten
Betriebsausgaben noch 7 — 8% hinzu, so würden 1903 die Gesamtbetriebsausgaben
11,2 — 12,2% des Anlagekapitals betragen haben.
&) Im Geschäftsbericht ist für diesen Posten xwar eine höhere Zahl angegeben , welche aber
hier deshalb nicht flbernommen werden konnte, weil sie rückständige Steuern ans Vorjahren mit enthält
Handbuch der In« - Wimoseh in. Teil. 18. Bd. 23
354 IL Theodor Koehx. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
§ 2. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk am Naviglio Grande bei
TlirbigO der Societä Lombarda per Distribuzione di Energia Elettrica,
Mailand1). Hierzu Taf. IV-VIL
Da die Societä Lombarda bald nach Eröffnung ihres Werkes bei Vizzola infolge
der grossen Nachfrage nach Kraft zu der Erkenntnis kam, dass sie den Bedarf mit
ihrer Anlage in Yizzola allein nicht decken könne, erwarb sie im August 1901 von den
Ingenieuren G. B. Conti, Greppi und Sioli eine Eonzession für eine Wasserkraft
von 5000 PS« am Naviglio Grande. Letzterer, von dem schon bei der Beschreibung der
Vizzola-Anlage die Rede gewesen ist, hat eine Gesamtlänge von rd. 50,0 km. Auf den
ersten 30,0 km vom Austritt aus dem Tessin bis zum Orte Abbiategrasso hat der Kanal
ein Gefälle von 29,0 m, auf den restlichen 20,0 km bis Mailand nur ein Gesamtgefälle
von 4,5 m. Da die Erbauer des Kanals Kammerschleusen wahrscheinlich noch nicht
kannten, so hat man sich dem Terrain möglichst angeschmiegt. Die Geschwindigkeit
auf der ersten Strecke war für die Schiffahrt stets eine grosse Schwierigkeit und machte
die Unterhaltung kostspielig. Neben der Schiffahrt dient der Naviglio Grande haupt-
sächlich der Bewässerung des Landes. Infolgedessen nimmt die Wassermenge in seinem
Verlaufe ab und verringert sich bei dem Eintritt in Mailand auf 7,0 cbm/sek., während
sie bei dem Austritt aus dem Tessin 65,0 cbm/sek. beträgt. Hieraus ergibt sich schon, dass
die letzten 20,0 km einen wesentlichen Wert für Kraftzwecke nicht besitzen. Für die
Abführung des Wassers auf den ersten 30,0 km würde ein Gefalle von 5,0 — 6,0 m ge-
nügen, so dass 23,0—24,0 m Gefalle für industrielle Zwecke gewonnen werden könnten.
Im Februar 1894 haben dann auch die oben genannten Ingenieure der Regierung ein
Konzessionsgesuch vorgelegt auf Grundlage eines Projektes, nach welchem sie das Ge-
fälle auf den ersten 30 km bis Abbiategrasso in sechs Stufen ausnützen wollten. Bald
darauf wurden auch von anderer Seite Projekte vorgelegt, welche andere Lösungen dar-
boten. Die italienische Regierung gab aber den drei genannten Ingenieuren unter dem
24. August 1899 die Konzession für die industrielle Ausnützung von 60 cbm/sek. auf
den ersten 30,0 km, indem sie die Ermächtigung hinzufügte, für die Ausführung des
Projektes Änderungen vorzuschlagen, wenn nur die Hauptgesichtspunkte fiir die zweck-
mässige Ausnützung der Wasserkraft, für die Verbesserung der Schiffahrt und die Wah-
rung der bestehenden Wasserrechte beachtet würden. Der grosse volkswirtschaftliche
Vorteil des Projektes musste einleuchten. Für die Schiffahrt konnte das Hindernis der
zu starken Geschwindigkeit im Naviglio Grande beseitigt, für die Industrie konnten
ca. 15500 theoretische PS gewonnen werden, ohne die vorhandenen Bewässerungsrechte
einzuschränken. Ausserdem war an den Fiskus nach der Ausführung der gesetzliche
Kanon von 3 Lire pro PS, d. i. 3 X 15500 = 46500 Lire, jährlich zu zahlen und die
Unterhaltungspflicht des alten Naviglio Grande auf der auszubauenden Strecke fiel den
Unternehmern zur Last.
Für die Societä Lombarda hatte besonders die erste Strecke des Naviglio Grande
vom Ausfluss aus dem Tessin an gerechnet Interesse, weil das zugehörige Krafthaus
unweit Vizzola zu errichten war, was wegen der Benutzung der vorhandenen Fernleitung
sowohl, als auch wegen der gemeinsamen Aufsicht des Betriebes besondere Vorteile bot.
i) Di« Abbildungen sind aus der Veröffentlichung von Alesaandro Scotti: ,Le Föne Idran-
liehe del Naviglio Grande e L' Impianto Idroelettrico di Turbigo" entnommen.
§ 2. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Turbigo, 355
Die Lombarda änderte daher die Projekte der Konzessionäre so ab, dass die ersten drei
Stufen zu zwei vereinigt worden, von denen die erste in der Nähe des Ortes Turbigo
mit 60 cbm/sek. 8,20 m Gefälle, die zweite zwischen Turbigo und Castelletto di Cuggiono
mit 50 cbm/sek. 3,80 m Gefälle hatte. Auf die letztgedachte Kraft und die übrigen
Wasserkräfte der ersten 30 km des Naviglio Grande erwarb die Lombarda eine Option.
Vorläufig, zur Ausführung bestimmt wurde aber nur die erste Gefällstufe bei Turbigo.
Für diese Strecke kamen nur drei gesonderte Bewässerungsrechte in Frage, welche bei
Anlegung des neuen Kanals leicht befriedigt werden konnten. Auf der weiteren Strecke
aber häufen sich die Wasserrechte und der Konzessionär der Wasserkraft wird immerhin
auf erhebliche Verwickelungen und Prozesse zu reebnen haben.
Die Regierung stimmte mit Dekret vom 11. Januar 1902 dem Antrage der Lom-
barda zu, an die Stelle der alten Konzessionäre für die erste Strecke zu treten, und
genehmigte auch das veränderte Projekt. Bei der Bearbeitung des Projektes stellte sich
dann noch als vorteilhafter heraus, den Kanal auf die linke Seite des Naviglio Grande
zu legen, statt auf die rechte, wie es die drei Ingenieure projektiert hatten, weil der
Kanal auf der rechten Seite fast in der ganzen Länge hätte im Auftrag liegen müssen.
Auf der linken Seite konnte er zum weitaus grössten Teil im Einschnitt angelegt werden.
Ausserdem bot die Lage auf der linken Seite den Vorteil, dass das alte Bett des
Naviglio Grande mit allen seinen Entlastungsüberfallen und Schleusen während des Baues
des neuen Kanals unverändert bestehen bleiben konnte, und man das alte Bett später
nach Fertigstellung des neuen Kanals bei Hochwasser sowohl, als auch im Falle einer
notwendigen Reparatur im neuen Kanal für die Abführung des Wassers, die Aufrecht-
erhaltung der Schiffahrt und der Bewässerung benutzen konnte.
Die Arbeiten für die Ausführung des Werkes sind im März 1903 begonnen und
der Betrieb wurde schon im Herbst 1904 eröffnet. Zwischen dem Ausflusse des N. Gr.
aus dem Tessin und dem Unterwasser der Anlage Vizzola liegt noch ein nutz-
bares Gefalle von rd. 7,5 m. Die Konzession für die Ausnützung dieses Gefälles
war an die Mittelmeer- Bahngesellschaft gegeben, um sie für die Umwandlung der
Linie Mailand- Varese in elektrischen Betrieb zu benutzen. Der elektrische
Betrieb ist bekanntlich inzwischen eingeführt und seit 1901 in regelmässiger Benutzung.
Man hielt es damals zunächst für vorteilhafter, in der Nähe des Örtchens Tornavento, wo
auch das zukunftige Wasserkrafthaus seinen Platz finden musste, eine grosse Dampf-
zentrale zu errichten, welche schon im Oktober 1901 in feetrieb genommen wurdd. Es
ist das darauf zurückzuführen, dass zu dem Zeitpunkt, als die Einrichtung des elek-
trischen Betriebes für die gesamte Strecke beschlossen wurde, es noch unsicher war, ob
die Konzession der Mittelmeerbahn, welche 1905 ablief, verlängert werden würde oder
nicht. Inzwischen hat der italienische Staat die Mittelmeerbahn übernommen.
Als nun die Lombarda im Begriff war, an den Ausbau der Wasserkraft von Tur-
bigo zu gehen, drängte sich der Gedanke auf, dass es doch am zweckmässigsten sein
würde, das Gefalle bei Tornavento mit dem von Turbigo zu einem Gesamtgefälle von
15,70 m zu vereinigen. Die Schiffahrt hätte zwischen Vizzola und Turbigo keine
Schleusen mehr passieren brauchen, und die Anlage und Betriebskosten pro PS« wären
erheblich billiger geworden. Allein die eingeleiteten Verhandlungen blieben erfolglos,
weil die Mittelmeer-Gesellschaft beim damaligen Stande der Dinge keine weittragenden
Verbindlichkeiten eingehen konnte.
Der neue Werkkanal zweigt in der Nähe des kleinen Gehöftes Gastellana aus
dem alten Naviglio Grande ca. 800,0 m unterhalb von der Ausmündung aus dem
23*
866 IL Theodor Koehn. Ausbau vom Wasserkräften. Beispiele.
Tessin ab und verläuft ca. 2,0 km parallel mit dem alten Kanal (vergl. Taf. IV, Fig. 1).
Nach 2,0 km. bei einer alten Mahle „Tinella", tritt das den Tessin begleitende Plateau
mit einem steilen Hang von 40,0 m Höhe fast dicht an den N. Gr. heran und es ergab
sich durch Rechnung, dass es vorteilhafter war, das Bett des N. Gr. flusswärts in seiner
halben Breite zu verschieben und so Platz für den neuen Kanal in der Ebene zu ge-
winnen, als die grossen Erdmassen des Plateaus abzutragen. Auf der übrigen Strecke
ist gleichfalls die Trace der geringsten Erdbewegung gesucht. Etwa 600,0 m aufwärts
' der Brücke bei Turbigo mündet der Unterwasserkanal des Kraftwerkes wieder in den
N. Gr. ein, während ca. 120,0 m weiter abwärts der lediglich der Schiffahrt dienende
Arm des neuen Kanals den N. Gr. wieder erreicht. Um die 8,20 m Gefälle zu erzielen,
war es noch notwendig, den N. Gr. auf der Strecke vom Krafthaus bis zur Brücke bei Tur-
bigo durch Sohlenvertiefung zu regulieren. Wegen des neuen Profils vergl. Taf. V, Fig. 5.
Da der N. Gr. regelmässig im Jahr einmal zur Vornahme von Reparaturen trocken
gelegt wird, so konnte diese Profilveränderung ohne Schwierigkeiten ausgeführt werden.
Die Profile des Werkkanals zeigen Taf. V, Fig. 3 u. 4. Auf den ersten 1508,0 m ist
die Sohlenbreite 22.0 m und die Wassertiefe 2,80 m. Auf der übrigen Strecke bis zur
Abzweigung des Armes für die Schiffahrt die Sohlenbreite 15,0 m und die Wassertiefe
3,40 m. Die Böschungen haben eine Neigung von 1 : 1,25. Sohle und Böschungen sind
wie bei dem Vizzola-Kanal mit Beton bekleidet und mit einem Zementputz geglättet.
Der Wasserspiegel im N. Gr. 400,0 m unterhalb der gegenwärtigen Ausmündung aus
dem Tessin hatte bei normalem Wasserstande eine Höhe von -f 146,75 N.N. des
Adriatischen Meeres, während der Wasserspiegel an der Brücke bei Turbigo auf
+ 137,46 m lag. Von diesen beiden Höhenzahlen ist man bei der Projektierung aus-
gegangen. Für die Berechnung der Geschwindigkeit ist wieder die Formel von Gangui llet
und Kutter, wie sie bereits bei der Beschreibung der Vizzola- Anlage angegeben wurde,
benutzt. Es ergeben sich bei den gewählten Profilen und Wassertiefen Geschwindig-
keiten von 1,05 m/sek. für das Profil von 22,0 m Sohlenbreite, und 1,18 m/sek. für das
Profil von 15.0 m Sohlenbreite, d. h. eine Leistungsfähigkeit von ca. 71,5 cbm/sek.,
während konzessionsmässig der Kanal, einschliesslich der für die Schiffschleusen und die
Bewässerung erforderlichen Wassermengen, nur 65 cbm abzuführen hat. Dass man die
Profile aber etwas grösser gewählt hat, rechtfertigt sich dadurch, dass während acht
Monaten sehr reichlich Wasser zur Verfügung steht und die Lombarda bei Cafttellanza
eine Dampfzentrale zur Reserve besitzt, mit welcher sie in den vier Monaten der wasser-
armen Zeit ihre Wasserkraftwerke durch Dampfkraft ergänzen kann. Von dieser Dampf-
zentrale wird weiter unten noch die Rede sein.
An der Einlaufstelle konnte im Schutze eines Fangedammes die Werkkanal-
mündung ohne Wasserhaltung ausgegraben werden« Der Eüüauf ist durch 10 Schützen-
tafeln von je 3,0 m Breite und 2,0 m Höhe regulierbar (vergl. Taf. V, Fig. 1 u. 2).
Die gesamte lichte Breite der Einlauföffnung zwischen den Pfeilern ist so berechnet,
dass mit einem Gefallverlust von 0,15 m die konzessionsmässige Wassermenge von
65 cbm/sek. in den Kanal eintreten kann. Auf den Pfeilern liegt oberhalb des höchsten
Wasserstandes eine Brücke, welche zugleich zur Überführung einer öffentlichen Land-
strasse dient und die Bewegungsmechanismen für die Schützentafeln trägt Unterhalb
des Einlaufe des Werkkanals zweigt der Schleusenkanal ab, durch welchen die Schiffahrt
ihren Weg zu nehmen hat (vergl. Taf. V, Fig. 1). Nach einer Einlaufstrecke für die
Barken von 150,0 m folgt die Schleuse, welche nach dem alten Normalprofile mit 38,0 m
Länge zwischen den Toren, 5,50 m Breite in der Sohle und 6,40 m Breite im Wassef-
spiegel errichtet ist. Die Tore sind aus Holz, gleichfalls nach alten Mustern. Das
§ 2. Das Wasberkbaft-ElektrizitItswbrk Turbigo. 357
Schleusenwasser tritt durch einen in einer Seitenwand angelegten Kanal ein und aas.
Unterhalb des Einlaufs in den Schiffahrtsarm ist der Naviglio mittelst eines P o i r e e sehen
Nadelwehres abgeschlossen *). Die Stauhöhe entspricht dem normalen Wasserstande. Man
hat diese bewegliche Konstruktion einem einfachen Damme vorgezogen, um das Bett
des Naviglio auf alle Fälle zur Verfügung zu behalten. Etwa 60,0 m oberhalb des
Nadelwehres befindet sich auf der rechten Seite des Naviglio ein Kiesfreilauf mit 5
Öffnungen von je 2,0 m Breite. Die Sohle des Naviglio ist gegen diesen Kieslauf zu
vertieft, damit sich Kies und Sand an dieser Vertiefung ablagert und durch den Kies-
freilauf fortgespült werden kann. Weiter oberhalb sind auf der rechten Seite des N. Gr.
noch drei Überläufe, zur Entlastung des Kanals in Fällen von Hochwasser, angebracht.
Sowohl die drei Überläufe, als auch der Kiesfreilauf münden in einen alten Flussarm des
Tessin, „Marinone" genannt. An der alten Aasmündung des Naviglio aus dem Tessin
ist nichts verändert. Durch einen schräg in den Fluss eingebauten Steindamm, dessen
Krone auf N.W. liegt, wird bei N.W. eine genügende Wassermenge des Tessins ge-
zwungen, in den Naviglio einzutreten. Da dieser alte Damm seit Jahrhunderten seinen
Zweck erfüllt hat, lag keine Veranlassung vor, ihn zu' ändern. Um das Hochwasser
von dem neuen Kanal fernzuhalten, ist die Einmündung, und soweit es nötig war, das
rechte Ufer durch Dämine geschützt, deren Kronen auf -f- 150,20 liegen.
Zur Überführung des Treidelweges ist eine kleine Brücke über den Kanaleinlauf
errichtet.
Ausser den bereits erwähnten Kunstbauten wurden im Laufe des Kanals noch
nötig : drei eiserne Brücken für Landwege, zwei Überfälle, ein Dücker um den Bach „Gora
Molinara" unter den Kanal hindurchzuführen und zwei Öffnungen zur Abführung von Wasser
für Bewässerungszwecke. Bei der Station 5400 teilt sich der Kanal in 2 Anno, von
denen der linke ausschliesslich für die Schiffahrt bestimmt ist (vergl. Taf. VI, Fig. 2).
In zwei unmittelbar aneinanderstossenden Schleusen von normaler Konstruktion wird das
Gefälle von 8,20 m überwunden. Die Sohle des Schleusenkanals liegt um 1,80 m höher,
als die Sohle des Werkkanals, da konzessionsmässig durch den Schiffahrtskanal nur
3,0 ebta fliessen sollen, für die kleinen Fahrzeuge aber immer noch reichlich Wasser-
tiefe bleibt.
Bemerkt sei noch, dass an den konkaven Ufern des Werkkanals zum Schutze der
Böschungen und der Fahrzeuge in Abständen von 4,0 bis 5,0 m starke Rundhölzer mit
eisernen Schellen auf den Böschungen befestigt sind (vergl. Taf. VI, Fig. 2).
Der Werkkanal wendet sich von der Abzweigung des Schiffahrtarmes an mit
einer Kurve nach dem Krafthause zu, welches dicht an das linke Ufer des alten
Naviglio lotrecht zur Achse des neuen Kanals gestellt ist (Taf. VI, Fig. 1.) Vor der
Turbinenkammer erweitert sich der Kanal zu einem Becken. Jede der sechs Turbinen-
kammern ist für sich durch zwei Schützentafeln von je 3,0 m Breite gegen das Becken
abschliessbar. Hinter den Schützentafeln befindet sich für jede Kammer ein Rechen
aus Flacheisen, um schwimmende Körper zurückzuhalten. Die Turbinenkammern sind
im übrigen oben offen und jede kann durch Schieber nach dem unter der Kammer
befindlichen Turbinenkanal entleert werden.
Über den Pfeilern, welche die Turbinenkammern bilden, läuft eine Brücke, von
welcher aus die Vorgelege der Schützentafeln bedient werden können. Auf dem Boden
von fünf Turbinenkammern sind fünf gleiche Turbinen8) von normal 1500 PS« bei
*) Abb. dieses Wehres findet sich Kap. III, lAf Wehre.
9) Die Turbinen sind von Riva Monneret in Mailand geliefert.
358 IL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräfte*. Beispiele.
125 UmL/Min. und einer Wassermenge von 18000 1/sek. aufgestellt Jede Turbine hat
zwei Laufräder und zwei Leitrader. Letztere haben drehbare Fink sehe Zungen, welche
alle gemeinschaftlich mittelst einer O all eschen Kette geöffnet und geschlossen werden
können (vgl Taf. LXVII, Fig. 4). In der sechsten Turbinenkammer stehen zwei kleine
Turbinen von je 100 PS«, welche die mittelst elastischer Zodelkuppelung direkt ge-
kuppelten Gleichstromerregermaschinen antreiben. Die grossen Turbinenwellen sind
mit den Dynamos durch Scheibenkuppelung verbunden. Die Öffnung, durch welche die
Welle der Turbine in den Maschinensaal eintritt und durch welche gleichfalls das
Gest&ng* für die Regulierung hindurchgeht, ist durch eine Stahlplatte geschlossen.
Diese hat eine mit der Wand verankerte konische Lagerfläche. Da der Wasserdruck
in den Turbinenkammern die Platte dauernd an das Lager presst, so ist die Dichtig-
keit eine vollkommene. Die Durchdringungen der Turbinenwellen und des Gestänges
sind durch Stopfbüchsen gedichtet
Der MaschinenBaal des Krafthauses hat eine Länge von 40,0 m, eine Breite von
10,0 m und eine Höhe bis Dachbinder-Unterkante von 11,25 m und ist mit einem elek-
trisch betriebenen Laufkran von 25 t Tragkraft ausgerüstet. Die Stromerzeuger4) von
je 1050 KW bei cos g> = 0,8 liefern Dreiphasenwechselstrom mit 50 Per. von 11000 Volt
Spannung. In einem rd. 26,0 m langen erkerartigen Vorbau sind in zwei Etagen die Schalt-
anlagen untergebracht. Die sechs Turbinenkanäle gehen unter dem Erafthause hinweg
und münden dann in den alten Naviglio Grande aus. Um den Wasserspiegel in dem Becken
vor den Turbinenkammern bei plötzlichem Abstellen der Turbinen nicht erheblich ansteigen
zu lassen, ist am rechten Beckenufer auf der Einfassungsmauer aus Beton ein 90,0 m langer
Überfall hergestellt, dessen Krone auf der Höhe des Normalwasserspiegels (+ 145,66)
liegt (?ergl. Taf. VI, Fig. 3). In dieser eben genannten Mauer befinden sich unmittelbar
vor der Linie der Turbinenkammern noch drei Grundschützen, welche mit eisernen
Spindelschiebern geöffnet und geschlossen werden können. Um im Betriebe einen
konstanten Wasserdruck zu haben, ist eine Vorrichtung mit elektrischer Schwimmer-
schaltung getroffen worden, welche diese Schieber durch einen Motor öffnet, sobald
der Wasserspiegel über die normale Höhe steigt, und sie wieder schliesst, wenn diese
erreicht ist Gleichzeitig dienen diese drei Grundschützen zur Spülung des Beckens.
Ablagerungen, besonders von grobem Geschiebe, welche gegenwärtig bei H.W. im
Tessin noch ziemlich betrachtlich werden können, werden übrigens so gut wie
ganz wegfallen, wenn später einmal die Kraft bei Tornavento ausgebaut sein und
der Entlastungskanal von Vizzola, ohne den Tessin zu berühren, das Wasser dem
Kraftwerk Tornavento zuführen wird. Von hier wird dann das Wasser direkt in den
Werkkanal von Turbigo eintreten. Das über den vorerwähnten Überlauf stürzende
Wasser fällt in einen treppenförmig angelegten Kanal, dessen Sohle und benetzte
Seitenwände aus Beton hergestellt sind. Die Sohle der obersten Stufe liegt auf -f- 142,26,
diejenige der zweiten auf -f- 140,26, der dritten auf + 138,26 und der vierten auf
-f- 135,46, von welcher dann noch ein Absatz von 0,70 m auf die Sohle des Naviglio
herabführt. Die drei obersten Stufen, in welche das Wasser von dem Überlauf hinein-
fällt, sind am unteren Ende durch Betonmauern von 0,80 m Höhe abgeschlossen.
0,60 m über der Sohle befinden sich in diesen Mauern horizontale Röhren, welche ihrer-
seits mit vertikalen, auf den Grund der nächsten Stufe führenden Röhren in Verbindung
stehen. Hier tritt dann das Wasser der oberen Stufen durch horizontale Röhren unter
den Wasserspiegel der unteren Stufe ein. Auf diese Weise wird zum Schutz der Sohlen
*) Dia Drehstromgeneratoren sind von Qadda & Co. in Mailand geliefert.
§ 2. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Tubbigo. 359
gegen das herabfallende Wasser immer ein Wasserpolster von mindestens 0,60 m erhalten
nnd das Wasser büsst durch den Fall in den lotrechten Bohren mit zweimaligem
Richtungswechsel und durch das Wasserpolster einen grossen Teil seiner Geschwindigkeit
ein. Muss die ganze Wassermenge oder ein grosser Teil derjenigen, welche der Werkt
kanal in das Becken fährt, über den grossen Überlauf stürzen, so tritt das Wasser
natürlich auch zum Teil über die Krone der Stirnmauern in den einzelnen
Stufen. Da es sich aber zu einem Teil an den lotrechten Überfällen totfällt, zum
anderen Teil in einzelnen Wasserfäden aus den Bohren unter dem Wasserspiegel aus-
treten muss, verliert es seine zerstörende Kraft.
Damit der Betrieb zu der Zeit, in welcher der Naviglio Grande unterhalb des
Krafthauses trocken gelegt wird — und das geschieht, wie schon erwähnt, um die
nötigen Reparaturen vornehmen zu können, jährlich einmal — aufrecht erhalten werden
kann, sind gegenüber dem Krafthause sechs Entlastungsschützen6) von zusammen 23,0 nf
lichte Weite angelegt, an welche sich ein Kanal von 857,0 m Länge anschliesst, gross
genug, um die ganze Wassermenge des Werkkanals in einen alten Arm des Tessin ab-
führen zu können (vergL Tai IV, Fig. 1 und Taf. VI, Fig. 1).
Die Anlagekosten des baulichen Teiles sind in Tabelle I S. 242/243 mitgeteilt
Erwähnt sei hier noch, dass der elektrische Teil des Krafthauses im ganzen
550000 Lire oder 73,3 Lire = 59,3 Mk. pro installierte PS« der Hauptturbinen ge-
kostet hat (vergl. S. 260).
Auch diese Wasserkraft ist dadurch ausgezeichnet, dass sie eine verhältnismässig
hohe ständige (355tägige) Kraftleistung aufweist. Wie bereits kurz mitgeteilt, hat die
Societä Lombarda im Zentrum ihres Verteilungsgebietes, nämlich im Orte Cafitellanza,
eine grosse Dampfzentrale mit ursprünglich 6000 PSe erbaut und dieselbe inzwischen
bis 1907 bereits auf 20000 PS« erweitert6). Sie. ist dadurch in die Lage versetzt, auch
die neunmonatliche Wasserkraft von Vizzola und Turbigo als ständige Kraft zu ver-
kaufen. Die grosse Erweiterung der Dampfzentrale ist darauf zurückzufuhren, dass die
Gesellschaft mit den Wasserkräften Vizzola und Turbigo einschliesslich der ursprünglich
geplanten Dampfzentrale den Bedarf in dem versorgten Industriegebiete bei weitem
nicht decken konnte und deshalb, eine sich ihr bietende Gelegenheit benutzend, sich
noch eine Kraft von rund 20000 PS« oder 14000 KW sicherte und eine Option auf
noch weitere Kraft erwarb. Die schweizerische Societe des Forces motrices de Brusio hat
an dem Flusse Poschiavino bei Brusio in der Schweiz und zwar nahe der italienischen
Grenze ein Kraftwerk mit rund 35000 PSe installierter Leistung errichtet und sich der
Lombarda gegenüber verpflichtet, ihr die oben genannte Kraftmenge in Italien unmittel-
bar an der Grenze zu liefern. Diese Anlage wird wahrscheinlich 1907 in Betrieb kommen7).
Um nun inzwischen die Konsumenten bereits an das Netz anschliessen zu können, welche
später ihren Strom aus der Brusio- Anlage beziehen werden, hat es die Lombarda für
richtig gehalten, ihre Dampfzentrale in der bezeichneten Weise zu erweitern. Die Mehr-
kosten, welche ihr durch den Dampfbetrieb erwachsen, werden dadurch wieder ein-
gebracht, dass si& vom ersten Tage an, wo sie Strom von Brusio aus beziehen kann,
auch volle und nutzbringende Verwendung für denselben hat.
&) In der Fig. 1 auf Taf. VI sind die erwähnten Entlastungsschützen nicht dargestellt.
*) Einschliesslich der in Bestellung gegebenen Maschinen etc.
?) Der Betrieb ist März 1907 tatsächlich eröffnet
360 IL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
§ 3. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk am Brembo
der Societä Bergamasca per Ditribuzione di Energia Elettrica. Hierzu Tafel yiii n. IX i).
Um die industriereiche Stadt Bergamo uud ihre Umgebung mit elektrischer
Energie zu versorgen, wurde in der Mitte der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts
eine Konzession8) erworben, nach welcher in der Nähe des Ortes Sedrina am Brembo
ein Wehr anzulegen, 10 cbm/sek. Wasser aus dem Flusse zu entnehmen und in einem
ca. 3125,0 m langen Werkkanal bis in die Nähe des Ortes Clenesso zu führen war.
Das durch das Wehr und den Werkkanal zu gewinnende Nutzgefalle sollte 27,5 m
betragen.
Für die Anlage des Wehres wurde eine Stelle unterhalb des Zuflusses der Brem-
billa gewählt, wo nach einer sehr starken Verengung zwischen steilen Felswänden sich das
Flussbett erweitert (vergl. Tafel VIII, Fig. 1). Infolge dieser Erweiterung hatten sich
daselbst seit Jahrhunderten Kiesablagerungen gebildet, welche den felsigen Untergrund
in einer sehr mächtigen Schicht bedeckten. Man wählte diese Stelle wohl besonders
mit Rucksicht auf die einfache Bauausführung. Im Winter fuhrt der Brembo an der
Stelle unter Umständen nur 7 — 10 cbm/sek. und es Hess' sich deshalb das Wasser des
Flusses bequem durch einfache kleine Fangedämme auf eine Seite herüberdrängen, so
dass auf der anderen im Trockenen gearbeitet werden konnte.
Als Höhe der Wehrkrone über der Flussohle wählte man 4,0 m, um etwa 3,50 m
an Druckhöhe bei Niedrigwasser zu gewinnen.
Der Einlauf lag am rechten Ufer und der Grundablass unterhalb des Einlaufes
mit der Sohle so tief unter der Einlaufschwelle, dass letztere durch Spülung wirksam
von Geschiebe frei gehalten werden konnte (vergl. Abb. 50).
Die Wehrbreite (b) betrug ca. 53,0 m, das grösste Hochwasser (Q) im Brembo wird
auf 800 cbm/sek. angegeben. Bei geschlossenen Grundablasschützen würde sich eine
Überfallhöhe von
ht =l/( Q-=V= rd. 3,80 m bei /* = 0,75
ergeben haben. Auf dem Sturzbett (vergl. Abb. 51) mussten sich, zumal die Sohle mit
6%o geneigt angelegt war, bei Hochwasser Geschwindigkeiten entwickeln, denen die
Flussohle hinter dem Sturzbett nicht widerstehen konnte. Die Länge des festen Sturz-
bettes* von ca. 10,0 m war jedenfalls bei der gewählten Anordnung erheblich zu kurz
und sowohl der Hauptkörper des Wehres, als auch die vordere und hintere Herdmauer
scheinen mit Rücksicht auf die Wasserspiegeldifferenz zwischen Ober- und Unterwasser
nicht tief genug fundiert gewesen zu sein.
Das Wehr ist am 13. Dezember 1898 durch ein Hochwasser zerstört (vergl.
Abb. 50). Wahrscheinlich ist zuerst die Flussohle hinter dem Absturzboden tief aus-
gekolkt und dadurch die Widerstandshöhe des Untergrundes gegen das Durchdringen
des Wassers verringert worden. Es haben sich dann wachsende Wasseradern unter
dem Wehr gebildet und den Boden unter demselben hinweggespült, bis der Bruch
erfolgte (vergl. Abb. 51).
Man hat es vorgezogen — hauptsächlich wohl mit Rücksicht auf die Schnelligkeit
der Ausführung — , anstatt das gebrochene Wehr in sachgemäßer Weise zu vervoll-
») Die Abbild an gen and Tafeln sind nach Zeichnungen und Photographien hergestellt, welche
von der Gesellschaft dem Verfasser zor Verfügung gestellt sind.
2) Die Konzessionsträgerin wer die E. A. vorm. Schuckert & Co. in Nürnberg.
§ 3. Das Wabbebkkut-Elextbizitatswekk Bebgamabca. 361
ständigen, beziehungsweise nen herzustellen, ca. 606,0 m weiter aufwärts in Brembo'ein
Wehr mit kleinerer Stauhöhe and ein zweites ebensolches Wehr in der Brembilla anzu-
legen (vergl. Taf. VIII, Fig. 1). Infolge der starken Verengerung des Flusschlanchea
oberhalb des alten Wehres konnte man schon mit einer Wehrhöhe von 1,60 m über
Flussohle im Brembo an der gewählten Stelle so viel an Druckhöhe gewinnen, dass der
Wasserspiegel im Werkkanal an der alten Wehrstelle die früher beabsichtigte Höhe er-
reichte. Ausserdem wurde es möglich, an beiden Stellen zusammen normal 12,5 cbm/sek.
statt früher 10 cbm/sek. Wasser zu entnehmen.
362 II- Theodor Koehn. Ausbau ton Wasserkräften. Beispiele.
Das neue Wehr im Brembo hat eine Gesamtlänge von 106,0 m and ist in einer
gebrochenen Linie über den Flnss gelegt (vergl. Taf. VIII, Fig. 1). Am linken Ufer
schliesst es an den festen Felsen an, am rechten an das Bauwerk des Einlaufs. Der
eigentliche Wehrkörper besteht aus Holz and Beton mit eisernen Ankern (vergl. Tat VIII,
Fig. 3 u. 4) ■). Die Krone ist 4,40 m breit and aas 2 Lagen glatter Bohlen gebildet,
welche auf verankerten und schwalbenschwanzformig in den Beton eingelassenen Längs-
balken befestigt sind. Unmittelbar abwärts des festen Wehres ist eine Wand von
6,0 m langen Eisenbahnschienen gerammt, auf welche im Abstände von 4,60 m eine
zweite ebensolche Wand folgt- Diese beiden Wände erscheinen mit Rücksicht auf den
geringen Stau ausreichend, eine Unterspülung des Wehres za verhüten. Zwischen den
Abb. 51. QuorfwhnittMkis» dee Wehret, vergl. Abb. 60.
♦ 75/.«
~'j?v*y /?«««*/» — — "
beiden genannten Schienenwanden ist durch eine Steinpackung und eine darüber gelegte
Schicht aas 1,0 m dicken Quadern ein fester Absturzboden gebildet. Zur grösseren Sicher-
heit ist unterhalb der letzten Schienenwand noch eine Steinpackong aus grossen Fels-
stücken von beträchtlicher Länge angeordnet. Die gewählte Örtlichkeit erleichterte inso-
fern die Ausführung, als man das Wasser während der winterlichen Niedrigwasserperiode,
welche zum Bau allein in Frage kam, für den Aasbau des rechtsseitigen Wehrteiles mit
leichten Fangedämmen aus Sand, Kies nnd Holz in den linken Flussteil ableiten konnte.
In der zweiten Bauperiode — während der Erbauung des Wehranschlusses an das Unke
Ufer — konnte dann das Wasser des Brembo durch den beweglichen Teil des Wehres
am rechten Ufer and durch die Grundablässe hindurchgeleitet werden. Bei Hochwasser
können sich an der Wehrstelle keine sehr grossen Wassergeschwindigkeiten entwickeln,
weil der Flusschlanch an der Mündung der Brembilla durch eine Felsinse! stark ein-
geengt ist, also bei H.W. ein starker Stau entstehen mnss. Die Gesamtanordnung des
Wehres ist insofern nicht günstig, als das Niedrigwasser nicht in genügender Weise
nach dem Einlauf hin gedrängt wird. Es wäre vorzuziehen gewesen, das Wehr in einem
gegen die Strom rieh tung spitzen Winke) über den Fluss zu legen. Der bewegliche Teil,
welcher bei höheren Wasserständen als Kiesschleuse dienen soll, hat eine Gesamtbreite
von 8,0 m nud ist aus 4 Klappen von je 2,0 m Länge gebildet. Diese Klappen be-
steben aus einfachen Holztafeln von 60 cm Höhe, welche im aufgerichteten Zustande
unten durch einen kleinen Anschlag in dem Bohlenbelag und oben durch eiserne Stützen
gehalten werden. Die Klappen sowohl, als auch die eisernen Stützen sind an starken
Ketten befestigt (vergl. Taf. VIII, Fig. 2 u. 4). Treten höhere Wasserstände ein, so werden
') Die in die Figuren 3 und 4 Tafel Till eingeschriebenen Zahlen 283.50 und 283,55 litten
richtig 282,50 und 282.55.
§ 3. Das Wasöerkkaft-ElektrizitItswerk Bergamasca. 363
die eisernen Stützen emporgerissen, und die Klappen fallen von selber um. Zur Be-
dienung der Klappen kann von dem Uferpfeiler ans eine aus ganz leichtem Gitterwerk
gebildete Brücke, welche eine Klappstütze besitzt, über die 8,0 m breite Öffnung des
beweglichen Wehres geklappt werden. Die Klappstütze stützt sich dann auf das feste
Wehr. Bei N.W. macht es übrigens auch keine Schwierigkeiten, die Klappen von Hand
aufzurichten. Diese einfachen Klappen haben aber den Nachteil, dass sich ftiit ihnen
ein dichter Verschluss nicht erzielen liest, so dass im Verhältnis zur verfügbaren N.W.
Wassermenge erhebliche Wasserverluste entstehen. Ausserdem verlangt ihre Bedienung
mehr Personal, als einfache Schützentafeln verlangt haben würden.
Vor dem Ebüauf in das Spülbecken ist ein etwa 30,0 m langer Rechen auf-
gestellt, welcher sich gegen Böcke aus Gitterwerk stützt (vergl. Taf. VIII, Fig. 2 u. 5).
Der Rechen steht vertikal. Die einzelnen Rechentafeln können herausgehoben werden.
Da die Sohle des Einlaufs um 1,10 m tiefer liegt, als die Krone des Klappenwehres, so
findet die regelmässige Fortspülung der Geschiebeablagerungen durch das Spfilbeeken
und den Grundablass statt. Das Spülbecken hat eine lichte Breite von 7,50 m, während
die 2 Spülschützen des Grundablasses je eine lichte Weite von 3,0 m haben. Der Einlauf
zum Werkkanal ist durch zwei Schützenöffnungen von je 3,0 m Weite gebildet. Hinter
denselben befindet sich noch eine Vorkammer, welche durch eine Spülschütze von Ab-
lagerungen gereinigt werden kann. Die Einlauf schwelle liegt nur 0,20 m höher, als
die Sohle des Spülbeckens, so dass ziemlich viel Geschiebe etc. mit in die Vorkammer
und von hier in den Werkkanal gelangt. Auf diese Vorkammer folgt dann erst die
eigentliche Kanalmündung, welche durch 2 weitere Schützen von .je 2,50 m Breite ver-
schliessbar ist.
Das Wehr in der Brembilla ist in ähnlicher Weise konstruiert, wie das Brembo-
wehr (vergl. Taf. IX, Fig. 1). Am linken Ufer dieses Wehres befindet sich gleichfalls
ein 8,0 m breites Klappenwehr, welches ebenso wie dasjenige des Brembos eingerichtet
ist. Die Gesamtwehrbreite beträgt 39,40 m. Durch eine in der linken Ufermauer des
Wehres angebrachte Schützenöffnung stürzt das Wasser direkt in den Werkkanal hinein,
welcher mit rechteckigem Querschnitt durch das feste Wehr hindurchgeführt wird. Hier
ist also auf ein Spülbecken und einen Grundablass verzichtet und es können deshalb
noch reichlichere Geschiebe- und Sinkstoffmengen in den Werkkanal hineingelangen als
am Brembowehr. Da die Brembilla mit einem Arm unterhalb der Einschnürung des
Brembos mündet, so entwickelt sich bei Hochwasser abwärts des Brembillawehres ein
sehr starkes Spiegelgefälle und infolgedessen eine sehr grosse Geschwindigkeit. Es hat
sich unter diesen Umständen die geneigte Lage des Sturzbettes, welche die Geschwindig-
keit des Wassers noch steigern musste, insofern als ungünstig erwiesen, als durch ein
Hochwasser am 3. September 1901, bei welchem die Überfallhöhe 2,60 m über Wehr-
krone betragen haben soll, der ursprüngliche Abfallboden zum Teil zerstört wurde. Die
tief eingerammten Schienenwände sollen aber an ihrem Platze geblieben sein. Man hat
deshalb später noch zwei Reihen Schienen im Abstände von je 5,0 m gerammt und die
Sohle zwischen den Schienenreihen mit grossen Felsstücken als Unterlage und starken
Steinplatten als Decklage befestigt. Dem Abfallboden gab man aber wieder eine Neigung
von 1 : 15. Nach Ansicht des Verfassers hätte ein wagerechter Absturzboden, oder eine
treppenförmige Anlage mit wagerechten Stufen oder eine flussabwärts ansteigende An-
ordnung den Vorzug verdient (vergl. Kap. III, 1A Wehre).
Der Werkkanal (ohne den Unterwasserkanal) hat eine Gesamtlänge von rd.
3780,0 m. Er beginnt gleich hinter den Einlaufschützen als Stollen von 4,20 m Höhe
und 5,0 m Breite und geht dann mit einer scharfen Kurve von 8,0 m Halbmesser in
9m> IX Tuodor Eoehh. Ausbau vor Wassrxkrajten. Beispiele.
ma PYo&l von 4,00 m Breite und etwa 3,0 m Höhe über. An Stellen, wo das Profil
m% Klk-tsk&t auf die Durchlässigkeit des Felsens mit Beton bekleidet werden musste,
ist dt* lichte Breite auf 4,0 m eingeschränkt. Die normale Waseertiefe betragt in dem
&vÜ**p*oäl aufwärts der Brembillakrenzong 1,40 m, abwarte 1,65 m. Das Wasser-
tip>«g«lgefalle ist im oberen Tnnnelprofil anf etwa 100,0 m Lange 1 °/<w, steigt dann in
d*m mit Beton ausgekleideten Profil auf 1,20 %o, abwärts der Brembillakrenzong auf
1,26 "/so und bleibt in dem offenen Profil bis ans Ende durchschnittlich 0,5 %o.
Man hat für daa offene Profil , welche» ad« Bet on winden mit einem PutiDberaug gebildet ist,
dw Beiwert « in d« GesebwindigkoitAformel T = e.VB-J ■■> 78,8, für du Ausgekleidet« Stollen profil
» 78,4, für in nicht »[»gekleidete Tnnnelprofll je naeh der Rauhigkeit dee Felsen* zn 57,10 bis 87,5
Das mit glatten Holzwänden ausgeführte Profil innerhalb des Brembillawebres
steht unter einem Druck von 0,12 m, weil man durch die vorgeschriebene Höhe der
Wehrkrone auch in bezng anf die Höhenlage des Kanals bei der gewählten Anordnung
beschränkt war. Der Beiwert o wurde für das
Abb.62. Überfall vor JeniBeck«. in Tätigkeit. ietztgedachte Profil zu 72,4 angenommen.
Es ist selbstverständlich, dass sich die Quer-
schnittsgeBtalt des offenen Profils je nach der Quer-
neigong des Terrains fortwährend insofern ändern
musste, als die aas Stampfbeton hergestellten
Kanalwände und die Befestigungen der Böschungen
flusswärts und bergwärts ganz verschieden in Höhe
und Stärke ausfielen. Man soll es unterlassen
haben, die Ausgenseite der znm Teil recht hohen
Kanalwände mit einer Beschattung zn versehen,
so dass durch die starken Temperaturunterschiede
zwischen den sonnebeschienenen Auasenflächen und
den wasserbenetzten Innenflächen grosse innere
Spannungen entstehen mussten, welche zu lot-
rechten Rissen und zn wagerechten Fugen Ver-
anlassung gaben. Wenn an der Innenseite einer
solchen Kanalwand wagerechte Fugen entstehen,
so wirkt ausser dem lotrecht zur Wandfläche ge-
richteten Wasserdruck noch der Auftrieb des
Wassers in der Fuge anf Kanten. Am 26. September 1901 ist die flusseitige Kanal-
wand an einer Stelle, wo sie wegen der Steilheit des Hanges hatte besonders hoch
werden müssen, auf einer beträchtlichen Länge (über 60,0 m) umgekippt (vgl. Kap. III,
2. Werkkanäle, und Tafel LIII, Fig. 6). Man hat, um zunächst den Betrieb wieder
in Gang zn setzen, einen provisorischen Holzkanal erbaut, alsdann die Ufermauern mit
verstärktem Profil wieder hergestellt und mit Boden hinterfüllt.
Der Kanal endigte früher in einem Vorbecken, an dessen unterem Ende sich
die Druckkammer befand. Vor der Druckkammer war, wie üblicb, ein eiserner Rechen
aufgestellt (vergl. Tafel IX, Fig. 6). Etwa 75,0 m oberhalb des Rechens befindet sich
ein Überfall (vergl. Abb. 3) und eine Spülschleuse (Grundablass). Das Wasser
stürzt in einen Betonkanal mit kaskadenförmiger Sohle ab und wird von hier durch
den Überfallkanal, dessen Buchungen nnd Sohle mit Pflasterung gesichert sind, in den
firembo zurückgeführt. Die Lage des GrundablasseB gestattete keine ausreichende
Spülung des Beckens. Da, wie wir gesehen haben, Geschiebe und Sinkstoffe leicht in
§ 3. Das WasserksafivElxktbizitätbwbrk Bebgamasca. 365
den Werkkanal hineingelangen können, musste man als Notbehelf von Zeit zu Zeit den
Werkkanal trocken legen und das Vorbecken ausräumen. Diesem Übelstande hat man
gelegentlich der Erweiterung des Werkes dadurch abzuhelfen gesucht, dass man neben
dem alten Vorbecken ein zweites legte mit besonderer Druckkammer an seinem unteren
Ende. Ferner wurde eine eiserne Spülleitnng angelegt, durch welche sowohl die beiden
Vorbecken, als auch die beiden Druckkammern gespült werden können. Wo sich der
Werkkanal in die beiden Vorbecken gabelt, ist jedes Becken für sich durch Schützen
abschliessbar, so dass es trocken gelegt werden kann, ohne den Betrieb des anderen
zu beeinträchtigen. Auf diese Weise ist jedenfalls erreicht, dass man auch, wenn die
Spülung oder Bäumung eines Vorbeckens notwendig wird, den Betrieb aufrecht er-
halten kann.
Das eiserne Druckrohr der alten Anlage hat einen Durchmesser von 2,50 m,
dasjenige der neuen Anlage einen solchen von 1,80 m. Die Druckrohre liegen offen
und sind auf einzelnen Betonfundamenten in Lagerschalen gelagert, auf denen sie sich
bewegen können. Als Dilatationsvorrichtung dient eine in dem Mauerwerk der Druck-
kammer angebrachte Stopfbüchse. Das erwähnte Spülrohr liegt neben dem neuen Druck-
rohr und geht unter das neue Krafthaus hindurch in den Dnterwasserkanal.
Das alte Krafthaus war für vier Turbogeneratoren und zwar drei zu je 600 und
eine zu 400 PS« eingerichtet. Wie aus dem Lageplan (Tafel IX, Fig. 6) ersichtlich ist,
war das alte Krafthaus in der Längsrichtung nicht erweiterungsfähig. Man hat deshalb
den neuen Turbogenerator von 800 PS« in einem seitlichen Anbau untergebracht. Der
alte Maschinensaal hat eine Länge von 26,45 m und eine Breite von 11,20 m, also eine
Flächengrösse von 296,24 qm oder ca. 13,5 qm für je 100 installierte PS«. Die Schalt-
tafel steht auf einem Podium im Maschinenraum selbst, die Schaltanlage befindet sich
dahinter in einem Anbau von 35,70 qm Grundfläche, so dass für je 100 installierte
P6# ca. 1,65 qm Grundfläche zur Verfügung standen.
Das neue Maschinenhaus war ursprünglich nur mit einer Länge von 11,0 m und
einer lichten Breite von 7,0 m beabsichtigt (vergl. Tafel IX Fig. 6). Der Maschinen-
saal soll aber, nach einer dem Verfasser vorliegenden Zeichnung, eine Länge von 14,4 m
und eine lichte Breite von 7,0 m erhalten haben, also eine Flächengrösse von 100,8 qm,
so dass pro 100 installierte PS# ca. 12,6 qm zur Verfügung stehen würden. Nach der
erwähnten Projektzeichnung ist neben dem Maschinensaal, in Höhe des Maschinenflurs,
mit zusammen 98 qm Grundfläche eine Werkstatt und ein Lagerraum angelegt, welche
in der alten Anlage noch fehlten. Über den letztgedachten Räumen im ersten Stocke
wnrde für die Erweiterung der Schaltanlage ein Raum von ebenfalls ca. 98 qm ge-
schaffen, so dass nach Fertigstellung des Neubaues 98 + 36,7 = 133,7 qm für die
Schaltanlage zur Verfügung stehen würden oder bei 8000 installierten PS« 4,44 qm pro
100 PS». Da die Spannung des mit 7000 Volt erzeugten Stromes neuerdings, um die
Leistungsfähigkeit der Fernleitung zu vergrössern, auf eine höhere Spannung trans-
formiert wird, soll noch ein besonderes Transformatorenhaus errichtet sein. Der
Turbinenkanal ist beim alten Maschinenhaus für alle Turbinen gemeinschaftlich. In
ähnlicher Weise ist der Turbinenkanal auch für das neue Krafthaus angelegt (vergl.
Tafel IX, Fig. 7).
Der Unterwasserkanal ist durch Trockenpflasterung an der Sohle und den
Böschungen befestigt Auf seiner unteren Strecke, wo er bereits in dem alten Bette
des Brembo hegt, ist er durch einen Hochwasserdamm, aus grossen Drahtgeflecht-Kies-
sacken gegen Versandung geschützt.
366 II. Theodor Koehn. Ausbau ton Wasserkräften. Beispiele.
Die Wassermotoren sind Francis-Turbinen mit Spiralgehäuse4). Die grossen
Turbinen machen 230, die kleinen 300 Uml./Min. Sie sind am ganzen Umfange von
aussen beaufschlagt* und giessen seitwärts aus. Die horizontale Welle liegt 5,90 m über
dem Unterwasserspiegel. Bei der zuletzt aufgestellten Turbine hat man die Welle
6,90 m über dem Unterwasserspiegel gelegt Die Turbinenwellen sind mittelst Zodel-
kuppelung mit den Generatoren direkt gekuppelt Die Generatoren liefern Dreiphasen-
strom von 7000 V. mit 50 Per. 6).
Das Fernleitungsnetz bietet keine Besonderheiten. Es sei nur erwähnt, dass
die Stadt Bergamo etwa 12 km von dem Krafthause entfernt ist. Um die Wasserkraft
yoll auszunützen, hat die Gesellschaft eine Dampfzentrale in Bergamo, welche früher
einer Konkurrenzgesellschaft gehörte, erworben.
Die Anlagekosten des hydraulischen Teiles sind bereits in der Tabelle I,
S. 242 und 243 mitgeteilt.
Es ist hierzu zu bemerken, dass die Gesamtkosten für Wehr- und Kanalanlage im Sinne tob
Spalte 8 der erwähnten Tabelle Ende 1903 1706380 Lire betragen haben. Von dieser Summe sind aber
für den in der erwähnten Tabelle beabsichtigten Vergleich 606380 Lire, welche etwa anf die nutzlos
gewordenen Wehrbaaten etc. zu rechnen sind , abgezogen. Die Kosten des baulichen Teiles des alten
Erafthauaes betragen 113407 Lire, die Kosten der ganzen Turbinenanlage des alten Krafthauses
105728 Lire. Es ist angenommen, dass die Kosten der Erweiterung pro Einheit dieselben geblieben
sind, wie für die alte Anlage. Die gesamte elektrische Einrichtung des alten Krafthaases hat bis Ende
1903 212548 Lire gekostet, oder 96,6 Lire pro PS« = rd. 78,2 Mk. Für die Fernleitung, die Transfor-
matoren und das sekundäre Verteilungsnetz waren bis Ende 1903 1244639 Lire aufgewendet
Die direkten Betriebskosten haben im Jahre 1903, ausschliesslich der 8teuern, Abgaben und
Wasserzinse, aber einschliesslich der Kosten der allgemeinen Verwaltung betragen 103608 Lire
Die Steuern und Abgaben, einschliesslich Wasserzins (Tasse ed Imposte)
allein haben betragen 61709 ,
Also die direkten Oesamtbetriebskosten 165812 Lire.
Für die Erneuerung und Tilgung (Amortamento) sind 1908 zurückgestellt 84748 Lire, so dass
die Gesamtkosten einschliesslich der Rückstellung für Tilgung und Erneuerung (aber ohne Verzinsung)
betragen haben, rd. 8°> der Anlagekosten (einschliesslich des Fernleitungsnetzes) tob 3099714 Lire«).
Wenn man für die Verzinsung noch 4,5 °/o hinzurechnet, so würden sich im ganzen an Betriebs-
kosten 12£°/o der Anlagekosten ergeben.
Von den Anlagekosten sind ^== anf das Leitungsnetz entfallen. Die direkten Betriebs-
kosten für das Oesamtleitnngsnets und die Transformatoren allein haben nur ca. 24000 Lire betragen,
d. h. rd. 2°/o der Anlagekosten (vergL S. 271).
Im Jahre 1903 sind im ganzen in dem Krafthanse Glenesso 4600000 KW oder rd. 7000000 PS«-
Standen geleistet. Im Durchschnitt würden also die in dem Krafthause installierten PS« mit rd.
BISO Stunden pro Jahr mit voller Belastung ausgenützt sein, was eine gute Darchschnittsattsnütsang
der vorhandenen Wasserkraft bedeutet
Die Gesamt-Einnahmen 1908 haben etwa 5,7 cts. für die im Krafthanse erzeugte PS«-Std. be-
tragen und da jede im Krafthanse installierte PS« rd. 3180 Standen geleistet hat, ergibt sich für die
installierte PS« nnd Jahr eine Einnahme von rd. 181 Lire. Diese erheblich über dem Durchschnitt
liegende Einnahme erklärt sich aas der günstigen Absatzgelegenheit (vergL S. 888).
*) Geliefert von J. M. Voith in Heidenheim a. d. Brenz.
&) Die ganze elektrische Einrichtung des Krafthaases ist von der E. A. vorm. Schachert,
Nürnberg geliefert
6) In dieser Summe sind die Kosten des gebrochenen Wehres etc. nicht enthalten.
§ 4. Das Wabserkbaft-ElektrizitItbwerk Funghera. 367
§ 4. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Fanshera an der Stura
in der Valle di Lanzo, Piemont,
der Societk Anonixna Elettricitä Alta Italia. Hierzu Tafel X *).
Die genannte Gesellschaft2) versorgt die Stadt Turin und Umgebung mit elek-
trischer Energie. Sie besitzt zu diesem Zweck ausser einer grossen Dampfzentrale
in Turin eine Anzahl eigener Wasserkräfte und hat ferner die Gesamtenergie einiger
anderer Wasserkraft-Anlagen in Pacht genommen. Zu den eigenen Wasserkraft- An-
lagen gehören: Diejenige bei Bussoleno im Tale der Dora Riparia mit 16000 PS« nor-
maler (etwa neunmonatlicher) Leistung, 52 km von Turin; diejenige bei Funghera in
der Valle di Lanzo 36 km von Turin ; diejenige im Viütale — einem oberhalb von Lanzo
von dem Tale der Stura abzweigenden Tale — welche der Zentrale von Funghera gleich-
falls ihre Kraft zuführt ; die Anlage von Ponte Preti an der Chiusella, einem Nebenfluss
der Dora Baltea. Letztere Anlage, an der Strasse Gastella Monte-Ivrea gelegen, versorgt
das 35 km von der Zentrale entfernte Industriegebiet von Biella in Konkurrenz mit der
Anlage von Pont Saint Martin (vergl. § 7).
Zu den gepachteten Anlagen gehören: Die drei Kraftwerke an der Stura
di Ala zwischen Geres und Ala in der Valle di Ala, oberhalb von Funghera, mit zu-
sammen 4500 PSe (vergl. § 5); die Anlage an der Cenischia in der Nähe der grossen
Mont Genisstrasse mit zusammen 9050 PS6 in zwei Zentralen, ca. 60 km von Turin
(vergl. § 6).
Die verfügbare sekl. Wassermenge der Anlage Funghera beträgt maximal
5 cbm/sek., normal (etwa neunmonatlich) 4,5 cbm/sek., minimal 2,7 cbm/sek. Das ge-
wonnene Nutzgefalle beträgt rd. 63,0 m.
Durch ein steinernes Wehr wird die Stura bei N.W. 0,95 m gestaut Das Wehr
13t zur Stromrichtung schräg gestellt, um bei N.W. das Wasser zum Einlauf zu führen,
um die Überfallänge zu vergrössern und um bei geöffneten Grundablasschützen vor dem
Wehre einen starken Spülstrom zu erzeugen (vergl. Taf. X, Fig. 1 u. 2). Der Grand»
ablass (Kiesfreilauf) hat eine Gesamtbreite von 3,0 m und ist durch zwei Schützentafeln
abschliessbar. Bemerkenswert ist die sehr günstige Lage des Einlaufs, welcher
sich unmittelbar oberhalb des Grundablasses im Zuge der Ufermauer befindet. Der
Einlanf hat eine lichte Weite von 7 15 m. Er ist durch Schützen abschliessbar und
durch einen vertikalen Rechen von Flacheisenstäben gegen das Eindringen gröberer,
schwimmender Körper geschützt. Die Stäbe bilden mit der lotrechten Vorderfläcbe des
Rechens spitze Winkel, deren Winkelpunkte stromabwärts gerichtet sind. Die Sohle des
Einlaufs ist nach den dem Verfasser zur Verfügung gestellten Zeichnungen allerdings
nur wenig (0,10 — 0,20 m) gegen die Sohle des Kiesfreilaufs erhöht. Letztere ist aber
längs des Einlaufs mit glatten Bohlen belegt und hat eine Längsneigung, so dass das
Geschiebe leicht vom Spülstrom abwärts geführt werden kann (vergl. Taf. X, Fig. 3).
Während der betriebsfreien und schwach belasteten Stunden kann auch bei N.W. eine
so kräftige Spülung stattfinden, dass die Einlaufschwelle einigermassen frei von Ge-
schiebe gehalten wird. Bei höheren Wasserständen bleiben die Grundablasschützen zum
Teil oder ganz geöffnet, so dass dauernd ein starker Spülstrom verlängs des Kanal-
i) Die Tafel ist nach Zeichnungen and Skizzen beigestellt, welche von der Gesellschaft dem
Verfasser xar Verfügung gestellt sind.
*) Eine Gründung der A. G. Siemens <fc Halske, Berlin and ihrer Bankengruppen.
368 II. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
einlaufe erzeugt wird. Die Schützen für die Regulierung des Wasserzuflusses in den
Werkkanal befinden sich ca. 37,0 m unterhalb des Einlaufs. Zwei Grundablässe ermög-
lichen eine Spülung der vor den Regulierungsschützen liegenden Kanalstrecke. Eine dritte
kleine Öffnung in der flusseitigen Mauer der genannten Kanalstrecke dient dazu, eine
behördlich vorgeschriebene Minimalwassermenge in den Fluss zurückzuleiten. Die bezüg-
liche Schützenvorrichtung ist mit Wasserstandsanzeiger und einer Mass-Skala versehen,
so dass die Beamten jederzeit leicht den richtigen Stand der Schützentafel kontrollieren
können. Unmittelbar oberhalb der Regulierungsschützen liegt ein 8,0 m langer Überlauf«
Etwa 3600 m unterhalb sind nochmal Regulierungsschützen in den Kanal eingebaut und
vor denselben ist abermals ein diesmal 70,0 m langer Überlauf angelegt. Auf der
weiteren Strecke des Kanals sind noch 6 Kanalbrücken über kleine Gebirgsbäche zur
Anlage weiterer Überläufe benutzt. Hier stürzt das Wasser jedesmal über den Rand
des Überlaufs freifallend in den Bergbach hinab und für die Abführung des Wassers in
die Stura werden ohne weiteres die natürlichen Bäche benutzt.
Der Werkkanal zieht sich an den steilen Abhängen oberhalb der nach Lanzo
führenden Gebirgsstrasse hin (vergl. Taf. X, Fig. 4, 5, 6 u. 7) und durchdringt schärfere
Vorsprünge im Tunnel. Er endigt in einer Druckkammer. Vor derselben befindet
sich noch ein Überlauf von rd. 37,0 m Länge. Das Überlauf wasser wird hinter der
Druckkammer hindurch und dann in einem kaskadenförmig angelegten Kanal zur Stura
hinabgeführt (vergl. Taf. X, Fig. 8). Die rechteckige Druckkammer selbst hat eine ver-
tiefte Sohle als Kiesfang. Letzterer kann durch einen Grundablass, welcher in den
treppenformigen Überlaufkanal führt, entleert und gespült werden. Vor dem Eintritt in
die Druckkammer muss das Wasser einen Rechen aus Flacheisenstäben passieren (vergl.
Taf. X, Fig. 10).
Zwei schmiedeeiserne Druckrolire von je 1,5 m Dm. münden ungefähr recht-
winklig zur Stromrichtung des Kanals aus der Druckkammer aus. Für jedes der Druck-
rohre ist eine Vorkammer gebildet, welche durch eine Schützentafel abschliessbar ist
(vergl. Taf. X, Fig. 9). Diese Schützen können sowohl von Hand, als auch auf elektrisch-
mechanischem Wege von der Zentrale betätigt werden. Bei geschlossener Schütze kann
die Vorkammer und das Druckrohr trocken gelegt werden, die Luft kann bei Entleerung
des Druckrohres frei eintreten und beim Betriebe kann die von dem Wasser mitgerissene
Luft jederzeit aus dem Rohre entweichen. Die Druckrohre sind in einem Beton-
gewölbe gelagert, welches so weit ist, dass die Rohre an jeder Stelle besichtigt und
Reparaturen ausgeführt werden können. Durch die Überdeckung wird die Längen-
änderung infolge von Temperaturunterschieden auf ein unschädliches Mass beschränkt,
so dass besondere Dilatations Vorrichtungen entbehrlich wurden. Die beiden Druckrohre
münden unten in ein zwei Meter weites schmiedeeisernes Rohr, welches rechtwinklig zur
Achse der Druckrohre liegt, auf welchem zum Ausgleich von Stössen ein Windkessel sitzt
(vergl. Taf. X, Fig. 11 u. 12). Aus dem grossen schmiedeeisernen Querrohre zweigen,
gleichfalls rechtwinklig, die Rohre der drei grossen Turbinen ab, welche natürlich je mit
einem Schieber versehen sind, so dass jede Turbine für sich abgestellt werden kann.
Das Druckrohr für die Erregerturbinen mündet an einem Ende des Querrohres aus.
Neben der oben erwähnten Druckkammer liegt ein Filter, durch welches das Wasser
für die hydraulischen Servo-Motore der Turbinenregler gereinigt wird, und von welchem
aus das gereinigte Druckwasser in einer besonderen Leitung herabgeleitet wird. Diese
Leitung ist in demselben Betontunnel, in welchem die Hauptrohre liegen, untergebracht.
In dem Krafthause waren im Sommer 1904, als der Verfasser die Anlage be-
sichtigte, drei Francis-Reaktions-Turbinen von je 1500 PS« Leistung und 200 UmL/Min.
§ 5. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Ceres- Ala. 369
aufgestellt '), welche mit Dreiphasen-Drehstrom-Generatoren direkt gekuppelt waren, und
zwei kleinere Turbinen zu je 70 PSe mit 500 Uml./Min. zum Antriebe von zwei Gleich-
strom-Erreger-Maschinen 4). Die Regulierung der Turbinen erfolgt selbstwirkend mittelst
je eines hydraulischen Servo-Motores. Ausserdem kann die Regulierung noch durch
einen vom Schaltbrett aus für jede Turbine zu bedienenden Elektromotor bewerkstelligt
werden, um die Parallelschaltung zu erleichtern. Der für alle Turbinen gemeinschaft-
liche Turbinenkanal liegt in der Längsachse des Krafthauses und führt nach dem Ver-
lassen des letzteren direkt in die Stura. Die Generatoren erzeugen Dreiphasenstrom
von 3000 Volt, welcher früher für die Leitung nach Turin in Öltransformatoren auf
12000 Volt herauftransformiert wurde. Später wurde die gesamte elektrische Energie
zusammen mit derjenigen aus Ceres-Ala mit einer Spannung von 24000 Volt nach Turin
übertragen, zu welchem Zwecke drei in Stern geschaltete Zusatztransformatoren auf-
gestellt wurden. Die andere Hälfte des Krafthauses hat die motorisch -elektrische Ein-
richtung für das Kraftwerk im Viütale aufgenommen und zwar ungefähr in derselben
Gesamtgrösse und mit denselben Einheiten wie die der Fanghera-Anlage.
Alle Maschinenkabel werden in einem in der Längsachse des Maschinensaales
unter dem Maschinenflur liegenden Kabelkanal zur Schaltanlage geführt. Die Schalt-
tafel befindet sich auf einem erhöhten Podium an einem Ende des Maschinensaales, so
dass der Schaltbrettwärter von seinem Standorte aus den ganzen Maschinensaal gut
übersehen kann.
In einem besonderen Anbau sind zu ebener Erde die Transformatoren und in
einem besonderen Räume eine Akkumulatorenbatterie für die Notbeleuchtung und den
Eigenbedarf an Gleichstrom aufgestellt. Über diesen Räumen befindet sich in Hohe des
Schaltbrettpodiums ein Saal für die Schaltanlage der Transformatoren und der Fern-
leitungen.
§ 5. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk an der Stura di Ala bei
Ceres, Piemont, Italien. Hie«u Tafei xn).
Aus der Stura, rd. 13,5 km oberhalb des zum Kraftwerk Funghera gehörigen
Wehres, können normal (neunmonatlich) 1,5 cbm/sek. zu industriellen Zwecken entnommen
werden. Das zur Verfügung stehende Gesamtgefälle wurde in drei gleichen Stufen von
je 100,0 m ausgenützt. Die drei Krafthäuser sind gleichsam hintereinander geschaltet,
so dass das Turbinenwasser des oberen in den Zuführungskanal des unteren Krafthauses
fliesst. Aus der schematischen Skizze Tafel XI, Fig. 1 geht die Gesamtanordnung am
besten hervor. Man ist versucht zu fragen, warum man nicht das Gefalle in einer Stufe
ausgenutzt und nur ein Krafthaus errichtet hat, da der Betrieb sicher billiger und die
Anlagekosten kaum höher geworden wären. Soweit die Kenntnis des Verfassers reicht,
hielt man z. Z., als das Werk projektiert wurde, die staffeiförmige Anlage für betriebs-
sicherer. Die Anlagen sind 1902 in Betrieb gesetzt worden, also in demselben Jahre,
3) Geliefert von Riva Monneret in Mailand.
*) Die elektrische Einrichtung des Krafthauses ist von der A.-G. Siemens & Halske in Berlin geliefert
i) Die Tafel ist nach Zeichnungen und Skizzen angefertigt, welche dem Verfasser von der
Societa Anonima ElettricHa Alta Italia in Turin zur Verfügung gestellt sind.
Handta* der Ing.-Wi*MM«h. UL TtU. IS. Bd. 24
370 II. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkbäftex. Beispiele.
in welchem auch die Lac-Tanay-Anlage bei Vouvry mit 920,0 m Gesamtdruckhöhe dem
Betrieb übergeben wurde (vergl. § 18). Alle Anlagen je eines Krafthauses sind mit den-
jenigen der beiden anderen fast identisch.
Wehr und Entnahmestelle bieten nichts besonders Bemerkenswertes (vergl.
Taf. XI, Fig. 2). Es dürfte aber für die Freihaltung des Kanaleinlaufs von Geschiebe
zweckmässig gewesen sein, vor der Grundschwelle, welche den Einlauf vom Flusse trennt,
noch einen Grundablass anzulegen.
Die Längen der drei Werkkanäle sind etwa 1,5 km, 3,5 km und 2,0 km. Die
Kanäle liegen zum grössten Teile im Tunnel, zum Teil im Einschnitt und zum Teil auch
im Auftrage. Überall sind sie, bis auf die Strecken, wo Überläufe liegen, zugedeckt,
um sie vor Hineinfallen von Blättern, Steinschlag, Schnee etc. zu schützen und um Eis-
bildtwg zu verhindern. Die Figuren 3 und 4, Tafel XI zeigen die Querprofile im Tunnel.
Bald hinter den Regulierungsschützen erweitert sich im Tunnel das Profil aus seiner
Normalweite von 1,40 m auf 3,50 m. Die Sohle ist um 1,20 m vertieft, um hier ein
Ablagerungsbecken für Geschiebe und Sinkstoffe zu bilden (vergl. Taf. XI, Fig. 5).
Unmittelbar hinter diesem Becken sind nochmal Regulierungsschützen in einem kleinen,
über dem Kanal erbauten Häuschen untergebracht. Vor den Schützen liegt ein Überlauf
mit einem direkt in die Stura fuhrenden Überlauf kanal. Jeder der drei Werkkanäle endigt
in einer Druckkammer, einem viereckigen Bau, dessen Sohle gegen die Kanalsohle um
ca. 1,5 m vertieft ist, um nochmals Gelegenheit zur Ablagerung von Geschiebe und Sink-
stoffen zu geben. Rechtwinklig zur Achse der Einmündung des Kanals steht die Achse
des ausmündenden schmiedeeisernen Druckrohres von 1,10 m Durchmesser. Zu dem
Druckrohre führt eine Vorkammer, welche durch ein Schützenpaar abschliessbar ist Es
kann also die Luft aus dem Druckrohre jederzeit in die Vorkammern entweichen und
wenn die Schützen der letzteren geschlossen sind, kann sie und das Druckrohr trocken
gelegt werden. Vor den Schützen befindet sich, ähnlich wie bei der Anlage Funghera-
Lanzo, ein aus Flacheisenstäben gebildeter Rechen. Aufwärts jeder Druckkammer sind am
Werkkanal, wie üblich, ein Überlauf und ein Grundablass angelegt, welche beide in den
Überlauf kanal entwässern. Die Druckkammer kann natürlich auch gegen den Werk-
kanal durch Schützen abgeschlossen werden. Der Kiesfang der Druckkammer ist durch
einen Spülablass mit dem Überlauf kanal verbunden, so dass sie gespült und trocken
gelegt werden kann. Soll das Druckrohr einer oberen Druckkammer abgestellt werden,
so wird man kurz vorher die Schützen des Grundablasses am Überfall vor der Druck-
kammer ziehen, damit das untere Krafthaus ohne Unterbrechung das erforderliche Wasser
erhält. Würde man das Druckrohr schliessen und dann erst den Grundablass öffnen,
so könnte eine empfindliche Störung in der Krafterzeugung des unteren Krafthauses
eintreten.
Die unterste Druckkammer hat keinen künstlich angelegten Entlastungskanal, da
sich unweit kanalaufwärts Gelegenheit bot, in einen natürlichen Wasserlauf, den 9Rio
Villa* (vergl. Taf. XI, Fig. 1), welchen der Werkkanal mit einer Brücke überschreitet,
Überlauf und Grundablass zu entwässern.
Die beiden Überlaufkanäle der oberen Druckkammern sind aus Beton herge-
stellt. Man schmiegte sie dem Terrain möglichst an und verzichtete darauf, sie in
der ganzen Länge tfeppenförmig anzulegen. Um aber die Geschwindigkeit des Wassers
zu vernichten, sind in dem oberen Kanal drei, in dem unteren vier Fallschächte
angeordnet, in welche das Wasser hineinstürzt und sich totfällt. Das Wasser muss
unter eine Scheidewand, welche den Fallschacht in zwei Teile teilt, hindurch, dann auf-
steigen und dann nochmals über eine Überfallschwelle in die nächste Strecke eintreten.
§ 5. DAH WASSERKRAFT-ELEKTRIZITÄTSWERK CERE8-ALA. 371
Trotzdem nur selten das ganze Wasser durch den Entlastungskanal fliesst — meistens nur
Sonntags, da in der Woche ununterbrochen der Betrieb stattfindet, — vielmehr in 4er
Regel nur dasjenige Wasser in dem Überlaufkanal abwärts läuft, was über den Über«
lauf fallt, so ist der Verschleiss der Beton-Sohle und Wände infolge der grossen Ge-
schwindigkeit doch so stark, dass man schon 1904 daran dachte, als Reserve zu den
Überlaufkanälen grosse eiserne Rohre zu verlegen.
Jedes der drei im oberen Teile aus Flusseisen, im unteren aus Siemens-Martin-
stahl mit Flanschenverbindung hergestellten Druekrohre ist oben in der Druckkammer
fest eingemauert, unten vor der Zentrale geht es mit einigen Krümmern in ein Ver-
teilungsrohr von 1,10 m Dm. über, auf welchem ein Windkessel sitzt Die ganze Druck-
rohrleitung liegt in einem zum Teil in den Felsen eingesprengten, zum Teil zwischen
zwei Mauern im Auftrag hergestellten, kastenförmigen Bette und ist überall ca. 1,0 m
hoch mit Boden bedeckt, so dass grössere Temperaturschwankungen, ausgeschlossen sind
und Dilatationsvorrichtungen entbehrlich wurden. Jedes Rohrstück hat sein eigenes
Betonfundament. An einzelnen schärferen Knickpunkten sind besondere Stützpunkte
durch grosse Fundamentklötze geschaffen.
Von dem erwähnten Verteilungsrohre gehen in jeder Zentrale vier Zuführungs-
rohre zu den Hauptturbinen und zwei kleinere Rohre zu den Erregerturbinen (vergl.
Taf. XI, Fig. 6 u. 7). Jedes Zuführungsrohr kann mittelst Drosselklappe gesondert
abgeschlossen werden, so dass, ohne den Betrieb der übrigen Turbinen zu stören, jede
für sich ausser Betrieb gesetzt werden kann. Vor dem Eintritt in die Turbine zweigt
von jedem Turbinenrohr ein anderes Rohr ab, welches direkt in den Turbinenkanal führt.
Dieser Rohrzweig ist mit einem Sicherheitsventil versehen, welches mit der Regulierwelle
der Turbine so verbunden ist, dass es sich ganz oder zum Teil öffnen muss, wenn die
Turbine ganz oder zum Teil von dem Regulator geschlossen wird. Der auf das Ventil
wirkende Mechanismus ist derart mit dem Gestänge des Regulators verbunden, dass das
Schliessen in der Turbine gegen das öffnen des Entlastungsventils nur mit ganz geringer
Verzögerung erfolgt, so dass die gleichmässige Wasserzuführung zum unteren
Krafthause gesichert bleibt. Soll die Drosselklappe einer Turbine geschlossen
werden, so wird gleichzeitig ein vom Verteilungsrohr direkt in den Turbinenkanal
führendes Rohr geöffnet, um die der Turbine zukommende Wassermenge durchzulassen
(vergl. Taf. XI, Fig. 6). Aus dem Turbinenkanal eines oberen Krafthauses fliesst das
Wasser direkt in den Werkkanal des unteren. Bei dem untersten Krafthause von Rusia
führt natürlich der Turbinenkanal direkt in die Stura. In dem Werkkanal zwischen
dem obersten Krafthause und der mittleren Druckkammer ist nochmals ein Grund-
ablass mit einem direkt in die Stura führenden Entlastungskanal angelegt. Durch
Schützen, welche in die Werkkanäle eingebaut sind, kann jedes Krafthaus ganz ausser
Betrieb gesetzt werden, ohne den Betrieb der anderen beiden zu beeinflussen. Aus
dem Schema Taf. XI, Fig. 1 gehen alle Schützenanlagen und die mit ihnen möglichen
Kombinationen am besten hervor.
Der Maschinensaal jedes Krafthauses ist für vier Turbo-Dynamos von je 700 PS,
mit den zugehörigen Erregerturbinen eingerichtet. Er hat eine Länge von etwa 31,50 m
und eine Breite von 10,0 m, so dass für 100 installierte PS« 10,5 qm Bodenflache zur
Verfügung stehen. Die kleinen Erregerturbinen leisten je 70 PS*. Alle Turbinen sind
Francis-Reaktionsturbinen *) mit je einem Lauf- und einem Leitrade. Das Wasser tritt
von unten in das spiralförmige Verteilungsgehäuse ein, beaufschlagt die Schaufeln radial
') Geliefert von Riva Moment & Co. in Mailand.
24*
370 II. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
in welchem auch die Lac-Tanay-Anlage bei Vouvry mit 920,0 m Gesamtdruckhöhe dem
Betrieb übergeben wurde (vergl. § 18). Alle Anlagen je eines Krafthauses sind mit den-
jenigen der beiden anderen fast identisch.
Wehr und Entnahmestelle bieten nichts besonders Bemerkenswertes (vergl.
Taf. XI, Fig. 2). Es dürfte aber für die Freihaltung des Kanaleinlaufs von Geschiebe
zweckmässig gewesen sein, vor der Grundschwelle, welche den Einlauf vom Flusse trennt,
noch einen Grundablass anzulegen.
Die Längen der drei Werkkanäle sind etwa 1,5 km, 3,5 km und 2,0 km. Die
Kanäle liegen zum grössten Teile im Tunnel, zum Teil im Einschnitt und zum Teil auch
im Auftrage. Überall sind sie, bis auf die Strecken, wo Überläufe liegen, zugedeckt,
um sie vor Hineinfallen von Blättern, Steinschlag, Schnee etc. zu schützen und um Eis-
bildung zu verhindern. Die Figuren 3 und 4, Tafel XI zeigen die Querprofile im Tunnel.
Bald hinter den Regulierungsschützen erweitert sich im Tunnel das Profil aus seiner
Normalweite von 1,40 m auf 3,50 m. Die Sohle ist um 1,20 m vertieft, um hier ein
Ablagerungsbecken für Geschiebe und Sinkstoffe zu bilden (vergl. Taf. XI, Fig. 5).
Unmittelbar hinter diesem Becken sind nochmal Regulierungsschützen in einem kleinen,
über dem Kanal erbauten Häuschen untergebracht Vor den Schützen liegt ein Überlauf
mit einem direkt in die Stura führenden Überlauf kanal. Jeder der drei Werkkanäle endigt
in einer Druckkammer, einem viereckigen Bau, dessen Sohle gegen die Kanalsohle um
ca. 1,5 m vertieft ist, um nochmals Gelegenheit zur Ablagerung von Geschiebe und Sink-
stoffen zu geben. Rechtwinklig zur Achse der Einmündung des Kanals steht die Achse
des ausmündenden schmiedeeisernen Druckrohres von 1,10 m Durchmesser. Zu dem
Druckrohre führt eine Vorkammer, welche durch ein Schützenpaar abschliessbar ist. Es
kann also die Luft aus dem Druckrohre jederzeit in die Vorkammern entweichen und
wenn die Schützen der letzteren geschlossen sind, kann sie und das Druckrohr trocken
gelegt werden. Vor den Schützen befindet sich, ähnlich wie bei der Anlage Funghera-
Lanzo, ein aus Flacheisenstäben gebildeter Rechen. Aufwärts jeder Druckkammer sind am
Werkkanal, wie üblich, ein Überlauf und ein Grundablass angelegt, welche beide in den
Überlauf kanal entwässern. Die Druckkammer kann natürlich auch gegen den Werk-
kanal durch Schützen abgeschlossen werden. Der Kiesfang der Druckkammer ist durch
einen Spülablass mit dem Überlauf kanal verbunden, so dass sie gespült und trocken
gelegt werden kann. Soll das Druckrohr einer oberen Druckkammer abgestellt werden,
so wird man kurz vorher die Schützen des Grundablasses am Überfall vor der Druck-
kammer ziehen, damit das untere Krafthaus ohne Unterbrechung das erforderliche Wasser
erhält. Würde man das Druckrohr schliessen und dann erst den Grundablass öffnen,
so könnte eine empfindliche Störung in der Krafterzeugung des unteren Krafthauses
eintreten.
Die unterste Druckkammer hat keinen künstlich angelegten Entlastungskanal, da
sich unweit kanalaufwärts Gelegenheit bot, in einen natürlichen Wasserlauf, den „Rio
Villa* (vergl. Taf. XI, Fig. 1), welchen der Werkkanal mit einer Brücke überschreitet,
Überlauf und Grundablass zu entwässern.
Die beiden Überlaufkanäle der oberen Druckkammern sind aus Beton herge-
stellt. Man schmiegte sie dem Terrain möglichst an und verzichtete darauf, sie in
der ganzen Länge treppenförmig anzulegen. Um aber die Geschwindigkeit des Wassers
zu vernichten, sind in dem oberen Kanal drei, in dem unteren vier Fallschächte
angeordnet, in welche das Wasser hineinstürzt und sich totfallt. Das Wasser muss
unter eine Scheidewand, welche den Fallschacht in zwei Teile teilt, hindurch, dann auf-
steigen und dann nochmals über eine Überfallschwelle in die nächste Strecke eintreten.
§ 5. DA» WAflfiEBKRAFT-ELEKTRIZITlTöWERK CeRES-AlA. 371
Trotzdem nur selten das ganze Wasser durch den Entlastnngskanal fliesst — meistens nur
Sonntags, da in der Woche ununterbrochen der Betrieb stattfindet, — vielmehr in der
Regel nur dasjenige Wasser in dem Überlaufkanal abwärts läuft, was über den Über«
lauf fällt, so ist der Verschleiss der Beton-Sohle und Wände infolge der grossen Ge-
schwindigkeit doch so stark, dass man schon 1904 daran dachte, als Reserve zu den
Überlaufkanälen grosse eiserne Rohre zu verlegen.
Jedes der drei im oberen Teile aus Flusseisen, im unteren aus Siemens-Martin-
stahl mit Flanschenverbindung hergestellten Druekrohre ist oben in der Druckkammer
fest eingemauert, unten vor der Zentrale geht es mit einigen Krümmern in ein Ver-
teilungsrohr von 1,10 m Dm. über, auf welchem ein Windkessel sitzt Die ganze Druck-
rohrleitung liegt in einem zum Teil in den Felsen eingesprengten, zum Teil zwischen
zwei Mauern im Auftrag hergestellten, kastenförmigen Bette und ist überall ca. 1,0 m
hoch mit Boden bedeckt, so dass grössere Temperaturschwankungen, ausgeschlossen sind
und Dilatationsvorrichtungen entbehrlich wurden. Jedes Rohrstück hat sein eigenes
Betonfundament. An einzelnen schärferen Knickpunkten sind besondere Stützpunkte
durch grosse Fundamentklötze geschaffen.
Von dem erwähnten Verteilungsrohre gehen in jeder Zentrale vier Zuführungs-
rohre zu den Hauptturbinen und zwei kleinere Rohre zu den Erregerturbinen (vergl.
Taf. XI, Fig. 6 u. 7). Jedes Zuführungsrohr kann mittelst Drosselklappe gesondert
abgeschlossen werden, so dass, ohne den Betrieb der übrigen Turbinen zu stören, jede
für sich ausser Betrieb gesetzt werden kann. Vor dem Eintritt in die Turbine zweigt
von jedem Turbinenrohr ein anderes Rohr ab, welches direkt in den Turbinenkanal führt.
Dieser Rohrzweig ist mit einem Sicherheitsventil versehen, welches mit der Regulierwelle
der Turbine so verbunden ist, dass es sich ganz oder zum Teil öffnen muss* wenn die
Turbine ganz oder zum Teil von dem Regulator geschlossen wird. Der auf das Ventil
wirkende Mechanismus ist derart mit dem Gestänge des Regulators verbunden, dass das
Schliessen in der Turbine gegen das Öffnen des Entlastungsventils nur mit ganz geringer
Verzögerung erfolgt, so dass die gleichmässige Wasserzuführung zum unteren
Krafthause gesichert bleibt. Soll die Drosselklappe einer Turbine geschlossen
werden, so wird gleichzeitig ein vom Verteilungsrohr direkt in den Turbinenkanal
führendes Rohr geöffnet, um die der Turbine zukommende Wassermenge durchzulassen
(vergl. Taf. XI, Fig. 6). Aus dem Turbinenkanal eines oberen Krafthauses fliesst das
Wasser direkt in den Werkkanal des unteren. Bei dem untersten Krafthause von Rusia
führt natürlich der Turbinenkanal direkt in die Stura. In dem Werkkanal zwischen
dem obersten Krafthause und der mittleren Druckkammer ist nochmals ein Grund-
ablass mit einem direkt in die Stura führenden Entlastungskanal angelegt. Durch
Schützen, welche in die Werkkanäle eingebaut sind, kann jedes Krafthaus ganz ausser
Betrieb gesetzt werden, ohne den Betrieb der anderen beiden zu beeinflussen. Aus
dem Schema Taf. XI, Fig. 1 gehen alle Schützenanlagen und die mit ihnen möglichen
Kombinationen am besten hervor.
Der Maschinensaal jedes Krafthauses ist für vier Turbo-Dynamos von je 700 PS,
mit den zugehörigen Erregerturbinen eingerichtet. Er hat eine Länge von etwa 31,60 m
und eine Breite von 10,0 m, so dass für 100 installierte PS« 10,5 qm Bodenflache zur
Verfügung stehen. Die kleinen Erregerturbinen leisten je 70 PS*. Alle Turbinen sind
Francis-Reaktionsturbinen *) mit je einem Lauf- und einem Leitrade. Das Wasser tritt
von unten in das spiralförmige Verteilungsgehäuse ein, beaufschlagt die Schaufeln radial
') Geliefert von Riva Moment & Co. in Mailand.
24*
372 IL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
und tritt einseitig axial in das Saugrohr wieder ans. Die grossen Turbinen machen 375,
die kleinen 600 Um]. /Min. Die Regulierung erfolgt durch einen hydraulischen Servo-
Motor, welcher durch Dmckwaseer aus der Anlage selbst gespeist wird. Zur Erlangung
eines genügend reinen Druckwassers ist für jedes Krafthaus eine kleine Filteranlage ein-
gerichtet. Um bei Parallelschaltung die Maschinen von Hand regulieren zu können, sind
noch für jede Maschine Elektromotoren eingeschaltet, mit welchen der Maschinist
entweder vom Schaltbrett aus oder direkt an der Maschine die Wasserzufuhrung zu jeder
Turbine regulieren kann. Die Turbinen sind mittelst elastischer Zodel-Kuppelung mit
den Generatoren1) verbunden, welche Dreiphasen-Drehstrom von 12000 Volt Spannung
erzeugen.
Ein gemeinsamer Turbinenkanal läuft in der Mitte des Maschinensaals unter dem
ganzen Krafthause hinweg. Die Schaltanlage befindet sich ähnlich wie bei dem Kraft-
hause Funghera an einem Ende des Maschinensaales. Für die Unterbringung der
Maschinenkabel ist auf der Seite; wo die Generatoren stehen, unter dem Maschinenflur
ein geräumiger Kabelkanal angelegt und ausserdem befindet sich noch in der Mitte des
Maschinensaals ein kleinerer mit Riffelplatten abgedichteter Kabelkanal für den Erreger-
strom (vergl. Taf. XI, Fig. 6 u. 7).
Der Strom der drei Krafthäuser wurde 1904 mittelst drei aus je drei blanken
Kupferdrähten bestehender Fernleitungen auf gemeinschaftlichem Gestänge nach Fung-
hera geführt, hier auf 24000 Volt transformiert und dann mit der Energie des dor-
tigen Krafthauses gemeinsam nach Turin weitergeleitet. Die Fernleitungen ruhen zum
Teil auf hölzernen Masten, zum Teil auf eisernen Gittermasten. Die hölzernen Masten
sind alle mit Kreosot imprägniert und kosten 45 Lire frei Baustelle. Sie sind meistens
nicht direkt in den Boden gesteckt, sondern auf einen Betonklotz gestellt und mittelst
eines schmiedeeisernen Gerüstes gehalten. An Eckpunkten, wo grössere seitliche Zug-
kräfte auftreten, sind die Holzmasten durch Eisen armiert (vergl Kap. III, 7. Fern-
leitungen).
§ 6. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk an der Ceoischia bei
Novalesa, Piemont, Italien* HierzuTafeixm).
Das genannte Werk ist insofern interessant, als es sich hier um ein Gesamt-
gefälle von 858,83 m handelt Man hat dieses gewaltige Gefalle in zwei Stufen zerlegt.
Das unterste Gefalle' von 444,70 m war bereits bis Ende 1904 fertig ausgebaut und in
Betrieb gesetzt Mit dem Ausbau der Zentrale und der Rohrleitung für das obere. Ge-
fälle ist im Sommer 1904 begonnen; auch diese Anlage soll im Laufe des Jahres 1906
fertig gestellt worden sein. Die Wasserkraftanlage gehört der Societä delle Forze
Idrauliche del Moncenisio, welche die Konzession und das Projekt im Jahre 1900
von dem Ingenieur Marsaglia erwarb. Ursprünglich war die Konzession der eng-
lischen The Mont Cenis Power and Land Company Lmtd. im Jahre 1898 gegeben
*) Die elektrische Einrichtung das Krafthaases ist von der A.-G. 8iemens & Halake, Berlin geliefert
i) Die Abbildungen des Textes und der Tafel sind zun Teil der Rivista I/Electrkita Arno
XXIQ (1904) Nr. 13: „L'impianto idroelettrieo della Cenischia" entnommen, tum Teil nach Zeichnungen
angefertigt, welche von der Gesellschaft dem Verfasser zur Verfügung gestellt wurden.
§ 6. Das Wasserkraft-Elektrikitätswerk; Novalesa a. d. Cenischia. 373
worden. Sie lautete dahin, dass aus dem Gebirgsbach Cenischia 1020 l/sek. entnommen
und zum Zwecke der Energieerzeugung verwendet werden könnten. Diese Konzession
ist deshalb besonders wertvoll, weil oberhalb der Entnahmestelle sich zwei Seen befinden,
von welchen der grössere 14,50 Hektar, der kleinere 5 Hektar Oberfläche hat. Das
Niveau des grosseren Sees liegt auf -f- 1913,30 m, des kleineren auf + 1908,0 m über
dem Meere. Die Gesellschaft projektiert, die ausgleichende Wirkung der Seen dadurch
zu erhöhen, dass sie durch Einbau von Wehren an den Ansflusstellen des Baches die
Niveauhöhen der Seen regulierbar macht und Stauräume von 400000 cbm schafft.
Auf diese Weise hoffe man während des grössten Teiles des Jahres (etwa nennmonatlich)
eine Wassermenge von 1400 l/sek. für 12 stündigen Betrieb zn erzielen. Ausserdem lässt
sich das Gefälle zwischen den Seen und der jetzigen Entnahmestelle noch sehr gut ausnutzen.
Abb, 58. Abbildung der Entn «hm »stall*.
Der Eislauf und der Werkianal sind natürlich gleich für 1400 l/sek. aus-
geführt, dagegen war 1904 für das untere Krafthans zunächst nur ein Druckrohr von
0,72 m Dm. gelegt, um darin 780 l/sek., d. h. etwas mehr als die Hälfte der zukünftigen
Wassermenge, den Turbinen zuzuführen. Die Geschwindigkeit im Druckrohr wird daher
nur 1,91 m betragen. Das N.W. an der Entnahmestelle in der Cenischia, bei welcher
der Bach direkt an die grosse Hont-Cenis-Strasse herantritt, liegt auf -f- 1730 m über
dem Meere. Sie bestellt ans dem Wehr nebst Kanaleinlauf mit Rechen, Kiesschleuse
und Begulierung8schützen. Die technischen Einzelheiten bieten hier nichts Besonderes.
Die Abbildung der Entnahmestelle (vergl. Abb. 53) gibt eine Darstellung von der primi-
tiven Wobranlage. Man erkennt den groben Rechen vor dem Einlauf. In dem kleinen
Schutzhause für den Wehrwärter befinden sich die Regaliernngsschützen für den Werk-
kaual, daneben liegt der Kiesfreilauf. Das Wehr ist ans Holz und Steinen ganz primitiv)
374 IL Theodor Doehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
aber ausreichend solide hergerichtet. Es soll nur einen kleinen Stau bei N.W. erzeugen,
damit man das Wasser in den Kanal hineinbekommt. Das in der Abbildung sichtbare
obere Haus ist eine Unterkunftsstelle für die Wächter der Mont-Cenis-Strasse.
Der Werkkanal hat bis zur ersten Druckkammer 2341,0 m Länge ; sein Wasser*
Spiegelgefälle beträgt 2,7 °/oo. Von der Gesamtlänge entfallen 464,0 m auf fünf Tunnel,
der Rest auf Einschnitt im Felsen, abgesehen von einer ganz kurzen Strecke im Auf-
trag. Der Kanal hat eine lichte Höhe von 1,35 m und eine Breite von 0,95 m. Die nor-
male Wassertiefe soll 1,0 m betragen. Zur Berechnung der Geschwindigkeit ist die
Formel von Bazin in der Form
verwendet, wobei der Bei wert y zwischen 0,45 und 0,30 je nach der Glätte der
Wände des Kanals angenommen wurde. Der Kanal ist durchweg, soweit er im Ein-
schnitt und Auftrag liegt, mittelst Granitplatten abgedeckt, so dass er vor Einfall von
Laub, Geröll und Schnee und vor Eisbildung geschätzt ist (vergL Taf. Xu, Fig. 2 u. 3).
Auf dem Wege zwischen dem Einlauf an der Entnahmestelle und der ersten 'Druck-
kammer sind zwei Überfälle angeordnet und zwar der erste in der Nähe des Einlaufs,
der zweite in der Druckkammer selbst. Der erste Überfall entwässert direkt in die
Cenischia, der letztere in einen kleinen See in der Nähe des Ortes Ferrera (vergl.
Taf. XII, Fig. 1). Der Überlaufkanal in den See ist kaskadenförmig angelegt, ähnlich
wie der Zubringerkanal zwischen der ersten und zweiten Druckkammer, von dem weiter
unten die Rede sein wird.
Die erste Druckkammer ist mit der zweiten in fast allen Massen gleich
angelegt (vergl. Taf. XII, Fig. 4). Das Wasser tritt aus dem Kanal zunächst in einen
mit Kappen zwischen Trägern überwölbten Raum, dessen Sohle 0,60 m unter die Kanal-
sohle vertieft ist. Dieser Raum hat eine Breite von 4,0 m und eine Länge von 4,75 m,
so dass das Wasser, welches übrigens wegen der vorgelagerten Seen verhältnismässig'
rein ist, eine erheblich geringerer Geschwindigkeit als im Kanal annehmen muss und so
eine Abscheidung von Sand und Kies bewirkt wird. Aus diesem Raum muss das Wasser
über eine, gegen die Sohle um 0,50 m erhöhte, 1,90 m breite Schwelle überfliessen
und tritt dann durch einen Seitenkanal in die eigentliche Druckkammer ein, aus welcher
die schmiedeeisernen Druckrohre ausmünden. Vor den ' Mündungen der Druckrohre sind
zwei voneinander getrennte Vorkammern angelegt, welche mittelst Sthützentafeln abge-
schlossen werden können. Bei geschlossener Schütze können also jede Vorkammer und
das zugehörige Druckrohr für sich trocken gelegt werden. Während des Betriebes kann
die Luft entweichen und bei Entleerung des Druckrohrs Luft in dasselbe frei eintreten.
Hinter den Schützentafeln befindet sich je ein Feinrechen aus Flacheisenstäben, um kleinere
schwimmende Körper zurückzuhalten (Taf. Xu, Fig. 5). Die Schwelle der Schützen-
tafeln, welche die Vorkammern dicht abschliessen, liegt 0,70 m höher als die Sohle
der Druckkammer, so dass auch noch in dieser ein Sandfang gebildet ist. Gegenüber
den Vorkammern ist in der ganzen, 8,20 m betragenden Länge der Druckkammer ein
Überlauf angelegt, über welchen das in den Turbinen nicht benötigte Wasser in einen
Überlauf kanal stürzt In diesen Überlaufkanal hinein kann durch öffnen einer Grund-
schütze die Druckkammer entleert und gespült werden. Über dem gewölbten Raum be-
findet sich die Wohnung des Wärters und noch ein Schlafraum für die Streckenarbeiter.
Solange für die obere Druckkammer noch keine Druckrohre verlegt waren, mnsste das
Wasser mittelst eines besonderen Zubringers der zweiten unteren Druckkammer zuge-
§ 6. Das Wassebkraft-ElektkizitItswebk Novalesa a. d. Cenischia. 375
führt werden. Nach Ausführung der oberen Zentrale, welche ganz in der Nähe der
zweiten Druckkammer angelegt worden sein soll, fliesst das Wasser in der Regel durch
die Druckrohre den Turbinen zu und gelangt aus diesen durch einen kurzen Kanal in
die zweite Druckkammer; der Zubringer tritt also nur in Funktion, wenn die Turbinen
der oberen Zentrale ganz oder zum Teil abgestellt sind. Bis zur Inbetriebsetzung des
oberen Krafthauses ging das Wasser aus der oberen Druckkammer in den Zubringer,
welcher in einer Länge von 1513,0 m ein Wasserspiegelgefälle von 414,0 m zu über-
winden und das Wasser der zweiten Druckkammer zuzuführen hatte. Auf einer Strecke
von ca. 200,0 m war man genötigt, wegen der allzu starken Neigung des Terrains den
Zubringer als schmiedeeisernes Rohr von 0,35 m Dm. auszuführen. Im übrigen ist der
Kanal kaskadenformig hergestellt (vergl. Tafel XII, Fig. 6, 7, 8, 9). Die Stufen, je
nach den Terrainverhältnissen in Längen von 1,35 — 2,05 m, sind mit einer durchschnitt-
lichen Stufenhöhe von 0,40 m aus roh behauenen Steinen und in hydraulischem Mörtel
angelegt worden. Die Abstürze und die Seitenwände sind als Betonmauern ausgeführt.
Wenigstens alle 100,0 m ist ein Fallschacht angeordnet, in den das Wasser etwa
1,80 — 2,0 m tief herabstürzen muss, und zwar fallt es auf ein Wasserpolster von
ca. 0,42 m Stärke. Auf diese Weise wird die Geschwindigkeit des Wassers auf ein
unbedenkliches Mass herabgemindert. Dieser Zubringerkanal ist, wo Stein oder Laub-
fall zu befürchten war, mit Granitplatten abgedeckt. Zu der unteren Druckkammer
und dem oberen Krafthause führt von Novalesa nur ein schmaler Saumpfad herauf.
Die schweren Stücke der Maschinen sollen deshalb per Achse die Mont-Cenis-Strasse
herauf bis etwa zu der Stelle geschafft sein, wo der Zubringerkanal die Strasse schneidet
(vergl. Taf. XII, Fig. 1). Von hier soll man sie dann auf Gleitbahnen bergab geschafft
haben. Als man von den beiden projektierten Druckrohren zum unteren Krafthause
das erste verlegte, hat man gleich die Auflager und das Bett für beide hergerichtet.
Dasselbe ist entweder zwischen Felswänden eingeschnitten oder, wo es im Auftrag liegt,
sind beiderseitig Mauern errichtet, derart, dass die Rohre in ihrer ganzen Länge min-
destens 1,0 m hoch mit Boden bedeckt werden, um sie der Einwirkung des Temperatur-
wechsels möglichst zu entziehen. Die Länge des zuerst verlegten unteren Druckrohres
beträgt 1060,0 m, sein Dm. 0,72 m. Das Material ist für das obere Ende bestes Fluss-
eisen, für das untere Ende Siemens-Martinstahl. Die Wandstärke steigt von 5 mm für
die oberen Rohrstücke bis 21 mm für die unteren. Die oberen Rohre bis zu einer
Druckhöhe von 289,0 m sind genietet, die unteren geschweisst und alle in Längen von
5,0 m hergestellt; sie wiegen bei 5 mm Wandstärke 700 kg und bei 21 mm Wandstärke
2100 kg; das Gesamtgewicht eines Druckrohrstranges zwischen der unteren Druck-
kammer und dem unteren Krafthause beträgt 300000 kg. Die Bolzen und die Innen-
seiten der Flanschen sind verzinnt. Bei der Berechnung ist eine zulässige Belastung von
1000 kg pro qcm angenommen und die Nietlöcher sind abgezogen. Ausserdem sind
dem statischen Druck 15°/o zugeschlagen, um den Druckschwankungen infolge von Stössen
bei der Turbinenregulierung Rechnung zu tragen. Da das Rohr mit kontinuierlichem
Gefälle verlegt ist, kann die Luft in die Druckrohrkammer entweichen; Dilatations-
vorrichtungen waren wegen der bedeckten Verlegung der Rohre entbehrlich. Auch hat
man geglaubt, von Einrichtungen zum Schutze gegen Wasserschläge im Druckrohre wie
Windkessel, Entlastungsventile, Sicherheitsscheiben etc. absehen zu können, da dafür
gesorgt ist, dass ein plötzliches Schliessen der Freistrahlmündungen in den Turbinen
nicht möglich ist. Die genieteten Rohre sind mit Flanschen verbunden, welche aus auf-
genieteten Winkeleisen gebildet sind. Zur Verbindung der geschweissten Rohre sind
starke, kurze Winkelflanschen an die Rohrenden angeschweisst und hinter diese sind
376 IL Theodor Koehx. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
abgedrehte, ca. 40 mm starke Flanschringe aus Stahl gelegt und mit Bolzen zusammen-
gezogen» nach dem Muster der Lac -Tanay- Anlage (vergl Kap. II, § 18, Kap. III, 4.
Drnökrohre und Taf. LVIII, Fig. 11). Als Dichtungsmaterial sind Kupferringe mit
Asbestumhüllung verwendet. Jedes Rohr ruht auf einem besonderen Betonfunda-
mente. An den stärkeren Knickpunkten des Längenprofils sind grosse Betonklotze
angebracht, in denen das Röhr verankert ist, so dass es sich axial an den Stellen
nicht verschieben kann. Ausser an den Knickpunkten befinden sich alle 25,0 m
verstärkte Fundamente, an denen das Rohr weiter durch starke Winkeleisen gegen
Herabgleiten gesichert ist. An geeigneten Stellen sind Mannlöcher angebracht, um das
Druckrohr innen reinigen und eventuell mit neuem Anstrich versehen zu können. Das
untere Druckrohr endigt vor der Zentrale, nachdem es seine Richtung in der Horizontal-
projektion um fast 90° geändert hat, in einem starken Mannesmannrohre, von dem die
einzelnen Turbinenrohre rechtwinkelig abzweigen. Eine vor dem Maschinenhause nach
der Cenischia zu gelegene Terrasse ist als Rohrkammer für dieses Verteilungsrohr ausge-
bildet und bietet 'Platz für das später noch zu verlegende zweite Verteilungsrohr (vergl.
Tafel Xu, Fig. 11). Unter die eben erwähnte Rohrkammer hindurch läuft der allen
Turbinen gemeinsame Turbinenkanal, welcher das Druckwasser in die Cenischia
zurückleitet.
Um zu verhüten, dass sich verlängs der Druckrohrleitung Regen- oder Schnee-
wasser zu grösseren Mengen ansammeln und dann verheerend wirken kann, sind von
Zeit zu Zeit Abweisungsmauern angelegt, welche das Wasser seitwärts ableiten. Von
der unteren Druckkammer fährt ein gleichfalls kaskadenförmig angelegter Entlastungs-
kanal dasjenige Wasser in den Fluss zurück, welches über den Überlauf fliesst.
Das Krafthaus befindet sich unweit des Dorfes Novalesa an der alten Strasse
Susa-Ferrara. Eine Brücke führt über die Cenischia, welche hart an dem Gebäude
vorbeifliesst Der Maschinensaal ist eingerichtet für fünf Turbodynamos von je 1600 PS»,
zwei Erregerturbinen von 110 PS, und acht Transformatoren (vergl. Tafel XII, Fig. 10
und 12). Die Turbinen9) sind Freistrahlwasserräder mit innerer Beaufschlagung, ähn-
lich der auf Taf. LXXV, Fig. 1 — 3 dargestellten Konstruktion. Jede Turbine gebraucht
bei voller Belastung ca. 360 1/sek. und macht 600 Uml./Min. Der Dm. des Laufrades
ist 2,20 m. Der Schaufelkranz ist durch starke, stählerne, warm aufgezogene Ringe
zusammengehalten. Das Wasser tritt durch ein horizontales Rohr an der Breitseite
des Turbinengehäuses in Höhe der Welle ein. Die Regulierung erfolgt durch einen
mechanischen Servomotor, welcher durch Riemenübertragung mit der Welle verbunden
ist und welcher mittelst eines Gestänges die Austrittsöffnungen der Freistrahldüsen
selbetwirkend mehr oder weniger schliesst bezw. öffnet. Der Turbinenregler ist ausser-
dem mit einer Übersetzung versehen, welche die Schliessung der Freistrahldüse von
Hand gestattet. Da nach der gewählten Konstruktion die Schliessung der Düse nicht
plötzlich, sondern nur allmählich erfolgen kann, sind starke Wasserschläge im Druck-
rohr infolge der Turbinenregulierung nicht zu befürchten. Mit den Turbinenwellen sind
Dreiphasen-Generatoren mittelst elastischer Zodelkuppelung verbunden. Die Generatoren*)
haben rotierendes 12poIiges Magnetrad und feststehenden Anker. Die Umfangsgeschwin-
digkeit des Magnetrades beträgt 42,0 m/sek. Der Wirkungsgrad der Turbinen soll bei
voller Belastung 78%, derjenige der Generatoren 95°/o sein. Die beiden Erreger-
Turbinen sind auch nach dem erwähnten System gebaut, machen 600 Uml./Min. und sind mit
*) Geliefert von Piccard-Pictet & Gm. in Genf nach Art der Schwamkrn^Tiirbiiieii.
») Geliefert von der französischen Tfaomson-Honston-Oeselltcheft in Paris.
§ 6. Das Wabserkbaft-ElektbizitItswerk Novalesa a. d. Cenischia. 377
Gleichstrom-Dynamos von 75 KW bei 125 Volt gekuppelt. Die Dreiphasen-Generatoren
liefern den Strom mit 3000 Volt und 50 Perioden, welcher in Monophasen-Öltransfor-
matoren für die Fernleitung auf 30000 Volt herauftransformiert wird. Die Maschinen-
kabel werden in einem geräumigen Kabelkanal zum Schaltraum geführt. Jeder der bis
1904 aufgestellten Öl-Transformatoren hatte eine Leistungsfähigkeit von 1100 KW bei
cos g> = 0,75. Der Nutzeffekt soll bei voller Belastung 97,3 % sein. Das Öl wird durch
Kühlschlangen, in denen Wasser zirkuliert, gekühlt. Keiner der Apparate an der dem
Maschinenhause zugekehrten Seite des Schaltbrettes hat Hochspannung. Für die Hoch-
spannungs-Messinstrumente sind Messtransformatoren vorgeschaltet. Im Schaltraume
befinden sich die Bleisicherungen und Ausschalter für jede Phase getrennt zwischen
Monierwänden nach dem Muster moderner Hochspannungsanlagen.
Die Fernleitung hat von Novalesa bis zur Transformatorenstation in Turin eine
Länge von ca. 60,0 km. Die schmiedeeisernen, 11,87 m hohen Gittermasten sind in
Betonfundamenten aufgestellt. Ihr Gewicht schwankt je nach der Stärke und Höhe
zwischen 420 und 1700 kg. Als normale Spannweite von Mast zu Mast gelten 75,0 m.
Bei der Betriebseröffhung wurden zunächst zwei Leitungen von je drei blanken Kupfer-
drähten (6,75 mm Dm.) montiert. Für die Ausnützung der Wasserkraft mit 1400 1/sek.
war noch eine dritte Leitung von drei Drähten mit ca. 9 mm Dm. vorgesehen. Jeder
Isolator ist auf einem kurzen horizontalen, eichenen Ausleger mit einem Schrauben-
bolzen so befestigt, dass je drei ein gleichseitiges Dreieck von 0,725 m Seite bilden. Die
Isolatoren selbst bestehen aus drei übereinander liegenden Glocken, deren Form auf
Grund sorgfältigster Versuche gewählt sein soll (vergl. Kap. HI, 7. Fernleitungen).
Zwischen der Zentrale Novalesa und der Transformatorenstation bei Turin befinden sich
noch zwei Häuschen für Unterbringung von Streckenunterbrechern nebst Blitzableitern,
das eine bei dem Orte Bussoleno, das zweite bei Ambrogio. Auf diese Weise ist die
Gesamtstrecke in drei Teile geteilt, welche einzeln stromlos gemacht werden können.
In der Transformatorenstation an der Barriera del Martinetto vor Turin wird der Strom
auf 3000 Volt herabtransformiert, um von hier aus mittelst Kabel und oberirdischer
Leitung in Turin selbst hereingeführt zu werden. Da die Gesellschaft ihre Kraft an
der Transformationenstation an die Alta Italia abgibt, hat sie nicht selbst für das Ver-
teilungsnetz zu sorgen (vergl. S. 367).
Was die Kosten der Anlage betrifft, so sind diesbezügliche Mittellungen bereits
in der Tabelle I, S. 242/243 gemacht.
Nach den Zahlen, welche dem Verfasser mitgeteilt worden, haben die Wehr- nnd Kanalanlagen
einschliesslich der Druckkammern nnd der Entlastnnga- nnd Zabringerkanäle , welche bis Ende 1904
ansgef&hrt waren nnd das untere Krafthaas zusammen 650000 Lire gekostet. Für das damals bereit«
verlegte eine Druckrohr einschliesslich der Kosten für Herstellung des Druckrohrbettes für beide Rohre
betrugen die Kosten 230000 Lire. Nach diesen Zahlen sind die Kosten für die Gesamtanlage ergänzt.
Die Fernleitung von Novalesa nach der Transformatorenstation an der Barriera del Martinetto bei Turin
hat 700000 Lire gekostet, d. h. rd. 11700 Lire oder 9477 Mark pro km (vergl. die Preisangaben S. 264).
Wenn durch die Regulierung des Ausflusses der Cenischia aus den Seen die
neunmonatliche Wassermenge auf 1400 1/sek. gebracht und die verfügbare Kraft auf
12460 PS« gewachsen sein wird, muss die sogenannte „mittlere Nutzleistung" erheblich
höher liegen als bei */s der installierten Leistung, wie der Gleichmässigkeit wegen in
Tabelle I, S. 244 angenommen wurde. Die Kosten dieser einfachen See-Regulierungen
werden voraussichtlich nicht erheblich ins Gewicht fallen.
378 IL Theodor Kobhn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
§ 7. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk an der Dora Baltea im
Aosta-Tale der Societk Industriale Elettrochimica di Pont Saint-Martin.
ftiereu Tafel Xül, XIV, XV i).
Im Aostatal nahe bei der Station Pont Saint-Martin wurde 1901 eine Wasser-
kraft dem Betriebe übergeben, welche ursprünglich dazu bestimmt war, für eine Calcium
Garbid-Fabrik die elektrische Energie herzugeben. Da aber bald nach Gründung der
für diesen Zweck ins Leben gerufenen Gesellschaft sich herausstellte, dass bereits
Fabriken mit einer den damaligen Konsum um ein vielfaches überschreitenden Leistungs-
fähigkeit vorhanden waren und sich Anzeichen für eine Krisis in dieser Industrie zeigten,
beschloss man von der Errichtung dieser Fabrik vorläufig abzusehen9) und die Kraft im
wesentlichen nach dem industriereichen Biella und der Valle Mossa zu überführen, da
im Aostatal selbst nur verhältnismässig wenig Kraft unterzubringen war. Weil nun aber
bis Biella eine Fernleitung von 45,0 km gezogen werden musste und einschliesslich der
Verzweigungen zu den einzelnen sehr verstreut liegenden Konsumenten und der Fern-
leitung zur Valle Mossa schon bis 1903 ein Leitungsnetz von 86,0 km notwendig wurde,
so ist durch diese Programm-Änderung die ursprüngliche Rentabilitätsberechnung stark
beeinträchtigt worden. Aus der durch das Aostatal fliessenden Dora Baltea konnten
bei Pont Saint-Martin nach den aufgestellten Projekten und der Konzession (etwa
neunmonatlich) 30,0 cbm/sek. entnommen werden. Durch Einbau eines Wehres und
Führung eines 1,0 km langen Kanals war ein Gefalle von 14,0 m und damit eine
theoretische Wasserkraft von 5600 PS, oder 4200 PS» an den Wellen der Turbinen ge-
messen, zu erzielen. Die Dora Baltea ist ein echter Gebirgsfluss mit im Winter sehr
stark abfallenden Wassermengen« Das Vorflutgebiet beträgt rd. 3000 qkm. Im Sommer
ist immer überreichlich Wasser vorhanden. Da aber ein See nicht vorgelagert ist, so
fehlt dqr Ausgleich und in der Regel fällt das Wasser im Winter während mindestens
zweier Monate auf 22 cbm/sek. Das 355tägige N.W. des trockensten Jahres beträgt
18 cbm/sek. oder 6 l/sek./qkm. In der mangelnden Beständigkeit der Kraft lag insofern
eine grosse Schwierigkeit für die Verwertung, als die Industriellen im allgemeinen nur
für «tändige Kraftlieferung Interesse zeigten. Die Gesellschaft hatte sich von vorn-
herein das Recht vorbehalten, an 200 Stunden im Jahre die Stromlieferung zu unter-
brechen. Dieser Vorbehalt ist in Italien und auch in anderen Ländern vielfach einge-
führt, weil man, als längere Erfahrungen mit elektrischer Energieübertragung noch nicht
vorlagen, für Unterbrechung durch Blitzschlag und für Reparaturen an der Wasser- und
Maschinenanlage einen grösseren Sicherheitskoeffizienten notwendig fand. Wegen Blitz-
schlag und wegen Reparaturen aus irgend welchen anderen Ursachen sind aber Unter-
brechungen der Stromlieferung nur selten und wenn, von geringer Dauer vorgekommen,
so dass der grösste Teil dieses 200 stündigen Spielraumes für die Tagesstunden bei
Wassermangel ausgenutzt werden konnte. Wenngleich bei der hier zu besprechenden
Anlage die an die Konsumenten verkaufte Kraft 24 stündig zu liefern war, ausgenommen
an Sonn- und Feiertagen, so sank der Konsum in der Nacht doch so stark, dass man
während der Nachtzeit mit den kleinsten sekl. Zuflussmengen auskommen konnte.
i) Die Abbildungen nnd Tafeln sind nach Material angefertigt, welches dem Verfasser von der
Gesellschaft snr Verfügung gestellt wurde.
*) Später ist eine Barium-Fabrik gebaut nnd dann ist diese wieder in eine Caldum-Carbid-Fabrik
umgewandelt, besonders um die sechsmonatliche Kraft und die Kraft in den Nachtstunden auasanutsea.
§ 7. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Pont Sadtt-Martin. 379
Zur besseren Wasserfassung bei N.W. wurde das Wehr unter einem spitzen Win-
kel zur Stromachse über den Fluss gelegt (vergj, Taf. XIII, Fig. 1 u. 3). Das Niedrig-
wasser, welches auf + 301,36 über dem Meere lag, wurde durch das Wehr bis auf
-f- 302,80 gestaut. Das Gefalle der Dora Baltea bei N.W. auf der ca. 1,0 km langen
Strecke vom Wehr bis zu der projektierten Ausmündung des Kanals betrug rd. 1 : 70.
Der Werkkanal ist 879,3 m und der Unterwasserkanal 488,0 m lang. Für das Kraft-
haus konnte bei N.W. und allen mittleren Wasserständen ein Gefälle von 14,0 m ge-
wonnen werden. Das Wehr ist aus Beton mit einem geneigten Abfallrücken hergestellt.
Der Absturzboden liegt wagerecht in Höhe der Flussohle. Ersterer ist durch eine 2,0
bis 4,0 m tief fundierte Herdmauer abgeschlossen, ohne dass dieselbe mit der Sohle den
gewachsenen Felsen erreicht. Bei dem geringen Stau, der Breite des Wehrquerschnitts
und der aus grobem Eies bestehenden Flussohle ist eine Unterspülung des Wehres nicht
zu befürchten. Die Hohlräume zwischen den Kieselsteinen sind in den tieferen Schichten,
auf denen das Wehr ruht, mit einem feinen Sande voll ausgefüllt, so dass auch das
Sickerwasser, welches unter das Wehr hindurch gelangt, nicht bedeutend ist. .Das Wehr
hat eine Gesamtlänge von 87,0 m. Durch seine spitzwinklige Lage wird die Rinne /des N.W.
nach dem an dem linken Ufer gelegenen Einlauf gedrängt und bei höherem Wasser-
stande verlängs des Wehres ein starker Strom nach dem neben dem Einlauf liegenden
Grundablass (Kiesfreilauf) zur Abführung des Geschiebes erzielt.
Durch einen Fangedamm wurde zunächst das Wasser der Dora Baltea auf das
rechte Ufer so weit herübergedrängt, dass man dasselbe in einer zwischen der rechts-
seitigen Flügelmauer und dem Felsen angelegten zeitweiligen Rinne (vergl. Abb. 54) ab-
leiten und so die ganze Anlage im Trockenen ausführen konnte. Wegen des an der
Wehrstelle beginnenden starken Gefälles der Dora-Sohle konnte man das Wasser aus
den Fundierungs-Baugruben durch kleine Schlitze abfuhren, so dass nur ganz geringe
Pumparbeiten notwendig wurden. Nach Fertigstellung des Wehres wurde die eben er-
wähnte zeitweilige Rinne wieder durch Kiesschüttung geschlossen und das Ufer mit einer
soliden Steinpackung befestigt. Man hat es nicht für nötig gehalten, die rechtsseitige
Flügelmauer durch eine Grund- und Quermauer mit dem gewachsenen Felsen zu ver-
binden« da die Uferlinie an der Stelle nach der Flussmitte zu in der konvexen Krüm-
mung liegt und deshalb daselbst die Uferbefestigung bei Hochwasser im allgemeinen
keinen starken Angriffen ausgesetzt ist wie die gegenüber liegende Seite. Sollte der
Fluss einmal die Rinne zwischen Flügelmauer und Felsen wieder öffnen, wäre nichts
weiter verloren und man könnte ohne alle Schwierigkeiten beim nächsten Niedrigwasser
die gedachte Grundmauer herstellen.
Selbstverständlich musste nach den getroffenen Dispositionen die ganze Arbeit
des Wehrbaues in der Zeit des N.W. ausgeführt werden und ist auch tatsächlich vom
Dezember 1899 bis März 1900 fertiggestellt worden.
Neben der linksseitigen Flügelmauer des Wehres befindet sich zunächst der 6,0 m
breite Grundablass (Kiesfreilauf), dessen Sohle auf + 301,0 gelegt ist und welcher
durch 3 Schützentafeln geschlossen werden kann. Bei allen höheren Wasserständen
werden die Schützentafeln ganz oder zum Teil gezogen, damit der entstehende starke
Spülstrom das Geschiebe ins Unterwasser abführt und den Ein lauf frei hält. Un-
mittelbar aufwärts vom Grundablasse befindet sich der Einlauf, welcher durch eine starke
Leitmauer von jjem Grundablass getrennt ist. Von der aus einer 0,50 m starken Beton-
mauer hergestellten Schwelle des Einlaufe, welche in der Uferlinie auf + 301,20 liegt,
senkt sich die Sohle kanalabwärts allmählich bis auf + 300,70 nach einem zweiten
380 II. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
Kiesfreilauf zu, welcher von der Einlaufstrocke des Werkkanals abzweigt und dazu
dient, Sand and Kies aus dieser als kleines Ablagerangsbecken dienenden Strecke
periodisch abzuführen. Die besprochenen Massregeln znr Abhaltung Ton Geschiebe und
Sinkstoffen vom Werkkanal haben sich als nicht ausreichend erwiesen, da viel Sand und
Eies bis zu den Turbinenkammern gelangt.
Der Werkkanal ist unmittelbar hinter dem zweiten Kiesfreilauf durch 8 Schätzen'
tafeln abschliessbar. In der Mitte des Kanals steht ein Brückenpfeiler. Die so gebildeten
§ 7. Das WAssERfiBAFr-EKtKTiuziTÄTswERK Pont Satnt-Mart»-. 381
zwei Öffnungen Bind durch lotrechte I-Eisen in je Tier Schützenöffnungen geteilt. Über
den Kanal führt eine gewölbte Fußgängerbrücke, welche die Bewegungsmechanismen
der Schätzentafeln tragt und den Zugang zu den Schätzen der zwei Kiesfreilänfe ver-
mittelt (vergl. Abb. 65). Unmittelbar neben der Brücke am linken Ufer liegt das Häuschen
des Kanalwärters. Die Kronen der Kanalmanern und der linksseitigen Flfigelmaaer des
Wehres, welche zugleich der gewölbten Brücke über dem ersten Kiesfreilauf als Wider-
lager dient, liegen auf + 306,50, d. i. 1,52 m über dem höchsten -Wasserstand der Dora
(vergl. Abb. 55). Der vor den erwähnten ersten Regnlierungsschützen im Kanal durch
382 IL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
die Senkung der Sohle hergestellte Absatz ist durch eine von dem linken Kanalufer nach
dem zweiten Kiesfreilauf herüberführende Leitknrve so begrenzt, dass Ablagerungen nach
dem Freilauf hingedrängt werden. Während der Kanal am Einlauf eine Sohlenbreite
von 11,20 m hat, ist dieselbe hinter den erwähnten acht Schützentafeln auf 7,90 m
zusammengezogen.
Das Wasserspiegel-Gefälle des Kanals ist zu 0,6°/oo angenommen und es ist mit
einem Gefäll verlast von 0,10 m am Kanaleinlauf und an den Schützen gerechnet. Der
Kanal soll normal 30,0 cbm/sek. führen. Sein Querschnitt ist in der Einschnittsstrecke
16,70, im Auftrag 16,90 qm bei 2,0 m Wassertiefe, die normale mittlere Geschwin-
digkeit ergibt sich zu 1,80 resp. 1,78 m/sek. Die Normalquerprofile im Einschnitt
und im Auftrag stellen Taf. XIV, Fig. 1 u. 2 dar. Die Kanalufer liegen überall hoch-
wasserfrei. Unterhalb der ersten Schützentafelreihe im Kanal, etwa 80,50 m von dieser
entfernt, ist ein Überlauf von 100,0 m Länge angebracht, an welchen sich ein 6,0 m
breiter Grundablass mit fünf Schützentafeln von je 1,15 m Breite anschliesst* Die Kronen-
höhe des Überlaufs liegt in Höhe des normalen Wasserspiegels, d. h. 2,0 m über der
Sohle. Das überfliessende Wasser wird durch einen kleinen, ganz in Beton ausgeführten
Seitenkanal direkt in die Dora abgeführt (vergl. Taf. XIII, Fig. 1 ; Taf. XIV, Fig. 7).
Am Wehr sowohl, als an den Überläufen ist Vorsorge getroffen, dass durch Einlassen
von I-Eisen und Aufsetzen von Bohlen 40 cbm/sek. Wasser den Turbinen zugeführt
werden können. Die Seitenmauern des Werkkanals in der Auftragsstrecke würden ge-
gebenenfalls etwas zu erhöhen sein. Etwa 325,0 m unterhalb des Kanaleinlaufs ist
ein Feldweg mittelst einer normalen Bogenbrücke in Stein über den Kanal gefuhrt.
Man hat diese Anlage dazu benutzt, um nochmals eine Schützentafelreihe einzubauen
mit deren Hilfe man etwa durch die vorderen Schützen eingetretenes Hochwasser
zurückhalten und bei etwaigen Reparaturen den Kanal in zwei Abteilungen trocken
legen kann. Ausser dieser Brücke waren Spezialbauwerke zur Unterfuhrung von zwei
Wegen und zwei Gräben und zur Überführung zweier Wege herzustellen.
Vor dem Krafthause befindet sich ein zweiter ebenfalls 100,0 m langer Überlauf
mit Grundablass (Taf. XIV, Fig. 5 u. 6). Letzterer hat ebenfalls fünf Öffnungen, welche mit
Holztafeln verschliessbar sind. Der Kanal erweitert sich hinter diesem Überlauf, indem
die Achse in einem fast rechten Winkel mit einem Halbmesser von 20,0 m nach dem
Krafthause zu abbiegt, zu einem Vorbecken, dessen Breite vor den Turbinenkammern
34,85 m beträgt (Taf. XIV, Fig. 3). Nach dem in der linken Ufermauer des Beckens
befindlichen Grundablass hat die Sohle eine schwache Querneigung. Es hat sich heraus-
gestellt, dass der beim Ziehen des Grundablasses entstehende Strom nicht ausreicht, um
den Sand aus dem Vorbecken zu entfernen, so dass derselbe von Zeit zu Zeit während
sonntäglicher Betriebspausen von Hand herausgebracht werden muss. Die Querneigung
der Sohle nach dem Grundablass müsste etwa 1 : 10 bis 1 : 5 betragen. Der Grundablass
wäre besser naher an die Turbinenkammern herangelegt. Wenn man dann die Sohle
des Beckens in stark geneigten windschiefen Flächen nach dem Grundablass hätte ab-
fallen lassen, so hätte man wahrscheinlich das Vorbecken wirksam spülen können (vergl.
Taf. XIV, Fig. 3). Ausserdem würde man den Vorteil erreicht haben, dass der Ab-
satz zwischen Beckensohle und der Schützenschwelle vor den Turbinenkammern grösser
geworden wäre. Je grösser aber der Absatz wird, um so weniger Sand kann in die
Turbinenkammern gelangen, weil mit der Vergrösserung des wasserberührten Quer-
schnitts die Geschwindigkeit abnimmt und die oberen Wasserfäden mehr und mehr von
Sand frei werden.
§ 7. Das WasserkrafivElektrizitItswerk Pont Saint-Majrtin. 383
Das über den Überfall des Vorbeckens fliessende Wasser stürzt in einen aus
Beton hergestellten Kanal, welcher nach dem Unterwasserkanal in vier Stufen abfällt,
um das Gefälle von 14 Metern zu überwinden. Durch Quermauern, welche bis zur Höhe
der Seitenwände emporreichen (vergl. Taf. XIV, Fig. 4), wird der Überlaufkanal in drei
Becken geteilt. Die Sohle der obersten Stufe des ersten Beckens, welche etwa 100 m
lang ist, d. h. so lang wie der Überfall selbst, liegt am oberen Ende nur 1,3 m, am
unteren ca. 2,80 m unter der Krone des Überfalls. Am oberen Ende ist also der
Schlag des fallenden Wassers nur gering, nach dem unteren Ende zu aber erhöht sich
die Tiefe des Wasserpolsters, welches den Schlag des abstürzenden Wassers aufnimmt.
Am Ende des Überlaufs, wo übrigens ein Feldweg unter den Überlauf kanal hindurch zu
führen war, was mitbestimmend auf die Höhenlage seiner Sohle einwirkte, fallt letztere
um ca. 2,0 m ab. Am Ende des ersten Beckens muss das Wasser in zwei halbkreis-
förmigen, lotrechten Röhren abstürzen und durch eine grosse Anzahl kleiner horizon-
taler Röhren in das zweite Becken austreten. Letzteres erweitert sich nach unten, wie
sich das au6 der Örtlichkeit von selbst ergab, und das Wasser stürzt in drei vertikalen
halbkreisförmigen Röhren, je von gleicher Dimension wie beim ersten Becken, ab und
tritt in vielen kleinen horizontalen Röhren durch die Quermauer in das dritte Becken.
Letzteres erweitert sich nach der Ausmündung in den Unterwasserkanal zu abermals,
so dass eine weitere Verringerung der Geschwindigkeit des Wassers eintritt. Hier muss
das Wasser über eine Quermauer steigen, welche das Becken spitzwinkelig zu seiner
Achse durchzieht und stets ein Wasserpolster festhält. Gegen den Unterwasserkanal ist
das dritte Becken durch eine Mauer abgeschlossen, deren Krone 3,50 m über der Sohle
des Beckens liegt. Von dieser Sohle bis zum höchsten Wasserspiegel ist diese Mauer
in ihrer ganzen Länge durch röhrenförmige Öffnungen unterbrochen, durch welche das
Wasser hindurch, in einzelne Strahlen zerteilt, in den Unterwasserkanal eintreten muss
(vergl. Taf. XV, Fig. 2). Auf diese Weise wird das Überlaufwasser verhältnismässig
ruhig in den Unterwasserkanal abgeführt.
Für die fünf grossen Turbinen von je 1000 PS« und die zwei Erreger-Turbinen
von je 150 PS« sind fünf grosse und zwei kleine, voneinander getrennte Turbinenkammern
vorgesehen, von denen die zwei kleinen mit je einer, die grossen mittelst je zweier Schützen-
tafeln abschliessbar sind. Hinter den Schützentafeln befindet sich je ein schräggestellter
eiserner Rechen zur Abhaltung von schwimmenden Körpern (vergl. Taf. XV, Fig. 1, 3
und 4). Auf dem Boden der Turbinenkammern sind die Turbinen aufgestellt. Die
Mauer des Krafthauses bildet gleichzeitig eine Wand der Turbinenkammern. Jede
Kammer kann einzeln durch ein Schieberrohr entleert werden, so dass die Reparatur
jeder einzelnen Turbine getrennt vorgenommen werden kann. Die nach dem Kanal zu
gelegene Wand des Krafthauses musste mit Rücksicht auf den grossen Wasserdruck zwei
Meter stark in fettem Zementmörtel ausgeführt werden. Die äussere Fläche wurde
mit einem Zementputz sorgfaltig abgeglichen. Hierauf sind dann mehrere Schichten
Asphaltfilz nacheinander sorgfältig gespannt, befestigt und einzeln mit heissem Asphalt
bestrichen, endlich ist über diese Schicht nochmals ein Zementputz von 5 cm Stärke
gezogen. Die Öffnung, durch welche die Wellen der Turbinen und des Regulierungsge-
stänges hindurchgehen, sind mittelst Platten aus Gusstahl geschlossen. Die Dichtung der
Platte gegen die Mauer ist so erfolgt, dass die konische Randfläche in Zementmörtel
versetzt und mit Bolzen verankert ist. Durch den Wasserdruck wird dieselbe stark
gegen ihre Auflagerfläche gedrückt. Die Dichtung ist eine vollkommene. Die Turbinen-
welle sowohl, als auch das Reguliergestänge sind in der Schlussplatte selbst mittelst
Stopfbüchsen abgedichtet. Durch die elastische Zodel- Kuppelung, mittelst deren die
384 II. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften.. Beispiele.
Turbinenachse mit der Generatorachse verbunden ist, werden etwaige Ungleichheiten
in der Montage ausgeglichen.
Die Turbinen sind Francis-Reaktionsturbinen 8). Die grossen Turbinen schlucken
7000—7400 1/sek. Wasser bei voller Belastung und machen 187 Umdrehungen in der
Minute, die kleinen 1100 1/sek. bei voller Belastung mit 400 Umdrehungen in der
Minute. Die grossen Turbinen haben zwei Leitschaufeln und zwei Laufräder. Die kleinen
Turbinen nur je ein Leit- und ein Laufrad. Die Regulierung der grossen Turbinen
erfolgt durch je einen selbstwirkenden hydraulischen Servo-Motor, Von einem mit der
Turbinenwelle umlaufenden Riemen wird ein Pendelregler in rotierende Bewegung gesetzt.
Indem der Regler sich bei grösserer Geschwindigkeit hebt oder bei Abfall der Ge-
schwindigkeit senkt, schliesst oder öffnet er Ventile der Druckwasserleitung und des
Servo-Motors, dessen Kolben durch Hebel, Regulierwelle und Gallesche Kette derartig
auf die beweglichen Zungen des Leitrades einwirkt, dass dieselben bei der Drehung der
Regulierwelle mehr oder weniger geöffnet oder geschlossen werden (vergl. Kap. III, 5.
Turbinen und Taf. LXVII, Fig. 4). Die Turbinen sind so aufgestellt, dass ihre Wellen
6,0 m über dem Unterwasser und 8,0 m unter dem Oberwasser stehen.
Da der Fluss bei höheren Wasserständen sehr viel feinaufgelösten, schmirgelartigen
Sand fuhrt und die Vorrichtungen zur Zurückhaltung des Sandes nicht wirksam genug
waren, wurden die bronzenen Achsen der beweglichen Finkschen Zungen in ver-
hältnismässig kurzer Zeit in ihren Lagern ausgerieben und der exakte Verschluss litt,
wodurch, dann der Nutzeffekt der Turbinen natürlich abnahm* Es ist jedenfalls bei
ähnlichen Anlagen darauf Bedacht zu nehmen, dass ein Nachspannen der Reguliervor-
richtung möglich ist, so dass auch bei ausgeschliffenen, d. h. erweiterten Zapfenlagern
ein exakter Verschluss aller Zungen erzielt werden kann. Vor allen Dingen muss man
aber durch geeignete Ablagerungsbecken in ähnlichen Fällen den Sand wirksamer aus-
scheiden (vergl. Kap. m, 2. Werkkanäle).
An den Maschinensaal schliesst sich in der Längsrichtung beiderseitig je ein
Flügel an, von denen der eine im Erdgeschoss in zwei Teile geteilt ist und die Druck-
pumpe etc. für die Turbinenregulierung, sowie ein Bureau für den Maschinenmeister
enthält. Im gegenüberliegenden Flügel ist das Erdgeschoss als Werkstatt eingerichtet;
die übrigen Geschosse der Flügel dienen als Wohnungen. In der Richtung der Kanal-
achse schliesst sich an den Maschinensaal zunächst der Schaltraum und hierauf folgt
ein grösserer Raum für die Transformatoren (vergl. Taf. XV, Fig. 1 und Taf. LXXIX,
Fig. 3 und 4). Die Dreiphasen-Genentoren4) erzeugen Strom mit 3000 Volt. Vier
Gruppen von je drei Transformatoren mit je 300 KW Leistungsfähigkeit transformieren
den Strom für die Fernleitung auf 15000 Volt.
Die Fernleitung konnte nnr zum kleinsten Teil verlange guter Wege verlegt
werden. Weil die Chaussee nach Biella zur Überwindung einer Passhöhe grosse Ent-
wickelungsserpentinen macht, musste die Fernleitung in möglichst direkter Linie über
Berg und Tal gezogen werden, wodurch die Bewachung und Unterhaltung sehr erschwert
ist. Nur an deb Eckpunkten sind eiserne Gittermasten, sonst Holzmasten zur Aufhängung
der Leitungsdrähte benutzt. Die Konsumspannung beträgt meistens 500 Volt und es
waren Sommer 1904 zum Zwecke der Herabtransformierung auf diese Spannung 44 Trans-
formatoren an den einzelnen Konsumstellen aufgestellt.
ft) Alle Turbinen sind von Riva Monneret & Co. in Mailand geliefert. Ende 1908 waren erat
vier grosse Turbinen aufgestellt
<) Die ganze elektrische Einrichtung des Maschinensaales ist geliefert von der E.-A. vorm.
Schuckert & Co. in Nürnberg. Die Transformatoren von Gadda & Co. in Mailand.
§ 8. Das Wassebkraft-ElektrizitItswerk Morbegno. 385
Über die Anlagekosten, soweit sie den hydraulischen Teil betreffen, befinden sich
einige Mitteilungen in der Tabelle I S. 242/243.
Es ist hierbei das Krafthaus mit fünf Einheiten Ton je 1000 PSe ausgerüstet gedacht Die dem
Verfasser xur Verfügung gestellten Kosten der Turbinenanlage bezogen sieb auf vier Einheiten, die
Kosten der fünften sind mit gleichem Einheitssatz hinzugefügt &). Für die elektrische Einrichtung des
Krafthauses und für das Leitungsnetz wurden bis Ende 1903 etwa 1725000 Lire aufgewendet.
Die direkten und indirekten Betriebskosten (aber ausschliesslich der Verzinsung) haben 1903
etwa 8,64% des Gesamtanlagekapitals ausgemacht. Rechnet man für Verzinsung noch 4 7»°/° hinzu, so
würden sich als Gesamtbetriebsausgaben 18,14 °/o ergeben. Der Verkauf der elektrischen Energie an die
Konsumenten erfolgte zum grössten Teil zu Pauschalpreisen pro PSe und Jahr. Der erzielte Durch-
schnittspreis betrog jährlich 175 Lire für die beim Konsumenten abgegebenen PSe» wobei die Kraft
24 stündig zur Verfügung gestellt werden musste.
§ 8. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk an der Adda bei Morbegno
der Societk per la Trazione Elettrica sulle Ferrovie.
Hierzu Tafel XVI und XVII i).
Da für Italien der elektrische Betrieb der Eisenbahnen deshalb von vornherein
besondere Vorteile zu bieten schien, weil es keine eignen Kohlengruben, wohl aber reich-
liche Wasserkräfte besitzt, so entschlossen sich die beiden grössten Gesellschaften, die
Societa Italiana delle Strade Ferrate Meridionali Esercente la Bete Adriatica und die
Societä. Italiana d. St. F. Esercente la Bete Mediterranea (Mittelmeer-Gesellschaft), angeregt
durch die Regierung, Ende der 90 er Jahre des vorigen Jahrhunderts, der Frage der Ein-
führung des elektrischen Betriebes auf je einer grösseren Versuchslinie näher zu treten.
Nun lagen die Rechtsverhältnisse dieser Bahngesellschaften 2) eigentümlich. Die Adriatica war
n&mlich, ebenso wie die Mittelmeer-Gesellschaft für den grössten Teil des von ihr betriebenen Netzes
nicht Besitzerin der Bahnaolage sondern nur Betriebspftchterin und der Vertrag, den sie mit der Regie-
rung hatte, lief am 80. Juni 1905 ab. Alle neuen Anlagen, welche die Adriatica auf den dem italieni-
schen Staate gehörigen Strecken machen wollte, mnssten zuvor von der Regierung genehmigt und die
Kosten durch Parlamentsbeschluss festgesetzt werden. Für den auf den Veltliner Bahnen am Corner
See zwischen Lecco-Chiavenna und Colico-Sondrio beabsichtigten Versuch ergab sich infolgedessen für
die Adriatica die Schwierigkeit, dass sie von der Regierung die Genehmigung zur Durchführung nur unter
der Bedingung erhielt, dass für die ganze Anlage lediglich die vorher zu vereinbarenden Summen zu
bezahlen seien und zwar auch nur, wenn der Versuch sich als vollkommen gelungen herausgestellt haben
würde. Die Adriatica ihrerseits wollte sich bei der Kürze der Zeit bis zum Ablauf ihres Vertrages
daher auch nur auf einen Versuch einlassen, weun ein Unternehmer das Risiko des Gelingens allein
zu tragen bereit sei. Dieses Risiko übernahm die in der Überschrift genannte Gesellschaft 3).
Für die Zwecke der Kraftgewinnung wurde von der Regierung eine Wasserkraft
der oberen Adda in der Nähe des Ortes Morbegno zur Verfügung gestellt.
Auf der ca. 5 km langen Strecke zwischen den beiden Brücken rund 1 km ober-
halb von Desco und bei Ganda, letzterer ein in der Nähe von Morbegno gelegener
&) Es ist dem Verfasser nicht bekannt, ob eine gleiche Einheit von 1000 PS« oder eine grössere
zur besseren Ausnützung der 40 cbm/sek. inzwischen aufgestellt ist.
i) Nach Theodor Koehn: „Der elektrische Betrieb mittelst Dreiphasen-Drehstroms auf den
italienischen Vollbahnlinien in der Valtellina." Juli 1903. Einige Bildstöcke sind dem Verfasser von der
Firma Ganz & Co. in Budapest zur Verfügung gestellt. Vergl. auch: Ing. Vittorio Gionfranceschi e
Dottore Franco Magrini: „La Trazione Elettrica sulle Linee Valtellinesi." II Politecnico. 1901. Milano,
und E. Cserhati und K. v. Kandö: „Der Betrieb der Valtellina-Bahn mit hochgespanntem Drehstrom."
Z. d. V. D. Ing. 1908. S. 185. 276 u. 803.
*) Die beiden Bahngesellschaften sind inzwischen verstaatlicht.
8) Von deutscher Seite war die Kontinentale Gesellschaft fttr elektrische Unternehmungen in
Nürnberg beteiligt. Die .Trazione* ist nach Übergang ihrer Anlagen an den italienischen Staat in
Liquidation getreten.
Handbuch der Ing.*Wiuenach. III. Teil. 18. Bd. 26
386 II. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele,
kleiner Ort, hatte die Adda ein Gefälle von etwa 36,0 m. Günstig für die Wahl dieser
Strecke war, dass sich an ihr keine Mühlen oder andere alten Gerechtsame befanden.
Das einzige fremde Recht bestand in einem ganz minderwertigen Fischrecht.
Das Niederschlagsgebiet der Adda oberhalb der Brücke bei Desco beträgt 2560 qkm.
Über die Abflussverhältnisse vergl. S. 186.
Die technisch wichtigste Frage für die wasserbanlichen Arbeiten war die Auffindung
der richtigen Stelle für das Wehr. Mehrere Stellen kamen dafür in Betracht, aber immer
musste das rechte Ufer des Flusses für die Entnahmestelle und den Kanal gewählt
werden, weil an der linken Uferseite verschiedene Wildbäche einmünden, welche viel
Gerolle führen und schon mehrfach der am linken Ufer liegenden Eisenbahn und der
nach dem Stilfser-Joch führenden Reichsstrasse gefährlich geworden sind Ausserdem
bleibt das Terrain so flach, dass der Kanal im Auftrage und schliesslich als Brücken-
kanal hätte angelegt werden müssen.
Das Wehr oberhalb der Bracke bei Desco wäre zwar kürzer geworden als das
an der gewählten Stelle, dafür hätte aber der Kanal um 350,0 m länger werden müssen,
was Mehrkosten von etwa 140000 Lire verursacht haben würde. Die Kanalverlänge-
rung hätte bis zur Brücke als Tunnel und von der Kreuzung der Chaussee ab bis zur
Einmündungsstelle überwölbt hergestellt werden müssen, um ihn vor Versandung zu
schützen. Ausserdem würde die Einlaufstelle in den Kanal nicht leicht von Kies- und
Sandablagerungen frei zu halten gewesen sein, weil nicht nur die Adda selbst, sondern
auch ihr kleiner Nebenfluss Masino infolge der durch die Brückenpfeiler bei Hochwasser
verursachten Stauungen grosse Massen von Kies und Sand erfahrungsgemäss gerade an
dieser Stelle zur Ablagerung bringen. Durch die Kanalverlängerung wäre aber der
Gewinn an Gefalle nicht gross gewesen, weil die Adda unmittelbar oberhalb der Brücke
kein starkes Gefälle besass4).
Als zweite Lösung war vorgeschlagen, das Wehr unmittelbar unterhalb der
Brücke von Desco zu bauen. Hiergegen sprach aber, dass an jener Stelle das Hoch-
wasser wegen des durch die Brücke verursachten Staus mit grosser Geschwindigkeit
floss und infolgedessen die Sohle so weit ausgespült war, dass das Querprofil bei N.W.
noch Tiefen von über 5,0 m hatte. Deshalb wäre der Bau des Wehres und des Ein-
laufs wegen der tieferen Fundierung und der Schwierigkeit das Wasser abzuleiten sehr
viel teurer geworden als an der gewählten Stelle. Abgesehen aber davon war auch der
Genio Civile gegen ein Wehr an der gedachten Stelle, weil durch die vor einem solchen
Wehr eintretenden Ablagerungen das Durchflussprofil der Brückenpfeiler noch mehr
verengert wäre und bei Hochwasser oberhalb der Brücke Anstauungen zu befürchten
waren, welche dem Bestände der Brücke hätten gefährlich werden können.
Die gewählte Stelle, etwa 150,0 m unterhalb der Brücke von Desco, bot den Vorzug,
dass die vorhandenen Durchflussquerschnitte bei H.W. voll erhalten Werden konnten
und dass eine leichte und schnelle Bauausführung möglich wurde. Es hatte sich dort
schon seit langen Jahren eine zum Teil bewachsene Kiesinsel gebildet, welche mit ihrer
Oberkante ca. 0,30—0,50 m über dem N.W. lag und den Fluss in zwei Arme teilte.
Gleich unterhalb der Insel beginnt auch erst das grössere Gefälle der Adda. Man be-
schloss also, die Wehrkrone etwa auf die Höhe der Inseloberfläche zu legen, d. h. auf
-f 258,75, während N.W. auf + 258,43 lag. Auf diese Weise wurde am rechten Fluss-
ann und flussaufwärts gleichsam eine Einfassung der Insel errichtet und durch Verlängerung
des Wehres bis an die linksseitige Ufermauer der linke Flussarm für das N.W. abge-
*) Die Adda macht an der Brücke selbst, welche in der geradlinigen Verlängerung der Stüfsei
Joch- Strasse liegt (vergl. Taf. XVI, Fig. 1 n. Abb. 56) einen scharfen Knick von fast 90° nach rechts.
a & Das Wassebkrut-Elkkthizitatswerk Mobbegko. 387
schnitten. Durch Verbreiterung, Regulierung und Vertiefung des rechten FIussatuib für
Zwecke des Kiesfreilaufes konnte man das an Hochwasserprofil gewinnen, was durch
Abschneiden des linken Armes und den Einban von zwei Pfeilern in den rechten Arm
verloren ging. Anf diese Weise wurde es auch möglich, das Wehr schnell and billig aus-
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zuführen, da bei dem geringen Stau die Fimdamentsohle den mit einer mächtigen Kies-
schicht bedeckten Felsen nicht zu erreichen brauchte (vergl. Taf. XVI, Fig. 2 — ö).
Zwischen zwei Spundwandreihen, welche mit einem Abstand in den Mittellinien von 3,0 m
voneinander, etwa 3,5 — 4,0 m unter Flussohio herabgetrieben wurden, stampfte man ein
Betonfundament von 2,90 m Breite und 1,55 m Höhe.
388 II. Theodor Koehn. Ausbau ton Wabberkraften. Beispiele.
Zunächst wurde der linksseitige Arm dar Add» zwischen der Insel und dem Ufer durch eine»
Fsngedamm (vergL Abb. 56) abgedlmmi und in dessen Schutze die Fundierung da« Webras nnd dar
Ufermaaer vorgenommen. In der für den Abflau de» N.W. erforderlichen Breite worden die oberen
Schiebten des Wshranfbsnes in der ersten Bauperiode noch nicht versetzt, um beim Bau des rechts-
seitigen Wehrteiles dem N.W. ohne SUu Abfiusa SD gewähren. Der Fangedamm war in bekannter Weise
ans schrig gestellten, mit Handrammen in den Boden geschlagenen Bohlen gebildet, welche sich nach
hinten auf Bocks stauten. Vorn nach dem Wasaar iu waren die Bohlen mit Segeltuch nnd einem
Torwarf von Lehm nnd Sand gedichtet. Du Wasser in den Baugruben konnte mit Rücksicht auf das
unmittelbar anschliessende stark« Sohlengefille der Adda grösstenteils auf natorliob« Weise mm Abflnu
gebracht werden, sodass nur geringe Pamparbeit an leisten war. Die Ausführung du Wehres mnsste
§ 8. Das Wasseekhaft-ElekthizitItswerk Morbegno. 389
in den Monaten November bis März erfolgen, da in dieser Zeit nur selten höhere Wasserstände vor-
kommen. Durch ein ausnahmsweise eingetretenes höheres Wasser wurde ein Teil des linksseitigen,
Fangedammes fortgerissen, aber der Schaden war schnell and billig zu ersetzen. Der ganze Fangedamm
welcher später auch noch für den Bau des rechtsseitigen Wehres und des Einlaufe benatzt wurde,
kostete etwa nur 8000 Lire.
Die Breite der Wehrkrone beträgt 2,50 m. Diese selbst sowie die Seitenflächen
des eigentlichen Wehrkörpers sind mit schweren, bearbeiteten Werkstücken ans grob-
körnigem Kalkstein 6) befestigt. Die durchgehenden Binderplatten der Wehrkrone sind mit
Ankerbolzen festgehalten, welche durch ein Spannschloss nach dem Versetzen angezogen
werden konnten. In ähnlicher Weise ist auch die ca. 70,0 m lange Mauer am linksseitigen
Ufer gebaut Hinter der Wehrkrone ist, um Auswaschungen zn vermeiden, noch eine
Packung von grossen Felsstücken in einer Breite von ca. 15,0 m hergestellt, welche durch eine
durchlaufende Wand von 6,0 m tief eingetriebenen alten Eisenbahnschienen gehalten wird.
Unterhalb des Wehres an der zum Stilfser-Joch führenden Chaussee war ein
Werkplatz mit Baracken für Zement und andere Baumaterialien, femer mit Schmiede,
Schlosserei, Zimmerei und Kantinengebäude errichtet, welcher durch einen Gleisanschluss
mit der Bahnlinie Colico — Sondrio verbunden war. Die Kosten des eigentlichen Wehres
haben nur ca. 88000 Lire betragen.
Die Sohle des ca. 40,0 m langen und 20,0 m breiten Kiesfreilaufes, welcher
eine Längsneigung von etwa 1 : 40 gegeben wurde, ist sorgfältig mit einer Betonschicht
befestigt (vergl. Abb. 57) und alsdann mit glatten Granitplatten gepflastert. Am oberen
wie am unteren Ende des Kiesfreilaufes ist je eine tiefer fundierte Herdmauer zum
Schutze gegen Unterspülungen gezogen. Unterhalb des Einlaufe» befindet sich der Ver-
schluss des Grundablasses, hergestellt durch zwei Ufer- und zwei Mittelpfeiler, welche drei
Öffnungen von je 5,60 m Breite bilden. Die Öffnungen sind zwischen den Pfeilern über-
wölbt und tragen oben die Brücke, auf welcher die Aufzugsvorgelege für die Schützen-
tafeln montiert sind. Bei niedrigem Wasser sind die Tore geschlossen, bei Hochwasser
ganz geöffnet. Die Schützen sind aus Eisen und ihr Querschnitt hat eine, fischbauch-
ähnliche Form (vergl. Taf. XVH, Fig. 1 und 2). Ihr Gewicht ist durch Kontregewichte
ausbalanciert6). Unterhalb der Grundablassbrücke ist noch auf einer Länge von etwa
15,0 bis 20,0 m eine Pflasterung aus schweren Steinplatten gemacht und diese am
unteren Ende mit einer Querwand von 6,0 m tief eingetriebenen alten Eisenbahnschienen
geschützt Die Schwelle des Einlaufes liegt auf +257,65, d. h. 1,10 m tiefer als die
Krone des Wehres. Vor den Pfeilerköpfen des Einlaufes ist ein 3,0 m hoher, schrägge-
stellter Rechen aufgestellt, dessen Stäbe mit der inneren Rechenfläche einen stromabwärts
gerichteten spitzen Winkel bilden, damit möglichst alle schwimmenden Körper verhindert
werden, in den Kanal einzudringen. Der Einlauf ist durch Pfeilerstellungen in 8 Öff-
nungen ä 3,20 m lichter Weite eingeteilt (vergl. Abb. 58). Die Pfeiler sind oben durch
Gewölbe verbunden und die so gebildeten Mündungen können mit hölzernen Schützen
geschlossen werden. Um die Schützentafeln beweglicher zu machen, ist jede Mündung
durch ein I-Eisen in zwei Teile geteilt. Das Vorgelege befindet sich auf der Krone der
Einlaufmauer. Ein auf den Pfeilerköpfen liegender Laufsteg ermöglicht die Reinigung
des Rechens mittelst Harken und zugleich die Revision der Einlaufschützen. Hinter diesen
Einlauföffnungen befindet sich ein Becken von ca. 34,0 m Länge und verschiedener Breite,
beginnend mit 4,0 m am oberen Ende und sich verbreiternd auf 6,40 m entsprechend
dem Zuwachse des zufliessenden Wassers (vergl. Taf. XVI, Fig. 2 und Taf. XVII, Fig. 1).
*) Die Werkstücke sind aus den Brüchen von Moltrasio bei Bellano. Man hat flu* das Kubik-
meter bearbeitet und fertig versetzt 124,0—125,0 Lire gezahlt.
6) Bei hochgezogener Schutze tritt dieses Kontregewicht in den Hohlraum der Schatze ein.
390
II. Theodor Koehn. Ausbau vox Wasserkräfte». Beispiele.
Das EinlaafbeckeD ist von oben mittelst einer Leiter zugänglich und in der Längsrich-
tung ist oberhalb der Hochwasserlinie eine kleine Inspektionsbrücke in einfachster Weise
hängend angeordnet. Ein Wasserstandanzeiger ist so aufgestellt, dass er von jedem
Schützenvorgelege aus sichtbar ist. In der Nacht wird derselbe beleuchtet. Flussauf-
Üivfci-L« und Hu
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§ 8. Bas Wasserkraft-Elektrizitätswerk Morbeono. 391
Kanal-Tunnelprofil vereinigen (vergl. Taf. XVI, Fig. 1, 2 und 6 a und b). In das Ein-
laufbecken war übrigens konzessionsmässig ein kleiner Bach einzuführen, welcher in dem
Übersichtsplan der Wehranlage angedeutet ist.
Die Länge des Werkkanals, welche zum Teil offen, zum Teil bedeckt ist, beträgt
rd. 4800 m. Die gesamte offene Strecke zerfallt in 14 Abschnitte von zusammen ca.
1800 m. Tunnelstrecken gibt es 15 in einer Gesamtlänge von 2900 m, von denen
1650 m in Felsen eingesprengte Tunnels und ca. 1250 m künstlich überwölbte Strecken
sind. Die längste Tunnelstrecke ist die, welche gleich an das Einfluss-Becken mit 770 m
anschliesst. Das normale Sohlen-Gefälle beträgt l%o, der benetzte Querschnitt des
Kanals normal 10 bis 10,6 qm. Die errechnete Geschwindigkeit beträgt 2,36 bis
2,50 m/sek., sodass 25 cbm Wasser bei einer Füllung von 2,50 m Wasserhöhe den
Turbinen zugeführt werden können.
Die Sohle des Kanals ist überall 4 m breit. Seine Seitenwände sind mit einem
Anzug von 1 : 10 hergestellt. Die Sohle sowohl wie die Seitenwände sind mit einem
Zementputz gedichtet und geglättet. Die Krone der Seitenwände des Kanals liegt 35 cm
über dem normalen Wasserspiegel, sodass bei voller Füllung ca. 28,5 cbm Wasser den
Turbinen zugeführt werden können. Auf diese Weise kann durch die vergrösserte Wasser-
menge das durch Hochwasser verringerte Gefälle ausgeglichen werden. Die verschiedenen
Querschnitte des Kanals veranschaulichen die Fig. 6a — g, Tafel XVI. Längs der offenen
Kanalstrecken ist mittelst des aus dem Tunnel herausgebrochenen Materials ein Pfad an-
gelegt, von welchem aus eine bequeme Revision jederzeit möglich ist *) und es sind, wo es
nötig war, die Abhänge mit kleinen Futtermauern in Trockenmauerwerk geschützt oder
mit Faschinen bestecht md mit Akazien bepflanzt, derart, dass ein Hineinfallen von losem
Gestein und dergl. ausgeschlossen erscheint. Auf den weitaus längsten Strecken der
Tunnels fand sich fester Glimmerschiefer und ein künstliches Gewölbe im Kanal erschien
unnötig. Nur auf ca. 300 m Länge war das Gestein von weicherer Art, sodass man
hier, um ein Hineinfallen von Steinen in den Kanal zu verhüten, ein künstliches Gewölbe,
je nach den Verhältnissen von verschiedener Stärke, angebracht hat. An 2 Stellen im
Kanal sind Überläufe angebracht. Der erste liegt ca. 900 m unterhalb des Einlaufbeckens
an einer Stelle, wo das höchste Adda- Wasser noch erheblich unter dem Wasserspiegel des
Kanals bleibt. Der Überfall an dieser Stelle hat eine Länge von 100 m und die Krone
desselben liegt in Höhe des normalen Wasserspiegels im Kanal bei 2,50 m Wasserhöhe.
Er ist so berechnet, dass 25 cbm bei einer Überhöhung des Wasserspiegels von 27 cm
abgeführt werden können. Da, wie oben schon erwähnt, die Krone der Seitenwand des
Kanals 35 cm über dem normalen Wasserspiegel liegt, so kann man sicher sein, daös eine
Überfüllung des Kanals ausgeschlossen ist. Am Ende des Überlaufes sind Kiesschützen
angebracht mit einer gesamten lichten Weite von 5,0 m. Die Sohle ist in der Länge des
Überlaufes mit 2°/o geneigt und bildet am Ende desselben, wo die Kiestore liegen, einen
Absatz von 2,0 m Höhe, um in diesem Sack die am Boden sich bewegenden schwereren Sand-
und Kiesmengen, Steine etc. aufzufangen. Um den oben erwähnten Revisionspfad an
der Stelle des Überfalls nicht zu unterbrechen, ist längs desselben ein Steg angebracht,
dessen eiserne I-Stützen dazu benützt werden können, bei Hochwasser in der Adda durch
hochkantig gesetzte Bohlen den Wasserspiegel im Kanal soweit zu heben, als es nötig
ist, um durch vermehrte Wassermenge die Abnahme des Gefälles auszugleichen. In der
Nähe des Kanalendes befindet sich ein zweiter Überlauf von 80 m Gesamtlänge, einge-
teilt in 2 Teile ä 40 m. Zwischen den beiden Überlauf strecken, welche sich im Tunnel
befinden, liegt eine offene Kanalstrecke mit einem Sandtang nebst Kiesschleuse (vergl.
7) Diese Anschüttung hat ferner noch den grossen Wert, dass sie die Aussenflächen der hohen
Betonmauern den Einwirkungen der Sonne und des Frostes entzieht vergl. S. 364 .
392 II. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
Taf. XVH, Fig. 3 und 6). Die Tanneistrecken, in denen sich die Überläufe befinden,
sind in einer Breite von 7 m ausgeführt, um noch Platz zu gewinnen für die Überlauf-
kanäle. Man hat die Länge der Überfälle so berechnet, dass 25 cbm Wasser bei einer
Wasserhöhe über der Überfall-Krone von 30 cm abgeführt werden können. Die Kies-
schleuse und die beiderseitigen Überfallkanäle münden in einen 4 m breiten, bis zur
Kommnnalstrasse, unter welcher er hindurch geht, mit 1 : 5 abfallenden, dann mit 1 : 100
fortlaufenden grösseren Kanal, welcher das Überlaufwasser direkt in die Adda abfahrt.
Ursprünglich war der Kostenersparnis wegen projektiert, diesen Kanal am Krafthause
in den Unterwasserkanal zu leiten; man hat hiervon aber doch wieder Abstand ge-
nommen aus Furcht vor Versandung des letzteren.
Hinter dem letzten Überfall bleibt der Tunnel auf 7 m erweitert und bildet so
ein Becken. Die Sohle desselben fällt bis zu einer Tiefe von 5 m unter dem Wasser-
spiegel am äussersten Ende ab. Auf diese Weise wird der Querschnitt so vergrössert,
dass die Geschwindigkeit des an die Druckrohre heranfiiessenden Wassers sich auf
0,70 m/sek. verringert und wenigstens alles Geschiebe zur Ablagerung gebracht wird.
(vergl. Taf. XVII, Fig. 4.) Der Sandfang des Beckens ist mittelst eines besonderen Ab-
flusskanals zu entleeren (vergl. Taf. XVII, Fig. 3). Aus dem Becken tritt das Wasser in
scharfer Kurve in 2 Kanäle ein, an deren unterem Ende 2 Rechen das Eindringen von
Laub und anderen schwimmenden Körpern in die Druckkammern verhindern sollen. Aas
den Druckkammern führen 2 eiserne Bohre von 68 m Länge und einem inneren Durch-
messer von je 2,50 m mit einer Neigung von 45 Grad das Wasser den Turbinen zu.
Jede dieser Kammern ist durch 2 Schützen abschliessbar. Um die Dilatation der Rohre
schadlos zu ermöglichen, münden dieselben in die oberen Druckkammern mittelst Stopf-
büchsen ein, in denen sie sieb frei bewegen können. Die Druckkammern sind mit
Bohlen abgedeckt, in welchen mit Klappen verschlossene Einsteigöffnungen sich befinden,
sodass eine Revision leicht und bequem stattfinden kann. Vor dem Krafthause gehen
die Rohre unter der Kommunalstrasse nach dem Campo Vicho in gewölbten Kanälen
hindurch und gabeln sich in dem Krafthause vermittelst Hosenrohren in je 2 Rohre
von 1,20 m Durchmesser, um so die vier vorgesehenen Turbinen zu speisen.
Der Maschinensaal des Krafthauses (vergl. Taf. XVII, Fig. 7) hat eine Länge von
49,7 m, eine Breite von 14,80 m und bietet Platz für 4 Turbinen von je rcL 2000 PS».
Im Jahre 1903 waren 3 Einheiten bereits aufgestellt, während für die vierte eventuell
noch ein grösserer Typ vorgesehen werden sollte. Jedes Zuflussrohr zu den Turbinen
ist durch besondere Schieber abschliessbar, sodass Reparaturen an einer Turbine vor-
genommen werden können, ohne den Betrieb der anderen zu stören. An den Maschinen-
raum selbst schliesst ein dreigeschossiger Vorbau nach der Kommunalstrasse zu an,
welcher im Erdgeschoss den Schaltraum, eine Reparaturwerkstätte, das Bureau des auf-
sichtführenden Beamten, sowie die Aborte enthält, während die oberen Etagen für Woh-
nungen eingerichtet sind. Das aus den Turbinen fliessende Wasser gelangt direkt in
einen sich unmittelbar an die Zentrale anschliessenden Unterwasserkanal, welcher, an
der Sohle gemessen, 20 m breit und bis zur Mündung in die Adda 100 m lang ist
Die Böschungen des Kanals sind mit 1 : 1 geneigt und mit Steinpackung in Zement gut
gesichert An den Ausflussteilen der Turbinenkanäle ist die Sohle mit einer Betonlage
gesichert, während im übrigen eine Sohlenbefestigung mit Rücksicht auf die kleine Ge-
schwindigkeit des Abflusswassers nicht erforderlich erschien. An der Ausmündung des
Kanals in die Adda sind die Böschungen mittelst tiefer fundierten Ufermauerwerks und
Steinpackungen verteidigt. Zu erwähnen ist noch, dass längs der beiden Druckrohre je
eine Treppe emporführt, um eine bequeme Revision der Rohre zu ermöglichen. Die
§ 8. DAS WASeERKIlAI'r-ELXKTBIZITA'rSWERK Morbegmo. 393
Rohre selbst sind auf kleinen Fundamentklötzen in gusseisernen Schalen so gelagert
dass sie sich der Temperatur entsprechend verschieben können. Das in Abb. 59 sichtbare
Mauerwerk, welches auch die zum Becken heraufführende Treppe enthält, war nötig, um
den lockeren Felsen zu stützen und vor Verwitterung zu schützen. Die drei 1902
bereits aufgestellten Fraacis-BeaktionB-Tnrbinen leisten je 2000 PS. bei 150 Uml./Min').
Das normale Gesamtgefälle von 30 m kann bei Hochwasser um 4 m abnehmen. Wegen
der Einzelheiten der Turbinen vergl. Taf. LXX und Kap. III. 5, Turbinen.
Erwähnt mag hier nur werden,' dass die selbstwirkenden Servomotoren für die
Turbinenregulierung mit Drucköl unter 10 Atmosphären Druck betrieben werden, weil
s) Geliefert von Gtni k Co. in Budapest
394 IL Theodor Koehn. Ausbau VON Wasserkräften. Beispiele.
das Addawasaer wegen seiner starken Verunreinigung bei höheren Wasserständen ohne
vorherige sorgfältige Filtration hierfür nicht geeignet schien. Jede Turbine ist mit einer
Öldruckpumpe gekuppelt, welche das Öl in einen Akkumulator pumpt. Im übrigen wird
die selbstwirkende Regulierung durch einen Hartungschen Pendelregler betätigt (vergl.
Abb. 60). Um die Parallelschaltung der Maschinen zu erleichtern, kann die Regulierung
der Turbinen auch vom Schattbrett aus mittels eines Kettenzuges bewirkt werden.
Die Dreipliasen-Iieneratoren9) haben beweglichen Induktor und feststehenden
Anker und liefern normal 20000 voltigen Drehstrom mit 15 Per. Jeder Generator leistet,
bei cos 05 = 0,7, 1050 KW. Bei normaler Belastung nimmt die Wickelung keine höhere
Temperatur als 45° über der Temperatur des Maschinenraumes an. Da es sich um die
Abb. 60. Innenansicht des Maschine nBaalea.
Stromlieferung für den elektrischen Bahnbetrieb handelte, so musste auf gute Regulierfähig-
keit besonders Bedacht genommen werden. Die direkt mit der Generatorwelle gekoppelten
Erregerm aschinen sind mit einem selbsttätigen Umschalter versehen, der für den Fall,
dass einmal die Turbinenregulierung nicht wirken sollte, beim Durchgehen der Turbinen
einen Widerstand in den Erreger-Strom-Kreis schaltet, um eine schädliche Spannungs-
erhöhung im Hauptstromkreis zu vermeiden. Durch diese Massregel ist erreicht, dass,
selbst wenn die Um! aufs zahl auf 250 in dür Minute steigen sollte, die Spannung an den
Klemmen der Maschine nicht über 25OU0 Y'ik wachst. Das Gesamtgewicht eines
Generators belauft sich auf (V.'3fl0 ks. wovon 43SU0kg auf die Welle und den Induktor
fallen. Der Maschinenstrom wir.i in put isoliert-n Kabeln nach dem Schalt räum geführt.
Alle auf der Vorderseite de- Schaltbrettes montierten Apparate haben nur niedrige
Spannung oder sind durch l-i!ierung stromlos,, vi ■ z.H. alle Hebel der dreipoligen Aus-
»] Die eanze elektrisch* tiLrishtiin? des Kraft!. . («es ist von der E.-A. vom,. Schuckert & Co
g 8. Das Waöserkkait- Elektrizitätswerk Mohbeono. 395
Schalter für den hochgespannten inneren Stromkreis Hinter dem Schaltbrett befindet
sich auf eisernen Gerüsten übersichtlich verteilt (vergl. Taf. LXXIX, Fig. 5) die Schalt-
anlage. Ausserhalb des Krafthauses ist in die Fernleitung ein Wasserstrahlerder ein-
gebaut. Er besteht aus drei Wasserstrahlen, die aus einem horizontalen eisernen Rohre
mittelst drei vertikaler, teleskopisch ausziehbarer Rohren aufsteigen und dann oben in
II
5 1
drei viereckigen, mit d-n drei Phasen der Fernleitung in Verhiudung stehenden Zink-
kusT-.'i iiiiU' ian<."-n y-f-n.—.i. I'as Wasserrohr selbst ist mit der Krde leitend verbunden.
Ine Qiirt-b diesen AvMtnr verbrauchte Enereie ist verhaltiiisnvi-Mg gering. il:i di- Wasser-
strahlen, d-ien Luv'* regulierbar ist. dem von den Maschinen erzeugtet, htr-'rs einen
surKe.-i Vv'iji';-.siur.i. •.:..;-..'-iisi;ti:en, »ähren-J sie für eiektru.-tatische I-ntuumuer. _-;;:
396 II- Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiels.
leitend wirken. Die Wasserstrahlen haben 15 mm Durchmesser und lassen bei 20000 Volt
Spannung ca. 0,1 Ampfere durch. Der Wasserverbrauch für alle drei Strahlen beträgt
in der Sekunde 2Vt 1, ein Verbrauch, welcher deshalb keine Rolle spielt, weil in der
Zeit, wo Gewitter häufig sind, sehr reichlich Wasser vorhanden ist. Dieser Apparat
hat sich ausserordentlich gut bewährt (vergl. Kap. III, 6. B. Krafthäuser, Elektrischer
Teil). Eine Ansicht des Krafthauses von aussen zeigt Abb. .61»
Die blanken Kupferdrähte der Fernleitung (20000 V.) sind auf Porzellanisolatoren
montiert, welche von starken Pfählen aus Lärchenholz von 250 mm geringster Dicke am
Zopfende und 300 mm am Stammende getragen werden.
Angaben über die Anlagekosten sind bereits in Tabelle I S. 244/246 gemacht.
Da das Krafthaus nur für einen Konsumenten, nämlich für die Bahnlinien Lecco-Chia-
venna und Colico-Sondrio Strom liefert, so ist der Betrieb äusserst einfach.
§ 9. Das Wasserkraft -Elektrizitätswerk am Doobs
der Soci^t^ des forces ^lectriques de la Goule (Schweiz).
Hierzu Tal XVIII1).
Wenn man von Neuchätel den Zug nach Besan$on benutzt, ist man in etwas
mehr als einer Stunde in Cbauz de Fonds, einer hübschen kleinen Bergstadt. Von hier
kann man mit der „Regional", einer Nebenbahn zwischen Chaux de Fonds und Saigne-
legier, in etwas mehr als einer Stunde nach Noirmont gelangen, einem Dörfchen oberhalb
des tiefeingeschnittenen Bettes des Doubs, dessen rechtes Ufer in jener Gegend die Grenze
zwischen der Schweiz und Frankreich bildet. Wer die Wasserkraftanlage La Goule an
einem Tage sehen und am Abend noch wieder auf einer der grossen Eisenbahnrouten
sein will, tut am besten, die Nacht in Chaux de Fonds zu bleiben, da die Nebenbahn
nur wenige Züge per Tag hat. Von Noirmont steigt man über Matten und durch
Tannenwälder auf steilen Wegen zu dem Elektrizitätswerk La Goule in einer Stunde herab.
Die Wasserkraftanlage La Goule hat für die ganze Umgebung ungemein segens-
reich gewirkt, indem sie die dort von alters her gepflegte Uhren-Kleinindustrie, welche
durch die Konkurrenz günstiger gelegener und mit billigeren Betriebskräften ausge-
rüsteter Gegenden notleidend geworden war, neu belebt hat.
Durch einen von der französischen Seite im 14. Jahrhundert heruntergekommenen
Bergsturz wurde in dem Fluss ein natürliches Wehr gebildet, welches den Doubs ober«
halb zu einem kleinen See aufstaute (vergl. Taf. XVIII, Fig. 1). Das nutzbare Gefälle
zwischen dem See und dem Doubs rd. 550,0 m unterhalb des natürlichen Wehres beträgt
26,0 m. Schon im Jahre 1891 wurde einem Konsortium von den beteiligten Regie-
rungen die Konzession zur Ausnutzung dieser Wasserkraft gegeben, aber erst am 2. De-
zember 1893 kam die Konstituierung der obengenannten Gesellschaft mit einem Kapital
von 1500000 Frs. zustande. Ein Jahr später wurde mit den Arbeiten begonnen und
am 22. Dezember 1895 fand die Inbetriebsetzung des Elektrizitätswerks statt. Die von
1891 — 1893 vorgenommenen Wassermessungen hatten ergeben, dass nach längerer
>) Die Abbildungen sind einer Broschüre der Maschinenfabrik Oerlikon in Oerlikon— Zürich
dem Jahre 1901 entnommen.
§ 9. DiB WABSKBKBAFT-ELEKTBIZnlTBWEBX IiA GoDLE. 397
atmosphärischer Trockenheit noch immer durchschnittlich 6 — 8 cbm/sek. verfügbar
waren, dass aber in den wasserreichen sechs Monaten 16 — 18 cbm für Kraftzwecke ent-
nommen werden könnten. Deshalb wurden der Einlauf und der Werkkanal gleich für
18 cbm/sek-, der motorische Teil zunächst aber mit der Möglichkeit der späteren Er-
weiterung für 6 — 8 cbm/sek. eingerichtet.
Die wasserballlichen Arbeiten waren bei der günstigen örtlichkeit ungemein
einfach. Der Einlauf wurde am rechten schweizerischen Ufer angelegt. Da der
See bei H.W. stark ansteigt und der Anprall ein heftiger ist, musste der Einlanf sehr
stark and die Bedienungsbrücke der beiden Einlaufschützen so hoch angelegt werden,
dass sie stets frei lag (vergl. Abb. 62). Die Schützen bestehen aus Holztafeln einfachster
Abb. 62. Der Einlanf am See.
Konstruktion mit den üblichen Aufzugsvorrichtungen für Handbetrieb. Vor den Schätzen
liegt ein unter 45° gegen die Horizontale geneigter Rechen aus 120 mm hohem Flach-
eisen mit 6 cm lichter Weite zwischen den Stäben. Nachträglich hat man den Einlauf
mit einem Holzhäuschen überbaut, um dem Wärter bei Frost und Unwetter einen Unter-
schlupf zu gewähren und das Getriebe vor Schnee zu schützen. Ungünstig ist die tote
Ecke vor dem Einlauf, weil sehr viel Laub und andere schwimmende Körper sich dort
sammeln und am Rechen festsetzen. Aber auch bei Eisgang kostet die Freihaltung des
Rechens viel Arbeit. Man würde zweckmässig vor dem Einlauf einen schwimmenden
Abweiser anlegen, um Laub, Eis and andere schwimmende Körper in die Stromrichtung
des Flusses zurückzuführen. Die Sohle des Sees ist vor dem Einlauf vertieft.
Der Werkkanal ist nur 520,0 m lang, wovon 440,0 m im Tunnel liegen. Vom
Einlauf auf einer Länge von etwa 50,0 m und bei der Tunnelausmündung auf einer
398 IL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
Länge von etwa 80,0 m wurde das Profil Taf. XVIII, Fig. 2 angewendet Auf erstge-
nannter Strecke waren abwechselnd Schutt, Lehm und verwitterter Felsen zu durch-
bohren, bei der Ausmündung des Tunnels dagegen harter, blauer Lehm. Auf der mitt-
leren 310,0 m langen Strecke wurde fester Jurakalk gefunden und das Profil Taf. XVIII,
Fig. 3 verwendet. Für die offenen Kanalstrecken kamen die Profile Taf. XVIII,
Fig. 4 und 5 zur Anwendung. Die normale Wassertiefe im Kanal beträgt 2,50 m, das
Gefälle auf der ganzen Lange 40 cm oder 1 : 1300 = 0,77 °/oo. Etwa 80,0 m unterhalb
der Einmündung ist eine Vertiefung der Sohle angeordnet, um Kies und Sand, welche
in den Kanal hinein gelangt sein sollten, aufzufangen und daselbst mittelst einer Spül-
schütze entfernen zu können. Zwei Stellen, an welchen der Tunnel aus dem Berge
heraustritt, sind zur Anlegung von Überfallen benutzt. Das Wasser stürzt daselbst über
die Felsen in den Fluss ohne weitere künstliche Einrichtungen. Bei der vollen Wasser-
tiefe von 2,50 m ist der wasserberührte Querschnitt 8,0 qm, die Geschwindigkeit in der
Sekunde 2,25 m, die Wassermenge 18,00 cbm/sek. Bei 1,40 m Füllung ist der Quer-
schnitt 4,26 qm, die Geschwindigkeit 1,87 m, die Wassermenge 8,00 cbm/sek.
Mit Rücksicht auf den vorgelagerten See hat man darauf verzichtet, vor der
Druckkammer noch ein Becken zur Ablagerung von Kies und Sand anzulegen. Am Ende
des Kanals ist aber noch ein 16,0 m langer Überlauf hergestellt, bestehend aus 4 Feldern
k 4,0 m Länge. Das Wasser stürzt hier etwa 4,0 m frei herab in einen Betonkanal, in
welchem durch eine kleine Schwelle ein Wasserpolster gebildet wird und fliesst dann
über die Felsen frei in den Doubs hinein. Überall, wo der Kanal zutage tritt, ist er
durch Bohlen abgedeckt, um ihn vor fallenden Steinen und Laub und vor Eisbildung zu
schützen. Zwischen den Feldern des Überlaufs ruhen die Bohlen auf eisernen Trägern.
Vor der Druckkammer steht ein enger Rechen mit 1,5 cm lichter Weite zwischen den
Stäben. Die Druckkammer besteht einfach in der Verlängerung des Kanalprofils,
welches sich allmählich zu der Mündungsöffnung des Druckrohres zusammenzieht. Der
Rechen kann von der über der Druckkammer befindlichen Bohlendecke aus bedient
werden.
Das Drackrohr hat einen lichten Durchmesser von 2,25 m, eine Länge von
90,0 m und ist aus je 6,0 m langen schmiedeeisernen, genieteten Flanschenröhren zu-
sammengesetzt. In der Druckkammer ist eine Stopfbüchse eingemauert, in welcher sich
das Rohr bewegen kann. Weitere Dilatationsvorrichtungen sind nicht vorhanden und
auch nicht erforderlich, da das Druckrohr auf etwa der Hälfte seiner Länge mit Boden
bedeckt ist. Die Geschwindigkeit im Druckrohr bei 8,50 cbm/sek. beträgt 2,14 m.
Dieser Wassermenge entspricht etwa einer Leistung von 2150 PS«. Ende 1904 waren
aber schon 3650 PS« in dem Krafthause installiert, welche unter Umständen gleichzeitig
in Betrieb gesetzt werden, da man eine zur Aushilfe bei Wassermangel bestimmte
Dampfreserve besitzt Wenn alle Turbinen laufen, steigt in dem Druckrohr die
Geschwindigkeit bis über 4,0 m/sek.
Das Krafthaus liegt unmittelbar am Doubs und ist durch eine fahrbare Strasse
von Noirmont aus zugängig.
Der motorische Teil des Krafthauses gibt ein anschauliches Bild von der Entwick-
lung, • welche der Bau von Kraftwerken im Laufe von zehn Jahren erfahren hat. Die
ersten drei im Jahre 1894 aufgestellten Turbinen hatten vertikale Wellen und eine
Leistung von 500 PS«*). Es sind konische Francis-Turbinen mit gusseisernen Turbinen-
kesseln. Das Laufrad macht 200 Uml./Min. und ist auf einer gusseisemen hohlen
2) Diese, sowie die spater aufgestellten Turbinen, sind von der A.-G. der Maschinenfabriken
Ton Escher Wyss & Co. in Zürich geliefert.
§ 9. Das Wasserkraft-Euektrizitätbwerk La Goule. 399
Säule festgekeilt, welche von einer feststehenden schmiedeeisernen Säule gestützt wird.
Die gusseiserne Säule tragt oben den elektrischen Generator und lauft auf einem Ring-
spurlager (vergl. Taf. LXTTI, Fig. 4 u. Kap. III, 5. Turbinen). Im Turbinenkessel liegt
ein Entlastungskolben, dessen untere Fläche mit dem Druckwasser-, dessen obere Fläche
mit dem Saugrohr in Verbindung steht. An jeder Turbinenwelle wirken ein Paar
konische Bäder auf je eine Vorgelegewelle, von welcher aus der zu jeder Turbine ge-
hörende selbstwirkende Geschwindigkeitsregler und die Erregerdynamo angetrieben werden.
Der Geschwindigkeitsregler ist ein Klinkenregler, welcher rein mechanisch wirkt und
mit Rückschaltung versehen ist, um ein Überregulieren zu verhindern. Die angestellten
Proben sollen bei einem Gefalle von 24,9 m im Mittel 560 PS» und einen Nutzeffekt
von 80°/o bei "/* und 79% bei voller Belastung ergeben haben. Die Begier wirken
auf einen Ringschieber, welcher sich im Spalt zwischen Lauf- und Leitrad bewegt.
Die vierte Turbine hat 650 PSe und macht 375 Uml./Hin. Sie ist eine Francis-
Reaktionsturbine mit beweglichen Zungen im Leitrad, welche von einem gemeinsamen
Ring durch die Regulierungswelle alle gleichzeitig und gleichmässig geöffnet und ge-
schlossen werden. Anstatt der hohlen gusseisernen Turbinenwelle ist hier eine massive
Stahlwelle gewählt. Die Regulierung erfolgt durch einen mit Druckwasser angetriebenen
Servomotor. Die Welle ist ebenfalls hydraulisch entlastet und läuft gleichfalls auf einem
Ringspurlager. Der Tachometer, sowie die Erregerdynamo werden wie bei der 500 PSe-
Turbine von der Welle aus durch konische Räder angetrieben, welche auf eine Vorgelege-
welle wirken.
Die Wasserzufuhrung zu den vier erwähnten grossen Turbinen erfolgt durch
Stutzen von 1200 mm Dm., welche lotrecht von der Druckrohrleitung abzweigen und
direkt in den Turbinenkessel münden. Jedes Abzweigrohr ist durch eine Drosselklappe
verschliessbar.
Die im Jahre 1904 aufgestellte fünfte Turbine von 1500 PS« hat dagegen eine
horizontale Welle und macht 350 UmL/Min. Das Hauptdruckrohr ist in der Längs-
achse durch ein konisches Rohr von 2250/1600 mm verlängert und fuhrt das Wasser durch
ein Krümmerrohr in das Spiralgehäuse der Turbine. Der zugehörigen kleinen Erreger-
turbine wird das Wasser durch ein Abzweigrohr zugeführt. Der Abflusdkanal der grossen
Turbine liegt im Zuge des Druckrohres, also parallel mit der einen Längswand des
Maschinensaales und mündet spitzwinklig in den Doubs aus.
Jede der vier stehenden Turbinen hat ihren eigenen, an der Längswand direkt
in den Doubs ausmündenden Abflusskanal (vergl. Taf. XVIII, Fig. 11).
Da die Gesellschaft, wie erwähnt, in St. Imier eine Dampfreserve8) besitzt,
so brauchte sie bei dem Verkauf von elektrischer Energie die kleineren verfügbaren
Wassermengen nicht zu berücksichtigen, und es kann deshalb vorkommen, dass bei ge-
nügender Wassermenge zeitweise alle fünf Turbinen gleichzeitig im Betrieb sind.
Alle fünf grossen Turbinen sind mit Einphasen- Wechselstromgeneratoren mit 5500
Volt Klemmenspannung und 50 Perioden gekuppelt4). Man wählte Einphasenwechselstrom,
weil der Lichtstrom den Hauptkonsum darstellt und es sich für den Kraftstrom meist
nur um kleine Motoren handelte. Die Einphasenmotoren von Oerlikon sind mit Leer-
lauf-Riemenscheiben versehen und laufen unbelastet an. Erst wenn die normale Touren-
zahl erreicht ist, werden die Motoren durch Herüberschieben des Riemens auf die feste
Scheibe belastet.
9) Im Jahre 1904 betrag die Leistung der Dampfreserve bereits 1500 PSe.
<) Die elektrische Einrichtung ist von der Maschinenfabrik Oerlikon in Oerlikon— Zürich geliefert
400 IL Theodor Kokhn. Ausbad ton Wa86erkeäften. Beispiele.
Die Schaltanlage war anfänglich auf beide Seiten der Maschinenhalle verteilt,
derart, daas alle Apparate zur Regulierung und Parallelschaltung der Maschinen, sowie
alle Apparate für die Femleitung auf schweizerischem Gebiet auf der einen Seite, die
Apparate für die Fernleitung nach dem französischem Gebiete auf der anderen Seite
lagen (vergl. Abb. 63}. Sehr bald stellte sich aber das Unzureichende dieser Disposition
heraus und das am so mehr, weil es in dem Maschinensaal an dem nötigen Platz gebrach.
Man hat deshalb 1904 die ganze Schaltanlage an dem Ende des erweiterten Maschinen-
% 9. Das WA—BKaAir-Eucnanrlwing« La (Joule.
Abb. 64. Dm KraftbftQB nnd die Fernleitung.
Ol. Teil. 13. Bd.
402 II. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
saales vereinigt. Da man, um die Leistungsfähigkeit des Leitungsnetzes zu erhöhen,
die Spannung von 5500 Volt auf 25000 Volt heraufzusetzen beabsichtigte, ist auch der er-
forderliche Platz für die Transformatoren geschaffen; dadurch, dass man über dem
Maschinenflur noch zwei Etagen für die Schaltanlage einrichtete, sind im ganzen rund
3,6 qm Bodenfläche für je 100 installierte PS« verfügbar. Die Maschinenkabel wurden
früher in kleinen, im Fussboden des Maschinensaales angelegten und mit Riffelplatten
abgedeckten Kanälen geführt. Nunmehr ist ein begehbarer Kabelkanal ausserhalb des
Maschinenhauses geschaffen, welcher durch Glasplatten von oben her beleuchtet ist.
Die Fernleitung bot insofern Schwierigkeiten, als grosse Höhenrücken über-
schritten werden mussten und auf schwere Stürme und ungewöhnliche Schneefalle zu
rechnen war (vergl. Abb. 64). Im wesentlichen sind die Leitungen auf Holzgestängen
montiert, welche aus zwei 10,0 — 12,0 m langen, schräg gegeneinander gestellten Stämmen
gebildet wurden. Oben werden die Stämme durch zwei starke Bolzen zusammengehalten.
Auf Strecken mit grossen Steigungen wurde noch ein dritter Stamm schräg abwärts oder
aufwärts als Stütze hinzugefügt. In der Regel sind die Masten 1,5 m tief in den Boden
eingelassen. Meistens mussten die Löcher in den Boden eingesprengt werden. Die Ent-
fernung der Gestänge voneinander beträgt in der Graden 45,0 m, der Durchhang der
Drähte 2°/o. Die eisernen Halter der Isolatoren sind direkt in die Masten eingebohrt.
Für die Neuanlagen beabsichtigte man 1904 Gestänge aus zwei lotrechten Masten mit
Querträgern zur Aufnahme der Isolatoren zu verwenden (vergl. Kap. III, 7. Fernleitungen).
Das primäre Leitungsnetz hatte bereits 1903 eine Ausdehnung von ca. 100 km, das
sekundäre von ca. 40 km.
Die Betriebseinnahmen im Jahr» 1903 haben beiragen:
a) ans Strom verkauf 274116,— Frs.
b) ans Zanlermiete 2098,— .
c) Installationsgewinn . . 17472,— ,
Zusammen 293686,— Frs.
Die direkten Betriebsansgaben, einschliesslich derjenigen der allgemeinen Verwaltung und
aller Steuern und Abgaben betragen 107000,— oder 4,27% des Anlagekapitals von 2526000 Frs,'}.
Rechnet man für die indirekten Ausgaben einschliesslich Verzinsung 7,3 °/o hinzu, so würden die
Gesamtansgaben 11,57° o des Anlagekapitals ausgemacht haben und durch die Einnahmen gerade gedeckt
worden sein.
Die Dampfreserve in St. Imier mit 1500 installierten PS« hat rd. 509000 Frs. gekostet
§ 10. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk an der Orbe in Les CI6es
bei Yverdon (Schweiz). Hierzu Tat xix *).
Bereits im Jahre 1894 wurde der Society Anonyme de TUsine £lectrique Des
Clees in Yverdon, welche für den Zweck besonders ins Leben gerufen war, von selten
des Kantons Waadt die Konzession zur Ausnützung der Wasserkräfte der Orbe zwischen
den Dörfern Ballaigues und Les Clees erteilt.
Das spezielle Projekt wurde im Jahre 1895 aufgestellt und genehmigt. Am
18. März 1896 wurde mit den Arbeiten begonnen und am 21. Dezember des gleichen
Jahres ist erstmalig nach Yverdon elektrische Energie übertragen worden. Aus den
Städten Yverdon, Grandson, Baulmes und St. Croix, sowie aus allen kleineren Ortschaften,
4) Dasselbe setzt sich zusammen aas 1000000 Frs. Aktien, 1260000 Frs. Obligationen and
266000 Frs. Schwebende Schuld.
ij Die Abbildungen sind z. T. einer Broschüre der Maschinenfabrik Oerlikon in Oerlikon— Zürich
1901 entnommen, z. T. nach Handskizzen angefertigt.
§ 10. Das Wassbrkkaft-ElektrizitItbwerk Leb Gu&es-Yvebdon. 403
welche am Verteilungsnetze liegen, sollen fast alle Dampfmaschinen, Benzin- und Petrol-
motoren verschwunden sein. Die Klein- und Hausindustrie hat einen grossen Aufschwung
genommen und zahlreiche neue Industrien sind entstanden.
Das Wehr (verg). Taf. XIX, Fig. 1 und 2) liegt südlich von dem Orte Ballaigues.
Die Wehrstelle ist insofern nicht günstig, als der Einlauf an dem nach der Flussmitte
zu konvexen Ufer zu liegen kam. Der Kanal musste am rechten Ufer angelegt werden,
weil man ihn hier an den festen Hängen als Tunnel oder Einschnitt am billigsten her-
stellen konnte. Infolge der Stauwirkung des Wehres bilden sich an dem konvexen Ufer
des Flusses grosse Kies- und Sandbänke, welche durch den Grundablass nicht beseitigt
werden können, weil der Grundablass vom Einlauf zu weit entfernt liegt. Da der
Einlauf fast lotrecht zur Stromrichtung am Wehr angelegt ist, gelangen Geschiebe und
Sinkstoffe reichlich in den Werkkanal.
Das Wehr ist ein Stufenwehr in Beton. Es hat ungefähr eine Kronenlänge von
40,0 m. Am rechten Ende neben dem Zuführungskanal musste nach den Vorschriften
der Konzession eine Fischleiter angeordnet werden.
Der Werkkanal zieht sich an der Berglehne des rechten Ufers teilweise im
Tunnel, teilweise als überwölbter Betonkanal hin und ist im ganzen 3600,0 m lang. Das
Profil ist überall, auch im Tunnel, mit Beton ausgekleidet und die benetzten Flächen
sind geputzt. Der Kanal ist im Kämpfer 2,0 m breit, hat eine schwach gewölbte Sohle
und einen Querschnitt von rd. 4,0 qm. Das Gefalle beträgt etwa 1 : 3400. Vor dem
Einlauf liegt ein vertikaler Rechen und dann folgen zwei Regulierungsschützen aus Holz.
Die Sohle des Kanals senkt sich ab bis zu den zweiten Regulierungsschützen und bildet
so einen kleinen Kiessack, welcher durch eine Spülschleuse von etwa 2,0 m Lichtweite
gespült und entleert werden kann. Wenn man die zweiten Regulierungsschützen schliesst
und die ersten und die Spülschleuse öffnet, kann man zwar einen kräftigen Spülstrom
erzeugen, aber während der Spülung wird der Wasserzufluss zum Krafthause beein-
trächtigt. Man muss deshalb die Spülung wahrend der Betriebspausen oder der schwach
belasteten Stunden vornehmen.
Hinter den zweiten Regulierungsschützen folgt ein Überfall von etwa dreimal 2,0 m
Länge*). Etwa 200,0 m vor der Druckkammer ist noch ein Überfall von etwa 10,0 m
Länge mit fünf Öffnungen, sowie eine Spülschleuse angelegt. Das Wasser stürzt hier
über den natürlichen Felsen herab und fliegst in die Orbe (vergl. Abb. 66). Gleich
hinter diesem Überfall liegt ein Rechen von 28 mm lichter Weite zwischen den Stäben.
Das Ende des Kanals ist als Druckkammer ausgebildet, die keine' weiteren künstlichen
Anlagen hat, als dass sie mittelst Schützen abgeschlossen werden kann, damit man im-
stande ist, die Druckkammer und das Druckrohr trocken zu legen.
Das Drackrohr hat einen inneren Durchmesser von 1,20 m und ist als genietetes
Flanschenrohr z. T. bedeckt, z. T. offen verlegt. Der Wässerspiegel an der Wehrkrone
liegt auf + 619,5, das niedrigste Wasser in der Orbe an der Zentrale auf -j~ 571,0,
sodass ein Rohgefalle von 48,5 m zur Verfügung steht.
Wie bei der Beschreibung der Anlage Vallorbe (S. 463) mitgeteilt wird, sind an der
Orbequelle mindestens immer 3 cbm/sek. vorhanden. Einschliesslich der Zuflüsse, auf welche
man noch von der Quelle bis Ballaigues rechnen kann, wird man aber in der Regel eine
Wassermenge von 4,0 cbm/sek. haben. Bei 4,0 cbm/sek. betragen die Reibungsverluste
im Kanal und im Druckrohre etwa 1,5 m, sodass sich ein Druck in den Turbinen von
etwa 47,0 m ergibt; bei H.W. kann derselbe auf 41,0 m herabgehen.
*) Die hier angegebenen Masse sind nicht aas einer Zeichnung entnommen, sondern bei dem
Besuch an Ort and Stelle nach Angenmass geschätzt
26*
404 IL Thbodoe Koehjt. Ausbau ton WasberkrIftkr. Beispiele.
Das Krafthaus ist für die Aufstellung von sechs Gruppen zu je 300 PS, ein-
gerichtet Es liegt am rechten Ufer der Orbe nahe der Brücke, welche nach dem Dorf«
Les Clees führt (vergl. Abb. 66). Die Entfernung von Yverdon betragt etwa, 16,7 km.
Abb. 65. Anrieht dtt leizton Überfall» Tor der Druckkammer.
An den Maschinensaal stösst ein Wohnhaus mit einem kleinen Bureau und drei Woh-
nungen (vergl. Tai. XIX, Fig. 6). Der Maschinensaal ist gut beleuchtet und geräumig.
Er hat eine Länge von 26,0 und eine Breite von 10,4 ra, sodass 15,0 qm Grundfläche
$ 10. Das Wasserkraft Elektrizitätswerk Les Cleeb-Yvekdon. 405
snf je 100 installierte PS« entfallen. Die Höhe des Maschinensaales betragt bis znr
Unterkante Dachbinder 6,0 m, bis znr Unterk&nte Kranbahn 4,50 m (vergl. Taf. XIX,
Fig. 4 nnd 5).
Sehr beschränkt ist der Schaltraum (vergl. Taf. XIX, Fig. 6). Derselbe hatte
früher eine Lange von 10,70 m nnd eine Breite von 2,75 m. Er ist 1904 um 1,0 m
verbreitert worden, sodass auf 100 installierte PS* auch nach der Erweiterung nur
2,28 qm Flache für den Sehaltranm znr Verfügung stehen. Die Übersichtlichkeit der
Schaltanlage hat durch die Beschränktheit des Raumes gelitten.
' Der Maschinensaal ist durch einen Laufkran von 5,0 t Tragkraft bestrichen.
Das ganze Krafthaus war auf weichem Mergel zu fundieren, nnd es ist deshalb
der tief liegende Teil des Fundaments des Maschinensaales und des Wohnhauses als eine
Abb. 66. Ansicht des KraftbanMS.
zusammenhängende Betonplatte von 50 bis 60 cm Stärke ausgeführt, welche durch zwei
kreuzweise übereinander eingebettete Reihen Stahlträger von 20 cm Höhe derart verstärkt
worden ist, dass man auf eine ziemlich gleichmäsBige Übertragung der Gesamtdrücke auf
die Bodenfläche rechnen konnte. Die Bedachung des Maschinensaales erfolgte durch eiserne
Polonceau-Träger mit Holzsparren und Ziegeleindeckung. Der neue Schaltraum ist mit
Wellblech abgedeckt.
Die Wellen der innen beaufschlagten Gehäuse-Turbinen8) liegen 6,5 m über dem
Niedrigwasser der Orbe (vergl. Kap. III, 5. Turbinen und Taf. LXXII, Fig. 1 und 2).
Die Regulierung erfolgt durch einen Spaltschieber, welcher durch das Druckwasser aus-
balanciert wird nnd infolgedessen mit ganz geringer Kraft und geräuschlos bewegt
werden kann. Die Bewegung des Schiebers erfolgt entweder von Hand oder durch
einen selbstwirkenden Sperrklinken-Servomotor.
Mit den Turbinen sind durch Zodelkuppelung die Dreiphasen-Generatoren*) ver-
bunden, welche den Strom mit einer verketteten Spannung von 5200 Volt nnd 50 Perio-
■) Geliefert von Piccard Pictet & Co. in Genf. Die Turbinen machen 480 Uml./Hin.
*) Die elektrische Einrichtung ist von der Maschinenfabrik Oeriikon in Oerlikon— Zürich geliefert
406 II. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
den/sek. liefern. Die Beleuchtung des Krafthauses und der Umgebung, sowie diejenige
des Dorfes Les C16es ist an einen Transformator angeschlossen, welcher den Strom auf
120 Volt herabtransformiert.
Der Sehaltraum ist in 2 parallele Räume eingeteilt, von denen der vordere, nach
der Schalttafel zu gelegene, die Regulatoren, Ausschalter, Maschinensicherungen und
Messtransformatoren, der hintere die Leitungssicherungen und Blitzschutzapparate ent-
hält. Der letztgenannte Raum ist auch von aussen zugänglich. Die Maschinenkabel
werden in einem geräumigen Kabelkanal zum Schaltraum geführt.
Es waren Ende 1903 im ganzen 61,6 km Hochspannungs-FernleituBgen verlegt auf 1899
Holzmasten, 6 eisernen Gittermasten und 6 Konsolen, zusammen also auf 1411 Stützpunkten, sodass
die durchschnittliche Entfernung der Masten 48,0 — 44,9 m beträgt Die normale Spannweite der Masten
auf gerader Strecke beträgt 40,0 m $).
Am Schlüsse des Jahres 1903 waren 58 Transformatoren von zusammen 1354 KW Leistung
aufgestellt, sodass durchschnittlich auf je einen Transformator 23,3 KW entfallen. Die Spannung im
Fernleitungsnetz ist diejenige der Maschinen d. i. 5200 Volt
Das sekundäre Verteilungsnetz hatte eine Gesamtlänge ron 54,8 km. Es sind dazu verwendet:
1033 Masten, 267 Konsolen, 8990 Isolatoren und 213986 m Kupferdraht von 35704 kg Gewicht Die
Spannung im sekundären Verteilungsnetz ist 120 Volt
Die Gesamtanlagekosten haben 1600000 Frs. betragen, d. h. auf 1800 installierte PS« verteilt
888 Frs. pro PS«. Von dem Anlagekapital entfallen auf die wasserbaulichen Anlagen, das Druckrohr
und das Krafthans rd. 725000 Frs. d. h. pro in der Zentrale installierte PS« 408 Frs. Auf das Hoch-
spannungsnetz einschliesslich Transformatoren ca. 565000 Frs. d. h. pro in der Zentrale installierte PS«
314 Frs. Auf das Verteilungsnetz ca. 310000 Frs. d. h. pro in der Zentrale installierte PS« 171 Frs.«).
Ans dem Netz wurden 13 Orte mit zusammen 20198 Einwohnern mit Strom versorgt
Von diesen Orten haben die Städte Tverdon 8463, St Croix 5895, Baulmes 1239, Grandson
1763 Einwohner. Die übrigen Orte sind Dörfer, das kleinste Les Clees hat nur 237 Einwohner. Der
Strom wurde im wesentlichen nach Paaschalpreisen verkauft.
Es waren Ende 1903, also nach 6 vollen Betriebsjahren, angeschlossen und brachten an Einnahmen:
für Licht . . 680 elektrische PS« = 10000 Lampen ä 50 W mit 14 Frs. Einnahme pro Jahr und Lampe
9 Kraft . . 944 . . = 695 K w mit 144 Fra- Pro KW nnd Jahr
Zusammen 1624 elektrische PS« = 1 195 KW, d. h. ca. 80,3 elektrische PS« = 58 KW pro 1 000 Binw.
Davon entfallen 33,6 PS« auf Licht nnd 46,7 PS« auf Kraft Im Vergleich zu den Angaben auf S. 327
Tabelle XXXI II ist dieser Anschluss als ein sehr gutes Ergebnis anzusehen und z. T. auf die werbende
Kraft des Pauschaltarife zurückzuführen. Da die Ausnutzung der angeschlossenen PS« oder KW bei
Pauschalpreisen viel stärker ist als beim Zählertarif, also auch bei gegebener Kraftleistung im Kraft-
hause weniger PS« oder KW angeschlossen werden können, so müssen auch die Kinnahmen pro ange-
schlossene PS« oder KW höher sein als der Durchschnitt bei Zählertarifen (vergl. die Tab. aber durch-
schnittliche jährliche Einnahmen, S. 837). Der Anschluss für Licht verteilt sich anf 1 178 Abonnenten,
der Anschluss für Kraft auf 118. Der gleichzeitige maximale Konsum betrug am 30. November 1903
1815 elektrische PS« = rd. 80°/b des Anschluss-Äquivalents (vergl. S. 380).
Die direkten Betriebskosten 1903 haben betragen:
Allgemeine Verwaltung 20784,73 Frs.
Für Feuerversicherung und für Versicherung Dritter gegen Schaden und Unfall 2000, — ,
Für Unterhaltung des Netzes (rd. 2,6 °/o des Anlagekapitals)?) 22541,50 ,
Für Werkzeuge 2872,60 ,
Für Löhne und Verschiedenes 38769,40 ,
Für Unterhaitang des Wehres 1158,85 ,
Für Versicherung des Personals 1571,65 .
= 5,6°. des Anlagekapital«. Zusammen 89698,28 Frs.
ft) Für die Hochspannungsleitung sind im ganzen 8162 Hochspannungsisolatoren und 286779 m
Kupferdraht von 66045 kg Gewicht verwendet.
•) Die Bilanz der Gesellschaft pro 1903 gibt für das Gesamtnets 875000 Frs. an. Die Ver-
teilung auf Fernleitungsnetz nnd Verteilungsnetz ist auf Grund der sonst im Geschäftsbericht der Ge-
sellschaft enthaltenen Angaben vorgenommen,
7) Hierin sind im wesentlichen nur sächliche Kosten enthalten.
§ 11. Das Wasserkraft-Ejlektkizitätswebk Kubel-Herisau. 407
§ 11. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Kübel bei St Gallen.
Hieran Tafel XX und XXI i).
Die in den Kantonen St. Gallen und Appenzell nach dem Bodensee fliessenden
grösseren Wasserläufe haben alle nur ein verhältnismässig kleines Vorflutgebiet und
werden nicht von Gletschern oder natürlichen Seen gespeist. Deshalb haben sie in ihrem
gefällreichen Oberlauf den Charakter von Wildbächen, bei denen starke Anschwellungen
mit Wassermangel abwechseln. Eine grössere konstante Kraft kann deshalb nur durch
Einlegung von künstlichen Staubecken erzielt werden. Von den für die industriereiche
Stadt St. Gallen und ihre Umgebung in Frage kommenden Flüssen boten die Urnäsch
und die Sitter, welche beide ihr Quellengebiet am Säntis in einer Höhe von 1200,0 bis
1800,0 m haben, die günstigsten Bedingungen. Seit dem Jahre 1890 sind dann auch
eine ganze Reihe von Projekten für die Ausnützung der Wasserkraft dieser beiden Flüsse
gemacht, aber wegen der verhältnismässig grossen Kosten nicht zur Ausführung ge-
kommen. Unter anderen war eine 40,0 bis 50,0 m hohe Sperrmauer am Zusammenfluss
der Sitter und Urnäsch, dem sogenannten „Kübel" geplant, durch welche ein Gefälle
von 150,0 m erzielt werden konnte. Bedenken bei diesem Projekt rief aber die Frage
hervor, wie man die Sperre von den grossen Geschiebemassen der Wildbäche freihalten
sollte. Überdies waren die veranschlagten Kosten so grosse, dass die Rentabilität be-
zweifelt werden musste. Der Verwirklichung zugeführt wurde die Ausnützung dieser
Wasserkräfte erst durch das im Jahre 1895 ausgearbeitete Projekt8), welches in dem
sogenannten Gübsenmoos, einem bei dem „Kübel" ca. 90,0 m über der Sitter gelegenen
Tale, ein Staubecken vorsah, und das Wasser der Urnäsch durch einen 4626,0 m langen
Stollen diesem Becken zuleitete (vergl. Taf. XX, Fig. 1). Dieser Gedanke war um so
erfolgreicher, weil das Sammelbecken so dicht an das linksseitige steile Ufer der Sitter
herangelegt werden konnte, dass mit einer verhältnismässig kurzen Druckrohrleitung das
am rechten Sitter-Ufer zu errichtende Kraftwerk zu erreichen war. Die Natur hatte
die Verhältnisse für ein Sammelbecken günstig vorbereitet. Im Jahre 1897 wurde von
den Regierungen der Kantone St. Gallen und Appenzell die Konzession erteilt und auf
eine ad hoc gegründete Gesellschaft übertragen. Durch Erwerbung einer alten Papier-
mühle „im Kübel" an der Urnäsch im Jahre 1890, der einzigen Ausnützung des Wassers
bis 10 km aufwärts, war der Ausführung des Projektes wirksam vorgearbeitet.
Die Stelle für das Wehr (vergl. Taf. XX, Fig. 2—7) war bestimmt durch die
Höhenlage des für das Staubecken gewählten Tales im Gübsenmoos und durch den
daselbst zu erzielenden Stauspiegel. Das massive Überfallwehr (vergl. Abb. 67) besteht
aus einem unmittelbar auf dem Felsen ruhenden Betonkörper mit lotrechter Vorder-
fläche und mit 1 : 0,6 abfallendem Absturzrücken. Der wagerechte Absturzboden ist
durch eine starke Steinpackung in Zement befestigt. Das eigentliche Uberfallwehr hat
eine Kronenlänge von 29,60 m und eine Kronenhöhe von 3,5 m über Sohle. Seine Ge-
samthöhe bis zur Fundierungssohle beträgt 5,0 m.
Bei einem Vorflutgebiet oberhalb des Wehres von 77,70 qkm beträgt die grösste
sekl. Wassermenge 130 cbm oder 1670,0 1 pro qkm/sek. (vergl. S. 188 u. 190). Der Ein-
lauf befindet sich am linken Ufer. Man konnte auf eine schiefe Lage des Wehres zur
i) Die Textabbildungen 67—73, sowie die Fig. 1 bis 8 und 10 bis 12 auf Taf. XX und die Fig. 1,
2 u. 7 auf Taf. XXI sind einem Aufsatz von Kürsteiner: „Das Elektrizitätswerk Kübel* in der
Schweizerischen Bauztg. Bd. XLIII Nr. 14 bis 24, die übrigen Abbildungen and Tafelfiguren einer Broschüre
der E.-A.-G. vorm. W. Lahmeyer & Co., Sonderabdruck ans der Elektrot Zeitsch. 1904. Heft. 8. u. :'.,
Aufsatz von F. Collischonn, entnommen.
2) Bearbeitet von Ing. L. Kürsteiner in St. Gallen.
408 IL Theodor Koehn. Ausbau tos WasbebxbXften. Beispiele.
Flussacbse verzichten, weil die natürliche Flussohle ohnehin nach dem linken Ufer zu
vertieft war, und so der Flusschlauch auch bei niedrigstem Wasser dort bleiben musste.
Das rechte Ufer ist etwa 8,0 m aufwärts des Wehres und etwa bis 24,0 m abwärts durch
Betonmauera geschützt. Aufwärts schliesst sich dann noch eine Steinpackung an.
Der Einlauf {vergl. Abb. 67) liegt am linken Ufer. Zwei hölzerne Schützentafeln
von zusammen 5,0 m lichter Weite vermitteln den Zufluss. Oberhalb der Schützentafeln
ist der Einlauf gegen Hochwasser durch eine Bohlenwand abgedichtet. Vor den Schützen-
tafeln ist ein grober, lotrechter Rechen ans Bandeisen von 40 mm lichter Weite zwischen
den Stäben aufgestellt. Die Schwelle des Einlaufs wird durch eine ca. 1,50 m hohe
Betonwand gebildet, sodass alles Geschiebe wirksam zurückgehalten wird. Unmittelbar
Abb. ST. Wehr und üäinUuf.
vor dieser Schwelle ist in der linksseitigen Fortsetzung des Überfallwehres ein Qnud-
ablass von 1,80 m lichter Weite angelegt , dessen Sohle in Höhe des Vorbodens liegt.
Bei einem Wasserdruck von 3,0 m, also beim Stauspiegel in Höhe der Wehrkrone, kann
der Vorboden des Einlaufs wirksam gespült werden. Hinter der Einlaufschwelle folgt ein
kleiner ca. 5,50 m langer Sandfang, welcher durch einen zweiten Grundablass von 1,20 m
lichter Weite gespült werden kann. Aus der örtlichkeit ergab sich die Notwendigkeit,
an der Stollenmündung gegen den Berg eine hohe Futtermauer mit Steinhinterpackung
anzulegen. Durch eine Schütze ist der Zufluss zum Werkkanal regulierbar. Vor der
Schütze befindet sich ein schräggestellter Flacheisenrechen mit 20 mm lichter Weite
zwischen den Stäben. Um dem Wehrwärter einen Schutz zu bieten nnd um den Raum
vor dem Stollenrechen bei ganz starkem Frost notfalls beizen zn können, ist über dem
Eiüauf unter Benutzung der Futtermauer nachträglich ein Holzhäuschen errichtet Mit
Rücksicht auf die Wassertiefe vor dem letztgenannten Rechen, welche mindestens immer
1,5 m beträgt, kommen nennenswerte Störungen durch Stückeis nicht vor.
§ 11. DAS WAflSERKRAFT-ELEKTRIZITaTBWEBK KUBBIrHKBIBATJ. 400
AU geringste 355 tägige Wassermenge des trockensten Jahres konnten auf Grand lang-
jähriger Beobachtungen 500 1/sek. (6,4 l/sek./qkm) angenommen werden; bis zu 3 7» cbm/sek.
kann die Gesellschaft konzessionsmässig das ganze Wasser ohne Rest aus dem Flusse ent-
nehmen. Bei einem Stauspiegel von -f~ 682,50 im Staubecken ergibt sich eine Druckhöhe
von 92,0 m, d. h. mit 500 1/sek. lassen sich rd. 460 PS« erzeugen, also in 24 St. rd.
11000 PS«-St. Bei Festlegung des Staubecken-Inhalts war man natürlich in erster Linie
Ton der Grösse und Gestaltung des Gübsenmoos abhängig. Man wählte die Höhe der
Staumauer und der Staudämme so, dass der Inhalt des Beckens 1446460 cbm ergab.
Bei Annahme einer durchschnittlichen nutzbaren Druckhöhe von 87,0 m braucht man für
eine PSe 1,15 1/sek., d. h. für die PSe-St. 4,14 cbm, sodass der Gesamtinhalt allein für
rd. 349400 PSe-St. ausreicht. Sollten also täglich durchschnittlich 22000 PS« -St. ge-
leistet werden, wie es auf Grund der wirtschaftlichen Vorarbeiten für den ersten Ausbau
anzunehmen war, so würde das Staubecken beim niedrigsten Wasser in der Urnäsch nur
ca. 31 Tage ausreichen und es war deshalb von vornherein eine Dampfreserve vorzusehen.
Um bei höheren Wasserständen eine schnelle Auffüllung des Staubeckens zu er-
möglichen und in Rücksicht auf die von Anfang an ins Auge gefasste spätere Erweite-
rung des Werkes durch Hinzunahme des Wassers der Sitter ist der Stollenquerschnitt
so gross gewählt, dass 4 cbm/sek. dem Staubecken zufliessen können. Wenn man 3 cbm/sek.
zuführt, würde man das Becken in etwa 6 Tagen fällen können.
Der Werkkanal (vergl. Taf. XX, Fig. 8) hat ein Sohlengefälle von 0,75 °/oo, eine
Höhe von 1,90 m und eine Breite von 1,80 m und ist im Stollen ganz mit Zementbeton
ausgekleidet. Der Stollen ist so traciert, dass durch drei Seitenstollen im ganzen acht
Angriffsstellen geschaffen wurden, wodurch die Ausführung nicht nur erleichtert, sondern
auch die Bauzeit abgekürzt werden konnte. Es ergaben sich auf diese Weise Strecken
von 1106,0 m, 877,0 m, 1289,0 m und 1354,0 m Länge.
Das Gebirge bestand abwechselnd aus Molaase, Sandstein, Mergel und Nagelflnh. Die einzelnen
Schichten wiesen Starken yon 4,0 bis 12,0 m auf. 8ie fallen im unteren TeUe mit 80° gegen Norden
ein und werden nach dem Einlauf zu allmählich steiler, um etwa 500,0 m tot dem Stolleneinlauf senk-
recht an stehen. Die Streichrichtung bildet an den untersten 2,5 km und an den obersten 0,5 km einen
Winkel yon 15° gegen die Kanalachse, dazwischen befinden sich Strecken, in denen die Streichrichtung
beinahe parallel zur Stollenachse geht Da nirgends etwas vom Qebirgsdruck gespürt wurde, konnte
auf eine eigentliche Auszimmerung wahrend des Baues verzichtet werden. Für den Ausbruch wurde
nur Handbohrung angewendet. Bei einem mittleren Ausbruchsquerschnitt von 4,0 qm wurde mit swei
Schichten in 24 Stunden durchschnittlich ein Fortschritt yon 1,25 m erzielt. Bei weichem Sandstein und
Mergel betrog der Fortschritt bis zu 2,5 m, bei Nagelfluh oft nur 0,60—0,80 m taglich per Angriffsatelle.
Die Wasserabführung erfolgte durch einen Entwässerungsschlitz in der Sohle mit eingelegtem Tonrohr.
Für die Ventilation diente ein an der Sohle verlegtes gusseisernes Muffen-Rohr von 120 mm Durchmesser,
welches mit Hanfstricken gedichtet war. Die Gebläse wurden stellenweise mittelst eines Elektromotors
oder durch einen Petroleummotor oder durch ein Tangentialrad angetrieben. Der Dynamitverbrauch be-
trug im Durchschnitt 7 kg pro lfm. Stollen. Die Kosten des Stollenbans haben 780000 Frs. betragen.
Die Seitenstollen sind dazu benutzt, Überläufe mit Grundablässen einzulegen. Man
kann auch yon ihnen aus im Betriebe leicht Revisionen vornehmen und Reparaturen ausführen.
Im Stollen erhöht das Wasser durch Wärmeaufnahme aus dem Gebirge seine
Temperatur um einige Grad, sodass der Auslauf des Werkkanals in den Sammelweiher
(vergl. Abb. 68) immer eisfrei ist.
Das im Gübsenmoos belegene Tal war insofern für die Zwecke des Staubeckens
(vergl. Taf. XX, Fig. 9) günstig, als sich die Talsohle als undurchlässig erwies und die
Möglichkeit gegeben war, die Sperrmauer auf festem Felsen zu gründen. Ausser einer
Sperrmauer waren allerdings noch zwei Abschlussdämme notwendig, und zwar ein niedriger
nördlicher Damm (Taf. XX, Fig. 11), welcher eine nach der Ortschaft Gübsen zu gerichtete
Einbuchtung abschliessen sollte, und ein höherer westlicher Damm zum Schutze der das
410 IL Theodor Koehw. Aubbaü von Wasserkräften. Hbjbpikjle.
Tal oberhalb durchschneidenden Eisenbahn. Im Talboden selbst trennte eine Boden-
erhebung die Sohle in zwei Teile nnd es mnsste eine 5,0 m tiefe Einschlitzung durch-
gestochen werden, um den gesamten Rauminhalt des Beckens nutzbar zu machen. Die
Oberfläche des Staubeckens beträgt 172640 qm. Die Abschlussdämme sind ans Bandigem
Lehm geschüttet, welcher in der
Abb. 68. Amin Qu düng des Werkkanals in das Staubecken. Nähe gefunden wurde.
75000 cbm Lehmboden und
25000 cbm Kiea nnd kiesige Krde
und es. 5000 cbm Steineuffltllung
lur Belastung des Vorland«« beim
grossen Damm waren in bewegen.
Die punktierte Linie in Tal. XX,
Fig. 10 deutet an, wie das Profi]
projektiert war. Bei der Ausfüh-
rung aber drückte das Gewicht des
Dammes den weieben Boden den
Tales seitlich heraus nnd schob
ihn vor sich her. Erst als der
Boden de« Vorlandes durch Be-
schattung mit Kies nnd Steinen ge-
nügend belastet war , kam der
Damm cur Buhe, sodass die oberen
5,0 m im projektierten Profil aus-
geführt werden konnten. Man sieht
daraus, dess man beim Veranschlagen
solcher Dimme vorsichtig sein muaa
und unter Umstanden für die lis-
te rialbe weg ung sehr erhebliche Zu-
schlage für Unvorhergesehenes in
machen bat. Der Bauvorgang war
so. daas zunächst in der beabsich-
tigten Soblenbreite aller weicher
Boden entfernt und der gute, feste,
belle Lehm freigelegt nnd gereinigt
wurde. Dann sind die Schiebten
in Starken von 0,20 Ins 0.25 auf-
gebracht und mittelst Wallen von
3 t Gewicht festgewaliL Das Wal-
len wer natürlich bei nasser Wit-
terung in dem Lehm niebt möglich
und musste man sich dann mit Hand-
stampfeu behelfen.
Für den östlichen Ab-
schlüge des Gübsenmoos wurde
eine Staumauer (vergl. Taf. XX,
Fig. 9 n. 12)s) errichtet, weil fester Felsgrund in erreichbarer Tiefe vorhanden war und
die Wassertiefe bei H.W. bis zur Sohle vor der Mauer doch immerhin schon 17,50 m
betrag. Im Grundriss wurde der Mauer eine Krümmung mit einem Halbmesser von
200,0 m gegeben. Die Höhe der Abscblussmauer beträgt vom tiefsten Punkt des Funda-
mentes bis zur Krone 23,65 m, die Länge ist in der Krone 105,0 m, die Kronenbreite
3,0 m, die Dicke der Mauer am Fundament ca. 15,2 m. Die Mauer ist aus Nagelfluh
aufgebaut und besitzt einen Hauminhalt von 9500 cbm. Das verwendete Steinmaterial
3) Die Masse von Fig. 12 sind diejenigen des Projektes. Die ausgeführte Msner hat eine
Fundament breite von rd. 6ö0n der Höhe.
§ 11. Das Wasberkraft<Elektbiz[t2tsw8RK Kubbl-Herisaij. 411
musste auf 7,0 km Entfernung herangeschafft werden. Das spezifische Gewicht betragt
2,72 kg; die Druckfestigkeit 1200 kg pro qcm. Als Mörtel wurde hydraulischer Kalk
(von Spühler in Reckingen) verwendet und zwar in einer Mischung von 1 Raumteil Kalk
und 2,6 Rautnteilen grobkörnigen Sandes. Letzterer wurde zum grössten Teil durch
Zermablen von Nagelfluh gewonnen. Der vollkommen erhärtet« Mörtel zeigte eine Festig-
keit von 70 kg/qcm auf Druck und 14 kg/qcm auf Zug. Der Mörtel verbrauch betrug
et*a 30 °/o des Rauminhaltes der Mauer. Die Mauer steht auf fester Molasse.
Mit der grössten Sorgfalt
winde die Fundamentaohle in der Abb. 69. Reinigung der Fundaroentsohle fBr die Staumauer.
Profilbreite zunSchst durch starke
Wasserstrahlen and Stahl besen
gereinigt und dann alle Uneben-
heiten, Spalten und Klüfte mit
fettem Beton (1:2) ausgefüllt
(vergl. Abb. 69). Darauf ist dann
eine Fundamentsohle ans einer
Mischung von 1 Raumteil Port-
landzement, 2,5 Teilen Sand und
8,5 Teilen Kies hergestellt, auf
welcher das Mauerwerk errichtet
wurde. Bei der statischen Berech-
nung ist das Gewicht der Mauer-
masse zu 2,2 t pro cbm ange-
nommen. Die Weckateine eind
in Grossen von Vi bis *;t cbm
verwendet und vor dem Auffahren
inr Verwendungsatelle mit Was-
ser und Besen gereinigt. Die ganze
Mauer wurde eingerüstet (vergl.
Abb. 70). Die Rollbahnen zum Materialtransport lagen auf der- der jeweiligen Mauerhob* entsprechen-
den Etage des Baugerüstes derart, dass die Steine von da mit Hilfe von Laufkatzen in das vorher sorg-
fältig vorbereitete Mörtelbett versetzt werden konnten. Die Kantenpressungen betragen aussen bei
gefülltem Weiher höchstens 5,6 kg pro qcm und innen bei leerem Weiher 5,0 kg.
Auf der Krone der Mauer ist ein Fahrweg angelegt als Ersatz eines alten Weges,
welcher früher in der Talsohle entlang ging (vergl. Abb. 71).
Zur Regulierung des Stauspiegels dient ein an der nördlichen Seite liegender
Überlauf (vergl. Abb. 72) mit einem kaskadenförmig im offenen Querschnitt zur Sitter
herangeführten Überlaufkanal.
Für die Lange des Überlaufs war folgende Überlegung massgebend: Durch den Stollen können
höchstens 4 cbm/sek. zugeführt werden. Das in den Weiher direkt entwässernde Gebiet hat nur einen
Flacheninhalt von 1,00 qkm und es sind als sekl. MaximalabnuBsmenge 8000 l.'sek./qkm angenommen. Es
wären also höchstens 12 ebm.'eek. abzuführen. Man machte den Überlauf 22,0 m lang und legte die
Oberkante 1,50 m unter EronenhShe der Staumauer. Da bei 0.50 m Hohe des uberöiessenden Wasser-
streifens schon rd. 15 cbm/sek. sbfliessen , so ist sicher , dass der Wasserspiegel nie die Krone der
Sperrmauer erreichen kann.
Die Kosten der Staumauer Beibat betragen ca. 800000 Frs. oder 32 Frs. pro cbm Mauervoluraen.
Die Druckrohrleitung (vergl. Taf. XXI, Fig. 1 u. 2) hat 1,6 m Lichtweite und
294,0 m Länge. Sie verläuft auf ca. 95,0 m fast horizontal und steigt dann, sich dem
Terrain tunlichst anschmiegend, zum Krafthause herab. An einzelnen Stellen waren
Felsdurchstiche notwendig. Die einzelnen Rohrstücke sind auf der unteren Strecke in
Längen von 5,5 m, auf der oberen Strecke in Längen bis zu 7,5 m aus Flusseisen und doppelter
Längs- und einfacher Quernietung hergestellt und durch Flanschen aus Schweisseisen mit
Gummiringdichtung verbunden. Die Blechdicke beträgt am oberen Ende der Leitung
412 IL Theodor Koebn. Ausbau von WjtBWMOÜtfüM.
6,5 mm und nimmt allmählich nach unten auf 14,5 mm zu. Das Druckrohr iat in der
Sperrmauer mittelst eines starken konischen Betonpfropfens eingemauert und erweitert
sich nach der Wasserseite der Mauer zu. Vor der Mündung ist ein aufziehbarer Rechen
angebracht und ebenso eine von der Krone der Staumauer ans zu bedienende Ver-
scblusschütze. An der Stelle, wo das Drnckrohr aus der Aussenfläche der Mauer heraas-
§ 11. Das Wasserxkaft-Elektrizitätswkiik: Kubel-Herisait. 413
tritt, ist ein Steigerohr aufgesetzt, welches, sich an der Mauer stützend, bis ober den
Wasserspiegel hinauffährt and verhindert, dass eine Luftverdiinnnng im Rohr eintritt,
wenn etwa bei geschlossener Schütze Wasser aus dem Rohr abgelassen werden sollte.
Etwa 30,0 m hinter der Staumauer ist eine Drosselklappe eingebaut, die sowohl von
Hand als auch vom Maschinenhause her mittelst eines Gleichstrommotors auf elektrischem
414 II. Theodor Koehn. Assbau vom Wasserkräften. Beispiele.
Wege geschlossen werden kann and mit einem Häuschen überbaut ist. Die Leitung za
dem Motor ist an eine Batterie in dem Krafthause angeschlossen, sodass jederzeit, anch
wenn die Maschinen nicht laufen, bei einem etwaigen Rohrbruch die Klappe von dem
Krafthause aus geschlossen werden könnte. Es versteht sieb, dass der Motor selbst-
wirkend ausgeschaltet wird, wenn die Drosselklappe ganz geschlossen ist. Vor der
Drosselklappe mundet eine Leerlanfleitnng ab, welche in den oben erwähnten Überlauf-
kanal fuhrt und durch welche es möglich ist, den Stauweiher zu entleeren. Um die
Langsanderungen des eisernen Rohres bei Temperaturverschiedenheiten auszugleichen,
sind an zwei Stellen im Druckrohr gusseiserne Stopfbüchsen mit Hanfdichtung vorge-
sehen. Bewegungen von 1 — 2,0 cm sind an den Stopfbüchsen beobachtet worden.
Abb. 72. Ansicht des Überlaufs in der Staumauer.
Für die Errichtung des Krafthauses bot die örtlichkeit auf dem rechten Ufer
der Sitter die beste Gelegenheit (vergl. Abb. 73). Es wurde deshalb die Überführung
des Druckrohres über den Fluss mittelst einer eisernen Brücke von 38,0 m Spann-
weite nötig. Diese Brücke dient gleichzeitig zur Verbindung des Krafthauses mit einer
längs des Druckrohres zum Staubecken heraufführenden Diensttreppe. Das Druckrohr
stösst senkrecht auf die Längsachse des Maschinenhauses. Es zweigen deshalb von ihm
mittelst eines T-Stückes die beiderseitigen Verteilnngsrohre ab. Da dieses T-Stück
einen wagerechten Schub von ca. 200 t aufzunehmen hat, muaste es besonders sorgfältig
mittelst eines kräftigen Lagerscheines auf einen schweren Betonklotz verankert werden
(vergl. Tai. LVIII, Fig. 3 bis 5). Die Unterkante der Brücke liegt 1,6 m über dem
höchsten Hochwasser- und ca. 5,4 m über dem niedrigsten Wasserstand der Sitter. Von
dem T-Stück fuhrt nach beiden Seiten je ein Zweigrohr von 1,6 m Lichtweite also 2,01 qm
Querschnitt, welches 3 Maschinen von zusammen 2000 PS» das Wasser zuzuführen hat,
sodass die Geschwindigkeit des Wassers beim mittleren Druck. von 87,0 m und voller
Belastung aller Turbinen (4,6 cbnv'sek.) im Hauptrohre 2,28 m/sek., in den Zweigrohren
nur ca. 1,14 m/sek. betragen wird.
§ 11. Das Wa sse RKfiAtT-Eu:K tri zitätm werk Kübel- Hebisau. 415
Auf derselben Höhe wie die Unterkante der Brücke liegt auch der Flor des
Krafthauses (vergl. Taf. XXI, Fig. 3, 4, 5). Dasselbe enthält einen 10,0 in breiten,
44,61 m langen nnd 7,70 m hohen Masohinensaal, an welchen sich ein 12,0 m langer
nnd 12,75 m breiter Kesselraum anschliesst. Es war, wie bereits erwähnt, von vornherein
eine 1000 pferdige Dampfreserve vorgesehen, tun anch die grösseren Wasserzuflusse
ausnützen zu können. Dieselbe ist beispielsweise im dritten Jahre, Mai 1903/1904,
nur 32 Tage im Betriebe gewesen. An das Kesselhans scnliesst sich noch ein Kohlen-
schuppen aus Fachwerk an. Der Maschinensaal {vergl. Abb. 74) wird natürlich von
einem Laufkran bestrichen. Zar Aufnahme des Schaltraums, eines Bureaus und einer
Werkstatt ist ein Anbau angelegt, welcher in der 2. und 3. Etage Wohnungen enthält.
Zwischen Wohnung und Maschinensaal liegt der Schaltraum, welcher bis über das
Dach als Schacht aus Eisenfachwerk hinausragt. Aus dem Turme werden die Fern-
leitungen hinausgeführt. Der
Schaltraum ist in Höhe des Abb- 1S~ *-«*««***-»
Maschinensaals etwa 10,0 in
lang und 3,20 m tief. In der
ersten Etage ist ungefähr die-
selbe Bodenfläche für die Fern-
leitungsschaltanlagen verfügbar
und für Blitzschutzvorrichtung
ist im Dachgeseboss des Tur-
mes noch ein entsprechender
Raum vorhanden. Es kommen
etwa 90 qm Grundfläche auf
die gesamte Schaltanlage, also
rund 1,8 qm pro 100 aufge-
stellte PS, (5000 PS„). Mehr
Platz wäre der Übersichtlich-
keit der Schaltanlage zu stat-
ten gekommen.
Der unter den Turbinen in der ganzen Länge des Maschinensaales liegende
'furbinenkanal führt das Betriebswasser direkt in die Sitter. Auf der dem Flusse ab-
gekehrten Seite des Maschineahauses liegt unter dem Flur in einem zwischen Trägern
überwölbten Räume der Kabelkanal zur Aufnahme der Verbindungskabel zwischen
Maschinen- und Schaltraum.
Mit Rücksicht auf die stark wechselnden Wasserstände in der Sitter mussten die
Turbinen (vergl. Taf. LXXVI, Fig. 1 — 6) ca. 6,25 m über dem normalen Wasserspiegel
aufgestellt werden. Der Maschinensaal enthält ausser dem Platz für zwei Dampfmaschinen
vier Turbinensätze von je 500 PSe und zwei Sätze von je 1000 PS,. Die Zuführung des
Wassers erfolgt bei den vier kleinen Turbinen durch Stutzenrohre von 600 mm Dm., bei
den zwei grossen Turbinen durch Krümmerrohre von je 800 mm Dm. Entsprechend der
grossen Druckhöhe sind Pelton-Aktions-Turbinen gewählt4) (vergl. Kap. III. 5. Turbinen).
Die 500 PS.-Turbinen machen 375, die 1000 PS,-Turbinen 300 Ural. .Min. In dem Abzweigs-
rohr jeder Turbine sitzt ein Schieber, sodass jede Turbine für sich abgesperrt werden kann.
Jede Turbine hat zwei Schaufelrader, welche auf gemeinschaftlicher Welle uebeuciuauder eitieu,
nnd denen das Wasser durch je ein Leitungsrohr zugeführt wird. Jedes Leitungsrohr verzweigt eich
bei den 1000 PSe-Uasehinen innerhalb des TnrbinengehBnaee in drei regulierbare Dllsen. Die Regnlie-
*) Geliefert von Eecher, Wyes & Co. in Zürich.
416 IL Theodob Koehn. Ausbau toh Wasbkrkb1ft£n. Bejbfdele.
rang dar Dosen Öffnungen erfolgt bei den grossen Turbinen durah drei eogenannte Blenden ans Breast.
Bei den kleinen Turbinen ist für jedes Laufrad nur eine mittelst einer Zunge regulierbare Dueen-
öffnang vorhanden.
Um schädliche Stoaae in dam Druckrohr möglichst sn Tenneiden, ist mit der selbe t wirkend™
Regulierung der Turbinen swsnglinflg eine Vorrichtung verbunden, welche bei Schliessung der Wsseer-
atrehldueen gleichseitig in einem nach unten fahrenden Abiweig jedes Verteilungsrohres ein horison-
tsles Schieber-Ventil Offnet und das Wasser in da* Unterwasser entweichen Hast Der Apparat ist
so eingerichtet, dsss im nächsten Moment nach der Öffnung diese Sicherheitsventile wieder geschlossen
werden, um Wssservergsudung au vermeiden. Mit den Kolben der Zuugenreglung ist ein xwefsnniger Hebel
verbunden (vergl. Tal. LXXVI, Fig. 4 bis 6), dessen einea Ende mit einem Kataraktkolben und diesen
§11. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Kubel-Herisau. 417
anderes Ende mit der Rückführung der horizontalen Kolbenstange der Sicherheitsventile durch Hebel
verbunden ist An dem der Rückführung gegenüberliegenden Knde der Kolbenstange befindet sich ein
Differentialkolben, der bei geöffneten Freietrahldflsen beiderseitig unter Druck der Hauptrohrleitung steht
und die Sicherheitsventile geschlossen hält. Werden die Düsen geschlossen» so hebt sich mit den
Regulierkolben derselben auch der beschriebene zweiarmige Hebel und zieht den Kataraktkolben
in die Höhe. Dieser Bewegung folgt der Kataraktzylinder infolge der Luftverdünnung im Innern
und öffnet das Ventil vor der grösseren Seite des Differentialkolbens. Das Wasser kann entweichen,
der Kolben bewegt sich nach der Seite des verminderten Druckes und öffnet die Sicherheitsventile.
Durch die Rückführung wird die Bewegung begrenzt. Der Kataraktzylinder fällt durch sein eigenes
Gewicht zurück, schliesst das Ventil und der Wasserdruck stellt sich vor der grösseren Seite des
Differentialkolbens wieder ein, weil beide Kolbenseiten durch eine kleine Öffnung verbunden sind. Der
Differentialkolben bewegt sich also zurück und schliesst die Sicherheitsventile. Das für die Regulierung
verwendete Wasser wird aus der Druckleitung entnommen und in einem sogenannten Revolver-
filter gereinigt.
Wie bereits erwähnt,, mussten die Turbinen 6,25 m über dem normalen N.W. der
Sitter aufgestellt werden. Um aber dieses Gefalle noch auszunützen, sind die Turbinen-
gehäuse luftdicht abgeschlossen und haben ein Saugrohr. Durch das fallende Wasser
im Saugrohr wird im Gehäuse eine Luftverdünnung erzeugt, durch welche die Druck-
höhe des Turbinenwassers fast um die ganze Höhe des Sauggefälles erhöht wird. Um
zu verhindern, dass bei zu grossem Vakuum in dem Gehäuse das Wasser bis in das
Gehäuse steigt, wodurch eine beträchtliche Reibungsarbeit verursacht werden würde,
wird durch ein mit einem Schwimmer verbundenes Luftventil so lange Luft zugeführt,
bis der normale Wasserstand im Saugrohr, welcher die Turbinenschaufel noch eben frei
lässt, wieder erreicht ist. Dann schliesst der Schwimmer selbstwirkend das Luftventil.
Der Nutzeffekt der grossen Turbinen soll bei Voll- und Halbbelastung über 80% sein« Der
Nutzeffekt der kleinen Turbinen bei Vollbelastung 76%, bei Halbbelastung 75°/o und bei V* Belastung
70%». Die Regulierung soll so vollkommen arbeiten, dass bei Entlastung von Voll- auf V» Belastung
nur Schwankungen in der Tourenzahl von 8°/o, beim Übergang von Vollbelastung auf Leerlauf nur
Schwankungen von 5°/o vorkommen.
Um jederzeit den Wasserstand des Weihers im Maschinenhanse zu erkennen, ist
ein Schwimmer, welcher in einem an der Weihermauer befestigten Rohre von 300 mm
Weite sich bewegt, mit einem elektrischen Kontaktapparat6) verbunden, welcher die
Schwankungen des Wasserstandes von 10 zu 10 cm im Maschinenhause anzeigt Um
das Einfrieren des Schwimmers zu verhindern, ist das Rohr auf 2,0 m mit Petroleum
gefüllt.
Die Stromerieuger6) sind mit den Antriebsmaschinen direkt gekuppelt und zwar
Dynamos von 400 KW bei cos g> = 1 mit den 4 fünfhundertpferdigen Turbinen und
solche von 860 KW mit den beiden tausendpferdigen Turbinen • und mit der Dampf-
maschine.
Die Generatoren erzeugen Dreiphasendrehstrom von 10000 Volt Klemmenspan-
nung. Die Betriebsspannung der Fernleitung ist dieselbe. Die Maschinen haben
rotierendes Magnetrad und feststehenden Anker und jede hat ihre eigene Erregermaschine,
deren Anker auf der Dynamowelle sitzt und deren Magnetgestell auf dem Fundament
des Au88enlager8 verankert ist. Die Regulierung der Stromerzeuger erfolgt lediglich durch
die Bedienung des Nebenschlussregulators der Erregermaschinen, also ohne nennenswerten
Energiererlust. In einem unterirdischen Kabelkanal sind die Kabel von den Maschinen
zum Schaltraum geführt Die Schalttafel enthält alle- zur Regulierung und Parallel-
schaltung der Stromerzeuger und zur Messung von Strom , Spannung und Phase des
6) Geliefert von Leo Tobler in Wolfhalden.
•) Die elektrische Einrichtung ist von der E.-A.-G. vorm. W. Lahmerer & Co. geliefert
HnflhMA der Ing.-WiMaineh. m. Teil. 1& Bd. 27
418 II. Theodor Koehn. Ausbau ton Wasserkräften. Beispiele.
Maschinenstroms erforderlichen Instrumente und Hebel, sowie die Schalthebel zum Ein-
schalten der einzelnen Fernleitungen. Alle an der vorderen Seite der Schalttafel befind-
lichen Apparate enthalten nur niedrige Spannung. Die Schalthebel für die Hochspan-
nungsleitungen sind durch Holzgestänge so isoliert, dass ihre Berührung unter keinen
Umständen für die Bedienung gefährlich werden kann.
Zur Erzeugung des niedrig gespannten Messtromes für die Schalttafel dienen keine Messtrans-
formatoren im gewöhnlichen Sinne, sondern es sind einige Spulen der Maachinenwickelung ganz abge-
trennt und in deren Stromkreis sind die Messinstrumente, Phasenzeiger etc. der Maschine eingeschaltet.
Der durch die Abtrennung der Drahtwindungen verloren gegangene Spannungsbetrag wird dadurch zurück-
gewonnen, dass in die abgetrennten Messpulen je ein Transformator eingeschaltet ist, dessen sekundäre
Wicklung mit der Ankerwicklung der Maschine verbunden ist Die an den Messpulen gemessene)
Spannung muss, um die Hohe der Maschinenspannung zu ergeben, mit dem Verhältnis der abgetrennten
Spulen zur Spulenzahl des Ankers multipliziert werden, was natürlich durch entsprechende Eichung der
Voltmeaser von vornherein berücksichtigt ist Diese von der liefernden Firma bei vielen ihrer Hoch-
spannungsanlagen verwendete Messchaltung soll bei praktisch hinreichender Genauigkeit den Vorzug
hoher Betriebssicherheit und Gefahrlosigkeit haben.
In dem Tafel XXI, Fig. 6 wiedergebenen Schaltschema bedeuten I— VII die Stromerzeuger.
a Die Messtransforroatoren, deren primäre Wicklungen in den Stromkreis der aus dem Anker
abgetrennten Messpulen eingeschaltet sind.
b Dreipolige Niederspannungsausschalter für die Messpulen.
c Dreipolige Hochspannungsülansschalter zwischen den Maschinen und den Verteilungs-
schienen C (b und c sind mechanisch gekuppelt).
d Dreipolige Hochspannungsftlausschalter zwischen Hauptsammeischienen und den einzelnen
Fernleitungen mit Maximalautomaten.
e Oberspannungssicherungen und Zeitrelais, welche erst automatisch in Wirksamkeit treten,
wenn die unzulässige Stromstärke 2—10 Sekunden angedauert hat (Speaal-Eonatruktion
der liefernden Firma). Sie dienen dazu, den durch Resonanz zwischen Induktion und
Kapazität beim Ausschalten von Kabeln oder beim Entstehen von FLtmmbogen auftretenden
Überspannungen, die den mehrfachen Betrag der Betriebsspannung erreichen können, einen
bequemen Ausgleich zu schaffen.
f Flüssigkeitswiderstände in der Brdleitung.
g HOrnerblitzableiter.
h Flüssigkeitswiderstände in der Erdleitung.
i Blitzspulen zum Schutze der Maschinen gegen Blitzschlag.
k Amperemeter an der Schalttafel der Maschinen.
1 Wattmeter an der Schalttafel.
n Amperemeter der Fernleitungen.
o Trennschalter zwischen Hochspannungs-Sammelschienen und Fernleitung.
p Phasenlampen.
q Amperemeter.
r Voltmeter.
s Stromwandler zur Messung des Stromes in jeder Phase.
t Phasenlampen.
u Trennschalter zu den Hochspannungssammelschienen.
t Zähler.
A. und B. Sammelschienen.
C. Hochspannungs- Verteilungsschienen in dem Schaltraum der ersten Etage.
Für den Eigenbedarf der Zentrale, welcher durch einen eigenen Zähler gemessen wird, sind
6 Bogenlampen und etwa 80 Glühlampen vorgesehen, ausserdem ein Motor für die Werkstatt, welche
zusammen an einem gemeinsamen Transformator von 10 KW-Leistung angeschlossen sind. Im Falle
Anableibens des Drehstromes trennt ein besonderer Sicherheitsumschalter den Stromkreis einer Notbe-
leuchtung von ca. 90 Lampen von der Drehstromseite und schaltet denselben selbsttätig an eine
Notbatterie.
Es sind vier verschiedene Hochspannungs-Fernleitungen vorhanden, von denen
die zwei hauptsächlichsten ans je sechs Drähten bestehen nnd zwar je drei Ar Kraft
§ 11. DAß WAB8EBKRAFT-EJLEKTRIZITAT8WERK EuBEL-HeRISAU. 419
und je drei für Licht. Die Baulänge der Fernleitungen am 30. April 1904 betrug
42,34 km an Leitungen mit sechs Drähten und 43,90 km mit drei Drähten.
Im allgemeinen ist die Fernleitung auf Holzmasten montiert, nur an einigen Über-
führungen über die Eisenbahn sind schmiedeeiserne Gittertürme zur Anwendung ge-
kommen. Die Entfernung der äussersten Punkte der Fernleitung voneinander betrug
42 km. Das ganze Leitungsnetz ist gegen Blitzschläge und Überspannungen durch
Hörner-Blitzableiter und Überspannungs-Schutzvomchtungen gesichert. Für das sekundäre
Verteilungsnetz ist der Strom, soweit es sich um Kraftnetze handelte, von 10000 auf
550 Volt, für Lichtnetze auf 125 Volt transformiert. Hier und da war es notwendig,
die Spannung des sekundären Kraftnetzes für den Anschluss von Beleuchtungs-Anlagen
und kleineren Motoren gleichfalls auf 125 Volt herabzusetzen. Die Transformatoren-
rtationen sind meistens in Transformatorenhäusern oder auf Gittertürmen untergebracht.
Es waren am 80. April 1904 im ganzen 124 Transformatoren aufgestellt mit zusammen 4414 KW
Gesamtleistang nnd zwar 80 Transformatoren von 10000/550 bezw. 10000/125 Volt und 44 Transforma-
toren von 550/125 Volt. 22 Ortschaften waren mit Strom versorgt, ausserdem lieferte die Gesellschaft
noch nach drei Unterstationen Strom zu festen Preisen nnd zwar in St. Gallen nnd Wil an die Gemeinde
und in Speicher-Trogen an die Strassenbahn St Gallen-Speicher-Trogen. Zur Kontrolle und Messung des
Stromes waren am 80. April 1904 bei den Abonnenten aufgestellt: 802 Einphasenzahler, 884 Drei-
phasensähler, 27 Stundensanier, zusammen 718 Zahler.
Über die Anlagekosten gibt Tabelle I S. 244/45 Auskunft. Hinzugefügt sei noch, dass die
1000 pferdige Dampfreserve ausschliesslich des baulichen Teiles 180000 Frs. gekostet hat Der ganze
elektrische Teil des Krafthauses (5000 installierte PS« an den Wellen der Antriebsmaschinen gemessen)
hat 545000 Frs. oder rd. 441000 Mk., d. i. rd. 88,— Mk. pro installierte P8e gekostet Für die Fern-
leitung, die Transformatoren und das ganze Verteilungsnetz waren bis April 1904 rd. 1600000 Frs. =
1296000 Mk. verausgabt. Die Gesamtkosten der Anlage, ausschliesslich der Kosten für die Dampfreserve,
stellten sich auf rd. 4085000 Mk.
Als Einheitspreise haben sich ergeben: •
Stollen fertig ausgemauert und verputzt pro lfm. 160, — Frs.
Stollen-Ausbruch „ obm IS— 24
Ausbetonierung ohne Verputz , „ 40—50
Bruchsteinmauerwerk der Staumauer in hydraulischem Kalk , , 28,—
Gesamtkosten des Mauerkörpers der 8taumauer durchschnittlich . „ , 82, —
Damm-Anschüttung im Durchschnitt , , 2,25
Kosten des Sammelweihers einschl. Grunderwerb . . pro cbm Fassungraum 0,58
Der Anschlusswert betrug am 80. April 1904 (die Inbetriebsetzung erfolgte am 1. Oktober 1900)
zusammen etwa 8879 KW, darunter etwas Aber 1000 KW für Licht. Von den Abonnenten bezog, nach
dem Anschlusswert gemessen, die überwiegende Anzahl nach Zählern. Es wurden erzeugt in Jahre
1908/1904 5762860 KW-Stunden am Schaltbrett gemessen. Die durchschnittliche Leistung betrug
rd. 662 KW, «L h. etwa 17°/o des Änschlusswertes. Der Maximalkonsum betrug am 81. Dezember
1908 wahrend etwa V/% Stunden 2100 KW, also etwa 54 °> des Anschlusswertes (vergl. 8. 880). Die
Gesamt- Stromeinnahme, ausschliesslich Zahlermiete, erreichte 427202,85 Frs., d. h. oa, 0,074 Frs. pro
erzeugte KW-Stunde und 111 Frs. pro angeschlossene KW und Jahr (vergl. S. 887 und 888). Die Dampf-
reserve ist im Geschäftsjahre 1903/1904 nur an ca. 82 Tagen und zwar an einigen Tagen Ende Dezember
nnd Anfang Februar, im übrigen im Januar in Betrieb gewesen. Im Sammelweiher fand an 200 Tagen
des Jahres 1908 Überlauf statt, während an anderen HO Tagen dem Weiher für den mangelnden Zufluss
Ersatz entnommen werden musste, derselbe somit wahrend dieser Zeit nicht vollständig gefüllt war.
In der übrigen Zeit bewegte sich der Wasserspiegel derart, dass er abends unter Oberlaufkante stand,
um wahrend der Nacht wieder die volle Höhe zu erreichen.
Die direkten Betriebskosten im Jahre 1908/1904 ausschliesslich der Dampfreserve betrugen rd.
8,5*/« des oben erwähnten Gesamt -Anlagekapitals. Hiervon entfielen auf die Kosten der allgemeinen
Verwaltung etwa 1,12 °/o. Rechnet man für die indirekten Betriebskosten entsprechend Tabelle XIÜ,
8. 275, Spalte 4 noch rd. 6 7*%? des Anlagekapitals hinzu, so würden sich die Gesamtbetriebskosten auf 10 °/»
stellen. Beim Vergleich dieser Zahl mit den Angaben S. 276 sind die verhältnismässig noch kleine Belastung der
installierten Leistung und die verhältnismässig hohen Anlagekosten pro installierte PSe in Betracht zu ziehen.
27*
490 IL Theodok Kokhn. Ausbau von Wasserkräften. Beibpiele.
Mit dem Stollen- Ausbrach ist am 1. Januar 1898 begonnen worden und Ende Juli
1900 war der Stollen beendet Die Arbeiten an der Stau-Mauer haben im August 1898
begonnen. Der Fundament- Aushub ist im April 1899 beendet und die ganze Mauer ist
im Jahre 1900 fertig gestellt. Mit der Arbeit an den Dämmen ist im Jahre 1898 be-
gonnen und der Nord-Damm ist im September 1899, der West-Damm im Dezember 1900
fertig geworden. Am 6. August 1900 ist mit der Entstauung. des Weihers begonnen
und der Betrieb ist am 19. Oktober 1900 eröffnet. Um die Leistungsfähigkeit des
Werkes zu erhöhen, waren bereits im Jahre 1904 die Arbeiten für die von vornherein
ins Auge gefasste Zuleitung der Sitter begonnen. Wie der Übersichtsplan (Taf. XX,
Fig. 1) erkennen lässt, war nur ein Wehr der Sitter und ein Stollen zu bauen. Ur-
sprünglich war projektiert, den Stollen in einer geraden Linie und in einer Länge von
4450,0 m durchzuführen. Da aber dieser Stollen eine Bauzeit von mindestens 21/* Jahren
erfordert hätte, wurde schliesslich eine andere Trace gewählt, welche die Schaffung von
sechs Angriffsstellen erlaubte. Der Nutz-Querschnitt des neuen Stollens ist wieder für
4,00 cbm/sek. berechnet. Da aber Gebirgs-Druck erwartet wurde, ist das Profil dem-
entsprechend ausgebildet (vergL Taf. XXI, Fig. 7). Interessant ist bei der Anlage die
Wahl eines Siphons zur Überschreitung der Urnäsch an Stelle eines Aquädukts in Stein
oder Beton. Die Berechnung ergab, dass der Siphon aus Fluss-Eisen um ca. 50000 Frs.
billiger wurde als ein Aquädukt, weil in nächster Nähe genügendes und passendes Bau-
material nicht zu finden war (vergl. Abb. in Kap. HL 2. Werkkanäle). Der Siphon besteht
in einer eisernen Rohrleitung von 1600 mm Lichtweite, welche bei einem Druck-Gefälle
von 4°/oo 4,00 cbm/sek. fuhren kann. Um zu verhindern, dass der alte Urnäsch-Stollen
unter Druck kommt, ist am Auslauf des Siphons ein Oberfall angelegt. An seiner tiefsten
Stelle hat der Siphon eine Entleerung. Die Kosten dieser Erweiterung durch die Zu-
fuhrung der Sitter sind auf 1300000 Frs. veranschlagt Die (355 tagige) ständig ver-
fugbare Kraft wird aber durch dieselbe um etwa 1500 bis 2000 PS« erhöht sein, sodass
sich die Einheitskosten der Gesamt-Anlage pro ständig verfügbare PS« jedenfalls ver-
billigt haben werden. Auch die Rente soll inzwischen eine wesentliche Erhöhung er-
fahren haben, da es an Absatzgelegenheit für die erzeugte elektrische Energie nicht fehlt.
§ 12. Das Wasserkraft -Elektrizitätswerk Wangen a. d. Aare
(Schweiz) der E.-A.-G. vorm. W. Lahmeyer & Co. in Frankfurt a. Main.
Hierzu Tal XXII u. XXIII1).
Etwa 3 km oberhalb der Stadt Wangen im Kanton Bern schneidet die Aare die
Grenzen der Kantone Bern und Solothurn. Der Fluss hat hier auf etwa 10 km abwärts
ein Gefälle von 10,8 m, d. h. etwa 1 :900. Dann tritt er in das Staugebiet des Elektrizitäts-
werkes Wynau. Die Konzession zur Ausnutzung dieses Gefälles für Kraftgewinnung
hatte ein Privatmann 1898 vom Kanton Bern erhalten, nachdem er zuyor eine Anzahl
kleinerer Konzessionen, in welche die Gesamtkraft früher zersplittert war, von den Cte-
i) Die Abbildungen sind i. T. aus der Deutschen Bauseitang 1908 Nr. 49 u. 50, s. T. aus der
Zeüschr. d. Ver. deutsch. lug. 1906 Band 50 Nr. 19, 22, 24 u. 25 (Aumati tu« Curt Meyer) ent-
nommen, s. T. nach Zeichnungen und Photographien, welche dem Verfasser Ton der E.-A.-G.
W. Lahmeyer & Co. zur Verfugung gestellt wurden, hergestellt
§ 12. Das WAseERKRAFT-ELEKTRizrrlTßWKRK Wangen. 421
meindan erworben hatte. Durch den Übergang der Konzession an eine leistungsfähige
Elektrizitätsfirma konnte ihre Nutzbarmachung in grosszügiger Weise verwirklicht werden1).
Die Bauausführungen haben im November 1899 begonnen und ira Herbst 1904
ist das Kraftwerk dem Betriebe übergeben worden. Was die Aare an dieser Stelle als
Kraftquelle besonders wertvoll macht, ist die grosse und verhältnismässig ständige sekl.
Wassermenge, verursacht durch das ausgedehnte Gletschergebiet, welches sein Wasser
in die Aare entsendet und durch den regulierenden Einfluss der drei von der Aare
durchflossenen Seen, des Brienzer, Thuner- und Bieler-Sees. Die geringste 355tägige
Wassermenge in den Wintermonaten konnte etwa zu 75 cbm/sek. angenommen werden,
wovon konzessionsgemäss 6,5 cbm/sek. in der Aare verbleiben müssen. Die höchste für
die Berechnung der Bauwerke in Betracht zu ziehende Wassermenge ist zu 1600 cbm/sek.
vorgeschrieben. Die grösste gemessene sekl. H.W.-Menge beträgt 1464 cbm/sek. Während
neun Monaten im Jahre kann man auf eine verfügbare Wassermenge von mindestens
100 cbm/sek. rechnen, während 200 Tage im Jahre führt der Fluss wenigstens 150 cbm/sek.
In der Zeit der Gletscherschmelze im Frühjahr und Sommer steigt die Wassermenge auf
durchschnittlich 2 — 500 cbm/sek.
Als günstigster Platz für die Anlage eines Wehres ergab sich eine rd. 1,5 km
aufwärts der städtischen Aarebrücke in Wangen gelegene Stelle, wo der Fluss bei N.W.
an beiden Ufern kleine Inseln bildet, von denen die am linken Ufer gelegene etwa 0,5 km
lang war. Hier bot die örtlichkeit günstige Baubedingungen. Der normale Unterwasser-
spiegel lag an dieser Stelle auf -f- 420,0 N.N. und die Konzession Hess eine Anstauung
dieses Spiegels um 1,53 m, d. h. auf + 421,53 N.N. zu. Bei dem höchsten Hochwasser
darf der durch das Wehr erzeugte Stau nicht weiter als bis zur Kantonsgrenze, d. h.
1,5 km aufwärts reichen. Von dieser Wehrstelle aus ergab sich bis zum Beginne des
Staues des Wynauer Elektrizitätswerkes eine Kanallänge von rd. 8,3 km. Das Wasser-
spiegelgefälle im Kanal wurde zu 1:8000, das Sohlengefälle etwa zu rd. 1:6000 ange-
nommen. Für den Durchfluss durch die Schützenöffnungen am Einlauf und für die wegen
der Örtlichkeit notwendigen Verengerungen des Kanalprofils an einzelnen Stellen musste
ein Gefällverlust von 0,23 m hinzugerechnet werden, sodass sich ein Gesamtgefälle von
1,27 m bis zu den Turbinenkammern ergab. Demnach liegt der normale Wasserspiegel
an den Turbinenkammern auf + 420,26 N.N. Bei höheren Wasserständen ist eine
Erhöhung des Wasserspiegels im Kanal von 0,40 m vorgesehen. Von der Unterwasserseite
des Krafthauses bis zur Aare ergab sich nur noch ein kurzes Kanalstück von rd. 80,0 m
Länge, worauf ein Gefäll verlust von nicht mehr als 1—1,5 cm zu rechnen war.
Die normale neunmonatliche Wassermenge im Kanal wurde zu 100 cbm/sek. ange-
nommen, diejenige bei höheren Wasserständen zu 120 cbm/sek., wobei dann die erwähnte
Erhöhung des Wasserspiegels im Kanal um 0,4 m eintritt.
Als Nutzgefalle an den Turbinen ergaben sich bei normaler Füllung des Werkkanals:
bei (355tägigem) N.W. = 420,26 - 410,99 = 9,27 m,
bei normalem (etwa 9monatlichem) N.W. =420,26—411,39 = 8,87 m,
bei (etwa 6 monatlichem) M.W. = 420,66 — 411,87 = 8,79 m,
bei höchstem H.W. = 420,66 — 414,35 = 6,31 m.
Die Breite des Flusschlauches bei N.W. war an der für das Wehr ausgesuchten
Stelle etwa 80,0 m, die Höhe des ungestauten höchsten Hochwasserspiegels wurde nach
Pegelbeobachtungen oberhalb und unterhalb durch Rechnung zu -f- 422,75 N.N. ermittelt.
Man berechnete, dass ein Aufstau an der Wehrstelle von 0,50 m etwa bis zur Kantons-
*) Für den wasserlöslichen Teil stand Professor Sehmiek in Dannstadt der aosiührenden
Firma als technischer Beirat snr Seite.
422 n. Theodor Koehn. Aubbau von Wasserkräften. Beispiele.
grenze reichen würde, ohne diese zu überschreiten. Die Ordinate des höchsten Wasser-
spiegels ergab sich demnach zu -f 423,25 N.N. Um 1600 cbm/sek. am Wehr bei einem
Stau von 50 cm mit Sicherheit durchzulassen, mnsste man ein bewegliches Wehr wählen.
Die Gesamtwehrbreite zwischen den Ufermauern beträgt 120,58 m. Der Einlamf zum
Werkkanal mnsste am linken Ufer liegen, weil Kanal und Krafthans dort den besten
Platz fanden. Am rechten Ufer tritt die -Stadt Wangen dicht an den Flnss heran, und
es wäre der Grunderwerb jedenfalls sehr teuer geworden. Neben dem Einlauf war ein
Grnndablass nötig, um das Geschiebe vor dem Einlauf fortspülen zu können. Für die
kenzessionsmässig Torgeschriebene Flossgasse war das rechte Ufer der gegebene Platz,
weil hier der geringste Einflnss auf den Wasserspiegel am Einlauf infolge Öffnens der
Gasse zu erwarten war. Ans diesen Gesichtspunkten ergaben sich folgende Haupt-
anordnungen:
a) Anschliessend an die linke Ufermauer der Grnndablass mit einer lichten Breite
von 23,6 m, eingeteilt in 7 Schützenöffnungen. Der Fachbaum auf Höhe der Flussohle
+ 417,78 N.N.
b) Anschliessend an den rechten Steinpfeiler des Grundablasses zwei Wehrtf fenngem
Ton je 37,24 m lichter Breite, eingeteilt in je 8 Schützenöffnnngem. Höhe des festen
Wehrrückens anf + 419,38, i h. 1,65 m über normaler Flußsohle.
c) Am rechten Flussufer eine 15,0 m breite Flossgasse, abschliessbar durch eine
einzige Schütze. Fachbaum auf + 420,33, d. h. 1,20 m unter dem normalen Stau.
d) In dem linken Uferpfeiler die vorgeschriebene Fischleiter, weil naturgem&ss
wegen des Grundablasses bei niedrigen Wasserständen an dieser Seite im Unterwasser
ein wassergefüllter Flnsschlauch erhalten bleiben konnte.
e) Unmittelbar oberhalb des Wehres am linken Ufer der Kanaleinlanf. Seine
Achse bildet zur Flussachse einen Winkel von 70°. Im Zuge des linken Uferpfeilers
am Grnndablass liegt eine um 1,0 m gegen die mit Beton befestigte Flussohle erhöhte
Einlaufschwelle, sodass Geschiebe ziemlich wirksam zurückgehalten wird. Die Einlauf-
schwelle liegt lotrecht zur Kanalachse und hat zwischen den Pfeilern eine lichte Breite
von 30,0 m, eingeteilt in 6 Schützenöffinungen. Der Fachbaum der Schützen liegt rd.
1 ,07 m über der Flussohle vor dem Einlauf, sodass beim normalen Stau eine Wassertiefe
vor den Einlaufschützen von 2,73 m vorhanden ist, und die Einlaufgeschwindigkeit bei
völlig gezogenen Schützen und 70 cbm/sek. etwa 1,50 m/sek. beträgt Hinter der Ein-
laufschleuse ist ein Kiesfang angelegt, dessen Sohle auf Höhe der Flussohle abfällt. Der
Zufluss zum Werkkanal wird durch eine zweite Einlaufschleuse abgeschlossen, deren
Schwelle auf gleicher Höhe wie bei der ersten Einlaufschleuse liegt. Aus dem Kies-
becken führt ein Spülann direkt in die Aare zurück, welcher gegen den Fluss durch
eine Kiesschleuse von 25,0 m lichter Weite, eingeteilt in 5 Schützen, abgeschlossen ist.
Die Schwelle der Schützen befindet sich hier natürlich auf Höbe der Sohle des Spülarmes,
sodass bei gezogenen Schützen ein starker Spülstrom nach der Aare zu erzeugt werden
kann. Die Schützenoberkanten liegen 0,40 m über dem normalen Wasserspiegel, also
anf Höhe des Wasserstandes, bei welchem der Kanal 120 cbm/sek. fuhrt. Steigt der
Wasserspiegel im Vorbecken, so wirken die Schützen der Kiesschleuse als erster Ober-
fall. Für die Abführung der grössten Hochwassernlenge stehen am Wehre selbst bei
völlig gezogenen Schützen in den beiden Hauptöffhungen , im Grnndablass und in der
Flossgasse zusammen rd. 355 qm Querschnitt zur Verfügung. Hierzu kommen noch
rd. 120 qm Querschnitt durch den Kiesfang und Kanal, sodass insgesamt 475 qm für
die Abführung von 1600 cbm/sek. frei gemacht werden können.
Für die Baueusfahruiigen des Wehres und Einlaufe ergaben sich aus der örtlichkeit drei
Bauperioden:
§ 12. Das Wassebkraft-Ei^ektrizitItswebk Wangen. 423
1. Periode: Einfassung der Baugrube des Eislaufs, des Kiesbeckens, der Kiesschleuse und der
linksseitigen Ufermauer durch Fangedämme. Für das Wasser der Aare stand während dieser Periode
der ganze Hauptflussehlaueh zur Verfügung.
2. Periode : Einfassung der Baugrube des Grundablasses und der ersten Wehröffnung, einschliess-
lich des zweiten Mittelpfeilers durch Fangedämme. Das Wasser des Stromes konnte nun durch die
Jüeaschleuse und durch den rechtsseitigen Teil des alten Stromschlauches fliessen (vergl. Taf. XXII,
Fig. 1, 8 und 7).
8. Periode: Einfassung der Baugrube der zweiten Wehröffnung, der Flossgasse und der rechts-
seitigen Ufermauer durch Fangedämme. Das Wasser wurde durch den Grundabiaas und die bereits
fertig gestellte Wehrhälfte, sowie durch die Kiesschleuse abgeführt
Da der Untergrund z. T. aas Schwemmsand bestand, so war grösste Vorsicht
bei der Fundierung geboten. Die Breite des festen Wehrkörpers einschliesslich des
Sturzbettes an dem Schützenwehr beträgt 28,5 m. Die Länge des befestigten Sturz-
bettes ca. 20,0 m. Nimmt man 3,50 m als höchste Wasserspiegeldifferenz an, so würde
die Länge des Sturzbettes etwa das 5,7 fache dieser Differenz betragen. Die Länge der
Mittelpfeiler ist 10,0 m, ihre Breite 2,5 m (vergl. Taf. XXII, Fig. 4). Gegen Unter-
spülung ist der Betonkörper des Wehres durch zwei eiserne Spundwände aus I-Eisen,
welche 7,0 m tief unter Flussohle eingerammt sind, gesichert. Dazwischen liegen noch
drei Reihen Spundwände aus Holz und zwar die erste 3,0 m abwärts der oberen eisernen
Spundwand, eine zweite 2,0 m aufwärts der unteren eisernen Spundwand. Diese beiden
Spundwände hatten zugleich den Zweck, die Baugruben für die 4,0 m in die Flussohle
herabreichenden Grundmauern abzuschliessen, welche eine weitere Sicherung gegen
Unterspülung bilden. Die dritte Holzspundwand liegt da, wo der feste Wehrrücken in
das Sturzbett übergeht. Die erwähnten Grundmauern sind aus Schlackenzementbeton
im Mischungsverhältnis 1:2:4, das übrige Fundament ist aus Portlandzementbeton
1 : 3,6 : 7 hergestellt. Für den Betonkörper des festen Wehrrückens ist eine etwas
fettere Mischung (1:3: 6) gewählt. Der Wehrrücken selbst ist mit Granitquadern,
welche 0,60 bis 0,80 m einbinden, auf das solideste in sauberem Steinverband abgedeckt
(vergl. Taf. XXII, Fig. 7). Ebenso sind die Wehrpfeiler mit Hausteinen aus Granit
verblendet Das Sturzbett selbst ist durch ein Pflaster aus Granitplatten von 0,30 m
Stärke geschützt. Granitdecke und Betonkörper haben zusammen am "Sturzbett eine
Dicke von 1,10 m. Das Sturzbett liegt hinter dem Wehrrücken ca. 10 cm tiefer als
die Flussohle, sodass es nach abwärts zu ein wenig ansteigt. An den Betonkörper
schliesst sich flusswärts noch eine 2,0 m breite Befestigung aus grossen Steinfaschinen an,
welche durch Pfahle gehalten werden. Auch hinter diesen Pfählen ist nachträglich
z. T. noch eine Steinschüttung angebracht. Die Faschinen ragen etwas über die Sohle
hervor, sodass sich bei gezogenen Schützen schnell ein Wasserpolster auf dem Sturzbett
ausbildet. Am Hauptwehr sind die eisernen Schützenböcke aus schwerem Gitterwerk
gebildet und am Wehrkörper verankert. Die Schützentafeln des Hauptwehres sind aus
Eisen und je 4,616 m lang und 2,150 m hoch (vergl. Taf. XXH, Fig. 8 a und b). Die
Vorderfläche (stromaufwärts) ist gekrümmt und mit einer Haut aus Eisenblech von
10 mm Stärke gedichtet. Sechs horizontale Gitterträger geben der Schütze die erforder-
liche Tragfähigkeit. Die Verteilung dieser Gitterträger ist so gewählt, dass jeder un-
gefähr den gleichen Druck zu übertragen hat. An den Stellen, wo die Zahnstangen ein-
greifen, sind vertikale U-Eisen an die Gitterträger angenietet, um den Druck und Zug
des Gestänges zu übertragen. Die Gleitflächen der Schützen sind mit Bronzeleisten ver-
sehen, welche in vertikaler Richtung geriffelt sind, um ein Ansaugen der Gleitflächen
zu verhindern.
Die steinernen Pfeiler tragen eine Bedienungsbrücke aus Gitterträgern. Auf -f- 426,51
liegt der Bohlenbelag der Brücke. Das Heben und Senken der Schützen kann sowohl
424 IT. Theodor Kokhh. Ausbau vok WassbbkbIftek.
von Hand als im Bedarfsfälle auch durch einen fahrbaren Elektromotor bewerkstelligt
werden, welcher auf der Brücke hin- and hergefahren nnd an die Vierkante der Kurbeln
angekuppelt werden kann (vergl. Kap. III. 3. Schätzen und Taf. LYI, Fig. 3).
Wegen der grösseren Druckböhe sind die eisernen Schützen des Grundablasses
nur je 3,35 m lang. Jede Öffnung besteht aus zwei Tafeln, und jede Tafel hat ihre
besondere Aufzugsvorricntucg. Die Falzen werden deshalb aus zwei aufeinandergenieteten
Abb. 75. Querschnitt durch den EinUuf.
I-Eisen gebildet- Um den Schluss der oberen Tafel gegen die untere zu ermöglichen,
mnssten die Tafeln an der Vorderfläche geradlinig sein. Die Gitterböcke im Grund-
ablass sind mit Bohlen verschalt, um zu verhindern, dass treibende Hölzer sich in dem
Fachwerke festsetzen.
Die 15,0 m breite und rd. 77,5 m lange Flossrinne liegt zwischen der rechts-
seitigen Ufermaner nnd einer in den FIuss gebauten, auf Pfählen gegründeten Beton-
§12. Das WAssBBKfiAPi-ELEKTKizrrlTswERK Wanden. 425
mauer (Näheres vergl. Kap. Hl, 1. Wehre). Der ans Bolz gebildete Boden hat ein Ge-
fälle von 3,5% bis 1,0% and endet abwarte auf + 417,23 N.N. Die Einlaafschwelle
liegt 1,20 m unter Wehrkrone.
Der konzessionsmassig vorgeschriebene und an die linke Ufermauer gelegte Fisch*
pass tritt in der Länge des linken Widerlagpfeilers des Wehres in diesen selbst hinein. Die
einzelnen Stufen sind 40 cm hoch and die auf den Stufen gebildeten kleinen Becken sind 1,2 m
breit und 2,3 bis 3,0 m lang. Die obere Ausmündung des Passes kann durch Schützen
verschlossen werden. Für kleinere Fische sind in den Seitenwänden Schlupflöcher von
0,20 auf 0,20 m Seitenlänge gebildet.
Die Schützen des Einlaufe bestehen gleichfalls für jede Öffnung aus zwei beweg-
lichen Tafeln (vergl. Abb. 75), welche unabhängig voneinander gezogen werden können.
Abb. 76. Belegen der Kualbaaehnagen mit Bstooplattra.
Um bei Hochwasser schwimmende Körper von dem Kanal abzuhalten, ist der Einlauf ober-
halb der beweglichen Schützentafeln durch eine feste dritte Tafel dicht abgeschlossen. Die
untere bewegliche Tafel hat, entsprechend dem grösseren Druck, nur eine Höhe von etwa
1,25 m. Ist sie ganz gezogen, und die obere Tafel so weit, dass die Unterkante noch
etwa 0,60 m unter dem Stau bei N.W. liegt, so wird ein Querschnitt von ca. 67,00 qm
frei und 100 cbm/sek. können mit einer Geschwindigkeit von ca. 2,35 m/sek. eintreten.
Gröbere schwimmende Körper werden an der oberen Schütze zurückgehalten. Laub
und ähnliche schwimmende Körper tauchen aber bei der Geschwindigkeit unter und
gehen unter den Schützen hindurch. Bei Hochwasser kann man die unteren Schützen
ganz schliessen und nur die oberen ziehen, so dass nur das verhältnismässig reinere
Wasser der oberen Schichten in den Kanal hinein kann. Bei ganz gezogenen oberen
Schützen würde etwa ein Querschnitt von 57,60 qm frei und bei 120 cbm/sek. würde
426 IL Theodor Koehn. Ausbad vom WabsebxbIfteh. Beispiele.
die Einflussgeschwindigkoit rd. 3,34 m/sek. betragen. Die hinter dem Kiesbecken befindliche
Reguliernngsschleuse ist gleichfalls nach Abb. 76 konstruiert. Die Kanalofer liegen hoch-
wasserfrei, sodass bei sachgeraasser Bedienung der Schätzen Hochwasser nicht in den
Werkkanal eintreten kann.
Der Werkkanal hat eine Gesamtlange von rd. 8380,0 m einschliesslich des Unter-
wasserkanals. Seine normale Sohlenbreite beträgt 17,0 m; die normale Wassertiefe ist
bei 100 cbm/sek. 4,0 m, bei 120 cbm/sek. 4,40 m. Seine Böschungen sind normal 1:2
angelegt und deren Standsicherheit ist durch beiderseitig in Höhe von 3,0 m über
der Sohle angelegte Bankette ton 1,0 m Breite erhöht (vergl. Taf. XXIT, Fig. 6a— 6c).
Abb. 77. Erbauung einer Üfermiuer »I* Einfassung de» Werkkanala.
Die Böschungen sind unter der Wasserlinie durch Deckungen mit Kies, welcher beim
Aushub reichlich gewonnen wurde, gesichert. An zwei Stellen traten steile Berghange
dicht an die Aare heran, sodass umfangreiche Erdbewegungen nötig wurden. Man hat
deshalb an diesen Stellen das Profil dadurch eingeschränkt, dass man die Böschungen
steiler, 1 : 1, machte und mit Beton platten belegte (vergl. Abb. 76) oder einseitig am
Flusse Ufermaueni errichtete (vergl. Abb. 77). Auf einer Länge von rd. 2700,0 m
liegt die Sohle zwar noch im Einschnitt, die Böschungen aber bereits im Auftrag und
man hat hier, um die nötige Dichtigkeit zn erzielen, vorgezogen, die Böschungen
1 : 1 anzulegen und sie gleichfalls mit Betonplatten zu bekleiden (vergl. Taf. XXIT,
Fig. 6 b). Bei 100 cbm/sek. beträgt die Geschwindigkeit in. dem normalen Kiesprofil
0,98 m/sek., in dem mit Betonplatten bekleideten Profil 1,16 m/sek.
Bei dem sogenannten „Fahrhölli" war eine ganz besonders grosse Schwierigkeit
zu überwinden, weil sich beim Anschneiden des dicht an die Aare herantretenden Berg-
5 12. Das WAaBERKBAFT-ELEKTBizrrATSWEBK Wangen. 427
hanges herausstellte, dass er stark wasserführend war und dass sich unter mit Eies-
Bchichten bedeckten Nagelfluhplatten mächtige Schwemmsandschichten befanden. Es bat
infolgedessen hier stellenweise mehr ala das Drei- und Vierfache des projektmäasigen
Eanalpro&Is abgetragen werden müssen. Man hat erst durch sehr umfangreiche Trocken-
legungen, durch stellenweises Abtragen des ganzen Abhanges auf 40,0 bis 60,0 m von
dem Kanalnfer, durch Bekiesung und Betonierung der Kanalsohle und Böschungen etc.
Ruhe in die Erdm&SBen hineinbekommen. Abb. 78 zeigt die Rntschangen an einer
Stelle beim „Fahrhöfli" im ersten Stadium des Eanalausbubs. An einzelnen besonders
Abb. 78. Ratwhangen am FahrbSfli.
nassen Stellen mnsste man zwischen Holzwänden 3,0 m breite, bis 4,0 m unter die
Kanalsohle reichende Kiesdrains am Fusse des Abbanges einbauen und darüber zur
Sicherung des Böschungsfusses mächtige Steinfaschinen ans Drahtgeflecht anbringen
{vergl. Abb. 79). Das so gesammelte Sickerwasser war unter den Eanal hindurch nach
der Aare zu leiten. Um Abtrag zu sparen, hatte man von vornherein an der be-
sprochenen Stelle dicht am Aareufer entlang eine starke und tief bis unter die Fluss-
sohle auf Pfählen zu fundierende Ufermauer aus Beton und für die dem Flusse abgekehrten
Kanalböschungen einen Belag aus Betonplatten vorgesehen. Diese Ufermauer ist im
August 1903 auf etwa 50,0 in Länge gebrochen und auf einer etwa ebenso langen
Strecke beschädigt (näheres vergl. Kap. III, 2. Werkkanäle).
An einer Stelle war die Eisenbahn Solothurn— Ölten zn kreuzen. Der Kanal
mnsste hier, ohne den Betrieb zu stören, zwischen den Mittelpfeilern einer Eisenbahn-
brücke hindurchgefühlt werden unter Verdrängung der Moosbach, eines ans dem Jura
v'abm. Ausbau tos Wasserkräften. Beispiele.
i. i, iu,rTiv wacher sich in der Nahe dieser Brücke in die Aare ergiesst.
'„„. .„ -i?»jw«ge in überführen. Der Bach ist aufwärts der Eisenbahn-
... ., , .._*. . "twkitfs in Beton unter den Werkkanal hindurchgeführt und kreuzte
,., <v.h>MO»J hegend die Eisenbahn (vergl. Abb. 80 n. 81). Wegen des
, , r •. -uuaste sowohl das Profil des Werkkanalea als auch dasjenige der
.»..1.1.- wngesohnürt werden (vergl. Taf. XXII, Fig. 6c). Die gemeinschaft-
„..r-vit Werkkanal und Moosbach wurde benutzt, um einen 26,0 m langen
>V"*> *'«lcher bei Kanalüberfüllungen das Wasser in die Aare zurückleitet.
. :^Ä«it in dem eingeschnürten Kanalprofil unter der Eisenbahnbrücke steigt
etwa auf 1,80 ra/sek. Unterhalb der schlimmen Stelle am „Fahrhöfli" etwa bei Km 7,0
sprang gleichfalls ein Bergabhang bis an den Floss vor, and es wurde hier die flass-
seitige Ka-nntwinfaggimg auch durch eine Ufermauer ans Beton gebildet, welche aber auf
festem Gestein gegründet werden konnte. An dieser Ufermauer ist ein weiterer, etwa
80,0 m langer Überfall angelegt, von dem ans das Wasser über ein kurzes Sranbett
direkt in die Aare flieset. Die Krone des Oberfalls liegt 0,80 m unter Mauerkrone.
Über den Überfall fuhrt ein eiserner Steg.
Der Bodenaushub beim Kanal ist zum grössten Teil durch elektrisch angetriebene
Trockenbagger bewirkt (vergl. Abb. 82). Der elektrische Antrieb war hier gegeben,
da von dem Elektrizitätswerk Wynau der Strom billig sn haben war.
Etwa 200,0 m vor dem Krafthause, welches in der Nahe des Ortes Bannwjl liegt,
erweitert sich das Kanalprofil allmählich auf etwa 54,0 m in der normalen Wasser-
% 12. Das WAaBBBgBAJT-KjCTQgrAMwro: Wahgen. 429
spiegellinie und auf 60,0 in in der Sohle, so dass sich der benetzte Querschnitt bei
normaler Füllung auf etwa 218,0 qm erweitert, die Geschwindigkeit sich also auf rd.
0,46 m/sek. ermassigt. Die Böschungen gehen von einfacher Kiesbedeckung zur Beton-
Abfa. 80. Legeplan der UnterfQhrung des Werkk»n»li and der Mooabech unter der Eisenbahn brücke.
plattenbefestigung und schliesslich in Betonmauern über. So ist der notwendige Platz
für den Einbau der sieben Turbinenkammern gewonnen (vergl. Taf. XXIII, Fig. 1 n. 3).
Abb. 81. Ansicht der Kanal an terfnhrnng.
Vor den Turbinenk&mmern ist ein mit einem Winkel von etwa 50° gegen die Horizon-
tale geneigter Reehen aus Flacheisen in üblicher Weise aufgestellt. Der Rechen bildet
mit der Eanalachse einen spitzen Winkel von etwa 84°, um einen Strom längs
430 IL Theodor Koeiik. Ausbau vom Wasserkräften. Beispiel«.
des Rechens in der Richtung nach dem Leerlauf zu erzengen and auf diese Weise
etwaige Ansammlungen von Stückeis abzuführen. Die Schwelle des Rechens ist gegen
die Sohle des Vorbeckens um ca. 1,20 m erhöht, um Geschiebe und abgelagerte Sink-
stoffe von den Turbinenkammern zurückzuhalten. Die Sohle des Vorbeckens ist betoniert
und vor dem Rechen ist noch ein besonderes nach dem Grundablass (Leerlauf) zu ge-
neigtes Gerinne ausgebildet, um die Spülwirkung zu erhöhen, welche bei gezogenen
Grundablasschützen erzeugt werden kann. Von dem projektierten Grundablass ist vor-
läufig nur der Einlauf am Kanalufer angelegt, die Fortsetzung bis zur Aare fehlt aber
noch, weil bis auf weiteres die siebente Turbinenkammer für die Zwecke des Grundab-
lasses benutzt wird. Durch diesen vorläufigen Grundablass kann das Eis am Rechen
wirksam abgeführt werden. Wenn aber der projektierte Leerlauf im Betriebe sein
Abb. 82. Elektrischer Trockenbagger beim Kanalnoshnb.
wird, muss sich in der toten Ecke zwischen Ufermauer nnd Rechen das Eis festsetzen.
Man könnte dem allerdings leicht abhelfen, wenn man entweder an der gedachten Stelle
eine besondere Eisschütze anlegt oder die ganze spitze Ecke am Leerlauf entsprechend
abschrägt.
Jede Turbinenkammer (TurbinonschachtJ hat eine Breite von 6,28 m zwischen
den Pfeilern im Wasserspiegel gemessen und kann durch je zwei nebeneinander liegende
Schützen abgeschlossen und trocken gelegt werden. Die Sohle der Turbinenkammern
liegt 2,3 m tief unter derjenigen des Vorbodens. In jeder Turbinenkammer steht eine
Fraads-Doppel-TurblBe»] mit je vier Leitradern und zwei Saugrohren (vergl. Taf. LXVIL,
Fig. 5 und Kap. III, 6. Turbinen). Jede Turbine leistet 1500 PS. und macht 150 UmL/Min.
Die Regulierung der Fink sehen Leitradzungen erfolgt durch selbstwirkende öldruckservo-
>) Dia Turbinen sind von Esoker, Wjss A Co. in Zürich geliefert.
§12. Das Wasserkraft-ElektrizitItswerk Wangen. 431
motoren, kann aber auch von Hand und vom Schaltbrett aus durch kleine Elektromotoren
bewerkstelligt werden. Mit Rücksicht auf das Parallelschalten ist von der Turbinen-
firma gewährleistet, dass bei plötzlicher Belastungsänderung um 25% die Umlaufzahl
sich nicht mehr als um 3 °/o, bei gleichbleibender Belastung nicht mehr als um 1 °/o und
bei Änderung von Leerlauf auf Vollbelastung nicht mehr als um 5°/o ändert. Die
Schraubenkuppelung der Wellen beider Turbinenhälften einer Kammer, ebenso wie je
ein Ringschmierlager von 190 mm Durchmesser und 380 mm Schalenlänge befinden sich
in einem dicht verschlossenen Eisengebäuse, welches durch einen eisernen Röhrenschacht
mit Steigleiter von der Decke der Turbinenkammer zugängig ist. Diese Decke ist
durch Bohlenbelag auf Walzträgern gebildet.
Die 2,0 m starke nach dem Oberwasser zu gerichtete Wand des Maschinenhauses
bildet zu gleicher Zeit die eine Begrenzungs wand der Turbinenkammern (vergl. Taf. XXIII,
Fig. 2). Jede Doppelturbine hat ihren besonderen Turbinenkanal, welcher unter das
Maschinenhaus hindurchgeführt ist. Die Sohle des Turbinenkanals ist unter den Saug-
rohren um 1,0 m tiefer als bei der Ausmündung in den Unterwasserkanal, und da
letzterer bereits im Staugebiet des Elektrizitätswerkes Wynau liegt, ist eine Eintauch-
tiefe der Saugrohre von 0,65 m sicher gestellt. Um jeden Turbinenkanal abschliessen
und trocken legen zu können, sind in den über die Wand des Krafthauses vorspringenden
Pfeilern je zwei Dammbalkenschlitze angeordnet.
Der Unterwasserkanal hat eine Sohlenbreite von 54,0 m und ist in der Kanal-
achse gemessen bis zur linksseitigen Uferlinie der Aare nur etwa 80,0 m lang. Nach
einer geraden Strecke im Anschluss an das Kraftwerk von ca. 15,0 m Länge folgt ein
Kreisbogen von rd. 35,0 m Länge mit rd. 54,5 m Halbmesser und alsdann die Ein-
mündung in den Fluss. Die schmale Landzunge, welche am rechten Ufer zwischen
Unterwasserkanal und Aare stehen blieb, wurde künstlich verlängert und durch Beton-
mauern eingefasst, um die Geschiebeführung des Flusses bei Hochwasser möglichst ab-
zuweisen. Die Befestigung des linken Ufers besteht auf den ersten rd. 70,0 m. vom Kraft-
hause an gerechnet anfangs aus einer Betonmauer und dann in einer Plattenverkleidung.
Hierauf folgt noch in einer Länge von etwa 80,0 bis 90,0 m eine Steinpflasterung der
Böschungen.
Der Maschinensaal hat eine Länge von etwa 56,7 m im lichten, eine Breite
von 10,0 m und eine Höhe von 9,30 m bis zur Unterkante der Dachbinder. Es stehen
demnach pro 100 installierte PSe 5,49 qm Bodenfläche im Maschinensaal zur Verfügung.
Die Kranbahnoberkante liegt 7,50 m über dem Flur. Zwischen der Innenfläche der
Pfeiler und den Wellenenden der Dynamomaschinen ist noch durchweg ein freier Raum
von 3,30 m Breite, sodass reichlich Platz ist, auch die breitesten Maschinenteile dort
abzusetzen. In der Mitte des Maschinensaals liegt in einem Vorbau nach dem Unter-
wasser zu der Schaltraum. Derselbe hat eine Tiefe von 3,20 m und eine Länge von
22,80 m. Er ist durch das Schaltbrett und durch eine Glaswand von dem Maschinen-
saal getrennt (vergl. Taf. XXIII, Fig. 5). Der Schaltraum hinter dem Schaltbrett ist in
zwei Etagen geteilt, welche durch eine eiserne Wendeltreppe miteinander verbunden
sind und von denen die untere eine Höhe von 4,84 m, die obere eine solche von 4,30 m
bis zur Unterkante der Dachbinder hat. Ausser diesen Räumen von ca. 73,0 qm Grund-
fläche sind noch in dem turmartigen Anbau (vergl. Taf. XXIII, Fig. 1 und 3), von
welchem noch die Rede sein wird, zwei Räume übereinander mit massiven Decken für
die Unterbringung der Blitzschutzapparate etc. und für die Erweiterung der Schaltanlage etc.
vorhanden. Von diesen beiden Räumen hat der untere ein Flächenmass von etwa
432 IL Theodob Koehh. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
9,14 m/12,16 m, der obere von 8,24 m/8,69 m. Zusammen sind also für die Schaltan-
lage rd. 258,0 qm disponibel d. i. pro 100 installierte PS« ca. 2,46 qm.
Der erwähnte turmartige Anbau schliesst sich am linken Kanalufer an den
Maschinensaal an. Derselbe ist unten in Höhe des Maschinentlure* etwa 9,26 m im
lichten lang und 11,50 m breit und enthält Bureauräume, einen Raum für eine kleine
Akkumulatorenbatterie (für die Notbeleuchtung etc.), Aborte und Badeeinrichtungen für
das Personal, das Lager für öl und andere Betriebsmaterialien und eine Ölpumpenan-
lage für die zentrale ölschmierung der Lager und für die Öl-Servomotoren der Turbinen-
regler. Die Ölpumpen werden durch kleine Girardturbinen angetrieben, denen das
Druckwasser in zwei kleinen Druckrohren zugeführt wird, welche aus einer unmittelbar
vor der ersten Turbinenkammer angelegten kleinen Druckkammer ausmünden. Der
Raum im Turm über der untersten Etage liegt auf der Höhe des Zufahrweges und dient
als Eingangshalle. In diese Eingangshalle kann der Laufkran des Maschinensaals (von
15 t Tragfähigkeit) einfahren und schwere Maschinenteile absetzen resp. auf Wagen
verladen. Das Eingangstor hat eine lichte Weite von 3,50 m. In diesem Räume wäre
auch ausreichend Platz zur Einrichtung einer Werkstatt. Da aber im Maschinensaal
selber von den sieben vorgesehenen Aggregaten zunächst nur drei Aufstellung ge-
funden haben, so war im Maschinensaal noch reichlich Platz für derartige Zwecke.
Das ganze Kraftwerk von der Schützenwand der Turbinenkammern bis 1,5 m
über die Vorderkante der Pfeiler hinaus, in welchen die Begrenzungsmauern der sieben
Turbinenkanäle enden, ist auf einer grossen zusammenhängenden rd. 1,25 bis 1,30 m
starken Betonplatte fundiert.
Jede Doppelturbine ist mit einem Dreiphasendrehstrom-Generator4) durch elastische
Gummibandkuppelung direkt gekuppelt. Jeder Generator hat auf seiner Welle seine
eigene Erregermaschine. Beim Defektwerden einer der letzteren kann jedoch die Magnet-
wickelung des zugehörigen Generators auch auf Gleichstromsammeischienen umgeschaltet
werden, welche ihren Strom von einem Umformer oder von der erwähnten kleinen Not-
batterie erhalten. Die Generatoren liefern den Strom mit 11000 Volt Spannung bei
50 Per./sek. In flachen, mit Riffelplatten abgedeckten Kanälen von 0,60 bis 0,70 m Breite
und 0,20 m Tiefe werden die Kabel von den einzelnen Maschinen zu dem Schaltraum
geführt.
Die Fernleitungen laufen etwa bis zum Einlauf des Werkkanals längs desselben
und sind zum Teil auf hölzernen Doppelgestängen, zum Teil auf eisernen Gittermasten
montiert 12 km von dem Werke entfernt befindet sich bei dem Orte Luterbach eine
Transformatorenstelle, von wo eine Hauptleitung nach dem Kanton Solothurn (11000 Volt),
eine zweite über das Gebirge nach den Vororten von Basel (25000 Volt) führt. Bei der
Betriebseröflhung 1904 war bereits fast die ganze Kraft, welche die damals aufgestellten
drei Aggregate zu liefern vermögen, verkauft. In der Nähe des Krafthauses sind eine
Anzahl anmutiger Beamten-Wohnhäuser errichtet (vergl. Tat XXIII, Fig. 4).
«) Die ganze elektrische Einrichtung ist von der E.-A.-G. vorm. W. Lshmeyer & Co. geliefert
§13. Das Wassebxraft-ElektbizitIibwbbk Beznau a. b. Aare. 433
§ 13. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Beznaua.d, Aare (Schweiz)
der E.-A.-G. Brown, Boveri & Co. (Baden). Hieran Taf. xxiv u. xxv«).
Ungefähr 7 km oberhalb der Einmündung in den Rhein ist die Aare durch ein
grosses Schätzen wehr mit 7 gleichen Öffnungen gestaut (vergl. Taf. XXV, Fig. 1 u. 2).
Jede Öffnung hat eine lichte Weite von rd. 15,0 m. Jede Schützentafel hatte ursprüng-
lich eine Höhe von 5,3 in, welche aber nachträglich auf 6,3 m erhöht wurde. Die Wasser-
menge der Aare, nachdem sie die Beuss und den Limmat aufgenommen hat, steigt bis
zu 3000 cbm/sek. und soll selten unter 180 cbm/sek. fallen. Für die Zwecke des Kraft-
werkes können bis zu rd. 300 cbm/sek. entnommen werden. Die Pfeiler sind ebenso
wie der ganze Wehrkörper auf verlorenen Caissons mittelst Druckluftgründung 6,0 bis
7,0 m unter der Flussohle gegründet *). Die Schützentafeln bestehen aus eisernen Gitter-
trägern, welche zur Abdichtung mit einer vorderen Blech wand bekleidet sind. Jede
Schützentafel ist an 4 6 all sehen Ketten aufgehängt und ihr Gewicht ist durch grosse
mit Beton ausgegossene Kastenträger ausbalanciert. Die Führung und Dichtung der
Schützentafeln in und vor den Falzen ist nach dem System Stoney ähnlich wie bei der
Schützenanlage Chfevres ausgebildet8) (vergl. Kap. III, 3 Schützen und Taf. LV, Kg. 12).
An dem nach dem Werkkanal zu gelegenen Ende des Wehres befindet sich eine
Fischleiter in üblicher Konstruktion. Eine besondere Flossgasse ist nicht vorhanden, da
die Flösse bei gezogenen Schützen durch jede Öffnung hindurch können. Die Hebung
der Schützen kann sowohl von Hand als auch mittelst eines Elektromotors erfolgen,
welcher auf einem Gleise an jede Schütze herangefahren und mit ihrem Getriebe ge-
kuppelt werden kann.
* Die Flussohle soll unterhalb des Wehrkörpers auf 20,0 bis 30,0 m mit einer
Pflasterung aus grossen Steinen gesichert sein. Die Ufer sind auf einer Länge von
mehr als 100 m abwärts vom Wehre mit Steinschüitungen befestigt. Die ganze Wehr-
anlage ist in der verhältnismässig kurzen Zeit von 2 Jahren (Herbst 1900 bis Herbst 1902)
ausgeführt
Der Einlauf befindet sich am rechten Aareufer. Die Krone der Einlaufschwelle,
welche von einer ebenfalls mittelst Pressluft fundierten Grundmauer aus Beton gebildet
wird, soll nach mündlichen Angaben etwa 1,0 m über Flussohle liegen. Durch 15 Schützen-
Öffnungen von je 3,75 m Weite — von Mitte zu Mitte der eisernen Gitterböcke — kann
der Zufluss reguliert und der Werkkanal abgeschlossen werden. In der Regel sollen die
Unterkanten der Schützen immer noch eintauchen, damit im Flusse treibende Körper
möglichst von dem Kanal abgehalten werden. Die Querschnittsberechnung der Schützen-
Öffnungen soll so erfolgt sein, dass die Geschwindigkeit des eintretenden Wassers selbst
noch bei 300 cbm/sek. nicht grösser als rd. 1,6 m wird. Auf diese Weise würden dann
Trichterbildungen an den Schützen während des gewöhnlichen Betriebes nicht stattfinden
und die treibenden Körper würden nicht unter die Schützen untertauchend hindurch-
kommen, wenn letztere noch 0,50 bis 0,60 m eintauchen. Die Sohle des Kanals soll
hinter dem Regulierungswerk auf rd. 30,0 m durch Beton- und Steinpackungen ge-
sichert sein.
i) Die Abbildungen sind einer Broschflre der genannten Firma entnommen.
2) Ausgeführt von Conrad Zschokke in Aarau vergl. S. 25.
*) Die Schützen mit allem Zubehör sind von der Konstruktionswerkstait Dottingen (Conrad
Zschokke) geliefert
Handbach der Jng.-Wiasenaeh. III. Teil. 13. Bd. 28
484 H Theodor Kobhk. Ausbau ton W AMKMntlrrar. Bdbhxlb.
Der Werkkanal ist etwa 1200,0 m lang; er schneidet eine grosse Schleife der
Aare ab und fährt fast geradlinig auf das Krafthaus zu, welches hart am Flusse liegt.
Durch das Wehr und den Kanal soll ein Nutzgefälle von etwa 2,75 bis 6,0 m gewonnen
werden. Der wasserberührte Querschnitt des Werkkanals liegt überall im Einschnitt.
Über dem normalen Wasserspiegel liegen die Kanalböschungen zum Teil im Auftrag. Die
Krone der Dämme liegt überall hochwasserfrei ; ihre Böschungen sind bis etwa 50 cm über
dem höchsten und bis 50 cm unter dem niedrigsten Wasserspiegel, zum Teil mit Beton,
zum Teil mit Steinschlag befestigt. Die Sohle soll nach mündlichen Angaben mit einer
Decklage von grobem Kies gesichert sein.
Das Krafthaus liegt spitzwinklig zur Kanalachse (vergl. Taf. XXIV, Fig. 2). Am
unteren Ende des Krafthauses Dach dem Flusse zu ist eine Schleuse für Nachen und ein
Grundablass angelegt. Infolge der Lage des Krafthauses entsteht stets und besonders bei
geöffneten Grundablasschützen ein Strom längs des Rechens, welcher schwimmendes
Stückeis wohl wirksam nach dem Grundablass zu führen könnte, wenn nicht die Rechen-
fläche durch die Anlage von vier massiven Treppen unterbrochen wäre, sodass in den
toten Ecken dieser Treppen sich das Eis festsetzen kann.
Die Nachenschleuse» der Grundablass und die Ufer des Grundablasskanals bis zum
Flus8 sind auf verlorenen gemauerten Caissons gleichfalls mit Druckluft gegründet.
Der Rechen steht auf einer Betonplatte, deren Oberkante etwa in gleicher
Höhe mit der Sohle des Vorbeckens liegt. Auf diese Weise kann bei starkem
Wasserverbrauch auch gröberes Geschiebe leicht mit durch den Rechen und in die Tur-
binen gelangen, — ganz zu schweigen von den Sinkstoffen — soweit es überhaupt über
die 110 m hohe Einlaufschwelle hinweg in den Werkkanal zu gelangen vermag. Die
aus Flacheisenstäben mit 28 mm lichtem Abstand gebildeten Rechentafeln sind gegen
die Wagerechte um etwa 45° geneigt und werden durch Gitterböcke gestützt. Die Be-
dienungsbrücke des Rechens ist rcL 2,0 m breit, ihr Bohlenbelag ruht auf Walzträgern,
welche zwischen den Wänden der Turbinenkammern gestreckt sind und die letzteren
auf diese Weise wirksam gegeneinander verankern. Unter der erwähnten Bedienungs-
brücke liegen doppelte Dammbalkenschlitze, mit Hilfe deren notfalls die Schützentafeln
der Turbinenkammern trocken gelegt werden können (vergl. Taf. XXIV, Fig. 2).
In dem Krafthause sind 11 Turbinensätze von je 1000 bis 1100 PS6 bei 66,6
Uml./Min. und zwei kleinere Sätze von je 400 PS« aufgestellt. Die kleineren Sätze sollen
die Erregerma8chinen, ferner eine zentrale Pressölanlage und eine zentrale Pumpenanlage
zur Entleerung der Turbinenkammern antreiben. Um die elektrischen Maschinen und
den Kabelkanal hochwasserfrei legen zu können, musste man bei den gegebenen Schwan-
kungen zwischen Ober- und Unterwasserspiegel im Krafthaus Turbinen mit stehender
Welle wählen. Die Turbinenkammern für die grossen Turbinen haben eine lichte Weite
von 6,0 m, diejenigen für die zwei kleinen Turbinen eine solche von 3,0 m (vergl.
Taf. XXIV, Fig. 1). Bemerkenswert sind die Vorrichtungen, durch welche es
ermöglicht ist, die Turbinenkammern zur Beseitigung kleinerer Defekte
schnell trocken zu legen. Da von vornherein damit zu rechnen war, dass man unter
Umständen alle 11 grossen Turbinen gleichzeitig laufen lassen musste — die Unter-
bringung der ganzen Kraft schien von vornherein gesichert und auch für die unständige
Kraft stand Verwendung in Aussicht — so war es wesentlich, die Ausführung kleinerer
Reparaturen an einer Turbine mit möglichst geringem Zeitverlust zu ermöglichen. Es
können deshalb die Turbinenkammern von oben durch je eine kastenförmige, eiserne
Schützentafel verschlossen werden, deren Auf- und Abwärtsbewegung durch eine starke
Kolbenstange betätigt wird. Der Kolben dieser Stange bewegt sich in einem Pressölzylinder
§ 13. Das WAasERKRAFT-ELEKXBizrrlTSWEBK Bkznau a. d. Aare. 436
mit 30 Atmosphären Druck. Auf diese Weise ist es möglich, in ganz kurzer Zeit eine
Tnrbinenkammer zu schliessen. Nach dem Unterwasser zu springen die Wände der
Turbinenkammern etwas über die aufgehende Wand des Kraftbauses vor, tragen eine
Bedienungsbrücke und sind mit zwei breiten Falzen versehen. Der unmittelbar an
der Turbinenkammer liegende Falz ist zur Aufnahme einer kastenförmigen
eisernen Schützentafel bestimmt, welche mittelst einer Laufkatze ver-
längs des ganzen Krafthauses bewegt werden kann und daher für den Ab-
schluss jeder beliebigen Turbinenkammer verwendbar ist. Mit Hilfe von
Flaschenzügen kann jede dieser Schützentafeln — 1904 waren 3 vorhanden — gehoben und
gesenkt werden. Die zweiten Falze dienen zur Aufnahme von Dammbalken, um notfalls eine
festgeklemmte eiserne Schützentafel trocken legen zu können. Eine gemeinschaftliche Saug-
rohrleitung geht durch alle Turbinenkammern hindurch und jede einzelne Kammer für sich
kann an diese Leitung durch Öffnung eines Schiebers angeschlossen werden. Sobald nun die
beiden eisernen Tafeln den Abschluss einer Kammer bewerkstelligt haben, ist mit Hilfe der
zentralen Pumpenanlage eine Tnrbinenkammer schnellstens geleert. Wegen der erwähnten
eisernen Schützentafeln vergl. Kap. m, § 3, Schützen, woselbst auch eine Abb. derselben
gegeben ist.
Jede grosse Turbine4) hat drei Laufräder übereinander, von denen das unterste
und oberste nach unten, das mittlere nach oben ausgiessen. Der Nabenteller des
mittleren Laufrades dient zur teilweisen Ausbalancierung der rotierenden Gewichte. Die
Leitschaufeln sind nach dem System Schaad aufgeführt (vergl. die Einzelheiten der
Turbinen auf Taf. LXIII, Fig. 1 bis 3).
Die Leitschaufeln sind gleichsam gespalten, und es werden die äusseren um Bolzen drehbaren
Teile gegen die festen verdreht and verändern dadurch die Eintrittsqnerschnitte. Die beweglichen Teile
der Leitschaufeln sind durch Lenker an die hohlen gnsseisernen Regulierringe, die auf Kugeln gelagert
sind, angeschlossen und werden gemeinsam durch eine lotrechte Regulierwelle verdreht. Die Turbinen*
welle ist in drei Halslagern gelagert und durch ein Ringspurlager gestützt, welches mit Druekol von
80 Atm. Pressung gespeist wird. Das Ringspurlager ruht auf einem gewölbten Deckel, der eine Montage»
ftfimung in dem Betonboden verdeckt Mit Hilfe des Laufkrans können durch die Montageftffhunpen alle
Turbinenteile auf den Maschinenflur gehoben und wieder an Ort und Stelle gebracht werden.
Da, wie gesagt, das Krafthans unmittelbar am Fhiöse liegt, so münden die Turbinen-
kanäle auch direkt in denselben aus.
Der Maschinensaal hat eine lichte Länge von 100,25 m und eine Breite von
11,55 m, sodass bei 12000 PS« installierter Leistung rd. 9,65 qm pro 100 installierte
PS« zur Verfügung stehen. Bemerkenswert in der Anlage ist noch der Kabelkanal.
Derselbe liegt unter dem Maschinenflur an der flusseitigen Wand, ist etwa 2,20 m
breit und 2,0 m hoch und durch grosse Fenster von aussen direkt beleuchtet.
Die mit den Turbinen gekuppelten Dreiphasen- Wechselstrom generatoren6) (vergl.
Taf. XXIV, Fig. 4) erzeugen den Strom mit 8000 Volt und 50 Per/sek. In einem grossen
Anbau am flussaufwärts gelegenen Ende des Krafthauses ist die gesamte Schaltanlage
untergebracht. (Näheres vergl. Kap. DI, 6B. Elektrischer Teil der Krafthäuser und
Taf. LXXVIH, Fig. 1 u. 2.)
Im Kellergeschoss stehen die Transformatoren, welche die Spannung eines Teils des ersengten
Stromes von 8000 auf 25000 Volt bringen sollen. In dem Baume snr ebenen Erde sind die 8000 Volt
Apparate auf speziellen Gerüsten angeordnet. Nachdem die Leitungen dort die Ausschaltet1 passiert
haben, gehen sie zu einem in dem Raum dahinter aufgestellten Sammelsohienengerflst, von wo ans sie
in die obere Etage und je nachdem su einem für die abgehenden 8000 Volt Fernleitungen bestimmten
Gerüst oder aber zum Niederspannungsgertkst der Transformatoren gelangen. Von diesem letzteren
*) Die Turbinen sind von Theodor Bell & Co. in Kriens (Schweiz) geliefert.
6) Die ganze elektrische Anlage ist von der A.-G. Brown. Boveri <fc Co., Baden (Schweiz) geliefert.
28*
486 IL Theodor Kokhh. Ausbau ton Wasserkräften. BnenzLB.
Gerüst gehen die Leitungen nach unten inr 8eknndlrsette der Transformatoren and fuhren dann warn
der Prinirseite aas wieder nach oben in den Gerüsten für die 25000 Volt Fernleitungen.
In der ersten Etage befinden eich der Sebalttiseh and die Schalttafel, in der obersten Etage
die Btitischutsvorricbtungen.
Die Fernleitungen nach den näher gelegenen Orten, wie z. B. nach Baden, wo*
selbst sich die Werkstätten der A. 0. Brown Boveri & Cie. befinden, haben 8000 Volt
Spannung. Ende 1904 waren ausserdem bereits drei grosse Fernleitungen mit 25000 Volt
Spannung ausgeführt und zwar eine nach Rheinfelden (ca. 46 km), bestehend aus drei
Drähten von je 7 mm Dm., eine zweite von etwa 34 km nach Entfelden, bestehend ans
je drei Drähten von 8 mm und schliesslich eine dritte Doppelleitung nach Seebach von
rd. 35 km Länge, bestehend aus drei Drähten von je 8 mm Dm. Von der letzt-
genannten Leitung zweigt unter anderen eine Leitung nach Zürich ab.
§ 14. Das Kanderwerk bei Spiez am Thuner See.
Hierin Tafel XXY and XXVI1).
Das bezeichnete Werk ist wasserbautechnisch besonders deshalb für uns inter-
essant, weil es ein Beispiel dafür bietet, wie bei günstiger örtlichkeit durch einen vei-
hältnismässig kleinen Stauweiher der wirtschaftliche Wert der Gesamtanlage erheblich
verbessert werden kann. Elektrisch hat das Werk insofern besonderes Interesse erweckt,
als es den Dreiphasen-Drehstrom liefert für die elektrische Vollbahn-Anlage zwischen
Thun und Burgdorf, welche als die erste in Europa mit hochgespanntem Wechselstrom
bereits 1899 betrieben wurde. Das Werk ist seit 1903 mit dem Elektrizitätswerk
Hagneck zu der „Vereinigte Eander & Hagneck- Werke, Akt.-Ges." in Bern vereinigt. Ein
ungefähres Bild der örtlichkeit gibt Taf. XXV, Fig. 3. Die Kander hat sehr schwankende
seU. Wassermengen und starke Geschiebe-Führung. Die für Kraftzwecke verfügbare
Wassermenge kann im Winter auf 2 cbm/sek. und darunter fallen, dagegen sollen
während 8 bis 9 Monaten immer ca. 6 cbm/sek. zur Verfügung stehen. Sehr günstig
für den Wert der Wasserkraft waren: 1. das grosse Gefälle zwischen Kander und
Thuner-See bei verhältnismassig geringer Entfernung zwischen beiden in der Luftlinie,
2. die verhältnismässig geringen Schwankungen im Unterwasser-Spiegel (Thuner-See) und
schliesslich 3. die schon erwähnte Möglichkeit, auf der Höhe, etwa 65,0 m über dem
Krafthause, und auf dem direkten Wege, welchen Kanal und Druckrohr zu nehmen hatten,
noch nicht 0,9 km von dem Krafthause entfernt, ohne grosse Kosten einen Stauweiher
von 170000—200000 cbm Inhalt anlegen zu können.
Das Wehr ist etwa 1 km oberhalb der Spiezwiler Brücke eingebaut. Es ist nach
einer gelegentlich der Besichtigung des Werkes vorgenommenen Schätzung etwa 34,0 m
lang und besteht aus einem festen Überfallwehr am linken Ufer und einem Klappen-
wehr am rechten (vergl. Taf. XXVI, Fig. 1 und 2). Der Körper des festen Oberfall-
wehres sowohl wie der massive Unterbau des Klappenwehres sind aus Beton hergestellt
und nach mündlichen Angaben auf Pfählen, beziehungsweise zwischen Spundwänden ge-
gründet Sowohl an das feste als an das Klappenwehr schliesst sich eine durch starke
Rundhölzer befestigte Sturzbettstufe an. Darauf folgt ein etwa 20,0 m langes Sturzbett
in Pflasterung aus grossen Steinen, welche mit Zement vergossen sind. Das Klappen-
wehr besteht aus 7 Klappen von je rd. 2,0 m Länge und 0,60 m Höhe und einer am
i) Die Abbildungen sind s. T. der Elektrotechnischen Zeitschrift 1900, Heft 44 (Aufssis von
Prof. Dr. H. Kupp) entnommen nnd z. T. nach Handskissen des Verfaasers und nach Zeichnungen der
Turbinenfirma
§14. Das Eakdbbwerk bei Spiez am Thüneb See. 437
rechten Ufer befindlichen grösseren Klappe von etwa 3,0 m Länge und rd. 1,60 m Höhe.
Die grosse Klappe ist ans Eisen.
Vom rechten zum linken Ufer fahrt ein beiderseits verankertes Tragseil, an welchem ein ein-
facher Tragkorb rar Aufnahme von 1 bis 2 Personen auf Bollen schwebt. Durch ein Ffihrangsseil kann
sich der Wärter, wenn er im Korbe steht, selbst hin- und xurückxiehen nnd dnrcb einen Fiaschensng.
welcher am Tragseil gleichfalls bewegt werden kann, ist der Warter imstande, die sieben kleinen
Klappen niederzulegen nnd aufzurichten. Wenn die kleinen Klappen aufgerichtet sind, strömt das ganze
freie Wasser durch die letzte grosse. KlappenOffnung, sodass hier die Aarrichtung der Klappe grossere
Kräfte erfordert. Deshalb ist für diesen Zweck auf der rechten Ufermauer eine Winde-Vorrichtung auf-
gestellt und verankert. Das Aufrichten der kleinen Klappen kann bei N.W. Übrigens auch vom Starzbett
aus mit der Hand geschehen, was auch angeblich der Einfachheit wegen meistens gemacht werden soll.
Die Ufer der Kander sind vom Wehr abwärts auf der linken Seite in Länge des
Sturzbettes mit einer im Verband ausgeführten Steinpacknng nnd darüber hinaus mit
Steinpflasterung befestigt. Das rechte Ufer bilden an nnd bei dem Wehr die Beton- Mauer
des Einlanfs nnd ihre Verlängerungen. Daran schliessen sich dann die Böschungen des
regulierten Flusses an, welche gleichfalls mit Steinpflasterung gesichert sind.
Die Sohle des Einlaufe« liegt etwas höher als die Schwelle der grossen Klappe,
um den Eintritt von Geschiebe in den Kanal zu verhindern. Durch drei Schützen-Öff-
nungen ist der Einlauf absperrbar. Die massiven Mauern, welche den Einlauf einfassen,
liegen mit der Krone hochwasserfrei, und die Vorderfläche über den beweglichen Schützen-
tafeln ist mit einer dichtschüessenden Bohlenwand abgeschlossen, sodass das Hoch-
wasser vom Kanal abgehalten werden kann. Jede Öffnung ist durch zwei über- und in
parallelen Ebenen hintereinander angeordneten Tafeln regulierbar. Die Höhe der unteren
Tafel ist etwa 0,60 m, diejenige der oberen etwa 1,0 m. Bei Hochwasser, wenn der
Flüss viel Geschiebe führt, ist nur die obere Schützentafel gezogen, während man bei N.)V.
nur die untere zu ziehen braucht und das Wasser dann, unter die obere Tafel unter-
tauchend, in den Kanal eintritt. Auf diese Weise kann die obere Tafel grössere
Schwimmkörper von dem Eintritt in den Kanal abhalten. Vor den Schützen ist ein
vertikaler Rechen aufgestellt. Hinter dem Einlauf schliesst sich ein kleines Kiesbecken
mit vertiefter Sohle und Spülschütz an.
Der Zufluss zum Werkkanal wird durch hölzerne Schützen geregelt, welche am
Ende des Kiesbeckens eingebaut sind. Die offene rd. 680,0 m lange Kanalstrecke hat
ca. 1,0 m Sohlenbreite, 1,50 m normale Wassertiefe und 1,5 fache mit Steinpflasterung
befestigte Böschungen. Das Sohlen-Gefälle beträgt etwa 6°/oo.
Vor dem Eingang zum Stollen ist ein ca. 24,0 m langer Überlauf am linken
Ufer angelegt (vergl. Taf. XXVI, Fig. 3), von dem aus das Wasser in einen kaskaden-
förmig zur Kander abfallenden Überlauf-Kanal stürzt. In der Krone des Überfalles
sind vertikale I-Eisen eingelassen, um durch Vorsetzen von Bohlen den Wasserspiegel
im Bedarfsfalle erhöhen zu können. Diese I-Eisen tragen ausserdem eine Bedienungs-
brücke, welche den Zugang zum Wehre vermittelt. Durch Vertiefung der Sohle und
Erweiterung des Profils ist vor dem Rechen ein kleines Ablagerungsbecken gebildet.
Durch einen Gran d-A Mass (a) kann das Becken gespült werden. Ein schräg gestellter
Feinrechen mit 20 mm lichter Weite zwischen den Stäben soll Schwimmkörper (besonders
Laub) zurückhalten. Zur Abführung von Stückeis ist in der linken Ufer-Mauer eine
Eisschütze (b) angelegt. Der Einlauf zum Stollen selbst ist durch Schützen abschliessbar.
Der Rechen und der Raum über dem Stolleneinlauf sind durch ein Holzhäuschen überdeckt,
dessen Fussboden ein Bohlenbelag auf Holzbalken bildet. Dieser Fussboden ist zu
gleicher Zeit die Bedienungsbrücke für den Rechen und die erwähnten Schützen. Das
Häuschen, welches mit einem eisernen Ofen geheizt werden kann, soll dem Wehrwärter,
der auch den Rechen und die Schützen zu bedienen hat, Schutz bei schlechtem Wetter
IL Theodor Kosmr. Ausbau tot WabebkrIcteh» Beispiele.
oder grosser Eilte biet«. Auch die Bildung von Eis zwischen den Rechenstäben bei
strengem Frost kann durch die Heizung des Hinsehens verhindert werden.
Der 8toDen, dessen Querschnitt, wie derjenige des offenen Kanals für 6 cbm/sek.
berechnet sein soll, hat eine Länge ron rd. 860,0 m. An seiner Ausmündung liegt ein
Luftschacht, in welchem der Stollen in die eiserne Rohrstrecke von 1800 mm Dm. fiber-
geht. Letztere führt in der Sohle des Stauweihers, denselben in einer Lange toi»
226,0 m dückerartig durchquerend, zu der Druckkammer.
Der Stau- Weiher liegt an der Stelle eines Moos, d. h. einer torfigen Wiese,
welche ausgegraben und mit Erddämmen eingefasst worden ist. Letztere ruhen grössten-
teils bereits auf festem Grunde« Die Sohle des Weihers war wegen des torfigen Unter-
grundes ohne künstliche Mittel dicht, sodass auch in dieser Beziehung die Örtlichkeit
die Anlegung des Weihers sehr begünstigte.
Aus jeder Hälfte der zweiteiligen Druckkammer mündet ein Druckrohr von 1600 mm
innerem Dm. aus. In der Trennungswand der beiden Kammern liegt ein Rohr mit
Schieber, sodass die beiden Kammern beliebig voneinander getrennt oder in Verbindung
gesetzt werden können. Ist der Zufluss grösser als der Bedarf in dem Krafthause» so
findet eine Aufspeicherung statt, indem das Wasser aus der Kammer in den Weiher
tritt und denselben allmählich auffüllt Im umgekehrten Falle ergänzt das Wasser des
Weihers den direkten Zufluss (vergl. Taf. XXVI, Fig. 4a und b). Der Weiher besteht
ans zwei getrennten Staubecken, einem kleineren, durch einen Damm ganz von dem
grossen getrennten, und dem grossen Becken. Wenn in den schwach belasteten und be-
triebßfreien Stunden nur wenig Wasser zur Aufspeicherung übrig ist oder wenn der
Bedarf an Zusatzwasser aus dem Weiher sich nur auf kurze Zeit beschränkt, so kann
es vorteilhaft sein, die Aufspeicherung in dem kleinen Becken vorzunehmen, weil die
Verluste durch Versickerung, Verdunstung und besonders durch Eisbildung kleiner sind
und weil man den Spiegel im kleinen Becken schneller heben und deshalb das Wasser
mit durchschnittlich höherem Druck ausnutzen kann.
Das nutzbare Gefälle von der Druckkammer bis zum Seespiegel beträgt durch-
schnittlich 64,0 m nach Abzug der Reibungsverluste im Druckrohr. Es lassen sich dem-
nach mit rd. 5,62 cbm eine PS#?Stunde und mit einem Weiherinhalt von 170000 cbm
rd. 30250 PS»-St. leisten. Wenn man z. B. während 18 Stunden 1 cbm/sek. aufspeichert,
so würden für die 6 Stunden des starken Lichtbedarfs 64800 cbm oder rd. 11500 PS«-St.
mehr zur Verfügung stehen vnd man könnte während der 6 Stunden durchschnittlich
rd. 1920 PS# mehr leisten.
Es sind zwei Dmokrohre verlegt von je 1600 mm lichtem Dm., also je 2,01 qm
Querschnitt, sodass bei 6 cbm/sek. die Geschwindigkeit etwa 1,5 m, bei 9 cbm/sek.
etwa 2,24 m beträgt. Auf den ersten 400,0 m schmiegen sich die Bohre dem nach
dem See zu massig geneigtem Terrain an, um von da ab ziemlich steil bis zu dem
ca. 375,0 m entfernten Krafthause abzufallen. An dem Knickpunkte ist ein gemauertes
kreisrundes Reservoir von schätzungsweise 7,0 bis 8,0 m Dm. errichtet (vergl. Taf. XXV,
Fig. 8), auf welchem sich ein eisernes, oben offenes Rohr von ungefähr demselben Dm.
bis über die Höhe des Wasserspiegels im Weiher erhebt und in dieser Höhe mit einem
Überfall versehen ist. Hierdurch werden Wasserschläge in den Druckrohren auf ein
ungefährliches Mass beschränkt. Die genieteten Rohre sind aus Flusseisen hergestellt
und in Längen von 6,0 m durch Flanschen verbunden. Da die Rohrleitungen fast ganz
unterirdisch verlaufen, waren besondere Dilatations- Vorrichtungen nicht erforderlich.
Die Rohre gehen um die Südseite des Krafthauses in Krümmern herum und sind dann
parallel zur Längswand auf den vorspringenden Pfeilern der Turbinen-Kanäle neben-
§ 14. Das Kanderwerk bei Sitbz am Thihtjeb See. 439
einander gelegt und am Ende durch einen Krümmer miteinander verbunden. Der hori-
zontale Schub im Krümmer wird durch den Endpfeiler und die Flanschenbolzen aufge-
nommen. Jedes Druckrohr kann unabhängig von dem anderen abgesperrt und ausser
Betrieb gesetzt werden.
Der Maschinensaal des Krafthauses ist 83,0 m lang, 11,5 m breit und bis zur
Kranbahn-Oberkante 7,40 m hoch. Er ist eingerichtet zur Aufnahme von 6 Turbinen*)
von je 900 PS« bei 300 UmL/Min. und zwei kleinen Erregerturbinen von je 20 PSe bei
860 UmL/Min. Es kommen also auf 100 PS, der installierten Hauptturbinen rd. 7,39 qm
Bodenfläche.
Die grossen Turbinen schlucken bei einem Gefalle von 65,0 m 1300 1 , bei 60,0 m
1475 1, die kleinen Turbinen bei 61,0 m Gefälle zwischen den Wasserspiegeln 34 L
Die Turbinen werden als Girard-Turbinen bezeichnet. Sie haben partielle innere radiale
Beaufschlagung und horizontale Welle. Dem Laufrad wird das Wasser durch 3x4 Leifc-
Zellen zugeführt. Es giesst in ein hosenformiges Gehäuse aus, welches sich unten zu
einem Saugrohre vereinigt und in einem flachen, viereckigen Kanal in den See resp. in
den kurzen Turbinenkanal ausmündet. Um die Saugwirkung zu gewährleisten, musste
der Saugkanal unter dem niedrigsten Seespiegel ausmünden und deshalb vom kreisrunden
Querschnitt allmählich in ein flaches Rechteck übergehen. Die Reglung der Turbinen
erfolgt selbstwirkend mittelst eines zwischen Laufrad und Leitzellen beweglichen Spalt-
schiebers, welcher von einem Servomotor betätigt wird. Zur Sicherung gegen Wasser-
schläge in den Druckrohren ist mit der Reglung zwangläufig ein Sicherheitsventil ver-
bunden, welches, wenn die Schieber geschlossen werden, ein Abflussrohr aus dem Ge-
häuse öffnet. Das Abflussrohr wird sofort nach der Öffnung langsam selbstwirkend
wieder geschlossen, so dass eine Wasservergeudung vermieden wird. Da das Laufrad
der Girard-Turbine nicht in das Unterwasser tauchen darf, so ist eine Einrichtung mit
Schwimmer und Luftventil getroffen, durch welche selbstwirkend Luft ins Gehäuse ge-
führt wird, sobald der Saugwasserspiegel einen gewissen Stand überschritten hat.
Die kleinen Erregerturbinen, welche unter der Bedienungsbrücke des Haupt-
schaltbrettes aufgestellt sind, erhalten ihr Wasser durch Druckrohre von 250 mm Dm.,
welche direckt vom Hauptdruckrohr abzweigen. Sie giessen in ein eisernes Rohr aus,
welches in einen Turbinenkanal vertikal ausmündet und unter den niedrigsten Wasser-
spiegel eintaucht.
Die 16 poligen Dreiphasengeneratoren8) mit festem Anker sind mit den Turbinen-
wellen durch Flanschenkuppelung verbunden. Sie leisten 620 KW bei 4000 V. ver-
ketteter Spannung und 40 Per./sek. Der maximale Spannungsfall beträgt bei 165 Amp.
und 4000 V. induktiver Belastung 18°/o. Wenn ein Generator seine volle Leistung
ausschliesslich auf das einphasige Beleuchtungsnetz abzugeben hat, so kann er als Ein-
phasengenerator bei 4000 V. ebenfalls 620 KW liefern. Dabei beträgt der Spannungs-
abfall bei induktionsloser Belastung 9,1 °/o.
Jeder Generator tragt auf seiner Welle fliegend eine vierpolige Gleichstromerregermaschine von
12 KW bei 60 V., deren Magnetgestell auf -einem am Lagerbocke angebolzten konsolenartigen Anbau
ruht Alle mit den Generatoren gekuppelten Erregermaschinen erhalten ihre Magneterregung von zwei
GleichBtrommaachinen von 14 EW bei 125 V., welche durch die erwähnten kleinen Turbinen angetrieben
werden. Diese Einrichtung, welche bei den von der liefernden Elektrizitatsfirma eingerichteten Werken
meistens verwendet worden ist, erleichtert die Reglang auf konstante Spannung der Wechselstrom-
maschinen, da die Erregung unabhängig von den Schwankungen in der Tourenzahl der Hauptturbinen
ist. Die Reglung der Klemmenspannung der Generatoren wird ausschliesslich mit Hilfe des sekunderen
Erregerstromes vollzogen und kann sowohl für jede einzelne Maschine als auch gruppenweise oder
') ^liefert von der A.-G. der Maschinenfabriken von Escher, Wysa & Co. in Zürich.
8J Die ganze elektrische Einrichtung ist von der A.-G. Brown, Boveri & Co. geliefert.
440 II. Theodor JCokhh. Ausbau ton WaörkhkhXfte«. Beispiele.
padwMI fOr all« erfolgen. Ala ein weiterer Vorteil diese« SyeWme wird anek beieicb-Det, dw, da
die aakudlren ■rregermucoiaei] nur ra. 6 Amp. in liefern habeo, die ingehOrigea Apparat« (Uegulierr-
widantande etc.) nur klein in «ein brauchen.
Alle Kabel der Maschinen gehen in einem geräumigen Kabelkanal, welcher
unter dem ganzen Maschinenhause entlang läuft , bis zu dem Schaltraum und biegen
hier rechtwinklig in einen anderen Kabelkanal ein , welcher sieb unter dem
Schaltraum befindet und von dem ans die Kabel in die obere Etage aufsteigen
(rergl. Taf. XXVI, Fig.
Abb. 88. Traaefarmatorwuaam de» Kandenrerka. 6 mi gj Wie immei.i
befinden sich auch hier
an der Schalttafel, wel-
che Ton einer durch
Treppen zugänglichen,
etwa 3,0 m ober den
Flor liegenden Brücke
»us bedient wird, nur
Apparate mit niedriger
Spannung bezw. strom-
lose Hebel.
Die Schal träume, der
Transformatorenraom ,
eine Hontagehalle und
eine Werkstatt sind in
einem Anbau an den
Maschinensaal unterge-
bracht(vergl.Taf.XXV,
Fig.4u.Taf. XXVI, Fig.
5). Der Schaltraura in
Höhe des Maschinen-
flures hat eine Grund-
fläche von 4,5 auf 1 5,0 m.
Der Transformatoren'
räum, welcher sich an
diesen Schaltraum an-
schliesst, ist rd. 9,0 m
breit und 11,50 lang.
Er ist durch eine Wand
von dem in der Ver-
längerung liegenden,
und mit einem 6 fr-
Kran bestrichenen
Montageraum , dessen
Breite ebenfalls 9,0 m und dessen Länge rd. 4,0 m beträgt, getrennt Der Transformatoren-
raum ist ausreichend für 18 öltransformatoren mit Wasserkühlung von je 300 KW-Leistong
bei cos o? = 1 und 16 000 Volt Überspannung, welche zn beiden Seiten einer in der Mitte
n Schiebebühne aufgestellt werden können (vergl. Abb. 83). Mit der Schiebebühne
i die Transformatoren in den Montageraum zur Reparatur gefahren werden. Von
dem Traneformatorenranm führen die Hochspannungsleitungen durch die Decke zu dem
§ 14.
Das Kavderwbkk bh Suez ah Thuhke Beb.
441
Tnmßformatorenflchaltraum. Über dem Montageraum liegt der Schaltraum für die Fern-
leitungen und aber demselben in dem tnrmartigen Aufbau Bind die Blitzschutzvorrich-
tnngen etc. untergebracht (vergl. Tai. XXV, Fig. 4). Für die Schaltanlage stehen im
ganzen etwa 310,5 qm Bodenflacbe zur Verfügung, d. i. pro 100 installierte PS* ca,
5,76 qin. Diese verhältnismässig grosse Flache war begründet durch die Transforma-
torenanlage und femer durch die Trennung der Fernleitungen in drei gesonderte Betriebe.
Der reichliche Baum ist der Übersichtlichkeit jedenfalls sehr zu statten gekommen.
Zwei Systeme von Sammelschienen, welche die Bezeichnung „Ruhig0 und „Unruhig"
führen, gestatten, dass
der Lichtbetrieb vom AVb- **• *™l«t««E "» Thnn« 8m.
Kraftbetrieb getrennt
wird. Diese Trennung
war in diesem Falle —
jedenfalls solange als
der übrige Anschluss
noch klein war und
einen Ausgleich nicht
zu bieten vermochte —
nötig, weil von vorn-
herein von dem Werke
die bereits erwähnte
elektrische Vollbahn
Thon- Burgdorf gespeist
werden muaste, bei wel-
cher natnrgemäss sehr
starke Schwankungen
in der Stromabnahme
stattfanden. Nach eini-
gen näher gelegenen
Ortschaften (Spiez, Fan-
lenaeebad etc.) wird der
Strom ohne Transfor-
mierung mit der Span-
nung der Generatoren
(4000 V.) geführt.
Die Hochspan-
nungsleitung mit 16000
V. führt nach Thun,
von wo aue sie sich
in eine Leitung nach
Bern und in eine zweite
nach Burgdorf gabelt. Die Hauptleitung bis Thun ruht anf Gittermasten, welche auf
Auslegern zwei imprägnierte Rundhölzer tragen. An diesen sind die Isolatorenträger
mit durchgehenden Bolzen befestigt. Die beiden Gruppen der Leitungen sind durch ein
geerdetes Schntznetz voneinander getrennt, sodass Arbeiten an der einen Gruppe vor-
genommen werden können, ohne gleichzeitig auch die andere ausser Betrieb setzen zu
(vergl. Abb. 84). Jeder Gittermast ist in einem Betonklotz fundiert.
Da der Lichtbetrieb eine grosse Rolle spielt nnd der Kraftstrom meistens nur
442 IL Theodor Kosmr. Ausbau von WabbbrkbAftkb. Beispiele.
wahrend der Tagesstunden abgenommen wird, so hat sich der Stauweiher bereits sehr
bewahrt, denn, wenn man nur mit 100000 cbm nutzbarer Füllung rechnet, kann aus dem-
selben während 6 Stunden ein Zuschuss von 5 cbm/sek. entnommen werden, was bei
wasserarmer Zeit eine Kraftvermehrung von 3200 PS, bedeutet. Der Wert des Weihers
wird dadurch noch vermehrt, dass das Netz des Kanderwerkes mit dem des Elektrizit&te-
Werkes Hagneck verbunden worden ist und dass, da letzteres bereits den grQssten Teil
seiner Kraft fest untergebracht hat, eine volle Ausnutzung der verfugbaren Wassermengen
in der Kander, soweit es mit den vorhandenen baulichen und maschinellen Anlagen
Oberhaupt möglich ist, erreicht werden kann. Über die Anlagekosten enthält die Tabelle I
S. 246/246 eine Zahl und zwar für die Gesamtkosten des sogenannten wasserbaulichen
Teiles. Bei dem Übergang des Kanderwerkes an die neue Gesellschaft wurde das ge-
samte Kanderwerk mit 4885000 Frs. in Ansatz gebracht, wovon auf Leitungsnetze und
Transformatorenstationen rd. 1650000 Frs. entfielen.
g 15. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk der Stadt Genf bei
Ch&vres an der Rhone. Hier™ Tafeixxvn und xxvmi).
Vor Durchfuhrung des grossen Sanierungswerkes der Stadt Genf hatten die Be-
wohner der tiefer gelegenen Teile oft durch die wechselnden Wasserstände und die zeit-
weiligen Überflutungen des Sees und der Rhone zu leiden, und das um so mehr, weil der
See und der Fluss durch die Kloaken, welche direkt in sie ausmündeten, in gesundheits-
gef&hrlicher Weise verunreinigt waren. Zahlreiche kleine Triebwerke hatten sich an der
Rhone unterhalb der Ausmündung aus dem See systemlos angesiedelt und bildeten während
mehr als zwei Jahrhunderten ein unüberwindliches Hindernis für eine Besserung der
Zustande. Häufige Brände und die zeitweise Entwertung der kleinen Wasserkräfte durch
die Entwicklung der Dampfmaschinen haben als wirksamste Bundesgenossen schliesslich
die Verwaltung der Stadtgemeinde Genf in die Lage gebracht, sich in den Besitz aller
Triebwerke bis zu dem etwa 800,0 m unterhalb des Ausflusses aus dem See gelegenen
Orte Coulouvreniere zu setzen und 6in grosszügiges Werk durchzuführen. Nach umfang-
reichen Projektierungsarbeiten begann die Stadt Genf 1883 mit der Ausführung. Für
ihre Entwicklung ist das Werk von grösster Bedeutung geworden. Es hat den Ruf
Genfs als einer in gesundheitlicher Beziehung auf der Höhe stehenden Fremdenstadt neu
befestigt, und es hat der Klein- und Grossindustrie durch Lieferung billiger Kraft die
Mittel zu neuem Aufschwung geboten. Seine drei Hauptteile waren:
1. Die Erbauung von zwei grossen Kanalisationssammlern längs beider Ufer des
Sees und der Rhone bis unterhalb La Coulouvreniere.
2. Die Errichtung eines Stauwerkes daselbst zur Regelung des Seespiegels und
Gewinnung einer grossen Wasserkraft.
3. Die Erbauung einer grossen Wasserkraftanlage zur Lieferung von Wasser für
hygienische und Kraftzwecke und Verteilung derselben durch ein weitverzweigtes Rohrnetz.
Im Jahre 1886 konnte das Werk dem Betriebe übergeben werden.
Wahrend im Jahre 1888 die Einnahme der Wasserwerke, welche die Stadt damals mittelst
mehrerer kleiner Turbinen and mittelst Dampfbetrieb, 821527 Frs. betrag, — es waren nur 129 Motore
i) Die Abbildungen sind tum grdssten Teile ans der Veröffentlichung der Stadt Genf: Usioe de
Cheyrea. Travaux execates par la Ville de Geoeve de 1893—1899 soas la direction de Mona. Th. Turetttni
(rergl. auch S. 24 dieses Bandes) nnd zum kleineren Teil ans der Zeitscbr. d. V. deutscher Ing. 1896,
8. 1229 u. ff. (Aufsatz von J. Fr. Hey) entnommen.
§ 15. Das Wasserkkaft-Ei^ktbizitatswkrk Chävrks a. d. Rhone. 448
mit zusammen 145 PS« angeschlossen — stiegen bin 1896 die Umnahmen auf 911577 Fre. und die Anzahl
der Motore anf 888 mit 8186 PS*.
Schon im Jahre 1892 hatte sich die dringende Notwendigkeit einer grösseren Er-
weiterung der Kraftanlage herausgestellt. Da inzwischen die Überlegenheit der Elektrizität
für Licht- und Kraftverteilung sich bereits gezeigt hatte, gewann schliesslich unter anderen
Projekten dasjenige die Oberhand, wonach die Stadt die Konzession zur Ausnutzung der
Wasserkräfte der Rhone zwischen La Coulouvreni&re und einer einige Kilometer unter-
halb des Ortes Chövres gelegenen Stelle zu erwerben und bei Chevres, unmittelbar ober-
halb einer alten Mühle, ein Kraftwerk zu errichten hatte, um die gewonnene Kraft in
Form von elektrischer Energie nach Genf und den an der Rhone und den Seeufern in
erreichbarer Entfernung liegenden Orten zu fuhren. Die Konzession wurde von der kan-
tonalen Regierung im November 1892 auf 99 Jahre erteilt. Nach Ablauf der Konzession
sollen die sämtlichen Anlagen, abgesehen von dem elektrischen Netz, dem Kanton unent-
geltlich anheim fallen, wobei letzterer verpflichtet bleibt, die Hälfte der vorhandenen
Kraft an die Stadt weiter zu liefern. Dem Kanton ist ausserdem eine gewisse Beteili-
gung gesichert von dem Betrage, welcher nach Abzug von 6 °/o für Verzinsung und Til-
gung verbleibt2).
Eine besondere Anregung zur Beschleunigung der Ausführung bot die für 1896
in Genf projektierte schweizerische National- Ausstellung und tatsächlich ist es gelungen,
von dem Werke bei Chfevres für die Ausstellung Licht und Kraft zu liefern.
Die Rhone macht unterhalb La Coulouvreniere viele Windungen und ist zwischen
hohen und zum Teil dicht an den Fluss herantretenden, meist bewaldeten Hängen ein-
geschnitten. Nur an einzelnen Stellen flacht sich das Ufer ab und ist dann mit Wein
bepflanzt oder sonst ackerbaulich ausgenutzt. Die Wassermenge der Rhone hatte vor
der Errichtung des Stauwerkes bei La Coulouvreniere zwischen 50,0 und 520,0 cbm/sek. ge-
schwankt. Die höchste bekannte H.W.-Menge soll 700 cbm/sek. betragen haben. Durch die
Errichtung der Turbinehanlage und für Zwecke derselben konnte man die mirimale-
sekundliche Wassermenge auf 100,0 cbm/sek. erhöhen, und die grösste Differenz der
Wasserspiegel im See auf 0,60 m ermässigen (vergl. auch S. 224). Ausser vielen kleinen
Bächen ergiesst sich in die Rhone auf der Strecke bis Chevres — etwa 2 km unterhalb des
Ausflusses aus dem See, also etwa 1,2 km unterhalb der Turbinenanlage La Coulouvreniere
— die Arve. Sie führt sehr schwankende Wassermengen und bei Hochwasser ungeheure
Mengen von Geschiebe und Sinkstoffen mit sich (vergl. S. 129). Die geringste beobachtete
Wassermenge beträgt 20,0 cbm/sek., die grösste 1136,0 cbm/sek. Durch die Anlagen bei La
Coulouvreniere wurde es möglich, beim Hochwasser in der Arve das Wasser der Rhone soweit
zurückzuhalten, als es nicht für den Betrieb des dortigen Werkes unbedingt gebraucht wurde.
Man konnte deshalb bei Chfevres auf eine geringste Wassermenge von 120,0 cbm/sek.
rechnen und bei Hochwasser in der Arve als Maximalzufluss der Rhone 92,0 cbm/sek.
festsetzen, sodass sich für die Berechnung der Wehröffnungen bei Chevres ein Maximum
von 1136 + 92 = 1228,0 cbm/sek. ergab. Gleichzeitig war aus den direkten Wasser-
mengen-Messungen ermittelt, dass der Zuwachs der sekundlichen Wassermenge bei ge-
wöhnlichem Hochwasser in 24 Stunden etwa 400,0 cbm/sek., beim höchsten Hochwasser
*) Bezüglich der nenn kleinen Triebwerke, welche infolge der Anlage des Kraftwerkes Chevres
eingehen mussten, bestimmte Artikel III der Konzession : ,La ville devra, dans le delai de deux anneea,
s'engager a restituer auz usiniers riverains du Rhone, au für et ä mesure des besoins et saus aggra-
vation de charges pour eux, la force hydraulique moyenne dont ils disposent actuellement et ä leur
payer des indemnites equitables en cas de chömage resultant de l'execution des traveaux. Ces indemnites
seront fixees ä dire d'experts et en cas de contestation ulterieure par les tribunaux competants."
444 II. Theodor Kobhn. Ausbau von Wasserkräften. Bhsfible.
640,0 cbm/sek. betrag, was für die Feststellung der Zeit, während welcher alle Schütsen-
öffnungen gehoben werden müssen, von Wichtigkeit war. Das Projekt, welches schliess-
lich zur Ausführung bestimmt wurde, sah ein Schützenwehr unmittelbar oberhalb der alten
Mühle bei Ghfevres vor, durch welches das N.W. des Winters von +361,86 auf + 370,00,
das normale Sommerwasser von + 364,25 auf + 368,60 gestaut werden sollte, durch welches
sich aber beim höchsten H.W. in der Rhone nur ein Stau von 1,83 m ergab. Da das
höchste Hochwasser, welches nur aus der Arve kommen kann, schnell verlauft und
auch nur im Sommer vorkommt, so spielt es für die Bewertung der Kraftanlage keine
erhebliche Rolle. Durch Einsetzen aller installierten Turbinen konnte man darauf rechnen,
auch beim höchsten Hochwasser, d. h. wenn das Gefalle sich auf 1 ,83 m reduzierte, noch
eine hinreichende Kraft für die Betriebe, welche keine Unterbrechung dulden, zu er-
zielen. Auf den Nutzeffekt kommt es selbstverständlich in solchen Fällen gar nicht an,
daWasser mehr als zuviel vorhanden ist.
Hiernach ergab sich als ein wichtiger Programmpunkt, dass in dem Kraftwerk Tur-
binen aufzustellen waren, welche beim höchsten Gefälle von 8,10 m 80 Touren machten und
bei möglichst hohem Nutzeffekt 1200 PS« ergaben, und welche bei 4,30 m Gefälle 800 PS.
bei der gleichen Umdrehungszahl lieferten, wobei dann allerdings der Nutzeffekt bis auf
60°/o herabgehen konnte, daWasser im Sommer reichlich zur Verfügung stand. Auf die
Tourenzahl von 80 musste man Gewicht legen, um die elektrischen Generatoren noch
direkt mit den Turbinen kuppeln zu können, ohne allzu grosse Dimensionen zu erhalten.
Die Gesamtanordnung der Anlage (vergl. Taf. XXVII, Fig. 1) besteht:
a) Aus einem Wehr von 75,0 m Länge zwischen dem linken Uferpfeiler und dem
rechten Endpfeiler, eingeteilt durch je 3,0 m dicke Pfeiler in 6 Öffnungen
k 10,0 m Lichtbreite ;
b) aus der Trennungsmauer zwischen Rhpne und Unterwasserkanal;
c) aus dem kurzen Einlaufbecken als Zufuhrungskanal;
d) aus dem Krafthause und
e) aus einer Verbindungsmauer zwischen dem rechten Wehrpfeiler und dem Kraft-
hause.
Der BauTorgang war der folgende:
1. Periode: Herstellung der Trennungsmaner (in Fig. 1 Taf. XXVII mit .Damm1 bezeichnet)
zwischen Unterwasserkanal and Rhone ; anschliessend daran En ichtnng iweier Fangedamme qaer
herüber bis tum linken Ufer and die Fertigstellung des Wehres im Schatze dieser Fanged&mme.
2. Periode: Beseitigung der Fangedimme ad 1 and Erriehtnng noaer Fangodamme von der
Tronnangnianer zam rechton Ufer, am im Schatte derselben das Einlaufbecken, das Kraft-
haas and den Unterwasserkanal anzulegen.
8. Periode: Aufstellung der hydraulischen and elektrischen Maschinen and Vorlegung der
Fernleitung nach Genf.
Am 18. Januar 1893, einen Tag nach der definitiven Beschlussfassung des Gemeinde-
rates, ist mit der Ausfuhrung begonnen und bereits im Sommer 1896 ist Strom nach
Genf zur Ausstellung geliefert.
Das Rhonobett besteht an der Wehrstelle aus Molasse und ist am rechten Ufer
tiefer ausgewaschen als am linken, sodass bei niedrigem Wasser im Winter die Molasse
des linken Ufers zutage trat. Den Querschnitt der in der ersten Bauperiode herzu-
stellenden Trennmauer zeigt Taf. XXVII, Fig. 7.
Mit Rucksicht auf das niedrige Wasser während der Gründung dieser Mauer hat es genügt, xu jeder
Seite der in die Molaase eingesprengten Baugrube eine leichte Schatzwand aus je einer hochkantig gestellten
Bohle aufzustellen und sie mit etwaa Ton, welcher sich am linken Ufer reichlich vorfand, dicht zu
machen. Je nach der Beschaffenheit der Molaaae musste man mehr oder weniger tief ausbrechen. Am
unteren Ende befand sich eine schiechte Lage, sodass es dort ausnahmsweise nötig wurde, die 8ohle
der Baugrube bis auf 2,0 m unter Frassohle herabzutreiben. Das Fundament der Mauer ist hergestellt
§ 16. Das Wim ■KBAJg-EutKTWgrlMWMK Chetbbs a. d. Rhone. 446
ans Beton in einer Mischnng von 250 kg hydraulischem Kalk auf 1 ebm Beton. Die Aufgebend« Hauer
ward« mit einer Hixtbnng von 200 kg gestampft und nnr die Krone ist in einer Schicht tod 0,14 bis
0,15 m in Portland- Zement mit einer Mischung von 800 kg hergestellt
Das obere Ende dieser Trennungsmauer bildet zu gleicher Zeit den rechtes
Pfeiler des Wehres. Derselbe ist wegen seiner grösseren Beanspruchung in Portland-
Zementbeton in einer Mischung von 400 kg für des Fundament und 300 kg für das auf-
gehende Mauerwerk ausgeführt. Die ganze 137,60 m lange Trennungsmauer wurde mit
einem 3 cm starken Putz aus fetterem Zementmörtel versehen. An diese Trennungs-
maaer schlössen sich dann die beiden Fangedamme zum linken Ufer an, deren Quer-
schnitte Taf. XXVII, Fig. 2 zeigt. Von der linksseitigen Baugrube gibt Fig. 3 ein Bild.
Abb. 85. Ansicht des aufwärts gelegenen Fangedammes der ersten Banpenode, TargL Taf. XXVII, Fig. 2a.
Um die Aufstellung de« oberen Fangedamniee im Trockenen vornehmen in können, hatte man
sonlehat stromaufwlrts einen kleinen Damm von dem Abtrageboden hergestellt, welcher ans der Bau-
grube dea linksseitigen Uferpfeilers gewonnen wurde (vergl. Abb. 85). Dieser Damm hatts etwa 5,0 m
Breite anf der Fluesoble und seine Lange betrug etwa 68,80 ra in seinem oberen Teil. Der Bohlenbelag
das Fangedammes nach der Vorderseite in war ans 6 cm starken Bohlen gebildet, deren Fagen sorg-
fältig kalfatert wurden. Die Bohlen waren auf alten Eisenbahnschienen befestigt, welche wagereoht
anf die Bocke gelegt wurden. Das untere Ende der Bohlen war in einen Schlitz eingelassen, welcher
iu der Holasse dea FJusabettea gehauen war und welcher dann mit Zement zur Abdichtung ausgefällt
wurde. Der untere Fangedamm wurde beiderseitig bekleidet, um zu verhindern, dass derselbe im Falle
Eindringens von Wasser in die Baugrube umgeworfen wurde. Um gegebenenfalls Wasser ins Innere dieses
Fangedammes lassen zu können, wurden verschiedene kleine Öffnungen gemacht, deren Deckel mittelat
Ketten von einer. Lauf brücke aus aufgesogen werden konnten. Die Oberkant« der Verschalung dea oberen
Fangedammea lag anf + 865,50, d. h. 1,25 m unter dem höchsten Hochwasser, die Verschalungaoberkante
dea unteren Fangedammes auf -J- 864,50 m.
Trotz des tragfähigen und wasserundurchlässigen Untergrundes sind zur grösseren
Sicherung gegen ünterspülnng drei Grundmauern in der ganzen Länge des Wehres
446 IL Thäoeoe Koshv. Ausbau von Wasserkräfte*. Beispiele.
durchgeführt, welche 0,60 m breit und 0,50 m tief in den gesunden Felsen der Flosaohle
einbinden und ans Beton hergestellt sind (vergL Taf. LV, Fig. 3 zu Kap. III. 3 Schütxen
gehörig). Um den Vorboden und den Abfallboden gegen die Angriffe des Geschiebes zu
schützen, sind sie mit kiefernen Balken (b) von 0,20 auf 0,20 m belegt, welche reihenwein
durch eiserne im Beton verankerte T-Stücke gehalten werden. Für die Pfeilerköpfe oberhalb
und unterhalb sind segmentförmige Vorspränge des Fundaments gebildet. Etwa 3,60 m
aufwärts der Mittellinie des Wehres liegen die Schwellen der Schützen, welche für jede
Öffnung aus zwei Gusstücken (d) von 5,81 m Länge hergestellt sind. Diese Gusstücke sind
auf das Genaueste zusammengepasst und die Schlussfläche ist gehobelt. In der Mitte sind
die beiden Stücke durch Bolzen zusammengehalten und in die Pfeiler dringen sie je 0,81 m
ein. Die Schlussfläche der Schwelle liegt 26 cm über dem Vorboden. In der hinteren
Seite der Gusstücke sind grössere viereckige Öffnungen gelassen, um das sorgfaltige
Ausfüllen des Hohlraumes unterhalb der Schlussfläche mit Beton zu ermöglichen.
Die linke Ufermauer ist oberhalb und unterhalb durch zwei Flügelmauern fort-
gesetzt und ausserdem durch eine 4,0 m lange und 2,0 m dicke Ankermauer mit der
Böschung des Ufers verbunden, um Hinterspülungen wirksam zu verhüten.
An dem rechten Pfeiler des Wehres ist stromaufwärts eine 8,40 m lange sporn-
artige Betonmauer angeschlossen8), deren Krone -f- 365,55 liegt und welche dazu dienen
soll, das Geschiebe in die Wehröffnung zu leiten.
An die Mauer schliesst sich die Grudsehwelle aus Beton, an (vergl. Taf. XXVII,
Fig. 6), welche das Einlaufbecken etwa lotrecht zur Stromrichtung schneidend, Geschiebe
von ersterein abhalten soll.
Die Pfeiler des Wehres reichen in derselben Starke und Länge bis 9,75 m über
den Vorboden hinauf. Von da ab sind die Mittel- und Endpfeiler auf 4,46 m verkürzt
und nochmals 4,80 m hoch. Diese Pfeilerstücke nehmen die Fortsetzung der Falze für
die Schützen auf und tragen oben die Bedienungsbrücke. Stromaufwärts und abwärts sind
in den Pfeilern Dammbalkenschlitze vorgesehen, um Reparaturen vornehmen zn können.
Die eisernen Schützentafeln, System Stoney, und ihre Aufzugsvorrichtungen sind
im Kap. HI, 4 Schützen beschrieben und auf Taf. LV, Fig. 3 bis 13 dargestellt.
In der zweiten Bauperiode standen für den Abfluss des Wassers die Öffnungen
des Wehres zur Verfügung und es wurden zur Trockenlegung der Baugrube wiederum
zwei Fangedämme von der Trennungsmauer zwischen Rhone und Unterwasserkanal nach
dem rechten Ufer zu errichtet.
Da aber die Schwellen der Wehröffnungen auf + 861,50 liegen, die natürliche Fluasohle am rechte*
Ufer dagegen sum Teil bis auf + 859,0 vertieft war, so nrasate hier eine kräftigere Ausfthrung der Fange-
damme Platz greifen. Ihre Erbaanng in dem reissenden Wasser, welches zunächst trots Öffnung der
8chfttsen des Wehres auf dem rechten Ufer verblieb, wäre ohne einen Schatzdamm nicht möglich
gewesen. Man mosste deshalb damit beginnen, im Anschisse an den rechten Pfeiler des Wehres einen
8chutzdamm ans grossen Betonblöcken, welche durch den Strom nicht bewegt werden konnten, zu
schütten und denselben dann durch das Ausbrachematerial aus den Baugruben des Wehres erhöhen.
Dieser Schutidaram wurde nicht geradlinig gemacht, sondern man folgte der geringsten Tiefe der Sohle
und sehloss ihn an das Ufer etwa 75,0 m oberhalb der Mittellinie des Wehres an. Die Krone di<
Steindammes lag auf + 865,0. Im ganzen waren 2183,0 cbm an Blocken und Steinen nötig, um il
herzustellen (vergL Tai. XXVII, Fig. 5). Erst nach Fertigstellung dieaes Schutsdammes konnte man
an die Herstellung der eigentlichen Fangedämme gehen, da nunmehr das Wasser nach dem Wehre zu
abgewiesen wurde. Der obere Fangedamm wurde aus zwei Reihen alter Schienen gebildet, welche in
einem Abstände von 4,0 m voneinander in die Molasse hineingetrieben wurden. In jeder Reihe stand
alle 2,0 m eine Schiene. Auf der Vorderkante der stromaufwärts stehenden Schienenreihe wurden
*) Auf der Taf. XXVII, Fig. 1 ist diese Mauer nicht dargestellt, wohl aber im Grundrias der
Baugrube, Fig. 4.
Das Wassebkraft-ElektbizitItbwkrk Ch£vbes a. d. Rhone. 447
ntige Hftlser angebracht und auf diese die Bohienversehalnng genagelt Nach oben wurde der
amm durch ein hölzernes Gerüst verlängert, welches gleichfalls mit Bohlen verschalt wurde und
rbeitsbrflcke trug (Tai. XXVII, Fig. 4). Der Raum iwischen den ßchienenreihen wurde dann mit
hfittnngen, wie sie beim Aushub der Baugrube gewonnen wurden, ausgefüllt Auch die ganze
aufwärts des Fangedammes bis an den Schutzdamm heran war mit dem Ausbruchsmaterial
lieh vollgepackt, sodass man die Baugrube gegen einen Wassereinbruch von oben her genügend
>rt hatte. Die Konstruktion des unteren Fangedammes ergibt sich ans der Zeichnung (Taf. XXVII,
. Es gelang, die Baugrube so weit zu dichten, daas mit den beiden schon bei der ersten Bau«
> verwendeten Baupampen — einer Pumpe von 10 cbm Leistungsfähigkeit in der Stunde und einem
en Pulaometer — das Wasser leicht gehalten werden konnte.
Das Einlaufbecken liegt zwischen dem Krafthause und dem rechten Ufer. Es
im Teil im Einschnitt durch Abtrag des alten Abhanges am rechten Ufer herge-
, zum Teil durch Ausfüllung der Flussohle.
Das Material des Einschnittes bestand im wesentlichen aus grobem Kies und konnte daher sehr
ur Fabrikation der 17580 cbm Ifotonmasse verwendet werden, welche für das Krafthaus notig
Die Ausfüllung der tiefen Stellen der alten Flussohle ist mit dem Aushub der Baugrube des
lanses und des Unterwasserkanais bewirkt
Die Breite des Beckens ist an der oberen Ecke des Krafthauses 40,0 m und ver-
rt sich bis auf 14,0 m am unteren Ende. Bis etwa 15,0 m über die verlängerte
e des Wehres stromaufwärts hinaus, wo die schon erwähnte Grundschwelle den Ab-
iss bildet, ist die ganze Sohle des Beckens mit einer 30 cm starken Betonsohle
stigt und gedichtet. Der Beton besteht aus einer Mischung von 200 kg Puzzollan-
>nt auf den cbm. Die ganze Sohle ist dann noch mit einer Putzschicht von 3 cm
ke aus Zementmörtel abgeglättet.
Man hatte hn Herbst 1904 *) bereits begonnen, eine Mauer zu errichten, welche von dem rechten
ar des Wehres in einer gekrümmten Linie bis etwa 165,0 m oberhalb der Wehrachse zum rechten
lufer herübergehen und deren Krone nach m Bndlichen Angaben etwa auf + 365,75 gelegt werden
>. Diese Mauer wurde mittelst Pressluftgrttndung und fliegender Caissons hergestellt *). Durch diese
nr durfte das Geschiebe sehr wirksam zur Wehröffnung geleitet werden, während sich dasselbe vor
lten Grundschwelle ablagern und wegen der Abschrägung des oberen Sockels diesen überspringen konnte.
Eine mit hölzernen Zangen verbundene Pfahlreihe bildet die untere Stütze des
hens (vergl. Taf. XXVIII, Fig. 1 und 4). Die Schwelle des Rechens liegt aber bündig
der Sohle des Beckens. Es können also Geschiebe und Sinkstoffe, welche erst einmal
las Becken hineingelangt sind, ohne weiteres in die Turbinen gelangen. Deshalb
fte es sich empfohlen haben, die Schwelle des Rechens durch einen scharfkantigen
onsockel zu bilden (vergl. Kap. III, 2 Werkkanale). Der Rechen stützt sich oben
en ein U-Eisen, welches auf den vorspringenden Pfeilern des Krafthauses gelagert
Die einzelnen Rechenstäbe sind 9,0 m lang, 12 mm dick und 120 mm hoch. Ihre
tfernung von Mitte zu Mitte beträgt ca. 4 cm und wird durch Stehbolzen sicherge-
llt. Die Rechenstäbe vor den fünf ersten Turbinen haben einen grösseren Abstand
leinander. . Da aber hier grössere Steine mit hindurebgerissen werden, welche in den
itapparaten der Francis-Turbinen ernste Betriebsstörungen hervorgerufen haben würden,
isste der Abstand der Rechenstäbe vor den neuen Turbinen verringert werden. Zur
inigung des engeren Rechens ist eine Holzbrücke auf dem Rechen selbst angebracht
rden. Die dreieckigen Flächen an den beiden Stirnseiten des Rechens sind durch
Sprechende Tafeln aus Rechenstäben geschlossen.. Die Rechenstäbe sind zu Rahmen von
wa 1,0 m Breite durch U-Eisen zusammengefasst und durch Streben an zwei Stellen
ischen Fnss und Kopf nochmals unterstützt5).
Die Böschungen des Beckenufers sind von der Sohle bis auf die Höhe von + 368,00
9) Bei der Besichtigung der Anlage durch den Verfasser.
<) Dnrch Conrad Zschokke in Aarao.
5) In Fig. 1, Taf. XXVII sind die Streben nicht dargestellt.
448 IL Theodor Kokhn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
mit einer Verkleidung ans hydraulischem Kalkbeton (200 kg pro 1 cbm) in einer Dicke
von 0,25 m versehen nnd darüber bis zur Höhe von + 371,00 ist das Ufer mit einer
Steinpflasterung bedeckt, welche mit hydraulischem Kalkmörtel ausgegossen würde. Die
Neigung der Böschung ist 1 : 7*- Auf der Höhe von + 371,00 ist ein Weg von 3,0 m
Breite angelegt Jenseits desselben entspricht die Neigung der Böschung dem natürlichen
Böschungswinkel des kiesigen Bodens und ist nicht mehr besonders befestigt. Ein Weg
von 5,0 m Breite führt mit einem Gefalle von 6 °/o zum Krafthause hinab. Am unteren
Ende des Beckens geht die Uferböschung in eine gekrümmte Betonmauer über, welche
ihrerseits in das Mauerwerk des Krafthauses einbindet.
Zwischen dem rechten Pfeiler des Wehres und dem Maschinenbau** schliesst eine
gekrümmte Betonmauer das Becken von dem Unterwasser ab. Diese Mauer ist wegen
des hohen Wasserdruckes durch radiale Strebepfeiler abgestützt (vergl. Abb. 86). In
derselben befindet sich in dem ersten Felde neben dem Endpfeiler des Wehres eine Eid-
schütze und stromaufwärts von der letzteren ist in der Rhone eine doppelte Pfahlstellung
für eine Brücke geschlagen, welche auf der vorderen Pfahlreihe eine Bohlenver-
kleidung trägt, um das schwimmende Eis vom Becken zurückzuhalten und nach der
Eisschütze hinzuweisen6). In demselben Felde mit «der Eisschütze, aber unmittelbar neben
dem Endpfeiler des Wehres, ist eine Fischleiter angelegt.
Das Krafthaus hat eine Gesamtlänge von 137,0 m, ausreichend zur Aufstellung
von 15 Turbinen von je 1200 PS0 normaler Leistung bei einem Gefalle von 8,15 m.
Durchschnittlich konnte man bei + 357,50 festen Baugrund finden; nur an einzelnen
Stellen ist es nötig geworden , tiefer herunterzugehen, teilweise bis zu -f- 356,0. Die
Fundamente sind in Stampfbeton ausgeführt und zwar zum grössten Teil in Portland-
Zement-Beton (200 kg Zement auf einen cbm Beton), teilweise auch in Zement und
hydraulischem Kalk. Der Maschinentiur liegt auf -f- 372,50. Die ganze Länge ist ein-
geteilt in 18 Kammern von 7,50 m Breite von Achse zu Achse, welche durch 1,50 m dicke
Wände voneinander getrennt sind.
Vom Unterwasser nach dem Oberwasser gezählt, enthalt die erste Kammer in zwei Blumen
flbereinander die ölpumpen, in der zweiten Kammer sind die drei Erregerturbinen aufgestellt Die
dritte Kammer enthalt ganz unten mit der Sohle auf 4* 858,0 einen 8pfllkanal für das Kinlaufbecken.
Am Ende des letzteren befindet sich die Spalschfltse zu diesem Spulkanal Hinter der Sehutse fällt
das Wasser in einem senkrechten 8chachte von 2,60/2,50 m Weite bis auf + 862£8 ah, geht unter den
ZnfBhrnngakanal der Erregertnxbinen hindurch nnd mündet in das untere Gewölbe des erwähnten
Spfllkanales ans. Der Zufuhrungskanal für die Erregerturbinen liegt gleichfalls in der dritten Kammer
nnd zwar Aber jenem Spfllkanal. Er steht mit den drei Turbinenkammern durch drei Öffnungen in
Verbindung. Neben diesem Zafflhmngskanal der Erregertnrbinen befindet sich anf gleicher Hohe, aber
durch eine Betonmauer getrennt, ein Baum, welcher durch einen 8chacht mit dem Spulkanal in Ver-
bindung steht nnd dessen Revision gestattet. In dem Baume unter dem Maschinenflnr in der dritten
Kammer sind die Reservoirs für das Drucköl und der Windkessel für die Pressluft zum Ausblasen der
Generatoren untergebracht
Die 5 zuerst aufgestellten Turbinen 7) sind konische Reaktions-Doppelturbinen (vergl.
Taf. LXII, Fig. 4—7), An einer vertikalen Welle sind zwei dreifache Radkränze über-
einander montiert., welche so dimensioniert sind, dass die unteren Kränze allein bei dem
Wintergefälle 1200 PS6, die unteren und oberen zusammen aber bei 4,30 m Gefälle noch
800 PS« bei 80 Uml./Min. liefern können. Die Beaufschlagung erfolgt von aussen. Die
später aufgestellten 10 Turbinen sind zentrifugale Francis-Reaktionsturbinen mit vier Lauf-
kränzen übereinander von gleicher Leistungsfähigkeit wie die konischen Turbinen, aber
mit 120 Uml./Min. (vergl. Taf. XXVIII, Fig. 1).
*) Abb. 86 ist die Wiedergabe einer Aufnahme aus einer Zeit, als diese Eiaabr eiser-Brücke
noch nicht vorbanden war. In Kap. III, 6. Krafthäuser, A. Baulicher Teü findet sich eine \bb., welche
diese Brücke in der gegenwärtigen Verfassung zeigt.
7) Alle 15 Turbinen sind von Escher -Wy es & Co. in Zürich geliefert.
Das Wasbbbkbaft-Elbkt&izitItswbik Ch^vres A. d. Rhonk. 449
Jede Turbinenkammer ist durch eine Drebschütze mit horizontaler Achse vom
en abgeschlossen, und zwar ist die Konstruktion dieser Drehscfa ätzen für beide Tur-
isysteme angenähert dieselbe.
Die»« Drehacbotien nnd in Kap. III,
mtxpn beschrieben. Sie drehen «ich
ier horizontale Bolzen nnd werden
Ist einer Kette gehoben nnd gesenkt,
• «ich am eine Trommel aufwickelt.
wird durch eine Schraube ohne Ende
in Zahnrad in Bewegung gesellt und
in dem einen oder dem anderen Sinne,
hdein eine Ein rOckro rrichtuog, welche
aof einer für alle Turbinen gemein-
tliehen Trenamiesiona welle befindet,
ir einen oder der anderen Richtung
schaltet wird (vergl. Tef. XXVIII, g
1 u. 3). Die gemeinschaftliche Traue- 2
onawelle wird durch einen Motor an- Jf
eben, aber ea iat auch Torgeseben, nie ■£
«n falle von Hand bewegen ia können. -3
rollkommene Hebung einea Torea Ter- .
; etwa fünf Minuten. Der Zug in der X
» betragt 5328 kg. 2
Über den Turbinenkammern *j
unter dem Maschinenflur befindet m
für jede Turbine ein Raum, in J
;hem das Hanptstützlager der •«
lle untergebracht ist. Dorch Öff-
gen in den Mauern ist eine Ver- J
lung zwischen allen diesen Rau- £
i hergestellt. Ebenso sind alle «,
■kammern zu den Turbinen, in "Z
eben sich die Drehschützen be- .£
len, durch Öffnungen in den Wän- J
t und durch hölzerne Brücken
einander verbanden, sodass jede .
mmer leicht zugänglich ist (vergl. £j
L XXVIH, Fig. 1). Nach dem
terwasserkanal zu springen die
jnnnngswände der Turbinenkam-
rn um 3,0 m vor die Krafthaus-
nd vor nnd bilden hier die Pfeiler
- eine Brücke ans Beton und Eisen,
Iche längs des ganzen Krafthauses
tlang läuft (vergl. Abb. 86). In die-
ii Pfeilerroreprün^en waren Damm-
lkonscliliüe angebracht, durch wel-
e ermöglicht werden sollte, die
irbinenksmmern trocken zu legen. Aach nach der Seite des Beckens sind die Trennungs-
inde zwischen den Turbinenkammern über die Maschinenhauswand verlängert, um hier
e Bedienangsbrücke des Rechens zn tragen. In diesen Pfeüervorsprüngen Bind gleich-
.113 Dammbalkenschlitze angeordnet (vergl. Taf. XXVIII, Fig. 1).
BaeM tm Inc-WlaeeoML HL Teil. IS. Bd. og
450 IL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
Et sei hier gleich bemerkt, daes der Verschlaft* der Kammern nach dem Unterwasser an durch
Dammbalken sich für schnelle Reparaturen, wie sie der Bebrieb erfordert, als unzureichend heraus-
gestellt hat, insofern, als das Einbringen and Aasheben der Dammbalken, sowie ihre Dichtung and die
Entleerung decKammern xuvicJ Zeit beanspruchte. Man hat deshalb einen schwimmenden eisernen Ponton
konstruiert, welchen man im Falle einer Reparatur in die Mflndangsöffhung jeder Turbinenkammer hinein-
fahren kann, nachdem an allen Pfeilerköpfen der Teil des Mauerwerkes, welcher vom Schlitz nach aussen
zu lag, abgestemmt worden war. Der Ponton wird nach dem Einfahren mit Wasser gefallt, senkt sich
allmählich bis auf die Sohle und wird, sobald man anfängt, das Wasser aus der Kammer su pumpen,
durch den Aasseren Druck fest gegen die Auflagerflachen gedrückt. Auf diese Weise ist es möglich
in kurier Zeit eine Kammer zu entleeren und trocken zu legen.
In der Mitte des Maschinenhauses liegt der Schaltraum in einem Vorbau, welcher
3,0 m vorspringt und 30,0 m lang ist. Die äussere Wand desselben stützt sich durch
gusseiserne Säulen auf die vorspringenden Kammerpfeiler und wird von Trägern aus
armiertem Beton getragen, welche auf den Säulen ruhen. Die erwähnte Bedienungsbrücke
für das Einfahren des Pontons und das Entleeren der Kammer geht auf diese Weise
frei hindurch. Von der Verwendung der einzelnen Etagen des Schaltraumvorbaues wird
später noch die Rede sein.
Über der ersten Kammer des Maschinenhauses, vom flussabwärts gerichteten
Ende an gerechnet, befinden sich in Höhe des Maschinenflurs und in einer darüber
gelegenen Etage die Bureaus.
Ein Laufkran von 30,0 t Tragfähigkeit kann den ganzen Maschinenraum be-
streichen. Die Höhe des Maschinensaals bis zur Oberkante der Fahrbahn des Kraus
beträgt 7,0 m, die Höhe bis zur Oberkante Dachbinder 9,20 m. Die Bedachung ist in
Holzzement hergestellt. Längs der nach dem Unterwasser zu gelegenen Maschinenhaus-
wand läuft in einer Höhe von 2,80 m über dem Flur eine Fussgängerbrücke, welche
dazu dient, den vielen Besuchern die gefahrlose Besichtigung der Anlage zu ermöglichen.
Aus drei gesonderten Gründen musste man zur Wahl von Turbinen mit stehender
Welle gelangen, nämlich: 1. wegen der geringen Wasserspiegeldifferenz bei Hochwasser
(1,83m), 2. weil man die elektrischen Maschinen und den Kabelkanal hochwasserfrei
legen musste und 3. weil die Erd- und Mauerarbeiten billiger wurden. Bei liegenden
Maschinen hätten ganz erheblich grössere Massen des steil ansteigenden Uferabhanges
abgetragen und die Betonfundamente viel breiter werden müssen.
Die fünf zuerst aufgestellten Kegelturbinen besitzen zwei dreifache, sich konisch nach oben
verjüngende Laufkranze Übereinander, die fliegend auf der gemeinschaftlichen Welle sitzen. Die gnas-
eisernen Leitschanfelkränze sind auf der Sohle ihrer. Kammern fest verankert Die unteren drei Kränze,
welche einen etwas grosseren Durchmesser haben als die oberen, stehen so tief, daas sie ganz anter
Druck arbeiten, die oberen arbeiten zum Teil mit Saug Wirkung. Die Regulierung erfolgt für jede
Turbine durch drei miteinander verbundene, im horizontalen Sinne bewegliche Schieberringe, deren
8tege in ganz geschlossenem Zustande gerade die Eintrittsöffnungen decken, in ganz offenem Zustande
aber gerade auf der Ringflache zwischen zwei Eintrittsöffnungen Platz finden. Auf diese Weise ist die
Bewegung, welche die Schieber zu machen haben, auf ein Minimum reduziert (vergl. Taf. LXII, Fig. 4—7
Kap. 111, 5, Turbinen). Je eine vertikale Steuerwelle bewegt einen Schieber. Soll ein Turbinensatz in
Qang gesetzt werden, so öffnet die Regulierung zuerst den Schieber der unteren drei Kranze und
bei 8,50 m Gefalle geben diese allein die erforderliche Kraft ab und erreichen die vorgeschriebene
Tourenzahl. Bei kleinerem Gefalle folgt dann nach und nach die Öffnung des oberen Schiebers. Alle
Kranze werden von aussen beaufschlagt und deshalb kommt zu dem Gewichte der Turbine und des
auf derselben Welle sitzenden Teiles der Dynamomaschine noch der Wasserdruck. Die Turbinenwelle
ist viermal geführt. Ihr Gewicht und der Wasserdruck wurden in einem sehr kräftigen Ringspurlager,
welches unter 15 Atmosphären Öldruck steht, ausbalanciert Die Ringe sind so breit gemacht, dass
bei der Bewegung die Welle mit ihren Belastungen auf Drucköl schwimmt. Dieses Ringspurlager ist
in der Höhe des ersten Flures unter dem Maschinenflure untergebracht. Es wird mittelst Kahlschlangen
durch Wasser fortdauernd gekohlt Für die ersten fünf Turbinen wird das Drucköl von einer zentralen
Druckpumpe geliefert, während die später aufgestellten Turbinen anderen Typs jede ihre eigene öl«
1.
§15. Das Wasbbbkbapt-ElektbizitItbwehk Gh£vrks a. d. Rhone, ^
pumpe erhalten haben. Dieselbe Druckülleitung fthrt auch das öl zu den Servomotoren, Welche die
Stenerwelle der Turbinenschieber antreiben. Jeder Servomotor ist anf dem Maschinenflure unmittelbar
bei der Dynamomaschine aufgestellt. Die Kolbenstangen des* Servomotors wirken auf die vertikalen
Regulierwellen and diese darcb einen Doppelhebel auf die Ringschieber. In der Regel wird nur ein
Schieber reguliert. Bei grossem Gefalle sind die oberen Turbinenkränze ganz geschlossen und nur die
unteren werden reguliert und bei schwachen Gefällen bleiben die drei unteren Kränze ganz geöffnet
und nur die oberen Kränze werden reguliert.
Wenn für die später gelieferten 10 Turbinen das beschriebene System verlassen
wurde, so lag das zum Teil daran, dass sich das schwer belastete Ringsparlager doch als
ein Übelstand herausstellte, ferner daran, dass sich die Schieber allmählich ausschliffen,
wodurch der dichte Verschluss verloren ging und der Nutzeffekt der Turbinen abnahm
und schliesslich daran, dass man eine höhere Tourenzahl als 80 wünschte.
Die zentrifugalen Francis-Doppelturbinen haben je 2 Doppelkränze an einer Welle. Alle Kränze
werden von innen beaufschlagt. Der Eintritt des Druckwaasers erfolgt bei dem zweiten und vierten
Kranz von unten, bei dem ersten und dritten von oben. Das von unten einströmende Wasser druckt direkt
auf die Laufradnabe, während das von oben einströmende Wasser im ersten und dritten Kranz durch
einen an dem Leitrade festsitzenden Kegel, welcher ein Pockholzlager der Welle trägt, geführt wird,
sodass auf diese beiden Kränze nur der Spaltdruck wirkt. Auf diese Weise wird durch den hydrau-
lischen Druck nach oben auf den zweiten und vierten Kranz bereits das Gewicht der Welle und der
Turbinen selbst vollkommen ausbalanciert, sodass nur noch das Gewicht des elektrischen Magnetradea
durch ein Spurlager ohne künstlichen Öldruck aufzunehmen war. Von den zehn Turbinen sind fünf
speziell für das grosse Wintergeffclle und fünf speziell für das kleinere* Sommergefalle konstruiert, um
jederzeit möglichst wirtschaftlich zu arbeiten« Die Turbinen schlucken bei einem Gefälle von 4,3 m und
einer Leistung von 860 PS« 21,5 cbm/sek.
Jede Welle besteht aus drei Stacken, welche durch Muffen miteinander gekuppelt sind, und ist
viermal geführt und zwar unten auf einem Stehlager, zweimal in den Turbinen an den Körpern der
beiden Leiträder und oben an dem festen Gestell der Dynamomaschine. Die Leiträder sind auf dem
Beton der Zu- und Abfuhrungskanäle verankert Die Regulierung erfolgt durch vertikale, äussere Ring-
schieber, welche durch je drei Druckstangen auf und ab bewegt werden. Je zwei Schieber eines Doppel-
kranzes werden beim Schlieasen und öffnen gleichzeitig, aber im entgegengesetzten Sinne bewegt. Die drei
Druckstangen des oberen Schiebers greifen in dieselben drei Zahnräder wie die drei Druckatangen des
unteren Schiebers, aber auf der entgegengesetzten Seite, ein und öffnen und schlieasen so die Austritts-
öffnungen, der Laufräder. Jeder Doppelkranz kann für sich allein reguliert werden. Für jede Turbine
ist ein besonderer ölservomotor mit Fliehkraftregler aufgestellt, ebenso eine besondere ölpumpe mit
Windkessel, welcher das Pressöl für den Servomotor liefert. Zu jeder ölpumpe gehört auch ein
besonderes Beinigungsreservoir, in welchem das öl, welches vom Regulator zurückkommt, von Unrein-
liohkeiten befreit wird. Der Servomotor der Zentrifugalturbinen ist fast der gleiche wie derjenige für
die konischen Turbinen, nur dass natürlich hier die Übersetzung der Bewegung des Kolbens auf die
Regulierungsgestänge eine andere ist. Die drei Erregerturbinen, von deren Aufstellung schon früher
gesprochen wurde, sind wie die zuerst aufgestellten fünf Turbinen Kegelreaktionaturbinen. Entsprechend
der geringeren hier zu leistenden Kraft von 150 PSe bei 150 Touren besteht jeder Turbinensatz nur aus
einer Kegelturbine mit drei Kränzen übereinander. Das Turbinengehäuse ist ganz geschlossen und das
Wasser wird durch ein gekrümmtes Rohr der Turbine zu- und durch ein Saugrohr in den Entlastungs-
kanal abgeführt. Diese Turbinen gebrauchen bei voller Belastung und bei einem Gefälle von 4,30 m
4000 1/sek., bei einem Gefälle von 6,50 m 1760 1/sek.
Die ersten 5 Turbinen sind mit Wechselstrommaschinen, System Thury 5), gekuppelt.
Jeder dieser Generatoren wiegt 70 1, wovon auf die Welle und das bewegliche Magnetrad 12 1 entfallen.
Es sind Gleichpolmaschinen«), bei denen nicht, wie bei den neuerdings fast ausschliesslich verwendeten
Wechselpolmaschinen, ein positiver Magnetpol auf einen negativen folgt, sondern bei denen nur gleich-
namige Pole aufeinander folgen. Es kehrt sich deshalb die Richtung der induzierenden magnetischen
Kraftlinien nicht um, sondern dieselben bleiben gleich gerichtet und das Feld wechselt nur zwischen
Null und einem gleichnamigen Maximum. Der feste Teil der Maschinen besteht aus einer zylindrischen
Glocke von 4,50 m Dm. und 2,20 m Höhe. Diese Glocke trägt in sich in Form von zwei übereinander
gestellten C die Wickelung der zwei Ankerringe sowohl als auch diejenige der zwei Feldmagneten. Alle
*) Geliefert von der Compagnie de l'Industrie ßlectrique in Genf.
6) Vergl. F. üppenborn, Deutscher Kalender für Elektrotechniker 1905, S. 192.
29*
452 IL Theodob Koehn. Ausbau von Wasserkraft*!!. Beispiele.
stehen also fest Das bewegliche Magnetrsd besteht aas euer an der Welle befestigtes»
Gasstahlgloeke mit zwei gezahnten Krausen. Jeder Kraus besitzt 84 radial gerichtete Zahne. Ji
System von Magnetwickelung und Anker gibt einen Btnphasenweehse Istrom von 2750 Volt, 46
und 150 Ampere bei Toller Belastung. Werden die beiden Systeme einen Generators in Serie hinter-
einander geschaltet, so gibt die Maschine Strom mit 5500 Volt Um Zweiphasenwechaelstrom su beten»
können die beiden Anker- und Magnetwickelungen so gegeneinander verschoben werden, dasa eise»
Phasenverschiebung von 90° entsteht. Der Nutzeffekt der Generatoren ist 98*/«> Pur jeden Magnat-
ring ist ein Erregerstrom von 45 Ampere erforderlich.
Die Generatoren der 6ten— Uten Turbine sind als Zweipbasenwechselatrom-Masehinen mit still-
stehendem Anker und rotierendem Feldmagneten nach dem Wechselpolsystem gebaut 7). Xs liegen auch bei
dieeen Maschinen swei Ankerwickelungen und xwei Feldmagneten fibereinander und man kann durch
achaltung Strom in einer Spannung von 5500 Volt oder bei Parallelschaltung Zweipbasenweohselstrom
2750 Volt bei 120 Touren und 45 Perioden liefern. Die an die Turbinen 12 und 13 angekuppelten Genaraii
sind ebenfalls Wechselpolmaschinen mit feststehendem Anker und rotierendem Feldmagneten •). Sie liefen»
bei 120 Touren Zweiphasenwechselstrom von 5500 Volt und 45 Perioden. Die ganze Maschine wiegt
40000 kg, gegenüber 70000 kg bei den Gleichpolmaschinen des erstgenannten Typen ein Gewichts-
unterschied, welcher allerdings auch auf die grossere Tourenzahl zurückzuführen int Die 15 te Turbine»
ist mit einer Gleiobstrommsschine gekuppelt, weil sie den Strom für eine elektrochemische Fabrik der
Societe ,La Volte* in Chevres zu liefern hat, welche fttr ihre Zwecke nur Gleichstrom gebrauchen kann.
Alle Maschinenkabel werden im Kabelkanal in den Schaltraum geführt Bei jeder Manohi—
ist aber ein kleines Marmorschaltbrett aufgestellt, enthaltend swei Amperemeter, um die Stresnstlrke)
jeder Phase anzuzeigen, ferner einen Umschalter, um die Maschine entweder nach dem Schaltraeou oder
direkt auf eine besondere Fernleitung schalten zu können. Letztere Kombination war nötig, weil von
dem Kraftwerk sus mehrere Kalzium-Karbidfabriken mit Strom versorgt werden, die besondere Leitungen
besitzen. Das Schaltbrett, welches sich in der Höhe der früher erwähnten Lanfbrttcke befindet und von
dieser aus bedient wird, ist 26,0 m lang und in 84 Felder eingeteilt, Fünf Felder dienen für die
Erregermaschinen, ein Feld für den Gleichstrom zur Beleuchtung und zum Kraftbedarf der Zentral»
selbst, elf Felder für die Maschinen, welche mit 2750 Volt arbeiten, zwei Felder für die Verbindung mit
den zwei unterirdischen Fernleitungen mit 2750 Volt, swei Felder flu* die Verbindung der 8a»meft-
schienen für 2750 Volt mit der Transformatorenstation, in welcher der Strom auf 5500 Volt heran!»
transformiert wird und welche gestatten, beide Systeme su verbinden, drei Felder für die Meschinen,
welche mit 5500 Volt arbeiten, neun Felder zur Verbindung der oberirdischen Fernleitungen mit 5500 Veit,
ein Feld für die grosse Gleiehstrommaschine.
Zwei Systeme von ringförmigen Sammelschienen, je eines fttr 2750 Volt und 5500 Volt, nut
mehrfachen Unterbrechern gestatten es, einzelne Teile stromlos su machen und Reparaturen voi
ohne den Betrieb fttr die übrigen zu stören. Jede Maschine kann nach Wahl mit jeder der
Systeme von 8ammelschienen verbunden werden. Ein drittes System von Sammelschienen gestattet
ausserdem noch, die beiden unterirdischen Fernleitungen ganz voneinander su trennen und die eine
ganz auf Lieht, die andere auf Kraft arbeiten su lassen, um einen ruhigeren Lichtbetrieb zu erzielen.
Der Schaitraum ist durch Betondecken in 4 Etagen eingeteilt. Die beiden Etagen
des Schaltraumes in Flurhöhe und in Hohe des erwähnten Laufsteges Sind zur Unter-
bringung aller Sammelschienen verwendet, die Etage unter dem Maschinenflur cur Auf-
stellung der Blitzschutzvorrichtungen. Die vierte Etage trägt einen turmartigen Aufbau
von 5,0/3,0 m Grundfläche und 10,0 m Höhe aus Eisenfachwerk. Er dient sur Hinaua-
leitung der oberirdischen Fernleitungen. Die Vorderseite der Schalttafel enthält natür-
lich nur Niederspannungsapparate oder stromlose Schalthebel. Insgesamt sind im Schnlt-
raum 295,2 qm Bodenfläche zur Verfügung d. h. pro 100 installierte PS« ca. 1,64 qm. Auch
hier ist der verfügbare Raum für die Schaltanlage zu knapp bemessen.
In einem besonderen Gebäude, welches am Ende des Zuführungskanals lotrecht
zum Maschinenhause Aufstellung gefunden hat, sind im Kellergeschoss die Transforma-
toren aufgestellt, durch welche der Strom von 2750 V. auf 5500 V. hinauftransformiert
werden kann. Über diesem Transformatorenraum befindet sich eine geräumige Werkstatt
Der Strom nach Genf wird als Zweiphasenwechselstrom unterirdisch geführt Die
7) Geliefert von Brown & Boveri <fc Co., Baden, 8chweiz.
>) Geliefert von der Compagnie de l'Indnstrie £lectriqne in Genf.
§ 16. Das W abbkctr a pt-ElektbizitItbwebk St. Maurice-Lausanne. 453
einfache Länge eines Kabels zwischen dem Krafihause und der Transformatorenstation
in Genf beträgt 5825,0 m.
In einem Betonkanal, welcher mit einem Betondeckel abgedeckt ist, sind vier Leiter auf zwei
übereinandergelegten Formensteinen untergebracht. Der Hohlraum des Betonkaeteos ist mit einem
Asphaltbrei, welcher in einem gewiesen Verhältnisse mit öl und Vaseline gemischt und dann mit Eies
zu einer Art Betonmasse verarbeitet wurde, ausgefüllt Die Mischung mit Kies wurde an Ort and Stelle
in besonderen Kesseln vorgenommen und unmittelbar nach der . Piasierang jedes DoppeJleiters einge-
bracht. Jeder Doppelleiter setzt sich ans zweimal sieben Kupferkabel von 70 qmm Querschnitt zu-
sammen. Jedes Kabel ist aus sieben Drähten von 8,6 mm Durchmesser verseilt. Die Gesamtlange der
Leiter ist in fünf Abschnitte eingeteilt, welche voneinander durch Anschlusskabelkasten getrennt sind,
sodass in den Kasten leicht der Ort eines Defektes festgestellt werden kann und auch Absweigungen
im Bedarffalle vorgenommen werden können. Ein Querschnitt durch diesen Kabelkanal befindet sich in
Kap. III, 7, Fernleitungen.
Im Jahre 1897 sind noch neben dieser Leitung zwei eisenbandarmierte Bleikabel
von 150 qmm verlegt. Für die Versorgung der Orte am linken und rechten Rhone- und
Seeufer dienen besondere oberirdische Leitungen, deren Konstruktion nichts Besonderes
bietet Die Länge der oberirdischen Hochspannleitungen betrug am 31. Dezember 1899
schon 43,1 km. Das Verteilungsnetz in Genf ist für Licht und Kraft nach Möglichkeit
getrennt.
§ 16. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk an der Rhone
St Maurice der Stadtgemeinde Lausanne.
Hierzu Tafel XXVIII und XXIX i).
Die Rhone bildet beim Bois-Noir in der Nähe von St. Maurice eine Stromschnelle
mit einem Gesamtgefälle von 38,75 m im Winter und 36,45 m Sommer auf einer Länge
von ungefähr 4,5 km. Diese Wasserkraft hat die Stadt Lausanne im Jahre 1898 erworben,
um sie in elektrische Energie verwandelt nach Lausanne und Umgebung zu überführen *).
Auf Grund zehnjähriger Messungen wurden folgende Wassermengen festgestellt (vergl.
S. 185/186).
1. Als geringste 355tägige Wassermenge des trockensten Jahres 18,7 cbm/sek.
2. als neunmonatliche des trockensten Jahres 30,0 „ „
3. als neunmonatliche des durchschnittlichen Jahres .... 40,0 „ „
4. als kleinste sechsmonatliche des trockensten Jahres . . . 44,0 „ „
5. als durchschnittliche sechsmonatliche 73,0 „ „
6. als Mittelwassermenge 143,0 „ „
7. als grösste Wassermenge 975,0 „ „
Die Oberfläche des Vorflutgebietes der Rhone bis zum Bois-Noir beträgt 4692 qkm.
Als nutzbares Gefalle an dem Krafthause haben sich im Winter 36,10 m, im Sommer
34,69 m ergeben. Für den Entwurf der Bauwerke sind 40 cbm/sek. angenommen. Hier-
mit kann man im Mittel 14000 PS« leisten. Da aber während etwa 90 Tagen im
Winter die sekl. Wassermenge, wie erwähnt, sehr erheblich fallen kann, ist von vornherein
die Errichtung einer Darapfreserve in Lausanne selbst vorgesehen.
Abgesehen von den interessanten wasserbaulichen Anlagen bietet das Kraftwerk
St. Maurice insofern ein besonderes Interesse, als hier zur Übertragung der Kraft nach
i) Die Abbildungen sind entnommen z. T. dem Bulletin technique de la Suieee romande 1902—
1908: Installationa Alectrioues de la Commune de Laueanne par A. de Montmollin und der Zeitachr. d.
Ver. deutscher log. 1908. 8. 78 u. ff.
*) Der waseerbauliche Teil des Projektes ist vom Prof. Ä. Palaz in Lausanne (vergl. S. 25) ver-
faaat Die Betriebeeröffnung des Werkes fand Ende 1902 statt.
454 IL Theodor Roehk. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
Lausanne auf 56 km Entfernung hochgespannter (25000 V.) Gleichstrom, System Tbury,
gewählt worden ist (vergl. Kap. DI, 6 B Krafthäuser, Elektrischer Teil).
Dm dl« Orte, welche toh der Fernleitung berührt werden, meistens schon selbst elektrische
Kraftanlagen besessen, so kam im wesentlichen nnr die KraftaberfOhrung nach Lausanne selbst in
Frage. Für die Verteilang der Kraft in Lanssane bat man, abgesehen von der Lieferung des Gleich-
stromes an die Strasseobahn, hochgespannten Dreiphasendrehstrom gewählt Als Grand für die Wahl
des hochgespannten Gleichstromes fttr die Übertragung der Kraft von St Maarice nach Lausanne ist die
Einfachheit der Schaltanlage in dem Krafthanse und die Ersparnis an Kupfer der Fernleitung angefahrt
ftr welche man natürlich nur swei Drähte brauchte. Auf den Nutseffekt des Gesamtsystems bei
schwankender Belastung hat man weniger sehen sa müssen geglaubt, da man jedenfalls wahrend
Monaten im Jahre reichlich Wasser tur Verfügung hatte. In der Umformerstation, welche in
Vororte Pierre de Plan im Nordwesten von Lausanne errichtet ist, wird der Gleichstrom in Dreiphasen-
drehstrom mit 8100 Volt umgeformt Das Verteilnngsstromnetz ist für Licht und Kraft gemeinsam and
als Dreileitersystem von zweimal 125 Volt ausgeführt. In der Umformerstation von Pierre de Plan
standen 1908 fünf Gleichstrommaschinen von je 400 PS« , von denen vier mit entsprechenden Dretphssen
drehstromdynamos gekuppelt waren, wahrend die fünfte eine Gleichstrommaschine fttr den Tramway-
dienst trieb. Von den Drehstrommaschinen konnten zwei mit Dampfmaschinen gekuppelt werden,
um, wenn einmal wegen Wassermangels oder wegen einer Störung in der Fernleitung der Strom
ans St Maarice ausbleiben sollte, immer mindestens mit 800 PS« weiter arbeiten sa können. Selbst
verständlich war für Vergrosserung der Anlage der genugende Platz im Maschinenhause vorgesehen
Die Strassenbahn hatte von früher her ihre eigene Dampf zentrale, sodass eine Reserve fttr sie
zunächst nicht nötig war. Die Gleichstrommotoren sind, ebenso wie die Stromerzeuger in dem Wasser-
krafchanse, Hauptstrommasehioen und in Serie geschaltet In der Fernleitung wird eine konstante
Stromstärke von 150 Ampere gehalten, sodass bei Abfall der Belastung die Spannung sinkt Da nun
aber für die Drehstrommaschinen eine konstante Spannung Vorbedingung ist, so mnsste eine besondere
Regulierung der Gleichstrommotoren in der Umformerstation gewählt werden. Jeder Motor nebst der
von ihm angetriebenen Dynamomaschine ist deshalb mit einem 8800 kg schweren Schwungrade aus-
gerüstet. Die Umlaufgeschwindigkeit wird ferner durch einen Geschwindigkeitsregler System Tkory
selbstwirkend gleichnUssig gebalten, indem derselbe mit Hilfe eines Fliehkraftreglers durch Verstellung
der 8tromsbnehmerbürsten von der Pollinie bis zum neutralen Punkte die Erregung des Magnetfeldes
schwächt oder verstärkt Dieser Geschwindigkeitsregler soll angeblich ganz ohne Funken und mit aller
wünschenswerten Präzision arbeiten, sodass die Schwankungen in der Tourenzahl nicht mehr als 1%
betragen sollen. Durch die Umformung in Lausanne wird jedenfalls der Nutzeffekt der Übertragumg
erheblich beeinträchtigt. Da ferner der Gesamtwiderstand der Fernleitung konstant 18 Ohm beträgt, es
findet in der Leitung ein dauernder Effektverlust durch Jouleschs Wärme (J*W.) von 292,5 KW und eis
Spannangsverlnst von 1050 Volt statt und zwar ohne Rücksicht auf die Höhe der Belastung. Das
System Thury hat bis jetzt im Vergleiche zum Drehstrom bei Kraftflbertragungaanlagen nur geringt
Verbreitung gefunden.
An dem Wehre (vergl. Taf. XXVfll, Fig. 5 und 6), welches in der Nähe des
Dorfes Evionnaz liegt, führt eine eiserne Fußgängerbrücke von 91,0 m Länge, von Ufer
zu Ufer gemessen, über die Rhone. Es war Bedingung der Konzession, dass in der Mitte
des Stromes eine Öffnung von 48,5 m lichter Weite ganz frei zu legen war, sodass die
Rhone bei Hochwasser ohne Hindernisse durchströmen und die sehr starke Geschiebe-
führung mit hindurchtreiben kanb. Zwei starke steinerne Pfeiler von je 2,6 m Dicke
fassen die Mittelöffhung ein. Am linken Ufer schliesst sich der Kanaleinlauf an (vergl.
Taf. XXIX, Fig. 1), am rechten ein fester Wehrrücken, dessen Krone 1,80 m über
normaler Flußsohle liegt. Dieser feste Wehrrücken soll als Überfall selbsttätig den
Stauspiegel bei N.W. regeln. Vor dem festen Wehre liegen eine Buhne und ein Parallel-
werk, tfm den Grundstrom bei Hochwasser von dem festen Wehre ab und in die Mittel-
öffnung zu weisen und um eine Hinterspülung des Uferanschlusses am festen Wehre zu
verhüten. Es hat sich in kurzer Zeit der Raum zwischen der Buhne, dem Parallelwerk
und dem festen Wehrrücken fast ganz mit festem Schlick angefüllt. Die Mittelöffhung
ist durch 28 Schützen abschliessbar (vergl. Taf. XXIX, Fig. 2). Jede Schütze ruht auf
einem festen, schräggestellten Rahmen aus zwei eisernen Griesständern, welcher durch
§ 16. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk 6t. Maurice-Lausanne. 465
ein Gitterwerk aus U-Eisen und Zugbändern versteift ist. Jeder Rahmen ist oben an der
Bedienungsbrücke durch zwei wagerechte Drehbolzen befestigt und stützt sich unten auf
eine Eisenplatte, welche in die mit Holzbohlen befestigte Sohle eingelassen ist. Die Schützen
Bind mittelst Zahnstangen und einem Vorgelege mit Handbetrieb beweglich. Soll der
Strom freigelegt werden, so werden zunächst die Schützen bis über die Wasserspiegel-
linie emporgezogen und dann wird mittelst einer auf Schienen fahrbaren Bockwinde und
einer Kette der Rahmen selber hochgezogen und fast horizontal unter der Brückenbahn
festgemacht. Die Höhe der Schützentafeln beträgt 1,80 m. Die Flussohle unterhalb der
Schützen ist durch einen Betonkörper von 3,0 m Höhe und 4,50 m Breite befestigt, welcher
zwischen Spundwänden hergestellt und flussaufwärts sowohl als flussabwärts durch kräftige
Steinschüttungen geschützt ist. In den Beton sind Holzbalken eingelassen und verankert,
auf welchen ein glatter Bohlenbelag in Richtung der Flussachse festgemacht ist. Der kleine
Spielraum zwischen den einzelnen Rahmen ist durch gehobelte Bohlen, welche an die
I-Eisen der Griesständer verbolzt sind, gedichtet, so dass der Schluss des Wehres ein sehr
guter ist. Die Pfeiler der grossen Mittelöffnung sind zwischen Fangedämmen in offener
Baugrube bis auf den felsigen Baugrund fundiert. In dem linksseitigen Pfeiler ist
eine Fischtreppe angelegt.
Neben dem Schützenwehre auf dem linken Ufer liegt der offene Einlauf, welcher
nur durch eine Grundschwelle (Unterwasserdamm) vor dem Eintreten von Geschiebe
möglichst geschützt ist. Diese Schwelle aus Beton mit vorliegender Steinschüttung
schliesst sich an den linken Pfeiler an und reicht bis zu einer ca. 60,0 m aufwärts des
Wehres angelegten Steinbuhne. Die Krone der Schwelle liegt soweit unter dem normalen
Stau (rd. 0,60 m), dass mit Sicherheit mindestens 40 cbm/sek. über sie hinweg in das
Vorbecken zum Kanal fliessen können. Auf den ersten 900,0 m geht der Werkkanal
(vergl. Taf. XXVIII, Fig. 5 u. 6) unmittelbar an der Rhone entlang und wird von dieser
durch eine Betonmauer, welche zwischen Spundwänden fundiert ist, getrennt. Die Krone
dieser Mauer liegt auf + 447,70, der normale Wasserspiegel im Kanal auf + 447,20 N.N.
(vergl. Taf. XXIX, Fig. 3). Da das höchste H.W. auf + 450,15 liegt, so kann es
in den ersten Teil des Kanals überall eintreten. Die Sohlenbreite beträgt 7,75 m, die
normale Wasserspiegeltiefe 3,25 m. Die landseitige Böschung ist durch Felssteinmauer-
werk geschätzt. Das Gefalle in diesem Vorkanal beträgt 0,45 °/oo. Der Vorkanal endet
in einem Ablagerungsbecken, welches dadurch gebildet ist, dass die Breite des Kanals
ungefähr verdoppelt wurde. Die Ufermauer nach der Rhone zu ist hier auf einer Länge
von 235,0 m auf Höhe des normalen Kanalwasserspiegels gelegt, sodass ein sehr wirksamer
Überlauf gebildet wird. An das Ablagerungsbecken, dessen landseitige Ufer gleichfalls
wie beim Vorkanal selbst durch Felssteinmauern befestigt sind, schliesst sich die Einlauf-
schleuse zu dem unteren Teil des Werkkanals an und neben dieser Schleuse liegt ein Grund-
ablass, um das Ablagerungsbecken und namentlich den Teil desselben vor der Einlauf-
schleuse spülen zu können (vergl. Taf. XXIX, Fig. 7). Die Rhone führt bei Hochwasser
ganz feinen Schlick in sehr grossen Mengen, der sich in dem Ablagerungsbecken in solchen
Massen und so fest ablagert, dass er durch die Spülwirkung des Grundablasses nur zum
geringen Teil beseitigt werden kann und dass von Zeit zu Zeit bei N.W. durch Ausbaggern
vor der Einlaufschleuse nachgeholfen werden muss. Vor der Einlaufschleuse befindet sich
ein Rechen, der unter ca. 40° gegen die Horizontale aufgestellt ist und dessen Sohle
ca. 1,50 m über der Sohle des Ablagerungsbeckens liegt. Die Einlaufschleuse misst im
Lichten 17,80 my eingeteilt in fünf Schützenöffnungen. Die Griesständer sind durch Böcke
aus Gitterwerk, welche unter sich versteift sind, gestützt 8). Letztere tragen über Hoch-
») Eine Abbildung befindet sich im Kap. III, 8. Schützen.
466 IT. Theodob Koehn. Ausbau ton Wasserkräften. Beispiele.
wasser eine Bedienungsbrücke und die Aufzugsvorgelege. Oberhalb der beweglichen
Schützen ist an den Griesständern eine Bohlenbekleidung befestigt, sodass dem Hoch-
wasser das Eintreten in den Kanal verwehrt ist. In der Nähe dieser Schleuse
befindet sich ein Wohnhäuschen des ständigen Wärters, welcher zu gleicher Zeit die
Bedienung des Wehres mit zu besorgen hat. Von der Einlaufschleuse an ist der Kanal
noch 2,3 km lang, von denen 800,0 m überwölbt sind. Auf der überwölbten Strecke
kreuzt der Werkkanal den Wildbach von St. Barth61emy. Dieser führt unter Umständen
ungeheuere Geschiebemassen mit sich, welche einen offenen Kanal leicht versandet haben
würden. Der Kanal mündet in ein Becken von rd. 200,8 m Länge und 14000 cbm
Inhalt, in welchem sich die Sohlenbreite des Kanals von 4,0 m allmählich auf 35,0 m
verbreitert und die Sohle sich vertieft. Hierdurch wird die Geschwindigkeit, welche
im Kanal ca. 1,74 m/sek. bei 40 cbm/sek. beträgt, sehr verlangsamt Es findet infolge-
dessen eine starke Ablagerung statt. Bei H.W. ist aber das Rhonewasser, wie gesagt,
derart mit aufgelöstem Schlick gesättigt, dass sich das in den Kanal eingeflossene Wasser
in den beiden Ablagerungsbecken nicht genügend zu reinigen vermag.
Obwohl 1904 nur ftnf Turbinen in dem Krafthanae aufgestellt waren, welche höchstens 15,9 cbm/sek.
Wasser verbrauchen, war die Reinigung des Wassers wegen der unzureichenden OrdssenverhSltpisse
der Ablagecongsbecken doch ungenügend.
Am Ende des Beckens liegt die aus Stampfbeton hergestellte Druckkammer,
rechts daneben ein Grundablass nnd am rechten Kanalufer ein 21,0 m langer Überlauf
(Tai. XXIX, Fig. 8 und 9). Die Sohle des Beckens ist betoniert und nach dem rechten
Ufer zu geneigt, um die Ablagerung auf dieser Seite zu begünstigen und die Wirksam-
keit der Spülung durch den Grundablass möglichst zu erhöhen. Der Überlaufkanal
geht neben der Druckrohrleitung bis zur Eisenbahnüberführung und von dort direkt in
die Rhone. Da das Sohlengefalle bis zur Rhone rd. 30,0 m beträgt, so ist der Über-
fallkanal zum Teil kaskadenformig angelegt und an der Sohle und den Böschungen mit
Steinpflasterungen solide befestigt.
An der Druckkammer ist in der Beckensohle durch eine Betonmauer, auf welcher
der Rechen steht, ein Absatz von 1,60 m gebildet (vergl. Taf. XXIX, Fig. 8 und 9). Der
Rechen, dessen Stäbe eine lichte Entfernung von 3,0 cm von einander haben, ist unter
einem Winkel von etwa 45 ° gegen die Horizontale geneigt. Es sind drei voneinander
getrennte Kammern für drei Druckrohre angelegt, von denen aber 1904 zunächst nur
eines verlegt war. Jede Hauptkammer kann durch eine Schütze abgeschlossen werden.
Der Boden der Vorkammer steigt von der Schwelle des Rechens bis zur Schwelle der
Schütze noch um 60 cm an. Hinter der Schütze fallt die Sohle der Hauptkammer um
3,80 m ab. Die Wassertiefe in der Hauptkammer beträgt deshalb 6,40 m. Das 2,70 m
weite Druckrohr liegt mit der Sohle ca. 30 cm über Kammerboden, sodass der Scheitel
des Rohres immer noch 3,40 m unter Wasser bleibt. Die Mündungsöffnungen der Druck-
rohre sind trompetenartig gut abgerundet. Bei geschlossenen Schützen kann, wenn das
Rohr sich entleert, Luft durch die Druckkammer frei eintreten.
Die zunächst verlegte Druckrohrleitung hat eine Länge von 470,0 m von der
Kammer bis zum Maschinenhaus. Sie ist aus Flusseisen hergestellt, hat einen inneren
Durchmesser von 2,70 m und ist in Längen von 7,0 m ohne Flanschen an Ort und Stelle
vernietet Die Blechstarke ist an der Druckkammer 7 mm, am Maschinenhause 10 mm.
Sie ruht in Abständen von je 3,0 m mittels gusseiserner Lagerschalen auf Betonpfeilern.
Um das Druckrohr unter die Jura>Simplon-Eisenbahn hindurchzufuhren, sind zwei Knie
von ca. 110° eingelegt Die Knickpunkte sind auf mächtigen Betonblöcken besonders
verankert. Da das Rohr im übrigen ganz frei liegt, so waren Dilatationsvorrichtungen
§ 16. Das WAßSKRKKAFT-EuEKTRizrrlTSWERK St. Maurice-Lausanne. 457
notwendig, von denen in der üblichen Form der Stopfbüchse sich je eine oberhalb und
unterhalb der Eisenbahnkreuzung befindet. Da bei dem gewählten Generatorensystem
häufige und plötzliche Schwankungen in der Wasserzuführung die Regel bilden, und weil
überdies die Geschwindigkeit im Druckrohr bei voller Belastung aller Maschinen eine
grosse (2,78 m/sek.) ist, so hat man besondere Sicherheitsvorrichtungen gegen Wasser-
schläge für nötig erachtet. Diese bestehen darin, dass auf den ersten 800,0 m vom
Maschinenhause drei Steigerohre von je 600 mm Weite auf das Druckrohr gesetzt sind,
welche etwa bis zum normalen Wasserspiegel in der Druckkammer reichen. Steigt das
Wasser höher, so wird es durch ein Überlaufrohr abgeführt. Nach mündlichen Angaben,
welche dem Verfasser bei der Besichtigung der Anlage gemacht wurden, sollen trotz der
3 Steigerohre noch sehr starke Stösse im Druckrohre vorkommen. Am Krafthause tritt
das Druckrohr in einen unterirdischen Kanal und kann daselbst durch eine grosse Drossel-
klappe abgeschlossen werden (vergl. Taf, XXIX, Fig. 10 bis 12). Vor der Drosselklappe
befindet sich natürlich eine Entleerung. Die zwei anderen Rohre werden erst bei ent-
sprechend gewachsenem Kraftbedarf verlegt werden. Man kann sie dann entweder auf
Konsolen über den Unterwasserkanal oder auf der anderen Seite des Maschinenhauses
verlegen und durch Krümmer oder Stutzrohre mit dem unter den Turbinen entlang-
gehenden Hauptrohre verbinden. . Für jede Turbine befindet sich auf dem Druckrohr ein
vertikaler Stutzen mit anschliessendem Zuführungsrohr. Jedes Zufuhrungsrohr ist gleich-
falls durch eine besondere Drosselklappe abschliessbar. Aus den Turbinen fliesst das
Wasser durch ein Saugrohr direkt in den offenen Unterwasserkanal*). Letzterer (vergl.
Taf. XXIX, Fig. 6) liegt zunächst längs des Maschinenhauses, läuft in dieser Richtung
geradlinig weiter, bis er die Jura-Simplon-Eisenbahn kreuzt und wendet sich dann der
Rhone zu. Das Sohlengefälle beträgt 0,65 °/oo.
Das Krafthaus besteht aus einem einstöckigen Maschinensaal und einem drei-
stöckigen Anbau, welcher eine Werkstatt und Wohnräume enthält. Die Grundmauern
waren 1904 bereits für den zweiten Ausbau angelegt. Der Maschinensaal ist 35,5 m
lang, 14,0 m breit und wird von einem Laufkrahn mit 7,0 t Tragfähigkeit bestrichen. Sb
sind zunächst fünf 1000 pferdige und zwei 120 pferdige Turbinen aufgestellt, von denen
die grossen Turbinen mit Gleichstrommaschinen, die kleinen mit Drehstrommaschinen
gekuppelt sind. Der Flächenraum des Maschinensaals beträgt demnach 497,0 qm und
es sind für die Haupt-Turbogeneratoren 9,94 qm pro 100 installierte PS« verfügbar.
Zwischen Wellenende der Dynamomaschinen und der Wand des Maschinenhauses ist noch,
ein freier Zwischenraum von 2,80 m, sodass auch die breitesten Stücke dort abgesetzt
werden können. Die Entfernung des Wellenendes der Turbinen von der gegenüberliegenden
Maschinenhauswand beträgt 0,75 m, was ausreichend erscheint. Ausser den Nutzturbinen
ist noch ein kleines Peltonrad aufgestellt, welches eine dreizylindrige Öldruckpumpe treibt
für die zentrale Turbinenregulierung und Lagerschmierung (vergl. Taf. XXIX, Fig. 10).
Die Turbinen6) sind Francis-Reaktionsturbinen mit wagerechter Welle und Spiralgehäuse.
Die Unterlagen für die Konstraktion waren die folgenden:
1000 pferdig« Turbin« ISO pferdig« Torbin«
Gefalle 32,0-34,0 m 82,0-34,0 m
Wasserverbrauch pro Sekunde 3100 1 880 1
Leistung 1000 PS« 120 PS«
Toarensahl 300 i. d. Min. 750 i. d. Min.
Lanfrad-Dm. 1000 mm 400 mm
*) Diese bemerkenswerte Anordnung findet sich in ähnlicher Weise auch bei der alteren von Riva
Moneret in Mailand 1900 gelieferten Turbinenanlage der Hamilton Electric Light und Cataract Power Co. Ltd.
am Niagara, vergl. R. Thomann, Z. d. V. D. Ing. 1901, S. 1095 und Wilh. Wagenbach: „Turbinenan-
lagen" 1905, Taf. XXXIX u. 8. 80.
») Abb. n. Beschreibung: Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1899. S. 1123.
456 IL Theodob Kosh*. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
Di« Well« der Turbinen liegt 6,5 m über dem niedrigsten U.W. und dieses Geffclle
die 8augrohre als Sauggefälle ausgenutzt. Dss Wasser tritt aus dem Absweigrohr in das Spinl-
und wird von hier durch ein Leitrad auf das Laufrad geführt, welches aehsial in das Saagrofcr
Letzteres ist durch ein Krümmerrohr von 1000 mm lichtem Durchmesser an das Turtnaa«
angeschlossen, erweitert sich aber nach unten auf 1000 mm. Die Beaufschlagung des Laufrade«
ladet radial am ganzen Umfange statt Um den grossen Ansprachen an Regulierbarkeit der Tourenzahl
sa genügen, wurde der Zodelsche Gitterschieber 6) gewählt, welcher durch einen öl-8ervomotor rntttirlrt
Hebel und Zahnrad bewegt wird. Jede Turbine hat ihren besonderen Servomotor. Bei den fünf gruuaeai
Maschinen werden die Servomotoren von einer gemeinsamen Welle aus gesteuert, welche ihrerseits
durch den elektro-mechanischen Thury-Regler ?) bewegt werden. Die gemeinsame Welle lauft Aber elie>
Maschinen hinweg und ist auf hohlen Säulen gelagert, welche auf den 8ervomotorgehIusen befestigt
sind und in denen das Gestänge für die Hebel des Regulierung»- Ventils untergebracht ist Die zwei kleinen
Turbinen haben jede einen unabhängigen 8ervomotor, welcher von einem durch Riemen von der Turbinen-
welle aus in Bewegung gesetzten Pendelfliehkraftregler gesteuert wird.
Der Servomotor jeder grossen Turbine ist an dem Turbinengehäuse selbst befestigt.
Er besteht ans einem Zylinder mit Differenzialkolben von 250 und 120 mm Dm. und
einem Hube von 220 mm, der nötigen Ventilvorrichtung, nm das Drucköl vor die eine
oder andere Kolbenseite zn führen, und den Rohrleitungen für die Zu- und Abfuhrung
des Drucköls. Zum Schliessen des Gitterschiebers wird die grössere, zum öffnen die
kleinere Kolbenflftche des Differenzialkolbens der Wirkung des Drucköls ausgesetzt.
Das Drucköl wird mittelst einer kleinen Pelton-Turbine durch eine dreizylindrige
öldruckpumpe auf einen Druck von 30 Atmosphären gebracht utfd läuft dann in einer
mit einem Windkessel versehenen Druckrohrleitung zu den Ventilen der Servomotoren
und nach Verwendung daselbst durch eine Rückleitung nach einem neben der Druck-
pumpe aufgestellten Behälter zurück, um den Kreislauf von neuem anzutreten.
Jede der lOOOpferdigen Turbinen treibt zwei Gleichstrommaschinen (vergl.
Abb. 87) System Thury *), welche untereinander und mit den Turbinen durch isolierende
Kautschuckband- Kuppelungen (Raffard) gekuppelt sind (vergl. Kap. DI, 5 Turbinen).
Die Maschinen sind sogenannte Hauptstrommaschinen, haben sechs Pole und Trommelanker.
Der Kollektor hat 755 mm Dm., 579 Lamellen, die durch Mika voneinander isoliert sind and 140 mm
wirksamer Länge besitzen. Jeder Halter tragt zwei Kohlenbürsten von 8 qom Schleiffliche. Der Rahmen
jeder Maschine, welcher die Lager tragt und auf welchem das Magnetgestell ohne Isolation aufrollt,
stützt sich durch zwölf Scheiben auf ebensoviel Isolatoren, welche in den Asphaltboden eingelassen
sind. Bei 300 Uml./Min. liefert jede Maschine 150 Ampere unter 2500 Volt Spannung. Der Strom-
kreis wird durch die Fernleitung nnd die Umformermotoren der Empfangsstelle geschlossen. Sind alle
Gruppen in Serie geschaltet^ so ist bei 800 Uml./Min. die Spannung in der Fernleitung 25000 Volt
Da die 8tromsHrke konstant 150 Ampere betragt, so muss bei schwankender Belastung die Spannung
reguliert werden, was durch Veränderung der Tourenzahl resp. durch Zu- und Abschliessen einer
Gruppe geschieht. Die Regulierung der Tourenzahl geschieht durch den bereits erwähnten Thury-
regier, das Zu- und Abschliessen einer Gruppe durch einen Kurzschlusschalter, welcher neben einem
Ampere- und Voltmeter die Ausrüstung jeder Gruppe bildet Sinkt die Belastung des Werkes so weit,
dass jede Dynamo nur 1500 Volt Spannung hat, so wird eines der Maschinenpaare von Hand
abgescheitet Der Vorgang beim Abschalten einer Gruppe ist folgender: Man schlisset die Turbinen
mit der Hand, die Gruppe wirkt dann ab Motor nnd kommt bald zum Stillstande mit dem Bestreben,
sich rückwärts zu drehen. In diesem Moment schliesst der Kurzschlusschalter automatisch die Gruppe
kurz. Für das Einschalten einer neuen Gruppe in den Hauptstromkreis sind nur zwei Operationen nOtig:
1. öffnen der Turbinen, bis die Gruppe bei etwa 10 UmL/Min. im Kurzschluss 150 Ampere gibt
2. In diesem Moment ist der Hebel des Kurzschliessers umzulegen, eine Operation, welche
keinerlei Funken erzeugt — Spannung und Tourenzahl der eingeschalteten Gruppe gleichen sich dann
allmählich mit den übrigen in Serie geschalteten Maschinen aus. Das Gleichstromschaltschema ist das
denkbar einfachste. Ein eigentliches Schaltbrett für Gleichstrom existiert nicht, vielmehr ist nur auf
*) Abb. u. Beschreibung: Zeit d. V. D. Ing. 1899, S. 1128. Vergl, auch Kap. HL 5. Turbinen.
7) Abb. u. Beschreibung: Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1903. 8. 78 u. 79.
6) Die elektrische Einrichtung ist von der Gompagnie de 1' Industrie Älectrique in Genf geliefert
8 16.
Das WABHERKRAPT-Ei.EXTEizrrATflWEiK St. Maurice-Lausanne.
459
einer Marmortafel in einem verglasten Kasten ein Ampere- und ein Voltmeter (25000 Tolt) Br den
iussereten Stromkreis aufgestellt. (Wagen des Schal techemas vergl. Taf. LXXX, Fig. 1 und Kap. III 6,
B. Krafthftuaer, Elektrischer Teil.)
Die mit den 120 pf erdigen Turbinen gekuppelten Dreh etrome neu gor leisten normal 60 KW bei
8000 Tolt verketteter Spannung nnd 50 Parioden. Sie haben ein achtpoligep, innenliegendes Magnetrad
nd machen 750 Umdrehungen in der Minute. Auf der Welle des Magnetrades ist Siegend dar Anker
der Erreger msschine angeordnet. Der Drehatrom wird für die Eigenbelencbtnng dee Werkes nnd für
die Lichüieferorjg nach dem nahegelegenen Orte St. Maurice verwendet, wo er durch Transformatoren auf
110 Tolt herabtranefonniert wird.
Die Kabel aller Maschinen sind in glasierten Tonröhren verlegt, die in dem aus
Asphaltbeton hergestellten Fussboden der Maschinen eingebettet sind. Gegen die Wir-
460 IL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele*
kling der atmosphärischen Elektrizität ist das Werk durch mehrfache Blitzsicherungen
geschützt, die für jeden der beiden Leiter ausserhalb des Maschinenhauses in einem
besonderen kleinen Räume untergebracht sind.
Die 65 km lange Fernleitung bis Lausanne ist, abgesehen von Überführungen
über Wege, Wasserlänfe und Eisenbahnen, auf Holzmasten montiert. Sie überschreitet
bewaldete und kahle Berge und Täler. Die zwei Kupferdrähte von je 150 qmm Quer-
schnitt, gebildet aus 37 Einzeldrähten von 1,14 mm Durchmesser, sind in einem Ab-
stände von 1,0 m auf Porzellan-Isolatoren verlegt.
Diese bestehen ans einer Süsseren dreimanteligen Glocke und einer einfachen Tragglocke, welche
auf einem Eisennaken sitzt Die beiden Glocken sind untereinander und mit dem Haken durch einen
ans Bleiglitte und Glyzerin zusammengesetzten Kitt verbunden.
Die Masten aus Fichtenholz sind alle mit Kupfersulfat imprägniert und durch
eine Zinkhaube abgedeckt. An sumpfigen Stellen sind die Masten in einen Betonblock
gegründet, welcher, wo ein fester Untergrund nicht zn finden war, auf liegendem Holz-
rost ruht. An den Masten ist ausserdem noch eine Telephonleitung angebracht, be-
stehend aus 2 Drähten von 3 qmm Querschnitt, welche alle 800,0 m verseilt sind, um
Störungen durch die Hochspannungsleitung zu vermeiden.
Bei der Prüfung der Hochspannungsleitung auf ihre Isolierung ist festgestellt, dass bei trockenem
Wetter und bei 20850 Volt-Spannung die Stromstärke noch 11,4 MiUiamp., der Isolationswiderstand
ZT-iscben den beiden Drahten also 1,785 Megohm, bei Nebel und einer Spannung von 20800 Volt die
Stromstärke noch 18,9 MiUiamp., der Isolationswiderstand also 1,46 Megohm betrag. Da die Fernleitung
etwa 8500 Isolatoren besitzt, so würde der mittlere Widerstand eines Isolators ungefähr 5100 Megohm
betragen haben 9). Die Isolierung der Drähte gegen Erde ist bei 19700 Volt zn 0,745 Megohm gefunden.
Es sind von Tbnry mit der Anlage Versuche gemacht, die Erde als Rockleitung zu benatzen und es
sollen hierbei keine erheblichen Störungen von Telephon- nnd Telegraphenleitungen aufgetreten sein.
§ 17. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk in La Dernier beiVallorbe
der Compagnie Vaudoise des Lacs de Joux et de TOrbe (Schweiz).
Hierzu Taf. XXX und XXXI i).
Das Joux-Tal im Jura liegt an der schweizerisch-französischen Grenze etwa auf
der Höhe von 1000,0 m über dem Meere. Auf der Sohle dieses Tales liegen zwei Seen,
der Lac de Joux und der Lac Brenet (vergl. Abb. 88). Diese beiden Seen haben eine
Oberfläche von ungefähr 10 qkm, eine grösste Tiefe von 34,0 m und ein Vorflutbecken
von rd. 221 qkm. Den Hauptzufluss dieser Seen bildet die Orbe, welche aus dem Lac
des Rousses kommt und in ihrem Laufe durch das Tal verschiedene kleine Zuflüsse in sich
aufnimmt. Ausserdem erhalten die Seen noch durch mehrere unterirdische Quellen nnd den
Bach Lyonne Zufluss. Die beiden genannten Seen sind durch eine Landzunge voneinander
getrennt, aber durch eine in derselben befindliche Öffnung verbunden. Dreizehn erkennbare
Ableitungen (entonnoirs) fuhren aus den beiden Seen und zwar 6 aus dem Brenetsee nnd 7 aus
dem Lac de Joux. Ausserdem gibt es zweifellos noch eine ganze Reihe unterseeischer kleinerer
•)y=W;^| = l,46; 1,46.8500*95100.
i) Die Abbildungen sind dem Bolletin teebniqne de la Soisse romande 1904: »Lee Installation«
de la Compagnie vaudoise des Forces motrices des Laos de Joux et de rOrbe* par G. H. Penis,, Inge-
nieur, entnommen.
5 17. Das Wasserkraft- Elektrizitätswerk La Dernieä-Vallorrk. 461
Abflösse. Bei des sichtbaren Abflössen entweicht das Wasser durch Spalten, welche sich in
dem Kalksteingebirge des Untergrundes beziehungsweise der Ufer befinden und tritt mehr
oder weniger entfernt vom See-
ufer in trichterförmigen Ver-
tiefungen der Erdoberfläche zu-
tage, um sich dann wieder in
den Spalten oder Aushöhlungen
des Gebirges zu verlieren (vergl.
Abb. 89). Sowohl die sicht-
baren als auch die nicht erkenn-
baren Abflüsse nehmen ihren
Weg durch die Spalten des Ge-
birges und sie vereinigen sich zum
grössten Teil in der Quelle der |
Orbe, welche bei dem Orte La £
Dernier in der Nahe der Stadt o
ValJorbe auf der Höhe + £
789,0 m über Meeresspiegel aas g
einer Felswand heraustrittfvergl. g
Abb. 90). A
Durch verschiedene Methoden , -S
auter »öderen dadurch, dass man die ä
Temperatur dt« Wassers in den Seen tt
and an der Quelle der Orbe verglich, g
natman feststellen kSonen, daseunter m
normalen Bedingungen von der Üe- g
»smtwaiaermenge der Otbeqnnlle aar ^
60% ««* den Seen, die rentierenden ^
40*1* «ber ans anderen unterirdischen .g
Zuflüssen herrühren. Ken bat euch —
durch Farben de« Wanera an den -g
einseinen erkennbaren Anafliuaen die j
Zeit festgestellt, welche des Waaeer
von dem Anatritt ans dem See bis mm 5>
Austritt der Orbeqaelle gebraucht ji
Es ergab eich, daaa von dem Ana- *j
flusee bei Benport, 8 km.Ton der
Orbeqaelle entfernt, das Wasser 22
Stunden gebraucht hat. Von dem Aus-
flösse am Lac de Jons bei Rocherav,
11 km von der OrbequsUe, hat ein
ähnliches Experiment mit gefärbtem
Wasser eine Abnossdeuer von swfilf
Tagen ergeben.
Aus den Beobachtungen,
welche bis zum Jahre 1847 zu-
rückgehen, ist als höchste See-
spiegelkote + 1011,00 im Ja-
nuar 1883 und als niedrigste -{- 1004,90 im Jahre 1865 ermittelt, sodass die grösste
Differenz 6,10 m betragen hat Da bereits auf der Höhe von ■ | - 1009,00 m Gehöfte
und ackerbaolich bewirtschaftetes Land liegen, so hatten höhere Wasserstände ernste
Übelstande im Gefolge , denen abzuhelfen seit längerer Zeit schon die Regierung
462
IL Theodor Koehw. Ausbau von WabbkrirXftkn. Beispiele.
des Kantons Waadt bestrebt war. Das höchste Wasser tritt meistens im Frühjahr bei
der Schneeschmelze, mitunter aber aach im Herbst nach langanhaltenden häufigen Regen-
güssen ein, das niedrigste Wasser
Abb. 89. Anrieht eis« Trichler. (L.atwmoir) bei B«. Port dageg(m me;stenB im Wmtgr ^
laDgandanemdemFrostwetter, aber
auch im Sommer und Herbst
während ausserordentlicher Trok-
kenperioden.
Die schnellste Hebung de«
Wasserspiegels ist im Oktober
1865 beobachtet, als in 10 Tagen
der Wasserspiegel um 1,80 m stieg,
sodass durchschnitt]. 21 cbm/sek.
Abb. 90. Di* Orbequelle bei L» Dernier.
Man hat festgestellt, dass
bei einer Wasserspiegelkote Ton
■f 1009,00 die 13 erkennbaren
Ausflüsse etwa 5 bis 6 cbm/sek.
abführen. Bei niedrigen Wasser-
ständen nimmt diese Menge er-
heblich ab, sodass sie sich bei
der Kote von + 1006,00 auf
1,6 cbm/sek. verringert. Unter
den allerungünstigsten Annahmen
beträgt die geringste Wasser-
menge, welche dem See noch iu-
flieast, 0,460 cbm/sek., d. h. nur
etwa 2,15 1/sek. pro qkm des Vor-
flutgebietes. Man hat bei der
Projektaafstellung angenommen,
dass etwa die gleiche WassermeDge
von 0,450 cbm/sek. durch die un-
sichtbaren Abflüsse ans den Seen
abgeführt wird.
Im Jahre 1897 Hess das
Bandepartement des Kantons
Waadt ein Projekt für die Regu-
lierung der beiden Seen aufstellen ')
mit der Vorschrift, dass der
höchste Wasserstand + 1008,50
nicht überschreiten und dass der
niedrigste Wasserstand + 1005,00
nicht unterschreiten sollte. Das
ausgearbeitete Projekt wurde im
Mai 1901 von dem grossen Rat
genehmigt Die für die Regierung kostenlose Ausführung übernahm die in der Über-
schrift genannte Gesellschaft auf ihre Kosten, wogegen ihr als Gegenleistung die bis
■) Di« Bearbeitung übernahm Profeuor A. Palai in Lausanne (vargL S. 25).
§17. Das Wasserkraft-Ei^ktrizitätswerk La Debndsb-Vallobbs. 463
zum 31. Dezember 1951 laufende Konzession zur Ausnutzung der Wasserkräfte der Seen
und der Orbe oberhalb und unterhalb der in § 10 besprochenen Wasserkraft von Les
Clees vorbehaltlich der Rechte Dritter erteilt wurde.
Wegen des Projektes der Regulierung der Seen kann auf Seite 226 u. f. verwiesen
werden. Erwähnt sei nur, dass man aus dem Staubecken bei voller Füllung (30000000 cbm)
während 120 Tagen 2,9 cbm/sek. entnehmen kann. Liegt der Wasserspiegel bei Be-
ginn der trockenen Zeit auf 1007,50, so stehen noch 2,05 cbm/sek., liegt der Wasser-
spiegel bei Beginn der trockenen Zeit auf 1007,00, noch 1,6 cbm/sek. während 120 Tagen
zur Verfügung. Die letztgenannte Zahl ist als Minimum dessen zugrunde gelegt, was
für Kraftzwecke sekl. zum Abfluss gelangt Mit Hinzurechnung der 0,450 cbm, welche
durch die unsichtbaren Ausflüsse aus den Seen abfliessen, wird man einschliesslich der
anderweitigen direkten Zuflüsse in der Orbe unterhalb des Krafthauses bei La Dernier
immer mindestens mit 3 cbm/sek. rechnen können, worauf konzessionsmässig wegen der
unterhalb liegenden und anzulegenden Kraftwerke Rücksicht zu nehmen war. Der Höhen-
unterschied zwischen dem Seewasserspiegel auf + 1007,00 und dem Wasserspiegel der Orbe
an der Stelle, wo das Krafthaus errichtet ist, beträgt rd. 236,0 mk Wenn man für Druck-
verluste im ganzen 2,0 m in Rechnung stellt und für die Turbinen einen Nutzeffekt von
75°/o annimmt, so sind für 1000 PS« an den Turbineriachsen gemessen etwa 430 1 Wasser
nötig. Man hat also während 120 aufeinanderfolgenden Tagen mindestens 6740 PS« zur
Verfügung, wenn in den Seen 30000000 cbm aufgespeichert sind, und 3720 PS«, wenn bei
Beginn der Trockenperiode der Seespiegel auf + 1007 liegt, im See also nur 16900000 cbm
aufgespeichert sind. Wie bereits erwähnt sind diese Kräfte während 24 Stunden verfügbar.
Da nun aber während der Nacht der Konsum nur klein ist, so kann man die für 12
Stunden verfügbare Kraft fast auf das doppelte annehmen und man kann stundenweise
einen gleichzeitigen Höchstkonsum befriedigen, welcher vielleicht das dreifache und mehr
des durchschnittlichen Tageskonsums ausmacht. Es ist deshalb vorgesehen, das Krafthaus,
in welchem zunächst nur 5000 PS« in Turbinen aufgestellt worden sind, später zu erweitern.
In dem 1904 dem Betriebe übergebenen Krafthause war noch Platz für 3 Einheiten.
Um die sichtbaren Ausflüsse abzusperren, hat man an allen 13 Trichtern Sperr-
mauern errichtet. Jede dieser Sperrmauern am Lac Brenet hat einen 1,60 m langen
Überlauf mit der Krone auf + 1008,50, während die Krone der übrigen Mauerlänge auf
-f- 1009,00 liegt. Ferner sind diese Sperrmauern mit Grundablässen versehen. Taf. XXX,
Fig. 4 stellt einen Querschnitt durch die Sperrmauer am Brenetsee bei Bon-Port dar.
Durch den Grundablass bei Bon-Port allein können 1,4 cbm/sek. fliessen. Einige von den
Sperrmauern am Lac de Joux hat man ohne Grundablässe angelegt, die Kronen aber dafür
durchweg auf + 1008,50 gelegt, sodass sie in ihrer ganzen Lange als Überläufe wirken.
Der Werkkanal war dem Bauprogramm entsprechend auf rd. 20 cbm/sek. einzu-
richten. Taf. XXX, Fig. 1 gibt einen Übersichtsplan der Gesamtanlage.
Der Einlauf befindet sich am nördlichen Ende des Lac Brenet an einer Stelle,
welche die Bezeichnung „La Tornaz" führt. Ein gekrümmter Vorkanal erstreckt sich
bis in den See hinein und liegt mit der Sohle auf + 1003,30, sodass auch beim nied-
rigsten Wasserstand im See immer noch eine Wassertiefe von 1,73 m über der Sohle
des Vorkanals verbleibt (vergl. Taf. XXX, Fig. 2 und 3). Die Ufer und Sohle desselben
sind in Bruchsteinmauerwerk mit Zementfugen hergestellt. Vor den ersten Regulierungs-
schützen, welche durch ein Wärterhaus überbaut sind, liegt ein Rechen von 28 qm Fläche ;
er ist mit etwa 30° gegen die Horizontale geneigt und seine Stäbe haben eine lichte
Entfernung von 30 mm voneinander. Vor dem Regulierhäuschen befindet sich eine Be-
dienungsbrücke für den Rechen. Die erste Regulieranlage besteht aus drei Schützen,
464 II. Theodor Koehh. Ausbau von W abbkrkrI ften. Bkibpielb.
Ton denen die zwei unteren ans Holz bei einer Durchflussöffnung von je 1,5/2,0 m = 3,0 qm,
die obere ans Gusseisen bei einer lichten Durchflussöffnung von 1 ,2 qm hergestellt srnd.
Bei einem Wasserstande von + 1008,60 vor und etwa -f- 1007,30 hinter den Schätzen
können durch dieselben etwa 20 cbm/sek. hindurchfliessen.
(Q = n . b . a . y§gh = 0,62 . 7,2. 4,429 . /l^Ö ~ 20 cbm).
Der Werkkanal liegt ganz im Tunnel; er beginnt 15,0 m hinter den ersten Regn-
lierung88chützen und hat eine Gesamtlänge bis zur Druckkammer Ton 2632,0 m. Da»
Sohlengeftlle beträgt etwa 3°/oo. Die erste Strecke von 971,0 m ist Ton 2 Stellen in
Angriff genommen, die dann folgende Strecke ist durch 5 Seitenstollen in 6 Teile einge-
teilt, deren Längen in dem Übersichtsplane Taf. XXX, Fig. 1 angegeben sind. Die
zur Erleichterung der Arbeit und zur schnelleren Fertigstellung der Tunnelstrecke ange-
legten 5 Seitenstollen dienen zugleich zur Entlüftung, welche wünschenswert war, da der
Kanal bei maximaler Füllung znm Teil unter Druck kommen kann. Das Querprofil des
Werkkanals (vergl. Taf. XXX, Fig. 10) ist ganz mit Beton ausgekleidet und mit einem
2 cm starken Zementputz bis zu den Kämpfern überzogen. Die Querschnittsfläche beträgt
rd. 5,7 qm und die Geschwindigkeit bei 20,0 cbm/sek. 3,52 m/sek.
Hinter dem Regulierungshäuschen führt eine kleine Treppe zu Steigeeisen, mittelst
deren man zu einer Revisionsbrücke gelangen kann. Dieselbe ist auf eisernen Trägern
50 cm über der Sohle angelegt, damit man hei N.W. den Kanal der ganzen Länge nach
begehen kann.
Vorrichtungen zur Verhütung des Eindringens von Sand waren am Einlauf nicht
erforderlich, da die Seen selbst die wirksamsten Ablagerungsbecken bilden. Erwähnt
sei nur noch, dass am Einlauf vor und hinter dem Rechen Dammbalkenschlitze angelegt
sind, um sowohl den Rechen als auch die Schützen trocken legen zu können. 100,0 m
hinter dem Beginn des Tunnels hat man zur grösseren Sicherheit nochmals eine Schützen-
anlage eingebaut, zu welcher man in einem Schacht von oben hinabsteigen kann.
Kurz vor dem Eintritt des Werkkanals in die Druckkammer erweitert sich der-
selbe auf 5,0 m (vergl. Taf. XXX, Fig. 6 bis 9). Die umgebende örtlichkeit der Druck-
kammer laset sich am besten aus Tal XXXI, Fig. 1 erkennen. Bevor das Wasser in
das Vorbecken gelangt, muss es einen Rechen passieren und tritt dann in die fast
rechtwinklig zur Kanalachse gelegene Druckkammer, indem es abermals einen Rechen
durchmesst. Die Sohle steigt von dem Vorbecken zur Druckkammer um rd. 0,72 m an.
Aus der Druckkammer münden drei Druckrohrstutzen aus, von denen 1904 sich nur
der mittlere in einem Druckrohr fortsetzte, die andern dagegen noch mit Deckeln
geschlossen waren. Jede Druckrohrausmündung kann für sich durch eine eiserne Schütze
geschlossen werden. Da dieser Verschluss unmittelbar vor der Mündung liegt, sodass
Luft bei geschlossener Schütze nicht in das Rohr hinein kann, ist auf das Druck*
röhr bald unterhalb der Kammer ein Lüftungsrohr gesetzt.
Das Becken vor der Druckkammer ist durch einen 13,0 m langen, einen rechten
Winkel bildenden Oberlauf begrenzt, über welchen bei grösster Füllung etwa 20 cbm/sek.
fliessen müssen. In der Mauer, welche den Überlauf bildet, befinden sich gegenüber
der Kanalmündung zwei Grundablässe, durch welche der Kanal und das Vorbecken,
sowie die Druckrohrkammer entleert werden können. An Stelle eines Überlaufkanals
sind zwei eiserne Rohre von je 850 mm Dm. verlegt, welche gleichfalls mit unmittelbar
vor der Mündung liegenden Schützen verschließbar sind. Infolge dieser Anordnung war
es auch hier notwendig, auf die beiden Überlaufrohre Lüftungsrohre zu setzen. Die
beiden schmiedeeisernen Überlaufrohre, in denen sich die Geschwindigkeit bis über
§ 17. Das Wasserkbaft-EijektrizitItswerk La Debnieb-Vallorbe. 465
20 m/8ek. steigern kann, münden in ein unmittelbar am Ufer der Orbe angelegtes Becken
ans (vergl. Taf. XXXI, Fig. 6), dessen Sohle sorgfältig befestigt ist. Näheres vergl.
Kap. III, 2 Werkkanäle. Über das Druckrohr ist im Kap. III, 4 Druckrohre noch
einiges mitgeteilt. Erwähnt sei nur noch, dass die einzelnen Stücke des Druckrohres
und der Überlaufrohre zum Teil durch eine Seilbahn, zum Teil durch ein Schmalspur-
gleis an Ort und Stelle befördert sind.
Das Krafthaus liegt am rechten Orbeufer. Eine eiserne Brücke von 21,60 m
Spannweite führt von der am linken Ufer gelegenen Chaussee zum Krafthause herüber.
Der Maschinensaal ist 55,0 m lang, 12,50 m breit und bis zur Oberkante der Kranbahn
6,70 m hoch. Ein Kran von 12 t Tragfähigkeit bestreicht den ganzen Maschinen saal
(vergl. Taf. XXXI, Fig. 2 bis 5).
Der Maschinensaal ist vorläufig für acht Maschinensätze eingerichtet, von denen
1904 fünf zu je 1000 PSe aufgestellt waren. An dem einen Ende der Halle befindet
sich der Platz für die Erregermaschinen, von denen 1904 zunächst zwei Aggregate zur
Aufstellung gelangt waren. An dem gegenübergelegenen Ende war vorläufig ein 4,0 m
breiter Raum für die Aufstellung von Werkzeugmaschinen abgetrennt.
Wenn die drei Aggregate, für welche der Platz 1904 noch frei war, ebenfalls in 1000 PS« ge-
wählt werden sollten, sodass im ganzen 8000 PSe an Hsnpttorbinen aufgestellt wären, würde auf 100
installierte Nutz-PS« rd. 8,60 qm Grundfläche des Maschinensaales entfallen, und wenn man den Baum
für die Werkstatt mit 50,0 qm abzieht, noch beinahe 8,0 qm. Wenn man für die drei fehlenden Aggregate
2000 pferdige Turbogeneratoren aufstellte, wofür der Raum gross genug ist, so wurden immer noch
rd. 6,16 qm pro 100 installierte PS« entfallen.
Wegen der Vorrichtungen zur Vermeidung starker Wasserschläge im Rohr vergl.
Kap. DI, 4 Druckrohre.
Sehr bemerkenswert ist die Raumverteilung der Schaltanlage, welche in einem
Anbau von 25,40 m Länge und 7,40 m Breite Platz gefunden hat. Dieser Anbau ist in
vier Etagen eingeteilt, sodass für die Schaltanlage bei 8000 PS« zusammen rd. 9,4 qm
pro 100 installierte Nutz-PS6, bei 11000 PS« 6,9 qm zur Verfügung stehen würden. Die
Gesamthöhe des Anbaus beträgt rd. 13,0 m. Die Decken und Wände im Schaltraum
sind in Eisen und Beton ausgeführt. Das Dach des ganzen Maschinenhauses ist unver-
brennbar in Eisen und Betonplatten nach dem System Münch mit Holzzementbedeckung
hergestellt. Alle Stromunterbrecher und Sicherungen sind in kastenförmigen Räumen aus
armiertem Beton untergebracht, und es ist für die Bewegung der Bedienungsmannschaften
überall reichlich Platz vorhanden, sodass die Anlage modernen Ansprüchen wohl entspricht.
Abb. 91 und 92 zeigen einen Quer- und einen Längsschnitt durch den Schaltraum. In der
obersten Etage sind die Blitzschutzvorrichtungen (vergl. Taf. LXXVIII, Fig. 3), in der
zweiten die Schalttafeln und die Schaltsäulen, in der dritten die selbstwirkenden Strom-
unterbrecher, in dem Kellergeschoss die Sammelschienen und die Schaltungstransforma-
toren untergebracht.
Der Turbinenkanal läuft parallel mit der Längsachse des Gebäudes unter den
Turbinen entlang. Der ganze Raum unter den Dynamomaschinen bis zu der Umfassungs-
mauer des Maschinensaales ist überwölbt und im lichten 1,90 m hoch, sodass man
überall bequem an die Maschinen herankann. In einem Kabelkanal von 2,0 m Breite
und 1,9 m Höhe sind alle Maschinenkabel an den Seitenwänden auf Gestellen so unter-
gebracht, dass jedes Kabel ohne weiteres zugänglich ist. Durch verschiedene Farben
sind die zu den einzelnen Maschinen gehörenden Kabeln voneinander unterschieden.
Die 1904 bereits aufgestellten fünf grossen Turbinen8) von je 1000 PS« machen
>) Geliefert von der A.-G, der Maschinenfabriken von Escher, Wyss & Co. in Zürich.
Handbuch der Ing.-WisMnsdi. m. Teil. 18. Bd. 80
466 II. Theodob Koehn. Ausbau von WAasERKHAREsr. Beihfieue.
375 Uml/Min. Die zwei kleinen Erregerturbinen von je 150 PS. machen 750 UmL/Min.
Die Turbinen Bind PeltonrSder mit einer Düse und äusserer Beaufschlagung. Ihre Kon-
struktion ist ähnlich derjenigen der Turbinen des Kabelwerkes (vergl. S. 415 und Taf.
LXXVI, Fig. 4 bis 6). Die Tnrbinenwelle ist mittelst Zodelkuppeiung, welche zugleich
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als Schwungrad dient, mit den Generatoren gekuppelt. Sie ist bei den grossen Turbinen
dreimal gelagert, damit man für den Fall, dass es sieb für die Regulierung als not-
wendig herausgestellt haben würde, noch ein weiteres Schwungrad hätte anbringen
können. Es sollen sich aber grossere Schwungräder als entbehrlich herausgestellt haben.
§ 17. Das WisBEioauFT-ELBKTBiziTÄTBWBBK La Debkieb-Vallorbe. 467
Di« von der Lieferantin garantierten Nutzeffekte betrogen 78% Ar Vollbelastung, 76*/* für
Dreiviertelbelastang und 74% Air halbe Belastung. Bei der Probeabnahme sollen die Turbinen bei voller
Belastung 80°/o Nutseffekt aufgewiesen haben. Die Umlaufeahl der Turbinen darf bei gleichbleibender
Belastung höchstens um l°/o schwanken. 4°/o sind zugelassen, wenn die Belastung plötzlich um 25%
abnimmt» IS^t'/o, wenn sie plötzlich von Vollbelastung auf Leerlauf übergeht Bei der Probeabnahme
bat die Umdrehungszahl bei plötzlichem Übergang von Vollbelastung auf Leerlauf nur um 7'/»% ge-
schwankt und die Maschinen sind in 7 — 8 8ekunden wieder auf ihre normale Tourenzahl zurückgekommen.
Die Ueneratoren 4) liefern Dreiphasendrehstrom von 13 500 Volt mit 50 Per. Sie
können aber auch als Einphasenmaschinen arbeiten.
Der innere Dm. des feststehenden Anken betragt 2,0 m, der äussere des beweglichen Induktors
1,980 m. Das Magnetrad hat 16 Pole. Die Maschinen können wahrend acht Stunden mit einer Über«
lastung von 30% laufen, ohne dass die Temperatur sich um mehr als 85° Aber diejenige der umgebenden
Luft steigert Die Isolation des Ankers ist mit 80000 Volt geprüft
Der Strom für die Beleuchtung der Zentrale wird in Transformatoren, welche in der obersten Etage
des Schaltraumes aufgestellt sind, bis auf 150 Volt herabtranaformiert Die Beleuchtung des Inneren
und der Umgebung findet durch fünf Bogenlampen und durch zahlreiche Glühlampen statt "Für eine
Notbeleuchtung dient ein Transformator, welcher an das Nets der Sociote* tilectrique du Chatelard (in der
Nahe von Vallorbe) angeschlossen ist Dieser Anschluss war für die Bauperiode gemacht und ist dann
beibehalten; Das Schaltschema der Anlage ist auf Taf. LXXX, Fig. 2 wiedergegeben. (Vergl Kap. III,
6, B. Kraflhiuser, Elektrischer Teil.)
Die Gesellschaft war mit Bücksicht auf die in dem kleinen Kanton Wandt bereits
bestehenden 14 älteren hydroelektrischen Kraftanlagen (vergl. S. 16) darauf angewiesen, die-
jenigen Gebiete des Kantons Waadt und der angrenzenden französischen Departements zu
versorgen, die nicht schon belegt waren. Es mussten deshalb 'von vornherein an Hoch-
spannungs-Fernleitungen 325,6 km verlegt werden. Von dem Krafthause auf schweize-
rischem Gebiet war 1904 am weitesten entfernt (67 km) die Transformatorensteil ein Mies,
in der Nähe der Grenze des Kantons Genf. Nach der anderen Richtung (nach
Neuch&tel zu) betrug die Entfernung der am weitesten abgelegenen Transformatoren-
stelle 65 km, sodass die äussersten Enden der Fernleitung 132 km auseinander lagen.
Man hat auf den Hauptlinien überall Doppelleitungen gelegt und Licht und Kraft
getrennt und betreibt das Kraftnetz mit Dreiphasenstrom und das Lichtnetz mit Ein-
phasenstrom. Die Spannung in dem Fernleitungsnetz ist wie die Maschinenspannung
13500 Volt. Bei der Betriebseröffnung 1904 waren bereits 235 Transformatorenstellen er-
richtet. Die Einphasentransformatoren sind in drei verschiedenen Typen von 10, 20 und
50 KW., die Dreiphasentransformatoren in 2 Typen von 20 und 50 KW. aufgestellt. Über
die Konstruktion der eisernen und hölzernen Masten, sowie über die Einrichtung der Trans-
formatorenstellen ist noch einiges im Kap. III, 7 Fernleitungen mitgeteilt. Die Strom-
verteilung im sekundären Lichtnetz findet nach dem Dreileitersystem mit 2 mal 125 Volt
statt. Das Netz ist berechnet mit einem Maximalverlust von 10 Volt, d. h. 4°/o. Das
sekundäre Netz für Kraftabgabe arbeitet mit 400 Volt. Alle Verteilungsnetze sind mit
Ausnahme von kurzen Strecken oberirdisch. Die Lichtverteilungsnetze, an welche öffent-
liche Beleuchtung angeschlossen ist, haben noch einen vierten Draht für das Anzünden
und Auslöschen der Lampen. Die Verteilung des Stroms war 1904 für 212 Gemeinden
vorgesehen6). Die Gesamteinwohnerschaft des Gebietes, auf welches sich die Kraftver-
teilung erstreckt, beträgt nur 92000. Wegen des Tarifs vergl. Kap. III, 8 Tarife.
*) Geliefert von der MsschineDfabrik örlikon in Örlikon-Zflrich.
ft) Die Einwohnerzahl dieser Gemeinden verteilt sieh wie folgt:
10 Gemeinden haben weniger als 100 Einwohner 12 Gemeinden haben 600—800 Einwohner
48 , , 100—200 , 8 , 9 800—1000 ,
55 , , 200—800 . 7 . 1000—1200
43 , , 800—400 , 8 1200—1500
16 9 , 400—500 , 2 1500-2000
9 „ „ 500—600 . 4 2000-5000
30*
468 II. Theodor Koehk. Ausbau von WassebkbIfteh. Bbibpisul
Die Kosten der Anlage werden nach vollem Ausbau des Krafthausee etwa
9000000 Frs. betragen, wovon etwa tys auf das primäre und sekundere Leitungsnetx
entfallen. Dennoch kann die Gesellschaft auf eine Rentabilität hoien, weil sie sich
durch eine Garantie, welche der Kanton für eine Obligationsanleihe übernommen hat,
billiges Geld verschaffen konnte und weil es ihr gelingen dürfte, auch neue Industrien
heranzuziehen. Die Gesellschaft beabsichtigt noch ihre Konzession an der Orbe durch
Errichtung eines Krafthauses mit 8000 PS« (4 Gruppen k 2000 PS») bei dem Orte Mont-
cherand auszunützen. Wenn diese zweite Anlage noch an das Netz angeschlossen ist,
werden die hohen Kosten für das Fernleitungs- und Verteilungsnetz in einem besseren
Verhältnis zu den Kosten der für die Krafterzeugung bestimmten hydroelektrischen
Anlagen stehen und die Gesellschaft kann durch billige Strompreise noch stärker auf
Heranziehung neuer Industrien hinwirken.
§ 18. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk am Lac Tanay bei
Vouvry1).
Die Sociöte des Forces Motrices de la Grande-Eau besitzt in Vuargny, in einem
kleinen Seitentale am rechten Rhoneufer unweit der Ausmündung dieses Flusses in den
Genfer See ein Elektrizitätswerk, welches ein Gefälle des Flusses Grande-Eau von 200,0 m
ausnutzt; sie verteilt in einem sehr ausgedehnten Leitungsnetze, welches von Ciarens
bis (Mlen, von Ormonts bis an die französische Grenze geht, elektrische Energie, haupt-
sachlich zu Lichtzwecken.
Die sekl. Wassermenge der Grande-Eau sinkt im Winter sehr stark herab, also
gerade in den Monaten, wo der grösste Energiebedarf vorliegt. Ohne eine Reserve in
Wärmekraftmaschinen oder in einer anderen geeigneten Wasserkraft konnte daher die
genannte Gesellschaft nur verhältnismässig wenig elektrische Energie verkaufen, und es
war ihr infolgedessen nicht möglich, die während des Frühlings, Sommers und Herbstes
um mehr als das vierfache anwachsenden sekl. Wassermengen für ihr Unternehmen aus-
zunützen. Unter diesen Verhältnissen bot der Gesellschaft die Ausnützung der Wasser-
kraft des Lac Tanay eine ausserordentliche günstige Gelegenheit zur Bildung einer
Reserve und zur Ergänzung ihres alten Werkes. Der Lac Tanay liegt auf einem Ge-
birgsstock am linken Rhoneufer, etwa 3 km von der Rhone entfernt; sein normaler
Wasserspiegel liegt auf + 1410, sein Yorflutgebiet beträgt rd. 7,5 qkm und die mittlere
Regenhöhe etwa 1600 mm. Nimmt man an, dass ähnlich wie beim Lac d'Annecy (vergL
S. 225) etwa 60% der Niederschlagsmenge in den See zum Abfluss gelangen, so würde
derselbe mit jährlich 7296000 cbm gespeist werden, d. h. durchschnittlich mit 231 1/sek.
oder 30,4 l/sek./qkm. Der Wasserspiegel des Sees schwankt um etwa 26,0 m und bildet
in diesem Stauraum ein Becken von etwa 3,6 Millionen cbm. Die Untersuchung der
Ufer ergab, dass an dem einen sich eine unterseeische Öffnung (Crevasse) befand, aus
welcher bei einem Wasserspiegel auf + 1410 rd. 346 1/sek. ausflössen. Ob noch andere
i) Die Abbildung ist dem Bulletin techniqne de la Baisse romande vom 5. Juli 1902 ent-
nommen.
5 18. DAS WASBERKBAFT-ELKKTEIZrrÄTSWKEK Alt LAC TanAY BEI VOCTRT. 469
unterseeische Abflüsse vorhanden sind, konnte man mit Sicherheit nicht feststellen, aber
man durfte aas den Be-
obachtungen des Wasser-
spiegels seh Hessen, dass,
wenn es solche gibt,
dieselben mit nicht mehr
als höchstens 10% der
Wassermenge des erkenn-
baren Abflusses gespeist
-werden. Für die Anlage
eines Krafthauses bot sich I
oberhalb des Dorfes J
Vouvry, welches etwa 1 km |*
von der Rhone und etwa °
5 km von der Ausmfin- ■-
dnng derselben in den K
Genfer See entfernt liegt, g
eine günstige Gelegenheit. H
Zwischen der für das Kraft- J3
haus gewählten Stelle und a
dem See konnte ein Druck- £
gefalle von 920,0 m ge- •=
wonnen werden, sodass e
jeder Liter Wasser eine j*
Kraft von 9,2 PS. dar- |
stellte and für eine PS.- £
Stande rd. 392 1 genügten. g
Man konnte also allein mit "Z
dem Stauinhalt von 3'/i -3,
Millionen cbm bei z. B. £
1000 Betriebsstunden im *g
Jahre rd. 9000 PS. leisten J 5
und wurde so in die Lage
versetzt, die Anschlüsse, *
soweit nur irgend der £
Bedarf sich zeigte, zu ver-
mehren und auf diese 1
Weise auch eine bessere
Ausnützung des Elektrizi-
tätswerkes bei Vuargny
zu ermöglichen.
Die Wasserentnahme
aus dem See wurde an
der Stelle des erwähnten
unterseeischen Abflusses
angelegt. Zu diesem
Zwecke wurde ein 36,0 m tiefer Brunnen in der Nähe des Seeufers abgeteuft, dessen Krone
hochwasserfrei und dessen Sohle etwa 7,0 m über Seesohle auf + 1387,0 liegt. Von diesem
470 IL Theodor Kobhn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
Bronnen zweigt ein Tunnel in den See ab, dessen Scheitel etwa auf -f 1390 Hegt. Di<
Tunnel war bei der Betriebseröffhung 1902 noch nicht ganz bis in den offenen See
gebrochen, man hat sich vielmehr zunächst begnügt, den natürlichen, oben erwähnten
seeischen Abflugs zu fassen, da die aus demselben austretende Wassermenge für absehbare Zeit
den Bedürfnissen der Gesellschaft vollkommen genügte. Konzessionsgemass ist der W;
abfluss so zu regeln, dass der Seespiegel die Kote + 1416 nicht überschreitet, welche
ein geringes tiefer liegt als die höchste bekannte Spiegellinie. Der erwähnte Brunnen ist
durch eine lotrechte Wand aus perforiertem Eisenblech in zwei Teile geteilt, sodass Ljmb
und andere Schwimmkörper in der seewärts gelegenen Abteilung des Brunnens zurück-
gehalten werden. Aus der landwärts gelegenen Abteilung des Brunnens mündet ein Tunnel
ron 3 qm Querschnitt ab, dessen Mündungsöffnung mit Walzträgern und Beton gesohlt
ist. In der Abschlusswand befinden sich oben ein mit eisernem Deckel verschh
Mannloch von 0,80 m Dm., darunter ein Entlüftungsrohr von 100 mm Dm., welches mit
einem Hahn verschlossen und auch als Umlaufrohr benutzt werden kann, und am Boden
des Tunnels nebeneinander 3 gusseiserne Rohre von je 400 mm Dm. Letztere enden in
dem Brunnen selbst in rechtwinklig nach oben gebogenen trompetenförmigen Öffnungen,
welche durch konische Sitzventile verechliessbar sind. Die Sitzventile sind an Ketten auf-
gehängt und können durch Anziehen oder Nachlassen derselben geöffnet und geschlossen
werden. Um das öffnen zu erleichtern, dient 'das erwähnte Entlüftung»* und Umlaufrohr
von 100 mm Dm. Ohne diese Entlastung würde bei höchstem Seespiegel ein Zug von mehr
als 3 t für jede Ventilkette notig gewesen sein. Der aus dem Brunnen ausmündende
Tunnel hat eine Länge von 800,0 m (vergL Abb. 93) und ist mit Rücksicht auf den
grossen Wasserdruck trotz des kompakten und dichten Felsens vollkommen mit Beton
ausgekleidet Er mündet nach Süden in das Tal des Fosseau aus und zwar liegt daselbst
seine Sohle 2,0 m tiefer als im Brunnen. Etwa 30,0 m oberhalb der offenen Ausmündung
dieses Tunnels zweigt ein zweiter etwa 100,0 m langer Tunnel ab, mit dem enteren unge-
fähr einen rechten Winkel bildend. Oberhalb der Abzweigung ist das Tunnelprofil des
ersten Tunnels wieder durch einen Pfropfen aus Eisen und Beton abgeschlossen und in
dieser Abschlusswand befinden sich wiederum ein Mannloch oben und 3 gusseiserne Rohre
von 400 mm Dm. unten, von denen 2 mit Schwimmventilen und 1 mit einem Schieber ver-
schliessbar sind. Unterhalb der Abzweigung ist in einem Binnen eine Betonwand errichtet.
Wenn die Turbinen arbeiten, sinkt der Wasserspiegel vor der Öffnung des zweiten
Tunnels und die Schwimmer halten die Ventile der zwei Bohre geöffnet. Wenn Wasser
in dem Krafthause nicht gebraucht wird, steigt der Spiegel und die Schwimmer schliessen die
Ventile. Steigt der Wasserspiegel über die Krone der oben erwähnten Betonwand, so
fliesst das Wasser nach dem Tal des Fosseau aus. Soll der Wasserspiegel des Sees ge-
senkt werden, so öffnet man den Schieber am dritten Bohre und kann auch durch
Gegengewichte die Schwimmerventile offen halten. Ein in der erwähnten Beton-
wand befindliches Spülrohr kann in diesem Falle geöffnet werden. Das untere Ende des
zweiten Tunnels ist durch Mauerwerk verschlossen und mit einem kleinen Spülrohr nebst
Schieber versehen. Ein schmiedeeisernes Bohr von 0,80 m Dm. und 100,0 m LSnge
verbindet das Ende des zweiten Tunnels mit dem Anfang eines dritten von 300,0 m
Länge. Auch die letztgenannten beiden Tunnelstrecken sind mit Beton ausgekleidet
Am Ende des dritten Tunnels geht die Druckleitung wieder in ein schmiedeeisernes
Rohr von 0,80 m Dm. und 1200,0 m Länge über. Dieses Rohr hat ein GefElle von 0,5 •/#
und ruht auf einem Betonbett von 3,0 m Breite, welches mit 1,0 m hohen Trockenmaoern
eingefasst ist Das eiserne Bohr ist überall mindestens 1,0 m mit Boden bedeckt und auf
diese Weise sowohl gegen fallendes Gestein als auch gegen die Einwirkungen des Tempe-
§18. Das Wasseskraft-ElektrizitItbwjbrk ah Lac Tanay bei Vouvry. 471
ratarwechsels geschützt. Das untere Ende der genannten schmiedeeisernen Rohrleitung
geht in ein Gewölbe über, ans welchem 3 Rohrstutzen von je 0,50 m Dm. abzweigen.
Zwei von diesen Rohrstutzen sind vorläufig durch Deckel geschlossen und nur einer
setzt sich als Druckrohrleitung fort. Bis zu dem gewölbten Räume überschreitet die
Druckhöhe 21,0 m nicht, aber von hier ab wächst sie auf einer Länge von 1940,0 m
um rd. 900,0. An der Ausmündung des Druckrohres aus dem gewölbten Raum ist ein
selbstwirkendes Glockenventil angebracht, welches durch eine horizontale Achse geführt
wird, und welches durch einen mit einem beweglichen Gegengewicht versehenen Hebel
offen gehalten wird. Indem das Wasser durch den ringförmigen freien Raum zwischen
Ventil und Rohrmündung eintritt, verliert es an Druck, sodass die Druckdifferenz
zwischen den beiden Seiten des Ventils für den Fall eines Rohrbruches genügen würde,
um das Ventil zu schliessen. Um bei plötzlichem Schluss des Ventils Wasserschläge
in der oberen Rohrleitung zu vermeiden, ist auf das 0,80 m weite Rohr ein Steige-
rohr von 25,0 m Höhe und 0,40 m Weite aufgesetzt. Ein Umlaufrohr mit Hahn ge-
stattet, das geschlossene Ventil zu entlasten, sodass es leicht geöffnet werden kann.
Ein Entlüftungsrohr hinter dem Sicherheitsventil lässt die Luft bei plötzlicher Schliessung
eintreten und beim gewöhnlichen Betriebe entweichen. Man hat sich dazu entschlossen, das
eigentliche Druckrohr, welches in Siemens-Martin-Stahl aus geschweissten Röhren her-
gestellt ist, nicht auf einzelne Fundamente, sondern in einer Baugrube
auf Schotter zu verlegen. Die Baugrube ist grösstenteils 1,50 m tief in den
Felsen eingesprengt oder zwischen Trockenmauern hergestellt, sodass das Druckrohr
überall mit mindestens 1,0 m Boden bedeckt ist. Auf diese Weise konnte man auf die
Anbringung von Dilatationsvorrichtungen verzichten, auch waren Verankerungen an den
Knickpunkten nicht erforderlich. Bei der parählten Bedeckung brauchte man auch
Frost nicht mehr zu fürchten, welcher bei offener Rohrleitung immerhin hätte gefähr-
lich werden können, da es vorkommen kann, dass die Turbinen auf längere Zeit ausser
Betrieb gesetzt werden. Man hat sich dem Terrain mit dem Druckrohr nach Möglich-
keit angeschmiegt und durch an den Flanschen eingelegte Keilstücke die Möglichkeit
verschafft, beliebige Winkel bis zu 10° herzustellen. Die Rohrverbindungen bestehen
aus angeschweissten Winkellaschen, welche durch starke stählerne Flanschringe und
Bolzen zusammengehalten werden. Die Winkellaschen greifen mit Nut und Feder in
einander ein, und die Dichtung ist durch einen kleinen Kupferring mit Asbestseele herbei-
geführt. Dieser Ring von etwa 3 mm Dm. wird nach dem Anziehen der Bolzen auf
einen Bruchteil eines mm zusammengepresst. Wegen der Druckrohre vergl. Taf. LVHI,
Fig. 10 und 11. Die Berechnung der Druckrohre erfolgte derart, dass bei dem höchsten
statischen Druck eine höhere Beanspruchung als 750 kg/qcm. nicht eintritt. Jedes Rohr
musste in der Werkstatt unter einem Druck geprüft werden, welcher 50°/o höher
als der zu erwartende statische Druck war. Auf den ersten 635,0 m hat das Druck-
rohr einen äusseren Dm. von 500 mm, und die Rohre sind von Hand geschweisst. Die
Stahlstärke wächst von 7 bis 1 1 V* mm. An diese Strecke schliesst sich ein Hosenrohr
an, in welchem sich das grosse Rohr in zwei kleine von S41 mm äusserem Dm. gabelt.
In dem Hosenrohr sind 2 Schieber von je 300 mm lichtem Dm. mit Umlaufrohren an-
gelegt. An das Hosenrohr schliesst sich dann eine 1300,0 m lange Doppelleitung von
341 mm äusserem Dm. an, deren Wandstärke allmählich von 8 auf 18 mm wächst.
Diese Rohre sind maschinell geschweisst, weshalb der äussere Dm. für alle Rohre der-
selbe bleiben musste. Alle Rohrleitungen sind mittels einer Seilbahn (vergl. Taf. LIX,
Fig. 13 und 14 und Kap. HI, 4 Druckrohre) an Ort und Stelle gebracht und zwar sind
die Rohre so nahe wie möglich bei ihrer Verwendungstelle, aber stets oberhalb derselben
472 II. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräfte*. Beispiele.
abgelegt und dann mit Seilen und Flasähenzügen an die richtige Stelle heruntergelassen.
An dem Krafthause ist jeder der beiden Druckrohrzweige mit einem Schieber ran 30O mm
abschliessbar, welcher durch ein Umlaufrohr entlastet werden kann.
Das Krafthaus ist ein rechteckiger Bau von 66,0 m Länge und 14,0 m Breite.
Es steht lotrecht zur Hauptneigung des Abhanges, sodass nach der Bergseite der Maschinen-
flur und nach der Talseite der Kellerflur in Terrainhöhe liegen. Nach der Bergseite
steht das Krafthaus auf einer Futtermauer, mit welcher parallel drei Pfeilerreihen er-
richtet sind. Diese tragen gemeinsam mit der Futtermauer die Decke des Maschinensaals.
Zwischen den Pfeilern sind Gurtbögen geschlagen und diese tragen 220 mm hohe und
0,50 m von Achse zu Achse voneinander entfernte I-Träger, zwischen denen eine Beton-
decke eingebaut ist. Das Kellergeschoss ist 4,00 m hoch. Zwischen den beiden Mittel-
pfeilern sind die elektrischen Maschinenkabel untergebracht. Die beiden äusseren Längs-
räume enthalten die Druckrohre und die Ausgussrohre der Turbinen. Jede Turbine ist
mit einem Ausgussrohr von 0,4 m Dm. versehen. In dem Maschinensaal waren 1902
zunächst 4 Turbinen von je 500 PSe aufgestellt, während Platz für im ganzen 20 Turbo-
Generatoren vorhanden ist Jedes Dcnckrohr von 341 mm äusserem Dm. verzweigt sich
in dem Kellergeschoss des Krafthauses in zwei Rohre von je 210 mm Dm., und von diesen
zweigen dann die einzelnen Turbinenrohre von 150 mm Dm ab. Die Turbinen sind
Peltonräder und machen 1000 Uml./Min. Sie verbrauchen je 52 1/sek. bei normaler
Leistung. Die Umfangsgeschwindigkeit des Laufrades beträgt 62,8 m/sek. *). Jede Turbine
wird aus zwei Düsen beaufschlagt, von denen nur eine durch den Servomotor reguliert
werden kann, sodass niemals ein völliger Abschluss stattfindet und starke Schläge im
Bohr infolge der Turbinenregulierung nicht auftreten können. Abbildungen der Turbinen
befinden sich auf Taf. LXXVI, Fig. 7 bis 12 (vergl. Kap. III, 5 Turbinen).
Erwähnt sei noch, dass das eiserne Polönceaudach des Maschinenhauses ganz aus
Stein und Eisen hergestellt ist. Auf den Bindern liegen T Eisen-Pfetten von 35 mm
Höhe, welche auf ihren unteren Winkelflanschen Hohlziegel tragen, die dicht an dicht
geschoben die unten sichtbare Dachfläche bilden. Die vertikalen Stege der T-Eisen
stehen so weit vor, dass sie die Nasen der Dachziegel aufnehmen können. An beiden
Enden des Maschinensaals ist ein Raum von je 5,0 m Tiefe für die Schaltanlage reser-
viert. Das Podium des Schaltbrettes befindet sich etwa 1,5 m über dem Maschinenflur.
Jede Turbine ist mit einem Emphasen- Wechselstrom-Generator1) direkt gekuppelt, welcher
den Strom mit 5500 bis 6000 Volt und 50 Per/sek erzeugt. Die Spannung ist dieselbe
wie diejenige des Elektrizitätswerkes in Vuargny, sodass die beiden Werke gleichzeitig
und parallel auf das Netz arbeiten können.
S) Von den zuerst aufgestellten Turbinen sind zwei von Durillard, Lausanne, und zwei Ton
den Ateliers des constructions meeaniqaes in Vevey, ßchweix, geliefert
*) Zwei der zuerst aufgestellten Generatoren sind Ton Brown, Boveri & Co. in Baden und zwei
von der Compagnie de llndustrie iSlectrique in Genf geliefert
§19. Das Wabserkraft-ElektkbitIiswerk Hagvbck. 473
§ 19. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Hagneck am Aare-
kanal bei Biel (Schweiz), mm* Taf. xxxii und xxxim).
Um das vor dem Bielersee im Aaretal gelegene sogenannte „Grosse Moor* zu ent-
wässern und um zu gleicher Zeit für die Abführung des Hochwassers der Aare und der
von dem Flusse mitgeführten grossen Geschiebemassen zu sorgen, wurde in der Zeit von
1870 bis 1880 von dem Orte Aarberg bis zum Bieter See ein Kanal von 8,6 km angelegt
(vergl. Taf. XXXII, Fig. 1). Der Kanal hat in der Sohle eine Breite von 36,0 m. Er
durchdringt bei dem Dorfe Hagneck eine dem See vorgelagerte Hügelkette mit einem
900,0 m langen und zum Teil 34,0 m tiefen Einschnitt. In der Nahe der Stadt Biel
mündet ein künstlicher Kanal aus dem See, welcher das Wasser aus dem See wieder
in die Aare zurückleitet. Für den unteren Verlauf der Aare bildet also der Bieter See
ein Staubecken. In dem genannten Kanal zwischen Aarberg und dem Bieter See ist
bei N.W. ein Gefälle von 9,0 m und schon bei der Ausführung desselben wurde auf die
Ausnutzbarkeit der hier zur Verfügung stehenden Wasserkräfte hingewiesen. Im Jahre
1891 erwarb eine Anzahl beteiligter Gemeinden die Konzession zur Ausnutzung dieser
Wasserkräfte. Ein grosszügiges, für die Ausführung geeignetes Projekt entstand aber
erst, als die Konzession im Jahre 1896 an eine grosse Elektrizitätsgesellschaft überging9).
Es sollen in der Aare bei niedrigstem Wasser noch 60 cbm/sek. zur Verfügung stehen,
und es konnte durch eine etwa 160,0 m vor der Ausmündung des Kanals in den See
liegende Wehranlage bei N.W. ein Stau von 9,0 m erzielt werden. Bei Hochwasser blieb
noch ein nutzbares Gefälle von 5,8 m, bei normalem Wasser von 7,3 m. Zu Zeiten
des geringeren Gefälles stehen erheblich grössere Wassermengen als 60 cbm/sek. zur
Verfügung.
Das gesamte Kraftwerk besteht aus dem Wehr mit der zugehörigen Regulierung
des Aarekanals, dem Werkkanal, dem Krafthause, dem Unterwasserkanal und dem Lei-
tungsnetz (vergl. Taf. XXXII, Fig. 2).
Aus den Bedingungen der Konzession bezüglich der höchsten zulässigen Stauweite
bei Hochwasser ergab sich eine Gesamtbreite des bewegliehen Wehres von 63,4 m.
Diese wurde durch dfei Mittelpfeiler in vier Öffnungen eingeteilt, deren Verschlüsse so
einzurichten waren, dass sie bei Hochwasser gänzlich beseitigt werden konnten. Man
legte an die rechte Kanalseite die vorgeschriebene Flossgasse in einer Breite von
12,30 m an, daran anschliessend zwei Grundabläsäe von je 10,0 m Breite und am linken
Ufer eine Öffnung von 23,0 m. Um Vertiefungen der Sohle oberhalb des Wehres durch
den starken Strom bei Öffnung aller Wehrverschlüsse zu vermeiden, wurde vorgeschrieben,
dass die Sohle der Grundablässe 3,0 m über die vor Beginn des Baues bestehende Sohle
des Kanalbettes gelegt wurde. Die Sohle des Aarekanals bestand aus nicht sehr fester,
aber undurchlässiger Molasse. Es war deshalb notwendig, die Ufer und Mittelpfeiler
des Wehres mittelst Caissons tief unter der Kanalsohle zu fundieren, um ihnen bei dem
hohen Wasserdruck die nötige Standsicherheit zu geben. Die Sohle der Grundablässe
liegt auf + 434,05, die der Flossgasse etwa 3,0 m höher und die der linken Öffnung
i) Die Abbildungen sind zum gröseten Teile der Zeitscbr. d. Ver. deutsch. Ing. 1901, .Das
Elektrizitätswerk Hagneck4 von Prot Dr. H. Kupp, S. 987 u. ff., entnommen.
*) Die Erwerberin war die A.-G. .Motor-, eine mit der A.-G. Brown, Boveri k Co. in Baden
(Schweiz) verbundene Unternehmangageseliacbaft Der waaaerbanlicbe Teil des Projektes ist von Conrad
Zaehokke in Aarau entworfen and ausgeführt (vergl. 8. 25).
474 IL Theodor Koehk. Ausbau ton Wasserkraft». Beispiele.
auf -f- 436,30. Die Flossgasse ist etwa 40,0 m lang und beiderseits durch Mauern ans
Hausteinen eingefasst. Ihre Sohle ist auf Pfählen und Beton fundiert und durch einen
Bohlenbelag abgeschlossen, welcher auf einem Rost von Holmen und verankerten Quer-
balken befestigt ist. Zwischen der Flossgasse und dem rechten Ufer liegt die Fiaek-
leiter, deren oberer Eingang in den rechten Uferpfeiler eingelegt ist Der Verschluss
der Flossgasse erfolgt durch eine einzige eiserne Schütze, welche in der Mitte eine bis etwa
1,50 m unter den normalen Stauspiegel reichende bewegliche Eisschitie trägt, um bei
Eisgang das Eis abfuhren zu können. Da die Sohle des Werkkanals, von dem spater
noch die Rede sein wird, etwa 2,50 m höher als die Schwelle der Grundablässe liegt,
so ist eine Verkiesung des Kanaleinlaufs kaum zu befurchten, denn wenn die Sohle des
Aarekanals bis zur Sohle des Einlaufe zum Werkkanal mit Kies gefüllt sein sollte, so mos
sich durch Ziehen der Grundschützen nach der Spülrinne zu eine so steile Böschung im Kiese
bilden, dass die Kiesablagerungen vor dem Einlauf mit in die Spülrinne hineingezogen werden.
Wenn auch die Lage der Grundablässe am rechten Ufer vieUeicht vorzuziehen gewesen
wäre, um den Kanaleinlauf noch wirksamer Ton Kies frei zu halten, so war anderer-
seits die Lage der Flossgasse am rechten Ufer im Interesse der Flösserei die wünschens-
werteste. Da die Flösserei bei geringem Wasser in der Aare selten vorkommt, sondern
meist nur zu einer Zeit, wo ohnehin die Grundablasschützen teilweise geöffnet sind, so
kann einer schädlichen Senkung des Wasserspiegels beim Öffnen der Flosschütze durch
Schliessen der Grundablasschützen genügend vorgebeugt werden. Zwischen den Pfeilern
besteht der feste Teil des Wehres aus einem in der Stromrichtung 11,0 m breiten Beton-
körper, in dem zur Materialersparnis in der Mitte grössere Öffnungen ausgespart worden
sind. Die Fundierung erfolgte, je nach der Beschaffenheit der vorgefundenen Molasse, in
verschiedener Tiefe. Zur Abdichtung der Kanalsohle aufwärts vom Wehre ist dieselbe mit
einer Betondecke belegt Bei den GrandablSssen ist als Schwelle für die Schützen eine
gehobelte Eisenplatte eingelegt, ähnlich derjenigen bei Ghfevres und daran schliesst sich
ein Holzboden in der Neigung von 1 : 10, welcher auf einem Rost verankerter Balken
befestigt wurde, flinter diesem massiven Wehrkörper schloss sich noch ein etwa 12
bis 15,0 m langer Abfallboden an, welcher aus schweren Steinfaschinen zwischen gerammten
Pfählen und einer soliden Abpflasterung aus lagerhaften, schweren Steinplatten gebildet
war. In derselben Weise war auch die Fortsetzung des Abfallbodens der linken Wehr-
öffnung gebildet (vergl. Taf. XXXII, Fig. 3 und 4). Das reissende Wasser hat aber
diese Faschinenböden bald fortgeschwemmt, weil durch die Pfahle die an sich schon
bröckelige Molasse noch mehr gelockert worden war und den PfiLhlen keinen genügen-
den Halt bot. Man hat deshalb später wahrend N.W. und bei geschlossenen Schützen,
also zu einer Zeit, als im Unterwasser völlige Ruhe herrschte, mittelst Trichter die in
der Sohle entstandenen Kolke durch Schlackenbeton ausgegossen und so hinter dem
geneigten Bohlenboden einen Absturz und einen mehr horizontalen Abfallboden ge-
schaffen. Diese Art der Befestigung soll sich gut bewährt haben.
Die Schützern der beiden 10,0 m breiten Urendabläese sind nach dem Muster
der Schützen bei Chevres gebildet und laufen wie diese auf einer Walzenreihe. Auch
ist hier in ganz ähnlicher Weise wie dort die Dichtung durch einen eisernen Rundstab
zwischen zwei Dichtungsflächen bewirkt Über das ganze Wehr hinweg führt eine
Bedienungsbrücke (vergl. Taf. XXXII, Fig. 6). rÜber den mittleren Öffnungen der Grund-
ablässe liegen hohe Gitterträger, welche am Untergurt eine Fussgängerbrücke tragen
und oben den elektrisch angetriebenen Bewegungsmechanismus für die Schützen. Die
Seiltrommeln, über welche die Hebungsseile der Schützen laufen, liegen auf Konsolen
und zwar derart, dass die Schützen mit ihrer Unterkante bis über das höchste Hoch-
§ 19. Das Wasskrkbaft-ElektrizitItswekk Hagnkck. 475
wasser gezogen werden können. Die Schützen sind als Eastenträger mit geradliniger
Vorder- und Hinterfläche ausgebildet, sodass sie vor der Bediennngsbrücke im aufge-
zogenen Zustande Platz finden. Die linke Öffnung ist durch Rolladen yerschliessb*r,
welche sich gegen 18 eiserne Gittersäulen lehnen. Je zwei und zwei derselben sind zu
Rahmen vereinigt und können gemeinschaftlich heruntergelassen werden (vexgl. Taf. XXXII,
Fig. 5 und 7). Sie tragen an ihrem unteren Ende ein horizontales Gelenk und sind
oben im aufgerichteten Zustande durch Klinken gehalten. Ein auf der Bedienungsbrücke
fahrbarer Erahn dient dazu, sowohl die Kolladen hochzuziehen als auch die Griesständer
herunterzulassen. Am oberen Ende ist an jedem Griesständer ein Bügel angebracht,
auf dem er im herabgelassenen Zustande auf dem Sturzbette aufruht. Die Rolläden
sind aus Holzleisten mit trapezförmigem Querschnitt gebildet, welche untereinander einen
recht guten Schluss geben. Die einzelnen Rollen ruhen in herabgelassenem Zustande in
Schalen, welche yon eisernen Platten getragen werden. Letztere sind in Gelenken dreh-
bar, sodass sie sich beim Herablassen der Griesständer gleichfalls mit umlegen. Die
Dichtung der Platten erfolgt durch ein durchlaufendes Gusstück. Der dichte Anschluss
der einzelnen Platten und Schalen untereinander ist nicht leicht zu erreichen. Dafür
ist aber die Bedienung der Rolladen eine sehr leichte und verhältnismässig einfache.
Wenn die äussere lose Kette angezogen wird, wickelt sich die Rollade auf der Walze
auf, indem diese emporrollt.
Die Ufer mussten auf- und abwärts des Wehres mit Steinpackungen befestigt
werden. Von dem rechten Wehrpfeiler bis zu dem Werkkanal ist das Ufer des Aare-
kanals durch eine Steinmauer gebildet, welche sich auch noch, rechtwinkelig abbiegend,
im Werkkanal fortsetzt.
Der Werkkanal ist nur 200,0 m lang und in der Sohle normal 27,0 m breit.
Die Sohle sowohl wie die Böschungen sind mit Kalksteinen gepflastert. Erstere steigt
nach dem Krafthause zu etwas an. In ihrer Mitte ist eine Rinne angelegt, nach welcher
beide Seiten der Sohle Gefalle haben. Der Wasserspiegel kann durch Ziehen der Schützen
im Aarekanal genügend reguliert und nötigenfalls soweit gesenkt werden, dass die Sohle
des Werkkanals völlig trocken wird. Es war daher entbehrlich , besondere Einlauf-
schützen anzulegen* Auch konnte am Krafthause ein Überfall und ein Grundablass ent-
behrt werden. Um Stückeis und andere grosse Schwimmkörper vom Kanal fernzuhalten,
sind am Einlauf yier eiserne Böcke aufgestellt; Vor welchen eine schwimmende Brücke
yon Holz angelegt ist Diese Brücke dient zur Kommunikation zwischen beiden Ufern
und zugleich dazu, gesammeltes Stückeis nach der Eisschütze fortschieben zu können.
Vor den TurMnenkammera erweitert sich der Werkkanal auf 36,0 m, und so wird der
Platz für fünf Turbinenkammern yon je 6,0 m lichter Breite gewonnen. Durch vier
Längswände yon 1,50 m Dicke sind die Turbinenkammern voneinander getrennt. Jede
Turbinenkammer ist für sich durch zwei Drehtore8) abschliessbar (vergl Taf. XXXIIT,
Fig. 2 und 5 und Abb. 94). Vor der Turbinenkammer liegt in üblicher Weise ein Rechen
mit einqr Neigung yon etwa 46° gegen die Horizontale. Da Eintreten yon Eis in den
Kanal nicht zu befürchten war, auch Überlauf und Grundablass nicht vorhanden sind, .
konnte der Rechen parallel zur Achse des Krafthauses aufgestellt werden. Letztere ist
lotrecht zur Kanalachse gelegt Vor dem Krafthause und über den Vorkammer* ist eine
etwa 2,50 m breite Bedienungsbrücke für die Reinigung des Rechens angeordnet. Im
Herbst bei Laubfall kommt recht viel Laub in den Werkkanal hinein, sodass ftlpd»im
mehrere Kolonnen beschäftigt sind, mit langen Harken das Laub zu beseitigen. Wegen
») Eine Abeflaang der Dnatore findet sieh in Kap. m, 8, Senats«*.
476 II- Theodor Koehn. Ausbau vow Wasserkräften. Beibfiele.
der Länge und Schwere der Harken bat sich die gewählte Breite der Bedienungsbrücke
als durchaus erforderlich herausgestellt.
Das Krafthans besteht aas zwei Teilen und zwar ans einem innerhalb des Kanal-
bettes liegenden Teil, welcher die Hauptturbmenkammern und den Maschinensaal enthält,
Abb. M. Ansicht einer Tnrbinenkunniar mit Turbine.
nnd einem auf dem rechten Ufer befindlichen Anbau, enthaltend drei kleinere Turbinen
für die Erregung und die Reguliertransraission und darüber die Schaltanlage. Die üe-
samtlänge des Haschinensaales ist im Innern gemessen rd. 46,0 m, die lichte Breite
11,0 m, die Höhe bis zur Kranbahnoberkante etwa 7,0 m. Es kommen ah» etwa
506:70 = 7,23 qm Bodenfiacbe auf 100 installierte PS*. Der Hauptteil des Kraft-
hauses ist auf einer zusammenhangenden Betonplatte fundiert. Der ganze Maschinen-
§ 19. Das Wa/äbrkrijt-EijcktrizitItswerk Hagneck. 477
saal wird toh einem Laufkran von 25 t Tragfähigkeit bestrichen. Die Sangkanäle der
Turbinen münden direkt in den Unterwasserkanal. Letzterer ist bis zn der Stelle, wo
er in der Seesohle ausläuft, rd. 460,0 m lang. Er ist durch Ausbaggerungen in dem
Strand- und Seeboden mit einer Sohlenbreite von 32,0 m hergestellt worden. Ausserhalb
des Krafthauses auf dem rechten Ufer steht ein grosser Drehkran, um schwere Lasten,
welche auf dem Wasserwege oder auf Wagen kommen oder fortgeschafft werden sollen,
verladen zu können.
Die fünf Hanpttubinensttie *) (vergl. Taf. LXH, Fig. 1 — 3, und Kap. IE, 5,
Turbinen) sind Francis -Reaktionsturbinen mit radialer Beaufschlagung von aussen und
achsialem Ausguss. Jede Turbine leistet bei 100 Uml./Min. normal 1300 PS», maximal
1500 PS». Die Wahl stehender Turbinen ist vermutlich getroffen, weil sich im
Vergleich zu liegenden am baulichen Teil sehr erhebliche Ersparnisse ergaben, denn
man konnte bei stehenden Turbinen mit einer viel geringeren Breite des Krafthauses
auskommen.
Jede Hauptturbine hat vier Laufkränze Übereinander, von denen der zweite und der unterste
Kranz naeb oben, die anderen beiden nach unten aasgiessen. Das hydraulisch entlastete Hanptlager,
welches in dem direkt unterhalb dea Masebinenflures befindlieben Geschosse aufgestellt ist, wurde als
doppeltes Ringspurlager ausgebildet und ist' von einem mit 25 1 öl gefällten Behälter vollständig um-
schlossen. Es befindet sich somit ganz unter öl, welches mittelst eingelegter Kahlschlange durch
Wasser gekflhlt wird. Durch ein in die Welle eingeschnittenes Gewinde ist die Möglichkeit geboten, die
Laufkränze genau einzustellen. Unterhalb des Hauptspurlagers ist die Welle gekuppelt Sie ist an der
Sohle der Turbinenkammern, an der Dynamomaschine und ausserdem noch in zwei Halslagern geführt
Wie bei den Beznauer Turbinen sind sämtliche vier Leiträder untereinander duroh Säulen bezw. Guss-
stflcke starr verbunden. Die Leitschaufeln sind um vertikale Achsen beweglich und zum Teil hydraulisch
entlastet Eine vertikale Steuerwelle, Hebel und Schieberstangen wirken auf einen Ring, mit dem alle
beweglichen Schaufeln je eines Kranzes verbunden sind, so dass die Bewegung aller Schaufeln eines
Krauses gleichzeitig und gleichmässig erfolgt Die beiden unteren Schaufelkränze haben eine gemein«
schaftliche Steuerwelle. Die Regulierung der beiden oberen Schaufelkränze kann durch je eine besondere
Welle und unabhängig voneinander erfolgen. Die Regulierung der beiden unteren Kränze, welche bei
hohem Gefalle allein arbeiten, während die oberen geschlossen bleiben, erfolgt stets selbstwirkend durch
einen hydraulischen Servomotor, welcher in üblicher Weise durch einen Fliehkraftregler in Tätigkeit
gesetzt wird. Der obere Leitsehaufelkranz kann entweder mit der selbstwirkenden Regulierung des
Servomotors verbunden oder von Hand bedient werden, während die Regulierung des zweitobersten
Schaufelkrames stets von Hand erfolgt. Die beiden oberen Kränze treten nur bei kleinerem Gefalle
und grosserer verfügbarer Wassermenge in Tätigkeit. Der Servomotor wird mit filtriertem Druckwasser
getrieben.
Die Saugkanäle sind mit Hilfe von Walzträgern und Verankerungen in Beton
syphonartig hergestellt und münden so weit unter dem niedrigsten Unterwasser aus»
dass die Saugwirkung stets gesichert ist (vergl. Taf. XXXIII, Fig. 5). In der Decke
der Turbinenkammern und in dem Boden des Maschinenflurs befinden sich kreisrunde
Montageöffnungen, gross genug, um alle Teile der Turbine mittelst des Krans heraus-
zuheben. Es ist dazu natürlich nötig, dass das Magnetrad des Generators zuvor
abgehoben und die Wellenlager entsprechend demontiert sind.
Von den in dem rechtsseitigen Anbau des Maschinenhauses aufgestellten drei
vertikalen Turbinen sind zwei von je 20 PS« für den Antrieb zweier Erregermaschinen
und eine von 45 PS« zum Antrieb einer das ganze Untergeschoss durchlaufenden
Reguliertransmission bestimmt. Von letzterer werden mittelst Riemenübertragung und
Schraubenspindeln die Drehtore vor den Turbinenkammern vom Maschinenraum aus inner-
*) Geliefert, ebenso wie die kleinen Turbinen, von Theodor Bell & Co. in Krienz, Schweiz.
478 IL Theodor Koehn. Ausbau vor WassebkbXften. Beispiele.
halb Vit Minuten geöffnet oder geschlossen. Dieselbe Transmission treibt auch die Pumpen
an, welche das für die hydraulischen Servomotoren erforderliche Brackwasser liefern.
Für jede Hauptturbine ist eine besondere Pumpe vorgesehen; alle Pumpen aber sind
an eine gemeinschaftliche Zentralleitung angeschlossen, sodass das Defektwerden einer
Pumpe die Lieferung von Druckwasser für den zugehörigen Servomotor nicht hindert.
Die Druckwasserleitung ist mit einem Windkessel und einem kleinen Kompressor für
die Erneuerung des Luftkissens im Windkessel ausgestattet. Bemerkenswert ist
die Anlage einer unter allen Turbinenkammern hindurchgehenden
Saugrohrleitung, mit deren Hilfe durch eine von der Reguliertrans-
mission angetriebene Pumpe jede Turbinenkammer in kurzer Zeit
geleert werden kann. Jede Turbinenkammer ist durch ein besonderes Ventil an
die Saugrohrleitung angeschlossen« Um eventuell an den Drehtoren Reparaturen vor-
nehmen zu können, sind an den Pfeilern der Vorkammern Dammbalkenschlitze angelegt.
Der Verschluss der geschlossenen Drehtore ist ziemlich vollkomm dicht, sodass alle
Teile der Turbinenanlage für etwaige Reparaturen in kürzester Zeit zugänglich ge-
macht werden können. Es bleibt noch zu erwähnen, dass das Druckwasser den drei
kleinen Turbinen durch eine kleine Druckleitimg zugeführt wird, welche oberhalb des
Krafthauses aus dem Werkkanal abzweigt Die drei kleinen Turbinen giessen je in einen
vertikalen Schacht aus und diese drei Schächte münden in einen gemeinschaftlichen
Kanal, der unter N.W. des Unterwasserkanals austritt.
Die mit den Turbinenwellen gekuppelten,. Dreiphasengeneratoren 5) haben fest-
stehenden Anker und bewegliches Magnetrad. In^der Ebene des letzteren befindet sich
das Halslager der Welle, um Biegungsmomente in der Welle nach Möglichkeit zu
vermeiden.
Die Generatoren liefern (100 Uml./Min.) bei induktionsfreier Belastung etwa 900 KW mit 800O
Volt Spannung und 40 Perioden. Das Magnetrad hat 48 rechteckige Polschuhe. Der* Spannungsabfall
der Generatoren betragt 5°/o bei induktionsloser Belastung und 15°/o bei cos <p = 0,77. Die Maschinen
sind so berechnet» dass sie auch als Einphasengeneratoren die Leistung der Turbinen von 1350 PS« auf-
nehmen können, sodass beliebig jede Maschine an das einphasig betriebene Beleuchtungsnetz direkt
angeschlossen werden kann. Jede Wechselstrommaschine hat ihre eigene Gleichstromerregermaschine,
deren senkrechte Achse mittelst Winkelgetriebes von der Turbinenwelle aus angetrieben wird. Die Er-
regermaschinen machen 550 Touren und geben bei 120 Volt Klemmenspannung 280 Ampere ab. Das
vierpolige Magnetsystem jeder primären Erregermaschine erhält den Erregerstrom aus dem gemeinsamen
Netz der von den erwähnten kleinen Turbinen angetriebenen Nebenschlussmaschinen. Zeitweise ist
immer nur eine von diesen in Betrieb, die andere also in Reserve. Die Belastung der sekundären Er-
regermaschine bleibt immer dieselbe, nämlich 100 Ampere bei 120 Volt Wird beim Abschalten eines
Generators die Magnetwickelung von dem sekundären Erregernetz getrennt, so tritt an ihre Stelle ein
Ersatz widerstand. Die von den Generatoren erzeugte elektrische Energie wird durch Kabel, welche in
<km Geschosse unter dem Maschinenflur auf Isolatoren verlegt sind, zu dem am südlichen Ende der
Maschinenhalle befindlichen Schalt räume gefuhrt. Hier sind anf einem erhöhten Plateau zwei Schalt-
tafeln hintereinander aufgestellt und zwar dient die erste für die Schaltung der Generatoren, die zweite
für die Schaltung auf das Verteilungsnetz. Es sind zwei voneinander völlig getrennte Systeme v%n
Sammelmaschinen als in sich geschlossene Ringleitungen ausgeführt. Jeder Generator sowohl als auch
jede aus dem Maschinenhause führende Fernleitung kann durch Umschaltung auf das eine oder andere
Sammelsystem geschaltet werden. Man kann also sowohl alle Maschinen und auch alle Fernleitungen
auf einen Ring Behalten, als auch andererseits beliebig Maschinen- und Fernleitungen in zwei Gruppen
für Licht- und Kraftbedarf trennen. (Wegen des Schaltungsschemas vergl. Taf. LXXX, Fig. 3, und
Kap. III, 6, B.) In Flurhöhe des Maschinensaales ist noch eine dritte kleinere Schalttafel aufgestellt
von welcher Abzweigungen für die Beleuchtung des Dorfes Hagneck ausgehen. Die Beleuchtungsleitung
ist an einen Einphasentransformator von 15 KW angeschlossen, welcher sekundär in Dreileiterschaltung
&) Die ganze elektrische Einrichtung ist von der A.-G. Brown, Boveri & Co. geliefert
§ 19. Das WAssEBxsAFT-ELEKTBizrrlTBWBRK Hagneck. 479
2 X 125 Volt liefert. Ein Drsiphasentransformator von 20 KW liefert den Strom für die Kraftsweeke
des Maachinenhsuses und die elektrisch angetriebenen Bewegungen] echaoismen dee Sohütaen wahres.
Für die erwähnten Lichtlei langen ist die Umschaltnng aaf eine der kleinen Bekundiren Brogerrosschinen
im Fal'e Ausbleibens des Wechselstromes möglich.
Die Hochspannungsfernleitungei werden in kreisrunden Öffnungen, welche durch
Zementrohre in den Wänden der obersten Etage des Schal traumes gebildet sind,
herausgeführt und liegen innerhalb der Wände noch in Glasröhren. Die Spannung
ist die der Maschinen, nämlich 8000 Volt. Zunächst werden alle Hochspannungsleitungen
zu einem tot dem Maschinenhause errichteten Doppelgitterträger geführt, von welchem
ans siesich dann in meh-
rere Hauptleitungen Abb. 95. Überführung der Fernleitung Ober einen Flu».
verzweigen. Ausser
einer Versnchsstrecke
Ton 1 km aus Alumi-
ninmdrähten sind Kup-
ferdrahte von 6, 7 und
8 mm Dm. verwendet.
Für die Leitung
nach Biel, welche ans elf
Dritten besteh! , ist ein
besonders kraftiges Doppel-
gestinge ans Holt er
richtet, welches, bei Über-
gingen von Wegen, Bahnen
nnd Flflssen durch ein
DoppelgesUng« von eiser-
nen Oitlermssten ersetzt
ist. Oben endigen diese
Gittermasten inHolzsinlen,
an denen die Isolatoren
befestigt sind (vergl. Abb.
95). Die Transformatoren
sind in kleinen eisernen
Hinsehen untergebracht,
welche zur Einführung der
Leitungen einen aus 2 Vi mm
starkem Eisenblech herge-
stellten und verankerten
Turm tragen (vergl. Kap.
III. 7. Fernleitungen n. Taf.
LXXXIV,Fig.5). Der Turm
tragt oben zwei Bings mit
Isolatoren für die Hochspan-
nung»- und Niederspannungsleitnugen, welche in dem Turme durch Porzellan rühren bin durchgefühlt werden.
Meistens sind für den Licbtbetrieb in Öl stehende einphasige Transform stören von 15— SOKWund Drsiphasen-
trans formaler en von 20—40 EW für den Motorenbetrieb verwendet. Das Licbtverteilungsnetz wird ein-
phasig mit 2 X 125 Volt, das Kraftverteilungsnetz dreiphasig mit 2 X 250 Volt betrieben. Für die Stadt
Biel wird in zwei Transformatorenstellen zunächst der Strom anf 2000 Volt transformiert, um dann in
einer grosseren Anzahl von Unterstationen , welche durch unterirdisch verlegte Kabel mit den Haupt-
transformatoren-Stationen verbunden sind, in die Gebrau ebsapannung von 2 X 125 Volt bezw. 250 Volt
umgewandelt zu werden. Eins in der Nihe von Nidau bei Biel errichtete Kalxium-Karbidfabrik mit
18 Öfen, welche (1901) bis zu 2400 FS« Tag und Nacht bei vollem Betriebe konsumieren konnte , ist
mit einer besonderen Eiophasenleitnng an das Werk angeschlossen und begünstigte eine gute Aus-
nützung der Wasserkraft bei Tag und Nacht. Infolge der Überproduktion in Kalzium-Karbid auf dsm
480 IL Theodor Koehn. Ausbau von WasberkbIften. Beispiele.
Weltmärkte wurde aber die Fabrikation (1902) vorläufig wieder aufgegeben and statt deinen (1906)
die Eneugnng elektro-meUllurgisoher Fabrikate (Ferrosilicium) eingeführt
Es haben gekostet bis Ende 1902:
das Kraftwerk Hagneck zusammen Frs. 8450000
die Fernleitungen „ 728000
Verteilungsleitungen, Transformatoren etc 800000
Das Werk wurde mit dem Kanderwerk in Spiez (vergl. § 14) zu der Vereinigten
Ränder & Hagneck- Werke A.-G. in Bern 1903 vereinigt
§ 20. Das Wasserkraft -Elektrizitätswerk am ölomraeo
der Actieselskabet Haf Slliod in Norwegen. Hierin Taf. xxxui i).
Die Wasserkraftanlage Hafslund ist dadurch ausgezeichnet, dass die Natur
ungewöhnlich viele günstige Umstände an einer Stelle vereinigt darbietet: eine grosse
ständige Wassermenge, ein starkes, in einem Wasserfall vereinigtes Gefalle, unmittelbar
am Flusse festes Gestein zur Erbauung des Werkkanals und des Krafthauses, ca. 7 km
abwärts des Wasserfalls die Hafenanlage Sandesund und eine für Seeschiffe ausreichende
Wassertiefe in dem bei Frederickstad in den Skager-Rack ausmündenden Flusse.
Hierzu kommt noch, dass die Haupteisenbahnlinie Gothenburg— Kristiania — Drontheim
unmittelbar über den Wasserfall hinwegführt und in der Nähe, bei Sarpsborg, einen
Bahnhof hat, sodass ein Eisenbahnanschluss leicht und ohne hohe Kosten ausführ-
bar war.
Der Glommen, der grösste Fluss Norwegens, bildet in der Nähe des genannten Ortes
Sarpsborg, etwa 90,0 km südöstlich von Kristiania, den sogenannten Sarpsfos, einen Fall
von 18,0 m Höhe. Am linken Ufer des Sarpsfos dehnt sich das ehemalige Rittergut
Hafslund aus, zu welchem die halben Nutzungsrechte an diesem Wasserfall gehören.
Der Glommen hat ein Niederschlagsgebiet von 41400,0 qkm und zu demselben gehören
als Sammelbecken Seen von nicht weniger als 1200 qkm Oberfläche. Dennoch kann
die sekl. Wassermenge des Flusses ausnahmsweise im Winter auf 100,0 cbm/sek. oder
2,41 l/sek./qkm zurückgehen, während sein mittleres Hochwasser 2000 cbm/sek. oder
48,2 l/8ek./qkm beträgt. Bei einem ausnahmsweise stärken Hochwasser im Jahre 1860
soll die Wassermenge 4600 cbm/sek. oder 108,6 l/sek./qkm betragen haben. Der
grösste im Flussgebiet des Glommens liegende See ist der Mjösen mit einer Fläche
von 369 qkm. Aus ihm entströmt der Vormen, der grösste Nebenfluss des Glommens.
Der See liegt 128,0 m über dem Meeresspiegel. Seitdem man sich mit der Ausnützung
der Wasserkräfte des Glommens in grösserem Stil befasst, ist natürlich auch der Ge-
danke erwogen, den Ausfluss dieses Sees zu regulieren. Es liegen bereits seit längerer
Zeit Projekte der Direktion des norwegischen Kanalwesens vor, nach welchen durch ein
Nadelwehr im Vormen der Wasserspiegel des Mjösen um 4,0 m gestaut werden soll.
Hierdurch würden ca. 1460 Millionen cbm aufgespeichert werden und die Möglichkeit
geboten sein, während der Zeit des niedrigen Winterwassers dem Glommen eine ständige
Wassermenge von mindestens 300,0 cbm/sek. zuzuführen. Es kann wohl nur eine Frage
der Zeit sein, dass dieses Projekt zur Ausführung gelangt. Die Besitzer der Wasser-
i) Die Abbildungen der Tafel nnd des Textes sind dem Verfasser von den Siemens-Sehuckert-
werken zur Verfügung gestellt.
§ 20. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Hafslund. 481
kräfte des Glommens haben sich schon seit Jahren zu einer Genossenschaft vereinigt,
welche sich die Klärung aller Rechtsfragen und die Vorbereitung einer Gesetzvorlage
an den Storthing zur Aufgabe gestellt hat.
Im Jahre 1896 wurde das Gut Hafslund von einem deutsch-norwegischen Kon-
sortium*) angekauft und die Errichtung eines Kraftwerkes beschlossen. Den unmittel-
baren Anstoss dazu bot der Plan, in der Nähe des Kraftwerkes auf dem Gute Hafslund
eine grössere Kalzium-Karbid-Fabrik anzulegen. Kraftwerk und Fabrik sollten dann
von der ad hoc zu gründenden Aktieselskabet Hafslund übernommen werden. Als vor-
handene Absatzgelegenheit für elektrische Energie an Dritte kamen nämlich nur die
15 km entfernte Stadt Frederikstad und einige kleinere industrielle Anlagen in Betracht.
Diese konnten aber zusammen nur einen kleinen Bruchteil der verfügbaren Kraft auf-
nehmen. Eine Rentabilität für die ausgebaute Wasserkraft war also trotz der günstigsten
Verbältnisse zunächst nur zu erwarten durch Verwertung der Kraft in der Karbidfabrik.
Für später konnte man freilich darauf hoffen, dass noch andere Industrien sich dort
ansiedeln und Stromabnehmer werden würden, denn hierfür lagen die Verhältnisse
ungewöhnlich günstig und zwar nicht allein wegen der billigen Energie, welche man
bei den verhältnismässig niedrigen Anlagekosten zur Verfügung stellen konnte, sondern
auch wegen der günstigen Verbindung von Hafslund mit dem Weltverkehr zu Wasser
und zu Lande. Die Aktieselskabet Hafslund hat schon beim ersten Ausbau eine das
Gebiet von Hafslund durchschneidende elektrische Vollbahn gebaut, welche den Bahnhof
Sarpsborg mit dem Verladekai des Hafens Sandesund, 7 km abwärts vom Sarpsfos,
verbindet.
Mit Rücksicht auf die Einfachheit der wasserbaulichen Anlagen hat man bei
Herstellung des Werkkanals auf die zukünftige Regulierung des Mjösen, d. h. auf
eine ständige Wassermenge im Glommen von 300 cbm/sek., von denen 150 cbm auf
Hafslund entfallen, bereits Rücksicht genommen. Bei Aufstellung des Bauprogramms sind
20 cbm/sek. auf bestehende industrielle Anlagen (Holzschleifereien etc.) abgerechnet, so-
dass für die Profilberechnung des Werkkanals eine Wassermenge von 130 cbm/sek. zu-
grunde gelegt wurde. Für das Krafthaus wurde dagegen ein Ausbau in drei Perioden
angenommen, da keine technischen Gründe dagegen, wirtschaftliche Gründe aber dafür
sprachen. Im ersten Ausbau waren nur sechs Turbinen zu je 1200 PS« und die Erreger*
Turbinen aufzustellen, bei steigendem Bedarf sollte sich ein zweiter Ausbau mit vier
Turbinen anschliessen, und der dritte Ausbau sollte erst folgen, wenn die Regulierung
des Mjösen durchgeführt sein würde.
Da bei der verfügbaren sekl. Wassermenge und dem durch die Natur im Sarps-
fos gebotenen Gefälle mehr Kraft gewonnen werden konnte als man in absehbarer Zeit
zu verwenden vermochte, so sah man davon ab, den Stau des natürlichen Wehres durch
ein künstliches zu erhöhen. Auf dem Glommen findet eine sehr starke Flösserei und
besonders Wildflösserei statt. Die in den Wäldern des Flussgebietes gefällten Baum-
stämme befördert man während der Wintermonate zum Fluss und lässt sie nach Ein-
tritt des Frühjahrs zu tausenden mehrere 100 km weit bis nach Sarpsborg und, Frede-
rikstad treiben, wo sie zu Schnittholz oder zu Zellulose verarbeitet werden. Über die
Seen hinweg werden die Baumstamme zu Flössen vereinigt mit Dampfern geschleppt.
Die Flösserei dauert von Mai bis Ende Oktober und wird von einer Genossenschaft
betrieben. Unweit aufwärts der Stelle, welche für die Ausmündung des neuen Werk-
2) Von deutscher Seite waren besonders die E.-A. vorm. Schlickert & Co. and die Kontinentale
Gesellschaft für elektrische Unternehmungen in Nürnberg beteiligt.
Handbuch der Inff.-Wlss6iiacb. UL TeiL 13. Bd. 81
482 IL Theodor Koehn. Avsbau von Wasserkräften. Beispiele.
kanals aus dem Glommen vorgeseaen war, zweigt ein alter Flosskanal ab, und es waren
an der Abzweigungsstelle bereits die erforderlichen Vorrichtungen getroffen, um die lose
Achwimmenden Holzstämme in den Flosskanal hineinzufuhren. Deshalb waren bei dem
Eislauf des neuen Werkkanals umfangreiche besondere Vorrichtungen zum Abhalten von
schwimmendem Holz nicht mehr erforderlich. Der Flosskanal mündet bei der Eisen-
bahnbrücke in eine halbkreisförmige, eiserne Flossrinne, welche die Stamme unterhalb
des Krafthauses wieder in den Glommen führt (vergl. Taf . XXXIII, Fig. 6). Um die Bedeu-
tung der Flösserei an dieser Stelle zu kennzeichnen, sei erwähnt, dass durch die Floee-
rinne Ende der 90er Jahre im Jahresdurchschnitt 3 7a Millionen Stämme geflösst wurden.
Die wasserbaulichen Arbeiten bestanden im wesentlichen in der Erbauung des
2r*0,0 m langen Werkkanals längs des Flussufers, welcher zum Teil in den Felsen ein-
geschnitten ist, zum Teil Wände aus Beton erhalten hat. Die Sohlenbreite des Kanals
beträgt 10,0 m, die normale Wassertiefe 6,5 m, das Sohlengefalle 0,5°/oo. Sein Quer-
schnitt ist ein Rechteck mit abgerundeten Ecken, die Geschwindigkeit bei voller Füllung
beträgt 2,0 m/sek. Man wählte das tiefe Profil sowohl wegen der Kosten als auch zur
Verhütung der Eisbildung. Da immerhin ausnahmsweise vereinzelte Holzstämme, an dem
Flosskanal vorbei, den Glommen herab und in den Werkkanal gelangen können, so war
es notwendig, in demselben eine Vorrichtung zur Zurückhaltung treibender Holzstamme
einzubauen. Mit Rücksicht auf die grosse Geschwindigkeit im Kanal würde ein Holzstamm
an den Schützen und dem Rechen erhebliche Zerstörung anrichten können. Es sind
deshalb (vergl. Taf. XXXIII, Fig. 6) eiserne Träger über den Kanal gestreckt und auf
diesen ist eine Betonbrücke A errichtet, welche den oberen Stützpunkt für einen aas
I-Trägern bestehenden groben Rechen bildet Die I-Träger sind an der Brücke mit
einem Gelenk befestigt und können mittelst einer Winde, welche auf einem Steg über
den Kanal läuft, heraufgezogen und herabgelassen werden. Die einzelnen Träger bilden
im herabgelassenen Zustande mit der Kanalsohle einen Winkel von etwa 40°. Die Brücke
hat flussabwärts einen auf einem Gurtbogen ruhenden Aufsatz, welcher bis über den
höchsten Wasserstand reicht, damit die höchsten Hochwasserstände von dem unteren
Teil des Werkkanals abgehalten werden. Das in den Werkkanal vom Glommen hinein-
dringende H.W. kann über einen Überlauf stürzen, welcher an der rechten Kanalkammer
von der Eisenbahnbrücke bis zu dem erwähnten Rechen angelegt ist. Die Krone des
Oberlaufs liegt 6,5 m über der Sohle und das abfliessende Wasser stürzt über die
Felsen in den Fluss zurück, ohne dass weitere Kunstbauten nötig waren. Da zur Zeit
des N.W. d. h. im Winter die Wildflösserei nicht stattfindet, sind die I-Eisen des groben
Rechens während dieser Zeit aufgezogen, sodass das Profil frei ist und durch den Rechen
kein Gefallverlust entsteht (vergl. Taf. XXXIII, Fig. 7a und b). Etwa 35,0 m unterhalb
des groben Rechens befinden sich die Regulierungsschützen B und daneben der Graad-
ablass C. Die Sohle des Kanals fällt stark gegen den Grundablass zu ab und eine ver-
tiefte Kiesrinne in der Sohle leitet von der linken Kanalmauer zum Grundablass hinüber.
Die lichte Weite seiner Schützen ist so berechnet, dass die ganzen 130 cbm/sek. bei 6,5 m
Wassertiefe im Kanal hindurch können. Man kann also in betriebsfreien oder schwach
belasteten Stunden eine sehr wirksame Spülung der Kanalsohle veranlassen. Die Grund-
ablasschützen mussten wegen der grossen Wassertiefe aus mehreren Tafeln übereinander
bestehen und so kann durch das Ziehen einer oder aller oberen Tafeln auch das schwim-
mende Stückeis, welches etwa bis zu den Regulierungsschützen gelangen sollte, abgeführt
werden. Hinter den Regulierungsschützen erweitert sich der Kanal zu einem Becken
von ca. 36,0 m Breite, indem die linke Mauer nach Süden ausbiegt, um Platz für die
Druckkammern zu gewinnen nnd eine Reinigung des Wassers von Geschiebe und
§ 20. Das Wasserksaft-Elektbizitätswere Hafblukd. 483
Stoffen zu veranlassen. Übrigens fuhrt das Wasser des Glommens wegen der meist felsigen
Sohle und der als mächtige Ablagerungsbecken wirkenden grossen vorgelegten Seen wenig
Sinkstoffe und Geschiebe.
Jede der sieben voneinander getrennten, in Beton ausgeführten Druckkammern
ist durch Schützen gegen das Becken abschliessbar. Vor den Kammern befindet sich
ein in zwei Etagen übereinander aufgestellter Feinrechen aus Flacheisen. Durch
Grundeis haben sich hier einige Schwierigkeiten ergeben, welche schliesslich zur An-
wendung einer maschinellen Einrichtung zur Freihaltung des Rechens von Grundeis
geführt haben (vergl. Kap. III, 2, Werkkanäle). Neben den Druckkammern am rechten
Ufer liegt noch ein Spülschütz, um die Sohle des Beckens spülen zu können und
daneben ist ein Überlauf angelegt, dessen Krone auf der Höhe des normalen Wasser*
spiegeis liegt. Wie bei dem eben erwähnten grossen Überfall am Einlauf und beim
Grundablass C fliesst das Wasser auch hier,, ohne dass irgendwelche Kunstbauten nötig
geworden wären, direkt über die Felsen in den Fluss.
Aus sechs Druckrohrkammern mündet je ein Rohrstutzen von 3,0 m Dm.f aus der
siebenten Kammer ein solcher von 1,6 m Dm. Das Nutzgefälle beträgt bei N.W. rd.
18,0 m, bei gewöhnlichem H.W. rd. 16,5 m.
Der erste Ausbau ist seit dem Jahre 1899, der zweite Ausbau seit 1902 im Betrieb.
Es sind zurzeit an die Druckkammern fünf Druckrohre angeschlossen und zwar eines
von 1,6 m Dm. und vier von 3,0 m Dm. Unten an der Zentrale verzweigt sich das
Rohr von 1,6 m Dm. in zwei Arme für die beiden Erregerturbinen von je 280 PSe,
welche in dem fiussaufwärts gelegenen Ende des Krafthauses aufgestellt sind. Von den
zwei grossen beim ersten Ausbau verlegten Rohren gabeln je drei Zweige ab, von denen
jeder einer der sechs grossen Turbinen von 1200 PS« das Druckwasser zuführt. Die
Turbinenkammer der beiden Erregermaschinen ist 3,0 m, jede Kammer der grossen Tur-
binen 5,0 m breit. Mit Rücksicht auf die Kostspieligkeit der Felssprengungen, welche nötig
waren, um am Flusse den Platz für das Krafthaus zu gewinnen, ferner wegen der sehr
grossen, mehr als 6,0 m betragenden Schwankung des Wasserspiegels im Fluss zwischen
N.W. und H.W. gab man hier Turbinen mit stehender Welle den Vorzug. Man konnte
so alle elektrischen Teile sicher hochwasserfrei legen. Die sechs grossen Turbinen8)
leisten bei 16,5 m Gefälle 1200 PS«, bei 18,0 m Gefälle 1400 PS,. Sie machen
143 Uml./Min. und sind ebenso wie die beiden Erregermaschinen als Jonval-Turbinen
(vergl. S. 6 und Kap. III, Turbinen) gebaut.
Ihre Regulierung erfolgt durch Heben und Senken einer Ringschütze, welche an dem Auelauf-
kessel angeordnet ist. Letzterer schließet sich an das Saugrohr an. Die Ringschütze wird durch einen
elektromechanischen Regulator bewegt, welcher sowohl selbsttätig beim Betriebe durch Vermittelung
eines Fliehkraftreglers arbeitet als auch vom Schaltbrett aus bedient werden kann.
Die beiden beim zweiten Ausbau verlegten Druckrohre gabeln sich in zwei
Rohre, welche das Druckwasser für vier Francis-Turbinen4) von 2050 PSe Maximal-
leistung zuführen. Auch die Kammern dieser Turbinen sind 5,0 m im Lichten breit.
Die Tourenzahl beträgt 150. Man wählte für den zweiten Ausbau Francis -Turbinen,
weil sich dieses System inzwischen immer mehr und mehr als überlegen heraus-
gestellt hatte.
Auf jeder Turbinen welle sitzt ein Generator 6), welcher Dreiphasendrehstrom von
8) Geliefert von der A.-G. vorm. Job. Jak. Rieter & Co., Winterthur.
*) Geliefert von der A.-G. der Maschinenfabriken Escher, Wyss & Co., Zürich.
*) Die ganze elektrische Einrichtung ist von der K.-A. vorm. Schnokert & Co. in Nürnberg
geliefert.
31*
484 II. Theodor Komm. Ausbau von Wabserxbapten. Beibmele.
5000 Volt liefert. Jede der beiden Erregerturbinen, welche 280 Umdrehungen in der
Minutu machen, ist mit einer Gleichatromdynamo tos 280 KW gekuppelt. Eine Gleich-
strommaschine genfigt für die Erregung aller Drehstrommaschinen beim vollen Aoubau
(vergl. Abb. 96). Der Maachmenaaal hat eine Lange von rd. 73,0 m und eine Breite
von rd. 11,0 m und ist wie üblich von einem Laufkran bestrichen (vergl. Abb. 97).
In der Mitte des MaschinensaalB an der landwärts gelegenen Wand befindet sich die
Schaltanlage , welche auf einem allzu beschränkten Räume hat untergebracht werden
müssen, da man einen besonderen Anbau für diese Zwecke nicht angelegt hat Dagegen
ist unter dem Flur des Maschinensaales ein geräumiger Kabelkanal vorhanden, in
| 20. DAB WaBSERKRAFT--ElECTBIZIT2.T&WBBK Hapblond. 486
welchem alle Kabel von den Maschinen zum Schaltraum geführt werden. Der Strom
wurde bis 1904 mit einer Spannung von 6000 Volt sowohl nach Frederikstad als auch
nach der Karbidfabrik geliefert und dort transformiert.
Ober die Anlagekosten sind in Tabelle I, S. 242/243, einige Angaben gemacht. Was
den wasserbaulichen Teil betrifft, so dürften nach vollem Ausbau die Anlagekosten
pro FS* sowohl der ständigen als auch der sechsmonatlichen und der installierten
Leistung mit zu den billigsten von allen ausgeführten Wasserkraftaiilagen der Welt
gehören.
486 IL Theodor Koehn. Ausbau vom Wasserkräften. Beispiele.
§ 21. Das Wasserkraft- Elektrizitätswerk am Glommen bei
Kykkelsrild in Norwegen. Hierzu Taf. xxxi vi).
Über die Wasserverhältnisse im Glommen sind bereits in § 20 bei der Be-
schreibung der Anlage Hafslund die erforderlichen Mitteilungen gemacht (vergl. S. 480;.
Südlich von der Einmündung des Vormen in den Glommen, etwa 60 km vom
Mjösen entfernt, bildet der Glommen den Öjersee, der etwa 103,0 m über dem
Wasserspiegel liegt. Der Glommen bildet nach seinem Ausfluss ans dem Öjeren
eine Reihe von Stromschnellen und Wasserfällen (vergl. Taf. XXXIV, Fig. 1), die auf
einer Strecke von etwa 20 km ungefähr 75,0 m Gesamtgefälle haben.
Es sind dies
der dem 8taate gehörige MBrkfos mit 10,5 m Gefalle
die der Gemeinde Kristiania gehörigen Wasserfalle bei Vitten-
berg, Skraaperud nnd Halfred insgesamt , 10,0 , ,
die im Privatbesitze befindliehen Wasserfalle bei Solberg,
Björkeskjör and Fossem 7,8 , ,
die Wasserfalle bei Dale, Eykkelsrnd und Verven .... , 19,0 „ ,
die Wasserfalle bei Allom, Vrang, Skabbe, Trosvig nnd Vama , 28,2 , „
Das Nutzungsrecht des Gefälles von 19,0 m bei Kykkelsrud und dasjenige bei
Fossem gehörte der Aktieselskabet Glommens-Traesliberi (Holzschleiferei) in Kristiania.
Im Jahre 1899 vereinigte sich eine deutsche Gesellschaft*) mit der genannten
norwegischen Gesellschaft, um die der letzteren gehörigen Wasserkräfte auszunützen
Nach eingehenden Vorarbeiten wurde das Bauprogramm wie folgt festgesetzt : ein Werk-
kanal sollte bis zur Vervenbucht ausgeführt werden, welcher 275 cbm/sek. bei voller
Füllung ableiten konnte, es sollte also der Werkkanal von vornherein gross genug sein,
um auch die nach Regulierung des Mjösen zur Verfügung stehenden Wassermengen aus-
zunützen. In der Vervenbucht sollte das Krafthaus errichtet werden, vorlaufig für
12000 PSe, und die erforderlichen Erregermaschinen. Beim ersten Ausbau sollten die
Stauwehre am Glommen so angelegt werden, dass der Stauspiegel bis an den Fossem-
fall reichte, es sollte aber vorgesehen werden, durch spätere Erhöhung des Stauspiegels
einen Teil des Gefälles bei Fossem mit auszunützen.
Mit dem Bau des Kraftwerkes wurde im Januar 1900 begonnen und im September
1903 konnte der Betrieb eröffnet werden8). Auf Taf. XXXIV, Fig. 2, ist ein Über-
sichtsplan gegeben. Besondere Rücksicht war darauf zu nehmen, dass die Wildflösserei
(vergl. S. 481) ungestört fortgesetzt werden konnte.
Der Einlauf war am linken Ufer anzulegen. Damit kein Flossholz in den Werk-
kanal eintreten kann, ist stromaufwärts von einer im Fluss gelegenen Insel aus ein
schwimmender Gitterträger in den Glommen eingelegt, der eine rd. 1,0 m tief in das
Wasser eintauchende Bohlenwand trägt und an seinen Enden durch starke Seile ver-
ankert ist. Man hat diesen Flossholzabweiser gelenkig gemacht, damit er sich auch
bei Wellenbildung der Wasseroberfläche anpassen kann. Durch kräftige Zug- und
Leitketten ist es möglich, seine Lage den jeweiligen Strömungsverhältnissen anzupassen.
i) Die Abbildungen sind der Zeitsehr. d. Ver. deutsch. Ing., 1904, 8. 581 u, ff. (Aufsats vea
Ingenieur J. H. Kinbach) entnommen.
*) Die E.-A. vorm. Schuckert A Co., Nürnberg.
») Es wurden rd. 250000 cbm des tonigen Baugrundes bewegt, rd. 226000 cbm Felsen (Gneis)
ausgebrochen nnd rd. 86000 cbm Beton nnd Bruchsteinmauerwerk hergestellt
§ 21. DAS WASSKBKRAFT-ELEKTHmT&TgWEBK KyKKELSRUD. 487
Es ist in Aussicht genommen, wann sieh dieser Flossholssbweiser bewährt, denselben später
durch einen ähnlichen schwimmenden Träger aas Eisenröhren sa ersetzen» der nötigenfalls mit einem
groben Schntzrechen ausgerastet werden könnte, um such die Baumstämme, welche sich seit vielen
Jahren unter Wasser befinden und nur noch in tieferen Wasserschichten schwimmen können, vom Werk-
kanale fernhalten zu können.
Der linksseitige Flusschlauch wurde durch eine Staumauer aus Beton abgeschlossen,
deren Krone auf + 79 gelegt wurde. Diese Staumauer soll nicht überflutet werden, da
der höchste zu erwartende Stauspiegel bei höchstem Hochwasser auf + 78 liegt. Der
rechtsseitige Flusschlauch dagegen wurde mit einem 90,0 m langen Überfallwehr ab-
gesperrt, dessen Krone auf + 71,3 gelegt wurde. Um später einen Teil des Fossemfalls
mit ausnützen zu können, ist vorgesehen, auf dem rechtsseitigen Überfallwehr ein Nadel-
wehr mit umlegbaren Böcken zu errichten, durch welches der Wasserspiegel bis 4" 74
gestaut werden kann. Da das Hochwasser im Glommen mit Rücksicht auf die aus-
gleichende Wirkung der Seen nur allmählich eintritt, so wird immer genügend Zeit ver-
blei ben, die Nadeln zu entfernen und die Böcke umzulegen und so das Profil frei zu
machen. Über dieses Wehr kann beim höchsten Hochwasser die ganze Wassermenge
hinwegstürzen. In der Zeit der Flösserei wird das Überfallwehr stets so weit überflutet
sein, dass das Flossholz über das Wehr hinweggeführt werden kann. Durch zwei Floss-
rinnen mit Leitwerken ist die Abführung des Flossholzes erleichtert. Der am linken
Ufer oberhalb der Staumauer gelegene Einlauf ist zwischen den Ufermauern 27,3 m
breit und durch ein lotrecht zu seiner Achse gelegtes Regulierungswerk abschliessbar.
Durch einen Betonpfeiler ist die Einflussöffnung in zwei Teile von je 12,5 m Breite
geteilt und jede dieser Öffnungen wiederum durch vier eiserne Griesständer in fünf
Schützenöffnungen von je 2,35 m Breite. Die Sohle am Regulierungswerk liegt auf
-)- 66,4. Um das Hochwasser vom Kanal abzuhalten, ist die Vorderfläche der Gries-
ständer von -+- 78,0 bis zur Ordinate + ?2,4 mit Bohlen dicht abgeschlossen, sodass die
Eintrittsöffnungen nur eine lichte Höhe von 6,0 m haben. Diese Höhe ist durch je zwei
Schützentafeln von 3,0 m Höhe verschliessbar. Bei ganz geöffneten Schützen wird eine
Durchflussöffnung von 141 qm frei, sodass 200 cbm unter Berücksichtigung der Ein-
schnürung (Q = 0,70 X 141,0 X Y% gh) mit einer Geschwindigkeit von 2,02 m/sek. eintreten
können. Die beiden Schützentafeln liegen hintereinander in parallelen vertikalen Ebenen
und jede Schützentafel wird durch zwei schmiedeeiserne Zahnstangen gehoben. Jede Tafel
hat ihr eigenes Handgetriebe. Zwei von einem Ufer zum anderen durchlaufende Wellen
gestatten aber mittelst zweier auf dem Mittelpfeiler aufgestellter achtzehnpferdiger Elektro-
motoren die Hebung der Schützen durch elektrischen Antrieb. Durch entsprechende
Kuppelung kann jede beliebige Schütze der vorderen und der hinteren Reihe an die
betreffende Triebwelle angeschlossen werden. Mit Rücksicht auf die elektrischen Motoren
ist das Triebwerk mit einem Dach überdeckt4).
Da der Glommen sehr wenig Geschiebe und Sinkstoffe führt, war ein besonderer
Grundablass zur Freihaltung des Einlaufs nicht erforderlich.
Der Werkkanal hat eine Länge von etwa 1000,0 m und ist zum Teil in den
Felsen eingeschnitten, zum Teil durch Betonmauern gebildet. Seine normale Sohlen-
breite beträgt 8,0 m und die normale Wassertiefe 9,0 m. Die Seitenwände sind mit
einem Anzüge von ungefähr 1 : Vio angelegt. Man wählte das tiefe Profil, um Eis-
bildungen möglichst zu vermeiden und weil es sich vergleichsweise am billigsten her-
stellen Hess. Überall, wo der Felsen fest genug war, ist das Profil unausgekleidet ge-
blieben, und man hat deshalb mit einem Rauhigkeitskoeffizienten von etwa 60 gerechnet,
«) Der maschinelle Teil der Treibwerke ist von der A.-G. vorm. J. J. Rieter & Co. in Winter-
thur geliefert.
488 II. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
um ganz sicher zu gehen. Die Krone der Kanalmauer ist auf + 76,60 gelegt und fallt all-
mählich auf -(-76,10 ab. Die Malierquerschnitte sind aber so berechnet, dass eine nachträg-
liche Erhöhung der Mauern und des Wasserspiegels von 1,0 m möglich ist. Man beabsichtigt
während des Sommers, ohne den vollen Betrieb zu stören, unter Umständen 100 cbm/sek.
ausser dem Betriebswasser durch den Kanal zu fuhren, um eine kräftige Spülung zu
ermöglichen. Der Werkkanal hat bei 9,0 m Wässertiefe einen wasserberührten Querschnitt
von rd. 80 qm, bei H.W. einen solchen von durchnittlich 136,0 qm. Das Wasserspiegel-
gefalle beträgt normal etwa 0,577 °/oo, wobei sich bei einer Wasserführung von 200 cbm/sek.
eine Geschwindigkeit von 2,5 m/sek. ergibt. Hinter dem Einlauf zieht sich auf einer
Länge von 90,0 m das Kanalprofil allmählich auf die normale Sohlenbreite zusammen,
wobei die Sohle von + 66,4 auf + 62,5 abfällt. Von hier ab beträgt das Sohlen-
gefälle rd. 1 : 660 , sodass die Höhe der Sohle an der Vervenbucht auf + 61 liegt.
Am Krafthaus erweitert sich die Kanalsohle von 8 auf 20,0 m, indem die linksseitige
Mauer in einer Kurve ausbiegt (vergl. Taf. XXXIV, Fig. 6). Das so gebildete Becken
hat eine Länge von 128,0 m und seine Sohle steigt allmählich von 61,0 auf +63,5 an-
Am Ende des Beckens sind Eisschützen angelegt, welche von Hand bedient werden
können. Das aus diesen Schätzen überfliessende Wasser fällt in einen kleinen zum Flnas
fährenden Kanal ab. Vor dem Becken ist auf der flusseitigen Kanalmauer ein 100,0 m
langer Überlauf angelegt, dessen Krone auf + 75 liegt (vergl. Taf. XXXIV, Fig. 3).
Das Überlaufwasser stürzt in einen Betonkanal und wird durch einen 10,0 m breiten
kaskadenformigen Kanal in die Vervenbucht zurückgeführt (vergl. Taf. XXXIV, Fig. 2).
In der Überfallmauer befinden sich drei Grundablasschützen, deren Schwellen auf +61
liegen. Jede Schütze besteht aus zwei Tafeln von 2,30 m Breite und 2,0 m Höhe.
Diese Grundablasschützen können von Hand oder durch einen Elektromotor geöffnet
und geschlossen werden. Mittelst des elektrischen Antriebes sind sämtliche Schützen
in 30 Minuten vollständig zu heben. In der rechten Wand des Beckens münden die
Druckrohre aus. Jedes grosse Druckrohr hat einen lichten Dm. von 3,0 m und ist
durch eine Schütze abschliessbar. Durch Umlaufrohre können die Schützen entlastet
werden. Die Höhe der rechteckigen Bohrmündungen beträgt bei allen Bohren 4,5 m,
während die lichte Weite bei den Bohren der' 280 pferdigen Turbinen mit 3,0 m, bei
den Bohren der 3000 pferdigen mit 6,0 m und bei der der 5000 pferdigen Turbinen mit
9,0 m bemessen ist. Bei der gewählten Anordnung musste auf jedes Bohr unmittelbar
hinter der Schütze ein Luftzufuhrungsrohr (0,50 m Dm.) gesetzt werden. Vor den Bohr-
mündungen ist ein Feinrechen aufgestellt, dessen Schwelle auf + 64 liegt, sodass die-
selbe am untersten Ende des Beckens nach einem Absatz von 0,50 m am aufwärts
gelegenen Ende einen solchen von 3,0 m bildet Für den normalen Betrieb ist eine
Bedienungsbrücke des Rechens auf + 72 angelegt. Bei Hochwasser ist eine Bedienung
nicht erforderlich, da sich alle Schwimmkörper an der Oberfläche befinden und Grund-
eisbildungen nicht zu befürchten waren.
Die genieteten Druckrohre sind ganz in Beton eingehüllt. Das Unterwasser am
Krafthaus sinkt im Winter bis auf + 51,75, sodass sich ein Druckgefälle von 18,25 m
ergibt, wenn der N.W.-Spiegel im Becken auf + 70 liegt Bei 200 cbm/sek. stehen
daher rd. 36000 PS« zur Verfügung. Wenn durch Anlegung des Nadelwehres das
Druckgefälle auf rd. 22,0 m erhöht sein wird, können mit 200 cbm/sek. 44000 PS»
geleistet werden. Bei H.W. geht das Druckgefälle selten unter 16,0 m zurück. Es
kann allerdings ganz ausnahmsweise das Unterwasser + 64,10 ansteigen, aber auch
dann würde man immer noch 11,9 m Gefälle behalten, wenn man durch Vorsetzen
Ton Bohlen auf den Überlauf den Wasserspiegel im Becken auf + 76 hält Die Tut-
§ 81. Das Wabskbk&aft-ElektbieitItbwekk Kykkei-srud. 489
binenlief eranton , denen aufgegeben war, bei der Konstruktion eine Schwankung des
Nutzgefälles zwischen 13,9 and 19,5 m zu berücksichtigen, verbürgten bei voller Be-
aufschlagung und einem Gefälle von 16,0 m einen Nutzeffekt von 76%, ferner ■
der Nutzeffekt bei Erhöhung oder Verminderung dieses Gefälles um je 2,0 m u
490 IL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
Beibehaltung der normalen Umlaufzahl von 150 in der Minute nicht unter 72 v. H. sinken
würde. Bei den gegebenen Wasserspiegelverhältnissen im Unter- und Oberwasser
man stehende Turbinen wählen, um die elektrischen Maschinen hochwasserfrei legen
können. Der Flur des Maschinenraumes ist auf + 66 gelegt. Der ganze Unterbau
des Krafthauses ist in Stampfbeton hergestellt (vergl. Abb. 98). Die Turbinenkammern,
welche bei höheren Wasserstanden unter dem Unterwasserspiegel liegen, sind wasserdicht
hergestellt. Etwaiges Sickerwasser wird in einem Kanal gesammelt (vergl. Taf. XXXTV,
Fig. 8) und kann durch eine kleine Kreiselpumpe beseitigt werden. Die Saugkanäle der
Turbinen sind in Beton auf felsigem Untergrund syphonartig hergestellt und münden
direkt in die Vervenbucht Jeder Saugkanal kann gegen das Unterwasser durch
Dammbalken abgeschlossen werden.
Der zunächst hergestellte erste Ausbau bot Platz für zwei Erregerturbinen *) von je
280 PS« und für vier grosse Turbinen 6) von je 3000 PS«. Die Erweiterung ist so gedacht,
dass das Krafthaus zu beiden Seiten verlängert wird und dass der südliche Teil noch drei
Turbinensätze von je 5000 PS6 und der nördliche fünf Turbinensätze derselben Grösse auf-
nehmen kann. Der M aschine nsaal des ersten Ausbaus hat eine Länge von rd. 45,5 m und
eine Breite von 14,0 m, sodass rd. 5,3 qm pro 100 PS« zur Verfügung stehen. Alle Tur-
binen sind als Francis-Turbinen gebaut. Die kleinen Erregerturbinen schlucken bei
16,0 m Gefälle 1,75 cbm/sek. und machen 320 Uml./Min. Die grossen Turbinen schlucken
bei 16,0 m Druck 19 cbm/sek. und machen 150 Uml./Min. Die kleinen Turbinen sind
hydraulisch entlastet (vergl. Taf. LXVII, Fig. 1). Die grossen Turbinen ruhen auf
einem Ringspurlager mit Pressöl von 15 Atm. Jede Turbine ist durch eine grosse
Drosselklappe absperrbar und jedes Turbinenabzweigrohr kann entleert werden. Die
Regulierung der Voith sehen Turbinen erfolgt durch Fink sehe Leitschaufeln, diejenige
der Escher -Wyss -Turbine durch einen Spaltschieber (vergl. Taf. LXV, Fig. 1 — 3, und
Kap. DI, 5, Turbinen). Auf der Welle jeder grossen Turbine sitzt ein Dreiphasem-
generator mit 2500 KW Leistung bei cos <jp = 1. Das Magnetrad hat 40 Pole, woraus
sich bei 150 Uml./Min. 50 Per./Sek. ergeben. Die Maschinenspannung beträgt 5000 Volt7).
Auf den Wellen der Erregerturbinen sitzen Gleichstromdynamos, welche bei 115 Volt
je 158 Ampere liefern können«
In einem sehr geräumigen Kabelkanal, dessen Sohle auf + 61,80 liegt, werden
alle Maschinenkabel zum Schaltraum geführt. Das Hauptschaltbrett, welches von einer
balkonartigen Brücke aus bedient wird, liegt 5,0 m über dem Maschinenflur auf -{-71.
In einem etwa 10,0 m breiten, hinter der Schalttafel befindlichen Schaltraum sind alle
Schaltapparate, Sicherungen, Widerstände etc. untergebracht.
In «Der Entfernung tou 1,5 m von dem Schaltbrett steht das Eisengerust I, welches die
Apparate and 8ammelaehienen für 5000 Volt trägt Die ölsehalter für die Generatoren eitlen oben,
dann folgen die sogehörigen Umschalter und weiter unten die Sammelachienen mit ihren Treitnetucken.
Die Messtransformatoren sind an passenden Stellen eingesetzt, die sagehörigen Sicherangen in Marmor
abteilangen montiert Es sind swei Gruppen von Sammelschienen vorhanden nnd »war die eiste Gruppe
fl&r den auf 20000 Volt zu transformierenden Strom und die zweite Gruppe für den mit 5000 Volt zu
verwendenden 8trom. Von dem Gerüst I gehen die Leitungen hinab zu den Transformatoren und von
den Hochspannungsklemmen der Transformatoren wieder hinab zum Gerast II, welches alle Apparate
und Sammelschienen für 20000 Volt einschliesslich der Fernleitangssicherungen aufnimmt Die oben
sitzenden Fernleitungsölschalter für 20000 Volt werden mit den vor der Apparatenwand befindlichen
ft) Geliefert von J. M. Voith in Heidenheim.
•) Beim ersten Ausbau wurden nur zwei Turbinen aufgestellt und zwar eine von Voith und
eine von Escher, Wyss & Co.
?) Die ganze elektrische Einrichtung ist von der E.-A. vorm. Schlickert & Co. in Nürnberg
geliefert
§ 22. Das Wasserkraft-ElektrizitItowkbk Jajge. 491
Handhebeln eingeschaltet oder auf elektrischem Wege durch Schliessung eines Stromkreises oder auch
selbsttätig bei einem gewissen stärksten Strom in der Fernleitung ausgeschaltet Das EisengerOst m
enthält die Blitsschatsvorrichtungen.
In der Mitte des Transformatorenraumes liegt ein Tran&portgleis. Jeder Trans-
formator — es worden Öltransformatoren mit Luftkühlung verwendet — kann in kürzester
Zeit mit Hilfe eines Transportwagens aufgestellt und ausgewechselt werden.
Die den eigentlichen Transformator aufnehmenden ölgeftsse sind snr Knielang einer möglichst
grossen Abkühlungsfliche ans Wellblech hergestellt Der unter dem Transformatorenranme befindliche
Kellerraum wird durch Mitteldrnckventilatoren unter einem Luftdruck von 20 mm Wassersäule gehalten.
Die Transformatoren sind auf starken Hartholxrahmen derartig aufgestellt und an ihrem unteren Teüe
mit einem Holzrahmen so umgeben, daas die von unten nach oben strömende kahle Luft an den Tier
Wänden der Wellblechkessel hochgef&hrt wird.
1904 waren zunächst eine nördlich nach Kristiania gehende Fernleitung von 63 km
Länge, bestehend aus zwei Mastenreihen mit je zwei Linien zu drei Drähten, ferner eine
Verlängerung von 24 km Länge mit einer Mastenreihe und drei Drähten von je 35 qmm
über Kristiania hinaus zu einer Transformatorenstation bei Slemmesstad und schliesslich
eine kürzere Südlinie ausgeführt. Meistens wurden Holzmasten von 12,0 m Länge ver-
wendet. An zwei eisernen Querarmen sind auf jeder Seite je drei Isolatoren in einem
gleichseitigen Dreieck von 2700 mm Seitenlänge angebracht. Die normale Entfernung
von Mast zu Mast beträgt bei den Holzmasten 40,0 m. Im Laufe der Fernleitung sind
sieben Unterstationen angelegt, in denen durch Öltransformatoren die Spannung von
20000 Volt auf 6000 Volt verringert wird. Der Strom wird mit dieser Spannung den
Verwendungsgebieten zugeführt und daselbst entweder unmittelbar oder nach Trans-
formierung auf 160 Volt verwendet. Je nach Anzahl und Grösse der aufgestellten Trans-
formatoren schwankt die Grundfläche des Gebäudes einer Transformatoren-Stelle zwischen
30 und 120 qm.
§ 22. Das Wasserkraft -Elektrizitätswerk Jajce der Bosnischen
Elektrizität»- Aktiengesellschaft. Hierzu Taf. XXXV und XXXVI i).
Die Pliva, ein wilder Bergfluss Bosniens, entspringt an den Hängen des Smiljevaca
(1647 m hoch). Ihr Niederschlagsgebiet wird auf rd. 750 qkm angegeben. Sie nimmt
während ihres 35 km langen Laufes ausser verschiedenen kleineren Zuflüssen den Janij-
fluss auf, welcher nicht nur von zahlreichen oberirdischen Zuflüssen, sondern auch durch
viele unterirdische gespeist wird, ohne dass sich genau feststellen lässt, wo diese ihren
Ursprung nehmen. Es kann deshalb das Yorflutgebiet der Pliva mit Genauigkeit nicht
festgestellt werden. Etwa 3,5 km von der Ausmündung der Pliva in den Vrbas, einem
Nebenflusse der Save, welche auf einer langen Strecke die Grenze zwischen Kroatien
und Slavonien einerseits und Bosnien andererseits bildet, erweitert sich in dei Nähe des
Dorfes Jecero die Pliva zu dem sogenannten Jecerosee mit einer Länge von 3 km und
600,0 m Breite. Aus diesem See stürzt sich der Fluss über einen schön bewachsenen
Tuffriegel von massiger Breite, einen Wasserfall von 6,5 m Höhe bildend, in den kleinen
i) Die Abbildungen Bind nun Teile einer Broschüre der E.-A. vorm. 8ehuekert & Co. in Nürn-
berg, zum Teil der Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. (Aufsatz von Professor E. Reichel, Charlottenburg)
1900, 8. 1848 n. iL entnommen.
493 IL Theodor Eoehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
Jecerosee, der bei einer Länge von 1 km eine grösste Breite von 320,0 m hat. Beim
Ausfluss ans diesem See stürzt der Flnss abermals über bewachsene Felsen 8,5 m ab
und bildet dann noch zahlreiche kleinere Wasserfälle, um sich schliesslich nahe der Stadt
Jajce in einem mächtigen Wasserfall von einer 25,0 m hohen Felswand in den Vrbas
zu ergiessen (vergl. Taf. XXXV, Fig. 1). Die Differenz des Wasserspiegels des oberen
Sees und des Vrbas beträgt bei M.W. rd. 80,0 m. Die sekl. Wassermenge, welche die
Pliva dem Vrbas zufuhrt, soll bei trockenster Jahreszeit nicht unter 14 cbm/sek.*) fallen
und bei höchstem H.W. auf 300 cbm/sek. steigen.
Der Vrbasflu8s tritt oberhalb von Jajce in einer Schleife so dicht an den grossen
Jecerosee heran, dass ihm das Wasser durch einen 1,7 km langen Tunnel hätte zugeführt
werden können. Diese sehr günstigen Verhältnisse hatten bereits französische und schweize-
rische Ingenieure veranlasst, Projekte für die Ausnützung der hier gebotenen Wasserkräfte
aufzustellen, welche aber zu keinen praktischen Resultaten geführt haben. Im Jahre
1896 begann eine deutsche Gesellschaft8) neue Vorarbeiten für den Ausbau einer Wasser-
kraftanlage und auf Grund derselben wurde im Jahre 1897 unter Mitwirkung deutscher
und österreichischer Finanzkräfte die Bosnische Elektrizitätsgesellschaft gegründet mit
dem Zwecke, die Wasserkraftanlage zur Ausführung zu bringen und sie in erster Linie
zur Fabrikation von Kalzium-Karbid auf elektrischem Wege zu verwenden4).
Auf Grund vergleichender Kostenanschläge und mit Rücksicht auf die lange Bau-
zeit, welche für den 1,7 km langen Tunnel notwendig gewesen wäre, da eine grössere
Zahl von Angriffsstellen schwer zu schaffen war, gab man dem in Taf. XXXV, Fig. 1
dargestellten Projekte den Vorzug, wonach ein über 3 km langer Werkkaaal nach einer
oberhalb der Ortschaft Piavice anzulegenden Druckkammer auszuführen war.
Der Einlauf wurde ganz in die Nähe des Wasserfalls zwischen dem grossen und
kleinen Jecerosee verlegt. Nach Absenkung des Wasserspiegels im grossen Jecerosee
wurde auf das durch den schon erwähnten Tuffriegel gebildete natürliche Wehr ein
kleines künstliches Stauwehr von etwa .0,5 m Stauhöhe aus Beton aufgesetzt und auf
diese Weise der Stauinhalt des Sees um etwa 430000 cbm erhöht (vergl. Taf. XXXV,
Fig. 5). Durch zwei kleine Mulden in dem Stauwehr werden unterhalb liegenden
Wasserberechtigten die ihnen zustehenden Wassermengen dauernd zugeführt. Man hat
Vorsorge getroffen, dass im Bedarfsfalle auf der Wehrkrone in Abständen von 2,0 m
I-Eisen eingelassen werden können, sodass man durch Einschieben von Brettern eine
weitere Erhöhung des Wasserspiegels erzielen kann.
An das rechte Ende des Stauwehres schliesst sich ein Grundablass an (vergl.
Taf. XXXV, Fig. 2 u. 4), dessen zum Teil in Beton, zum Teil in Holz hergestellte Kiesrinne
sich bis in den See erstreckt. Der Grundablass ist durch drei Holzschützen abschliessbar.
Unmittelbar neben dem Grundablass liegt der Einlauf zum Werkkanal. Die Sohle des
Einlaufs ist in Beton hergestellt und durch eine Herdmauer gegen Unterspülung gesichert
Vor den Regulierungsschützen des Einlaufs ist auf der linken Kanalmauer ein Über-
lauf angelegt. Das Überfallwasser ergiesst sich fast in der Breite des Überfalls auf
*) Diese Zahl durfte etwas zu hoch gegriffen sein, da sie, wenn die Grosse des Vorintgebieti
mit 750 qkm angenähert richtig angegeben ist, 18,66 l/sekjqkm aasmachen wurde, was, auch wann
man die ausgleichende Wirkung der Seen in Rechnung sieht, für das kleinst« 855tigige Wasser doch
tu hoch erscheint.
*) Die E. A. vorm. Schlickert <k Co. in Nürnberg.
*) Infolge Ton Überproduktion setzte im Jahre 1901 eine scharfe Krisis in der Kalshim~Karbte%
Industrie ein nnd die Gesellschaft hat sich dann später der Fabrikation ron Ferro-Silisiom md yst-
wandten Produkten lagewendet
§ 22. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Jajce. 493
einer gepflasterten Sohle in den Grundablass, indem es hier über die Betonmaner des
Grundablasses abstürzt. Die Regulierung des Zuflusses in den Werkkanal erfolgt durch
drei Schützen aus 16 cm starken eichenen Bohlen von je 2,0 m Höhe und je 2,68 m
Breite mit dem üblichen Vorgelege. Vor den Regulierungsschützen befindet sich ein
schräg gestellter groher Rechen zur Abweisung von treibendem Holz. Eine breite
Bedienungsbrücke gestattet, das Holz an das Unke Ufer heranzutreiben, wo es über den
Überlauf abgeführt werden kann. Über den letzteren hinweg führt eine Brücke auf
zwei Längebalken mit Bohlenbelag, vergl. Taf. XXXV, Fig. 6. Neben den Regulierungs-
schützen des Eislaufs ist ein Häuschen errichtet für den Wärter, welcher ständig an
Ort und Stelle bleiben mnss. Das Wärterhaus ist mit dem Krafthause durch eine Tele-
fonleitung verbunden. Ausserdem
.... . ,. , ... , , Abb. 99. Querschnitt durch den WerkkuaL
ist ein Apparat abgestellt, welcher
höhere Wasserstände automatisch
zum Krafthause meldet.
Die Länge des Werkkanals
von den Regulierungsschützen bis
zur Druckkammer beträgt 3103,3 m,
wovon 946,7 m auf 15 längere
und kürzere Tunnelstrecken ent-
fallen. Der längste Tunnel ist
193,4 m lang. Das normale Profil
des Werkkanala hat im Wasser-
spiegel eine Breite von 4,0 m
und eine Wassertiefe von 1,5 m,
Das Wasserspiegelgefalle beträgt
l°/*>, die Wassergeschwindigkeit i * ■* Z 5m,
2,0 m/sek. Der Werkkanal folgt ' ' * ■ ■
im wesentlichen dem Laufe der Pliva. Bei festem Untergründe ist das Profil zwischen
einseitigen oder beiderseitigen Betonmauern ausgebildet und an der Sohle und an Fels-
wänden mit Betonauskleidnng versehen. Auch die Tunnelstrecken sind meistens inner-
halb des wasserberührten Querschnitts mit Beton ausgekleidet. Auf Rutschterrain und bei
Überführungen ist das Gerinne aus Holz, entweder auf Pfählen oder auf Steinpfeilern,
hergestellt. Ein Querschnitt des Holzgerinnes befindet sich auf Taf. LII1, Fig. 1 und wegen
der Anschlüsse des Holzgerinnes an den Betonkanal vergl. Kap. HI, 2 Werkkanäle. Zur
bequemen Begehung der Kanalstrecke ist auf der linken Ufermauer ein Gehsteig mit
Geländer (vergl. Abb. 99) und in den Tunnelstrecken ist auf eisernen Querträgern über
dem Wasserspiegel ein Gebsteig angelegt, da das obere Tunnelgewölbe mit kreisrundem
Querschnitt genügend weit ausgebrochen wurde. Der Werkkanal endigt in einem 40,0 m
langen Becken, in welchem sich die Breite allmählich um etwa 2,0 m nach abwärts
zu vergrössert (vergl. Taf. XXXV, Fig. 7). Die Krone der linken Kanalmauer ist auf
die Höhe des normalen Wasserspiegels gelegt und bildet einen Überlauf. Der Über-
laufkanal ist ans Beton hergestellt und fällt kaskadenfönnig zum Flusse ab. Die Über-
laufmauer endigt etwa 4,0 m vor dem Feinrechen der Druckkammern in einem kreis-
runden Kopf. Die Sohle des Beckens fällt stark nach dem Ende zu ab, und da der
Überlaufkanal am oberen Ende durch Schützen verschliessbar ist, so kann durch Ziehen
dieser Schützen ein starker Spülstrom im Becken erzeugt werden. Der vor den Druck-
kammern etwa unter 45 ° aufgestellte Feinrechen ist im Grundriss spitzwinkelig zur Achse
des Beckens gestellt, damit ein Spülstrom längs desselben bei geöffneten Schützen erzeugt
494 II. Theodor Kosint. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
werden kann. In der Spülschätze ist noch eine kleine Eissehtttie angelegt, um schwim-
mendes Eis, soweit es nicht über den Überfall abgeführt wird, vom Rechen entfernen
zu können. Infolge der Absenkung der Sohle im Becken konnte die Schwelle des
Rechens etwa 60 cm über die Beckensohle gestellt werden. Eine durch Bohlenbelag auf
eisernen Trägern gebildete breite Bediennngsbrücke gestattet die Reinigung des Rechens
durch Harken. Hinter dem Rechen sind durch einen in der Achse des Beckens errich-
teten Pfeiler zwei Druckkammern gebildet, von denen jede durch eine Holzschätze
abschliessbar ist. Hinter den Schützen senkt sich die Sohle der Druckkammern scharf
Abb. 100. Elektromagnetische Verschluss Vorrichtung der Schlitzen in den r> i ■ ' . ■
Druckkammern. Durch eine starke
Betonwand, in der
-1' - die Ausmündungen
der Druckrohre lie-
gen , werden die
Druckkammern flaas-
wärts abgeschlossen.
Der Scheitel der
ziemlich steil abfal-
lenden Druckrohre
liegt etwa 4,0 m
unter dem normalen
Wasserspiegel in den
Druckkammern und die Zufüh-
rung zu der Rohnnündnng ist in
dem Beton gut abgerundet,
sodass Wirbelbildi.ngen nicht
entstehen können und Luft in die
Rohre beim normalen Betriebe
nicht mitgerissen wird. Damit bei
einem etwaigen Rohrbruch jedes
Druckrohr vom Maschinenbaus
aus schnellstens geschlossen
werden kann, ist eine elektro-
magnetische Vorrichtung ange-
bracht, welche vom Maschinenbaus bedient werden kann (vergl. Abb. 100).
Ist die Türe a geöffnet, so ist die Kupplung b eingerückt, die Zahnstang* also mit dar Schnecke ■
verbanden und durch eine Klinke d gesperrt. Ehe der Wärter die Schützen verllast, hat er daa Hebel-
werk c in die Lage zu stellen, welche in der Abb. 100 ausgezogen ist, und die Türe a zu schlieaaan. Dia
Kupplung b ist dann ausgerückt und die Zahnatange i hangt nur an der Sperrklinke d, welche durch
einen Elektromagneten anageklinkt und in die punktierte Lage gebracht werden kann. Durch eins
Rolle mit Gegengewicht könnte nunmehr die Schütze salbet wirkend schnellstens zum Schlüsse gebracht
Die Druckrohrleitung besteht aus zwei Strängen von je 1,6 m lichtem Durch-
messer. In dem Mauerwerk der Druckrohrkammer sind die Rohre fest vermauert und
durch mehrere aufgenietete Winkeleisen abgedichtet Die gesamte Lange der Druck-
rohrleitung betragt etwa 236,0 m. Die Rohre sind aus Siemens-Martin-Blech in Rohr-
längen von 7,8 m hergestellt und an Längs- und Quernähten genietet, sodass Flansch-
») Dem Varfaaaer ist nicht bekannt, wie die bezügliche mechanische Einrichtung getroflea wird«.
§ 22.
Das Wawewcraft-Elektrizitätswebk Jajce.
495
Abb. 101. Dilatationsstück am
Knickpunkt des Druckrohres.
Verbindungen fehlen. Die Wandstärke wächst von 6 auf 12 mm an. Die Rohre sind
offen verlegt und auf einzelnen Betonklötzen gelagert. An den Stössen beträgt die Ent-
fernung der Betonfundamente normal 3,5 m, so dass auf 7.8 m Bohrlänge von Stoss zu
Stoss sich zwischen den zwei Fundamentklötzen je eines Rohres eine Entfernung von
4,30 m ergibt. Jeder Rohrstrang hat seine besonderen Fundamente. Zur Versteifung
der Rohre sind auf jede Rohrlänge zwei Winkeleisen aufgezogen. Die Rohre ruhen in
gusseisernen Lagerschalen (vergl. Tai. LIX, Fig. 16). Eine Darstellung des Rohrstranges
und seiner Verankerung an dem untersten Knickpunkt findet sich auf Taf. LVIII, Fig. 7
bis 9. Zum Ausgleich bei Temperaturdifferenzen ist am obersten Knickpunkt eine Dila-
tationsvorrichtung nach Abb. 101 eingelegt (vergl. auch Taf. LVIII, Fig. 7). Um die
infolge der Turbinenregulierung im Druckrohr entstehenden
Stösse unschädlich auszugleichen, ist unterhalb des Kraft-
hauses auf jedes Rohr ein Windkessel aufgesetzt (vergl. Taf.
XXXVI, Fig. 3), ausserdem sind Sicherheitsventile ange-
bracht. Kurz vor dem Krafthause entfernen sich die beiden
Rohre voneinander, um in die Rohrkanäle zu beiden Seiten
des Krafthauses einzutreten (vergl. Taf. XXXVI, Fig. 4).
Im Krafthause sind 10 Turbinen aufgestellt und
zwar an jeder Seite 5 (vergl. Taf. XXXVI, Fig. 1). Um
die Turbinen einzeln absperren zu können, ist in jedes
spitzwinkelig ausmündende Zweigrohr, eine Drosselklappe
mit Ablaufrohr eingesetzt. Der Maschinensaal ist etwa
29,0 m lang und 22,0 m breit. Acht Turbinen6) haben
eine Leistung von je 1000 PSe, zwei eine solche von
632 PS# bei gleicher Umdrehungszahl von 300 in der
Minute. Die grösseren Turbinen sind für eine Wasser-
menge von 1,3 cbm/sek. bei 74,5 m Gefalle gebaut, die
kleineren für 0,82 cbm/sek. Es sind Francis-Reaktions-
Turbinen mit Spiralgehäuse und drehbaren Finkschen Leit-
schaufeln, welche durch die Reguliervorrichtung verstellt
werden. Die grossen Turbinen haben 24 bewegliche Leit-
schaufeln. Jede Turbine giesst einseitig axial in ein
Saugrohr aus, welches in den Turbinenkanal eintaucht. Eine Darstellung der Turbinen
befindet sich auf Taf. LXXI, Fig. 1 bis 9 (vergl. auch Kap. III, 5 Turbinen). Bei allen
Turbinen ist ein Umlaufrohr mit Absperrhahn zwischen Druckrohr und Spaltraum ange-
bracht, um den axialen Druck auf das Laufrad regeln zu können. Die beiden kleineren
Turbinen sind mit selbsttätiger. Regelung mittelst hydraulischer Servomotoren versehen und
haben zur Erreichung der erstrebten Gleichförmigkeit des Ganges Schwungräder erhalten.
Die Regelung der grossen Turbinen erfolgt auf elektrischem Wege vom Schaltbrett aus.
Von der Turbine wird durch einen Riemen eine zu ihr parallel laufende Welle Wx angetrieben,
anf der ein Reibkegelrad Rt sitzt (Tal LXXI, Fig. 5 — 8). Das eine Lager dieser Welle ist senk-
recht zur Welle verschiebbar. Wird einer der beiden Elektromagneten Mx und M._, erregt, was
vom Schaltbrett ans bewirkt wird, so wird der zwischen beiden sitzende Anker augezogen, dadurch das
Kegelrad Ri gegen die eine Seite des Doppelkegels R* gepresst und letzterer in Umdrehung versetzt
Die Drehung von R» wird durch ein Zahnradvorgelege auf die Welle W* und von dieser mit Schrauben-
spindel und Mutter anf das zum Verstellen der Leitschaufel dienende Hebelwerk übertragen. Durch Er-
regung des zweiten Magneten wird eine Bewegung in umgekehrtem Sinne bewirkt Auf der Welle W,
sitzt noch eine Bremse, die ebenfalls elektromagnetisch in Tätigkeit versetzt wird.
**»*90"-J
6) Geliefert von Ganz & Co., Budapest
496 II. Theodor Kobhw. Ausbau von WiaBnunirra.
Unter jedem Druckrohr befindet sich im Krafthause ein für je fünf Turbinen ge-
meinschaftlicher Tnrbinenkanal. Die beiden Torbinenkanäle vereinigen sich unterhalb in
einem kurzen Unterwasserkanal. Der Unterbau des Krafthauses ist ans Beton hergestellt
Zur Unterstützung des Daches dienen zwei Säulenreihen, sodass eine Mittelhalle
und zwei Seitenhallen gebildet werden. Auch die Seitenwände sind durch Eisenfachwerk
verstärkt, um gegen die in dieser Gegend bisweilen vorkommenden Erdbeben den nötigen
Schutz zu bieten. Jede der grossen Turbinen ist mittelst Zodelkuppelung mit einem Drefe-
■troBgemerator gekoppelt, welcher einen Strom von 3000 Ampere bei einer Spannung
Abk. 102. Ansicht des KrafthaiuM.
Ton 155 V. liefern kann. "Mit diesem Strom wurden früher die Karbidöfen gespeist.
Jeder Drehstromgenerator ist mit eigener Erregermaschine versehen, welche bei 80 V.
30 Ampere Strom erzeugt (vcrgl. Taf. XXXVI, Fig. 2). Die zwei kleinen Turbinen und
mit Gleiehstrommasehln» gekuppelt, welcne Strom von 120 V. für die Fabrikation von
Chlor liefern sollten. In der Mitte des Maschinenhauses unter dem Maschinenflur befindet
sich ein grosser Kabelkanal von 3,0 m Breite und 3,26 m Höhe, in welchem die Maschinen-
Icabel nach dem Schaltraum geführt werden. Letzterer hat eine Länge von rd. 12,0 m
und eine Breite von 4,0 m. Das 10,0 m lange and 4,0 m hohe Haoptschaltbrett wird
durch ein Podium bedient, welches etwa 0,8 m über dem Maschinenflur liegt. Im Kraft-
hause ist dann noch in Höbe des Maschinenflurs ein Zimmer für den Maschinenmeister,
eine Werkstatt und ein Lager für öl und Reserveteile untergebracht. Abb 102 zeigt
eine Gesamtansicht des Krafthauses.
Zur Leitung des Stromes vom Krafthause nach der in der Nähe befindlichen Fabrik
§ 23. Das Wasserkraft-Elektrizitatswekk am Drac bei Avignonnet. 497
ist ein besonderer, geräumiger Kabelkanal angelegt, in welchem 96 blanke Knpferkabel
untergebracht sind.
Am 1. November 1897 wurde mit dem Bau begonnen und am 25. März 1899
konnte der Betrieb aufgenommen werden.
§ 23. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk am Drac bei Avisnonnet
(Isfcre) der Soctet^ Grenobloise de Force et Lumifere. (Hierzu Taf. XXXVn *).
Der Drac hat oberhalb von Avignonnet ein Vorflutgebiet von etwa 2112 qkm.
Er erhält zum Teil sein Wasser von dem Südabhang des im Departement Hautes-Alpes
gelegenen Sirac-Gletschers. Die N.W. -Wassermenge soll bei Avignonnet selten unter
20,0 cbm/sek. oder 9,5 1/sek/qkm sinken. Während 9 Monate kann man auf mindestens
35 cbm/sek. oder 16,6 1/sek/qkm rechnen. Die Wassermenge des M.W. soll 80 bis 100 cbm/sek.
betragen, das höchste Hochwasser 1200 cbm/sek. Das mittlere Gefalle dea Flusses auf der
Strecke oberhalb und unterhalb von Avignonnet beträgt etwa 7 °/oo. Der Drac ist in der
Gegend von Avignonnöt zwischen steilen Felswänden eingeschnitten, die zum Teil bis
zu etwa 300,0 m über den Flusspiegel emporsteigen (vergl. Abb. 103). Man hatte
zwei Projekte zur engeren Auswahl aufgestellt1), eines mit einem niedrigen Wehr und
4000,0 m langem Werkkanal und das zweite mit einer hohen Staumauer mit Überfall
auf der Krone und kurzem Werkkanal. Dem Projekt mit der Staumauer gab man schliess-
lich den Vorzug, weil man mit Hilfe derselben eine wirksame Reinigung des Triebwassers
von den in sehr grossen Mengen mitgeführten Sinkstoffen bewirken und ausserdem ein
grösseres Sammelbecken erzielen konnte, aus welchem man stundenweise die Betriebs-
wassermenge zu ergänzen in der Lage sein würde. Letzterer Gesichtspunkt war be-
sonders deshalb wichtig, weil die Gesellschaft auf einen grösseren Absatz elektrischer
Energie für Lichtzwecke, also auf ein stundenweises starkes Anwachsen des Konsums
zu rechnen hatte.
An der für die Errichtung der Staumauer gewählten Stelle (vergl. Taf. XXXVII,
Fig. 1) war die Flussohle trotz der Enge des Profils mit einer im Laufe der Jahrhunderte
gebildeten, so mächtigen Schicht von Geschiebe und Sinkstoffen bedeckt, dass man mit
der Fundierung der Staumauer den Felsen nicht erreichen konnte. Man hatte aber
durch. Bohrungen und Probelöcher sowohl die Tragfähigkeit als auch die Undurchlässig-
keit der unteren Schichten festgestellt. In zwei in einer Entfernung von 19,0 m in der
Achse der Flussohle ausgehobenen Probelöchem hatte man auf Grund längerer Beob-
achtungen bei einer Wasserspiegeldifferenz von 9,0 m keinerlei Durchlässigkeit von einem
zum andern wahrnehmen können. Man entschloss sich deshalb, die Staumauer auf der
Ablagerungsschicht zu fundieren, ihr aber einen ca. 28,0 m langen befestigten Abfall-
boden zu geben, um Auskolkungen hinter der Mauer zu verhüten. Seitlich an den
Hängen konnte man das Betonmauerwerk an gesunden Felsen anschliessen. Die Fluss-
sohle lag an der Baustelle auf etwa + 375,50 bis + 376,0 über dem Meere. Die Krone
i) Die Zeichnungen and Abbildungen sind z. T. einem Sonderabdrack ans. dem Genie Civil 1903,
Aufsatz von A. Dumas »Ueine Hydro Electrique D' Avignonnet sur le Drac" und z. T. der Compte
rendu da Congres de la Houille Blanche, Deuxieme Volume, Grenoble 1902. S. 497 n. ff. entnommen.
2) Die Vorarbeiten und Projektaufstellung lag in den Hfinden der Sooftte* Franoo-Snisse pour
l'industrie electrique, welcher als beratender Bauingenieur Theodore Torettini aus Genf zur Seite stand
(vergL Seite 25).
Handbuch der Int>WiM«itcfa. in. Ttil. 18. Bd. 32
498 II. Theodob Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
der Staumauer wurde auf + 395,85 festgelegt. Auf diese Weise wurde eine Stauweite im
Fluise von 3500,0 m Lange und ein Reservoir von rd. 1500000 cbm Nntzinhalt geschaffen
bei einer Oberfläche im Wasserspiegel von rd. 215000 qm. Die Staumauer bildet im
Grnndrisi einen Bogen mit 200,0 m Rd. in der Krone. Die Kronenbreite beträgt 4,75 m,
die Kronenlänge etwa 60,0 m, während die Länge in der Flnssohle nur ca. 45,0 m miast
Die Breite der Staumauer an der tiefsten Stelle beträgt 23,9 m, und diese Breite ist
für den etwa 3,0 m hohen Fundamentsockel beibehalten. Die Höhe von der O.K. dieses
Fnndamentsockels bis zur Krone beträgt rd. 20,27 m, sodass die Breite des Manerfusaes
rd. 117 °/o der Höhe ausmacht. An dem vorderen und hinteren Ende der Fundamentsohle
ist ausserdem je eine 2,5 m breite Grundmauer noch ca. 4,0 m tiefer fundiert, um dem
Durchdringen von Wasser weitere Widerstände entgegenzusetzen (vergl. Taf. XXXVII,
Fig. 4). Die Staumauer ist in Beton ausgeführt und an den wasserberührten Flächen mit
Abb. 103. Ansieht der Staumauer.
grossen roh bearbeiteten Kalksteinquadern von 0,50 bis 0,60 m Dicke verblendet Während
die Verblendflächen der vorderen Front und der Krone glatt gemacht wurden, hat man
die abwärts gelegenen Absturzflächen durch vorstehende Quaderköpfe rauh gemacht
(vergl. Abb. 103), um die Geschwindigkeit des abstürzenden Wassers nach Möglichkeit zu
verringern. Bei der Berechnung der Staumauer ist als höchstzulässige Kantenpressung
für Beton 6 kg pro qcm zugrunde gelegt bei einer Überstauung von 2,0 m. Um das
Staubecken so weit von Ablagerungen frei halten zu können, als es Tür den Betrieb er-
forderlich ist, wurde am rechten Ufer neben der Staumauer ein Urudablass von 9,0 in
lichter Weite angeordnet mit der Sohle 7.0 m unter der Krone der Staumauer. Bis zur
Grundschwelle des Grundsblasses (Kiesfreilaufs) wird sich allmählich die Flnssohle er-
höhen, sodass die Fundamentsohle der vorderen Grundmauer ca. 21,0 m tiefer als die
sukünftige Sohle des Staubeckens liegen wird.
Um wlhroad dt* Baues du Waaaer de* Drae abzufahren , ward« an linken TJfar ein Tneoel
van 9.V0 n Lang* und £6 qm Querschnitt in dem Felsen «ungebrochen. Unterhalb dar aafwaxts gt-
laganen Öffnung die»*» Tunnels wurde quer über das Flnasbett ein Kuigedaam errichtet.
§ 23. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk AH Drac; bei A v ig n onset. 499
Di« Staumauer ist in zwei Abteilungen ausgeführt und man bat deshalb einen zweiten Fange-
d&mm in der Achse des Flusse« angelegt. Zuerst wurde die am rechten Ufer gelegene Halft» in Angriff
genommen (vergL Abb. IM). Auf diese Weis» kannte bei Hochwasser die eine Hälfte des Flussbettes
noch zur Abführung des Drac zunächst mit benutzt werden.
Dreimal hat Hochwasser die Arbeiten unterbrochen und die Fangedämme zum Teil fortgerissen.
Da sich der U ragen ungstunnel, wie eigentlich bei Beinern im Verhältnis zur Hochwassennenge io kleinem
Querschnitt von vornherein vorauszusehen war, sehr bald fflr die Abführung des Hochwassers als ganz
unzureichend heran» teilte , hat man sowohl in der rechten als auch spater in der linken Halft« der
Staumauer in der Hohe der Fangedamme provisorische Öffnungen von 37,0 qm freigelassen, die aplter
durch grosse Betonpfropfen geschlossen sind. Die Seiten Wandungen dieser Öffnungen wurden von vorn-
herein im Querschnitt sageförmig angelegt, sodass sich die einzelnen Teile dea ach li essenden Querschnitts
konisch flaasabwfirta verjüngen (vergL Abb. 105).
Abb. 104. Herstellung der Fundamentsohle der Staumauer am rechten Ufer und Aushub der
Baugrube für die vordere Herdmauer.
Im März 1899 ist mit den Arbeiten begonnen worden, am 15. Juni 1901 hatte man den rechten
Teil bis auf etwa 10,0 m Hohe über dem Wasserspiegel beendigt und die Baugrube im linken Teil fertig
ausgehoben, als ein Hochwasser eintrat, welches wahrend einer Stunde die ganze Baugrube wieder mit
Kies und Sand ausfällte und die Fange dam ine zum gröaaten Teil zerstörte. Allein durch dieses Hoch-
wasser ist eine Verzögerung in den Bauarbeiten von vier Monaten verursacht. Erst im Juli 1902
konnte die Stsnmauor beendigt werden.
Der Eies wurde in einer Grube 200.0 m oberhalb der Baustelle sm rechten Ufer gewonnen.
Fflr die Fundierung der Staumauer ist eine Mischung von 800 kg Zement, 0,4 cbm Sand und 0,8 cbm
Kies gewählt. Fflr den oberen Teil ist die Beigabe an Zement auf 200 kg pro cbm ein geschränkt. Der
Transport des Eiesea und der Hausteine wurde von den 200,0 m Ober dem Drac liegenden Brüchen
mittelst einer Seilbahn von ungefähr 500,0 m Spannweite bewirkt, ebenso war von der Bahnlinie Saint-
Georges de Commiers-La Mure und zwar von einem besonders angelegten Anachlussgleise aus eine
Seitbshn von 500,0 m Lange bis zum linken Ufer des Drac herübergeführt, um alle übrigen Materialien
mr Baustelle schaffen iu können. Die normale zulässige Nutclast eines Tragkorbes war zu 1500 kg
600 IL Thkodob Koshs. Ausbau vok Wabsekkräftkn. Beispiele.
angenommen. Diese letztgenannte Seilbahn hatte «na Hftbendiftereni von eng« (Ihr 300,0 m xu aber.
winde«. Di* im Betrieb* der beiden genannten Seilbahnen, «owie aller Übrigen Hiifamaachiiieai erfereer-
lieb« Kaergie wurde durch eins klebe hjdro-elcktrische Kraftatetiou von 100 PS« geliefert, welch«
einen kleinen Www rfill in der Nahe der Bauteile (La Cascade de Vauli) aosnuttte. Am linkes
Dracufsr war eine Schmalspurbahn na weiteren Tranaport dar Materialien errichtet, Unmittelbar nvter-
halb dar Baoetelle für die Staumauer war eine Hängebrücke über den Dran gespannt, auf welcher com
mobile Laat von 8 t bewegt werden konnte.
Über die Konstruktion des Abfallbodens wird noch einiges im Kapitel in, 1. A- Wehre
mitgeteilt «erden. Derselbe ist, wie Taf. XXXVII Fig. 1 zeigt, kassettenartig durch Längs-
and Quer-Betonm&uern von 1,40 m Starke und 3,70 bis 4,30 m lichtem Abstand gebildet,
welche eine Betondecke tragen. Die kassettenartigen Hohlräume sind durch Kies ange-
füllt. Der Abfallboden steigt flussabwärts an and bildet so ein Wasserpolster, durch
welches der Schlag des vom Wehr herabstürzenden Wassers gemildert wird. Die Höhe
Abb. 105. Ansicht der Staumauer. August 1001.
lies überfallenden Wasserstrahls ist, wie erwähnt, für die Berechnungen auf 2,0 m ange-
nommen. Da am 'Ende dieses Abfallbodens noch eine Stufe bis zum Niedrigwasserspiegel
von 4,50 m entstanden ist, so wurde, obwohl der Wasserstrahl bei höchstem Wasser
mit einem spitzen Winkel von rechnerisch 22° 51' in den Wasserspiegel des N.W. ein-
fallen soll, die Sohle daselbst durch das herabstürzende Wasser sehr angegriffen, and
man hat deshalb nachträglich auf einer längeren Strecke eine weitere Sicherung durch
mächtige Steinblöcke und Steinschüttung anbringen müssen.
Der bereits erwähnte Urundablass von 9,0 m lichter Weite ist durch eine einzige
eiserne Schütze geschlossen. Diese Schätze hat eine Gesamtbreite von 10,0 m and eine
Höhe von 7,0 m ; sie ist berechnet für einen Druck von 375 t, welcher eintreten würde,
wenn bei geschlossener Schütze der Wasserspiegel 2,0 m über Krone der Staumauer ge-
stiegen Bein würde. Eine Abb. der Schütze findet sich im Kap. DU. 3. Schützen.
Acht groase, horizontale eiserne Gitterträger von gleicher Grosse bilden das Traggertst der
Schütte. Ihre Entfernung in der Vertikalen voneinander ist SO bemessen, das» jeder Träger ungefähr
§ 23. Das Wasserkraft- Elektrizitätswerk am Drac bei Avignonhet. 501
denselben Druck erhalt. Die Träger und untereinander dnnh Gitterwerk verbunden und Tora durch
ein» Wind au» genietetem Eisenblech geschlossen. Dia Bedienungsbrücke liegt so hoch aber der Sehnt**,
dann sie beim höchsten Wasserstand vollkommen frei hingen kenn. Hit Rücksicht »nf die grossen
Abmessungen der Schntie konnte man die AnschlagfUcha derselben nicht einfach uf einer Qleitbahn
gleiten lassen, sondern man rnnsate statt der gleitenden die rollende Reibung einführen. Infolgedessen
ist hierfür das System Stoney nach dem Muster von Cham« angewendet, ebenso hat nun die Dichtung
lisch demselben Vorbilde ausgeführt, nur dass hier als Dichtangestab ein Zylinder ans Bronae verwendet
wurde. Der Bewegungsmschanismns ist gleichfalls dem von Chevree nacbgebildet (vergl. Taf. LT, Fig. 8,
12 n. 18) und das Gewicht wie dort durch Gegengewichte aasbalanciert. Die Schütze kann sowohl von
Hand als aueh mittelst eines Elektromotors gehoben werden. Bei der Hebung von Hand wurden
6'/» Stunden notwendig sein, um die Sobfltxe, deren Gewicht ungefähr 66 t betragt, 7,0 m au heben.
Hit Hilfe des elektrischen Motors ksnn aber diese Zeit auf 1 Stands und 40 Hinuten eingeschränkt
werden, was für alle Falle genügt.
Abb. 106. Die Schliessung des Umgehungskanala.
Der GrundablasBkanal hat eine Länge von 70,0 m. Er ist von starken Wänden aus
Bruchsteinen eingefasst nnd seine Sohle ist in den Felsen eingeschnitten. Zum Schatze
desselben ist in der Sohle eine Pflasterung auf Beton vorgesehen (vergl. Taf, XXXVII,
Fig. 2 n. 3). Da beim höchsten Stau ungefähr 450 cbm/sek. durch diesen Grnndablass
fliessen, nrasste bei der Ansmündung desselben in den Flnss die Sohle befestigt werden.
Das ist durch grosse Steinblöcke geschehen, welche die Sohle des Flusses bedecken.
Übrigens wird, wenn das höchste Wasser zum Abfluss gelangt, die Wassertiefe eine
Sehr beträchtliche sein, sodass das aus dem Grnndablass in den Fluss stürzende Wasser
ein Wasserpolster vorfindet.
502 II. Theodor Koehx. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
Nachdem die zeitweiligen Öffnungen in den beiden Hälften der Staumauer ge-
schlossen waren, — auf die völlige Entleerung und Spülung des Staubeckens mit Hilfe
des Umgehungskanals hat man verzichtet — musste man, um die Füllung des Stau-
beckens vornehmen zu können, den Umgehungskanal schliessen. Zu diesem Zwecke liess
man in der Stirn der Tunnelöffhung vertikale, starke eiserne Walzträger ein, welche
mit der Vorderkante der Tunnelöffnung bündig lagen. Gegen diese Walzträger wurden
dann mit Beton gefüllte eiserne Zylinder von 30,0 cm Dm. gelegt, welche von oben her-
untergelassen wurden (Abb. 106).
Jeder Zylinder war mit zwei Ringen versehen, um einen Zwischenraum von 2,0 cm
zwischen den Zylindern herzustellen. Alle Zwischenräume zusammen waren so berechnet,
dass durch den Tunnel während der Füllungszeit noch mindestens 15 cbm/sek. fliessen
konnten, eine Wassermenge, welche als Minimum für die unterliegenden Wassernutzungs-
berechtigten auch während der Füllungszeit freizugeben war. Nachdem dann das Wasser
im Staubecken bis über die Sohle des Grundablasses gestiegen war, hat man die Schlies-
sung der Öffnungen zwischen den Zylindern durch Zementsäcke und vorgeworfenen Sand
und Ton zu erreichen versucht. Das ist aber nur unvollständig gelungen. Man hat
deshalb nachträglich am unteren Ende des Tunnels ein eisernes Rohr eingelegt, durch
welches das durch die vordere Verschlusswand dringende Wasser abfliessen konnte und
dann dieses Rohr in einen starken Betonpfropfen eingemauert, welcher den übrigen
Querschnitt des Tunnels dicht abschloss. Nachdem die Betonmauer die genügende Festig-
keit erlangt hatte, wurde eine an der vorderen Mündung des Rohres angebrachte dicht-
schliessende, aber während des Baues offen gehaltene Klappe heruntergelassen, sodass
nunmehr auch das Rohr verschlossen wurde8).
Der Eüüauf liegt sehr zweckmässig in der Fortsetzung des linken Uferpfeilers
des Grundablasses.
Die Einlaufschwelle, auf welcher der Rechen steht, liegt rd. 2,45 m höher als
die Schwelle des Grundablasses. Bei richtiger Bedienung des letzteren kann daher
kaum Kies und Sand in den Kanal hineintreten. Die Länge der Einlaufschwelle beträgt
ca. 25,0 m, die Höhe des Rechens bis zur Krone des Wehres 4,55 m, sodass eine Rechen-
fläche von mehr als 100 qm für den Eintritt des Wassers zur Verfügung steht. Die lichte
Weite zwischen den Rechenstäben beträgt etwa 3 cm. Man wird demnach die freie
Durchflussfläche zu rd. 75,0 gm annehmen können, welche bei 40 cbm/sek. einer Einfluss-
geschwindigkeit von rd. 0,90 m/sek. entsprechen würden, wenn der Wasserspiegel in
Höhe der Staumauerkrone liegt. Die Einflussgeschwindigkeit müsste wachsen, wenn
man beim Sinken des Stauspiegels im Becken denselben maximalen Verbrauch an Trieb-
wasser hätte, was aber nur ausnahmsweise der Fall sein dürfte.
Als Mangel der Anlage hat sich herausgestellt, dass die Abführung des Eises
und des treibenden Holzes nur bei gezogener Grundablasschütze oder über den Wehr-
rücken hinweg erfolgen kann. Es wäre zweckmässig gewesen, entweder in der Haupt-
schütze des Grundablasses selbst oder daneben noch eine Schütze für Eis und treibendes
Holz anzuordnen.
Hinter dem Rechen ist durch Ausbrechen des Felsens ein Einlaufbecken ge-
bildet, in welchem nochmals eine Absonderung etwaiger Verunreinigungen des Wassers
stattfinden soll.
3) Das Herunterlassen der Klappe durfte vermutlich mit Hilfe eines Seiles, welches in einem
kleinen eisernen Rohr durch die Betonmauer geführt war, geschehen sein. Das kleine eiserne Bohr
war dann leicht durch einen Stöpsel vollkommen dicht abznschliessen.
§ 23. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk am Drac bei Avignonnet. 503
Der Werkkanal liegt auf dem linken Ufer ganz im Tunnel. Er hat eine Länge
von 840,0 m und einen grössten wasserberührten Querschnitt von 16 qm. Die grösste
sekl. Wassermenge, welche durch den Werkkanal abgeleitet werden soll, beträgt 40 cbm/sek.,
die durchschnittliche etwa 25 — 30 cbm/sek. Der Zufluss aus dem Einlaufbecken wird
durch zwei Schützen reguliert, deren Aufzugsvorrichtungen man in Abb. 106 noch er-
kennen kann. Etwa 550,0 m von den Regulierungsschützen entfernt ist ein Überfall an-
gelegt, über welchen 40 cbm/sek. bei voller Füllung in den Drac zurückgeführt werden
können (vergl. Taf. XXXVII, Fig. 6, 7, 8). Man konnte hier das Wasser auf stark ge-
neigter Sohle ohne Kaskaden abfliessen lassen, da dieser Überlaufkanal als Tunnel in
sehr festen Felsen eingeschnitten wurde. Von dem Austritt desselben aus dem Gebirge
am Ufer stürzt das Wasser auf dem natürlichen Felsen weiter in den Drac ab. Der
Werkkanal endigt in einem Vorbecken von 32,5 m Länge und 8,18 m Breite in der
Sohle gemessen. Die Sohle dieses Vorbeckens ist in einem Sprung um 1,75 m gegen
die Sohle des einmündenden Kanals vertieft und hat eine Neigung von etwa 1 : 15 gegen
den am untersten Ende gelegenen Spülablass. Letzterer ist durch eine Schütze ver-
schlossen. Über demselben in der das Vorbecken begrenzenden Quermauer aus Beton
ist noch ein 7,60 m langer Überlauf angelegt (vergl. Taf. XXXVII, Fig. 9, 10 und 11).
Der Überlaufkanal ist hier stufenförmig in den Felsen eingeschnitten und mit einem
Betongewölbe überdeckt, um das zerstäubende Wasser von dem Krafthause fernzuhalten.
Sehr zweckmässigerweise ist das Vorbecken durch eine Längsmauer
von der Druckkammer getrennt, denn das Wasser muss so über diese Längsmauer
in die Druckkammer übertreten, uijd es werden etwaige Verunreinigungen, die das
Wasser noch enthalten sollte, wirksam zur Ablagerung gebracht und durch die gleich-
falls zweckmässig angelegte Spülschütze entfernt.
Aus der Druckkammer münden 7 aus Siemens Martinstahl genietete Druckrohre
mit Flanschenverbindung, je eins für je eine der 7 Turbinen, welche im Krafthause auf-
gestellt werden sollen. Der Verschluss der Druckrohre erfolgt durch je eine Schütze,
welche in der Ausimündungsfläche liegt. Man musste desl^alb auf jedes Druck-
rohr ein Luftrohr aufsetzen, damit für den Fall, dass bei geschossener Schütze eine
Entleerung des Druckrohres stattfindet, Luft einzutreten und bei teilweise geschlossenen
Schützen mitgerissene Luft zu entweichen vermag (vergl. Taf. XXXVII, Fig. 9): Jedes
Druckrohr hat einen Durchmesser von 2,2 m im Lichten. Alle ofien verlegten Rohre
werden zwischen Druckkammer und Krafthaus noch einmal durch eine Mauer gestützt.
Die grösste sekl. Wassermenge, welche durch ein Rohr abgeführt werden soll,
beträgt 7,6 cbm/sek., sodass sich eine Maximalgeschwindigkeit im Druckrohre von
2,0 m/sek. ergibt.
Bemerkenswert ist die Einmündung der Druckrohre in die Turbinen, welche wie
bei der Anlage Vizzola von oben erfolgt, indem die Rohre die Wand des Maschinen-
hauses unterhalb der Kranbahn durchdringen. Auf diese Weise macht das Wasser den
kürzesten Weg und erleidet die geringsten Druckverluste. Mit Rücksicht auf die oben
und unten vorhandenen Kjiicke und die Kürze der Rohre konnte man von Dilatations-
vorrichtungen ganz absehen.
Der Maschinensaal des Krafthauses ist für 7 Maschinengruppen von je 1750 PS«
eingerichtet, von denen im Jahre 1904 erst 4 Gruppen aufgestellt waren. Das Krafthaus
musste möglichst dicht an die Druckkammer herangelegt werden (vergl. Abb. 107), da
der Raum zwischen dem Ufer des Drac und dem steil ansteigenden Gebirge sehr be-
schränkt war. Man hat oberhalb der Druckkammer noch Trockenmauern anlegen müssen,
um die Druckrohre und das Maschinenhaus vor herabstürzenden Steinen zu schützen.
504 II. Theodor Koehjj. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
In der Abb. 107 sieht man eine provisorische Bohlwand an der Stelle, wo die Trocken-
maner später errichtet ist. Der Maschinensaal hat eine Länge von rd. 60,0 m und eine
Breite von rd. 17,0 m, es stehen also 1020 qm Bodenfläche, d. h. rd. 8,3 qm pro 100
install. PSe, zur Verfügung. Neben den Maschinen ist reichlich Platz für die Aufstellung
von Maschinenteilen im Falle einer Reparatur. An dem einen Ende des Maschinensaals
befindet sich zn ebener Erde die Reparaturwerkstatt und darüber in zwei Etagen
Wobnungen für den Maschinenmeister und 4 Maschinenführer. Für. den Schaltraum ist
in einem Anbau von etwa 15,0 m lichter Länge und 6,5 m Breite in 4 Etagen über-
einander Platz geschaffen, sodass im ganzen hierfür etwa 390,0 qm Bodenfläche oder
3,18 qm pro 100 install. PS, zur Verfügung stehen. Im Eellergeschoss ist ausserdem
noch ein Raum für Aufstellung von Transformatoren angelegt. Das Dach des Maschinen-
Abb. 107. Ansicht des Krafthauses.
saals ist aus eisernen Polonceauträgern gebildet und mit Ziegeln eingedeckt. Der ganze
Maschinensaal ist durch einen Laufkrahn von 10 t Tragfähigkeit bestrichen.
Die Turbinen*) haben horizontale Wellen und leisten 1750 PSe bei 250 Uml./Min.
(vergl. Abb. 108). Die Druckhöhe schwankt zwischen 18,0 m bei H.W. und 23,0 m bei
N.W., von welcher höchstenfalls 7,0 ro als Sauggefalle ausgenutzt werden.
Jede Turbine enthalt zwei nebeneinander gestellte Paare von Leit- und Lauf rädern in einem
Turbine nkessel. Jedes Leit- und Laufrad ist eingeteilt in je 5 Kranze. Dia Beaufschlagung erfolgt
radial von aussen, der Ausguss axial nach beiden Seiten in zwei Saugrohre, welche direkt in den
Turbinenkanal ausmünden. Auf diese Weise findet ein axialer Schub auf die Welle theoretisch nicht
mehr statt. Die Steuerung erfolgt durch einen Ringschieber , welcher im Spalt zwischen Lauf- und
Leitrad bewegt wird. Eine ähnliche Konstruktion zeigt die Turbine der Anlage Füre et Horge (vergl
Taf. LXXI1, Fig. 3 n. i) , allerdings mit nur einem Schaufelkranz. Da dieser RingBchieber sich gegen
den Wasserdruck im Gleichgewicht befindet, au ist seine Bewegung ausserordentlich leicht und die
Regulierung der Turbinen eine sehr exakte (vergl. Kap. III, 5). Die selbst wirkende mechanische Klinken-
reglung arbeitet zufriedenstellend (vergl. Abb. 109).
*) Geliefert von Piccard & Fielet in Genf.
Das W a es ekk r a rr- üi.ek tri z it äts werk am Dbac bei Avighoitoet. 505
Abb. 108. Ansieht den Maschinen anale«.
Abb. 109. Ansicht einer Turbine v
Jede Turbine ist mit ihrem Generator durch Kautschukband kuppelnng gekuppelt,
(vergl. Taf. LXXIII, Fig. 3). Alle Turbinen entwässern in einen gemeinschaftlichen
i, überwölbten Turbinenkanal, welcher in einen offenen Kanal ausmündet. Letzterer
506
II. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
Sa sei
»omene
GREM
ist parallel mit dem Fluss bis an eine Stelle geführt, wo eine Versandung der Ausmün-
dungsstelle nicht zn befürchten ist.
Mit 3 Turbinen waren 1904 Drehstrommaschinen6) gekuppelt, welche je nach
der Schaltung Dreiphasen- oder Einphasenstrom mit 26000 oder 15000 Volt und 50 Per.
liefern können. Wie bei den meisten dieser Maschinen ist der Anker fest and das
Magnetrad beweglich.
Letzteres hat 24 Pole. Das Gewicht des Ankers sowohl wie dasjenige des Magnetrades betragt
ungefähr 20 t Mit Rücksicht auf die Schwierigkeit des Transportes wurden die Generatoren so zerlegt*
dass jeder zusammenhängende Teil der Maschine nicht mehr als 5 t wog. Auf jeder Generatorwelle
sitzt eine sechspolige Erregennaschine von 50 KW.
Eine Turbine ist mit zwei in Serie geschalteten Gleichstrommaschinen nach dem
System Thury 6) gekuppelt, welche den Strom mit einer Spannung von 2400 Volt an den
Klemmen des Schaltbrettes für die vom Staat betriebene Linie Saint Georges de Commiers-
La Mure abgeben. Im Jahre 1904 wurde
Abb. 110. ÜbersicKtspian des Drac. zunächst probeweise die 7,0 km lange
Strecke La Motte -Les Bains nach La
Motte d'Aveillans betrieben7).
Alle Hochspannungskabel gehen
in einem geräumigen Kabelkanal zum
Schaltraum. Die Niederspannung»-
kabel der Erregermaschinen dagegen
sind in kleinen, im Maschinenflur ein-
gelassenen und mit eisernen Riffel-
platten bedeckten Kanälen unterge-
bracht.
Das Schaltbrett für die Maschinen be-
findet sich in Höhe des Maschinenflors. Sa
ist eingeteilt in sieben gleiche Felder, eins
für jede Maschine and in zwei Felder, welche
die gemeinsamen Apparate tragen. Bas zweite,
in der ersten Etage aufgestellte Schaltbrett
dient für die Fernleitungen. In dem Raum
hinter diesem Schaltbrett sind auf eisernen
Gerflsten alle Schaltungsapparate, Sicherungen^
ölwiderstända etc. montiert. In den beiden
oberen Etagen befinden «ich die Überepannnnga-
und Blitzschutzvorrichtungen.
Ein Dreiphasen -Transformator tob 50
KW- Leistung liefert den Strom für die Be-
leuchtung des Krafthauses selbst and der Stau-
mauer, sowie für den Antrieb der Maschinen
in der Reparaturwerkstatt, der Pampen Ar die
Turbinenregulierung and der AufzugSYorrick-
tuog an dem Grundablass der Staumauer.
Die Fernleitung ist zum grössten Teil auf eisernen Masten, zum kleineren Teil
auf Holzmasten geführt. Die normale Entfernung der eisernen Masten beträgt 60,0 m,
diejenige der hölzernen Masten 35,0 bis 40,0 m. Die grösste Spannweite zwischen zwei
Masten von 160,0 m wurde bei Überführung der Fernleitungen über den Drac bei Gre-
&) Geliefert ron Schneider k Co., Creosot.
*) Geliefert von der Sociäte1 de l'Indnstrie Alectrique et Mecaniqae in Genf.
?) An der Station La Motte-Lee Bains moss man aussteigen, wenn man die Anlage Avignonnet
besichtigen will.
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§ 24. Das Wassebkbaft-Elektrizitätswerk Jonage-Cusset-Lyon. 507
noble nötig. Die Holzmasten sind 1,50 m in den Boden eingelassen und an weicheren
Stellen mit einem Betonfundament versehen. Die normale Tiefe der Fundierung der
eisernen Masten ist 1,80 m; sie wird grösser bei den Masten von grösserer Spannweite
(vergl. Kap. III. 7. Fernleitungen). Die Gesamtlänge der Hochspannungsleitungen betrug
1904 200)0 km, diejenige der Verteilungsleitungen zu drei Drähten 300 km.
Im Verteilungsnetz wird für Kraftzwecke der Strom auf 2000, 1000 und 500 Volt
herabtransformiert. Das Licht wird im Dreileitersystem mit 2 mal 250 Volt verteilt.
Über die Anlagekosten sind bereits S. 242/243, Tabelle I Angaben gemacht.
Erwähnt sei noch, dass der elektrische Teil des Krafthauses 256445 Frs. gekostet hat, d. h.
pro installierte Turbinen-PSe 36,6 Frs. oder 29,6 Kk. Das FernleitungBnetz hat zusammen 2118550, die
Transformatorenstellen 280658 Frs. gekostet Diese Zahlen sind hier beigefügt, um das Verhältnis der
Kosten des Leitungsnetzes zu den Gesamtkosten zu kennzeichnen. Die Fernleitung auf Holzmasten mit
drei Drähten hat durchschnittlich 8000 Frs. pro km gekostet, diejenige auf eisernen Masten mit sechs
Drahten 6—8000 Frs. (vergl. die Angaben in Tab. X, 3. 264).
Zum Schlüsse sei hier noch bemerkt, dass aufwärts der Anlage Avignonnet im
Gebiete des Departements Isere auf einer Strecke von 21,5 km noch 3 Kraftanlagen
projektiert sind (vergl. Abb. 110) und zwar eine bei Ponsonnas von 9000 PS« bei klein-
stem Wasser und von 20000 PS6 bei Mittelwasser. Diese Kraft soll gewonnen werden
durch Errichtung einer im ganzen 54,0 m hohen Staumauer. Die zweite Anlage,
genannt nach der Örtlichkeit „Des Chambonsu, in der Nähe des- Ortes Quet und 6 km
oberhalb der ersten Anlage, soll entweder durch eine zweite Staumauer von 40,0 m Höhe
oder durch ein kleineres Wehr und durch einen 2550,0 m langen Seitenkanal 6000 PS«
und die letzte Anlage, 4,5 km aufwärts der zweitgenannten, soll eine Kraft von
10000 PS« bei 67,0 m Druckhöhe hergeben.
§ 24. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Jonage-Cusset-Lyon
der Soci^td Lyonnaise des Forces Motrices du Rhone.
Hierzu 8 Tafeln XXX VIII— XL i).
Diese Anlage gehört, was Umfang und die Schwierigkeit der wasserbaulichen
Arbeiten anbetrifft, zu den interessantesten in Europa. Die Idee, die natürlichen Kräfte
der Rhone oberhalb Lyons auszunützen, rührt von dem Ingenieur M. J. Raclet in
Lyon her.
Durch Gesetz vom 9. Juli 1892 (vergl. S. 37) wurde einem vorbereitenden
Syndikate die Konzession auf 99 Jahre erteilt und im Dezember 1893 auf die oben
genannte Gesellschaft übertragen. Die grossartige Kanalanlage ist bekannt unter dem
Namen „Canal de Jonage", so genannt nach dem Orte, in dessen Nähe der Zufuhrungs-
kanal aus der Rhone abzweigt. Im Frühjahr 1894 sind die Arbeiten begonnen und im
Jahre 1902 ist das ganze Werk vollendet. Ein Teilbetrieb ist schon im Jahre 1898
eröffnet1). Die Konzession gestattet bei N.W. aus der Rhone 100 cbm/sek. zu ent-
i) Die Tafeln und Abb. sind nach der Veröffentlichung von Ren 6 Chauvin, Constructions
du Canal de Jonage» Paris 1902, Beraager Editeur, angefertigt
*) Die definitiven Projekte stammen von dem Ingenieur en chef des ponts et chaussees M. A.
Gotteland und seinem Mitarbeiter dem Ingenieur RenlChauvin her, und unter der Oberleitung dieser
beiden Mlnner ist auch das grosse Werk durchgeführt (vergl. S. 25).
506 IL Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
•
nehmen, steigend bei höheren Wasserständen bei einer Wasserführung von 600 cbm/sek.
nnd mehr in der Rhone bis zum Höchstbetrage von 150 cbm/sek. Da durch die
Wasserentnahme die Schiffahrt auf der Rhone bei N.W. beeinträchtigt werden würde,
ist in der Konzession die Schiffbarmachong des Kanals vorgeschrieben. Die Differenz
des Rhonewasserspiegels zwischen der Abzweigung des Werkkanals und der Ausmündnng
des Unterwasserkanals schwankt durchschnittlich zwischen 13,25 und 14,60 m und hält
sich während 800 Tagen im Jahr auf ungefähr 14,0 m.
Die Gesamtlänge des Werkkanals beträgt 18,850 km. Er folgt mit seinem linken
Ufer dem Fasse eines Hagels, welcher, als die Rhone noch unreguliert war, die linke
Grenze des Inundationsgebietes dieses Flusses bildete. Bei Km 15,780 liegt das Kraft-
haus, sodass auf den Unterwasserkanal eine Länge von 3,070 km entfallt. Der Bim-
lauf ist offen und die oberen 5,575 km stehen in freier Verbindung mit der Rhone.
Bei Km 5,575 liegen die Regulierungsschützen, Zwischen Km 9,0 und 11,500 ist unter
Benutzung der natürlichen Terrainformation, da hier der Fuss des Hügels weiter von
der Kanalachse zurücktrat, ein Staubecken von 150,0 ha Oberfläche gebildet, ans
welchem man bei einer Ausnutzung von rd. 1,30 m der Füllhöhle schon 1900000 cbm
Zuschusswasser entnehmen kann. Dieses Staubecken, dessen Gesamtfassungsraum
4000000 cbm beträgt, dient zugleich zur Ablagerung der Geschiebe und Sinkstoffe.
Das Profil des Kanals erweitert sich unterhalb des Staubeckens derartig, dass es bei
der normalen Wassertiefe von 2,5 m und einem Sohlengefälle von 0,10°/oo 208 cbm/sek.
fuhren kann, während die Normalprofile aufwärts unter denselben Bedingungen für
120 cbm/sek. berechnet sind (vergl. Taf. XXX VIII, Fig. 3—5). Die normale Sohlen-
breite des Werkkanals beträgt bis zum Staubecken 60,0 m, abwärts desselben 105,0 m.
Sie erweitert sich aber z. T. bis auf 200,0 m, wo der Fuss des Hügels am linken Ufer
weiter von der Kanalachse zurücktritt und man diesen, unter Ersparung des Dammes,
als linke Kanalbegrenzung benutzte. Die normale Sohlenbreite des Unterwasserkanals
beträgt 70,0 m; die Sohle desselben ist auf seiner ganzen Länge nahezu horizontal.
Die Böschungen des Zufuhrungskanals sind da, wo sie im Auftrag liegen, innen und
aussen 1 : 3 angelegt. Auch im Einschnitt ist meistens dieses Neigungsverhältnis fest-
gehalten und nur auf der Strecke zwischen dem Einlauf und dem Regulierungswerke
ißt auf der linken Seite, wo das angeschnittene Terrain genügende Standsicherheit bot
und nur auf kurzen Strecken Auftrag nötig wurde, aus Ersparnisrücksichten eine
Neigung von 1 : 2 angenommen. Zur weiteren Verstärkung der Böschungen sind 50 cm
über dem normalen N.W. und ebensoviel über dem normalen H.W. Bermen von 0,50 m
Breite angelegt. Auf der 9,0 m breiten Krone des rechten Dammes ist ein 6,0 m
breiter Treidelweg, auf der linken Seite ein solcher von 3,0 m Breite vorgesehen. Auf
der ersten Strecke bis zu den Regulierungsschützen liegt die Krone 1,0 m über dem
höchsten ELW. der Rhone, welches auf + 184,55 angenommen wurde.
Überall da, wo die Sohle im Einschnitt aus kiesigem, durchlässigem Material
bestand, hat man dieselbe 0,50 m tiefer unter der profilmässigen Höhe ausgehoben, um
durch Ablagerung von Schlick die Dichtigkeit allmählich zu erzielen, ohne das Normal-
profil durch diese Ablagerung einzuschränken. Der Unterwasserkanal liegt ganz im Ein-
schnitt. Die beiderseitigen Böschungen sind 1 : 2 angelegt mit einer Berme von 0,50 m
Breite in Höhe des NW.
An der Stelle der Abzweigung des Kanals war die Rhone am linken Ufer durch
steinerne Parallelwerke eingefasst. Der Werkkanal liegt hier auf einer Länge von
1800,0 m in einem alten Flusschlauch, welcher durch das Parallelwerk abgeschnitten war.
Taf. XXXYHI, Fig. 7 zeigt den Lageplan des Einlaufs. Das N.W. der Rhone liegt am
§ 24. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Jonage-Cüsset-Lyon. 509
Einlauf auf +179,00, das höchste H.W. der Rhone auf -f 184,55. Das erwähnte
Parallelwerk wurde bis auf -f- 176,0 abgetragen, d. h. bis zur beabsichtigten Sohlenhöhle
des Kanals und bildet in dem Zustande noch einen Schutz gegen Auskolkungen bei
H.W. Im Zuge der Kanalachse ist im Flusse auf 500,0 m Länge eine Rinne aus-
gebaggert, welche sich in einem Gefälle von 5%o nach dem Kanal zu neigt und den
Zweck hat, bei N.W. das Wasser der Rhone zum Kanaleinlauf hinzuführen und für die
Schiffahrt die nötige Wassertiefe zu schaffen. Zur Erhaltung dieser Rinne werden
natürlich während des Betriebes wiederholt Baggerungen nötig sein. Der Kopf des
rechten Kanaldammes am linken Rhoneufer ist durch starke Steinpackungen und durch
Mauerwerk sehr solide befestigt (vergl. Tat XXXVIII, Fig. 7 und 8).
Der höchste Wasserspiegel im Kanal hinter den Regulierungsschützen soll projekt-
mässig 4,55 m unter dem höchsten Wasser der Rhone am Einlauf, also auf + 180,0
liegen. Dieses Gefalle bleibt für die Kraftzwecke unausgenützt. Infolgedessen hätte man
auch die Krone der Ufer hinter den Regulierungsschützen auf + 181,50 erniedrigen
können. Zur Sicherheit hat man aber die erste Strecke hinter den Regulierungsschützen
bis zum Überlauf bei Km 8,600 auf + 182,0 gelegt, um für den Fall, dass aus irgend
welchen nicht vorherzusehenden Gründen die Regulierung der Schützen nicht vorschrifts-
massig erfolgen sollte, ein Überfluten des flusseitigen Dammes zu verhindern. Rechnungs-
mässig ergab sich bei N.W. (+ 179,00 am Einlauf) ein Gefällverlust bis zum Kraft-
hause von 0,40 m, bei gewöhnlichem H.W. ein Gefallverlust (+ 181,30 am Einlauf und
150 cbm/sek. im Kanal und I> 600 cbm/sek. in der Rhone) von 0,22 m, wenn man die
über das normale Kanalprofil hinaus vergrösserten Querschnitte berücksichtigte und die
Formeln für die dauernd ungleichförmige Bewegung des Wassers (vergl. Kap. III, § 1,
A. Wehre) zugrunde legte.
Unter Berücksichtigung der Gefällverluste im Unterwasserkanal und an dem Regulierungswerk
worden an den Turbinen folgende Nutzgef&lle durch Rechnung ermittelt:
1. Bei N.W. and beim Beginn des Betriebes der Turbinen bezw. bei ganz kleinem Konsum:
179,00—166,00=18,0 m.
2. Bei N.W. und einem Verbrauch von 175 cbm/sek. an den Turbinen = 11,99 m.
3. Bei N.W. und nach 4 standigem maximalem Konsum der Turbinen, wodurch das Ober-
wasser im Kanal an dem Krafthause um 0,75 m gesenkt wird = 11,24 m.
4. Bei gewöhnlichem H.W. beim Beginne des Betriebes oder bei ganz kleinem Konsam:
180,00 — 168,00 = 12,0 m.
5. Bei gewöhnlichem H.W. und einem Konsam von 208 cbm = 11,65 m.
Ganz ausnahmsweise kann bei höchstem H.W. das NatzgefAlle am Maschinenhaus auf 8,50 m
zurückgehen.
Für die Herstellung des Kanals, einschliesslich des Aushubs für die Bauwerke, sind im ganzen
4950000 cbm Boden bewegt Aus der Massenberechnung ergab sich die Zweckmassigkeit der Einteilung
in 2 Lose. Auf der ersten Kanalstrecke (Los 1) glichen sich Auftrag und Abtrag so ziemlich aus,
auf der zweiten sind die Dämme des Werkkanals aus dem Aushubmaterial beim Unterwa89erkanal
gebildet worden. Der Aushub erfolgte bis zu einer Tiefe von 2,0 m meistens von Hand und der Trans-
port auf Schienengeleisen mit Lokomotiv- und Pferdebetrieb. Für den weiteren Aushub sind Trocken-
bagger und für die tieferen Aushübe unter dem Grund- bezw. Rhonewasser — insonderheit an der
Aus- und Einmündung des Kanals, sowie in der Rhone selbst und beim Aushub der tiefen Baugruben
am Krafthaas — sind Schwimmbagger verwendet. Für den Kubikmeter Aushub sind 0,89—0,90 Frs.
gezahlt worden. Die den Unternehmern wirklich entstandenen Kosten verteilten sich zu 28,08 °/o auf
den Aushub und das Beladen der Transportgeräte, 85,96% auf den Transport, 85,96 °/o auf das Entladen
und Einbringen des Bodens am Bestimmungsort.
Von der grössten Wichtigkeit war natürlich die Dichtung des Kanals. Um die-
selbe zu erzielen, wurden zunächst mit grösster Sorgfalt überall dort, wo Dämme zu
510 IT. Theodor Koehn. Ausbau von WiSBERKRÄFrEM. Beispiele.
«faüUeu waren, Pflanzen and Wurzeln und alle weichen und erdigen Bestandteile ent-
fernt and dann die Grundfläche des Dammes mit Barken und Hacken aufgerissen. Am
inneren Dammfusse ist überall eine 6,0 m breite und 0,30 m tiefe Grube ausgehoben,
un der Dammböschung den nötigen Halt zu geben. Wo weicheres Terrain getroffen
wurde, besonders an Sümpfen und Kolken und bei alten Bachläufen, sind die Baugruben
für die Lagerfläche des Dammes bis auf festen Ton oder Kies ausgegraben und zwar
in der ganzen Breite des Dammes. Wo über die Tragfähigkeit des Untergründe« nur
Zweifel obwalteten, begnügte man sich auch wohl, mehrere parallele Graben bis anf den
festen Ton oder Kies herunterzutreiben. Dieselben wurden dann an ihren Enden unter-
einander verbunden und mit sandigem Lehm, welcher mit pulverisiertem hydraulischem
Kalk gemischt wurde, ausgefüllt. Die Dammschüttung erfolgte in drei Zonen, in welchen
das beim Aushub gewonnene Bodenmaterial je nach seiner Beschaffenheit untergebracht
wurde (vergl. Abb. 111).
FBt Zone I wurde sandiger Lehm verwendet [80*/« Lehm und 70*/* Sand). Dieter Boden ward«
in Lagen von 10 cm aufgebracht and mit pulverisiertem hydraulischem Kalk (16 1 anf l cbm) beetroart
und dum mit einet schweren eisernen, an ihrem Umfsug kannelierten Zylinderwalze komprimiert, wo-
durch zn gleicher Zeit eine energische Mischung des. Kalkes mit dem Boden herbeigeführt wurde. Beim
Walzen wurde durch Besprengung mittelst Wasserwegen der Boden im Bedarfsfälle angefeuchtet. Das
Zusammenpressen wurde im allgemeinen so Inage fortgesetzt bis die 10 em starke Schicht auf 5 cm
znaam man gepresst war. Wenn der fttr Zone I gewonnene Boden zu lahmig war oder wenn bei feucht—
Wetter die Bewegung der Wslzsn unmöglich wnrde, verwendete man eine Stampfmsaehine, bei welcleer
durch Dampfkraft zwei auf einem dreirädrigen Wegen befestigte, schwere eiserne Stampfen anf and ah
Abb. 111. Dammschüttung der Anlage Jon sge-Cusset- Lyon.
bewegt wurden (vergl. Tal L11I, Fig. 11—14). Di« schwersten Walzen hatten ein Gewicht von 7 t aad
worden mit.Dampf betrieben. Die erwähnten Stampfen hatten eine Stampfflsche von 0,20 m.0,35 m.
Die anf den Boden ausgeübte Pressung beim Herabfallen betrog pro qem etwa 1,78 kg. Bei Verwen-
dung der Stampfen musate der aufgestreut« Kalk invor durch Eggen mit dem Boden gemischt werde».
Wo diese schweren Maschinen der Bodenbeschsffenheit wegen nicht mehr funktionierten, verwendete
man Waisen von 1000 kg (vergl. Taf. Uli, Fig. 8 und 9), welche von Pferden gezogsn worden. Die
so hergestellte Schicht erreichte nach Abbinden dos Kalkes dis Festigkeit nnd Hirt« einer Chaosoee-
decke und hat sich auch als genügend wasserdicht erwiesen.
In der Zone II Abb. 111 wnrde Lehm, welcher für die erste Zone so fett oder zu mager be-
funden wurde, feiner Sand und mit Kies gemischte Erde untergebracht nnd dieses Material in Lagos
von 40 cm aufgebracht Die Schichten wurden gleichfalls mit den leichteren Walzen oder mit Hand-
stampfen gestampft, soweit eis nicht durch die Trsnsportgeleiae schon genügend zusammen gepresst waren.
In der dritten Zone wurde Sand und Kias untergebracht, ohne such gemischten Boden dafür ansxo-
schlieasen. Dieses Msterial wurde in Lagen von 60 cm geschattet und, ds es wenig xasammenpressbsr
war, konnte man besondere Maaaregsln zur Verdichtung enthehren. Nur die erste Schicht Ober dem
Terrain wurde in Hohe von 20 cm aufgebracht und mit Walzen, um eine gute Verbindung herzustellen,
soweit tunlich in den natürlichen Boden hineingedruckt.
Zum Schutze gegen die Angriffe des fliessenden Wassers und der Wellen bei
Schiffahrt sind die Böschungen, soweit nicht an besonderen Stellen eine noch solidere
Befestigungsart gewählt werden musste, 0,5 m unterhalb und 2,0 m oberhalb der ersten
Herme mit Faschinen und Steinschüttung gesichert. Stellenweise und besonders auf der
§ 24. Das Wabserkbaft- Elektrizitätswerk Jonage-Cubsbt-Ltok. 511
ersten Strecke des Kanals sind die Böschungen und zum Teil auch die Sohle mit Zement-
platten oder Hohlziegel abgedeckt.
Ende des Jahres 1897 wurde probeweise der Kanal zum erstenmal gefüllt und
zwar gelegentlich eines Hochwassers. Dabei zeigten sich an zwei Stellen Undichtigkeiten.
Ungefähr 168,0 m aufwärts des Krafthauses drang das Wasser durch den Fuss des rechts-
seitigen Dammes, welcher hier eine beträchtliche Höhe von beinahe 10,0 m hatte, nach
aussen. Man hat deshalb nach Trockenlegung des Kanals auf etwa 3,0 km Länge
Betonmauern von mindestens 3,0 m Tiefe unter der Kanalsohle, einer Neigung von
1 : 1/s und einer Stärke, welche etwa einem Drittel der Höhe entsprach, am inneren
Dammflus8 angelegt und auf diese Betonmauer gestützt bis zur Höhe von ca. 2 — 2,50 m
eine 0,20 m starke Bekleidung der Böschung mit Beton angebracht. Das Loch der Bau-
grube vor der Betonmauer wurde mit sandigem Lehm, vermischt mit hydraulischem
Kalk, ausgefüllt. Eine zweite Undichtigkeit zeigte sich an der oberen Stirnmauer der
an dem Maschinenhause belegenen Doppelschleuse. Auch hier hat man am Fusse des
Dammes in ähnlicher Weise eine Betonmauer errichtet, diese mit dem Mauerwerk
der Schleuse verbunden und desgleichen auf etwa 500,0 m Länge die Böschung mit
einer Bekleidung aus Beton versehen.
Etwa 150,0 m vom Kanaleinlauf entfernt hatte das Hochwasser vom Januar 1899
zum Teil den linksseitigen Damm überflutet und beschädigt, da es die bisher als höchstes
Hochwasser angenommene Kote von -f- 184,55 um 0,65 m überschritt. Man zog hieraus
die Konsequenz, dass man nachträglich an dieser Stelle den Damm auf ca. 1 km Länge
um 3,0 m abtrug und seine Krone damit in die Höhe des dort anschliessenden Terrains
legte. Durch eine solide Steinpflasterung in Zement auf einer Betonunterlage wurde
der Damm an der Stelle befestigt und so ein weiterer Überlauf zur Zunickführung des
Hochwassers in die Rhone geschaffen.
Die äusseren Böschungen der Kanaldämme, sowie die inneren Böschungen über
dem höchsten Wasser sind mit dem bei Beginn des Aushubs gewonnenen erdigen
Material gedeckt und dann mit Weiden und Akazien bepflanzt. Stellenweise hat man
auch den äusseren Fuss des rechten Dammes mit kleinen Trockenmauern geschützt
und das durchfeuchtete naturliche Terrain durch Drainagen oder auch durch mit Steinen
ausgefüllte Gräben trocken gelegt. Um das Terrain ausserhalb des rechten Dammfusses
nach Überflutungen bei Hochwasser möglichst schnell wieder trocken zu legen, ist stellen-
weise in einer Entfernung von rd. 50,0 m vom Dammfusse ein breiter Graben gezogen,
welcher an passenden Stellen mit der Rhone in Verbindung steht.
Wie bereits erwähnt liegen bei 5,575 km die Regulierungsschützen und daneben
eine Schiffahrtsschleuse. Das Bauwerk, welches die Regulierungsschützen enthält, soll
verschiedenen Zwecken dienen, nämlich erstens, das Hochwasser vom Kanal abzuhalten und
unter Umständen die Trockenlegung der ganzen Kanalstrecke zu ermöglichen und zweitens
die in den Kanal einzulassende Wassermenge zu messen und die Wasserhöhe in dem-
selben zu regulieren. Das nach dem ursprünglichen Plan ausgeführte Bauwerk ist am
28. April 1899 beim Hochwasser der Rhone zerstört worden und an seiner Stelle be-
findet sich jetzt im Kanal eine Anlage, welche gegenüber dem ursprünglichen Projekt
wesentlich verstärkt ist (vergl. Abb. 12 und Taf. XXXIX).
Die ursprüngliche Anlage bestand aus einer Mauer von 10,61 m Hohe und 188,50 m Länge,
welche auf einem zusammenhängenden Betonfundament von 8,5—4,0 m Dicke ruhte. Die Krone lag
1,50 m über dem höchsten H.W. und hatte eine Breite von 2,5 m. Die höchste Druckhöhe betrug 8,0 m.
Den Querschnitt zeigt Taf. XXXIX, Fig. 2. Zur Vermittelung des Wasserdurchganges waren 22 kreis-
runde Schützenöffnungen in der Mauer angebracht, welche mit gusseisernen Schützentafeln geschlossen
IL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
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§ 24. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Jonage-Cusset-Lyon. 513
Material legte. Die Schützen wurden beiderseitig in Schlitzen geführt, in welche sie durch recht-
winklige Verlängerungen hineinragten. Diese Schätzen ans Gusseisen haben sich nicht
bewährt, da mehrere von ihnen durch den Stoss des Wassers gebrochen sind
Die Sperrmauer der Kegnlierungsschtttzen war innen ans Bruchsteinen hergestellt nnd an den
äusseren Flachen mittelst sorgfaltig bearbeiteter Hausteine verblendet und war so berechnet, dass bei
einer Wasserspiegel -Differenz von 8,0 m die Kantenpressung nur 3,94 kg pro qcm betrug. Bei der
Berechnung waren die vor der Mauer liegenden Pfeiler ausser Ansatz geblieben.
Es ist auch keineswegs die mangelnde Festigkeit der Mauer gewesen, welche den
Unfall herbeigeführt hat, sondern der ungenügende Anschluss der Mauer an
das linke Ufer. Zum Schutze gegen Unterspülung war nach den Erfahrungen bei
der ersten Füllung im Jahre 1897 unterhalb der Sperrmauer noch eine 3,5 m dicke'
Grundmauer aus Beton mittelst Pressluftfundierung bis in den festen Mergel, d. h. 9 — 10,0 m
unter die Flussohle heruntergetrieben. Diese Grundmauer ruht auf 6 genieteten eisernen
Caissons von je ca. 21,80 m Länge, welche an Ort und Stelle auf der trockenen Kanal*
sohle montiert und dann allmählich heruntergetrieben wurden. Sie endigte aber beim
linken Uferpfeiler und der Anschluss des Bauwerkes an das Ufer war nur noch im
Zuge der Hauptsperrmauer durch eine ca. 10,0 bis 12,0 m lange Flügelmauer gesichert,
deren Fundierung nicht tiefer ging, als die Fundierung der Sperrmauer selbst. Die
Böschungen der Ufer waren 50,0 m oberhalb und unterhalb der Sperrmauer mit einem
Mauerwerk aus Bruchsteinen. in Zementmörtel befestigt. Aufwärts der Sperrmauer war
die Sohle des Kanales auf einer Länge von 83,0 m und abwärts auf einer solchen
von 150,0 m mit Beton in einer durchschnittlichen Stärke von 0,20 — 0,25 m gedichtet,
um den Druckverlust etwaiger Wasseradern, welche sich unter der Betonsohle bilden
sollten, soweit zu vergrössern, dass ein Mitführen von Boden ausgeschlossen erschien.
Diese Sohlenbefestigungen griffen in Entfernungen von 8,0 bis 10,0 m durch kleine
0,50 m breite und 0,30 — 0,40 m tiefe Grundmauern in die Kanalsohle ein und waren am
Anfang und am Ende durch je eine 0,80 m breite und 1,40—1,50 m tiefe Grundmauer
abgeschlossen. Um die Dichtigkeit dieser Betonplatte zu erhöhen, hatte man sie nach-
traglich noch mit einem Belag von Gussasphalt in einer Dicke von l1/* cm versehen,
imd letzteren, oberhalb der Sperrmauer, noch einmal mit einer Betonlage von 10 cm
Stärke, unterhalb mit einer Steinpflasterung bedeckt. Hätte man die Hauptgrundmauer
in der erwähnten Tiefe von 10,0 m unter der Kanalsohle von vornherein etwa 30,0 m
in das rechte Ufer eingreifen lassen und sie innerhalb des Dammes bis zum Wasser-
spiegel erhöht, so wäre der Unfall sicher nicht eingetreten. Tatsächlich hat sich aber
beim H.W. 1899 bei einem Wasserdruck von nur 5,0 m am linken Ufer eine Wasserader
gebildet (vergl. Taf. XXXIX, Fig. 1) welche sich bald erweiterte, am 28. April die links-
seitige Ankermauer zum Sacken, die Uferbefestigungen zum Teil zum Einsturz brachte
und schliesslich den Boden unter der Sperrmauer auf fast 2/a ihrer Länge soweit weg-
spülte, dass eine horizontale Fuge in der Sperrmauer entstand. Da man mit 8
Schützen für den Betrieb, welcher damals noch verhältnismässig klein war, vorläufig
auskommen konnte, so schüttete man zunächst an dem beschädigten Teil der Sperrmauer
aufwärts und abwärts einen Damm (vergl. Taf. XXXIX, Fig. 4). Im Schutze dieses
Dammes und eines Fangedammes weiter abwärts, wurde dann die 10,0 m tiefe Grund-
mauer um 30,0 m in das linke Ufer hinein verlängert und hinter dieser in einer Ent-
fernung von 9,50 m eine zweite Grundmauer von 4,0 m Breite, gleichfalls mittelst
pneumatischer Fundierung bis 10,0 m tief unter die Flussohle heruntergetrieben (vergl.
Taf. XL, Fig. 1). Beim Uferanscbluss erhebt sich auf der vordersten Grundmauer eine
massive Betonwand bis zur Dammkrone. Auch die vordere Flügelmauer wurde bis auf
HaadfcMfc dar Ing.-WiiMiitth. III. Teil. 18. Bd. 88
614 II. Theodor Koehn^ Aushau von Wasserkräften. Beispiele,
etwa 30,0 m verlängert. Die im Betriebe gebliebenen 8 Öffnungen des alten Bauwerkes
wurden mittelst einer parallel zur Kanalachse gelegten Betonmauer von 3,50 m Dicke,
welche bestimmt war, die beiden verschieden ausgeführten Teile des neuen Bauwerkes
voneinander zu trennen, von dem beschädigten Teile abgeschlossen (vergl. Tal XXXIX,
Fig. 1). - Der zeitweilige untere Fangedamm bestand aus Bücken in Holzkonstruktion,
welche mit ihren Grundbalken auf der alten Betonsohle des Kanals verankert waren,
und welche auf ihrer Vorderfläche horizontale Querbalken und an diesen befestigt eine
dicht schliessende Wand aus Eisenblech trugen. Die hintere Grundmauer griff in das
linke Ufer soweit ein, wie vor dem Bruch die vordere und schloss rechtsseitig an
die erwähnte Trennungsmauer zwischen den beiden verschiedenen Teilen des neuen Bau-
werkes an. An beiden Enden der hinteren Grundmauer schlössen gleichfalls mit Press-
luft fundierte Caissons den Raum zwischen beiden Grundmauern zu einem Kasten ab.
So konnte man den Boden aus diesem Kasten im Trockenen ausheben und eine Beton-
sohle von 2,50 m Starke sorgfaltig einstampfen, deren oberer 0,30 m starker Teil aus
fettem Zementbeton (400 kg Zement auf 1 cbm Kies) in dünnen Schichten aufgebracht
wurde. Auf diesem Fundament, bestehend aus den beiden Grundmauern und der da-
zwischen liegenden Betonplatte, wurden die neuen Pfeiler errichtet und so 10 neue
Öffnungen von je 4,95 m Lichtweite geschaffen. In einer Höhe von 0,80 m unter N.W.
im Werkkanal liegen die Unterkanten zweier eisenarmierter Betonwände, welche die
Pfeileröffnungen gegen das Hochwasser abschiiessen und ' die Schiitzenöffnungen bilden
(vergl. Taf. XL, Fig. 1). Die Entfernung dieser armierten Beton wände voneinander
beträgt 2,30 m; die Dicke jeder Wand 0,80 m. Die Schützenöffnungen unter diesen
Betonwänden können durch zwei schmiedeeiserne, viereckige, kastenförmige Schätzen
geschlossen werden, welche sowohl von Hand, als auch auf maschinellem Wege zu be-
wegen sind. Durch diese zwei hintereinander liegende Schützen ist es möglich, den
Druck auf die Vorderfläche dadurch zu verringern, dass man in dem Gefalle zwischen
Ober- und Unterwasser eine Stufe einlegt. Hinter der unteren eisenarmierten Betonwand
ist die Pfeileröffnung auf einer Länge von 6,0 m durch ein Betongewölbe überdeckt,
welches die Bedienungsbrücke trägt. Nach Fertigstellung dieses neuen Teiles der Sperr-
mauer wurde längs der Schleusenmauer auf dem rechten Ufer zunächst eine Betonmasse
von 1,60 m Höhe und 11,0 m Breite gegen die Schleusenmauer gestampft, unter Opfe-
rung von zwei der Schleusenmauer zunächst liegenden, alten Öffnungen (vergl. Taf. XXXIX,
Fig. 1). Durch Schliessung der alten Schützen und durch einen Fangedamm im Unter-
wasser konnte die Baugrube trocken gelegt werden. Alsdann wurde auf der alten
10,0 m tiefen Grundmauer eine 3,50 m breite Betonmauer errichtet und in ihr 6 neue
je 3,50 m breite und 2,85 m hohe Schützenöffnungen ausgespart. An jede dieser Öff-
nungen schliesst sich ein eisenarmierter Betonkanal von 32,50 m Länge an (vergl. Taf. XXXIX.
Fig. 5). Die Länge dieser Kanäle wurde bemessen nach der Länge der zeitweiligen
Dammschüttung vor und hinter der alten Mauer, welche sich inzwischen auch beim
höchsten H.W. als vollkommen undurchlässig, also als ausreichend erwiesen hatte. Zur Her-
stellung dieser Kanäle in einer vollkommen trockenen Baugrube, wurde der Raum a, b, c d
(vergl. Taf. XXXIX, Fig. 6) zwischen je zwei Kanälen in der ganzen Länge und in einer
Höhe von 3,50 m in Beton ausgestampft und die so entstehenden Kasten am unteren
Ende provisorisch abgeschlossen. Nach Fertigstellung der Kanäle wurde der Raum
über ihnen gleichfalls bis zur Höhe von rd. 3,50 m mit Beton ausgefüllt. Zur weiteren
Belastung der Sohle wurde dann diese Betonmasse mit einer Dammschüttung von 9,0 m
Kronenbreite und flach abfallender Böschung beschwert.
Die 6 Öffnungen dieses Teils werden gleichfalls durch viereckige eiserne Schützen
§ 24. Das Wasserkraft-Elektrizitatswbrk Jonage-Cusbet-Lyon. 515
geschlossen, welche sowohl von Hand als auch mittelst einer fahrbaren Dampflokomobile
gehoben und gesenkt werden können, indem im letzteren Falle anstatt durch Handvor-
gelege der Bewegungsmechanismus durch eine Galische Kette von der Lokomobile aus
in Betrieb gesetzt wird (vergl. Taf. LVI, Fig. 4 und 5 und Kap. HI. 3. Schützen).
Für später ist noch eine dritte Art der Hebung auf hydraulischem Wege vorgesehen.
Eine kleine Turbinenanlage mit Druckpumpe, welche das Druckwasser liefert, war schon
bei der alten Sperrmauer neben der Schleuse angelegt und ist erhalten geblieben (vergl.
Taf. XXXIX, Fig. 1).
Nach Fertigstellung auch des zweiten Teiles des neuen Regulierungswerkes wurde die alte
Sperrmauer, soweit sie vor den zuerst beschriebenen 10 neuen Schtttzenftffnungen lag, im Schatze eines
provisorischen Fangedammes abgebrochen. Der vor den sechs am rechten Ufer befindlichen neuen
Öffnungen liegende Teil der alten Sperrmauer ist erhalten geblieben und es sind die alten Pfeiler durch
Betonmauern bis zu dem neuen Bauwerk verlängert, so dass durch Schliessung der alten Schützen und
Einlegung von Dammbalken am unteren Ende der nenen SchützenkanÄle jede Öffnung fttr sich bei
etwaigen Reparaturen trocken gelegt werden kann.
Da der Kanal, wie bereits erwähnt, auch den Schiffahrtszwecken dienen soll, so
musste neben dem Regulierungswerk eine Schleuse angelegt werden.
Das Normalprofil der Schleusen an der oberen Rhone zeigt eine Nutziange zwischen den Toren
von 160,0 m und eine lichte Weite von 16,0 m und bietet einem Schleppzuge von sechs K&hnen zu je
40,0 m Lftnge und einem Boot von einigen 20,0 m Länge Aufnahme. Da im allgemeinen die Tendenz
an der oberen Rhone mit Rücksicht auf die schwankenden Wassertiefen dahingeht, die langen Kähne
durch kürzere zu ersetzen, so war in der Eonzession fttr die Schleuse nur eine Natzlänge von 105,0 m
und eine Weite von 16,0 m vorgeschrieben. Die Lage der Schleuse ist so, dass das Regulierungswerk
sich an das Oberhaupt anschliesst. Die ganze Schleuse liegt auf einer zusammenhängenden Betonplat£e
von durchschnittlich 3,0 m Dicke. Am Oberhaupt ist die Betonplatte durch tieferen Aushub auf 4,0 m
verstärkt. Die Seitenwände der Schleuse sind gleichfalls in Beton ausgeführt und mit Hausteinen ver-
blendet. Die Schützen zur Füllung und Leerung der Turbinen sind als Zylinderschützen nach dem
Typ Fontaine ausgebildet, ähnlich denjenigen, welche in den Turbinenkammern des Krafthauses ver-
wendet sind.
In den beiderseitigen Schleusenmauern gehen Kanäle entlang, aus welchen mittelst Seiten-
öffnungen das: Wasser in die Schleusenkammer ein- und bei der Entleerung austreten kann. Die Bau-
grube der Schleusen wurde mittelst Exkavatoren bei einer durchschnittlichen Wassertiefe von 8,5 m
ausgehoben. Die natürlichen Böschungen stellten sich auf 1 : 2 ein» Der Beton ist mit Trichtern bis
zu einer Hübe geschüttet, über welcher die Wassertiefe höchstens 1,5 m betrug. Die oberste Lage des
Betons ist dann ohne Trichter mit gleitender Böschung geschüttet. Hierbei wurde der Beton auf das
obere, über Wasser befindliche Plateau der bereits geschütteten Böschung in Lagen von 10 cm Höhe
und 50 cm Breite aufgebracht und mit Stampfen heruntergestampft, so dass der neuaufgebrachte Beton
in die alte Böschung hineingestossen wurde. Auf diese Weise schritt die Böschung allmählich vor;
Bedingung war hierbei, dass die Arbeit nicht unterbrochen wurde, damit die Vorderböschung nicht
abband und fest wurde.
Die Stemmtore der Schleusen sind aus Stahl hergestellt. Die beiden Flügel bilden einen Winkel
von 143° 12' 58". Jeder Flügel ist 8,50 m breit, 9,05 m hoch, 0,56 m dick. Der untere Teil jedes Tor-
flügels von 5,95 m Höhe bildet einen dicht geschlossenen mit Luft gefüllten Kasten, um das Gewicht
der Flügel beim Öffnen und Schliessen durch den Auftrieb zu verringern. Am freien Ende jedes Tor-
flügels ist ein vertikaler Holzbalken befestigt. Diese beiden Holzbalken, iu dem sie sich gegeneinander
stemmen, bilden den Schluss des Tores. Die Bewegung der Tore geschieht von Hand durch ein Vor-
gelege, welches auf eine kreisbogenförmige, horizontale Zahnstange wirkt.
Bei Km 8,600, wo der Kanal sich auf 400,0 m der Rhone nähert, ist ein Über-
lauf angelegt, um das Wasser, welches durch das Versagen der Regulierungsschützen
etwa zuviel in den unteren Teil des Kanales bei H.W. gelangen könnte, in die Rhone
zurückzuführen. Es ist angenommen, dass fünf Öffnungen des Regulierungswerkes aus
irgend welchen Ursachen beim höchsten H.W. nicht mehr geschlossen werden könnten,
und man hat berechnet, dass durch diese fünf Öffnungen 694 cbm/sek. hindurch können.
Der Überlauf ist so berechnet, dass 520 cbm/sek. bei einer durchschnittlichen Überfall-
38*
IL Theodor Koehn. Ausbau ton Wasserkräften. Bkibpirle.
höhe von 1,50 m
überfallen kön-
nen, sodass noch
174 cbm/sek. in
unteren Teile des
Kanäle» rerblei-
ben. Diese Was-
sermenge kann im
Kanal ohne Scha-
den abgeführt
werden, u-die Dif-
ferenz zwischen
ihr nnd dem Kon-
sum der Turbinen
kann, soweit sie
nicht in dem
^ Staubecken Auf-
f nähme findet,
— durch die neben
" dem Krafthao»
*■ liegendenDoppel-
Sr schleusen leicht
~ u. unschädlich ab-
8 gelassen werden-
? Der Überlauf ist
§■ durch fünf halb-
5> kreisförmigeMan-
T ern gebildet, mit
pq einem Dm. von
? 20,0 m (»ergl.T»/
ä XU,Fig.l,2ond
3 und Abb. 113)
Die natzbare
Überfallänge be-
tragt ungefähr
160,0 m. Die An-
ordnung der halb-
kreisförmigen
Überlaufe hatden
Vorzug, die ge-
samte Baulänge
des Werkes zu
verringern gegen-
über einem ge-
radlinigen TOD
gleicherLanged«
Überlaufs. Die
Oberkante des
§ 24. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Joxage-Cusset-Lyon. 517
Überlaufs liegt 1,50 m unter der Krone des Treidelweges. Bei einem Wasserspiegel-
gefalle von 0,176 %o im Kanal und einer Füllung bis 1,50 m über der Schwelle des
Überlaufs würde sich im Kanal kurz vor dem Überlauf ein wasserberührter Querschnitt
von 453,66 qm und eine Geschwindigkeit von 1,53 m/sek. ergeben. Bei Annahme einer
Höhe des Überfallstrahls von 1,50 m ergibt sich ein Wasserquerschnitt von 240,09 m
und eine mittlere Geschwindigkeit des Wassers in diesem vollen Querschnitt von
2,166 m/sek., wenn man in der Formel f/s p bh V2gh den Beiwert */' h zu rd. 0,4 an-
nimmt. Um den Schlag des Wassers zu mildern, ist der Überlauf in zwei Stufen zerlegt
und auf dem Boden jeder Stufe sind Wasserpolster gebildet und zwar das obere von
0,30 m Höhe, das untere von 0,40 m Höhe. Die halbkreisförmigen Mauern des Überlaufes
stützen sich auf starke Widerlager in Beton, welche ihrerseits als Pfeiler eine steinerne
Bogenbrücke zur Überführung des Treidelweges tragen. In der Mittellinie jedes kreis-
förmigen Überlaufs ist hoch einmal ein Brückenpfeiler aufgestellt, um die Spannweite der
Brückenbögen zu verringern. Im Inneren des Kanales setzt sich längs des Überfalles die
profilmässige Böschung fort, ist aber daselbst, um Unterspülungen zu verhindern, mit einer
Betonverkleidung versehen. Die Sohle des Überlaufkanales ist auf 30,0 m unterhalb
des Überlaufbauwerkes mit Steinpflasterung sorgfältig befestigt. Der Überlauf kanal hat
eine Sohlenbreite von ungefähr 180,0 m und wird durch zwei Dämme eingefasst, welche
von dem Hauptdamm des Kanals ausgehen, und von denen der aufwärts gelegene eine
Kronenbreite von 3,0 m, der nach Lyon zu gelegene eine solche von 5,0 m hat. Das
Mauerwerk des Überlaufes ist zum Teil auf Pfahlrost, zum Teil auf Betonfundamenten
ohne Rost errichtet. An den beiden Enden des Bauwerks stützen sich die bogenförmigen
Mauern des Überlaufs auf die parallel zur Achse des Dammes laufenden Flügelmauern
des Endpfeilers, welche sich nach innen und aussen als gekrümmte Leitmauern fort-
setzen, um das Wasser des Werkkanals ohne Wirbel an den Überlauf heran und das
Überlaufwasser unterhalb in das Normalprofil des Überlaufkanals überzuführen.
Das Krafthaus enthält eine grosse Halle von 152,40 m Länge und 12,0 m Breite,
in welcher 19 Turbo-Generatoren und zwar 8 von je 1250 PS«, 8 andere von je 1350
PS« und 3 von je 250 PS« aufgestellt sind (vergl. Taf. XL, Fig. 2, 3 und 4). Alle
Turbinen haben stehende Wellen, an deren oberen Enden die elektrischen Generatoren
sitzen. Die drei kleinen Turbinen dienen zum Antrieb der Erregermaschinen. In der
Mitte des Maschinensaales ist durch einen erkerförmigen Vorbau der Platz für die Unter-
bringung der Schaltanlage geschaffen. Da am Krafthause eine Druckdifferenz von 14,00 m
zwischen dem höchsten H.W. im Oberwasserkanal und dem niedrigsten N.W. im Unter-
wasserkanal vorkommen kann und die Wassertiefe im Unterwasserkanal immer noch 1,80 m
beträgt, so ergab sich eine Höhendifferenz zwischen dem höchsten H.W. im Oberwasser
und der Sohle des Unterwasserkanals von nicht weniger als 15,8 m. Es wurde notwendig,
die Fundamente des Krafthauses bis zu 12,0 bis 13,0 m unter das natürliche Terrain her-
unterzutreiben, um den nötigen Schutz gegen Unterspülungen zu gewährleisten.
Durch Bohrlöcher, welche 15,0 m tief unter das Terrain heruntergetrieben waren, glaubte man
festgestellt zu haben, dass nach Durchdringung des Mutterbodens und einer oberen Schicht von Mergel
nur noch Sand und Kies folgten, und durch Pumpversuche an einem Brunnen hatte man sich überzeugt,
dass es nicht möglich war, die gesamte Baugrube des Erafthauses mittelst Pumpen wasserfrei zu halten.
Man entschloss sich deshalb, mittelst Bagger und Exkavatoren die Baugrube in einer zusammenhangen-
den Flache auszuheben und die Betonplatte des Maschinenhauses selbst in fliegenden Caissons mit Hilfe
von komprimierter Luft zu stampfen. Da es wegen der sonst erforderlichen längeren Bauzeit nicht mög-
lich war, mit der Betonierung erst zu beginnen, nachdenudie Baugrube ganz fertig ausgebaggert war, viel-
mehr zum Teil gleichzeitig betoniert und gebaggert werden musste, so war darauf zu rechnen, dass sich
auf die einzelnen Lagen des Betons, sofern man sie mittelst Trichtern hatte schatten wollen, Schlamm
518
IL Theodor Kobrk. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
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und Sand gelagert hätte, deren Beseitigung jedenfalls sehr schwierig und unzuverlässig gewesen vir«.
Wasseradern aber durch die Betonsohle des Krafthauses hindurch mussten auf alle Falle vermieden
werden. Es wurde deshalb die Betonschttttang in fliegenden Caissons unter 2 Atm. Luftdruck ausgeführt
Später stellte sich heraus, dsas ca. 5,0—6,0 m unter der beabsichtigten Betonsohle eine mäch-
tige 8chicht Ton wasserundurchlässigem blauen Mergel anstand. Hätte man das durch tiefere Bohrunges
Ton vornherein festgestellt, so hätte man sich durch Heruntertreiben der Pfeiler bis in den Mergel und
durch Versenkung einer Quermsuer vor den Pfeilern bis zu derselben Tiefe die ganzen Fandienugs*
srbeiten erleichtern und verbilligen können bei Erreichung einer absoluten Sicherheit gegen Unterspoleag.
Jeder der erwähnten fliegenden Caissons war 20,0 m laug, 4,0 m breit, 4,75 m hoch, und
aus genietetem Schmiedeeisen hergestellt. Wegen der Notwendigkeit, einen luftdichten Verschluss sa
erzielen, mussten die lSiet-
Abb. 114. 8chflttung der Betonsohle des Krafthauses mittelst fliegender locher besonders sorgfältig ge-
Pressluft-Csissons. bohrf werdeB ond die s*^
der Bleche wurden durch
zwischengelegte Pappetreifeo
gedichtet Die Decke war
durch genietete Träger tob
0,45 m Höhe versteift und
zwischen denselben war eis
Betonschlag eingebracht, um
die Decke zu dichten. Zu
beiden Seiten der Baugrube
war längs derselben eine Ar-
beitsbrflcke auf Pfählen errichtet, auf welcher der den Caisson tragende fahrbare Kran lief. Der
Caisson hing an Schraubenspindeln und konnte mittelst derselben beliebig gehoben und gesenkt werden.
Abb. 114 zeigt die einzelnen Lsgen der Betonschflttung, welche jedesmal 50 cm hoch gemacht wurden,
und zwar reichte jede Lage Aber die ganze Breite des Fundamentes und der Caisson rückte in der
Richtung der Achse des Maschinenhauses vor. Bei den oberen Lagen wurde der Caisson so aufgestellt
dass er mit seiner Mittelachse Aber der dreieckigen Aussparung der unteren Lage zu stehen kam. Es
wurde dann diese dreieckige Rinne an den Enden durch Beton geschlossen, ausgeschöpft und gereinigt
und sodann zunächst mit Beton ausgefüllt Der Schlamm und Sand, der sich auf die fertige Schicht
inzwischen gelegt hatte, wurde entweder mit den Materialkörben nach oben durchgeschleust oder durch
Ejektoren mittelst komprimierter Luft nach aussen in einen Prahm befördert Anfangs trieb man diese
zusammengebrachten Schlamm- und Sandmassen derartig aus dem Caisson heraus, dass man die Schneide
desselben mit einem Kranz von Betonmaterial umgab und nur eine einzige Stelle nach dem Wasser zu
frei liess. Durch diese wurde dann durch den Luftdruck Sand und Schlamm herausbefördert Diese
Art vorzugehen hatte aber den Nachteil, dass die herausbeförderten Massen sich zum Teil wieder ssf
die nächsten Fundamentteile legten und dann noch einmal bewegt werden mussten. Die Arbeit der
Beseitigung des Schlammes ist sehr zeitraubend gewesen und hat die Fertigstellung des Fundamentes
um mehr als zwei Monate verzögert
Nach Fertigstellung der eigentlichen Betonsohle wurde die kanalaufwärts gelegene
Böschung der Baugrube bis über den Grundwasserspiegel, d. h. bis zur Höhenkote
+ 168,00 mit einer Betonlage von 1,0 bis 1,5 m Starke mittelst Rutschrinnen ge-
schüttet (vergl. Tai. XL, Fig. 4). Diese Bekleidung der Böschung sollte zu gleicher Zeit
als Fangedamm dienen, um von oben her den Wasserandrang abzuschliessen. Alsdann
wurden die Trennungsmauern der Turbinenkanäle gleichfalls mit Hilfe von fliegenden
Caissons bis 0,30 m über den Grundwasserspiegel aufgeführt. Erstere sind, soweit sie
für die Hauptturbinen dienen, von Achse zu Achse 8,0 m, soweit sie für die drei kleinen
Turbinen dienen, 5,33 m entfernt. Sie haben an der Grundfläche eine Breite von 3,50 m
und ziehen sich auf einer Höhe von 4,0 m um 1,0 m zusammen. Der obere 4,0 m höbe
Teil dieser Trennmauern behält dann eine Breite von 2,30 m.
Die Pfeilerköpfe sind im Unterwasserkanal mit einem Anschlag versehen zur Auf-
nahme von kastenförmigen, eisernen Pontons, mit Hilfe deren man jeden Turbinenkanal
abschliessen kann. Der Anschluss der Trennmauern an die vorerwähnte Betonschüttung
§ 24. Das Wabserkbaft-Elbktbizitatswerk Jonage-Cusset-Lyon. 519
auf der kanalaufwärts gelegenen Baugruben-Böschung wurde durch Betonschüttung er-
zielt, welche man zwischen Holzverschalung ausführte. Letztere war mit Hilfe von in
den Beton eingelassenen vertikalen Trägern unschwer herzustellen.
Die aufwärts gelegene Mauer des Kraftwerkes, welche zugleich die Begrenzung
der Turbinenkammern bildet, hat unten eine Breite von 6,0 m, in der Höhe des Bodens
der Turbinenkammern von 4,0 m, springt dann in zwei Absätzen im Innern des
Maschinensaals noch weiter zurück und hat am oberen Ende in der Höhe der Decke
der Turbinenkammern noch eine Breite von 2,40 m. Sowohl diese Mauer, als auch die
vorhin erwähnten Trennmauern der Turbinenkanäle sind aus Bruchsteinmauerwerk in
hydraulischem Kalk ausgeführt. Die Mauer des Krafthauses ist nach den Kammern zu
gewölbt, entsprechend der Rundung der Glockenschützen (g). Nach Fertigstellung der
Mauer wurden nunmehr das Fundament der Turbinenkammern und auf diesem die
Pfeiler errichtet, welche die Turbinenkammern voneinander trennen. Letztere haben
eine Länge von 12,75 m. Um an Material zu sparen, wurde in dem Fundament der
Turbinenkammern eine rd. 4,0 m breite und ca. 4,50 m hohe Öffnung ausgespart,
welche man mit grossen Steinen füllte. Der so entstandene mächtige Drainkanal ist
durch kleine Röhren nach dem Unterwasser entwässert.
Der Boden der Kammern liegt 1,75 m über der Sohlendes Werkkanals, sodass
Geschiebe und abgelagerte Sinkstoffe so leicht nicht in die Kammern hineingeführt
werden können, zumal sich die Sohle des Werkkanals vor den Turbinenkammern auf
144,0 m verbreitert und die Wassertiefe sich bei N.W. auf rd. 5,90 m erhöht, sodass
die Geschwindigkeit des ankommenden Wassers sehr klein wird.
Die Pfeiler der Turbinenkammern sind am vorderen Ende durch eine 1,20 m
breite gewölbte Betonbrücke miteinander verbunden, um überall die Zugänglichkeit für
das Personal zu ermöglichen. Jede Kammer kann durch Dammbalken abgeschlossen und
für den Fall einer Reparatur trocken gelegt werden. Innerhalb der Kammern ist ein
Rechen mit 30 mm lichter Weite zwischen den Stäben in üblicher Weise aufgestellt.
Die Kammern sind mit Bohlen abgedeckt. Die Bogenöffnungen der vorhin erwähnten
Bogenbrücke zwischen den einzelnen Pfeilern können bis auf N.W. durch Holztafeln gegen
das Oberwasser abgeschlossen werden, um die Eisbildung an den oberen Teilen des
Rechens nach Möglichkeit zu verhüten. Nötigenfalls können die Kammern mit Dampf
geheizt werden. Das Abheben und Einsetzen der erwähnten Holztafeln erfolgt mittelst
eines Schwimmkrans. Ebenso erfolgt die Heizung, welche natürlich nur ganz ausnahms-
weise in Betrieb gesetzt wird, von einem auf einem Prahm montierten Kessel aus.
Im Boden jeder Vorkammer befindet sich eine 3,0 m weite kreisrunde Öffnung,
welche durch eine der schon erwähnten Glockenschützen (g) geschlossen werden kann.
Jede Sehfitze besteht aas einem gusseisernen festen Deckel und einer beweglichen Trommel.
Der kalottenftrmige Deckel ist durch 12 Stehbolzen auf dem Sitzring verankert. Letzterer ruht auf
dem Beton und ist mit diesem durch Anker fest in Verbindung gebracht (vergL Tal LVH, .Fig. 1—5 und
Kap. III, 8. Schützen). Auf der später noch zu erwähnenden Bedienungsbrucke im Maschinensaale be-
findet sich die Windevorrichtung (Abb. 115), deren Zug an das Gegengewicht angreift. Mittelst eines
Handvorgeleges kann jede Trommel leicht und schnell gehoben werden.
Die oben erwähnten Trennmauern zwischen den Turbinenkanälen sind bis zum
Flur des Krafthauses heraufgeführt. Durch Zwischendecken sind noch zwei Etagen unter
dem Mäschinenflur gebildet. Die untere Etage trägt die Turbinenkessel (b) und die obere
enthält die Regulierungsvorrichtung der Turbinen, sowie die Ölpumpen. In Höhe der
untersten Etage ist auf den Pfeilerköpfen der Trennmauern eine Laufbrücke angelegt,
auf welcher man um das ganze Maschinenhaus bei N.W. herumgehen kann.
520 II. Theodor Roehn. Aosbau von Wasbkkkrafte». Beispiele.
In der Decke der zweiten Etage and in derjenigen de« Maschinenflurs sind kreis-
runde Öffnungen angeordnet, damit alle Turbinenteile mit dem Kran nach oben herauf-
geholt werden können. Alle Deckengewölbe sind ans Zementbeton hergestellt
Die Maschinenhalle hat bis Dachbinderunterkante eine Hohe von 9,60 m und ist
in ihrer ganzen Länge durch einen Laufkran von 20 t Tragfähigkeit bestrichen (Abb. 115).
Der mittlere Teil ist in einer Lange von 31,25 m durch den schon erwähnten erkerartigen
§ 24. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Jonage-Ctjsset-Lyon. 521
Vorban auf 13,55 m resp. 14,0 m Breite erweitert, um Platz für die Schaltanlage zu schaffen,
sodass hier in zwei Etagen ca. 126 qm Grundfläche zur Verfügung stehen. Am linken
Ende des Maschinensaals befindet sich eine Eingangshalle von ca. 4,0 m Länge in der
Achse der Halle gemessen und über derselben etwa in halber Höhe der Maschinenhalle
auf gewölbter Decke nochmals ein Saum für die Schaltanlage der Fernleitungen. Hier-
durch wird die Grundfläche für die Schaltanlagen noch um ca. 37,0 qm vergrössert, so-
dass für je 100 installierte Nutz-PS« ca. 0,8 qm zur Verfügung stehen. Für die Kabel,
welche von den Maschinen zum Schaltbrett führen, sind in dem Betongewölbe des
Maschinenflurs 0,87 m breite und 0,30 m tiefe Kabelkanäle ausgeführt, welche mit
Riffelplatten abgedeckt sind.
Die Bedachung des Mittelbaues ist derart ausgeführt, dass auf den Obergurten
der parabolischen Dachbinder, welche 2,70 m von Achse zu Achse voneinander entfernt
sind, n-förmig gerippte Platten aus armiertem Beton liegen. Auf diesen sind dann die
Asphaltschichten und der Eies des Holzzementdaches aufgebracht. Auf den Untergurten
der Binder liegen flachbogenförmig gewölbte Zementplatten mit Stehrippen, um das
Herunterfallen von Wassertropfen, welche sich an der flachen oberen Dachfläche leicht
bilden können, zu verhindern. Die Flügelbauten haben gewöhnliche Polonceau-Dach-
binder mit Ziegeleindeckung auf Holzverschalung (vergl. Taf. XL, Fig. 3 u. 4). Werkstätten,
Lagerräume und Bureaux sind in besonderen Gebäuden untergebracht (vergl. Abb. 116).
Am rechten Ufer schliesst das Erafthaus direkt an die Mauer der gekuppeltem Schleuse
an , welche für die Schiffahrt das Oberwasser mit dem Unterwasser verbindet. Am
linken Ufer greift die vordere Mauer des Erafthauses tief in das natürliche Terrain
ein. Ihr Fundament ist gegen das Ende allmählich abgetreppt.
Aufwärts der Turbinenkammern waren die Sohle und die Ufer des Kanals ursprünglich auf 500,0 m
Lange in besonderer Weise befestigt und gedichtet und zwar bestand die Sohlenbefestigung auf den
ersten 10,0 m aus einer Betonlage von 0,40—0,25 m Stärke, auf den folgenden 40,0 m von 0,2 m und
auf den letzten 450,0 m von 0,1 m Stärke. Um die Dichtigkeit zu erhöhen, hatte man auf den ersten
50,0 m den Beton mit einer Asphaltschicht von 15 mm Stärke und auf der restierenden Länge bis
500,0 m mit einer dünneren Schicht desselben Materials überzogen und über dem Asphalt eine Kiee-
schicht von ca. 0,20 m gelegt. Am £nde dieser Sohlenbefestigung war noch eine 2,0 m breite, ca.
1,90 m tiefe Grundmauer aus Beton quer Über den Kanal hergestellt. Die Ufer waren gleichfalls mit
einer durchschnittlich 0,2 m starken Bekleidung aus Beton, welche treppenförmig auf der Böschung
aufruhte, gedichtet.
Es zeigte sich aber bei der ersten Füllung des Kanals im Jahre 1897, dass diese Sicherung nicht
die Bildung starker Quellen abwärts des Krafthauses verhindert hatte, aus denen Sand iu erheb-
licher Menge hervorquoll. Man hat deshalb nachträglich 4,8 m hinter den äussersten Vorsprüngen der
Pfeiler des Krafthauses mittelst pneumatischer Fundierung noch eine 4,0 m breite Grundmauer quer über
den Unterwasserkanal 6,50 m tief unter die alte Fundamentsohle heruntergetrieben. Da diese Grund-
mauer in die schon erwähnte starke Schicht blauen Mergels hineingriff, so konnte man nunmehr auf
absolute Wasserundurcblässigkeit rechnen und es haben sich auch später keinerlei Undichtigkeiten mehr
herausgestellt. Diese Grundmauer ruht auf 11 Caissons, von denen sieben parallel zur Achse des
Maschinenhauses versenkt sind, einer längs der Mauer der Schleuse, einer als Verankerung mit dem
Ufer wiederum parallel mit dem Maschinenhause und zwei am linken Ufer lotrecht zu der Hauptgrund-
mauer. Jeder Caisson war 19,9 m lang und 4,0 m breit und hatte unten einen freien Arbeitsraum von
2,0 m Hohe. Die Caissons wurden zwischen zwei Pontons an Holzgerüsten aufgehängt und allmählich
mittelst komprimierter Luft heruntergetrieben. Nach Versenkung zweier benachbarter Caissons wurde
der Spielraum zwischen ihnen in sorgfaltigster Weise von Boden gereinigt und dann mit Beton ausge-
gossen. Um den dichten Anschlnss dieser Grundmauer mit der alten Betonsohle des Krafthauses zu
erzielen, musste zu dem Mittel der fliegenden Caissons mit komprimierter Luft gegriffen werden, da
man, nachdem sich einmal Quellen unter der Sohle gebildet hatten, durch Auspumpen der Baugrube den
Zustand nicht verschlimmern durfte.
Oberhalb des Krafthauses in der Sohle des Kanals zeigten sich nach der Füllung besonders auf
IL Theodor Koehn. Ausbau ton Wasserkräften. Beispiele.
dar ersten Htradke
kämmen einige S»»
knngen , weil biet
der Beton auf Äuf-
tragboden geruht
hatte. Mui bat des-
halb die BetoosohJf .
soweit m nötig war.
den Auftrngboden
mittelst Kxkavato-
ren herausgeholt nnd
auf dem natürlichen
Terrain ein« 0,5 m
starke Betonschicht
aufgebracht. Di«*e
ist dann mit «inei
^ Aspfaaltadiieht be-
P* legt nnd die so
£ entstandene Sohleii-
vertiefung ist mit
> Eies und Sand au-v
8. gefüllt, um die pro-
&■ filtnassige Sohle
o. wieder herzasteilen.
* Den Rest der alten
E? Sohlenbefestigung
{5 konnte man lassen.
g hat sie aber noch
£ durchweg nm ein«
„, Betonschicht nn
| 0,15 m verstärkt.
c Zu erwähnen
? ist noch, dass
jj über den Kanal
I sieben Brücken
» führen , «eiche
~ zum grössten Teil
3 in Eisen, z. T.
g aber auch in ar-
miertem Zement-
beton hergestellt
sind.
Die neben
dem Krafthanse
liegende Doppel-
schleuse ist in
ähnlicher Weise
hergestel It wie die
Schleuse neben
demRegolierwerk
und bietet an sich
nichtsbesonderes-
§ 24. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Jonage-Cusset-Lyox. 523
Die ersten acht grossen Turbinen8) und die Erregerturbinen sind als konische
Reaktionsturbinen gebaut. Die grossen Turbinen leisten je 1250 PS« bei 120 Uml./Min.
Ihr Wasserverbrauch beträgt bei 12,0 m Gefalle 10500 1 und bei 10,10 m Gefälle 12500 1
(vergl. Taf. LXVI und Kap. HL 5. Turbinen). Die Erregerturbinen (250 PS«) verbrauchen
bei 12,0 m Gefälle und voller Belastung 2200 1, bei 10,10 m Gefälle 2500 1 Wasser bei
250 UmL/Min. Sie haben nur zwei Schaufelradkränze, anstatt 3 wie bei den grossen
Turbinen.
Bei allen Turbinen tritt das Wasser durch den Druckkanal in einen gusseisernen Kessel (b),
-welcher auf einem Betongewölbe aufruht. Auf dem Sitzring dieses Kessels sind auch die Leitschaufel-
kränze befestigt und auf den Leitschaufeln sitzt das untere Ffihrungslager der Welle, welches mit
Pockhols ausgefüttert ist Am unteren Ende der letzteren ist das dreikränzige Laufrad festgekeilt,
dessen oberer Kranz 20, dessen mittlerer 26, dessen unterer 82 Schaufeln besitzt. Das Laufrad wird
von aussen beaufschlagt und giesst nach innen und unten aus und zwar in ein Saugrohr, welches
mit dem Sitzring des Turbinenkessels verbolzt ist. Unterhalb des gewölbten Deckels des Kessels
ist eine Zylinderflache ausgebildet, in welcher sich ein auf der Welle befestigter Entlastungskolben
bewegt Der gewölbte Raum des Kessels über diesem Kolben ist durch ein Rohr mit dem Saug-
rohr der Turbine verbunden, sodass die ganze Druckdifferenz der Wasserspiegel auf den erwähnten
Entlastungskolben wirken kann und dadurch das Gewicht der Welle mit allem, was auf ihr lastet, zum
grössten Teil ausbalanciert wird. Um diese Ausbalancierung nach oben beschränken zu können, ist in
dem vorerwähnten Verbindungsrohr eine Drosselklappe eingelegt, welche von dem Flur des Maschinen-
hauses aus bedient werden kann. Auf einer ringförmigen Ausbauchung des Deckels ist ein Luftventil
angebracht, durch welches selbstwirkend bei Entleerung des Kessels Luft eintreten und aus welchem
die Luft entweichen kann, wenn der Kessel sich füllt Ist der Kessel gefallt, so schliesst sich dieses
Ventil selbstwirkend durch den Stoss des Wassers.
Die Turbinenwelle hat eine Gesamtlänge von 9,3 m und ist in zwei Teile geteilt, von denen
das untere Ende mit 6,1 m Länge das Laufrad der Turbine , das andere von 3,2 m Länge die Dynamo-
maschine (a) trägt. Beide Teile sind durch Scheibenkuppelung miteinander verbunden. Der Durchmesser
der Stahlwelle beträgt 0,24 m. Ausser durch das erwähnte Pockholzlager, welches sich in dem Tur-
binenkessel befindet, ist die Welle noch zweimal geführt und zwar einmal durch ein Bronzelager,
welches an dem Ankergestell der Dynamomaschine und dann durch ein Führungslager, welches an
dem Deckel des Turbinenkessels befestigt ist Oberhalb dieses letztgenannten Führungslagers befindet
sich ein Ringspurlager, in welchem zwei Stahlringe aufeinander gleiten. Das Ringspurlager ist an dioscr
Stelle unter dauerndem Öldruck. Das Öl wird durch kleine schlangenformige Wasserröhren gekühlt. Um
die Ringe des Spurlagers auswechseln und um auch jederzeit die richtige Höhe der Welle regulieren zu
kOnnen, ist gleich oberhalb des Ringspurlagers ein Schraubengewinde in die Welle eingeschnitten. Wenn
der bewegliche Teil des Ringspurlagers festgestellt wird, kann man durch Drehung der Welle diese
heben und senken.
Die Leitschaufeln sind durch Ringschieber verschliessbar, welche sich im vertikalen Sinne be-
wegen lassen. Die Schieber des unteren und des mittleren Leitschaufelkranzes werden gleichzeitig durch
zweimal drei Zugstangen bewegt und zwar derart, dass bei Schliessung der Schieber des unteren Leit-
kranzes sich senkt und derjenige des mittleren sich hebt Je zwei Zugstangen greifen an verschiedenen
Seiten eines Zahnrades an und werden daher bei Rotation desselben in verschiedenem Sinne bewegt.
Bei hohem Gefälle bleibt der obere Ring ganz geschlossen. Soll er bei geringem Gefälle mit zur Regu-
lierung benutzt werden, so wird er durch ein gezahntes Segment, in welches ein auf einer Welle 1"
sitzendes Zahnrad eingreift, zunächst soweit gedreht, bis drei Greifer die drei Regulierungsstangen
des unteren Schiebers gefasst haben. Durch diese Greifer wird der Schieber alsdann gezwungen, den
Bewegungen der Regulierungsstangen zu folgen. Das vorerwähnte Zahnrad, welches die Drehbewegung
des oberen Schiebers veranlasst, wird durch ein Handvorgelege R' in Bewegung gesetzt. Die Be-
wegung der Regulierungsstangen kann von Hand oder selbstwirkend durch den Servomotor veranlasst
werden. Ein auf einer vertikalen Welle A' sitzender Balancier bewegt mittelst 2 Druckstangen b' ein auf
der Turbinenwelle lose sitzendes horizontales Rad mit drei Zahnsegmenten. Letztere greifen in drei
auf horizontalen Wellen sitzende Winkelräder ein und können dieselben in dem einen oder anderen
Sinne drehen. Durch diese Drehung werden drei an den Enden der erwähnten horizontalen Wellen
3) Geliefert von der A.-G. der Maschinenfabriken von Escher, Wyss & Co. in Zürich.
524 IL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
sitzende Zahnräder gedreht and durch diese drei Regalierangsstsngen t, t' gehoben, heuehaogswei
Die Betätigung der Tertikaien Welle, aof welcher der erwähnte Balancier sitzt, erfolgt in dar Reg*)
dorch einen Ölaervomotor, welcher sich auf dem Maaehinenflar befindet. An diesem Serrem
auch die Handreguliernng angebracht Der Servomotor besteht ans einem Zylinder, dessen Kolben
Pressbi eine volle Scheibenfläche auf der einen Seite und eine Ringfläche aof der anderen bietet. Die
Ringfläche steht dauernd mit dem Windkessel der Drockölleitnng in Verbindung, während die aus
Seite des Zylinders entweder durch eine Leitung mit dem ölresenroir verbanden ist — in welche»
Druck oi zurückfliegst, um von nenem durch die ölpumpen aufgenommen zu werden — oder im
Gleichgewichtslage voll von öl ohne Druck und von der letzterwähnten Leitung abgeschlossen
Durch Betätigung eines Ventils kann aber der Baum vor der Scheibenfläche des Kolbens gleich feile
mit dem Drucköl in Verbindung gesetzt werden und es bewegt sich dann der Kolben nach der ent-
gegengesetzten Seite und Öffnet die Schieber. Die Betätigung dieses erwähnten Ventils erfolgt
einen Fliehkraftregler. Die Gleichgewichtslage des Kolbens entspricht der normalen Tonrensnhl
Turbinen. Wenn die Tourenzahl abnimmt, geht der Druck der Feder des Fliehkraftreglers nnf
Hebel L— L' (vergl. Tat LXVI, Fig. 5), dessen Drehpunkt bei o liegt, zurück. L senkt sieh also
das ölventü läset Drucköl vor die Scheibenfläche des Kolbens, wodurch die Schieber des
weiter geöffnet werden. Diese Bewegung wird aber begrenzt durch einen Keil i, auf dessen Käufliche
das eine Ende des Hebels 1—1' mittelst einer Rolle gleitet. Hierdurch wird der Drehpunkt o den
Hebels L — L' selbst etwas gesenkt und das Drucköl ventil schliesst sich wieder und öffnet gleichzeitig
die Verbindung mit dem Ölreservoir. Mittelst eines Handrades T kann die Stellung des Drehpunkte« e
des Hebels L— L' reguliert werden. Der erwähnte Kolben wirkt durch seine Pleuelstange auf einen
einarmigen Hebel (vergl. Taf. LXVI, Fig. 1 und 6), der mittelst der Welle A" und der Schubstangs b"
seine Bewegung auf die vorhin erwähnten Balancierwelle A' überträgt. Mittelst Handrad und Schraahea-
spindel kann man auf denselben Hebelarm einwirken, welchen bei selbstwirkender Regulierung
Servomotor bewegt.
Abgesehen von dem Servomotor selbst, sind die ganzen Vorrichtungen zur Turbinenreguli
in der Etage unter dem Maschinenflur untergebracht Die Regulierräume der einzelnen Turbinen
durch Öffnungen in den Wänden miteinander verbunden, so dass ein Mann eine ganze Reihe Turbinen
bedienen kann. Die Umdrehung der Turbinenwellen wird durch Riemen auf den Fliehkraftregler über-
tragen. Dieselbe Welle, welche den Fliehkraftregler trägt, setzt auch die ölpumpe in Bewegung.
Die 8 letzten grossen Turbinen4) sind als Francis-Reaktionsturbinen mit 2 Lauf-
rädern und beweglichen Fink sehen Regaliernngsschaufeln gebaut.
Jede Turbine hat zwei Laufkränze , von denen der obere axial nach unten , der untere axial
nach oben ausgiesst. Die Beaufschlagung erfolgt bei beiden radial von aussen. Auch bei diesen Turbinen
findet eine hydraulische Entlastung des Gewichtes der Welle statt Die Tourenzahl ist gleichfalls
120 i. d. M., die effektive Leistung bei voller Belastung ist 1350 PS« bis 1500 PS«. Sie sind konstruiert
für Gefälle zwischen 8,0—10,0 m und schlucken bei 8,0 m 17200 1/sek., bei 10,0 m 15000 1/sek. Die
Regulierung erfolgt gleichfalls durch einen Pressöl-Servomotor, welcher durch Vermittelang eines Flieh-
kraftreglers betätigt ist, nur dass hierbei durch Wellen und Zahnräder die horizontalen Ringe gedreht
werden, mit denen alle Leitschaufeln je eines Kranzes durch Gelenkbolzen verbunden sind. Durch
Drehung der Ringe werden also alle Leitschaufeln gleichzeitig mehr oder weniger geöffnet und geschlossen.
Die Dreipliasendrehstromgeneratoren 5) haben festen Anker von 5,82 m äusserem
Dm. und bewegliches Magnetrad. Um Ventilation zn erzielen, ist die Fläche des Anker-
ringes durchbrochen. Der Ring ruht mittelst einzelner Füsse auf dem Beton und ist
dort verankert. Radiale Querstege verbinden den Ankerring mit dem Fühnmgslnger
der Dynamowelle. Jede grosse Dreiphasendrehstrommaschine kann 900' — 1100 KW. leisten
bei cos <jp = 1. Der Nutzeffekt beträgt 95,2 °/o bei cos q> = 1 und 94°/o bei cos q> = 0,74.
Die Erregermaschinen sind vierpolige Gleichstrommaschinen , deren Anker auf
den vertikalen Wellen der Erregerturbinen sitzen, während das Magnetgestell feststeht
Wie bereits früher erwähnt, gehen alle Kabel von den Maschinen in Kabel-
kanälen zu dem Schaltraum. Der ganze Dreiphasendrehstrom wird in drei Sammel-
*) Geliefert von Escher, Wyss & Co. in Zürich.
5) Geliefert von der A.-G. Brown Boveri & Co., Baden (Schweiz).
§ 24.
Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Jonage-Cusset-Lyon.
525
schienen gesammelt. Von dem Hauptschaltraum wird der Strom in den 3 Sammel-
schienen auf einem Eisengerüst an der abwärts gelegenen Längswand (vergl. Abb. 1 15) zu
dem VerteilungTSSchaltraum , welcher sich über der Eingangshalle des Maschinensaales
befindet, geleitet, und von hier gehen die Hochspannungsleitungen in die Verteilungsge-
biete ab. Die Stadt Lyon und ihre Vororte bilden das Konsumgebiet. Mit Rücksicht
auf die verhältnismässig kleine Entfernung sind die Hochspannungsleitungen als eisen-
bandarmierte dreifach verseilte Bleikabel verlegt.
Die Kabel liegen durchschnittlich 1,0 m unter dem Pflaster in einfachen Bau-
gruben und zwar die Hochspannungs- und Verteilungskabel meistens in einer gemein-
samen Baugrube, wobei die Verteilungskabel oben und die Hochspannungskabel unten
Terlegt sind.
In einer Transformatorenstation wird die Spannung auf 110 Volt abgewandelt
und mit dieser Spannung wird der Strom als Dreiphasen-Drehstrom im Dreileiternetz
▼erteilt.
Über die Anlagekosten sind bereits in Tabelle I S. 244/245 Angaben gemacht.
Erwähnt sei nur noch, das* gekostet haben beim Kanalbau durchschnittlich :
Beton in hydraulischem Kalk pro cbm
Beton in Zement , ,
Mauerwerk in Bruchsteinen in hydraulischem Kalkmörtel , „
Mauerwerk in Bruchsteinen in Zement , ,
Mauerwerk ans Hausteinen (Verblendung) in Zement , ,
10,0 Frs.
20,0 ,
18,0 „
25,0 ,
30,0
Ferner haben gekostet:
Der Überlauf bei Em 8,600
Der Laufkran
Der elektrische Teil des Krafthausee
oder 51 Frs. = 41,8 Mk. pro installierte PSe der Turbinen.
Werkstatteinrichtungen, Mobiliar und Geräte
Die Hochspannungs- und Verteilungsleitungen mit 387 km dreifacher,
d. i. 1161 einfacher Kabellänge
Vorräte, Motoren, Zähler, Hausanschlüsse und Reserveteile hierfür
= 207867,0 ,
= 86042,0 r
= 1084000,0 r
= 825772,0 ,
= 10888000,0 ,
= 1258825,7 ,
Die Gesamtkosten der Anlage haben 50 Millionen Frs. einschliesslich 8854926,48 Frs., welche
als Betriebsmittel und zur Deckung von Betriebszuschüssen (vergl. S. 266) für die ersten Jahre nötig
waren, betragen. Das Anlagekapital ist zur Hälfte in Aktien, zur Hälfte in Obligationen beschafft.
Die Entwickelung der Anschlnssbewegung ergibt sich aus folgender Tabelle:
Anschluss
für Kraft-
zwecke in
PS*
Anschluss für
Lichtzwecke
in Lampen
von 10 O.K.
Anschluss in KW
Zahl der Abonnenten
jähr
für Kraft-
zwecke
für Licht-
zwecke
zusammen
für Kraft
für Licht
1899
2948
58 864
■ ■■'■
^MH»
_
634
1368
1900
6955
104284
—
—
—
1246
2905
1901
9 581
142 520
—
—
—
1787
4695
1902
11480
164540
—
—
—
1935
5528
1908
18075
179 073
9623
4551
14 174,0
2171
6 372
1904
14298
189 500
10520
4 874
15 394,0
2316
6901
1905
16582
201887
12168
6268
18486,0
2 485
7440
Bezüglich der erzeugten und nutzbar abgegebenen KW- Stunden sei nachfolgende Zahlentafel
mitgeteilt:
^wi Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
Durchschnittliche Be«
u v *«to*ua* • nutsungsdauer der im
v *v>u iii*ugU ' Krafthause installier-
y* Stunden*) ' ten EW(14265) in
I Stunden
Nutzbar abgegebene KW-
Stunden unter Annahme
eines Verhältnisses von
nutzbar abgegebenen zu
erzeugten KW-Std. von
0,8 vergl. S. 336
D archschuittliche
nutzungsdauer des Ge-
samtanschlusswert aa
in KW-Stunden
■ 'AV
22 107 948
1550
17 686 358
-vH
24 899 213
1746
19 919 370
;*»
29 737 856
2 084
23 790 038
1247
1294
1291
Die gleichzeitig maximale Belastung der Generatoren im Krafthause hat in den Jahren 190S
hu4 1904 50° o des Anschlusswertes nicht überschritten.
Die Einnahmen haben betragen:
Betriebsjahr
Im ganzen in
Frs.
Jährlich pro im Krafthaus
installierte
pro angeschlos-
senes K W u. Jahr
.
j PS« in Frs. ! KW in Frs.
in Frs.
1903
1904
1905
i
1
2978000 j
8 880 443
3 674 082
i
146
163
180
202
233
257
210
216
200
Es wurde sowohl Zählertarif als auch Pauschaltarif eingeführt und es betrug 1904 der
für Lichtstrom pro KW- Stunde:
1. für Bureaux, welche zu einer bestimmten Stande schliessen 50 Ctm.
2. Werkstätten
50
9
3. Restaurationen
60 ,
4. Läden
65 „
5. Wohnzimmer aller Art
80 ,
Auf die Preise ad 3y 4, 5 wurde folgender Rabatt gewährt
•
•
Für den Konsum von mehr als 100 Frs.
pro
Monat 1,0%
99 • * • » 250 ,
»
*
Ä5°/o
T 9 9 9*9 Öüü »
9
9
5,0'/o
» n s * » « 1000 ,
9
*
7,5°/o
• * * * > * 1500 „
9
9
10,0°/o
*
Der Strompreis für Kraftzwecke betrug a) bei Messung durch Zähler:
für Motoren ron PSe Preis pro KW- Stunde
Preis pro PS« -Stunde
1 28,0 Ctm.
20,61 Ctm.
5 24,1 ,
17,74 „
10 20,4 ,
15,01 ,
15 17,0 ,
12,51 ,
20 14,6 ,
10,74 ,
25 13,2 ,
9,72 ,
80 12,5 ,
9,20 ,
40 10,9 ,
8,02 ,
50 9,5 ,
6,99 ,
6) Des Vergleichs halber sei erwähnt, dass in dem Krafthause Vizzola (vergl. § 1) bei 20000
installierten PSC -- 14000 KW 1906 bereite rd. 70 Millionen KW- Stunden erzeugt wurden, woraus sich,
eine durchschnittlich o Benutzungsdauer der installierten Leistung von 5000 Stunden jährlich ergibt und
sich die grosse Prosperität der Societa Lombarda zum Teil erklärt.
§ 24.
Das Wasserkkaft-Elektbizitätswerk Jonage-Cusset-Lyon.
527
Für alle Zwischenstufen sind natürlich im Tarif Preise vorgesehen. Die obigen Angaben sollen
nur eino Übersicht geben.
b) Im Pauschaltarif pro Jahr bei einer Benutzung bis zu 12 Stunden pro Tag:
PSo Preis pro PS* u. Jahr in Frs. PSt, Preis pro PSe u. Jahr in Frs.
I 720 20 360
5 620 30 300
10 510 40 270
15 435 50 250
Für Konsumenten, welche die Kraft während 24 Stunden zur Verfügung haben wollen, wird
der Preis um 50°,o erhöht.
Die direkten Ausgaben haben betragen:
a) Allgemeine Verwaltung (Frais gä-
neraux)
b) Betrieb n. Unterhaltung (Exploita-
tion et Entretien)
c) Steuern u. Abgaben (Impöts, rede-
vances et frais de contröle payes
ä l'Etat)
Zusammen :
1903
252 903
443 113
1904
1905
Direkte Betriebskosten der nutzbar
abgegebenen KW-Std. in Gtm.
144 267
840 283
249 548
425 940
164 323
275 826
478 146
186 604
839 811 Ü 940 576
1903
1904
1905
4,75
rd.
1,2
1,9?)
0,8
4,2
3,9
In dem Betriebsjahr 1904 konnte zum erstenmal eine Dividende vqn 16 Frs. auf eine Aktie
von 500 Frs.8) gezahlt werden, för das Betriebsjahr 1905 stieg die Dividende auf 19 Frs. Die ersten
drei Betriebsjahre hatten bare Retriebszuschüsse erfordert (vergl. S. 266 und 338 ad 1).
Erwähnt sei noch, dass die Gesellschaft im Jahre 1905 einen Vertrag mit der
Lyoner Trambahn -Gesellschaft geschlossen hat, wonach sie an die letztgenannte Ge-
sellschaft während der Zeit des Wasserüberflusses Strom liefert, während die Strassen-
bahn-Gesellschaft umgekehrt in den Wintermonaten unter Zuhilfenahme ihrer Dampf»
reserven den Strom an die Societe-Lyonnaise des Forces Motrices du Rhone in natura
zurückzugeben hat. Auf diese Weise verfügte die letztgenannte Gesellschaft tatsächlich
bereits über eine Dampfreserye, welche sie durch Aufstellung von Dampfturbo-Genera-
toren mit Zubehör in Cusset inzwischen noch ergänzt hat.
?) Wenn man diese Zahl mit den Betriebskosten in Tabelle XI, S. 273, Spalte 4 ad 26 ver-
gleicht, so ist in Betracht zu ziehen, dass die wasserbaulieben Anlagen bei der Jonage-Anlage ungewöhn-
lich umfangreich and teuer geworden sind, infolgedessen sowohl im Betrieb wie Unterhaltung grosse
Kosten verursachten und ferner, dass in den obigen Kosten auch die Betriebskosten des Verteilungs-
netzes enthalten sind.
8) Das Kapital ist durch 20 Millionen Aktien und durch den gleichen Betrag in Obliga-
tionen gebildet (vergl. 525).
628 IL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
§ 25. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk in Livet (Istre)
der Social Electro-Chimique de la Romanche. Hieran Tal. XLli).
Ebenso wie der Drac ist die Romanche, welche unterhalb der. in § 26 beschrie-
benen Kraftanlage bei Champ in den Drac einmündet, bereits stark industriell aus-
genützt *).
Die Anlage Livet ist ausgeführt, um für die elektro-chemische Fabrik der oben-
genannten Gesellschaft den Strom zu liefern. An der Stelle, wo das Wehr in der
Romanche errichtet wurde, soll im 12. Jahrhundert ein Staudamm erbaut worden sein
und den See Saint Laurent gebildet haben. Am 15. September 1219 soll nach der Ober-
lieferung der Staudamm gebrochen sein und die talwärts stürzenden Wassermassen sollen
alle Orte unterhalb bis nach Grenoble zerstört haben. Die Romanche fliesst in der
Sohle des ehemaligen Staubeckens durch ein breites Tal und lagert bei Hochwasser auf
flachen Ufern ihre Sinkstoffe ab.
Das Wehr wurde 144,0 m unterhalb der Brücke von Aveynat, wo die Romanche
Stromschnellen bildete, erbaut (Abb. 1 1 7). Es besteht aus einem 30,0 m langen massiven
Überfallwehr und aus einem Grundablass von 10,0 m lichter Weite zwischen den massiven
Pfeilern. Das Überfallwehr ist flussaufwärts mit einem Radius von 60,0 m gekrümmt
(vergl. Taf. XLI, Fig. 4) und stützt sich am rechten Ufer auf einen starken, tief in das
Erdreich verankerten Uferpfeiler und an der anderen Seite auf den Begrenzungspfeiler
des Grundablasses. Die Vorderfläche des Wehrkörpers ist fast* vertikal und der AfcfaU-
TÜeken nach Kreisbögen gekrümmt, während der Abfallboden eine Gegenkrümmung
enthält, durch welche ein Wasserpolster gebildet wird (vorgl. Taf. XLI, Fig. 5).
Der Grundablass ist durch eiserne Griessäulen in 3 Öffnungen geteilt von je
2,0 m lichter Weite und durch 3 Schützen verschliessbar. Die Schwelle der Grcnd-
ablasschützen liegt 2,60 m tiefer als die Krone des festen Wehres.
Im Zuge der den Grundablass begrenzenden Ufermauer liegt der Einlanf , ge-
bildet durch eine ca. 1,80 m breite Mauer, deren Krone 0,60 m unterhalb der Krone
des Überfallwehres, also 2,0 m über der Schwelle des Grundablasses liegt Die Fluss-
sohle ist in der Breite des Grundablasses und in der ganzen Länge
des Einlaufs mit grossen Steinplatten befestigt und mit einem Gefälle
gegen den Grundablass zu von ungefähr 1:30 versehen. Auf diese Weise
kann ein sehr wirksamer Spülstrom verlängs des Einlaufs erzielt werden. Diese An-
ordnung war angesichts der grossen Massen von Kies und Sand, welche die Romanche
führt, sehr am Platze. Bei richtiger Bedienung der Grundablasschützen kann man die
Kiesablagerang immer tief genug halten, sodass gröberes Geschiebe kaum in den Ein-
lauf hineingelangen kann. Da derselbe lang und breit genug ist, um das Wasser
mit geringer Geschwindigkeit eintreten zu lassen und da das Wasser den oberen
Schichten entnommen wird, findet auch eine recht wirksame Ausscheidung der Sinkstoffe
i) Die Zeichnungen sind nach Handakizzen des Verfassers angefertigt. Die Abbildungen sind
einer Beschreibung der Anlage in der Compte renda da Congres de la Honille Blanche, Deuxieme volonte.
Grenoble 1902 8. 421 u. ff. entnommen.
*) Die zurzeit am weitesten aufwärts liegende Anlage ist die von Livet, es folgt dann die-
jenige von Rionperoux, dann diejenige von Gavet Clavaux nnd schliesslich diejenige von Vizille. Ton
Grenoble führt Aber Vizille eine Nebenbahn in das Tal der Romanche bis Le Boorg d'Oisans, etwa
*/4 Stande Wegs unterhalb von Livet.
§ 26. DAB WASBEBCUFT-ELBETBIZTTlTBWBBr LlVBT A. D. ROM ASCHE. 639
statt Hinter der Einlaufmaner befindet sich ein 3,0 m breites Becken. Über der
ganzen Breit« dieses Beckens liegt ein gegen die Horizontale unter etwa 22 — 26° ge-
neigter eiserner Feinrechen ans Flacheisen mit etwa 3,0 cm lichter Weite zwischen den
Stäben (vergl. Taf. XLI, Fig. 6).
Die Mauer des Einlaufe hat zwischen den Begrenzongswänden eine Länge von
25,0 m. Die Rechenfläche beträgt daher mehr als 75 qm , sodass die grösste Wasser-
menge von 25 cbm/sük., bei höheren Wasserständen, selbst wenn man einen Teil der
Fläche durch Schwimmkörper wie Holz, Laub oder Eis geschlossen annehmen wollte,
mit weniger als 1,0 m/sek. Geschwindigkeit durch den Rechen treten könnte. Es dürfte
Abb. 117. Anrieht das Wehr«« und der EntnahmMtoll« der Aalag» Livat bei B.W.
vorznziehen gewesen sein, den Rechen ganz wagerecht und mit Stäben in Richtung der
Einlaufmauer anzuordnen. Ausserdem wäre es wohl zweckmässig gewesen, flnssabwärtB
noch eine Spülschätze für das Einlaufbecken einzubauen.
Der für eine grösste Wassermenge von 25 cbm/sek. berechnete Werkkanal
liegt fast ganz im Tunnel und ist etwas über 2,0 km lang. Sein Querschnitt ist
fast kreisrund mit einem Dm. von 3,75 m. Die Verlegung des Kanals in den
Tunnel war hier geboten, um die Überschreitung verschiedener Schlachten zu ver-
meiden, in welchen alljährlich Schneelawinen herabkommen. Das Kanalprofil ist Über-
all mit Beton ausgekleidet, weil auch das feste Gebirge sich als rissig und durchlässig
erwies. Diese Auskleidung ist im tragfähigen, festen Gebirge 0,25 m, im weicheren
Gebirge 0,60 — 1,0 m stark. Durch 3 Seitenstollen hat man im ganzen 8 Angriffspunkte
für die Herstellung des Tunnels geschaffen. Man hat diese 3 Seitenstollen zur Anlegung
von Überläufen mit Grundablässen benutzt. Durch Vertiefung der Sohle an jedem Über-
lauf wurde je ein Kiessack gebildet, den man durch den Grundablass spülen kann.
Der Werkkanal mündet auf einem schmalen Plateau aus, an dessen Fusse das Kraft-
haus und die Fabrik errichtet sind und welches rd. 60,0 m über dem Wasserspiegel der
Romanebe liegt. Auf diesem Plateau ist das Vorbecken und die Druckkammer ange-
Handba*« dar Ia«.-WU«niM>h. III. T«U. 13. Bd. 84
530 IL Theodor Koehn. Ausbau vom Wasserkräften. Hfjhpiele.
lagt (vergl. Abb. 118). Die eine Betonwand des Vorbeckena bildet eine Verkleidung des
ausgesprengten Felsens, die gegenüberliegende, welche mit Bruchsteinen verblendet ist,
steht hart am Rande des Abhanges. Das Vorbecken ist an der Eintrittsstelle des Werk'
kanals 9,0 m breit, seine Sohle ist gegen den Kanal vertieft und gegen die in der
Nahe des Rechens liegende Spülscbütze geneigt (vergl. Taf. XI J, Fig. 7 und 8).
Die nach dem Tal zu gelegene bogenförmige Begrenzungswand des Beckens ist
als Überlauf ausgebildet. Eine in die Sohle eingelassene schräge eiserne Wand, deren
Oberkante unter dem Wasserspiegel liegt, dient dazu, den Sand nnd Kies nach der
Abb. 118. Ansicht des Vorbeckene mit Überlauf, der Druckkammer nnd du Krafthansee dar Anlag« Jjret.
Spülschütze zu fuhren. Am Ende des Überlaufs steht auf der daselbst sprungweise
erhöhten Sohle des Beckens ein schräger Feinrechen, um das Laub zurückzuhalten.
Hinter demselben befindet sich eine Bedienungsbrücke. Das Becken verengert sich hier
der natürlichen Gestaltung des Plateaus folgend auf 6,0 m und weicht dann dahinter
talwärts um 3,0 m aus. Die Druckkammer ist von dem Vorbecken durch 3 eiserne
Schützen von je 2,6 m lichter Weite und ca. 5,0 m Höhe abgeschlossen. Durch zwei
Dammbalkenschlitze ist die Möglichkeit geschaffen, notfalls die Schätzen zar Vornahme
von Reparaturen trocken legen zu können.
Bemerkenswert ist die Wasserführung von der Druckkammer
zum Kraft haus»). Das Wasser tritt aus der Druckkammer in einen Tertikaien, in
1) In ähnlicher Weise wird bei den Eisenwerken Meran-Boien (erbaut 1897/1898) du Druck-
waaser den Turbinen durch einen ausbetonierten Druckstellen von 8,0 m lichter Weite nnd durch daran
§ 26. Das WassebkbafivElektbizitItswebk bei Champ (Füre et. Morge). 531
den Felsen eingesprengten Schacht von 3,0 m Lichtweite ein. Letzterer mündet unten
in ein schmiedeeisernes Druckrohr von 2,5 m Dm. ans, in welchem das Druckwasser
unterirdisch zur Zentrale geführt wird. Die Übergangsstelle zwischen Schacht und
Druckrohr ist so ausgeführt, dass noch ein zweites Druckrohr verlegt werden kann. Zur
Verhütung von Wirbelbildungen ist über der Mündung des vertikalen Druckschachtes
eine liegende Decke aus eisernen Trägern und Blechplatten angelegt, welche überall ca.
2,0 m über die Ränder des Schachtes herübergreift. Bevor diese Deckplatte einge-
baut war, bildeten sich in dem vertikalen Schacht tiefe Lufttrichter, welche viel Luft
mitrissen und zu Wasserschlägen in dem eisernen Druckrohr Veranlassung gaben.
Der Maschinensaal des Krafthauses hat Platz für 15000 PS«. Die zuerst auf-
gestellten 5 Turbinen8) von je 1250 PS« sind Gehäuse-Reaktionsturbinen mit Saugrohr,
welche am ganzen Umfange von aussen radial beaufschlagt werden, axial seitlich
ansgiessen und 350 Uml./Min. machen. Sie sind ähnlich denjenigen, welche für das
Krafthaus der Anlage Füre et Morge in Champ geliefert sind (vergl. Taf. LXXII, Fig. 3
und 4 und Taf. LXXIII, Fig. 2 und 3). Jede Turbine hat ihren eigenen selbsttätigen
hydraulischen Servomotor. Die direkt gekuppelten Einphasen- Wechselstrommaschinen4)
(System Thury) mit festem Anker und beweglichem Magnetrad liefern Strom von 70 Volt
Spannung und 46,6 Per./sek. Die niedrige Spannung wird für elektro-chemische Zwecke
in der Fabrik gebraucht. Für den Antrieb der Erregermaschinen, welche auch den
Gleichstrom für die Beleuchtung und die Arbeitsmaschinen in der Reparaturwerkstatt
des Krafthauses und in den Fabriken liefern , dienen 2 Gruppen von Girard-Turbinen
von je 175 PS« und 500 Uml./Min. Der Nutzeffekt der grossen Turbinen soll 80°/o,
der der kleinen 70% betragen.
Im Jahre 1904 sind noch 2 grössere Gruppen aufgestellt worden, welche Strom
nach Grenoble abzugeben bestimmt waren.
§ 26. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk am Drac bei Champ (Isfere)
der Soci^t^ Hydro-Electrique de Füre et Morge. Hierzu Taf. XLII und XLmi).
Im Jahre 1899 vereinigte sich eine Anzahl Industrieller aus den Tälern der Füre
und Morge, zwei Nebenflüssen der Isere, zu einem Syndikat mit der Aufgabe, den Syn-
dikatsmitgliedern billige elektrische Energie zur Verfügung zu stellen. Da der hierbei
eingeschlagene Weg in formaler Beziehung interessant ist, sei er kurz geschildert.
Im Juli 1900 gelang es der Syndikatsleitnng mit der Sociätö Hydro - iSlectrique de Fare et
Morge, welche eine Wasserkonzession an dem Drac besass, einen Vertrag auf ungefähr folgender
Grandlage zu schliessen:
„Die Gesellschaft Fare et Morge stellte dem Syndikat der Industriellen 4000 PSe zur Verfügung
und zwar auf die Daner von 80 Jahren von der BetriebserOffhung an. Es sollte eine Socieie* Civile mit
anschliessende zwei Druckrohre von 1,6 m Dm. zugeführt (vergl. die Literaturangaben am Schiasse
dieses Kapitels).
3) Geliefert von Neyret, Brenier & Co., Grenoble.
*) Geliefert von der Compagnie de l'Industrie filectrique et Mächanique in Genf.
i) Die Zeichnungen und Abbildungen sind dem Sonderabdruck aus dem Genie Civil, Paris 1903,
Aufsatz von Ch. L6pine, dem Generaldirektor der genannten Gesellschaft: Les Installations Hydro-
lälectriqaea de la Sociele* Fare et Morge etc. entnommen.
84*
582 II. Theodor Korhn. Ausbau von WasserkkIftkk. Besspielk.
4000 Autoflscheinen, entsprechend 4000 P8#t gegründet werden. Den Mitgliedern des Syndikat» —UUm
diese Anteilscheine pro rat* der tob ihnen gezeichneten PSe fiberlassen werden, wlhrend die Secsettd
Fnre et Morge diejenigen Anteilscheine erhalten sollte, welche nicht von den Industriellen des Syndi-
kates gezeichnet werden wurden. Am Ende der Vertragszeit, welches für den 1. Januar 1088
war, sollte die ganze Installation der Socidtd Fnre et Morge auf die ßocidte Civile anentgeltlich fll
Der Preis pro elektrische PS« = 0,780 KW nnd Jahr sollte betragen: für eine
24 ständige Benntsongsdaaer 150,0 Frs.
12 , , 125,0 , *).
Jedes Mitglied des Syndikates sollte nur für sein eigenes Abonnement aof Kraft
wörtlich sein.
Die Kraft sollte wlhrend des ganzen Jahres mit Ausnahme von 20 Tagen, alle Festtage eme-
gerechnet, in liefern sein. Die liefernde Gesellschaft sollte aber frei sein ron aller Verantwortona; Ar
unterbrochene 8tromliefemng, sofern es nicht in ihrer Macht lag, die Ursachen der Unterbrednrag
abzuwenden.
Es waren auch Quoten festgesetzt, welche die Socioi* Fnre et Morge, bevor sie einen Gewiam
an ihre Aktionare verteilen durfte, für Erneuerung und Tilgung, sowie für die Bildung eines Garaaüo-
fonds wurde zurücklegen müssen.
Am 31. August 1900 waren von den Industriellen bereits 8040 PS« gezeichnet, sodass aaf die
Industriellen 8040 Anteile, auf die 8ocidt4 Hydro-ttlectrique 060 Anteile entfielen. Die SocieW Cirfle
wurde den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend am 7. Mai 1908 mit einem Kapital von 80000 Fra^
eingeteilt in 4000 Anteile, gegründet
Der Drac, welcher bis Saint-Georges de Commiers zwischen steilen Felsen einge-
schnitten ist, breitet sich von da ab in einer weiten Ebene ans nnd höht durch die
von dem Wasser mitgefuhrten Geschiebe und Sinkstoffe die Flußsohle allmählich auf.
Das Flussbett erreicht hier eine Breite von mehr als 1 km. Während der höchsten
Hochwasser kann die sekL Wassermenge bis auf 1200 cbm/sek. steigen, sie soll wÄhrend
des sogenannten Mittelwassers etwa 80 bis 100 cbm/sek., neunmonatlich etwa 35 cbm
nnd 856 tagig 18—20 cbm betragen (vergl. § 23, S. 497). Bei niedrigen Wasserständen
wechselt der Fluss sehr oft sein Gerinne in dem weiten Bett. Auf Grund der Vorar-
beiten wurde das Bauprogramm dahin festgesetzt, dass in der N&he des Ortes Saint
Georges de Commiers, unweit abwärts der Stelle, wo die Eisenbahnbrücke der Linie
Grenoble-Veynee-Gap und eine Strassenbrücke dicht nebeneinander liegend den Fluss
überschreiten, ein Wehr zu errichten sei mit einem solchen Aufstau bei N.W., dass
mindestens 17 cbm/sek. in den Werkkanal hineingeleitet werden konnten und einer
solchen Länge, dass bei höchstem Hochwasser die Höhe des überfallenden Wasserstrahls
nicht mehr ab 1,5 m betragen sollte. Man musste für das Wehr eine Stelle suchen,
an der eine erhebliche Aufhöhung der Sohle durch Geschiebe nicht zu befürchten war.
Da an den Brücken die Profilbreite der Flussohle auf 110,0 m Breite eingeschränkt ist.
wird die Geschwindigkeit bei Hochwasser so gross, dass das Wasser sich selbst das
Bett rein hält (vergl. Abb. 119).
Mit Rücksicht auf die für das Wehr gewählte Örtlichkeit und auf den Baugrand
musste von vornherein von einem Wehr mit grosser Stauhöhe abgesehen werden« Man
projektierte deshalb ein festes Überfallwebr, welches in einem Winkel von ungefähr
70° sor Stromachse über den Fluss gelegt wurde und sich nur etwa 1,5 m mit der
Krone über der vorhandenen Flussohle erhob. An der Seite des Einlaufs wurde ein
Grumdablass angelegt, um die Ablagerungen vor dem Wehre besonders längs des Einlaufs
ins Unterwasser spülen zu können (vergl. Taf. XLH, Fig. 1).
Das Wehr ist als massiver Betonkörper von 6 bis 12,0 m Breite im Querschnitt
und einer Dicke wachsend von 1,0 m am Ende des massiven Abfallbodens auf 2,50 m
unter der Krone auf einer Bettung von grossen Steinen und künstlichen Betonblöcken
i) Also für die 24 ständige Kraft wurde nur 20°/o mehr verlsngt als für die 12 stündige, woraaf
im Hinblick auf die Mitteilungen S. 888 besonders hingewiesen sei.
DlB WABBBBEBATT-ELEKTBlZITlTSWXEtK BEI CRAKF (FüRK BT MoBGE).
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634 IX. Theodor Koekn. Ausbau von WabserkbXfteh. Beispiele.
errichtet (Tat. XLTI, Fig. 6). Dieses Bett ans grossen Blocken ist von verschiedener
Dicke nnd erreicht eine solche von 5,0 — 6,0 m in der Nähe des Pfeilers, welcher
den Grnndablass begrenzt.
Dar inm WehrkOrper retwendet« Beton ist in einer Mischung von 800 kg Pottland - Zr — «ps
(Berthelot) auf 1 cbm Drsc-Kies hergestellt nnd die Oberfliche de* Wehrrtckena ist dann mit einer Pnix-
sehieht tob 2 cm Starke aus fettem Zementmörtel ubenagan. Es hat sich aber herausgestellt, daaa
diese Zemsotnaat von dem Eies bei Hochwasser stark angegriffen wurde nnd man hat deshalb aaek-
triglich den Abfsllboden dea WeHrea mit groBaen Steinblocken belegt.
Der Grundablass hat zwei Öffnungen von je 8,0 m lichter Weite und wird durch
zwei eiserne Schützen von je 1,60 m Höhe geschlossen (Abb. 120). Der Mittelpfeiler
des. Grandablasses ist aus eisernem Gitterwerk hergestellt nnd bis über H.W. mit Eisen-
platten und Holzbohlen so bekleidet, dass sich treibendes Holz nicht an ihm festsetzen
kann. Über dem Grnndablass liegt eine eiserne Bedienungsbrücke, anf welcher sich die
Abb. 120. Grundablass der Wehranlage Fora et Marge.
Bewegnngsmechanismen der Schützen befinden. Eine Abb. der Schützen findet sich im
Kap. IH, 3. Schützen. Hit Rücksicht anf die Beschaffenheit der Flussohle und die
grosse Geschwindigkeit, welche das Wasser beim Durchströmen des Grundablasses an-
nehmen kann, ist derselbe auf einem 17,0 m langen und 6,0 m breiten eisernen Caisson
fundiert. Der Caisson ist mittelst komprimierter Luft bis 10,0 m unter der Krone des
festen Wehres heruntergetrieben.
Er wurde an Ort nnd Stelle auf einem Gerüst montiert und dann auf die Plnaaohle herunter-
gelassen (vergl. Abb. 121). NachdAu die Konsolen der Arbeitskammer mit Beton ausgefüllt waren,
wurde mit dem Aufbau dea Betonk&rpers "innerhalb eines eisernen Schutzm an t eis begannen. Die eigent-
liche Versenkung begann am 26. December 1901 nnd war am 18. Januar 1902 bereits beendet, obwohl
man grosse BetonblOcke und U Eisen, welche von der Fundiernng dea Uferpfeilers herrührten, sum Teil
mit Dynamit beseitigen mnsate. Die Mantelbleche der Arbeite kamrner waren 6 mm stark , diejenigen
des oberen Scbutimsntela nur S mm. Der ganie Caisson enthalt 48000 kg Eisen. Für die Ausfüllung
der Arbeitskammer nach beendeter Senkung und den Aufbau dea Betonkorpero worden 918 cbm Beton
(300 kg Zement [Valbonnaia] suf 1 cbm Beton) verwendet Die komprimierte Luft wurde in einem
Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk bei Chamf (Fore bt Morge).
586 IL Theodob Koehn. Ausbau ton Wasserkräften. Beispiele.
Kompressor, welcher am Ufer aufgestellt war und von einer fünfagpferdigen Lokomobile
wurde, geliefert Die Beleuchtung der Arbeitskammer erfolgte durch Kerzen*).*
Um die Sohle des Gmndablasse^ gegen die aasschleifende Wirkung des
zu schützen, ist die ganze obere Fläche des Betonkörpers durch einen Belag von eichenen
Bohlen von 14 cm Stärke geschützt. Diese Bohlen sind an den Enden durch Winkel-
eisen, im übrigen in Entfernungen von 1,0 m durch starke Flacheisen festgehalten,
welche ihrerseits durch 80 cm tief in den Betonkörper reichende Bolzen verankert sind.
Der Bohlenbelag bot gleichzeitig einen guten Schluss für die Schützen und einen glatten
Boden für die Abspülung von Geschiebe. Stromabwärts vom Caisson ist die Sohle durch
Steinblöcke gesichert und absichtlich rauh gemacht, um die Geschwindigkeit des Wassers
zu brechen.
Sehr gunstig liegt der Einlauf, welcher durch eine rd. 80,0 m lange Mauer mit
15 Öffnungen von je 2,0 m Breite und 1,50 m Höhe gebildet wird (vergl. Tat XTJI,
Fig. 1 und 7 und Abb. 122). Diese Mauer ist auf drei Reihen Pfählen fundiert, welche
6,0 m tief eingerammt sind. Die Entfernung der Pfähle beträgt 1,25 m. Sie sind durch
Doppelzangen in der Längs- und Querrichtung zusammengehalten und ihre Köpfe sind
mit einem Betonbett von 1,90 m Stärke umgeben. Längs dieser Mauer lässt sich durch
Ziehen der Grundablasschützen ein starker Strom erzeugen. Die 15 Öffnungen sind
durch hölzerne Schützen verschliessbar.
Zum Schutze der Sohle hinter und vor dem Einlauf sind grosse Betonblöcke tob
2,0 m Breite und 0,80 m Stärke verlegt und vor diesen Blöcken ist je eine breite Stein-
schüttung angeordnet. Nach dem Flusse zu ist vor der Mauer ein 1,93 m hoher Rechen
(Abb. 122 zeigt das eiserne Gerüst des Rechens) mit 1,0 m breiter Bedienungsbrücke
aufgestellt.
Zu bemängeln an der Anlage des Einlaufe wäre, dass die Sohle der Schützen-
Öffnungen in Höhe der Flussohle gelegt ist anstatt etwa 0,50 — 1,0 m höher. Man hätte
dann der möglichst in der Breite des Grundablasses zu befestigenden Flussohle vor dem
Einlauf nach dem Grundablass zu ein stärkeres Gefälle geben können. Allerdings hätte
man, um auch bei nur 0,50 m Wassertiefe über der Schützenschwelle noch den erfor-
derlichen freien Querschnitt für den Eintritt von 40 cbm/sek. zu bekommen, entweder
die Länge des Einlaufe entsprechend vergrössern oder bei massiger Verlängerung des
Bauwerkes die Mafierfläche auflösen und eiserne Gitterböcke als Griesständer ver-
wenden müssen.
Bei der gewählten Anlage kommt sehr viel Eies in den Kanal hinein. Man hat
zwar die Schützen zweiteilig gemacht, und bei Hochwasser, wenn der Fluss die grössten
Mengen von Geschiebe und Sinkstoffen führt, ist nur der obere Teil der Schützen ge-
zogen, sodass Wasser nur aus den oberen Schichten in das Ablagerungsbecken hinein-
gelangen kann, aber wenn später bei niedrigen Wasserständen die unteren Schützen ge-
zogen werden, so wird doch viel Kies und Sand mitgerissen.
Hinter dem Einlauf hat man denn auch ein grosses Ablagerungsbeckem von
2500,0 qm Grundfläche angelegt (vergl. Taf. XLII, Fig. 1). Dasselbe wird begrenzt fluss-
aufwärts durch eine Böschung mit Betonbekleidung, flussabwärts durch einen Überlauf
und kanalwärts von einer Grundmauer. Der Überlauf ist durch eine Betonmauer ge-
bildet. Die Krone des Überlaufs liegt in der Höhe der Wehrkrone (vergl. Taf. XLII,
Fig. 2-4).
*) Die Lieferung und Senkung des Caissons wurde von der Firma Joya in QrenoWe anagefokrt
§ 26. Das WAssERKKAf-r- Elektrizitätswerk bei Champ (Füre et Morse). 537
Um das Ablagerungsbecken spülen zu können, Bind in der Überlanfmaner sieben
Spülablässe angelegt, von denen vier mit Schützen nnd drei mit Dammbalken geschlossen
sind. Die hierdurch ermöglichte Spülung des Ablagernngsbeckens ist
aber unzureichend, da die Sohle zu wenig nach den Grundablässen zu
geneigt ist. Man hat deshalb nachträglich parallel mit der Einlaufmauer auf einer
hölzernen Pfahlbrücke über H.W. ein Geleise gelegt, auf welchem sich ein elektrisch
betriebener Sagger bewegen kann. So kann man die Ablagerungen rechts nnd links
von der Brücke herausheben und die Einlauföffnungen freihalten. Der Bagger be-
fördert das .Baggergut in den Fluss, indem er es mittelst einer Rutschrinne jenseits
des Überlaufs ausschüttet.
Abb. 122. Ansieht des Kinlenfbeuwerkos der Anlege Fnre et Morge.
Die Grundschwelle, welche den Kanal vom Ablagerungsbecken trennt, ist 60 cm
hoch. Sie ist schräg zur Kanalachse errichtet, um die Ablagerungen nach dem Über-
lauf zu leiten.
Der Werkkanal hat eine Lange von rd. 600,0 m und seine Breite, in Höhe der
Dammkrone gemessen, schwankt zwischen 60,0 nnd 22,0 in. Er liegt zum Teil im Ein-
schnitt, zum Teil im Auftrag. Seine Böschungen sind mit Betonbekleidung in hydrau-
lischem Kalk versehen und haben eine Neigung von 1 : 1,5.
Um die Sohle des Kanals durch die weiter unten erwähnten sechs Spülablässe
wirksam spülen zn können, ist ihr ein Gefalle von 1 : 250 gegeben, sodass die Wasser-
tiefe von 1,50 m auf rd. 3,8 m anwächst. Die Wassergeschwindigkeit beträgt bei normalem
Betriebe nur 0,35 m/sek. und es lagert sich infolgedessen Sand und Kies, welcher über
die Grandschwelle herüberkommt, in dem kurzen Kanalbett ab. Man kann daher den
538 IL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
Kanal auch als ein zweites Ablagerangsbecken auffassen. Es gehört aber zn der Spnhmg
desselben sehr viel Wasser, und man kann die Spülung wirksam nur in Betriebspaosen
vornehmen.
Der Werkkanal mündet lotrecht zur Schnittlinie E— F, Taf. XLII, Fig. 9, in ein
Vorbecken von rd. 620,0 qm Grundflache bei einer Wassertiefe von 3,80 m (vergL
Taf. XLII, Fig. 8 — 12). Aus diesem Vorbecken tritt das Wasser über eine Schwelle (a)
von 1,0 m Höhe, auf welcher sich ein Rechen befindet, in die Druckkammer ein. Ober-
halb des Rechens befindet sich eine Bedienungsbrücke auf eisernen Trägern mit einem
Geländer gegen die Druckkammer. Auf der das Vorbecken nach dem Drac zu begrenzenden
Mauer ist ein Überlauf angelegt, dessen Krone ungefähr auf Hohe der Wehrkrone liegt.
Ausserdem befinden sich in der Überlaufmauer die schon erwähnten sechs Spülablässe, welche
durch Schützen verschliessbar sind. Ein System von Kanälen von 1,0 m Breite und ca. 50 cm
Tiefe dient zur Sammlung der Ablagerungen und zur Unterstätzung der Spülwirkung im
Becken selbst bei gezogenen Spülschützen. Das Wasser, welches über den Überlauf fallt
und durch die Spülschützen fliesst, wird in einem Kanal von 15,0 m Sohlenbreite direkt
in den Drac geleitet (Taf. XVII, Fig. 9).
Nach dem Druckrohr zu ist die Sohle der Druckkammer derartig vertieft, dass
über dem Scheitel der Ausmündungsöffnung des Druckrohres immer noch eine Wasser-
höhe von 2,10 m verbleibt. Die Mündungsöffnung ist trompetenartig gut abgerundet,
sodass das Wasser ohne Einschnürung und ohne Wirbelbildung ruhig und glatt ein-
treten kann. Gleich hinter der Ausmündung des Druckrohres befindet sich auf dem-
selben ein Steigerohr, aus welchem Luft entweichen und bei geschlossenen Schützen ein-
treten kann (Taf. XLII, Fig. 9 und 11).
Das Druckrohr von 3,3 m innerem Dm. hat eine Gesamtlänge von 4700,0 m,
von denen die ersten 2200,0 m in armiertem Beton, die übrigen rd. 2500 m als ge-
nietete Rohre aus Siemens Martin- Stahl hergestellt sind. Die Strecke in armiertem
Beton reicht bis zu einer Druckhöhe von 20,0 m.
Über das Druckrohr werden im Kap. III, 4. Druckrohre nähere Angaben ge-
macht werden, sodass an dieser Stelle, um Wiederholungen zu vermeiden, weitere Mit-
teilungen unterbleiben können (vergl. Taf. LX, Fig. 1—9 und Taf. LV1II, Fig. 1 und 2).
Erwähnt sei nur noch, dass, um die Untersuchung des stählernen Druckrohrs im Innern
zu erleichtern, drei Mannlöcher angebracht sind und zwar das erste in der Nähe der
Stelle, wo das stählerne Rohr mit dem Rohr aus armiertem Beton verbunden ist, das
zweite 1500,0' m abwärts und das dritte am Krafthause. Auf dem Druckrohr sind zu
dem Zwecke eiserne rechteckige Rahmen von 35 cm auf 45 cm Seitenlänge im Lichten
aufgenietet, und auf diese Rahmen ist ein gusseiserner Deckel mit Bolzen befestigt.
Zur Dichtung dient ein Kautscbukstreifen.
Die Abzweigrohre zu den Turbinen münden lotrecht vom Hauptdruckrohr ab und von
unten in die Turbinen ein (Taf. XLIII, Fig. 1 u. 2). Jedes Abzweigrohr ist durch eine
Drosselklappe abschliessbar, welche vom Maschinenflur aus bedient werden kann. Das
Rohrende zwischen der Drosselklappe und der Turbine kann mittelst eines kleinen durch
einen Schieber verschlossenen Rohres entleert werden. Seitwärts zweigt aus jedem Tur-
binenrohr ein konisches Rohr ab, welches durch ein Sitzventil geschlossen ist und durch
eine sich nach unten konisch erweiternde Fortsetzung direkt in den Turbinenkanal fuhrt.
Es mündet durch einen Krümmer in den Turbinenkanal so aus, dass der austretende
Wasserstrahl die Spiegellinie im Turbinenkanal unter einem sehr spitzen Winkel trifft.
Das Ventil ist so mit der Regulierungswelle der Turbinen verbunden, dass es geöffnet
§ 26. Das Wasserkraft- Elektrizitätswerk bei Champ (Füre et Morge). 539
wird, wenn der Wasserdurchgang in den Turbinen geschlossen wird. So kann die Ge-
schwindigkeit des Wassers im Druckrohr niemals plötzlich auf 0 abfallen und es werden
starke Wasserschlage vermieden. Um die Druck Vermehrung durch Wasserschläge zu
begrenzen, iat das Drackrobr am Ende durch ein Krümmerrohr in ein offenes Steigerohr
übergeführt, welches bis 34,70 m über dem Scheitel des Druckrohrs emporsteigt and
unten einen Dm. von 3,3 m hat. Nach oben zu verjüngt es sich bis auf 1,40 m inneren
Dm. Die obersten 2,0 m sind aber wieder auf 3,0 m erweitert und aus der Sohle dieser
Erweiterung münden drei Überlaufrohre aus, welche das durch Wasserschläge aus der
Abb. 128. Ansicht des Drnckrohrea am Krafthauae der Anlage Pure et Morge.
engeren Steigerohrmündung herausgedrückte Wasser in den Unterwasserkanal abführen
(Taf. XLIII, Fig. 2 und 3 und Abb. 123).
Das Krafthaus liegt an der Strasse Grenoble-La Mure 13 km von Grenoble ent-
fernt und ca. 600,0 m oberhalb des Zusammenflusses des Dracs und der Romanche in
der Gemeinde Champ (Isere)*) (Taf. XLIII, Fig. 3).
Die Fundamente sind in Beton, (300 kg Valbonnais-Zement auf 1 cbm Drac-Sand)
die sichtbaren Wände z. T. in Bruchsteinen, z. T. in behaoenen Steinen aus den Brüchen
von Jarrie-VizÜle ausgeführt. Das Satteldach des Maschinensaales ist von eisernen
Bindern getragen und mit Ziegeln eingedeckt. Die Tagesbeleuchtung des Maschinen*
saals erfolgt durch grosse seitliche Fenster.
Der Masehinensaal selbst hat eine Länge von 44,0 m, eine Breite von 12,50 m
und hat Raum für 6 Aggregate von je 1350 PS,6}, sodass rd. 6,8 qm Bodenfläcbe auf
*) Die nächste BahiiBtation ist Vicüle.
&) In der Tabelle I, S. 242 sind als .installierte Leistung* nur die fünf bereits aufgestellten
Turbinen mit 6750 PS* berücksichtigt, weil dsa den tatsächlichen Wertverhftltnissen der Wasserkraft,
540 II. Theodor Koehn. Ausbau yon Wasserkräften. Beispiele.
je 100 in8tall. PS« entfalleo. Ein Laufkran von 15,0 1 Tragkraft, dessen Kranbahn 7,5 m
über dem Maschinenflur liegt, bestreicht die ganze Halle. Die Höhe des Maschinen-
raums bis zur Dachbinderunterkante beträgt 9,20 m.
In einem Anbau von zusammen 28,0 m Länge und 10,50 m Breite befindet sich
an dem flussabwärts gerichteten Ende zu ebener Erde die Reparaturwerkstatt •). Im
Kellergeschoss ist der Raum für die Transformatoren geschaffen und der an den Kabel-
kanal anschliessende Teil des Schaltraumes untergebracht. In der Flurhöhe liegt abermals
ein Teil des Schaltraumes und am andern Ende des Anbaues, der Werkstatt gegenüber,
die Wohnung des Maschinenmeisters. In der ersten Etage dieses Anbaus befinden sich
der Hauptschaltraum mit dem Hauptschaltbrett und den Gerüsten für die Ausschalter,
Ölwiderstände, Bleisicherungen etc. sowie die Blitzschutzvorrichtungen. Eine Abbildung
dieses geräumigen Saales ist auf Taf. LXXIX, Fig. 1 gegeben (vergl. Kap. DI, 6. Kraft-
hauser. Elektrischer Teil).
Der Maschinensaal enthielt 1904 5 Turbinen von 1350 PS«, 2 Gruppen Erngm-
turbinen yon je 150 PS« und eine kleine Turbine von 5 PS«. Letztere ist dazu be-
stimmt, das Druckwasser für die Regulier-Servomotoren zu liefern.
Die 5 grossen Turbinen7), von denen 3 mit selbstwirkenden Regulatoren, 2 da-
gegen nur mit Handregulierung versehen sind, inachen 300 Und. /Min. und schlucken
bei 31,0 m Druckhöhe 4260 1/sek. Es sind Reaktionsturbinen mit radialer Beauf-
schlagung von aussen und einseitigem axialen Ausguss. Die Regulierung erfolgt durch
einen Ringschieber, welcher zwischen Leit- und Laufrad durch 2 Schubstangen und Zahn-
vorgelege bewegt wird (vergl. Taf. LXXH, Fig. 3 und 4 und Taf. LXXIH, Fig. 1 und 2).
Das Wasser tritt aus der Turbine in ein Krummerrohr aus, welches in einen in Beton
geformten Saugkanal ausmündet. Um den axialen Schub, welcher infolge des ein-
seitigen Ausgusses auf die Turbinenwelle ausgeübt wird, aufzunehmen, ist an dem Sang-
rohrkrümmer ein Ringspurlager angebracht, welches ganz in Öl läuft Jede Turbine
hat ihren eigenen direkt in den Drac ausmündenden Tur binenkanal , in welchem der
Wasserspiegel durch eine Sohlenerhöhung stets so gehalten wird, dass die Saughöhe von
6,5 m nieht überschritten werden und die Wassersäule nicht abreissen kann (Taf.
XLHI, Fig. 2 und Abb. 123). Zwei Erregerturbinen von je 160 PS. mit 500 üml./MiiL
sind in der Mitte des Maschinenhauses aufgestellt. Sie sind ähnlich wie die grossen
Turbinen gebaut und auf Tai LXXHI, Fig. 3—5 dargestellt.
An die Welle jeder grossen Turbine ist ein Dreiphasen-Generator*) von
930 EW. bei cos g> = 0,8 mittelst Kautschukbandkuppelung angekuppelt
Die Generatoren habeu festen Anker und bewegliches Magnetrad und liefern den 8trom mit
3000 V. und 50 Per. Das Magnetrad hat 20 Pole. Der äoBaere Dm. eines grossen Generators ist 3,88 m,
das Gewicht ungefähr 80 t Die Erregermaschinen liefern Gleichstrom von HO V. In dem bereite
erwähnten Transfonnatorenranm ist Plata fttr sechs öltransformatoren mit Wasserkühlung tob je
1 150 KV. A
Das Gewicht eines Transformators voll mit öl beträgt 9000 kg. Die Schaltang ist so einge-
richtet, dass sowohl Strom von 26000 als auch yon 15000 Y. ans dem Transformator entnommen
werden kann. Infolgedessen hat jeder Transformator drei Klemmen fQr den Anschluss des Maschinen-
Stromes und sechs Klemmen fttr die Abnahme des Hochspannungsstromes.
solange nur ein Druckrohr von 8,3 m Dm., also 8,55 qm Querschnitt verlegt ist, dem Verfasser am
besten an entsprechen schien. Will man sechs Turbinen, also 8100 PS« als installierte Leistung gelten
lassen, so ist die Umrechnung leicht durchgerührt.
•) Auf Taf. XLÜI, Fig 3 sieht man die Eingangstflr in die Werkstatt
7) Geliefert von Neyret-Brenier et Cie., Grenoble.
•) Die elektrische Einrichtung ist von Brown, ßoveri & Co. in Baden (Schweis) geliefert.
§ 26. Das Wasseri3UFi>ElbctkizitIt8werk bei Champ (Füre et Morge). 641
Alle Maschinenkabel werden in einem Kabelkanal von 1,30 m Breite und 3,0 m
Höhe znm Schaltraum geführt. Im ganzen stehen für den Schaltraum in allen 3 Etagen
rd. 300,6 qm, d. h. pro 100 install. Turbinen-PS« 4,3 qm oder, wenn man auch die
sechste Maschine, für welche der Platz vorgesehen ist, mit berücksichtigt, 3,7 qm zur
Verfügung.
In Höhe des Maschinenflurs befindet sich das Schaltbrett für die Maschinen. In
Höhe der ersten Etage an der Bedienungsbrücke das Hauptschaltbrett. Die Hochspan-
nungsleitungen werden in einem kleinen giebelartigen Aufbau aus dem Schaltraum
herausgeführt und zwar durch Öffnungen, welche durch glasierte Tonrohre ausgefuttert
sind. Jeder Draht ist ausserdem noch an der Ausfuhrungsstelle durch ein dickes Glas-
rohr umhüllt. Ein zweiter Satz Blitzableiter ist auf dem ersten Doppelmast vor der
Zentrale aufgestellt (Taf. XLHI, Fig. 3).
Wie bereits im Eingang erwähnt, ist der Strom im wesentlichen für das Industriegebiet in
den Tilern der Morge und der Fnre bestimmt. Die Hauptorte dieses industriellen Gebietes sind:
Moirans, Voiron, Rives, Charavines, Penage und Faros. Die Entfernung zwischen Voiron im Tal der
Morge und dem Krafthause betragt 41 km, diejenige zwischen Rives, dem Zentrum des Industriegebietes
der Fnre und dem Krafthanse etwa 42 km. Bis Moirans waren 1904 zwei Leitungen von je drei Drahten
(7,0 mm Dm.) verlegt Da die 8oci6tö Grenobloise de Force et Lumiere (vergl. § 28) das gleiche Gebiet
versorgt und zwar auf Grand von Konzessionen, welche sie von den Gemeinden erlangt hatte, haben
sich die beiden Gesellschaften vertraglich dahin verständigt, ihre Leitungen auf gemeinsamen Gitter-
masten zu verlegen. Eine Abb. der Fernleitung findet sich auf Taf. LXXXIII, Fig. 1.
Die normale Entfernung der Gittermasten beträgt 60,0 m und sie sind stark
genug, tun 20 Drahte tragen zu können. Die Gesamthöhe eines Mastes ist 13,6 m, die
Höhe bis zur Unterkante des Fangrahmens 8,0 m (vergl. Kap. III, 7. Fernleitungen).
Die Isolatoren sind mittelst eiserner Stützen auf eichenen Querträgern befestigt und
so gestellt, dass die drei Drähte einer Leitung durch die Spitzen eines gleichseitigen
Dreiecks von 0,70 m Seitenlänge gehen. Von Moirans an sind die Linien auf Holz-
masten von 12,0 m Höhe montiert, welche 1,75 m tief in den Boden gesteckt sind.
Der niedrigste Draht ist überall noch 7,50 m über dem Boden. Die eisernen Fang-
rahmen an den Masten sollen verhindern, dass ein gebrochener Draht zur Erde fallen
kann. Man hatte ursprünglich diese eisernen Rahmen, welche durch Schellen an den
Holzmasten befestigt sind, geerdet, hat aber im Laufe der Ausführung die Erdung
wieder aufgehoben.
Da die Leitungen der beiden oben erwähnten Gesellschaften bis Moirans dieselbe Spannung
haben, so hat man daselbst die Einrichtung getroffen, dass die Leitungen zusammen geschaltet werden
können* damit die eine Gesellschaft für den Fall eines die Stromlieferung unterbrechenden Unfalles in
ihren Anlagen den Strom aushilfsweise von der anderen beziehen kann.
Wie aus den im Eingang gegebenen Mitteilungen hervorgeht, wird der Strom im wesentlichen
an Industrielle abgegeben, welche Mitglieder des Syndikates sind. Für 57 Abonnenten waren 1904
Transformatoren aufgestellt und ausserdem 11 Unterstationen von. 500, 800 und 150 K.V.A. eingerichtet.
Die bei den Abnehmern aufgestellten Transformatoren haben 80, 50 oder 100 E.Y.A.-Leistung8fahigkeit
Der Strom wird je nach dem Verwendungszwecke auf 2000 oder auf 1000 V. transformiert. Für Licht-
abnehmer findet eine Transformierung auf 120 V. statt Industrielle, welche den Strom mit einer
anderen Spannung als 2000 oder 1000 V. verwenden wollen, transformieren sich den Strom selbst nach
ihren Wünschen.
Bei der Berechnung der Fernleitung ist angenommen, dass nach Moirans 8500 KW mit einem
Spannungsabfall von 7°/o zu übertragen sind. Das Gesamtfernleitungsnetz hatte 1904 eine Lange von
rd. 67,5 km, das Verteilungsnetz von rd. 23,0 km. Für das letztere ist ein Energieverlust von 10°/o
bei der Berechnung zugrunde gelegt
Bezüglich der Anlagekosten ist bereits in Tabelle I, S. 242/243 Mitteilung ge-
macht Erwähnt sei nur noch, dass Fernleitnngs- und Verteilungsnetz einschliesslich
642 II. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
der Transformatoren 860 864 Frs. gekostet hat. Die Gesamtkosten, einschliesslich Geld-
beschaffung etc., haben 5123000 Frs. betragen.
Nach dem Geschäftsbericht für das Jahr 1903 hatte sich die monatliche Ein-
nahme bereits so entwickelt, dass für das Jahr 1904 auf eine Einnahme von 527 000 Frs.
für 3738 angeschlossene elektrische PS« gerechnet werden konnte. Danach würde auf
die PS» und Jahr durchschnittlich rd. 141,0 Frs. Einnahme entfallen (vergl. S. 532 und
die Angaben S. 337 und 338).
§ 27. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk der Ontario Power Com-
pany of Niagara-Falls. Hie™ Tat xliyi).
Die genannte Gesellschaft hat eine Anlage für 205000 PS« projektiert und z. T.
schon zur Ausführung gebracht, die wohl, was Gesamtgrösse und die Abmessungen
der einzelnen Bauteile betrifft, zurzeit (1906) noch zu den grossartigsten der Welt
rechnen dürfte.
Aufwärts der Niagarafalle bildet der Fluss die Dufferin-Inseln (Taf. XLIV,
Fig. 1* und 3). An dieser Stelle ist durch Errichtung eines machtigen Dammes aus
armiertem Beton von 235,0 m Länge ein grosses Becken gebildet, in welches hinein
das Wasser des Niagaraflusses durch 25 Öffnungen eines Regulierungswerkes gelangen kann.
Jede Öffnung hat 6,1 m Breite und 1,83 m Höhe und kann durch eine Schütze rer-
schlössen werden. Das Begulierungswerk ist unter etwa 45° schräg zur Stromrichtung ge-
stellt, um das im Flusse sehr reichlich auftretende Triebeis abzulenken und in den
Strom zurückzuführen. Vor dem Regulierungswerk ist eine Grundschwelle errichtet,
welche den Kies und Sand von den Einlasschützen nach Möglichkeit abweisen soll. Das
Wasser des Niagaraflusses führt verhältnismässig wenig Sinkstoffe, da der Eriesee als
wirksames Ablagerungsbecken dient. Der flusseitige Damm aus armiertem Beton ist an
der Krone etwa 1,37 m, am Fusse etwa 3,5 m stark. Die Höhe des Dammes beträgt im
Becken von der Sohle bis zur Krone rd. 4,3 m, an der nach dem Fluss zugekehrten
Seite gemessen rd. 2,9 m (Taf. XLIV, Fig. 2 und Abb. 124). Die landseitige Ufer-
begrenzung des äusseren Beckens ist so geführt, dass sie mit dem am unteren Ende
des äusseren Beckens aufgestellten Rechen einen Winkel von ungefähr 166° einschliesst.
Auf diese Weise soll das Eis, welches sich im Becken selber bildet, oder durch die
Schützen hineingelangt sein sollte, an der Uferwand und dem Rechen entlang wirksam nach
dem Überlauf hingeleitet werden. Letzterer ist am Ende des flusseitigen Betondammes
angelegt. Der Rechen steht anf einer Sohlenerhebung, sodass sich verlang* desselben
gegen die Sohle des äusseren Beckens ein scharfer Absatz bildet und die Ablagerungen
nach den in der Überlaufmauer befindlichen Grundschützen gespült werden können.
Die Lage des Rechens ist vom Gesichtspunkt der Beseitigung des Eises und der Ab-
lagerungen sehr gut gewählt und es kommt demgegenüber der kleine Gefällverlust
welcher durch die Richtungsänderung der Wasserfaden am Rechen verursacht wird,
nicht in Betracht. Das durch den Rechen fliessende Wasser tritt in das innere Becken
ein, welches an seinem unteren Ende durch die Druckkammer begrenzt ist. Diese Druck
i) Die Abbildungen und Tafelfiguren sind der Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1905 8. 2011
and f., Aufsatz von Albert Ungerer: a Deutsche Turbinen am Niagara* entnommen.
% 27. Das Wabbebkäaft'Eleictiiizitätswerk der Ohtario Power Co.
kammer ist für die AuBmündung von drei
Druckrohren von je 5,50 m innerem Dm.,
also 23,75 qm lichtem Querschnitt einge-
richtet. Jede Drnckrohrkammer kann durch
eine als Hohlkörper ausgebildete eiserne
Schätzentafel von über 30,0 qm wasserbe-
netzter Fläche geschlossen werden. Diese
Schützen laufen auf Rollen und ihr Gewicht
ist durch Gegengewichte ausbalanciert. Der
Antrieb erfolgt durch Elektromotoren.
Die Druckrohrleitung bat eine Länge
von 1860,0 m (vergl. Taf. XLIV, Fig. 3).
Drei Rohre sind imstande, 23,75 X 5 X 3
= 355,25 cbm/sek. bei 5,0 m/sek. Geschwin-
digkeit den Turbinen zuzuführen. Zunächst
(1904) wurde nur ein Rohr verlegt, welches
aus besten Stahlblechen von 12 mm Dicke
hergestellt ist. Es wurde mittelst Nietina- «
gehiuen in einzelnen Schüssen von 2,5 m 2
Lange zusammengenietet, und die einzelnen £
Schüsse wurden durch Ringe aus ähnlich wie g
Eisenbahnschienen profilierten 'Walzträgern §
versteift (vergl. Kap. III, 4. Druckrohre und 5
Taf. LVIDI , Fig. 7). Zum Schutze und aar S
weiteren Versteifung des Rohres nnd um c
eine vollkommen sichere und gleichmässige w
Lagerung herbeizuführen , ist das Rohr in £
ein Betonbett von 46 cm Stärke an der
Sohle, von 90 cm Stärke an den Seiten- 2
wänden und von 61 cm Stärke an der Decke ■*>'
eingebettet und dann mit Boden bedeckt. **
Infolgedessen waren Dilatations-Vorrichtungen
nicht nötig. Das Rohr fällt von der Druck-
kammer bis zu der Stelle vor dem Kraft-
banse, wo die Turbinenrohre abzweigen,
am 8,5 m ab. Am Ende jedes Hauptrohr-
Stranges ist ein offenes Steigerohr aus ar-
miertem Beton vorgesehen, um die bei der
grossen Geschwindigkeit zu befürchtenden
Wasserschläge auf ein unschädliches Mass zu
beschränken. Das aus dem Steigerohr aus-
tretende Wasser wird durch die Überfallrolire
in einen Tunnel geführt, welcher direkt in
den Niagaraftuss mündet.
Das Krafthaus ist in die Schlucht des
NiagarafluBses unterhalb des kanadischen
Horseshoe - Falles eingebaut. Das Ende des
Druckrohres liegt parallel zu der Achse des
544 IL Theodor Kobhk. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
Krafthauses auf dem oberen Uferrande (Taf. XLIV, Fig. 4 und 5). Von jedem
flauptrohrstrang sollen 6 Zweigrohre von je 2,745 m innerem Dm. zu den 6 Haupt»
torbinen fahren und ausserdem 2X2 Rohre von 760 mm Dm. für die Erregerturbinen
▼erlegt werden. Die bereits verlegten Zweigrohre liegen paarweise in einem Tunnel,
welcher unter dem Hauptdruckrohr als vertikaler Schacht abfällt und etwa in der Hohe
des Maschinenflures in einen sanft geneigten Tunnel übergeht Die ursprüngliche Ab-
sicht, diese Tunnel unter 45° zur Vertikalen zu bohren, musste wegen der hierfür un-
günstigen Schichtung des Gebirges aufgegeben werden.
Jede Turbine leistet normal je 11340 PS. bei 53,4 m Nutzgefälle und etwa
20 cbm/sek. Wasserverbrauch und macht 187,5 Uml./Min. Es sind Zwillingaspiral-
turbinen. Jedem Spiralgehäuse einer Turbine wird das Wasser durch eines der zwei
Turbinenrohre von unten zugeführt, in welches sich jedes Zweigrohr gabelt. Beide
Spiralgehäuse giessen axial nach innen in ein gemeinsames Saugrohr von 3050 mm Dm.
aus, sodass sich bei gleichmäßiger Beaufschlagung beider Turbinenhälften axialer Druck
auf die Welle nicht äussern kann. Diese Turbinen*) waren zurzeit ihrer Bestellung
(am 1. Oktober 1903) die grössten Einheiten der Welt (vergl. S. 8), dürften aber heute
(1906) bereits, u. a. von den Turbinen der Toronto and Niagara Power Co. (vergL S. 548)
um 1000 PS#, übertroffen sein. An jedem Zweigrohr ist zur weiteren Vermeidung starker
Wasserschläge ein Sicherheitsventil angebracht, welches so reguliert ist, dass es ach
bei Erhöhung des Druckes über ein gewisses Mass hinaus öffnet und Wasser in den
Turbinenkanal entweichen lässt. Das Sicherheitsventil, bestehend ans einem Kolben-
schieber, wird durch Drucköl mehr oder weniger geöffnet, sobald der Druck in der
Rohrleitung über ein gewisses Mass steigt und geht in die Schlusstellung langsam zurück,
sobald der Druck sinkt (vergl. Kap. HI, 5. Turbinen und Tal LXXIV, Fig. 1—3). Das
gemeinschaftliche Saugrohr jeder Zwillingsturbine ist in dem Betonkörper des Maschinen-
fundamentes ausgebildet und mündet in den Turbinenkanal. Für jede Zwillingsturbine
ist ein besonderer Turbinenkanal angelegt, in welchem durch eine Überfallmauer das
Wasser stets so hoch gehalten wird, dass die für den Betrieb erforderliche Eintauchung
erhalten bleibt (Taf. XLIV, Fig. 6). Im Frühjahr 1904 waren 3 Turbinen bereits an-
geliefert, wegen Verzögerung in der Lieferung der Generatoren konnten aber erst in
Oktober 1905 die Abnahmeversuche stattfinden, wobei die garantierten Nutzeffekte mehr
als erreicht worden sein sollen.
Jede Turbine ist mittelst Scheibenkuppelung mit einem Dreiphaseadrehstre»»
Generator9) verbunden, welcher den Strom mit 12000 Volt und 25 Per./sek. abgibt.
Mit Rücksicht auf die Schwierigkeit, in der Schlucht des Niagaraflussee Platz zu
schaffen, wurde an das Krafthaus zur Unterbringung der für die Maschinenregnlierung
selbst erforderlichen Schaltanlage nur ein verhältnismässig kleiner Anbau gemacht
während für die grosse Verteilungssehaltanlage ein besonderes Gebäude auf der Höhe
des Uferrandes errichtet worden ist, zu welchem die Kabel in einem besonderen Kabel-
kanal emporgeführt wurden (Taf. XLIV, Fig. 4 und 5).
*) Geliefert von J. M. Voith in Heidenheim a. d. Brenz.
*) Geliefert von der Westinghonse Company.
§ 28. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk der Niagara Falls Power Co. 545
§ 28- Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk der Niagara Falls
Power Company1).
Durch die Ausdehnung der Stadt Niagara Falls waren bereits im Jahre 1890
die Grund- und Bodenpreise so gestiegen, dass an die Anlegung eines zweiten Kanals
ähnlich dem in § 29 zu beschreibenden Kanal (Taf. XLIV, Fig. 7) schon nicht mehr
gedacht werden konnte. Es musste deshalb die im Jahre 1890 gegründete Gataract
Construction Company — welche eine Konzession für 125000 PS« auf amerikanischer Seite
erworben hatte, um diese Kraft nach der 32 km entfernten Stadt Buffalo zu übertragen
— auf eine andere Lösung bedacht sein. Sie veranlasste im Jahre 1891 einen inter-
nationalen Wettbewerb zur Erlangung von Projekten, wobei sie für den wasserbaulichen
Teil als Programm aufstellte, dass das Wasser durch einen kurzen Oberwasserkanal dem
Krafthause zugeführt und in einem Tunnel in das Unterwasser des Flusses geleitet werden
sollte*). Im Jahre 1903 war bereits das Krafthaus I ausreichend für 10 Einheiten zu je
5040 PSe, erbaut, und später ist dann noch das Krafthaus II, ausreichend für 11 Einheiten
ä 5500 PSe, hinzugekommen (Abb. 125). Zum Zwecke der Betriebsübernahme wurde
die Niagara Falls Power Company gegründet.
Der kurze Werkkanal, durch welchen das Wasser den in der Nähe des Fluss-
ufers errichteten Krafthäusern zugeführt wird, liegt bei a auf Taf. XLIV, Fig. 7.
Direkt aus dem Werkkanal zweigen die einzelnen Druckkammern ab, welche durch
Schützen abschliessbar sind und von denen schwimmende Körper durch Rechen abge-
halten werden (Abb. 126). Aus jeder Druckkammer mündet ein Druckrohr aus von
2,29 m innerem Dm., dessen in Beton hergestellte Ausmündung konisch erweitert ist,
sodass das Wasser ruhig und ohne Wirbelbildung einfliessen kann.
Die für das erste Krafthaus aufgestellten 10 Turbinen stehen in einem 4,877 m
breiten, in den Felsen eingesprengten Schacht. Es sind Doppel- Fourneyron-Turbinen8),
welche bei 41,4 m Druckgefälle und 250 Uml./Min. je 5040 PSe liefern (Abb. 127). Die
Turbinen sind ca. 12,20 m von Achse zu Achse entfernt.
Der Eintritts-Dm. der Laufräder beträgt 1600 mm, ihre freie Breite 276 mm. Die Regulierung
geschieht selbstwirkend durch Vermittelung von zwei äusseren Ringschiebern. Leit- und Lanfräder sind
aus Bronze und durch ebene Zwischenböden in drei Etagen geteilt Ein Teil des grossen Gewichtee der
vertikalen Welle und der oben aufsitzenden Dynamomaschine wird von dem Wasserdruck auf den
oberen Laufradteller, der Rest in 10 Kämmen eines Spurlagers aufgenommen. Die Welle besteht, ans
geechweissten Stahlröhren von 965 mm Dm. und 8 mm Wandstärke, die an zwei Stellen zum Zweck
der Lagerang von massiven Stahlwellen von 280 mm Dm. unterbrochen werden.
Das aus den Turbinen austretende Betriebswasser wird in einem 2150,0 m langen
Tunnel von 31,2 qm Querschnitt dem Niagaraflusse wieder zugeführt. Um die Kosten
dieses Tunnels möglichst einzuschränken, gab man ihm ein Gefälle von 7°/oo. Die Ge-
schwindigkeit des durchströmenden Wassers beträgt 8,35 m/sek., wenn die 21 Einheiten
der beiden Krafthäuser im Betriebe sind und zur Leistung von etwa 110000 PS« rd.
260,5 cbm/sek. zum Abflugs kommen. Da bei der beschriebenen Anordnung mit Fouraeyron-
Turbinen, wie erwähnt, nur 41,4 m Druckhöhe ausgenützt wurden, wählte man für das zweite
!) Die Abbildungen sind dem Buche von Wilhelm Wagenbach: Turbinenanlagen, Berlin
1905, S. 50 und ff. entnommen. Wegen der sekl. Wassermengen und des Gefälles der Niagara Falls
vergl. S. 548.
») Vergl. Blla Szüts, Zeitschr. d. V. deutscher Ing. 1892, S. 89 und Riedler, Zeitschr. d.
Ver. deutscher Ing. 1892, S. 1219.
3) Die Turbinen sind von Faesch & Piccard, Genf (später Piccard & Pictet), entworfen und
von J. P. Morris, Phüadelphia, ausgeführt (vergl. S. 8).
Handtmeh der Ing.-Wiaaensch. HI. Teil. 18. Bd. 85
IL Theodok Koehn. Ausbau tob WasserkrIftkn. Beispiele.
Krafthans, dessen Gesamtanordnung in allen
wesentlichen Teilen im übrigen die gleiche ist
wie beim Krafthanse I, Franeis^GehKnse-Tar-
binen*) mit jezwei Saugrohren and einem Laaf-
rad-Dm. von 1600 mm. Die Breite des Tnr-
hinenschachtes betragt auch für Krafthaas U
4,877 m. DieSaugrohreliegp.il in den Seiten Wan-
dungen and sind in Beton and Eisen hergestellt.
Jede Turbine leistet 5500 PS. bei 250 UmUMin.
Das Gewicht der rotierenden Teile betrigt
71000 kg, wovon durch einen im Deckel des Tur-
binen geh Suaea eingebauten Entlaetungskolbeu tm
1600 ram Dm. 66000 kg aufgenommen werdm, wii
rend der Rest von 5000 kg auf ein waaaergekohlt«
a Turbinen sind oach Konatruktionsteichnungen der Firma Escher, Wyss 4 Co.
rar die Lanl'rader und Regulatoren in Zürich und die Qbrigen Teil* in Amerika.
a ZOrit»
§ 28. DAS WABBXRKRAFT-ELBKTBIZn'llBWEBK DEE NlAGABA. FALLS POWBB Co. 547
Ringspurlmgar normaler Konstruktion entfallt Abbi ,27- Gnrodriat und Querschnitt einer Fonrneyron-
Ei». OeumUnordnung der Turbinen de. K»ft- Turbin8 *■ Kr «***»•• * *« »•*«» **"» P°w«s Co.
h«M II and ihre Regulierung sind auf Taf.
LX1V, Fig. 8—7 dargestellt (vergL anoh Kap.
III. S. Turbinen).
So grossartig and interessant
diese Anlagen auch sind, so stellen sie
doch nur einen Notbehelf dar, zu dem
man greifen musste, weil der Grund-
erwerbfur einen offenen Kanal nach dem
Muster der Niagara Falls Hydraulic
Power and Mannfactnring Company
(§ 29, S. 549) nicht mehr möglich
war. Die langen Tertikaien Wellen,
die Aufstellung in den tiefen Schächten
und die Lagerang derselben anf Eisen-
konstruktionen, welche in den Seiten-
wänden der Schächte eingelassen Bind,
hatten eine ganze Reihe von fj bei-
ständen im Gefolge, welche die Unter-
haltungskosten des Werkes erheblich
erhöhen. Bei den in jeder Turbine zur
Wirkung kommenden grossen Kräften
ist eine starke Vibration aller metal-
lischen Teile nicht zu vermeiden, wel-
che aber bei der besprochenen Anlage
um so bemerkbarer wird, weil eine
ausreichend starke Lagerung der Tur-
binen fehlt. Deshalb sind für die An-
lage der Canadian Niagara Falls Power
Company (vergl. den Lageplan Taf.
SLIV, Fig. 3), welche ebenfalls von der
Cataract Construction Co. herrührt und
deren Gesamtanordnung im übrigen un-
gefähr die gleiche ist, wie die beschrie-
bene, steifere und stärkere Eisenkon-
struktionen zur Unterstützung von Tur-
binen und Druckrohren gewählt. Eine
Darstellung von diesbezüglichen Einzel-
heiten findet sich auf Taf. LXIII, Fig.
5 und 6. Von den 10 Turbinenein-
heiten, welche im Krafthause der Cana-
dian Niagara Falls Power Company zur
Aufstellung gelangen sollen, waren 1904
die ersten drei aufgestellt6). Jede Tur-
bine kann 10000 PS. bei 250 Uml./Min.
entwickeln.
3 Bacher, Wyes 4 Co.
548 II. Theodor Koehn. Ausbau vom Wasserkräften. Beispiele.
Die Turbinen sind Doppelfrancisturbinen in geschlossenen, zylindrischen StahlgahSnaf. Die
Begulierung geschieht durch zwei gegenläufige Spaltschieber ans Bronze, welche von einem ähnlichen
hydraulischen Regulator beherrscht werden, wie die Turbinen des Krafthauses IL Zur Entlastung dieaei
der untere rolle Laufradteller von 1025 mm Dm. und ein Entlastungskolben von 1170 mm Dm. De
Rest des Druckes wird durch ein Ringspurlager aufgenommen, dessen Laufflachen durch Press gl ▼«
25 Atm. entlastet sind. Ein Querschnitt und ein Längsschnitt der Gesamtanordnnng der Turbinen na4
Druckrohre ist auf Taf. LXIY, Fig. 1 und 2 dargestellt (vergl. auch Kap. III, 5. Turbinen).
Erwähnt sei noch in diesem Zusammenhange, dass an der kanadischen Seite der
Niagara-Fälle im Jahre 1904 die Toronto and Niagara Power Co. mit dem Bau eines
grösseren Wasserkraft-Elektrizitätswerkes mit 11 Einheiten zu je 12600 P8e begonnen
hat9). Bei dieser Anlage ist man bezüglich der Lagerung der Turbinen noch einen
Schritt weiter gegangen und hat, um starke Vibrationen der Turbinengehäuse und
Druckrohre zu vermeiden, den Turbinenkanal unter dem Krafthause in zwei Arme
geteilt und zwischen diese die Turbinen direkt auf die Felssohle gesetzt. Die
Zwischenlager der Turbinenwellen und der Druckrohre sind nicht auf eisernen
Trägern, sondern auf starken Gewölben gestützt.
§ 29. Das Wasserkraft-ElektrizitAtswerk der Niagara Falls
Hydrauüc Power and Manufacturing Company.
Hieran Taf. XLIV, Fig. 7-9 1).
Die sekl. Wassermenge der berühmten Niagarafalle, welche der Niagarafluss in
der Mitte seines Weges zwischen dem Erie- und dem Ontario-See bildet, wird bei N.W.
auf 7000 cbm, bei M.W. auf 11000 cbm geschätzt. Die Fallhöhe beträgt rd. 50,0 m.
Mit den Stromschnellen des Niagaraflusses oberhalb Niagara Falls ergibt sich ein Ge-
samtgefalle von 62,0 m bis 66,0 m. Die Höhendifferenz zwischen den Wasserspiegeln des
Erie- und Ontario-See beträgt rd. 100,0 m. Durch die Felseninsel Goat Island wird der
Niagara in zwei Teile geteilt. Der grössere Fall, welcher wegen seiner Form auch der
Horseshoe-Fall genannt wird, liegt auf der kanadischen Seite.
Von den durch die Natur an den Niagara Falls selbst gebotenen rd. 4500000
fast ständig verfügbaren Nutz-PS* sind etwa 10% für industrielle Zwecke bereits
freigegeben. Mehr zu entnehmen wird hoffentlich nicht gestattet, damit das wundervolle
Naturschauspiel der Niagaraf&lle merkbar nicht beeinträchtigt wird.
Von den an und in der Nähe des Niagara- Falls bestehenden sechs grossen An-
lagen*) hat die Niagara Falls Hydraulic Power and Manufacturing Company die älteste
Geschichte. Schon im Jahre 1842 fasste August Porter, als Eigentümer grosser
Landstrecken auf dem Gebiete, wo jetzt die neueren Teile der Stadt Niagara-Falls er-
baut sind, den Plan, aus dem Niagara Fluss oberhalb der Stromschnellen auf amerikani-
scher Seite einen 1,2 km langen Kanal abzuzweigen und nach dem unteren Teile des
Niagaraflusses zu führen, welcher hier in einer tiefen Schlucht von 300,0 m Breite dem
6) Eng. Becord 1904, I, 8. 180.
1) Die Abbildungen und die Tafelfiguren sind der Zeitschr. d. Ver. deutscher log. 1900. 8. 346,
Bericht von A. Sehen feien, entnommen.
*) Erwähnt wurde in den §§ 27 und 28 noch nicht die Hamilton Cataract Co. mit rd. 45000 PS*
vergl. 3. 15 n. S. 611, sowie Zeitechr. d. Ver. deutscher Ing. 1905, S. 2009 u. ff. Albert Ungerer: Deut*
sehe Turbinen am Niagara.
§ 29. Das Wabsbrk&aetJ3lextbizitItbwerk der Niaoaba Falls Hydraüj jc Power Co. 549
Ontario-See zuströmt. Aber erst im Jahre 1858 wurde der Kanal in geringer Breite und
mit 2,4 m Tiefe hergestellt und die Entnahme von Triebwasser für Mühlen nnd ähnliche
gewerbliche Anlagen verpachtet. Im Jahre 1877 wurde die in der Überschrift genannte
Gesellschaft gegründet') nnd diese erweiterte den Kanal auf rd. 30,0 m Breite,
vertiefte ihn auf 4,3 m und legte am Ufer 56,0 m über dem Fluss ein grösseres Ver-
teilungsbecken an. Durch den Kanal können ca. 130 cbm/sek. bei einer Geschwindig-
keit von rd. 1,0 m geführt werden, womit rd. 73000 Nutz-PS, zu erzielen sind.
Der Niagara-Flnss ist an der Stelle, wo der Kanal abmündet, 1600,0 m breit. Die
Gesellschaft begnügte sich zunächst auch noch damit, das Triebwasser an Müllereien etc.
zu verpachten, welche ihrerseits für die Aufstellung der Turbinen und die Einrichtung
Abb. 128. Das neue Krafthaoa der Niagara Falls Hydranlic Power and Mamtfaetaring Co. and die alten
Triebwerke am Unterwasser der Niagara- Fülle (Amerikanische Seite}.
ihrer Fabrikationsanlagen selbst zu sorgen hatten. Es wurden die Turbinen meistens
in mehr oder weniger tief in den Felsen eingearbeiteten Schächten mit senkrechten
Wellen aufgestellt, und das Betriebswasser Hess man frei über die Felswand des Ufers
in den Fluss hinabstürzen (Abb. 128). Im Jahre 1895 soll daselbst zum ersten Male eine
Turbine mit wagerechter Welle von 600 PS, aufgestellt sein, welche ihre Energie durch
Hanfseile nach der 20,0 m höher stehenden Dynamo für eine elektrische Kraftverteilung
abgab. Aber erst in den Jahren 1895 — 96 wurde der erste Ausbau der grossen hydro-
elektrischen Anlage vollendet, welche hier kurz beschrieben werden soll.
Um das Gefälle möglichst vollkommen ausnützen zn können war es nötig, das
Krafthaus in die Schlacht seihst hineinzulegen. Die hierfür erforderliche Grandfläche
■) Gründer war ein Deutsch - Amerikaner , der aus Kirchheim in Württemberg stammende
Gross imiustrielle Jakob Soboellkopf in Banale, welcher den alten Kanal mit allen Rechten für
73000 Dollar« kaufte.
550 U. Theodor Koehn. Ausbau von WabbebkrLftkb. Bkibpiblb.
musste aber erst durch Absprengen der senkrechten Felswand gewonnen werden. E«
wurden dann von dem Verteilungsbecken zwei Stichkan&le abgezweigt und zu
hart an der Felswand angelegten Torbecken geführt (Taf. XLIV, Fig. 7—9).
Mauer, welche das Vorbecken flusseitig begrenzt, ist an mehreren Stellen mit Über-
läufen und Eisschützen versehen, durch welche der Überschuss an Wasser und das sich
im Wasser reichlich bildende Eis abgeführt werden können.
Nach dem Projekt für den ersten Ausbau sollten aus dem Vorbecken zunächst
drei Druckrohrleitungen ausmünden, welche am oberen Ende 2,4, im Krafihauae selbst
3,0 m lichten Durchmesser haben sollten. Jedes Druckrohr kann ca. 13,3 cbm/sek. fahren
bei einer Geschwindigkeit am oberen Ende von 2,95 m und am unteren von ca. 1 ,88 m.
Jede Druckkammer ist für sich mit zwei Schützen abschliessbar und der Reche« ist
hinter diesen Schützen in der Druckkammer selbst aufgestellt, so dass auch der Rechen
bei Schliessung der Schützen trocken gelegt werden kann. Die Entlüftung jedes Drock-
rohrs erfolgt durch die Druckkammer selbst, und es kann auch bei Entleerung des
Druckrohres durch die Druckkammer Luft in dasselbe eintreten. Am unteren Ende
jedes Druckrohres ist ein Windkessel mit Sicherheitsventil eingebaut, um die Wasser-
schlage auf ein unschädliches Mass einzuschränken. Das zuerst verlegte Druckrohr hat
vier Verteilungsstutzen von je 1,5 m Dm. für vier Turbinen von je 2000 PS* Es ist
aus Siemens-Martin-Stahl hergestellt und in einzelnen Schüssen, welche ofenrohrartig in-
einandergesteckt sind, zusammengenietet. Die Blechstärke wächst von 8 mm oben Ins
25 mm unten. Die Turbinen4) sind Zwillings-Spiralgehäuse-Turbinen mit horizontaler
Welle, 250 Uml./Min. und je zwei Leit- und Laufrädern, welche axial in zwei ge-
trennte Saugrohre ausgiessen. Jede Turbine ist mit einem Lombard-Water-Whed-
Regulator ausgerüstet. Die Welle jeder der zuerst aufgestellten Turbinen ist auf jeder
Seite mit einer Gleichstromdynamo von 560 KW gekuppelt.
Der Flur des 30,5 m breiten Knfthanses liegt hochwasserfrei. Es war infolge-
dessen nötig, um die erforderliche Eintauchtiefe der Saugrohre in das Wasser des
Turbinenkanals bei N.W. sicher zu stellen, denselben am unteren Ende mit einer Über-
fallmauer abzuschliessen, über welche das Betriebswasser dann in den Fluss abstürzt
Das Krafthaus wurde beim ersten Ausbau in einer Länge von 36,6 m für drei Reihen
von je vier Turbinen, also zusammen für rd. 24000 PS# angelegt. Es soll inzwischen
um seine ganze Länge vergrössert, und mit weiteren fünf horizontalachsigen Doppel-
turbinen von je 2500 PS« der Jonval-Geyelin-Type *) mit 257 Uml./Min. ausgerüstet sein.
Der Dm. der neuen Druckrohre ist auf 3,45 m vergrössert.
Die in dem Krafthause erzeugte Energie wird zum Teil in den in der Nähe be-
findlichen Mühlen, Papierfabriken und besonders in der oberhalb des Krafthauses er-
bauten Aluminiumfabrik verwendet, zum Teil zum Betriebe von Strassenbahnen, zur
Beleuchtung und für andere industrielle Zwecke auf grössere Entfernungen übertragen.
Dm in Abb. 128 neben dem Krafthause sichtbare Gebinde enthalt eine Holzachleiferei, welche
anch Ton dem Gründer der Mannfactnring Co. errichtet wurde. £s ist die erste in der NiagarmacUncht
selbst angelegte Fabrikanlage, bei welcher eine rationelle Ausnutzung des DruekgefUles ermöglicht
wurde. Das Holz wird oben geschalt und gespalten und geht dann in dem Aufzug auf schiefer Ebene
hinab rar Schleiferei, um als fertiger Holzstoff wieder zur Papierfabrik in demselben Aufsog hinaaf-
beftrdert zu werden.
Von allen an den Niagarafallen ausgebauten Wasserkräften ist die in diesem §
beschriebene Anlage die einfachste und zugleich diejenige, welche, was den baulichen Teil
betrifft, die wirksamste Ausnützung des vorhandenen Gefälles gestattet.
*) Geliefert von James Leffel & Co. in Springfield.
*) Geliefert von R. D. Wood & Co., Philadelphia.
§ 30. Das Wassebkraft-ElbktbizitItswbbk in Sault St. Mäkle. 551
§ 30. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk in Sault St Marie
(Michigan) der Michigan Lake Superior Power Co.1).
Das Werk nützt das Gefälle der Soo - Stromschnellen aus, über welche sich das
Wasser des Lake Superior in den St. Marys-Strom ergiesst, um in den Huron-See zu
fliessen. Die Anlage ist insofern interessant, als sie wohl die grfsste sekl. Wassermenge
aufweist, welche bis jetzt in einem Werkkanal den Turbinen zugeführt wird. Die Wasser-
spiegeldifferenz zwischen dem Lake Superior und dem St. Marys -Strom beträgt im
Jahresmittel 6,10 m. Die sekl. Wassermenge, welche dem Lake Superior zufliesst, soll
zwischen 1400—3300 cbm/sek. schwanken. Von dieser ungeheuren Wassermenge hat.
die Michigan Lake Superior Power Co. das Recht 900 cbm/sek. auszunützen. Schon
im Jahre 1885 war auf amerikanischer Seite die Eonzession zur Ausnützung dieser
Wasserkräfte der Stromschnellen gegeben, aber erst viel später, in der zweiten Hälfte
der neunziger Jahre, als schon anderswo grosse Erfolge mit der Fernleitung elektrischer
Energie erzielt waren, konnten für den Ausbau der Wasserkraft im grossen Stile die
Mittel gefunden werden. Sault St. Marie und seine Umgebung bot damals noch kein ge-
nügendes Absatzgebiet für die verfügbare Kraft, sondern man konnte nur darauf rechnen,
durch das Angebot billigen Stromes neue Industrien heranzuziehen. Günstige Vor-
bedingen lagen hierfür insofern vor, als Eisenbahnanschlüsse leicht herzustellen waren
und die Schiffahrt auf den grossen Seen billige Frachten gewährleistete.
Auf der kanadischen Seite wurde ein Bruchteil der in den Stromschnellen ent-
haltenen Kräfte bereits früher ausgenützt, besonders zur Kraftversorgung von Fabriken
in unmittelbarer Nähe.
Die Michigan Lake Superior Power Company hat sich mit den Besitzern der
alten kanadischen Werke zu einer Trustgesellschaft der Consolidated Lake Superior Co.
verbunden, um die Kraftverteilung und die Entwicklung industrieller Unternehmungen
gemeinsam zu betreiben.
Mit der Bauausführung des neuen Werkes ist im Jahre 1898 begonnen, und der
Betrieb im Oktober 1902 aufgenommen worden. In der Konzession war vorgeschrieben,
für die Schiffahrt auf amerikanischer Seite einen vorhandenen Kanal auszubauen und
mit Schiffschleusen für die grössten, zwischen den Seen verkehrenden Dampfer zu ver-
sehen. Es war dem Konzessionär aber dafür auch das Recht verliehen, in dem ameri-
kanischen Gebiet der Stadt Sault St. Marie (Michigan) einen Streifen von 122,0 m Breite
für die Anlage eines Zuführungskanals zu erwerben und zu benutzen (Abb. 129). Das
neue Stück des Schiffahrtskanals einschliesslich der Schleusen und Anlagestellen für
Schiffe hat eine Länge von 900,0 m.
Die Sandsteinfelsen, welche die Stromschnellen bilden, setzen sich am rechten Ufer
in einem Grat von 1,5 km Breite fort. Die Stromschnellen haben in Richtung der
Stromachse gemessen eine Länge von 800,0 m. Der Fluss ist etwa 900,0 m breit.
Der Werkkanal erhielt eine Länge von ungefähr 3800,0 m. Bei seiner Aus-
mündung aus dem See hat er eine Breite von 290,0 m und verengert sich auf einer
Strecke von etwa 400,0 m Länge allmählich auf 76,0 m, um sich auf der dann folgen-
den, ebenfalls 400,0 m langen Strecke zu einem Profil von 67,0 m Wasserspiegel-
i) Die Abbildungen sind der Zeitschr. d. Ver. deutscher log. 1903, 8. 921 n. ff., Aufsatz von
Kurt Meyer, entnommen, vergl. auch Electrical World and Engineer, 27. Sept. 1902, S. 483 und
8. Nov. 1902, S. 735.
662 II. Theodor Koshs. Ausbau vom Wasserkräften. Beispiele.
breite zusammenzuziehen. Die mittlere Wassertiefe des Kanals beträgt 7,32 m, wenn
ca. 800 ebm/sek. durch den Kanal fliessen. Beim Beginn des Normalprofils ist ein
Regulierung« werk eingebaut, bestehend aus Tier Scbützonöffnungen von je 14,6 m Breite
zwischen gemauerten Pfeilern. Die eisernen Schützentafeln haben eine Höhe von 8,0 m.
Vor dem Krafthause, welches unmittelbar am Flusse, etwa 1,0 km unterhalb der Strom-
schnellen liegt, erweitert sich der Kanal zu einem 427,0 m breiten Yorbecken. Der
Baugrund für den Kanal besteht am Lake Snperior aus angeschwemmtem Boden (Sand.
Geröll und Kies), alsdann war der schon erwähnte ca. 1,5 km breite Sandsteingrat zu
durchschneiden. Hierauf folgte Triebsand und Kies und schliesslich auf der letzte«
Strecke bis zum Kraftwerk kieshaltiger Lehmboden. Das Normalprofil des Kanals in
Sandboden hat eine Sohlenbreite von 50,0 m und ungefähr einfache Böschungen. Der
wasserberührte Querschnitt bei voller Füllung (7,5 m WassertiefeJ beträgt etwa
Abb. 129. CberrichtapUii dir WaSMrkraftoolage in Sault St. Marie (Michigan).
431,0 m qm. Etwas über dem normalen Wasserspiegel ist ein Bankett angelegt und
dann folgt bis zur Terrainhöhe eine Trockenmauer aus Bruchsteinen. Das trapez-
förmige Normalprofil unterhalb des Banketts ist an den Stellen, wo härterer Lehm zu
durchschneiden war, in ein halbelliptisches übergeführt mit derselben Wasserspiegel-
breite, aber etwas grosserem Querschnitt. Die mittlere Wassergeschwindigkeit betragt
bei 900 cbm/sek. rd. 2,1 m/sek. Nimmt man in der Formel v = c.yR. J den Beiwert
c zu 70 an, so würde sich J zu 0,000126 oder rd. 1:8000 ergeben. Wo nicht solider
Felsen die Kanalwandungen bildet, ist die wasserberührte Fläche des Kanalprofils mit
Holzbohlen ausgekleidet, welche auf Querbalken befestigt sind. Letztere sind durch
Pfähle im Boden verankert.
An sechs Stellen sind die Ufer des Kanals durch Brücken verbunden.
Vor den Turbinenkammern ist, einen grösseren Raum zwischen sich und den
Kammern freilassend, ein Rechen aufgestellt, welcher sich oben gegen eine von Gitter-
böcken getragene Brücke stützt. Neben dem Krafthause befindet sich ein GrumdaMiss
§ 30.
Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk ts Saült St. Marie.
553
U:
*:
and ein Überlauf zur Regulierung des Wasserspiegels, Spülung des Beckens und zur Ab-
fuhrung des Eises.
Für das Krafthaus sind im ganzen 81 Turbineneinheiten vorgesehen. Das Kraft-
haus ist 417,5 m lang und 30,5 m breit. Es steht auf 12000 Pfählen von 15,0 m
Länge und auf einer durchlaufenden 1,0 m starken Betonsohle, welche die auf gleicher
Höhe abgeschnittenen Pfahlköpfe umschliesst. In dem Krafthaus sind 81 Turbinen-
kammern nebeneinander angelegt von je 4,5 m Breite, 6,0 m Höhe und 13,5 m Länge.
Sie sind voneinander durch Wände aus armiertem Beton getrennt und nach dem
Generatorenraum zu durch halbrunde Wände aus vernieteten Stahl-
blechen abgeschlossen (Abb. 130). Auch wegen dieser eigenartigen Konstruktion
verdient die Anlage Erwähnung und Beachtung. Jede Turbinenkammer kann für sich
durch Dammbalken vom Oberwasser getrennt und trocken gelegt werden. Jede Zwillings-
turbine hat ihren eigenen Turbinenkanal, welcher direkt in den Flyss führt. Die 0,90 m
starken Trennungswände der einzelnen Turbinenkanäle sind ebenso wie die Gewölbe
Abb. 130. Querschnitt und Längsschnitt durch eine Turbinenkammer der Anlage Sault St Marie.
2c
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und die aufgehenden Wände des Krafthauses aus den beim Bau gewonnenen Bruch-
steinen in Zementmörtel hergestellt. Über alle oben offenen Turbinenkammern hinweg läuft
ein Geleise für fahrbare Pumpen, mit denen die Kammern trocken gelegt werden können
und für einen fahrbaren Kran zum Herausheben der einzelnen Turbinenteile im Falle
einer Reparatur. Über den Turbinenkammern und den Generatorensälen sind noch zwei
26,0 m breite und 380,0 m lange Obergeschosse angelegt, deren Decken auf eisernen
Säulen und Trägern ruhen. Ein grösserer Teil des ersten Obergeschosses ist für eine
Karbidfabrik der Union Carbide Co. eingerichtet. Das Dach besteht aus Fachwerk-
trägern und ist mit verzinktem Wellblech eingedeckt.
Es sind liegende Francis-Schachtturbinen2) von je 576 PSe und 180 Uml./Min.
zur Aufstellung gekommen. Die kleine Einheit bedeutet wohl eine Konzession an die
damalige Leistungsfähigkeit der liefernden Fabrik. Heute dürften grössere Einheiten
gewählt worden sein. Man hätte dadurch nicht allein die Anlagekosten des baulichen,
motorischen und elektrischen Teils des Krafthauses verbilligen, sondern auch den Be-
trieb vereinfachen und billiger gestalten können. Jede Turbine verbraucht bei einem
*) Geliefert von der Webster Camp-Lane-Co. in Akron (Ohio).
554 n. Thbodob Kokhn. Ausbau von Wabsbejlrästen. Bmrma
Gefalle von 4,88 m und voller Belastung rd. 11,1 cbm/sek. Wasser, was einem Nab-
effekt von rd. 81 % entspricht. Die beiden zu einer Einheit gehörenden Doppel-Turbinen
haben geschmiedete Wellen ans Siemens-Martin-Stahl, welche durch Scheibenkuppelung-
verbunden sind (Abb. 131). Die Turbinen werden von aussen radial beaufschlagt
und je zwei Laufräder einer Turbine giessen axial nach innen in ein glockenförmiges
Gehäuse aus, welches mit dem Saugrohr verbunden ist. Das Saugrohr ist nach unten
konisch erweitert und hat am unteren Ende einen lichten Dm. von 3,6 m. In den
Ablaafgehäusen ist die Welle gelagert und ausserdem noch in 3 nachstellbaren Lagern
auf gusseisernen Böcken. Um die Belastung der Böcke auf die vertikalen Zwischen-
wände zu übertragen, sind die Füsse dieser Böcke gespreizt. Jedes Ablaafgeh&ose ruht
auf zwei 380 mm hoben I -Trägern, so dass die gewölbte Decke der Torbinenkammer
nur den Wasserdruck aufzunehmen hat. Durch kräftige Zugstangen sind die Ablauf-
gehäuse und die Lagerbocke untereinander verbunden, um eine Verschiebung gegen-
einander zu verhindern.
Abb. 13t. Vierkranzige Fran cia -Doppel tu rbine der Anlag« Sanlt St. Harie.
Jodes Laufrad bat 833 mm Dm. am Spalt und 16 doppelt gekrümmt« Lanfradschaufeln. welea»
mit der Nabe nnd dem Kram ans einem Stack gegossen sind. Jedes Leitrad hat 10 Dreh schaufeln,
welche durch eine gemeinschaftliche Scheibe gleichmiaaig nnd gleichzeitig bewegt werden. Die Kegi-
iierang der Turbinen erfolgt durch Lombard-Servomotoren, deren Fliehkraftregler vom Schaltbrett au
durch Elektromotoren verstellt werden kennen.
Einer der vorbin erwähnten 3 Lagerböcke der Turbine befindet sich im Maschinen-
raum (Abb. 130) und trägt ein Handrad und Zahnradvorgelege, mit welchen die Steuer-
welle auch von Hand bewegt werden kann, so dass der Maschinist in der Lage ist,
von hier aus die Turbinen einzuschalten, zu steuern und abzustellen.
Die für die Karbidfabrik bestimmten Turbinen sind mit 400 KW Eiaphaseistren-
Generatoren *) von 90 Volt Spannung und 60 Per./sek. verbunden.
Zwei Turbineneinheiten sind mit Gleichstrom- Dynamos*) von 220 Volt Spannung
und 400 KW-Leistung gekuppelt, welche den Strom zur Erregung aller Wechselstrom-
masebinen hergeben werden.
Im Jahre 1903 waren 6 weitere Turbinen mit Drehstromgeneratoren*) ron
30 Per./sek. und 2400 Volt Spannung verbunden zur Erzeugung elektrischer Energie für
Liebt- und Kraftzwecke und es waren 4 Gleichstrom-Dynamos von 400 KW und 600
Volt für Strassenbahnzwecke in Auftrag gegeben.
Für die Fernleitung wurde der Strom 1903 von 2400 anf 15000 Volt mittelst
400 KW-Transformatoren in ölgehäusen mit Wasserkühlung heranftransformiert.
») Geliefert von der Weetinghoase Electric and Manufactoriug Co.
«) Geliefert von der Stanley -Electric Co.
§ 31. Das Lech-Elektrizitätswerk Gersthofen. 555
Zum Bau des Schiifahrtskanals, des Werkkanals and des Krafthauses wurden 24 Lokomotiven,
350 Kippwagen und 8 Dampferdbagger gebraucht. Etwa 770000 cbm Gestein und 2300000 cbm Erde
mussten gelöst und ausgehoben werden, welche, soweit sie nicht zu den Bauwerken selbst verwendet
werden konnten, benutzt wurden, um ungefähr 1000 ha früher unter Wasser stehendes Land trocken zu
legen. Zu den Grundbauten waren etwa 1000000 lfm. Pfähle, sowie 130000 cbm Beton erforderlich. Für die
Aufbauten wurden 69000 cbm Sandstein-Mauerwerk, 27000 qm Sandsteinpflaster und 47000 cbm Zement
verbraucht.
Die Kosten der Anlage — ohne das elektrische Fernleitungsnetz — waren zu rd. 4000000 Doli,
veranschlagt. Rechnet man die zwei Erregereinheiten ab, so bleiben noch 45500 installierte PSe und
es entfallen auf die installierte Nutz-PS« rd. 88 Doli. = rd. 374 Mk.
§ 31. Das Lech-Elektrizitätswerk Gersthof en bei Augsburg
der E.-A.-G. vorm. W. Lahmeyer & Co.1) in Frankfurt a. M. Hierzu Taf. XLV«).
Das Elektrizitätswerk Gersthofen am Lech ist von der genannten Gesellschaft
gebaut, um die industriereiche Stadt Augsburg und ihre Umgebung mit elektrischer
Energie zu versorgen.
Die Konzession bezieht sich auf die Ausnützung der Wasserkräfte des Lech nörd-
lich der Stadt Augsburg. Es liegt im Plan, sobald der Strombedarf die Ausgaben recht-
fertigen wird, noch weitere Wasserkraftanlagen unterhalb der hier zu beschreibenden
zu bauen.
Eine gewisse Sicherheit für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens bot
von vornherein ein mit den Farbwerken vorm. Meister, Lucius & Brüning in Höchst a. M.
geschlossener Vertrag auf Lieferung von 3500 PS« während 24 Stunden an ihre un-
mittelbar neben dem Kraftwerk errichtete Zweigfabrik. Man konnte auf Grund der
Vorarbeiten annehmen, dass im Lech unterhalb der Einmündung der Wertach während
8 Monaten im Jahre 50 cbm/sek., während 7 Monaten bis zu 60 cbm/sek. für das Werk
zur Verfügung stehen würden, dass aber in den vier Wintermonaten die verfügbare
Wassermenge allerdings bis auf 24 cbm/sek. fallen könne. Eine Flösserei findet in den
Wintermonaten auf dem Lech nicht statt, so dass die vorhandene Wassermenge für
Kraftzwecke genommen werden kann, soweit sie nicht für die Unterhaltung der Fisch-
zucht direkt am Wehre in das Unterwasser abzulassen ist
Eine geeignete Stelle für die Anlegung eines Wehres wurde ca. 8,0 km unterhalb
Augsburgs gefunden. Durch das Wehr und einen rd. 7,24 km langen Werkkanal
konnte ein normales Gefälle von rd. 10,0 m erzielt werden, so dass während 8 Monaten
5000 PS© zur Verfügung stehen. Die verhältnismässig geringe Entfernung der Wasser-
kraft-Anlage von Augsburg als dem Zentrum des Konsumgebietes für den elektrischen
Strom sei als günstiges Moment für die Beurteilung der Anlage hervorgehoben. Um auch
die grösseren Wassermengen während der 7 sommerlichen Monate noch ausnutzen zu
können, wurde der Kanal und das Krafthaus für 6000 PS« ausgebaut. Andererseits
i) Das Werk ist 1903 auf die Lech-Elektrizitätswerke A.-G. Augsburg übergegangen.
8) Die Abbildungen und die Figuren der Tafel sind zum grössten Teil aus der Zeitschr. d. Ver.
deutscher Ing. 1903, S. 1031 und ff., Aufsatz von Kurt Meyer, „Das Elektrizitätswerk Gersthofen am
Lech" entnommen, z. T. nach Photographien hergestellt, welche die Gesellschaft dem Verfasser zur
Verfügung stellte.
566 II. Theodor Kobhn. Ausbau von WassebkbIften. Beispiele.
musste für die fehlende Kraft in den vier Wintermonaten eine Ergänzung in Form
einer Dampfreserve geschaffen werden , da ja schon die Farbwerke allein mehr Kraft
beanspruchen können, als die Wasserkraft in ungünstigstem Falle hergibt.
Neben dem Wasserkraftwerk war denn auch 1904 bereits eine Zentrale mit zwei
stehenden Dampfmaschinen von je 1500 PS« normaler Leistung nebst zugehöriger Kessel-
anlage aufgestellt. Da die Mindestwassermenge meistens nur wenige Tage anhält, so
kann man mit genügender Sicherheit beide Maschinen für diese Zeit einsetzen. Auch
wird ein Betrieb als noch genügend sicher angesehen werden können, wenn für einige
Spitzen in der Belastungskurve stundenweise während einiger Wochen im Jahre die
zweite Maschine mitlaufen müsste. Selbstverständlich kann eine gute Dampfmaschine
von 1600 PS« normaler Leistung während einiger Zeit anstandslos auch mit 10— 20° c
überlastet werden, so dass bei 32 cbm/sek. Wassermenge schon 5000 PS« herauskämen,
wenn nur eine Dampfmaschine mitläuft. Man kann also sagen, dass der Kanal und die
erwähnte Dampfreserve eine konstante Mindestkraft von 5000 PSe hergeben. Dazu
kommt dann noch ein Stauweiher von 250000 cbm nutzbarer Füllung, von dem spater
noch die Rede sein wird.
Die Wasserkraftanlage ist seit März 1902 im Betrieb. Die ausführende Firma
hat vorsorglich zwischen Augsburg und Gersthofen ein 80,0 ha umfassendes Terrain er-
worben, um es aufteilen und zur Errichtung von Kraft abnehmenden Fabriken ver-
kaufen zu können. Der Stromverkauf soll sich aber derart entwickelt haben, dass man
auf dieses Mittel für die hier zu beschreibende Anlage nicht zurückzugreifen braucht
Das in dem Lech eingebaute Wehr ist leicht gegen das Oberwasser gekrümmt
und hat eine lichte Gesamtbreite von 80,0 m (Taf. XLV, Fig. 1). Am linken Ufer
liegt eine 12,5 m breite Flossgasse und daneben eine 2,0 m breite Fischtreppe
und ein im Lichten 8,0 m breiter Grundablass (Kiesschleuse). Das feste Wehr ruht
auf einem Pfahlrost (vergl. Taf. XLV, Fig. 2 und Taf. LI, Fig. 1—3 sowie Kap. m,
1. A. Wehre) und ist nach dem Oberwasser zu durch Spundwände gegen Unterspülung
geschützt. Die Wehrkrone liegt ca. 2,20 m über der Flussohle. Der Baugrund besteht
aus feinem Flinzpand, welcher dem Eindringen von Pfählen und Spundwänden grossen
Widerstand entgegensetzte. Es mussten deshalb bei dem Eintreiben der Spund-
wände Wasserspülung angewendet und für den Rost Eisenpfähle genommen werden.
Das Wasser stürzt über die Krone auf eine rd. 15,5 m Jange, nach unten geneigte
Stufe ab, welcher noch zwei kürzere, 13,15 m und 7,40 m lange Stufen folgen. Hinter
der letzten Stufe liegen noch schwere Steinfaschinen zwischen Pfählen. Ursprünglich
waren nur zwei Stufen gebaut; das Hochwasser riss aber die Steinschüttung hinter der
zweiten Stufe fort und kolkte die Flussohle aus, es wurde deshalb die dritte Stufe ein-
gebaut. Die Sohle des stufenförmigen Abfallbodens ist durch eine durchschnittlich rd. 1,0 m
starke Betonschicht gebildet und in ihrer ganzen Länge und Breite mit Holzbohlen belegt,
welche auf Querholmen befestigt sind. Zum Abschluss der einzelnen Stufen und zum weiteren
Schutze gegen Unterspülung des Wehres sind Spundwände quer durch das Flussbett
geschlagen und an die Spundwände der Ufermauern angeschlossen. Der Abschluss der
nachträglich (1902) angelegten dritten Stufe ist durch eine eiserne Spundwand erfolgt,
welche bis 7,0 m unter N.W. herabreicht. Die beiderseitigen Ufer sind durch starke
Betonmauern geschützt. Die rechte Ufermauer beginnt etwa 25,0 m oberhalb des
Wehres und reicht ungefähr ebensoweit über das Ende der untersten Wehrstufe hinaus.
Der Fachbaum der Flossgasse liegt rd. 0,50 m unter der Wehrkrone. Die ganze
12,50 m breite Öffnung ist mittelst einer eisernen Schütze abschliessbar, deren Ober-
§ 31. Das Lech-Elektrizitätswerk Gebbthopbh. 557
kante auf der Höbe der Wehrkrone liegt. Ein Pfeiler von 2,0 m Breite trennt die
Flossgasse von der Kiesschleuse. Stromabwärts von diesem Pfeiler ist eine stufenweise
niedriger werdende Betonmauer errichtet, welche den höher gelegenen Abfallboden der
FlossgasBe von dem tiefergelegenen der
Kiesschleuse trennt (Abb. 132). Der Ab-
fallboden der Flossgasse besteht gleich-
falls aas drei Stufen, von denen die oberste
etwa 28,0 m, die zweite etwa 16,0, die
unterste rd. 7,5 m lang ist und an welche
sich dann noch eine Faschinenbefestigung
von ca. 25,0 m anschliesst. Letztere war ri
nötig mit Rücksicht auf die Geschwindig- -g
keit, welche bei Hochwasser in der glatten, S>
von beiden Seiten eingefassten und in der S
Sohle stark geneigten Flossgasse entsteht, g
Der bis zu derselben Tiefe wie das Wehr |
fundierte Betonkörper unter dem Fach- |
bäum der Flossgasse hat eine Breite von =
3,0 m. Die Betonsohle des folgenden Ab- s
fallbodens ist 0,50 m stark und ganz auf >
einem Pfahlrost fundiert, an dessen Pfahl- J
köpfen Querholme angeblattet und ange- J
bolzt sind. Letztere tragen die Holzdielung £
des Abfallbodens. Jede Stufe ist mittelst _
Qnerspnndwand und einer davorliegenden *
tiefer fundierten Betonmaner abgeschlossen. <
Der Fachbaum der Kiessehleusse liegt ca. •
2,0 m unter der Wehrkrone. Die lichte s
Weite der beiden Schätzen betragt 2 X 4,0 J
= 8,0 m. Zwischen den Betonpfeilern der ^
Kiesschleuse liegt aber noch die Fisch- ■$
treppe (Abb. 132). Ihre Konstruktion ist £
die übliche (vergt. Kap. in, 1. A. Wehre). |
Die beiden Öffnungen der Kiesschleuse <
sind mit je zwei hölzernen, übereinander g£
befindlichen Tafeln abschliessbar , welche *"!
in üblicher Weise mittelst Zahnstangen ^
gehoben und gesenkt werden. Der Abfall-
boden ist ebenfalls aus drei Stufen, ahn-
lich wie diejenigen des Wehres gebildet
und mit Bohlen gedielt. Entsprechend der
Gewalt des hier in grosserer Tiefe durch-
strömenden Wassers ist die Sohle durch-
weg auf Pfahlrost fundiert (vergl. Taf. LI,
Fig. 1, und Kap. UI, 1. A. Wehre). Eine auf zwei I- Tragern ruhende Brücke gebt vom
Ufer bis zu dem rechtsseitigen Pfeiler der Kiesschleuse. Diese Brücke bildet die obere
Stütze für die Griesständer der Schützen und trägt das Aufzuggetriebe.
Die Flussohle oberhalb des Wehres ist mit einer Betonschiebt von ca. 0,25 bis
0,50 m Stärke (Taf. XLV, Fig. 1) befestigt.
IL Theodob Kobbh. Ausbau von WasserkbIften. Beibpiklb.
Kurz oberhalb des Wehres liegt im
Zage der linksseitigen Ufermaner der 28,0 m
breite Einlsnf, dessen ans Beton hergestell-
ter Vorboden mit der erwähnten Befestigung
der Flnssohle eine zusammenhängende -Platte
bildet. Etwa 60,0 in oberhalb des Kanal-
einlaufs liegt die Einfahrt in den Kanal,
welche nach behördlicher Vorschrift so spitz
gegen die Flussachse gelegt werden musste,
dass auch die längsten Flösse angeteilt in
£ den Kanal hinein können. Die lichte Weite
^ der Einfahrt beträgt 10,0 m, welche durch
f* zwei übereinander liegende Schützentafeln
>. abschliessbar ist. Diese Schleuse ist übrigens
s. seit der ßetriebseröffnnng für Flösse noch
£ nie benntzt, da immer nur bei höheren
«" Wasserständen gefiösst wird und dann die
m Flösse über die Flossrinne laufen können.
5* Das Ufer zwischen dem Kanaleinlauf und
s- der Flosschleuse ist durch eine starke Beton-
5 mauer geschützt. Mittelst einer Reihe von
g 6 Schützen ist der Kanaleinlanf abschliess-
a bar. Die Griesständer sind als Gitterböcke
* in Eisen konstrniert und tragen oben eine
3 Brücke für das Bewegungsgetriebe der höl-
2 zernen Schützentafeln {Abb. 133). Sie sind
g. untereinander und gegen die Kanalmauern
5 mit Zugkreuzen und horizontalen Winkel-
'*" eisen abgesteift- Oberhalb dar Schützentafeln
s ist die vordere Fläche des Einlaufs durch
^ eine an den Griesständern befestigte dicht-
3 schliessende Bohlenwand geschlossen, so dass
ST das Hochwasser nicht frei in den Kanal ein-
5. treten kann. Dasselbe gilt von der Zufahrt.
5 Die Schwelle des Einlaufs liegt ca. 0,20 m
« höher als der Fachbaum des Grandablasses.
I Hinter der Schützenschwelle ist die Sohle
3 des Kanals um 1,20 m abgesenkt and mit
Beton befestigt. Von dem so gebildeten
Kiesfang zweigt ein Grandablass mit Spül-
schütze ab, durch welchen mittelst eines unter-
irdischen Kanals die Ablagerungen in die
Flossgasse gespültwerden können. Der Werk-
kanal, welcher nach den Vorschriften der
Konzession auch für die Schiffahrt einzurich-
ten war und als Teil eines Kanals nach der
Donau gedacht ist, läuft ziemlich parallel
znm Lech in einem Abstand von rd. 112,5 m
§ 81.
Das Lech-ElkktrizttItswerk Gebsthofen.
559
Ton Mitte zu Mitte. Es entfallen auf den Oberkanal 2965,3 m und 4274,6 m auf den
Unterwasserkanal. Das Kanalprofil ist trapezförmig (Abb. 134). Ungefähr 2000,0 m
des Oberkanals liegen ganz oder z. T. im Einschnitt, auf den letzten 1000,0 m mussten
beiderseits Haltungsdämme . geschüttet werden (Abb. 134 und 135). Das Sohlengef&lle
im Werkkanal beträgt 1 : 2500, die Sohlenbreite des Oberkana^t ist 21,0 m. Die
Böschungen haben eine Neigung von 1 : 2 und sind im Einschnitt gegen die Angriffe
des fliessenden Wassers durch Kiesdeckungen gesichert. In den Dammstrecken ist unter
der Kiesdeckung noch eine Dichtungsschicht aus gestampftem Lehm angebracht. Wo
es nötig erschien, ist die Sohle gleichfalls durch Lehm gedichtet. Bei voller Füllung
beträgt die durchschnittliche Wasserspiegelbreite des Oberkanals 33,0 m, die Wasser-
tiefe am oberen Ende 2,5 m, am unteren 3,5 m, so dass selbst bei 60 cbm/sek. die
durchschnittliche Wassergeschwindigkeit nur 0,740 m/sek. beträgt. Nimmt man in den
v2
Formeln v = c . yRJ und J = — jp-mit Rücksicht auf die Rauhigkeit der Ufer c zu 45
C Jtv
an, so ergibt sich rechnungsmässig ein durchschnittliches Wasserspiegelgefälle von 0,000115
oder rd. 1 : 8700.
Abb. 134. Kanal profile.
Obenrasserkartaf
Lech
.''- ••
Lech
w mm j m wwwwwpj*w*»vwm*wx}*n
'.- :• -.♦ :*>
Unterrasscrkarw'
Lech
Der Unterkanal liegt ganz im Einschnitt. Seine Sohlenbreite beträgt 16,5 m.
Auf den ersten 3,6 km ist das Sohlengefälle 1 : 3333, auf der letzten Strecke 1 : 4043.
Die durchschnittliche Wassertiefe beträgt 2,5 m und die Wasserspiegelbreite 26,0 m.
Die Böschungen sind bis zum ersten Bankett d. h. 0,5 m über Wasserspiegel 1 : 2,
darüber 1 : 1,5 angelegt. Auf der ersten ca. 1,7 km langen Strecke reicht der Unter-
kanal tief in den Flinzsand hinein und seine Ufer sind deshalb mit Pfahlwerk und
Faschinen gesichert. Auf der letzten Strecke liegt der Kanal ganz im Kies.
Mit Ausnahme einer kleinen Krümmung im Oberkanal und der Einmündung des
Unterkanals in den Lech ist der Kanal ganz geradlinig. Die Einmündung in den Lech
erfolgt mit einem Radius von 500 m in einer Bogenlänge von 258,3 m.
Zwei Brücken führen über den Ober-, drei über den Unterkanal.
Etwa 200,0 m oberhalb des Kraftwerkes verbreitert sich der Kanal durch Aus-
weichen des linken Ufers zu einem Becken, um so den Platz für den Einbau des Kraft-
werkes und einer gekuppelten Schiffahrtsschleuse zu gewinnen (Abb. 136). Letztere war
behördlich vorgeschrieben, obwohl der Ausbau eines Schifffahrtskanals bis zur Donau
noch in recht weiter Ferne zu liegen scheint. Das für die Kammerschleuse aufge-
wendete, recht beträchtliche Kapital liegt also bis auf weiteres brach.
IL Theodoh Koehn. Ausbau ton Wa8Bebkb1ptbii.
Die Achse der Schleuse liegt 7,0 m nach rechts von
der Achse des Kanals. Von der Stirne des Oberhauptes der
Kammerschleuse an ist die Sohle des Beckens ganz mit Beton
befestigt und abgedichtet, um eine noch vergrösserte Sicher-
heit gegen Unterspülung des Krafthauses zu bieten.
[ Das Krafthaas schliesst sich rechts an die Mauer der
*• unteren Kammerschleuse, links an die Ufermauer (Taf. XLV,
' Fig. 3) an. Naturgemäss bildet der Unterwasserkanal unter-
halb des Kraftwerkes ebenfalls ein Becken, dessen Breite
60,0 m betragt. Die Ufer bestehen zunächst aus Betonfntter-
mauern und gehen dann in die Böschung des Einschnitts
über. Die linke Böschung ist mit Krümmungen von 100,0 m
in die normale Entfernung von der Achse des Kanals über-
geführt. Die Betonbefestigung der Sohle des Unterwasser-
Abb. 186. Ansicht des Beckens vor dem Kraft&MM.
beckens ist mit einer breiten Steinpflasterung gegen die
unbefestigte Sohle abgeschlossen.
Der Aushub des Kanals erfolgte im wesentlichen duiea zwei
grosse Trockenbagger. Za waren im ganten 1200000 ebm Boden «i
bewegen, welch«, soweit sie nicht in Dammbanten Verwendung faades,
längs des Kanals abgelagert sind. Zum Bodentransport diente eia
normalspnriges, mit Dampflokomotiven betriebenes Sehienongoleiao.
Etwa 500,0 m oberhalb des Kraftwerkes ist auf der
linken Kanalseite ein Stauweiher von 260000 qm Grundhache
hergestellt durch Einfassung einer viereckigen Bodenflache
mit Dämmen. Der Stauweiher hat gefüllt 2,0 m Wassertiefe,
wovon 1,0 m d. h. rd. 260000 cbm zum Betriebe nntzbar
abgelassen werden können. Man kann also, da fax eine
Pferdekraftstande bei 10,0 m Gefälle 36 cbm nötig sind, mehr
als 6000 PSvStd. in den Abendstunden, wenn der Bedarf für
die Beleuchtung am stärksten ist, damit leisten. Da der Stau-
weiher bis 1906 noch nicht gebraucht wurde, so hat man die Zeit benutzt, um die
Dämme und die Sohle durch Einschlämmen dicht zu machen. Der Stauweiher ist mit
dem Werkkanal durch Schützen verbunden (Abb. 137).
§ 31. Das Lech-ElkktbizitItbwebk Gersthofen. 561
•*(_ Ausserdem ist unter den Werkkanal hindurch ein Kanal angelegt, durch welchen
* der Weiher nach dem Lech entleert werden kann, ohne den Betrieb im Kanal zu be-
* rühren. Die Benutzung des Weihers wird zunächst in der Regel nur während 4 bis
l- 5 Monate in Betracht kommen, da in der übrigen Zeit Wasser genügend vorhanden ist.
i. .. Das Krafthaus enthält einen 48,54 m langen, 10,74 m breiten und 9,50 m hohen
" Dynamosaal für 5 Maschinensätze zu je 1500 PS,. Vor dem Krafthause befinden sich
5 Turbinenkammern mit entsprechenden Vorkammern. Vor den letzteren — jede iBt
Ton der anderen durch eine Betonmauer getrennt — steht ein schräggestellter, das Vor-
becken schief durchschneidender Rechen ans hochkantigem Flacheisen mit 30 mm lichter
'" ' Weite (Abb. 138) zwischen den Stäben. Die Betonmauern zwischen den Vorkammern
"" ' sind unten 2,4 m, oben 2,0 m breit, verjüngen sich aber nach vorn zu auf 1,2 m,
reep. 1,3 m Breite. Infolge der schiefen Lage des Rechens zur Kanalachse, welche
~^ wegen der leichteren Beseitigung des Eises and anderer schwimmender Körper ge-
Abb. 187. Die Ei nlauf schleusen tarn Stauweiher vom Weiher »na gesehen.
wählt wurde, werden die Kammerwände von rechts nach links immer länger. Im
ganzen springt der Rechen bei 43,0 m Beckenbreite um rd. 5,97 m zurück, bildet
also mit der Kanalachse einen Winkel von etwa 82°. Der Rechen stützt sich unten auf
ein in eine Betonschwelle eingelassenes I-Eisen und oben auf ein schrägliegendes ]-Eisen,
welches auf den Pfeilern der Vorkammern ruht (Taf. XLV, Fig. 4 und 5). Die Ober-
kante des Rechens liegt ca. 0,25 m über dem Normalwasserspiegel bei 50 cbm/sek.
Auf dieser Höhe sind auch die Vorkammerpfeiler 1,5 m abgesetzt und bilden so die
Auflager für eine Bohlenbrücke längs des Rechens, welche für die Freihaitang desselben
von Laub und Eis ganz unentbehrlich ist.
Die schweren, eisernen Herken mit langen, hölzernen Stielen, mit denen der Rechen vom
Laub etc. gereinigt wird, können bei starkem Betriebe, wenn also die Geschwindigkeit des durch den
Rechen niessenden Wassers verhältnismässig gros« ist, nicht mehr von je einem Hanne gehandhabt
werden, sondern es sind mitunter 2—4 Mann für eine Harke nötig. Noch schwieriger iet die Beseitigung
des Eises; man braucht deshalb Platz auf der Brficke und die Breite von 1,5 m ist der Waaaertiefe
entsprechend gewählt.
Oberhalb dieser Brücke sind die Vorkammern bis über das höchste H.W. durch
eine Bohlenwand dicht abgeschlossen. Diese Bohlenwand ist auf Walzeisentragern be-
festigt, welche ihrerseits auf den Vorkammerpfeilern ruhen. Der Rechen ist auf '/■
III. Teil. IS. Bd. 36
662 II. Theodor Koket». Ausbau ton Wasserkräften. Beispiel*:.
seiner Höhe durch ein 3-Eisen gehalten, welches an jedem Pfeiler nxid ausserdem ein-
mal in der Mitte durch schräggestellte I-Eisen gestützt wird.
Durch zwei Freilaufschützen, welche in der Mauer der unteren Schleusenkammer
am rechten Ufer des Beckens angelegt Bind, soll ein Spülstrom zur Reinigung des Rechens,
namentlich von Eis, und zur Entfernung von Ablagerungen auf der Sohle des Beckens
vor der Schwelle des Rechens erzeugt werden. Indessen einmal ist der Winkel des
Rechens mit der Kanalachse nicht spitz und die Neigung der Betonsohle nach den
Schützen zu nicht gross genug, um eine starke Spülwirkung zu erzielen, und dann sind
die Freilaufschützen nicht in der direkten Fortsetzung der Wasserlinie am Rechen ange-
legt, sodass sich zwischen dem Rechen und der Schützenöffhong an. der Schleusenkammer-
wand ein toter Winkel bildet und das Eis sich dort auch bei geöffneten Schützen
ansammelt und zusammenschiebt.
lufgestellteu Rechen und Blick
Durch die Abdeckung der Vorkammern und Turbinenkammern mit Bohlen ist
ror dem Krafthause eine breite Plattform gebildet, welche durch die Reihe der Aufzieh-
Torrichtungen in zwei Teile geteilt ist. Die Bohlen der Vorkammerndecke liegen in
der Richtung der Kanalachse auf I-Trägern. — Der Zuflus3 des Wassers zu jeder Tar-
binenkammer ist durch je zwei Schützentafeln von 2,3 m Höhe, deren Griessaulen
0,6 m tief in die Betonsohle versenkt sind und durch 2 C-Eisen und Zuganker fest-
gehalten werden, abschliessbar (Taf. XLV, Fig. 4). Oberhalb der Schützenöffioung ist
der Abschluss durch eine feste und dichte Bohlenwand erfolgt.
Die Griess&ulen reichen rd. 1,0 m hoch über die Bohlendecke der Turbinen*
kammern hinaus und tragBn dort zwei schwere, gegeneinander Tersteifte, horizontale
3-Träger, auf denen das Getriebe der Schützentafeln ■) montiert ist (Abb. 139). Jede
s) Geliefert von dem Werk Augsburg der Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg nun
Ungeeellschaft Nürnberg A.-O.
§ 31. Das Lech-Elektrizitätswbrk Gerbthofen. 663
Tnrbinenkammer hat eine Breite von 7,0 ra zwischen den Pfeilern. Die Schützen
können jede für sich von Hand oder einzeln oder zu zweien durch Motorantrieb ge-
hoben und gesenkt werden.
Das Handgetriebo besteht für jede Schütze aus einer Kurbel, deren Welle durch Kegelräder
muf eine in Richtung der Sohfltxenfiache liegende wagerechte Welle arbeitet. Auf dieser Welle befinden
sich swei Schneckengetrieba, durch welche zwei wagerechte Querwellen bewegt werden; diese treiben
. wieder durch Zahnrftdor zwei Querwellen an , auf welchen die Triebräder für die Zahnstangen der
Schotxentsfel sitzen. Wie der Motorbetrieb wirkt, ergibt flieh am besten ans Abb. 189.
Durch Drahtseile, welche über Rollen in die Dynamohalle laufen, werden Anzeiger
bewegt, an welchen man für jede Schütze den jeweiligen Stand ablesen kann. Über
die Turbinenkammern hinweg läuft ein von Hand zu bewegender Montagelaufkran von
10 t Tragfähigkeit und 6,8 m Spannweite, welcher die Stücke bis auf ein Eisenbahn-
Abb. 139. Getriebe der Tnrbi Denk am mer- Schützen.
anschlussgeleis bringen kann. Seine Fahrschienen ruhen einerseits auf dem Mauerwerk
des Krafthauses, andererseits auf Gitterpfeilern aus 3-Eisen. Die Oberkante der Kran-
schienen liegt 4,0 m über der Decke der Turbinenkammern und rd. 12,2 m über der
Turbinenwelle.
Die fünf Turbinenkammern haben im Grundriss achteckigen Querschnitt. Das
obengenannte Breitenmass von 7,0 m ist in der Höhe des Bodens der Vorkammer ge-
messen, die Länge beträgt in Richtung der Kanalachse 4,5 m. Die Pfeiler verbreitern
sich aber nach unten, sodass die Breite der Kammern am Boden nur noch 6,2 m betragt.
Je zwei spitzwinklig auseinander- und schräg nach oben gehende Zuganker, welche in
die Pfeiler der Turbinenkammern eingelassen sind, verankern diese mit der 2,8 m starken
Mauer der Dynamohalle. Um die Turbinenkammer bei geschlossenen Schützen entleeren
zu können, ist in dem Boden jeder Kammer eine 0,25 m tiefe und 0,35 m breite Kinne
ausgespart, welche durch ein Rohr direkt mit dem Tnrbinenkanal in Verbindung gesetzt
564 IL Theodor Kokhn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
werden kann. Das Ventil dieses Rohres kann mittelst Kette von der Decke der Tor-
binenkammer her geöffnet und geschlossen werden. Es kann also auf die schnellste
und einfachste Weise jede Turbinenkammer trocken gelegt werden und mittelst des
Kranes sind die einzelnen beweglichen Turbinenteile leicht zu heben.
Unter den Vorkammern läuft längs des ganzen Krafthauses ein Gang von 3,325 m
Höhe und 2,0 m Breite, welcher an beiden Enden durch Treppen von oben her zu-
gänglich ist. Von diesem Gange aus führt für jede Turbinenkammer ein kurzer Seiten-
gang zu der kreisrunden Schlussplatte des Turbinengehäuses, sodass letzteres von hier
aus revidierbar ist. Jeder dieser kreisförmigen Öffnungen gegenüber ist in der 2,8 in
starken Wand der Dynamohalle eine gleich grosse, gleichfalls durch eine Schlossplatte
verschlossene Öffnung ausgespart, von welcher aus die gegenüberliegende Seite des Tur-
binengehäuses und die Lager der Turbinenwelle revidiert und bedient werden können.
Zur Erleichterung der Montage und der etwaigen Reparaturarbeiten an diesen Stellen
ist im Scheitel der beiderseitigen ringförmigen Öffnungen je ein Bolzen verankert, welcher
eine Öse trägt. Je eine zweite Öse sitzt im Scheitel des Turbinenringes und in den
zwei Ösen ruht eine Flachschiene, welche eine Laufkatze trägt (vergl. auch Taf. XLYIH
Fig. 1 —6 zum Kap. III, 6 Turbinen gehörig). Auf diese Weise ist für die Schnelligkeit
Einfachheit und Billigkeit von Reparaturarbeiten gesorgt.
Im Boden jeder Turbinenkammer befindet sich eine viereckige Öffnung, welche
den Rahmen des Ablaufgehäuses der Turbine trägt und zu dem Saugkamal fahrt
Letzterer mündet syphonartig in den Turbinenkanal. Sein rechteckiger Querschnitt
hat an der Turbinenkammer 2,35 m auf 2,62 m Seitenlänge und erweitert sich am Ans-
tritt auf 2,7 m X 7,0 m. Beim normalen Stand des U.W. ist der wasserberührte Quer-
schnitt an der Ausmündung etwa 16,0 qm und die Geschwindigkeit des Wassers bei
voller Belastung der Turbine rd. 1,0 m/sek. Die Decke des Turbinenkanals ist durch
querliegende I-Träger im Beton gebildet. An der Austrittsstelle ist die Decke des Tur-
binenkanals nischenartig erhöht, und vor diesen Nischen ist längs des ganzen Kraft-
hauses ein auf Trägern ruhender Bohlengang angeordnet, von welchem aus durch schräg-
gestellte vierkantige Holznadeln der Austrittsquerschnitt verkleinert werden kann, damit
bei sehr niedrigem Unterwasserstande und geringem Wasserbedarf der Turbine die Saug-
wassersäule nicht abreisst.
An den Dynamoraum schliesst sich auf der linken Kanalseite ein turmartiger
Anbau an (Abb. 138), welcher in Höhe des Maschinenflures ein niedriges Unter-
geschoss für eine Werkstatt, Betriebsbüreaus, Abort- und Waschräume, sowie für Lager-
räume enthält und in Dammhöhe eine Eingangshalle für den Dynamoraum bildet, zu
dem eine Treppe hinunterführt. Der Laufkran der Dynamohalle kann in diesen Vor*
räum hineinfahren und schwere Stücke ab- und aufheben, welche auf Eisenbahnwagen
in die Halle hinein- resp. hinausgefahren werden können, sobald ein Abzweig von dem
Anschlussgleis, welches dicht an dem Kraftwerk vorbeiführt, bis in die Halle hinein-
verlegt sein wird. Über der Eingangshalle liegen noch Ober- und Dacbgeschoss, welche
zu Wohnräumen eingerichtet sind.
Das Kraftwerk und die Vorkammerpfeiler ruhen auf einer grossen Betonplatte swiacbeo Spund-
wänden. Um den Druck gleichmissiger in übertragen, ist in diese Platte ein Rost ans Eisenbahn-
schienen eingelegt.
Im Znsammenhange mit der Sohle des Kraftwerks steht diejenige der nnteren SchleosenkasuMr.
Die obere Schleusenkammer dagegen ruht anf einem Pfahlrost aus ca. 5,0 m langen Pfthleo. Die beides
Schleusenkammern sind je 41,0 m lang und 8,6 m breit (Taf. XLV, Fig. 6 und 7). Bei gstffinetea
Toren des Oberhauptes ist die Wassertiefe der oberen Kammer 6,5 m und beim Durchschien— in d»
untere Kammer ist die Wassertiefe in letzterer 7,0 m, sodass der Wasserinhatt der oberen
§ 31. Das Lech-Elektrizitätswerk Geröthofen. 565
rd. 2300 cbm, derjenige der unteren 2450 cbm beträgt. Der Boden der oberen Kammer liegt 4,0 m unter
dem Boden des Oberhauptes. Die Wassertiefe über der Schwelle der oberen Schleusentore beträgt bei Mittel-
wasser 1,9 m. Die drei eisernen, zweiflügeligen Tore unterscheiden sich nur durch ihre verschiedenen Hohen
und den sich daraus ergebenden Stärken der Eonstruktionsteile. Jeder Torflügel wird für sich durch eine
Zahnstange geöffnet. An allen Toren ist oben eine Bedienungsbrücke angebracht, um von ihr aus die in
jedem Torflügel angebrachten Entlastungsschieber mittelst Kurbel, Schnecken- und Zahnradgetriebe Offnen
zu können. Beim öffnen und Schliessen der Torflügel greift je eine Zahnstange in ein auf einer senkrechten
Welle sitzendes Zahnrad, welches durch ein Schneckengetriebe mit Handkurbel bewegt wird. Der Antrieb
kann aber auch mittelst eines Elektromotors durch zwei Kegelradpaare erfolgen. Derselbe Motor kann auch
den Schieber für den AuffÜllkanal bewegen, indem er durch Reibkuppelung einmal nach rechts, einmal
nach links geschaltet wird. Die Spindelschieber für den Auffüllkanal können aber ausserdem noch
durch ein wagerechtes Handrad bedient werden. Da gegenwärtig noch kein Schiffverkehr stattfindet,
so ist diese vollkommene Einrichtung vorderhand bedeutungslos; bei lebhaftem Verkehr würde aber
durch den elektrischen Betrieb ein Bedienungsmann gespart werden können.
In dem Betonkörper des Oberhauptes jeder Schleuse sind zwei Hohlräume ausgespart, welche
durch eine kreisförmige Öffnung in der Mittelwand zusammenhängen.* Zu diesen Hohlräumen führen
beiderseits vom Oberwasser her in den Beton eingemauerte Rohrleitungen, welche mittelst der schon
erwähnten Füllschieber abgesperrt und geöffnet werden können. Von den Hohlräumen im Oberhaupt
wird das Wasser in den Längswänden der Schleusen beiderseits durch je einen eiförmigen Kanal ge-
leitet, welcher mit den beiden Schleusenkammern durch je fünf Öffnungen verbunden ist und bei der
oberen Kammer zu den Füllschiebern der unteren Kammer und bei letzterer zu den Entleerungsschiebern
ins Unterwasser führt Auf diese Weise kann die Füllung und Entleerung der Schleusen in ruhigster
Weise erfolgen. Die Sohle der unteren Kammer liegt 5,5 m tiefer als die der oberen und da die
Wassertiefe beim Durchschleusen in ihr 7,0 m ist, so ergibt sich daraus, dass in der oberen Kammer
bei geöffneten mittleren Toren immer noch 1,5 m Wassertiefe verbleibt. Beim Durchschleusen nach
dem Unterkanal verbleibt in der unteren Kammer noch ungefähr 2,0 m Wassertiefe.
Wie schon oben erwähnt, sind in der nach dem Oberwasserbecken zu gelegenen Mauer der
unteren Schleusenkammer zwei als Grundablässe, besonders aber zur Abführung von Eis dienende Schützen-
Öffnungen angelegt. Die Mauernischen hinter den Schützen sind mit scharfkantigen Eisenträgern ver-
sehen, an denen das herabstürzende Eis zerschellen soll.
In den fünf Kammern sind fünf Francis Doppelturbinen4) mit wagerechter Welle
yon je 1500 PS« und 96 Uml./Min. eingebaut. Das Gefälle schwankt zwischen 10,0 und
10,5 m. Jede Turbine hat zwei Lauf- und zwei Leiträder und schluckt bei 10,0 m Ge-
fälle und voller Belastung 16 cbm/sek.
Die mit den Dynamomaschinen direkt gekuppelten Turbinenwellen liegen 6,0 m unter dem
mittleren Oberwasser- nnd 4,0 m Über dem mittleren Unterwasserspiegel. Die Laufräder haben 1,750 m
Durchmesser am Spalt und die 26 eingegossenen Schaufeln aus Gusseisen giessen axial in ein gemein-
schaftliches gusseisernes Ablaufgehäuse aus (vergl. Taf. LXYI1I, Fig. 1—6 zu Kap. III. 5. Turbinen
gehörig). Letzteres ist mit einem rechteckigen Rahmen von 2,6 m lichter Breite und 2,8 m Länge ver-
bolzt, welcher in der Kammersohle fest vermauert und mit Ankerbolzen gehalten ist. Die Breite des
Ablaufgehäuses verringert sich nach oben und beträgt in der wagerechten, durch die Turbinenwelle
gelegten Ebene noch 1,760 m. Der obere Teil des Gehäuses ist halbkreisförmig und trägt ein Pock-
holzlager der Turbinenwelle. Bei der Form des Traggerüstes dieses Lagers ist darauf Rücksicht ge-
nommen, dass keine Teile dem Wasserabflues hinderlich sind. Die beiden Leiträder sind einerseits mit
den in den vorerwähnten kreisförmigen Maueröffnungen eingemauerten Ringen, andererseits mit je einem
Ringe am gemeinschaftlichen Ablaufgehäuse verschraubt. Der Abstand der Leiträder von Mitte zu
Mitte beträgt 3,89 m. Durch sieben Bolzen sind die das Leitrad einschliessenden Ringe in einem Ab-
stand von 390 mm voneinander gehalten. Zwischen ihnen sind 28 Fink sehe Schaufeln um je einen
horizontalen Bolzen drehbar gelagert. Die Öffnungen, durch welche diese Bolzen hindurchgehen, sind
mit Bronze ausgefüttert Der äussere Ring jedes Leitrades bildet nach aussen zu ein Ringgehäuse,
welches durch einen gewölbten Ringdeckel verschlossen werden kann. In diesem Gehäuse liegen die
Hebel zum Drehen der Leitschaufeln. Alle Hebel sind mit einem gemeinschaftlichen Ring verbunden!
*) Geliefert von dem Werk Augsburg der .Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg und Maschinen-
baugesellschaft Nürnberg A.-G."
566 IL Thbodob Koehh. Ausbau von Wasserkräften.
welcher in Ringgsbaus* geführt und durch iwei Zahnrader gedroht wird. Dies* Z*hnrid*r Htw aaf
swei Kurbel wellen, deren Kurbel durch eine gemeinschaftliehe Lenkstange verbanden sind und erhebst
Ära Bewegung mittslst eines Winkelhebele, welcher auf der au dem Dynamoraum kommenden Begab»-
well» sitst. Wird diese gedreht, so moas sich auch der Kiog im Gehäuse und damit auch die LaH-
achaufol drehen. Alle Steuenmgiteile liegen also trocken und sind aach jederzeit im Bstrisfa* ugsac-
lieh. An dem erwähnten Ringgahlnse sind die beiderseitigen deckeiförmigen Stirnwinde de* AMaaf-
gehansns Terscbraubt. Werden dieae Deekel ontfernt, ho liegen die Teller der Lanfradar frei. Dia Tai'
binen welle geht mittelst Stopfbüchsen durch die beiderseitigen Gebauaedcckel hindurch und ist beider-
aeita dorch Lager mit Hatallbnchsen und Ringschmier ong geführt. Das Lager an dar DynamoeMite m
Abb. 140. Ansicht des elektromagnetischen Tnrbinenreglera.
als Stirnringlager ausgebildet, um axiale Schübe aufnehmen ru können. Die. Lagerbocke stehen aaf
Rahmen, welche mit dem Gshaueo der Turbinen verschraubt sind. Die Steuerwelle geht gleichfalls
mittelst Stopfbüchsen durch die in den kreiafOnnigen Manerflffnungea eitxenden Absehlnsadeckel hindorca
und mfat innerhalb der TuiWnenksmmer auf swei weiteren Lagern, welche an dem Abfluasgehaase der
Turbinen befestigt sind. Einige Detsils der Turbinen, sowie die elektromagnetische Regulierung sind
aaf Taf. LXVIII dargestellt, vergl. ferner Abb. 140 und 141 6).
t>) Kurt Meyer teilt in der Zeitschi', d. Ver. deutscher Ing. 1908. S. 1109 U. ff. Aber den
elektromechaniacnen Regler folgendes mit:
Jeder mittelbar wirkende Regler (Taf. XLVIII, Fig. 5 und 6) besteht aus einem Flieh-
kraftregler C mit Einrichtung iura Verstellen der Umlanfuhl, einem mit elektrischen Kontakten ani
Hemmvorrichtungen gegen Überregulieren versehenen Regulatorhebel S, einem Wendegetriebe mit elek-
tromagnetischen Kuppelungen M, einer Reglerspindel "»"' Motter und Kurbel N, einer Rückführung nüt
elektrischen Kontakten Z , einem Handantrieb für die Reglerepindel mit ausruckbarem Schneckenrad B
and der schon oben erwähnten Lenkstange für die Leitradschaufeln R. Die einielnen Teile da)
Reglers greifen in der nachstehend erläuterten Weise ineinander. Die Bewegung der TubinenwaUt
fei,
■ •
• i.
§ 31.
Das Lech-ElektrizitItswerk Gebsthofen.
567
Da für die Farbwerke Gleichstrom zu liefern, andererseits für die Energiever-
teilung auf grössere Entfernung Drehstrom zu wählen war, sind zwei Turbinen mit
wird durch Kegelnder auf eine liegende Welle übertragen, die einerseits durch ein Schneckengetriebe
die senkrechte Welle des Fliehkraftreglers C, andererseits die Stirnräder des Wendegetriebes M antreibt.
Der Fliehkraftregler mit Federbelastong für 80 mm Hub bei 285 bis 265, normal 248,28 Uml./Min., wirkt
auf einen zweiarmigen Hebel, der in einem am Regulatorstander angegossenen Arm gestützt ist und
dessen Gewicht der zu erzielenden Umlaufgeschwindigkeit entsprechend durch die Vorrichtung E einge-
stellt werden kann. Diese besteht ans einem mit Laufgewicht versehenen Hebel, der, am Arm des
Regulatorstanders gestützt, durch ein Kniegelenk mit dem Regulatorhebel verbunden ist und dem Nieder-
geben der Reglerhalse, entsprechend der Stellung seines Laufgewichtes, einen verschieden grossen
Widerstand entgegensetzt Am freien Ende des Regulatorhebels S sitzt eine Kontaktvorrichtung, die bei
der Hebelbewegung nach oben oder
unten je einen Stromkreis schliesst Die Abb. 141. Schaltschema der elektromagnetischen Turbinen-
Stromkreise lassen die eine oder die Regulierung,
andere Magnetkupplung des Wende-
getriebes M in Wirksamkeit treten, wo-
durch die Reglerspindel und durch eine
auf der Spindel sitzende Mutter mittelst
Schubstange und Kurbel auch die Steuer-
welle gedreht wird. Mit der Steuerwelle
ist eine nach oben fuhrende Gabel Z durch
eine Kurbel verbunden, die an einem ein-
armigen Gabelhebel Stellschrauben zum
Hemmen der Bewegung des Regulator-
hebels trägt Gleichzeitig tragt die Gabel
Z an ihrem oberen Ende die beiden Kon-
taktstöcke, von denen das Kontaktstück
am Regulatorhebel eins berühren muss,
uro den Stromkreis einer der beiden Mag-
netkuppelungen zu schliessen. Die Steuer-
welle bewegt nun die Gabel immer in
der Richtung, dass der Kontaktschluss,
der die Knpplung des Wendegetriebes
und damit die Drehung der Reglerspin-
del und der Steuerwelle selbst einge-
leitet hat, wieder aufgehoben wird. Die
Gabel Z wirkt also in derselben Weise wie die Rückführung der Steuerung eines Servomotors, der hier
durch das Wendegetriebe dargestellt wird, während die Doppelkontakte sein Steuerventil vertreten. Am
Kopf der Gabel Z ist ausser den beiden Federkontakten, die ebenso wie das Kontaktstück am Regu-
latorhebel durch biegsame Litzen mit Stromklemmen an der Wand verbunden sind, ein magnetischer
Funkenlöscher angebracht, der verhindert, dass die Kontakte verbrennen.
Die magnetische Kuppelung für das Wendegetriebe und die Reglerspindel ist in folgender
Weise angeordnet. Auf der Reglerspindel sitzen die beiden Zahnräder, die von der liegenden Regulator-
welle aus in verschiedener Richtung gedreht werden. An die sich gegenüberliegenden Seiten der Zahn-
räder ist je eine schmiedeeiserne Ringscheibe angeschraubt, der je eine gusseiserne Kuppelscheibe gegen-
übersteht Die Naben dieser Kuppelscheiben Bind miteinander und mit der Reglerspindel durch Feder-
keile derart verbunden, dass sie sich gegeneinander in axialer Richtung verschieben können. In die
Kuppelscheiben ist nun in einer ringförmigen Aussparung je eine Drahtspule gelegt, die ein magneti-
sches Feld erzeugt, wenn sie vom Strom durchflössen wird. Das Magnetfeld presst die Kuppelscheibe
an die Ringscheibe des anstossenden Zahnrades, wodurch die Kuppelscheibe und die mit ihr verbundene
Reglerspindel in der Richtung des Zahnrades mitgenommen werden. Die Kuppelscheiben werden jedoch
nicht ganz mit den Ringscheiben der Zahnräder in Berührung gebracht, da sie infolge des remanenten
Magnetismus auch nach Unterbrechung des Stromes mit der Erregerspule zusammenkleben würden. Die
Berührung erstreckt sich vielmehr nur auf zwei am Rande der Scheiben angebrachte Bronzeringe, deren
Reibung neben der Anziehung des magnetischen Kraftfeldes zum Mitnehmen ausreicht Um zu ver-
hindern, dass die Kuppelscheiben kleben, dienen* ausserdem Schraubenfedern, die, um die losen Zahn-
568 Theodor Koehn. Ausbau ton Wasserkräften. Beispiele.
Gleichstromerzeugern und zwei Turbinen mit Drehstrommaschinen mittelst
Scheibenkuppelnng verbunden. Um nicht mmotig Kapital hineinzustecken ist die fünfte
Gruppe als Reserve für beide Stromarten derart eingerichtet, dass an die Turbinen-
welle, sowohl eine Drehstrom- als auch eine Gleichstrommaschine von gleicher KW-
Leistung wie die übrigen gekuppelt ist6).
Es hat sich diese Einrichtung im Betriebe bewährt, da bei sorgfaltiger Bedienung
nur höchst selten eine Gleichstrom- und eine Drehstrommaschine gleichzeitig defekt
werden. Die erwähnte Anordnung hat auch noch den weiteren Vorteil, dass für die
Gleichstrommaschine der Doppelgruppe das Schwungrad gespart wird, da das
rad der Drehstrommaschine die Stelle desselben vertritt. Die Anordnung bei der in
Mitte des Maschinensaales stehenden Doppelgruppe ist derart, dass zunächst der Turbine
die Drehstrommaschine aufgestellt ist. Zu beiden Seiten der Doppelgruppe folgt dann
je ein Gleichstromaggregat, um die Länge der dicken Gleichstromleitungen zur Schalt-
anlage, welche symmetrisch zur Mitte des Maschinensaales in einem vorgebauten Erker
angeordnet ist, möglichst kurz zu halten (Abb. 142). Die beiden Endturbinen sind
mit Drehstrommaschinen von 1 250 E.V. A oder 1000 KW bei cos g> = 0,8 gekuppelt,
welche den Strom mit 5600 Volt verketteter Spannung und 50 Per/sek. liefern. Jeder
Gleichstromerzeuger liefert normal bei 240 Volt Klemmenspannung 4200 Amp., <L h.
ca. 1000 KW. Um erforderlichen Falles die Gleichstrom- oder die Drehstromlieferung
radbüchsen gelegt, die Kuppelscheiben von den Zahnrädern abdrücken und eine anf Tal LXVIII, flg. 5
nicht gezeichnete Federbremse, deren Bremsklötze gegen die Aussenflächen der Kuppelscheiben
werden, wenn die Bremse nicht durch denselben Strom, der die Spulen der Kuppelung erregt,
ausser Tätigkeit gesetzt wird.
Als Stromquelle für den elektro-mechanischen Regler dient ein Nebenschluss der Glekhetrom-
Sammelschienen des Werkes von rd. 240 V.-Spannung von der ein Teil durch einen Vorschaltwiderstand
abgedrosselt wird (vergl. Abb. 141). Parallel hierzu liegt als Hüfsstromqudle eine Sammlerbatterie voa\
100 V.-Spannung. Der eine Pol der Stromquelle ist an den Regulatorhebel gelegt, von dem der Strom,
dem Ausschlag der Schwungkugeln entsprechend, dach einem der beiden Federkontakte am Kopfs
Gabel Z geht. Der Strom wird sodann durch eine Litze den Klemmen an der Wand, durch eine
verlegte Leitung, Schleifbürste und Schleifring der Erregerspule einer der beiden Kuppelscheiben
fuhrt, durch Schleifring und Schleif bürste wieder abgenommen und zur Stromquelle zurückgeleitet. Ver
den Erregerspulen sind in jedem Stromkreis eine Bleisicherung und ein Ausschalter angebracht, der,
wenn die Wandermutter auf der Reglerspindel ihre Endstellung erreicht hat, selbsttätig geöffnet wird.
Parallel zu den Erregerspulen liegt ein induktionsfreier Widerstand von 50 Ohm, der zu starke Funken-
bildung an den Kontakten verhindert Hinter der Vereinigung der beiden Erregerstromkreise in ihrem
negativen Pol, aber noch vor dem negativem Pol der Hilfsbatterie liegt noch ein Widerstand zum
Herabsetzen der an den Spulen anliegenden Spannung. Jede Magnetspule wird normal mit 2 Amp.
erregt, während durch den parallel zu ihr liegenden Schutz widerstand 1 Amp. flieset. In Reihe dar
beiden Erregerspulen ist die Magnetspule der Bremse geschaltet. Die Magnetspule des Fonkenloechers
am Kopfe der Gabel Z liegt dauernd mit einem Vorschaltwiderstand an der Hilfsbatterie und wird mit
nicht ganz 1 Amp. erregt.
Um bei einer Störung am Regler die betreffende Turbine von Hand steuern zu können, ist am
Ende der Reglerspindel ein Schneckenrad lose aufgesetzt, das mittelst Schnecke und Handrades gedreht
werden kann. Das Schneckenrad wird mit der Reglerspindel dadurch verbunden, dass auf der Spindel
gleitend, jedoch nicht drehbar, eine Kuppelscheibe mit Spurzahnkranz angeordnet ist, deren Zähne mit
einer Flankenverzahnung des Schneckenrades in Eingriff gebracht werden können. Hierzu wird die
Kuppelscheibe mittelst Gewinde, Mutter und Handrades auf der Spindel gleitend gegen das Schnecken-
rad bewegt Die Mutter der Kuppelscheibe wird dann noch durch eine ebenfalls mit Handrad ver-
sehene Gegenmutter gesichert Um bei der elf ktro-mechanischen und bei der Handsteuerung die SteUrag
der Leitradschaufeln beurteilen zu können, ist an der Wandermutter der Reglerspindel ein senkrechter
Zeiger angebracht, der über einer auf einer wagerechten Schiene angebrachten Einteilung einspielt
6) Die ganze elektrische Einrichtung ist von der E.-A.-G. vorm. W. Lahmerer & Co.
| 31. Das Lkch-Elektrizttätswkek Geesthofem. 569
verstärken zu können, sind übrigens bei allen Gruppen die Fundamente and Graben so
vorgesehen, d&ss an jede Turbinenwelle noch eine Dynamomaschine gekoppelt werden
kann. Hit Rücksicht auf die vorhandenen Gleicbatrommaschjnen waren besondere Er-
reger nicht erforderlich, da der Erregerstrom für die Drehstrommaschinen ans dem
Gleichstromnetz genommen werden kann. Ausserdem ist eine Notbatterie vorhanden.
Die Dynamo well» rabt 800 mm aber dem Flur der Halle in swei Ringsonrlegern , von denen
dasjenige in der Turbinenseite 800 mm, dasjenige an der Aussenseite, beiw. das Mkteüager der ge-
kuppelten Maschine, 900 mm lang ist Daa Aussenlager der gekuppelten Maschine hat eine Lange
von 700 mm.
Der Anker einer Olsiehatrommaschine hat 8800 mm Dm. Zwischen Anker und dem turbinen-
noitigen Lager sitzt ein zweiteiliges Schwungrad von 26,4 t Gewicht. Das anlaufend« Magnetrad der
Dreiphssen-Osneratoren besteht aus i Teilen r.nd hat 6* Pole. Der innere Durchmesser des gleichfalls
ans vier Teilen lusammen geschraub-
ten Anken betragt 6000 mm. Der Abb. US. Innenansicht der Dvnamohalle.
einfache Luftraum zwischen Anker
und Magnetkorper 7,5 mm.
Dss Magnetrad, welche* zu-
gleich als Schwungrad ausgebildet
ist, wiegt es. 65 t Nabe und Kranz
sind durch 12 Doppele Deichen ver-
banden und werden in eich durch
Schrumpfringe and Sehnen schrauben
zusammen gehalten. Die an dem
780 mm breiten Krame befestigten
Pole haben nur 190 mm Durchmesser
und sind mit Erregerspnlen von 108
Windungen ans 5 x 9,5 mm starkem,
hochkantig gebogenem Kupferband
in 6 Lagen versehen.
An der Unterwasserseite
der Dynamohalle hegt ein 2,2 m
hoher und 1,4 m breiter Kabel-
kaual, von welchem aus alle
Maschinengraben zaganglich Bind. In diesem Kabelkanal sind die sämtlichen, zum
Schaltraum führenden Leitungen untergebracht. Als Schaltraum igt ein 25,7 m langer
und 2,0 m breiter erkerartiger Ausbau in zwei Etagen ausgebildet, welcher durch eine
Glaswand, bezw. die Schalttafel selbst, von der Dynamoballe getrennt ist.
Die Gleichstromsammelschienen des Schaltraums bestehen aus je acht
Kupferschienen von 10 X 100 mm Querschnitt, die Speiseleiter dagegen, welche in
einem unterirdischen Kanal direkt nach den neben dem Krafthause liegenden Farbwerken,
geführt sind, der Kosten wegen aus je 16 Alaminiamschienen von 18,5/120 mm.
Alle an den Drehstrom tafeln angebrachten Meesinstramente and Schalter fuhren nnr Nieder-
spannung bexw. aind stromlos. Der an den Instrumenten an der Schalttafel führende Strom ist durch
Meaatransformatoren auf Niederspannung gebracht. Die unter 5000 V .-Spannung stehenden Maschinen-
leitungen gehen von dem Kabelkanal unter den Fuseboden des Schaltraumes nnd dann senkrecht nach
oben zu den an der Decke so hoch angebrachten Maschinen Behältern, das« aie vom Fuaaboden aus nicht
erreicht werden können. Diese Schaltor werden durch Vermittlung isolierender Holzstangen von den
am Schaltbrett angebrachten Hebeln betätigt. Die Hochspannungsleitungen fahren dann weiter in
das verschlossene Obergeschoss des Schaltraums, wo sechs Sammelsch jenen, je drei für Licht und Kraft,
untergebracht sind. Jede Maschine kann auf jede der beiden Sammelschienengruppen geschaltet werden.
Von den SsmmelschieDen gehen zwei Speisekabel sos, welche den Lieht- und Kraftbedarf der
Farbwerke docken, ferner zwei Speiseleitongen für Licht und Kraft, welche xu einem auf der Kanalinsel
errichteten Verteilangstnxme (vergl. Abb. 136) fuhren und schliesslich eine Leitung für den Licht-
und Kraftbedarf des Werkes selbst. Für Erweiterungen ist noch Baum vorgesehen. Der Strom für
570 II. Theodor Koehn. Ausbau ton Wasserkräfte*. Beispiele.
Licht and Kraft des Werkes selbst wird durch einen Transformator auf 220 V. herabgesetzt. In
erwähnten Verteilungatnrm sind zwei Ringleitungen, getrennt für Lieht nnd Kraft, anj
welehe die flnssanfwirta nnd abwärts fahrenden Fernleitungen geschaltet werden können. In
befinden sich auch die Blitzach utzvorrichtungen. Eine Abbildung des Turmes findet
Taf. LXXXIIT, Fig. 7. Von dem Turme gingen 1904 stromaufwärts swei Fernleitungen ans, welche aaf
ersten ca. 8 km auf gemeinsamen Masten nebeneinander lagen; dann verfolgte die eine das linke Ufer
des Lechs und der Wertha bis zu dem Vororte Oberhausen, die andere das rechte Ufer des Lechs Mch
8peisepunkten in Lechbausen und Friedberg. Die Masten der Fernleitung bestehen zum Teil ans Hob*
zum Teil aus Gittermasten. Eine durch die Stadt Augsburg selbst hindurchgehende nnterirdiaehe
Kabelleitung verbindet beide Fernleitungsnetze. Die Speisepunkte und Transformatorenstellen sind
in den Vororten als Wellblecbbäuschen mit Gittermasten ausgebildet 7). In der Stadt Augsborg seihet
mussten die Transformatorenstellen als Anschlagssäulen oder als Wandkisten ausgebildet werden,
in denen die 8chalt- und Sicherheitsapparate über dem Fussboden in wasserdichten gemauerten Gruses
untergebracht sind.
Eine Übersicht der Alilagekosten8) ist bereits in Tabelle I, S. 242/43 gegeben.
Ergänzend sei noch hinzugefügt, dass die elektrische Einrichtung des Wasserkraftwerks
und der Dampfzentrale M. 827892 gekostet hat, d. h. pro KW der installierten Gene-
ratoren (8000 KW) rd. 103,0 Mk. Beim Vergleich mit den Preisangaben in Tabelle VIR
S. 260, sind hierbei die niedrige Zahl der Um 1./ Min. (95) und die Kostspieligkeit der
Gleichstromsammelßchienen (vergl. S. 569) in Berücksichtigung zu ziehen.
Für das Fernleitungs- und Ortsnetz waren 1904 Mk. 1025513, für Zahler Mk. 51 157
verausgabt.
§ 32. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk am Neckar bei Marbach
für die Stadt Stuttgart, Hierzu Taf. xlvh).
Bei dieser Wasserkraftanlage, welche ein kleines Gefaller bei schwankenden Wasser-
mengen ausnützt, ist durch das Vorhandensein einer Dampfreserve und einer grossen
Akkumulatorenbatterie, sowie eines sehr grossen Bedarfs eine vollkommene Ausnutzung
der Wasserkraft zu allen Jahres- und Tageszeiten möglich. In richtiger Würdigung der
Verhältnisse hatte die Stadt Stuttgart Anfang der 90 er Jahre zwei, 20 km und 16 km
von Stuttgart entfernte Wasserkräfte am Neckar bei Marbach und Poppenweiler ge-
kauft und der damaligen Konzessionärin des Elektrizitätswerkes2) die Auflage gemacht,
diese Wasserkräfte auszubauen und auszunutzen. Es standen an beiden Stellen je
40 cbm/sek. bei M.W. und ca. 12,5 cbm/sek. bei N.W. zur Verfügung und die technischen
Anordnungen konnten so getroffen werden, dass bei M.W. ein Nutzgefälle von 2,9, bei
N.W. ein solches von 3,2 m zur Verfügung stand, sodass man an den Turbinenachsen
gemessen rd. 1200 PS* bei M.W. und 400 PS« bei N.W. erzielen konnte. Bei höheren
Wasserständen nimmt das Gefälle durch Ansteigen des Unterwassers ab und kann bei
Hochwasser ganz verschwinden. Die niedrigen Wasserstände treten in der Regel im
Sommer ein, wo der Stromkonsum kleiner ist, ebenso die hohen Wasserstände, bei denen
7) Abb. einer solchen Tranaformatorenatelle findet sich auf Taf. LX XXIII, Fig. 8 bis 9 a.
&) Entnommen aus dem Geschäftsbericht vom 30. Juni 1904 der Lech- Elektrizitätswerke A.-G.
Augsburg.
i) Die Figur der Tafel ist nach einem von den Stuttgarter Elektrizitätswerken zur Verfügung
gestellten Plane angefertigt. Die Abbildungen aind einer Broschüre der E.-A. vorm. Schuckert & Co.
in Nürnberg entnommen.
») Der Kontinentalen Gesellschaft für elektrische Unternehmungen in Nürnberg.
fe.
§ 32. Das Wassebkbaft-ElektrizitItbwerk Mabbach-Stuttgabt. 571
ein Nutzgefälle ganz verschwindet. Allerdings kann der letztgenannte Fall auch in der
Zeit des grösöten Konsums eintreten. Da aber die Stuttgarter Elektrizitätswerke schon
1904 eine Gesamt-Dampfkraft von 4200 PS* und über 1000 PS« in Akkumulatoren bereit
hatten und hierin für den normalen Betrieb eine reichliche Reserve enthalten war, so
konnten diese Einrichtungen für einen solchen Ausnahmefall auch als Reserve für die
Wasserkraft mitdienen, denn die höchsten Spitzen der Konsumkurve treten immer nur für
wenige Stunden täglich während etwa zweier Monate auf. Dadurch dass man mit der Er-
richtung einer grossen Dampfzentrale (1895) nebst Akkumulatorenbatterie im Mittelpunkt
der Stadt Stuttgart den Anfang machte und erst als der Konsum so weit gestiegen war,
dass man die Zentrale auf 3000 Dampf-PS« und 1000 PS« in Akkumulatoren ausbauen
musste, gleichzeitig mit dem Ausbau zunächst der Wasserkraft in Marbach (1898) begann,
hat man erreicht, dass man sofort nach Fertigstellung des Wasserkraft-Elektrizitätswerkes
die ganze verfügbare Wasserkraft ununterbrochen Tag und Nacht ausnutzen und so von
vornherein eine angemessene Verzinsung des angelegten Kapitals trotz der hohen
Anlagekosten erzielen konnte (vergl. S. 251 und 254).
Die technische Ausführung des Kraftwerkes Marbach bot insofern Schwierigkeiten,
als nach den behördlichen Vorschriften die ganze Kanal- und Fundierungsarbeit in wenig
mehr als drei Monaten ausgeführt werden musste. Es sollte die Schiffahrt, welche bei
sommerlichem N.W. auf dem Neckar aussetzen muss, möglichst wenig gestört werden.
Andererseits wollte man auch die bei höheren Wasserständen erschwerte Wasserhaltung
vermeiden und die für die Güte und Kosten der Ausführung günstigste Sommerzeit aus-
nützen. Der Neckar war von alters her oberhalb Marbach durch ein 165,0 m langes
Hauptwehr gestaut und die Schiffahrt wurde durch den sogenannten Oberkanal geleitet,
an dessen Verlauf bei Marbach sich eine Schleuse und daneben der Werkkanal mit dem
Unterwasserkanal anschloss (Taf. XLVI, Fig. 1). Übrigens ist die Schiffahrt bei Stutt-
gart so gering, dass, abgesehen von Nachen, etwa nur 10 Lastkähne jährlich die Schleuse
passieren. Das Gefalle des Werkkanals wurde für den Betrieb von Ölmühlen verwendet,
welche die Stadt einschliesslich der Wasserkraft für 274000 Mark gekauft hat. Bei der
Mangelhaftigkeit derartiger alter Anlagen wurden nur etwa 74 PSe ausgenutzt. Neben dem
Werkkanal lag die Schleuse für die Schiffahrt und dabei — an der Stelle des jetzigen
Krafthauses — ein Überlaufwehr mit Ablauf kanal in den Neckar. Unterhalb des oben er-
wähnten Hauptwehres befand sich nach dem Neckarbett zu am Oberkanal ein 65,0 m
breites Überfallwehr, welches zur Entlastung bei höheren Wasserständen, sowie zur Ab-
fuhrung des Eises im Winter zu dienen hatte und auch zukünftig dienen soll.
Um die Arbeit so weit als möglich im Trocknen ausführen zu können, wurde der
Oberkanal durch einen aus einer doppelten Reihe von Spundwänden bestehenden Fange-
damm von 40,0 m Länge geschlossen. Zwischen den beiden Spundwandreihen wurde
eine Dichtung aus Lehm eingestampft. Auf diese Weise wurde das ganze Wasser des
Neckar gezwungen, sich über das alte Wehr zu ergiessen. Nach Ablauf des Wassers
aus dem Oberkanal wurden ebenso die beiden Unterwasserkanäle gegen den Neckar ab-
geschlossen. Alsdann wurde der Oberkanal vertieft und auf dem linken Ufer um 2,0 m
verbreitert. Die Böschungen wurden auf beiden Seiten mit einer 0,40 m starken
Betonschicht bis 0,30 m über dem normalem Wasserspiegel bekleidet! Ferner wurde der
auf der rechten Seite liegende Leinpfad um 0,70 m erhöht.
Es wäre auf dem ersten Blick am naheliegendsten gewesen, das neue Turbinen-
haus an die Stelle der alten Mühle zu legen. Der Platz war aber zu beschränkt; auch
wollte man mit Rücksicht auf die möglicherweise in der Zukunft sich entwickelnde
Neckar-Schiffahrt volle Freiheit zur Erweiterung der Schleusenanlage behalten. So
572 IL Theodor Koehn. Ausbau vom Wabserkraitbw.
wurde denn das neue Krafthans auf der Insel zwischen dem Neckarbett und dem
Oberkanal über dem Ablaöfkanal des oben erwähnten alten Überlaufwehrt» errichtet.
Mittelst einer hochgelegenen Verbindnngabrücke ist die Zugänglichkeit zum Werke
jederzeit gesichert, auch wenn die Bleichwehrinseln bei H.W. überschwemmt sind
(Abb. 143).
Gleichzeitig mit den Arbeiten am Oberkanal wurde der Abbrach des alten Über-
§ 32. Das Wabberkraft-ElektbizitItswkbk Marbach-Stüttgaet. 573
laufwehres bei Marbach, sowie der Ölmühlen bewirkt und die Erd- und Betonierungs-
arbeiten für den Grundablass (Leerschuss) in Angriff genommen. Derselbe erhielt eine
Breite von 4,6 m und sein Abfallboden wurde in drei Stufen treppenförmig angelegt.
Die drei Absätze erhielten je eine Höhe von 1,5 m, ihre oberen Stufenflächen aber
steigen abwärts um je 50 cm an, um so ein Wasserpolster auf dem Absturzbett zu
bilden und die Geschwindigkeit des Wassers wirksam zu verringern. In derselben Zeit
wurden auch die Arbeiten für die Herstellung der Turbinenkammern und der Funda-
mente für das Krafthaus, sowie diejenigen für die Sohlen- und Seiten-Befestigungen des
Unterwasserkanals der Turbinen in Angriff genommen. Sie waren insofern die schwierig-
sten, als man mit den Fundamenten zum Teil bis zu 4,0 m unter den Neckar -Wasser-
spiegel heruntergehen musste. Für die Hohlräume der Turbinenkammern Hess man be-
sondere Lehren zimmern, um welche der Beton herumgestampft wurde. Um die elek-
trischen Maschinen möglichst hochwasserfrei stellen zu können, war man bei den ge-
gebenen Wasserstandsverhältnissen auf die Wahl stehender Schachtturbinen angewiesen.
Da die Turbinen mit 1,0 m Saughöhe arbeiten sollten, musste der röhrenförmige Ab-
fluss syphonartig so hergestellt werden, dass ein Eintauchen in das N.W. immer ge-
sichert blieb (vergl. Taf. LXI, Fig. 1 und 2, Grundriss und Querschnitt einer Turbine).
Durch eine quer über die ganze Breite des Unterkanals zur Abgrenzung der Baugrube
des Krafthauses geschlagene Spundwand hat man sich gegen Unterspülungen gesichert.
Hinter dieser Spundwand wurde die Sohle des Unterkanals mit Steinpflasterung befestigt,
die Böschung aber in gleicher Weise wie beim Oberkanal mit einer Betonbekleidung
yon 0,40 m Stärke versehen. Neben den Turbinen-Einlaufen von je 4,4 m Weite be-
findet sich noch ein Grundablass von 3,0 m Weite mit eingebauter Fischtreppe. Sehr
zweckmässig zu diesem Grundablass ist die Lage des Rechens gewählt, weil durch
den Strom des Wassers längs des Rechens das Stückeis wirksam in den Grundablass
abgeführt werden kann.
Jede Turbinenkammer ist am Oberwasser durch je zwei Schützentafeln, am Unter-
wasser durch Dammbalken abschliessbar , sodass jede Turbine für sich revidiert und
repariert werden kann. Die Bewegungsgetriebe der Schützen befinden sich im Innern
des Maschinensaals.
Die Vertiefung des Unterkanala und des Neckars bis zur Schiffahrtarinne wurde durch Dampf-
hagger mit 70—80 cbm täglicher Leistung bewirkt. Die Wasserhaltungen innerhalb der Fangedämme
konnten durch zwei Lokomobilen von je 18 PS« bewirkt werden, welche für die Nachtarbeit auch noch
die elektrischen Beleuchtungsmaschinen für die Baustelle antrieben.
In dem Krafthanse, welches mit Rücksicht auf die malerische Umgebung eine
etwas reichere architektonische Ausstattung erhalten hat, sind ausser dem Maschinen-
saal in Flurhöhe an der Turmseite noch eine Werkstätte und der Schaltraum unter-
gebracht.
Die vier Turbinen sind radial von aussen beaufschlagte und axial ausgiessende
Francis-Schacht-Turbinen3) von je 300 PSe und 34,7 Üml./Min. mit zwei überein-
ander liegenden Leit- und Laufradkränzen (Taf. LXI, Fig. 1 und 2 und Kap. III,
5 Turbinen). Die Schaufelzahl je eines Leitrades beträgt 30, die des Laufrades 34.
Auf der stehenden Turbinenwelle befindet sich oben ein grosses Kammrad, welches die
Bewegung auf ein kleines mit einem Übersetzungsverhältnis von 1:3 überträgt. Das
kleinere Kammrad sitzt auf einer horizontalen Welle, welche durch eine elastische
Zodelkuppelung direkt mit der Dynamowelle gekuppelt ist (Abb. 144}. Die Regu-
3) Geliefert von J. M. Voith in Heidenheim a. d. Brenz.
§ 32. Das Wabserkkaft-Elektrizitätswbrk Marbach-Stuttgart. 575
immer mit Zu beiden Seiten dieses Kegele befindet sieh je eine Friktionsecheibe, welche durch Elektro-
Magnete an den Kegel angepresst and von diesem mitgenommen werden. Je nachdem man die Turbinen
mehr Offnen und schliessen will, wird der Elektro-Magnet der rechten oder linken Scheibe in den Strom-
kreis eingeschaltet. Die Friktionsscheiben wirken durch eine Räderübersetzung auf eine horizontale
Spindel , auf welcher eine Mutter sich bewegt. An dieser Mutter sitzt das Gestänge für die Öffnung
oder Schliessung der Turbinen-Leitschaufel. An den Endstellungen der Mutter löst sie einen Kohlen-
kontakt automatisch aus, sodass die Bewegung der Spindel sofort aufhört.
Jede Turbine ist mit einer Dreiphasen-Drehstrom- Dynamo4) von 220 KW-
Leistung, 50 Per/sek. und einer Klemmen-Spannung von 10000 Volt gekuppelt. Durch
zwei Drehstrom -Transformatoren von je 14 KW wird ein Teil des erzeugten Drei-
phasenstromes auf die Spannung von 100 Volt gebracht und zwei Dreiphasen-Motoren
zugeführt, von denen jeder eine Gleichstrom-Maschine antreibt. Diese liefern den Strom
für die Erregung der Drehstromgeneratoren, für die Turbinen-Regulatoren, sowie für die
Beleuchtung der Zentrale. Um auch bei Stillstand der Turbinen den nötigen Gleich-
strom zur Verfügung zu haben, war die Aufstellung einer Akkumulatorenbatterie von
60 Zellen, einer Kapazität von 298 Amp. und einer Entladungsstromstärke von 96 Amp.
erforderlich. Die Apparatenwand steht an der turmseitigen Wand des Maschinensaales,
welche den in dem Anbau untergebrachten Schaltraum vom Maschinensaale trennt
(Abb. 143). Aus dem Schaltraum steigen die Hochspannungsleitungen in der hohlen,
feuerfesten Spindel der Turmtreppe empor und verlassen vom Turme aus das Krafthaus.
Die Fernleitung selbst besteht aus zwei Gruppen von je drei 7 mm starken
Kupferdrähten. Die zweite Gruppe ist für das später auszubauende Kraftwerk in
Poppenweiler bestimmt und dient vorläufig als Reserve. Die Leitungen liegen meistens
auf Holzmasten mit eisernen Auslegern. Nur an den Knickpunkten, bei längeren geraden
Strecken in bestimmten Abständen, sowie bei Strassen- Fluss- oder Eisenbahnübergängen
sind eiserne Gittermasten verwendet. Abgesehen von den Sicherungen und Blitzableitern
in dem Krafthause selbst, ist die rd. 20 km lange Leitung noch an acht Stellen durch
Hörner-Blitzableiter gesichert. Auf dem gleichen Gestänge befindet sich noch eine aus
zwei je 3 mm starken Kupferdrähten bestehende Telephonleitung zur Verbindung der
Kraftstation Marbach mit den einzelnen Unterstationen und der Dampfzentrale in Stutt-
gart. Zur Vermeidung von Induktionswirkungen sind die zwei Hauptfernleitungen an
sechs Stellen und in ähnlicher Weise auch die Telephonleitung verdrillt. In der Trans-
formatorenstation auf der unteren Prag geschieht die Spannungsermässigung von 10000
auf 3000 Volt durch drei stehende Transformatoren von je 300 KW- Leistung (vergl.
Abb. 145).
Du. Gebäude hat im ganzen nur 97,0 qm bebauter Grundfläche. Im unteren Geachoss, welches
nach Anlegung der bebauungsplanm&ssig vorbeifahrenden Parkstrasse zu einem Kellergeschoas werden
wird, sind die Transformatoren aufgestellt, während im oberen Geschoss Ausschalter, Blitzableiter und
Sicherungen untergebracht wurden. Von der Transformatoren - Unterstation wird der Strom mittelst
verseilter Kabel unterirdisch zur Umformeretation in Stöckach geleitet, wo der Strom, in Gleichstrom
umgeformt, ins Netz geliefert wird. Diese Unterstation wurde in dem östlichen Auasenbezirk Stöckach
angelegt, weil der Stromkonsum in diesem Bezirk besonders durch zwei östliche Strassenbahnlinien nach
Ostheim und Gaisburg so gross geworden war, dass die bisherige Versorgung des Gebietes von der
Hauptxentrale aus unter Verwendung sogenannter Zusatzmaschinen nur mit grossen Energieverlusten,
d. h. in unwirtschaftlicher Weise aufrecht erhalten werden konnte. Da aber beim Beginn der Strom-
lieferung in Marbach die völlige Ausnutzung der Wasserkraft durch das von der Unterstation Stöckach
beherrschte Leitungsnetz noch nicht möglich war, wurde das Kabel auch noch nach der Dampizentrale
im Zentrum der Stadt verlängert, um hier den Strom der Wasserkraft namentlich für Strassenbahn-
zwecke zu verwenden.
*) Die ganze elektrische Einrichtung ist von der E.-A. vorm. Schuckert & Co. in Nürnberg geliefert.
576 II. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräfte». Beispiele.
Über die Kosten der Anlage sind bereits in Tabelle I, S. 242/43 Angaben ge-
macht. Erwähnt sei noch, dass die elektrische Einrichtung des Krafthauses Marbach
einschliesslich der Transformatoren Mk. 200000 oder rd. 166 Mk. pro inst. Turbinen-
PS, gekostet hat. Die Hohe des Einheitsiireiw; im Vergleich in den Angaben in den
Tabellen VII und I\, S. 261 und 26? erklärt sich aus der sehr kleinen Umdrehungs-
zahl der Generatoren.
§ 33. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Rheinfelden a. Rhein. 577
Im Durchschnitt der Jahre 1903 und 1904 konnte das WasserkraitrElektrizit&ts-
werk bereits 4400000 KW- Standen pro Jahr abgeben, sodass die ganze installierte
Leistung von 800 KW mit 5600 Stunden voll belastet ausgenutzt wurde.
§ 33. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Rheinfelden am Rhein
der Kraftübertragungswerke Rheinfeldeil A.-G. Hierzu Taf. XLVili).
Diese Anlage ist zurzeit noch die grösste ihrer Art in Deutschland und für viele
später errichtete Kraftwerke vorbildlich geworden. Sie verdankt ihre Entstehung
gleichfalls der Initiative grosser Industriegesellschaften2). Die Vorbereitungen zu dieser
Unternehmung reichen bis ins Jahr 1889 zurück und beweisen, dass die Unternehmer
von der Zweckmässigkeit der Verwendung von Wasserkräften zur Übertragung elektrischer
Energie überzeugt waren, noch ehe die vorteilhafte Durchführbarkeit solcher Kraftüber-
tragungen durch den grossen Versuch Laufen -Frankfurt a. M. (vergl. S. 11) gelegent-
lich der Frankfurter Ausstellung aller Welt vor Augen gefuhrt wurde.
Der Rhein führt nach Einmündung der Aare eine ziemlich konstante Wasser-
menge von etwas mehr als 360 cbm/sek. und hat auf einer Strecke von ca. 2400,0 m
Länge vom Beuggersee bis zur Rheinbrücke bei Rheinfelden in drei Stromschnellen ein
Gefalle von 6,6 — 7,5 m. Das ursprüngliche Projekt8) sah neben einem festen Wehr und
einem kurzen Zufuhrungskanal am rechten Rheinufer ein Turbinenhaus mit 50 Turbinen
vor, von denen je zwei mittelst Zahnradvorgelege mit einer Dynamomaschine gekuppelt
werden sollten. Es waren Jonvalturbinen in Aussicht genommen von 330 PS« bei 44
Uml./Min. Man hatte das Zahnradvorgelege projektiert, um eine grössere Tourenzahl
der elektrischen Maschinen zu erzielen. Das Wasser sollte von dem Kanal in die Turbinen-
kammern und von hier unter die von gusseisernen Säulen getragene Kanalsohle hindurch
in den Rhein geleitet werden. Auch bestand zunächst die Absicht, das ganze verfügbare
Gefalle an einer Stelle auszunutzen. Von der letztgenannten Absicht nahm man aber
wieder Abstand, weil wegen der Grösse und Kosten das Risiko damals noch zu gross
erschien. Ende des Jahres 1893 konnte man die Ausführung des Unternehmens als
gesichert ansehen, nachdem einer von der grossherzoglich badischen Regierung gestellten
Bedingung entsprechend die Gründung der Aktiengesellschaft „Kraftübertragungswerke
Rheinfelden" nach deutschem Aktienrecht mit zunächst 4000000 Mk. Kapital beschlossen
und gegenüber den schweizerischen Behörden die Verpflichtung übernommen war, im
Kanton Aargau eine Zweigniederlassung dieser Gesellschaft einzurichten. Inzwischen
hatte die führende Gesellschaft auf Vorschlag ihres beratenden Wasserbau-Ingenieurs4)
das Projekt dahin abgeändert, dass der Werkkanal erweitert und vertieft wurde zur Ver-
minderung des Gefallverlustes, dass der Oberwasserkanal verlängert und der Unterwasser«
kanal verkürzt wurde, um Kosten zu sparen, dass ferner das Turbinenhaus schräg in
i) Die Fig. 1 der Taf. XLVH ist einer Broschüre der A.-E.-G. Berlin, die Fig. 5 und 6 sind
der Elektrotechnischen Zeitsohr. 1896 S. 404, Vortrag des Generaldirektors E. Rathenau entnommen,
die Übrigen Fig. und die Abb. sind nach Handskizzen und Photographien angefertigt.
*) Der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft in Berlin, Escher, Wyss & Co., Zürich und Maschinen-
fabrik Oerlikon in Oerlikon bei Zürich.
s) Verfasst von Conrad Zschokke in Aaran.
•) Otto Intze in Aachen f 1904 (S. 24).
Handbuch der Ing.-WUaen»«h. III. Teil. 18. Bd. 37
578 IL Thiodob Kosh*. Ausbau vom Wansmi-Rlrra». Bubfdelk.
den Kanal gestallt und schliesslich, dass statt 60 nur SO entsprechend grossere
Tnrbinen mit vertikaler Achse und direkt gekoppelten Dynamomaschinen nr Auf-
stellung gelangen sollten. Dieses veränderte Projekt fand im April 1895 die Genaomigma;
der Uferstaaten, ist aber später noch wesentlichen Änderungen unterzogen worden.
Das Wehr bestand früher aus einem Überfallwehr und einer
(Taf. XLVII, Fig. 1). Durch letztere sollten zugleich die 60 cbm/sek. fliessen,
konzesmonsmässig mindestens jederzeit ins Unterwasser abzulassen sind. Auf dem
Grundwehr sind später durch Pfeilerstellungen aeht öftiurei von je 22,20 m lichter
Weite gebildet, welche durch
Abk-U*. Amimjmnfs^j*mmmW*mm ^„ft^, schmiedeeis«™
Schützen (Abb. 146) verschliee»-
bar sind mit dem Zwecke ein
am 1,0 m höheres Gefälle an
den Turbinen zu erzielen. Es
sind ferner drei QrudablaasMT-
nnngen neben der Flossgaflse an-
gelegt zur Abführung des Kieses,
welcher trotz des rheinaufw&rts-
liegenden Beuggerseee in grossen
Mengen bei höheren Wasserstän-
den an das Wehr herangefahrt
wird (Taf. XLVII, Fig. 2 und 3).
Da das Ufer an der Unken,
schweizerischen Seite au raneai-
gem Boden bestand, musste hier
eine ca. 100,0 m lange kräftige
Ufermauer angelegt und flussab-
wärts von derselben das Ufer noch
mit Steinpacknngen befestigt wer-
den. In der Wehrachse schliesst
sich an diese Ufermauer zunächst
ein ca. 8,6 — 4,0 m breiter Fischpass an (Abb. 146) und dann folgen die erwähnten
acht Öffnungen. Um Raabfischerei im Fischpass zu verhüten, ist längs desselben auf
der erwähnten Ufermaner eine hohe Schutzmauer errichtet worden. Der Fischpass ist
nach dem sogenannten Wildbachsystem angelegt. Die Sohle steigt rampenförmig an und
gewährt den aufsteigenden Fischen durch eingebaute Felsblöcke, Kolke etc. zahlreiche
Ruhepunkte.
Die Krone der rheinwärts gelegenen FischpaBsmauer liegt mit der Oberkante der
Sohflteentafeln im geschlossenen Zustande auf gleicher Höhe, sodass sie bei höheren Wasser-
ständen mit als Überlauf wirkt. Die schmiedeeisernen Schützentaf em der grossen Öffnungen
sind oben mit einer geneigten Überlanf fläche aus Holz versehen, weil sie bei höheren
Wasserständen z. T. auch als Überläufe dienen sollen. Um die Angriffspunkte der Hebe-
seile bei überströmendem Wasser zu schützen, sind um dieselben auf den Schützen
doppelfischbauchförmige eiserne Schutzkasten aufgesetzt von ca. 76 cm Höhe, deren
Oberkante auf alle Fälle über denjenigen Wasserspiegel empor reicht, bei dem einzelne
Schützen noch geschlossen bleiben müssen. Da der Wasserdruck auf die langen Schützen-
tafeln verhältnismässig nur klein ist (ca. 15,5 t bei 1,2 m Wasserdruck), so macht das
Heben und Senken der langen Schützentafeln keinerlei Schwierigkeiten. Die Pfeiler der
§ SS. Das WAasEBKSAFT-ELEKTRiaxrlTBWBBK Rhedcfeldew a. Rhein. 579
erwähnten grossen Öffnungen sind ans Eisenfachwerk mit Betonausfüllung hergestellt
und stehen auf Caissons, welche mittelst Preseluft versenkt wurden. Die Starke eines
Mittelpfeilers beträgt in der Richtung der Wehrachse gemessen ca. 0,75 my die Stärke
der Endpfeiler etwa 2,0 bis 2,5 m. Auch die Fundierung des Grundwehres musste teil-
weise mittelst Pressluft nachträglich vertieft werden, weil sich bei der eigentümlichen
Schichtung des die Flussohle bildenden Gebirges Wasseradern unter die Wehrsohle hin-
durch gezweigt und Auswaschungen am Sturzbett gebildet hatten« An die letzte grosse
Öffnung, vom linken Ufer aus gezählt, schliesst sich ein ca. 5,0 m breiter Fischpass an*
Die Gesamtbreite des Wehres bis zum linken Pfeiler der dann folgenden Flossgasse be-
trägt rd. 197,7 m. Die Flossgasse ist 20,0 m breit im lichten und 60,0 m lang. In
derselben Öffnung befindet sich noch eine weitere Fisehleiter von nur 2,0 m Breite im
lichten, welche mit dem vorerwähnten Fischpass eine gemeinsame Mittelmaner hat.
Die Grundschwellen der an die Flossgasse anschliessenden drei Grundablässe von je
10,0 m lichter Breite liegen nur wenig über der Flussohle, sodass die gleichfalls eisernen
Schützentafeln ca. 5,0 m hoch sind. Diese grossen Schützentafeln sind nach dem System
Stoney ähnlich wie diejenigen der Anlage Chevres und Hagneck konstruiert. Sie laufen
wie diese auf Walzen, ihr Gewicht ist durch Gegengewichte ausbalanciert und die
Dichtung, wie bei den erwähnten Anlagen, durch besondere Dichtungsstäbe zwischen ge-
hobelten Schlussflächen bewirkt (Kap* III. 3. Schützen und Taf. LV, Fig. 11).
Das Sturzbett aller Wehröfinungen ist durch Betonschüttung auf dem felsigen
Untergrund befestigt. An den erwähnten acht grossen Hochwasseröffhungen stürzt das
Wasser steil ab und das Sturzbett ist durch vorstehende, fest einbetonierte Felsstücke
rauh gemacht, um die Geschwindigkeit des Wassert auf dem befestigten Abfallboden zu
brechen. Die Baugrube des alten Überfallwehres wurde durch Ausgraben und Aus-
sprengen der felsigen Flussohle in verschiedener Tiefe je nach der Beschaffenheit des
Felsens im Schutze von Fangdämmen hergestellt und mit Beton ausgefüllt, worauf dann
der Wehrkörper selbst sowie das Sturzbett gleichfalls in Beton gesetzt wurden.
Die Bedienungsbrücken, welche das Aufzugsgetriebe tragen, liegen über den
Grundablässen höher als über der Flossga83e und über dieser höher als über den 8 Hoch-
wasseröffhungen, entsprechend der Höhe der Schützentafeln ; sie sind aber durch Treppen
miteinander verbunden (Taf. XLVH, Fig. 3). Eine bogenförmige Mauer verbindet den
rechten Endpfeiler des Grundablasses mit der linken Kanalmauer. Die Krone beider
Mauern liegt über Hochwasser. Die erwähnte bogenförmige Mauer trägt eine Brücke
zur Verbindung der Kanalbrücke mit den Bedienungsbrücken des Wehres und es sind
in ihr zwei doppelte Eisschützen angelegt Um die Flösse sicher zur Flossgasse zu leiten,
sind im Zuge des rechten Pfeilers der Flossgasse in einer schräg zum rechten Ufer
herübergehenden Linie 7 Ducdalben in Entfernungen von je ca. 20,0 — 25,0 m vonein-
ander gesetzt, vor welchen von Ducdalben zu Ducdalben schwimmende, hölzerne Leit-
flösse festgemacht sind. Die Ducdalben bestehen aus einem pyramidenförmigen eisernen
Gerüst mit Betonausfullung. Durch die Leitflösse wird das schwimmende Eis des
Rheines zum grössten Teile nach der Flossgasse zu abgewiesen, also vom Kanal zurück-
gehalten. Anschliessend an die linke Begrenzungsmauer der Flossgasse ist gleichfalls
ein Leitfloss gelegt, welches sich gegen einen, schräg aufwärts nach der Flussmitte zu
gesetzten Ducdalben stützt
Der Werkkanal hat eine Sohlenbreite von 60,0 m und eine Länge von ca. 980,0 m.
Er soll beim normalen Geftlle an den Turbinen von 5,6 m 270 cbm/sek., bei 4,2 m Ge-
falle 370 cbm/sek. fuhren. Auf der linken Seite ist er durch eine, auf dem Felsen fundierte,
ST"
680 IL Theodor Koehh. Ausbau ton Wasserkräften. Beispiele.
etwa 7,0 m hohe Mauer begrenzt, welche auf der Sohle 4,0 m und an der Krone 1,5 m
stark ist Die rechte Uferböschung des Werkkanals ist mit einer 20,0—26,0 cm starken
Steinpflastenmg gesichert, welche auf dem gewachsenen Felsen ruht. Am Einlanf ist quer
über den Kanal eine Brücke auf eisernen, je 5,0 m voneinander entfernten Gitterpfeilern
angebracht, welche die beiden Ufer des Kanals verbindet. Diese Brücke dient ausserdem
noch verschiedenen anderen Zwecken. Ihre Pfeiler sollen für Dammbalken als Wider-
lager dienen, um im Bedarfsfalle den Kanal trocken legen zu können. Die Pfeiler aollen
ferner Schutzgitter aufnehmen, welche während einiger Monate im Jahre eingesetzt
werden müssen, um im Interesse der Fischzucht den Fischen den Eintritt in den Kanal zu
wehren. Die Pfeiler tragen ausserdem einen groben Rechen, welcher treibende Körper auf-
halten soll. Schliesslich trug die Brücke früher die Aufzugsvorrichtungen für eiserne
Klappen, welche über eine, an der inneren Seite längs der Brücke angelegte Kiesrine
geklappt werden sollten. Diese Kiesrinne hat eine Breite von 2,60 m und eine Tiefe von
1,0 m bis 1,25 m und mündet an einer in der linken Kanalmauer angelegten Spfilsekmtse.
Man hoffte durch das Bedecken der Rinne mittelst der eisernen Klappen und Aufheben ein-
zelner von ihnen die Kiesrinne in ihrer ganzen Länge wirksam spülen zu können. Diese
Einrichtung hat sich aber nicht bewährt, weil sich die kleine Rinne zu schnell füllte
und deshalb unwirksam wurde, ganz abgesehen von der Schwierigkeit und Kostspieligkeit
der Handhabungen mit den eisernen Klappen. Tatsächlich gelangen Kies und Sand in
ziemlichen Mengen in den Kanal hinein. Es wird deshalb vermutlich nichts anderes
übrig bleiben, als in ähnlicher Weise, wie dies bereits in Chevres geschehen ist, eine
Grundmauer von dem rechten Endpfeiler des Grundablasses flussaufwärts mit Anschluss
an das rechte Ufer anzulegen (vergl. Taf. XL VII, Fig. 2 die gestrichelte Linie), über
welche bei gestautem N.W. die für den Betrieb notwendige Wassermenge überfliessen
könnte, welche aber bei Hochwasser das Geschiebe des Flusses wirksam von dem Kanal
abhalten würde.
Der grobe Rechen liegt an der Brücke insofern nicht glücklich, weil er bei der
zu grossen Eintrittsgeschwindigkeit des Wassers in den Kanal nur mit Aufwand von
sehr viel Mannschaften zu reinigen ist. Wenn der Rhein nach den Frühjahrs- und
Winterstürmen viel Holzstücke und Stückeis führt, setzen sich solche Schwimmkörper
am Rechen fest und verengern das freie Durchflussprofil derartig, dass ein Stau von
0,25 — 0,80 m und mehr entsteht. Die Schwimmkörper werden infolgedessen so stark gegen
den Rechen gedrückt, dass bei der lotrechten Stellung der Rechenstäbe die Reinigung der-
selben von der Brücke au9 mit Menschenkraft wegen der hohen Kosten kaum durch-
führbar ist. Leichter wäre die Beseitigung der Schwimmkörper am Rechen von einem
Kahn aus möglich, welcher an einem quer über die Kanalmündung gespannten Draht-
seile geführt werden könnte. Für eine Neuanlage ähnlicher Art dürfte es vorzuziehen
sein, den Rechen spitzwinkelig gegen die Kanalachse (etwa wie auf Taf. XL VII, Fig. 2
durch die gestrichelte Linie angedeutet), anzulegen, weil es dann leichter sein würde.
Schwimmkörper, welche sich am Rechen festgesetzt haben, mit Hilfe des längs des
Rechens fliessenden Stromes nach einer in der flusseitigen Kanalmauer anzulegenden
Eisschütze zu bringen. Auch würde dadurch die freie Einflussöffnung grösser,' die Ein-
trittsgeschwindigkeit also kleiner.
Die Sohle des Werkkanals ist in Form eines umgekehrten Gewölbes hergestellt
und hat in der Mitte eine Schlammrinne, welche bis zu dem, am unteren Ende des
Kanals, neben dem Turbinenhause befindlichen Freilauf führt.
Die Wassertiefe im Kanal schwankt zwischen 3,7 m bei N.W. und 5,3 m bei
H.W. Das Gefälle der Sohle beträgt 0,6°/oo. An zwei Stellen sind an der
§ 33. Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Rhetkfelden a. Rhein. 581
Kanalmauer nachträglich lange Überläufe angelegt (Taf. XLVII, Fig. 3). Man war an
der Stelle, wo das Krafthaus liegt, in der Entwickelnng nach der Breite dadurch be-
schränkt, dass das Ufer des Flusses ziemlich steil ansteigt und man bei Verbreiterung
des Kanals oder des Kraftbauses sehr kostspielige Bodenbewegungen und Uferbefesti-
gungen hätte ausführen müssen (Abb. 147). Es ergab sich daraus schon die Wahl von
Turbinen mit stehender Welle. Das Kanalprofil verengt sich längs des 165,0 m langen
Krafthauses nach dem Unterwasser zu, was dadurch begründet erscheinen könnte, dass
die Wassermenge mit jeder im Betriebe befindlichen Turbine stromabwärts abnimmt. Das
zu stark verengte Kanalprofil vor dem Krafthause hat jedoch den Nachteil, dass die Ge-
schwindigkeit des Wassers vor dem Rechen bei vollem Betriebe eine reissende werden muss,
um das nötige Betriebswasser durchzulassen, was natürlich mit Gefälleverlust verbunden ist.
Abb. 147. Ansicht des Kr»fth»usee.
Es wird dadurch auch viel Kies bis an den Reeben und durch den Rechen hindurch in die
Turbinen hinein gerissen. Die grossen Harken, welche zum Reinigen des Rechens dienen,
werden mit solcher Gewalt gegen die Rechenstäbe gedrückt, dass 4 — 5 Mann dazu gehören,
um eine Harke zu bedienen. Der Vorteil der schrägen Stellung des Krafthauses und des
Rechens ist aber, abgesehen von der Kostenersparnis, der, dass bei geöffnetem Freilauf ein
so starker Strom in der Längsrichtung des Rechens entsteht, dass viel schwimmendes Stück-
eis bis zum Freilauf mit fortgerissen wird. Durch die schräge Stellung des Turbinenhauses
wurde der Platz gewonnen, um 20 Turbinenkaminera von je 5,50 m Breite und 10,0 m
Länge bei 1,25 m starken Trennungsmanen) anzulegen und daneben noch eine Kahn-
schleuse von 3,0 m lichter Breite und 15,75 m Länge und einen Freilauf von 6,0 m Breite
einzubauen. Die Kabnscbleuse ist mit Toren von dem gewöhnlichen Modell verschliess-
bar. Kanal aufwärts ist, am Ende des Krafthauses noch eine Fischleiter angelegt. Der
l'nterwasserkanal ist in den Felsen der Flussohle eingesprengt und linksseitig durch
eine Mauer so eingefasst dass der Strom des Betriebswassers flussabwärts gedrängt
682 II. Theodor Koehh. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
wird. Dennoch ist das schweizerische Ufer gegenüber dem Krafthause durch Steia-
packnngen besonders gesichert. Oberhalb des Krafthanses fahrt eine Brocke ober den
Rhein, welche auf badischer Seite in die zur Verbindung des Krafthanses mit der neo-
entstandenen Industriestadt Badisch-Rheinfelden angelegte Zufahrtstrasse einmündet
(Abb. 147).
Der Maschinensaal hat eine Gesamtlänge von 150,0 m, eine lichte Breite von
10,0 m und eine lichte Höhe von 8,0 m bis zur Unterkante der Dachbinder. Es stehen
demnach rd. 8,9 qtn Bodenfläche pro 100 installierte PS« zur Verfügung. Die tiefer ge-
legenen Teile des Krafthauses (Taf. XL VII, Fig. 5 und 6) sind mittelst Caissons pneu-
matisch fundiert. In der Mitte des Krafthanses ist in einem erkerartigen Vorbau Ton
2,75 m Breite und 30,0 m Länge in drei Etagen übereinander die Schaltanlage unter-
gebracht, sodass hierfür im ganzen rd. 250,0 qm zur Verfugung stehen, d. tu pro
100 install. PS. 1,47 qm. Mit einem Laufkran von 40,0 t Tragfähigkeit und elek-
trischem Antrieb kann der ganze Maschinensaal bestrichen werden. An der nach dem
Werkkanal gelegenen Wand des Maschinensaales entlang läuft eine Galerie, welche die
Bewegungsgetriebe der Drehtore trägt. Jede Turbinenkammer ist durch zwei eiserne
Drehtorflügel mit vertikalen Achsen Ton 2,75 m Breite und 5,0 m Höhe verschliessbar.
Um die kanalwärts gelegene Wand des Maschinensaales aufzunehmen, ist jede Tnrbimen-
yorkammer durch eine Reihe Walzträger überdeckt, welche zugleich den oberen Anschlag
der Drehtore tragen. Bei leeren Turbinenkammern entsteht ein Druck von 70000 kg
auf die Drehtore und es mussten deshalb die Zapfen mit besonderer Sorgfalt konstruiert
werden. Die vor das Krafthaus vorspringenden Trennungsmauern der einzelnen Kammern
tragen die Bedienungsbrücke des Feinrechens, welcher in einer Neigung von etwa 45°
gegen die Horizontale aufgestellt ist und sich in der Kanalsohle auf einen Betonsockel
und oben, an der Bedienungsbrücke, auf Walzträger stützt. Ausserdem sind die Rechen-
stäbe noch einmal in der Mitte durch Walzträger verstärkt, welche durch schräge Stützen
gegen die Pfeiler der Turbinenkammern abgesteift sind; Die lichte Weite zwischen den
Stäben soll 35 mm betragen.
Unter der Mittellinie des Maschinenhauses steht in jeder Turbinenkammer eine
Francisturbine6) von je 840 PS« Nutzleistung und mit je zweimal vier Laufkränzen.
Die zuerst aufgestellten 9 Turbinen machen 55, die später aufgestellten 11 Turbinen
68 Uml./Min.
Jedes der zwei Tarhinenräder bat 2,85 m Spaltdarchmesser und 1,24 m Höhe. Der hüttelab-
stand der beiden fibereinanderstehenden TnrbinenrAder beträgt 8,87 m. Jedes Laufrad ist in der Mitte
duroh eise Tolle Scheibe in zwei Teile geschieden, sodass zwei Kränze nach oben, zwei nach nuten
auegiessen. Die Beaufschlagung erfolgt radial von aussen, der Ausguss axial nach unten und nach
oben. Es mag hier auf den Unterschied mit den Francis -Turbinen des zweiten Ausbaus von Chetree
hingewiesen werden, bei denen die Beaufschlagung von innen erfolgt und eine starke hydraulische Ent-
lastung stattfindet
Die Saugkanäle sind z. T. in Schmiedeeisen, z. T. in Beton gebildet. Bei den
Betonkanälen wurde die erforderliche Form durch entsprechend verlegte Wakträger ge-
geben. Das untere Leitrad sitzt auf einem Tragringe, welcher in den Beton eingelassen
ist und das Wasser der beiden untersten Turbinenkränze in den zugehörigen Saugkanal
ffihrt. Auf dem unteren Leitrad ist auch der schmiedeeiserne Kessel befestigt, durch
welchen der mittlere und obere Saugkanal gebildet werden. Die Stahlwellen der Doppel-
turbinen haben einen Dm. von 300 m und sind dreimal gelagert Das oberste Führungs-
lager ist mit dem Ankerrahmen des Generators verbunden. Das unterste Lager dient
zur Abstützung der Gewichte bei der Montage und Demontage und die Welle läuft
*) Geliefert von Escher, Wyss Sc Co.
§ 33. Das Wasserkraft-Elektbizitätswerk Rheinfelden a. Rhein. 583
in ihm auf Pockholz, Die Dynamowelle ist mit der Turbinenwelle mittelst Flan-
schenknppelung verbunden, und letztere auf einer Zwischendecke, welche durch
starke Walzträger gebildet ist, in einem Öldruck-Ringspurlager geführt. Die Träger
der Zwischendecke bilden zu gleicher Zeit eine wirksame Verankerung der einzelnen
Wände der Turbinenkammern untereinander. Das Ringspurlager wird durch Pressöl mit
25 Atm. Überdruck entlastet.
Die Regulierung der Turbinen erfolgt durch Ringgitterechieber f welche vor den Leitradzellen
auf nnd ab bewegt werden. Jedes Leitrad bat 36 Zellen, jedes Laufrad 82. Der Maximalnutzeffekt der
Turbinen wird bei hohem Gefälle erzielt, während bei geringen Gefallehohen, die bei H.W. eintreten,
der grossere Wasserverbrauch ohnebin keine Rolle spielt. Das Gefalle beträgt bei N.W. 5,6 m, bei
H.W. 4,2 m. Der Wasserverbrauch schwankt pro Turbine zwischen 15—20 cbm/sek. Die vier unteren
Gitterschieberkränze werden gemeinschaftlich geöffnet und geschlossen. Bei hohem Gefalle arbeitet das
untere Turbinenrad allein und das obere bleibt geschlossen. Sinkt das Gefalle, so werden zunächst die
beiden unteren Kränze des oberen Turbinenrades und bei weiterer Abnahme des Gefälles auch die
beiden oberen geöffnet. Die Ringgitterschieber der beiden oberen und der beiden unteren Kränze des
oberen Leitrades sind deshalb voneinander unabhängig. Das Heben und Senken der Ringgitterschieber
geschieht mittelst Drucktitangen. Für die beiden oberen Ringgitterkränze, welche nicht zusammen-
hängen, ist die Einrichtung getroffen, dass durch verstellbare Mitnehmer an denselben, nach Belieben
jeder Doppelkranz für sich oder beide gemeinsam bewegt werden können. Alle Druckstangen der Ring-
Schieber können von Hand reguliert werden, sind aber in der Regel mit einem hydraulischen Servo-
motor in Verbindung gesetzt Dieser wird gleichfalls durch Pressöl von 25 Atm. Oberdruck betätigt
und seine Bewegung wird durch Ventile reguliert, welche durch einen Fliehkraftregler je nach der
Tourenzahl der Turbinen geöffnet und geschlossen werden.
Jede Turbinenwelle treibt eine einfachwirkende Differejizial-Ölpumpe an. Sämt-
liche Ölpumpen sind an eine gemeinsame Druckleitung angeschlossen, arbeiten aber für
gewöhnlich direkt auf das Spurlager und den Servomotor ihrer Turbine. Das von den
Lagern und Servomotoren zurückkommende Öl wird zweimal filtriert und dann von den
Ölpumpen wieder frisch angesaugt. In der 75 cm starken Betondecke jeder Turbinen-
kammer befindet sich eine kreisrunde Durchbrechung von 3,5 m Dm., durch welche alle
Teile der Turbinen mittelst des Laufkrans herausgehoben werden können, sobald das
Magnetrad der Dynamomaschinen entfernt ist. Bei 10 Turbinenkammern ist die Rück-
wand nach dem Unterwasser zu durch schmiedeeiserne, kastenförmige Schützentafeln
gebildet, welche mittelst des Laufkrans entfernt werden können, wodurch bei H.W. der
Weg durch die Turbinenkammern geöffnet wird, wenn die Drehtore offen und die
Turbinen geschlossen sind. Nachdem man aber dem Hochwasser im Werkkanal durch
Anlegung der Uferläufe einen anderen Abfluss verschafft hat, können diese Schützen-
tafeln dauernd geschlossen bleiben.
Von den Turbinen sind gekuppelt:
Fünf mit Drehstromgeneratoren6) von 6800 V.-Spannung und 59 Ampöre bei
55 Uml./Min., welche festen Anker und bewegliches Magnetrad haben,
drei mit Drehstromgeneratoren von 6800 V.-Spannung und 58 Ampere Strom-
stärke bei 55 Uml./Min., welche nach dem sogenannten Unipolar-Typ mit feststehendem
Erregersystem gebaut sind,
sechs mit Gleichstromgeneratoren von 90 V.-Spannung und 6000 Ampere bei
55 Uml./Min. Diese liefern den Strom für die Aluminiumindustrie-Aktiengesellschaft
Neuhausen, Filiale Badisch-Rheinfelden, zur Gewinnung von Aluminium und Kalzium-
Karbid,
zwei mit Gleichstromgeneratoren von 155 V. Spannung und 4000 Amp. Strom-
stärke bei 68 Uml./Min., welche Strom für eine Natriumfabrik liefern,
<) Die ganze elektrische Einrichtung ist von der Allgemeinen Elektrizität! • Gesellschaft in
Berlin geliefert
164 II. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beufielb.
vier mit Gleichstromgeneratoren von 130 — 140 V. Spannung und 4500 Amp. bei
68 CmL/Min. Diese vier Maschinen versorgen die in der Nabe liegende elektrochemische
Fabrik Griesheim-Elektron , Werk Badisch-Rheinfelden , mit Strom zur Fabrikation von
Chlorkalk und Karbid.
Alle zwölf Gleichstromgeneratoren liefern den Strom direkt in die betreffenden
Werke. Die acht Drehstrommaschinen versorgen das Netz der Übertragungswerke
Rheinfelden. Für die Erregung der Wechselstrommaschinen sind zwei rotierende Um-
former aufgestellt. Der von den Sammelschienen kommende Drehstrom von 6800 V.
Spannung wird, bevor er in den Drehstrommotor eintritt, auf 500 V. Spannung herunter-
transformiert. Die Erregerspannung beträgt 155—170 V. Für den Fall, dass an diesen
Umformern Störungen eintreten, sowie bei erstmaligem Anfahren, kann von drei Gleich-
stromdynamos Erregerstrom gegeben werden.
Die Sehaltanlage der Drehstromgeneratoren befindet sich im Mittelbau des Kraft-
hauses. Das Schaltbrett selbst ist erhöht aufgestellt, sodass von demselben aus sämt-
liche Maschinen überblickt werden können.
Sämtliche Drehstromgeneratoren arbeiten parallel auf die Haaptsammelschienen. Die letzteren
können, behufs Vornahme von Reparaturen wahrend des Betriebes, unterteilt werden. Neben diesen
flauptsammeUehienen sind noch Hilfssammelschienen vorhanden. Dieselben können von je zwei Gene-
ratoren aus Strom erhalten, sowie mit den Hauptsammeischienen parallel geschaltet werden. Auch
können sämtliche abgehende Fernleitungen, sowohl auf die Hauptsammeischienen als auch auf die Hilf»-
aammelschienen geschaltet werden. Dadurch ist man in der Lage, jede einzelne dieser Leitungen, ohne
Unterbrechung des übrigen Betriebs, nach Reparaturen usw. für sich zu prüfen und allmählich in Betrieb
zu nehmen, aowie stark schwankende Betriebe vom allgemeinen Licht- und Kraftnetz zu trennen und
separat zu speisen.
Ausser den bereits erwähnten Kraftmaschinen war 1904 in einem besonderen
Gebäude bereits eine Dampfreserve in Form einer Dampfturbine, System Brown-Boveri-
Parsons vorhanden, welche direkt gekuppelt ist mit einem Drehstromgenerator Ton
1400 KW Leistung und 6800 V. Spannung bei 1500 Uml./Min.
Die Dampfreserve tritt in Tätigkeit bei Hochwasser, Grundeis und im Winter zur
Überwindung der Höchstbelastung, wenn zeitlich der Grösstkonsum von Licht mit dem
Kraftkonsum zusammenfällt.
Von dem Krafthause gehen als Fernleitungen unterirdisch verlegte Kabel aus und
zwar zwei nach einem Speisepunkt für die Leitungsnetzanlagen auf dem Schweizer Ufer und
fünf Kabel nach einem Speisepunkt auf dem badischen Rheinufer. Von diesen Speise-
punkten aus wird dann der Strom teils wieder in Kabeln, teils in Freileitungen auf
hölzernen Masten zu den verschiedenen Transformatorenstellen gefuhrt, welche über
das ganze Leitungsnetz verteilt sind. In den Transformatorenstellen wird die Spannung
von 6800 V. auf 500 V. bezw. 220 V. heruntertransformiert und dann der Strom in
die sekundären Leitungsnetze verteilt. Es waren 1905 im ganzen öl Transformatoren-
stellen vorhanden, an die ca. 4770 KW angeschlossen waren. Davon entfielen 3600 KW
auf 28 Stellen mit 500 V Sekundärspannung und 970 KW auf 50 Stellen mit 220 V
Sekundärspannung.
Ausser diesen Transformatorenstellen sind noch vier Unterstationen vorhanden
und zwar: Rheinfelden mit 175 KW, Schopfheim mit 86 KW, Wehr mit 46 KW und
Lörrach mit 200 KW.
In diesen Unterstationen wird der Drehstrom durch Umformer in Gleichstrom
▼erwandelt und soweit die Betriebsverhältnisse es zweckmässig erscheinen lassen, mittelst
Batterien akkumuliert.
Seit der Betriebseröffnung der Kraftübertragungswerke Rheinfelden hat sich in
der Nähe auf badiscber Seite eine grosse industrielle Kolonie entwickelt, aber auch in
§ 34. Das Urfttalsperre-Elektbizitätswerk bei Gemünd in der Eifel. 585
dem weiter entfernten Konsumgebiete auf schweizer und badiscber Seite hat der
Stromverbrauch so zugenommen, dass die ganze Stromerzeugung einschliesslich derjenigen
der Dampfreserve 1904 bereits verkauft war. Deshalb haben die Kraftübertragungs-
werke Ende 1903 gemeinsam mit der Stadt Basel bei den Behörden der Uferstaaten
ein Konzessionsgesuch für eine gross** auf 30000 PS« veranschlagte Wasserkraftanlage
bei Augstwyhlen ca. 7 km unterhalb der jetzigen Anlage eingereicht. Nach diesem
Projekt wird das gesamte nutzbare Gefalle der 7 km langen Flusstrecke vollständig
ausgenutzt. Die Anlage soll aus einem gemeinsamen Schützenwehr mit 8,0 m Stau bei
N. W. bestehen und unmittelbar unterhalb des Wehres sollen zwei getrennte Krafthäuser
auf beiden Rheinufern erbaut werden, von denen das auf der schweizer Seite für die
Stadt Basel und dasjenige auf dem badischen Ufer für die Kraftübertragungswerke
Rheinfelden bestimmt ist. Jedes der Krafthäuser wird etwa 15000 PSe liefern können
und soll je zehn Maschinenaggregate von je 2000 PS« Leistung, sowie zwei Erreger-
aggregate erhalten. Man wird hier Turbinen mit horizontalen Wellen
wählen. Die Konstruktion des Wehres soll es ermöglichen, den Wasserspiegel konstant
auf derselben Höhe zu halten und es sollen an den Einlaufen zu den Werkkanälen
Regulierungswerke vorgesehen werden , welche die hälftige Verteilung der sekl. Wasser-
menge regeln. Die Gesellschaft hofft, in drei bis vier Jahren die neue Anlage dein Be-
triebe übergeben zu können und hat sich in der Nähe des neuen Werkes ausgedehnte
Terrains für neue industrielle Anlagen gesichert. Um der steigenden Nachfrage nach
elektrischer Energie vorläufig genügen zu können, hat die Gesellschaft inzwischen mit
dem Elektrizitätswerk Beznau a. d. Aare (§ 13, S. 436) einen Vertrag geschlossen,
wonach sie berechtigt ist, 3000 PS« von dort zu beziehen. Dieser Strom wird in einer
oberirdischen Leitung mit einer Spannung von 25000 V. zugeführt und in Rheinfelden
auf die normale Betriebsspannung von 6800 V. herabtransformiert.
§ 34. Die Urft-Talsperre bei Qemfind in der Eifel.
Hierzu Taf. XL VIII und XLIX l).
Die Urfttalsperre soll neben den wichtigen Zwecken, die Hochfluten der Urft und
damit auch der Rur (Roer) unschädlich zu machen und die Niedrigwasser der Rur im
Landeskulturinteresse zu erhöhen, hauptsächlich der Kraftgewinnung dienen. Im Juli
1900 ist mit der Bauausführung und Ende des Jahres 1904 mit der Füllung des Beckens
begonnen worden. Die von der Natur gebotenen Verhältnisse begünstigten die Aus-
führung dieser sehr grossartigen Anlage in seltener Weise. Mittelst einer Sperrmauer
mit 58,0 m grösster Höhe zwischen dem tiefsten Punkt der Fundamentsohle und der
Krone und einer Kronenlänge von nur 226,0 m war es möglich, ein Staubecken von
45,5 Millionen cbm Stauinhalt zu schaffen und damit, wenigstens z. Z. der Projektauf-
i) Die Textabb., sowie die Fig. 5 und 6 der Taf. XL VIII und alle Fig. der Taf. XLIX sind der
Deutschen Banzeituug 1903, S. 183 und ff., ,Vom Bau der Urfttaleperre bei Gemünd in der Eifel", die
Fig. 8 u. 9 der Taf. XLVIII der Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1906, S. 821, ,Die geschichtliche Ent-
wicklung, die Zwecke und der Bau von Talsperren", Vortrag von O. lntze (3. Februar 1904), ver-
öffentlicht von Link, entnommen, der Rest der Figuren ist z. T. nach Zeichnungen, welche von der
Bauverwaltung zur Verfügung gestellt wurden, s. T. nach Photographien des Verfassers hergestellt.
586 IL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
Stellung , das grösste auf dem Kontinent und nach der englischen Vyrnwysperre (vergL
Kap. m. L B. Talsperren) das grösste in Europa. Die wasserbedeckte Oberfläche hat bei
▼oller Füllung eine Grösse von 216 ha , sodass ein See entstanden ist, der in Rheinland
und Westfalen nur hinter dem Laacher See zurücksteht. Die jährliche Zuflossmengt
ist auf 180 Millionen cbm berechnet, sodass etwa «ine 31/* fache Fällung in einem Jahre
möglich sein wurde. Das in Betracht kommende Niederschlagsgebiet beträgt 375,0 qkm.
Die Urft ergiesst sich unterhalb der Sperre nach zahlreichen Windungen in die
Rur, welche in Schlangenlinien bei starkem Gefalle so verläuft, dass sie sich in der
Nähe des Städtchens Heimbach in der Luftlinie gemessen auf etwa 2000 m dem Stau-
becken nähert. So konnte durch Anlegung eines Druckstollens und einer Drackrohr-
leitung für Kraftzwecke ein Bruttodruckgefälle von 110,5 m bei vollgefülltem Becken
gewonnen werden. Dieses Gefalle nimmt bei niedrigstem Wasser im Becken bis auf
72,0 m ab und beträgt im Mittel 96,5 m. Zur Verfugung stehen für Kraftzwecke ans
dem Stauinhalte während einer Füllungsperiode = 43500000 cbm, während die untersten
2 Millionen hierfür nicht verwendet werden können.
Als kleinste ständige Kraftleistung sind 4800 PS« angenommen.
Wenn man voraussetzt, data
1. ausnahmsweise eine Trockenperiode (wie 1904) 5 Monate anhält,
2. daaa täglich wahrend 20 Standen 4800 PS« in leisten sind,
3. dass ein mittleres Gefalle yon 96,5 m vorhanden ist, also hei 75'/* Nniseüekt in des
Turbinen für jede PS« 1,036 1 und ffir eine PS« -Stunde rd. 3,74 cbm erforderlich sind,
4. dass die kleinste sekL Zofluasmenge im Durchschnitt von 5 Monaten 2,7 l/sek./qkm (vetgL
S. 188/184), also 1,013 cbm/aek. betragen wird, — wenn auch 1904 die kleinste Zoflnsemengt
auf etwa 1,3 1/sek/qkm zettweise gefallen ist, so ist doch während 5 Monate im Darcb-
schnitt auf eine höhere Abflnasmenge xu rechnen, —
5. daaa während der vier betriebsfreien Stunden der durchschnittliche Znflnas von 1,013 cbm/sek.
ina Unterwasser abzulassen ist, so ergibt sich ein Wasserbedarf von
150. 4800. 8,74. 20 = 58 865000 cbm und für Verdunstung gehen verloren (vergL 8. 178}
2 160 000 gm. 0,06. 5= 648000 ,
54504000 cbm.
Im 8tanbecken stehen, wenn bei Beginn der Trockenperiode daa Becken gefüllt ist, fftr
Kraftswecke zur Verfügung 48500000 cbm
und es flieaeen nutzbar in 150. 8800.20.1,013=10921000 ,
zusammen: 54421000 cbm.
Während des Betriebes kann man natürlich bei schwankendem Kraftbedarf, soweit
die Leistung der aufgestellten Turbogeneratoren reicht, mit Hilfe des Staubeckens die
Kraftleistung beliebig steigern.
Die erste Anregung zur Untersuchung der Wasserverhältnisse im Niederschlags-
gebiet des Rurflusses ging von dem Provinzialausschuss der Rheinprovinz aus, welcher
eine Regulierung der Rur zur Herabminderung der Hochwasserschaden anstrebte. Die
aufgestellten Projekte konnten aber keine Verwirklichung finden, weil die Anwohner sieb
weigerten, die Unterhaltung der Regulierungswerke zu übernehmen und zu den Her-
stellungskosten beizutragen, obwohl Staat und Provinz grosse Zuschüsse zu den Her-
stellungskosten geben wollten. Die Anwohner fürchteten, die Unterhaltungskosten wurde*
wegen der häufigen Hochwasser zu gross sein. Bei dieser Sachlage wurde O. Intze
(vergl. S. 24) vom Landesdirektor ersucht, zu prüfen, ob nicht durch Anlegung von
Sammelbecken die Hochfluten wesentlich eingeschränkt werden könnten. Die Unter-
suchungen Intze s ermöglichten einen günstigen vorläufigen Bericht. Auf Grund der
hierauf vorgenommenen genaueren Vorarbeiten wurde dann von O. Intze daa Projekt
für die nachstehend beschriebene Anlage aufgestellt. Über die Abflussverhältnisse der
§ 34. Das Urfttalsperre-Elektrizitatswerk bei Oemükd in der Eitel. 587
Urft ist bereits in Tabelle XXIII, S. 183 Mitteilung gemacht. Es konnte auf Grund
des Projektes in Aussicht gestellt werden, dass durch das Sammelbecken das Hochwasser
der Bur, welches bei Düren rd. 410 cbm/sek. geführt haben soll, um ca. 100 cbm/sek.
ermässigt werden würde, d. h., dass die gefahrlichen Spitzen der Hochwasserkurren ab-
geschnitten werden könnten und dass das Niedrigwasser, welches bei Düren nur etwa
2 cbm/sek. betrug, auf 7 — 8 cbm/sek. erhöht werden könnte. Es leuchtet ein, welche
grossen landeskulturellen Vorteile die Anlage in diesen Beziehungen bot. Dennoch
hat man auf Grund der von Intze aufgestellten Rentabilitäts-Berechnung auf die
direkte Heranziehung der unterliegenden Interessenten verzichten zu können geglaubt.
Zum Bau und Betrieb der Talsperren nebst Kraftwerk und Fernleitungsnetz wurde
vielmehr eine Gesellschaft m. b. H. von der Stadt Aachen und den Kreisen Aachen,
Düren, Heinsberg, Jülich, Montjoie und Schieiden gebildet. Die gedachte Burtalsperren-
Gesellschaft m. b. H. beabsichtigt auch noch andere Sperren auszuführen und zwar in
der Umgegend von Montjoie; zunächst will sie aber durch Errichtung kleiner Wehre
unterhalb Heimbach, bei Blens und unterhalb Kideggen und durch Abschneiden der
vielen Windungen des Flusses durch drei Werkkanäle Druckgefalle von 7 — 10,0 m er-
zielen und drei weitere Kraftwerke anlegen , welche durch die gleichmässige Wasserzu-
führung aus der Urfttalsperre besonderen Wert erlangen und ca. 2000 PSe liefern werden2).
Ungef&hr 12 km unterhalb von Gemünd fand sich eine ausserordentlich günstige Stelle
für die Anlegung der Sperre (Taf . XLVm, Fig. 5 und 6). Die Talwände der Urft treten
hier so dicht zusammen und sind so steil, dass die Eronenlinge der Sperrmauer bei
einem Krümmungshalbmesser von 200,0 m und 58,0 m Höhe nur 226,0 m beträgt. Der
Untergrund an dieser Baustelle besteht aus Grauwacke und Tonschiefer, deren
Schichten etwa mit 46 ° gegen die Beckensohle einfallen. Fester Fels fand sich im all-
gemeinen schon nach Abr&umung von 4,0 m. Die grösste Tiefe der Baugrube für die
Fundierung der Sperrmauer hat auch etwa nur 6,0 m betragen. Die Urft macht ober-
halb der Sperrmauer eine starke Schleife zur Umgehung eines sich zungenartig vor-
schiebenden Bergrückens. Dieser Umstand gestattete die Anlage eines Bntlaetungsstoilens
von nur rd. 140,5 m Länge , durch welchen das Wasser der Urft mittelst eines Fange-
dammes abgeleitet und die Baustelle vollkommen trocken gehalten werden konnte.
Dieser Umlauf- oder Kmtlastungsstollen ist für 100 cbm/sek. berechnet (270 1/set/qkm,
vergL S. 183), entsprechend der nach Siteren Hochwassermarken geschätzten Hochwasser-
menge. Auch konnte man den Bergrücken dazu benutzen , um neben der Sperrmauer
einen Überlauf anzulegen.
Etwa 1 km oberhalb des Entlastungsstollens konnte der rd. 2800,0 m lange
DraekstoDem abzweigen, welcher den Bergrücken des Kermeterforstes zwischen Urft
und Bur durchdringt Die Sohle des Stollens hat ein Gefälle von 1,0 m, er geht vor
seiner Ausmündung in zwei Druckrohre über, welche das Wasser zum Krafthause herab-
führen.
Die Bur, welche nahe an den Fuss des Bergrückens herantritt, hat bei N.W. die
Spiegelordinate + 212 N. N. Da der höchste Stau im Becken auf +322,50 Hegt, go
steht ein BruttogefiÜle von 110,50 m zur Verfügung, ein Gefälle, wie es in West-, Nord-
und Ost-Deutschland für ähnliche sekundliche Wassermengen nicht oft zu erzielen sein
dürfte* Das niedrigste Wasser im Staubecken ist auf -f- 284,0 angenommen, sodass
*) Dam Verfasser sind die bezüglichen Projekte nicht bekannt, aber es ist wohl anzunehmen,
dass die Anlagekosten verhältnismässig kleine sein werden and dass durch diese Anlagen der wirt»
sonafUkhe Wert des Kraftwerkes an der urfttalsperre recht erheblich gesteigert werden kann.
688 IL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
ein kleinstes Bruttogesamtgefälle von 72,00 m zur Verfügung steht. Die Sohle des
Druckstollens liegt bei der Ausmündung aus der Sperre auf + 279,0 m.
Das beste Konsumgebiet für die elektrische Energie liegt in den Kreisen Düren
und Aachen und in der Stadt Aachen selbst. Die Fernleitung bis Düren betrügt etwa
25 km, die bis Aachen rd. 65 km. Ein hochentwickeltes Industriegebiet liegt also in
nicht zu grosser Entfernung, sodass mit einem baldigen und günstigen Absatz der Kraft
von vornherein mit Sicherheit gerechnet werden konnte. Da Aachen und Düren bereits
Elektrizitätswerke mit Dampfkraft besassen, konnten sie auch Abnehmer für unstän-
dige Kraft werden, denn die Rurtalsperrengesellschaft kann den Strom billiger liefern
als er in Aachen und Düren durch Wärmekraftmaschinen herzustellen ist , andererseits
können aber die Dampfzentralen wieder voll in Betrieb gesetzt werden, wenn Wasser-
mangel eintreten sollte.
Was nun die Arbeitsdisposition für die Ausführung betrifft, so war zunächst zur HennscksJfaag
von Geräten und Materialien eine rd. 12,0 km lange Schmalspurbahn Vom Bahnhof Gemünd im
Sperre notwendig (Kosten rd. 250000 Mk.), da keinerlei fahrbare Wege bis zur Sperre vorhanden w
Diese Bahn fflbrt oberhalb der Staugrenze daa Tal entlang den vielfachen Talwindungen folgend nie an
die Baustelle der Sperre heran (Taf. XLVIII, Fig. 5). Die Mauerwerk- und Betonmasse der Sperrmauer
einschliesslich des Überlaufs hat einen Rauminhalt von 155,000 cbm. Um die erforderlichen Bausteine
aas einem mehrere km oberhalb gelegenen Gr au wacke - Schieferbruch heranzuachaffen , wurde ein« be-
sondere Tranaportbahn in der Talsohle erbaut. In zwei vertikalen Türmen aus Holz wurde das Material.
welches aus kleinen, noch mit der Hand zu versetzenden, roh bearbeiteten Steinen bestand, gehoben
(Taf. XLIX, Fig. 5) und dann auf Gleisen (auf dem unteren breiten Teil der Mauer drei, auf dem
oberen nur zwei), welche auf dem Mauerwerk lagen und je nach dem Fortschritt des Baues verschoben
nnd gehoben wurden, an die Verwendungsstelle gefahren. In einem mittleren Turme wurden die leeren
Wagen mittelst Winden nnd Bremsen obne weiteren maschinellen Antrieb herabgelassen. Das Mauer-
werk wurde in Schichten von 1,5 m Höhe Aber die ganze Länge der Mauer durchgeführt Der Sand
für den Mörtel wurde per Eisenbahn aus der Halde des Bleipochwerks Mechernich in vorzüglicher
Qualität bezogen. Zur Mörtelmischung wurden verwendet: 1 Raumteil Weisskalk, 1,5 Teile TVassmekl
nnd 1,75 Teile Sand. Der Mörtel wurde in einem am Ende der obengenannten Zufuhrbahn angelegten
Mörtel werk mittelst der fiblichen Mischmaschinen hergestellt und zwar mit .Rücksicht anf das wenig
hygroskopische Material ziemlich trocken. Zur Arbeitsstätte wurde er dann mittelst Bremsberg herab-
gelassen (Abb. 148) und auf die Mauer selbst auf den schon erwähnten Gleisen verfahren« Mit
Rücksicht anf das verhältnismässig kleine und unregelmäasig geformte Material war der Mörtelver-
brauch im Anfang sehr hoch, nämlich 42°/o, später als die Fertigkeit der Arbeiter im Bruch nnd an
der Mauer annahm, ist er auf 33°/o zurückgegangen. Das Gewicht von 1,0 cbm Mauerwerk beträgt
2800 kg. Es sind während des vollen Betriebes im Durchschnitt täglich 300 cbm Mauerwerk fertigge-
stellt. Der Antrieb in den Türmen und im Mörtelwerk wurde durch Elektrizität besorgt, welche in einer
Zentrale mit 1200 V. erzengt nnd durch Transformatoren an der Gebrauchsstelle auf 220 V. herabge-
setzt wurde.
Eine sehr langwierige Arbeit war der Kraftstollen, da man denselben nur von
zwei Seiten ans angreifen konnte. Hilfsstollen zur Schaffung weiterer Angriffspunkte
waren mit Rücksicht auf die tiefe Lage des Tunnels unter der Oberfläche ausgeschlossen.
Die Fertigstellung hat 21/* Jahre beansprucht. Auch diese Bauzeit konnte nur dadurch
eingehalten werden, dass man neben dem Handbetrieb für die Bohrung auch elektrische
Bohrer verwendete. Mit Rücksicht auf das einseitige Gefälle war auf der nach dem Becken
zugekehrten Seite eine künstliche Wasserhaltung nötig. Vielleicht wäre es billiger ge-
wesen, dem Tunnel, welcher doch nur Druckwasser zu führen hat, ein beiderseitiges
Gefalle zu geben und behufs Entleerung bei geschlossenen Schützen nachträglich einen
kleinen Entwässerungsschlitz durchzubrechen. Der Tunnel hat am Anfang beim Austritt
aus dem Becken ein Profil von 2,12 m Breite und 3,26 m Höhe, später hat man das
Profil, da es sich herausstellte, dass es leichter auszubrechen sei, etwas verbreitert und
dafür die Höhe eingeschränkt. Der lichte Querschnitt des normalen Profils minst rd.
§ 34. CAS URFTTALSPERRE-ELEKTRIZITi'ISWEItK BEI GeMÜND I» DER ElFEL. 589
6,14 qm, sodass sich das Wasser bei einem Verbrauch von 6 cbm/sek. mit rd. 1,0 m,
bei 9,0 cbm/sek. mit rd. 1,5, bei 11,4 cbm/sek. mit rd. 1,85 m Geschwindigkeit in ihm be-
wegt (Taf. XLV1II, 4 a— f). Die Auskleidung hat normal eine Starke von 28 cm, sodass
sich ein Aosbrnchsqnerschnitt von 8,13 qm ergab. An manchen Stellen mit losem Ge-
stein mussten aber Gewölbe von 0,51 bis 0,77 m Starke eingezogen werden. Die Aus-
führung des Stollens wurde stellenweise dadurch erschwert, dass man auf blähenden
Tonschiefer stiess, wodurch auch die Ausbruchsmassen vergrößert wurden. Von der
MO IL Theodor Koehv. Ausbau vom W/ugKRgRlrmr.
Ausmündung ans dem Becken rd. 116,80 m entfernt liegt der Schacht mit dem Ab-
•chlusschieber de« Stollens (Taf. XLVIH, Fig. 1 bis 4 und 7). Durch ein in dem tarm-
artigen Schacht aufsteigendes Gestinge kann der Schieber Ton oben bedient werden':
Hinter dem Schieber ist ein Luftrohr, welches bis über den höchsten Wasserspiegel im
Becken reicht, eingebaut. Durch dieses Bohr kann vermutlich auch mit Hufe eines tob
oben su bedienenden Hahnes bei geschlossenen Schützen eine Entlastung derselben
durch Einlassen von Druckwasser herbeigeführt werden.
Bei Beginn des Baues der Sperrmauer war die wichtigste Arbeit die Vorbereitung
der Baugrube durch sorgfaltige Dichtung aller Risse in der Felssohle mit flussigem Zement
Die Lagerung des Felsens begünstigte den sägeförmigen Ausbruch der Fundament-
flachen, welche möglichst lotrecht zur Drucklinie bei voller Füllung liegen sollten (Tat
XLIX, Fig. 1 a — e). Auch an den aufsteigenden beiderseitigen Hingen ist die Anschlüsse
fläche in gleicher Weise vorbereitet und das Mauerwerk mit gleicher Sorgfalt eingebunden.
Wie schon erwähnt, hat die Mauer eine Krümmung mit 200,0 m Halbmesser erhalten,
um bei Bewegungen der Mauer infolge von Temperaturdifferenzen den elastischen Aus-
gleich zu erleichtern und Rissebildungen möglichst zu vermeiden. Entsprechend früheren
Ausführungen Meister Int z es wurden auch hier die Lagerfugen so ausgeführt, daas sie
überall möglichst senkrecht von den theoretischen Drucklinien bei vollem und leerem
Becken geschnitten werden. Vom Fundament bis zur Krone hat die Sperrmauer eine
Höhe von 68,0 m, die obere Kronenbreite beträgt 5,5, die Sohlenbreite im tiefsten Punkte
50,50 m , sodass die Sohlenbreite rd. 87 °/o der Höhe beträgt (Taf. XLIX, Fig. 1). Die
grösste Stauhöhe beträgt 52,5 m. Um möglichste Wasserdichtigkeit zu erzielen, ist die
wasserseitige Fläche der tragenden Sperrmauer mit einem 2,5 cm starkem Zementputz
sorgfältig abgeputzt und dieser Putz dann nach der Erhärtung mit einem Sideroethen-
anstrich versehen. Auf diesem Anstrich ist dann noch eine 1,0 m starke Schicht
aus Grauwacke-Hausteinen als Verblendung und als Schutz gegen die Ein-
wirkungen der Temperatur gelegt. Der Raum zwischen Baugrubenwand und
Mauerwerk bis zur Terrainhöhe ist mit fettem Ton sorgfältig ausgestampft
Eine bis zu 84,0 m über Sohle hinaufreichende und mit einer Böschung von 1 : 2 abfallende
Erd8ohüttung, welche mit Bruchsteinen abgepflastert ist, dient dazu, die Undurchlässigst
der Mauer und besonders der Sohle noch zu erhöhen und den Ausschlag der Druck-
linien bei vollem und leerem Becken möglichst klein zu machen und dadurch das
„Arbeiten" der Mauer möglichst zu verringern. .Um Wasser, welches trotz aller Schntx-
massregeln dennoch in die Mauer eindringt, abzufangen und zugleich um das Aus-
trocknen der gewaltigen Mauermassen zu erleichtern, sind in Abständen von 2,56 bezw.
238 m, in der Längsrichtung der Mauer gemessen, zwei Reihen von oben nach unten
verlaufende Drainröhren von 6 cm Dm. eingelegt , welche unten in je ein in der Längs-
richtung der Mauer verlegtes Rohr von 15 cm Dm. einmünden. Die letztgenaanteo
beiden Rohre ergiessen sich in die zwei Entlastungskanäle, welche die Mauer und die
Erdschüttung durchziehen. Unter der Erdschüttung sind die wasserführenden Eut»
lastungskamäle als einfache Durchlässe ausgebildet, in der Mauer selbst sind sie in je
ein Druckrohr von 0,60 m Dm. übergeführt, welches in einem gewölbten, begehbaren
Kanal verlegt ist. Zwei hintereinander verlegte Schieber stehen in einem bis zur Kroneu-
höhe hinaufgeführten, turmartigen Schacht und können von oben bedient werden (Tal
XLVIII, Fig. 6 und 7 und Taf. XLIX, Fig. 1 und 5). Das Getriebe auf der Pbttfons
der swei kreisrunden Türme ist durch eine eiserne Brücke von der Krone der Sperr-
mauer aus zugänglich. Die Dichtung des Rohres in dem Schacht und hinter
») Fig. 4 stellt das Projekt dir. Der aaagsfUin» Tonn ragt mehr aas dam Rsdaa
* § 34. Das Urfttalsperre-Ei^ktrizitätswerk bei Gemünd in der Eifel. 591
- in der Sperrmauer erforderte wegen des hohen Wasserdruckes besondere Sorgfalt. Sie
:. ist mittelst mehrerer in Ziegelmauerwerk ausgeführter Ringe erfolgt, welche treppen-
£ formig mit konischen Ringflächen in das übrige Mauerwerk eingreifen und einzeln mit
r Zementputz abgeglichen und gedichtet sind. Hinter dem Dichtungspfropfen aus Ziegel*
a mauerwerk ist noch ein Schieber eingebaut, welcher direkt von Hand vom Kanal aus
t bedient werden kann (Taf. XLIX, Fig. ld). Als die oben besprochenen Kanäle fertig-
gestellt und das Mauerwerk fest genug geworden war, um Druckwasser durchzulassen,
- konnte man den zeitweiligen Fangedamm so weit als nötig beseitigen und den ersten,
» durch den Bergrücken führenden Umlaufstollen mittelst eines mit Verzahnung in die
Felsenwände des Tunnels eingelassenen Zementpfropfens schliessen. Durch diesen Pfropfen
fahren zwei eiserne Rohre von je 0,70 m Dm., welche vorn und hinten mit je einem
Schieber versehen sind. Der vordere Schieber ist von oben zu bedienen, da sein Ge-
r. stänge in einem .turmartigen Schacht bis zur Kronenhöhe emporgeführt ist (Taf. XLVIH,
Fig. 7 und Taf. XLIX, Fig. 2). Der innere Schieber ist nur von Hand im Stollen selbst
zu bedienen. An der Ausmündung aller drei Entlastungskanäle sind durch Beton und
Steinpackung Sturzbetten geschaffen. Das am Umlaufstollen angelegte Sturzbett
zeigte sich bei erstem Hochwasser als unzureichend , denn die Gewalt des Wassers zer-
störte es bald und bildete einen kreisförmigen tiefen Kolk (Taf. XLIX, Fig. 6). Man
hat sich die Erfahrung zunutze gemacht und den kreisförmigen Kolk so erhalten, aber
seine Sohle und Seitenwände mit Beton stärker befestigt, sodass nunmehr das aus dem
Kanal herausstürzende Wasser auf ein Wasserpolster fallt.
Die fertige Mauer macht einen monumentalen Eindruck. An beiden Enden wird
die Mauer luftseitig von je einem Pfeiler flankiert, welcher einen balkonartigen Auslug
r trägt. Die grosse luftseitige Fläche der Mauer ist durch kräftige, wagerechte, kreis-
rund profilierte Wülste unterbrochen. Am oberen Rande der Mauer verläuft ein wuch-
tiges Gesims, welches aus Bogenstellungen auf Konsolsteinen gebildet ist. Diese Konsol-
steine, ferner die Abdeckplatten, die Brüstungen etc. sind aus Niedermendiger Basaltlava
hergestellt und wirken in Farbe und Form sehr gut. Über die Sperre hinweg führen ein
mit besten Reihensteinen gepflasteter Fahrweg und beiderseitig Gehsteige.
Um eine Überfüllung des Beckens unmöglich zu machen, ist neben der Sperre
unter Benutzung des felsigen Bergrückens der schon erwähnte Überlauf angelegt von
rd. 90,0 m Überlauflange in 10 Öffnungen von je 7,0 m lichter Weite. Zwischen den
Öffnungen stehen Pfeiler von 1,0 m Stärke, welche eine zur Sperre fuhrende eiserne
Brücke tragen. Die Überlaufkrone ist, um ihre Länge zu ver grössern, wellenförmig
angelegt (Taf. XLIX, Fig. 3, 4, 6, 7). Ihre Oberkante liegt auf dem höchsten Stau-
spiegel + 322,50, d. h. 1,5 m unter der Krone der Mauer. In dem Überlauf befinden
sich zwei *mit Schützen verschHessbare Durchlässe von 2,5 m Tiefe und 1,0 m Breite
zur Abführung von Stückeis und anderen Schwimmkörpern. Die Schützen sind von
kleinen eisernen Stegen aus, welche das Bewegungsgetriebe tragen, zu öffnen und zu
schliessen.
Man hat bei Berechnung der Überlauf länge eine Hochwassermenge von 500 1/sek./
qkm = 187,5 cbm/sek. angenommen (vergl. S. 183), welche bei 1,05 m Überfallhöhe
schon sicher abgeführt werden könnten. In dem abwärts des Überlaufes gelegenen
Felshang ist eine Kaskade mit 1,5 m hohen, im Grundriss etwas gekrümmten Stufen
eingearbeitet, welche mit einer starken Betonschicht bedeckt und abgeglättet sind. Der
Beton soll im wesentlichen nur das Eindringen der Feuchtigkeit in die Felsspalten und
ein Verwittern des Gesteins verhindern. Unterhalb der Kaskade ist die Talsohle mit
Beton und Steinschlag befestigt.
592 IL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
Von der Luftseite aus gesehen an der linken Seite des Überlaufs ist noch ein
Wärterhaus errichtet, welches auf Taf. XL VIII, Fig. 7 noch nicht sichtbar ist.
Schon 1904 befand sich im Walde ganz in der Nähe der Sperre eine Wirtschaft, und es ist
nicht zweifelhaft, dasB die Sperre sowohl wegen ihrer imposanten Grösse als anch wegen der malerischen
Lage im schönsten Teile der Eifel immer mehr und mehr von Fremden besucht werden and für die
Einheimischen ein beliebter Aasflugsort bleiben wird.
Etwa 80,10 m vor dem unteren Munde des Druckstollens ist ein Schacht ange-
legt in welchem die zwei schmiedeeisernen, genieteten Druckrohre von 1,5 m innerem Dm.
einmünden. Dieser Schacht dient zugleich als Steigerohr zum Ausgleich von Stössen und
zum Einlassen von Luft bei Entleeren des Druckstollens. Jedes Rohr ist durch einen
Schieber verschliessbar. Hinter dem Schieber zweigt ein Luftrohr ab, welches auch als
Entlastungsrohr des Schiebers dienen kann. Das Gestänge geht im Schacht aufwärts
zu den Bewegungsantrieben. Nach Austritt aus dem Stollen sind die Rohre in einer
Gesamtlänge von rd. 120,0 m in einen eingesprengten Schlitz des steil abfallenden
Hanges gelegt. Sowohl im Tunnel wie im Hang sind die Rohre in Beton fest einge-
bettet. Ein Gewölbe aus Beton schafft einen begehbaren Revisionsraum über den Rohren
am Hang. Von der Stelle, wo die Rohre sich spitzwinkelig voneinander entfernen,
sind sie ganz von Beton umschlossen und mit Erde bedeckt (Taf. XLVTII, Fig. 10).
Die Wandstärke der Druckrohre wächst von 5 bis zu 17 mm. Im Krafthause liegt je
ein Rohr längs je einer Aussenwand in einem Rohrkanal. Am Ende jedes Rohrstranges
zweigt ein mittelst Schiebers geschlossenes Entleerungsrohr ab, welches direkt in den
Turbinenkanal führt. Die Enddeckel sind durch je eine starke und starre Eisen-
konstruktion gegen die Mauer des Krafthauses versteift. Eine Dilatationsvorrichtung
war mit Rücksicht auf die eine erhebliche Temperaturdifierenz ausschliessende Einbettung
entbehrlich. Von jedem Hauptrohre zweigen nach dem Innern des Maschinenhauses zu
vier grosse und ein kleines Rohr ab. Erstere speisen die acht grossen Turbinen, die
zwei letzten zwei kleine Erregerturbinen. Der Eintritt der Zweigrohre in die Turbinen
erfolgt von unten. Alle Turbinen 4) sind Francis-Reaktionsturbinen mit Spiralgehäuse.
Letzteres bildet bei den grossen Turbinen einen spiralförmigen Verteilungsring, von
welchem aus das Wasser in ein Leitrad mit beweglichen Finkschen Leitschaufeln eintritt.
Die Beaufschlagung der Laufräder erfolgt radial von aussen, der Ausguss axial nach
beiden Seiten. Die beiden Saugröhren vereinigen sich unter der Turbine zu einem ge-
meinsamen Rohr, welches, in den Turbinenkanal eintaucht. Bei den Erregerturbinen
giesst das Laufrad einseitig axial aus (Taf. XLV1II, Fig. 8 und 9).
Die Konstruktionsdaten der Turbinen sind die folgenden:
a) der grossen b) der kleinen
H = Wasserdruck = 70-82-110 m. 70-90—110 m.
Q = aekl. Wassermenge = 2100-2240—1725 1. 272-206—185 1.
N = Leistung == 1550-2000-2000 PSe. 200 PSe.
n = Umdrehungszahl — 500 Uml./Min. 900 Uml./Min.
D = Durchmesser des Laufrades = 950 mm. 550 mm.
Der Turbinonbauer mnsste hier der Forderung gerecht werden, dass die Turbinen trotz GeflUl-
differenzen bis zu 40,0 m dieselben Uml./Min. beibehielten und die Nutzeffekte bei den Terschiedenen
Gefällen nur innerhalb kleiner Grenzen (3— 5°o) schwanken durfte. In einem Falle wie dem vor-
liegenden würde es zweckmässig erscheinen, je einem Teil der Turbinen für das kleinste, mittlere und
grösste Gefälle den grössten Nutzeffekt zu geben.
Von dem Gefalle werden rd. 5,5 m bei N.W. im Unterwasser als Saugwirkung
ausgenützt. Die Regulierung erfolgt durch hydraulische Servomotoren, für welche das
♦) Geliefert von Escher, Wyss & Co., Ravensburg.
§ 34. Das Urfttalsperre-ElektrizitItswkkk bei Gemükd in der Eifel. 593
Wasser direkt aus der Druckleitung entnommen wird; weil es infolge des grossen Stau-
beckens als völlig frei von Sinkstoffen zu betrachten sein dürfte. Von jedem Turbinen-
rohr zweigt ein Rohr ab, welches direkt in den Turbinenkanal führt und mit einem
Sicherheitsventil zur Vermeidung heftiger Wasserstösse in den Druckrohren versehen
ist. Mit dem Regulierungsgestange der Turbine zwangsläufig verbunden ist ein auf das
Sicherheitsventil wirkender Antrieb, welcher dasselbe hebt, wenn die Schaufeln der
Turbine geschlossen werden. Das Ventil schliesst sich selbsttätig alsbald nach der
Öffnung, um Wasservergeudung zu vermeiden.
Das Krafthaus besteht aus dem mit Oberlicht und sehr reichlichem Seitenlicht
versehenen Maschinensaal und einem mehrstöckigen Anbau. Letzterer befindet sich
nach dem Berg zu, sodass die Druckrohre unter ihn hinweggeführt sind (Taf. XLVDI,
Fig. 10). Der Maschinensaal ist 30,0 m lang und 23,0 m breit und vom Fussboden
bis O.K. Kranlaufschiene 5,50 m, bis zur U.K.Auflager des bogenförmigen Dachbinders
7,5 m hoch. Es stehen also, wenn man jede grosse Turbine mit 2000 PS« in Ansatz
bringt und die Erregerturbinen nicht berücksichtigt, rd. 4,1 qm pro 100 PS« zur Ver-
fügung. Die Eindeckung erfolgte mit Schwemmsteinkappen zwischen I-Trägern. Diese
massive und doch leichte Eindeckung wird am Rhein viel verwendet. Die eigentliche
Dichtung ist durch Holzzementbedeckung herbeigeführt. Um äussere Rinnen zu ver-
meiden, welche im Winter leicht einfrieren, ist das Dach an den Aussenwänden mit
Rückfallflächen versehen, die Rinnen sind im Innern des Maschinensaales herab-
geführt und entwässern in die Turbinenkanäle. Das Oberlicht ist nur so schmal, dass
herabfallende Tropfen die Generatoren nicht treffen können. Unter jeder Reihe von
vier grossen Turbodynamos und einem Erreger-Aggregat befindet sich in der ganzen
Länge des Maschinensaales ein Turbinenkanal, welcher ausserhalb des Krafthauses in
einen kurzen offenen Kanal mündet. Die beiden offenen Kanäle, deren Böschungen
und Sohle mit Pflaster und Beton gut befestigt sind, vereinigen sich gleich unterhalb
des Krafthauses und münden in die Rur. In der Mitte des Maschinensaales unter dem
Maschinenflur liegt ein rd. 2,25 m breiter und bis zum Kämpfer 2,10 m hoher Kabel«
kanal, in welchem die Kabel zum Schaltraum geführt werden.
Die Drehstromgeneratoren5), welche bewegliche Magneträder und feste Anker
haben und den Strom mit 5000 V. und 50 Per./sek. liefern, sind mit den Turbinen
durch Zodelkuppelung direkt verbunden.
Der Boden der Schaltbrettbühne befindet sich etwa 3,50 m über dem Maschinen-
flur, sodass von dort der ganze Maschinensaal gut übersehen werden kann. 8 Öltrans-
forraatoren mit Wasserkühlung dienen dazu , die Spannung für die Fernleitung auf
35 000 Volt zu transformieren. Über dem Transformatorenraum befindet sich in der
ersten Etage ein Raum, in dem die Gerüste für die Leitungen, Widerstände, Schalt-
apparate etc. zu und von den Transformatoren stehen, und darüber ein Raum für die
Blitzschutzvorrichtungen6). Es stehen pro 1000 inst. PS* (8.2000 = 16000 PS6) rd.
1,9 qm Bodenfläche zur Verfügung und schon bei der Montage hat sich herausgestellt,
dass die Räume für die Schaltanlage zu knapp bemessen sind. Halbmal mehr Raum
wäre nicht zu viel gewesen. (Eine genauere Beschreibung der elektrotechnisch muster-
gültigen Schaltanlage findet sich in Kap. III, 6 B, Krafthäuser, elektrischer Teil.) Rechts
vom Transformatorenraum (Taf. XL VIII, Fig. 8) liegt ein hell und geräumig angelegter
Wasch- und Klosettraum, jenseits des Treppenhauses ein Arbeiterraum. Die ent-
&) Geliefert von der E.-A.-G. vorm. W. Lahmeyer A Co. in Frankfurt a. M.
«) Die Schaltanlage ist von den Siemens-Schuckert- Werken, Berlin geliefert.
Hamibaek der In*-WisMD*cfc. III. TeiL IS. Bd. 38
594 II. Theodor Kokhn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
sprechenden Räume auf der anderen Seite enthalten die Werkstatt und den Raum für
die Montage und Demontage der Transformatoren. Links neben dem Schaltbrett hegt
ein Lagerraum für Öl, Reserveteile etc., rechts das Bureau des Maschinenmeisters. In
den oberen Etagen der Türme befinden sich Wohnungen.
Die Hochspannuagsfernleitung war zunächst ungefähr für eine Länge von rd.
175 km vorgesehen und 18 Transformatorenstellen und 12 Abschalthäuser waren für
den Anfang projektiert. Die Leitung ist auf Gittermasten montiert worden. Die Nieder-
8pannung8verteilungsnetze werden zum grössten Teil von den Kreisen , welche den Ver-
kauf selbst in die Hand nehmen, zu errichten sein.
Über die Anlagekosten sind in Tabelle I, S. 244/245 einige Angaben gemacht
Bemerkt sei noch, dass die elektrische Einrichtung des Krafthauses einschliesslich der
Transformatoren rd. 400000 Mk., also pro PS* der install. Turbinenleistung (6. 2000 =
= 12000 PS#) rd. 33,3 Mk. gekostet hat7}.
Für Hoch- und Mittelspannungsnetz mit zugehörigen Transformatoren, Schah-
häusern und sonstigen Gebäuden waren 1904 rcL 2000000 Mk. veranschlagt.
§ 35. Die Talsperre am Queis bei Marklissa.
Erbaut von der preussischen Provinz Schlesien. Hierzu T*f. Li).
Die Veranlassung zum Bau der hier zu beschreibenden Talsperre gab das Hoch-
wasser vom Jahre 1897, welches Schäden von vielen Millionen Mark verursacht hat
Besonders die Täler des Queis und des Bobers hatten unter diesem Hochwasser zu
leiden und allein hier hat der Schaden etwa 10 Millionen Mk. betragen, Abb. 149 und
150 geben ein Bild von den Zuständen während des Hochwassers und nach Ablaufen
desselben. Auf Grund eingehender Studien wurde als der einzig mögliche Schutz gegen
Wiederholung derartiger Katastrophen der Bau von Talsperren erkannt und in dem
preuBsischen Hochwasserschutzgesetz vom 3. Juli 1900 wurde neben anderen Massregeb
für Schlesien der Bau von zunächst drei Talsperren vorgesehen und zwar derjenigen im
Queis bei Marklissa mit 15 Millionen cbm, derjenigen am Bober bei Mauer mit 50 Mil-
lionen cbm und der bei Buchwald mit 2,7 Millionen cbm Fassungsraum. Für die
drei genannten Talsperren sind die Kosten auf 12,5 Millionen Mark bemessen, wovon
auf die Talsperre bei Marklissa rd. 3 Millionen Mark entfallen.
Das Vorflutgebiet des Queis an der Talsperre misst nur rd. 306 qkm. Dennoch
schwoll der Queis von 10 cbm/sek. am 28. Juli bis zu 780 cbm/sek. am 30. Juli an, um
am 31. Juli schon wieder unter 110 cbm/sek. zurückzugehen, welche Wassermenge der
Flu88 ohne Schaden abführen kann. Eine kleinere Hochwasserwelle ist dann noch am
1. und 2. August und eine noch kleinere und schon belanglose am 4. August gefolgt
Über die Niederschlagsmengen in den kritischen Tagen gibt die Tabelle X auf S. 162
7) Beim Vergleich mit den Angaben in der Tabelle VIII und IX, 8. 280/261 bims
grosse Tourenzahl der Generatoren (500 Uml./Min.) berückaichtigen. ,
i) Die Abb. sind entnommen aas Bachmann: Die Talsperrenanlage bei Markiis** am Q***,
Dezember 1906 und O. Intse: .Die geschichtliche Entwicklung, die Zwecke nnd der Ben der Tal-
sperren', Zeitsehr. d. Ver. deutscher lag. 1906, 8. 948, yeröffentlicht Ton Link.
§ 36. Die Talsperre am Queib bei Mabkubba. 595
und 163 Auskauft, and auf S. 178 ist bereits mitgeteilt, dsss von den vom 27. Juli
nachmittags bis nun 31. Juli 7 Uhr morgens anf dem Vorflutgebiet gefallenen Regen-
mengen von 51038085 cbm bis zum 31. Juli abends rd. 49192000 oder 96*39 */o zum
Abflusa gekommen sind.
Abb. 149. Der HarktnlaU in Markliua wahrend das Hochwassers Tom 80. Juli 1897.
Man hat berechnet, dass, wenn 15 Millionen cbm bei Wiederholung eines Hoch-
wassers wie 1897 in der Talsperre bei M&rklissa aufgespeichert werden, alsdann der sckl.
Abflnss im Queis unterhalb der Sperre die Schadengrenze von 110 cbm nicht wesentlich
Abb. 150. Hoch wimii ( 1 1 II den am Qnei» durch du Hochwuaer am 29.— 81. Juli 1897,
übersteigen wird. Die Mauerkrone ist aber noch 2,2 m über den Stauspiegel bei
15 Millionen cbm Inhalt gelegt, und der so geschaffene Stanranm fasst noch 3 Millionen
cbm. Wenn der Wasserspiegel nnr um 0,90 m aber denjenigen bei 15 Millionen cbm
Inhalt steigt, veigrössert sich der Stauraum um rd. 1200000 cbm and es können
88«
596 II. Theodor Koehn. Ausbau vov Wasserkräften. Beispiele.
1 10 cbm/sek. über die Überläufe, von denen noch die Rede sein wird , zum Abflnss ge-
langen. Sobald der Wasserspiegel über die Krone des Überlaufs steigt, müssen natürlich
die anderen Auslässe allmählich abgedrosselt werden. Bei dem organisierten Regenmess-
dienst wird man bei ungewöhnlichen Niederschlägen stets die nötige Zeit haben, um das
Becken vor Eintritt der grossen Flutwelle zu entleeren, da die Abläufe entsprechend
gross eingerichtet sind. Um aber auf alle Fälle einen Stauinhalt von 10 Millionen cbm
bis zu den Überläufen frei zu halten und eine grössere Sicherheit zu haben, dass das
Becken bei zu erwartendem Hochwasser rechtzeitig bis auf 1 Million cbm Inhalt entleert
werden kann , ist vorläufig die Vorschrift erlassen , dass nur ein ständiger Stauinhalt
von 5 Millionen cbm gehalten und für Kraftzwecke verwendet werden darf. Erwähnt
sei noch, dass man den unteren Queis bei Lauban (486 qkm Vorflutgebiet) so regulieren
will, dass er 190 bis 200 cbm/sek. ohne Schaden abzuführen vermag. Auch diese Zahl
ist aus den Beobachtungen der sekl. Abflussmengen des Jahres 1897 unter Berücksich-
tigung der Wirkungen auf die Verzögerung des Abflusses, welche von der Talsperre bei
Marklissa zu erwarten sind, berechnet.
Die baulichen Verhältnisse lagen bei der gewählten Stelle für die Sperrmauer in-
sofern sehr günstig, als sich im Tal und an den Hängen fester undurchlässiger Gneis-
felsen fand. Man hat die Mauer bis zu 5 m Tiefe in den Felsgrund eingebunden und
auf dieser als Fundamentsohle eine Betonplatte gelegt , deren Oberfläche säge förmig
abgeglichen ist, sodass sie von den Drucklinien möglichst lotrecht getroffen wird (Taf. L
Fig. 5). Die grösste Höhe der Sperrmauer von dem tiefsten Punkt der Felssohle bis
zur Mauerkrone beträgt 45,0 m und die Höhe des Bruchsteinmauerkörpers von der
Oberfläche der Betonsohle bis Mauerkrone 43,0 m.
Bei Berechnung der Mauer ist ein Wasserstand bis zur Oberkante der Sperrmauer -Krone
(+ 282,40 NN) zugrunde gelegt, und es ist ausserdem angenommen, dass in allen Fugen
der volle Auftrieb wirkt, eine Annahme, welche sich bei der 8orgfa)t der Ausführung niemals Ter-
wirklichen kann. Mit Rücksicht aber auf die besonders von der Stadt Marklissa geäusserten Beftrcb
tnngen, welche allerdings beim Bruch der Sperre der Vernichtung anheimfallen würde, hat man die
Vorsicht doch so weit getrieben. Das Raumgewicht des Bruchstein-Mauerwerks durfte bei dem grosses
Raumgewicht der verwendeten Gneis -Bruchsteine (2,75 t pro cbm) auf 2,4 t pro cbm angenonmee
werden. Die 8perrmaoer ist r.n Qrundriss mit einem Halbmesser von 125,0 m gekrümmt. Bei der Be-
rechnung ist aber die Gewölbewirkung gans ausser Betracht geblieben , es ist vielmehr wie flUich ein
Mauerausschnitt von 1,0 m Länge betrachtet Das Gewicht der wasserseitig gemachten Anschuttiiaf
ist mit 800 kg Oberdruck für 1 cbm über den vollen Wasserdruck bei gefülltem Becken in Rechoosg
gestellt, wahrend bei leerem Becken das Gewicht der Schüttung mit 1600 kg von 1 cbm in Ansatz
gebracht wurde. Bei Ermittelung des Erddruckes wurde ein Reibungswinkel von 20 • angenommes.
die Richtung des Erddruckes dagegen senkrecht zur Mauerfläche eingeführt (vergl. Kap. III, 1. A. Wehre.
die statische Berechnung). Das Gewicht der zum Schutze gegen die Einwirkungen der Temperstar
wasserseitig vorgelegten Blendmauer, welche die Standsicherheit der Mauer zweifellos noch erhöht, ist
ausser Anaatz gelassen. Als höchste Kantenpressung wurde 9 kg/qcm zugelassen, während die Druck
festigkeit des verwendeten Bruchsteines zu durchschnittlich 1200 kg ermittelt wurde. Die Druckfestig-
keit des verwendeten Zement-Trass-Mdrtels betrug nach einem Vierteljahre bereits 124 kg/qcm, fe
Zugfestigkeit 82—40 kg, sodass in der zulässigen Belastung bereits eine rd. 14 lache Sicherheit b«tt
Aus diesen Ansätzen und Berechnungsgrundlagen hat sich der gedrungene Quer-
schnitt der Mauer ergeben. Die Fundaraentbreite der Mauer beträgt 37,7 m oder 87* •
der Höhe von 43,0 m. Die Kronenbreite beträgt 5,7 m. Zum Vergleich sei daran erinnert
dass bei der Sperrmauer des Kubelwerkes die Fundamentbreite nur 67 */o der Höhe be-
trägt. Bei den von Intze entworfenen rheinischen Talsperren misst die Fundamentbreite
durchschnittlich 60/70 °/o der Mauerhöhe. Die Kronenbreite der 58,0 m hohen Sperr-
mauer an der Urft misst 5,5 m und die Fundamentbreite 50,5 m oder gleichfalls rd.
87 °/o der Höhe. Dass die Fundamentbreite der Sperrmauer der Anlage Avignonnet (vergl
§ 36. Die Talsperre am Qu eis bei Mabki.iwa. 597
Taf. XXXVII, Fig. 4) über 100°/i> der Höhe ausmacht, hat Beinen Grund darin, dass
hier eine Überstauung von 2,0 m Höhe angenommen wurde und dass die Hauer
nicht auf Felsen, sondern auf angeschwemmtem Geschiebe ruht.
Die Geaamtanordnung der Sperrmauer bei Marklissa zeigen Abb. 151 und der
Lageplan Taf. L, Fig. 1.
Um die Baugrube der Sperrmauer trocken zu legen, sind zwei Umlanfstollen an-
gelegt von kreisförmigem Querschnitt mit rd. 7,0 m innerem Dm. Diese beiden Stollen
von zusammen 77 — 78 qm Querschnitt vermochten, wenn der Wasserspiegel an der Aus-
mündung 1,0 m über dem Scheitel des Stollens stand und das Wasserspiegelgefälle dadurch
Wuii4Xifau
| 1 jti.tij« ■*»- ■ itumJh
bis zur unteren Stollenansmündung zu 1 : 160 wurde, mehr als 300 cbm/sek.*} abzuführen,
eine Wassermenge, welche von den gewöhnlichen Hochfluten nicht erreicht wird. Um
aber bei dem Eintritt grösserer Hochfluten, welche dann die im Bau befindliche Sperr-
mauer überflutet haben würden, grössere Zerstörungen an derselben zu verhüten, ist nicht,
wie bei der Urfttalsperre reiner TrasBkalkmörtel genommen, sondern eine Mischung ans
Trass und Zement (S. 598). Der Trasskalkmörtel, so ausserordentlich fest er nach Ver-
lauf von sechs bis zehn Monaten wird, ist nach vier bis sechs Wochen noch ziemlich
wenig widerstandsfähig, während durch entsprechenden Zusatz von Zement bereits
eine widerstandsfähige Erhärtung in wenig Wochen und ein völliges Abbinden in zwei
bis drei Monaten zu erwarten ist
») Q = 2. 88>5.cvirj = 77. «l/^fjpfa 820 cbm. Man könnte c aber unbedenklich unter
Berücksichtigung der BetonanskleidnDg und de* Gefall« xu 50 bis 60 annehmen.
598 IL Theodor Koehn. Ausbau ton Wasserkräften. Beispiele.
Die Grösse der hier gewählten Umlaufstollen hat sich auch dahin bewährt, dass Hoch-
wasser die Arbeiten an der Sperrmauer, selbst nicht unterbrochen hat. Zum Vergleich
sei auf die in § 23 besprochene Anlage Avignonnet hingewiesen (Seite 499), wo trotz der
grösseren zu erwartenden Hochfluten (1200 cbm/sek.) nur ein Umlaufstollen Ton 26,0 qm
angelegt wurde und infolgedessen der Bau der Staumauer wiederholt empfindlich durch
Hochwasser gestört worden ist. Im Herbst 1901 ist mit dem Ausbruch der beiden Um-
laufstollen begonnen und bereits im Mai 1902 waren die von beiden Enden vorgetriebenen
Sohlenstollen in der Mitte aufeinander getroffen. Die voll ausgebrochenen Stollen sind
dann mit einer Betonausmauerung von 0,60 m Starke versehen. Zur Ableitung des Queb-
wassere wurde ein Betonwehr errichtet, dessen Krone bis 1,0 m über dem Scheitel der
Umlaufstollenmündungen empor ragte. Im Schutze einer Steinschüttung nnd eines Fange-
dammes ist das Flussbett zur Gründung dieses Betonwehres ausgebrochen.
Bei dieser vorbereitenden Arbeit hat allerdings das Hochwasser zweimal im Juni nnd Juli 1902
den Lehm -Fangedamm weggerissen und dadurch Verzögerungen in der Fertigstellung herrofgarafem.
die aber im Verhältnis zur Gesamtdauer des Baues von keinem grossen Belang gewesen sind. Bai
Betonwehr wurde schliesslich in Nacht- nnd Tagschichten fertig gestellt.
Gleichzeitig mit den Arbeiten an den Umlaufstollen wurden auch die Fekarbeitcn
für den Ausbruch der Fundamente der Talsperre in Angriff genommen. Hierbei zeigte
sich allenthalben der Felsen von grosser Festigkeit und Dichtigkeit. Auf die 4,0 bis
6,0 m in den Felsen eingearbeitete Sohle ist dann eine durchschnittlich 2,0 m starke
Betonsohle gestampft, nachdem der Felsen in sorgfältigster Weise von allen Verunreini-
gungen mit Wasserschläuchen und Stahlbürsten gereinigt war. Zu dieser Betonsohk
welche, wie bereits 6rwähnt, eine sägeförmige Oberfläche erhielt, sind 800 cbm Stampf-
beton verwendet.
Für die Herstellung der Sperrmauer wurden 65000 cbm Bruchsteinmauerwerk notwendig. Diese
Mauermasse ist vom 17. September 1902 bis Herbst 1904 hergestellt. Der Sand wurde aus einer Sand-
grube gegenüber dem Bahnhofe Markliasa gewonnen und an Ort und Stelle durch WaacamaachiaeB
mit Dampfbetrieb gewaschen. Eine Verbindungsbahn mit Lokomotivbetrieb besorgte den Transport bv
su den Mörtelmaschinen und war auch für die Heranschaffung aller mit der Eisenbahn ankommen-
den Materialien bestimmt Die Lagerschuppen für den Zement und Trass, die Kalkgruben und die
Mörtelmaschinen wurden am rechten Hang oberhalb der Sperrmauer aufgestellt. Der Antrieb der
Mörtelmaschinen wurde durch eine Lokomobile besorgt. In langen Rutschrinnen glitt der Mörtel aas
den Mörtelmaschinen hinunter ins Tal (Taf. L, Fig. 4) und wurde hier auf Karren und Gleisen m
den Verwendungsstellen befördert. Der Mörtel für die Sperrmauer ist gemischt in einem Verbitta»
von 125 1 Zement, 100 1 Trass, 66 1 Kalkbrei und 510 1 Sand»). Für die Gewinnung des firucnstaia-
materials für die Sperrmauer, soweit es nicht bei den Ausbrachen der Umlaufatollen und der Fundamente
der Sperrmauer bereite gewonnen war, wurde 400 m oberhalb der Baustelle an der sogenannten MIder-
höhe ein Steinbruch angelegt und durch auf beiden Seiten des Queis verlegte Transportgleiae mit der
Baustelle verbunden. Der Transport wurde teils durch Pferde, teils durch Lokomotiven bewerkstelligt
Vermittelet eines Bremsberges wurden dann die 8teinwagen bis zur Maueroberfliche herabgelassen nad
auf Gleisen an die unmittelbaren Verwendungsstellen verfahren. Auf den Höhen Aber dar Mörtal»
berejtnngaanlage und Aber dem Steinbruch waren eiserne Wasserbehälter aufgestellt, in welche das
Wasser aus dem Queis mittelst Dampfpumpen gedruckt wurde. Längs des ganzen Steinbruches haf
eine Wasserleitung mit Schlaachanscblusaen , sodass jede Steinladung sorgfältig abgespritzt werden
konnte. Ebenso ist mit grösster Sorgfalt darauf geachtet, dass der sich wahrend der Arbeit auf der
Maoer ansammelnde Schmutz immer wieder durch Wasserspülung vor Verlegung einer neuen Schicht
beseitigt wurde.
Aach hier sind zur Abführung des etwa in die Mauer eindringenden Wassers
Drainrohren verlegt, von denen die untere Reihe direkt in die DruckrohrstoDen, die
oberen Reihen in zwei begehbare Kanäle ausmunden. Diese in der Längsrichtung der
•) Der Zement wurde aus der Portland-Zement-Fabrik QroechkowHz, der Tms von Jaksfc
Meurin in Andernach, der Kalk von dem Kalkwerk Süesta in Kaufungen geliefert
§ 35. Die Talsperre ah Qükis bei Markussa. 599
Mauer verlaufenden beiden Kanäle gestatten eine Revision des Mauerinnern (vergl. die
Angaben über die englische Talsperre bei Vyrnwy, Kap. III, 1. B. Talsperren). Die
Vorderflache der Mauer ist, wie bei allen Talsperren Intzes mit einem Zementputz
abgeglichen und dann mit einem Siderosthenanstrich versehen. Oberhalb der wasser-
seitigen Anschüttung ist vor die mit Siderosthen gedichtete Fläche der tragenden Mauer
eine Betonwand, bestehend aus kleinen Betongewölben gelegt, welche im wesentlichen
dazu bestimmt ist, die eigentliche tragende Mauer den Einwirkungen des Temperatur-
wechsels möglichst zu entziehen, und welche sich unabhängig von der Sperr-
mauer selbst bewegen kann (Kap. III. 1. B. Talsperren). Die bogenförmigen
Schächte gestatten ein Befahren, sodass man sich von dem Zustand der Vorderfläche
der Sperrmauer überzeugen kann.
Für die Entnahme des Druckwassers sind zwei Druckrohrleitungem von je 1,1 m
Dm. angelegt, welche innerhalb der Sperrmauer in gemauerten Stollen liegen. Abwärts
der Sperrmauer sind die Betriebsschieber4), welche von Hand zu bedienen sind, in je
einem Schieberhäuschen untergebracht. Das Wasser wird aus dem Becken durch
einen Zulaufstollen zugeführt (Taf. L, Fig. 5). Die Abdichtung des Druckrohres gegen
die Sperrmauer ist durch einen 4,5 m langen Mauerpfropfen erfolgt. Vor diesem Pfropfen
ist ein gusseiserner, flachovaler Reserveschieber eingebaut, dessen Gestänge in einem
Betonschacht bis zur Mauerkrone geführt ist und welcher von oben bedient werden
kann. Hinter dem erwähnten Betriebsschieber, für den ein rundes Modell gewählt
wurde, erweitert sich jedes der beiden Druckrohre auf 1,2 m lichten Dm. und in einer
gemeinschaftlichen Grube werden die beiden Druckrohre unter den rechtsseitigen Um*
laufstollen dükerartig hindurch geführt, um zu dem Krafthause zu gelangen. Die Unter-
dükerung, welche nicht in einem begehbaren Kanal erfolgt ist, könnte als Mangel
erscheinen, weil bei etwaigen Brüchen Reparaturen schwer auszuführen wären und
eine empfindliche Betriebsunterbrechung eintreten könnte. Es ist aber von vorn*
herein noch ein drittes später anzulegendes Druckrohr vorgesehen, welchem das
Wasser durch einen im rechten Hang anzulegenden Druckstollen zugeführt werden soll.
Der Wasserspiegel bei 6 Millionen cbm Füllung im Staubecken liegt auf + 270,60 N.N.,
das Unterwasser des Queis auf + 239,0 N.N. , sodass sich ein Bruttodruckgefälle von
31,60 m und nach Abzug von 2,0 m Reibungsverlusten ein Nutzgefälle von 29,60 m
ergeben würde. Nimmt man die mittlere Füllung in trockener Zeit auf 3 Millionen cbm
mit einer Stauspiegelhöhe von + 266,7 N.N. an , so ergibt sich ein Druckgefälle von
27,7 m und nach Abzug von 1,7 m Reibungswiderständen noch ein Nettodruckgefälle
von 26,0 m. Im Betriebe wird die zu entnehmende Wassermenge je nach dem Bedarf
schwanken. Als grösste Wassermenge, so lange nur zwei Druckrohre verlegt sind,
sind 8,3 cbm/sek. angenommen, mit welchen beim höchsten Druck etwa 2450 PS«, beim
mittleren Druck etwa 1800 PS6 zu leisten wären. Die Geschwindigkeit in den zwei
Druckrohren, deren Querschnitt zusammen 2,26 qm beträgt, würde schon rd. 3,7 m/sek.
betragen. Die kleinste durchschnittliche Kraftleistung kann, wenn eine mehr als vier-
monatliche Trockenperiode (wie 1904) eintreten sollte und das Becken bei Beginn der
Trockenperiode mit 5 Millionen cbm gefüllt angenommen wird, auf 400 PS» sinken.
Mit Rücksicht auf die sehr grosse Fundamentbreite der Mauer und die Dichtigkeit
und Festigkeit der Talsohle ist nur eine kleinere Anschüttung mit einer Böschung von
1 : 2, welche abgepflastert wurde, angelegt.
*) Diese, sowie die flbrigen Rohrschieber sind von der Maschinen- und Armatarenfabrik Breuer
& Co. in Höchst a. M. geliefert.
600 II. Theodor Koehv. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
Die beiden Umlaufstollen sind nach Fertigstellung der Mauer einer nach dem
andern durch Betonpfropfen geschlossen, in welche je drei gusseiserne Rohre von je
1,1 m Dm. und 17,0 m Länge eingemauert wurden (Tai. L, Fig. 1 und 7). Alle sechs Bohre
sind mit Schiebern versehen, welche von oben bedient werden, und bei einem Wasserdruck
von 27,6 m 110 cbm/sek. abführen6). Um die selbsttätige Regelung des Stauinhaltes
nach Überschreitung von 5 Millionen cbm zu sichern, sind an jeder Talseite drei Kmt-
lavrtugssehfltsen von je 2,5 m Breite und 1,6 m Höhe in einem Schachtgebäude unter-
gebracht, zu welchem das Wasser über je einen rd. 30 m langen Überlauf gelangt.
Bei einer Überströmunghöhe von 0,90 m können 1 10 cbm/sek. *) abfliessen. Die erwähn-
ten sechs Schützen können zusammen ungefähr 114,0 cbm/sek. durchlassen7). Oberhalb
der genannten Schützen, durch starke Kastenträger von diesen getrennt, ist eine zweite
Reihe Schützen gleicher Grösse angebracht, welche aber bis auf weiteres geschlossen
gehalten werden und später eventuell dazu dienen soll, beim höheren Stau im Becken
eine schnelle Entleerung zu ermöglichen. Obwohl die Sperrmauer ohne Schaden zu
nehmen eine Überflutung ertragen könnte, sind in Höhe des Wasserspiegels bei 15 Mil-
lionen cbm Beckeninhalt abermals zwei Überläufe, an jeder Seite einer, angelegt. Die
Krone dieser Überläufe liegt 2,2 m unter der Krone der Sperrmauer; sie haben zu-
sammen eine Länge von 68,0 m, über welche bei 2,0 m Überlaufhöhe 428 cbm/sek.
— also über jeden 214 cbm — abfliessen könnten. Von den Überläufen stürzt das
Wasser 'durch die Abfallschächte in die Umlaufstollen. Man könnte also notfalls die
grösste sekl. Hochwassennenge abzüglich der 5,0 bis 8,3 cbm/sek., welche durch die
Turbinen laufen, zum Abfluss bringen. Natürlich wird man von Beginn eines zu
erwartenden Hochwassers an die Umlaufstollen öffnen und die unschädlichen 110 cbm/sek.
durchlassen. Es würde bei richtiger und rechtzeitiger Bedienung der Schieber in den
Umlaufstollen möglich sein, auch das mit 15 Millionen cbm gefüllte Becken noch recht-
zeitig zu entleeren, ehe eine Hochflut bis in das Staubecken gelangen könnte.
Die Umlaufstollen sind unterhalb der Mündung der Abfallschächte nachträglich
mit Bruchsteinmauerwerk ausgemauert, sodass sich ihr Querschnitt auf je 27,8 qm ver-
ringerte. Sollte sich ein Hochwasser wie 1897 wiederholen und ein gefülltes Becken
antreffen, so würden durch jeden Umlaufstollen 390 cbm/sek. abfliessen müssen, die
390
Geschwindigkeit also in solchem Falle v = ~=-g = 14 m/sek. betragen. Dieselbe sekl.
&) Diese für den Queia unterhalb der Schadengrense liegende Abflnasmenge ist berechnet nach
der Formel Q = 0,97 . F . V 2g^(h— W), worin bedeuten: 0,97 den Einatromungsbeiwert bei gut abgerun-
deten MUndnngen, h die Waseerdruckhöhe, F den Querschnitt der 6 Rohre = 5,7 qm und W die Wider»
standahöbe in den Rohren W = -~ — , worin X = 0,0162; 1 = 17 m; d = 1,1 m; v «* 21 m an setzen
waren, W sieh also zn oo 5,6 m und daraus sich Q = 116 cbm/sek. ergab.
8y q„ 8/ 110,
7) Die Berechnung erfolgte nach der Formel Q = 7» p b i 2 g [(h + k) */» — k */*] 6.
Die Geschwindigkeit des ankommenden Wassers war berechnet nach v9 = 0,90 c V RJ, worin
man c nnr in 38 angenommen hatte, der Zahlenwert 0,90 die Verjüngung der Querschnitte nach den
SchttUen xu berücksichtigte, R== — - !'~ = 0,81 betragt und J - °'l — Gefalle des Absturxbecken*
p o,UO 0,U
V*
tu setsen war. v* ergab sich an 5,61 m/sek. und daraus k « ^— = 1,6 m.
Q also = 0,5 . 2,5 . 4,429 [(1,5 + 1,6) */t — 1,6 */t] 6 </) 114 cbm/sek.
§ 35.
Die Talsperre am Queis bei Marklissa.
601
^Wassermenge würde in den Abfallschächten, welche einen lichten Dm. von 5,0 m haben,
mit einer Geschwindigkeit von v = j^ ^- = rd. 20 m/sek. abfliessen. Obwohl der Abfluss
einer derartigen sekl. Wassermenge durch jeden Stollen gerade durch die Talsperre zur
Unmöglichkeit gemacht werden soll, hat man bei der Wahl der Sicherheitsvorrichtungen
dennoch mit ihr gerechnet und hat deshalb für notwendig erachtet, die Abfallschächte
und die Einmündungssteile derselben in die Umlaufstollen durch Stahlpanzerung 8) zu
sichern (Taf. L, Fig. 3, 7, 8 und 9).
Das Krafthaus ist noch im Bau, es wird mit dem Krafthaus an der Bober-Tal-
sperre bei Mauer elektrisch verbunden werden, woselbst als Reserve auch eine Dampf-
zentrale für zunächst 2000 PS« projektiert ist. Ein weit verzweigtes Hochspannungsfern-
leitungsnetz9) von mehr als 300 km Gesamtlänge wird die ganze Umgebung der beiden
Talsperren mit elektrischer Kraft versorgen und es ist nicht zweifelhaft, dass dadurch
eine starke Anregung zur weiteren Entwickelung von Gewerbe und Industrie in den mit
Strom versorgten Landesgebieten eintreten wird.
3
3
Literaturangaben zu Kap. II.
Für die in Kap. II besprochenen Beispiele sind die Literaturangaben bei den einzelnen §§ bereits
gemacht. In nachstehender Tabelle sind nach Ländern geordnet noch eine grossere Reihe interessanter
Wasserkraftanlagen aufgeführt, deren Studium empfohlen werden kann. Um dem Leser eine Aus-
wahl xa erleichtern sind kurze Angaben über die wasserbaulichen Verhältnisse und die Turbinen hin-
zugefügt. Es sind auch einige Anlagen erwähnt, welche sich erst im Bau befinden und von denen eine
ausführliche Beschreibung in der Literatur noch nicht erschienen ist. Was aber über diese letztge-
dachten Anlagen bekannt geworden ist, Hess es zweckmässig erscheinen, das Interesse der Leser auf
diese wichtigen und interessanten Ausführungen hinzulenken. Wegen interessanter Talsperrenanlagen
wird hier auf die ergänzenden Angaben in Kap. III, 1. B. Talsperren verwiesen.
Bezeichnung der
Anlage
* Ja
-SS
9
CD""
§2P
Art der Turbinen
Einige Angaben über
die wasserbaulichen
Verhältnisse
Literaturangaben
Wasserkraft-Elektrizi-
tätswerk Hohenf eis der
Papierfabrik Ahlbruck
an der Alb im südl.
Schwarzwald
Wasserkraftanlage der
Kgl. Berginspektion
Klausthal
Wasserkraft-Elektrizi-
tätswerk an der Isar
der Stadt München bei
Moosburg
1898
48,3
bis
1908
—
58,0
1904
6,0
bis
1906
900
4200
Deutschland.
Voll beaufschlagte
Freistrahl - Turbinen
von 500 PSe mit 240
Uml./Min.
Partial beaufschlagte
Schwamkrug - Hoch-
druckturbinen von 48
PSe und 750 Ural. Min.
Liegende Francis-
Schacht-Turbinen
Wehr; 1410,0 m langer
Werkkanal als Stollen;
70,0 m langes u. 1,30 m
weites Druckrohr
127,4 m langes Wehr
in der Isar. 2,16 km
langer Werkkanal,
1,9 km langer Unter-
wasserkanal
Schweiz. Bauz. 1903, II,
S. 8, 13, 58, 65 und
Wagenbacb, „Turbinen-
anlagen u S. 92.
Wagenbach, »Turbinen-
anlagen * S. 93 mit Abb.
der Turbinen.
Elektr. Zeitschr. 1903
S. 61; Zeitschr. f. d. ges.
Turbinenwesen 1906
S. 388.
8) Geliefert von der Maschinenbaogesellscbaft vorm. Starke & Hoffmann in Hirschberg i. Schles.
und eingebaut von J. W. Roth, Neugersdorf i. Sa.
9) In einem an den Landesdirektor der Provinz Schlesien vom Verfasser im März 1905 er-
statteten Gutachten nebst Kostenanschlägen, Betriebskostenberechnungen etc. waren 246,7 km Hoch-
spannungsfernleitungen vorgesehen.
602 n.
Theodor Koehn.
Ausbau von Wasserkräften. Beibftkt.k.
•
s
BeMiehonng der
Anlage
»1
3|
•
Q *
.8
Art der Turbinen
Einige Angaben Aber
die wasserbaulichen
Verhältnisse
Ltteraturanplci
4
Waseerkraft-Eiektrixi-
t&tswerk Hirschen
(nordl. von Mflnehen
an einem Arm der Iaar)
~*
4,86
1200
Stehende Schachttur-
binen von je 885 P8«
bei 50 UmL/Min. mit
Eammradfibertragung
Wehr nnd Werkkanal
Wegenbach, .Tvte»
anlagen" S. S
5
Wasserkraft-Elektrisi-
ritltewerk von C. G.
Schonherr,BorBtendorf
in Sechsen a. d. Flöha
7,75
1000
Liegende Schachttur-
binen von 880 PS« bei
280 UmL/Min.
Wehr und Werkkanal
Wagenbaeh, »Toie»
anlagen" S. 60 {re±
auch Taf. Lia Fs
1— 4 n. Kap. Dl 5 1?
binea)
6
Waaserkraftanlage der
_
6—7,5
2400
Liegende Schachttur-
Wehr- nnd 2 km langer
Wagenbaeh, .Tmtae
.Spinnerei am Stadi-
bis
binen von 900 nnd
Werkkanal
anlagen mit aas.
bach8 in Angebarg,
2800
1100 PS« mit 96 Uml./
Schnitt dnreheat fr*
welche die Kraft des
Min.
bans & 61.
Stadtbaehee nnd dee
Proviantbachee aus-
nlltst
7
WaeserkrarVElektriri-
Baube-
5-10,0
50000
—
KombiniertesWehrmit
Zeitechr. f. d. gH.Tr
tltawerk Lanfenbnrg
ginn
Kammerschleuse nnd
binenweseo 1906 S.8
a. Rh. (vergl. auch 8.19)
1907
anschlieseendemKraft-
■
haua
Österreich.
8
Sillwerke der Stadt
1901
187,0
15000
Liegende Freistrahl-
Wehr; 7,5 km langer
Elektr. Zeitechi 198
Innsbruck (Tirol)
bis
tnrbinen von 8750 PS«
Werkkanal; Druck-
S. 998. Zehsear. i
1908
mit 815 UmL/Min.
rohre
Ver.deiitsclierIag.lMI
S. 758 u. ff. ■» i»
ftthrlicber Bt-
echreibQig.
9
Waflaeikraft-Klektrin-
1902
96,0
7000.
Liegende Francis -Spi-
Wasserfassung nnd
Elektr. Zeitacer. 1»
tltawerk der Firma
bis
ralturbinen von je
Druckrohr
8. 998.
Ignatx Spiro & Söhne
1908
2500 PS«
an der Moldau bei den
sog. Teufelamanern in
der Nähe der Stadt
Hohenfurt (Sfld-
Bahmen)
10
Eteehwerke bei Meran-
1897
66,0
6000
Liegende Freistrahl-
Wehr; 820,0 m langer
Zeitachr. d. Ver. a*
Bozen
bia
turbinen von je 1200
WerkkanaU>mekatol-
scher In*. 1899 8.1*
■
1898
PS« bei 820 Üml./Min.
len von 8,0 m 1. Weite
mitBeton anagekleidet,
daran anschliessend
swei sehmiedeeiserne
Druckrohre von 1,6 m
Dm.
Elektr. Zeiuwar. 189
S. 615.
Literaturangaben zu Kap. II.
603
Bezeichnung der
Anlage
ZU
3|
k
3-9
Art der
Einige Angaben Aber
die waaaerbaiiliehen
Verhältnisse
Literaturangaben
Erweiterung der Etsch-
werke bei Meran-
Bosen
Wasserknft-Elektrisi-
werk Kardann bei Bö-
sen amEggentalerBach
in Verbindung mit einer
Trinkwasseranlage
Wasserkraftanlage des
Walswerkes Jauerburg
(Krain) , vergl. aach
S. 12
Wasserkraft-Eloktrisi-
tatswerk der Alumi-
niamindnsirie A.-G.
Neuhausen, Banris an
vor ihrer Mündung in
die Salsach (Salsburg)
im
Bau
125,0
bis
134,0
15000
1900
bis
1901
210
1908
bis
1904
125,0
bis
180,0
2500
1600
6000
6 liegende Peltonräder
von je 2500 PS«
Peltonrftder von 500
PfiUmit500UmL/Min.
Freistrahlturbinen von
je 1600 PS,-Leistung
mit nur 70 Uml.'Min.
Liegende Gehsuse-
Franeistnrbinen von je
2000 PS« u. 450 üml./
Min. von Eseher,Wyss
&Co. Zur Zeit der Auf-
stellung das höchste in
einer Franeistarbine
ausgenutste Gefälle
(vergL 8. 8 u. Kap. m,
5. Turbinen).
Unterhalb des alten
Kraftwerkes 8tan-
weiher tob 40000 ebm
Inhalt; Felsstollen
durch den Marlinger-
berg in ein Becken von
6000 cbm. In den Fei-
sen gebrochener Druck-
stollen mit Betonaus-
kleidung und daran
anschliessend Druck-
röhr
60,0 m langes massives
Wehr, Werkkanal im
Stollen von 1 qm Quer-
schnitt 8405,0 m lang;
416,5 m lange, schmie-
deeiserne Druckrohr-
leitung mit Flanschen-
Verbindung von 0,9 m
Dm.
Wehr und 8800,0 m
langeDruckrohrleitung
von 0,5 m Dm.
>. f. d. ges. Tur-
binenwesen 1906 S.329.
Zeitschr. f. d. ges. Tur-
binenwesen 1907 8. 149.
Wagenbaoh,,Turbinen-
anlagen* 8. 104. Die
Anlage ist interessant
wegen der von Gans
& Co. gelieferten Tur-
binen, welche fttr die
Zwecke des Walswer-
kes nur 70Uml./Min.
haben durften.
ZodeL Sohweis. Baus.
1904>H 8.287. Wagen-
bach, «Turbinenan-
lagen" 8. 81.
604
IL Theodoe Koehn. Ausbau ton Wabbebehaften. Beispiele.
2
BMeiobDOOg der
Anlag«
Stf
H
G"
B
0
5-s
Art der Turbinen
Einige Angaben Ober
die wasserbaulichen
Verhältnisse
Literatarugu»-
15
16
17
18
19
Wasserkraft- Elektrizi-
tätswerk Toulouse
Wasserkraft-Elektrizi-
tätswerk in Les Cla-
vsux an der Romanche
(Isere)
Wasserkraft-Elektrizi-
tätswerk inRiouperoux
an derRomanche(Isere)
für eine Papierfabrik
und eine elektro- che-
mische Fabrik
WasaerkraftElektrizi-
tätswerke Servoz und
Chavants an der Arve
(Haute Savoie) für den
Betrieb der Chemin de
fer du Fayet a Cha-
monix
Wasserkraft-Elektrizi-
tätswerk an der Arve
bei Chedde (Haute
Savoie) der Socieie
anonyme 4** Forces
Motrices et Usines de
l'Arve (die Anlagen zu
18 sind gleichfalls von
der genannten Gesell-
schaft errichtet und
an die Eisenbahn -Ge-
sellschaft Paris-Lyon-
Marseille abgetreten)
1897
bis
1898
1899
bis
1901
28
42
35,0
38,0
bis
46,0
für
Servos
und
94,0
für
Cha-
vants
140,0
2000
5000
7000
4800
5640
bis
11810
14000
Frankreich.
Liegende Spiralge-
häuse-Turbinen von je
417 PS« mit 425 Uml./
Min.
Liegende Gehäuse-
Turbinen
4 liegende Gehäuse-
Turbinen von je 850
PS« und 2 von je 425
PS*
Wehr, Werkkanal und '
Druckrohr, welches auf
Stützmauern und den
nach oben verlängerten
Wänden des Kraft-
hauses aufruhend Aber
dem Dache des letz-
teren liegt Von die-
sem zweigen die Tur-
binenrohre ab
Webr, Werkkanal und
1150,0 m langes Druck-
röhr von 2,5 m Dm.
Wagenbscb, .Torfe*!
anlagen' S. 6e i
mit Schnitten far 2 *
Kraftbra
Wehr und 1000,0 m
langer Werkkanal,
2 Druckrohre von 1,50m
innerem Dm.
Compte Reodo ds ut
gros de la Homlä t *
che, Greoohh >.
Deuxieme Volon* * .-
(vergLaach DeliL-^
Installation* Hj-
ftectriqaes, Pt*>
Ebenda 8. 33.
Zunächst 4 liegende ! Wehr in der Arve, Ebenda & 170.
Gehäuseturbinen von ' Werkkanal, Druck-
825 PS« aufgestellt
Es waren 1902 zunächst
nur 2 liegende Frei-
strahlturbinen von je
825 PS« aufgestellt
12Girard-Turbinen mit
liegenden Wellen von
je 800 PS« und 280
UmL/Min. aufgestellt.
Weitere Turbinen fol-
gen nach Bedarf.
röhre
8,0 m hohes Wehr«
2 148 m langer Werk-
kanal, Druckrohre
Wasser kommt vom
Unterwasser des Kraft-
werkes Servoz in einem
meistens im Tunnel lie-
genden Werkkanal. Zu-
nächst 2 Druckrohre
von 1,4 m Dm. verlegt.
Wandstärke oben 6 mm,
unten 14 mm. Eins der
Rohre wurde bei der
Inbetriebsetzung, als
der obere Schieber ge-
schlossen wurde, der
untere aber aufblieb,
von dem äusseren Luft-
druck in die Form einer
Acht zusammenge-
drückt, weil das Luft-
rohr am oberen Ende
ungenügend dimensio-
niert war
Ebenda S. 17?.
Ebenda S. 191.
Literaturangaben zu Kap. II.
605
Bezeichnung der
Anlage
b* tu
•
ÖD
3£
Art der Turbinen
Einige Angaben Aber
die wasserbaulichen
Verhältnisse
Literaturangaben
20
21
22
23
Wasserkraft-Elektrizi-
tätswerk beiEvian Les
Bains in Chevenoz
(Haute Savoie) an der
Dranse der Union Elec-
trique Soc. an. Das
Krafthaus liegt 14 km
von Thonon und 20 km
Ton Evian entfernt
Wasserkraft-Elektrizi-
tätswerk Bellegarde
(Ain) an der Rhone
Wasserkraft-Elektrizi-
tätswerk am Doron bei
Bozel (Savoie) der Com-
pagnie Glneral d'ßlec-
tro-Chimie
24
Wasserkraft-Elektrizi-
tätswerk am Are bei
Saint Michel de Mau-
rienne der Soci6t6
d'ßlectro-Cbimie. Lie-
fert Kraft für die Fa-
briken in Primont
(vergl. auch Kap. III,
2 Werkkanäle, wegen
der interessanten Was-
serfassung).
Wasserkraft-Elektrizi-
tätswerk am Furon
(linken Nebenfluss der
Isere) bei Engins der
Soctttt d'Ülnergie älec-
trique de Grenoble et
Voiron
1898
55,0
1100
Liegende Gehäuse-Tur-
binen von 800—850
PS« mit 480Uml./Min.
1871
und
1899
1899
1895
bis
1896
1897
bis
1898
10
bis
14,0
287,0
75,0
bis
80,0
296
10000
4500
Stehende Schachttur-
binen von je 1500 PS«
6 liegende Freistrahl-
Qehäuse-Turbinen von
je 650 PSe.
3750
1500
allein
im
oberen
Werke.
Bin
unteres
Werk
liegt bei
Les
Cdtes
de
Sasse-
nage
12 Turbinen von 160
PS» mit 850 Uml./Min.
4 Turbinen von 480 PS*
und 800 Uml./Min.
Liegende Freistrahl-
Turbinen Ton je
425 PS«
Einfaches Wehr, Werk-
kanal Ton . 800,0 m
Länge, 250,0 m langes
Druckrohr von 1,0 m
Dm.
Wehr in der Rhone
Wehr und 2200,0 m
langes Druckrohr von
0,9 m Dm. und 6 bis
18 mm Wandstärke.
Das Druckrohr Über-
sehreitet 8 mal auf
eisernenHängebrücken
yon 55,0, 38,0 u. 70,0 m
Spannweite den Doron.
Wehr; 2800,0 m langer
Werkkanal ; zwei
Druckrohre von 1,20 m
Dm.
Wehr; mehrere kleine
Stau weiher von zusam-
men 20000cbm Inhalt;
3200,0 m lange, be-
deckt verlegte Druck-
rohrleitung, wovon (bis
85,0 m Druckhöhe)
2000,0 m in armiertem
Beton von 10—20 cm
Wandstärke u. 0,80 m
Dm., der Rest als eiser-
nes Druckrohr von
0,60 m Dm. mit Flan-
schenverbindung und
4— 14 mm Wandstärke.
ausgeführt sind.
(Der Maschinensaal ist
durch eine Längswand
fetrennt; in dem einen
eil stehen die Tur-
binen, in dem anderen
die Generatoren.)
Ebenda S. 215.
Ebenda S. 221.
Ebenda S. 269.
Ebenda S. 817.
Ebenda S. 553 und
L'£clairage tilectrique
Paris No. 40 du 6 Oc-
tobre 1900. L'Usine
d'Engins.
606
IL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Beispiele.
Beseichnung der
Anlag«
12
Art der Turbinen
Einige Angaben Aber
die waaserbanlioken
Yerhiltniaae
26
27
28
WasserkraitElektrisi-
tiiewerk Saat Mortier
(Dep. Jura) am Ain-
flnaa
Waeserkraft-Elektri»-
tltswerk an der 8arine
bei Montbo von, Kanten
Freiburg, der SeeieW
dea Uainea hydro-eleo-
triquea de MontboTon
in Romont
Waneerkraft-Elektrisi-
titewerk der Walliser
Indueiriegeaellaehaft
in Vernayas (Karbid-
fabrik) im Rhonetal an
dem die Piesevache-
FAlle bildenden Was-
aerlanf
Waaeerkraft-Elektrisi-
titawerk Paderno an
der Adda (8. 20) sur
StremTeraorgong Ten
Mailand der 8ocieta
Generale Italiana di
Elettricith 8yatema
Ediaon
1900
bis
1901
17,0
8000
1900
1900
1902
57
bia
60
500,0
5000
6000
Liegende Gehausc-Tur-
binen von je 700 PS«
und 250 UmL/Min. mit
Einführung des Druek-
rohrea von oben wie
bei der Anlage Avig-
nonnet (S. 505).
Sehweis.
4 stehende Freietrahl-
tnrbinen von je 1100
P8# mit 800 Üml./Min.
2 deagL von 500 PS«
mit 150 UmL/Min.
(vergl. Tai. LXXV,
Fig. 4-8)
6 liegende Schwamkrug-
tnrbinen von je 1000
P8# und 500 UmL/Min.
(vergi Tai. LXXV,
Fig. 1-8)
1895
24,9
18000
bia
bia
1897
28,8
Italien.
7 liegende Gehauee-
Franda-Tiurbinen von
2160 P£U mit 180 üml./
Min. (Dargestellt auf
Taf. LXIX, Fig. 5-8).
Wehr im
1,5 km langer Werk-
kanal teils offen, teils
im Tunnel; Aosnntsnng
dea Lac de Ghallain
nun Ausgleich der
Waaaermenge (8. 228) ;
4 Druckrohre von je
1,7 m Dm.).
Die Anlage ist bemer-
kenswert, weil eine
stehende Turbine bei
dem hohen GefUle ge-
wählt wurde und wegen
der eigentümlichen
Konstruktion der von
Jakob Rieter in Winter-
thur gelieferten Tur-
Krafthana oberhalb der
60,0 m hohen Fälle,
welche erhalten ge-
blieben sind, in den
Felsen hineingebaut
Wehr; genietete Stahl-
rohrleitung, welche
sich in der engen wilden
Schlucht dem Gelinde
so gut wie möglich an-
paast. Krümmungen
s. T. wie bei der später
gebauten Vouvry-An-
lage (8. 471 und Taf.
LVIII, Fig. 10 u. 11)
durch eingelegte Keil-
stucke ermöglicht
Nadelwehr in der Adda
(Taf. LI, Fig. 14 bia 16).
Offener 689,85 m langer
Werkkanal. Geschwin-
digkeit 1,87 m/sek.
Druckrohre
Genie Ovil 1901 B42
anlagen- a8SLl.li
Chol, ZaäsehriTi
deutscher lag. HCl
S. 1681 a £
E. Rekhai, ZevcfeJ
Yer.devtscherhe>W
8. 1889, 189L
Ebenda R 16» «.lfit
La Genie CWL &T>
notti: InsUüanei fr
dro -ftectneet •» &
domo Adda, Paw 1»
Dialcani IaishtfH
Traeporto deU* fts?»
Elettrioa:IlCo»H*
anatriale di Feh»
degn Ing* Cce* S4
fefMailaeiU*
LlTEBATüHANGABEK ZU KAP. IL
607
Lfd. Nr. |
Bezeichnung der
Anlage
•1
• 9
Gefalle
in m
3-9
Art' der Turbinen
Sinige Angaben Aber
die wasserbaulieben
Verhaltnisse
Literaturangaben
29
WaaaarkraftrElektrizi-
1908
254,0
10000
Liegende Freistrahltur-
Wehr und 4500,0 m 1.
Zeitschr.d. Ver. deutsch.
tftiswerk am Caflaro»
bis
in «in«.
nnteren
binen von je 2500 PS«
Werkkanal
Ing. 1908 8. 881.
Flnaee (Kraft- u. Licht-
1904
Werk.
5000
in einem
▼ersorgung für die Pro-
Tina Breacia)
oberen
Werk,
welches
•piter
werten
eoü.
80
Waaserkraft-Elektrizi-
1906
17,0
800
Liegende Francis- Re-
—
Elektro! Zeitschr. 1908
tätswerk am Potenza-
bis
aktions-Turbinen für je
S. 829.
flnaa derSocieta Hali-
1904
200 PS«
ana di Elettncita Lab>
meyer & Co. Erbaut
für den Betrieb einer
Stimasenbahn zwischen
Caatelraimondo unweit
Ancona nach Gamerino
31
Waaaerkraft.Elektria>
1908
57,0
11000
8 liegende Francis-
18,0 m hohes Wehr in
Semenza (S. 10) Les In-
t&tawerk Gellina an der
bis
Turbinen Ton je 2800
einer Schlacht, 11 km
stallations Hydro-Älec-
Cellina (Venezien).
1904
PS« mit 815 Uml./Min.
langer Werkkanal
triques de la Haute
Kraitveraorgung von
Italic. Paris 1905.
Venedig
82
Waaaerkraft-Elektrizi-
1908
40,0
12000
4 liegende Francis-
Wehr im Brembo. Offe-
Ebenda.
Utawerk am Brembo
bis
Turbinen von je 8000
nerWerkkanal. Druck-
der Societa Conti per
1904
PSe mit 815 Uml./Min.
rohre
Impreae Elettriche
(Übertragung nach
Monsa und Mailand)
Wasserkraftwerk der
Holiachleifereien und
Papierfabriken der
Union Co., 5 km unter-
halb von Skien am
Skotfos(Jahresleistung
25 Millionen kg Druck-
und Zeitungspapier)
Wasserkraft-Elektrizi
jkltswerk Trondhjem am
oberen Lerf os
7,0
80,5
10000
2400
(kam
dnreh
Begnlie-
nmgd.
Flneeee
nnd der
saf
10000
P8e er-
höht
werden)
Norwegen.
Stehende Gehäuse-Tur-
binen von 450 PSe bei
150 Uml./Min.
LiegendeGehäuse-Tur-
binen Ton 1000 PSe
mit 875 UmL/Min.
Wehr und Werkkanal;
Wasser wird durch
Druckrohre Ton 2,5 m
LW. den Turbinen zu-
geführt Krafthaus auf
Felsen fundiert, steht
zusammen mit Holz-
schleiferei zwischen
Werkkanal und Unter-
wässerkanal
Wehr, Werkkanal,
Sammelbecken, Druok-
rohre
Wagenbach, , Turbinen-
anlagen* S. 29 mit
Schnitten durch daa
Krafthaus.
Ugeblad 1901
S. 517. Wagenbach,
„Turbinenanlagen" S.
85 mit Abb. der Tur-
binen.
608
IL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräfte». Beispiele.
■
8
i
Bezeichnung der
Anlage
Zeit' der
AnsfQhrg.
9
,3-s
Art der Turbinen
Einige Angaben Aber
die wasserbaulichen
Verhältnisse
Literatraagitm
86
Wasserkraft-Elektrizi-
1899
18,5
4000
Liegende Spiralgehäuse-
100,0 m langes und
Zeitachr. d. Ter. *n
tätswerk der Karbid-
bis
Turbinen mit Einmün-
4,0 m weites Druck-
scher Ing. 1903 2 *
i
fabrik Notodden
1900
dung des Turbinen-
rohres von oben, 1000
PSe und 231 Uml./Min.
rohr für 25,0 cbm/sek.,
Geschw. 1,91 m/sek.
Wagenbach „Tufcn
anlagen" S. 87 buaj
der Turbise
Schweden.
•
36
• Wasserkraftwerk der
! Strörasnfts- Braks Ak-
tiebolag inStrömsnäs-
bruk
3,75
855
Stehende Francis-
Schachtturbinen mit
Finkschen Leitschau-
feln und 50 Uml./Min.
Kanimradfibertragung
(gel. von Richard Hart-
mann A.-G- Chemnitz)
Wehr und Werkkanal
Wagenbach Jmm
anlagen" 8. 24 out A«
der TurUaci
87
WasserkraftrElektrizi-
Bau-
80,0
75000
Liegende Francis-Tur-
Werkkanal, Druck-
Zeitachr. d. Ver. *J
tätswerk an den Troll-
beginn
binen von je 10 000 PSe
rohre, Krafthaus
scher Ing. 1906 S. 145
hättan-Fällen des
1906
schwedischen Staates
»
Spanien.
88
Wasserkraft-Elektrizi-
1902
—
4000
Turbinen von 1000 PSe
—
Elektr. Zeitachr. lfc
tätswerk Quintana-
bis
mit 375 Uml./Min.
S. 283
Martingaündez, 78 km
1904
i
von Bilbao, der Societa
Hidro Electrica Iberi-
ca (erb. von Siemens-
Schuckert -Werken
i
Berlin)
i
i
39
Wasserkraft-Elektrizi-
tätswerk Stockfors-
Traesliberi (Holz-
Schleiferei) in Kotka,
Finnland, an der Kym-
mene bei Pyttis
8,0
Rassland.
3800 3 liegende vierfache | Wehr und Werkkanal.
' Schacht-Francis-Tur- ■ Kraftbaus mit Holz-
binen von 1000 PS«, t Schleiferei, getragen
2 liegende Schachttur- ! von schmiedeeisernen,
binen von 350 und 250 ' auf dem, Felsen gegrün-
PSe, 1 stehende Tur-
bine von 200 PSe
deten Säulen, Ober dem
Unterwasserkanal
dicht am Meere, in wel-
ches die Kymmene das
Wasser eines Teils der
finnischen Seen ab-
führt
Wagenbach wie xe
8.28 mit Gnffldri**
Quer-sehnitt des Kn
hause«.
40 ! Wasserkraft Elektrizi-
1 UUwerk für die Stadt
Tokio am Tamagawa
40 km von Tokio ent-
fernt
im
Bau
80000!
Japan.
| Zeitschr. td.ges.Tr
j binenwtMsl906S.5
I
LfTERATURANGABEN ZU Kap. II.
609
Bezeichnung der
Anlage
zt
4» O
O
3-»
Art der Turbinen
Einige Angaben über
die wasserbaulichen
Verhältnisse
Literaturangaben
Vereinigte Staaten von Nord-Amerika (vergl. aueh S. 14 dieses Bandes).
3t. Lawrence Power
Co. bei MassenaN.-Y.
Ausnutzung der Spier-
falle am Hudson, rd.
64 km oberhalb von
Albany N.-Y.
Wasserkraft-Elektrizi-
tätswerk der Man-
chester Traction Light
and Power Co. am Her-
rimac River, New
Hampshire
Waaaerkraft-Klektrui-
tätawerk der Atlanta
Water and Electric-
Power Co. (Georgia)
an den Morganfallen
des Chattahoochee-
River, welcher am Süd-
abhang der Alleghani-
Mountains entspringt
Wasaerkiatt-Elektrizi-
Utawerk am Catawba-
River in der Nähe von
Rock Hill (Sud-Caro-
lina)
6,
Wasserkraft-Elektrizi-
tätswerk am Animas-
River bei Rockwood
Colorado
1901
bis
1902
1903
bis
1904
1902
bis
1904
1902
bis
1904
12,0
47,5
7,65
bis
9,15
1902
bis
1904
im
Bau
U,6
5,0
bis
7,6
800,0
70000
32000
6000
12750
8100
40000
Dreifache liegende Vic-
tor-Schachtturbinen an
einer Welle
Liegende Gehäuse-Tur-
binen von 5000 und
8400 PSe
Liegende Schaeht-Ge-
hAuseturbinen im
offnen Sehacht von je
1085-1220 PS«
Liegende Schachttur-
binen von je 2400 PS«
in einem kurzen ge-
schlossenen Druck-
Bchaeht , welcher im
Wehre selber angelegt
ist. Krafthaus unmit-
telbar hinter dem
nicht überfluteten
Teile des Stauwehres
Liegende Schachttur-
binen von je 1150 PS«
mit Seilfibertragung
auf die hoohwasser-
frei stehenden Gene-
ratoren
Wehr im Lawrence-
Strom; 5,0 km langer
Werkkanal nach dem
Grassefluss von 80,0 m
Breite und 7,6 m Tiefe.
546 m langer und ca.
30 m hoher Staudamm
im Hudson
185 m langes Wehr
und kurzer nur 150 m
langer Werkkanal
275 m breites und
16,0 m hohes Wehr.
215 m Länge des
Wehres dienen als
Oberfall
285,0 m breites, huf-
eisenförmig in den
Fluss eingebautes
Wehr. Turbinenkam-
mern und Krafthaus
unmittelbar am und
im Wehr
Staumauer von 420,0 m
Länge und 80,0 m Hohe.
18 km langer Stollen
zur Ableitung des Was-
sers des Animas, Stau-
becken von 90 Millio-
nen cbm Inhalt, in
welches auch das
Wasser zweier Neben-
flüsse des Animas,
nämlich Lime und Cas-
cade, geleitet werden
soll
Zeitschr. d. Ver. deut-
scher Ing. 1901 S. 500.
Engineering News vom
21. Februar 1901 S. 180.
Elektrot. Zeitschr. 1903
S. 753. Electrical World
and Engineer 1908, S.
1091. Scientific Ameri-
can 1903 S. 186.
Eng. Record 1908, L
S. 107, 1904, I. S. 668.
Wagenbach, .Turbinen-
anlagen" S. 65 mit Abb.
der Turbinenanlage.
Eng. Record 1904, I.
S.504. Eng. News 1904,
II. S. 15. Wagenbach,
„Turbinenanlagen*
S. 66 mit Abb. der
Turbinenanlage.
Eng. Record 1904, IL
S. 114 u. 129. Wagen-
bach, .Turbinenan-
lagen" S. 67 mit Abb.
des Kraftbauses.
Zeitschr. f. d. ges. Tur-
binenwesen 1906 S.852.
Handbuch der Iaf.-WlMenMh. III. Teil. 13. Bd.
89
610
IL Theodor Koehn. Ausbau von WabskrkrIften. Beispiele.
£
Bezeichnung der
Anlage
S
3'9
Art der Turbinen
Einige Angaben Aber
die wasserbanliohen
Verhältnisse
47
48
49
50
51
52
Wasserkraft- Elektrizi-
tätswerk bei Chatta-
nooga (Tennessee) am
Tennessee-River (Ne-
|benfl ose des Mississippi)
Wasserkraft-EJektriri-
titswerk am Puyallup-
River bei Taooma
(Washington) derPuget
Sound Power Co.
Wasserkraft-Elektrizi-
tätswerk der Califor-
nia Missouri River
Power Company bei
Black Cafion am Mis-
souri (Kalifornien).
WaaserkrafVElektrizi-
titswerk bei Folsom
am Americanflusse
(Kalifornien)
Waeserkraft-Blektrixi-
titswerk der Northern
California Power Co.
a) bei Volta am Battle
Creek (Nordabhang der
Sierra Nevada)
b) bei Kilaro 24 km
nördlich von dem Volta-
werk am Cow Creek
seit
1905
im
Bau
1908
bis
1904
12,0
1902
bis
1908
1895
bis
1896
1902
bis
1904
1902
bis
1904
265,0
9,0
10,0
bis
14,0
865,0
40000
bis
60000
20000
10000
5200
4500
Stehende Schachttur-
binen von je 4000 PS«
bei 120 Üml./Min.
Freistrahl-Doble-Räder
von je 5000-7500 PS«
Liegende Doppel-
Sohachttorbinen von je
1 125 PS«
Liegende Schaeht-Dop-
peltnrbinen von je
1800 P&U
Peltonrider
360,0
6500
Peltonrider
Quer durch den Flosa
ein Staudamm von
865,0 m Länge und 15
bis 18,0 m Höhe
60,0 m langes, 1,5 m
hohes festes Wehr im
Puyallup-River; 16 km
langer Werkkanal mit
Stanweiher
150,0 m langes Stau-
wehr
Staudamm von 200 m
Länge, 26,7 m Fuss-
breite und 7,6 m Kro-
nenbreite. Kurzer
WerkkanaL
Wehr; 5,6 km langer
Werkkanal ; Staubecken
im Nora-See; 250,0 m
lange Druckleitung von
1,0 m 1. W. aus Rot-
holcdauben , welche
von Eisenreifen mit
Spannschlössern zu-
sammengehalten wer-
den, dann anschliessend
1800,0 m lange eiserne
Druckrohrieitung.
Wehr; 6 km langer
Werkkanal ; Stauweiher
von 8,25 ha Oberfliehe
u. 100000 cbm Inhalt,
gebildet durch einen
4,5 m hohen Damm.
Eiserne Druckrohr-
leitung, deren Dm. von
1,880 m am Stauweiher
auf 1,070 m am Ma-
schinenhause
Zeitsdir. 1 d. gas. Tur-
bineowesen 1906 S. 3L
Zeitsdir. d. Ver. deut-
scher Ing. 1905 a 41t
n. fL
Elektr. Zeitachr
S. 819. The
Times 12. Februar
1906.
d. Ter. deut-
scher Ing. 1895 S. 1067.
d. Yer. de*.
scher Ing. 1904 8.2010.
Electrica! World vom
September und Oktober
1904.
Ebenda.
LlTEBATUBANOABEN ZU KAP. II.
611
Bezeichnung der
Anlage
S»
•s«
3
a
5"
60
Sa?
Art der Turbinen
Einige Angaben Aber
die wasserbaulichen
Verhältnisse
Literatorangaben
Canada (vergl. S. 15 dieses Bandes).
Shawanegan Water
Power Co. bei Qoebec
Canada
Wasserkraft-Elektrizi-
tätswerk der Hamüton-
Cataract Power Light
and Traetion Co. am
Niagara. Krafthans bei
8t Catherine« (vergl.
auch 8. 8 n. 15 dieses
Bandes)
Wasserkraft-Elektrizi-
tätswerk bei Necaxa
zur Ausnutzung der
Necaxa- nnd Tenango-
fftlle der Mexican Light
and Power Co. (Strom-
versorgung von Mexi-
co, El Ore, Pnebla nnd
Pachna, vergl. S. 22).
1902
bis
1904
1896
bis
1899
nnd
1908
bis
1904
40,0
78,0
bis
79,5
45000
Liegende Gehäuse-
Francis - Turbine mit
Finksehen Leitschau-
feln
LiegendeSpiralgehäuse-
turbinen von 2000 PS«
nnd von 6100 PS«,
ausser einer Anzahl
älterer nnd kleinerer
Turbinen
Wasserfälle
Wasser wird ans dem
alten Wellandkanal
entnommen n. in einem
neuen Kanal von Al-
lanburg bis zum Rande
des Niagara-River bei
St Catharinee geführt,
wo 8 grosse Stauweiher
von Aber 12 ha Ober-
fläche angelegt wur-
den. 8päter (1908—
1904) wurde ein neues
Wehr in dem Welland-
kanal erbaut, das Be-
triebswasser durch
einen neuen Werkkanal
von 800,0 m Länge in
den Beaver-Dams-
Creek geführt und letz-
terer durch einen Erd-
damm zu einem Stau-
becken von 162 ha
Oberfläche aufgestaut.
Letzteres ist mit den
alten Stau weihern durch
einen Kanal von 800,0
m Länge verbunden.
1908
bis
1905
872,4
bis
400,5
80000
bis
40000
Mexiko.
6 stehende Peltontur-
binen von je 8000 PS*
mit 800 üml /Min. (gel.
von Escher, Wyss dt Co.)
L. Zodel, Schweiz. Bau-
zeitung 1904, I. S. 98.
Wagenbach, »Turbinen-
anlagen* 8. 87 mit Abb.
einer Turbine
Zeitschr. d. Ver. deut-
scher Ing. 1901 S. 1095
und 1905 8. 2009 u. iL
Drei Staudämme von
61000000 cbm Inhalt
zur Aufspeicherung des
Wassers derRegenzeit;
6 schmiedeeiserne zum
Teil im Tunnel, zum
Teil offen auf Beton-
fundamenten verlegte
Druckrohre von 0,75 m
Dm. (80"); Krafthans
auf Betonfundamenten
wegen der Erdbeben-
gefahr aus Eisenfach-
werk errichtet, hat
einen Maschinensaal
von 26,8 m Breite und
60,0 m Länge und ist
bis zum First des
Polonceaudaches (mit
seitlichenOberlichtern)
19,8 m hoch. Es stehen
8,6 qm Bodenfläche pro
100 inst PS« (wenn
man 6x8000 =
48000 PS« zugrunde
legt) zur Verfügung
Modern MexicoVol.
Nr. 7, April 1906
89'
612 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Kapitel III. Einzelheiten über Entwurf und Ausführung
der verschiedenen Bauteile, über Stromtarife und den
Betrieb von Wasserkraftanlagen,
§ 1. Stauwerke.
Für unsere Zwecke sollen die Stauwerke unterschieden werden in:
A. Wehre, B. Talsperren, C. Stauweiher und Druckbecken.
A. Wehre. Hierau Tafel LI.
Die zu A gehörigen Besprechungen sind in folgende Abschnitte eingeteilt:
1. Die Wirkungen der Wehre.
2. Die verschiedenen Arten der Wehre.
3. Die Wahl der Stelle für das Wehr und die Anordnung desselben zur
Stromrichtung.
4. Die Stauhöhe.
5. Die Berechnung der Stauhöhen, Weh der Durchflussprofile und
der Stauweite.
6. Die festen Wehre.
7. Bewegliche Wehre.
8. Die Grundablässe oder Kiesfreiläufe.
9. Die Flossgassen und die Eisschützen.
10. Die Fischpässe.
11. Die statische Berechnung der Wehre.
12. Die Ausführung der Wehre.
1. Die Wirkungen der Wehre. Unter Wehren 'sind hier diejenigen Bauwerke
verstanden, welche in einem fliessenden Gewässer zu dem Zwecke errichtet werden, um
durch den eine stufenförmige Erhöhung des Wasserspiegels bewirkenden Stau Druck-
gefälle zu gewinnen und die Ableitung von Triebwasser aus dem Gewässer zu erleichtern.
Bei Flüssen, welche im Verhältnis zu ihrer sekl. Wassermenge eine grosse Breite haben,
wie es bei den meisten unregulierten Flüssen der Fall ist, verteilt sich bei N.W. das
fliessende Wasser in einzelne kleine Rinnsale und ist infolgedessen ohne Stauwehr für
ein Triebwerk nicht fassbar.
Der Stau vergrössert den benetzten Querschnitt des Flussbettes und vermindert
dadurch die Geschwindigkeit des Wassers vor dem Wehre. Die Folge hiervon ist die
Ablagerung der Geschiebe und der Sinkstofft. Wenn keine besonderen Vorkehrungen
getroffen würden, um diese Ablagerungen zu beseitigen, müsste sich allmählich die
Sohle des Flusses angenähert bis zur Krone des Wehres heben und das Sohlengefälle sich
aufwärts des Wehres der Wagerechten nähern. Damit würde auch der Wasserspiegel im
oberen Laufe des Flusses über die beabsichtigte Stauhöhe hinaus gehoben, es würde
sich aber andererseits die Wassertiefe bei N.W. wieder derjenigen nähern, welche vor
Einbau des Wehres herrschte, und der etwa auf Höhe der alten Flussohle angelegte
Einlauf zu einem Werkkanal würde versanden. Die Höhe des Aufstaus, welchen ein
§ 1. Stauwerke. A. Wehre. 613
Wehr gegenüber dem ungestauten Wasserspiegel erzeugt, nimmt nach aufwärts hin
allmählich ab, derart, dass der gestaute Wasserspiegel sich dem ungestauten immer
mehr nähert und demselben in einem gewissen Abstände Ton dem Wehre so nahe
kommt, dass die Stauhöhe praktisch bedeutungslos wird. Geringere Schwankungen im
Wasserspiegel werden durch die Bewegung der Luft und durch die Strömung ver-
ursacht, sodass mit mathematischer Genauigkeit das Ende der Stauwirkung an Ort und
Stelle nicht gemessen werden kann. Man nennt den Abstand vom Wehre bis zur Grenze
der tatsächlich messbaren Wasserspiegelhebung gewöhnlich die Stauweite und die ge-
krümmte Linie des Wasserspiegels im Längsschnitt der Stauweite die Stau kurve.
Ausserhalb der Stauweite hören die unmittelbaren Wirkungen des
Wehres auf. Es versteht sich von selbst, dass die Stauweite um so grösser wird, je
kleiner das Wasserspiegelgefalle im ungestauten Flusse war. Innerhalb der Stauweiten
werden die Yorflutverhältnisse verändert und unter Umständen werden bislang trockne
Gelände unter Wasser gesetzt und der Benutzung entzogen. Bei tief eingeschnittenen
Wasserläufen liegt in der Regel der Grundwasserstand in den anliegenden Län-
dereien auch tief und ebenso sind die kleineren Zuflüsse in der Regel tiefer einge-
schnitten; man wird daher bei der Wahl der Stauhöhe, ohne schädliche Verände-
rungen der Vorflutverhältnisse befürchten zu müssen, eine grössere Freiheit haben als
bei flacheren Flussprofilen. Liegt oberhalb der Stelle, an welcher man ein Wehr anzu-
legen beabsichtigt, eine Triebwerksanlage, so darf die Stauweite höchstens bis zu dem
Unterwasser dieses Triebwerkes reichen, wenn dasselbe nicht schädlich beeinflusst werden
soll. Es ist zu beachten, dass die Stauweite nicht nur von der Höhe des Aufstaus am
Wehr, sondern auch von den Wasserspiegelgefällen und von den sekl. Wassermengen
während der verschiedenen Beharrungszustande der Flusstrecke abhängt und dass des-
halb die grösste Stauweite zu ermitteln ist.
Das gestaute Wassers stürzt, soweit es nicht durch den Werkkanal abgeführt wird,
mit derjenigen Geschwindigkeit, welche durch die vorhandene Druckhöhe erzeugt wird,
über den Rücken des festen Wehres oder durch die Öffnungen der beweglichen Wehr-
teile und greift infolgedessen die Sohle und die Ufer des Flusses unterhalb des Wehres
an. Wenn also nicht entsprechende Gegenmassregeln getroffen werden, so wird das
Wasser die Flussohle unterhalb des Wehres vertiefen und die Flussufer einseitig oder
beiderseits ausfressen.
Die durch das Wehr hervorgerufene Staustufe bildet für die Schiffahrt, die
Flösserei und für die Fischzucht ein Hindernis. Für die Flösserei und Schiffahrt wird
dieses Hindernis durch Flossgassen und Schiffsschleusen überwunden. Um den
Fischen den Zug aufwärts möglich zu machen, werden von gewissen Stauhöhen an
sogenannte Fischtreppen oder Fischpässe mit dem Wehre in bauliche Verbindung
gebracht.
Mit Rücksicht • auf die weitreichenden Einwirkungen eines Wehres, auf die Ver-
hältnisse im Flusse und auf die Rechte Dritter wird in allen Kulturländern, wie in § 2
des Kap. I bereits gezeigt wurde, die Erbauung von Stauanlagen von behördlicher Er-
laubnis abhängig gemacht, und es wird insonderheit die zulässige Stauhöhe bei den-
verschiedenen Wasserständen zahlenmässig vorgeschrieben. Um die zulässige Stauhöhe
festlegen und ständig nachprüfen zu können, wird in der Regel die Anbringung einer
unverrückbaren Staumarke verlangt. Meistens besteht diese Staumarke aus einem ein-
gerammten Merkpfahl, dessen mit einer Haube versehener und wagerecht abge-
schnittener Kopf mit der höchst zulässigen Stauhöhe zusammenfällt. Oft werden für
die verschiedenen Wasserstände verschiedene Stauhöhen vorgeschrieben. Es kann ferner
614 HI. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
dem Triebwerksbesitzer die Verpflichtung auferlegt werden, z. B. im Interesse der Be-
wässerung von Ländereien am Oberwasser oder im Interesse der Erhaltung einer ge-
wissen Wassertiefe für die Schiffahrt und Flösserei, den Stau nicht unter eine bestimmte
Höhe sinken zu lassen. Alle diese verschiedenen Marken werden an dem Merkpfahle
deutlich und leicht erkennbar anzubringen sein.
2. Die verschiedenen Arten der Wehre. Am häufigsten unterscheidet man die
Wehre in feste und bewegliche Wehre.
Als feste Wehre bezeichnet man diejenigen, bei welchen der Stau durch die
Krone des Wehres fest bestimmt wird und die Stauwirkungen weder ganz noch teilweise
verändert oder beseitigt werden können. Hieraus ergibt sich schon, dass als bewegliche
Wehre diejenigen zu betrachten sind, deren Einrichtungen es gestatten, die Stauwirkungen
innerhalb bestimmter Grenzen willkürlich abzuändern. Bei Wasserkraftanlagen kommen
vollkommen feste Wehre nur dann in Betracht, wenn der Wasserlauf nur so geringe
Mengen von Sinkstoffen und Geschiebe mit sich führt, dass dieselben unschädlich durch
den Triebswerkskanal und die Turbinen abgeführt werden können, und wenn die Stau-
wirkung mit Rücksicht auf Rechte und Interessen Dritter einer willkürlichen Regelung
nicht bedarf.
In den weitaus meisten Fällen müssen schon wegen der Abführung der sich vor
dem Wehre ablagernden Geschiebe und Sinkstoffe mit dem festen Wehre ein oder
mehrere Grundablisse verbunden sein. Dem Hauptzwecke der Grundablässe entsprechend
liegt ihre Sohle in der Regel auf der Höhe der Flussohle aufwärts des Wehres.
Man unterscheidet bei den festen Wehren weiter solche mit voll-
kommenem und unvollkommenem Überfall. Letztere nennt man Grundwehre,
auch Grundsch wellen oder Stauschwellen, erster e Überfallwehre. Bei festen Wehren
mit vollkommenem Überfall bleibt der Unterwasserspiegel unter der «Krone des Wehres.
Jedes Überfallwehr kann aber unter Umständen bei Hochwasser zu einem Grundwehr
werden, wenn sich der Unterwasserspiegel bis über die Krone des Wehres erhebt.
Ist die Stauung des Hochwasserspiegels nur in beschränkterem
Masse zulässig als die Stauung des Wasserspiegels bei kleineren Wasser-
ständen, so wird man mit einem festen Wehre ein bewegliches zu verbinden
haben, in welcher Beziehung unter Umständen schon durch den Grund-
ablass allein den Anforderungen Genüge geleistet werden kann. Diese Ver-
bindung kann entweder so geschehen, dass neben einem festen ein bewegliches Wehr
errichtet wird (vergl. z. B. die Anlage Lechwerk Gersthofen, Taf. XLV, Fig. 1), oder
derart, dass auf das feste Wehr ein bewegliches aufgesetzt wird (vergl. z. B. die Anlage
Hagneck, Taf. XXXII, Fig. 2,. 3 u. 4). Ist die Stauung des Hochwasserspiegels über-
haupt nicht zulässig, so wird man das ganze Flussprofil bei Hochwasser frei zu machen
haben und infolgedessen ein festes Wehr überhaupt nicht anlegen dürfen, vielmehr das
bewegliche Wehr so einrichten müssen, dass eine feste Grundschwelle nur bis zur Höhe
der Flussohle errichtet wird und im übrigen alle beweglichen Wehrteile aus dem Profil
des Flusses entfernt werden können (vergl. z. B. die Anlage St Maurice-Lausanne,
Taf, XXIX, Fig. 1 u. 2).
S. Die Wahl der Stelle für das Wehr und die Anordnung desselben zur
Stromrichtung. Im allgemeinen wird man das Wehr unmittelbar oberhalb eines stärkeren
Sohlengefälles im Flusse anlegen, um von diesem stärkeren Gefälle an Druckhöhe so
viel wie möglich zu gewinnen. Es ist ferner darauf zu achten, und zwar mit
in erster Linie, dass auf die bestmögliche Weise die Wasserentnahme aus
§ 1. Stauwerke, A. Wehre. 615
dem Flusse bei jedem Wasserstande gesichert ist. Von diesem letzten
Gesichtspunkt aus wird man das Wehr so zu legen haben, dass der Kanal-
sinlauf bei gekrümmter Flussachse auf der nach dem Flusse zu kon-
kaven Seite zu liegen kommt, und bei geraden Strecken möglichst an
derjenigen Seite, wo die Flussrinne nach Verlauf von Hochwässern
erfahrungsgemäss bei N.W. am h&ufigsten verbleibt.
Die Wasserentnahme bei N.W. wird man an einer engeren Flusstelle leichter und
sicherer erreichen als an einer breiteren. Massgebend sind aber ferner die zulässigen
Stauhöhen bei höherem Wasserstande. Steht die Stauhöhe des Wehres bei N.W. und
damit auch die Kronenhöhe eines festen Wehres fest, so ergibt sich seine Mindest-
breite aus der sekl. Wassermenge, welche bei BLW. noch über das Überfallwehr
hinüber oder durch die beweglichen Verschlüsse hindurcbfliessen muss. Die hiernach
vorläufig ermittelte Wehrlänge gibt also einen weiteren Anhaltspunkt für die Wahl der
Stelle, wo das Bauwerk zu errichten ist.
Wegen der Standsicherheit des Wehres und wegen seiner Baukosten wird man
naturgemäss auf die Beschaffenheit des Baugrundes sehr wesentliche Rücksicht zu nehmen
haben. Die Baukosten hängen aber ausser von der Wehrlänge und der Be-
schaffenheit des Baugrundes auch von der Art und Weise ab, wie die Bau-
ausführung bewerkstelligt werden kann. Bei engen Flussteilen macht die Um-
leitung des Wassers meistens erheblich kostspieligere Nebenarbeiten notwendig als bei
breiteren Flussteilen, weil die höheren Wasserstände mit grösserer Wassertiefe und
grösserer Geschwindigkeit in der Umleitung zum Abfluss kommen müssen und die letztere
infolgedessen stärkeren Angriffen ausgesetzt sein wird.
Auch die zur Verfügung stehende Bauzeit spielt bei der Wahl der
Wehrstelle eine erhebliche Rolle. Es kann z. B. bei einer breiteren Flusstelle
möglich sein, die Gesamtanlage in zwei Bauperioden auszuführen, während es dagegen
bei einer engeren Baustelle notwendig werden kann, die Bauausführung in drei und
mehr Abschnitten, gerade mit Rücksicht auf die Umleitung des Wassers, einzuteilen,
und so kann sowohl wegen der direkten Baukosten als auch wegen des Zeitverlustes
das längere Wehr doch billiger werden als das kürzere.
Es ist ferner für die Bestimmung der Länge und der Stärke der
Sohlenbefestigung hinter dem Wehre massgebend, wie weit vom Wehre ent-
fernt die Stelle liegt, wo das über oder durch das Wehr stürzende
Wasser bei H.W. in einen so grossen benetzten Querschnitt eintritt, dass
Q
die Geschwindigkeit des strömenden Wassers v = w auf ein unschädliches
Mass vermindert wird.
Sind Schiffsschleusen neben dem Wehre im Flusse selbst anzulegen, so kann auch
durch diese Rücksicht die Wahl der Wehrstelle stark mit beeinflusst werden. Zunächst
muss die Flusstelle breit genug sein, um noch ohne zu grosse Kosten den Platz für die
Schiffsschleuse zu gewinnen. Das Oberhaupt der Schleuse muss, ebenso wie das Unter-
haupt, so liegen, dass die Schiffe in möglichst ruhigem Wasser ein- und ausfahren
können. Namentlich bei Überfall wehren muss deshalb das Oberhaupt mindestens etwa
20 m über die Wehrachse hinaus vorgezogen werden, und es sind in Verlängerung der
flusseitigen Schleusenwand noch Leitpfahle zu schlagen (vergl. z. B. Taf. I, Fig. 1). Ist
die Schleusenkammer nicht lang genug, um mit dem Unterhaupt in ruhiges Wasser zu
gelangen, so muss durch eine Leitmauer die Ausfahrt verlängert werden. Näher kann
616 III Theodor Koehn. Ausbau ton Wasserkräften. Einzelheiten.
hier auf die Erfordernisse der Schiffahrt und des Schleusenbaus nicht eingegangen
werden, vielmehr wird lediglich auf die Spezialliteratur verwiesen und insonderheit auf
Teil III des Handb. der Ing.-Wschftn. Aufl. 4. Band 8. L. Brennecke. „Die Schiffs-
schleusen".
Liegen die Verhältnisse so, dass das ganze Druckgefälle durch den Stau am
Wehre gewonnen werden kann und dass infolgedessen in unmittelbarer Nähe des Wehres
auch das Krafthaus zu errichten ist, so kommen eine Menge neuer Rücksichten hinzu,
welche für die Wahl der Stelle massgebend sein können. Es versteht sich von selbst,
dass zunächst ohne zu grosse Kosten der Platz für das Krafthaus sich beschaffen lassen
muss. Das Krafthaus muss aber sowohl für den Transport der schweren Maschinen als
auch für den ständigen Verkehr der Angestellten und Arbeiter gut zugänglich sein und
anderes mehr. Als Beispiel hierfür mag auf die Anlage Chevres (Tafel XXVII, Fig. 1)
verwiesen sein. In ähnlicher Weise liegt auch das Krafthaus der neuen Wasserkraft-
anläge bei Trezzo an der Adda in der Nähe des Wehres und ebenso wird auch bei der
Kraftanlage Laufenburg am Rhein das Krafthaus ganz in der Nähe der Wehrstelle liegen 1).
Was nun die Anordnung des Wehres an der gewählten Stelle betrifft,
so kommen im grossen und ganzen drei Anordnungen in Betracht, nämlich:
1. die zum Stromstrich rechtwinkelige Lage des Wehres,
2. die zum Stromstrich spitzwinkelige Lage des Wehres,
3. eine nach einem Kreisbogen gekrümmte oder eine geradlinig
gebrochene Wehrachse.
Wenn man an einer in Aussicht genommenen Flusstelle mit der zum Stromstrich
rechtwinkeligen Lage der Wehrachse eine Wehrlänge erzielen kann, welche für den vor-
geschriebenen oder als höchst zulässig angenommenen Stau bei H.W. ausreicht, so wird
diese Lage in allen denjenigen Fällen den Vorzug* verdienen, wo auch bei N.W. die
Wassertiefe vor dem Wehre gross genug bleibt, um mit Sicherheit die beabsichtigte sekl.
Wassermenge in den Werkkanal einführen zu können.
Es sei in dieser Beziehung auf folgende Beispiele verwiesen :
1. Die Webranlage Vizzola, Taf. I, Fig. 1. 5. Die Wehranlage Kanderwerk, Taf. XXVI, Fig. 1.
2. , , Kabelwerk, Tai. XX, Fig. 2. 6. „ , Chevres, Taf. XXVII, Fig. 1.
8. , , Wangen, Taf. XXII, Fig. 2. 7. „ „ Saint Maurice- Lausanne, Taf.
4. , , Beroao, Taf XXV, Fig. 1 u. 2. XXIX, Fig. 1.
8. , , Hagneek, Taf. XXXII, Fig. 2.
Wenn aber, was oft bei Gebirgsflüssen mit grossem Gefälle zutrifft,
der Fluss bei N.W. im Verhältnis zu seiner Sohlenbreite nur wenig Wasser
führt und die verfügbare Wassermenge ganz oder zum grössten Teil in den
Werkkanal hineingeleitet werden soll und wenn wegen des Baugrundes oder
anderer Umstände überhaupt nur ein geringer Stau zulässig ist, so
würde die zum Stromstrich rechtwinkelige Lage des Wehres verfehlt sein.
Es wird sich unter Umständen mit Rücksicht auf die grosse Wasserentnahme vor dem
Wehre nur ein Stau bilden, welcher die Krone nicht erreicht. Das Wasser verteilt sich
bei solchen Verhältnissen in der Flussohle oft in einzelne kleine Rinnsale, und man muss
diese durch eine geneigte Lage des Wehres nach dem Einlauf hinlenken. Meistens
führen solche Flüsse auch grosse Geschiebe- und Sinkstoffmengen, und es
ist deshalb für die Freihaltung der Sohle vor dem Wehr von Wichtigkeit,
dass bei höheren Wasserständen längs des Wehres ein starker Strom er-
zeugt wird, welcher bei geöffneten Grundablasschützen die sich vor dem
i) Vergl. auch die auf S. 609 unter Nr. 44 und 45 namhaft gemachten Anlagen.
§ 1. Stauwerke. A. Wehre. 617
Wehre bildenden Ablagerungen in möglichst grossem Umfange in das
Unterwasser hinein spült.
Bei Gebirgsflüssen mit grosser Geschiebefühmng wechselt die Lage der Stromrinne
nach jedem Hochwasser und es bilden sich vor dem Wehr oft lange Kiesinseln in
Richtung der Stromachse, welche mit ihrer Krone bei niedrigen Wasserständen bis über
den Wasserspiegel reichen und sich weit flussaufwärts erstrecken können. Das Wasser,
welches bei N.W. auf der von dem Einlauf abgekehrten Seite .einer solchen Insel nach
dem Wehre zu fliesst, kann deshalb leicht die Wehrkrone erreichen und überfliessen,
während der Wasserspiegel in der Rinne auf der anderen Seite der Insel erheblich
niedriger liegt. Man muss dann wohl in einem solchen Falle die Kiesinsel durchstechen
und dem Wasser künstlich eine Rinne nach dem Einlauf zu graben. Solche Arbeiten
erhöhen aber in sehr unliebsamer Weise die Betriebskosten. Der gegen die
spitzwinkelige Lage der Achse anzuführende Grund, dass der Strom gegen das eine Ufer
gerichtet wird und deshalb hier stärkere Uferbefestigungen notwendig werden, entfallt
meistens bei Wasserkraftanlagen schon deshalb, weil der Einlauf ohnehin stark zu be-
festigen ist und weil die Grundablässe, wie später noch ausgeführt werden wird, an der
Seite des Einlaufs liegen müssen. Mit Rücksicht aber auf die grosse Wassergeschwindig-
keit, welche sich in dem Zuge der Grundablässe ausbildet, müssen hier die Ufer und
die Sohle jedenfalls auf eine gewisse Strecke abwärts des Wehres befestigt werden. Es
empfiehlt sich deshalb, bei derartigen Verhältnissen die Wehrachse
gegen die Flussachse in einen spitzen Winkel von 45 bis 30° zu legen.
Bezügliche Beispiele bieten die Anlagen:
1. Fanghera, Taf. X, Fig. 1. 4. Morbegno, Taf. XVI, Fig. 2.
2. Ceres Ala, Taf. XI, Fig. 1. 5. Champ (Füre et Morge), Taf. XLII, Fig. 1.
3. Pont St. Martin, Taf. XIII, Fig. 1. 6. Paderno, Taf. LI, Fig. 14.
Wenn man bei solchen Verhältnissen das Wehr rechtwinkelig zum Stromstrich
legt, so wird die Wasserentnahme bei N.W. oft sehr erschwert (vergl. Anlage Les Clees,
Tafel XIX, Fig. 1 und Seite 403).
Die gekrümmte Wehrachse wird mitunter gewählt, einmal, um auf diese
Weise mehr Überfallänge zu erzielen, und dann, um die Standsicherheit des Bauwerkes
gegen Kanten und Abscheren, sowie um die Wasserdichtigkeit der Wehrmauer zu ver-
grÖ8sern. Bei gekrümmten Wehren wird der Strom nicht nur nach der Seite des Ein-
laufs, sondern auch nach dem entgegengesetzten Ufer abgeleitet und verursacht hier
stärkere Angriffe. Infolgedessen müssen die Ufer unter Umständen auch an dieser
Stelle auf einer grösseren Länge besonders befestigt werden, was gegenüber der spitz-
winkeligen Anordnung als Nachteil bezeichnet werden kann. Wenn die Ufer aus
festem Felsen bestehen oder wenn ohnehin die Uferpfeiler stark und lang genug sein
müssen, um den Angriffen des Wassers widerstehen zu können, wird unzweifelhaft bei
höheren Wehren vom Gesichtspunkte der Standsicherheit aus das gekrümmte Wehr vor
dem gradlinigen den Vorzug verdienen. In dieser Beziehung kann auf Abschnitt B. „Tal-
sperren41 dieses Paragraphen verwiesen werden. Beispiele für gekrümmte Wehrachsen
bieten die Anlage Livet (Tafel XLI, Fig 4 und Seite 528) und das Wehr des Lech-
werks Gersthof en (Taf. XLV, Fig. 1 u. S. 556).
Ein Beispiel für eine geradlinig gebrochene Wehrachse2) bietet die Anlage
Bergamasca (Taf. VIII, Fig. 1). Hier wurde die geknickte Anordnung der Wehrachse
*) Hingewiesen sei auch auf die S. 609 Nr. 45 namhaft gemachte Anlage.
618 HL Theodor Kosh*. Ausbau von Wasserkbärev. EnizBLHEnrBV.
gewählt, einmal um die Überfällige za vergrössern, hauptsächlich indessen in Rücksicht
auf die Schnelligkeit und Billigkeit der Ausführung. Es haben sich aber im Betriebe
recht erhebliche Nachteile herausgestellt, weil es nur unter Aufwendung von Grab-
arbeiten gelingt, das Wasser bei N.W. von der linken Flusseite nach dem an der rechten
Seite befindlichen Einlauf hinüber zu leiten.
4. Die Stauhöhe. Wenn es sonst die Umstände gestatten, ist es für
die Zwecke der Eraftgewinnung an sich am vorteilhaftesten, das Ober-
wasser so hoch wie möglich zu stauen. Es wurde S. 246 bereits erwähnt, dass
bei gutem Baugrunde im allgemeinen das DruckgeföUe durch ein Wehr mit kleineren
Anlagekosten pro Einheit zu gewinnen ist als durch einen Werkkanal. Die kleinen
Anlagekosten des wasserbaulichen Teils der Anlage Chfevres zeigen das deutlich (Tabelle I.
S. 242). Meistens sind aber beide, Werkkanal und Wehr, notwendig. Bei der Anlage
Hafslund (S. 480) und den Anlagen an den Niagarafällen (S. 542 u. ff.) sind zwar
keine künstlichen Wehre geschaffen, aber die Natur hatte in den Wasserfällen bereits
mächtige Staustufen gebildet, welche für Triebwerkszwecke ohne weiteres bereit standen.
Im übrigen hat von den im Kap. II gegebenen Beispielen nur die Anlage Jonage-Cusset-
Lyon kein Wehr im Flusse, sondern das Wasser wird mit Hilfe einer gebaggerten Rinne
aus der Rhone in den offenen Kanaleinlauf geführt.
Vom Gesichtspunkte der Baukosten aus betrachtet Hesse sich
die Grenze für die Stauhöhe bei einer Wasserkraftanlage da finden,
wo die Kosten für die Gewinnung eines bestimmten Druckgefälles
durch Erhöhung des Staus am Wehre ebenso hoch werden wie diejenigen
Kosten, welche zur Gewinnung desselben Mehrgefälles für die Erbauung
oder Verlängerung eines Werkkanals aufzuwenden wären.
Wie bereits S. 236/237 erwähnt, wird man meistens für die Festlegung der Quer-
schnitte des Werkkanals und der Druckrohre von einer sekl. Wassermenge ausgehen,
welche zwischen der neunmonatlichen und sechsmonatlichen liegt. Bezeichnet man diese
sekl. Wassermenge mit Qe und die für dieselbe erzielbare Stauhöhe mit H* so würde
die KrafUeistung bei 75 % Wirkungsgrad in den Turbinen Q» . Hs . 10 sein. Da nun
aber eine Wasserkraftanlage um so wertvoller wird, je gleichmassiger die KrafUeistung
während des ganzen Jahres ist, so wird man für unsere Zwecke grundsätzlich darauf
Bedacht zu nehmen haben, dass der Stau bei N.W. (355tägigem Wasser) am höchsten
wird und so hoch , dass sich die Kraftleistung derjenigen von Qe . H, . 10 möglichst
nähert. Praktisch wird sich diese Bedingung allerdings nicht oft erfüllen lassen, weil
die Rücksicht auf die Rechte Dritter Grenzen zieht. Aber es ist bei der Pro-
jektaufstellung jedenfalls eine Untersuchung zu empfehlen, wie weit
diese Bedingung erfüllt werden kann, und hierauf im Erläuterungs-
bericht hinzuweisen, damit bei der Prüfung des Bauprojektes und der
Bestimmung der. Stauhöhen von seiten der Behörden die verschie-
denen Interessen in richtiger und vollständiger Kenntnis aller tech-
nischen und wirtschaftlichen Gründe ausgeglichen werden können. Es
sind die Umstände, welche für den Wert einer Wasserkraftanlage
massgebend sind, heute noch nicht allgemein geläufig.
Von besonderer Wichtigkeit ist es auch, von vornherein zu untersuchen, ob bei
denjenigen Hochwasserständen, welche an mehr als zehn Tagen im Jahre zu erwarten
sind, sich durch Stau noch ein Druckgefälle ermöglichen lässt, ausreichend, um bei der
als maximal angenommenen sekl. Wassermenge im Werkkanal mindestens eine gleiche
§ 1. Stauwerke. A. Wehre. 619
Kraftleistung wie bei 356 tagigem Wasser und der zugehörigen Druckhöhe zu erzielen.
Ist das nicht der Fall, so muss unter Umständen bei Bestimmung der grösstmöglichen
ständigen Energieabgabe, bezw. bei Bestimmung der Reserven in Wärmekraftmaschinen,
die Kraftleistung bei Hochwasser, anstatt der Kraftleistung bei 355tägigem Wasser,
zugrunde gelegt werden.
Sofern nicht die Rücksicht auf die Kosten, auf die Vorflfttverhältnisse, auf oben
liegende Triebwerke, auf Schiffahrt, Flösserei und dergl. schon bestimmte Grenzen zieht,
hängt die Frage, welche höchste Stauhöhe man noch wählen darf,
natürlich auch von der Rücksicht auf die Standsicherheit und Dich-
tigkeit des Wehres ab. Man ist von diesen Gesichtspunkten aus in bezog auf die
Wahl der Stauhöhe technisch nur dann unbegrenzt, wenn das Stauwehr auf völlig
undurchlässigem, sehr festem Felsen aufgebaut und seitlich gleichfalls an feste und
undurchlässige Felswände angeschlossen werden kann. Ist der felsige Untergrund fest
und undurchlässig und so gelagert, dass auf keine Weise Gleitflächen entstehen und der
durch das Stauwerk belastete Felsen ins Rutschen kommen kann, so kann man technisch
jede beliebige, für die Praxis überhaupt in Frage kommende Stauhöhe noch ausführen.
Stehen in erreichbarer Tiefe unter der Flussohle tragfähige und undurchlässige
Bodenarten, wie schwerer blauer Ton oder fester Lehm oder feiner, dichter, lehmiger,
undurchlässiger Sand in genügender Mächtigkeit an, so kann man Stauhöhen bis zu
20,0 m wagen, wenn man mittelst Spund- oder Betonwänden mindestens an der Vorder-
seite des Wehres, besser auch noch am Abfallboden tief genug in die undurchlässige
Schicht hineinfundieren und so einen sicheren, dichten Abschluss erzielen kann. Vergl.
z. B. das Stauwehr im Drac der Anlage Avignonnet, Taf. XXXVII, Fig. 4 und
S. 497 u. ff. Es war aber in diesem Falle ein so hohes Stauwerk auch nur möglich,
weil man die Staumauer seitlich an festen Felsen anschliessen konnte. Hätten z. B.
die Ufer nicht aus Felsen, sondern aus dichtem und undurchlässigem Lehm oder Ton
bestanden, so hätte man die Mauer in den unteren Teilen wohl bis 15,0 m tief in die
Ufer einbinden lassen müssen, um bei einem Stau von 20,0 m genügende Sicherheit
gegen Hinterspülung zu bekommen. Dadurch würden die Kosten wahrscheinlich so gross
geworden sein, dass man wohl eine niedrigere Stauhöhe und einen längeren Werkkanal
vorgezogen haben würde.
Gerade bei den Uferanschlüssen ist stets besondere Vorsicht am Platze.
An dem Regulierungswerk der Anlage Jonage-Cusset-Lyon hatte man ursprüng-
lich bei einem maximalen Stau von etwa 8,50 m eine Grundmauer hinter dem Regu-
lierungswerk mittelst Pressluft in den etwa 9,0 m unter Kanalsohle anstehenden un-
durchlässigen tonigen Lehm heruntergetrieben (Taf. XXXIX, Fig. 2), und es wäre wahr-
scheinlich die Zerstörung des Regulierungswerkes nicht erfolgt, wenn man von vornherein
diese Grundmauer tief genug in die Ufer verlängert und bis zur Oberkante
des Dammes hinaufgeführt hätte (S. 513).
Wenn in allen erreichbaren Tiefen der Sohle und der Ufer nur
durchlässige Bodenarten anzutreffen sind, muss die Gefahr der Unter-
spülung des Wehres und der Hinterspülung der Widerlager stets be-
sonders scharf ins Auge gefasst werden und man kann grössere Stauhöhen als
8,0 m kaum wagen.
Leider ist der Druckverlust von Wasseradern in durchlässigen Bodenarten, bei
den verschiedenartigen Belastungen, sowie bei den verschiedenen Druckhöhen. durch Ver-
suche nur noch sehr wenig aufgeklärt, und man ist daher bei dem Entwurf der Mass-
620 III« Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
regeln zur Verhütung von Unterspülungen oder Hinterspülungen ausschliesslich darauf
angewiesen, sich nach ausgeführten Beispielen, welche sich als standsicher herausgestellt
haben, zu richten. Im Kap. III, § 2, sind im Abschnitt „der Einlauft (vergl. Inhalte-
Verzeichnis) einige erfahrungsmässige Angaben gemacht, die auch für Wehrbauten in
Ermangelung von besseren Angaben Verwendung finden können. Man muss in solchen
Fällen durch die Zahl und die Tiefe der in die Flussohle hinab und in die Ufer hinein
zu treibenden dicht schließenden Wände, sowie durch die in der Flussachse gemessene
Breite des Bauwerkes, bezw. durch die Länge der vor und hinter dem Wehre anzu-
legenden dichten Betonsohlen, die Widerstände im Boden gegen den höchsten Wasser-
druck so gross machen, dass das Gleichgewicht hergestellt wird und sich fliessende
Wasseradern nicht oder nur in ganz unbedeutender Weise bilden können. Die Tiefe
solcher dicht schliessenden Wände unter der Flussohle wird man in der Regel mindestens
gleich der höchsten Wasserspiegeldifferenz machen. Die Wirksamkeit solcher lotrechten
Wände hängt natürlich von den besonderen Umständen ab, welche bei der Ausführung
obwalten. Namentlich bei steinigem Boden ist es kaum möglich eine dichtschliessende
Spundwand herunterzubringen. Ebenso ist die dichte Ausführung von Grundmauern in
Beton bei grösseren Tiefen als etwa 8,0 m bis 10,0 m unter N.W. in offenen
Baugruben kaum möglich, da sich meist die Wasserhaltung zu schwierig gestaltet.
Ungleich grössere Tiefen lassen sich bei Ausführung von Grundmauern und überhaupt
bei Fundierung von Wehren mittelst Pressluftgründung erreichen. Auch ist die Wahr-
scheinlichkeit der Erzielung völlig dichter Wände bei dieser Ausführungsart erheblich
grösser. Wo Pressluftgründung nicht zur Anwendung kommen soll, wird man sich
meistens nicht auf eine schliessende Wand verlassen, sondern mindestens zwei hinter-
einander anordnen. Bei durchlässigem Boden findet man an ausgeführten Beispielen
meistens schon bei Stauhöhen von mehr als 2,5 m drei Reihen Spundwände hinter*
einander. Bei grösseren Spiegeldifferenzen und wenn der Untergrund stark durch-
lässig ist, wird die Zahl der hintereinanderliegenden Spundwände noch vermehrt So
sind z. B. bei dem Wehre der Anlage Wangen (Taf. XXII, Fig. 4), wo die Wasser-
spiegeldifferenz nur 3,80 m beträgt, der Untergrund aber kiesig ist, fünf Reihen Spund-
wände und zwar zwei eiserne und drei hölzerne hintereinander geschlagen.
Bei dem Wehre der Anlage Lechwerk Gersthofen (Taf. LI, Fig. 3) wurden,
trotzdem der Baugrund aus feinem Flinzsand bestand, bei der ursprünglichen Anlage
doch schon drei Reihen Spundwände hintereinander angeordnet, zu welchen später noch
eine vierte gekommen ist. Die höchste Wasserspiegeldifferenz dürfte etwa bis zu 4,50 m
ansteigen können«
Kleinore Durchsickerungen werden sich bei sehr durchlässigem Boden oft über-
haupt nicht vermeiden lassen. So wurden z. B. die Durchsickerungen unter dem Tessin-
wehr des Yilloresikanals (S. 626) auf ca. 1 cbm/sek. festgestellt. Solche Durchsickerungen
sind für die Standsicherheit ungefährlich, so lange sie mit so kleiner Geschwindigkeit
vor sich gehen, dass sie keine Spülwirkung ausüben können.
Wie bereits gesagt, besteht dieselbe Gefahr, wie für das Wehr selbst, auch für
seine Uferanschlüsse, und es ist beim Entwurf der Einzelheiten darauf zu achten,
dass alle Wasseradern , deren Bildung überhaupt denkbar ist, denselben Reibungswider-
stand im Boden finden wie diejenigen am Wehre selbst. Unvorsichtige Ausführungen
sind häufig genug die Ursache von Wehr brachen gewesen. Als Beispiel sei noch einmal
auf das gebrochene alte Brembowehr der Anlage Bergamasca (S. 361) verwiesen.
Weil man zur Zeit rechnerisch den Umfang der baulichen Anlagen, welche zur Ver-
hinderung von Unterspülung und Hinterspülung nötig sind, noch nicht oder doch nur
g 1. Stauwerke. A. Wehre. 621
nach rohen Erfahrungs-Formeln ermitteln kann, so wird man sich meistens der Sicher-
heit halber veranlasst sehen, mehr zu tun als vielleicht nötig ist. So werden denn
bei durchlässigem Boden Wehre mit hohem Stau meistens so teuer, dass man billiger
durch Verlängerung des Werkkanals zum Ziele kommt. Man findet infolgedessen in
Flössen mit durchlässiger Sohle und Ufern oft die Wehre so angelegt, dass das Wasser
bei N.W. nur soweit gestaut ist, als es für die Zuführung der erforderlichen eekl.
Wassermengen in dem Werkkanal unbedingt nötig war.
Beispiele hiefür bilden: Die neuen Wehre der Anlage ßergamatc» (Tel. Till, Fig. 3 and 4
und Taf. IX, Fig. 1); die Wehre der Anlagen Pont Saint Martin (Taf. XIII, Fig. 3), Morbegno (Taf. XVI,
Fig. 2 bin 5), Fnre et Morge (Taf. XLII, Fig. 1 and 6).
S. Die Berechnung der Stauhöhen und Wehrlangen, 4er I)urehfl«ss»rol'le und
der Stauweiten. A. Die Berechnung der Stauhb'hcn and Wehrlangen »).
Für feste Wehre mit vollkommenem Überfall gelten folgende
Formeln. Wenn bedeuten:
Q die Wasserraenge in cbm/sek., welche über das Wehr fliessen soll,
b die Länge des Überfalls in ni,
hL die Höhe des überfallenden Wasserstrahls in m, in einiger Entfernung vor
dem Wehre gemessen,
k die der Geschwindigkeit des ankommenden Wassers entsprechende Drackhöhe
g die Erdbeschleunigung für unsere Breitengrade = 9,81 in, also |'2g = 4,429 m,
fi einen Erfahrungswert, Abb ,53
so ist die überfallende Menge Q ohne Berücksichtigung f .
der Geschwindigkeit des ankommenden Wassers
(Abb. 152):
Q = V«^b.b,y27hI (1)
Unter Berücksichtigung der Geschwindig-
keit des ankommenden Wassers wird
Q = »/^b.V27[(b, + k)V*-kH (2)
und da man das letzte Glied der eckigen Klammer meistens vernachlässigen kann, ver-
einfacht sich die Formel zu
Q-Vi^bVSgOit + k)*. (3)
Ist Q, die seiet. Wassermenge des Flusses bei einem bestimmten Wasserstande ,
' Qk diejenige Wassermenge, welche in den Werkkanal eingeführt werden soll, so
ist Q = Qa-Q»
Sind Q und b gegeben, so berechnet sich aus (2):
h, = f-ir4-== + kV.lV> - k, (4}
oder unter Vernachlässigung des letzten Gliedes h,™ I- — TITk73 + lt*" (5)
und wenn man die Geschwindigkeit des ankommenden Wassers ganz vernachlässigt:
19;62
») Veigl. »uch K»p. III, g 2 Warkkanlle, Abscbnitt .Oberlauf«'.
022 III. liuBODO* Koran. Ausbau voh Wasserkräften. Einzelheiten.
Sind Q und ht gegeben und b gesucht» so wird:
In der Regel wird die gesamte Stauhöhe h = a-f-h1 gegeben sein, und es be-
rechnet sieh danach die Höhe des Wehrrückens über dem ungestauten Wasserspiegel nach
a = h — hjsh —
Q + k*
-k (7)
(Mkr bei Vernachlässigung der Geschwindigkeit des ankommenden Wassers zu :
-n
(f/»pb)M9,62' (7a)
Handelt es sich um ein zur Stromrichtung unter dem Winkel a (Abb. 163)
liegendes Wehr, so ist die Geschwindigkeit, welche für die Berechnung der Grösse k in
Rechnung zu stellen ist:
0» .
u = v0 . sina = ^ . sin a.
Ist die flu8swarts gerichtete Begrenzungsflftche des Wehrkörpers eine lotrechte Wand,
sodass die einzelnen, tiefer gelegenen Wasserfluten ihre Richtung um fast 90° ändern
müssen, ehe sie über das Wehr fallen können, lässt man meistens bei Berechnung von
b, hj, h, a oder Q die Geschwindigkeit des ankommenden Wassers ausser Betracht.
J. B. Francis (S. 7, Fussnote 9) hat durch seine Versuche in Lowell (1856—68)
festgestellt , dass die Gestaltung der flusswftrtsgerichteten Fläche eines Wehrkörpers die
überfallende Wassermenge beeinflusst, so lange die Sohle des Kanals oder
Flusses vor dem Wehre nicht tiefer unter der Krone des Überfalles liegt
als um das Dreifache der Höhe des überfallenden Wasserstrahls; ebenso, dass
die Gestalt der Wände des Kanals oder Flusses aufwärts vom Wehre nur
soweit noch einen nennenswerten Einfluss auf die überfallende Wassermenge
hat, als diese Wände nicht um mehr als das Doppelte der Höhe des
überfallenden Wasserstrahls von den Rändern des Überfalls zurücktreten.
Man kann also die stromaufwärts gerichtete Fläche eines festen Überfall-
wehres, ohne die Leistungsfähigkeit des Wehres zu beeinträchtigen, von
der Stellq an nach unten lotrecht machen, welche um das Dreifache der Höhe
des überfallenden Wasserstrahls unter der Wehrkrone liegt, und man braucht
die Seitenwände des Flusses nur bis zu einer Entfernung von dem Doppelten der Über-
fallhöhe allmählich bis zu den Rändern des Überfalls überzufuhren, kann sie von da
ab aber, ohne Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Überfalls, in
einem schroffen Absatz zurücktreten lassen.
Meistens wird für die Berechnung von Q die Formel 1 angewendet
werden können, woraus sich dann die vereinfachten Formeln (6a) für
\ und (7 a) für a ergeben und diejenige für b sich von selber ergibt
Solange h > h1} also Q<,/»/*bhV2gh ist, ergibt sich ein Überfallwehr; wird
h = hn also h — 1^=0 und Q = f/s/* . b . h . ^2gh, so liegt die Wehrkrone in der Höhe
des ungestauten Wasserspiegels. Wird Q>2/s/*.b.h.v/2g¥1 so handelt es sich
um ein Grundwehr, also um ein Wehr mit unvollkommenem Überfall (Abb. 164).
Man betrachtet in der Regel den oberen Teil AC als Überfall, den unteren Teil AG als
Ausflussöffnung und legt für beide Teile besondere Beiwerte fix und ft zugrunde. Für
Berechnung von Q und a gelten die Formeln:
§ l. Stauwerke. A. Wehre. 623
Q = *M b /3g Rh + k) •/» — k»/h)] + Ht b » V2g(h + k) (8)
oder
Q = bV2g(h + k).
t/.*h + "Aftk(l-]/^jQ4-A.
a
(8a)
wofür man unter Vernachlässigung des zweiten Gliedes in der eckigen Klammer auch
schreiben kann:
Q = bV2g(h + k)[*/8^.t + ^.a] (9)
und fttr k = 0, Q = b/2gh[»/«/Uih + p,.»]. (9s)
Die Tiefe der Wehrkrone unter dem angestauten Wasserspiegel ergibt sich ans
(9) m:
a=*bV2g(h + k)-,/,*'b' (10)
Zur Berechnung der Grösse a aus Formel 10 müssen Q, b, h bekannt sein. Ferner
muss der Querschnitt des gestauten Profils bekannt sein, um daraus v0 = y und
v 8
k»-iL berechnen zu können. Hierin bedeutet Q» die ftn das Wehr herankommende
2g ^
Wassermenge, welche grösser sein kann als diejenige, welche über das Grundwehr stürzen
soll. Soll h (Abb. 154) erst gefunden werden, so wird man in der Formel 9 bezw. 9 a
für a eine Annahme machen müssen.
Beim Aufsuchen von h (Abb. 154) und hj (Abb. 152) aus den Formeln 4, 5
und 9 ergibt sich für die Ermittelung der Grösse k insofern eine Schwierigkeit, als der
benetzte Querschnitt F von der Stauhöhe bezw. der Überfallhöhe, welche erst gefunden
werden soll, abhängig ist. Eine direkte Bestimmung von h (Abb. 154) und ht (Abb. 152)
ist deshalb nur dann möglich, wenn die Regelmässigkeit des Flussprofils gestattet, F als
Funktion von h resp. ht darzustellen. Da aber meistens das Flussprofil von unregel-
mässiger und an den verschiedenen Stellen wechselnder Gestalt ist, so kann man zur
Ermittelung von h oder ht am zweckmässigsten ein Annäherungsverfahren verwenden.
Man setzt zunächst k = 0 und findet damit aus der Gleichung 5 a
einen Wert für ht oder aus der Gleichung 9 a einen Wert für h, welcher
zu gross ist. Es sei derselbe ht'. Hierauf wird mit Hilfe von ht ein
Wert für k ermittelt, dann hx' und der gefundene Wert von k in die
Gleichung 3 oder 9 eingesetzt und die Grösse Q^o berechnet, welche zu
gross ausfallen muss. In gleicher Weise wird mit einem zweiten, wo-
möglich zu kleinen Wert von h resp. ht =(hi") und nachher ebenso
mit mehreren Zwischenwerten verfahren, sodass man
für h/ die Wassermenge Q^o*
» \* t> n Q(V)i
n V n » Q(V)
und so fort erhält Auf zeichnerischem Wege kann hieraus mit genügender Genauig-
keit die Höhe \ resp. h, welche der wirklichen Wassermenge Q entspricht, bestimmt
werdeü. Zu diesem Zwecke trägt man (Abb. 155) die Wassermengen Q^o» 0<V)> Ota")
und so fort in einem beliebigen Längenmasstab auf einer Geraden ab und errichtet
auf den Endpunkten in geeignetem Masstabe die Lote h*', hj", h/" und so fort.
Zeichnet man dann die durch die Endpunkte der Lote bestimmte Kurve, trägt von G
634 HL Theodor Kobrn. Ausbau von Wa8UbrkrIftev. Einzelheiten.
aus die wirkliche Wassermenge Q ab, deren Endpunkt bei A liegen möge, und errichtet
bei A ein Lot, so ergibt die Länge dieses Lotes die gesuchte Grösse ht bezw. h4).
Was nun die Zahlenwerte für die Erfahr ungBgrössen p, px und /u, betrifft, so
weichen die Angaben der verschiedenen Autoren nicht unerheblich voneinander ab.
6. Tolkmitt gibt im Handbuch der Ingenieurwissenschaften, Band III, erste
Abteilung 1892, S. 222 u. f. die nachstehenden Werte an:
a) für vollkommene ÜberfElle:
1. i* = 0,83 oder */* §i = 0,56, wenn die Krone des Überfallwehres
gut abgerundet und die seitliche Einschnürung durch Leit-
wände aufgehoben ist.
2. p = 0,675 oder */'l*=0,45, wenn das Wehr eine lotrechte
Vorderfläche und eine ebene Krone mit scharfer Abfluss-
kante hat.
3. ^ = 0,60 oder V» i* = 0,40, wenn das Wehr von geringer Breite
und ohne Leitwände ist.
b) fflr unvollkommene Überfälle:
4. /4t =0,80 biß 0,85, im Mittel etwa = 0,83, also f/a ^ = 0,56, p,
etwa = 0,67, wenn das Durchflussprofil in ganzer Flussbreite
über der Wehrkrone frei und letztere nach Art der Über-
fallwehre gut abgerundet ist.
5.^=0,83, aIso 7» /*i = 0,55, //t = 0,62, wenn das Durchfluss-
profil aber der Wehrkrone wie vor frei, letztere aber nach
Abb. 154 scharfkantig geformt ist, also z.B., wenn das Grund*
wehr den Unterbau eines beweglichen Wehres bildet und
die beweglichen Teile ganz aus dem Wasser entfernt worden sind.
6.^ = ^ = 0,60 bis 0,65, wenn das Grundwehr als Unterbau
eines beweglichen Wehres mit Griesständern und Setz-
pfosten dient.
7. pt =1*, = 0,75 bis 0,85, wenn das Grundwehr ein Grundablass
oder ein Schiffsdurchlass mit freier Durchflussöffnung bis zur
Sohle des Wasserlaufes wird und mit glatten Wänden ver-
sehen ist.
Wie bereits gesagt, sind die Höhen ht (Abb. 152) und h (Abb. 154) immer in
einiger Entfernung von dem Überfall gemessen gedacht, da sich nach der Krone des
Überfalls zu der Wasserspiegel scharf absenkt. Frese hat gefunden, dass der Höchst-
betrag dieser Absenkung etwa 0,15 hx ist, welcher aber erst bei einer gewissen Breite
des Überfalls erreicht wird. Es soll nach demselben Autor bei kleinerer Breite die
Absenkung geringer als 0,15 ht sein, bei grösserer Breite aber jenen Wert beibehalten5).
Da es wohl erwünscht w&re, durch weitere genaue Messungen noch
sicherere Werte für die Beiwerte p; ^; fit sowohl als auch für die oben
erwähnte Absenkung zu erhalten, mögen hier als Anregung zu weiterer Arbeit auf
«) Vergl. K. Pestalozzi, 8taawerke. Haadb. der Ing.-Wiaeenecbafteii. III. Bd. Der Wasserbau.
1879. Seite 845.
») Htndb. der Iog-Wieeenech. Bd. IIL Der Wasserbau, 1. Abt. G. Tolkmitt 8taaw*rke.
1898. S. 821.
§ 1.
Stauwerke. A. Wehre.
625
dem Gebiete die Ergebnisse grösserer Versuche an zwei zu der Vizzola- Anlage ge-
hörigen Überfallwehren im Tessin aus dem Jahre 1886 mitgeteilt werden6):
Die Konzession für den Villoresi- Kanal (Kap. II, | 1, Dia Anlage Vizzola S. 341) war von
der Regierang unter der Bedingung gegeben , das* von dem am Wehr entnommenen Wasser stets eine
bestimmte sekl. Waasermenge bald unterhalb des Wehres in den Flosa zurückgegeben werden sollte.
Ea wurde ein 289,44 m langes festes Wehr mit einer Kronenhohe von oa. 4,0 m Aber der Fluss-
sohle des Unterwassers errichtet und dadurch der Tessin gestaut (Taf. I, Fig. 1). Auf der linken Seite
schlisset sich ein Kanaleinlauf von 30 Öffnungen an, ausreichend um 192 cbm/sek. bei normalem Wasser-
stande hindurchzulassen. Auf diesen Einlauf folgt ein 600,0 m langes Kanalbecken von 52,0 m Breite,
welches ganz mit Beton ausgekleidet ist. Am unteren Ende erweitert sich dieses Becken und es liegt
auf dem linken Ufer der Einlauf zum Villoresikanal und der Einlauf für einen Privatkanal des Duca
Visconti Modrone. Erst später in den Jahren 1898—1900 wurde für den Werkkanal der Vizzola-Anlage
neben dem Einlauf für den Villoresikanal ein zweiter getrennter Einlauf errichtet
Das erwähnte Becken wird an seinem unteren Ende nach dem Tessin zu durch ein Überlaufwehr
(auf Taf. I, Fig. 1 mit »Sfioratore" . bezeichnet) begrenzt, welches zur Messung der in den Tessin zurück-
zuleitenden Wassermengen bestimmt war.
Abb. 156 gibt einen Querschnitt dieses Mess-Wehres. Das- ±hb. 156. Messwehr für die Anlage
selbe ist durch 35 eiserne Gitterstützen von 0,08 m vorderer Breite dM ViUoresikanala am Tessin.
in 36 Öffnungen geteilt. Die lichte Weite zwischen zwei Stützen
beträgt 2,025 m und die gesamte lichte Weite des Oberfalls 72,90 m.
Die Gitterböcke tragen eine kleine Brücke und diese dient den
Nadeln, mit welchen die Breite des wirksamen Oberfalls reguliert
werden kann, als obere Stütze. Für den unteren Anschlag der Nadeln
ist eine Schwelle von 0,12 m Höhe angebracht, hinter welcher die
Oberfallkrone noch 1,45 m lang und im Verhältnis 1 : 7 geneigt ist.
Das grosse Wehr im Tessin, dessen Querschnitt in Abb. 157
dargestellt ist, bildet in der Krone eine horizontale Ebene von 1,0 m
Breite mit gut abgerundeten Kanten und sanft geneigter Vorderfläche.
Um die Wassermenge, welche in den Villoresikanal
eintritt, genau festzustellen, wurde
durch eine Reihe direkter Messungen
der Durchflussbeiwert für die Schützen-
öffnungen im Mittel zu 0,73 (vergl. Wert-
angabe für p ad b. 7. S. 624 u. 630) er-
mittelt, sodass aus der Feststellung der
Wasserspiegeldifferenz vor und hinter
den Schützen die in den Villoresi-
kanal eintretende sekl. Wasser-
menge (B) mit erreichbarer Genauigkeit
festgestellt werden konnte. Ferner
wurde die sekl. Wassermenge (A), wel-
che durch das vor dem Einlauf in den
Villoresikanal und vor dem Messüberfall liegende Kanalbecken floss, durch direkte Flflgelmessungen
genau ermittelt. Aus der Differenz A— B ergab sich die Wassermenge, welche über den Überfall ge-
flossen sein musste:
Abb. 157. Querschnitt des grossen Tessin- Wehres für den
Villoresikanal.
I. Bei den Verauchen vom 8. und 4. Jannar 1885
wurde die sekl. Wassermenge im Kanalbecken festgestellt su
In den Villoresikanal flössen
sodass Über den Messüberfall geflossen sein müssen
Die Ordinate des Wasserspiegels vor dem Oberfall wurde gemessen su
Die Oberkante der Schwelle des Oberfalls liegt auf
worauf sich die Höhe des überfallenden Wasserstrahls ergibt zu
65,754 cbm/sek.
7,518 „
58,286
+ 184,978 m.
-I- 184,440 m,
0,538 m.
•) Cesare Cipolletti, Ezperimenti et formule per grandi stramazzi a
orriszontale. S. 66 u. ff. Mailand 1886 bei Ulrico Hoepli.
Handbuch der Ing.-WiiMiiach. III. TelL 13. Bd.
inclinata od
40
III. Theodor Koehn-. Ausbau von WassbrkrAftkk. Einzelheitüs.
Aus der Formel Q = ft.'/ib. h, . Y?.gh, ergibt eich nach Einsetzung der obigen Werte:
in 0,68
II. Beim Versuch am 9. Hin 1885 worden
Die durch du Kanalbecken fliessende WassennengB zu
Die in den Villoreaikanal abgeleitete Wassenuongti zu
Darana ergab sieh die Aber den Überfall geflossene WassermeDge
Die Ordinate des Wasserspiegels vor dem Überfall betrug
Die Ordinate der Sohle des Überfalls
Die Höbe des überfallenden Wasserstrahls also
Ans diesen Zahlen ergab eich ein Wert für /* — 0,683 und sls Mittel
0,685+0. "
128,808 cbm/sek.
4,389
124,414
+ 185,885
+ 184,440
995 m.
i beiden Versuchen
~2-
= 0,61
Es wurde ferner am 27. Jnni 1885 eine Kontrollmeaaung mit Wo Um an schein FlOgel
direkt am Überfall gemacht Die oben beschriebene Bracke gestattete die Messung an allen Stellen,
es wurden aber i
SS I
ii den 36 Offnungen vorgenommen, da alle ganz gleich sind, und
man deshalb schlieeaen durfte, dass bei gleichen Verhält-
nissen die Geschwindigkeit in allen Öffnungen auch die gleiche
sein müsse. Tn jeder Öffnung wurde in & Lotrechten (Abb.
158) gemessen.
Aas den Messungen ergab sich die Wassermenge in
einer Öffnung sa 3,108 cbm/sek., in der anderen so 8,194 com/
sek., also im Mittel in 3.148 cbm/sek. Multipliziert man dies«
Zahl mit der Zahl der Öffnungen (36), so ergibt sich eine
Wassermenge von 118,328 cbm/sek. Am Mesaungatsge war
die Ordinate des Wasserspiegels vor der Absenkung am Wehr
+ 185,275. die Habe des überfallenden Wasserstrahls dem-
nach 0,835 m. Hieraus berechnet sich ein Wert von
P ^ 0,692,
welcher nur um 0,008 von dem oben erwähnten Mittelwert der
beiden ersten Versuche abweicht.
Ks würde steh also '»? xu 0,45(1 bis 0,461 ergeben.
Bei den Messungen an dem grossen Wehr
im Tesoin ging man ebenfalls auf zweierlei Weise vor. An
zwei Tagen nnd zwar am 27. und 28. Mlrz 1885, an wel-
chen ganz gleiche Wasserstande im Tesain herrschten, also
auch die gleichen selcl. Wassermengen abgeflossen sein müssen,
lies» man das eine Mal (am 27. Mir*) die ganze Waseermenge
über das Wehr fliesaen, dss zweite Mal einen Teil Ober das
Wehr nnd einen Teil durch das Keneibecken und über den
Messaberfall. Man hatte ausserdem vor der eigentlichen Messung zeitweise einmal das ganze Wasser
durch das Kanalbecken nnd den Messaberfall nnd das andere Mal Über das Wehr laufen laesen und
dabei festgestellt:
a) Du« im ersten Falle in dem Teasin unterhalb des Wehres aber vor dem
Messaberfall noch 4,50 cbm/sek. flössen, von denen 1 cbm aus der Undich-
tigkeit des Untergrundes sm Wehr nnd 3,50 cbm aus Verlusten herrührten,
welche an den zur Entleerung des Kanalbeckens zum Tessin bestimmten
Grnndschützen entstanden.
b) Das«, sls alles Wasser Ober das Wehr fliessen sollte, durch die un-
dichten Stellen der Einlassehützen znm Kanalbeeken dennoch im ganzen
2,09 cbm/sek. flössen.
An 27. Min war der Wasserspiegel vor dem Wehre im Behariungszustsnde auf der
Ordinate + 186,180 gefunden.
Zieht man davon die Ordinate der Wehrkrone + 185,722 ab, so ergibt sich für den Versuch sm
27. Min eine Hohe des überfallenden Wasserstrahls von 0,458 m.
Am 28. Mir« liess man einen Teil des Wassers Aber das Wehr und einen Teil durch du
Kanalbeeken fliesaen nnd beobachtete die Verhältnisse am Messaberfall, nachdem eine Stunde lang die
Wasserspiegeldifferen* am Einlaaf zum Kanalbecken ala gleichbleibend festgestellt war. Es wurde
§ 1.
Stauwerke. A. Wehre.
627
die Hohe des überfallenden Wasserstrahls am Meesüberfall zu 0,77 m festgestellt und daraus mit Hilfe
der frfiher ermittelten and oben genannten Durchflusswerte die Aber den Mesa - Überfall fliessende
Wassermenge zu 99,517 cbm/sek. ermittelt Die direkte Messung am Wehre ergab am 28.
Min eine Hohe des überfallenden Wasserstrahls von 0,218 m.
Da die sekl. Wassermengen im Tessin an beiden Tagen als gleich angenommen werden durften,
so musste folgende Gleichung gegolten haben:
p . 289,44 . 0,468 . Vi . V 2g. 0,458 + 2,09 = /* . 289,44 . 0,218 . V» . V 2g. 0,218 + 99,517 + 8,50
p . 854, 585 (0,458 ,;» - 0,218*) = 99,517 + 8,50 — 2,09 oder p = j^^?
woraus sieh p zu 0,565 ergab.
Man nahm an, dass an beiden Tagen der Verlust durch Undichtigkeiten am Wehrkörper selbst
der gleiche gewesen sei und konnte deshalb unterlassen, die festgestellte Zahl von 1 cbm/sek. auf
beiden 8eiten der Gleichung hinzuzufügen.
Diese beiden Messungen sind durch .Kontrollmessungen mit Hilfe des Wo ltm an sehen Flügels
nachgeprüft. Um diese Messungen vornehmen zu können, hatte man 180,0 m oberhalb des Wehres drei
Ankerbojen festgemacht und durch die Ösen dieser Bojen ein Seil gezogen, an welchem eine grosse,
schwere Barke befestigt war. Mit Hilfe einer Winde auf der Barke, Aber welche das Seil lief, konnte
man zu jeder Stelle des Wehres gelangen. Die Barke lag oberhalb der Absenkung des Wasserspiegels
am Wehre, war aber mit einer so langen Auslegerbrücke versehen, dass der beobachtende Ingenieur bis
über die Krone des Wehres kommen konnte. Ein anderer Ingenieur stellte vom Ufer ans die Ordinaten
der Wasserspiegel und ebenso die Eintauchtiefen des Wo ltm ansehen Flügels fest
a) Messung am 11. Juni 1885. Die Geschwindigkeiten wurden in neun Lotrechten ge
messen. Es wurden festgestellt:
Die Ordinate des Wasserspiegels vor der Absenkung am Wehre zu + 186,85 , woraus
sich eine Hübe des überfallenden Wasserstrahls von 0,928 m ergab.
Dagegen wurde die mittlere Wasser-
tiefe über der Krone selbst zu 0,740 m,
die Absenkung also zu 0,188 m er-
mittelt. Die mittlere Geschwindigkeit
wurde gemessen zu 1,972 m/sek. Hier-
aus ergab sich eine Wassermenge von
442,542 cbm/sek.
Es musste also bei Vernachlässigung
der Geschwindigkeit des ankommenden
Wassers die Gleichung gelten:
422,542 =*/»/♦. 289,44 . 0,928 /2g. 0,928
woraus sich /* zu 0,558 ergab.
b) Die Messung am 26. Juni 1885.
Die Geschwindigkeiten wurden in elf Lot-
rechten gemessen. Aus der gemessenen
Höhe des Wasserspiegels vor der Ab-
senkung am Wehr ergab sich eine
Hübe des überfallenden Wasserstrahls
von 0,628 m. Dagegen wurde die mitt-
Abb. 159. Schaubilder der am 26. Juni 1885 am
Tessinwehr des Villoresikanals gemessenen Ge-
schwindigkeiten.
Jhasslab* IQ
lere Wassertiefe über der Wehrkrone
zu 0,494 m, die Absenkung also zu
0,134 m festgestellt. Die mittlere Ge-
schwindigkeit betrug 1,667 m und die
Wassermeoge 239,771 ebnt sek. Hier-
aus ergab sich ein p = 0,568. Der mitt-
• <4
t»
4M
*»-"" X— MW
K»-.t» Xv*
flvtfB
JU-u
JbtAipfc
JUsssUi f*0
lere Wert von ,* aus allen vier Messungen betragt daher 0>565 + °'^8 + 0>563 = 0,560.
Aus diesen Versuchen dürften sich etwa folgende Schlussfolgerungen ziehen lassen:
1. Die Absenkung des Wasserpiegels am Wehre betrug in einem Falle 0,928 — 0,740
= 0,188, im zweiten Falle 0,628 — 0,494 = 0,134, d. h. die Absenkung hat nicht
wie nach Frese 0,15 hj sondern etwa 0,20 bis 0,21 hj betragen. Dieses Ver-
40*
628 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
hältsis ist trotz der erheblichen Verschiedenheit der Höhe des überfallen-
den Wasserstrahls angenähert dasselbe geblieben.
2. Bei dem Messüberfall haben sich die Geschwindigkeiten entsprechend der Zu-
nahme der Druckhöhe nach unten ziemlich genau den theoretischen Werten entsprechend
▼ergrössert , während sich bei dem grossen Wehre hiervon abweichende Werte er-
gaben. Am Messüberfall fand Einschnürung an den seitlichen Rändern statt, dagegen
trotz der scharfen Überfallkante wahrscheinlich nur unvollkommene Einschnürung an der
Schwelle, da die Vorderfläche des Wehres eine gute Leitkurve zeigt. In ähnlichen Fällen
würde also fi zu etwa 0,68 bis 0,70 angenommen werden dürfen, ein Wert, welcher mit
dem Tolkmittschen ad 2 S. 624 leidlich übereinstimmt.
3. Sehr zu beachten ist die Kleinheit des Wertes von p, welcher sich bei den
Messungen am grossen Wehre ergeben hat. Als einzige Erklärung dürfte die Breite
der wagerechten Wehrkrone in Betracht kommen, welche verzögernd auf die
Wasserfäden eingewirkt hat.
Bei der Messung am 11. Juni betrug die Absenkung am Wehr 0,188. Dieser
Druckhöhe (h) entspricht nach der Formel v = V2g£ eine Geschwindigkeit von 1,92 m/sek.,
welche nur rd. 5,2 cm/sek. kleiner ist als die an diesem Tage gemessene mittlere Ge-
schwindigkeit.
Die Absenkung des Wasserspiegels am 26. Juni betrug 0,134, und es entspricht
dieser Druckhöhe eine theoretische Geschwindigkeit von 1,62 m, welche ebenfalls nur
um 5,3 cm/sek. kleiner ist als die gemessene Durchschnittsgeschwindigkeit von 1,667.
Aus den festgestellten Profilen des Tessins und den gegebenen Wassermengen hat sich
für den 11. Juni eine Geschwindigkeit des ankommenden Wassers von 0,37 m/sek. und
für den 26. Juni eine solche von 0.23 m/sek. ermitteln lassen. Diese Geschwindigkeiten
v *
entsprechen erzeugenden Druckhöhen k = <c°- von 0,007 und 0,003 m. Fügt man diese
Zahlen den festgestellten Absenkungen zu, so ergeben sich die Gesamtabsenkungen zu
0,195 und 0,137, denen theoretische Geschwindigkeiten von 1,956 m/sek. und 1,640 m/sek.
entsprechen. Diese sind aber fast gleichwertig mit den durch die Messung festgestellten
mittleren Geschwindigkeiten.
Daraus folgt, dass auf Wehren mit breiter wagerechter Krone die Wasser-
geschwindigkeiten kleiner sind als auf Wehren mit abgerundeten und schmalen Kronen
und dass man im ersteren Falle keinesfalls p nach den Tolkmittschen Angaben ad a) 1
S. 624 mit 0,83 wählen dürfte, denn man würde dabei eine fast um */s zu kleine
Wehrbreite erhalten7). Also zeigen die Versuche, dass es im allgemeinen verfehlt ist,
die Wehrkrone breit und wagerecht zu machen, es sei denn, dass man kleinere Ge-
schwindigkeiten auf der Wehrkrone aus besonderen Gründen wünscht. Überhaupt
mahnen diese Versuche zur Vorsicht bei der Wahl der Zahlen für den Beiwert /<
und es dürfte sich empfehlen, einen grösseren Wert als etwa 0,75 bei Wehren mit voll-
kommenem Überfall nicht anzuwenden, wenn man sicher sein will, dass eine gewisse
Stauhöhe bei einer bestimmten Wehrbreite und Wassermenge nicht überschritten wird.
Wie im Kap. III, § 2, Werkkanäle, Abschnitt Überfalle, noch näher erläutert
werden wird, findet andererseits vollkommene Einschnürung nicht mehr statt, wenn die
Breite des Rahmens an den Wänden und der Krone des Überfalls grösser ist als 1/4 h,.
') Bubendey gibt in der von ihm bearbeiteten 2. Auflage der Tolkmittschen , Grundlagen
der Wasserbaukunst*, Berlin 1907 an fflr f* bei Webren mit wagerechter breiter Krone and scharfen
Kanten 0,54 und bei Wehren mit wagerechter breiter Krone und abgerundeten Kanten 0.50, ein
Wert, welcher nach obigen Versuchen also auch noch etwas zu hoch erscheint.
§ 1.
Stauwerke. A. Wehre.
629
Man muss deshalb, wenn man einen möglichst leistungsfähigen Überfall machen will, die
Kronenbreite grösser als V* ht, etwa = 1/t h1} aber nicht breiter anlegen. Muss das
Mauerwerk des Wehres ans Gründen der Stabilität oder aus anderen Gründen an der
Krone breiter werden als 7* hlt so empfiehlt es sich, den eigentlichen Rahmen des
Überfalls dennoch nicht breiter zu machen als V« bx und die Flachen Tor und hinter
dem Rahmen in einer Neigung Ton etwa 1:7 oder mehr abfallen zu lassen und die
Ecken gut abzurunden.
B. Die Berechnung der Durchflusspref le bei Schttzemwehren. In der Regel
werden die Schützenwehre nicht überströmt. Ist das der Fall, so lassen sich die über-
strömenden Wassermengen nach den oben gegebenen Formeln mit (i = 0,60 (vergl. ad 3
S. 624) berechnen.
Für die Berechnung der Durchflussmenge durch die Öffnung einer Schütze mögen
folgende Formeln hier angegeben werden. Wenn b die Breite der Schützenöffnung ist
und man im übrigen die Bezeichnungen der Abb. 160 beachtet, so ist die Wassermenge,
welche durch den oberen Teil der Öffnung flieset : Q^ = f/s ju b (h V2gh — h2 V2 g h2)
oder Qj = «/• (i . b . V2g (h'/t— h2 V»)
und die Wassermenge, welche durch den unteren Teil fliesst
Q1=iu.b(h1-h).y2gh
(11)
(12)
Abb. 160.
Abb. 161.
Abb. 162.
9B
41
///S"//Sf/ff//f*f/*f/ffffßfJf*JS<
Die Gesamtausflussmenge Q ist daher =/4b>/2g. [(hi — hJj/h + V«^1/» — h, V»)]. (13)
Die Formel 11 gilt auch für den Fall, dass das Wasser aus einer Schütze frei
austritt, h also 2^ wird, ein Fall, der z.B. bei Spülschützen häufig Torkommt. Für
h^ht nach Abb. 160 fallt das erste Glied in der eckigen Klammer der Formel 13
aus und es wird
Q = V3^b^2i[h1V»-hfi/.]. (13a)
In der Formel 13 a bedeutet ht die Druckhöhe an dem unteren und h, diejenige
h | h
an dem oberen Rande der Öffnung. Setzt man H= *"^" * und hx — ht = a, so ist
ht '/• — h, »/• = (h + 1) 8/2 - (h - 1) l/f und durch Reihenentwickelung
"■ *- v*-' * »i« • [» -m (h) '-sb (b)'— • • ]•
a
Solange ~ ein echter Bruch ist, kann die eckige Klammer angenähert =1 gesetzt
werden, da der Fehler, welcher durch Vernachlässigung der folgenden Glieder entsteht,
weniger als Vioo beträgt. Dann geht die Formel 13a über in Q = iuba}/2gH. H ist
in dieser Formel also die Tiefe der Mittellinie der Ausflussöffnung unter dem Ober-
630 IIL Theodor Koehv. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Wasserspiegel und die Yereinfachte Formel kann in allen Fällen angewendet werden,
wo h, >= ist, d. h. wenn der Wasserspiegel mindestens nm die halbe Höhe der Aus-
nussöffnung über dem oberen Rande derselben liegt.
Die Formel 12 nimmt für den Fall, dass der untere Wasserspiegel höher liegt,
als die Oberkante der Schutzenöffnung die Form an (Abb. 161):
Q = ^.b.aV2gh. (14)
Die Formel 13 gilt auch für Grundablässe und Einlaufschützen zu Werkkanälen
(Abb. 162). Als Werte für fi können 0,62 bei den Öffnungen nach Art der Abb. 160
und 161 gelten und ^ = 0,65 bis 0,70 bei Öffnungen nach Art der Abb. 162. Da
man bei Schützenöffnungen stets lieber etwas zu reichlich rechnet wegen der Möglich-
keit, den gewünschten Stau durch Regulierung der Schützenöffnungen zu erzielen, so
mag hier davon abgesehen werden, die entsprechenden Formeln mitzuteilen, welche noch
die Geschwindigkeit des ankommenden Wassers berücksichtigen.
Zur Berechnung der Durchflussmenge bei ganz geöffneten beweglichen Wehren
oder Grundablässen dienen die Formeln 8,' 8a, 9 und 9a mit den S. 624 ad b gegebenen
Werten für fit und //,.
Soll bei gegebener Durchflussmenge Q diejenige lichte Weite b gefunden werden,
welche vorhanden sein muss, damit eine festgesetzte Stauhöhe h nicht überschritten wird,
so kann man b für k = 0 ohne weiteres aus 9a berechnen. Soll die Geschwindigkeit
des ankommenden Wassers v0 mit berücksichtigt werden, so ist v0 =y »_p t» wenn F den
durchschnittlichen benetzten Querschnitt, B die Wasserspiegelbreite des unge-
stauten Wasserlaufs und Q* die ganze an das Wehr herankommende sekl. Wasser-
▼ * I/O \f
menge bedeuten und es istdaherk==^==^(p-j-^-r) Somit bleibt b die einzige Un-
bekannte in der Formel 8 und kann direkt berechnet werden.
Wenn b und Q gegeben sind und h gesucht wird, so kann man nach dem auf
S. 623 angegebenen zeichnerischen Probierverfahren vorgehen oder man kann folgende*
Annäherungsrechnung anstellen. Es ist die Geschwindigkeit des Wassers beim Eintritt in
die ganz geöffnete Schützen- bezw. Grundablassöffnung' \t = — . , , , , (vergl. Abb. 154),
wobei fi je nach der Rauhigkeit der Wände und Sohle = 0,80 bis 0,95 zu setzen ist, ferner
besteht zwischen xt und h folgende Beziehung:
v1» = 2g(b + k) = 2gh+v0« = 2gh+(.f^^¥),, also
h = 2glVb(^+h)/ ~ \F+Bh) ]•
Annäherungsweise kann man zur Lösung dieser Gleichung für das h in der eckigen
Klammer setzen: hl = ^— (~^~) — \-w) und somit unter Einsetzung dieses Wertes
für h in die eckige Klammer der obigen Gleichung einen Wert für h finden, welcher für
die praktischen Fälle genau genug sein wird.
C. Die Berechnung der Stauweite. Da mit Rücksicht auf die Rechte Dritter oft
die Stauhöhe aus einer gegebenen Stauweite oder umgekehrt die Stauweite aus der Stauhöhe
berechnet werden muss, so soll hier kurz der Gang der Rechnung angegeben werden8):
•) Nach G.Tolkmitt, Handbuch der Ing.-Wissensch. IIL Teil Der Wasserbau, 1892 8. 229, u.£
§ 1-
Stauwerke. A. Wehre.
631
Man hat hierbei von der Betrachtung der ungleichförmigen Bewegung des Wassers auszugehen.
Es werden bekanntlich zwei Arten von ungleichförmiger Bewegung des Wassers unterschieden, nämlich:
1. Die allgemeine Art, bei welcher die Wassermenge sowohl von Profil zu Profil als auch mit
der Zeit stetig zu oder abnehmen kann. Diese Art der. Bewegung tritt bei dem künstlichen Anfallen oder
Ablassen einer Fluss- oder Kanalstrecke durch Schliessen oder Offnen beweglicher Wehre ein. Sie kommt
auch regelmässig im Ebbe- und Flutgebiet der Ströme vor.
2. Die dauernd ungleichförmige Bewegung, bei welcher durch sämtliche Profile eine
gleich grosse Wassermenge flieset, welche auch der Zeit nach unveränderlich bleibt.
Für die vorliegenden Zwecke genügt es die dauernd ungleich-
förmige Bewegung zu betrachten.
Es sei:
F die benetzte Querschnittsfläche in qm,
p der benetzte Umfang in m,
v die mittlere Profilgeschwindigkeit in m/sek.,
a der Neigungswinkel des Wasserspiegels gegen die
Wagerechte,
y das Gewicht der Raumeinheit von 1 cbm Wasser in kg,
g die Erdbeschleunigung in m = 9,81 m,
c ein Erfahrungswert der allgemeinen Geschwindigkeits-
formel v = c.yRJ.
Wegen der Werte von c vergl. auch Kap. III, § 2, Werkkanäle.
Wenn sich alle Wasserteilchen zwischen zwei Profilen, welche sich in der Entfernung s von-
einander befinden (Abb. 163), mit der mittleren Geschwindigkeit v bewegen, so ist die beschleuni-
gende Kraft T der Erdschwere der betrachteten Scheibe zwischen den beiden Profilen, deren Masse
m = - . F . s und deren Gewicht m . g = y F . s ist, T = y . F . s . sin a
o
(V\8
/
(15)
(16)
dv
Wenn die Scheibe sich in der Zeit dt um dx fortbewegt, beträgt ihre Beschleunigung ~v- =
G^windigkeitazuw^ehs fc ^ ^4,^ d^dr ^ dx = y ^^ ^ T = w + ^^
Zeit " " * dt dx . dt
A A%r T — W
schleunigung,T=W+m.v.T^ und v.-s-=
dx dx ni
dt
r\h
= g(siu«-i.Q).
(17)
Setzt man wegen der Kleinheit des Winkels sin a = a, so wird
vdv p /v\*
(18)
Es ist aber auch a = -=- und v = «,
also o>=£ dv + (^) -^dx
, . Q»dF ^/Qx'p .
aderdy = -^-li5+(-)^i.dx.
Durch Integration erhält man:
x»
= 2i [(f) " (fö) ] + Q' J c1^
(19)
(20)
Um einen Annäherungswert für das Integral zu finden, kann man zunächst c für die ganze
betrachtete Strecke als gleichbleibend ansehen, weil die Wahl der Zahlenwerte ohnehin unsicher ist-
Teilt man ferner die ganze betrachtete Flugstrecke direkt in Abschnitte Ax derart ein, dass für jeden Ab-
schnitt die Grössen F und p sich nur wenig ändern, so können dafür Mittelwerte eingeführt werden,
die der Einfachheit halber doch wieder mit F und p bezeichnet werden mögen.
632
III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Eikkblhbitem.
Dadurch wird die Qlejehang 20 u
4r = y — 7*
r»_
2g
*+(*)V£
-SKiJ-äDV®'^!^
(21)
Diese Formel gilt ohne weiteres allerdings nur, wenn die Profilgrössen F sich von dem oberen
bis zum uoteren Ende der betrachteten Strecke nur in gleichem Sinne Indern , d. h., entweder immer
grösser oder immer kleiner werden. In der Formel 21 drückt das zweite Glied auf der rechten Seite
die regelmässigen Bewegungswiderstande aus, das erste Qlied enthält dagegen den Unterschied der die
Geschwindigkeiten erzeugenden Druckhöhen im Anfang und Endprofil einer betrachteten Teilstrecke.
In offenen Wasserlaufen wird bei Geschwindigkeitaverminderungen der Überschuss der Geschwindigkeit
nicht wie bei geschlossenen Leitungen zur Beförderung des Abflusses verwertet, sondern durch Wirbel
und dergl. zum grössten Teile aufgezehrt. Daraus rechtfertigt sich die Regel, dass man bei ungleich-
förmig verzögerter Bewegung des Wassers, sowie überhaupt bei jeder Geschwindigkeitsverminderung
in offenen Gerinnen die lebendige Kraft des ankommenden Wassers unberücksichtigt zu lassen hat.
Deshalb hat man auf der rechten Seite der Gleichung 21 nur die Summe aller Geschwindigkeita-
erhöhungen für den Obergang aus der kleineren in die grössere Geschwindigkeit zu setzen, während eile
Geschwindigkeitsverminderungen unberücksichtigt zu lassen sind.
Die für' die Anwendung besser geignete Gleichung lautet daher :
^y=y-yo=27
,V
i^+ftr^-^Kir-üj+Gy
(22)
2g ' \c/-~ F* "~2gÄl\Ft/ \F,/J ' \c/ ' ~ FJ
wobei unter dem ersten Summenzeichen nur die positiven Werte zu vereinigen sind »). Da aber bei eh
Stau, wenn das Stromprofil nicht sehr unregelmässig gestaltet ist, die Geschwindigkeit stromabwärts
immer geringer wird, so fällt hierbei das erste Glied der Gleichung aus und die Bewegungsgteiehug
geht für eine kurze Strecke Über in die Gleichung für gleichförmige Bewegung:
worin p und F Mittelwerte der ersten 8trecke bedeuten und woraus stückweise die Stauhöhe der einzelnen
Teilstrecken berechnet werden kann, wenn alle Grössen der rechten Seite bekannt sind.
9) G. Tolkmitt gibt im Handbuch d. Ing.-Wissensck. „ Der Wasserbau-, HI. Teil, 1. Abt 1892,
S. 231 folgendes Beispiel zur Erläuterung. Er empfiehlt zunächst die Gleichung 22, um das Nieder-
schreiben sehr kleiner Brüche zu vermeiden, in folgender Form zu verwenden:
Beispiel: Eine Flusstrecke von 200,0 m Länge sei in vier Teilstrecken von Jx =60, 40, 40 und
60 m Länge zerlegt, welche der Reihe nach ein Durchschnittsprofil F = 74, 62, 45 und 68 qm und einen
benetzten Umfang p — 90, 73, 50 und 75 m haben. Der Fall des Wasserspiegels vom oberen bis zum
unteren Ende der Strecke sei =0,140 m. Wie gross ist die Wassermenge Q?
F
Auflösung: Da der sogen. Profilhalbmesser R= zwischen 0,80 und 0,90 m liegt, so kann
c = 41 als Mittelwert angenommen werden (vergl. S. 634) ; die verschiedenen Geschwindigkeitsformeln
geben c etwa zwischen 88 und 44. Die einzelnen Ausrechnungen sind nachstehend zusammengestellt.
Teil-
strecke
4.
F
P
p. Ax
F»
(7)'
Nr.
m
qm
m
1
60
74
90
0,0133
1,82
2
40
62
73
0,0122
2,60
3
40
45
50
0,0219
4.94
4
60
1
68
75
0,0148
2,16
« p . Ax _
4t ya —
0,0617
Die Profilgrösse nimmt von 1 bis Teilstrecke 8 ab. Es ist also:
2 [Q*- (™)*] = 2,60 - 1.82 + 4,94 - 2,60,
§ 1. Stauwerke. A. Wehre. 633
Handelt es sich darum, aus einer gegebenen Stauhöhe die Stanweite zu
ermitteln, so zerlagt man, vom Wehre anfangend, die Strecke in Abschnitte Ax (30
bia 100 m lang) und sucht für jeden Abschnitt das zugehörige Aj nach Formel 28. Für die erste
Strecke zwischen 0 und 1 (Abb. 164) nimmt man, um zunächst Mittelwerte
Ton p und F zu finden, den Wasserspiegel wagerecht an. Q und die Stau- Ab»* 164.
hohe h am Wehre sollen als gegeben angesehen werden. Man wird also aus
dem gleichfalls bekannten Längsprofil der Flussohle und den Querprofilen
des Flusses Werte für p und F bei 0 und 1 berechnen können' und daraus Mittel-
werte gewinnen, welche in Formel 28 einzusetzen sind. Dann werden unter
Berücksichtigung der gefundenen Neigung des Wasserspiegels Ay neue Mittel-
werte von F und p berechnet und die Rechnung für die erste Strecke ein- oder mehrmal wiederholt.
Für die Berechnung der weiteren Strecken kann man zunächst die Neigung des Wasserapiegels gleich
derjenigen der vorangehenden annehmen und im übrigen wie oben beschrieben verfahren. Auf diese
Fortsetzung der Fussnote 9).
wofür man auch direkt 4,94 — 1,82=3,12 hätte schreiben können. Nach Gleichung 22a ist daher:
(f),-w«-a+©,.««'-w-+w".
woraus man erhält:
^Vo^fW^5^
Bei solchen Aufgaben ist es wegen der Unsicherheit der einzusetzenden Erfahrungsgrösse c stets
nützlich die Rechnung probeweise noch für die wahrscheinlichen oberen und unteren
Grenzwerte derselben durchzuführen.
Setzt man demgemäaa in dem obigen Beispiele c zuerst = 88, dann = 44, so erhält man für
das letzte Glied der Gleichung 22a die Werte:
( w) * ' 0,<)617 ^ °'426 be2W' (l?)2 ' °'0617 = °'818'
alsdann Q = 49,0 bezw. = 54,1 cbm.
Erheblich grösser aber ist der Unterschied bei Anwendung der Gleichung 21, d. i. unter An-
v 1 y t
rechnung der sämtlichen, auch der negativen Glieder von der Form -*-= — — . In diesem Falle ist näm-
lieh in dem obigen Beispiele:
' -*-(&)■[(©'- (3)1 -(Ä)'"»-.»
und man erhält für c = 41 die Gleichung:
CD'-«— ateiB+ ©'..,«".
welche Q = 100 V Q'*40. Qßn ~ 60,4 cbm liefert, also 8,9 cbm oder über »/• mehr, als nach Gleichung
F Ü,U1 i -+■ U,oo7
22 gefunden wurde.
Dans der Einfluss der Geschwindigkeitsänderungen in dem vorstehend untersuchten Falle so
bedeutend ist, liegt daran, dass sich diese Änderungen innerhalb einer ziemlich kurzen Strecke vollzogen
haben. Bei wachsender Länge der einzelnen Teilstrecken würde der Einfluss des ersten Gliedes auf der
rechten Seite der Gleichung 22a. dessen Grösse unverändert bleibt, während daa zweite Glied mit der
Länge der Strecke zunimmt, immer geringer werden. Wenn z. B. die Längen der Teilstrecken sämtlich
fünfmal grösser werden und der Fall des Wasserspiegels ebenfalls fünfmal grösser wird, während alles
übrige unverändert bleibt, so lautet die Gleichung für Q:
(™)\ 0,70 = *»$» + («ff . 0.0617 . 5 = 0,159 + 1,835,
und man erhält daraus:
während man bei Fortlaasuog der die Geschwindigkeitsänderungen berücksichtigenden Grösse 0,159 die
Wassermenge _
Q = 100 ]/y^ = 61,8 cbm erhält.
684
III. Theodor Koehx. Ausbau vom Wasserkräften. Einzelheiten.
Weise wird also die Veränderung im Wasserepiegelgefälle stückweise ermittelt and man findet das Ende
der Staukurve dort, wo die Waasertiefe im Flussprofile ungefähr gleich derjenigen des angestauten
Flosses gefanden wird.
Das Ende der Staukurve kann für die Praxis als genau genug festgestellt angesehen werden,
wenn die gefundene Wassertiefe nicht mehr als um 0,02—0,05 m von der bekannten Waasertiefe des
Flosses in angestautem Zustande abweicht Bemerkt wurde schon, dass man in Fallen, wo die Stau-
höhe h gross ist, nicht durchweg den gleichen Wert fttr c beibehalten kann, weil derselbe von dem Ver-
F
hältnis — und von der Geschwindigkeit v abhängt und beide Grössen sich innerhalb der Staukurve
erheblich andern. Man muss daher ffir die verschiedenen Abschnitte von A* verschiedene Werte von c
einsetzen, wofür folgende Zahlenwerte Anhaltspunkte geben mögen, die aber nur für rauhe und unbe-
festigte Fussprofile gelten.
c nach Bazin
c nach Hagen
0,2
22,2
83,4
0,8 0,4 0,6 0,8 ! 1,0 , 1,2
i : ! i
26,3 29,4 ! MX 87,4 , 39,9 , 41,9
85,8 37,5 | 40,1 42,1 I 43,7 \ 45,0
1,4 | 1,6 ! 1,8 I 2,0
43,5 44,8 46,0 i 47,0
46,2 47,3 I 48,2 49,1
1
i 3,0
4,0
50,2
52,5
52,2
55,0
5,0
53,5
57,2
Abb. 165.
*üi
Nicht selten ist die Stauweite vorgeschrieben, und es wird die Aufgabe
gestellt, aus derselben die zulässige Stauhöhe am Wehre zu berechnen. Diese Auf-
gabe ist am besten durch Probieren zu lösen, indem man zunächst nach Schätzung (vergl. 8. 637) einen
Wert für die Stauhöhe annimmt.
K. Pestalozzi gibt im Handbuch der In g.- Wissen seh. Bd. III. Der Wasserbau. 1879. S. 350
dafür folgende Methode an (Abb. 165). Die für eine zuerst schätzungsweise angenommene Stauhöhe
berechnete Stauweite wird entweder grösser oder kleiner als die gegebene ausfallen. Ist sie zu
gross, so wurde also auch die Stauhöhe zu gross angenommen. Man wird des-
halb eine zweite Annahme für die Stauhöhe machen, welche womöglich eine zu
kleine Stauweite ergibt und dann noch durch eine dritte Annahme einen Mittel-
wert suchen.
Die gegebene Stauweite sei w.
Die angenommenen Stauhöhen h' h", h'".
Die dazu gehörigen Stauweiten w', w", w"'.
Man trägt auf einer Linie OB vom Punkte O aus die Stauhöhen h\ h", h'"
als Abszissen auf und dazu als Ordinaten die Differenzen zwischen der gegebenen
Stauweite und den gefundenen mischen in einem beliebigen, für die Zeichnung bequemen Masstabe auf
and zwar so, daas die Ordinaten aufwärts gehen, wenn die gefundenen Werte zu gross und abwärts, wenn
sie zu klein waren. Die so gefundenen Punkte C, D, E etc. werden dann mit einer Kurve verbunden,
welche die Linie O B in A schneidet. Die Entfernung O A gibt dann angenähert den richtigen Wert für die
gesuchte Stauhöhe. Auf Grundlage der so gefundenen Stauhöhe kann man dann die Stauweite noch
einmal berechnen. In den meisten Fällen wird die Rechnung zeigen, daas obiges Verfahren genügende
Genauigkeit gab. Wenn das nicht der Fall wäre, so könnte durch Ermittlung weiterer Werte von w
und Anwendung eires grösseren Masstabes der Zeichnung die gewünschte Genauigkeit erzielt werden.
In regelmässigen Flusstrecken sind die zwischen der Profilgrösse F und
dem benetzten Umfange p, der Wassermenge Q und dem Gefälle des gestauten and
angestauten Wasserspiegels a bezw. ß stattfindenden Beziehungen derartig, dass
sich dafür mathematische Ausdrücke aufstellen lassen, welche eine allgemeine
Behandlung der Staukurve an Stelle einer Stückpreisen Behandlung ermöglichen.
Zu diesem Zwecke hat man daa Darchachnittaprofil der Flugstrecke durch eine demselben angepaaste
regelmässige Figur zu ersetzen. Es eignet sich dazu am besten die Parabel (Abb. 166, 167 and
168). Für die Berechnung der Profilparabel bei Ermittlung der Staukurve genagt es, die Fläche F
and die Wasserspiegelbreite B des Darchschnittaprofils bei demjenigen Wasserstande, für welchen die
Staukurve berechnet werden soll, zu kennen. Dann ist die Füllhöhe des Profile ohne Stau
• = ■/■
F
B
B*
and P = -w^t wenn P den Parameter der Profilparabel bedeutet.
Will man genauer vorgehen, so kann man die Profilparabel für noch einen zwoiten Wasserstand
ermitteln and danach den Wert für P korrigieren. Es ist für den um Jt höheren Wasserstand mit
§ 1.
Stauwerke. A. Wehre.
635
dem benetzten Querschnitt Fx und der Breite Bt im Wuserspiegel des Durchschnittsprofils
a + (a+Jt) = 32f
F , F,
b "^ b;
und der Parameter P
-*ß
+
3 1
6Ft
Es sei ferner t = a -f- * die Fallhöhe der Profilparabel beim Stau = der Tiefe des Scheitels
der Profilparabel unter dem gestauten Wasserspiegel an einer beliebigen Stelle und
ß das Wasserepiegelgefälle der ungestauten Füllhöhe,
ä das Wasserspiegelgefälle der gestauten Fallhöhe,
h die Stauhöhe am Wehre,
/(h,z) der Abstand eines Profils vom Wehre, in welchem die Stauhöhe z herrscht und
yih,*) der Höhenunterschied zwischen dem gestauten Wasserspiegel in dem Profil /(h,z) und
demjenigen am Wehre.
Es ist dann B = 2.y"P7t und F = 4/fct.yP.t.
Abb. 166.
10km)
Abb. 167.
Abb. 168.
är-fAjr
)t+M
Ferner kann man meistens für die hier in Frage kommenden Berechnungen angenähert den
benetzten Umfang p = B setzen.
Die Gleichung (28) *4y = (— J P' lässt sich dann schreiben
(24)
._4y_27 /Q\* _1_
a~~"Jx~32 " \c) *P.t«
und wenn man dieselbe Gleichung auf die ungestaute Flusstrecke anwendet, so wird:
/, = 27/Q\t .J_ (25)
Dies in die Gleichung für <> (24) eingesetzt, gibt, wenn man för e in beiden Fallen den näm-
lichen Mittelwert annimmt:
Es ist aber auch nach Abb. 167
ix
ß-
a'
4r_. ^t
(26)
(27)
Aus der Gleichsetzung beider Ausdrücke für ~ lassen sich zwei Differentialgleichungen ableiten:
dy = dt.
t4 — a<
und
/».dx = dt.-^-4 = dt(l + t-r^)
(28)
(29)
Durch Integration erhalt man:
y=C— a
und ß . x = C + a
Xi±S+i-*Ö]- «
H«»:-t:-j-i.ö]- «
Die Klammer auf der rechten Seite der Gleichung (30) wird = 00 für t = a und sie wird
= ? für t = oo. Setzt man also die Konstante C = a.?, so erhält die rechte Seite 0 zum Grenzwert
4 4
für t = 00 , wodurch die Obersicht erleichtert wird. Es sei nun zur Vereinfachung gesetzt :
föfci'»f£:+j~*i-f> (82)
886
HL Theodor Koshk. Ausbau ton Wasserkräften. Einzelheiten.
and dm t = a+x, ist
und P (£) für £ — f (f-\f dann ist
^»=-['(-t-')-'C-t-)]-
*— sl1 (4-)-'^)] -;»-+imi
(33)
(«♦)
(SS)
(861
(37)
Zur
der Anwendung dient die nachstellende Zahlentafel, au welcher die Zahlen-
werte ven f ( ) *nd F ( ) entnommen oder durch Einschaltung gefunden werden können
Tabelle
i I. Zur 1
Berechnung der Steilkurven.
t
A
<d)
'(:)
t
a
<&
'(-!)
i 1
i a
'(i)
>ü)
1,0
00
— 00
1,22
0,285
0,985
1,49
0,111
1,379
1,005
1,107
-0,102
1,28
0,227
1,008
1,50
0,108
1,892
1,01
0,986
0,074
1,24
0,219
1,021
1,55
0,097
1,453
1,015
0,886
0,179
1*
0,212
1,088
1,60
0,087
1,513
1,02
0,766
0,254
1,26
0,205
1,055
1,65
0,079
1.571
1,025
0,712
0,818 1
1,27
0,199
1,071
1,70
0,072
1,628
1,08
0,668
0,862 |
1,28
0,198
1,067
1,75
0,065
1,685
1,085
0,682
0,408 ;
1,29
0,187
1,108
1,80
0,060
1,740
1,04
0,600
0,440
1,80
0,181
1,119
1,85
0,055
1,795
1.045
0,572
0,478 |
1,81
0,176
1,184
1,90
0.050
1350
1,05
0,548
0,502
1,82
0,171
1,149
1,95
0,046
1,904
1,06
0,506
0,554
1,88
0,166
1,164
2,00
0,043
1,957
1,07
0,471
0,599
1,84
0,162
1,178
2,1
0,087
2,063
1,06
0,441
0,689
1,85
0,157
1,198
2,2
0,082
2,168
1,09
0,415
0,675
1,86
0,158
1,207
. 2,8
0,028
2,272
1,10
0,892
0,706
1,87
0,149
1,221
2,4
0,024
2J76
Wl
0,872
0,788
1,88
0,145
1,285
2*
0,022
2,478
1,12
0,854
0,766
1,89
0.141
1,249
2,6
0,019
2£81
1,18
0,887
0,798
1,40
0,188
1,262
2,7
0,017
2,683
1,14
0,822
0,818
1,41
0,184
1,276
2,8
0,015
2,785
1,15
0,806
0,842
1,42
0,181
1,289
2,9
0,014
2e8o6
1,16
0,295
0,865
1,48
0,128
1.802
3,0
0,012
2,988
1,17
0,288
0,887
1,44
0,125
1,815
8,5
0,0078
8,492
1,18
0,272
0,906
1,45
0,122
1,828
4.0
0,0058
3,995
1,19
0,262
0,928 |
1,46
0,119
1,841
4,5
0,0037
4.496
1,20
0,252
0,948 !
1,47
0,116
1,854 i
5,0
0,0027
4,997
1,21
0,248
0,967 |
1,48
1
0.118
1,367 ;
i
QO
0
OD
Da f M =« und F (^j = — oo ist, so folgt, data die theoretisch* Grenze der S tan weite in
z a4-a
unendlich grossem Abstände vom Wehre liegt; aber schon für - = 0,01 wird j(k,%) < * und /(k,s) < -T *
a p
Die Stan wirkling ist daher bereits an derjenigen Stelle der Flnaatreeke, wo der nagest ante
Wasserspiegel um a + h höher liegt als an der Wehrstelle oder um a> «her dem gestauten Oberwasser
am Wehr so unbedeutend dass sie praktisch nicht mehr in Betracht kommen kann, weil die Stauhöhe
§ 1. Stauwerke. A. Wehre. 637
daselbst < ^ ist Hieraus ergibt sich eine einfache Konstraktion fflr die praktische Grenxe der
Stauweite, das ist für diejenige Stelle, an welcher die praktische Bedeutung der Stauwirkung aufhört.
Dieselbe liegt nämlich im Längenprofil des Flusses da, wo eine durch den gestauten Oberwasserspiegel
am Wehr gelegte Wagerechte die 8ohle des in die Profilparahel umgewandelten Ftussprofils trifft.
Wenn das Gefälle ß sich innerhalb der Stauweite etwas Ändert, so behalt dabei doch die Formel 86 für
y(h,x) ihre Gültigkeit, weil sie von ß unabhängig ist. Bei grosserer Verschiedenheit ändert sich jedoch
auch die Fallhöhe a, und man hat den*Fluss in Strecken einzuteilen und alsdann die Formeln för jede
Teilstrecke besonders, unter jedesmaliger Einsetzung der richtigen Werte fflr ß und a, ananwcndon,
wobei die Staukunre von dem Stauwerk an aufwärts streckenweise zu berechnen ist
Beispiel : Gegeben sei eine regelmässige Flugstrecke mit einem Wasserspiegelgefalle bei N.W.
und M.W. von 1 : 1000. Der benetzte Querschnitt F bei N.W. sei 80 qm, die Wasserspiegelbreite B
20,0 m; der benetzte Querschnitt Ft bei M.W sei 50 qm, die Wasserspiegelbreite B1 = 25,0 m. Das
Mittelwasser liege im ungestauten Zustande um 1,0 m höher als N.W.
Aufgabe 1. Es soll das N.W. am Wehre 2,0 m gestaut werden, wie gross ist die Stauweite,
worunter in diesem Falle die Entfernung derjenigen Stelle vom Wehr verstanden sein soll, wo z nur
noch 0,05 m beträgt?
8 /F F \
Auflösung: Es ist a-f (a + ^t ) = ^ (= + =■' 1.
Ja-t-l,u — 2- [2Ö"hg5
a — 2,125, wofür 2,18 m gesetzt werden sollen.
Es ist nun l{h,z) nach Formel 87 zu suchen:
a + h^2,18 + 2_
"a- "" 2,18 ~1'*4'
»+* 2,18 + 0,05 _ , mq
~T~ = 2,13 ~ im'
Demnach ergibt sich nach Formel 87:
1(M) = 8468,4.
Zur Kontrolle empfiehlt es sich dieselbe Aufgabe nach Formel 86 zu rechnen.
b » y<M> - 2.13 [f (^n^) - f F$ffl] = 2,13 [0.732 - 0.045] = 1.463.
Da der gestaute Wasserspiegel am Wehr 2,0 m höher liegt als der ungestaute, so ist h + j(h,z)
= 3,468 und die Stelle, wo z = 0,05 wird, muss demnach bei ß = -r^g^ um 8463,0 m vom Wehre ent-
fernt liegen, was sehr gut mit dem Resultat der ersten Rechnung übereinstimmt.
Aufgabe 2. Wie hoch darf man das M.W. stauen, wenn die Stauweite dieselbe sein soll wie
bei N.W.?
Es ist a bei M. W. =1 |i = 3.
Für diesen Wert ergibt sich aus der Tabelle - = 1,477, also t = 4,431 und da t = a + h, so ist
a
die gesuchte Stauhöhe h = 1,481.
Kontrollrechnung nach Gleichung 36:
Nach Formel 37 ist 3463,4 -
r,/3,0+0,05\ ^3,0 + 1,431x1
Es muss sein y(h,*) = 3
Mit Hilfe der Tabelle findet man:
y(M) = 3 [0,808 - 0,114] = 2.082.
h + y(b,t) = 2,082 + 1,431 = 3,518.
Die Stelle des ungestauten Wasserspiegels, wo die Staukurve nur noch um z = 0,05 höher ist
als der entere, liegt also um 3,513 — 0,050 höher als der ungestaute Wasserspiegel am Wehr und sie
muss deshalb bei ß = lnftftum 3463,0 m vom Wehre entfernt sein.
638 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
6. Die festen Wehre. A. Die festen Wehre ans Stein oder Beton.
Für die Wahl des Querprofils eines festen Wehres sind folgende Rücksichten
massgebend:
a) Der Wehrkörper mnss dem hydraulischen Drucke und Stoss mit Sicherheit
widerstehen können.
b) Es muss das Wehr und seine Widerlager vor Unterspülungen geschützt sein.
c) Da die Zahlenwerte von fi sehr verschieden sind, . je nach der Form der Vor-
derflfiche, der Krone und des Webrrückens, so muss auch der Querschnitt
des Wehres den bei Wahl des Wertes von p gemachten Voraussetzungen
entsprechen.
d) Es muss das Sturzbett so fest und so lang sein, dass Auskolkungen im Fluss-
bette nicht vorkommen können.
Was den Punkt a betrifft, so sind weiter unten in Abschnitt 11 zur Berechnimg
der nötigen Mauerstarken die Anhaltspunkte mitgeteilt.
Wegen des Punktes b sind bereits Seite 619 und 620 die Hinweise gegeben.
Zu Punkt c sei daran erinnert (S. 622 u. ff.), dass die Leistungsfähigkeit eines
Überfallwehres steigt, allerdings nur um einige Prozent, wenn die stromaufwärts ge-
legene Fläche nicht eine Lotrechte bildet, sondern wenn dieselbe bis zu einer Tiefe von
dem Dreifachen der Höhe des überfallenden Wasserstrahls unter Wehrkrone geneigt
angelegt ist, ferner, wenn die Seitenwände in das Überfallprofil allmählich überfuhrt
werden, schliesslich, wenn die Eronenbreite jedenfalls nicht weniger als 1/4, am
besten etwa 1lt der Höhe — aber nicht mehr — , des überfallenden Wasserstrahls ausmacht.
Demnach würde, wenn man die Leistungsfähigkeit des Überfalls in den Vordergrund
stellen wollte, das stromaufwärts gerichtete Profil des Wehrkörpers so auszubilden sein,
dass die Vorderfläche erst von da ab lotrecht angelegt würde, wo eine im Abstände von
3 X ht unter der Wehrkrone gedachte wagerechte Ebene sie schneidet. Unter i^ ist
natürlich die Höhe des überfallenden Wasserstrahls bei Qaax zu verstehen. Das Profil
des Lechwehres der Anlage Gersthof en (vergl. Taf. LI, Fig. 3), ebenso das Profil
des alten Wehres der Anlage Bergamasca (Seite 362), auch das grosse Wehr im Tessin
(Abb. 157, S. 625) bieten Beispiele für eine abgeschrägte Vorderfläche. Bei dem letztge-
nannten Wehre wurde aber gezeigt, dass die wagerechte Eronenbreite von 1,0 m
auf die Überfallgeschwindigkeit verzögernd einwirkt. Auch Wehre mit kreisrunder Vor-
derfläche und Krone, wie Taf. X, Fig. 2 und Taf. LI, Fig. 5 können zu den Wehren mit
abgeschrägter Vorderfläche gerechnet werden.
Wenn, wie es gewöhnlich der Fall ist, neben dem festen Überfallwehre ein Grund-
ablass liegt, so werden die Ablagerungen nur dann an der ganzen Länge des Wehres
bei gezogenen Grundablasschützen nach dem Grundablass hin gespült, wenn das feste
Wehr spitz (45—30°) gegen die Flussachse gerichtet ist. Bei festen Wehren, welche
rechtwinkelig zur Flussachse hegen, entsteht bei geöffnetem Grundablass längs des Wehres
nur ein schwacher Strom und es äussert sich die Spülwirkung des Grundablasses vor
dem festen Wehre nur auf einen verhältnismässig kleinen Umkreis. Der Halbmesser dieses
Viertelkreises lässt sich etwa so bemessen, dass man von der Sohle des Grundablasses
aus und zwar von dem Punkte, wo die nach der Flussmitte zu gelegene Begrenzungs-
wand des Grundablasses die Vorderkante des Wehres schneidet, je nach der Beschaffen-
heit der Ablagerungen gegen die wagerechte Ebene etwa 1 : 15 bis 1 : 25 geneigte
Linien zieht. Wo diese Linien die Oberfläche der Ablagerungen treffen, wird un-
gefähr die Grenze für die Spülwirkung des Grundablasses liegen. Ist nun die Länge
§ 1. Stauwerke. A. Wehre. 639
des festen Wehres so gross, dass die Spülwirkung des Grondablasses nicht bis an
das gegenüberliegende Ufer reicht, so kann es unter Umständen zweckmässig sein,
von der Stelle ab, wo die Spülwirknng des Grandablasses aufhört, durch eine flach ge-
neigte Vorderfläche des Wehrkörpers es dem Strom bei Hochwasser zu erleichtern, Sand
und Kies über das Wehr zu werfen. Indessen meistens kommt es bei Wasserkraft-
anlagen nur darauf an, in der Nähe des Ein 1 aufs, d. h. an der Seite, wo der Grund-
ablass liegt, die nötige Wassertiefe zu haben, and ferner ist zu beachten, dass auch die
Ablagerungen selbst allmählich eine nach der Wehrkrone zu ansteigende Fläche bilden,
auf welcher die nachfolgenden Geschiebe durch das Wasser zur Wehrkrone emporgetrieben
nnd über das Wehr hinübergeworfen werden. Da der Einfluss der Abschrägung des
stromaufwärts gerichteten Wehrprofils auf die Steigerang der sekl. überfallenden Wasser-
menge eines Überfallwehres nach J. B. Francis und Cipolletti nur einige Prozent
ausmacht, hat man häufig die Vorderfläche des Wehres nur nach den Rücksichten der
geringsten Baukosten angelegt und sie lotrecht gemacht. Als Beispiele seien das Wehr
der Anlage Kubelwerk (Taf. XX, Fig. 6) und das Wehr der Anlage Livet (Taf. XLI,
Fig. 5) angeführt. Beiläufig bemerkt, wäre es beim Wehre des Eubelwerkes zweckmässig
gewesen, die obere Vorderkante des Wehrprofils abzurunden, die Kronenbreite nur etwa
= ih von hj zu machen und dahinter die Krone mit etwa 1 : 7 abfallen zu lassen.
Was die Gestaltung des Abfallbodens betrifft, so verdient nach
Ansicht des Verfassers der steile Absturz desWassers hinter demWehr
und ein wagerechter, beziehungsweise stromabwärts etwas ansteigen-
der, rauher Abfallboden den Vorzug vor einem glatten und stromab-
wärts geneigten, wie man ihn an ausgeführten Anlagen noch häufig findet.
Der nach abwärts geneigte Abfallboden wird jedenfalls erheblich länger werden
müssen, als der wagerechte oder sanft ansteigende mit steilem Absturz am Wehr, denn
durch den letzteren wird die Geschwindigkeit des überströmenden Wassers zum grossen
Teil vernichtet. Es ist zwar der Angriff des Wassers an der Stelle, wo das abstürzende
Wasser auf den Abfallboden fallt, besonders gross, aber es hat keine Schwierigkeit, dem
Abfallboden an dieser Stelle die nötige Festigkeit zu geben. Es werden deshalb im all-
gemeinen die Baukosten für die zweite Lösung kleiner werden.
Auf 3 Beispiele sei an dieser Stelle hingewiesen, an denen sich die Nachteile des
abwärts geneigten Abfallbodens deutlich gezeigt haben. 1. Bei dem Lechwehr des
Elektrizitätswerkes Gersthofen (Taf. LI, Fig. 3) hat man zwar einen Absturz
von 2,45 m hinter der Wehrkrone angelegt, den Abfallboden aber von da ab mit Ein-
legung kleiner Stufen geneigt und durch Belag mit Bohlen glatt gemacht. Ursprünglich
war der mit Beton und Bohlenbelag befestigte Abfallboden 28,65 m lang und dann
folgte noch eine Steinpackung. Die höchste Wasserspiegeldifferenz am Wehr beträgt bei
H.W. im Beharrungszustande nur 459,40 — 458,31 = 1,09 m. Bei schnell eintretenden
höheren Wasserständen wird dieselbe aber wohl auf 4,5 m anwachsen können, da bei
normalen Wasserständen am Krafthause eine Wasserspiegeldifferenz von 10,0 m herrscht
und der Fluss unterhalb des Wehres bis zur Ausmündung der Werkkanals u. U. nur
wenig Wasser führt. Der befestigte Abfallboden betrug also schon, wenn man von der
Steinpackung ganz absieht, mehr als das 6,0 fache der höchsten Wasserspiegeldifferenz.
Trotzdem wurde schon bei einem der ersten Hochwasser nach Inbe-
triebsetzung des Wehres die Flussohle hinter dem festen Abfallboden
ca. 3,0 bis 3,5 m tief ausgekolkt. Man hat dann später diesen Kolk mit Pfahl-
reihen, grossen Betonklötzen und Kies ausgefüllt und auf diese Ausfüllung eine
Betondecke und einen Bohlenbelag gelegt. Auf diese Weise wurde der befestigte glatte
640 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Abfallboden um 7,40 m Terlängert und dahinter wurden noch grosse, Ton einer weiteren
Pfahlreihe gehaltene Steinfaschinen und eine Steinschüttung angeordnet. Dennoch hat
das nächste Hochwasser abermals Kolke hinter dem Abfallboden hervorgerufen. Diese
Auskolkungen erklären sich daraus, dass die Geschwindigkeit des Wassers bei einer
Neigung des glatten Abfallbodens von ca. 1 : 26 bis 1 : 30, je nach der Wassertiefe am
unteren Ende, auf über 10 m/sek. gestiegen sein kann. Die Breite des Abfallbodens ein-
schliesslich derjenigen des Grundablasses beträgt etwa 68,60 m. Wenn man die sekl.
Hochwassermenge , welche über das feste Wehr und durch den Grundablass geflossen
sein mag, schätzungsweise auf 650 cbm/sek. annimmt, so wäre zur Ermittlung der Ge-
schwindigkeit zunächst die Wassertiefe festzustellen, mit welcher diese Wassermenge
auf dem glatten Abfallboden zum Abfluss gekommen sein kann.
Es ist Q = F.T=bt.o'l/K^~.7
bWJ
y ~~b + 2t
b ist = 68,6 m, Q = 650 cbm/sek., J = rd. 0,083 m, e wird wegen der Glätte des Bodens tu 77
anzunehmen sein.
t liest sieh am einfachsten auf graphischem Wege finden, indem man zunächst der
die Form gibt . . , . = r— r7r- und alsdann die linke Seite als Funktion von t anifasst
° b*c*J b -|- 2t
Für t = 0 wird f (t) = 0; es wird weiter %. B. für t = 0,5 m, f (t) = 0,0018, für t = 1,0 m
f (t) = 0,0156 usw.
Trigt man dann die Werte von t, nachdem man eine genügende Zahl ermittelt hat, als Abszissen
und die Werte von f (t) als Ordinaten auf, so ergibt sich eine Kurve, ans welcher für den wirklichen
Wert der linken Seite f (t) = 0,0068 genau genug t = 0,78 m abgegriffen werden kann.
Auf rein rechnerischem Wege kann man zur Vereinfachung der Rechnung für t im Nenner
zunächst den Wert 1 annehmen. Es ist dann t= y *i 7} » woraus sich t = rd. 0,788 ergibt
Setzt man diesen Wert anstatt 1 in den Zähler der Kubikwurzel ein, so ergibt sich
V/V(b
+ W6> = 0,777.
b»c»J
Eine genauere Rechnung würde mit Rücksicht auf die Unsicherheit bei Wahl des Zahlenwertes
für c zwecklos sein.
650
Es ergibt sich demnach v = ^^ „~ = 12,15 m/sek.
Eine so grosse Geschwindigkeit kann allerdings nur bei sehr schnellem Ansteigen des
Hochwassers vorhanden gewesen sein, weil sich, sobald der Wasserspiegel im Unter-
wasser gestiegen ist, die Geschwindigkeit verringert hat. Aber es würde auch eine Ge-
schwindigkeit Ton etwa einem Drittel der oben rechnerisch ermittelten genügen, nm die
Flussohle auszukolken. Bei wagerechtem oder nach abwärts ansteigendem Abfallboden
würde sich alsbald nach Beginn des Hochwassers am Wehre die wünschenswerte Wasser-
tiefe herausbilden und das Wasser ruhiger abfliessen.
Der Vorgang bei Bildung des Kolkes ist vermutlich der gewesen, dass zunächst
die Steinpackung der Flussohle hinter dem festen Abfallboden fortgerissen ist, wodurch
das Gefälle an der Stelle noch verstärkt wurde. Infolgedessen hat sich die Auskolkung
der Flussohle schnell vergrössert, bis schliesslich die Wassertiefe am Kolk so gross ge-
worden ist, dass die Sohle desselben durch die Wasserwirbel nicht mehr ange-
griffen wurde.
2. Bei der Anlage Hag neck (Taf. XXXII, Fig. 3 und 4 und S. 474) hatte man
einen mit 1:10 geneigten, glatten Abfallboden angeordnet. Das Wasser hat bald
nach der Inbetriebsetzung den ganzen Pfahlrost hinter dem glatten
§ 1. Stauwerke. A. Wehre. 641
Abfallboden mitsamt den Faschinen und der Pflasterung fortgerissen.
Hierbei ist vermutlich zunächst die Sohle hinter der Faschinenlage so weit ausgespült
worden, bis die Pfahlreihe ihren Halt verlor und dann sind die anderen Pfahlreihen nach-
einander gefolgt. Bei Hagneck besteht die Flussohle aus weicher Molasse, welche aber
immerhin den Angriffen des Wassers einen erheblichen Widerstand entgegenzusetzen
vermochte. Die Pfahlstellungen haben in diesem Falle insofern direkt
schädlich gewirkt, als die Molasse durch das Einrammen der Pfähle
gespalten und zerbröckelt worden war. Man hat den Kolk später bei ruhigem
Wasser mittelst Trichtern durch Beton ausgefüllt und diese Befestigung soll sich bisher
gut bewährt haben.
3. Schliesslich sei noch auf die Zerstörung des geneigten Abfallbodens bei dem
Bembrillawehr der Anlage Bergamasca hingewiesen, worüber auf S. 363 Mitteilung
gemacht ist. —
Beobachtungen an ausgeführten Anlagen mit steilem Absturz und wagerechtem
oder sanft ansteigendem Abfallboden beweisen, wie nicht anders zu erwarten, dass das
Wasser am Absturz einen grossen Teil seiner lebendigen Kraft einbüsst und dass das
Wasser auf dem wagerechten Abfallboden verhältnismässig ruhig zum Abfluss kommt.
Es ist wesentlich, dass die Wassertiefe hinter dem Wehre beim Eintritt von höheren
und gefährlicheren Wasserständen möglichst schnell anwächst, damit die Geschwindigkeit
v = ermässigt wird. Das erreicht man gerade durch einen wagerechten oder besser
noch mit einer kleinen Neigung nach aufwärts ansteigendem Abfallboden. Man geht am
besten von der mittleren Sohlenhöhe des alten Flussprofils hinter dem Wehre an der
Stelle aus, bis zu welcher man die Befestigung auszudehnen beabsichtigt und legt den
Abfallboden wagerecht auf diese Höhe oder gibt demselben besser noch einen Fall nach
dem Wehre zu. Wenn man dann dem Flussprofil am Ende des befestigten Abfall-
bodens diejenige Breite gibt, welche vor dem Einbau des Wehres vorhanden war, so
werden sich bei allen Wasserständen angenähert auch dieselben Wassertiefen und Ge-
schwindigkeiten entwickeln, wie sie im alten Flussprofil vor Einbau des Wehres
herrschten. Es ist auch erwünscht, dass sich beim Eintritt höherer Wasserstände am
Absturz schnell ein Wasserpolster bildet. Eine Wassertiefe von 0,5 bis 0,8 m bildet
schon für das Sturzbett ein sehr wirksames Polster. Zur Erzielung des gewünschten
Wasserpolsters hinter dem eigentlichen Wehrkörper bei Eintritt höherer Wasserstände
kann es empfohlen werden, entweder am unteren Ende des befestigten Abfallbodens
eine Stauschwelle anzulegen in Form einer kleinen Betonmauer mit abgeschrägter
Vorderfläche (1 : 3 bis 1 : ö), steilem Abfall und wagerechtem (3 bis 4 hx) langem Abfall-
boden, oder diese Stauschwelle im Anschluss an den befestigten Abfallboden durch schwere
Steinfaschinen, welche man durch eine Reihe eingerammter Eisenbahnschienen an ihrem
Platze festhält, zu bilden. An Stelle der Faschinen kann man auch lange Steinsäcke
verwenden, welche durch Drahtgeflecht aus weichem, verzinntem Draht gebildet werden
und u. a. beim Unterwasserkanal der Anlage Bergamasca zur Anwendung gekommen
sind (Taf. IX, Fig. 6). Diese Steinsäcke lassen sich so schwer machen, dass sie weiter
keiner besonderen Befestigung in der Sohle bedürfen. Wenn eine solche Staustufe
nicht höher ist als etwa 0,50 bis 0,60 m, so erzeugt sie bei allen höheren und
gefährlicheren Wasserständen in dem Wasserspiegel nur einen kleinen wellenförmigen
Sprung, dessen Einwirkungen auf die unbefestigte Flussohle hinter der kleinen Staustufe
durch wagerecht in Höhe der Sohle abgeglichene Steinschüttungen von 1,5 bis 3,0 m
Länge unschädlich gemacht werden können.
Haadtadi der Ing.-WiMMueh. in. ML 18. Bd. 41
642 IIL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Wenn die Absturzhöhe am Wehre gross ist, so kann es zweckmässig sein, zur
Erzielung kleinerer Mauerstärken des vorderen Wehrkörpers und einer billigeren Aus-
führung eine oder mehrere Stufen einzulegen. Die Örtlichkeit wird meistens dafür
Anhaltspunkte geben, ob man in solchem Falle die Gesamtlänge des Abfallbodens in
gleiche oder ungleiche Teile teilt und wo man die Stufen anzuordnen hat (vergl. Anlage
Les Clees, Taf. XIX, Fig. 2). Da aber der Absturzboden unmittelbar am Hauptwehr
schon aus anderen Gründen meistens starker zu machen ist, legt man am besten etwa
tys bis *U des Gesamtabsturzes unmittelbar an das Wehr. Um für den Absturz am
Wehr ein Wasserpolster zu erzeugen, wird man dann zweckmässig am Ende der ersten
Stufe eine Kauer in Beton von 0,60 bis 1 ,0 m Höhe anlegen oder den Abfallboden vom
Wehrkörper bis zum Ende der ersten Stufe um die angegebenen Masse ansteigen lassen.
Durch kleine Schlitze in der letztgedachten Mauer oder durch Anlegung von Rinnen oder
Röhren in dem ansteigenden Abfallboden kann dafür gesorgt werden, dass sich diese erste
Stufe bei Niedrigwasser entleert, damit nicht durch Frost Zerstörungen eintreten können.
Gerade weil man das Interesse hat, auf dem Abfallboden des
Wehres die Geschwindigkeit zu verringern, sollte man die Sohle nicht
glatt, sondern künstlich rauh machen, sei es durch Pflasterung mit
rauhen Steinen oder durch kleine unregelmässige Betonerhöhungen.
Auch können Strauchfaschinen quer oder parallel zur Stromrichtung, welche mittelst
festen Drahtes und in den Beton eingelassener eiserner Ösen gehalten werden, gute
Dienste leisten. Voraussetzung für die letztgenannten Anordnungen ist allerdings, dass
das Flusswasser nicht verunreinigt ist, sodass bei N.W. und höherer Lufttemperatur
keine üblen Gerüche durch Fäulnis der auf dem rauhen Abfallboden zurückgehaltenen
Schmutzteile zu befürchten sind. Als Beispiel sei auf die Anlage Rheinfelden (Taf.
XLV1I, Fig. 4) verwiesen, wo das Flusswasser rein ist und der natürliche, felsige Abfall-
boden hinter dem Überfallwehr durch Betonschüttung künstlich rauh gemacht wurde.
Die Länge, auf welcher man bei einem Wehr mit steilem Absturz und
wagerechtem oder ansteigendem Abfallboden den letzteren künstlich befestigen muss,
hängt in erster Linie von der natürlichen Beschaffenheit der Flussohle ab. Besteht
dieselbe aus festem Felsen, so kann unter Umständen jede künstliche Befestigung ent-
behrlich sein. Man wählt wohl, wenn die Flussohle aus gröberem Kies und Sand besteht,
die Länge des künstlich befestigten Abfallbodens gleich dem 5 fachen der höchsten
Wasserspiegeldifferenz zwischen Ober- und Unterwasser. Besteht die Flussohle aus
weicheren Bodenarten, so ist eine grössere Länge nötig. Wenn am Fusse eines
hohen Wehres durch eine zweite kleine Staumauer ein Wasserpolster
künstlich gebildet wird, so wird man die Länge des Abfallbodens hinter der
letzteren nur nach der höchsten Wasserspiegeldifferenz an dieser zweiten
Staustufe zu bemessen haben, weil die Geschwindigkeit des über das hohe
Wehr stürzenden Wassers in dem Wasserpolster zum grössten Teile ver-
nichtet wird.
Es mag in diesem Zusammenhange noch einmal auf die Wehranlage im Drac bei
Avignonnet (Taf. XXXVII, Fig. 4) hingewiesen werden. Den Abfallboden hat man, um
ein Wasserpolster zu bilden, allmählich ansteigen lassen. Den Abfallrücken des
Wehrkörpers ebenso wie den Abfallboden hat man durch vorstehende
Quadersteine rauh gemacht (Abb. 103, welche der Einfachheit wegen nebenstehend
wiederholt ist). Die gewählte Form des Abfallbodens hat aber insofern nachteilige Wir-
kungen für die Flussohle hervorgerufen, als das Wasser mit einem Sprung vom Abfall-
§ 1. Stauwerke. A. Wehre. 643
boden in die alte, anfangs ungenügend befestigte Flussohle stürzen musste, solange nicht
das Unterwasser erheblich über die Höhe des Abfallbodens gestiegen war. Man hat
deshalb nachträglich noch die Flussohle hinter dem Abfaltboden befestigen müssen (S. 500).
Es wäre hier vielleicht zweckmässiger gewesen, den Abfallboden bei A der Fig. 4, Tai.
XXXVII in einer senkrechten Stufe in die Höbe der alten Flussohle überzuführen (vergl.
die punktiert angedeutete Sohlenbefestigung) and durch eine in der Fig. 4 gleichfalls
punktiert angedeutete wulstartige Erhöhung bei A ein Wasserpolster auszubilden. Aller-
dings wäre dann diese wulstartige Erhöhung mit dem Mauerkörper solide zu verankern
gewesen. Eine ähnliche Ausführung, wie die angedeutete, findet sich bei der Ennepe-
Talsperre (Tai. LH, Fig. 12).
Ginge man bei der Wahl der Form für den Abfallrücken des eigentlichen Wehr-
körpers von dem Gesichtspunkt aus, dass die Geschwindigkeit des Wassers, nachdem es
die Krone passiert hat, möglichst zu verringern sei, so würde diejenige Form die beste
sein, welche sich der parabolischen Gestalt des frei überfallenden Wasserstrahls anpasste,
sodass der Wasserstrahl überall noch den Abfallrücken berührte. Auf die Leistungs-
fähigkeit des Überfalls hat es keinen nennenswerten Einfiuss, welche Form man auch
dem Webrkörper hinter dem Überfallrahmen gibt, wenn die Neigung gegen den
Horizont nur eine so starke ist, dass keine Verzögerung eintritt. Zur Berechnung der
Parabelform des Wehrrückens könnte die folgende Überlegung dienen:
Beieichnen: v die Geschwindigkeit des Wasser« auf der Wehrkrone,
Tg die Geschwindigkeit des ankommenden Waasera,
h, die OberfallhOhe and 0,20b, die Absenkung aber der Wehrkrone,
Q die überfallende Wassennenge pro Sekunde,
b die Breite des Überfalls,
{koit v<, entsprechende I
kommenem Überfall die Geschwindigkeit de* überfallenden Wasserstrahls v = — - — ~
n (li, — u,SJi
o=-i.,..\,.fS'i i>.+i> '.-k'j
644
m. Theodor Koehh. Ausbau von WassekkkIfteh. Einzelheiten.
▼ = '/»ö^-/28[0«. + k)S-k*.]
(88)
Abb. 168.
c
1 l
1
X
J_
>
i
•
Nimmt man den Koordinaten-Mittelpunkt in Kronenhohe and zwar in dem abwärtsgerichteten
Rande des Überfallrahmens liegend an, dann ist, wenn die Fallzeit bis zu einem beliebigen Punkte mit r
bezeichnet wird:
t* 2v*
y = vr und x = g.^ y'= -— .x (39)
Hieraus lassen sich für die verschiedenen Werte von x die verschiedenen Punkte der Parabel
berechnen. Am einfachsten ist es y nur fnr den Pnnkt A (Abb. 169) der Parabel zu berechnen, in
welchem dieselbe in den wagerechten Abfallboden einschneidet. Teilt man dann OT und AY in eine
gleiche Anzahl gleicher Teile, verbindet alle Teilpunkte (1) mit 0 und zieht von allen
Teilpunkten (2) Parallelen zur X-Achse, so bilden die Schnitte Punkte der Parabel.
Man könnte dann zur Verringerung der Geschwindigkeit des ab-
stürzenden Wassers die abwärts gelegene Parabelfläche des Wehrkörpers
rauh machen, indem man, wie bei der Anlage Avignonnet, einzelne
Steine vorstehen lässt (S. 643). Indessen das hat den Nachteil, dass
sich Lanb, Stroh und andere treibende Teile an den Vorsprangen
festsetzen, was oft nicht erwünscht ist. Da nun aber bei
Wehren mit steilem Absturz das abstürzende Wasser
auf dem Absturzboden ohnehin seine Geschwindigkeit
zum grössten Teile einbüsst, so hat die verzögernde
Wirkung eines parabelförmig ausgebildeten Abfallrückens keine
grosse praktische Bedeutung. Fig. 6, Taf. LI zeigt ein Wehr mit parabel-
förmigem, glatten Absturzrücken und rauhem Abfallboden.
Bei den meisten ausgeführten Anlagen hat man entweder eine gerade Linie wie
beim Lechwerk (Taf. LI, Fig. 3) oder eine kreisförmig gebogene Linie, wie bei dem
grossen Tessinwehr (Abb. 157, S. 625), bei der Anlage Livet (Taf. XLI, Fig. 5), bei dem
Wehre im Prahovaflusse der Anlage Sinaia (Taf. LI, Fig. 4) gewählt. Man wird sich
bei der Wahl der Form für den Absturzrücken ausschliesslich von Rücksichten auf die
Standsicherheit und auf die Kosten leiten lassen können, in welcher Beziehung der
parabolische Abfallrücken allerdings als recht zweckmässig zu bezeichnen ist.
Handelt es sich uro ganz kleine Wehrhöhen, welche bei höheren Wasserstanden
im Wasserspiegel nur einen kleineren Sprung erzeugen können und um Flussohlen aus
grobem Eies, welche ohnehin eine ziemlich grosse Widerstandsfähigkeit besitzen, so ist
natürlich auch die geneigte Lage des Abfallrückens und Abfallbodens technisch vertret-
bar. Um Beispiele hierfür zu geben, sei verwiesen auf das neue Brembowehr (Taf. VIII,
Fig. 3) und das Brembillawehr (Taf. IX, Fig. 1) der Anlage Bergamasca, auf die Wehre
der Anlagen Pont St. Martin (Taf. XIII, Fig. 3), Füre et Morge (Taf. XLII, Fig. 6).
Aber bei all den 4 angeführten Beispielen hätte sich wohl noch an Material und Bau-
kosten sparen lassen, wenn man steilen Absturz und wagerechten Abfallboden gemacht
hätte. Bei dem Wehre Füre et Morge wurde wegen der geringen Höhe sehr viel Kies
mit über die Krone gerissen und der Wehrrücken des in Beton ausgeführten Wehr-
körpers wegen der durch den geneigten Abfallboden erzeugten grossen Geschwindigkeit
sehr stark ausgeschliffen. Man hat deshalb nachträglich zum Schutze des Wehrrückens
grosse Quadersteine und Zementblöcke auf den Wehrrücken gelegt und ihn künstlich rauh
gemacht und geschützt.
Die stromaufwärts gelegene Fläche des Wehrkörpers und die
Krone selbst müssen natürlich stets möglichst glatt gemacht werden,
wenn man nicht absichtlich die sekl. überfallende Wassermenge ver-
ringern will.
g 1.
Stauwerke. A. Wehre.
645
Wird das Wehr aus Werksteinen in Verband hergestellt, so sollte man die Fugen
möglichst lotrecht zur ermittelten Drucklinie legen. Die Fugen der Verblendung müssen
jedenfalls überall lotrecht zur ' sichtbaren Fläche gelegt werden und im übrigen so, dass
eine feste Lagerung der einzelnen Quadern
erzielt und eine Lockerung durch die auf- Abb- I7" "• Wl. Abb. 172.
tretenden Kräfte ausgeschlossen ist. Wegen
der Verankerung der Kronenquadern mittelst
eiserner Bolzen sei auf das Beispiel des
Wehres der Anlage Morbegno verwiesen (Taf.
XVI, Fig. 3, 4 u. 5).
Häufiger findet man Ausführungen , bei
denen der eigentliche Wehrkörper in Beton oder
Stein und der Abfallboden in Holzkonstrnktion
ausgeführt ist. Es mag in dieser Beziehung ge-
nügen, auf zwei Beispiele zu verweisen, und zwar
auf die Anlagen Kanderwerk (Taf. XXVI, Fig. 2)
und Lechwerk Gersthofen (Taf. LI, Fig. 3).
Abb. 178 und 174.
JHftS
üf^^J
B. Feste hölzerne Wehre. In holz-
reichen Gegenden, und wenn es sich um kleine
Wehrböhen handelt, können feste hölzerne Wehre
ans Rücksicht auf die Ersparnis an Baukosten
den Vorzug vor steinernen und ßetonwehren ver-
dienen. Unter hölzernen Wehren sollen solche
verstanden werden, bei denen das Holz das wesent-
lichste Konstrnktionsmaterial bildet.
Handelt es sich um einen geringfügigen Stau von nicht mehr als 50 cm, so kann
unter Umständen eine einfache Spundwand, quer aber das Flussbett geschlagen, welche
oben mit Zangen oder mit einem Hohn zusammengehalten wird, die Stelle eines Wehres
vertreten (Abb. 170 und 171). 'Es kann dann bei kiesiger oder sandiger Flussohle auch
genügen, die Sohle unterhalb des Wehres auf eine Länge von fünfmal der höchsten
Wasserspiegeldifferenz mit einer Steinschüttong zu befestigen. Für ruhig fliessende Ge-
wässer, welche keine groben Geschiebe mit sich führen, kann bis zu Wehrhöhen von
1,0 bis höchstens 1,25 m die in Abb. 172 dargestellte Bauweise empfohlen werden. Es
ist zweckmässig, die Konstruktion so einzurichten, dass derjenige Teil des Wehres,
welcher abwechselnd trocken liegt und überflutet ist, also dem Verfaulen ausgesetzt ist,
konstruktiv von dem anderen, unvergänglichen Teil getrennt wird. Man zapft deshalb
die Wehrstiele, welche durch Streben zu stützen sind, auf dem Fachbaum auf. Die
Anzahl der Spundwände richtet sich nach der Bodenbeschaffenheit, jedenfalls muss die
Tiefe der Spundwände mindestens so gross sein als die höchste Wassertiefe vor
dem Wehr.
Bei grosseren Stauhöben wird man schon zu etwas stärkeren Konstruktionen
greifen müssen. Für felsigen Untergrund würde sich z. B. die Konstraktion
(Abb. 173 und 174) empfehlen. Der Zwischenraum zwischen den beiden inneren
Bohlenwänden wird am besten mit lehmigem Sand ausgefüllt. Erlaubt es die Bücksicht
auf die Kosten der Anlage, dass man die Bohlenwände mit Nut und Federn versieht
und sie dann kalfatert, sodass sie wasserundurchlässig werden, dann ist eine Ausfüllung
mit grobem Kies genügend. Wenn das Fällmaterial auch die Dichtigkeit herbeiführen
646 IIL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Eibtzelheiten.
soll, so kann empfohlen werden, den Zwischenraum mit 10 bis 15 cm hohen Lagen von
lehmigem Sand (Vi Lehm, l1/« Sand) aufzustampfen, auf welche (im Verhältnis Ton
10 Litern Kalk zu 1 cbm Füllboden) hydraulischer Kalk gestreut wird. Mittelst Stampfen,
welche unten mit kreuzförmigen oder sternförmigen Bippen zu versehen sind, wird unter
Anfeuchtung das Material zugleich zusammengedrückt und gemischt (vergl. Anlage
Jonage-Cusset-Lyon S. 510). Wenn es sich nicht um grosse Massen, sondern nur um
eine verhältnismässig geringe Wehrl&nge handelt, so ist es wohl am einfachsten, das
Füllmaterial vor dem Einbringen mit Schippen zu mischen. Die äusseren Bohlenwände
dienen im wesentlichen zum Schutze des tragenden Holzwerkes. Durch Ausfüllen des
Raumes zwischen je zwei Bohlenwänden einer Stielreihe mit fettem Ton oder einer
Uittrfrmg von lehvugem Sand und Kalk kann man die Dichtigkeit noch erhöhen. — Ist
der Felsen in dünnen Platten parallel zur Fhissohle lagerhaft und deshalb die Dichtigkeit
zweifelhaft, so ist es sehr zu empfehlen, vor und hinter dem Wehre die Sohle durch
Beton in einer Gesamtlänge von mindestens dem Vier- bis Fünffachen der höchsten
Wasserspiegeldifferenz abzudichten. Man muss eben dann durch die Länge der dichten
Sohle die Reibungslange etwaiger Wasseradern im Boden so zu vergrössern suchen, dass
auch beim höchsten Druck Oleichgewicht herrscht Zu beachten ist noch, dass der Wehr-
rücken in der Krone durch ein festes und glattes Material abzudecken ist. Man legt
denselben zweckmässig etwas geneigt und zwar in der Stromrichtung ansteigend an, um
eine gute Führung des Wassers bis zum Rande des Überfalls zu erzielen und Sohlen-
einschnürung zu vermeiden 10). Da man die Streben zur Versteifung der Konstruktion
mit einer Neigung von 1:1 bis 1 : 1,5 stellt, so ergibt sich die Breite des Wehrkörpers
ungefähr gleich dem ein- bis anderthalbfachen der Höhe.
Handelt es sich um eine durchlässige Flussohle, so ist in erster Linie dafür zu
sorgen, dass Unterspülungen und Auskolkungen verhindert werden. Als Schutzmittel bei
festen hölzernen Wehren wird man meistens mehrere Reihen von Spundwänden anzu-
wenden haben.
Für reissende Flüsse mit grosser Geschiebefuhrung muss die Konstruktion besondere
Festigkeit besitzen und kann in dieser Hinsicht wohl das Brembowehr (Taf. VIH, Fig. 3).
als Vorbild empfohlen werden, wenn man abweichend den Abfallboden wagerecht, also
nicht, wie dort, geneigt macht.
Eine Konstruktion, wie sie Abb. 175 zeigt und früher ziemlich häufig ausgeführt
wurde, ist nicht zu empfehlen. Jedenfalls müsste bei weicheren Bodenarten die
Steinpackung, wie sie in der Zeichnung dargestellt ist, ganz erheblich weiter nach ab-
wärts ausgedehnt werden.
Beträgt die Wasserspiegeldifferenz mehr als 2,0 m, so wird man bei hölzernen
Wehren gut tun, den Abfallboden treppenförmig anzulegen. Handelt es sich um ein
sehr langes Wehr auf felsigem Untergrund, wo weder die Unterspülung unter, noch die
Auskolkung an der Sohle hinter dem Wehr in Frage kommt und auf Dichtigkeit, wegen
der reichlich vorhandenen Wassermengen nicht besonders zu achten ist, so kann in
Gegenden, wo Holz billig zu haben ist, die in Abb. 176 dargestellte Konstruktion in
Frage kommen«
Muss aber auf Dichtigkeit besonders gesehen werden und besteht die Gefahr der
Unterspülung, so werden Konstruktionen nach Taf. LI, Fig. 7 am Platze sein: nur
10) Zweckmässiger als die in Abb. 173 dargestellte Konstruktion wäre die gewesen, den Ober-
falhrahmen gans an die abwärts gerichtete Seite der Wehrkrone zu legen, weil dann das Holswerk der
Wehrkrone meistens anter Wasser bleiben und dem Verfaulen weniger ausgesetzt sein wurde.
§ 1. Stauwerke. A. Wehre. 647
würde es sich empfehlen, die Krone geneigt und zwar nach dem Unter-
wasser zu ansteigend anzulegen (Abb. 173 und Fussnote 10), was auch den
Vorteil hat, dass das Holzwerk der Krone meistens unter Wasser bleibt
und besser gegen Verfaulen geschützt wird.
Bei Stufenwehren in Holzverband ist die Zahl der Stufen zu beschränken, d. h.
es ist nicht mehr als eine Zwischenstufe zwischen Krone und Unterwassersohle zu
machen. Mit jeder Zwischenstufe wächst die Zahl der Holzverbindungen und damit der
schwachen Stellen der Kon-
struktion. Grössere Wasser- AWk 175' Abb- 176-
höhen als höchstens 3,0 m
über Flussohle wird man in
Holz heute nur noch in Aus-
nahmefallen ausführen.
Die Ufereinfassungen bei hölzernen Wehren werden oft aus Stein oder
Beton hergestellt, weil sich der Uferanschluss so am leichtesten und sichersten ausführen
lässt. Sollen die Ufereinfassungen in Holz ausgeführt werden, so wird man am besten
denjenigen Teil der hölzernen Uferwand, welcher unter Wasser bleibt und daher unver-
gänglich ist, durch einen starken Holm von dem oberen Teil, welcher von Zeit zu Zeit
zu erneuern ist, trennen. Auf den Holm werden dann die Stiele der Bohlenwand auf-
gesetzt und dahinter der Bohlenbelag gelegt. Die Entfernung der Stiele richtet sich
nach der Höhe der Wand und nach dem Material, welches als Hinterfüllung dient, d. h.
nach dem höchsten zu erwartenden Erddruck. Bei den meisten praktischen Beispielen
schwankt die Entfernung der Stiele von Mitte zu Mitte zwischen 0,75 bis 1,50 m. Die
Standsicherheit gegen Umkippen erhält die Uferwand durch eiserne und hölzerne Erd-
anker, welche vorn an einem Längsbalken angreifen, damit die einzelnen Stiele der
Bohlenwand nicht durch die Bolzenlöcher geschwächt werden.
Bei hölzernen Uferwangen ist besonders sorgfältig darauf zu achten, dass diese
Wangen nicht hinterspült werden, denn ohne besondere Schutzmassregeln würden sich
sehr leicht hinter der Bohl wand Wasseradern bilden. Um das zu verhindern, müssen
die Spundwände des eigentlichen Wehrkörpers so weit beiderseits in die Ufer eingreifen,
dass die Reibungsverluste einer Wasserader, welche mit Umgehung der Spundwände sich
von Ober- zu Unterwasser bilden könnte, mindestens eben so gross sind als diejenigen
unter dem Wehre. Da nun aber Holzwände oberhalb des niedrigsten Wasserspiegels
sehr bald verfaulen und Reparaturen immer Aufgrabungen nötig machen würden,
welche unter Umständen Betriebsstörungen hervorrufen könnten, so ist es am besten,
über dem niedrigsten Wasserspiegel auf die Verwendung von Holz hierbei ganz zu ver-
zichten. Zu diesem Zwecke wird man in der Länge der in die Ufer eingreifenden
mittleren Spundwände einen Kern entweder aus fettem Ton oder fettem Lehm oder aus
Beton stampfen, welcher die Dichtigkeit gewährleistet (Kap. HI, § 1, B. Talsperren).
Statt dessen kann auch zwischen den mittleren Spundwänden eine Trockenmauer mit
Moosfugen bis zum höchsten Wasserspiegel hinauf errichtet und diese an der flussauf-
wärts gelegenen Fläche mit einem abdichtenden Lehm- oder Tonschlag versehen werden,
welcher dann erheblich dünner sein kann als ein Kern aus Ton. Sollten sich nach der
Ausführung kleinere Wasseradern in den Ufern bilden, so kann bei der letztgedachten
Bauweise ihre allmähliche Dichtung meistens ohne weiteres Zutun erwartet werden.
Nötigenfalls muss durch Verstärkung des Tonschlages die Dichtigkeit herbeigeführt werden.
648 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
7. Bewegliche Wehre. Wie bereits oben angeführt, muss in der Regel mit einem
festen Wehr ein Grundablass zur Beseitigung der Ablagerungen vor dem Wehr ver-
bunden sein. Insofern wären die festen Wehre in ihrer Mehrzahl eigentlich als rzu-
sammengesetzte Wehre" zu bezeichnen.
Es gibt aber zahlreiche Fälle, wo die Stauhöhe bei höherem Wasserstande durch
den Überfall und den Grundablass nicht genügend geregelt werden kann und deshalb
das ganze oder ein grösserer Teil des Flussprofils bei Hochwasser freizulegen ist. Ferner
verlangt Rücksicht auf die Fiösserei oft bewegliche Wehrteile. Findet auf dem Flusse,
in welchem das Wehr anzulegen ist, Schiffahrt statt, so wird man allerdings meistens
den Werkkanal gleichzeitig für die Schiffahrt einrichten, um die Gefahren und Nach-
teile zu beseitigen, welche grosse Geschwindigkeiten und flaches Wasser im Flusse für
die Schiffahrt verursachen. Dagegen wird es für die Flösserei meist vorgezogen,
zumal dieselbe oft nur bei gewissen Wasserständen während einiger Monate stattfindet,
die Stufe am Wehr ohne Benutzung von Schleusen durch sogenannte Flossgassen zu
überwinden.
Man kann die verschiedenen Lösungen beweglicher Wehre etwa in drei Gruppen
einteilen und zwar:
1. Das bewegliche Wehr wird neben ein festes Wehr gelegt.
2. Das bewegliche Wehr wird auf ein festes gesetzt.
3. Das ganze Wehr wird beweglich gemacht.
Für den beweglichen Teil eines Wehres ist die einfache, sichere und
billige Handhabung die Hauptsache. Ferner kann die Zeit, in welcher ein ge-
wisser Teil des Durchflussprofils freigemacht werden muss, eine wichtige
Rolle spielen. Schliesslich kommt bei Wasserkraftanlagen die Forderung einer mög-
lichst vollkommenen Dichtigkeit dazu.
Vor allen bislang bekannten Konstruktionen beweglicher Wehre
verdient für Wasserkraftanlagen das Schützenwehr den Vorzug und hat
tatsächlich auch in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle Anwendung
gefunden und zwar aus folgenden Gründen:
a) Das Schützenwehr ist für alle in der Praxis vorkommenden Stauhöhen ver-
wendbar.
b) Es bietet die grösste Sicherheit für den Betrieb, weil die Hebung und Senkung
der Schützentafel bei dem heutigen Stande der Technik so gut wie unter
allen Umständen gesichert werden kann.
c) Es lässt sich am einfachsten und sichersten dicht herstellen.
d) Die Bedienung ist die billigste, einfachste und sicherste.
e) Die Zeit für die Öffnung der Wehrverschlüsse lässt sich durch Verwendung
maschineller Antriebsmittel innerhalb der in der Praxis vorkommenden Grenzen
beliebig abkürzen. Namentlich durch Verwendung von Elektromotoren ist
ein schneller Antrieb der Bewegungsmechanismen auf die einfachste Weise
herzustellen.
f) Schützenwehre lassen sich auch da verwenden, wo verlangt wird, daas das
ganze Flussprofil frei zu legen ist, da sich auf einfache Weise Vorrichtungen
treffen lassen, um die Griesständer (Losständer) emporzuziehen.
Die Schützentafeln sind entweder aus Holz oder Eisen, und sie stützen sich an
Stärdern oder Pfeilern aus Holz, Eisen oder Stein. Die Länge der Schützentafel ist ab-
§ 1. Stauwerke. A. Wehre. 649
hängig von dem verwendeten Material. Holztafeln können in grösserer Länge als 5,0 m
meistens nur bei kleinen Wasserdrücken in Frage kommen. Eiserne Schützen können
bei Wasserdrücken von 1,0 bis 1,5 m Längen von 25,0 bis 30,0 m haben. Bei der
Anlage Sault St. Marie sind eiserne Schützentafeln von 14,6 m Länge und 8,0 m Höhe ver-
wendet. Es kann also durch Schützenwebre auch allen Ansprüchen auf lichte Weiten, im
Interesse von Wasserdurchfluss und Flösserei entsprochen werden, da es sich bei Wasser-
kraftanlagen doch in der Regel nur um obere Flussläufe handeln wird.
a) Hölzerne Schützen wehre. Taf. LI, Fig. 8 bis Fig. 11 stellen einen ganz
einfachen Typ eines hölzernen Wehres mit fester Griessäule dar, welcher natürlich
ebenso für grössere Flussbreiten verwendbar wäre.
Tafel LI, Fig. 12 und 13 geben die Darstellung eines hölzernen Wehres
mit beweglichen Griessäulen, sogenannten „Losständern". Der Fachbaum b ist an
den Stellen, wo die Griessäule ihren Platz finden soll, unterbrochen, um das Loch zu
schaffen, in welches der Losständer hineinzulassen ist. Der Rand dieses Loches
ist mit Eisenbeschlägen zu sichern und der Losständer selbst unten mit schweren
Beschlägen zu versehen, damit er leichter heruntergebracht werden kann. Die Be-
dienungsbrücke, welche so auszubilden ist, dass sie den Druck der Losständer auf-
nehmen kann, überspannt entweder in einer Öffnung den ganzen Fluss und muss dann
unter Umständen als Fachwerksträgör ausgebildet werden, oder stützt sich auf einzelne
Pfeiler, wenn es genügt, dass nur ein Teil der Flussöffnung freigelegt wird. In der Regel
werden die Losständer so lang gemacht, dass die Schütze überall noch Anschlag an den
Ständer findet, auch wenn sie bereits über den höchsten Wasserspiegel heraufgezogen ist.
Sind die höheren Wasserstände von längerer Dauer, so werden die Schützen und
Losständer ganz ausgehoben und in einem Schuppen untergebracht, um ihre Lebens-
dauer zu vergrössern.
Eine andere Lösung ist die , dass man die Losständer an horizontalen Drehbolzen
beweglich so an der Bedienungsbrücke befestigt, dass sie mit den hochgezogenen Schützen
gemeinschaftlich gegen die Stromrichtung hochgeklappt und dann unter der Brücke fest-
gelegt werden. Bei solcher Konstruktion wählt man für die aufgestellten Losständer
zweckmässig nicht mehr eine lotrechte, sondern eine schräge Stellung, damit man auf
dem Fachbaum oder der betonierten Flussohle keine vorstehenden Anschläge für die Los-
ständer nötig hat. Ein sehr nachahmenswertes Beispiel dieser Art bei Ausführung in
Eisen bietet das Schützenwehr der Anlage St. Maurice-Lausanne (Taf. XXIX, Fig. 2
u. S. 455). Man kann diese Konstruktion der Losständer unschwer auch auf Holz über-
tragen, es sei denn, dass wegen der erforderlichen Bruchfestigkeit die Abmessungen
hölzerner Losständer zu gross werden. Die Bedienung ist eine äusserst einfache und
ganz sichere (vergl. auch Fussnote 11, S. 651).
Als ein anderes gutes Beispiel eines Wehres mit Losständern, welche um ein an der Bedie-
nungsbrücke angebrachtes wagrechtes Scharnier drehbar sind, sei hier das bekannte, bereits im Jahre 1875
erbaute Wehr bei Pretzien genannt, obwohl bei demselben sowohl die Losständer als auch die
Schützentafel aus Eisen hergestellt sind. Das Wehr sperrt bis zu einem Stau von 8,0 m einen alten
Arm der Elbe oberhalb Magdeburgs ab. Bei höheren Wasserständen wird das Wehr geöffnet, um die
Elbe zn entlasten und um Magdeburg vor Hochwasser zu schützen. Die eisernen Losständer
stehen hier senkrecht und sind in der Sohle durch je einen eisernen Schuh und eine Fangvor
richtung gehalten. Das Wehr ist durch 8 massive Mittelpfeiler in 9 mit 2 eisernen Brücken überspannte
Öffnungen von je 12,554 m 1. W. eingeteilt, welche ihrerseits durch 8 Losständer in 9 Öffnungen von je
1,31 m 1. W. zerlegt sind. Jede Schützenöffnung wird durch 4 übereinander angeordnete eiserne Buckel-
platten von je 0,837 m Höhe geschlossen. Die Losständer werden wegen des sich im Oberwasser
bildenden Eises nach dem Unterwasser zu durch je eine an der Fangvorrichtung des Losständers
650 III. Theodor Koehx. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
befestigte Kette mittelst einer fahrbaren Winde emporgesogen , nachdem zuvor die den Verschl
bildenden Bockelplatten durch Ketten und durch dieselbe fahrbare Winde herausgehoben sind. (ZentralbL
d. Btnvcrw. 1884. S. 499. 512 und 587).
b) Sckutsemwehre in Stein o4 Eisen. Wie man grössere Langen beweglicher
Wehre am besten in steinerne oder eiserne Pfeiler und wie man die Stauhöhen in einzelne
übereinanderliegende Schützentafeln auflöst, ist durch die im Teil II gegebenen Be-
schreibungen der Anlagen Wangen (S. 422 und Taf. XXII), Beznau (S. 433, Taf. XXV),
Ghevres (S. 446, Taf. XXVII), St. Maurice-Lausanne (S. 455, Taf. XXIX), Hagneck,
(S. 474, Taf. XXXII), Rheinfelden (S. 578, und Taf. XLVII) am besten erläutert, und es
mag hier lediglich darauf hingewiesen werden, um Wiederholungen zu vermeiden.
Bei Ausbildung der Profile von Steinpfeilern beweglicher Schützenwehre wird man,
um die Einschnürung des durchströmenden Wassers möglichst zu verringern, die steinernen
Pfeiler bis zum höchsten Wasserspiegel mit Vorköpfen versehen, welche entweder die Form
von Kreisbögen oder Spitzbögen oder von spitzwinkligen, an den Ecken abgerundeten
Dreiecken haben. Um Wirbelbildungen zu vermeiden, gibt man am besten den hinteren
Köpfen der Pfeiler auch eine ähnliche Form.
Zur Vornahme von Reparaturen und um schlimmstenfalls, wenn sich wider
Erwarten einmal ein Festklemmen einer Schützentafel ereignen sollte, die Ursache be-
seitigen zu können, legt man in den Pfeilern fast immer Dammbalkenschlitze an. Die
Dammbalken bestehen entweder aus Holz oder Eisen, je nach der Breite der Öffnung
und dem Wasserdruck und es sind Breite (Profile des Dammbalkens) und Tiefe (Auflager-
pressungen) der Schlitze entsprechend einzurichten. Bei grösseren Stauhöhen von mehr
als 6,0 bis 7,0 m und grossen lichten Weiten von mehr als 10,0 m ist es zweckmassig,
vor und hinter den Schützen je zwei Dammbalkenschlitze anzulegen, um durch zwei
Reihen Dammbalken sowohl den nötigen Widerstand gegen den Wasserdruck als durch
Ausfüllung des Zwischenraums eine grössere Dichtigkeit erzielen zu können.
Die Entfernung der Dammbalkenschlitze von den Schützen muss gross genug sein,
um noch einen genügenden Arbeitsraum frei zu lassen. Bei Chevres z. B. beträgt, bei
9,0 m Stauhöhe und 10,0 m lichter Weite zwischen den Pfeilern, die Entfernung des
stromaufwärts gelegenen Dammbalkenschlitzes ca. 2,75 m, des abwärts gelegenen etwa
3,75 m von der Schütze. Ist die Entfernung zwischen zwei Steinpfeilern sehr gross, so
kann man die eisernen Griesgitterböcke als Stützpunkte der Dammbalken ausbilden. Für
eine Reparatur an einer Schützenöffnung aufwärts des Verschlusses muss aber doch die
ganze Öffnung zwischen zwei Steinpfeilern abgeschlossen werden. Wollte man das ver-
meiden, 60 müssten die eisernen Zwischenpfeiler entweder als dichtschliessende Kasten-
träger in Eisen oder durch eine Bekleidung mit Holzbohlen oder armierten Beton zu
einer dichtschliessenden Pfeilerwand ausgebildet werden.
Bei der Anlage Wangen beträgt die Entfernung der Steinpfeiler voneinander von
Mitte zu Mitte 37,24 m. Man kann dort beim gewöhnlichen Stau an die Gitterpfeiler
abwärts der geschlossenen Schützen überall heran, weil das Wehr hinter den Schützen-
tafeln fast vollkommen trocken liegt. Reparaturen an den Schützentafeln selbst kann
man, wenn sie hochgezogen sind, vornehmen. Dennoch hat man (vergl. § 3 dieses Kap.)
vor den Schützen doppelte Dammbalkenschlitze in den Steinpfeilern angebracht.
Wenn loses Flossholz auf dem Flusse treiben kann, so ist es geboten, die Seiten-
flächen eiserner Gitterpfeiler durch starke Bohlen so weit zu bekleiden, dass sich Hölzer
nicht in denselben mit einem Ende festsetzen und als Hebel wirkend dieselben zer-
stören können.
§ 1. Stauwerke. A. Wehre. 651
Um den dichten Schluss der Schützen an der Sohle su sichern, wird die Auflager-
flache bei massiven Webren meist ans einem gehobelten Stahl- oder Gusseisenstück
gebildet. Dasselbe muss eine solche Form haben, dan Eies, grober Sand, Hob-
stücke oder andere Hindernisse nicht darauf festgehalten werden können. Das Wehr
der Anlage Cbevres (Taf. LV, Fig. 3) kann in dieser Beziehung ab gutes Huster
dienen. Übrigens wird beim Herunterlassen einer Schützentafel der Strom unter der-
selben so stark, dass bei richtiger Anlage der Auflagerfläche auf völlige Reinspülung
mit Sicherheit gerechnet werden kann.
e) Kolladenwehre. Von anderen beweglichen Wehren kann man nur noch mit
Rolladenwehren ahnliche Stauhöhen schliessen wie mit Schützen. Ein Beispiel bietet
das Rolladenwehr der Anlage Hagneck (Taf. XXXII, Fig. 4 bis 7 und S. 475). Die
nach dem gestauten Wasser zu liegenden Enden der Rollketten sind lose nnd mit der
Rolltafel nicht verbunden. Werden die losen Ketten angezogen, so rollt sich die Tafel
auf. weil der Wasserdruck die Rolle fest gegen die Losst&nder presst.
Diese Art Wehre verdanken ihre Entstehung dem Umstände, dass mau zum
Dichten der Nadelwehre in Teer getränkte Leinwand auf die Vorderfläche der Nadel
auflegte. Um das Aufrollen der Leinwand mittelst Ketten möglich zu machen, wurden
auf derartige Decken Holzstäbe befestigt.
Diese Anordnung hat den französischen Inge- *bl>- *"■
nieur Camere anf den Gedanken gebracht,
die Holzstäbe durch Gelenke zu verbinden
und so stark zu machen, dass man die Nadel
weglassen konnte. Solche Wehre sind bei
sehr guter Unterhaltung ziemlich dicht und
sie lassen sich auch leicht, bequem und
schnell bedienen. Nur der dichte Anschluss an
die Sohle bildet eine gewisse Schwierigkeit.
Die RoUadenwehre gestatten, da sie meistens
ans Holzstaben hergestellt sind, nur eine
beschränkte lichte Breite zwischen
zwei Pfeilern. Man kann aber Rolladen noch Einzelheiten bei i
bei verhältnismässig grossen Stauhöhen
verwenden, wo bei Verwendung hölzerner Schützentafeln wegen der Schwierigkeit des
Aufziehens schon mehrteilige Tafeln zur Verwendung kommen miissten").
d) Nadelwehre. Ihrer grossen Einfachheit wegen finden Nadelwehre bei
Wasserkraftanlagen häufiger Anwendung. Das erste Nadelwehr wurde bekanntlich mit
ii) Rollvorhangsschutze. Engng. nrws 1886. S. 386. — Ferner das Rolladenwehr
bei Posen in der unteren Seine von Camere und Lagrene Nouv. ann. de la constr. 1899. 8. 18 — 24.
Zeiteclir. d. Ver. deutscher Ing. 1882. S. 521. Das Wehr bei Poses bat eine Länge von 248,7 m nnd ist
durch 6 Hittelpfeiler in 7 Öffnungen von je 80,16 in 1. W. zerlegt, deren jede sich durch 29 aus eisernem
Fachwerk hergestellte Losstlnder von 11,93m groseter Lange, sowie durch 24 dazwischen, liegende,
als Rolltafeln konstruierte Schützen abschlieasen liest Der gewöhnliche Stauspiegel liegt 8,95 m Ober
dem Unterwasser nnd der höchste Stauspiegel noch um 1,37 m höher. Die Losstlnder stehen nahezu
senkrecht nnd werden in der Sohle durch einen Anschlag gehalten. Die Scharniere sitzen an dem Unter-
gurt des ström aufwarte gerichteten Brückenträgers. Von einer stromaufwärts liegenden »weiten Brücke
ans werden die Losstander mittelst Ketten und Winden emporgezogen und in wagerechter Lage unter
der letztgedachten Brücke festgemacht. Nach demselben Haster sind Wehre in der Seine noch zu
Betons, Andresy, Port Tillez nnd Martot ausgeführt.
652 IH. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräfte*. EnrzELHEiTEN.
niederlegbaren Gitterböcken von Poiree im Jahre 1834 bei Epineau über die Yonne
gebaut and zwar so, dass die ganze Wehrbreite freigelegt werden konnte. Die Länge
der Nadel bei diesem Wehre betragt 2,50 m, woTon 0,30 m anf die Handhabe entfallen.
Die Nadeln sind 0,07 m breit und 0,04 m dick (Taf. LL Fig. 12 u. 13).
Bei der Wasserkraftanlage Paderno wurde in den Jahren 96 bis 98 auf das
alte 130,0 m lange feste Wehr der Adda ein Nadelwehr aufgesetzt, um den Stau
bei N.W. um 2.0 m zu erhöhen. Das alte Wehr hatte früher für die Zwecke eines
ä
Schiffahrtskanals gedient und musste mit Rücksicht auf die durch das Nadelwehr ver-
grösserte Druckhöhe erheblich verstärkt werden (Taf. LI, Fig. 14 bis 16).
Da an früheren Nadelwehren Brüche der Drehachsen vorgekommen waren, wurden
dieselben beim Addawehr ans einem besonderen Stahlstück Ton 40 mm Durchmesser
gebildet. Besser ist wohl eine Konstruktion nach Abb. 177, bei welcher Biegungsmomente
der Drehachse ganz vermieden sind. Die Nadeln beim Addawehr, welche 80 auf 100 mm
stark sind, legen sich unten gegen einen kräftigen Ansatz der in Granit hergestellten
Wehrkrone und stützen sich oben gegen einen kräftigen Rundstab aus Stahl, welcher
auf den Böcken durch Ösen und Bolzen festgemacht ist und sich seinerseits an einigen
Punkten gegen ein Winkeleisen stützt. Dieses Winkeleisen wird durch Streben, welche
von den Böcken aus in Ösen eingehakt werden, versteift. Bei N.W. werden nach dem
Huster des Camer&chen Vorschlages auf die Vorderfläche der Nadeln in Teer getränkte
und mit Holzleisten versehene Leinwanddecken zur Abdichtung angebracht, welche
mittelst Seilen auf- und abgerollt werden können.
Die Böcke bei Nadelwehren können nacheinander mittelst Ketten, welche von Bock
zu Bock gehen, heruntergeklappt und aufgerichtet werden. Bei dem ursprünglich Poir&-
sehen Wehre und auch bei mehreren Nachbildungen, wie z. B. bei dem bekannten Pressei-
schen Wehre in der Reuss bei Luxem, werden die Bohlen des Laufsteges zugleich für
den oberen Anschlag der Nadeln benutzt und durch Bolzen oder Haken so mit den
Gitterböcken verbunden, dass sie dieselben in der aufrechten Lage halten. Stabiler wird
das Wehr zweifellos, wenn wie bei dem Paderaowehr ein besonderer oberer Anschlag für
die Nadel in Eisen hergestellt wird. Die Entfernung der niederlegbaren Böcke beträgt
1,0 bis 2fi m. Die Höhe der Nadel übersteigt das Mass von 3,0 m in der Regel nicht,
wovon die oberen 30 bis 40 cm als Handgriff für das Einsetzen und Herausnehmen
dienen. Da die Nadeln von Hand eingesetzt und herausgenommen werden müssen, so
dürfen sie nicht zu schwer sein, damit ein, höchstens zwei Mann sie bequem handhaben
können. Die Nadeln sind immer aus Holz und wenn man die zulässige Inanspruchnahme
zu 60 kg pro qcm annimmt , so ergibt sich die Dicke der Nadel in cm = -^ . Vt.3,
wenn 1 die halbe Länge der Nadel in cm und t die Tiefe des wirksamen Wasserdrucks
vor der Nadel in m bedeutet.
Damit man nicht jede einzelne Nadel beim Herunterlegen des Wehres herauszu-
nehmen braucht, kann man die Nadel mit Ösen versehen, durch welche Drahtseile ge-
zogen werden. Man kann auf diese Weise ganze Gruppen von Nadeln an das Ufer
heranziehen und dort herausheben.
Werden Nadelwehre mit festen Böcken verwendet, so kann die Entfernung d^r
Böcke eine grössere sein, da man den oberen Anschlag der Nadel als vollkommen steif«»
Konstruktion herzustellen vermag. So beträgt z. B. bei dem Wehre am FiringswasserfaU
bei Skin in Norwegen die lichte Entfernung der in Holz konstruierten und in der felsigen
Sohle verankerten Böcke 4.80 m. Die Nadeln sind hier 3,93 m lang und haben quadra-
tischen Querschnitt von 0.09 m Seite.
§ i. Stauwerke. A. Wehre. 653
Bei der Wasserkraftanlage Tarbigo ist der Naviglio Grande durch ein Nadelwehr
geschlossen (Taf. V, Fig. 1 und Seite 367, sowie Abb. 178), dessen Gitterböcke den-
jenigen des Padernowehrs nachgebildet sind. Ursprünglich wollte man den Naviglio
Grande durch einen Damm abschliessen, am ihn aber bei etwaigen grösseren Reparaturen
am Kanaleinlanf rar die Wasserabführung benatzen za können, hat man ein Nadelwehr
schliesslich vorgezogen.
Ein Niederlegen der Böcke kommt hier nur ausnahmsweise in Frage. Da man
entgegen der ursprünglichen Absiebt auf die vordere Fläche des Nadelwehres Decken
ans geölter Leinwand noch nicht gelegt hat, sind die Waaaerverluste am Nadelwehr
ziemlich erheblich.
Abb. 178. Nadelwehr im Naviglio Grande der WaaaeikrafUnUge Torbigo.
Wegen der vielfachen Verbesserungen der Konstruktionseinzelheiten , welche die
Nadelwehre im Laufe der Zeit erfahren haben, moss auf die Spezialliteratur verwiesen
werden ").
e) Die Klappenwehre. Eine mannigfache Ausbildung haben die Klappenwehre ge-
funden und zwar besonders in kanalisierten Flüssen. Kleinere sehr einfache Klappen-
wehre sind bei der Anlage Berganiasca (Taf. VIII, Fig. 4 and S. 362) and Kanderwerk
(Taf. XXVI, Fig. 2 und 7 und S. 436) dargestellt und beschrieben.
Da Klappenwehre bei Wasserkraftanlagen bisher nur selten Verwendung gefanden
haben, kann auf ihre Beschreibung hier verzichtet werden. Es seien an dieser Stelle
von den Klappenwehren nur erwähnt: *
1») Lagren«, Navigation interienro. S. Bd. 1882 und Zeitschr. d. Ver. deutscher lag. 1882.
Hans, La Canalieation de la Heoae en Belgiqoe. Bronnes 1880. Handb. d. Ing.-Win«nBch.
1892. Bd. UI. S. 298 n. 299.
P. Qnillemain, Navigation inteneora. Rivierei et Canaux. Paria 1885.
Minard, Coura de «Instruction. Paria 1841.
654 HL Thbodor Kobhk. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Diejenigen nach N. Thenard18), Chanoine14), Lagrene15), Krantz1*), Pas-
quean17), Frassi18), Girard19), Josiah White"), Carro"), Doell") u. a.
Eine besondere Art der Klappenwehre stellen die sogen. Trommelwehre dar. Das
System ist von Desfontaines erfanden und von diesem zur Erhöhung der massiven
Überfaliwehre der kanalisierten Marne zwischen Paris und dem Rhein-Marnekanal 1860
angewendet worden. Wesentliche Verbesserungen an dem Wehre hat Mohr vorgeschlagen
und nach seinen Projekten sind je eine Wehranlage in der Küddow und später in der
Spree bei Charlottenburg zur Ausführung gebracht83). Das Trommelwehr in der Spree
bei Charlottenburg dient zum Abschluss eines Flöss- und Schiffsdurchlasses von 10,0 m
lichter Weite. Die Höhe der oberen Klappe beträgt 2,960 m. Der höchste Wasser-
druck etwa 2,5 m.
Klappen- und Trommelwehre kommen überhaupt nur für Stauhöhen bis zu höchstens
3,50 m in Betracht. Sie haben alle den Vorzug, dass sie schnell und einige Arten noch den,
dass sie selbsttätig niedergelegt werden können. Die Trommelwehre haben sich als voll-
kommen betriebssicher erwiesen und sind auch verhältnismässig dicht. Bei den übrigen
Klappenwehren kann man nicht sicher sein, dass sie unter allen Umständen funktionieren,
is)Then»rd konstruierte zuerst 1829 auf dem Isle-Fluss ein grösseres Klappen wehr (J. Schlich-
ting, Handbuch der Ing.-Wissenschaften. Wasserbau. Bd. III. 1892. S. 303).
n) Chanoine konstruierte 1850 nach dem Vorbilde des Thenard sehen Wehres ein zum Ab-
schluss eines SchUfdurchlasses dienendes Klappen wehr von 2,15 m Klappenhöhe in der Seine bei Cour-
beton (Handb. d. Ing.-Wissensch. 1892. Bd. III. 8. 304). t
i*) Lagren 6, Navigation inteneure. 3. Bd. 1873.
16) Krantz erbaute unter anderen ein nach ibm genanntes Klappen wehr bei Dinant, Belgien,
in der Maas (Bandb. der Ing.-Wissenschaften. Wasserbau. Bd. III. 1892. 8. 305).
17) Pasquean erbaute im Jahre 1879 in der Saöne bei Mulatiere am Zusammenfluss mit der
Rhone ein Klappenwehr von 103,60 m lichter Weite. Die Klappen sind je 1,40 m breit und 4,36 m
hoch, der Stau betragt bis su 3,50 m.
Pasquean, Barrage de la Mulatiere. Lyon 1879. Application du Systeme Pasquean aux
barrages de l'Ohio et de la Kanavha. Bordeaux 1885.
**) Der italienische Ingenieur Frassi erbaute Anfang der achtziger Jahre des vorigen Jahr-
hunderts im Lambro bei Limate, Provinz Pavia ein Klappenwehr aus hölzernen je 3,0 m langen uad
0,6 m hohen Klappen mit vertikalen Drehachsen. Jedes Tor hat seinen Drehpunkt nahezu am Ende
seiner Lange und die einzelnen Tafeln übergreifen sich jalousieartig in der Weise, dass sich der längere
Teil der einen Tafel auf den kürzeren der nächst folgenden stützt (Wochenblatt für Arch. und lag*
1883. S. 109. Bewegliches Stauwehr des Ingenieurs Frassi).
19) Girard brachte, um Klappen von 4,0 m Breite und 3,50 m Höhe (8,20 in der Lotrechten
gemessen) aufzurichten und niederzulegen, hydraulische Pressen in Vorschlag und hat auch probeweise
eine derartige Anlage ausgeführt. Nach seinem Projekt ist ein Wehr bei Auxerre mit 7 Klappen ausge»
führt, welche aber nur 3,52 m breit und 1,97 m hoch sind (S. 310. Wasserbau. Handbuch <L Ing.-WnstS'
schaften 1892 und Ann. des ponts et chaussees 1875).
*o) Josiah White baute im Jahre 1818 in Lehigh Flusse in Pensylvanien ein Klappenwehr
mit doppelten Klappen, welche durch den Wasserdruck selber aufgerichtet werden, indem das Ober-
wasser unter die zwischen zwei festen gemauerten Wanden befindlichen Klappen geführt wird.
*i) Garro hat später wesentliche Verbesserungen des letzteren Wehres vorgeschlagen, wonach
es möglich sein soll, Wehrklappen von 30,0 m Breite herzustellen (Ann. industrielles 1888. S. 80, Zentral-
blatt der Bauverwaltungen 1888. S. 230 und Handbuch der Ing.-Wissenschaften 1892. Bd. III. S. 31 H
**) Doell konstruierte ein selbsttätiges Klappenwehr mit sogenannter Schmetterlingaklap»«-
Die Klappe ist an einer wagerechten Achse drehbar und wird durch ein an einem Hebel befindlich*
Gewicht geschlossen gehalten. Erreicht der Wasserdruck eine gewisse Höhe, so öffnet sich die Klapp*
und fallt in ihre Schiusalage zurück, sobald der höhere Wasserdruck aufhört (Sympher, Doell'
selbsttätiges Stauwehr. Zentralblatt der Bauverwaltungen 1887. S. 452).
*3) Mohr, Wehranlage in der Küddow. Berlin 1882 (Zentralblatt der Bauverwaltungen 1882.
S. 846 und Mohr, Die Stauanlage in der Spree bei Charlottenburg. Zeitschr. f. Bauw. 1886. 8.337).
1 §. Stauwerke. A. Wehre. 655
namentlich nicht in sehr stark kiesführenden Flüssen. Die Dichtigkeit der Klappen-
wehre, abgesehen von den Trommelwehren, ist bei weitem nicht so gut als diejenige
sorgfältig ausgeführter Schützenwehre. Die Bedienung der nicht selbstwirkenden Klappen-
wehre verlangt meistens mehr Personal als diejenige der Schützenwehre, und die Be-
dienung der selbsttätigen Klappenwehre und der Trommelwehre wird schliesslich nicht
billiger als diejenige der Schützenwehre. Die Anlagekosten bei Klappenwehren, abgesehen
von ganz einfachen Klappenanlagen wie sie auf S. 653 erwähnt wurden, sind meistens
mindestens eben so hoch als diejenigen von Schützenwehren. Wenn es sich um schnelle
Öffnung von grossen Schützenöffnungen handelt, kann man, wie gesagt, heute mit Hilfe
von Elektromotoren jede praktisch erforderliche Schnelligkeit erzielen.
Im § 3, Schützen , werden noch einige Verschlüsse besprochen , welche auf Wehre
übertragen werden können.
8. Die Grundablässe oder Kiesfreiläufe. Da der Grundablass bei Kraftanlagen
in erster Linie dazu bestimmt ist, die sich vor dem Wehre bildenden Ablagerungen ins
Unterwasser zu spülen und den Einlauf zum Werkkanal frei zu halten, so liegt er am
besten unmittelbar am Uferpfeiler derjenigen Flusseite, auf welcher
der Einlauf zum Werkkanal liegt.
Die Sohlenhöhe des Grundablasses richtet sich nach der Höhe
der Schwelle desEinlaufes undsollte überall mindestens 0,50 m undbei
Flüssen mit grosser Geschiebeführung besser 1,0 bis 1,5 m unter der
letzteren liegen (vergl. Kap. HI, § 2, Werkkanäle, der Einlauf). Um die Spülwirkung
zu erhöhen, wird man die Flussohle aufwärts im Zuge des Grundablasses bis über das
Ende des Einlaufes hinaus befestigen und möglichst glatt herstellen. Ferner sollte man
der so befestigten Spülrinne noch eine Längsneigung von etwa 1 : 40 bis 1 : 20 nach der
Grundablasschütze hin geben.
Als Beispiele seien angeführt die Anlagen:
1. Fungtaera, Taf. X, Fig. 1. 5. Avignonnet, Taf. XXXVII, Fig. 1.
2. Pont St Martin, Taf. XIII, Fig. 1. 6. Livet, Taf. XLI, Fig. 4.
3. Morbegno, Taf. XVI, Fig. 2. 7. Füre et Morge, Taf. XLII, Fig. 7.
4. Kanderwerk, Taf. XXVI, Fig. 1 n. 2. 8. Ontario Power Co., Taf. XLIV, Fig. 2.
Eine Anordnung des Grundablasses wie bei der Anlage Les Clees-Yverdon (Taf.
XIX, Fig. 1) muss man als verfehlt bezeichnen, weil durch denselben ein direkter Ein-
fluss auf die Reinhaltung der Flussohle vor dem Einlaufe nicht erzielt werden kann.
Der Abfallboden eines Grundablasses wird im Gegensatz zu dem Abfallboden hinter
dem Überfall wehr glatt zu machen sein, damit der Kies und Sand möglichst weit bis
in die Stromrinne des Flusslaufes geführt wird. Je nach der Starke des Geschiebekornes,
welches in dem betreffenden Flusse vorkommt, sind die zur Fortspülung des Geschiebes
erforderlichen Geschwindigkeiten auf dem Abfallboden verschieden grosse (vergl. die An-
gaben in § 2 dieses Kapitels). Bei Geschwindigkeiten von 3,0 bis 3,50 m auf der Sohle
wird jede Art von Geschiebe noch mit genügender Wucht ins Unterwasser gespült. Die
Länge des befestigten Abfallbodens hinter der Schützenöffnung eines Grundablasses richtet
sich nach der Wassergeschwindigkeit, welche, höchstens in dem Spülstrome herrschen
kann, und die Befestigung kann dort aufhören, wo die Geschwindigkeit v = ,v auf ein
Mass gesunken ist, welches der natürlichen Flussohle nicht mehr gefährlich wird.
Liegt die Flussohle unterhalb des Wehres erheblich tiefer als der Fachbaum des
Grundablasses und handelt es sich in demjenigen ungünstigsten Falle, welcher für die
656 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Betrachtung zugrunde zu legen ist, um eine grosse Wasserspiegeldifferenz zwischen Ober-
und Unterwasser, so empfiehlt es sich, den Abfallboden in einer oder mehreren Stufen ab-
fallen zu lassen und die oberen Stufen, in denen die Geschwindigkeit an der Sohle sich
ohnehin stark genug entwickeln wird, um die Geschiebe und Sinkstoffe abzufahren,
wagerecht zu machen. Der untersten Strecke des Abfallbodens gibt man dann wohl
eine Neigung, mit welcher sie in die natürliche Sohlenhöhe des Flusses selbst übergeht
Sonst könnte unter Umstanden, wenn an der gedachten Stelle der benetzte Querschnitt
infolge der grösseren Wassertiefe und Profilbreite zu stark anwächst, die Wasser-
geschwindigkeit des Spülstroms nicht mehr ausreichen, um die Geschiebemengen zu be-
wegen und es könnte Versandung eintreten.
Bei der Anlage Avignonnet (Taf. XXXVII, Fig. 2 und 3 und Seite 501) wurde der
mit Ufermauern kanalförmig ausgebildete Abfallboden trotz des grossen Wasserdruckes
am Grundablass (7,0 m) und der tiefen Lage der Flussohle unter der Schwelle des Grund-
ablasses nicht stufenförmig, sondern mit einer starken Längsneigung in die Flussohle
übergeführt, weil die Sohle und das Ufer aus Felsen bestanden, also an sich schon sehr
widerstandsfähig waren und durch eine Betonlage und Pflasterung ohne grosse Kosten noch
befestigt werden konnten. Die gewählte Ausführung erschien unter den obwaltenden
Umständen als die einfachste und billigste.
Bei der Anlage Füre et Morge (Taf. XLII, Fig. 1 und Abb. 120, S. 534) konnte
der mit eichenen Bohlen auf einem starken Betonfundament befestigte Abfallboden
des Grundablasses verhältnismässig kurz sein, weil das durch den Grundablass hin-
durchströmende Wasser alsbald in das breite Flussprofil eintritt und deshalb F bald
verhältnismässig gross und v = ^ verhältnismässig klein werden muss. Dazu kommt, dass
die Flussohle aus grobem Kies und Steinen besteht und durch Betonblöcke noch
künstlich rauh und widerstandsfähig gemacht ist, und ferner, dass sowohl die Sohle des
Grundablasses als auch die Pfeiler auf einem mächtigen mit Pressluft 10,0 m tief in
die Flussohle hineingesenkten Caisson stehen, sodass also selbst, wenn Auskolkungen vor-
kommen sollten, dieselben ungefährlich sein würden.
Mit Rücksicht auf die ausschleifende Wirkung des Kieses und Sandes wird der
Abfallboden von Grundablässen entweder durch eine Lage aus fettem Beton oder durch
Pflasterung aus behauenen Quadersteinen oder durch einfachen oder doppelten Bohlen-
belag befestigt. Der Bohlenbelag muss sehr sorgfältig auf dem Betonfundament fest-
gemacht werden, damit er durch die Strömung nicht aufgerissen wird. Jedenfalls ist
darauf Bedacht zu nehmen, dass die Sohlenbefestigung, wenn sie im Laufe der Zeit
durch das Geschiebe zersplittert oder verschlissen sein sollte, möglichst leicht und
schnell repariert werden kann.
Damit der Fachbaum oder die eiserne oder steinerne Schwelle der Schützentafeln
eines Grundablasses beim Schliessen durch das strömende Wasser frei von Sand und Kies
gehalten wird, legt man dieselben etwas höher (0,10 bis 0,15 m) als den Vorboden und
lässt den letzteren etwa mit 1 : 3 bis 1 : 6 zu der Schwelle ansteigen, derart aber, dass
scharfe Absätze vermieden werden.
Die lichte Weite des Grundablasses wird nach den Formeln 8, 8a, 9, 9a, 11.
12 oder 13 (vergl. S. 623 u. 629), je nach den obwaltenden Verhältnissen, berechnet. Die
sekl. Wassermenge Qlf welche durch den Grundablass unter den ungünstigsten Umständen
hindurchfliessen soll, muss unter Berücksichtigung der Länge und Höhe des festen
Wehres, der Art und Grösse der übrigen Durchflussöffnungen durch Probieren gefunden
§ 1. Stauwerke. A. Wehre. 667
werden, indem man verschiedene Lösungen durchrechnet und diejenige auswählt, welche
die meisten Vorteile in sich vereinigt.
9. Flossgassen und Eisschütxen. Die Flossgasse legt man, wenn die Interessen
der Kraftgewinnung in erster Linie massgebend sein können, am besten auf das dem
Einlauf gegenüberliegende Ufer, vorausgesetzt, dass man bei allen Wasserständen, bei
denen die Flösserei stattfinden soll, an der genannten Seite überall die nötige Wasser-
tiefe auf- und abwärts des Wehres findet. Die genannte Lage hat den Vorzug, dass
bei Öffnung der Flossgasse die Absenkung des Wasserspiegels nicht nachteilig auf den
Eintritt des Wassers in den Werkkanal einwirken kann, und verbindet damit den
weiteren Vorteil, dass man die Flösse vom Ufer aus leiten kann. Als Beispiel sei auf
die Anlage Wangen verwiesen (Taf. XXII, Fig. 2).
Legt man aus anderen Gründen die Flossgasse mehr nach der Flussmitte zu,
wie z. B. bei der Anlage Rheinfelden (Taf. XLVII, Fig. 2 und 3). so muss man aufwärts
der Flossgasse längere Leitwerke aus Pfählen oder Ducdalben mit schwimmenden Leit-
hölzern oder Leitflössen anordnen, damit die Flösse nicht abtreiben, sondern sicher in
die Flossgasse hineingelangen können.
Bei den Anlagen Hagneck (Taf. XXXII, Fig. 2 und Lechwerk, Taf. XLV, Fig. 1)
hat man die Flossgasse an den Uferpfeiler derjenigen Seite gelegt, auf welcher der Ein-
lauf liegt und den Grundablass nach der Flussmitte zu neben die Floss-
gasse. Diese Anordnung hatte für Hagneck insofern keine nachteiligen Folgen, als die
Schwelle des Einlaufs zum Werkkanal erheblich höher als die Sohle des Grundablasses
liegt, sodass die ausreichende Abführung der Ablagerungen trotz der Verschiebung
des Grundablasses nach der Flussmitte gesichert war. Massgebend für die gewählte
Lage der Flossgasse war hier wohl der Gesichtspunkt, d&ss die Flösse im Unterwasser
auf dem rechten Ufer das beste Fahrwasser zum Einlauf in den Bieler See finden.
Ferner war es vorzuziehen, die Eisschütze in der niedrigen Schütze der Flossgasse an-
zulegen, weil der Einschnitt der Eisschütze die Stabilität der Schützentafel immerhin
erheblich beeinflusst und dieser Umstand bei den hohen Schützen des Grundablasses
nachteiliger ins Gewicht gefallen wäre. Die Eisschütze selbst liegt ausserdem bei Hagneck
für die Freihaltung des Einlaufs von Stückeis besser in der Nähe des Ufers.
Bei der Anlage Lechwerk Gersthofen lässt die Spülwirkung des Grundablasses
vor dem Einlauf wegen seiner nach der Flussmitte verrückten Lage zu wünschen übrig.
Man wählte wohl auch hier die beschriebene Lage der Flossgasse mit Rücksicht auf die
leichtere Bedienung der Flösse. Wenn die Flossgasse an die Stelle des jetzigen Grund-
ablasses gelegt worden wäre, so hätte man durch eine Pfahlreihe mit einer leichten
Bedienungsbrücke vom Ufer nach der Flossgasse die gute Führung der Flösse gleichfalls
erreichen und den Grundablass ans Ufer legen können und hätte damit eine bessere
Spülung vor dem Einlauf erzielt. Die Baukosten dürften angenähert dieselben ge-
blieben sein.
Die Flossgassen erhalten je nach der Breite der bei dem Flusse vorkommenden
Flösse Breiten von 3,5 bis 20,0 m. Die lichte Breite der Flossgasse beträgt bei Wangen
7,5 m, bei Hagneck 12,30 m, beim Lechwerk 12,50 m, bei Rheinfelden 20,0 m.
Die Höhe des Fachbaums der Flossgasse richtet sich nach dem niedrigsten
Wasserspiegel im Oberwasser, bei welchem noch Flösserei stattfinden soll. Für die
Durchfuhrung der Flösse genügt eine Wassertiefe von 0,50 m (Taf. LI, Fig. 2, Floss-
gasse der Anlage Gersthofen).
Handbuch der Ing.-WiuenKh. III. Teil. 13. Bd. 42
658 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräfte«. Eewkrj^dkiteh.
Der Abfall bodon der Flossgasse muss glatt sein, kann aber Stufen von 0,90 m
Höhe enthalten, da dieselben ohne Schwierigkeit von den Flössen überwanden werden.
Die Neigung des Abfallbodens der Flossgasse bei dem Lechwerk ist anf der ersten
30,0 m langen Stnfe ca. 1 : 17, anf der zweiten 15,60 m langen Stufe 1 : 44, dazwischen
liegt eine Stufe von 0,80 m Höhe. Bei Wangen ist die Neigung etwa 1 : 18. Es schwanken
die Gefälle zwischen 1 : 10 und 1 : 100. Man wählt aber in der Regel die steileren Ge-
fälle, um die Baukosten zu verringern. Meistens wird der Boden der Flossgasse aus
Holz gebildet. Da der Abfallboden der Flossgasse meist höher liegt als derjenige des
Abb. 179. Flougaaas dar Wasserkraft- Anlags Wangen im Bau.
daneben liegenden Grundablasses oder Überfallwehres, so muss die Flossgasse durch
beiderseitige Hauern eingefasst werden und zwar bis zu der Stelle, wo der Unterwasser-
Spiegel in der Flossgasse bei geschlossener Schütze und bei den für Flösserei in Frage
kommenden Wasserständen mindestens 0,60 m betragt. Die Länge des befestigten Abfall-
bodens der Flossgasse ergibt sich ans denselben Überlegungen. Die baulichen Anord-
nungen einer Flossgasse gehen ans Taf. LI, Fig. 3 (Flossgasse Lechwerk) and aus Abb. 179
(Flossgasse Wangen) am besten hervor.
Findet das Flössen nur bei Wasserständen statt, bei welchen die Wasserspiegel-
differenz zwischen Ober- und Unterwasser nicht grösser ist als 2,5 bis 3,0 m, so kann
man bei Schützenwebren mit genügender Wassertiefe im Unterwasser anter Umstanden
die Flossgasse entbehren und die Flösserei durch den Grondablass oder eine genügend
breite andere Wehröffnung stattfinden lassen, da die Flösse ohne Schwierigkeit den
Sprung überwinden (Anlage Bernau, Taf. XXV, Fig. 1 und 2).
§ 1. Stauwerke. A. Wehre. 659
Wegen der Vorrichtung an Wehred und Einlaufen für Wildflösserei (Flösserei mit
ungebundenem Holz) wird es genügen, auf die Anlagen Hafslund (Seite 481) u. Kykkels-
rud (Taf. XXXIV, Fig. 2 und Seite 487) zu verweisen.
Führt der FIuss Stückeis und ist ein Überfallwehr nicht vorhanden, über welches
das Eis von dem Strom selbsttätig hinweggetrieben wird, oder tritt der Eisgang in den
Zeiten ein, wo der Wasserzufluss knapp ist — wie bei den meisten Gebirgsflüssen —
und deshalb der Stauspiegel die Wehrkrone mitunter nicht erreicht, so legt man ent-
weder in der Flosschütze (Anlage Hagneck, Seite 474) oder in der Grundablasschütze
oder in dem Überfallwehre selbst eine Eisschütze an, um das Eis ins Unter-
wasser abzuführen. Bei der Wahl der örtlichen Lage der Eisschütze ist der Haupt-
gesichtspunkt, dass das treibende Eis vom Biulauf möglichst selbsttätig durch den
Spülstrom entfernt wird. Bei Überfallwehren in Flüssen mit stärkerer Eisführung
empfiehlt es sich wohl, vom oberen Ende des Einlaufe ochräg herüber zum nächsten
Pfeiler des Überfallwehres einen schwimmenden Eisabweiser aus Holz anzuordnen.
Derselbe muss aber mindestens 0,50 m eintauchen, weil sonst das Eis untertauchend
dennoch vor den Einlauf gelangen und sich dort festsetzen kann.
10, Flachpässe. Einige Fischarten, wie z. B. Lachse und Forellen, gehen zur
Laichzeit aus den unteren Strecken der Flüsse in die oberen bis zu den Quellenbächen,
um dort an geschützten Stellen zu laichen. Nach der Laichzeit kehren die Fische dann
regelmässig zu den unteren Strecken zurück und die junge Brut folgt später nach.
Obwohl grössere Fische Hindernisse von 1,0 bis 1,5 m, ja selbst solche von
2,0 m Höhe springend überwinden können, wenn sie unterhalb genügende Wassertiefe
vorfinden, so sorgt man doch mittelst Fischpässen für einen möglichst kontinuierlichen
FIuss, um das Aufsteigen zu erleichtern. Die Fischpässe werden entweder als kleine
Stufenwehre ausgebildet, durch welche die Wasserspiegeldifferenz zwischen Ober- und
Unterwasser allmählich überwunden wird, oder wie bei den Ergänzungsanlagen am Wehre
der Anlage Rheinfelden (Seite 578) nach dem sogenannten Wildbach-System.
Die einzelnen Stufen haben bei der erstgenannten Art der Fischpässe meistens
eine Länge von 1,30 bis 1,75 m und eine Höhendifferenz von 15 bis 30 cm (S. 557
Abb. 132 und Taf. LI, Fig. 1, Anlage Lechwerk). Die lichte Breite eines Fischpasses
beträgt gewöhnlich, je nach der Grösse der Fische, denen der Pass dienen soll, 1,20 bis
1,50 m. Die einzelnen Stufen sind durch kleine Quermauern getrennt, in welchen ab-
wechselnd auf der einen und dann auf der anderen Seite sich die Durchflussöffnungen des
Wassers befinden (Taf. XIX, Fig. 1, Anlage Les Clees). Die Sohle der Durchflussöffnungen
liegt 10 bis 25 cm, je nach der Grösse der vorkommenden Fische über der Sohle der
betreffenden Stufe, sodass immer die dieser Höhendifferenz entsprechende Wassertiefe in
den einzelnen Stufen vorhanden ist. Das Wasser fliesst also in der Fischtreppe im
Zickzack hin und her und die Fische überwinden die einzelnen Stufen durch Sprünge.
Man benutzt zur Anlage der Fischtreppen entweder die Ufermauern oder die Mauern
der Flossgasse oder der Grundablässe. Um die kleinen Fische gegen grössere Raubfische
zu schützen, werden häufig in den Seitenwänden der Fischpässe Schlupflöcher von
0,20/0,20 Seitenlange angelegt (Anlage Wangen, Seite 425).
Die Fischpässe können oben offen oder bedeckt sein (Anlage Wangen, Seite 425,
Hagneck, Seite 474 und Rheinfelden, Seite 579). Wenn die Fischpässe so nahe am
Ufer liegen, dass sie vom Ufer aus von Unbefugten leicht erreicht werden können, so
ist es zu empfehlen, sie entweder bedeckt anzulegen oder durch eine hohe Mauer am
42*
660 HL Theodob Komme. Ausbau voir Wasbkkxräften. Einzelheiten.
Ufer Raabfifcherei zn verhindern. Mao kann die Fischpässe entweder massiv in Zement
und Stein oder in Holz herstellen. Der Zutritt des Wassers zum Fischpass vom Ober-
wasser ans ist meistens offen, sodass selbsttätig stets Wasser hindnrchfliesst. Man kann
aber auch die Öffnung dnrch eine Schätze regulierbar machen, wenn es auf Wasser-
ersparnis ankommt. Die Sohle der oberen Eiogangsöffnung pflegt man 0,30 bis 0,60
unter dem niedrigsten Wasserspiegel im Oberwasser zu legen.
11. Die statische Berechnung der Wehre. Der Wasserdruck ist immer lotrecht
zur gedrückten Fläche gerichtet Er gebt also bei lotrechten Flächen in einen wage-
rechten Druck und bei wagerechten Flächen in einen lotrechten Druck über.
a) Die Berechnung eines Grieastinders (Abb. 180). Es mögen bedeuten
AB = * Stützlänge des Ständers,
y Gewicht von 1 cbm Wasser,
b Abstand von Mitte zu Mitte der beiderseitigen Schützentafeln,
dann ist, wenn alle Abmessungen in Metern ausgedruckt werden und im übrigen die
Buchstaben die Bedeutung haben, welche sich aus der Abb. 180 ergibt, der Gesamt-
wasserdruck auf den Ständer
Abb. 180. , |
D= 2^<2a + 1') t40»
und sein Moment um den Stützpunkt A
a» = ,b[.h*-4'(.+!)] («)
S! = ^.[3a(a+h) + h>] (42)
Der obere Stützdruck:
B = ^-^[3»{a + h) + -,J (43)
und der untere Stützdruck A = D — B. {44)
In einer beliebigen Tiefe x von dem Oberwasserspiegel ist das Biegungsmoment
des Ständers für x<k
Uw = B.(m + x)-yb**.l (46)
Ist $ derjenige Wert von x, für welchen das Biegungsmoment am grössten wird.
dann erhält man für £ die Bedingnngsgleichungen , indem man -=0 setzt, also
2 B — y b £ * = 0 und hieraus in Verbindung mit der Gleichung 45 das grösste Biegungs-
moment
M.„=B(m + g;) (46)
wonni=|/2B
Für | > h wird
A" (D— B)" . .
M-"=2-bh= 27Eh •"""'« (47>
welche Formel aus der Momentengleichung für den unteren Teil des Ständers und zwar
in gleicher Weise wie die vorige ans derjenigen des oberen Teils erhalten wird. Es
muss ferner sein : Mmu • 100 = s . W„, wenn s die zulässige Beanspruchung des Materials
§ 1.
Stauwerke. A. Wehre.
661
pro qcm (bei Holz 60 kg, bei Eisen 700 bis 1000 kg) und Wm das Widerstandsmoment
des Griesständerquerschnitts bedeuten.
b) Berechnung eines Wehrpfeilers. Die Länge und die Breite des Pfeilers
müssen so gross sein, dass der Wasserdruck ihn weder umstürzen noch abscheren kann.
Ferner dürfen die Kantenpressungen die zulässige Beanspruchung des Materials und
des Baugrundes nicht überschreiten.
Für das Umstürzen ist das Verhältnis des statischen Moments zum Umsturz-
moment massgebend, und wenn man in dieser Beziehung eine doppelte Sicherheit ver-
langt, so muss das statische Moment doppelt so gross sein als das Moment aller Kräfte,
welche auf Kanten wirken. Bei dieser Untersuchung lässt man meistens die Gewichte
der Vorköpfe und Hinterköpfe des Pfeilers ausser Betracht und ebenso die Kohäsion in
der Mauerfuge.
Es mögen bezeichnen mit Bezug auf Abb. 181 F den lotrechten Pfeilerquerschnitt
in Richtung der Stromachse über AB ohne die Pfeilerköpfe in qm,
S den Schwerpunkt der Pfeilerfläche,
Q da3 ganze Gewicht des Pfeilers über AB in kg und ux = u -|- e seinen Hebelarm
in m um die Kante A,
OT die Länge einer schräggestellten Schützentafel in m,
W die Resultierende aller Wasserdrücke auf den Pfeiler in kg und c ihren Hebelarm
um die Kante A in m,
so muss, damit der Pfeiler um A nicht kantet, bei doppelter Sicherheit die Gleichung gelten :
b 4W c
QUl = 2 W . c (48), und da im Falle von Abb. 181 ux = ^, so wird b = -~- (49)
Der Druck des Wassers auf die Schützen bei T ist auf 1,0 m Tafelbreite =
b8 . 1000 kg. Der Druck bei O ist = h . 1000 kg, und zwar wirken diese Drücke lotrecht
zur Schützenfläche. Sie würden also horizontal
gerichtet sein, wenn die Schützen lotrecht stän-
den. Der von den Schützen herrührende Wasser-
druck auf den Pfeiler wird durch ein Trapez
OTUV in kg dargestellt, wenn die Wasser-
drücke pro lfm. bei T und O, multipliziert mit
der Summe der halben Breiten der an den
Pfeiler anschliessenden Schützenöffnungen, auf-
getragen werden. Ist das Gewicht von 1 cbm
Mauerwerk yt = 2500 kg und beträgt die
Pfeilerbreite a, so ist: Q = F . a . 2500 kg.
Jeder qm der Fläche F entspricht also einem
Gewicht von a . 2500 kg.
Man wird nun den Wasserdruck in dem-
selben Flächenmasstabe darstellen. Beträgt die
Summe der halben Breiten der beiden in Rech-
nung zu ziehenden Schützentafeln l, so ist der Gesamtdruck bei T = h8 . 1 . 1000 kg und der
Gesamtdruck bei O = h . 1 . 1000 kg. Wenn nun das Trapez des Wasserdrucks denselben
Abb. 181.
i j "l/V\A
Flächenmasstab haben soll als der Pfeilerquerschnitt, so muss UT = 3 " ',„ kg
a.2500
sein
h . I . 1000
und VO=-f— ^7vT~ ^8- Allgemein ausgedrückt ist also bei einem Mauergewicht yx
662 in. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
von 2500 kg die Breite des Trapezes des Wasserdrucks auf die Schütze an einer beliebigen
Stelle z = 0,4 b,.-.
Der Wasserdruck in kg auf den Pfeiler ist ^. 1000. a = GB.|.a. 2500,alsoGB
= 0,4 h.
Der Wa8serdrnck anf die Schütze greift im Schwerpunkt des Trapezes an und ist
= der Flache dieses Trapezes in qm multipliziert mit a . 2500 kg. Der Wasserdruck auf
den Pfeiler ist = der Fläche des Druckdreiecks fs multipliziert mit demselben Faktor
und greift im Schwerpunkt dieses Dreieckes, also bei s an- Das Gewicht Q des Pfeilen
greift im Schwerpunkt des Pfeilerquerschnittes über AB an. Der Schwerpunkt eines
Trapezes wird bekanntlich nach Abb. 182 gefunden. Man kann nun mit Hilfe der
Seil- und Kraftevielecke die Grosse und Richtung der resultierenden Wasserkraft W
zeichnerisch ermitteln und findet so den Hebelarm c um die Kante A. Ebenso findet
man die Resultierende R aller Krifte nach Grösse und Richtung in der Fuge A B, sowie
den Abstand u des Schnittpunktes der Resultierenden R mit der Fuge AB von A.
Bei der Untersuchung auf Kanten wird mitunter
Abb. 182. noc|! 4je Annahme gemacht, dass sich eine Fuge bilden
/— * '"_ "* konnte, in welcher der Auftrieb des Oberwassers zur
Wirksamkeit käme.
Fecht hat bei seinen Untersuchungen von Sperr-
mauern,4) vorgeschlagen, eine den Querschnitt in gleicher
Stärke durchschneidende wagerechte Fuge anzunehmen,
in welcher der Wasserdruck von der vollen Druckhöhe wasserseitig bis auf 0 luftseitig
linear abnimmt. Die Druckfigur nach Fecht würde also ein Dreieck bilden und der
gesamte Auftrieb für die Fuge AB würde sein: g. h.a. y. Die Gleichung (48) würde lauten :
Q . nx = 2 W . c + V« bf h . a . y.
Intze hat bei der Talsperre Marklissa einen dem Gesamtwasserdruck ent-
sprechenden Auftrieb angenommen, welcher sich über die ganze Fuge gleichmassig ver-
teilt (Seite 596), sodass sich der Gesamtauftrieb durch ein Rechteck von der Lange b
und der Höhe h . 1000 kg darstellen lässt. Es würde bei dieser Annahme die Gleichung (48)
demnach lauten:
b*
Q.u1 = 2W.c+|.a.h.y.
Bei der Untersuchung auf Abscheren wird man bei Annahme einer wage-
rechten Bruchfuge meistens von der Scherfestigkeit des Materials ganz absehen und
nur die Reibung in Betracht ziehen. Die Reibung in der Fuge A B ist = der Nonnal-
komponenten N der Resultierenden R multipliziert mit dem Reibungsbeiwert f = tgf.
Letzteren darf man für Mauerwerk höchstens mit 0,75 annehmen. Es müsste also bei
doppelter Sicherheit die Gleichung gelten (Abb. 181):
N.0,75^2H odertg0<^ oder 0<rd.2O° (50)
wenn H die Komponente von R in Richtung der untersuchten Fuge bedeutet. Auch
dieser Betrachtung wird wohl vorsichtshalber die untersuchte Fuge als offen und
•«) Zeitschr. f. Bsnw. 1889.
§ 1.
Stauwerke. A. Wehre.
668
dem Auftrieb ausgesetzt angenommen. Will man diese Annahme machen, so würde
nicht N, sondern entweder nach Fecht (N . a.y).f^2H oder nach Intze:
(N — b . a . h . y) . f ^ 2H zu setzen sein.
Es sind nun noch die Kantenpressungen zu ermitteln, um festzustellen, ob das
Material an keiner Stelle überlastet wird. Man wird annehmen können, dass der An-
griffspunkt von R auf der Mittellinie EF25) der als Rechteck lotrecht zur Bildfläche
gedachten Pfeilerfuge AB CD (Abb. 183) liegt. Ist der Angriffspunkt von R um
e vom Mittelpunkt des Rechteckes entfernt, so kann man die Normalkomponente N
ersetzen durch eine Einzelkraft = N, welche im Mittelpunkt M angreift, und durch das
Kräftepaar N,N mit dem Hebelarm e. Die im Mittelpunkt angreifend gedachte Kraft
erzeugt für die Quadrateinheit des Rechtecks eine gleichmässige Druckspannung, während
das Kräftepaar eine Biegungsspannung erzeugt, welche an der Kante A in einer Druck-
spannung von der Grösse 8 für die Quadrateinheit und an der Kante B in einer Zug-
spannung von derselben Grösse besteht. Ist J das Trägheits-
moment des Rechtecks von der Länge a in bezug auf die durch M
gehende zur Kante A parallele und zur Bildfläche lotrechte Achse,
8 6
so ist N . e = ,, , . J = */• a b* . s, mithin s = 6 . — r« . N.
V* b a b*
Die gesamte Normalpressung an der Kante A beträgt dem-
nach für die Quadrateinheit nt = s -| r = -— r ( 1 + -r- ) (51)
und an der Kante B, n8 = — s -| r = — r ( 1 — -r-) (52)
Da nun die Biegungsspannungen von der Kante A nach
der Kante B gradlinig abnehmen, so bildet die Darstellung der
Normalspannungen ein gerades über ABGD stehendes Prisma,
dessen Kanten bei A und D die Länge nt und dessen Kanten
bei B und C dagegen die Länge ns haben. Der Inhalt dieses Pris-
mas ist x/t (nt -f- n2) . a . b = N. Die Pressung an der Kante B
wird 0, wenn 1
- = 0, mithin wenn e= ~ wird: d. h. wenn
b 6
Zugspannungen nicht auftreten sollen, muss der Angriffspunkt der
Resultierenden R um 7s b von der Kante A abstehen. An die Stelle der
trapezförmigen Schnittfläche des Druckprismas tritt in diesem Falle
ein rechtwinkeliges Dreieck, dessen senkrecht auf AB stehende
2N
Kathete den Wert = — r hat, und die Kantenpressung bei A ist
a* u
in dem Falle doppelt so gross als die Pressung, welche die Kraft N
erzeugen würde, wenn sie im Mittelpunkt M angreifen würde. Die
Annahme, dass Zugspannungen in der Fuge nicht aufgenommen
werden können, wird meistens für alle Fugen gemacht, sie muss aber jedenfalls für die
b.
u.a
Grundfuge gemacht werden. Wenn u (Abb. 184) kleiner als ä ist, wird daher N = 3 . -^- . n
und n —
2N
Su.a
. — Die Gleichung (51) lässt sich auch schreiben:
*5) In der Projektion vod A sollen £ and D, in der Projektion von B, F and G liegend gedacht sein.
664 HL Theodor Koehn. Ausbau ton Wasserkräften. Einzelheiten.
2N /„ 3u\ ... , 2N /0 3u\ .._.
n> = iTb \2~t) und bei a=1; "«"tI^t) (s>3)
nnd die Gleichung (52)
2N/3u ,\ , . - , 2N /3u ,\ ....
n> = ^VT-V Bnd beia = 15 n»= b IT ~V (54)
Man hat nun noch die Kantenpressungen für den Fall, dass der Wasserdruck
auf das denkbar kleinste Mass zurückgeht, zu untersuchen, also z. B. beim Wegfall jeden
Wasserdruckes die Resultierende aller Vertikalkräfte aufzusuchen, was sowohl rechnerisch
als auch zeichnerisch leicht durchzuführen ist. Bei dieser Untersuchung müssen alle
Brücken- und Schützengewichte etc. mit berücksichtigt werden und es wird sich hier
oft der Fall ergeben, dass die Resultierende R, also auch die Normalkomponente X
nicht auf der Mittellinie EF der Pfeilerfuge ABCD liegt. Es ist dann zu untersuchen,
ob der Angriffspunkt von R innerhalb des Kernes der Lagerfuge bleibt, d. h. innerhalb
einer Raute, deren Ecken auf den Mittellinien des Rechteckes in den Entfernungen von
V«b bezw. */•* vom Mittelpunkte liegen. Damit wären dann die Untersuchungen bezüg-
lich der Fuge ABCD beendigt.
Man kann nun nötigenfalls die gleiche Untersuchung für die Fuge A^
(Abb. 181) wiederholen. Bei Untersuchung der Grundfuge A2B2 ist festzustellen, ob die
Kantenpressungen nicht die zulässige Belastung des Baugrundes überschreiten, ob die
Druckmittellinie im inneren Drittel des Querschnitts bleibt und ob der ^£ß nicht grösser
als etwa 20° wird.
Liegt der Unterwasserspiegel auf der Höhe der Fuge AB, so wird das Pfeiler-
gewicht unterhalb AB pro cbm Mauerwerk (2500 — 1000) = 1500 kg. Jedem qm der Quer-
schnittfläche entspricht also unterhalb der Fuge AB nur ein Gewicht von 1500 X der
Pfeilerbreite a. Man wird sich nun einen Mauerkörper von dem an den Pfeiler an-
schliessenden Wehrkörper losgelöst denken, welcher in der Fuge AtB| die Breite s^
und in der Fuge A8BS die Breite a2 haben möge. Dann entspricht einem qm der
Fläche AB B,A, ein Gewicht von ^ ' ■ 1500 kg und dem qm der Fläche A1B1B2A2
ein Gewicht von T • 1500 kg. Diesem veränderten Flächenmasstab entsprechend wird
man auch die Wasserdruckfiguren darzustellen haben. Wenn die Flussohle bis zur
Unterkante 0 der Schütze mit Kies oder Sand gefüllt sein kann, muss man auch den
hierdurch verursachten Mehrdruck in Rechnung stellen. Man kann entweder den Wasser-
druck und den Erddruck getrennt berechnen oder den letzteren annäherungsweise be-
rücksichtigen, indem man das Gewicht des Wassers unterhalb der Fuge AB pro cbm
etwa zu 1500 bis 2000 kg annimmt. Es wird also, wenn man ein Gewicht von 1500 kg
zugrunde legt und annimmt, dass das Profil des Pfeilers aufwärts und abwärts symme-
o h 1000
trisch ist, die Länge JB der Druckfigur = 7~T~TT W ' die Länge KBt der Druckfigur
Ti*i2(hi — h) 5°0 in -A irn a un tr i 2(h* — hi) 500
=JB-f-r--. r -TänRi LB. wird = KB, und MB8 = LBl +-/ — T — ;--T5vr
1 (a-j-a,) 1500' ^ l * (*i+at) lo00
Diese Art der Darstellung der Druckfläche ist natürlich nur angenähert richtig und
nur zulässig, wenn die vordere und hintere Begrenzung des Pfeilers ungefähr symmetrisch
aind. Anderenfalls muss man auf der Vorderseite den vollen Wasserdruck und den Erd-
druck in Rechnung stellen und auf der Unterwasserseite gleichfalls den Wasserdruck.
Mit Hilfe der Seil- und Kräftevielecke können dann die Kräfte zusammengesetzt und
die 3 oben genannten Untersuchungen durchgeführt werden (S. 744).
§ 1.
Stauwerke. A. Wehre.
665
c) Die Berechnung des Wehrkörpers eines massiven Wehres, Die Berechnung
eines Wehrkörpers lässt sich nach Anleitung der ad b gegebenen Betrachtungen und
Formeln ohne weiteres durchfuhren, wenn man die etwa gekrümmte, stromaufwärts ge-
legene Fläche des Wehrkörpers durch ein Vieleck ersetzt und dann die Wasserdrücke
auf die einzelnen ebenen Flächen ermittelt und ihre Richtung
senkrecht zu den einzelnen Flächen annimmt. Man betrachtet ^b. 185#
nun einen durch zwei lotrechte Schnittebenen abgeschnittenen "s
Wehrteil von 1 m Breite, indem man die Reibung in den
ideellen Schnittflächen unberücksichtigt lässt, stellt dafür den E!
Kräfteplan zeichnerisch dar und ermittelt daraus die Druck-
linie und die Kantenpressungen. Die Gewölbewirkung bei im f=
Orundriss gekrümmten Wehren lässt man meistens ausser ~
Betracht (vergl. auch Abschn. B „Talsperren" dieses Para-
graphen).
d) Die Berechnung eines Nadelwehres. Die Berech-
nung erfolgt in gleicher Weise, wie die Berechnung eines Ständers (Abb. 185).
Es ist der Gesamtdruck auf eine Nadel von der Breite b zwischen den Stütz-
punkten A und B
D=rc^«(2a+h>- ' <»)
Das Drehmoment um A als Drehpunkt ist:
(56)
~ und A = D - ~ . (57)
Das Biegungsmoment der Nadel ist nach den Gleichungen (46) u. (47):
äR = /bA.[3a(a4.h) + h*],
B
Mm» =
je nachdem £
■Y
cos
B-(m + V^)oder=2A^
(58)
2 B cos a
yb
< h oder >h ist.
Abb. 186.
Setzt man b gleich dem lichten Abstand der Wehrböcke voneinander,
so ergibt sich aus den Formeln 55 bis 57 der Druck B (Abb. 186), welcher durch die
Brücke oder die obere Lehne der Nadel auf jeden Wehrbock übertragen wird.
In Abb. 186 ist B die einzig angreifende Kraft,
welcher der Wehrbock zu widerstehen hat. Der Vorder-
ständer BF wird auf Zug, die Strebe BE auf Druck
beansprucht und die bezüglichen Kräfte nämlich
R c R f
Zsss—1- und Y= — — ergeben sich unmittelbar aus den
e g
Momentengleichungen für die Stützpunkte E und F als
Drehpunkte.
e) Die Berechnung yon einseitig, dem Wasser-
druck ausgesetzten Mauern. Dieser Fall kann in Be-
tracht kommen bei Trennungsmauern zwischen Grund-
ablässen, Flossgassen etc. und dem Abfallboden des Wehres, bei den Seitenwänden der
Werkkanäle, insonderheit aber bei Talsperren. Man wird, sofern es sich um
höhere Mauern handelt, die Untersuchung stets für zwei Fälle durchzuführen haben, näm-
lich 1. für den Fall des höchsten einseitigen Wasserdruckes (gefülltes Becken) und 2.v für
686 III. Theodor Kokon. Ausbau tos Wasserkräften. Einxelhkitkn.
den Fall, dasa der Wasserdruck ganz verschwindet (angefülltes Becken). Als Be-
dingungen müssen für beide Falle gelten :
1. Dasa die Stützlinie nicht am dem mittleren Drittel einer untersuchten Lager-
fuge heraustritt,
2. Daas die Pressung an der wasserseitigen und luftseitigen Kante des Quer-
schnitts den zulassigen Wert nicht übersteigt.
3. Dass der Winkel ß der resultierenden Dracklinie mit dem Lote zur Lagerfug»
eine gewisse Grenze nicht überschreitet, damit Gleiten, bezw. Abscheren nicht
eintreten kann.
Man wird zunächst nach vorhandenen Beispielen einen Mauerquerschnitt wählen,
ihn der Untersuchung unterziehen und dann je nach den Resultaten denselben abändern
und erneut untersuchen, bis der vorteilhafteste Querschnitt gefunden ist. Bezüglich der
Abmessungen von Sperrmauern wird auf den nächsten Abschnitt „Talsperren" verwiesen.
Für die vorläufige Auswahl des Querschnittes von Kanal- oder Ufermauern etc. bei einseitigem
Wasserdruck mögen folgende Angaben dienen. Bei trapezförmigem Querschnitt mit
lotrechter Luftseite and einer Neigung der wasserseitigen Flache von 1 : 1/5 wird, wenn
man das Gewicht des Mauerwerks pro cbm in kg j-, = 2y annimmt, die untere Breite
b in m — 0,854 h, die Querschnittsfläche F etwa = 0,687 h*, die grösste Kantenpressung
in kg proqcm n»1^^, der Winkel ß (Abb. 187) etwa 17 bis 18°.
Bei einem lotrechtstehenden Rechteck wird bei b = 0,707 b, F = 0,707 h* der Winkel
ß etwas grösser als 19°, die grösste Kantenpressung n in kg pro qcm — -' ^L.
Für yt = l,26 y, also bei leichtem Ziegelmauerwerk wird für ein lotrechtstehendes
Rechteck bei b = 0,894h, F = 0,894h», der Winkel ß etwa gleich 24° und n = 2.yl.h
pro um. Bei dem oben gekennzeichneten trapezförmigen Querschnitt wird für b = 0,951 h,
F = 0,784h», der Winkel ß = 2$* 31' und n = 1,93/,. h
AM». 187. pro qm (vergl. E. Häseler, Stütz- und Futtermauern. H. d.
I* I.-W. L Teil, 2. Band, 1905, S. 372).
Nach Abb. 187 ist die Gleichgewichtsbedingung in der
als wagerecht angenommenen Fuge AB mit der Kante B als
Drehpunkt, wenn man das Moment des Wasserdruckes am B
mit 3H bezeichnet
SR— N (■,+*)— Q.n,. (59)
Die Normalkomponente N ist = Q • j - V.
Der wagerechte Wasserdruck ist für eine Mauerlänge von
Wh*
Im . H = *-=— , der lotrechte Wasserdruck V = j-IFt, das
Mauergewicht Qsay^F, wenn F0 die Fläche des Dreiecks
BCE bedeutet und F den Querschnitt der untersuchten Mauer über AB.
V greift im Schwerpunkt der Fläche BEC.
H in dem Schwerpunkt der Fläche BCG an.
Der Gesamtwasserdruck ist W— VH'-f V1 und sein Moment um B
K = ^ + V..=,i[y+F.e]. (60)
Betrachtet man einen Streifen der Mauer Ton 1,0 m Lange, so wird für y=lt
w-v«i_ i r°*
Q+V _/,.F+F,
r-F,n,+F,.e. (61)
§ 1. Stauwerks. A. Wehre. 667
ux ist durch Aufsuchung des Schwerpunktes von F leicht gefunden und z ist da-
nach ans Formel 61 zu berechnen.
u, = b — (oj+z). (62)
Wenn die Kantenpressungen bei vollem Wasserdruck und ohne Wasserdruck
möglichst gleich werden sollen, so muss u1<^ua ausfallen.
Da Zugspannungen nicht auftreten sollen, muss z< ^ oder b^3z sein.
h*
Setzt man für SR angenähert — ^-, indem man das Glied F0 e in Gleichung (60)
h8 b
vernachlässigt, so wird b = 9q\ax? fü* z = ui— o> wobei die Längen in m, die Ge-
wichte in Tonnen auszudrücken sind. Durch diese Formel lässt sich schnell die Über-
sicht gewinnen, ob ein vorläufig gewähltes Profil den Bedingungen genügen kann. Nach
Berechnung von z, ux und ut für das definitive Profil kann man leicht die Kantenpres-
sungen mit Hilfe der Gleichungen 51 u. 52 oder 53 u. 54 ermitteln.
IT
Der Winkel ß wird gefunden aus ^ = tag/?. Bei Bestimmung des grösstzulässigen
Wertes von ß kommt es darauf an, welche ungünstigsten Annahmen man für den Ansatz
der Gleichungen gemacht hat und zwar mit Bezug auf die Höhe des Wasserdruckes und
mit Bezug auf das Mauergewicht. Berücksichtigt man den Auftrieb nicht, so wird man
den Reibungsbeiwert in der Sohlenfuge, um doppelte Sicherheit zu haben, meistens
nicht grösser als 0,375 zulassen, woraus sich dann /?<20° ergeben würde. Für die
Mauerfugen selbst und besonders in dem Falle, dass auch noch der Auftrieb mit berück-
sichtigt, also dadurch schon ungünstig gerechnet wird, kann man unbedenklich einen
3Cß von 26—35° zulassen.
r.h*
Man kann den Gesamtwasserdruck W nach Abb. 187 auch setzen = Q . » und
z.sino
a|= h.cotgd.
Ferner gelten nach Häseler (H. d. Ing.-W. 1905. Teil I. 2. Bd. Stütz- und Futter-
mauern, S. 372) die folgenden drei Gleichungen für b ; tg ß und n, wenn man ein Mauer-
stück von 1,0 m Lange in Betracht zieht.
M _ Wgind
n = |(Wcosd+Q). (65)
Macht man a, = 0, d. h. die Luftseite lotrecht, so wird :
b,._2bh(l_Z) cotgd = h« (£i5l_ _ cotgM)
oder da-^-Mlr= ;~ff - = cotg>d-f-l ist,
sin*d tg*o
wird b1— 2bh(l— ^-) cotgd = h* [^- — cotg*d(l— -£-)].
Für ein Rechteck wird, da d = 90° und cotgd*=0 ist
(64)
III. Thkodor Koeiin. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
f) Die Berechnung; von l'fer* und Stützmauer mit einseitige» Erddrwek.
Nach der Lehre vom Erdprisma des grössten Druckes nimmt man an, dass sich beim
Nachgeben der Stützwand von der gestützten Erdruasse ein Prisma loslöst, welches in
der Gleitfläche von einer Ebene begrenzt ist16).
Es würde hier zu weit fuhren, die Formeln für den Erddraek abzuleiten und die
zeichnerische Darstellung desselben zu begründen, vielmehr sollen hier nur kurz einige
zum Gebrauch geeigneten Formeln und eine zeichnerische Ermittlungsmethode mitge-
teilt werden.
Bezeichnet nach Abb. 188
Abb- ,88- h die senkrechte Höhe der Stützwand in m,
h[ die senkrechte Höbe der etwa vorhan-
denen unter dem natürlichen Böschungs-
winkel ansteigend gedachten Über-
schüttung in dj,
qi den natürlichen Böschungswinkel der
Erde,
y das Gewicht von 1 cbm Erde in kg,
a den Neigungswinkel der Stützwand gegen
die Wage rechte,
D den Erddruck auf die Wand für 1.0 m
Länge derselben, rechtwinklig zur Bild-
ebene gemessen in kg,
so ist, wenn man die Kohasion der Erde vernachlässigt und annimmt, dass der Erd-
druck unter dem Winkel y zum Lote der gedrückten Waudnache wirkt:
. (h -f- h,,)asin(/
(l'cotg <p — cotg e — Vm — cotg «)*,
hJlh") ^otSV — cotg«).
Wird a-90«undh,=0, so wirdD = y.^.„ . ."?/. — rr
1 ' '2 1 1 + 1,41 sin y}*
worin e = a -p 2 y; ; m = cotg et -j- I
(67)
Für o = 90° and bei q» = S3° wird bei sehr grosser Cberschüttnng (h, =*]
D = 0,419/. h' und es sind in der nachfolgenden Tabelle einige weitere Werte für x= -,,
mitgeteilt, um die Übersicht zu erleichtern.
Verhaltniszahkn des Erddruckes bei y — 33° und « = 90°.
0.1
0,2
0,3
0.4
0,5
1
0,6
0,153
0,182
0,200
0.217
0.223
0,240
0,9
1
2
3
4
5
0,272
0,282
O.S30
0,333
0.366
0,376
0,8
0,262
-«] Vergl. E Iläaelor, Stütz- und Futtennauern. Handb. d. log.-Wissensch. I. Tai). 2. Bd.
1905. S. 2Ü4 u. ff.
Rebhano, Theorie den Erddrackes and der Futtermauern. Wien 1871.
Kreutor, Elementare Theorie des Erddruckee und Berechnung der Staumauern. 1873.
Stauwerk«. A. Wehre.
Verh«ltju«»hlen bei v = 88» b, = 0. D = *£!^£ lfitA%^- io"£7^ /Srtg« — wt«e)'
Bai cotg« =
+0,8
+ 0,2
+...
0
-0,1
-0,2
-03
wird z = -£» =
0,079
0,098
0,110
0,134
0,168
0,186
0,217
Zeichnerisch lässt sich die Grösse des Erddruckes auf folgende Weise ermitteln
(Abb. 189).
Man zieht AG unter dem natürlichen Böschungswinkel <p zur Wagerechten, sieht
die sogen. Steiluiigslinio BH unter dem Winkel fp-\-<pi zur Wandfläche AB, wobei
<px den Reibnngswinkel zwischen Erde und Stützmauer bedeutet und legt HD || AB.
Über BC als Durchmesser beschreibt man nun einen Halbkreis, errichtet in D
das LotDF nnd schlagt von B aus die Länge BF aufBC nieder, sodass BE = BFist.
Die Gerade BE ist dann die mittlere Proportionale zwischen BD und BC. Zieht man
endlich EK || AB nnd GK || BH, so bestimmt der Punkt G die Oberkante der Brachfoge.
Der Erddruck auf die Wand AB würde nach Abb. 189 durch die Gleichung be-
stimmt sein:
D = ^^.GK" = y.//GK0,
worin GK = KO ist.
Was die Verteilung des Erddruckes anf eine Stützwand betrifft, so lässt sich die-
selbe durch ein Dreieck A,BM darstellen, dessen Inhalt gleich dem Dreieck GKO ist,
dessen Höhe gleich der Höhe der Stützmauer h wird und dessen Grandlinie wagerecht liegt.
Abb. 189.
Abb. 190.
Der Erddruck greift in der Höhe des Schwerpunktes dieses Dreiecks an und
zwar unter dem Böschungswinkel q> zn der znr Wandfläche Lotrechten.
Der Winkel <p wird für trockene Erde meistens zn 33°, der Reibnngswinkel y, zwischen
Erde und Stützwand meistens auch =33° angenommen. Bei Ufermaneni, welche ganz
oder zum Teil anter Wasser gesetzt werden, nimmt man o) = a\ meistens zn 20° an.
Ist die Stützwand unterschnitten {Abb. 190), so wird der Erddruck anf BC wie
oben mitgeteilt gefunden. Annäherungsweise kann man dasselbe Verfahren auch auf
den Wandteil AB anwenden, indem man sich denselben bis zu Linie CD verlängert
670 III. Theodor Kokhn. Ausbau von Wasbekxbaftiw. EnrzKLHKn-EN.
denkt und das Erdprisma BCF vernachlässigt. Ist für die gedachte Wandfliche AF
A K Fl, das Druckdreieck, so wird der anf A B entfallende Erddruck durch das Trapez
KIHL dargestellt. Dieses Verfahren ist indessen nur zulässig, wenn das Erdprisma
BCF im .Vergleich zu AFG nicht von Erheblichkeit ist. Um den Angriffspunkt des
Erddruckes zn finden, hat man die Schwerpunkte
Ahbi 191, der Druckfiguren zu suchen nnd bei ebener Wand-
fläche liegen die Angriffspunkte des Erddruckes
in dieser auf gleicher Höhe wie die gefundenen
Schwerpunkte. Wenn auf solche Weise der Erd-
drnck seiner Grösse und Richtung nach, sowie
auch seine Angriffspunkte gefanden sind, so lassen
sich zeichnerisch die Erddrucke mit den Maner-
gewichten und den eventuellen Wasserdrücken in
Seil- und Kräftevielecken zusammensetzen und da-
mit R, der Winkel ß und die Kantendrücke n
ermitteln.
Zur rechnerischen Ermittelung von b, n nnd
tg/ä bei Betrachtung eines Mauerstücks von 1,0 m
Länge gibt H ä s e 1 e r folgende Formeln an, wenn
die in Abb. 191 gegebenen Bezeichnungen ange-
wendet werden, man ferner annimmt, dass die
Vorderseite der Mauer ganz von Wasser frei ist
und wenn die Mittellinie des Gesamtdruckes R die Grundlinie AB in einer Entfernung
■s von A schneiden soll.
1. Für die Breite b der Grundlinie (Abb. 191):
b»+(aI-2a1+3hltg«+iD-^^)b = ai'-a*1-h2hI(al+a,).tgi-
I 6-Ddcosy m
~ y1hlcoaw '
Hierin bedeuten y, das Gewicht pro cbm Mauerwerk in kg nnd w den -^
der Fuge AB gegen die Wagerechte. Der Erddruck D ist nach den Formeln
S. 668 u. 669 zu berechnen.
2. Für die auf die Quadrateinheit wirkende Normalpressung an der Vorderkante
der Mauer:
n = |[Dcos(d-y) + Qcos<ü] = -?--T-
3. Für den Winkel des Gegendruckes des Baugrundes mit dem Lote zur Mauer-
grundflache :
Dwnjrf— yJ-Qsmw höchstens 0,649.
^>r Dcos(d — 9>)+Qcosw ' T1 '
Die nachstehende Tabelle gibt die Abmessungen und Beanspruchungen einiger
trapezförmiger Stütz- und Kaimauerquerschnitte unter Annahme von £^a) = 3Ca), = 20*.
§ 1.
Stauwbbkb. A. Wbhbe.
671
Tabelle II.
AboMMUDgea nnd BMuprucbugw einig« tnpttfBrmigtr 8ttta- «ad KabnanwqoaraehKitto ante
Annahme von «£ <f = 90*.
•
•
Erdgewicht y = yx
Erdgewicht y = 0,8 yi
Querschnitt
0
yhf
b
h
P
h»~
<ß
n
yth
b
h
F
<ß
yih
1.
DK"
0,214
0,505
0,506
19° 18'
2,29
0,461
0,461
17*14'
2£5
1 1— r^— — *•
2.
^
(T
0,214
0,475
0,425
22«-
2,09
0,488
0,888
20*-
2,04
**~
3
HL
0,214
0,468
0.863
24° 45'
1,88
0,422
0,328
22° 56'
1,80
4
«-^» *
0,262
0,614
0,514
19° 16'
2,10
0,590
0,490
16*55'
2,02
7 bis 8 kg,
Zementmörtel 10 „ 11 „
» 15 „
» 25 „
Als zulässige Beanspruchung kann man annehmen:
Für gewöhnliches Ziegelmauerwerk in Kalkmörtel
„ besseres „
n bestes Klinkermauerwerk 12
n Mauerwerk in Quarzsteinen 10
„ Mauerwerk in Sandsteinquadern 15
Die zulässige Beanspruchung von Beton bei verschiedenen Mischungsverhaltnissen
ergibt sich aus den weiter unten folgenden Mitteilungen über Druckfestigkeit (S. 680).
12. Ausführung der Wehre. Es kann im Rahmen dieses Bandes die Ausführung
von Webren im einzelnen nicht behandelt werden , weil bekanntlich alle möglichen Bau-
arbeiten vorkommen können und die Besprechung aller dieser Arbeiten viel zu weit
führen würde. Nur bezüglich der so wichtigen Frage der Fundierung der Wehre mögen
einige wenige Betrachtungen und Angaben Platz finden, um für die technischen und
wirtschaftlichen Vorarbeiten bei Aufstellung der ersten Entwürfe und bei überschläglicher
Veranschlagung der Anlage einiges Material an die Hand zu geben.
Die Fundierung der Wehre ist hauptsächlich nach vier Gesichtspunkten zu ent-
werfen :
a) Vom Gesichtspunkt der Sicherheit gegen Unterspülung,
b) von dem der Tragfähigkeit des Untergrundes und der Standsicherheit des
Bauwerkes,
c) von dem der billigsten, einfachsten und sichersten Ausführung,
d) von dem der Bauzeit.
Zu Punkt a sind schon im Abschnitt 4 dieses Paragraphen „Die Stauhöhe", S. 618,
die nötigen Hinweise gegeben.
Die Massregeln, welche zujn Punkte a notwendig sind, werden meistens zugleich
672 III. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
auch den Entwurf vom Gesichtspunkt b beeinflussen. Im übrigen wird dieserhalb auf
Abschnitt 11 „Die statische Berechnung der Wehre" verwiesen.
Was den Punkt c betrifft, so wird es besonders darauf ankommen, zu sehen, wie
man die Bauausführung am besten in Abschnitte einteilt und auf welche Weise man mit
möglichst wenig Nebenarbeiten, wie z. B. Errichtung von Fangedämmen, Umleitung des
Flusswassers, Wasserhaltung in den Baugruben, Materialtransport, Anlegung und Ver-
schiebung von Werk- und Lagerplätzen entsprechend dem Baufortschritt etc. auskommt.
Auch die z. T. durch die Örtlichkeit bedingte Wahl der Arbeitsmaschinen spielt hier eine
wichtige Rolle.
Der Punkt d beeinflusst nun wiederum die Massregel zu c in der erheblichsten
Weise. Ohne besondere Rücksicht auf die Länge der Bauzeit würde man naturgemäss
die Monate der niedrigsten Wasserstände für die Fundierung auszunützen und die Arbeit
stückweise so weit zu bringen suchen, dass höhere Wasserstände einen nachteiligen Ein-
fluss nicht mehr ausüben können. Muss aber die Fertigstellung zu einem bestimmten
Zeitpunkt beendet und die Wasserkraft betriebsfertig sein, so ist man gezwungen, die
an sich günstigste zeitliche und örtliche Einteilung der Gesamtbauausführung aufzugeben.
Alle Nebenarbeiten werden dann unter Umständen viel teurer, weil man z. B. die Fange-
dämme auch für Hochwasser einrichten muss, weil die Wasserhaltung kostpieliger wird,
weil die Massregeln für die Umleitung des Wassers solider und umfangreicher getroffen
werden müssen, weil die Anzahl und Stärke der Arbeitsmaschinen und Gerüste zu ver-
grössern ist, weil man vielleicht auch Nachtschichten einzulegen hat und für Beleuchtung
der Baustelle während der Nachtzeit zu sorgen hat und anderes mehr. Es braucht
wohl nicht besonders hervorgehoben zu werden, dass man, soweit irgend möglich, Nacht-
schichten vermeiden wird, weil die Nachtarbeit im allgemeinen erheblich teurer und
auch in der Güte weniger zuverlässig ist. Wegen der Hilfsarbeiten etc., Einteilung
der Gesamtarbeit in einzelne Bauabschnitte etc., wird im übrigen auf die Beschreibungen
der einzelnen ausgeführten Beispiele im Kap. II verwiesen, welche in dieser Beziehung
ausreichende Anhaltspunkte geben dürften.
Der Baugrund. Als guter tragfähiger Baugrund sind die meisten Arten von
gewachsenem Fels, ferner sogen, gewachsener Kies, Sand, trockener Ton- und Lehmboden
anzusehen, wenn sie in genügend mächtigen Schichten von 3,0 bis 4,0 m anstehen. Aach
aufgeschwemmten Kies oder Sand in Flussläufen, der sich in tieferen durch die Ein-
wirkungen des Hochwassers unberührten Schichten befindet und schon Jahrhunderte an
seiner Stelle unverrückt lagert, kann man unter gleichen Bedingungen als guten Bau-
grund ansehen.
Als mittleren, tragfähigen Baugrund betrachtet man nassen Ton und Lehm, sowie
Sandboden, der mit Ton und Lehm gemischt ist
Schlechter Baugrund sind: Moorboden, Torf, Moor und die oberen neueren
Schichten des Sandes und Kieses im Flussbett, sowie aufgeschütteter Boden an den Ufern.
Als undurchlässige Bodenarten gelten: kompakter Felsen, welcher keine Risse
und Spalten bat, ferner trockner Lehm und Ton, wenn die letztgenannten Boden-
arten rein oder nur schwach mit Sand gemischt sind. Auch Torf- und Moorboden ist
häufig ganz undurchlässig.
Als durchlässig sind im Zweifelfalle alle mit Sand und Kies stärker gemischte
Bodenarten und natürlich Sand und Kies selbst und die lockeren Torf- und Moorboden
zu betrachten.
Bei felsigem Untergrund hat man hauptsächlich die Lagerung zu berücksichtigen
und sich zu überzeugen, dass keine Rutschflächen vorhanden sind. Besteben hierüber
§ 1.
Stauwerke. A. Wehre.
673
Zweifel, so muss man auch bei Felsen das Eindringen von Druckwasser in den Baugrund
durch Betonlager zu verhindern suchen und im übrigen so tief und so breit fundieren,
dass durch die Belastung des Bauwerkes eine Störung der Gleichgewichtslage des Unter-
grundes nicht eintreten kann. Bröckliges Gestein ist jedenfalls auszubrechen. Die
Lagerfläche der Fundamentsohle ist möglichst sauber von Sand und anderen Verunreini-
gungen zu machen , und es sind alle Fugen und Bisse so gut es geht mit Zement aus-
zufüllen. Alsdann ist für einen dichten und innigen Anschluss des Bauwerkes an die
Fundamentsohle zu sorgen, was am besten durch eine Betonschicht geschieht. Bei
solchen Arbeiten ist die grösste Sorgfalt und zuverlässige, dauernde Aufsicht unbe-
dingt nötig.
Die nachstehende Tabelle 27) gibt Werte für die zulässigen Belastungen bei ver-
schiedenen Bodenarten, wie sie in England üblich sind:
Tabelle III.
Beschreibung der Erdart
Zulässige Belastung
in kg für das qcm
Alluvialboden, lehmiger Boden mit 30—70% Sand
Nasser Tonboden
Fester Ton mit feinem Sand gemischt
Gelber Ton (yellow clay)
Fester blauer Ton, fester harter Mergel
Die neue To^rer-BrÜcke in London belastet den Boden (London-cUy) mit i kg f. <L qcm.
Weiche Kreide (unrein und tonig, ohne Kiesel)
Sandstein, der in der Hand zerbröckelt werden kann
Weisse Kreide mit Kiesel
Fester Sand in FluesmQndungen, Baien usw.
Die hoUlndisenen Ingenieure halten eine Belastung des festen reinen Sandes von 6 kg
f. d. qcm Ar zulässig.
Sehr fester dichter Sand, bei Gründungen nicht unter 6,0 m und sandiger Kies
Fester, schiefriger und reiner Kies
Dichter (kompakter) Kies
Reiner, gleichmlssiger Themse - Kies ist bei 1—1,5 m Tiefe unter der Oberfläche mit
15 kg belastet, ohne nachgegeben zu haben.
Felsboden je nach Festigkeit und Lagerung
0,8 bis
1,6
4,0
4,4
5,4
1,1
1,6
2,2
4,9
6,5
6,5
7,6
1,6
2,2
5,0
6,5
8,7
1,6
1,9
8,3
5,5
7,6
8,7
9,8
8,7 . 20,0
Diese Werte kann man im allgemeinen auch in allen übrigen Ländern ungefähr
als gültig annehmen , wenn nicht behördlicherseits bestimmte abweichende Vorschriften
gemacht werden. So wird z. B. in Berlin in der Regel als Höchstbelastung für Sand
nur 2 bis 2,5 kg pro qcm zugelassen. Bei sehr festem Baugrund darf natürlich das
Fundament pro qcm nicht starker belastet sein als die zulässige Belastung des für die
Gründung verwendeten Baumaterials beträgt. In dieser Beziehung sei bemerkt, dass
man Beton (250 — 300 kg Zement oder hydraulischer Kalk auf 1 cbm), welcher unter
Wasser geschüttet ist, mit nicht mehr als 4 bis 5 kg, Beton (von derselben Mischung),
welcher im Trocknen gestampft ist, mit nicht mehr als 7 bis 8 kg belasten darf (S. 671).
Die Vergrösserung der Dichtigkeit und Tragfähigkeit des Bodens
erfolgt bei Wehrbauten meistens durch Holz- oder Eisenpfähle und durch Holz- oder
Eisenspundwände. Die gebräuchlichste Holzart für Fundierungszwecke ist Kiefernholz
87) L. v. Will mann, Handb. der Ing/Wissenseh. 1. T. 3. Bd. Der Grandban 1906. S. 20.
New man, Assoc. M. Inst C. B. .Notes on cylinder bridge piers", London 1884. S. 14 und
,Der Grandban", Fortsehr. d. Ing.-Wisaensch. I., 2. Leipzig 1896. 8. 1.
Handbuch der In*>Wiu«iseh. HL T«IL 18 Bd. 43
674
III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
und man nimmt mit Vorliebe seiner grösseren Festigkeit wegen solches, welches in
höheren Lagen gewachsen ist Das Einrammen erfolgt meistens mit dem Zopfende
nach unten , nur wenn der Pfahl Widerstand gegen den Auftrieb leisten soll, wird er
mitunter mit dem Stammende nach unten eingetrieben. Da aber auf diese Weise die
Dichtigkeit des Bodens zwischen den Pfählen am oberen Ende weniger gross wird, so
kann sich bei solchen Fundierungen ein grösserer Auftrieb geltend machen, und der
beabsichtigte Vorteil wird ganz oder zum Teil wieder hinfallig. Rostpfthle von 5,0
bis 6,0 m Lange haben meistens eine mittlere Starke von 25 bis 30 cm und für je ein
lfm. Mehrlänge sind nach Perronet ca. 28 mm an der mittleren Stärke zuzusetzen.
Die Stärke der hölzernen Spundwände schwankt zwischen 8 und 30 cm.
Gewöhnlich rechnet man auf 2,0 m Länge 10 cm Stärke und gibt für 1,0 m Mehrlänge
1 bis 2 cm Mehrstärke zu. Die Breite der einzelnen Spundpfahle wird meist zwischen
25 und 35 cm gewählt.
Gusseiserne Spundwände wurden früher in verschiedenen Formen, namentlich
in England viel verwendet88). Heute verwendet man, wenn überhaupt Veranlassung Eisen
zu wählen vorliegt, vorzugsweise schmiedeeiserne Spundwände, entweder in
Form von Wellblech *9) oder in Form gewalzter I-Eisen, vergl. Abb. 192 *°) oder schliess-
lich in Form besonderer Fassoneisen. Als Beispiel für letzte Art mögen die eisernen
Spundwände nach B ehrend angeführt sein (Abb. 193), welche eine sehr gute Führung
besitzen und durch Ausfüllen des Hohlraumes .,, rt „.
am Stoss mit Ton oder Zement leicht dicht Abb' 19* *■"? **>»*"*"' ™* »•*"«*
gemacht werden können'1).
Eiserne Rundpfähle werden meistens
in Röhrenform verwendet und am besten einge-
schraubt. Für grössere Durchmesser verwendet
Abb. 192.
*8) Mathews verwendete gusseiserne Platten als Spundwände bei Gründung eines Hafen-
dammes so Bridlington (8. 39 H. J. 1906. Grundbau). 1822 hat E wart eich ein Patent auf die Her-
stellung von Fangedammen ans breiten, gusseiaernen Spundbohlen geben lassen.
*9) Bei der Kanalisation in Berlin worden 2,7—4,0 m hohe Spundwände aus 1 — 1,5 mm starkem
Wellblech in Breiten von nicht unter 65 cm hergestellt. Die Kosten der fertigen 8pundwinde ans Well-
blech mit 5 cm breiten und ebenso hohen Wellen sollen bei 2,7 m Länge der Tafel und 1 mm Eisen-
stirke 20,— Mk. pro lfm., bei 4,0 m Lange und 1 mm starken Tafeln 80,— Mk. und bei 4,0 m langen
und 1,5 mm starken Tafeln mit 5 cm breiten und 6 cm hohen Wellen 42,— Mk. pro lfm. Spundwand
betragen haben.
ftO) Derartige Spundwände sind beim Bau der Schleusen am Mahlendamm zu Berlin verwendet
Zeitschr. I Banw. 1896. S. 67.
•i) Handb. d. Ing.-Wissensch. I. Teil. 3. Bd. .Der Grundbau". 1906. S. 46. — Zement und Beton
1905. S. 78. — Schweizerische Bans. 1905. Bd. 45. 8. 226.
B ehrendsehe Eisenbohlen für Stahl-Spund winde verwendet von der United 8tates Piling Co.
Engng. news 1904. IL S. 286.
§ 1.
8TATTWBRXE. A. WeHKE.
/
675
man vorzugsweise unten offene gusseiserne Pfahle, welche durch einzelne Stösse mittelst
innerer Flanschenverbindung zusammengesetzt werden. Die grossen, flachgängigen
Schrauben sind entweder an das unterste Stück angegossen oder sie werden, ähnlich
wie Schiffsschrauben aus schmiedeeisernen oder gusseisernen segmentförmigen Schrauben-
flächen gebildet und auf das unterste Ende des Rohrenpfahles aufgekeilt8*).
Schmiedeeiserne Vollpfahle werden im wesentlichen nur bei Seebauten und als
Brückenpfähle verwendet88). Unten offene Pfahle haben den Vorzug, dass man etwaige
Hindernisse leichter von oben aus durch Bohrer etc. beseitigen kann und dass man
durch Spülung das Einschrauben zu erleichtern vermag.
Der Vollständigkeit wegen sei erwähnt, dass neuerdings auch Betonstampf pfähle84)
und Ramm- und Spundwände aus Eisenbeton vielfach empfohlen und verwendet
werden85).
Das Eintreiben der beim Wehrbau immer noch vorwiegend verwendeten Holzpfähle
geschieht durch Rammen.
Franzius36) gibt folgende Tabelle über die Leistungsfähigkeit und den Bedarf an
Arbeitskräften verschiedener Rammen bei 12 ständiger Arbeitszeit und unter Voraussetzung
sandigen Bodens:
Tabelle IV.
Arten der Rammen
Schläge
pro
Minute
Gewicht der
BAren in
Ztr.
Hubhöhe in
m
Zahl der
Arbeiter
Einge-
drungene
Pfahlfinge
p. Tag in m
Anschaf-
fungskosten
in Mk.
Zugrarame
Gew. Kunstramme
Dampfknnstramme
Sisson8 & Whitesche
Ramme
Nasmythsche Ramme
30
Vi— 1
3-6
9-10
75-100
10
12-16
15—16
20
50
1,2-1,5
2-6
2-6
2-3
0,75-1
30
5
3
4
5
10-15
9-10
35-40
25-40
80-110
600,-
900,-
3600,—
6000,-
27000-
Zu dieser Tabelle ist zu bemerken, dass man für Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals der
Rammen 15°/o des Anschaffungswertes und für Reparaturen und Unterhaltung 10— 20e/o zu rechnen hat.
In Deutschland hat man für den Schwanzmeister an der Zagramme heute als Stundenlohn 50
bis 60 Pfg. und für mindestens zwei Arbeiter an den Kunstrammen einen Stundenlohn von nicht weniger
als 0,60 — 0,80 in Ansatz zu bringen.
Franzius37) gibt über die Leistungsfähigkeit verschiedener Dampframmen und ihre Kosten
bei den Hellingsbauten für den Kriegshafen an der Kieler Bucht folgende Tabelle.
32) Röhrenförmige, unten offene Pfahle wurden zuerst von Brunei beim Bau der Ghepstow-
Brücke angewandt mit einem Durchmesser von 1,8 m. Engng. 1870. I. S. 356 ff.
33) Zum ersten Male sollen von dem englischen Ingenieur Mitchell im Jahre 1834 zur Aufstel-
lung von Leuchttürmen massive Schraubenpfähle vorgeschlagen sein. 1844 wurden in der Bay von Belfast
an der irischen Küste schmiedeeiserne Pfähle von 4,9—7,1 m bei 0,125 m Durchmesser verwendet. Anfang
der siebziger Jahre sind an der Landungsbrflcke von Lobes in Nordamerika Pfähle von 14,4 cm Stärke
bei 9,0 m Länge und von 21 cm Stärke bei Längen bis zu 16,5 m zur Verwendung gekommen. In ähn-
licher Weise wurden im Jahre 1902/1903 schmiedeeiserne Schraubenpfähle an dem grossen Pear in
Scheveningen benutzt.
34) L. v. Willmann, H. d. Ing-W. I. Teil. 3. Band. Grundbau. 1906. S. 47.
s») Beim Bau des Amtsgericbtsgebäudes am Wedding in Berlin wurde s. Z. ein Eisenbeton-
Pfahlrost verwendet Deutsche Banz. 1902. 8. 562 und 647. Zentralbl. der Bauverw. 1902. S. 560.
»•) Deutsches Bauhandbuch. Bd. 8. Berlin 1879. S. 11.
37) Zeitschr. des Architekten- u. log.- Vereins zu Hannover. 1876. S. 69.
48*
676
HL Theodor Eobhn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Tabelle V.
Leistung verschiedener Dampframmen und ihre Kosten bei den Hellingebauten in KieL
Bezeichnung der Ramme
§ä
43
<SM
flQ
Zahl der tagl.
eingerammten
Pfahle
hfl
• -
H
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aaS
• 60
3i
Kosten f. <L Arbeitet*, in Mk.
ö
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s
e
3**132*
ss|!||l
sjp « ^ r mr „ ■•
Nasmythsche
8oh wart z köpf fache Dampf-
ramme mit Rammtan und
Friktionastenernng
Dampframme mit Kette ohne
Ende (von Sissons &
White)
8issons & Whitesehe Nr. 2
8isscns & Whitesehe Nr. 2
Dampfknnatramme Nr. 1
Dampfkunstramme Nr. 3
25000
14200
6 300
7000
4000
3 300
1400
700
13,5 Rundpfahle
6 Rundpfähle
1050 2,66 Rundpfäble
2.82 Rundpfahle
5.83 Spundbohlen
Spundbohlen
850|[4,6Spundbohlen
12,5
12,0
12,5
12,5
10,5
|9,75
10,5
7,5
7,5
7,0
7,0
3.0
3,0
3,0
505
375
250
240
200
HO
16,50
16,50
14,25
14,25
14,25
14,25
10,10
7,50
5,00
4,80
2.80
1,93
1,25
1,25
3.00
7,50
5,00
5,75
32,40
33,43
032
0,74!
25.50! 1.37, -
4,00
2,20
1*25
1,25
2.00
1,65
26,05
26,05
l
1,32 -
1,49 1.64
21.50 1,19 1,95
19,35 1,40 1,54
Es betragen durchschnittlich die Rammkosten pro lfm. eingerammter Pfahllange bei Rundpfthlsn
ungefähr: Mit der Kunstramme mit Dampfbetrieb rd. 1,20—1,40 Mk.; bei der Sissons & Whiteschen Dampf-
ramme 1,80— 1,50 Mk.; bei der Schwarzkopfschen Dampfzugramme (Anschaffungspreis etwa 14000 Mk.)
0,74 Mk.; bei der Nasmythschen Dampframme etwa 0,60 Mk.«8).
Bei dem Bau der Straesenbrücke Aber die Norderelbe bei Hamburg wurden zn den Ramm-
arbeiten sieben Dampf-Kunstrammen von Menck & Hambrock und zwei unmittelbar wirkende Rammen
der Figeeschen Bauart benutzt and folgende Leistungen erzielt »»).
Tabelle VI.
Zusammenstellung der täglichen Durchschnittsleistungen der Rammen beim Bau der Straasenbrücke
Ober die Norder-Elbe bei Hamburg.
•8
1
5
s
•
2
j
e
l
Spundbohlen
12 cm stark
Kantpfihle 26 cm stark.
Die Rammung erfolgte
Rnndpflhle 20 cm
Durchmesser.
Die Bammnng erfolgte
Bezeichnung der
>
•
ff
Ml
m
3?
e
e
•
« i
1
fest
schwimm.
fest
srhwinnL
Ramme
Spund-
wand
pro Tag
■
8:2
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1 lftn.
s •
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kg
m
hl
Mann
lim. 1 m
m
lftn.
m
8tSek
m Stück
m
Dampf-Knnstrammen
750
2,5
2
8
3,80
4
1,2
7
___
_.
4
7
....._
1, in, VI
1
1
Dampf-Kunstrammen
It IV
1100
2,0 2,5
1
8
— —
•■ -"
^^
^—
2
8,4
3
6
4
5
Dampf-Kunatramme V
1000
1,5 ! 2,5
3
3,50
4,7
—
—
—
—
3
7
— —
8ehrigramme IX
1100
2,5 ! 2,5
3
—
—
—
—
—
—
2
11.2
~~ 1
Figoe-Rammen VII, VIII
1200
6.6
1,6
4-5
"" "~
1,8
7
3,4
7
7
7,3
4 1
5,7
Ober die Kosten pro qm fertiggestellter Spundwand gibt E. Mohr'O) nach den Ermittlungen
bei den Arbeiten für die Kanalisierung der Oder an, daas dortselbst 1 qm Spundwand 20 cm stark so
38) Beim Bau der Donaubrücke der Budapester Verbindungsbahn betrugen die Kosten pro lfm.
eingerammter Pfahle bei Venrendung von Dampframmen nach der Bauart J. Chretien (Anschaffnnga-
koaten 9650 Mk.) 1,07 Mk. und zwar ohne Verzinsung und Tilgung der Anachaffungakoaten.
•») Zeitachr. f. fiaaw. 1890. S. 346 und Handb. der Ing.-Wissenschaften. I. Teil. 3. Bd. .Der
Grundban*. 1906. S. 83.
40) Die Kanalisierung der Oder von Cosel bis zur Neisaemündung von E. Mohr, Zeitschr. t
Banw. 1896. S. 493.
§ 1. Stauwerke. A. Wehre. 677
liefern und zu rammen, einschliesslich Vorhalten der Geräte, je nach dem Vorkommen von Hinder*
niesen, 22—85 Ifk. gekostet habe. Andere Angaben stimmen mit diesem Preise Oberein.
Die Tragfähigkeit eines 22—24 cm starken Bnndpfabls betragt nach Perronet höch-
stens rd. 25000 kg und die eines solchen von 82 cm mittlerer Starke höchstens 50000 kg, wenn der Pfahl
während mehrerer Hitzen (jede Hitze sn 25-30 Schlagen, Bärgewicht 800—850 kg), in jeder Hitze nicht
mehr als 4 — 6 mm eindringt.
Es sind auoh zur Berechnung der Tragfähigkeit verschiedene Formeln aufgestellt, unter anderen
von Brix, Ritter und Weissbach.
Die Formel von Brix, welche auf die Zusammendrückung d. h. auf die Elastizität des Heises
keine Rücksicht nimmt, lautet:
T __ hP»Q
• ^ ♦ e(P + Q)>
worin bedeuten:
L die vom Pfahl rechnungsmassig zu tragende Last in kg.
P das Gewicht .des Rammbären in kg.
Q das Gewicht des Pfahles in kg.
h die Fallhöhe des Rammbären in mm.
e das Mass in mm, um welches der Pfahl unter dem letzten Schlage eingedrungen ist
Ähnlich gebaut ist die Ritt er sehe Formel:
T_ h.Q'
• (P + Q)
worin die Buchstaben im übrigen dieselbe Bedeutung haben:
Die Formel von Weissbach berücksichtigt die Elastizität des Holzes, jedoch nicht das Pfahl-
gewicht und lautet:
L^ FBe | -|/2PhFE j /FE.\'
worin bedeuten:
F den mittleren Querschnitt des Pfahls in qmm,
E den Elastizitätsmodul des Holzes auf qmm bezogen (durchschnittlich für Kiefernholz 1100),
l die Länge des Pfahles in mm,
während die übrigen Buchstaben dieselbe Bedeutung haben wie in der Brix sehen Formel.
Nach dieser Formel ergibt sich für e ein erheblich grosserer Wert als nach der Ritter-
sehen Formel.
Indessen bei der Verschiedenartigkeit des Bodens können alle diese Formeln sichere Werte
nicht geben. Man nimmt deshalb niemals die volle rechnerisch zulässige Belastung L bei Aufstellung
des Projektes an, sondern nur 1/n, indem man so eine n fache Sicherheit zugrunde legi n wird
meistens =4 bis 5 gewählt. Es ist ausserdem immer zu empfehlen, bei der Ausführung selbst Probe-
belastungen zu machen, um sich zu überzeugen, dass man richtige Annahmen gemacht hat.
Um ein sicheres Urteil zu gewinnen, muss man die belasteten Pfähle mindestens während eines
ganzen Monats beobachten, da bei kürzerer Beobachtungszeit leicht Zufälligkeiten eine grosse Rolle
spielen können.
Über den Widerstand eines Pfahles gegen Ausziehen fehlt es an allgemein gültigen Angaben
noch ganz. Der Ingenieur Hartz ig hat im Jahre 1882 in den Veröffentlichungen des englischen Zivil-
ingenieur-Vereins über seine Beobachtungen bei Beseitigung eines für die Erweiterungsbauten des Albert»
Docks in London angelegten Fangedammes folgende Angaben gemacht: Bei 800 Pfählen mit quadra-
tischem oder rechteckigem Querschnitt von 12,20 m mittlerer Länge, 5,57 m mittlerer Einrammungs*
tiefe und 0,818 m mittlerer Breite waren im Mittel für das Ausziehen eines Pfahles 84418 kg erforder-
lich. Das Eigengewicht eines Pfahles hat im Mittel 1016 kg, der Adhäsionswiderstand 878 kg betragen.
Für den Reibungswiderstand bleiben sonach 82524 kg d. h. pro qm äusserer Fläche des Pfahles etwas
Aber 9200 kg. Im allgemeinen wird man den Widerstand eines Pfahles gegen Ausziehen nicht grösser
als mit der Hälfte seiner Tragfähigkeit in Rechnung setzen können.
Wird ein Pfahl am oberen Ende mit Beton umgössen, so kann man nach Versuchen von Delion
(Zentralblatt der Bauverwaltung 1897. S. 582) für je 10 cm einbetonierter Pfahllänge eine Zugkraft gegen
Auftrieb von 1 t in Anrechnung bringen.
Die Wasserhaltung. Bei durchlässigen Bodenarten, welche durch den Auftrieb
des Wassers gelockert werden können, ist es stets vorzuziehen, nicht das Wasser aus
678 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
einem an der Oberfläche angelegten Pumpensumpf abzusaugen, sondern vielmehr das
Wasser in der Baugrube selbst abzusenken. Das geschieht durch Herabsenken von
Sangrohren bis einige Meter unter der beabsichtigten Senkungstiefe — am besten ausser-
halb der Baugrube — und durch Anschluss dieser Saugrohre an ein gemeinsames Pumpen-
röhr41). Auf diese Weise kann man meistens ganz im Trocknen arbeiten und der Boden
wird nicht durch das Auftreiben des Wassers gelockert. Beton, welcher in einer der-
artig trocken gelegten Baugrube hergestellt und sorgfältig eingestampft wird, kann um
25 bis 50°/o weniger stark hergestellt werden als eine durch Trichter hergestellte
Betondecke, weil Dichtigkeit und Festigkeit des gestampften Betons mindestens um diese
Prozentsatze grösser werden. Man erreicht ausserdem unter allen Umständen einen viel
besseren Anschluss der Betondecke an die natürliche Sohle und der Auftrieb des Wassers
gegen die fertige Betondecke wird geringer.
Der Beton. Der wichtigste Baustoff bei der Ausführung von Wehren ist der
Beton. Man verwendet zur Herstellung des Betons hydraulischen Mörtel in Verbindung
mit grobem Kies oder Steinschlag (Schotter). Zur Herstellung des Mörtels muss guter
reiner, scharfer Quarzsand genommen werden. Der Bedarf an Mörtel zur Herstellung
des Betons richtet sich nach dem Hohlraum des Kieses oder Schotters. Diesen Hohl-
raum stellt man so fest, dass man ein genau ausgemessenes Hohlgefass mit Kies und
Schotter gerüttelt bordvoll macht und dann mit Wasser bis zum Überlaufen sättigt. Die
hierzu erforderliche Wassermenge entspricht dem Hohlraum. Der Hohlraum bei Kies
fast aller Korngrössen von 5 bis 45 mm ist etwa 0,350 des Volumens, bei Schotter von
etwa 5 cm Seitenlänge ist der Hohlraum etwa 0,375. Da aber der Mörtel nicht
nur den Hohlraum ausfüllen soll sondern auch jedes Korn des Kieses und jedes Stück
des Schotters umhüllen muss, damit sich die einzelnen Schotter- und Kieselsteine „satt*
berühren, so gehört zu einem cbm Beton nicht 0,350 resp. 0,375 cbm, sondern ca. 15 •,•
mehr, d. h. für Kiesbeton etwa 0,400 und für Schotterbeton etwa 0,430 cbm Mörtel. In
diesem Zuschlag sind die unvermeidlichen Verluste eingerechnet, die bei der Lagerung
des Sandes, auf dem Transport usw. verloren gehen.
Die Verpackung aller Zemente und hydraulischer Kalke erfolgt entweder in Fässern
oder in Säcken. Entere Verpackung ist natürlich die bessere. Das Nonnalgewicht einer Tonne Zement
betrigt 180 kg brutto und 170 kg netto und enthält 122 Liter Zement, woraus sich ein Gewicht von
co 140 kg pro hl ergibt
Ein Sack von 70 kg netto soll 50 Liter,
. . • 60 „ , , 43 ,
• * »50,, ,86»
enthalten. Es ist zweckmässig bei der Mischung, deren Verhältnis nach Raumteilen festgestellt zu
werden pflegt, die erforderlichen Mengen des Zementes nach den obigen Gewiehtsiahlen su berechne^
d. h. den Sand so abzumessen, dass bei einem beabsichtigten Mischungsverhältnis an einer Mischung
ganze Tonnen oder Sacke Zement oder hydraulischen Kalkes gehören. Auf diese Weise ist ein Messen
des Zementes oder Kalkes nicht mehr nötig.
Die Kosten einer Tonne gnten Portland - Zementes schwanken in Deutschland zurzeit zwischen
4 und 7 Mk. frei Ufer oder Bahnstation. Es kosten also 100 kg Zement in Deutschland durchschnitt-
lich 2,35—4,12 Mk. oder 3,29-5,75 Mk. pro hl.
Sehlaekenzemente, Romanzemente, Puzzolanerden sind 10—30°/° billiger.
Der gewöhnliche hydraulische Kalk, sowie der Weisskalk, welche zum Mischen mit dem künst-
lichen and natürlichen Zement gebraucht werden, kosten etwa 1,5—2,0 Mk. pro hl = rd. 70 kg.
Bei den verschiedenen Mischungsverhältnissen ist die Ausbeute nicht ganz die gleiche, obwohl
sie nicht in weiten Grenzen schwankt. Die nachfolgende Tabelle gibt darüber einige Auskunft*»).
41) A. Bredtschneider, Absenken des Grund Wasserstandes in Baugruben durch Rohrbrunoen
Zentralbl. d. Bauverw. 1898. S. 73 und 78.
4f) Nach den im Auftrage des Vereins deutscher Portland -Zementfabriken herausgegeben«
Werke: ,Der Portlandzement und seine Anwendung im Bauwesen11. Berlin 1892. S. 64.
S l.
Stauwerke. A. Wbhbe.
679
Tabelle VII.
Materialbedarf fOr 1 ebm Zement-Mörtel
Mischung in hl
1 ebm Mörtel erfordert
Zement
Sand
Wasser
Ausbeute
Zement
in kg
Sand
Liter
Wasser
Liter
1
2
8
4
5
0,53
0,75
0,98
1,25
1,50
2.0,75 = 1,50
8 . 0,75 = 2,25
4 . 0,75 = 3,00
5 . 0,76 = 3,80
6 . 0,78 -= 4,68
983
622
487
368
300
667
888
1000
10£8
1070
353
333
827
329
329
Nach der vorstehenden Tabelle VII ergibt sich der Materialbedarf für 1 ebm fertigen Zement-
beton wie folgt:
Tabelle VIII.
Materialbedarf bei Zementbeton pro ebm fertigen Beton.
IT» •
Schotter in
ebm
Mörtel-
mischung
Zement in kg
Sand in 1
T1T — ^-.
Kies in
ebm
bei
Kies
bei
Schotter
bei
Kies
bei
Schotter
Wasser
in 1
0,90
0,90
0,90
0,90
0,90
0,95
0,95
0,95
0,95
0,95
1:1
1:2
1:3
1:4
1:5
375
250
185
147
120
400
270
200
160
130
270
855
400
420
430
287
382
430
450
460
. L. . ,
350
333
827
829
329
Über die Qualität des erforderlichen Wassers sei kurz erwähnt, dass dasselbe rein und schlämm*
frei sein muss und möglichst auch keine organischen Stoffe oder Salze aufgelöst enthalten darf.
Da es bei den Wehrbauten sehr oft auch auf Wasserundurchlässigkeit ankommt, sehr grosse
Festigkeiten dagegen nicht erforderlich sind, verwendet man häufig den sogenannten Zement-Kalk-Beton,
indem man mageren Zementmörtel durch Zusatz von hydraulischem Kalk oder Weise-Kalk verlängert
Hierdurch können zu gleicher Zeit recht erhebliche Ersparnisse an Baukosten ersielt werden. Empfehlens-
werte Mischungen für den Zement-Kalk-Mörtel zu Betonierungsarbeiten sind etwa
1 Teil Zement, 5 Teile Sand, */• Teil Kalkteig oder hydraulischen Kalk «3),
1 Teil Zement, 6—7 Teile Sand, 1 Teil Kalkteig oder hydraulischen Kalk,
1 Teil Zement, 8 Teile Sand, T/i Teile Kalkteig oder hydraulischen Kalk,
1 Teil Zement, 10 Teile Sand und 2 Teile Kalkteig oder hydraulichen Kalk.
Die nachfolgende Tabelle IX gibt Auskunft Aber die Ausbeute an Mörtel bei den verschiedenen
Mischungsverhältnissen von Zement und Kalkmörtel und über den Materialbedarf pro 1 ebm Mörtel,
wonach sich dann der Materialbedarf pro 1 ebm Zement-Kalkbeton nach Tabelle X berechnet:
Tabelle IX.
Materialbedarf für 1 ebm Zement-Kalk-Mörtel.
Mischungsverhältnis in hl
1 ebm Mörtel erfordert
Zement
Sand
_,r. . ..
Kalkteig
Wasser
Ausbeute in hl
Zement
Sand
Kalk
Wasser
1 -
5
0,5
1,30
6,5 . 0,754 &Q 4,90
286 kg
1000 Lit.
102 lit
265 Lit.
1
6
1,0
1,35
8,0. 0,750 S£ 6,00
288 .
1020 „
167 ,
225 ,
1
7
1,0
1,60
9,0.0,765^6,80
206 .
1029 ,
H7 ,
285 ,
1
8
1,5
1,60
10,5 . 0,748 K 7,80
182 ,
1040 ,
190 ,
205 ,
1
10
2,0
1,70
13,0.0,729139,45
148 .
1055 „
212 ,
180 ,
*») Kalkteig enthält immer über die Hälfte Wasser, 1 hl Kalkteig wiegt etwa 140 kg und
enthält durchschnittlich 68 kg trockenes Kalkhydrat, welches Gewicht nahezu auch 1 hl zu Pulver
gelöschter hydraulischer Kalk hat.
680
III. Theodor Koehn. Ausbau vom Wasserkräften. Eiszeuheiteh.
Tabelle X.
Materialbedcrf bei Zem«nt-Kalk-Beton pro cbm Beton.
Kies
oder
Schotter
in cbm
Mischungsverhältnis in bl ]
Zement in kg bei
Kalk
in 1 bei
Sand
in 1 bei ;
Wasser
Zement
Kalkteig
Sand
Kies
Sehotter
Kies
Schotter
Kiee
Schotter
in 1
0,90
0,95
1
0,5
i
5
114
123
41
44
408
439
265
0,90
0,95 .
1
1
6
93
100
67
72
400
430
225
0,90
0,95
1
1
7
83
90
60
63
410
442
235
0,90
0,95
1
1,5
8
73
78
78
84
416
447
205
0,90
0,95
1
2
10
60
64
i
85
91
422
454
l 180
Die Herstellung des Betons geschieht in der Regel in der Weise, dass zunächst der Mörtel
entweder von Hand oder mit Maschinen trocken gemischt wird und dann die Mischung des Mörtels
mit dem Kies oder Schotter unter Wasserzusatz erfolgt. Diese Art der Mischung ist in den „Leitsätzen
für die Vorbereitung usw. von Bauten aus Stampfbeton* aufgestellt vom deutschen Beton verein, Februar
1905. S. 12 vorgeschrieben (S. 135. Grundbau 1906).
Die Zubereitung des Zement- Kalkmörtels aus Kalkmilch geschieht am besten, indem man den
abgemessenen Kalkteig in der Mörtelpfanne mit dem erforderlichen Wasser zu Kalkmilch anrührt und
den trocken gemischten Zementmörtel dann entweder in der Mörtelpfanne oder auf andere Weise mit der
Kalkmilch solange durcharbeitet, bis ein plastischer Mörtel entsteht. Bei Verwendung von hydraulischem
Kalk statt des Kalkteiges aus Weisskalk wird der hydraulische Kalk zunächst zu Pulver gelöscht und
dann der Mörtel aus Zement, Kalk und Sand trocken gemischt und schliesslich unter Wasserzusatz die
Betonmasse hergestellt. Als zulassige Beanspruchung des Betons bei Betongründung wird man nicht
mehr als \ » der Druckfestigkeit eines Probewürfels ans Beton nach 28 Tagen annehmen dürfen. In der
Regel wird man eine Druckbelastung bei Mörtelmischungen von 1:4 bis 1:5 als 4 — 5 kg/qcm bei
Betongründungen nicht fiberschreiten (vergl. S. 673). R. Dyckerhoff ermittelte bei Festigkeits-
versuchen, welche er mit Betonwürfeln anstellte, nach 1 Tag Erhärtung an der Luft und 27 Tagen
unter Wasser folgende Druckfestigkeiten * *):
Mischungsverhältnis in Raumteilen
Druckfestig-
Zement
Kalkteig
Sand
Kies
keit kg/qcm
1
— -
2
151,8
1
—
2
3
196,2
1
2
5
170,5
1
—
—
5
69,9
1
—
3
98,8
1
8
5
116,6
1
—
3
6,5
108,2
1
—
4
—
75,2
1
•M
4
5
90,9
1
4
8,5
86,0
1
1
6
—
1 53,5
1
1
6
12
52,1
Bei der Betrachtung der Dyk erhoff sehen Zahlenreihe ist hervorzuheben, dass die Zement-
proben gestampft waren , wodurch natürlich eine erhebliche Festigkeitssteigerung erzielt werden kann.
Mit geschüttetem und nicht gestampftem Beton dürfte man kaum die Hälfte dieser Festigkeit erreichen.
Es ergibt sich weiter aus der Zahlenreihe, dass Beton ohne Sandznsatz, nur mit Kies hergestellt, ge-
ringere Festigkeit als der mit Sand angemachte hat. Der Grund dafür ist der, dass Hohlräume und
unsatte Berührungsstellen zwischen den Kieskörnern verbleiben. Man sieht ferner ans der Zahlenreihe,
♦*) Protokoll der Generalversammlung des Vereins deutscher Zement-Fabrikanten 1880 S. 33
und 89 und Deutsche Bauz. 1880 S. 132.
§ 1. Stauwerke. A. Wehre. 681
was auch im flbrigen durch die Praxis bestätigt wird, data die Verminderung des Kieazusatzes (oder
Schotterzusatzee) zum Beton unter eine gewisse Qrenze unwirtschaftlich ist Bei einer Mischung des
Mörtels im Verhältnis 1 : 4 ergibt der Beton mit 8,5 Teilen Kies noch fast dieselbe Festigkeit wie der-
jenige mit nur 5 Teilen Kies.
Was daa Verhältnis der Zog- und Scherfestigkeit des Betons zur Druckfestigkeit betrifft, so
wird man die Zagfestigkeit durchschnittlich nur zu V1*"— *A der Druckfestigkeit und die Scherfestigkeit
zur 1 V»— 1 V« fachen der Zugfestigkeit annehmen**).
Die Zugfestigkeit des Betons kann namentlich bei Schleusenbauten, aber auch beim Wehr und
Kanaleinlauf da eine grossere Rolle spielen, wo es sieh um starken Auftrieb handelt, die Sohle
also gegen den Wasserdruck von unten die nötige Bruchfestigkeit haben muss. Um in diesem Falle
die Zugfestigkeit der oberen Schichten zn erhöhen, kann die Verwendung von Eiseneinlagen sehr zweck-
mässig sein und zu grossen Materialersparnissen fahren. Näheres vergl. die SpeziaUiterator in den
Literaturaogaben.
Das Qewioht des Betons läset sich aus der Zusammensetzung derjenigen Materialien angenähert
berechnen, welche für 1 cbm erforderlich sind. Das Gewicht von 1 com Kies kann etwa auf 1900—1400,
das von 1 cbm Schotter auf 1200—1800 kg angenommen werden. Das zu 1 cbm Beton gehörige Mörtel-
gewicht beträgt etwa 780-800 kg, sodass das Gewicht von 1 cbm Beton etwa zwischen 2000—2800 kg
schwankt.
Die Mischung des Mörtels und des Betons erfolgt bei grossen Bauausführungen meistens auf
maschinellem Wege. Die Kosten der Mischung betragen etwa 1,0—2,0 Mk. pro cbm, wenn dieselbe
auf maschinellem Wege geschieht Bei Mischungen mit der Hand hängt der Preis ganz vom orts-
üblichen Tagelohn ab. Das Einbringen und Feststampfen kostet durchschnittlich, wenn es im Trocknen
erfolgt, 0,50—1,00 Mk. pro cbm. Beim Versenken durch Trichter oder Kästen 1,50—2,00 Mk., ein-
schliesslich Vorhalten der Geräte und Gerüste. Überschläglich und als Durchschnitt lassen sich die
Kosten für 1 cbm Zement- Beton mit einer Mörtelmischung von etwa 1:8 bis 1:4 auf 18—25 Mk.
angeben, in welchem Preise, wohlverstanden, die Kosten för den Abschlnss und Aushub der Baugrube
nicht enthalten sind. Wird der Kies und der Sand auf der Baustelle gewonnen, ohne dass besondere
Unkosten für Transport entstehen, so kann man das cbm um 7—10 Mk. billiger in Ansatz bringen.
Der Durchschnittspreis pro cbm Beton aoa Mischungen von Portland-Zement und hydraulischen Kalken
oder Weisskalk lässt sich demnach je nach dem Mischungsverhältnis überschläglich ermitteln.
Ausser der Gründung zwischen Spundwänden und auf Pfählen kann bei Wehrbauten
besonders für einzelne Wehrpfeiler und für lange Ufermauern die Gründung auf Senkkästen
oder Senkbrunnen mit Seitenwänden aus Stein, Holz oder Eisen in Frage kommen 46). Bei
diesen Gründungsarten ist es aber sehr schwierig, wenn nicht unmöglich, längere wasser-
undurchlässige Wände herzustellen. Die Mannigfachheit der ausgeführten Konstruktionen
ist so gross, dass hier auf diese Gründnngsart nicht weiter eingegangen werden kann,
vielmehr auf die Spezialliteratur verwiesen wird.
Nachdem durch die zahlreichen Bauausführungen der letzten Zeit die Geräte für
Draekluftgründungen ausserordentlich vervollkommnet und verschiedene . grössere Bau-
firmen mit allen für die Druckluftgründung erforderlichen Maschinen und Geräten aus-
gerüstet sind, ist es möglich geworden, Gründungen mit Druckluft zu verhältnismässig
billigen Preisen und in verhältnismässig kurzer Bauzeit durchzuführen, und es haben
tatsächlich dieselben bei Ausführung von Wasserkraftanlagen eine sehr ausgedehnte Ver-
wendung gefunden. Es wird der Ingenieur deshalb in Fällen, wo Pfahlrostgründungen
oder Gründungen zwischen Spundwänden wegen der Schwierigkeit der Wasserhaltung
oder wegen des mit grossen Steinen oder ähnlichen Hindernissen angefüllten Untergrundes
4*) Der Portland-Zement und seine Anwendung im Bauwesen. Berlin 1892. 8. 97.
46) Die Tiefen bis zu welchen Senkbrunnen angeführt worden, überschreiten selten das Mass
von 8,0 m unter N.W., ausnahmsweise sind aber erheblich grössere Tiefen erreicht. So wurden bei den
Bauten der ostindischen Rajpootana -Staatsbahn 1870—75 gemauerte Senkbntnnen von 3,8 m äusserem
Durchmesser und 0,84 m Wandstärke 18,0—23,0 m unter N.W. des Jumnaflusses gesenkt. Engng. 1875.
Bd. II. S. 162 und Handbuch d. Ing.-Wissensch. T. T. Bd. 3. 1906. L. v. Willmann. Der Grundbau. S. 210-
682 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheitex.
oder wegen zu unsicherer Bauausführung, oder wegen zu langer Bauzeit, oder schliess-
lich wegen verhältnismässig zu grosser Kosten unzweckmässig oder ausgeschlossen er-
scheinen, heute nicht selten der Druckluftgründung den Vorzug geben müssen und ins-
besondere dann, wenn es sich um Herstellung wasserdichter Wände handelt.
Man unterscheidet im wesentlichen zwei Arten der Druckluftgrandung und zwar:
1. diejenige mit verlorner Arbeitskammer und
2. diejenige mit beweglicher Arbeitskammer.
Die letztere Art soll bereits finde des 13. Jahrhunderts bekannt gewesen sein,
und man soll damals schon die Arbeitskammer „ Taucherglocke u genannt haben47).
Praktische Verwendung erhielt die Taucherglocke zuerst im grösseren Umfange
durch Smeaton im Jahre 177948). Die Glocke hing an einem Gerüst und das Aus- und
Einsteigen geschah bei hochgehobener Glocke von einem Boote au9. Die Luftzuführung
erfolgte mittelst einer Luftpumpe.
Die Gründungsart mit verlorner Arbeitskammer wurde durch die Er-
findung der Luftschleusen des französischen Ingenieurs Triger im Jahre 1841 zuerst
ermöglicht4').
Sehr vervollkommnet wurden die Apparate für Druckluftgründungen durch den
Ingenieur Pfannmüller, welcher die Projekte für die pneumatische Gründung der
Pfeiler einer Rheinbrücke bei Mainz im Jahre 1860 aufstellte50). Verwendung fand die
Pfannmüll ersehe Idee zuerst im Jahre 1859 bei Gründung der Pfeiler der Kehler
Rheinbrücke unter Leitung des französischen Ingenieurs Fleur St. Denis. Bei dieser
Bauausführung hatte die Arbeitskammer eines Pfeilers eine gemeinschaftliche eiserne
Decke, war aber in verschiedene Kammern geteilt. Um den Auftrieb des Wassers zu
überwinden, wurde die Decke mit Fundament-Mauerwerk belastet, soweit nicht der Platz
durch die Einsteigescbächte für die Arbeiter und durch die Schächte für die Förderung
des Aushubs eingenommen war. Um die Reibung zwischen dem Erdboden und dem Funda-
mentkörper beim Versenken zu überwinden, wurde derselbe mit einem an die Decke
der Arbeitskammer angeschlossenen Blechmantel umgeben. Bei der Ausführung
ergab sich, dass die Einteilung in einzelne Kammern unnötig war, dass
vielmehr die Arbeitskammer zusammenhängend in gleicher Ausdehnung
wie das zu erstellende Fundament ausgebildet werden konnte.
Die verlorne Arbeitskammer wird heute meistens aus einem eisernen versteiften
Kasten mit tragfähiger Decke in der Form eines Rechtecks und in der Grösse des
beabsichtigten Fundamentes hergestellt Dieselbe wird bei kleineren Wassertiefen
schwimmend an Ort und Stelle gebracht und versenkt bei grösseren Wassertiefen an
4?) Die erste Beschreibung einer solchen Taucherglocke rührt von Fr. Baco von Verulam aus
dem Jahre 1645 her und findet sich im zweiten Bande seines Buches Novum Organon.
♦*) Smeaton stellte die Glocke aus Gusseisen her und machte sie so gross, dass 2 Mann in ihr
Platz finden konnten; sie fand Verwendung beim Hafenbau in Ramsgate.
*«) Triger hatte die Aufgabe einen Schacht auf ein Kohlenflöz zu treiben, das nahe der Loire
bei Chalonnes liegt und Aber welchem zunächst Geschiebe der Loire in einer Mächtigkeit von 18—20 m
gelagert sind. In dieser Geschiebeschicht stand das Wasser in gleicher Höhe wie im Flusse selbst
Triger verwendete eine eiserne Röhre von 1,80 m Dm. und versah dieselbe mit einer Kammer, welche
durch zwei verschliessbare Mannlöcher entweder mit der zu versenkenden Röhre nach unten oder mit
der freien Luft nach oben in Verbindung gesetzt werden konnte, C. Zschokke, Handb. d. Ing.-
Wi8sensch. I. Teil. 3. Bd. 1906. 3. 316.
A0) G. Pfannmfiller, Plan zur Erbauung einer stehenden Bracke Aber den Rhein 1850. t als
Geheimer Oberbergrat in Darmstadt.
Stauwerke. A. Wehre.
Gerüsten aufgehängt (Abb. 194, a, b, c und die Abb. 121, S. 535, welche letztere den
Caisson mit Gerüst bei der Fundiernng des Grundablasses der Anlage Füre et Morge
darstellt). Auf die Decke der Arbeitskammer wird das Bauwerk errichtet und die
Arbeitskammer dann allmählich auf den Grund herabgesenkt Alsdann beginnt die
Füllnag der Kammer mit Pressluft,
wobei die Belastung der Kammer so
gross sein muss, dass sie sowohl den
Auftrieb als auch die Reibung an den
äusseren Wänden der Arbeitskammer
und des Mauerwerkes überwinden kann.
Während man früher die Arbeitskam-
mer immer mit dichten Seitenwänden
aus Blech versah, hat die Erfahrung
gelehrt, dass man unter Umständen die
Decke und auch die Seitenwandungen
zwischen dem eisernen Gerüst dicht
genug in Beton oder Mauerwerk her-
stellen kann , wodurch es ermöglicht
wird , dass die spätere Ausfüllung der
Arbeitskammer durch Beton einen dich-
teren und innigeren Anschlass an die
Arbeitskammer selbst findet.
Bei Gründang mit verlorner
Arbeitskammer besteht die Gefahr, dass
sich bei grosseren Aushubtiefen Kammer
und Aufbau infolge der Reibung des
Bodens trennen und die Arbeitskammer
allein weiter sinkt. Diese Gefahr tritt
besonders dann ein, wenn sich die Kam*
mer schief stellt und infolgedessen die
Reibung an den äusseren Flächen des
Aufbaus einseitig sehr verstärkt wird.
Deshalb errichtet man bei sehr tiefen
Gründungen und bei solchen, wo ein
Schiefstellen des Kastens zu befürchten
ist, am besten das Mauerwerk inner-
halb eines eisernen dichten Mantels,
welcher zum Teil nach Fertigstellung
des Bauwerkes herausgehoben und even-
tuell erneut Verwendung finden kann.
Das Herausheben von Teilen dieses
Mantels ist natürlich nur möglich, so-
weit sie nicht tiefer als höchstens 2 bis
2,5 m in den Boden eingedrungen sind.
Man verbindet zu diesem Zwecke die unteren Mantelschüsse mittelst Flanschen und
Bolzen und legt zur Dichtung zwischen die Flanschen Kautschukringe. Liegen diese
Flanschen innen, was natürlich der Fall sein muss, wenn sie noch in den Boden mit
eindringen sollen, so muss man innerhalb des Mantels so viel Platz lassen, dass ein
ig In Abk. JH buln.
684
III. Theodor Koehn. Ausbau vow Wasserkräften. Eihzelheitkn.
Arbeiter noch an die Bolzen zur Lösung derselben herankommen kann. Liegen die
Flanschen nach aussen, so muss die Lösung der Bolzen durch Taucher stattlinden.
Bei Fundierung mit verlorner Arbeitskammer versiebt man diejenigen
Seiten, welche an die nächste Arbeitskammer anschliessen mit eisernen Schneiden von
0t10 bis 0,15 m Länge, gegen welche sich die Schneiden der nächsten Kammer legen.
Der von diesen Schneiden abge-
Abb. 195. Abächtang des Rat^ zwischen *™^omieii g^ossene Zwischenraum zwischen
Caissons bei der Fundiening des Kiufthau^ #
2 Arbeitskammern wird dam
spater sorgfältig ausgehoben und
mit Beton ausgefüllt (Abb. 195).
Die Druckluftfundie-
rung mit beweglicher Ar-
beitskammer, d. h. mit sol-
cher, welche allmählich mit dem
steigenden Bauwerk gehoben wird,
kann naturgemäss nur Anwendung
finden bis zu einer Tiefe unter
der Flussohle, welche noch das
Herausziehen der Arbeitskammer, gestattet. Als äusserste Grenze dürften 2,5 m
sehen sein. Liegt der gute Baugrund tiefer unter der Sohle des Fusses, so muss man
den Boden mittelst Bagger soweit abräumen, dass eine tiefere Versenkung der Glocke
in den Baugrund nicht nötig wird. Wo das nicht ausfährbar ist, kann die Fundierung
mit beweglicher Arbeitskammer keine Verwendung mehr finden. Diese Arbeitskammern
sind natürlich viel leichter konstruiert als die verlornen Arbeitskammern, weil sie nur
dem Luftdruck, beziehungsweise Wasserdruck zu widerstehen brauchen. Um ihnen das
nötige Gewicht gegen den Auftrieb zu geben, sind sie meistens mit einer kastenförmigen
Decke versehen, in welcher Wasserballast eingelassen oder herausgepumpt werden kann.
Die beweglichen Arbeitskammern werden bei kleineren Abmessungen, namentlich
wenn es sich um Herstellung langer Mauern handelt (Anlage Chfevres, Seite 445, Er-
richtung einer langen Grundmauer), zwischen zwei schwimmenden Gerüsten aufgehängt»
Bei grösseren Abmessungen, grösserer Wassertiefe, schnell fließendem Wasser etc. hängt
man sie an festen Gerüsten an einem Laufkran mit Laufkatzen auf, sodass sie nach
jeder Richtung bewegt werden können. Schliesslich können bewegliche Arbeitskammern
auch als selbständig schwimmende grosse Glocken konstruiert werden, welche durch
Einlassen und Auspumpen von Wasserballast gesenkt und gehoben werden. Solche
Glocken tragen auf den bis über Wasser reichenden Schächten alle Arbeitsmaschinen
etc. selbst
Bei beweglichen Arbeitskammern ist man imstande, ein zusammenhängendes Mauer-
werk in sehr grossen Ausdehnungen stückweise ohne Trennfugen unter Wasser herzu-
stellen (Anlage Jonage-Cusset-Lyon, S. 518 und Abb. 114).
Damit die Arbeiter bequem arbeiten können, macht man die Arbeitskammern im
lichten 2,0 bis 2,20 m hoch und sorgt für eine gute Beleuchtung. Die Höhe der be-
weglichen Arbeitskammern richtet sich überdies nach der Höhe der Mauerschicht, welche
man bei einer gewissen Höhenlage der Arbeitskammer ohne Hebung ausführen will. In
der Regel hat diese Schicht eine Höhe von 0,50 m und reicht dann eine gesamte lichte
Höbe der Arbeitskammern von 2,25 m aus. Will man höhere Schichten erzielen, so
muss die lichte Höhe der Arbeitskammer entsprechend vergrössert werden, damit die
Arbeiter nicht gebückt zu arbeiten brauchen.
§ 1. Stauwerk*. A. Wehrb. 685
Ein ernster Nachteil der Druckluftgründung ist jedenfalls der,
dass bei Spannungen von über einer Atmosphäre das Arbeiten in der
Arbeitskammer und besonders das Ein- und Ausschleusen für die Ge-
sundheit nachteilige Folgen haben kann. Bei 2 Atmosphären Spannung, d.h.
bei 20,0 m Wassertiefe wird das Trommelfell schon so gespannt, dass sich die Arbeiter
untereinander schwer verständigen können, und es dürfen nur sehr kräftige, an Lunge
und Herz vollständig gesunde Leute in die Arbeitskammer hinein. Bei 35,0 m Wassertiefe
kommen auch bei den gesundesten Leuten häufig Lahmungen und Schlagerscheinungen
vor. Ganz besondere Vorsicht muss beim Aus- und Einschleusen verwendet werden und
sind die Vorrichtungen so zu treffen, dass dasselbe langsam unter allmählicher Steige-
rung resp. Verminderung des Druckes erfolgen muss.
Die Vorzüge der Druckluftgründungen fasst Conrad Zschokke im Handb. der
Ing.-Wissenschaften, L Teil, 3. Bd., Der Grundbau, 1906, S. 392 u. ff. wie folgt zusammen :
a) Sie gestatten, ohne Rücksicht auf die Wasserdurchlässigkeit des zu durchfahrenden Bodens,
die Gründung bis auf 85 m unter den Wasserspiegel hinabzuführen, den tragfahigen Untergrund zu
reinigen, zu ebnen oder abzutreppen, oder auf jede andere Weise zu einem zweckmässigen Verbände mit
dem Grttndungsmauerwerk vorzubereiten. Holzstamme und Steinblöcke, deren Vorkommen im Unter-
gründe anderen Gründlingsverfahren, wie Pfahlrost- und sogar Brunnengründungen, grosse Schwierig-
keiten schafft, lassen sich bei den Druckluftgründungen abstemmen, bezw. mittelst Minen sprengen
und beseitigen.
Felsbänke können in Taucherglocken gesprengt und entfernt werden.
Bei Anlage von Minen empfiehlt es sich im allgemeinen keine grösseren Ladungen anzuwenden,
als beim gewöhnlichen Steinbruchbetriebe in freier Luft. Dabei ist darauf zu achten, dass die Ver-
brennungserzeugnisse der Sprengstoffe durch kraftige Luftzufuhr mittelst Syphons so gründlich und rasch
als möglich aus den Arbeitskammern abgeführt werden. Es gilt dies namentlich von allen Sprengmitteln,
bei denen Nitroglyzerin den Grundstoff bildet
b) Das gesamte Gründungsmauerwerk lisst sich im Trocknen und unter den denkbar günstigsten
Verhältnissen ausführen. Auf dem zur Aufnahme der Mauerung vorbereiteten Boden kann somit ein
Mauerwerk erstellt werden, wie es im Trocknen und im Freien nicht besser ausgeführt werden kann.
Es gilt dies sowohl für die Mauerung bei Druckluftgründungen mit verlorner Arbeitskammer als für
diejenige in Glocken.
c) Aus diesen Verhaltnissen geht hervor, dass die Abmessungen der Druckluftgrfludungen auf
ein Mindestmass vermindert werden können und sich sowohl die Profilverengerungen bei Gründungen
im laufenden Wasser als der Aufwand ungeheurer Massen von Steinmaterial für Gründungen in der See,
sowohl in Form von Steinschüttungen als unter sich verbundener Blöcke, vollständig vermeiden laset.
d) Die Gründungsarbeiten lassen sich im allgemeinen ohne Rücksicht auf hohe oder niedere
Wasserstande und auf Ebbe- und Fintstand ausführen, woraus, neben der Sicherheit einer sorgfältigen
Ausführung , ein Zeitgewinn und eine Beseitigung allfällig unvorherzusehender Verhältnisse folgt , was
oft sehr hoch angeschlagen werden muss.
Bezüglich der richtigen Wahl des Verfahrens der Druckluftgründung gibt
Zschokke folgende Grundsätze:
a) Bei Gründungen bescheidener Abmessungen, wo sich der gute Untergrund in einer Tiefe von über
5 m unter dem Wasserspiegel findet und starker Wasserzndrang stattfindet, ist die Druckluftgründung
mit Hufe gemauerter Arbeitskammern anzuwenden, insofern diese auf festem Boden und nicht
etwa auf einem Gerüst über der Verwendungsstelle erbaut werden können und zwar sowohl bei Einzel-
gründungen (z. B. bei Brückenwiderlagern) als bei Gruppengründungen (z. B. bei fortlaufenden Mauern).
b) Handelt es sich unter gleichen Umständen darum, ausgedehnte Fundamente auf einem zwar
tragfähigen, aber durchweg wasserdurchlässigen Boden auszuführen, so dienen grosse Arbeitskammern
mit eisernen Einlagen am besteh. Die Decke und die Seitenwandungen können indessen in Beton
ausgeführt werden und somit sowohl die Deckenbleche als die Bleche der Seitenwandungen wegfallen.
In diesem Fall ist die Arbeitskammer durch Zwischenwände in mehrere unter sich verbundene Kammern
zu teilen, um die Höhe der Deckenbalken zu verringern.
686 III. Theodor Koeetn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
c) Bei Gründungen in fliessendem Wasser, wo der gute Untergrund durch wasserhaltigen,
wenig tragfahigen Boden bedeckt ist» müssen ArbeitBkammern von Eisen iut Verwendung kommen.
Ihre Aufstellung laset sich folgendexmassen bestimmen:
I. Bei stark fliessendem Wasser:
Auf einem hölzernen festen Gerüst Ober der Baustelle.
IL Bei langsam fliessendem Wasser:
a) Wenn es eine geringe Wassertiefe (weniger als 2,50 m) hat und zahlreiche gleiche
Gründungen auf grosse Tiefen zu erstellen sind: mit einem Sehwimmgerüst.
ß) Bei grosser Wassertiefe (mehr als 2,50 m) und grosser Aushubtiefe: indem man die
Arbeitskammern am Lande erstellt und schwimmend an die Yerwendungsstelle bringt.
y) Bei grosser Wassertiefe (mehr als 2,50 m) und geringer Aushubtiefe: mittelst Glocken
an Hängegerüsten.
III. Bei stillem Wasser, grosser Tiefe des Wassers, aber geringer Aushubtiefe und grosser
Zahl von Gründungen: mit Glocken ohne Hängegerüste.
Die Kosten der Druckluftgründung pro cbm hergestelltes Fundament
hängen natürlich in hohem Masse von der Fnndierungstiefe, von den Bodenverhältnissen
und den mit ihnen eventuell verbundenen Unterbrechungen der Arbeit, von der Wasser-
geschwindigkeit und anderen Umständen ab. Für mittlere Verhältnisse macht Zschokke
folgende Angaben:
Bezeichnet man mit:
a den mittleren Preis des auszuführenden Mauerwerks, den man in freier Luft zu zahlen hätte,
b den Preis für das in Druckluft auszuhebende cbm Boden, wobei derselbe, je nach der
auszuhebenden Bodenart, zwischen 12 und 20 Mk. (den enteren für Eies, den letzteren
für Kalkfelsen) angesetzt werden und neben den Kosten für Aushub noch diejenigen für
Luft und Licht begreifen soll,
t in m die Tiefe unter N.W., auf welche die Gründung hinabzuführen ist, so erhalt man den
Gesamtpreis P für das cbm Mauerwerk:
1. Für Gründungen mit gemauerten, verlorenen Arbeitskammern (alle Preise in Mk.)
P = l,2(a + b) + ^.
Beispiel : 8etzt man a = 14,5 Mk«
b=12,0 ,
t== 7,0 m
so wird P = l,2x26,5 + y = 84,4 Mk.
2. Für Gründungen mit grossen verlornen Kammern in armiertem Eisen:
P = l,2(a + b) + y.
Beispiel: Bei den gleichen Annahmen wie oben.
P = l,2x26,5+y = 42,50 Mk.
3. Für verlorne eiserne Caissons mit Gerüst und Mantelble'chen
P=l,5(a + b) + ?J0
Beispiel: Setzt man a = 14,50 Mk.
b = 12,00 ,
t= 9,00 m
300
so wird P = l,5x26,5 + ^p = 78,05 Mk.
4. Für verlorne eiserne Caissons mit Mantelblech, die am Lande gebaut und
an die Baustelle schwimmend befördert werden
P= 1,5 (•+!>) + ^
Beispiel mit den gleichen Annahmen wie unter 8
P = l,5x26,5 + 25 = 56,8 Mk.
§ 1. Stauwerks. A. Wehre, Literaturangaben. 687
5. Für bewegliche H&ngeglocken (bei mindestens 20000 cbm Mauerwerk)
P=l,2 a+1,5 b + 12.
Beispiel: Bedingungen wie unter 8
P = 1,2 X 14,5 + 1,5 X 12 + 12 == 47,40 Mk.
6. Für bewegliche, schwimmende Taucherglocken (bei mindestens 50000 cbm Mauerwerk):
P = l,2 a+1,5 b + 16.
Beispiel: Wie unter 3
P=l,2xl4,5 + l,5xl2+16 = 5M0Mk
Diese Preise haben nur Gültigkeit, wenn die Kosten der Apparate für Pressluft*
fundiertmg und aller Gerüste nicht ausschliesslich für das eine gerade vorliegende Objekt
aufzuwenden und vollkommen zu tilgen sind. Der bauausführende Ingenieur wird in-
dessen die Pressluftfundierung meistens von Spezialfirmen ausführen lassen, die mit allen
erforderlichen Geräten und Gerüsten versehen sind und über geschultes Personal ver-
fügen, sodass annäherungsweise die obigen Preise tatsächlich für einen praktischen Fall
zugrunde gelegt werden können. Jedenfalls bieten diese Angaben dem entwerfenden
Ingenieur zunächst einen guten Anhalt dafür, zu entscheiden, wann es sich empfiehlt,
die Anwendung von Druckluftgründung in nähere Erwägung zu ziehen.
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8. 78a Behweis. Baus. 1902. IL 8. 87.
§ 1. Stauwerke. B. Talsperren. 693
B. Die Talsperren.
Hierin Tafel LD"j.
Talsperren sind Stauwerke, welche dazu bestimmt sind, die fliessenden Wasser-
mengen eines Gewässers aufzuspeichern und einen Ausgleich zwischen dem Zuviel und
dem Zuwenig des Zuflusses künstlich herbeizuführen. Ihre Wirkung tritt dadurch
äusserlich in die Erscheinung, dass sie einen künstlichen See bilden. Die Talsperren
sind gleichzeitig Wehre, welche eine und zwar meistens eine sehr erhebliche Hebung des
Wasserspiegels im Flusse verursachen und das Gefälle einer längeren Flusstrecke an
einer Stelle zusammenfassen. Auf diese Weise haben sie als Kraftquellen oder Kraft-
sammler eine doppelte Bedeutung, indem sie nicht nur auf eine gleichmässige Ver-
teilung der von der Natur ungleichmässig zur Verfügung gestellten Kraft hinwirken,
sondern indem sie auch den Nutzwert jedes cbm/sek. Wasser, welcher an die Staumauer
gelangt, wegen des vergrößerten Druckgefälles erhöhen.
Es soll unter C. dieses § noch von Stauweihern die Rede sein, und es sollen
darunter Sammelbecken verstanden werden, welche nicht im wörtlichen Sinne Talsperren
sind. Die Stauweiher werden meistens nur den Zweck haben, das Wasser aufzuspeichern,
ohne gleichzeitig wesentlich zur Erhöhung des Druckgefälles beizutragen. Eine scharfe
Unterscheidung zwischen den beiden Arten von Stauwerken läsBt sich nicht durchführen,
weil sie in der grossen Mannigfaltigkeit, welche die Praxis bietet, übereinander greifen.
Die nachstehenden Betrachtungen sind in folgende 14 Abschnitte eingeteilt:
a) Einige Angaben zur Geschichte des Talsperrenbaues.
b) Die verschiedenen Verwendungszwecke des aufgespeicherten Wassers.
c) Die Auswahl des Tales für eine Sperre.
d) Die Wahl der Stelle für das Stauwerk und die Auswahl der Bauweise
desselben.
■ e) Einige besondere Ausfuhrungsarten von Talsperren.
f) Die Feststellung des Fassungsvermögens eines Tales, die Bestimmung der
für den verfolgten Zweck erforderlichen Grösse des Stauraumes, sowie die
Verteilung der Kosten.
g) Die Ausführung von Sperrmauern,
h) Die Entwässerung des Mauerinnern.
i) Die Beobachtungen der Bewegung der Mauer.
k) Die Überläufe und die Vorrichtungen für die Wasserentnahme.
1) Die Ablagerungen innerhalb des Staubeckens und ihre Beseitigung.
m) Einige weitere Beispiele ausgeführter Talsperren,
n) Zerstörte Talsperren,
o) Die statische Berechnung der Talsperren.
a) Einige Angabe* zur Geschichte des Talsperrenbaues. Die Geschichte des
Talsperrenbaues reicht sehr weit zurück. Wie in Kap. 1, § 1 mitgeteilt wurde, haben
bereits die Völker des Altertums sehr grossartige Talsperrenbauten ausgeführt. Der
") Die Fig. 1—6 u. 8 der Tafel sind dem Werke P. Ziegler, , Der Talsperrenbau" 1900 entnommen.
Fig. 9—10 sind nach Abbildungen ans dem Anmats von Intze .Die geschichtUehe Entwicklung,
die Zweeke und der Bau von Talsperren", Zeitachr. d. Vor. deutscher Ing. 1906 8. 786 n. ff. hergestellt
HL Theodor Koehn. Ausbau vok WasserkrIfteh.
Zweck war die Bewässerung und Wasserversorgung. Auch im Mittelalter ist die Kunst
des Talsperrenbaues bei fast allen Kulturvölkern dieses Zeitabschnittes nicht verloren
gegangen. Eine der bekanntesten Talsperrenanlagen des ersten Jahrhunderts nach Christi
ist einer der sogenannten Bends bei dem Dorfe Belgrad unweit von Bojukdere, welcher
toa einem der oströmischen Kaiser (Konstantin?) durch syro-pal&stinische Ingenieure
erbaut sein soll und noch heute mit für die Wasserversorgung von Konstantinopel be-
nutzt wird.
Die Inder wurden durch ihre klimatischen Verhaltnisse zur Aufspeicherung
der Niederschläge von altersher gezwungen, denn diese fallen nur während der soge-
nannten Regenperioden und sind sowohl der Zeit als auch ihrer Höhe nach ungemein un-
gleichmässig verteilt. Während die Höhe der Niederschläge in den Ebenen des Pend-
schab durchschnittlich 560 mm betragen soll, steigt sie am Fusse des Himalaja bis
über 4000. Der fruchtbare Boden lohnt die Mühe guter Bewässerung, welche zwei und
mehr Ernten im Jahre gestattet. Man rechnet etwa für die Bewässerung eines ha pro
Jahr 9000 cbm Rieselwasser. Da aber die Verdunstung sehr gross ist und bis zu 2000 mm
im Jahre steigt, so müssen, um 9000 cbm zu haben, 15—16000 cbm aufgespeichert
werden, und da man auch mit besonders trockenen Jahren rechnen muss, in welchen
aufzuspeichernde Niederschläge so gut wie ganz fehlen, ist man gezwungen, für einen
ha Bewässerungsfläche etwa 38—40000 cbm nutzbaren Stauinhalt zu rechnen. Die
grosse Mehrzahl der alten indischen Dämme hat kleine Stauhöhen, und die Abschluss-
werke bestehen meistens aus Erddämmen mit Tondichtungen, entweder als Kern oder
unter der wasserseitigen Böschung. Die Böschungen pflegte man wasserseitig mit
Pflasterung, Beschotterung oder Bepflanzung zu schützen. Dio Dammkronen liegen bis zu
2,5 m über dem gewöhnlichen Wasserspiegel und sind 1,8 bis 3,5 m breit Die wasser-
seitigen Böschungen sind je nach dem Dammaterial mit 1:1 bis 1:2, die äusseren
mit 1 : 1 Vt bis 1 : 3 angelegt.
Allein in dem Distrikt North-Arcot sollen 3300 Sammelbecken bestehen, Ton
denen 981 weniger als 4 ha und nur 5 mehr als 400 ha bewässern5*). Die Lange der
Staudämme beträgt oft viele Kilometer.
An einzelnen Stellen kommen in Indien auch ungewöhnlich hohe Staudämme vor.
So besitzt das Becken von Cummun, Distrikt Guntoor, einen Damm von 30,0 m
Höhe mit allerdings nur 90,0 m Kronenlänge.
Das Becken tod Nugar, Distrikt Mysore, hat einen Damm von 26,5m Höhe
bei 300,0 m Kronenlänge und 180,0 m Basisbreite.
In neuerer Zeit sind auch zahlreiche Staumauern in Indien geschaffen und zwar
vielfach mit ganz gewaltigen Abmessungen und Beckengrössen. So besitzt z. B. das
Staubecken von Mutha im Distrikt Manipur eine Mauer von 1660,0m Kronenlänge und
21,26 m Basisbreite bei einer gröesten Höhe Aber dem Flussbett von 30,5 m und von
32,10 m über der Grundungssohle. Die Mauer bildet im Orundriss einen Polygonxug,
dessen Ecken durch schwere Strebepfeiler verstärkt sind. Da sich nach der Füllung
Bewegungen zeigten, hat man noch nachträglich luftseitig einen Erddamm von 9,0 m Höhe
und 18,0 m Kronenbreite gegen die Mauer geschüttet Das Niederschlagsgebiet hat eine
Flächengrosse von 508 qkm. Der Fassungsraum des Staubeckens beträgt 146
Millionen cbm und seine Oberfläche bedeckt 14 qkm. Da die Wasserentnahme
aber 8,7 m über der Beckensohle liegt und noch eine Verdunstungsschicht von 1,2 m
ftf) Curt Merkel, Die IafMueortochaik im Altertum, Berlin 1899, 8. 101.
§ 1. Stauwerks. B. Talsperren. 695
Höhe abzuziehen ist, so bleibt nur ein nutzbarer Stauinhalt von 78 Millionen cbm übrig.
An jedem Rande des Tales entlang fuhrt ein Bewässerungskanal. Derjenige am rechten
Ufer ist auf 16 km bis zur Stadt Poona schiffbar und hat eine Gesamtlänge von 115 km.
Der linksufrige Kanal ist dagegen nur 22 km lang. Die Bewässerungsfläche beläuft sich
auf 270 qkm. Die Baukosten sollen nur etwa 5 Millionen Mark betragen haben.
Ein anderes grossartiges Beispiel bietet die Staumauer von Tansa, deren Becken
71 Millionen cbm Inhalt hat und durch einen 91 km langen Kanal täglich bis zu
150000 cbm Wasser für die Wasserversorgung nach Bombay liefern kann. Die Mauer
hat einschliesslich eines 483,0 m langen Überlaufs eine Kronenlänge von 2684,0 m. Im
Grundriss bildet sie 2 unter einem stumpfen Winkel zusammenstossende gerade Linien, deren
örtliche Lage so gewählt wurde, dass der Aushub bis zum festen Felsen auf ein Mindest-
mass beschränkt blieb. Das Niederschlagsgebiet umfasst 175,6 qkm. Die grösste Höhe
der Staumauer beträgt 86,0 m. Es ist aber eine Erhöhung um 5,17 m vorgesehen,
wodurch der Stauinhalt auf 141,5 Millionen cbm mit einer See-Oberfläche von 14,25 qkm
gebracht werden kann. Die Staumauer, für welche rd. 300000 cbm Mauerwerk herzu-
stellen waren, ist in den Jahren 1886 bis 91 ausgeführt und soll etwa 4 Millionen Mark
gekostet haben. Als Mörtel wurde ein an Ort und Stelle gewonnener und gebrannter
hydraulischer Kalk, Kunker genannt, benutzt und zwar in einer Mischung von 1 Teil
Kunker und l1/* Teilen scharfen Quarzsand. Der Verbrauch an Mörtel pro cbm Mauer-
werk soll 0,367 cbm betragen haben.
Die Bhatgurmauer, welche gleichfalls 'in der Presidency Bombay und zwar
südlich von Poona liegt, besitzt ein Staubecken von 156 Millionen cbm bei einem
Niederschlagsgebiet des abgesperrten Flusses von 428 qkm. Die Mauer hat eine Kronen-
länge von 1240 m, eine grösste Höhe von 39,6, eine Kronenbreite von 3,65 und eine
Basisbreite von 22,5 m. Die Sperre staut den Theluandfluss und dient Bewässerungs-
zwecken.
Eine hervorragende Stellung im europäischen Talsperrenbau, nament-
lich während des 16. und 17. Jahrhunderts, nimmt Spanien ein. Auch in diesem
Lande schwanken die Regenhöhen in sehr weiten Grenzen und besonders in den Provinzen
Valenzia, Alicante, Murzia und Granada hat sich von altersher eine erfolgreiche Kultur
nur durch reichliche Bewässerung als möglich erwiesen. Mit Hilfe einer geordneten Be-
wässerung sind aber in diesen Provinzen stellenweise wahre Gärten von Fruchtbarkeit
entstanden. Der Staat hat durch Zuschüsse in bar oder in Gestalt billiger Darlehen,
oder auch, indem er den Bau grösserer Talsperren selber durchführtet sehr viel zur
Förderung der agrikulturellen Wasserwirtschaft Spaniens beigetragen. Es sind auch eine
ganze Anzahl Genossenschaften entstanden, welche die Anlage von Stauweihern und Tal-
sperren zur Aufgabe hatten und deren Organisation durch die spanische Gesetzgebung
erleichtert wurde. Die alten spanischen Talsperren sind meistens auf festen Felsen-
untergrund als Staumauern ausgeführt und zwar mit einer Verteilung der Mauermassen,
welche nach der modernen Anschauung als unzweckmässig erscheint. Die älteste
Talsperre Spaniens soll die Mauer von Almanza sein, welche bereits 1586 be-
standen haben soll Der Stauinhalt beträgt 1,4 Millionen cbm bei 18,69 m grösster
Wassertiefe. Das Niederschlagsgebiet beträgt 200 qkm, sodass im Verhältnis zum
Niederschlagsgebiet der Stauinhalt ungewöhnlich klein erscheint.
Die Mauer von Alicante oder Tibi staut den Rio Monegre 25 km oberhalb von
Alicante und 400,0 m über dem Meerespiegel und bildet ein Becken mit einem Stauinhalt
von 5 Millionen cbm. Der Bau soll in den Jahren 1579 bis 1589 für Rechnung einer
Agrikulturgenossenschaft ausgeführt sein. Der wasserseitige Mauerfuss ist mit einem
696 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheitjen.
Halbmesser von ungefähr 107,0 m gekrümmt. Die Kronenbreite beträgt 20,0, die
breite 33,10 m9 die Höhe der Krone aber der Talsohle 41,0 m. Die Mauer sperrt eine
enge Schlucht ab, sodass die Kronenlänge nur 60,0 m und an einer Stelle, wo die Krone
tiefer in die felsigen Talhänge eingreift, ca. 80,0 m beträgt. Da trotz eines seitlich
vorhandenen Überlaufs eine Überflutung der Krone eintreten kann, ist die Luftseite der
Mauer abgetreppt in Stufen von 0,4 m bis 1,0 m Breite, auf denen die lebendige Kraft
des kaskadenförmig abstürzenden Wassers gebrochen wird.
Ungefähr um dieselbe Zeit wie die Mauer von Alicante wurde diejenige von Elche
gebaut, welche gleichfalls einen beinahe rechteckigen Querschnitt hat bei 9,0 m Kronen-
breite, 12,0 m Basisbreite und 23,20 m Mauerhöhe über der Talsohle. Die Länge der
Krone beträgt 70,0 m, diejenige in der Sohle nur 18,3 m.
Wegen der Ende des 18. Jahrhunderts erbauten Puentes-Sp er re vergl. S. 739.
Von den neueren Sperren Spaniens mögen die Mauern von Villar und
Lozoya genannt sein, von denen die letztgenannte Anfang der fünfziger Jahre und die
erstgenannte in den Jahren 1869 bis 76 gebaut wurden. Beide Mauern sind auf Felsen
fundiert, stauen den Lozoyafluss und dienen zur Wasserversorgung der Stadt Madrid.
Die Sperre von Villar wurde gebaut, als die unterhalb liegende Sperre sich als unzu-
reichend herausstellte; sie schliesst ein Becken von 20 Millionen cbm Stauinhalt ab-
Die Mauer hat eine lotrechte wasserseitige Fläche und eine gekrümmte luftseitige
Böschung und zwar nach einer Linie, wie man sie ähnlich bei den französischen Sperren
des Furens (Taf. LH, Fig. 4 u. 5 und Abb. 214) u. der Mouche (S. 733) ver-
wendet hat. Die Villar mau er hat eine Kronenbreite von 5,20 m, eine in einem
Kreisbogen (R = 134,5 m) gekrümmte Kronenlänge von 106,50 m, eine Basisbreite an
der Gründungssohle von 46,10 m und eine Höhe von der Gründungssohle bis zur Krone
von 45,4 m, sodass die Basisbreite über 100% der Höhe beträgt Sie ist auf Granit-
felsen gegründet. Zur Wasserentnahme ist der Mauer ein halbelliptischer Turm vorge-
baut, welcher drei Brunnen kreisförmigen Querschnitts nebeneinander enthält. Der
mittlere dieser Brunnen trägt eine Treppe, die beiden seitlichen sind wegen der grossen
Schlammablagerungen durch höher liegende Scharten mit dem Staubecken verbunden
und dienen als Entnahmeschächte. Die Schützenöffnungen, welche die zwei Entnahme-
kanäle innerhalb der Entnahmeschächte abschliessen, sind durch je zwei Schützentafeln
von 0,6 auf 0,9 m geschlossen, welche durch hydraulische Presskolben gehoben
werden können. Der Bewegungswiderstand jeder Tafel beträgt 8,5 1. Jede der 4 Schützen
hat einen eignen Druckzylinder von 50 cm Durchmesser. Zur Gewinnung des Druck-
wassers wurde die sich bietende günstige Gelegenheit benutzt und eine in etwa 600,0 m
Entfernung und 60,0 m über der Krone der Staumauer vorhandene Quelle abgeleitet
Wie die Franzosen in Algier es sich haben angelegen sein lassen, das an
grosser Wasserarmut leidende Land durch Anlage von Talsperren wenigstens stellen-
weise zu bewässern, verdient hervorgehoben zu werden. Die Flüsse Algiers haben die
ungünstige Eigenschaft, dass sie trotz der zum Teil grossen Niederschlagshöhen sehr
geringe jährliche Abflussmengen führen und weiter den Übelstand, dass diese jährlichen
Abflussmengen in verhältnismässig kurzer Zeit zum Abfluss kommen. Während, wie im
Kap. I, § 4 „Vorarbeiten4 mitgeteilt wurde, das Verhältnis des Abflusses zur Regenhöhe
in den europäischen Flüssen des Flach- und Hügellandes Vs bis V« beträgt und im
Gebirge, namentlich im Gletschergebiet, auf 3/* bis 1/i und noch darüber steigen kann,
beträgt dieses Verhältnis zum Beispiel bei dem Cheliff nur V'ao, beim Habra '/co, beim
Sig 1/m, beim T16lat und Djidiouia 1/i5.
Die Bewässerung der Ländereien erfolgt durchschnittlich 5 Monate, und man
§ 1. Stauwerke. B. Talsperren. 697
rechnet Ve bis 1 Z für den ha und die Sekunde. Die Bewässerungszeit ist für jeden
Besitzer bestimmt. Ein solcher hat durchschnittlich 18 Mk. pro ha und Jahr zu zahlen,
wenn er durchschnittlich 1/s 1/sek. für die genannte Flächeneinheit entnimmt. Die
Anlage von Talsperren ist in Algier dadurch erschwert, dass man mit grossen Wasser-
yerlusten durch Versickerung und Verdunstung zu rechnen hat. Man muss für die
heissen Sommermonate allein durch die Verdunstung durchschnittlich Verluste von
10 mm während 24 Stunden in Rechnung stellen. Der Talsperrenbau in Algier ist
z. T. direkt auf Kosten der Regierung durchgeführt und die Sperre ist dann einem
Konsortium von landwirtschaftlichen Interessenten gegen Zahlung bestimmter Abgaben
zur Benutzung überlassen oder es haben sich von vornherein Gesellschaften gebildet,
welche vom Staate entweder Beihilfen k fonds perdu oder in Form einer Zinsgarantie
für das Baukapital auf eine bestimmte Zeit erhielten. Meistens war der garantierte
Zinsfuss 5 °/o, und es war ferner abgemacht, dass nach Ablauf der Frist sich Staat und
Gesellschaft in die Erträge teilen sollten. Auch ist die Beihilfe wohl in der Form ge-
währt worden, dass unternehmenden Gesellschaften die zu bewässernden Ländereien ganz
oder zum Teil kostenlos überlassen wurden (vergl. die Mitteilung betreffend die Habra-
sperre S. 740).
Als Beispiele algerischer Talsperren mögen erwähnt sein: die Mauer im Tlälat,
welche im Jahre 1869 an Stelle eines 1862 zerstörten Erddammes erbaut wurde und bei
einem Niederschlagsgebiet von 130 qkm nur ein Becken von 600000 cbm bildet. Die
auf Staatskosten ausgeführte Mauer hat etwa 22,24 Mk. pro cbm Mauerwerk gekostet.
Für die Wasserabgabe von jährlich 550 cbm, welche für 1 ha Land während der Be-
wässerungsdauer von etwa 22 Wochen hinreichen sollen, werden ungefähr 25 Francs
erhoben. Ferner seien erwähnt die Talsperre am Djidiouia, welche bei einem Nieder-
schlagsgebiet von 830 qkm nur ein Staubecken von 2 Millionen cbm bildet, — die Tal-
sperre im Hamiz, welche bei 140 qkm Niederschlagsgebiet einen Stauinhalt von
14 Millionen cbm hat, und die bekannte Habrasperre (S. 740).
Wie die Engländer neuerdings die Wasserwirtschaft in Ägypten durch den Bau
von Staubecken für Bewässerungszwecke zu heben suchen, ist im Kap. I, § 1, S. 2 kurz
erwähnt worden. Ergänzend sei nur noch bemerkt, dass, einschliesslich der bereits aus-
geführten, im ganzen Staubecken mit einem Inhalt von zusammen beinahe 30 Milliarden
cbm projektiert sind, welche anschlagsmässig einen Kostenaufwand von ungefähr 420
Millionen Mark verursuchen werden. Durch die Wertsteigerung des zu bewässernden
Landes soll nach den angestellten Ermittelungen die Deckung dieses gewaltigen Auf-
wandes vollkommen gesichert sein M).
Auch Deutschland wird in seinen afrikanischen Kolonien und besonders
in Südwest-Afrika, wie die Engländer in Ägypten und Indien und die Franzosen in
Algier, neben der Anlegung von Verkehrswegen den Bau von Talsperren als Mittel ver-
wenden müssen, um die Erträgnisse der Kolonien zu erhöhen. In dieser Beziehung sei
auf den Bericht von Theodor Reh bock „Über die Ergebnisse einer im Auftrage des
Syndikats für Bewässerungsanlagen in Deutsch-Südwest-Afrika durch das Herero- und
Gross-Namaland unternommenen Reise" Berlin 1898 verwiesen.
In Frankreich selbst sind im vorigen Jahrhundert eine sehr grosse Anzahl
von Talsperren errichtet, von denen einige unter m dieses Abschnitts noch nähere Erwähnung
finden werden. Der Zweck war die Bewässerung und Wasserversorgung und in der
zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts besonders die Beschaffung von Wasser für
53) Karl Borchardt, Die Remscheider Stanwtiheraalage 1897.
098 HL Theodor Koehh. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Sohiff&hrtsk&nile. Neuerdings sind auch eine ganze Reihe Ton Talsperren für Kraft-
zwecke zun Teil projektiert, zum Teil bereits ausgeführt64).
In Deutschland hat sich der Talsperrenbau in grossem Stile — wegen der
alten Sperren im Harz Tergl. S. 707 — erst gegen Ende des vorigen Jahrhunderts ent-
wickelt. Von der erfolgreichen Tätigkeit 0. Intzes auf diesem Gebiete war bereits im
§ 1 S. 24 die Bede. Eine Reihe von Talsperren in den Vogesen sind von Fe cht pro-
jektiert und ausgeführt
In dem Italien der Neuzeit ist der Talsperrenbau auch erst in der zweiten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts aufgelebt, um die italienische Wasserwirtschaft durch
den Bau von Talsperren namentlich im Interesse der Landwirtschaft zu heben, hatte die
italienische Regierung die Ingenieure Zoppi und Torricelli55) zum Studium derartiger
Anlagen ins Ausland gesendet, und es sind bereits grosse Entwürfe namentlich für die
Landesteile Emilia und Sizilien aufgestellt.
Von den Talsperren in England selbst wird diejenige von Vyrnwy (S. 735) be-
schrieben werden.
Sehr bekannt ist die Staumauer der Gileppe bei Verviers in Belgien. Die Vor-
arbeiten wurden seit dem Jahre 1857 von dem Ingenieur Bidaut geleitet Die Sperre
selbst ist in den Jahren 1867 bis 75 ausgeführt. Der Beckeninhalt betragt 14 Millionen
obm, die Beckenoberfläche 0,8 qkm, das Niederschlagsgebiet 40 qkm. Die Staumauer
selbst hat eine grösste Höhe von 47,05 m bei 45,0 m grösster Wassertiefe, die Kronen-
breite beträgt 15,0 m, die Breite an der Sohle 66,0 m. Die Länge der Mauer ist in
de* Krone 235 und in der Sohle 82,0 m. Die Mauer ist mit einem Halbmesser von
500,0 m gekrümmt.
Die Vereinigten Staaten von Nordamerika sind dasjenige Land,
welches sich die Vorteile des Talsperrenbaues in neuerer Zeit bei weitem
am meisten zunutze gemacht hat. Einige amerikanische Talsperren sind bereits in
den literaturangaben zu Kap. H ad Nr. 42, 46, 47, 50, 52, 54, S. 600 bis 611 genannt
und einige weitere werden noch Erwähnung finden.
b) Die verschiedenen Verwendungszwecke des aufgespeicherten Wassers. Die
Gewinnung von Kraft aus Talsperren hat erst eine grössere und allgemeinere
Bedeutung gefunden, seitdem es möglich geworden ist, mit Hilfe der Elektrizität die
Verwendung der Kraft von der Gebundenheit an den Ort der Erzeugung zu befreien.
Es wird in der heutigen Zeit die Regel bilden, dass der Bau einer
Talsperre nicht nur einem Zwecke dient. Wenn sie z.B. der Schiffahrt dienen
und zu gewissen Zeiten den mangelnden Wasserzufluss eines schiffbaren Flusses oder eines
Kanals ergänzen soll, so läset sich die Druckdifferenz zwischen dem Wasserspiegel ober-
halb und unterhalb der Talsperre zu Kraftzwecken ausnützen, ohne die Benutzung des
abgelassenen Wassers für Schiffahrtszwecke zu beeinträchtigen. In dieser Beziehung
teilte Sympfer in seiner Festrede zum Schinkelfest des Architektenvereins in Berlin
13. März 1907") folgendes mit:
.In grossem Masstab« ist die Speisung des Rhein -Weserkanals durch Talsperren tob teüi
anasergewohnlichen Abmessungen vorgesehen, die im oberen QneUgebiet der Weser angelegt werden. 8ie
haben insofern noch besondere Bedeutung, als sie sor Zeit den Niedrigwasserstand des genannten Stromes
verbessern, die Hochwassergefahr in der Eder, Fulda und Weser bis hinab in die Marschen nhsrhaft
**) Wegen der französischen Ingenieure, welche speziell beim Talsperrenbau hervorgetreten sind,
vergl. die Literaturangaben nnd Angaben in den einzelnen Fnasnoten.
•») Zoppi-Torricelli, Laghi artifieiali dell'Algeria, della Francis et del Belpo. Ron» 1»!
*«) Wochenschr. d. Architekten- Ver. n Berlin 1907 3. 86 u. ff.
§ l. Stauwerke. B. Tausferrkn. 699
Bremen« ▼«mindern und ausserdem eine bedeutende Kraftanlage mit Brackwasser versorgen
sollen. Die Weser, die bei M finden am Zasanunenfloss der Fulda und Werra nur ein Niedersehlagsgebiet
Ton rd. 12500 qkm und bei gemitteltem Niedrigwasser eine Wasserführung von 22 cbm/sek. besitzt, wird
trots dieser ungünstigen Ortliehen Verhältnisse von Schiffen befahren, die schon jetzt 500, ja sogar bis
su 700 Tonnen tragen und in ihren Abmessungen den Sahnen auf dem Dortmund-Emskanal nahekommen.
Der Güterverkehr wird sich ganz wesentlich vermehren, wenn der Rhein- Weserkanal fertiggestellt und
bei Minden die Möglichkeit gegeben sein wird, die grossen Kanalschiffe auf die Weser zu überfuhren.
Um einen derartigen Wechselverkehr zwischen Kanal und Strom nutzbringend zu gestalten, war früher
beabsichtigt, die Weser von Hameln bis Minden auf Kosten Preussens und von Minden bis Bremen auf
Kosten Bremens su kanalisieren. Dann würden auch keine Bedenken bestanden haben, der Weser auf
der kanalisierten Strecke bei Rinteln unterhalb Hamelns das für die Speisung des Rhein -Weserkanals
erforderliche Wasser zu entnehmen. Als indes der Mittellandkanal nur bis Hannover bewilligt wurde
und infolgedessen die Verbindung der Weser mit der Elbe fortfiel, trat Bremen von der Kanalisierung
der Weser unterhalb Mindens zurück. Die Entnehme von Ksnalspeisewasser aus der Weser bei trocknen
Zeiten konnte nun ohne weiteres nicht mehr in Betracht kommen, denn sowohl die Schiffahrt wie die
anliegenden Lindereien vertragen keine Senkung der ohnehin niedrigen Wasserstände. Man kam des-
halb auf den Gedanken, die für die Kanalisierung der Strecke von Hameln bis Minden veranschlagten
rd. 20 Millionen Mark zur Anlage von Stauweibern im oberen QneUgebiet der Weser zu verwenden,
und Bremen erklärte sieh bereit, von diesen Kosten ein Drittel zu fibernehmen. Es wird nun beab-
sichtigt, in mehreren Staubecken etwa 200—250 Millionen Kubikmeter anzusammeln und diese in der
sommerlichen Trockenzeit der Weser zuzuführen. Diese Wassermenge kommt dem oberen Lauf des
Flusses von Münden bis Rinteln, der Entnahmestelle für den Rhein -Weserkanal, voll, und weil nur
höchstens 75 Millionen Kubikmeter jährlich zur Speisung des Kanal zugeschossen werden müssen, unter-
halb Rintelns noch mit etwa zwei Dritteln der .Gesamtmenge zugute. Dies reicht ans, um — abgesehen
von ganz ausnahmsweise trocknen Jahren — su verhindern, dass die Weser später je unter den ge-
mittelten Niedrigwasserstand fallen kann und um diesen ausserdem um etwa 80 cm im oberen Lauf und
15 cm im unteren Lauf des Stromes zu erhohen. Bei Hsnnover-Münden wird dann voraussichtlich mit
einer geringsten Wassertiefe von 1,10 m und unterhalb Minden mit einer solchen von wenigstens 1,40 m
gerechnet werden können. Das sind Wassertiefen, welche diejenige der mittleren Elbe und
Oder bei niedrigsten Wasserständen übertreffen.
In erster Linie ist die Erbauung eines 170— £20 Millionen Kubikmeter fassenden Stausees
an der Eder (bei Hemfurt) im Fürstentum Waldeck in Aussicht genommen. Die Verhältnisse sind
dort aussergewOhnlich günstig, sodass nur mit einer Anstauung von 40—45 m und mit einer grossten
MsnerhOhe von der Sohle bis zur Krone von etwa 50 m gerechnet zu werden braucht Der neu zu
schaffende See wird eine Länge von reichlich 20 km, sowie eine Oberfläche von 10 qkm haben. Leider
müssen auch einige Dörfer ganz oder teilweise überstaut und etwa 800 Einwohner anderweitig ange-
siedelt werden. Massnahmen hierzu sind bereits eingeleitet, sodass gehofft werden kann, die ländliche
Bevölkerung dem Fürstentum su erhalten. Wenn keine Hinderungen eintreten, wird diese Talsperre,
die in Europa ihrem Inhalte nach nur von dem bereits erwähnten flachen Wolgabecken übertroffen und
etwa das vierfache Fassungsvermögen der Stauweiher an der Urft und bei Mauer aufweisen wird, in
fünf Jahren dem Betriebe übergeben werden können. Es ist zu erwarten, dass der neue Bergsee mit
der vom hohen Fels auf ihn herabschauenden alten Burg Waldeck ein besonderer Anziehungspunkt des
Fürstentums und des in der Nähe gelegenen Bades Wildungen werden wird.
In zweiter Linie kommt ein Staubecken an der Diemel in Betracht, das wahrscheinlich zwischen
den Dorfern Helminghansen und Heringhausen bei Niedermarsberg angelegt werden wird und
30 bis 50 Millionen Kubikmeter fassen soll
Endlich wird untersucht, ob im Werragebiet Talsperren angelegt werden können. Da indes
nur solche von grossem Fassungsvermögen bei billigem Einheitspreise für jedes Kubikmeter aufge-
speicherten Wassers in Frage kommen können und die in Betracht kommenden Täler meist stark be-
siedelt sind , so wird die Errichtung grosser und tiefer Stauwerke voraussichtlich auf Schwierigkeiten
stossen. Es ist aber vielleicht möglich, dem Bedürfnis in anderer Weise zu entsprechen. Wie bei der
Betrachtung der geologischen Verhältnisse erwähnt, werden Stauweiher, namentlich wenn die von ihnen
zurückgehaltenen Wassermengen für spätere Verwendung längere Zeit aufbewahrt werden müssen, in
möglichst undurchlässigem Gelände angelegt und Gegenden mit durchlässigen oder in Wasser sich auf-
lösenden Felsschichten vermieden. Ein derartiger (Tntergrund ist aber, wie vielfach im Wesergebiet,
so namentlich an der Werra häufig vorhanden. Hier versickert dss Oberflächen wasser, tritt in der
Regel später als Quelle im unteren Lauf der Bäche und Flüsse wieder zutage und bildet eine "bei der
Weser sehr ausgeprägte, in trocknen Zeiten erwünschte Speisung des Niedrigwassers. Es soll nun
700 III. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
versucht werden, die der Anlage von Staaweihern eigentlich widersprechenden Eigenschaften des Werra-
tales in der Weise auszunutzen, daas an geeigneter Stelle quer durch das Tal ein niedriger Damm viel-
leicht' von 4 — 6 m Höhe gezogen wird , hinter dem sich hei stärkerer Wasserführung ein Teil des Zu-
flusses ansammeln kann, während nur ein massiger Bruchteil ungehindert abflieset. Man hat hier also
einen ähnlichen Vorgang, wie bei den Hochwasserschutzbecken in Schlesien, nur mit dem Unterschiede,
dass in den Werrabecken das Wasser länger zurückgehalten und zum Versickern in den Untergrund
veranlasst werden soll Es ist dann zu erwarten, dass nach einiger Zeit die in den Untergrund ge-
gangenen Wassermengen an irgend einer Stelle des Zuflussgebietes der Weser als vermehrte Quellen-
speisung wieder zutage treten und sowohl den anliegenden Ländereien als auch der Niedrigwasser-
fflhrung des Stromes und damit der Schiffahrt zugute kommen werden. Sollte, was nicht aufgeschlossen
ist, hei diesem Verfahren gelegentlich eine nachteilige Verwässerung von Ländereien eintreten, so moss
natürlich Entschädigung gewährt werden.
Die für die Weser angestellten Untersuchungen lassen, wenn sie auch durch Erfahrungen an
deutschen Strömen noch nicht bestätigt sind, erkennen, dass in geeigneten Fällen die beabsichtigte
Kanalisierung eines Flusses durch Zuschussw asser aus Talsperren ersetzt werden kann. Zwar wird hier-
durch die Fahrtiefe bei Niedrigwasser kaum je auf ein gleiches Mass gebracht werden können wie bei
einer Kanalisierung, aber es werden auch die zahlreichen Schleusen eines kanalisierten Flusses vermieden,
die der Schiffahrt einen langwierigen und kostspieligen Aufenthalt verursachen und dadurch Reisedauer
wie Frachtkosten oft auf das Doppelte erhöhen. Rechnet man, dass die Ausgaben für die Kanalisierung
eines Flusses bei den heutagen gesteigerten Anforderungen etwa 300000 Mark für 1 km betragen und
dass 200 km kanalisiert werden sollen, so ergeben sich Gesamtkosten von 60 Millionen Mark. Hierfür
könnte man bei einem für sehr grosse Becken vielfach zutreffenden Einheitssatze von 12 Pfg. pro cbm
500 Millionen Kubikmeter Wasser aufspeichern und damit in den meisten Fällen ganz erheblichen Gewina
für die Schiffahrt erzielen, wozu noch als Nebenvorteile die Verminderung des Hochwassers, die Ge-
winnung von Kraft und der Nutzen der anliegenden Ländereien aus der Erhöhung des Niedrigwasser-
standes hinzutreten. Man sollte also, wenn die Verhältnisse im allgemeinen gflnstig zu liegen scheinen,
nicht unterlassen, neben der Kanalisierung auch die Herstellung von Talsperren su prüfen/'
Dient die Talsperre der Abwendung von Hochwasserschäden, indem sie schäd-
liche Spitzen von Flutwellen in sich aufnimmt und so den Abflussvorgang nach außer-
gewöhnlichen Niederschlägen verlangsamt (Kap. II. 35, Talsperre Marklissa S. 595), so kann
sie unbeschadet der Erfüllung dieser Aufgabe auch anderen Zwecken dienstbar gemacht
werden, wie z. B. der Schiffahrt, der Eraftgewinnung, der Bewässerung und der Wasser-
versorgung.
Bei Talsperren für Bewässerungszwecke kann man meistens das ganze Druck-
gefälle, das sich durch die notwendige Aufspeicherung von selber ergibt, für die Fern-
leitung des Wassers nicht ausnützen, es würde also, ohne den Wert der Talsperre für
Bewässerungszwecke zu beeinträchtigen, möglich sein, auch Kraftzwecke damit zu ver-
binden. Ähnlich verhält es sich mit der Wasserversorgung, wobei meistens nur ein
Bruchteil des Stauinhaltes für diese Zwecke benutzt wird, der Rest des Wassers aber
zur Kraftgewinnung Verwendung finden kann. Als Beispiel sei auf die bekannte Rem-
scheider Talsperre (vergl. Fussnote 53) und auf die Ennepetalsperre (S. 731) verwiesen.
Alle diese anderen Zwecke, zu denen Talsperren gebaut werden, können hier nur
gestreift werden. Uns soll hier ausschliesslich die Verwendung der Talsperren zu
Kraftzwecken beschäftigen. Da aber die bauliche Gestaltung der Sperrmauern
und Dämme von dem Verwendungszweck des aufgestauten Wassers so gut wie un-
abhängig ist, so werden nachstehend auch solche Stauwerke Erwähnung finden, welche
nicht Kraftzwecken dienen, und da ferner Talsperren neben der Kraftgewinnung meistens
auch noch anderen Zwecken dienen, dürften einige Angaben über den Wasserbedarf ffr
diese anderen Zwecke erwünscht sein, um sie für überschlägliche Projekte zur Hand zn
haben.
Über den Wasserbedarf für Schiffahrtszwecke lassen sich allgemeine Angaben
§ l. Stauwerke. B. Talsperren. 701
nicht wohl machen, sondern derselbe muss sich ans dem Projekte der Flussregulierung
oder des Schiffahrtkanals von Fall zu Fall ergeben.
Zur Bestimmung des Stauraumes, welcher zur Aufnahme von Hochfluten not-
wendig ist, bedarf man der möglichst genauen Kenntnis des Verlaufes der in dem be-
treffenden Flussgebiete vorgekommenen Hochfluten. Es ist ferner nötig, dass man die-
jenige maximale sekundl. Wassermenge kennt, welche unterhalb der zu projektierenden
Talsperre im Flussbette noch höchstens zum Abfluss kommen darf, ohne dass zer-
störende Wirkungen eintreten. Kennt man dann die gesamte sekundl. Abflussmenge
einer höchsten Hochflut und die Zeit, in welcher der Abfluss erfolgt ist und zieht yon
der Gesamtabflussmenge diejenige Wassermenge ab, welche in der gedachten Zeit der
Hochflut unschädlich höchstens hätte abfliessen dürfen, so gibt die Differenz die Grösse
des Stauraumes. (Vergl. in dieser Beziehung die Beschreibung der Queis-Talsperre bei
Marklissa Kap. II, 35 S. 594).
Bezüglich des Wasserbedarfs zur Bewässerung von Ländereien ist zu sagen, dass
dieser Bedarf vom Klima, von der Bodenbeschaffenheit und der Oberflächengestaltung,
sowie Ton der Art des Anbaus der zu bewässernden Fläche abhängt. Fe cht rechnet im
Elsass für eine Bewässerungsdauer von 6 bis 7 Monaten rund 7* 1 für ha und
Sekunde, Grugnola empfiehlt einschliesslich der Verluste an Verdunstungen und Ver-
sickerungen 1,2 1 für ha und Sekunde das ganze Jahr hindurch zugrunde zu legen.
Selbstverständlich können diese Zahlen nicht für alle Fälle gleich sein. Wenn der zu be-
wässernde Boden sehr durchlässig ist, so braucht er natürlich mehr Wasser als weniger
durchlässiger ; wenn die Zuführungsgräben von grosser Länge, ungünstigen Querschnitten
und 6ef&llverhältnis8en und schlecht gedichtet sind, so können in den Gräben allein oft
mehr als 50 °/o der verfügbaren Wassermengen verloren gehen, ohne dass es überhaupt
zur Berieselung kommt. Ausserdem ist es auch ein grosser Unterschied, ob man Körner-
bau oder Grasbau oder Obstbau treiben will. Handelt es sich um Reisbau, so ist selbst-
verständlich der Wasserverbrauch noch viel grösser und kann etwa im Durchschnitt auf
5 1 pro ha und Sekunde angenommen werden.
In Spanien sind 3 Bewässerungsklassen gebildet, innerhalb deren die das ganze
Jahr hindurch erforderliche durchschnittliche Wassermenge von 0,09 1/sek. für den ha
bis 1 1/sek. einschliesslich Verluste schwankt.
Emil Krüger67) gibt an, dass in dem durch seine bewässerten Obstgärten so
berühmten Santa Clara Distrikt, Kalifornien, bei 4 — 7 maliger Bewässerung im Jahre
5000— 6000 cbm Wasser pro ha jährlich gebraucht werden. Im sogenannten Modesto Distrikt
im Gebiete des Tuolumne River, Kalifornien, wo Getreide, Luzerne, Gemüse und auch
Obst gebaut werden, erhält jede Fläche wahrend der Monate April bis September,
zehnmal eine Bewässerung von 6" Höhe (0,152 m) d. h. also 1,5 m im Jahre. Demnach
würden also 15000 cbm pro ha und Jahr netto, d. h. ausschliesslich der Verluste durch
Verdunstung und Versickerung nötig sein.
Was den Wasserverbrauch bei Wasserversorgungen betrifft, so betragt der
Verbrauch bei städtischen Anlagen durchschnittlich etwa 100 1 pro Kopf und Tag. Der
Verbrauch hängt natürlich sehr erheblich von dem Preise ab, zu dem Wasser abgegeben
wird und von der Art, wie es gemessen wird. In Berlin ist der Verbrauch 68 1, in
Basel 109 1, in Breslau 76 1, in Hamburg 205 1, in Zürich 242 1. (Näheres vergl. Hdb.
der Ing.-Wsch. IH. T. Wasserbau. 3. Bd. G. Oesten, Wasserversorgung der Städte.
S. 5 und 6.)
**) Emil Krüger, Regierung»- n. Bannt in Bromberg, Beitrige zur Kenntnis der Wasserwirt-
schaft in den V. St von Nordamerika 1905. 8. 9.
708 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
e) Die Auswahl des Tales . flr eise Sperre. Ist das Bedürfnis zur Errichtung
einer Talsperre in einer bestimmten Gegend in grossen Zügen festgestellt, so werden in
einem bestimmten Falle immer nur einige Täler überhaupt in Frage kommen. Vom
Gesichtspunkt der Kraftgewinnung ans — und nur dieser kann, wie gesagt, hier eine
nähere Besprechung finden, — wird man zunächst demjenigen Tal den Vorzug zu geben
haben, in welchem sich der Fluss mit dem grössten Vorflutgebiet befindet, d. h. dem-
jenigen Tal bei welchem auf die grössten und gleichmäßigsten Abflussmengen in I/sek./qkm
namentlich bei N.W. zu rechnen ist (Seite 180 bis 190). Demnächst verdient der Flu«
mit dem stärksten Gefälle den Vorzug, damit man mit jedem aufgespeicherten cbm ein»
möglichst grosse Kraftleistung erzielen kann. Hierbei kommt es nicht auf das durch-
schnittliche Gefälle des Gewässers auf einer langen Strecke, sondern auf das Gesamtge-
falle einer gewissen kurzen Strecke unterhalb der Sperre an. Zur Erläuterung sei
auf das Beispiel der Urft-Talsperre verwiesen, wo wegen der vielen Windungen der
Urft und der Rur durch einen verhältnismässig kurzen Werkstollen ein grosser Zu-
wachs an Druckgefälle gewonnen werden konnte (Seite 586).
Man wird ferner immer anstreben müssen, ein möglichst grosses Staubecken
zu erzielen, und es verdienen daher diejenigen Stellen für die Anlage der Sperre den
Vorzug, wo sich aufwärts das Tal in zwei oder mehrere Seitentäler gabelt, da die Kosten
der Sperrmauer unter Umständen ganz unabhängig von der Grösse des abgesperrrten
Beckens sein können, öfter findet sich in einem Tal mit kleinem Vorflutgebiet,
also auch kleinen Zuflüssen, die Möglichkeit mit verhältnismässig geringen Kosten ein
grosses Staubecken zu errichten und das Gewässer eines seitwärts gelegenen Tales
auf künstliche Weise in das Staubecken zu leiten (vergl. die Anlage Kabelwerk, Seite 407
und Tafel XX, Fig. 1).
Selbstverständlich muss man von vornherein völlige Dichtigkeit der
Talsohle und der Seitenwände für den beabsichtigten Wasserdruck als
wahrscheinlich voraussetzen dürfen, und es müssen die Täler über-
haupt ausscheiden, wo sich in dieser Beziehung begründete Zweifel
von vornherein ergeben, es sei denn, dass sich etwaige erkennbare Undichtig-
keiten mit verhältnismässig einfachen und wenig kostspieligen Mitteln beseitigen lassen.
Man weiss z. B. von den Vorbergen der Vogesen, dass ihre Täler sich zur Ab-
sperrung nicht eignen, weil ihre Lias-Jura-Buntsandstein-Muschel-Kalkschichten so ver-
worfen und klüftig sind, dass die von den steilen Hauptbergen kommenden Abfluss-
mengen erst in der Rheinebene wieder zutage treten58).
Sehr günstig auf die Dichtung wirkt eine das Tal und die Hänge bedeckende
tonige Verwitterungsschicht, welche unter Umständen schon bei einer Decke von 1,50 m
die Waaserundurchlässigkeit selbst bei sehr hohen Wasserdrücken für sich allein gewähr-
leisten kann. Es mag hier gleich eingeschaltet werden, dass man beim Bau darauf
achten muss, solche wasserundurchlässigen Deckschichten möglichst unberührt zu erhalten.
Fördernd Ar die Dichtung eines Tales wird während des Betriebes auch die Schlamm-
ablagerung in der Talsohle und an den Hängen wirken, welche sich besonders an den
oberen Teilen des Beckens bilden wird.
Wichtig ist natürlich ferner die Bedingung, dass sich in dem Tal überhaupt eine
für die Anlage der Sperrmauer geeignete Stelle bietet, d. h. eine Stelle mit
möglichst enger Sohle, möglichst steilen Ufern und durchaus tragfähigem,
undurchlässigem Baugrunde und Seitenhängen.
*•) Vergl. auch d» Mitteilungen von Sy nipher aber das Wraer- und Wamgafciet & «•
§ 1. Stauwerks. B. Tauspserbh. 703
Um den Gronderwerb Dicht au hoch werden zu lassen, ist es wünschenswert» dass
die Talsohle selber eng und unbebaut ist und keine. Ansiedlungen aufweist. Bewaldete
oder unbewaldete Hänge sind im Preise natuxgemäss meistens billiger als die landwirt-
schaftlich kultivierte flachere Sohle des Tales. Wenn ein Tal mit Ansiedinngen stark
besetzt ist, so können die Grunderwerbskosten schon von vornherein das Unternehmen
als undurchführbar erscheinen lassen. Es versteht sich von selbst, dass, wenn z. B.
aus der Sperre auch eine Trinkwasserversorgung gespeist werden soll, keine
grösseren Ortschaften oder Gehöfte in das Tal entwässern dürfen. Es muss demnach
in solchem Falle möglich sein, die betreffenden Entwässerungsleitungen ohne allzu grosse
Kosten zu beseitigen oder zu verlegen.
Hat man sich zu entscheiden, ob man ein oder zwei Sperren machen soll, so muss
die Kostenfrage entscheiden. Im grossen und ganzen wird es billiger sein ein etwas
höheres Stauwerk anzulegen und eventuell das Wasser des zweiten Tales in das ab-
gesperrte Tal zu leiten, da beim Bau der Stauwerke sehr viel Nebenarbeiten zu machen
sind, die fast dieselben bleiben, gleichgültig, ob die Mauer gross oder klein wird. Hier-
her gehören die Kosten für den Entwurf, die Vermessung, die provisorische Wasserab-
leitung und die Vorrichtung für den Materialtransport, Einrichtung von Steinbrüchen
und Aufstellung von Mörtelmaschinen, Bauleitung und Bauaufsicht etc. Auch bezüg-
lich der Betriebskosten ist natürlich eine Sperre vorzuziehen, weil man an Personal
sparen kann.
Von Wichtigkeit ist für die Wahl des Tales natürlich weiter, dass man in dem-
selben und zwar möglichst unweit der für die Sperrmauer gewählten Stelle das nötige
Steinmaterial oder, sofern es sich um einen Staudamm handelt, das nötige Dammaterial
vorfindet. Das Steinmaterial für Sperrmauern muss wetterbeständig und hart genug
sein, um den Drücken, welchen es in dem Mauerwerk ausgesetzt wird, (9 bis 16 kg/qcm)
zu widerstehen. Es ist ferner für die Kosten des Bauwerkes von Bedeutung, dass ein
passender Steinbruch sich in solcher Höhe befindet, dass das Material zu Tal be-
fördert werden kann. Wünschenswert ist es natürlich, auch den Mauersand an Ort
und Stelle gewinnen zu können, weil etwa ein Drittel des gesamten Bauminhaltes einer
Sperrmauer von dem Mörtel eingenommen wird. Um alle übrigen Baumaterialien, als
Zement und Trass, Rundhölzer, Bretter, Maschinen, Werkzeuge, Kohlen, Sprengstoffe etc.
heranzuschaffen, ist es schliesslich notwendig, dass gute Zufuhrwege ohne allzu grosse
Nebenkosten angelegt werden können.
d) Die Wahl der Stelle für das Stauwerk und Auswahl der Bauweise. Ist
das Tal gewählt, so wird man zunächst suchen, die bestgeeignete Stelle für die Sperre
zu finden. Zunächst wird man darauf Bedacht nehmen, dass das Stauwerk selbst die
kleinste Längenausdehnung erhält. Unbedingt notwendig ist aber, dass man ohne allzu
grosse Kosten den tragfähigen Baugrund erreichen und einen festen und
dichten Anschluss an die Talwände erzielen kann. Unter allen Um-»
ständen muss die Gründungssohle gänzlich unbeweglich und die Gefahr
von Rutschungen gänzlich ausgeschlossen sein.
Die Stauwerke selbst werden entweder als geschüttete Staudämme, oder als
Staumauern in Stein oder Beton, oder aus Eisen und Stein, oder Eisen und Beton
hergestellt. Staudämme werden überall da in Frage kommen, wo das für die Damm-
schüttung erforderliche Hauptmaterial in genügender Menge und in geeigneter Mischung
in der Nähe des zu errichtenden Staudamms gefunden werden kann und wo es nicht
möglich ist, mit der Gründungssohle einer massiven Staumauer festen und durchlässigen
Felsen oder gänzlich undurchlässigen Baugrund von genügender Tragfähigkeit zu erreichen.
704 III. Theodor Eobhm. Ausbau vom Wabberkräften. Einzelheiten.
Staudämme sind auch gewählt worden, weil sie sich anschlagmassig erheblich
billiger stellten als eine Staumauer von gleicher Höhe.
1. Man unterscheidet im wesentlichen zwei Herstellungsarten der Damme, s) Die
Torzngsweise in Frankreich verwendete Art besteht darin, den Damm in dünnen
Schichten ans einem gleichm&ssigen Material zu schütten und ihn »n
der wasserseitigen Böschnngsfläche durch ein geeignetes Dichtungs-
material abzudichten und gegen die Angriffe der Wasserbewegung in
schützen (Abb. 196). Für diese Art der Herstellung ist es notwendig, einen Boden znr
Verfügung zu haben, welcher aus einer Mischung von Ton oder Lehm mit Sand in einem
solchen Verhältnis besteht, dass jedes Sandkorn von einem Lehm- oder Tonhant-
chen umhüllt wird. Am besten ist es, wenn das Mischungsverhältnis derartig ist, dass
etwa auf 1 Teil Ton 1'/* Teile
Sand entfallen. Wird die Damm-
erde fetter, d. h. der Ton* oder
Lehmgehalt grösser, so ist eine
dichte Lagerung des Dammes
nicht zu erwarten, weil die Damm-
erde durch die Feuchtigkeit sich
dehnt und elastisch wird. Mit
Boden in dem bezeichneten Mi-
schungsverhältnis aber lassen sich
bei Aufbringung dünner Schichten
und gehörigem Abwälzen oder
Abstampfen vollkommen dichte Dämme herstellen. Beträgt bei dem verfügbaren Schütt-
boden der Anteil des Sandes mehr als das .1 7* fache, so ist es zu empfehlen, die ein-
zelnen Schichten mit hydraulischem Kalkpulver zu bestreuen und dasselbe dann
durch Riffelwalzen mit dem Boden zn mischen und gleichzeitig auf etwa die Hälfte der
Schütthöhe zusammenzupressen. Es setzt das die Aufbringung so dünner Schichten (von
etwa 10 cm) voraus, dass eine Durchdringung des Kalkes mit dem Boden durch Walzen
oder Eggen möglich wird. Beim Damm von Mittersheim (Seite 728} bestand der
Schüttboden zur Hälfte aus Sand , zur Hälfte aus Ton , und man setzte demselben je
nach dem zu grossen oder zu geringen Feuchtigkeitsgrade hydraulisches Kalkpulver oder
Kalkmilch zu. Der Verbrauch war im Mittel 12 Liter Kalkpulver pro cbm Schüttung.
Bei Herstellung des Dammes von Torcy-Neuf (Abb. 197) stieg dieser Zusatz
an der Wasserseite des Dammes bis auf 30 kg pro cbm fertiger Schüttung. Bei den
Vogesendämmen wurden 16 bis 20 Liter Kalkpulver (9,46 bis 13,0 kg) auf einen
cbm fertiger Schüttung verwendet. Bei dem Liez-Damm (Abb. 198} wurde eine künst-
liche Mischung aus 44 Teilen Ton und 56 Teilen Sand verwendet, wobei die natürlich
vorhandene und nur Vi Sand enthaltende Tonerde in 0,133 m starken Schichten auf-
gebracht und mit je 0,067 m Sand zusammengewalzt wurde.
Es gilt überhaupt als Regel bei Herstellung derartiger Staudämme, die Schichten
bis zum normalen Wasserspiegel im Becken in Lagen von nicht mehr als 0,16 m auf-
zubringen und jede Schicht für sich gehörig abzuwälzen und zn stampfen. Alle Fremd-
körper, besonders Pflanzenteile, gefrorene Schollen, grössere Steine
dürfen unter keinen Umständen in der Schüttung bleiben. Grössere
Erdklumpen sind zu zerkleinern. Der Bauvorgang mnss derartig be-
trieben werden, dass die Schichten in der ganzen Länge des Dammes
gleichmässig aufgebracht werden, ohne dass vorher die Oberfläche der
Stauwerke. B. Talspebbek.
705
letzten Schicht zu stark austrocknet. Gegebenenfalls muss vor der Schüttung
eine Anfcuchtung erfolgen. Meistens stellt, man, um das Walzen zu erleichtern, die
einzelnen Lagen wagerecht her. Nach der Wasserseite zu geneigte Schüttungsflftchen
versprechen aber immerhin eine grossere Dichtigkeit. Bezuglich der Walzen- und Stampf-
maschinen sei auf Kap. H, 24 Anlage Jonage-Cnsset Lyon S. 510 und Kap. III, 2 Werk-
kan&le, sowie Tafel LIIL Fig. 8 — 14 verwiesen ■■).
Abb. 197. Entnahmavorriehtnng du Beckens von Torey-Neuf (Frankreich). Erbtat 1883—1887.
Für den Liezdamra bestand die zweiachsige Walie aus guaaeiserneu Scheiben von 80 cm Durch-
messer, von denen je 12 anf jede Achse verteilt wurden, derart, dag» die Zwischenräume dar Scheiben
der vorderen Achae von denen der hinteren Achse gedeckt worden. Das Walzengeatell konnte durah
einen Waaeerballaatkaeten beschwert und das Gesamtgewicht auf 4400 kg gesteigert werden. An jedem
Dammende war eine Lokomobile aufgestellt, welche mittelst Drahtseiltnges die Bewegung betätigte.
Was die grösste zü-
rn .;-. tfxk. A t- Abb. 198. Der Lieadarom (Frankreich). Erbaut 1880— 1884.
lässige Hone derartiger '
Staudämme betrifft, so geben
die Meinungen darüber noch
stark auseinander. Auf dem
V.internationalenBinnenschiff-
fahrts-Kongress zu Paris 1892
konnten sich die hervorragend-
sten Fachmanner nicht dar-
über einigen.
M. Fontaine hält bei
ausgezeichnetemMaterial einen
Damm von 20,0 m Höhe noch für zulassig, Gnillemain will nicht so weit gehen und
scheint etwa 10,0 m für die Grenze zu halten. Mit Rücksicht darauf, dass Zufällig-
keiten die Widerstandsfähigkeit des Dammes und zwar um so leichter je höher der
Wasserdruck ist beeinträchtigen können und die Bildung selbst kleiner Wasseradern immer-
hin schon gefährlich ist, wird man Dämme der beschriebenen Bauart kaum höher als höcli-
j ifit&J&l Mary**
6») Ähnliche Wallen sind von Prof. F. Kre
werke, Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1897. S. 844 beschrieben.
I. T.1L 13. Bd.
einem Auftaue: Amerikanische Wasser-
706 HL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
stens 20,0 m machen dürfen. Zur Bemessung der Breite der Dammkrone wird oft ein Maas
Ton 0,4 bis 0,5 h angenommen, wobei h die gröeste Dammhöhe bezeichnet. Cragnola")
will 3,0 m nicht unterschreiten und gibt im übrigen für die Berechnung der Kronen-
breite b min. = fV (h — 3) an. Der amerikanische Ingenieur Trautwine schiigt
b min. = 0,61 + 2 . V~h vor. Wird die Krone , was meistens der Fall ist , auch für
den das Tal kreuzenden Weg benutzt, so ergibt sich unter Umständen hieraus schon
ein Mindestmass.
Die Höhe der Krone über dem höchsten Stauspiegel muss derartig
sein, dass unter allen Umständen eine Überflutung des Dammes aus-
geschlossen ist, weil eine solche eine Katastrophe fast unvermeidlich
machen würde. Da bei längeren Becken von 1000,0 m und mehr immerhin schon
recht erhebliche Wellen vorkommen können, so empfiehlt es sich, die Dammkrone 2,0 bis
3,0 m über den höchsten Wasserspiegel zu legen und ausserdem noch auf der Krone selbst
eine Brüstungsmauer als Wellenschutz anzulegen (Abb. 196, 197 u. 198). Die luftseitige
Böschung wird am besten nach dem Damm zu konvex angelegt mit eingelegten Banketts,
um die Unterhaltung zu erleichtern und zu verhindern, dass Regenwasser Risse in die
Dammböschung reissen kann. Die Neigung der einzelnen Stufen richtet sich nach dem
Böschungsmaterial und kann zwischen 1 : 1,5 und 1 : 2,5 gewählt werden (Abb. 198). Im
übrigen genügt als Befestigung der luftseitigen Böschung das Ansäen von Rasen. Die
wasserseitige Böschung legt man meistens stufenförmig an und dichtet sie durch eine
Schicht sorgfältig gestampften Betons ab, welcher aus Sand und hydraulischem Kalk
herzustellen ist. Sehr zu empfehlen ist zur Sicherung des Dammfusses und
um die Bildung von Wasseradern in der Gründungssohle, zu verhindern,
eine tiefere Herdmauer in Beton in der ganzen Länge des Dammes
herzustellen.
Da der Damm sich allmählich setzt, so würde es verfehlt sein, die Beton-
befestigung auf den Damm gleichzeitig mit der Dammschüttung aufzubringen, es ist
vielmehr nötig, mit dieser Arbeit zu warten, bis der Damm sich gehörig gesetzt hat
Es ist daher auch eine Hauptbedingung für die Ausführung von Staudämmen
der geschilderten Bauart, lange Bauzeiten zur Verfügung zu haben. Da
aber das Setzen des Dammes oft nach mehreren Jahren noch nicht ganz beendet ist,
so bleibt die Dichtung derartiger Dämme mit starren Decken immerhin von zweifel-
haftem Erfolg. Wollte man statt dessen eine elastische Dichtung durch einen starken
Tonschlag auf der ganzen Böschung verwenden, so dürfte es sich der Kosten wegen als
vorteilhafter herausstellen, statt dessen die weiter unten zu besprechende Ausführungs-
art mit Tonkern zu wählen.
Es versteht sich von selbst, dass, bevor mit der Dammschüttung
begonnen werden kann, die ganze Gründungssohle von organischen
Resten befreit werden muss und aufzurauhen ist, sodass eine dichte
und innige Verbindung der Dammerde mit der tragenden Sohle ersielt
wird. Zur Verhinderung von Wasseradern in der Sohle legt man zweckmässig auch
unterhalb des Dammes selbst, parallel mit den Dammfüssen, noch weitere Herdmauern
in der ganzen Länge an, die tief in die Sohle eingreifen müssen und wenn möglich bis
auf die undurchlässigen Schichten herabzufuhren sind (Taf. XX, Fig. 10.
des westlichen Abschlussdammes des Stauweihers Gübsenmoos-Kubelwerk).
60) Crugnola, Gaetano. Sni muri di aoategno, Toriao 1888.
§ 1. Stauwerks. B. Talsperren. 707
b) Nach der von den Engländern nnd Amerikanern bevorzugten Her-
stellungsmethode wird inmitten des Dammes ein Kern ans undurch-
lässigem Material {Ton oder Beton) hergestellt, welcher für sich allein die Wasser-
undurchlässigkeit zu gewährleisten hat, während die Widerstandsfähigkeit gegen den
Wasserdruck durch beiderseitig angeschüttete Dämme erzielt wird. Diese Ausführungs-
art hat den Vorzog, dass man in der Auswahl des Dammaterials nicht so sorgfältig zu
sein braucht wie bei der oben geschilderten. Sie wird deshalb überall da an-
zuwenden sein, wo gutes Dammaterial in oben gekennzeichneter Be-
schaffenheit nicht in genügender Menge vorhanden ist und wo eine
schnelle Ausführung durch die Umstände geboten ist
Der Kern aus Tonschlag, welcher besonders von den Engländern bevorzugt
wird, erhält in der Krone des Dammes in der Regel eine Stärke von 1,6 bis 4,0 m, je
nach der Hohe des Dammes und der Güte des Tonmaterials und verbreitert sich
nach unten mit Neigungen von 1 : 1/6 bis 1 : 1/24 (Abb. 199). Der Kern selbst wird,
sofern völlig undurchlässige
Schichten des Baugrundes in
erreichbarer Tiefe liegen, bis
in diese hineingeführt. Ober-
halb der Gründungssohle des I
übrigen Dammes wird der Ton-
kern mit ausgesuchtem feinen i
und dichten Material (Mutter-
erde oder feiner Schlemmsand)
bedeckt, um den Kern gegen
Austrocknen und Bissigwerden und gegen die Auflösung durch eindringendes Wasser tu
schützen. Für das Dammaterial, namentlich an der Luftseite, ist dann eine so peinlich
sorgfältige Auswahl wie bei der französischen Ausführnngsart nicht mehr erforderlich,
vielmehr können alle möglichen Bodenarten zur Verwendung kommen, wenn sie nur gut
lagerhaft sind. Alle Sandarten verdienen deshalb den Vorzug. Die luftseitige Böschung
bei solchen Staudämmen ist meistens 1 : 2,5, die Innenböschung 1 : 3 angelegt. Die Her-
stellung des Dammes und des Kernes erfolgt gleichzeitig, wobei der Damm in Schiohten
von nicht mehr als 15 bis 20 cm Höhe aufzubringen ist Es sind in England Dämme
dieser Art bis zu 30,0 m Höhe ausgeführt.
Bei den Amerikanern wird für den Kern meistens Beton zur Anwendung gebracht
(vergl. den New Croton-Damm S. 738).
Zu erwähnen wäre noch die eigentümliche Bauweise der Dämme im Harz*1), wie
sie bereits 1714 zu Lauterberg angewendet ist. Es wurde ein Kern von etwa 2,3 m
Stärke in der Mitte des Dammes aus Rasenstücken angelegt welcher bis auf den un-
durchlässigen Untergrund herabgeführt wurde. Dieses sogenannte RaBenhaupt wurde
beiderseitig durch feine, in ganz dünnen Schichten angestampfte Dammerde geschützt
und beiderseitig alsdann die tragenden Dammteile mit Böschungen von etwa 1 : 1 V* davor
geschüttet Die grösste Dammhöhe, die auf diese Weise hergestellt wurde, bleibt noch
unter 16,0 m. Die Dammkrone ist meist 6,6 m breit.
2. Sperrmauern aus Stein oder Beton, oder ans Stein nnd Eisen, oder
Beton nnd Eisen müssen jedenfalls auf einem völlig undurchlässigen Untergrunde
*i) A. Dum reich er, Di« Watienrirtoeheft dw Oberh*r»s. P. Ziegisr, Der TeUperren-
708 HL Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
fundiert werden. Die grössere Belastung pro Flacheneinheit verlangt einen entsprechend
tragfähigeren Baugrund. Während man die Dichtigkeit in der Sohle bei Erd-
dämmen, ausser durch die Kern- uhd Herdmauern, auch durch die grosse Länge des
Dammquerschnittes in der Sohle und die Belastung des Bodens erreichen kann, weil
schliesslich die Reibungs widerstände, welche das Wasser im Boden findet, bei der Lange
der Basis dem Wasserdruck das Gleichgewicht halten, muss bei massiven Steinmauern
und um so mehr je höher die Mauer wird, der Untergrund selbst, auf welchem die
Mauer steht, die Gewähr völliger Undurchlässigkeit bieten oder es muss möglich sein,
auf künstlichem Wege den Untergrund völlig undurchlässig zu machen. Selbstverständ-
lich gilt, was für die eigentliche Fundamentsohle gesagt ist» auch für die seitlichen An-
schlusswände der Sperrmauer. Es werden deshalb derartige Sperrmauern meistens nur
auf felsigem Baugrunde angelegt. Man kann sie aber auch auf anderem undurchlässigen
Boden fundieren, wenn derselbe die notwendige Tragfähigkeit besitzt (vergl. z. B. die
Anlage Avignonnet, Kap. II, 23, S. 497 und Taf. XXXVII). Granite, Porphyre, Trachyte,
Syenite und ähnliche Massengesteine gewahren, obwohl sie häufig Spaltenbildungen auf-
weisen, die grösste Sicherheit, weil sie eine sehr grosse Tragfähigkeit besitzen, auch
gegen jede Art der Zerstörung am widerstandsfähigsten sind und Rutschflächen selten
befürchten lassen. Man kann die Spalten, welche sich in diesen Gebirgsarten finden,
nach sorgfältiger Reinigung mit Erfolg durch Zementmörtel und Beton abdichten. Wo
eine solche Abdichtung nicht völlig gelingt, haben aber die Wasserverluste weiter keinen
Einfluss auf die Staudsicherheit des Bauwerkes.
Grössere Vorsicht ist bei allen geschichteten Gesteinarten geboten,
namentlich wenn die Schichtung sich in dünnen Lagen und ungleichmässig zeigt und
sich zwischen den einzelnen Schichten tonige, kalkige oder ähnliche Bindemittel be-
finden. Ganz besonders wichtig ist die Richtung, in welcher die Schichtungen verlaufen.
Liegen die Schichtungen in der Längsrichtung des Tales und sind sie gegen die Wage-
rechte stärker geneigt, so ist zu untersuchen, ob sich etwa infolge des grossen Wasser-
druckes Rutsch flächen bilden können, auf denen dann das ganze Bauwerk zum Gleiten
kommen könnte. Je mehr sich das sogenannte Streichen der Schichten der Längs-
erstreckung der Mauer anschliesst und je steiler der Einfallswinkel ist, um so mehr
kann man darauf rechnen, dass die Fugen durch Beton gedichtet werden können und
dass die ganze Mauer auf einer gleichartigen Unterlage ruht.
Um nun die Untersuchungen an einer gewählten Stelle in der nötigen Breite, in
welcher die Mauer ihr Fundament finden soll, machen zu können, ist es nötig, zunächst
Annahmen über die Abmessungen und über die Krümmung der Staumauer zu machen
Um diesbezüglich Anhaltspunkte zu geben, sind 17 Querschnitte von Intze projek-
tierter, bezw. ausgeführter Talsperren mit Massen auf Taf. LH, Fig. 7 dargestellt,
mit Hilfe deren man sich von vornherein ein ungefähres Bild über die Abmessungen
der Mauer im jedesmal vorliegendem Falle machen kann. Ferner gibt wegen der Wahl
des Krümmungshalbmessers die nachfolgende Tabelle Auskunft. Bezüglich der Sperr-
mauern, welche auf Gewölbedruck berechnet sind und solcher, bei denen Stein und
Eisen oder Stein und Beton in Kombination verwendet wurde, wird auf die nachstehend
unter e aufgeführten Beispiele verwiesen.
§ 1.
Stauwebice. B. Taubperben.
709
Tab«
alle XI.
Beseidranng der Talsperre
Zeit der
Ausfuhrung
Kronenlange
in m
Gröeste
Manerhone
biw. Damm-
höhe in m
Grftaste
Wasserballe
in m
Krümmungs-
halbmesser
in m
Alicsnte (Mauer), Spanien
1579-89
60-80,0
43,0
41,0
107,00
Forena (Mauer), Frankreich
1860-66
100,0
56,0
50,0
252,5
Gileppe (Mauer) Belgien
$
1867-75
235,0
47,05
45,0
500,0
Sweetwater-dam (Mauer
Kalifornien
),
1886-88 .
Auf GewSltodnuk b*~
reöhiMt (TorgL Tat LII,
Hg. 3)
103,6
29,85
27,75
67,66
Bearralley-dam (Mauer),
Vereinigte Staaten
1884
Auf €tow51b«4ni«k be-
reehnrt (vergL Tat LII,
Fi» 1 n. 2)
137,25
18,90
16,8
91,5
Cryatal- Springs (Mauer) bei
St. Francisco, Kalifornien
1887—90
207,4
51,85
—
194,8
Remscheid (Mauer)
1889-91
160,0
25,0
18,0
125,0
Chemnitz (Mauer)
1890-93
180,0
28,0
20,0
400,0
Pansertal (Mauer)
1898
127,0
13,0
8,0
125,0
Heilenbeke (Mauer)
a
Ol
1895-96
165,0
—
15,15
125,0
Bevertal (Mauer)
9
1896-98
250,0
25,0
16,0
250,0
Lingeaetal (Mauer)
EM
CD
1897—1901
185,0
25,5
18,5
200,0
Ronsdorf (Mauer)
<D
1898-1902
155,0
23,5
19,3
125,0
Solingen a) Erddamm
mit Betonkern
$
9
9
1898-1903
120,0
13,0-14,0
9,0
50,0
b) Mauer
P
1898-1903
148,0
43,0
36,0
150,0
Ennepetal (Mauer)
1902—1905
270,0
41,0
36,6
250,0
Urfttal (Mauer)
1900-1905
226,0
58,0
51,8
200,0
Markliasa (Mauer)
1902-1905
125,0
45,0
36,0
125,0
e) Einige besondere Ausführungsarten von Talsperren. 1. Bei der Sperre von
Otay in Kalifornien (Abb. 200) ist der Kern des Staudammes durch eine Stahlwand, welche
mit Beton umgeben ist, gebildet. Ursprünglich bestand die Absicht, den Kern aus einer
Bruchsteinmauer herzustellen, und man sieht in der Abbildung das Fundament derselben.
Der wasserseitige Teil des Dammes besteht aus einer Schüttung in grobem Kies, der
luftseitige aus einer Schüttung von Steinblöcken verschiedener Grösse.
2. Bei dem Staudamm am East-Canyon Creek (Kalifornien), welcher eine
Schlucht sperrt, wurde die Dichtung gleichfalls durch eine Stahlwand mit Betonbekleidung
erzielt und der Damm durch Trockenmauerwerk und grosse Steinblöcke gebildet (Abb. 201).
Ursprünglich war die Höhe der Sperrmauer auf 20,0 m berechnet, später ist sie noch
um 8,0 m erhöht worden. Man hat durch Sprengstollen mit einem Schlage das
ganze Material für den Damm gewonnen und die ursprüngliche Sperrmauer von
20,0 m Höhe für rd. 80000 Mk. herstellen können.
3. Bei dem Staudamm am Bowman in Kalifornien (Abb; 202), welcher an
einer Stelle errichtet wurde, wo Holz in Massen und billig zu haben war, ist der wasser-
seitige Teil des Staudammes durch übereinandergelegte Holzst&mme, welche miteinander
im Holzverband und durch Klammern verbunden wurden, gebildet und das Innere dieses
710
Hl THBODOE KoBHW. AUSBAU TON ViMaMWtt. I&HZKI.HBITEN.
Holsgerüstes ist mit Steinen ausgefüllt Die Dichtungswand ist durch einen Bohlen-
belag auf Holzbalken gebildet worden, dessen Fugen kalfatert wurden.
4. Die Talsperre bei Sonthfork in Kalifornien ist ganz in Eisen und Stahl ge-
bildet (Abb. 203), weil eine Staumauer zu teuer geworden wäre. Stählerne Gerüste tragen
Abb. 300. Otay-Sperrmatier, Kalifornien.
Abb. 201. Staudamm am Eaat-Canyoc Craak, Kalifornien.
Abb. 202. Staudamm am Bowman, Kalifornien.
-iG&xk^ik
auf der Wasserseite eine Stahldecke, welche in Form von Hängeblechen auf den Haupt-
tragern befestigt ist. Die Vorderfläche der Sperre ist gegen den Horizont um 45* ge-
neigt, wahrend die äussersten lnftseitigen Stützen lotrecht stehen. Die Dichtung in der
Sohle ist durch eine Betonschüttung erreicht.
§ 1. Stauwerke. B. Talsperbek. 71]
5. Bei der Sperre des Sees Oredon in den französischen Pyrenäen hat man in
Röcksicht auf die billigste Ausführung den Staudamm aus Geröll und Kies hergestellt,
welches Material sich in der Nähe in grosser Menge befand. Ein stärkeres Setzen hatte
man deshalb nach Fertigstellung des Dammes nicht zu befürchten. Der See liegt
1850 m Über dem Meerespiegel in einer schwer zugänglichen Gegend. Um diesen Damm
abzudichten, bedeckte man ihn wasaerseitig mit einer Pflasterung (Abb. 160 n. 161**).
Auf diese wurde eine Beton-
schicht von 0,20 cm Stärke
gestampft und hierauf ein
Drainageschlitz aus groben
Steinen von etwa 0,30 m
Stärke angelegt. Diese Drai-
nage führt in einen Sammel-
kanal am Fasse des Dammes,
welcher luftseitigmündet. Auf
die Drainage wurde dann zur
Dichtung eine Betonschicht
gelegt in Starken von 1,50 m
am Fasse und 1,20 m an
der Krone. Der Beton ist sehr sorgfältig gestampft and nach dem Abbinden mit einer
2 cm starken Asphalt •Isolierschicht versehen. Um diese Schicht den Einwirkungen
des Frostes and mechanischer Beschädigungen zu entziehen, ist dieselbe mit einer
Abb. 205. LtogHchnitt durch den Eutnshmitstollen des See« von Oredon.
h ?.
*W 490,0 *V"*J<
1,0 m dicken Steindecke überdeckt. Der Damm hat eine grösste Sohlenbreite von
86,0 m, eine Kronenbreite von 8,75 m, eine Kronenlänge von 95,0 m und eine Wasser-
spiegethöhe von 21,5 m.
Der in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erbaute Damm soll
710000 Frs. gekostet haben, sodass bei 7,27 Millionen cbm Nutzinhalt auf den cbm
Beckeninhalt nicht ganz 8 Pfennige entfallen würden.
6. Eine Aasführung, bei welcher die Sperrmauer als Gewölbe berechnet wurde, zeigt
der Sweetwaterdam in Kalifornien (Taf. LH, Fig. 3a, b, c). Der Aufstau des
Sweetwaterflosses erfolgte zuerst für Bewässerungszwecke in einer Höhe von 18,3 m
und ist später auf 27,75 m erhöht. In der Talsohle ist die Mauer 50,5 m, in der Krone
103,6 m lang. Die Sehnenlänge betragt 91,4 m nnd der Krümmungshalbmesser 67,66 m.
Das Bruchsteinmauerwerk (16000 cbm) wurde mit einem Portland-Zementmörtel (ltift-
soitig 1 : 3, wasserseitig 1:2) in anregelmässigen Schichten aufgeführt. Es besitzt ein
Gewicht von 2,6 t pro cbm. Die Krone trägt wasserseitig eine 1,05 m hohe .and 0,6 m
)■) P. Ziegler, Der Tal sperre ab» a. Teil L S. 50.
712 IIL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
dicke Brustungsmauer, luftseitig ein eisernes Geländer. Am rechten Ufer 1,50 m unter
der Krone der Sperrmauer liegt ein 12,20 m langer Überlauf» welcher, durch Mauer-
pfeiler in 8 Verschlüsse geteilt, durch Schützen geschlossen werden kann. Die Ent-
nahme des Wassers erfolgt in einem Turm von 1,8 m Halbmesser, welcher im Becken-
innern in einem Abstände ton 15,0 m von der Mauer errichtet wurde. Ein zu Be-
wässerungszwecken dienendes eisernes Rohr von 0,90 m Durchmesser und zwei weitere
zur Lieferung von Kraftwasser von 0,35 bis 0,45 m Durchmesser durchdringen die
Mauer und stehen mit dem Turminnern in Verbindung. Die Verschlüsse der Bohre sind
an der Luftseite angeordnet. Das Becken hat einen Inhalt von 22 Millionen cbm bei
2,95 qkm Oberfläche im Wasserspiegel. Die Verdunstung ist wegen der hohen Tempe-
ratur, welche vornehmlich in der Zeit von Juni bis November herrscht, sehr bedeutend
und wird jährlich auf 1,22 m geschätzt. Der Bau ist in den Jahren 1886 bis 88 aus-
geführt und soll nur etwa 1260000 Frs. oder rd. 4,6 Pfg. pro cbm Stauinhalt ge-
kostet haben.
7. Eine noch kühnere Konstruktion zeigt der Bearvalleydamm (Taf. LH,
Fig. 1 u. 2 a, b, c). Die auf Granitfels gegründete Sperrmauer ist gleichfalls ans
Granitbruchsteinen in Portlandzement hergestellt und mit Werksteinen von 0,9 bis
1,7 m Länge und 0,60 m Stärke verblendet Die Kronenlänge misst 137,25 m, der
Halbmesser 91,5 m, die Mauerbreite am Fusse 6,75 m, in der Krone 0,97 m. Die Mauer-
höhe beträgt 18,90 m. Ein 6,0 m breiter Überlauf liegt 2,60 m unter der Mauerkrone
und führt das Wasser in einen in dem Felsen des linken Talhanges eingearbeiteten
Kanal. Ein Rohr von 1,0 m Durchmesser zur Wasserentnahme fuhrt durch die Sperrmauer
und ist durch Schieber mit Zahnstangenvorgelege verschliessbar. Die anfangliche Durch-
lässigkeit der Mauer soll später verschwunden sein. Bei einer Oberfläche des Stauspiegels
von 8,5 qkm hat das Becken einen Inhalt von 50 Millionen cbm. Das im Durchschnitt
1900,0 m über dem Meeresspiegel liegende Niederschlagsgebiet bedeckt eine Fläche von
112 qkm. Die Kosten der Sperrmauer sollen nur 400000 Frs., d. h. nur 0,65
Pfennig pro cbm Stauinhalt betragen haben. Diese Zahl und auch die ge-
ringen Kosten des Sweetwater-dam mahnen bei einem Vergleich mit den in
Tab. XII angegebenen Kosten dazu, auch in Europa der Ausführung von
Sperrmauern unter Berücksichtigung der Gewölbewirkung mehr als bislang
näher zu treten68). Ebenso verdient die Verwendung von Bisenbeton beim Talsperren-
bau entschieden Beachtung. Die Errichtung von massiven Staumauern in Abmessungen
wie diejenigen der Marklissa-Talsperre erfordert so grosse Mittel, dass, wenn man diese
Ausführungsart für Talsperrenanlagen in Deutschland allgemein als Muster nehmen
würde, viele Talsperren aus wirtschaftlichen Gründen unausgeführt bleiben müssten, weil
das aufgewendete Kapital durch die Erträgnisse der Kraftgewinnung nicht gedeckt
werden könnte.
f) Die Feststellung des Fassungsvermögens eines Tales, Bestimmung der Ar
einen verfolgten Zweck erforderlichen Grösse des Stauraumes, sowie die Verteilung
der Kosten. Das Fassungsvermögen eines Tales wird aus topographischen Karten er-
mittelt. Sollten solche nicht vorhanden sein, so müssen an charakteristischen Punkten,
besonders natürlich in der Nähe der Baustelle des Abschlusswerkes, Querprofile aufge-
nommen und danach in einen Lageplan die Höhenlinie eingetragen werden. Die von
den einzelnen Höhenlinien eingeschlossenen Flächen sind zu planimetrieren und das
•») Vergl. Zentralblatt d«r Braver*. 1897 8. 450 und 1808 S. 525 o. ff.
lifi
fe:;
ifa
■ k
&:
§ i. Btauwekke. B. Talspfjkken.
Mittel ans zwei benachbarten Flachen mit den zuge-
hörigen Höhenunterschieden zn multiplizieren (Abb.
206). Der Rauminhalt eines Talbeckens ist also bis
zn einer gewissen Höhe
J=&±I,)h, + (!i+S)h,+
Die FlächengrÖsse der obersten Schicht ist zu
gleicher Zeit von Wichtigkeit für die Überschlägliche
Feststellung des Grtmderwerbs und für die Berech-
nung der grössten Verluste durch Verdunstung. Es
ist zweckmässig, gleichzeitig in überschläglicher Weise
für die einzelnen Stauhöhen neben dem Fassungs-
vermögen auch den kubischen Inhalt der Sperrmauer
zu ermitteln und tabellarisch aufzutragen, weil solche
Übersicht die Durchführung wirtschaftlicher Vor-
arbeiten zur Auffindung der besten Lösung erleichtert
(Abb. 206). Die Ergebnisse der Berechnung würden
dann in einer Tabelle übersichtlich nach dem nach-
folgenden Muster zu ordnen sein:
1
2
3
4
5
6
Wawertiefe
Zunahme in
m
Faunngaver-
mtlgen in
1000 ebm
Zunahm« in
1000 cbm
Manerinlialt
in ebm
Beckenober-
fitche in qm
10
15
20
40
40,5
41
5
5
0,5
0,5
4
12
350
2000
' 3000
6000
8
338
1000
8000
a,
an
b
b,
b»
Die Zahlen in Kolonne 3 und 4 sind willkürlich gewlbJt.
Was nun die Bestimmung des Stauraumes betrifft, so lassen sich zunächst An-
haltspunkte, wenn auch noch unsichere, aus dem Verhältnis der Gesamtjahres-
zuflussmenge oberhalb der Sperrmauer zum Beckeninhalt bei ausgeführten Anlagen
gewinnen. Die nachstehende Tabelle XU gibt darüber einige Auskunft. Im Mittel ans
17 Anlagen beträgt das Verhältnis zur mittleren jährlichen Zufiossmenge nach Tabelle XII
0,30 und schwankt zwischen 0,08 und 0,67. Durch die technischen Vorarbeiten hat man
sich die Kenntnis der Abflussverhältmese des Waseerlaufs in dem ausgesuchten Tale zu
verschaffen und es sollten tunlichst die durchschnittlichen täglichen Abfiussmengen für eine
möglichst lange Reihe von Jahren bekannt sein (vergl. Kap. 1, § 4, „Technische Vor-
arbeiten", S. 180 u. ff. u. Abb. 10). Aus der Kurve der täglichen Abflussmengen in cbm/sek.
oder in cbm während 86400 Sekunden lässt sich dann zunächst insofern eine Über-
gicht gewinnen, als man durch Eintragung derjenigen Wagerechten, welche der mitt-
leren täglichen Abflussmenge entspricht, sehen kann, welcher Ausgleich über-
714 IIL Theodor Koehn. Ausbau toh WAeBESKRÄFrEN. Eiszelhbitem.
hupt höchstenfalls erzielbar sein «firde (Abb. 207). Ist man dann in der Lage, sich ein
Programm machen zu können aber den darchschnittlichen täglichen Bedarf an Wasser in
cbm und tragt diesen Bedarf in die Eure der taglichen Waaseraengen ein, so würde man
ans dem Bilde ersehen, wie gross der Stauinhalt sein muss, um diesen Bedarf zu decken.
Bei Feststellung des Bedarfes würden die Verloste durch Versickerung und Verdunstung
mit zu berücksichtigen sein. Denkt man sich in die Abb. 207 die Bedarfslinie als
Wagerechte parallel zur Linie des mittleren taglichen Abflusses eingetragen, wobei also
Torausgesetzt wäre, dass der tägliche Bedarf während des ganzen Jahres gleich bliebe,
so würden alle Locken unter dieser Link
den Bedarf an Zuschusswasser, die „Berge9
über der Linie die zur Aufspeicherung rer-
fügbaren Wassermengen darstellen. Die not-
wendige Grosse des Stauraumes ergäbe sich
dann aus der grössten Summe der Lücken unter
der Linie für eine zusammenhängende Zeit-
periode und zwar nach Abb. 207 etwa toq
Mitte Juni bis Anfang Oktober. Wechselt der
Bedarf, so entsteht eine gebrochene Linie
als Bedarfslcurre.
Hat man sich auf diese Weise ein
überschlägliches Bild von der erforderlichen
Grösse des Stauinhaltes gemacht, so wird
man am besten einige Lösungen mit ver-
schiedenen Stauhöhen durchrechnen, nm die
Kosten zu ermitteln und den wirtschaftlichen
Wert jeder Lösung zu prüfen. Um die
überschlägliche Veranschlagung zu erleichtern
und zu kontrollieren, sind in der Tabelle XII
gleichzeitig die Kosten einer grösseren An-
zahl von Intze ausgeführter Anlagen pro
cbm Staainhalt angegeben.
Handolt.es sich bei einer Talsperre da-
rum, den unterliegenden Triebwerksbesitzern
Wasser zu liefern, d. h. eine gewisse Anzahl
cbm/sek. während einer gewissen Arbeits-
dauer des Tages zur Verfügung zu stellen.
so muss man diesen Tagesbedarf, wenn die
Zu flussro engen nicht in cbm/tage, sondern in
cbm/sek. dargestellt sind, ebenfalls in cbm/sek.
verteilt auf 24 Stnnden umrechnen. Es empfiehlt sich in solchem Falte aber mehr die
täglichen Abflussmengen darzustellen und entsprechend die taglichen Bedarfsmengen in
das graphische Bild einzutragen. Für die Feststellung des täglichen Bedarfs der Trieb-
werksbesitzer ist ihr Arbeitsplan, die Grösse und der Nutzeffekt ihrer Motoren, das
Druckgefälle an den Triebwerken, die Grösse der vor ihren Triebwerken befindlichen
Stauweiher, die Entfernung von der Sperre, die Beschaffenheit des ZnführungskanalE
oder des Flussbettes und anderes mehr massgebend. Intze hat, um zur Erleichterung
der Übersicht den Mangel an Wasser für eine bestimmte Talstrecke darzustellen,
folgende Methode angewendet:
§ 1.
Stauwerke. B. Taubperken.
715
Es wurde zunächst der Bedarf an Triebwasser der an der Taktrecke vorhandenen
Werke festgestellt und zwar unter Berücksichtigung aller der Umstände, welche oben
erwähnt sind. Namentlich wurden auch die Verluste berücksichtigt, welche durch die
Leitung des Wassers in dem Flusslaufe selbst zu befürchten waren. Sofern einige Werke
keinen Stauweiher besassen, um während der betriebsfreien Stunden das Wasser aufzu-
speichern und es rechtzeitig für den Beginn des Betriebes zur Verfügung zu haben, wurde
auch erwogen, ob nicht zweckmässigerweise die Anlage kleiner Stauweiher vor den
betreffenden Werken mit vorzusehen sei. Es wurde auch der Zuwachs an Wasser be-
rücksichtigt, den unterliegende Triebwerksbesitzer haben mussten infolge des vergrösserten
Vorflutgebietes gegenüber den an der Messteile festgestellten Wassermengen. Auf diese
Weise Hess sich der Gesamtbedarf
, ii ... ,, Abb. 208. Dauerliiiie der Abflusemengen und die Dar-
so umrechnen, als ob er unmittelbar Stellung des Wassermangels, .
an der Talsperre vorhanden wäre, be-
ziehungsweise an der Stelle, wo die
Wassermessung stattgefunden hatte.
Es wurde dann zunächst die Dauer-
linie der täglichen Wassermengen
aufgetragen und ferner ausgegangen
von der mittleren täglichen Ab-
flussmenge. Trug man in die Dauer-
linie (S. 141) der täglichen Abfluss-
mengen eines trocknen Jahres (Abb.
208 unten) die den verschiedenen v.
H. der mittleren täglichen Abfluss-
menge entsprechenden Horizontalen
ein, so konnte man aus der Abbildung
ablesen : 1 . Die Zahl der Tage, wäh-
rend welcher bei der betreffenden
Beaufschlagung Wassermangel ein-
trat und 2. aus den Figuren a b c
oder ade oder a f g usw. je nach der
j in mm
jtt-JUOmu —
$ S^ 8 «Sit
I
angenommenen Beaufschlagung durch Summation der einzelnen Tagesmängel den Gesamt-
mangel eines Jahres bei einer gewissen Beaufschlagung. Trug man dann in einem
zweiten Bilde (Abb. 208 oben) als Abszissen die Beaufschlagung in °/o der mittleren täg-
lichen Abflussmenge auf und als Ordinaten
1. rechts den Jahresmangel in °/o der ganzen oder einer entsprechend dem Fassungs-
vermögen des projektierten Staubeckens reduzierten Jahresabflussmenge,
2. links die Zahl der Tage mit Wassermangel, so entstanden Bilder wie in Abb. 208.
Solche Bilder erleichtern jedenfalls die Übersicht. Freilich ist hierbei eine während
des ganzen Jahres gleichmässige Beaufschlagung vorausgesetzt.
Soll der Stauinhalt des Beckens nicht im offenen Gerinne unterhalb liegenden
Triebwerksbesitzern zugeführt, sondern soll die Wasserkraft in einem einzigen Krafthause,
vielleicht unter Umsetzung in eine andere Energieform, derart verwendet werden, dass
die erzielbare Kraftleistung auch von der jedesmaligen Druckhöhe im Staubecken ab-
hängig wird, so ist für eine gewisse Kraftleistung nicht eine gleichbleibende
Wassermenge ein cbm/sek. erforderlich, sondern diese Wassermenge wird mit dem
Sinken des Stauspiegels im Becken zunehmen.
716
III. Theodor Koehn. Ausbau ton WAsaEBKRirrEH. Einzelheiteh.
Tabelle XII. (Angaben Aber das
is Ton Stauinhalt zur
llt
2
8
II
Nr.
Bezeichnung
Zeit der
Bauaus-
führung
Hauptzweck der Anlage
»4
S
qk>
9 ja
s s
i.
2.
8.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
18.
14.
15.
16.
Wnppergebiet.
Eschbachtal bei Bemeebeid
Panzertal bei Lennep
Bevertal bei Hflekeswagen
Lingeaetal bei
Salbachtal bei Benadorf
Herbrmghausertal bei Lütt-
ringhsnson
Sengbaebtal bei 8olingen
Ruhrgebiet.
Fnelbecke bei Altena
Heüenbeeke bei Milape
Hasper Tal bei Haepe
17.
1889-91
1891—98
1896-98
1897—98
1898-99
1898—1900
1900-02
1894-96
1894-96
1901-08
Veraetal oberhalb Werdohl
Hennetel bei Meaehede
Ennepetal bei BadeTormwald
OlOrbaehtal bei Breckerfeld
östertal bei Plettenberg
Jnbachtal bei II einerzhagen
Rurgebiet (Eifel).
Urlttal bei Gmünd in der
Eifel
1902-08
1901
1902
1902
1908
1904
1900-05
Wasserversorgung von Remscheid
Wasserversorgung von Lennep
Wasserabgabe für die Triebwerke
der Wopper n. Hochwaaserschntz
Wasserversorgung von Ronsdorf
nnd Abgabe an Triebwerksbesitzer
Wasserversorgung von Bannen
Wasserversorgung, sowie Kraft-
nnd Lichtabgabe für Solingen
Abgabe von Betriebwasser an die
Werkbesitzer in der Fnelbecke
nnd Rahmede
Wasserversorgung von Gevels-
berg nnd Abgabe von Wasser an
die Triebwerke
Wasserversorgung der Stadt
Haspe, Wasserabgabe an die
Triebwerke im Hssper Tale nnd
an die Trieb- nnd Pumpwerke an
der unteren Ruhr
Wasserversorgung von Lüden-
scheid. Wasserabgabe an die Trieb-
u. Pumpwerke an der unteren Ruhr
Wasserabgabe für die Triebwerke
und Pumpwerke der unteren Ruhr
Versorgung des Kreises Schwelm
mit Wasser und elektr. Kraft
Abgabe für die Triebwerke an der
Ennepe u. die Trieb- u. Pumpwerke
an der unteren Ruhr
Wasserabgabe für die Werkbe-
sitzer an der Vollme und die Trieb-
u. Pumpwerke an der unteren Ruhr
Wasserabgabe für die Triebwerke
im östertal und an die Trieb- und
Pumpwerke an der unteren Ruhr
Wasserabgabe für die Triebwerke
der Vollme und die Trieb- und
Pumpwerke an der unteren Ruhr
Schaffung eines elektr. Kraftwer-
kes von mindestens 4800 PS nnd
Hochwasserschutz
4J>
8,6
1,5
w
22,0
»,o
17,52
8,0
0,87
0,65
5,5
4,4
11,8
8,0
8,5
7,6
8,0
4,7
52,7
48,0
7,2
12,6
6,6
875,0
2,8
5,5
6,0
V
»
40,0 ;
86,0 ;
5,5
10,5
5,0
180,0
O. Intze, Die geschichtliche Entwicklung, die Zwecke und der Bau der Talsperren. Zeit***-
§ 1.
Stauwerke. B. Talspekkek.
717
mittleren Znflussmenge, sowie über die Anlagekoaten Intzescher Talsporren.)
I 8 |
9
10
11
12
13
14
8 ß 8
.S9 S
1
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a 9 -
Mk.
0 J
• ei
• 9
ö g 4
'S ■** m
s g
Pfg.
§ s g
Ja»
Mk.
Bemerkungen
0,28
0.10
0.19
0,38
0.46
0,57
0,38
0,25
0,08
0,34
0,45
0,24
0,28
0,86
0,29
0,20
0,25
24
24
24
28
23
24
21
24
28
23
25
24
28
24
26
24
15
1,0
0,117
3,3
2,6
0,3
2,5
8,0
0,7
0,45
2,05
1,65
9,5
10,0
2,0
8,0
1,0
45,5
8nmma rd.
88,667
18,0
7,5
16,0
18,5
19,8
29,7
86,0
27,0
19,5
27,5
23,7
80,4
84,9
27,7
81,4
28,2
52,5
d. Ver. deutscher Ing. 1906. 8. 675.
586000
105000
1430000
1070000
510000
2000000
2100000
328000
280000
1360000
600000
2600000
2600000
780000
1100000
630000
4000000
22029000
54
90
43
41
170,0
80
70
47
62
66
86
,27
26
89
88,8
63
9
24,8
Dorehfcfcn.
800000
105000
8050000
950000
2500000
4000000
828000
400000
1900000
mit Erweiterung des Wasser-
werkes
einschl. der Ausgleichweiher b.
Bachenhofea und Beyenburg
und Vergrtsserung des Dahl-
hauser Weihers.
mit Wasserwerk,
mit Filteranlago und Rohr-
mit Wasser- und Elektrizi-
tätswerk.
mit Wasserversorgung von
Gevelsberg
mit Wasserversorgung und
Wasserleitung.
700000
2600000
4800000
mit Weganlagen und Wärter-
naus.
mit Wasser- und Elektrizi-
tätswerk.
780000
1100000
680000
8500000
mit Stollenanlage, Elektrizi-
tätswerk und Verteilnetze.
718
III. THEODOR KOEHN. AUSBAU VON WiSBEHK HAPTEN. EINZELHEITEN.
Man muss dann zunächst eine Annahme für die Höh« der Staumauer machen,
und daraus den Stauinhalt berechnen. Aus der Karre der täglichen Zuflussmengen
(S. 140 n. 714 sowie Abb. 207) für das trockenste Jahr wühlt man den Tag, von welchem
ausgehend man das Becken als voll annehmen darf. Alsdann wird man unter Annahm«
lines gewissen Betriebprogramms für den täglichen Bedarf an Kraft in PS«-Stunden
folgende Tabelle aufstellen:
1
2
3
4
5 e
7
8
Datum
Inhalt daa
Staubeckens
Hohe de*
Stanapiegels
NnUbaree
DruckgefUle
H. in m
Znfinaa in
1000 cbm
Bedarf Q in
1000 cbm
Uberachnaa
zrwiachen 5
nad 6 in
1000 cbm
Kirtnahm«
aoa daa
Becken ha
1000 cbm
Wenn bei gefülltem Becken der Zufiuss grösser ist als die Entnahme, so
muss der Überschoss durch die Überläufe abniessen und der Beckeninhalt bleibt
derselbe. In die Spalte Nr. 7 würde also in solchen Fällen 0 zu setzen sein. Um die
Höhe des Wasserspiegels bei den verschiedenen Füllungen ermitteln zu können, tragt
man den Beckeninhalt bei den verschiedenen Füllungen nach den Ermittelungen
S. 713 Abb. 206 graphisch nach Abb. 209 auf und kann dann, ans dem Inhalt (Spalte 2
der Tabelle) durch Abgreifen mit £,& gog ZeichnerUche Daratellang den Beckeninhalta.
dem Zirkel die Spiegelhöhe (Spalte 3) staatii*
und damit das Druckgefälle H ***"**
(Spalte 4) feststellen und den
Wasserbedarf (Spalte 6) daraas berechnen, w
darf an PS.-St. pro Tag K kennt. Q = g
auch noch graphisch und zwar am besten gl(
der täglichen Zaflussmengen die täglichen
spiegeis und den täglichen Wechsel des D
stellen**). Je nach Lage des vorliegenden ]
verschiedene Mauerhöhen mit den entspreche!
auf diese Weise zur Darstellung bringen, die Anlagekosten ™
überschläglich veranschlagen und für die einzelnen Lösungen überschlägliche Rentabili-
tätsberechnungen aufstellen, um die wirtschaftlich beste Lösung aufzufinden.
Ein sehr schwieriges Kapitel ist die Verteilung der Kosten auf die einzelnen
Interessenten, wenn es sich nicht um die Kraftlieferung aus einem einzigen Krafthause
handelt, sondern wenn das Wasser an viele Triebwerksbesitzer verteilt werden soll und
etwa gleichzeitig noch andere Zwecke (Wasserversorgung, Bewässerung, Hochwasserscbuti
etc.) mit der Talsperre verbunden sind. In dieser Beziehung, da allgemein gültige An-
gaben kaum gemacht werden können, mag auf die in der Fussnote*1) gemachten Literatur-
angaben verwiesen werden.
g) Die AusfHkrung tob Sperrmauer». Wie bereits auf S. 703 gesagt wurde,
muss das Steinmaterial in der Nähe zu gewinnen sein. Im allgemeinen sind die Steine
**) Erna aalen« Darstellung findet aieh bei O. Intsa: Die gaaehichtlicha Entwicklung, die
Zwacke und dar San der Telaperren. Zeitaehr. i. Ter. denteeher lag. 1908. S. 680.
*s) Vortrage nad VerOffentlichnngen von 0. lotse, geduckt bei La Knalle in Aacnem —
P. Ziegler, Der Talaperrenban 8. 36 n. f. und 180 u. f. — Facht, Anlage von Stanwaiaara in daa
Vogtaen. ZeiUefar. f. Bauw. 1889. 3. 884 ond 1893 8. 60U n. f.
§ 1. Stauwerke. B. Talsperren. 719
an der Schattenseite der Hänge zu suchen, weil die Verwitterung dort erfahrungsgemäss
die am wenigsten tiefgreifende zu sein pflegt. Es versprechen auch steilere Hänge im
allgemeinen einen widerstandsfähigeren Felsen mit einer verhältnismässig geringeren
Verwitterungsdecke als flache. Über die Tragfähigkeit des Steines muss man sich durch
Proben Sicherheit verschaffen, wozu man in Deutschland meistens den Weg wählen wird,
eine grössere Anzahl Würfel von geeigneten Abmessungen der Königlich technischen
Versuchsanstalt in Charlottenburg zu überweisen66).
Ist das Material eines Steinbruches als verwendbar festgestellt, so muss man über
die Art der Gewinnung Entscheidung treffen. Je nach der Beschaffenheit des Gebirges
bricht man kleinere Steinmassen mit Hilfe von Bohrlochschüssen, Keilen oder der gl. ab
oder löst durch Sprengstollen und -Kammern ganze Felswände los , wie z. B. beim Stau-
damm am East Kanyon Greek (Kalifornien) (Seite 709). Die erstere Methode eignet
sich besonders für Steine von weicherer und ungleichmässiger Beschaffenheit, die zweite
mehr für kompaktere Felsarten. Die gebrochenen Steine können selten ohne weiteres
vermauert werden, denn allzugrosse Blöcke sind, sowohl wegen der Transportschwierig-
keiten als auch wegen des Mauerverbandes, nicht ohne weiteres verwendbar. Die Regel
bildet, dass man die Bruchsteine nicht grösser wählt, als dass sie noch von ein bis zwei
Mann bequem gehandhabt werden können. Zum Transport auf der Mauer selbst dienen
dann schiefe Ebenen, untergelegte Walzen, Hebel, Brecheisen, Tragbahren, Karren, kleine
Schmalspurbahnen und eventuell ein einfacher Dreibock mit Flaschenzug und Winde.
An die äusseren Flächen wird das beste und festeste Material verlegt, weil es der
Witterung am stärksten ausgesetzt ist, während in der Mitte auch weniger lagerhaftes
und Material von minderer Festigkeit Verwendung finden kann. Die luftseitige Fläche
wird in der Regel mit Hausteinen verblendet und des Aussehens wegen mit geeigneten
Architekturformen versehen, da mit Recht die Forderung gestellt werden kann, dass
ein Bauwerk von solcher Wichtigkeit wie eine Talsperre auch eine gefällige
und möglichst monumentale Aussenseite zeigt.
Es ist natürlich, dass ein Stein von möglichst hohem spezifischen Gewicht be-
sonders erwünscht ist, um mit möglichst kleinen Mauerabmessungen auskommen zu
können.
Kalk- und Sandstein wiegen pro cbm etwa 2100 bis 2200 kg, Granite und Syenite
2400 bis 2600 kg.
Aus dem Gesagten folgt bereits, dass eine Sortierung der Steine am Steinbruch
erfolgen muss, und es ist deshalb an demselben ein grösserer Platz zu schaffen, damit
diese Sortierung und die teilweise Bearbeitung der Steine möglich ist. Ausserdem ist
es unbedingt erforderlich, dass die Steine vor dem Transport zur Verwendungsstelle mit
Wasser und Stahlbürsten auf das sorgfältigste von allen Verunreinigungen befreit werden.
Man pflastert deshalb den Lagerplatz für die Steine sorgfältig ab und legt an dem
««) Nach P. Ziegler, Der Talsperrenbau 1900, wurden in den Jahren 1892 n. 93 für die
Wappertalsperren zahlreiche Prüfungen von Proben des Lenneschiefers ans dem Gebiete, welches für
Anlegung von Steinbrüchen in Frage kam, in der königl. technischen Versuchsanstalt zu Charlottenburg
ausgeführt Es waren für eine Probe, um die Druckfestigkeit — und zwar im lufttrocknen und im
wassernaasen Zustande, ferner nach 25 maligem Gefrieren —gleichlaufend und senkrecht zur Schichtung etc.
festzustellen, ferner um die Wasseraufnahme, die Abnutzbarkeit, das spezifische Gewicht und das
Baumgewicht ermitteln zu können, 40 Würfel von 4 cm Seite und mit je zwei genau gleichlaufend und
eben geschliffenen Fliehen und zwei Würfel von 7,1 cm Seite erforderlich. Die Abnutzung wurde
mittelst einer Bauschingersehen Schleifmaschine und Naxosschmirgels festgestellt Die Kosten einer
Probe betrugen rd. 270 Mk.
720 IIL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Transportgeleis Wasserleitungen an, mit Hilfe deren jeder Stein oder jede Wagenladung
Steine sorgfältig mit Wasser abgespritzt und gereinigt werden kann.
Ein geübter Manrer leistet bei Verwendung von Bruchsteinmauerwerk etwa 5 cbm
in zehn Arbeitsstunden, im Mittel kann man als Tagesleistung eines Maurers etwa 3 cbm
annehmen. Der Preis pro cbm Bruchsteinmauerwerk einschliesslich der Gewinnung der
Steine, Transport, Mörtelmaterial, Ausfugen, bezw. Verputzen der Ansichtsflächen hat
bei der Remscheider Talsperre Mk. 12,50, für die Bever und Lingeser Sperre 15, — Mk.,
bei der Marklissatalsperre Mk. 16.—, für den Altenweiher Mk. 18. — , bei der Staumauer
des Kabelwerks (S. 419) 32 Frs. = rd. Mk. 26.- betragen.
Sollen grössere Blöcke als solche, welche von ein bis zwei Mann noch gehandhabt
werden können, zur Verwendung kommen , so muss man die Mauer mit Krangerüsten
einrüsten (Taf. LII, Fig. 8, die Einrüstung der Alfeldmauer und Abb. 70, S. 412,
die Einrüstung der Staumauer des Kubelwerkes), was recht kostspielig ist. Man kann
auch nach amerikanischem Muster auf der Mauer selbst verschiebbare sogenannte Derrick-
kräne aufstellen, welche mit Dampf- oder elektrischen Winden und Flaschenzügen bedient
werden und Ausladungen bis zu 18,0 m haben können97).-
Der Transport des Materials vom Steinbruch zur Baustelle erfolgt meistens auf
Gleisen mit Lokomotiv- oder Pferdebetrieb wie bei der Marklissatalsperre (S. 598) oder
mittelst Seilbahnen wie bei der Sperrmauer Ayignonnet (S. 499). Auf die Mauer selbst
wird das Steinmaterial herabgelassen, wenn der Steinbruch in entsprechender Höhe liegt,
entweder mittelst Bremsberg wie bei Marklissa oder von Gerüsten aus durch Krane und
Winden wie bei der Staumauer des Kubelwerkes. Wenn der Steinbruch nicht hoch
genug liegt, werden die Steine auf Gleisen an den Fuss der Sperre herangefahren und
dann mittelst Aufzügen auf die jeweilige Arbeitsstelle befördert (Kap. H, 34, Die Urft-
talsperre, S. 588 und Tafel XLIX, Fig. 5).
Der Bau einer Talsperre muss damit beginnen , das Wasser von der Baustelle
abzuleiten. Zu diesem Zweck muss man zunächst ein neues Bett schaffen und durch
einen zeitweiligen Staudamm den Fluss in ein neues Bett überleiten. Bei der Urft-
talsperre wurde der Bach durch einen Entlastungsstollen abgeleitet und die Urft
durch ein Betonwehr vorläufig abgesperrt (Taf. XL VIII, Fig. 6). In ähnlicher Weise
wurde bei der Queistalsperre Marklissa das Wasser durch zwei Umgehungsstollen und
durch ein Betonwehr abgeleitet (Taf. L, Fig. 1). Bei der Ausführung der Sperrmauer
Avignonnet wurde der Umlaufstollen später vollkommen geschlossen, während bei
den vorgenannten beiden Anlagen die Umlaufstollen auch für die Entlastung und Ent-
leerung der Talsperre mit benutzt worden sind.
Die vor dem Umlaufstollen angelegten Hilfsstauwerke haben ausserdem
noch während des Betriebes die sehr erwünschte und wichtige Wirkung, das 8 sie
der Ablagerung von Geschiebe eine Grenze ziehen und so die Entnahme-
stellen, sofern sie an der Sperrmauer selbst liegen, frei halten. Da auch die Sinkstoffe
zum beträchtlichen Teil mit Rücksicht auf die grosse Verringerung der Wassergeschwin-
digkeit in dem vergrösserten wasserberührten Querschnitt schon vor dem Hilfsstauwerk
zur Ablagerung gelangen dürften, so ist eine erhebliche Aufhöhung der Sohle zwischen
diesem Bauwerk und der Hauptsperrmauer kaum zu erwarten«
67) Solche Kräne wurden n. a. beim Bau der Tittcas Talsperre (S. 787) verwendet Zentral*
blatt d. Bauverw. 1885 8. 358 o. 1886 S. 485 n. 1898 S. 249, sowie Ziegler, Talsperrenbau 1900.
Teil IL S. 52.
§ 1. Stauwerke. B. Talspbrkex. 721
Die Bildung einer massigen Ablageningsachicht von Sinkstoffen vor der Sperr-
mauer and an den Hängen ist übrigens direkt erwünscht, am die Dichtigkeit der Tal-
sohle zu erhöhen.
Bei der Remscheider und Bevor Talsperre wurde das Wasser in hölzernen
Kanalbrücken über die Bansteile hinweggeleitet Bei der Beversperre diente die hölzerne
Kanalbrücke zugleich als Steg und lag derart, dass sie den späteren Entnahmestollen
umhüllte, also eine Verlegung des Banhlaufes vermieden werden konnte (Abb. 210).
Beim Bau des New Crotondammes wurde der Flosa durch Damme in einen seit-
lichen Kanal abgeleitet, welcher an dem felsigen Abhänge eingesprengt wurde und die
Baugrube wie eine Halb-
insel nntSChloss (Abb. 219, Abb' 21°- 0,»rfBlirmi« dn Bubwamn ttbw dia BugraU
S. 736). d" fcwlWl*«fc
Der Querschnitt des
oder der Ableitungsgerinne
muss so berechnet werden,
dass auch das Hochwasser
noch abgeführt wird. Man
hatte in dieser Beziehung
z. B. bei der Anlage Avig-
nounet gefehlt, indem man
den Stollen zu klein machte,
und infolgedessen ist die
Baugrube dreimal während
der Bauzeit überschwemmt
und grosser Schaden verur-
sacht worden. Man hat schliesslich als Notbehelf in der Mauer selbst grössere, später
durch Betonpfropfen geschlossene Öffnungen gelassen (Abb. 105, S. 500), um dem Hoch-
wasser gegebenen Falles Durchfluss zu gestatten.
Im Hinblick auf ganz ausserordentliche Hochwässer ist es jeden-
falls während desBaues immer zweckmässig, in derMauer, wenigstens
während der Jahreszeit, wo Hochfluten vorkommen können, eine Maue'r-
lücke in Gestalt eines Überfalles zu lassen und abwärts durch gehörige
Befestigung der Sohle ein Sturzbett zu schaffen, damit in ansserge-
wö.hnlichen Fällen das Wasser durch die Lücke stürzen kann, ohne
den Übrigen Teil der Mauer zu beschädigen.
Beim Abstecken der Baugrube für die Sperrmauer wird es sich stets empfehlen,
die Abmessungen recht reichlich zu wählen, weil trotz der Schürflöcher und der sonstigen
Baugrunduntersuchungen man nicht sicher sein kann, ob man nicht stellenweise die
Fundamentsohle tiefer und deshalb auch breiter machen muss ab projektiert war (vergl.
S. 723 Ausführung der Mouchesperre und S. 735 Ausführung der Vyrnwy-Sperre). Es
ist ferner von grösster Wichtigkeit, dass die Fundamentsohle absolut
sauber und rein hergerichtet werden kann, und das ist nur möglich, wenn die
Baugrube breit genug ist, sodass sie durch herabfallendes Erdreich von den Böschungen
nicht immer aufs neue verunreinigt wird.
Alle Spalten und Bisse sind genau zu untersuchen und zu reinigen. Der Felsen
selbst ist mit Wasser und eisernen Bürsten von allen Verunreinigungen zu säubern, bevor
mit der Herstellung der Betonsohle begonnen werden kann (Abb. 69, S. 411). Es ist
Hudkoeh dar lD|-WI(Mfi*eb. UI. Teil. 18. Bd. 46
722 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
auch dafür zu sorgen, dass behufs Entwässerung der Baugrube der genügende Platz zur
Anlegung von Graben oder Gerinnen vorhanden ist.
Intze liess in der Regel auf der sorgfaltig gereinigten und gedichteten Felssohle,
nachdem alle glatten Felsflächen künstlich aufgerauht waren, eine Betonsohle mit sage-
förmiger Oberfläche herstellen (Taf. XIJX, Fig. 1, Taf. L, Fig. 5 und Taf. LH, Fig. 7,
13 und 14).
Eine solche Anordnung wurde u. a. für die Bevertalsperre gewählt, wobei das Mischungsver-
hältnis für einen cbm Beton war:
185 Liter Zement,
65 . Kalk,
100 , Trass,
500 , Sand,
900 , Steinschlag,
zusammen 1700 Liter Rohmaterial.
Grössere Felszacken sollten in der Sohle nicht stehen bleiben, weil sie wie Keile
wirken können und zu Rissen Veranlassung geben, wenn das Mauerwerk sich setzt
Man wird bei Herstellung der Sohle Sprengungen mit Pulver oder gar mit Dynamit
möglichst nicht zulassen, um die Lockerung des Gefüges in dem anstehenden Gebirge
gerade an der Sohle nach Möglichkeit zu vermeiden. Wenn Zweifel über die Wasser-
dichtigkeit der Felssohle bestehen, so kann es zweckmassig sein, am wasserseitigen Fnss
der Sperrmauer eine Herdmauer in den Felsen einzuarbeiten, welche sich dann aber
auch an den Hangen hinauf bis zu solcher Höhe erstrecken sollte, wo der Anschluß
der Sperrmauer an den Felsen allein dem daselbst noch vorhandenen kleineren Wasser-
druck gegenüber völlige Dichtigkeit erwarten lässt.
Wenn es der Kostenvergleich rechtfertigt, so unterliegt es keinem Bedenken, die
ganze Mauer in Beton herzustellen. Doch wird es sich empfehlen, die Aussenflfichen,
welche den Angriffen der Witterung dauernd ausgesetzt sind, mit wetterbeständigem
Material zu verblenden. In dieser Beziehung sei auf die Sperrmauer der Anlage Avig-
nonnet S. 498 u. Taf. XXXYU Fig. 4 verwiesen68).
••) Bei der Staumauer Avignonnet wurde für die Fundienmg eine Mischung von
800 kg = 0,215 cbm Zement,
0,4 cbm Sand und
0,8 cbm Kies
gewählt und fnr den oberen Teil der Sperrmauer der Zementsusats auf 200 kg = 0,148 cbm eingeschränkt.
Bei der Beton-Talsperre Geelong in Australien wurde folgendes Mischungsverhältnis verwendet:
41/» Teile sweizöllige 8andsteine,
l1/* • durchgesiebte Splitter,
1 Vi , Sand,
1 Teil Zement
Bei dem Periar-Damm in Madras Indien:
25 Teile hydraulischer Kalk,
80 , Sand,
100 , Steinschlag.
Für die Kristall-Springs-Sperre in Nord-Amerika:
1 Teil Zement,
2 Teile Sand,
6 . Steinschlag (vergl. P. Ziegler, Teil I, S. 88).
Die vom Ingenieur A. Dumas im Drac bei Ponsonnas projektierte Staumauer (8. SOG) ™*
510 m grtsster Höbe zwischen Fundamenteohle und Krone und 45T1 m Sohlesbmte in einer Tiefe voi
50,0 m nrnter Mauerkrone soll gleichfalls in Zementbeton ausgeführt weiden. Die Kronealtagt *&
85,0 m, der Krtmntuiiggrmdins 180,0 m betragen. Die Kantenpressungen sollen 10 kg qcm nicht ibr
schreiten (reigl. Covpte readn des traraiix du Congras de la HoniDe Bhndie. OtenoMe 1902. IL VoL &471).
g l Stadwerxe. B. Talsfeehen. 723
Um eine dichte Sperrmauer zu erzielen, hat es sich bei Hauern in Bruchstein-
mauerwerk als sehr zweckmässig herausgestellt, die wasBerseitige Flache mit einem
Zementputz zu versehen und diesen dann nach dem Abbinden mit einem Anstrich von
heissem Asphaltteer oder Siderosthen zu versehen. Weiter aber ist es sehr zu empfehlen,
die eigentlich tragende Sperrmauer wasserseitig mit einer Schutzmauer zu bekleiden,
welche durch eine Luftschicht von der tragenden Mauer getrennt ist. Wenn die ge-
krümmte Hauer der Erwärmung durch die Sonne oder starkem Frost auch an der
Wasserseite ausgesetzt wird, treten hier die grössten Längenveränderungen ein, und es
können sich daher an der konvexen Wasserseite Risse am leichtesten bilden. Durch die
Schutzmauer wird der tragende Teil auf der Wasseneite den Einwirkungen der Aussen-
temperatnr bei Senkung dos Staospiagels entzogen, und es ist wahrscheinlicher, dass
grosse Verschiebungen infolge von Temperaturdifferenzeu nicht mehr eintreten. Intze
hat an seinen letzten Sperren deshalb diese Massregel überall getroffen, während er bei
den früheren Sperrmauern die wasser-
,.„;»;,„, Va-ki—wi,,™ i*. j._ +_„„„„,i„v. Abb. 211. Scbutewand an der Sperrmauer der Mouche
seitige Verblendung in dem tragenden (Frankreich) nach Maurice Levy.
Mauerkörper durch Verzahnung fest
einbinden Hess. Bezüglich der Aus-
fuurungsart ist die Anordnung, wie sie
bei der Sperrmauer Marklissa ange-
wendet wurde (Taf . L, Fig. 5 und S. 599),
am meisten zu empfehlen, weil sich hier
die Schutzmauer unabhängig von der
tragenden Sperrmauer bewegen kann.
Bei der Mauer in der Houche (Abb. 211
und Abb. 216, S. 733) ist eine Schutz-
mauer wasserseitig stellenweise nach-
träglich vorgelegt, weil die Mauer starke )p* ■■■'■ ' ' ' ' ' ) J^
Bewegungen und Undichtigkeiten zeigte.
Diese Art des Schutzes hat Haurice Levy in Beiner Hitteilung an die Akademie der
Wissenschaften in Paris vom 5. August 1895 vorgeschlagen and der Service des Ponte
et Chaussees hat danach die in Abb. 211 dargestellte Sohatzmauer entworfen*0).
Die sehr wichtige Arbeit der Abdichtung der Hauer nach der Wasserseite wird
in folgender Weise ausgeführt: Nachdem die Hauer über Terrainhöhe emporgeführt ist,
wird sie mit einem Putz aus einer Mischung von 1 Teil Sand, 2 Teilen Zement und
'/* Kalk bekleidet und zwar in einer Starke von 10 bis 15 cm. Auch die gut abzu-
gleichende und sauber zu reinigende Felasohle vor der Mauersohle ist in einer Breite
von 0,50 m mit diesem Putz zu versehen. Der Putz ist glatt zu reiben. Nachdem der
Putz abgebunden and trocken geworden ist, wird auf demselben ein heisser Anstrich
aas 1 Teil Gudrun and 2 Teilen Holzteer oder aus sogenanntem Siderosthen aufgebracht.
Aach der Patz auf der Felsoberfläche der Gründongssohle ist mit diesem Anstrich und
zwar am besten mehrfach übereinander zu versehen. Ferner ist sehr zu empfehlen, den
Schlitz zwischen dem aufgehenden Mauerwerk und dem festen Felsen der Baugrube
mit Beton sorgfältig aaszostampfen und die Oberfläche dieses Stampfbetons gleichfalls
mit einem heisaen Asphaltanstrich zu versehen. Der Rest der Grube bis Oberkante
Terrain ist dann zweckmässig in Schiebten von 15 bis 20 cm Starke mit Tonschlag
»*) A. Dumas, Constructiot» des barragee-reaervoirs. Compte renrtu dm travanx du Congrea
de la Honillc Blanche. L Volume. S. 2«.
734 HL Theodor Kobhn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
sorgfaltig auszustampfen. Der Verputz auf dem oberen Teile der Mauer und die er-
wähnte Schutzmauer, welche dazu dienen soll, die tragende Sperrmauer wasserseitig den
Einwirkungen der Temperaturunterschiede bei geleertem Becken zu entziehen, was von
besonderer Wichtigkeit ist, wenn die Entleerung des Beckens in den Sommermonaten
zu erwarten ist und wenn die Wasserseite nach Osten, Süden oder Westen liegt, sind
erst auszufahren, nachdem die ganze Staumauer fertiggestellt ist und sich gesetzt hat.
Es wird zwar das Setzen der Mauer unter Umständen erst nach Jahren ganz beendet
sein, aber die grösste Zusammendrückung der Fugen erfolgt doch schon, wenn die Hauer
Töllig fertiggestellt ist Da ohnedies nach Fertigstellung der Mauer für die Schliessung
der Umlaufstollen, das Einbringen der Schieber und Schützen, Herstellung der Wege etc.
Aufräumung der Baustelle immerhin noch einige Monate vergehen, ehe an eine Füllung
gedacht werden kann, so findet sich * für die gedachte Arbeit die passende Zeit, ohne
dass die Betriebseröffnung dadurch verzögert wird. Zuerst wird also die Sperrmauer bis
zur Krone fertig gestellt, wasserseitig von Terrainhöhe bis zum höchsten Wasserspiegel
mit einem Putzbezug, wie oben beschrieben, versehen, und nachdem derselbe abgebunden
und getrocknet ist, stückweise von unten nach oben der Siderosthenanstrich angebracht
und möglichst sofort hinterher die Schutzmauer aufgeführt. Der Siderosthen-
anstrich darf nicht lange der Sonne ausgesetzt sein, weil er sonst abfliesst und an
Wirksamkeit einbüsst. Das Einbinden von später anzubringenden Verblendungen an der
Wasserseite, wie sie bei der Fuelbekesperre und bei der Beversperre ausgeführt
sind, empfiehlt sich nicht, weil wegen des ungleichmässigen Setzens der Mauer und der
Verblendung stets Risse und Brüche in der Verblendung entstehen.
Teils um die Dichtung an den tieferen Stellen der Sperre und namentlich an der
Sohle zu erhöhen, teils um den Wasserdruck bei geleertem Becken wenigstens zum Teil
zu ersetzen und dadurch ein geringeres „Arbeiten" der Mauer herbeizuführen, werden
oft wasserseitig Anschüttungen aus möglichst wasserdichten Bodenarten gemacht (vergl.
die Urft-Talsperre, Tafel XLIX, Fig. 1, die Marklissa-Talsperre, Tafel L, Fig. 5 und
die Ennepe-Talsperre, Tafel LH, Fig. 11—13, sowie Tafel LH, Fig. 7). Der Wert solcher
Anschüttungen wird verschieden beurteilt, besonders im Hinblick darauf, dass es immer-
hin unsicher bleibt, welcher Teil des Erddruckes bei leerem Becken zur Wirkung kommt,
während bei gefülltem Becken zweifellos die Drucklinie nach, aussen gedrängt wird.
Auf die Dichtigkeit sollte man allerdings bei sorgfältiger Ausführung und gutem felsigen
Baugrund auch ohne Erdanschüttung rechnen können. Immerhin wird durch die An-
schüttung bei sehr sorgfältiger Ausführung derselben die Wahrscheinlichkeit,
eine völlig dichte Mauer und besonders eine völlig dichte Sohlenfuge und ebensolche
Anschlussfugen an den Hängen zu erzielen, erhöht. Wenn geeignetes Material an Ort
und Stelle gewonnen werden kann, so lassen sich die aus der Anschüttung entstehenden
Mehrkosten wohl rechtfertigen.
Aus dem Verlauf der bei der grapho-statischen Untersuchung der Mauern bei
voller Wasserbelastung und bei leerem Becken ermittelten Drucklinien ergibt sich, dass
es im Interesse der Druckverteilung zweckmässig ist, die Lagerfugen nicht alle wagerecht,
sondern möglichst lotrecht tu diesen Drucklinien zu legen. Es würde aller-
dings für die Ausfuhrung zu schwierig sein, wollte man hier peinlich auf die lotrechte
Stellung aller Lagerfugen zu den Drucklinien bestehen. Immerhin empfiehlt es sich, die
Fugen der lotrechten Lage nach Möglichkeit anzupassen. Harlacher hat vorge-
schlagen, für die Fugen eine mittlere Neigung gegen die beiden Drucklinien bei vollem
Becken und leerem Becken zu wählen und kommt dazu, für die unteren Teile der Sperre
eine Neigung der Fugen von der Wasserseite ansteigend nach der Luftseite von un»
§ l. Stauwerke. B. Taiapebren. 725
gef&hr 15° gegen die Wagerechte vorzuschlagen. Eine derartige Ausführung ist beim
Tytam-Dam, in der Nähe von Hongkong, zur Anwendung gekommen70). Intze hat
einen mehr bogenförmigen Verlauf der Lagerfugen bei der Beyertalsperre und den
späteren Sperren vorgeschrieben und durchgeführt Die Ausführung solcher gekrümmten
Fugen hat allerdings gewisse Schwierigkeiten und Nachteile im Gefolge. Wenn man von
der Wasserseite beginnend, wo die Fugen annähernd horizontal sein können, das Mauer-
werk aufführt — wollte man an der Luftseite beginnen, so könnten bei nassem Wetter
die frisch versetzten Steine ins Rutschen kommen — , entsteht der Nachteil, dass sich
zwischen den wasserseitig versetzten Steinen und der gekrümmten und geneigten Fläche
der alten Schicht ein Wassersack bildet. Dieser ist schlecht zu reinigen und zu ent-
wässern und es sammelt sich in ihm der unvermeidliche Schmutz, welcher sich beim
Transport der Steine und beim Behauen derselben auf der Mauer bildet, an. Man kann
den Übelstand durch Öffnungen nach der Wasserseite mildern, aber ganz beseitigen lässt
sich diese Schwierigkeit nicht. Es sind deshalb Zweifel entstanden, ob die Nachteile
der gekrümmten Fugen nicht grösser seien als die Vorteile, da schliesslich nach Ab-
binden des Mörtels das ganze Mauerwerk als eine kompakte Masse angesehen werden
könne. Verfasser möchte aber doch empfehlen, der In tz eschen Ausfühnmgsart den
Vorzug, zu geben.
In der Regel werden die Schichten in einzelnen Höhen von nicht mehr als 2,0 m
und zwar meistens von der Mitte anfangend nach beiden Enden zn durchgeführt. Bei
der Bevertal-Sperre waren die Schichten nur 1,0 bis 1,2 m hoch.
Bei Verwendung von Krangerüsten oder sogenannten Derrickkränen können
natürlich unter Umständen die einzelnen Schichten in' grösserer Höhe aufgebracht
werden 71).
Von sehr grosser Wichtigkeit ist die Verwendung des geeigneten Mörtels
(S. 678 bis 681). Mit Rücksicht auf die Wasserdichtigkeit werden meistens entweder
reiner Trassmörtel oder Mörtel in einer Mischung von Portlandzement mit hydraulischem
Kalk oder mit Wasserkalk gewählt
Für die Vogesen-Talsperren wurde von Fecht folgendes Mischungsverhältnis als sehr
zweckmässig und verhältnismässig am billigsten erkannt:
Mischungsverhältnis
in Raumteilen in Gewichtsteilen
Dykerhof-Zement 1 1
Wasserkalk aus Buprechtsau 4 2
Gewaschener Dollersand 10 10
Beim Altenweiher hat man von der Mauerkrone nach dem Fundamente zu in Abstufungen
folgende Mischungsverhältnisse nach Raumteilen benutzt:
Zement Hydraulischer Kalk Sand
1
8
7
1
2
6
1
IV«
5
1
1
87«
1
7*
2»/t
Bei der Remscheider Talsperre ergab sich nach den Untersuchungen der Kftnigl. PrUfungs-
Station in Charlottenburg-Berlin folgende Mischung als die wasserdichteste:
70) p. Ziegler, Der Talsperrenbau. IL TeiL S. 80.
?i) Bei der englischen Talsperre Vyrnwy betrugen die Steine unter 2 Tonnen 46*/*» die Steine
von 2—4 Tonnen 21°/o, die Steine von 4—8 Tonnen 33°/o. Die Schichten wurden in Höhen von 1,8
bis 2,4 m durchgeführt
726 HL Theodor Koehn. Ausbau -von Wasserkräften. Einzelheiten.
4 Raumteile Fettkalk = 4 . 1,311 = 5,244 kg
4 , Rhein-Sand = 4 . 1,515 = 6,060 ,
6 , Plaidter Trass = 6 . 0,915 = 5,490 .
Diese Mftrtelmischung gab nach einigen Monaten unter Wasser erhärtet eine Druckfestigkeit
Ton 60 kg und eine Zugfestigkeit von 80 kg pro qcm und an der Luft erhärtet eine Druckfestigkeit
Ton 125 kg und eine Zugfestigkeit von 20 kg/qcm. Der Bedarf an Mörtel betrug infolge der grossen
Unregelmässigkeit der Bruchsteine 38% der Mauermasse 7*).
Für die Bevor- Sperre wurde folgende Mischung benutzt:
100 Liter Fettkalk in butterweichem Zustande £2 126 kg
150 . Trass in pulverförmigem Zustande fifi 188 ,
175 , Rheinsand fifi 255 ,
Wasser 15 ,
"425" 584 kg
Das Ausbeutungsverhältnis ergab sich bei einer solchen Mischung, welche gerade eine Misch-
trommel füllte zu 0,66, sodass eine Füllung 280 Liter Mörtel ergab. 10 Tonnen Trass kosteten an Ort
und Stelle 168 Mk.t 10 Tonnen Graitener Kalk kosteten 80 Mk. und ergaben gelöscht rd. 25 cbm.
1 cbm Sand kostete frei Bauplatz rd. 8 Mk., 333 Liter Mörtel, welche pro cbm Mauerwerk
notwendig waren, kosteten 6 Mk. einschliesslich Fracht und Herstellungskosten.
Ferner wurde der Mörtel hergestellt aus einem Verhältnis von:
bei der Staumauer des beider Queis-Talsperre
Kubelwerks bei der Urfttalsperre Marklissa
1 Raumteil hydraulischem Kalk, 1 Raumteil Weisskalk, 125 Liter Zement
2,5 Raumteilen grobkörnigem Sand 1,5 „ Trassmehl, 100 , Trass,
1,75 , Sand. 66 „ KalkbreL
510 , Sand.
Bei der Queis-Talsperre hat der Verbrauch an Mörtel auch etwa 80— 88*/o des kubischen Inhaltes
der Staumauer betragen, bei der Urfttalsperre im Anfang 42°/e* später, als die Arbeiter geübter worden,
38°/o (S. 588).
Es hat sich gezeigt, dass an denjenigen Staumauern, wie z. B. bei der Gi-
leppe- und an der Alfeld-Mauer, bei welchen zur Mörtelbereitung Zement und
f Wasser kalk ohne Trass verwendet wurden, an der Luftseite der Mauern sehr starke Sinter-
bildungen auftraten, während diese Erscheinung bei Sperrmauern, bei welchen eine grössere
Beimischung von Trass zur Verwendung kam, nicht beobachtet wurde. Es scheint dem-
nach, ab wenn der Trass beim Abbinden die sich aus dem Zement und Kalk ausscheidenden
Kalkhydrate bindet. Die Verwendung von Trass empfiehlt sich auch deshalb, weil der
Tra88mörtel die Abbindung verzögert und daher ein mit Trass gemischter Mörtel längere
Zeit angemacht stehen kann, ohne an Wert erheblich einzubüssen. Dieser Gesichtspunkt
ist beim Bau von Staumauern von besonderer Wichtigkeit, da durch Regen oder wegen
der Notwendigkeit die Transportmittel umzusetzen, häufiger die Arbeit unterbrochen
werden muss und der Mörtel angemacht längere Zeit stehen bleibt. Reiner Trassmörtel
mit Kalk angemacht hat den Nachteil, dass er bei geneigten Fugen an den harten und
glatten Steinflächen schlecht fasst und sich die Steine daher leicht loslösen. Für die
7t) Karl Borchardt (Die Remscheider Stauweiheranlage, 1897) gibt an, dass gezahlt wurden:
für 200 Ztr. Weisskalk ab Ringofen 106 Mk, Fracht 16 Mk.;
, 200 . Plaidter blauer Trass feinster Mahlung (Vorschrift, dass durch ein MetaUaieb tob
900 Maschen pro qcm 80*/° der aufgeschütteten Masse hindurchfallen mussten) in Sacken
su liefern frei Remscheid 102 Mk.;
, 200 . Schlehbuscher Sand ab Schlehbusch 6 Mk-, Fracht 21 Mk.;
, 200 , Wasserkalk ab Beckum 107 Mk^ Fracht 88 Mk.;
, 200 . Bhrinsand ab Düsseldorf 18 Mk., Fracht 25,20 Mk.;
1 cbm Mauerwerk in Blombacher Bruchsteinen im Mauerwerk gemessen, 1 m tief in die Mauer einzu-
binden Ton aussen hammerrecht bearbeitet in Wasser-Kaik-Trassmörtel 27 Mk.;
1 , inneres Mauerwerk aus vorhandenen Steinen in Wasser-Kaik-Trassmörtel 8,50 Mk.
J
§ l. Stauwerke. B. Talsperren. 727
Ausführung geneigter Lagerfügen ist deshalb eine Mischung, etwa wie sie bei der Queis-
talsperre verwendet wurde, am meisten zu empfehlen.
Intze hat wiederholt durch Entnahme von Proben aus dem Mauerinnern den
Nachweis gefuhrt, dass sowohl Mörtel aus Mischungen mit Trass, wie bei der Beversperre,
als auch Mörtel aus Zement und Trass, wie bei der Queissperre, im Mauerinnern ihre
volle Festigkeit erlangen73).
Über die ganze Einrichtung der Baustelle, wie z. B. über die Transportwege, über
die Verlegung von Wasserleitungen und die Lichtversorgung, über die Ausrüstung mit
Baumaschinen, kann hier nichts Spezielles mitgeteilt werden, da das für unsere Zwecke
zu weit fuhren würde. Es ergeben sich im übrigen auch alle Einrichtungen von selbst
und bei der Beschreibung der Talsperren des Kabelwerks Seite 411, der Anlage Avig-
nonnet S. 499, von Marklissa S. 598 und der Urft-Talsperre Seite 588 sind bereits die
bei diesen speziellen Fällen verwendeten Einrichtungen ausführlich genug mitgeteilt.
h) Die Entwässerung des Mauerimmera. Auch bei grösster Vorsicht und sorg-
fältigster Ausfuhrung werden sich kleinere Undichtigkeiten in dem Mauerwerk kaum
ganz vermeiden lassen. Es ist auch sehr nützlich, die Abführung des beim Abbinden
freiwerdenden Wassers innerhalb der Mauer nach Möglichkeit zu erleichtern. Deshalb
wird bei neueren Sperrmauern im Innern der Mauer meistens ein Entwässerungsnetz
angelegt Dasselbe kann bestehen: aus senkrecht stumpf aufeinandergesetzten Drains
von 5 bis 10 cm Dm., welche etwa 2,0 bis 4,0 m entfernt von der wasserseitigen Mauer-
fläche eingesetzt werden mit gegenseitigen Abständen von etwa 2,0 m in der Längs-
erstreckung der Mauer. Diese lotrechten Drainröhren stossen entweder stumpf auf einen
im Gefälle vorgelegten Sammelstrang oder sie werden selbst einzeln durch geneigte Drains,
wie z. B. bei der Talsperre Marklissa, in Sammelkanäle geführt, welche in den Zulauf-
stollen entwässern. Die Sammelkanäle bei der Marklissa-Sperrmauer sind
so gross angelegt, dass sie begehbar sind und dass man sich von der Be-
schaffenheit des Mauerwerks im Mauerinnern jederzeit überzeugen kann (Taf. L, Fig. 5
und Seite 599). Es muss natürlich mit Sorgfalt darauf geachtet werden, dass sich diese
Drains während des Baues nicht verstopfen können, weil sie sonst nicht nur zwecklos
sind, sondern feuchte Stellen in der Mauer direkt verursachen können.
i) Die Beobachtung der Bewegungen der Mauer. Während der Aufmauerung und
nach der Fertigstellung ist das Setzen und die Bewegung in der Horizontal-
projektion der Mauer zu beobachten. Um das Setzen festzustellen, werden
kleine Bolzen an der Luftseite eingelassen, deren Höhenlage genau eingemessen und von
Zeit zu Zeit kontrolliert wird. Jede Sperrmauer verändert aber auch ihre Gestalt im
Grundriss bei der Füllung, weil sich die Fugen zusammenpressen. Ebenso treten Ver-
änderungen ein durch die Temperaturunterschiede74). Die Bewegungen der Mauer in der
Horizontalprojektion werden am leichtesten und am auffälligsten in der Mauerkrone fest-
gestellt und zwar durch Visierlinien, welche über die Mauer gelegt werden. Zu diesem
Zweck errichtet man an den beiden Ufern feste Mauerklötze. Einer derselben trägt das
feste Drehgestell eines kleinen Fernrohres, der andere eine feste Spitze. Auf der
78) O. Intze, Die geschichtliche Entwicklung, die Zwecke und der Ban von Talsperren. Nach
einem Vortrage Intzes am 3. Februar veröffentlicht von Link. Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1906.
S. 736 u. ff.
74) Bei der Remscheider Talsperre haben sich infolge von Temperaturdifferenzen Verschiebungen
in der Horizontalprojektion an einzelnen Stellen von 35 mm ergeben bei einer Kronenlange der Mauer
von 125 m, einem Radius von 160 m, einer Kronenbreite von 4 m, einer Mauerstarke in der Fundament-
sohle von 25 m und einer Mauerhöhe von 25 m. Das gesamte Mauerwerk der Sperre betrug 17000 cbm.
728 III. Theodor Koeiin. Ausbad von Wasserkräften. Einzelheiten.
Mauerkrone selbst werden an geeigneten Stellen in der Visierlinie gleichfalls Motall-
spiUen festgemacht. Man kann dann aus dem Anschlag dieser Spitzen die Bewegung
messen.
k) Die Überlfiufe und die Vorrichtungen für die Wasserentnahme. Jede
Sperrmauer, sofern nicht ihre Krone selbst als Überlauf dienen soll, bedarf eines selbst-
tätig wirkenden Überlaufs, welcher so gross anzulegen ist, dass der Wasserspiegel im
Becken niemals die beabsichtigte höchste Höhe überschreiten kann. Wegen der Ein-
richtung dieser Überläufe wird auf die Beispiele Kabelwerk, Abb. 72, S. 414, Urft- Tal-
sperre, Taf. XLVHI, Fig. 7, Taf. XLK, Fig. 6 n. S. 591, Marklissa, S. 600, nnd Taf. L,
Fig. 6 u. 7, sowie anf die im Abschnitte m dieses § noch gegebenen Beispiele vorwiesen.
Abb. 212. Hebere ntnahm» im Damm von Mittersheim.
Die Sperrmauer der Anlage Avignonnet (Taf. XXVII, Fig. 4 und S. 498, Abb. 103)
und die Ennepe-Sperrmauer (Taf. LH, Fig. 11 — 14) bieten Beispiele für die Überströmung
der Mauerkrone selbst. Ein anderes Beispiel hierfür bietet die Fnelbecke Talsperre").
Auch wegen der Vorrichtungen znr Wasserentnahme kann auf die angezogenen
Beispiele verwiesen werden.
Erwähnung verdienen aber noch hier die Hebervorrichtungen, wie sie bei dem
Staudamm von Mittersheim, Lothringen (zur Speisung des Kohlenkanals zur Saar)
nnd bei dem Staudamm von St. Christophe76) zur Anwendung gekommen sind. Der
Siphon (Abb. 212) liegt in einem massiven Mauerklotz und mündet sowohl wasserseitig als
luftseitig unter Wasser aus. Er tritt selbsttätig in Wirksamkeit, wenn der Wasserstand
eine gewisse Höhe erreicht hat, und seine Tätigkeit hört nach dem Sinken des Wasser-
spiegels auf ein gewisses Mass wieder auf. Bei dem Damm von Mittersheim hat das
Siphonrohr einen Dm. von 0,70 m, bei dem Damm von St. Christophe sind zwei Bohre
von je 1,10 m Dm. verwendet, deren waaserseitige Mündung 4,2 m unter gewöhnlichem
Stauspiegel liegt, während die luftseitige 8,5 m tiefer in ein gefülltes Becken mündet.
Die Füllung des letzteren ist bei dem Siphon von Mittersheim durch einen Schieber,
bei dem von St. Christophe durch ein kleines Rohr nebst Habn möglich. Der Scheitel
der Siphonschleife liegt über dem höchsten Wasserspiegel, es ist aber im Scheitel eine Saug-
leitung angeschlossen. Sobald der Wasserspiegel eine bestimmte Höhe erreicht, wird selbst-
wirkend eine Wasserstrahlpumpe, welche die Luft ans dem Heber saugt, und damit der
Heber selbst in Tätigkeit gesetzt. Nach dem Sinken des Wasserspiegels im Becken anf
'») ZeiUchr. d. Vor. deutscher Ing. 1906. Textblatt 4. Kg. 135 und 136. S. 942.
■71) Ziegler, Talsperrenbau 1900. Teil I. S. 111.
§ 1. Stauwerke. B. Tai-öperren. 739
eine bestimmte Höhe wird in das Siphonrohr Luft zugeführt, die Wassersäule reiset ab
und die Wirkung des Siphons hört auf.
1) Die Ablagerungen Innerhalb des Staubeckens und ihre Beseitigung. Bei
Flüssen mit sehr starker Geschiebe- und Sinkstofführung ist darauf Bedacht zu nehmen,
dass die sich in dem Staubecken ansammelnden Geschiebe- und Sinkstoffe ans dem
Staubecken ins Unterwasser herausgespült werden können. Im Laufe der Jahre kann
sich sonst die Hasse der Geschiebe und Sinkstoffe derartig ansammeln, dass nicht allein
der Beckeninhalt beträchtlich verringert wird, sondern dass auch die Entnahmestellen
versanden. Bei den alten spanischen Staumauern legte man für Spülzwecke in der Sohle
der Staumauer einen grossen Kanal an, welcher sich nach der Luftseite hin erweiterte
und verschloss denselben mit lotrechten und wage-
rechten Holzbalken {Abb. 2131"). Die Öffnung eines Abb. 218. Spanisches Tor an der Mauer
, , , . I ™ , r , von Aficante (Tibi). 1 : 266.
solchen sogenannten spanischen Tores konnte erst
erfolgen, wenn die gemauerte Toröffnung selbst einige
Meter mit Sinkstoffen und Geschieben überdeckt war,
sodass die Entfernung des Gebälkes von der Luftseite
ans durch Arbeiter erfolgen konnte. Um einerseits
bei Öffnung des Tores einen nicht zu grossen Wasser-
druck zu haben, andererseits aber noch genügend
Wasser zur Erzielung einer Spülwirkung, wurde zu-
nächst der Wasserspiegel im Becken so weit abge-
senkt, dass etwa noch 3,0 bis 4,0 m Wasser über der
Ablagerungsschicht standen. Diese Art der Spülvor-
richtung blieb immerhin recht gefährlich für die Ar-
beiter, da der Durchbrach unerwartet erfolgen konnte.
Bei der Alicantesperre soll allerdings die Ablagerungs-
masse so zäh gewesen sein, dass sie nach Entfer-
nung des Tores in senkrechter Wand stehen blieb und dass erst von oben mit eisernen
Stangen ein Loch hineingearbeitet werden mnsste, bevor die Spülwirkung begann. Was
die Menge der Ablagerungen betrifft, so haben sich bei den Algerischen Talsperren die
nachstehenden Zahlen ergeben18).
Beckeninhalt
Niederschlags-
qkm
Jährliche
Ablagerung
Jahrl. Ablagerungen im Verhältnis
Beckeninhalt
zum Niederschlags-
gebiet cbm/qkm
Big
Tlelat
Djidioui*
Habra
3840 000
600000
2000000
SO 000 000
8500
130
850
8000
100000
22000
250000
250000
1/84
1/28
1/9
1/120
29
170
294
31
Ähnlich grosse Ablagerungen worden bei verschiedenen indischen Talsperren fest-
gestellt Im übrigen wird auf Kap. I, § 4, S. 128 n. f. verwiesen. Zur Verhinderung nach-
teiliger Wirkungen der Scblammablagerungen und zur Beseitigung derselben ist es das
sicherste Mittel nach dem Vorbilde der Queissperre (Taf. L, Fig. 1 und 2), oberhalb der
Baustelle für die Sperrmauer ein Hilfswehr anzulegen, durch welches zunächst alle an
") P. Ziegler, Txlsperrenbau 1900. Teil 11. S. 6.
«) P. Ziegler. Dei Talsperrenbau 1900. Teil IL S. 1
780 III. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Ein/jelhkitkx.
der Talsohle rollenden Geschiebe und auch der grösste Teil der Sinkstoffe zurückge-
halten werden. In der Regel wird , wie bereits S. 720 erwähnt, die Vergrösserung des
benetzten Querschnittes bis zu dem Hilfswehr eine derartige sein, dass auch die Sink-
stoffe sich zum grössten Teil nur noch in den unteren Wasserfaden bewegen können.
Bei dem genannten Beispiele diente dieses Hilfswehr zur Ableitung des Flusswassers
während des Baues und die zunächst zu diesem Zwecke angelegten Stollen dienen dann
ferner zur Entleerung und auch als Spülkanäle. Wo derartige Hilfswehre mit Umlauf-
Spülkanälen nicht zur Ausführung kommen sollen, vielmehr der Entleerungs- und Spül-
kanal in oder an der Mauer selbst angelegt werden muss, wird man zweckmässig dafür
zu sorgen haben, dass die Talsohle nach der Spülöffnung zu durch Pflaste-
rung oder eine leichte Betonschicht befestigt und möglichst glatt ge-
macht wird und dass diese Sohlenbefestigung eine möglichst starke
Neigung nach der Spülöffnung zu erhält, damit sich bei Öffnung der Spül-
schützen in der Ablagerungsmasse schnell ein Trichter bildet, in welchen die um-
liegenden Ablagerungsmengen durch den Spülstrom hineingerissen werden. Die Ent-
nahmestelle für das Nutzwasser ist in Fällen, wo grössere Ablagerungen zu erwarten
sind, so anzuordnen, dass die Zuflussöffnung auch bei der denkbar grössten Höhe der
Ablagerungen frei bleibt. Man muss also in solchen Fällen das Gebrauchswasser durch
höherliegende Öffnungen dem Abflusstollen zuführen, wie es z. B. bei der Yillarmauer
(S. 669) geschehen ist
m) Einige weitere Beispiele ausgeführter Talsperren. 1. Eine interessante Aus-
führungsart einer Sperrmauer ist die Ennepetal sperre insofern, als die Krone der
Mauer selbst zum Teil als Überlauf benutzt wurde (Taf. LH, Fig. 9—14). Sie dient
dazu, um der Ruhr das durch die Pumpwerke entzogene Wasser zu ersetzen und sie
erfüllt gleichzeitig den Zweck, sowohl das Wasser für die Wasserversorgung des Kreises
Schwelm als auch die für das Wasserwerk erforderliche Kraft, sowie die Kraft für eis
Elektrizitätswerk des Kreises zu liefern.
Das Niederschlagsgebiet beträgt 48 qkm, die jährliche Abflussmenge 36000000 cbm,
der Beckeninhalt 10000000 cbm.
Der Kreis Schwelm würde aus eigener Kraft nicht in der Lage gewesen sein,
die Summe von 4800000 Mk., welche für die Talsperre einschliesslich aller Nebenan-
lagen, wie Wasser- und Elektrizitätswerk etc. erforderlich war, aufzubringen, aber die im
Ruhrtalsperrenverein vereinigten Interessenten hatten für sich bereits ein so grosses
Interesse an dieser Sperre, dass der Verein einen Zuschuss von 100000 Mk. jährlich
gegen die Verpflichtung des Kreises , eine gewisse tägliche Wassermenge in den Flnss
abzulassen, leisten konnte. Hierdurch können der Zinsen- und Tilgungsdienst für etwas
mehr als die Hälfte des Kapitals bereits gedeckt werden79). Ausserdem verpflichteten
sich die unterhalb der Sperre liegenden Triebwerksbesitzer als Gegenleistung für die
Verbesserung ihrer Triebwasserverhältnisse zu einer Selbststeuer von jährlich 12000 Mk..
sodass schliesslich der Kreis Schwelm nur noch für die Deckung der direkten Betriebs-
kosten und des Bestes der indirekten aufzukommen hatte. Die Einnahme, welche sich der
Kreis bereits 1904 für eine tägliche Abgabe von 3000 cbm Wasser gesichert hatte,
betrug 80000 Mk. und ausserdem standen ihm noch 400 PS« während rd. 2400 Stunden
jährlich zur Verfugung, welche er in Elektrizität umwandeln und verteilen konnte.
79) O. Intxe, Die geschichtliche Entwicklung, die Zwecke und der Uhu der Talsperren. Kack
einem am 8. Februar 1904 im Berliner Bezirksverein des Verein» deutscher Ingenieure gehaltenen Vor»
trage, veröffentlicht vom Rogierungs-Baumeister a. D. Link. Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1906. *. 73fc
§ 1. Stauwerks. B. Talsperren. 731
Um im Falle von Reparaturen den Wasserspiegel schnell absenken zu können,
sind auf Verlangen der Aufsichtsbehörden in der Sperrmauer selbst vier Notauslasse
angebracht in einer solchen Höhe, dass der Wasserdruck nach Absenkung des Wasser-
spiegels durch diese Notauslasse nur etwa halb so gross bleibt als bei voller Füllung
und in einer solchen Grösse, dass auch beim stärksten Zufluss das ganze Wasser
durch diese Notauslasse fliessen kann. Nach den Mitteilungen Intzes fliesst das Wasser
ruhig über den Überlauf und an der Mauer herab und büsst in dem Sturzbett seine
lebendige Kraft soweit ein, dass es aus demselben mit massiger Geschwindigkeit zum
Abfluss kommt.
Über der Anschüttung ist die «Mauer wasserseitig mit einem Zementtrassputz und
Siderosthenanstrich abgedichtet.
Nachdem man bei der Remscheider Talsperre80) die Erfahrung gemacht hatte,
dass sich das Wasser — trotzdem man es aus einem sogenannten Filterturm entnahm,
in welchen es nur nach Durchdringung grösserer Filterschichten von Kies- und Filtersand
gelangen konnte — namentlich bei niedrigeren Wasserständen im Becken
bei direkter Entnahme aus der Sperre trübte und für die direkte Verwendung
ungeeignet war, hat man bei der Ennepetalsperre -eine besondere Filteranlage
für das aus der Talsperre durch die Leitung a (Taf. LII, Fig. 9) entnommene Wasser
angelegt. Das Wasser wird nämlich durch sogenannte Sprengdüsen auf Rieselwiesen
verteilt, in welche Filtergräben eingeschnitten sind. Die Filtergräben sind 1,70 m
breit und oben offen. Sie haben ein dreieckiges Sohlenprofil, in dessen Spitze ein Saug-
drain aus glasiertem Ton liegt. Letzteres ist mit grobem Sand, dieser wiederum mit
feinem Filtersand bedeckt. Aus diesen Filtern gelangt das Wasser durch Sammeldrains
aus Gusseisen mit 325 bis 425 mm Durchmesser in einen Saugbrunnen, aus welchem
dann Pumpen das reine Wasser schöpfen und auf die Hochreservoirs für die ver-
schiedenen Ortschaften drücken81).
2. Unter den neueren französischen Talsperren verdient die Staumauer des
Furens81) im „Höllenloch" (au gouffre d'Enfer) genannt zu werden, weil die Erbauer Graeff
und Delocre mit dieser Talsperre zum ersten Male einen modernen Qaerschnittstvp ge-
schaffen und die Berechnung auf Grand der von De Sacilly im Jahre 1853 in den
Ann. des ponts et chaussees veröffentlichten „Note sur un type de profil d'egale resis-
tance" durchgeführt haben Die Mauer ist in den Jahren 1861 —66 gebaut, um sowohl dem
Flusse das Wasser zu ersetzen, welches ihm durch die Fassung der oberhalb liegenden Quellen
für die Wasserversorgung der Stadt St. Etienne entzogen wird, als auch um bei
mangelnder Ergiebigkeit dieser Quellen einen Zuschuss zu dieser Wasserversorgung zu
liefern. Die Kronenlänge der Mauer betragt nur 100,0 m, die Kronenbreite 3,02 m,
die Sohlenbreite 42,17 m und sie hat einen Krümmungshalbmesser im Grandriss von
252,5 m (Abb. 214 und Taf. LH, Fig. 4 und 5). Sie schliesst eine tiefe Schlucht
mit steilen Hängen. Bei einer Wassertiefe von 50,0 m steht aber nur ein Stauraum
•«) Vergl. Karl Borchardt, Die Remscheider Stauweiher- Anlage 1897.
9\) Wegen einer anderen sehr interessanten Lösung zur Filtration Ton Talsperren wasser yergl.
die Beschreibung der Talsperre und des Wasserwerks der Stadt Solingen im SenghachtaL O. Intze,
Die geschichtliche Entwickelung , die Zwecke und der Bau der Talsperren. Zeitschr. d. Ver. deutscher
Ing. 1906. 732 u. ff.
s») Zu 2 und 3. Nach P. Ziegler, Der Talsperrenbau. Teil IL S. 12 und A. Dumas, Con-
struction des barrages-reservoirs. Compte rendu du Congrea de la Houille Blanche. Grenoble 1902.
1. Volume.
732 UL Theodor Koehn. Ausbau ton Wabberkbaftek. Einzelheiten.
von 1200000 cbm zur Verfügung. Oberhalb des gewöhnlichen Stauspiegels liegt zur Auf-
nähme von Hochfluten noch ein Schutzraum von 5,5 m Höbe und 400000 cbm Inhalt.
Das Vorflntgebiet beträgt 25 qkm, die durchschnittliche RegenhÖlie 850 mm. Die jähr-
liche Abflussmenge beträgt etwa 14000000 cbm, sodass die Abflusshöhe ca. 65°/« der
Regenhöhe aasmacht.
Als Mörtel wurden 876 kg hydraulischer Kalk von Theil auf 1 cbm geK-aschenen. sduufei
Sand verwendet Die Baukosten haben für die Haner selbst 721600 Mk.
für den Qrunderwerb 146600 .
für den Randkanal 280000 .
für den Stollen 124800 .
rusammen 1272000 Hk. betragen.
Da die Mauer nicht überflutet werden soll, war es nötig, seitlich einen 20,0 m
langen Überlauf anzuordnen, welcher sein Wasser in einen Randkanal ergiesst
Letzterer ist in den Granit des linken Hanges eingeschnitten mit einer Sohlenbreit«
von 6,50 m und einer Tiefe von
Abb.214. QwaschnittderFureiis-Sperrmaner. Erbant 1861,66. 30 m_ Er führt beim höchsten Stao-
|* ^amw^mimhv spiegel etwa 90 cbm/sek. mit einem
j '-«""»*$8-**'~ GeflU]e von 1,2«/« um das Becken
und die Hauptmauer herum nnd er-
giesst sich unterhalb mittelst einer
Kaskade in das alte Bett des Furcns.
Aufwärts ist im Furens an der Stelle,
wo der Wasserspiegel des Flusses die
Höbe des höchsten Stauspiegels im
Becken hat , ■ ein Schützenwehr mit
zehn Öffnungen angelegt Fünf von
diesen Öffnungen sind bestimmt, das
durch heftige Niederschläge getrübte
Wasser direkt in den Randkanal
abzuleiten, während in solchem Falle
die anderen fünf geschlossen bleiben.
Bedarf aber das Becken der Auf-
füllung und hat das zufliessende
Wasser die gewünschte Beschaffen-
heit, so werden die fünf Öffnungen
zum Randkanal geschlossen und die
anderen geöffnet.
3. Die Staumauer der Mouche. Die Speisang des 14km langen Marne-Saöne-
kanals soll durch folgende vier grosse Talsperren gesichert werden.
1. La Liez 16100000 cbm Stauinhalt bei 34 qkm Niederschlagsgebiet.
2. La Mouche 8660000 cbm Stauinhalt bei 65 qkm Niederschlagsgebiet.
3. Charmes 11620000 cbm Stauinhalt bei 51 qkm Niederschlagsgebiet.
4. Vingeanne 8340000 cbm Stauinbait bei 86,5 qkm Niederschlagsgebiet
Die erstgenannte Sperre wird durch einen Erddamm gebildet (Abb. 198, S. 705).
Die Sperren ad 3 und 4 sind nach Kenntnis des Verfassers (Ende 1906) noch nicht
ausgeführt.
Die mittlere jährliche Regenhöhe im Niederschlagsgebiet der Mouche betragt
§ l. Stacwebeb. R Taihpkhhbn. 733
830 mm. Die nutzbare jährliche Abflussmenge wurde auf ungefähr 24000000 cbro, d. b.
die Abflusshöhe etwa zn 40°/o der mittleren Regenhöhe angenommen.
Die baulichen Verhältnisse lagen an der für die Sperrmauer ausgewählten Stelle
insofern recht ungünstig, als das Tal sehr breit und der zur Gründung geeignete
feWge Hergel in der Mitte des Tale, ein Abb.215.Qomdu»ttdmhai".8u.™„a„lf™d».
6,5 bis 7,0 m, am linken Rande bis zu ,
11,5 m, am rechten Rande sogar bis 20,0 m
unter der Täloberfläche lag. Um den erfor-
derlichen Stauraum zn erzielen, bedurfte
man einer Stauhöhe von 22,55 m über Tal-
sohle und diesem Umstände , sowie dem
Mangel geeigneter Dammerde in der Um-
gebung ist es zuzuschreiben, dass man sich
zb einer Steinmauer eutschloss. Abb. 215
und 216 zeigen den Querschnitt und eine
Ansichtsskizze der Hauer. Die Mauer wurde
aus Ersparnisrücksichten geradlinig angelegt,
und sie hat eine Kronenlänge von 410,25 m.
Die Bangrabe wurde mit Böschungen von
1 : '/» ausgehoben. Man hat aber später an
den tieferen Stellen namentlich am rechten
Hange wegen eingetretener Rutschungen
eine Auszimmerung der Baugrube vor-
nehmen müssen. Das hochgehende Mauer-
werk wurde in Schichten von 0,8 bis 1,0 m
Höhe ausgeführt. Für den Mörtel wurde
ein Mischungsverhältnis von 390 kg hydrau-
lischer Kalk von Chateauvillain auf 1 cbm
Sand gewählt
Um die Überführung eines 7,6m breiten
Weges zu ermöglichen, wurde der Mauer '
luftseitig ein Halbviadnkt mit 40 Gewölbeöffnungen von je 8,0 m I. W. vorgelegt, welcher
dem Bauwerk ein sehr interessantes und malerisches Aussehen verleiht. Die Wasser-
entnahme erfolgt in zwei der Mauer wasserseitig vorgelegten Türmen, welche im Grund-
Abb. 216. Lnftseitige Ansicht der Mouche- Staumauer.
£ w-^r«S?f..i^::^ -
riss ein halbes Zehneck bilden. Der Überlauf liegt am rechten Ende der Staumauer
rechtwinklig zn dieser und ist 30,0 m lang. Der 8,0 m breite Überlaufkanal geht durch
das Sperrmauerende hindurch und wird unterhalb kaskadenförmig in das Tal geführt.
Bei der Berechnung der Staumauer wurde ein Gewicht des Mauerwerkes von 2150 kg/cbm
zugrunde gelegt und das Gewicbt des Halbviaduktes als gleichmässig über die Mauer-
länge verteilt angenommen. Mit Rücksicht auf den Untergrund sind höhere Pressungen
als 6,36 kg/qcm nicht zugelassen.
734
III. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Eimzklheitex.
Es haben sieb im Winter 1890/91, wo die Temperatur bis 20* C unter 0 herab-
sank und der Wasserspiegel 6,20 m unter Mauerkrone gebalten wurde, Bisse von '<
bis 2 mm in der Mitte zwischen je zwei Gruppen Pfeilern des Halbviadukü
gezeigt, welche in einer Tiefe von 11,25 m unter der Krone verschwanden. Bei
steigender Temperatur schlössen sich einige Bisse gänzlich, andere verengten sich wesent-
lich. Die gradlinige Mauer verrückte sich auch im Grundriss derart, dass die Mitte
sich talaufwärts und die beiden Viertelspnnkte sich talabwärts verschoben und zwar
mit einem grössten Ausschlag von im ganzen 25 mm. Es ist wohl sicher, dass man eine Ver-
schiebung wie die letztgenannte verbindert hätte, wenn man der Mauer im Grundriss die Form
eines Kreisbogens mit etwa 25,0 m Pfeil gegeben hätte; und die infolge der Temperatnner-
änderungen entstand*
scheinlich vermieden
worden, wenn man den
eigentlichen tragenden
Mauerkörper, von vorn-
herein mit einer Schoti-
wand etwa wie bei der
Queistalsperre veneben
hätte. Wie bereits tnf
S.724 mitgeteilt, ist vor
sichtshalber nachträg-
lich eine Schutzwud
aus armiertem Beton
(Abb. 211) vor dem
rissig gewordenen Teil
der Mauer aufgeführt.
4. Die neuer-
dings erbaute Talsperre
im Sionleflusse,
Departement Pnj
de Dome zuQueuillt
bei Clairemont"}
(Abb. 217) ist insofern
bemerkenswert, als du
auf 6000 PS. eingerich-
tete Krafthaus unmittelbar an dem luftseitigen Fusse der Sperrmauer errichtet wurde.
Anf diese Weise konnten die Länge der Druckrohre auf ein Mindestmass beschränkt
werden. Durch zwei Bandkanäle mit Überläufen wird das Wasser, welches nicht mehr
im Becken Aufnahme finden kann, abgeleitet.
5. Von den englischen Talsperren sei hier diejenige in Yjrnwj8*), einem Neben-
fluas des Severn erwähnt, welche in den Jahren 1882 — 1888 für die Wasserversorgung
von Liverpool erbaut wurde, als das 13km östlich von Liverpool liegende Prescot-
Sammelbecken für eine Abgabe von 100 Liter pro Kopf und Tag nicht mehr rar
Confttrortinn de» bsmgps iSsnrot» Campte renda du CoDgrta de U Howlk
«) A. ]
Blanche, Gm« 1902. 1. Vol.
•*) Hart, Zicgler, Der Takpmenbu 1900. Teil U.
§ l. Stauwerke. B. Taupehken. 736
die Stadt ausreichte. Das Vorflutgebiet der Talsperre beträgt rd. 66 qkm, die Regen-
höhe im Niederschlagsgebiet 1260 — 3010 mm. Die Meereahöhe desselben schwankt
zwischen 251,5 and 625 m. Der Beckeninhalt betragt 55000000 cbm, die Wasserspiegel-
Oberfläche 4,53 qkm. Legt man die niedrigste Ziffer der Regenhöhe zugrunde, so ergäbe
sich eine jährliche Regenmenge von rd. 83000000 cbm und es müssten rd. 76°/o davon
abfliessen, um das Becken einmal füllen zu können. Es ist daher die Einbeziehung
der Gebiete zweier, unterhalb der Sperre mündender Nebenflüsse durch Wehr und
Stollenanlage vorgesehen. Taf. LH, Fig. 6 und Abb. 218 zeigen die Ansicht und den
Querschnitt der Staumauer. Die Haner hat
eine Kronenlänge von 355,0 m , welche bei
Überfüllungen des Beckens ganz als Über-
lauf dient.
Das in 1,6 km Entfernung von der Bau-
stelle gewonnene Bruchsteinmaterial bestand
aus dunkelgrauem Tonschiefer. Die Druck-
festigkeit desselben wurde auf 900 kg/qcm
festgestellt.
Der Mörtel wurde für den unteren Teil aus
2 Teilen Sand und 1 Teil Portland-Zement mr die oberen
Teile aus 2\'i Teile Sand und 1 Teil Portland -Zement
hergestellt Zum HOrtelsand wurde ein Gemisch von
2 Teilen zermalmter Bruchsteinanfalle und 1 Teil Fluss-
sand verwendet. Ans einer grossen Zahl von Versuchen
hat man eine Zugfestigkeit des verwendeten, reinen
Zementes nach einer Erhärtung von 7 Tagen, davon
6 unter Wasser, von 50 kg'qcm festgestellt Der Horte]
zeigte nach 3 Wochen S13 kg/qcm Druckfestigkeit.
Trotzdem man den Baugrund an der Sperrstelle
sehr sorgfältig — durch 18 Schachte nnd 177
Bohrlocher — untersucht hatte, ergab sich für das Fnndament doch ein viel grosserer
Aushub als nach den Bodenuntersnchungen angenommen worden war. Um alles tose Ge-
stein abmrlumen, musste die Baugrube s. T. Ober 18 m tief gemacht werden.
Die einlernen Schichten der Mauer sind in Hohen von 1,8 bis 2,4 m in der Weise hergestellt,
daas, nachdem die Anssenfllchen mittelst lagerhaft bearbeiteter Steine gebildet waren, mittelst sieben
auf der Mauer verteilter Dampf krtne die Bruchsteine auf ein 5 cm starkes Mörtelbett in möglichst
gutem Verbände gelegt wurden. Zur Herstellung einer ebenen Oberfläche für die nächste Schicht wurden
dann die Lücken mit Beton ausgestampft, in welchem möglichst viel kleine Steine eingedruckt wurden.
Der Beton bestand aus 1 Teü Zement, 3\'i Teilen Sand und 5 Teilen Steinschlag und zeigte nach Jahres-
frist eine Druckfestigkeit von 500 kg/qcm. Nach Erhärtung der so geschaffenen Oberflache wurde aber-
mals ein Mörtelbett von 5 cm aufgebracht und die nächste Schicht hergestellt. Hit je einem Kran
konnte ein Aufseher mit einem Mann, welcher die passenden Steine aussuchte, und mit 18 Arbeitern
täglich durchschnittlich 80 cbm Mauerwerk leisten.
Zur Erzielung einer möglichst vollkommenen Dichtigkeit hat man wasserseitig
die Fugen 15 cm ausgekratzt und dann mit fettem Zementmörtel 1 : 1 sorgfältig ausge-
strichen nnd ausgedrückt. Ferner ist die Hauer wasserseitig bis zur Talsohle mit
einem V/i bis 2,0 in starken Tonschlag hintentampft Zur Vorsicht hat man weiter
eine grosse Anzahl senkrechter quadratischer Schichte von 23—30 cm Seite von der
Gründungssobie bis aber die Talsohle emporgeführt und sie in einen Kanal von 0,76 m
Breite und 1,20 m Höhe münden lassen, aus welchem etwa aufsteigendes Wasser in
Stichkanälen nach der Luftaeite abfliessen kann. Aus der Vyrnwysperre wird das Wasser
in einer 100 km langen Leitung dem alten Becken zugeführt. Die Kosten der Sperr-
mauer sollen etwa 10 Millionen Hark betragen haben.
736 HL Thbodob Koehx. Ausbau vom Wasserkräften. Ectzelheitex.
6. Von den amerikanischen Talsperren mögen hier noch diejenigen im Croton-
gebiete erwähnt werden, welche für die Wasserversorgung der Stadt New-York
bestimmt sind*9).
Der Croton ist ein kleiner Nebenfluss des Hudson. Schon ror mehr als 60 Jahren
wurde ein Damm aas Stein und Holz mit einer Kronenl&nge ron 84,0 m and einer
Höhe von 15,0 m im Croton erbaut, welcher ein Becken von 7500000 cbm Inhalt bei
Abb. 219. LagepUn des New Croton- Stauwerkes. ErUat 1892- »5.
2,4 qkm Oberfläche schuf. In einem 65 km langen, überwölbten Viadukt wnrde du
Wasser nach New- York geführt. Als diese Anlage für den wachsenden Bedarf nicht
mehr ausreichte, projektierte man eine Anzahl weiterer Becken and einen neuen grossen
Aquädukt. Letzterer ist bereits im Jahre 1891 dem Betriebe übergeben worden, ans
dem Übersichtsplan erkennt man die Lage der Becken und in nachstehender Zahlentafel
sind die Beckeninbalte und die Niederschlagsgebiete angegeben.
»*) Vcrgl. ZeitäCb'. lies HennoveracheD Arch.- und Ing.-Ver. 1899. Heft 2; P. Ziegler, D*r
Tslsperrenban. 11. Teil. S. 46; A. Dumas, Constrnctioiis des Barrages-IUservoire. Compt« rendn d«
travRui da congree de In Hoaille Blanche. I. Volume. S. 257.
§ 1. Stauwerke. B. Talsperren. 737
Bezeichnung der Stau- and Verteilung«- Gesamtinhalt Niederschlags- Niederschlagsgebiet auf
hecken Mill. chm gebiet in qkm 1 MilL cbm Inhalt in qkm
I. Staubecken.
A. Amawalkbeckena.Muscootfluss 26,5 47,63 2
B. New-Crotonbecken 121,0 349,00 3
D. Carmelbecken 34,0 50,72 1,5
E. Boyds-Cornerbecken 10,3 55,72 rd.5
G. Middlebranchbecken 22,0 53,33 rd.2,5
J. Eastbranch- (Sodom- und Bog-
Brook-JBecken 34,2 200,00 6
M. Titicusbecken 27,1 59,28 2
N. Becken N. — 76,62 —
0. Becken 0. — 45,00 —
II. Verteilnngsbecken bei
New-York.
Im Jeromepark 5,7 — —
Im Centralpark 3,8 — —
Zusammen 284,6 937,30 —
Abb. 220. Übersichtskarte der Staubecken im Croton-Gebiet zur Wasserversorgung von New-York.
Die jährlichen Regenhöhen haben während der Beobachtungszeit von 1870 bis
1894 zwischen 960 bis 1400 mm geschwankt, während die Abflnsshöhen zwischen 37%
und 63% der Regenhöhen lagen.
Von den Becken der Zahlentafel möge hier kurz nur das neue Croton-Stau-
werk bei Cornells-site beschrieben werden.
Dasselbe liegt 5 km oberhalb der Mündung in den Hudson und 5,4 km unterhalb
des alten Crotonwehres (Abb. 219 und 220). Das Niederschlagsgebiet der neuen Sperre
beträgt 349 qkm und einschliesslich derjenigen der Becken N und O rd. 470 qkm, die
Beckenoberfläche 13,6 qkm, der Gesamtinhalt 121000000 cbm, wovon auf das alte
Crotonbecken rd. 7500000, auf das sogen. Muscootbecken rd, 9500000 cbm entfallen.
Der Muscootdamm wurde geplant, um die Schwankungen des Wasserspiegels im oberen
Beckenteil, welche gesundheitsnachteilige Folgen befürchten Hessen, einzuschränken. Da
die Entnahmeöffnung des neuen Aquädukts (vergl. den Übersichtsplan Abb. 220, — auf dem
Lageplan, Abb. 219, ist dieselbe nicht sichtbar) auf + 42,7 gelegt werden musste und
zwar mit Rücksicht auf die Höhenlage des Sammelbeckens im Jeromepark von New-York
(+ 40,11), während die Talsohle an der Mauer auf + 18,28 liegt, so bleiben nur ca.
100 Millionen nutzbarer Inhalt für die Ableitung nach New-York verfügbar. Die übrigen
Haadbaak der Ing.-WissenMb. m. TeiL IS. Bd. 47
738
m. Theodor Koeiin. Ausbau von Wasserkräften. Einzei^rtten.
21000000 cbm könnton für andere Zwecke, nicht aber für die Wasserversorgung New-
Yorks, Verwendung finden. Durch zahlreiche Bohrungen und Schürflöcher war festge-
stellt, dass der am rechten Ufer bis zu 90,0 in Höhe steil an-
steigende Gneisfelsen in der Mitte des Flussbettes unvermittelt
in Kalkstein übergeht und dass am linken Ufer der felsige
Untergrund mit einer 21,0 m tiefen Schicht von Sand, Kies und
Geröll bedeckt war. Erst in Höhe des geplanten Wasserspiegels
(-j- 59,74) nähert sich der Felsen bier wieder bis auf 6,0 m
der Oberfläche des Hanges. Die Talbreite in Höhe des geplanten
Wasserspiegels beträgt 400,0 m. Das ganze Stauwerk ist nun
derartig hergestellt, dass am rechten Ufer eine 185,0 m lange
Staumauer errichtet wurde, an welche sich links ein nicht
er ganz ebenso langer Erddamm mit einem Kerne aus Hauerwerk
^ (Abb. 222) anscbtiesst. An die rechtsseitige Staumauer schliesst
Abb. 222. Querschnitt durch den New ('rotou- Erddamm.
0 sich die Mauer des seitlichen Überlaufs an in einer Lange
| von etwa 300,0 m. Die Sohle des Überlauf kanals fallt kas-
? kadenförmig ab. Er ist am oberen Ende 15 m breit und 3,0 m
» tief und im Zuge der Sperrmauer bereits 40,0 m breit und
% 45,0 m tief. Der auf diese Weise an der Sperrmauer entstandene
ST Absturz im ÜberlaufkanaJ ist mittelst einer eisernen Brücke über-
spannt, welche den rechtsseitigen Hang mit der Sperrmauer
verbindet.
Die Krone der Sperrmauer liegt auf + 64,00, diejenige
des Sperrdammes auf -f" 67,05, diejenige des Überlaufs auf
-j- 57,74. Auf diese Weise ist eine Überflutung des
Sperrdammes g>anz ausgeschlossen. Durch zeitweilige
Dämme und eine Steinmauer wurde der Crotonfluss während
der Bauausführung an die rechte Seite des Tales gedrängt und
dort in einem in den Felsen eingearbeiteten Kanal abgeleitet.
Dieser Kanal war so gross, dass er das grösste bekannte Hoch-
wasser des Croton von 425 cbm/sek. abzuführen vermochte.
Der oberhalb des Muscoot-Dammes liegende Beckenteil kann durch Schätzen*
verschlusse ganz in das unterhalb liegende Becken entleert werden, ebenso das alte
§ i. Stauwerke. B. Talsperren. 739
Crotonbecken in dasjenige des nenen Dammes. Der alte Croton - Aquädukt wurde
höher am Anhang hinauf verlegt Dem im linksseitigen Damme angelegten Schieberturm
wird das Wasser mittelst dreier Stollen zugeführt, deren Mündungen im Beckeninnern
auf + 21,33, + 51,0 und + 56,70 liegen. Da die Sohle des alten Aquäduktes in der Nähe
der neuen Sperre etwa auf -j- 46,50 liegt , so kann derselbe aus dem neuen Croton-
becken nur bei höheren Wasserständen gespeist werden. Die Fundamentsohle der Mauer
liegt auf — 8,53, die Krone der Mauer auf + 64,0, es beträgt also die Gesamt-
höhe der Mauer 72,53 m und sie gehört zu den höchsten der bisher ausge-
führten Staumauern. Bei der Berechnung ist ein Gewicht des Mauerwerkes von
2340 kg und ein Wasserdruck in der ganzen Höhe der Mauer bis zur Fun-
damentsohle zugrunde gelegt. Unter dieser Annahme ergaben sich Kantenpressungen
von 14 bis 16 kg/qcm. Die Drucklinie bleibt aber sowohl bei leerem als bei gefülltem
Becken innerhalb des inneren Drittels der Druckfuge und die Drucklinie schliesst mit
der Lotrechten in keiner Fuge einen grösseren Winkel als 35° ein.
n) Zerstörte Talsperren. So lehrreich auch das Studium der Ursachen ist,
welche den Bruch von Talsperren herbeigeführt haben, so würde es hier doch zu weit
führen, wenn man diese Ursachen bei einer grösseren Anzahl von Beispielen einer ein-
gehenderen Besprechung unterziehen wollte. Es soll deshalb hier nur auf einige Bei-
spiele kurz hingewiesen werden.
1. Die alte Puentes Sperre (Murcia, Südspanien) M) wurde in den Jahren 1785
bis 91 in Bruchsteinen mit Werksteinverblendung in einem engen Felsentale unterhalb
der Vereinigung der Bäche Velez, Turilla und Luchena zum Guadalantinfluss
erbaut. Die Kronenlänge der Mauer betrug einschliesslich der beiden ungleich langen
Flügel 282,0 m, die grösste Höhe 50,0 m. In der Sohle verengte sich die Felsschlucht
auf ca. 20,0 m. Da die Flussohle mit eiuer sehr tiefen Schicht von Gerolle und Sand
bedeckt war und der Felsen wegen der Schwierigkeit der Wasserhaltung nach damaligen
Begriffen nicht erreichbar schien, glaubte man sich mit einem Pfahlrost als Fundament
begnügen zu können, nachdem man das Gerolle und den Sand bis zu einer Tiefe von
7,50 m unter der Flussohle ausgehoben hatte. Die Pfahle waren nur 6,7 m lang und
ihre Köpfe wurden durch Holme in Richtung der Talsohle und durch rechtwinklig dazu
gerichtete Riegel verbunden und in eine 2,5 m starke Mauerplatte eingebettet. Die Dicke
der Sperrmauer betrug in der Sohle 46,0 m, die Höhe über dem Pfahlrost 50,06 m. Der
Pfahlrost erstreckte sich nicht nur unterhalb der eigentlichen Mauer, sondern als Fun-
dament für das Sturzbett des Spül- und Entnahmekanals noch etwa 40,0 m talwärts.
Der Spül- und Entnahmekanal hatte in der Mauer eine Höhe von 7,53 m und 6,70 m
lichte Weite. Am 30. April 1802 wurden bei einem Wasserspiegel von 47,0 m über
Tundamentsoble der ganze Pfahlrost an dem Spül- und Entnahmekanal und
eine torartige Mauerbresche aus dem unteren Teil der Mauer wie ein Pfropfen
herausgerissen. Die 52 Millionen cbm des Beckeninhaltes sollen binnen einer Stunde
abgelaufen sein. Nach einem offiziellen Bericht kamen 680 Menschen um, und es wurden
809 Häuser zerstört. Namentlich die 11 km unterhalb der Mauer liegende Stadt Lorca
soll stark gelitten haben. Erst in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ist die
Mauer wieder hergestellt und nunmehr bis auf den Felsen fundiert. Hier war also die
unzureichende Fundierung die Ursache des Bruches.
2. Die Habrasperre in Algier. Einer Genossenschaft war von der franzö-
86) P. Ziegler, Talsperrenbau. Teil II. S. 91.
47*
740 HL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
sischen Regierung ein bebaubares Gelände von 240 qkm im Habratale unter der Be-
dingung überlassen, dieses Land und noch weitere 120 qkm dem Staate gehöriges Land
mit Sperrenwasser für Bewässerungszwecke zu versorgen. Der Habrafluss hat ein Nieder-
schlagsgebiet von rund 8000 qkm, liefert aber infolge der ungünstigen klimatischen
und Boden- Verhaltnisse nur eine jährliche Abflussmenge von durchschnittlich 108
Millionen cbm. Die sekundliche Abflussmenge schwankt zwischen 0,5 und 700 cbm und
mehr. Die Hochfluten treten plötzlich ein. Auf 30 Millionen cbm wurde der Becken-
inhalt der Staumauer bemessen und mit den Erdarbeiten im Jahre 1865 begonnen. Die
325,0 m lange annähernd geradlinige Mauer hatte von der Fundamentsohle bis zur Krone
eine Höhe von 33,60 ni. Die Krone des seitlichen Überlaufe lag 1,60 m unter der Krone der
Sperrmauer. In der Krone betrug die Dicke der Mauer 4,30 m, in der Sohle 26,03 m. Der
seitliche Überlauf war nur auf 437 cbm/sek. berechnet Am 30. März 1872 brachte eine
Hochflut aber so viel Wasser , dass einschliesslich des durch die Entnahmeöffnungen ab-
strömenden Wassers etwa 700 cbm/sek. abgestürzt sein müssen. Infolgedessen wurde der
Überlauf zerstört und es sind schätzungsweise durch die Bresche 5600 cbm/sek. abgeflossen.
Trotz dieser Erfahrung legte man bei der Wiederherstellung der Überlaufmauer die Krone
derselben nicht tiefer als bisher, sondern wiederum 1,60 m unter dem äusserst zulässigen
Stau. Bei einem Hochwasser am 16. Dezember 1881 klappte die Mauer auf
rund 140,0 m Länge und 18,0 m Tiefe mit einer von der Wasserseite nach
der Luftseite hin schräg abfallenden Fuge um und schwemmte das Dorf
Perregaux, welches unterhalb der Mauer lag, hinweg. Es sollen der Katastrophe
400 Menschenleben zum Opfer gefallen sein. Als Ursachen werden die Verwendung eines
schlechten hydraulischen Kalkmörtels und die ungünstige Profilierung der Mauer ange-
sehen. Infolge der letzteren sind an der wasserseitigen Bruchfuge Zugspannungen bei
Berechnung nach der Bouvierschen Methode (S. 742) von 1 kg/qcm entstanden. Sobald
sich infolge dieser Zugspannungen eine Fuge gebildet hatte, muss der Auftrieb zur
Wirkung gekommen sein, wodurch dann die Drucklinie noch mehr nach der Luft-
seite zu verschoben und die Katastrophe herbeigeführt wurde. Hinzugekommen mag sein,
dass infolge der an der rechten Talwand eingetretenen starken Durchsickerungen der
Felsen selbst angegriffen und zunächst eine Lockerung und schliesslich ein Nachgeben
der Mauer in der Gründungsfläche verursacht worden war. In den Jahren 1883 bis 87
ist die Mauer wieder hergestellt worden.
3. Die Sperrmauer von Bouzey war bestimmt für die Speisung des Ostkanals,
welcher das Maasbecken mit der Saöne verbindet. Die Sperrmauer schloss den
Avierebach, ein Nebenflüsseben der Mosel, 2 km unterhalb der Quellen ab und bildete
ein Staubecken von 7 Millionen cbm Inhalt, dessen Speisung von einem bei Saint ßtienne-
Remiremont in der Mosel liegenden Stauwehr aus erfolgte. Der Speisungskanal hatte
eine Länge von 42,87 km. Die Stauhöhe der Mauer oberhalb der Sohle des Enfr-
leerungskanals betrug 15,0 m, während die grösste Höhe der Mauer selber 23,7 m war.
Die Grundrissform war gradlinig und die sichtbare Kronenlänge betrug 432 m, die
Kronenlänge bis zum Anschluss an den Felsen 520 m. Das Mauerwerk bestand aus
gesundem Sandbruchstein in Wasserkalkmörtel von Theil mit Quarzsand (350 1 Kalk auf
900 1 Sand). Die Mauer ist auf Buntsandstein gegründet, welcher in den
oberen Schichten weich, klüftig und wasserdurchlässig und von zahlreichen
Toneinlagerungen durchsetzt war. Gleich nach ihrer Vollendung im Jahre 1881
zeigte die Mauer 2 Temperaturrisse, welche von oben in der Krone beginnend lotrecht
tief herabgingen und welche wegen der entstehenden Wasserverluste mit Holzkeilen und
Teerstricken gedichtet wurden. Als am 15. März 1884 der Stau sich bis auf 2,7 m
§ 1. Stauwerks. B. Talsferren. 741
dem höchst zulässigen näherte, bauchte die Mauer auf der Sohle gleitend
auf 135,0 m Länge des mittleren Teiles 0,28 m aus. Infolgedessen entstanden an
den Enden dieser Ausbauchungen je weitere 3 Risse. Diese Risse wurden gleichfalls
wie oben geschildert gedichtet und erst in den Jahren 1888—89 schritt man dazu, das
weitere Gleiten der Mauer durch ein Strebenmauerwerk zu verhindern. Letzteres
wurde luftseitig treppenförmig in die alte Mauer eingebunden und soll,
da eine innige Verbindung nicht erzielt wurde, vielmehr durch das Aus-
stemmen der Treppen eine Schwächung der alten Mauer eintrat, die Kata-
strophe mit verursacht haben. Am 24. April 1895 war die Mauer noch
von dem Ingenieur M. Hausser besichtigt, ohne dass derselbe etwas Ver-
dächtiges fand. Am 27. April 5 Uhr früh machte der Wärter, welcher zu-
fällig gerettet wurde, seinen letzten Rundgang und eine halbe Stunde später
bei einem Stau von 0,6 m unter der Mauerkrone klappte die Mauer auf
171,0 m Länge und 12,0 m Höhe in einem Stücke um. 90 Menschen kamen ums
Leben. Die Untersuchungskommission, deren Spruch sich der conseil g6n6ral des ponts
et chaussees in der Sitzung vom 31. Juli 1895 anschloss, kam zu dem Schluss, dass
das Mauerwerk Zugspannungen ausgesetzt gewesen sei und dass infolge dieser Zug-
spannungen von im Mittel 0,565 kg/qcm und von höchstens 1,13 kg/qcm an der Bruchfuge
eine wagerechte Fuge entstanden sei und der hier wirkende Auftrieb dann den Ein-
sturz veranlasst habe.
o) Die statische Berechnung der Talsperren« Bezüglich der statischen Berech-
nung der Talsperren kann im wesentlichen auf das verwiesen werden, was im Abschnitt A
dieses § Seite 661 — 671 mitgeteilt ist. Man betrachtet einen Ausschnitt der Sperr-
mauer von 1,0 m Länge, wobei sowohl die Eohäsion in den ideellen Schnittfugen des Aus-
schnittes unberücksichtigt bleibt als auch die Gewölbewirkung bei im Grqndriss ge-
krümmten Mauern. In letzter Beziehung sei indessen auf die Bemerkung S. 712 verwiesen.
Intze hat bei seinen Berechnungen meist einen bis zur Mauerkrone reichen-
den Stauspiegel zugrunde gelegt, auch wenn durch Überläufe Sorge getragen werden
sollte, dass der höchste Stau niemals die Krone erreichen könne.
Als zulässige Kantenpressung wurde auf dem V. BinnenschifFahrtskongress 12 kg/qcm
als unbedenklich bezeichnet. Intze hat bei festem Gestein auch 12 kg in Mauerwerk
zugelassen, wobei er, wie erwähnt, den Stauspiegel in gleicher Höhe mit der Mauerkrone
und den Wasserdruck auf der ganzen Höhe zwischen Sohle und Krone wirksam annahm,
ferner das Gewicht der Hinterfüllungserde unter Wasser mit 800 kg/cbm und den
Reibungswinkel zwischen Anschüttung und Mauer, ebenso wie den Böschungswinkel mit
20° in Rechnung setzte.
Bei Betonmauern unter Verwendung von einem Zusatz von Portlandzement sind
in Frankreich als grösste Kantenpressungen meist 10 kg/qcm angenommen. Bei der
Staumauer der Anlage Avignonnet wurde die grösste zulässige Kantenpressung für
Beton indessen nur mit 6 kg/qcm zugrunde gelegt. Guillemain betrachtet als zu-
lässige Pressung für Beton nur 3—4 kg/qcm. Für gewöhnliches Kalkbruchstein-Mauer-
werk mit hydraulischem Mörtel legt man meistens nur 5 kg und für gutes Kalkbruch-
stein-Mauerwerk mit gutem hydraulischen Mörtel 8 kg/qcm als zulässig zugrunde.
Die Untersuchung hat sich zu erstrecken auf die Fragen:
a) Ob das Stabilitätsmoment grösser als das Umsturzmoment bei vollem Becken ist;
b) ob bei vollem Becken in keiner wagerechten Fuge und besonders in der Grund-
fuge ein Abscheren oder ein Gleiten eintreten kann*
742 HL Theodor Koehn. Ausbau vo* Wasserkräften. Einzelheiten.
c) ob in keiner Fuge die zulässigen Kantenpressungen überschritten werden und
zwar a) bei leerem, ß) bei vollem Becken.
Was die Untersuchungen ad a) und b) betrifft, so ist alles erforderliche bereits
im Abschnitt A dieses § Seite 661—671 gesagt
Bezüglich der Untersuchung auf Abscheren und Gleiten sei noch bemerkt, das»
man auch die Kohäsion % des Mauerwerks in der Gleitfuge, welche S^0,8kg/qcm oder
~ 8 t pro qm gesetzt werden kann, meist vernachlässigt Es wird also die Ungleichung
h1
y-^-<;N.f4-*-b, worin N die Summe der Vertikalkrafte auf die Fuge, f den Reibung»-
koeffizienten und b die Breite der Fuge bedeuten, erfüllt sein müssen. Unter Annahme von
h2
% = 0 muss y -9" < 0,75 N sein.
Wenn man selbst bei dieser Annahme ausserdem noch doppelte Sicherheit haben will,
h*
so würde /-^-<C0,375N werden müssen, oder mit anderen Worten, der Winkel, welchen die
Resultierende aller Kräfte R in einer Fuge mit der Lotrechten zu dieser Fuge einschliesst,
darf nicht grösser sein als etwa 20 °. In der Regel wird man die Forderung, dass der
Winkel ß nicht grösser sei als 20° nur für die
Abb. 228. Grundfuge stellen, für die Fugen im Mauerwerk aber
bei Vernachlässigung der Kohäsion den Winkel ß
bis 35° zulassen können.
Bei der Untersuchung auf Kanten und Ab-
scheren, sowie bei Ermittlung der grössten Kanten-
pressung bei vollem Becken halten manche Autoren
es für nötig, noch einen Auftrieb in den Fugen an-
zunehmen. Die Annahme, welche Intze auf be-
sonderen Wunsch der Behörden bei der Marklissa-
Sperre gemacht hat (S. 596 u. 662), wonach in jeder
Fuge der volle Wasserdruck als Auftrieb über die
ganze Fuge gleichmässig verteilt und mit y h . b in
dem Mittelpunkt (Schwerpunkt) der horizontalen Fuge angreifend in Rechnung gestellt
wurde, geht wohl etwas zu weit und führt zu Aufwendungen für Mauermassen, welche
entbehrlich erscheinen. Dagegen lässt sich die F echt sehe Annahme (S. 662) wohl
rechtfertigen, wonach bei den Untersuchungen für das volle Becken ein Auftrieb ange-
nommen wird, welcher ron der vollen Druckhöhe wasserseitig bis auf 0 luftseitig linear
abnimmt97). Bouvier hat gelegentlich eines Antrages der Interessenten, den Stauspiegel
der Talsperre von Ternay um 1,65 m zu erhöhen, vorgeschlagen und begründet88), die
Kantenpressungen bei vollem Becken nach Abb. 223 zu ermitteln. Diese Art der Berech-
nung ist in Frankreich durch das Circulaire Ministerielle du 15 Juin 1897 (In-
structions pour la Revision des Conditions de Stabilite des Barrages Reservoirs) vorge-
schrieben. Bouvier stellt nicht die horizontale Fuge nt ns und die normale Kom-
ponente N der resultierenden R, sondern letztere selbst in der vom Punkte nt ausgehen-
den, lotrecht zu R stehenden Projektion der Horizontalfuge in Rechnung. Bei der Ge-
wichtsberechnung wird das schraffierte Dreieck vernachlässigt und ebenso der auf n, n'9
87) Wegen der von Lieckfeld für den Auftrieb vorgeschlagenen Annahmen vergl. Zentralbl.
der Banverw. 1898. S. 105 u. ff.
88) Ann. des ponts et chanasees. 1875.
§ l. Stauwerke. B. Talsperren. 743
wirkende Wasserdruck. Es wird also in den Formeln 53 u. 54 S. 664 für u zu setzen
sein u' = u . cos ß, für b zu setzen sein b' = b . cos ß und für N zu setzen sein R,
sodass Formel (53) dann lauten würde, wenn man a = 1 setzt :
n. =i -12 r- ™d die Formel (54) n«=r ~ -r 1 -
1 b . cos ß L b J v ' * b cos ß L b J
Das oben erwähnte französische ministerielle Zirkular vom 15. Juni 1897 schreibt
unter anderem weiter vor, dass das Gewicht des verwendeten Steinmaterials pro cbm
durch Wiegen verschiedener Steine genau festzustellen ist und dass man für die An-
nahme des Mauergewichtes pro cbm mangels anderer besserer Anhaltspunkte den Anteil
des Mörtels mit 40% in Rechnung zu stellen habe. Das so festgestellte Gewicht ist
bei der Untersuchung für das leere Becken in Rechnung zu stellen; dagegen ist das
Gewicht bei den Untersuchungen für das volle Becken um 100 kg zu
verringern, („afin de tenir compte reffet nuisible que peuvent produire les eaux qui
s'infiltrent dans la mafonnerie et viennent suinter sur le parement aval").
Bezüglich des Wasserspiegels sind die ungünstigsten Annahmen zu machen, welche
bei Eintritt von Hochwasser denkbar erscheinen. Ferner ist gesagt ad 7: „On se rendra
ägalement compte de Fimportance des vagues qui peuvent se former k la surface du
r&ervoir. On admettra que ces vagues sont susceptibles de produire un effet statique
equivalent ä une surelävation de la retenue normale 6gale k la moiti6 de leur creux
(diffärence de niveau entre le sommet et le fond de la vague)."
Bezüglich der Untersuchungen auf Gleiten oder Abscheren ist bestimmt: „On se
rendra compte du danger de glissement sur les joints horizontaux, en calculant la tan-
gente de Tangle que la resultante des forces fait avec la verticale."
Es sind dann Formeln für die Berechnung angegeben, welche von den oben mit-
geteilten nicht erheblich abweichen. Ferner ist aber ad 13 gesagt: „Les ingänieurs
auront ä employer parallelement tels autres procädes de calcul qu'ils jugeront utiles.
Leur attention est appeläe sur l'inter6t que präsente Petude du glissement sur
les joints obliques d'apres la m6thode de calcul indiquäe par M. Maurice L6vy dans
sa communication du 5 aoüt 1895 ä l'Acad&nie des sciences."
Zum Schluss ist dann unter der Überschrift „Cas particuliers" noch folgendes
mitgeteilt:
„Les formules qui precfedent supposent que Ton n'a pas d'autre sous-pression ä
craindre que celle que peuvent produire les eaux qui s'infiltrent dans la ma$onnerie et
viennent suinter sur le parement aval, et, s'il en etait. autrement, on aurait ä tenir
compte des sous-pressions speciales qui seraient susceptibles de se produire. Si, par
exemple, le sol de fondation etait permeable, l'eau en mouvement qui le traverserait
exercerait sur la base du barrage une sous-pression qui ne changerait pas le travail
de la ma$onnerie dans le massif du barrage, mais qui modifierait l'effort transmis par
ce massif au sol de fondation, et on aurait k tenir compte de cette sous-pression pour
determiner les efforts Supportes par le sol de fondation et s'assurer que le barrage n'est
pas exposeä glisser sur ce sol.a
In der Regel wird die Untersuchung von Staumauern auf grapho-statischem Wege
durchgeführt werden. Abb. 224 zeigt die grapho-statische Untersuchung der Urft-Sperr-
mauer, bei welcher ein Auftrieb nicht in Rechnung gestellt wurde.
Bei der Gewichtsberechnung der einzelnen Mauerlamellen lässt man das Verblend-
Mauerwerk an der Wasserseite, ebenso die Schutzmauern ausser Betracht Die Wasser-
drücke und die Erddrücke werden in der auf den Seiten 661 — 671 beschriebenen Weise
744 IIL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
berechnet und nach Grösse und Richtung dargestellt, indem man gebogene Linien der
wasserseitigen Maoerfläche durch ein gradliniges Vieleck ersetzt und die Druckflächen
f
des Wassers and des Erddrnckes auf das Gewicht des Mauerwerkes reduziert. Um die
Rechnung zu erleichtern, ist es zweckmässig die einzelnen MauerlameHen von gleicher
§ l. Staüwrbkr. B. Talsperren. 745
•
Höhe zu wählen. Als ein passender Masstab empfiehlt sich für den Querschnitt der
Mauer 1 : 100 und als Kräftemasstäbe 1 mm = 1 cbm Mauerwerk zu wählen. Die Kräfte
des Mauergewichtes greifen im Schwerpunkt des Querschnittes der entsprechenden Mauer-
lamellen an, die Wasserdrücke in den Schwerpunkten der Druckfiguren, die Erddrücke
an denjenigen Stellen der Mauerfläche, wo die Horizontalprojektionen der Schwerpunkte
der Erddruckfiguren die Mauerfläche schneiden. Alle Wasserdrücke werden als lotrecht
zur Mauer fläche gerichtet, die Erddrücke unter Wasser als unter dem ^Cy = 20°, die
Erddrücke bei leerem Becken unter dem ^<p = 33° gegen die Lotrechte zur Mauer-
fläche gerichtet (Abb. 188, S. 668) angenommen. Intze hat allerdings bei den Unter-
suchungen der Sperrmauern an der Urft und am Queis, um ungünstig zu rechnen, den
Erddruck der Anschüttungen für volles Becken als lotrecht zur Mauerfläche gerichtet
in Rechnung gestellt.
Es werden alsdann die Mauergewichte und die äusseren Drücke von oben be-
ginnend oberhalb jeder Horizontalfuge mit Hilfe Ton Kräfte- und Seilvielecken zusammen-
gesetzt und die Schnittpunkte der Resultierenden mit den horizontalen Fugen ergeben die
Punkte der sogenannten Drucklinien bei leerem und bei vollem Becken.
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C. Straweiher und Druckbecken.
a) Unter Stauweihern sollen hier, wie bereits S. 693 gesagt, Sammelbecken ver-
standen werden, welche ihr Wasser ans dem Werkkanal oder dem natürlichen Zuflussgerinne
eines Kraftwerkes durch die Schwerkraft erhalten und es in den Werkkanal oder
direkt in die Druckkammern oder Tnrbinenkammern zurückgeben, dabei aber im wört-
lichen Sinne nicht zu den Talsperren gehören.
Während die Wehre in erster Linie den Zweck haben, die nutzbare Druckhöhe an
einer gegebenen Stelle zu vergrössern, die Talsperren sowohl dem genannten Zwecke
als auch zur Schaffung eines besseren Ausgleichs zwischen dem Zuviel und Zuwenig des
Zuflusses dienen, sollen die Stauweiher im wesentlichen nur dem letztgenannten Zwecke
nutzbar sein.
Man kann die Stauweiher, welche durch die Schwerkraft gefüllt und entleert
werden, unterscheiden in offene und geschlossene Stauweiher.
Die offenen Stauweiher werden durch eine Erweiterung des Werkkanalprofils
gebildet und ihr Wasserstand ist jederzeit vom Wasserstande im Werkkanal abhangig.
Geschlossene Stauweiher können dagegen durch Schützenanlagen ganz vom Zubringer
abgeschlossen werden , sodass ihr Wasserstand zeitweise höher oder tiefer als derjenige
im Werkkanal sein kann. Als Beispiel eines offenen Stauweihers kann derjenige der
Anlage Jonage-Cusset-Lyon (S. 508) und als Beispiele für geschlossene Stauweiher
können diejenigen der Anlagen Kanderwerk (S. 438) und Kraftwerk Gersthofen
am Lech (S. 560) angeführt werden.
§ 1. Stauwerke. C. Stauweiher und Druckbecken. 747
Die Anlage eines Stauweihers kommt überhaupt nur dann in Betracht, wenn die
verfügbaren sekl. Wassermengen nicht zu jeder Zeit im Krafthause Verwendung
finden können. Wenn dagegen bei einem Wasserkraftwerk, wie z. B. bei der Anlage
Marbach-Stuttgart (S. 571), das Bedürfnis nach Kraftliefernng so gross ist, dass die
verfügbare Wasserkraft jederzeit Verwendung finden kann, so wäre die Aufspeicherung des
Wassers zwecklos. Aber auch wenn ein solcher Grenzfall wie der eben erwähnte nicht vor-
liegt, wird die Anlage eines Stauweihers nur unter gewissen Umständen zu
empfehlen und jedenfalls stets durch eine wirtschaftliche Vorarbeit zu be-
gründen sein. Solche Umstände bieten sich besonders, wenn das Werk in erheblichem
Masse zur Lieferung elektrischen Lichtes bestimmt ist oder aus anderen Gründen einen
schwankenden Kraftbedarf hat und während der schwach belasteten Stunden — und zwar
nicht nur an wenigen Tagen sondern an möglichst vielen Tagen während des Jahres —
ein so grosser, im Stauweiher aufspeicherbarer Überschuss an Wasser vorhanden ist, dass
man mit Hilfe des Zuschusses aus dem Weiher während des grösseren Konsums möglichst
den ganzen Energiebedarf decken kann. In solchen Fällen könnte man also durch den
Stauweiher eine Dampfreserve entweder ganz ersparen oder doch ihre Grösse erheblich
einschränken.
Es kann weiter die Anlage eines Stauweihers die beste Lösung darstellen, wenn
man in zwei oder mehr an demselben Flusse aufeinander folgenden Kraftwerken den
Betrieb um dieselbe Tagesstunde beginnen und schliessen will und man bei knappem
Zuflüsse ein Interesse daran hat, an keinem Werke Wasser ungenützt vorbeifliessen zu
lassen. In solchem Falle müssen die Turbinen eines untenliegenden Werkes durch den
Weiherinhalt während derjenigen Zeit gespeist werden, welche das Triebwasser für den
Weg von dem oberen bis zu dem unteren Werke gebraucht (S. 220 und 229).
Die Gunst oder Ungunst der örtlichkeit für die Anlage eines Stauweihers, welche
bei den Erwägungen des Für und Wider eine sehr erhebliche Bolle spielt, kommt
zunächst in den Anlagekosten zum Ausdruck. Man wird in den meisten Fällen leicht
übersehen können, ob wegen der Ortlichkeit ein Stauweiher überhaupt in Frage
kommen kann.
Für den wirtschaftlichen Wert eines Weihers ist die Nutzhöhe von erheblichster
Bedeutung, welche sich zwischen dem Wasserspiegel im Weiher und dem Unterwasser
der Turbinen erreichen lässt. Je grösser diese Nutzhöhe ist, um so grösser wird der
Nutzwert jedes aufgespeicherten cbm Wassers, um so günstiger also, allgemein gesprochen,
das Verhältnis zwischen Anlagekosten und Nutzen. Ein Weiher, welcher 50,0 m über
dem Unterwasser liegt, braucht nur ein Fünftel so gross zu sein als einer, welcher nur
10,0 m Gefalle hat, um annähernd die gleiche Kraftleistung zu erzielen.
Man kann den Inhalt eines Weihers um so besser ausnützen, je
unmittelbarer dieWirkung der aus demWeiher entnommenen Wasser-
mengen sich auf die Turbinen äussern kann, d. h. also, je näher der
Weiher beim Krafthause liegt. Die Mühlenteiche, weichein ihrer Mehrzahl wohl
zu den offenen Stauweihern zu zählen sind, liegen, wie bekannt, gleichfalls meist unmittel-
bar vor der Mühle. Diese Lage hat bei geschlossenen Weihern ausserdem noch den
Vorteil, dass die Schützen von dem Krafthause aus mit bedient werden können, während
bei grösserer Entfernung des Weihers von dem Krafthause unter Umständen besondere
Bedienungsmannschaften nötig und dadurch die Betriebskosten erhöht werden.
Am Einlauf zum Werkkanal hängt die Höhe des Wasserspiegels von dem Wasser-
stande im Flusse ab. Bei geringen Zuflüssen, also in denjenigen Zeiten des Jahres, wo
der Stauweiher in der Regel seine wichtigsten Dienste leisten soll, bleibt der Wasser-
748 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Spiegel daselbst in der Regel nahezu konstant auf der Krone des Überfallwehres oder
der Oberkante der geschlossenen Wehrschützen, während der Wasserspiegel vor den
Turbinen- oder Druckkammern je nach der Menge des sekundlich verbrauchten Wassers
schwanken wird. — Ist der Verbrauch geringer als der Zufluss, so muss der Wasser-
spiegel vor dem Krafthause steigen, wenn man ihn nicht durch den Grundablass oder
den Überlauf reguliert, und es kann sich das Wasserspiegelgefälle, wenn der Zufluss
andauert und der Betrieb ganz oder nahezu aufhört, allmählich der Horizontalen nahern.
Hat man einen Stauweiher, so kann man in ihm den Überschuss an Wasser ganz oder
zum Teil aufspeichern, anstatt ihn über den Überlauf oder durch den Grundablass (Frei-
lauf) abfliessen zu lassen. Der Wasserspiegel im Stauweiher kann höchstens den Wasser-
spiegel im Werkkanal am Ende der Füllung erreichen. Tritt im Krafthause Mehrverbrauch
ein, so sinkt der Wasserspiegel zunächst vor den Turbinen- oder Druckkammern und
der Stauweiher kann nunmehr das Wasser wieder zurückgeben. Weil am untersten Ende
des Werkkanals bei gesteigertem Konsum die grösste Absenkung des Wasserspiegels
erzeugt wird, so hat ein Stauweiher, welcher am untersten Ende des Werkkanals angelegt
ist, auch die grösste nutzbare Füllung. Je grösser aber die nutzbare Füllung
dos Weihers ist, um so kleiner kann bei einer bestimmten Leistung die von ihm bedeckte
Fläche sein und um so kleiner müssen allgemein gesprochen die Anlagekoeten ausfallen.
Aus einem Weiher, welcher am untersten Ende des offenen Zubringers liegt, kann
die aufgespeicherte Wassermenge auch mit grösserer durchschnittlicher Druckhöhe ver-
wendet werden als aus einem entfernter liegenden Weiher, denn, um den grösseren
Zufluss zu den Turbinen herbeizufuhren, muss der während des geringeren Bedarfs
erhöhte Wasserspiegel zunächst sinken, und er wird sich dann so einstellen, wie es durch
den sekundlichen Wasserverbrauch und die Durchflussquerschnitte bedingt ist. Liegt
der Weiher weiter aufwärts, so wird der Mehrbedarf der Turbinen zunächst aus dem
Werkkanal selbst entnommen, und erst nach einiger Zeit ist der Wasserspiegel im Kanal
bis zum Weiher herauf so weit abgesenkt und dadurch ein so starkes Wasserspiegel-
gefalle erzeugt, dass aus dem Weiher der Mehrbedarf abgegeben und den Turbinen
zugeführt werden kann.
Der Stauweiher der Anlage Jona ge -Gusset-Lyon (S. 508 und Taf. XXXVIII, Fig. 1), welcher
eine Oberfläche von 1500000 qm hat, wurde deshalb 4,5 km aufwärts vor den Turbinenkammern ange-
legt, weil daselbst mit Errichtung des rechtsseitigen Kanaldammes und dem Anschluss der linksseitigen
Dammenden an die natürliche Erhebung des Terrains der Weiher hergestellt war. Man ersparte so den
linksseitigen Damm anf einer Länge von mehr als 3 km. Die Sohle des so entstandenen Weihers war
von Natur genügend dicht.
Die Differenz zwischen dem höchst zulässigen Wasserspiegel an den Turbinenkammern und dem
niedrigsten Wasserstande beträgt 2,15 m (Taf. XL, Fig 4). Für den normalen Betrieb werden aber etwa
nur 1,6 m Wasserspiegeldifferenz in Betracht kommen. Dächte man sich den Stauweiher unmittelbar
vor den Turbinenkammern, so würde der nutzbare Inhalt normal eine Wassertiefe von 1,6 m haben und
die durchschnittliche Druckhohe während der Verwendung des Stauinhaltes H -f* y *ein * wenn H die
Differenz zwischen dem niedrigsten Oberwasserspiegel und dem Unterwasserspiegel bedeutet. Da aber
der Stauweiher 4 5 km aufwärts, liegt , so muss das aus dem Weiher zu entnehmende Zuschusswasaer
erst diesen Weg zurücklegen, ehe es in den Turbinen wirksam werden kann. Wenn während der
Stunden des stärkeren Eonsums, z. B. aus dem Stauweiher ein Zuschuss von 88 cbm/sek. zum normalen
Konsum von 120 cbm/sek. entnommen werden soll, so muss in der Kanalstrecke zwischen Stauweiher
nnd Turbinenkammern bei 2,5 m durchschnittlicher Wassertiefe im Kanal eine Geschwindigkeit von
v = -?, = Jj*£==0,71 m/sek. herrschen (vergl. das Querprofil des Kanals, Taf. XXXVIII, Fig. 5) und
* v' p 281.»
um diese Geschwindigkeit zu erzeugen, ist ein Gefälle J = -t~ erforderlich. R ist = j, = jgftojj = *•**»
c ist = 47 zu setzen, woraus sich J = 0,000098 oder rd. = 1 : 10200 ergibt Hierfür möge a
§ l. Stauwerke. C. Stauweiher und Druckbecken. 749
weise 1:10000 angenommen werden. Bei 4,5 km gehen also 0,45 m Druckgeftlle verloren, nnd die
nutzbare Tiefe des Weihers würde nicht mehr 1,6 m, sondern nur noch 1,15 m bei einem Konsum von
203 cbm/sek. betragen. Ferner würde die durchschnittliche Druckhöhe nicht wie oben H-|--|-, sondern
nur H -f- - V s^hi* lAgfi der Stauweiher unmittelbar vor den Turbinenkammern , so würde man
1500000x1,6 = 2400000 cbm ausnützen können, während man für den Betrieb mit 208 cbm/sek. im
tatsächlich vorhandenen Weiher nur 1725000 cbm ausnützen kann. Bei einem Stauweiher von gleicher
Grosse unmittelbar vor den Turbinenkammern würde, wenn H zu 11,35 m angenommen wird, die durch-
schnittliche Druckhöhe 12,15 m betragen, also für 1 PS« 8,2 1 und für eine PSe- Stunde 29,5 cbm nötig
sein, d. h. man könnte mit dem erwähnten Stauinhalt 2400000:29,52 = 81300 PS« -Stunden leisten,
während man unter der gedachten Voraussetzung bei dem tatsächlich bestehenden Stauweiher für eine
PS» -Stunde rd. 30,2 cbm gebraucht, also nur 1725000:30,2 = 57100 PS« -Stunden leisten kann. Der
Nutzwert des Stauweihers, wie er tatsächlich angelegt wurde, ist also um rd. 30°/o kleiner als derjenige
eines Stauweihers von gleicher Grösse, welcher unmittelbar an den Turbinenkammern läge. Diese Zahl
ist genau genommen für das Güteverhältnis zwischen den beiden besprochenen Lagen des Stauweihers
allerdings nur so lange massgebend, als man z06 cbm'sek. als die an den Turbinen erforderliche sekl.
Wassermenge zugrunde legt, denn man kann auch den um 4,5 km aufwärts gelegenen Stauweiher noch
über die Wasserspiegeldifferenz von 1.15 m hinaus ausnützen , aber der sekl. Zuschuss aus dem Weiher
nimmt allmählich auf Null ab, sodass die Nutzwirkung desselben nach und nach aufhört
Ein weiterer Umstand, welcher für die Lage des Stauweihers am untersten Ende
des Werkkanals spricht, ist der, dass man wegen des aus dem Weiher vermehrten
sekundlichen Zuflusses zu den Turbinen den Querschnitt des Werkkanals nicht zu ver-
grössern braucht. Bei dem Stauweiher der Anlage Jonage-Cusset-Lyon hat man die
Sohlenbreite des Werkkanals auf der 4,5 km langen Strecke zwischen dem Stauweiher
und den Turbinenkammern von 60,0 m auf durchschnittlich 105,0 m vergrössert, um die
Leistungsfähigkeit dieser Strecke bei einem Wasserspiegelgefälle von rd. 1 : 10000 um
rd. 88 cbm/sek. zu steigern. Die dadurch entstandenen Mehrkosten für den Werkkanal
müssen auf das Konto des Stauweihers gesetzt werden. Wenn man also bei der Ent-
scheidung über die Lage des Stauweihers die Kosten vergleicht, so müssen die Mehr-
kosten, welche für den Werkkanal aufzuwenden sind, natürlich mit berücksichtigt werden.
Der geschlossene Stauweiher des Kanderwerkes liegt in günstigster Weise
am Ende des Werkkanals. Letzterer kreuzt89) als geschlossenes Rohr ein grosses Moos
mit festen Randern. Die Anlegung des Weihers wurde billig, weil das Moos leicht
auszustechen war und der Aushub z. T. noch verwendbares Brennmaterial lieferte,
besonders aber weil die Sohle ohne weitere künstliche Hilfsmittel dicht war. Dieses
Moos lag gerade an der Stelle, wo ohnehin das Druckrohr seinen Anfang nehmen musste,
und es ergab sich zwischen dem Wasserspiegel im Weiher und dem des Thuner-Sees
ein nutzbares Gefalle von 64,0 m. Jeder cbm aufgespeicherten Wassers entspricht also
einer Leistung von rd. 640 PS, (S. 436/438). Eine PS6-Stunde ist mit 5,62 cbm zu
leisten, also mit einem Weiherinhalt von 170000 cbm rd. 30250 PS,-Stunden. Da die
Druckrohrlänge vom Weiher bis zum Krafthause nur rd. 800,0 m beträgt , so braucht
das Wasser vom Weiher bis zu den Turbinen je nach der Geschwindigkeit im Druck-
rohr nur 5 bis 9 Min., d. h. der Weiher kann ziemlich gleichzeitig mit dem beginnenden
Mehrbedarf zur Wasserabgabe herangezogen werden.
Der Stauweiher des Wasserkraftwerkes Gersthofen am Lech liegt auch nur
500,0 m oberhalb der Turbinenkammern. Er hat einen nutzbaren Inhalt von 250000 cbm
und einen Stauraum von 500 000 cbm. Da aber hier die Wasserspiegeldifferenz zwischen
*•) Neuerdings laset man dss Wasser direkt beim Eintritt des Werkkanals in den Weiher aus-
flioflsen, sodass also ein offener Stauweiher entstanden ist
750 IIL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Ober- und Unterwasser nur rd. 10,0 m beträgt, so sind für eine PS6-Stunde 36 cbm nötig;
man kann also mit 250000 cbm Weiberinhalt rd. 6950 PSe-Stunden leisten. Bei gleicher
Nutzleistung müsste also ein Stauweiher, allgemein gesprochen, unter den Verhältnissen
bei Gersthofen 6,4 mal so teuer sein als bei den Verhältnissen, wie sie beim Eanderwerk
durch die Natur geboten wurden.
Eine Stauweiheranlage wirkt zugleich auch als Ablagerungsbecken. Vom Gesichts-
punkt der Ablagerung allein betrachtet, läge der Weiher am besten gleich hinter dem
Einlaufe, also am entgegengesetzten Ende von der Stelle, wo er vom Gesichtspunkte der
Kraftgewinnung aus betrachtet, liegen sollte, vorausgesetzt, dass am Einlauf die für die
Spülung des Beckens erforderliche Stauhöhe bei allen Wasserständen und namentlich
bei Hochwasser vorhanden ist. Von den Eigenschaften, welche ein Ablagerungsbecken
haben muss, wird in § 2 noch die Rede sein. Da man aber die Ausscheidung von
Geschieben und Sinkstoffen aus dem Wasser mit erheblich kleineren Becken, als sie der
Regel nach für Stauweiher in Frage kommen, erreichen kann, so wird der Gesichtspunkt
der Ablagerung selten in den Vordergrund treten und deshalb die Anlage des Stauweihers
am oberen Ende des Werkkanals nur dann m Betracht kommen, wenn die Örtlichkeit
bezüglich der Baukosten ganz besondere Vorteile bietet, der Werkkanal überhaupt nur
kurz ist und die Verluste an Gefalle bei Ausnützung des Weihers im Verhältnis zum
Gesamtnutzgefälle keine erhebliche Rolle spielen.
Jeder Stauweiher hat gewisse Wasserverluste im Gefolge, welche durch Versicke-
rung, Verdunstung und durch Eisbildung entstehen können. Gegen die Verluste
durch Versickerung muss entweder die natürliche Beschaffenheit des Terrains den nötigen
Schutz bieten oder man muss die Sohle und die Böschungen mit künstlichen Mitteln dichten.
. Wenn man den Weiher täglich füllt und entleert, so können die Verluste durch
Verdunstung innerhalb 24 Stunden nur klein sein. Als grösste tägliche Verdunstungs-
höhe, welche ausnahmsweise in den Sommermonaten an einem oder wenigen aufeinander-
folgenden Tagen vorkommen kann, wird für Deutschland 10 mm gelten können, wovon
auf die. Nachtstunden nur etwa 2 mm zu rechnen sind (S. 173). Als durchschnittliche
tägliche Verdunstung in den Sommermonaten können für 24 Stunden 2 bis 2,7 mm ange-
nommen werden (70 bis 80. mm monatlich). In den Wintermonaten kann man bei täg-
licher Füllung und Entleerung des Weihers die Verdunstung vollkommen vernachlässigen.
Eine grössere Rolle kann die Eisbildung spielen. Wenn auch beim Schwanken des
Wasserspiegels die Bildung einer gleichmässigen Eisdecke verhindert ist, so ist doch zu
bedenken, dass sich die Eisdecke beim Entleeren senkt und zerbricht, sich bei der Füllung
des Beckens aber wieder hebt und mit einer Wasserschicht bedeckt sein wird, was die
Bildung einer stärkeren Eisdecke begünstigt. Um den Betrag des kubischen Inhaltes
der Eisdecke wird der nutzbare Inhalt des Weihers vermindert und in v. H. ausgedrückt
wird die Herabminderung um so grösser sein, je kleiner die Nutztiefe des Weihers ist.
Deshalb sind auch von diesem Gesichtspunkte aus Stauweiher, welche für den Winterbe-
trieb bestimmt sind, um so wertvoller, je grösser ihre Nutztiefe ist Man wird genügend
sicher rechnen, wenn man für die Eisbildung eine Schicht von 10 bis 25 cm je nach
den klimatischen Verhältnissen und je nach der Betriebsart abzieht. Wenn die für die
Aufspeicherung verfügbare Wassermenge in weiten Grenzen schwankt und zur Winterzeit
nur klein ist, so kann es vorteilhaft sein, den Weiher in zwei Teile zu
zerlegen, wie es bei dem Weiher des Kanderwerkes geschehen ist (S.438) und zwar
einmal um die Verluste durch Verdunstung und Eisbildung herabzumindern und zweiten
um das aufgespeicherte Wasser mit grösserer durchschnittlicher Druckhöhe ausnütze!
zu können. Der kleinere Weiher wird mit verhältnismässig weniger Wasser bis zff
§ 1. Stauwerke. G. Stauweiher und Druckbecken. 751
▼ollen Stauhöhe gefällt werden können, wahrend man in dem grösseren ungeteilten
Weiher mit derselben Menge nur einen niedrigeren Wasserspiegel erreichen kann.
So lange der Znfluss ganz im Kraftwerk Verwendung linden kann, ist es im
allgemeinen unwirtschaftlich, einen Teil davon in den Weiher fliessen zu lassen und die
Oberfläche des gefüllten Weihers den Verlusten durch Verdunstung und Eisbildung aus-
zusetzen, wie es bei offenen Weiheranlagen geschieht. Aus diesem Grunde gestatten die
geschlossenen Weiher eine grössere Ökonomie in der Ausnützung des Wassers. Sie
erfordern aber grössere Baukosten, weil für sie die Anlage von Schützen notwendig ist
Als Nachteil der geschlossenen Stauweiher gegenüber den offenen ist ferner
anzuführen, dass immerhin ein kleiner Gefall verlust durch den Durchfluss des Wassers
durch die Schleusen eintritt (Abb. 137 S. 561). Bei Festsetzung des Durchflussquer-
schnittes wird man sich durch eine kleine Vergleichsrechnung leicht ein Bild machen
können über die wirtschaftlich besten Abmessungen, sofern nicht technische Gründe schon
von vornherein bestimmend sind.
Beispiel: Wie bereits gesagt, hat der Stauweiher des Kraftwerkes Gersthof en am Lech einen
nutzbaren Inhalt von 250000 cbm, welcher durchschnittlich mit 9,5—10,0 m Gefalle ausgenützt werden
kann. Zu einer PS«- Stunde sind also 36 — 38 cbm nötig, sodass man mit dem nutzbaren Stauinhalt
6600—6950 PS« -Stunden leisten kann, wenn man die Verluste durch Verdunstung und Eisbildung unbe-
rücksichtigt lagst. Wollte man an den Schützen einen durchschnittlichen Gefallverlust von 19—20 cm,
d. h. 2° o vom verfügbaren Gesamtgefalle zulassen, so wurde die Leistung des Stauweihers auch um 2°/o
geringer sein, d. h. man würde täglich bei voller Ausnützung des Stauinhaltes 132 — 139 PS«- Stunden
weniger leisten und wenn z. B. der Weiher an 100 Tagen in Wirksamkeit zu treten hätte, so würde
die Nutzleistung des Stauweihers jährlich um 13200, beziehungsweise 13900 PS« -Stunden geringer sein
Stellt man die PS«- Stunde nach Tabelle XXIII, S. 300/301, Nr. 13, Spalte 11 mit 6 Pfg. in Rechnung,
so würde der Druckverlust an den Schützen in Geldeswert ausgedrückt jährlich 792—834 Mk. ausmachen.
Man könnte daraus Schlüsse ziehen, welche Mehrkosten für Erweiterung der Schützenüfifhungen wirt-
schaftlich vertretbar wären.
Für die Anlagekosten eines Stauweihers spielen der Grunderwerb, die leichte
Gewinnung des zur Dammschüttung erforderlichen Bodens und die eventuell erforderliche
Dichtung der Böschungen und der Sohle die Hauptrollen. Die beiden erstgenannten Titel,
Grunderwerb und Dammschüttung, bedürfen keiner weiteren Erläuterung. Ist das
Terrain, auf dem der Weiher anzulegen ist, durchlässig, so wird man häufig zu dem
Mittel zu greifen haben, die Dichtung der Sohle und der Böschung durch Einschlämmen
herbeizuführen, indem man den Weiher in den Zeiten von Wasseriiberfluss häufiger
füllt und leert und durch die Abscheidung der Sinkstoffe aus dem Wasser die Dichtung
allmählich erreicht. In dieser Weise ist bei dem Stauweiher von Gersthofen verfahren
worden90). Es kann aber mitunter Jahre dauern bis man durch derartiges Einschlämmen
einen ganzen Erfolg erzielt und bei der wirtschaftlichen Vorarbeit würde man zu den
Anlagekosten die Bauzinsen des zunächst wirtschaftlich nicht oder
nur schwach ausnutzbaren Stauweihers zu schlagen haben.
Die Dichtung der Sohle durch Lehm oder Tonschlag wird bei der grossen Fläche,
welche meistens in Frage kommt, recht kostspielig und besonders dann, wenn geeignetes
Dichtnngsmatehal in der Nähe nicht zu finden ist. Bei der Veranschlagung der Arbeits-
kosten derartiger Dichtungsarbeiten ist zu beachten, dass sie insofern vom Wetter
abhangen, ab bei regnerischem Wetter sich Ton und Lehm schlecht ausbreiten und
verteilen lassen.
Jeder Stauweiher erhöht sich in der Sohle allmählich durch die Ablagerungen
und verliert so an Fassungsvermögen. Häufige Räumungsarbeiten würden in unliebsamer
90) Eg sei daran erinnert, dass der Stauweiher eine besondere Entwässerungsleitung nach dem
Lech besitzt, sodass die Entleerung jederzeit unabhängig vom Kraftbetrieb erfolgen kann (8. 561).
750 IH. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Ober- und Unterwasser nur rd. 10,0 m beträgt, so sind für eine PS6-Stunde 36 cbm nötig ;
man kann also mit 250000 cbm Weiherinhalt rd. 6950 PS6-Stunden leisten. Bei gleicher
Nutzleistung müsste also ein Stauweiher, allgemein gesprochen, unter den Verhältnissen
bei Gersthofen 6,4 mal so teuer sein als bei den Verhältnissen, wie sie beim Eanderwerk
durch die Natur geboten wurden.
Eine Stauweiheranlage wirkt zugleich auch als Ablagerungsbecken. Vom Gesichts-
punkt der Ablagerung allein betrachtet, läge der Weiher am besten gleich hinter dem
Einlaufe, also am entgegengesetzten Ende von der Stelle, wo er vom Gesichtspunkte der
Kraftgewinnung aus betrachtet, liegen sollte, vorausgesetzt, dass am Einlauf die für die
Spulung des Beckens erforderliche Stauhöhe bei allen Wasserständen und namentlich
bei Hochwasser vorhanden ist. Von den Eigenschaften, welche ein Ablagerungsbecken
haben muss, wird in § 2 noch die Rede sein. Da man aber die Ausscheidung von
Geschieben und Sinkstoffen aus dem Wasser mit erheblich kleineren Becken, als sie der
Regel nach für Stauweiher in Frage kommen, erreichen kann, so wird der Gesichtspunkt
der Ablagerung selten in den Vordergrund treten und deshalb die Anlage des Stauweihers
am oberen Ende des Werkkanals nur dann in Betracht kommen, wenn die Örtlichkeit
bezüglich der Baukosten ganz besondere Vorteile bietet, der Werkkanal überhaupt nur
kurz ist und die Verluste an Gefälle bei Ausnützung des Weihers im Verhältnis zum
Gesamtnutzgefälle keine erhebliche Rolle spielen.
Jeder Stauweiher hat gewisse Wasserverluste im Gefolge, welche durch Versicke-
rung, Verdunstung und durch Eisbildung entstehen können. Gegen die Verluste
durch Versickerung muss entweder die natürliche Beschaffenheit des Terrains den nötigen
Schutz bieten oder man muss die Sohle und die Böschungen mit künstlichen Mitteln dichten.
Wenn man den Weiher täglich füllt und entleert, so können die Verluste durch
Verdunstung innerhalb 24 Stunden nur klein sein. Als grösste tägliche Verdunstungs-
höhe, welche ausnahmsweise in den Sommermonaten an einem oder wenigen aufeinander-
folgenden Tagen vorkommen kann, wird für Deutschland 10 mm gelten können, wovon
auf die Nachtstunden nur etwa 2 mm zu rechnen sind (S. 173). Als durchschnittliche
tägliche Verdunstung in den Sommermonaten können für 24 Stunden 2 bis 2,7 mm ange-
nommen werden (70 bis 80. mm monatlich). In den Wintermonaten kann man bei täg-
licher Füllung und Entleerung des Weihers die Verdunstung vollkommen vernachlässigen.
Eine grössere Rolle kann die Eisbildung spielen. Wenn auch beim Schwanken des
Wasserspiegels die Bildung einer gleichmässigen Eisdecke verhindert ist, so ist doch zu
bedenken, dass sich die Eisdecke beim Entleeren senkt und zerbricht, sich bei der Füllung
des Beckens aber wieder hebt und mit einer Wasserschicht bedeckt sein wird, was die
Bildung einer stärkeren Eisdecke begünstigt. Um den Betrag des kubischen Inhaltes
der Eisdecke wird der nutzbare Inhalt des Weihers vermindert und in v. H. ausgedrückt
wird die Herabminderung um so grösser sein, je kleiner die Nutztiefe des Weihers ist.
Deshalb sind auch von diesem Gesichtspunkte aus Stauweiher, welche für den Winterbe-
trieb bestimmt sind, um so wertvoller, je grösser ihre Nutztiefe ist Man wird genügend
sicher rechnen, wenn man für die Eisbildung eine Schicht von 10 bis 25 cm je nach
den klimatischen Verhältnissen und je nach der Betriebsart abzieht. Wenn die für die
Aufspeicherung verfügbare Wassermenge in weiten Grenzen schwankt und zur Winterzeit
nur klein ist, so kann es vorteilhaft sein, den Weiher in zwei Teile zu
zerlegen, wie es bei dem Weiher des Kanderwerkes geschehen ist (S. 438) und zwar
einmal um die Verluste durch Verdunstung und Eisbildung herabzumindern und zweitens
um das aufgespeicherte Wasser mit grösserer durchschnittlicher Druckhöhe ausnützet
zu können. Der kleinere Weiher wird mit verhältnismässig weniger Wasser bis zir
§ 1. Stauwerke. C. Stauwkiher und Druckbecken. 751
vollen Stauhöhe gefüllt werden können, während man in dem grösseren ungeteilten
Weiher mit derselben Menge nur einen niedrigeren Wasserspiegel erreichen kann.
So lange der Zufluss ganz im Kraftwerk Verwendung finden kann, ist es im
allgemeinen unwirtschaftlich, einen Teil davon in den Weiher fliessen zu lassen und die
Oberfläche des gefüllten Weihers den Verlusten durch Verdunstung und Eisbildung aus-
zusetzen, wie es bei offenen Weiheranlagen geschieht. Aus diesem Grunde gestatten die
geschlossenen Weiher eine grössere Ökonomie in der Ausnützung des Wassers. Sie
erfordern aber grössere Baukosten, weil für sie die Anlage von Schützen notwendig ist
Als Nachteil der geschlossenen Stauweiher gegenüber den offenen ist ferner
anzuführen, dass immerhin ein kleiner Gefallverlust durch den Durchfluss des Wassers
durch die Schleusen eintritt (Abb. 137 S. 561). Bei Festsetzung des Durchflussquer-
schnittes wird man sich durch eine kleine Vergleichsrechnung leicht ein Bild machen
können über die wirtschaftlich besten Abmessungen, sofern nicht technische Gründe schon
von vornherein bestimmend sind.
Beispiel: Wie bereits gesagt« hat der Stauweiher des Kraftwerkes Gersthofen am Lech einen
nutsbaren Inhalt von 250000 cbm, welcher durchschnittlich mit 9,5—10,0 m Gefalle ausgenützt werden
kann. Zu einer PSe- Stunde sind also 36 — 38 cbm nötig, sodass man mit dem nutzbaren Stauinhalt
6600—6950 PSe -Stunden leisten kann, wenn man die Verluste durch Verdunstung und Eisbildung unbe-
rücksichtigt läset. Wollte man an den Schätzen einen durchschnittlichen Gefallverlust von 19 — 20 cm,
d. h. 2°o vom verfugbaren Gesamtgeftlle zulassen, so wurde die Leistung des Stauweihers auch um 2°/o
geringer sein, d. h. man wurde täglich bei voller Ausnutzung des Stauinhaltes 132 — 139 PS«- Stunden
weniger leisten und wenn z. B. der Weiher an 100 Tagen in Wirksamkeit zu treten hatte, so wurde
die Nutzleistung des Stauweihers jahrlich um 13200, beziehungsweise 13900 PS« -Stunden geringer sein
Stellt man die PS«- Stunde nach Tabelle XXIII, S. 300/301, Nr. 13, Spalte 11 mit 6 Pfg. in Rechnung,
so würde der Druckverlust an den Schätzen in Geldeswert ausgedruckt jährlich 792—834 Mk. ausmachen.
Man könnte daraus Schlüsse ziehen, welche Mehrkosten für Erweiterung der Schützenöffnungen wirt-
schaftlich vertretbar wftren.
Für die Anlagekosten eines Stauweihers spielen der Grunderwerb, die leichte
Gewinnung des zur Dammschüttung erforderlichen Bodens und die eventuell erforderliche
Dichtung der Böschungen und der Sohle die Hauptrollen. Die beiden erstgenannten Titel,
Grunderwerb und Dammschüttung, bedürfen keiner weiteren Erläuterung. Ist das
Terrain, auf dem der Weiher anzulegen ist, durchlässig, so wird man häufig zu dem
Mittel zu greifen haben, die Dichtung der Sohle und der Böschung durch Einschlämmen
herbeizuführen, indem man den Weiher in den Zeiten von Wasserüberfluss häufiger
füllt und leert und durch die Abscheidung der Sinkstoffe aus dem Wasser die Dichtung
allmählich erreicht. In dieser Weise ist bei dem Stauweiher von Gersthofen verfahren
worden90). Es kann aber mitunter Jahre dauern bis man durch derartiges Einschlämmen
einen ganzen Erfolg erzielt und bei der wirtschaftlichen Vorarbeit würde man zu den
Anlagekosten die Bauzinsen des zunächst wirtschaftlich nicht oder
nur schwach ausnutzbaren Stauweihers zu schlagen haben.
Die Dichtung der Sohle durch Lehm oder Tonschlag wird bei der grossen Fläche,
welche meistens in Frage kommt, recht kostspielig und besonders dann, wenn geeignetes
Dichtungsmaterial in der Nähe nicht zu finden ist. Bei der Veranschlagung der Arbeits-
kosten derartiger Dichtungsarbeiten ist zu beachten, dass sie insofern vom Wetter
abhängen, als bei regnerischem Wetter sich Ton und Lehm schlecht ausbreiten und
verteilen lassen.
Jeder Stauweiher erhöht sich in der Sohle allmählich durch die Ablagerungen
und verliert so an Fassungsvermögen. Häufige Räumungsarbeiten würden in unliebsamer
90) Es sei daran erinnert, dass der Stauweiher eine besondere Entwisserongsleitung nach dem
Lech besitzt, sodass die Entleerung jederzeit unabhängig vom Kraftbetrieb erfolgen kann (8. 561).
752 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Weise das Konto der Betriebskosten belasten. Durch Spülung lassen sich die Ablage-
rungen aus dem Weiher nicht entfernen, da jede Vorrichtung nur einen sehr beschränkten
Wirkungskreis hat (S. 638). Es ist deshalb aus diesem Gesichtspunkte vorteilhaft, von
vornherein die Sohle des Weihers um ca. 1,0 m unter dem tiefsten nutzbaren Wasser-
spiegel anzulegen, damit ein genügender Ablagerungsraum vorhanden ist und ein Aus-
räumen nur in grossen Zeitabschnitten nötig wird. Daraus folgt, dass es vorteilhaft
ist, wenn das für den Weiher in Betracht kommende Terrain, namentlich in der Nähe
des Werkkanals, ca. 1,0 m unter dem tiefsten nutzbaren Wasserspiegel liegt. Die Mehr-
kosten für die Dammschüttung spielen demgegenüber meistens nur eine geringe Rolle.
Die Rentabilität einer Stauweiheranlage hängt, wie bei jedem Kraftwerk im
allgemeinen, so auch bei einem Stauweiher im besonderen von der Benutzugsdaaer,
also von der jährlichen Leistung in PS« ab, welche nach dem Betriebsplane aus dem Weiher
entnommen werden kann. Da man in der Regel bei Kraftwerken mit einigen Entwick-
lungsjahren zu rechnen hat, in welchen zunächst der natürliche Zufluss für die Kraft-
leistung auszureichen pflegt, so würde ein von vorherein mit angelegter Stauweiher bis
zu dem Zeitpunkte, wo seine Verwendung beginnt, ein totes Kapital darstellen. Es wird
sich daher oft empfehlen, wenn die technischen Verhältnisse es zulassen, die Ausführung
eines projektierten Stauweihers einer späteren Bauperiode vorzubehalten.
Ist eine Reserve in Wärmekraftmaschinen ohnehin nötig, so bedarf es noch im
besonderen Masse einer sorgfältigen wirtschaftlichen Vorarbeit, um festzustellen, ob ein
Stauweiher oder die Vergrößerung der Reserve in Wärmekraftmaschinen die wirtschaft-
lich vorteilhaftere Lösung darstellt. Wenn in den Tagen oder Monaten niedriger Wasser-
stände auch der ständige Bedarf an Kraft durch den Zufluss nicht gedeckt werden kann,
so bleibt auch kein Wasser zur Aufspeicherung übrig. Wasser aufzuspeichern, für dessen
Ersatz man während der betreffenden Stunden eine Wärmekraftmaschine mitlaufen lassen
müsste, erscheint im allgemeinen nicht wirtschaftlich. Freilich können auch unter
solcher Voraussetzung noch Fälle vorkommen, wo sich die Anlage eines Weihers empfiehlt.
Denkt man sich den Fall, dass der Wasserzufluss eines Kraftwerks während einiger Zeit
im Jahre nicht ganz ausreicht, um den gewohnlichen Tagesbedarf zu decken, sodass man eine
Dampfmaschine mitlaufen lassen muss und zwar mit schwacher Belastung und dass ferner die
Wasserturbinen mit dem direkt verfügbaren sekl. Wasserzufluss und die vollbelastete Dampf-
reserve zusammen den Kraftbedarf während einiger starkbelasteter Stunden nicht mehr zu
decken vermögen, so kann es u. U. vorteilhaft sein, während der Tagesstunden die Dampfmaschine
stärker zu belasten, das so ersparte Wasser aufzuspeichern, um es, z. B. am Abend, zur Deckung des
Mehrbedarfs für den Lichtkonsum zu benutzen.
Beispiel : Angenommen, ein Kraftwerk habe während 8 Monate 60 cbm/sek. Wasser bei 10,0 m
Gefälle verfügbar und während dieser Zeit könne der Bedarf an elektrischer Energie ganz durch die
Wasserkraft gedeckt werden, während 4 Monate aber falle die Wassermenge ab und zwar während
zweier Monate auf 35 cbm/sek. und während zweier weiterer Monate auf 30 cbm/sek. Ausserdem
sei eine Dampf kraft von 1500 PS« mit voller Reserve als vorhanden angenommen.
Die Anlage sei nun derart zu erweitern, dass in den 4 Monaten des geringeren Zuflusses folgende
Energiemengen in dem Krafthause abgegeben werden können:
a) für Kraft: während der 12 Tagesstunden durchschnittlich rd. 4500 PS«,
während 12 Nachtstunden durchschnittlich 3500 PS«. Ausserdem
b) für Licht: während 3 Stunden durchschnittlich rd. 1800 PS«,
während 3 Stunden durchschnittlich rd. 900 PS«.
Von dem Lichtbedarf sollen die drei meist belasteten Stunden mit dem Tagesbedarf für Kraft
von 4500 PS« zusammenfallen.
Es sei nun die Frage zu entscheiden, ob eine Stauweiheranlage oder eine Vergröoocrnng der
Dampfreserve den Vorzug verdiene. Bestimmend für die Grösse des Stauweihers soll die Forderung
sein, dass der grösste gleichzeitige Durchschnitts-Gesamtbedarf auch beim kleinsten Wasser gemeinsam
1. durch den direkten Wasserzufluss, 2. durch die vollbelastete vorhandene Dampfmaschine und 8. durch
den 8tauweiher gedeckt werden kann.
\
§ 1. Stauwerke. C. Stauweiher und Druckbecken. 763
Während der zwei Monate, in denen der direkte Zufluss 30 cbm/sek. betragt, kann man mit diesem
3000 PSe leisten. Die vorhandene Dampfmaschine leistet bei voller Belastung 1500 PS©, sodass der Stau-
weiher noch 1800 PS« während 3 Standen zu leisten haben würde, d. h. er müsste, da för eine PS« -Stunde
- — 1 z X 3600 = 36 cbm nötig sind, 3 X 1800 X 86 = 194400 cbm nutzbar abgeben können. Rechnet man
rd. 15°/o für Verluste, so ergibt sich eine nutzbare Füllung von 227000 cbm.
Wenn man die Dampfmaschine während 21 Stunden vollbelastet mitlaufen lässt, so kann man
bei einem Zufluss von 80 cbm/sek. während 6 Nachtstunden 10 cbm/sek., während 3 Nachtstunden
1 cbm/sek. also zusammen 226800 cbm aufspeichern und damit den Weiher angenähert füllen. — Sind
35 cbm/sek. Wasser vorhanden, so würde man am zweckmässigsten die Dampfmaschine während
21 Stunden mit 1000 PS« mitlaufen lassen, und es ergäbe sich im übrigen das gleiche Bild. Während
der 8 restierenden Stunden der Nacht wird die Dampfmaschine in den 2 Monaten mit 30 cbm/sek.
Zufluss nur mit 500 PSe belastet, in den Monaten mit 35 cbm Zufluss ganz abgestellt sein.
Es wäre also nun zu untersuchen, was der Stauweiher kosten darf, damit seine Anlage gegen-
über der Beschaffung eines weiteren Dampfaggregats den Vorzug verdient. Aus der Vergleichsrech-
nung können die Kosten für die Verzinsung, Tilgung und Erneuerung der vorhandenen Wasserkraft-
anlage, sowie der vorhandenen Dampf anläge ausscheiden; das gleiche gilt für die direkten Betriebs-
kosten der Wasserturbinen- Anlage. Letztere braucht wegen des Stauweihers nicht vergrössert
zu werden, weil sie für 60 cbm/sek. ausreichend gedacht ist.
Es betragen die jährlichen Betriebskosten im Falle I mit der Stauweih er anläge:
a) Für die direkten Mehrkosten des durch den Zuschuss aus jfera Weiher gesteigerten
Betriebes im Wasserkraftwerk (vergL Tab. XIII. S< 275 ad 26a Spalte 4)
3 x 1800x120 = 648000 PS«- St ä 0,37 Pf. = 2398 Mk.
b) Für die direkten Betriebskosten der vorhandenen Dampfmaschinenanlage während
zweier Monate bei 30 cbm/sek. Wasserzufluss
1. 1500x21 x 60= 1890000 PSe-St ä 2,8 Pf. = 43470 ,
2. 500x3x60 = 90000 PSe-St ä 3,0 Pf. = 2700 ,
c) Die direkten Betriebskosten der Dampfmaschmenanlage während 2 Monate bei
35 cbm/sek. Wasserzufluss
3. 1000x21 X 60 =1260000 PSe-St a 2,5 Pf. = 81500 .
80068 ML
Es betragen die jährlichen Betriebskosten im Falle II mit einem neu zu beschaffenden Zu-
satz-Dampfaggregat von 2000 PSe
a) Die direkten Betriebskosten des Dampfbetriebes während zweier Monate bei
30 cbm/sek. Wasserzufluss 91):
1. 1500x12x60 = 1080000 PSe-St ä 2,3 Pf. = 24840 Mk.
2. 1400X3X60 = 252000 PSe- St. ä 2,4 Pf. = 6048 ,
3. 500x9x60 = 270000 PSe-St a 8 Pf. = 8100 ,
4. der Betrieb mit dem neuen Aggregat:
1800x3x60 = 324000 PSe- St ä 5 Pf . = 16200 ,
b) Die direkten Betriebskosten des Dampfbetriebes während zweier Monate bei
35 cbm/sek. Wasserzufluss:
5. 1000X12 x 60 = 720000 PSe- St ä 2,8 Pf. = 16560 ,
6. 900x3 X 60 = 162000 PSe- St a 2,5 Pf. = 4050 ,
7. Der Betrieb mit dem neuen Aggregat:
1800 x 3 X 60 = 324000 PSe-St ä 5 Pf. = 16 200 ,
c) 1. für Verzinsung, Tilgung und Erneuerung der neu zu beschaffenden
Dampfmaschine nebst Kesselanlage im Werte von 270000 Mk. (nach Tab.
XVII S. 293 und Tab. XXIII S. 800 ad 5 und 6 Spalte 1) und der elek-
trischen Einrichtung im Werte von 2000 X 50 = 100000 Mk. (nach Tab. VIII
S. 260) 9,7 •/• von 370000 Mk. = 85890 ,
2. desgl. des baulichen Teils 6,3 °/o von 111000 Mk. (nach Tab. XVII S. 293
ad 13) = 6 998 .
; zusammen 184881 Mk.
91) Die Leistungen ad 1 und 4, sowie diejenigen ad 5 und 7 fallen zeitlich zusammen, bei den
Leistungen ad 4 und 7 musste ein höherer Einheitspreis pro PSe-St eingesetzt werden, weil die besondere
Kesselanheizung hinzukommt und die Betriebszeit nur jährlich 2 X 180 = 860 Stunden beträgt
Handbnefa der Ing.-Wiseenecfc. UL Teil. 18. Bd. 48
754 HI. Theodor Koehk. Ausbau ton Wasserkräfte >-. Einzelheiten.
Die Differenz der Betriebskosten zwischen I and II ergibt sich in 54813 Mk. Bei einer Stan-
weiheranlage würde für Verzinsung auch 4,5 •/•, für Tilgung aber nur 0.7 "/o, für Erneuerung 0,0 ' •. Rh-
Bedienung nnii Unterhaltung je 0,5 "h zu rechnen sein. Danach dürfte der Stauweiher äusserst enfalis
54813 * 10° rd. - 982500 Mk. kosten.
Da aber ein Weiher von 237 000 com Nutz- und etwa 400 000 cbm Fassungsraum kaum mehr als
1,5 Mk. pro cbm Fassungsraum, also zusammen kaum mehr als etwa 600000 Mk. kosten wurde, d. h.
nicht ganz 25 "/o mehr als die neue Dampfmaschinen an läge, so würde iu dem gedachten Falle die Stau-
wejheranlage den Vorzug verdienen.
b) Druckbeoken. In netterer Zeit sind einige Anlagen z. T. ausgeführt, z. T.
projektiert, bei denen die Sammelbecken nicht durch die Schwerkraft, sondern durch
Maschinenkraft gefüllt werden sollen und man kann solche Sammelbecken zum
Unterschiede von den Stau-
ibb- "iLä&ekiä-aSäis"1 >a «■•*«» * »™«»«*» i»
zeichnen. Eine solche Anlage
ist neuerdings bei dem Elek-
trizitätswerk Ol ten- Aar-
burg zur Ausführung ge-
langt*1). Das Elektrizitäts-
werk Olten-Aarburg hatte
einen sehr starken Lichtbe-
trieb, welcher stundenweise
mehr Energie erforderte als
die verfügbare Wasserkraft
hergeben konnte. Dagegen war
in den Stunden der Tages-
helle und in den Nachtstun-
den zeitweise mehr Wasser
vorbanden als man ausnützen
konnte. Dem Kraftwerk, wel-
ches oberhalb des Städtchens
Aarburg die Wasserkraft der
Aare ausnützt, steht eine
sekundliche Wassermenge von
150 bis 160 cbm bei einem
Gefalle von 1,7 bis 4,0 m (im
Mittel 2,5 m) zur Verfügung.
Der Werkkanal hat eine Länge
von 700,0 m. Man hat nun
für die Ergänzung der Betriebs-
kraft folgendes Programm ent-
rsten Ausbau ist ein Drmek-
Decken von 12000 cbm Inhalt und 43,6 X 43,6 m Grundfläche bei 6,0 m Wasserspiegel-
Schwankung (nutzbare Fällung) angelegt, in welches durch eine von einem Elektro-
motor angetriebene Druckpumpe das Wasser in den Stunden des Wasserüberflusses hinauf-
gepumpt wird, am in den Standen des grossen Lichtkonsuras eine Hochdrucktarbic«
bs) Mitteilung von S. Herzog: Elektrische Bahnen und Betriebe, Zeitochr. f. Verkehrs- und Traac-
portwesen. 1905. S. 401, 418 und 442.
g 1. Stauwerke. 0. Stauweiheu und Dkuctbeckkn. 756
anzutreiben. Die örtlichkeit begünstigte insofern die Anlage dieses Hochdruckbeckens,
als eich unmittelbar am Werkkanal in der Nahe des Kraftbausee ein Höhenrücken be-
findet, dessen Plateau ca. 315,0 m über dem Kanal-Wasserspiegel liegt und als auf
diesem Plateau das Drockbecken mit verhält™ ssmässig geringen Kosten angelegt werden
konnte. Der grösste Teil des Aushubs erfolgte in Felsen. Das hierbei gewonnene Material
wurde mit Hilfe tob Steinbrnchmaschinen zu Schotter gebrochen, der für die Herstellung
der Beton-Umfassungsmauern und für die Verkleidung der Beckensohle direkt verwendet
wurde. So weit die Felswände zugleich die Böschung des Beckens bildeten, wurden sie
ebenso wie die Sohle mit einer Betonschicht von 20 bis 30 cm Stärke bekleidet und
zur Abdichtung dann mit einem glatten Zementputz versehen. Abb. 226 stellt das
Maschinenhaus dar, in welchem auch die für den zweiten Ausbau vorgesehenen Dampf-
maschinen Aufnahme finden sollen.
Zw« ttroptpuppen T». «. »>*• «• 'SSHÄ^SÄ-AStaS*-'*™ d"
kraftmaschinen sind zunächst vor-
gesehen , von denen eine bereits
in Betrieb gesetzt isf tum*
letztere besteht aus e
bine**), einem Motorge
und einer Hochdrucli
Die genannten drei
sind auf einer gemeinsan
platte vereinigt. Das 1
in welchem das Wasser
gepumpt wird , dient
Druckrohr für die E
Turbine und der elektris
welcher die Pumpe tre
als Generator, wenn d
von dem Druckbeckei
kommt. Der Saugkanal
die Hochdruckturbine im Betriebe ist. An dem Druckbecken (Abb. 226) befindet sich
in der nach dem Krafthause zu gekehrten Ecke das Schieberhaus. Das in der Hoch-
druckturbine ausgenützte Wasser des Druckbeckens tiicsst in den Werkkanal zurück
und kann dann in deu Turbinen des Hauptkraftwerkes ausgenützt werden.
2. Für den zweiten Ausbau ist die Errichtung einer Dampfreserve vorgesehen,
da in den winterlichen Monaten die sekl. Wassermengen der Aare sehr zurückgehen
und die Ergänzung der Kraft nicht nur stundenweise, sondern tage- und wochenweise
nötig werden kann.
3. Für den dritten Ausbau ist die Verdoppelung der für den ersten Ausbau
vorgesehenen Anlage projektiert. Die in Abb. 225 dargestellten Baulichkeiten sollen nach
links hin in symmetrischer Weise wiederholt und neben dem vorhandenen soll ein
zweites Druckbecken angelegt werden.
Der erste Ausbau ist im Herbst 1904 dem Betrieb übergeben und soll sich als
wirtschaftlich zweckmässig erwiesen haben.
Wesentlich für derartige Anlagen ist natürlich immer, dass sich ein solches Druck-
es) Gelief, von Picard Pictot & Cie. in Genf.
>*) Gelief, von der A.-G. Brown Boveri A Cie. in Baden.
■*) Gelief, von Gebr. Sulzer in Winterthur.
756 HL Theodor Kobhk. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
becken in möglichster Nähe des Werkkanals beziehungsweise des alten Krafthanses und
möglichst hoch über demselben auf billige Weise herstellen lässt, denn je höher
ein solches Druckbecken, liegt, um so kleiner braucht es bei einer bestimmten Leistung
zu sein und um so billiger werden auch die Turbinen und Generatoren ausfallen. Ferner
ist von Wichtigkeit, dass sich nach dem Betriebsplane eine genügend lange jähr-
liche Benutzungsdauer ergibt.
In ähnlicher Weise wie bei Olten-Aarburg soll bei aem projektierten Kraftwerk
am Rhein*) des Kantons Schaff bausen verfahren werden. Bei den sogenannten
kleineren Stromschnellen unterhalb Flurlingen sollen dem Rhein normal etwa 120 cbm/sek.
entnommen und am rechten Ufer in einem 600,0 m langen, zum Teil in den Rhein ein-
gebauten Werkkanal zu dem Niederdruckkrafthause geleitet werden. Die in den Turbinen
verbrauchten Wassermengen sollen dem Flusse mittelst eines durch Schleusen regulierbaren
Unterwasserkanals zurückgegeben werden und zwar je nach der im Rhein vorhandenen
Wassermenge ober- oder unterhalb des Schaffhausener Wasserfalls. Das Gefalle des Nieder-
druckkraftwerkes wird zwischen 1,6 m und 3,55 m und die Kraftleistung zwischen 1920 PS,
und 3900 PS« schwanken. Zur Vergrößerung der Kraftleistung während einiger Stunden
um 2000 PS« soll auf der Höhe des „Kohlfirstes* ein Hochdruckbecken von 70000 cbm
angelegt werden und in dieses Becken soll an Sonn- und Festtagen während 18 Stunden
und an Werktagen während 8 Nachtstunden je 740 1/sek. Wasser unter Benutzung der nicht
verwendbaren Wassermenge im Niederdruckwerk hinaufgepumpt werden, um diese Wasser-
mengen in den Stunden des grösseren Kraftbedarfs in den Turbinen des Hochdruck-
werkes wieder auszunützen. Es sollen veranschlagt sein: Die Niederdruckanlage mit
2280000 Frs.; die Hochdruckanlage mit 1300000 Frs.; der elektrische Teil mit 780000 Fxs.
Eine andere interessante Lösung zur Aufspeicherung der während der Nachtzeit zur
Verfügung stehenden, aber nicht voll ausnützbaren Wasserkräfte hat die Societa Lom-
barda per distribuzione di energia elettrica in Mailand (S. 353) projektiert. Die
genannte Gesellschaft hat bisher zwar die ihr in der Nacht in Vizzola und Turbigo zur
Verfugung stehenden Wasserkräfte verhältnismassig gut ausnützen können, denn die durch-
schnittliche Benutzungsdauer jeder installierten PS# hat im Jahre 1906 etwas mehr
als 5000 St. betragen (vgl. Seite 526, Fussnote 6). Wenn aber das die Nachtarbeit der
Frauen und Kinder verbietende italienische Gesetz (S. 342) erst vollkommen zur Durch-
führung gelangt sein wird, so ist wohl ein erhebliches Nachlassen des Stromkonsums
während der Nachtstunden zu erwarten, denn es ist gerade die Hauptabnehmerin der
Lombards, nämlich die Textilindustrie, welche die meisten Frauen und Kinder beschäftigt.
In der Nähe des Lago Maggiore (Abb. 227) liegen zwei kleine Seen, welche eine Höhen-
differenz von 25,0 m gegeneinander besitzen. Der obere Lago di Monate hat eine
Oberfläche von 2,5 qkm und liegt auf + 268,0 m, der untere Lago di Comabbio hat
eine Oberfläche von 3,5 qkm und liegt auf -f- 243,0 m. Die Ufer der beiden Seen sind
an der Stelle, wo sie sich am nächsten kommen nur rd. 1,0 km voneinander entfernt,
und an dieser Stelle fuhrt bereits die Hochspannungsfernleitung der Lombarda hindurch,
welche die elektrische Energie von Turbigo und Vizzola nach der industriereichen
Gegend um den Lago di Yarese bringt. Die Lombarda projektierte nun an dem unteren
Lago di Comabbio und zwar in Ternate die Errichtung eines Krafthauses mit zu-
nächst vier Gruppen bestehend je aus einem Generatot-Motor von 1250 KW-Leistung,
einer Druckpumpe und einer Turbine. Mittelst der Pumpenanlage und eines Druckrohree
sollten in der Nacht 1000000 cbm Wasser des unteren Sees auf die Höhe gedrückt und
t«) VergL Klektrot Zeitechr. 1906. 8. 417.
J 1. Stauwerke. C. Stauwnheb und Druckbecken. 757
Ton da in einen offenen Kanal in den Lago di Monate geführt werden. Letzterer
würde dadurch während der Nacht am 0,40 m aufgestaut, der untere See am ca. 0,30 m
Abb. 227. überaichtsplan betreffend die Ausnutzung des Lago dt Monate als Druckbecken. 1 : 200000.
gesenkt werden. Diese Wassermenge sollte dann für die 12 Tagesstunden zur Verfügung
stehen. Der offene Kanal war mit einer Sohlenbreite von 8,0 m und einer normalen
758 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften, Einzelheiten.
Wassertiefe von 3,9 m projektiert. Eine Stande für Arbeitspausen abgerechnet, bleiben
11 Arbeitsstunden am Tage, während welcher rd. 25 cbm/sek. verfügbar sein würden.
Nach Abzug aller Reibungsverluste verblieben rechnungsmäßig 23,0 m Nutzgefälle, welche
bei ca. 80°/o Nutzeffekt in den Turbinen ca. 6160 PSe oder 4250 KW nutzbar abzu-
gebende elektrische Energie an den Sammelschienen des Kraftwerkes in Ternate ergeben
würden. Der Kanal und das Druckrohr sollten am Tage dazu dienen, das Wasser aus
dem Lago di Monate in das Krafthaus am Lago di Comabbio zurückzuführen und
die elektrischen Motoren, welche in der Nacht die Pumpen anzutreiben hätten, würden
am Tage durch die Turbinen angetrieben werden und als Generatoren wirken.
Die Anlagekosten für das Krafthaus mit Saugkammer, motorischer und elektrischer
Ausrüstung, Wohngebäude für die Bedienung etc., Druckrohr und Kanal sind mit rd.
2300000 Lire veranschlagt.
Die Anlieger an den Seen, welche gewisse Eigentumsrechte an denselben haben,
sollten dadurch entschädigt werden, dass man ihnen 1000 KW für einen billigen, aber
die Selbstkosten noch deckenden Preis lieferte. Zu beachten war bei der wirtschaftlichen
Rentabilitätsberechnung, dass man in den Krafthäusern Vizzola und Turbigo
verstärkten Nachtbetrieb einzuführen hätte und dass man in dem Kraft-
hause Ternate Tag- und Nachtbetrieb haben würde, während man nur am Tage
die Kraft an die Abnehmer liefern könnte. Von der in Vizzola oder Turbigo
nächtlich erzeugten und nach Ternate geleiteten Energie würde während der 12 Tages-
stunden an den Sammelschienen in Ternate nur ein Rest von rd. 40°/o in Form elek-
trischer Energie wieder abgegeben werden können, während 60 °/o in der Femleitung nach
Ternate, in den Motoren, Druckpumpen, bei der Hebung des Wassers von einem See in
den anderen, beim Rücklauf desselben in das Krafthaus, endlich in den Turbinen und
Generatoren etc. verloren gehen würden.
Es müssten demnach, um 4250 KW am Tage in Ternate abgeben zu können in Vizzola/Turbigo
nachts, ebenfalls während 12 Standen, — —- — =■ 10600 KW erzengt werden. Hierzu worden an Be-
triebskosten aufzuwenden sein:
a) An direkten Betriebskosten (nach Tab. XI und XII S. 273 und 274 ad 26b Spalte 4) etwa:
10600. 12. 860. ^^ = rd. 322000 Lire
Zur Erzeugung dieser Leistung wurden 8 Maschinensätze zu je 2000 PS« in
Betrieb zu halten sein. Die Beschaffungskosten dieser 8 Sätze haben etwa betragen
1. Für die Turbinen:
8.2000. ?!? (nach Tab. I S. 245 ad 11 Spalte 10) = 440000 Lire
U,ol
2. Für den elektrischen Teil:
8 . 2000 . ~ (Tab. VIII S. 260) = 987 200 „
""1427 200 Lire
b) An indirekten Betriebskosten kämen also hinzu .^n'- ' =rd. 21400 »
Summa ~343 400 Lire
Es würden ferner betragen die Betriebskosten in Ternate
c) An direkten Betriebskosten
4250 . 24 . 360 . -^f- (nach Tab. XILI S. 275 ad 26b Spalte 4) = rd. 231 200 Lire
d) An indirekten Betriebskosten für Verzinsung, Tilgung und Erneue-
rung der Anlage Ternate
2300000.8 __
100 ~~
184000
Summa 415200 Lore
sodass schliesslich die Gesamtbetriebskosten betragen würden 758 600 Lire
§ 2. Die WebkkakIle. 759
Durch die ganze Kraft von 4250 KW, die wahrscheinlich in der Nahe von Ternate zu Pauschal-
preisen pro KW und Jahr verkauft werden könnte, würde etwa, unter Berücksichtigung der Verpflichtung,
1000 KW an die Uferbesitzer zu Vorzugspreisen abgeben zu müssen, günstigstenfalls eine jährliche
Gesamteinnahme von 800000 Lire erzielbar sein (S. 853). Der Überschuss würde daher rd. 41400 Lire
betragen. Den gleichen Überschuss würde man durch Abgabe des Nachtstroms direkt in Vizzola/Turbigo
erreichen können, wenn man daselbst pro KW und Jahr für den zwölf stündigen Nachtstrom nur einen
384 800
Preis x von: 10600.x — 343400 = 41400; x= -^££ = rd. 36,3 Lire erzielte, d. h. also man
brauchte für den Nachtstrom in Vizzola/Turbigo weniger als den vierten Teil des Durchschnittspreises
für den Tagesstrom97) zu erzielen, um schliesslich den gleichen wirtschaftlichen Nutzen zu haben.
Es ist deshalb zweifelhaft, ob die Lombarda die projektierte Neuanlage zur Aus-
führung bringen wird, zumal ja auch die Anlieger am See Schwierigkeiten machen.
Dieses Beispiel zeigt, dass beim Projektieren derartiger Druckbecken-Anlagen,
ebenso wie bei den Stauweiheranlagen, eine sorgfältige wirtschaftliche Berechnung im
besonderen Masse notwendig ist, ehe man sich zur Ausführung entschliesst.
§ 2. Die Werkkanäle.
Hierzu Tafel LIII.
Die Besprechungen dieses Paragraphen sind gegliedert in:
a) Allgemeines,
b) Die Wahl des Gefälles und des Kanalprofils,
c) Der Einlauf und das Regulierungswerk,
d) Die Überläufe und die Ablaufkanäle,
e) Die Ablagerungsbecken,
f) Die Druckkammern, die Turbinenkammern und die Rechen,
g) Die Ausführung der Werkkanäle.
a) Allgemeines. Die Kosten eines Werkkanals hängen im wesentlichen von der
Art und Grösse seines Querschnittes, von seiner Länge, sowie von der Art und Ge-
staltung des Terrains im Längsprofil ab. Die Art und Grösse seines Querschnittes hängt
von der sekundlichen Wassermenge ab, welche den Turbinen zugeführt werden soll und
seine Länge von dem Druckgefälle, welches man bei gegebenem Gefälle im Flusse durch
den Werkkanal gewinnen will. Über beides, sekl. Wassermenge und Gefalle, wird bei
den Vorarbeiten vorläufige Entscheidung getroffen sein und es sind in dieser Beziehung
die §§ 4 und ö des Kap. I zu vergleichen.
Anzustreben ist die Auffindung derjenigen Lösung, bei welcher eine gegebene
Leistungsfähigkeit des Werkkanals in PSe mit einem Mindestaufwand sowohl an Anlage-
kosten als auch an jährlichen Betriebskosten erzielt werden kann. Die Aufgaben, welche
durch die Verschiedenartigkeit der Örtlichkeiten gestellt werden, sind so mannigfaltig
und vielgestaltig, dass man allein durch eine mathematische Rechnung diese Minima nicht
finden kann, vielmehr zugleich auf die Verwertung der bei ausgeführten Anlagen gemachten
Erfahrungen angewiesen ist. Man muss durch allgemeine Überlegungen verschiedene
Möglichkeiten der Lösung ausscheiden und zwischen den verbleibenden Möglichkeiten
durch Vergleichsrechnungen die Entscheidung herbeiführen.
9?) Die Durchschnittseinnahme pro KW und Jahr bei den Konsumenten gemessen hat nach
S. 358 im Jahre 1905 bei zwölfetündiger Lieferung etwa 183 Lire betragen, wonach sich etwa ein Preis
von rd. 147 bis 150 Lire am Schaltbrett des Krafthauses ergeben würde. (Die S. 353 angegebene Zahl
238 Lire anstatt 188 Lire beruht auf einem leider übersehenen Druckfehler.)
760
HL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräfte*. Einzelheiten.
Ein generelles Projekt ist fast immer schon vor Erteilung der Konzession aufzu-
stellen, da dieselbe nur in seltenen Fällen ohne ein solches zu erlangen sein wird.
Bei Werkkanälen, welche das Wasser ans grösseren Flüssen entnehmen, wird
mitunter die Bedingung gestellt werden, dass sie zugleich auch der Schiffahrt zu dienen
haben, auch wenn bislang keine Schiffahrt auf dem Flusse stattfand. Da die Bedingung
der Schiffbarkeit von vornherein sowohl das Profil als auch die Linie des Werkkanals
beeinflusst, so muss sich der projektierende Ingenieur in solchen Fällen bei den zustan-
digen Behörden erkundigen, welche Bedingungen etwa in bezug auf die Schiffahrt gestellt
werden. Die Gewinnung von Kraft aus grossen Flüssen ist wirtschaftlich meistens nur
an solchen Stellen möglich, wo entweder an einer Stufe ein Gefälle konzentriert ist oder wo
ein Gefalle von mindestens 1 : 1500 bis 1 : 2000 (S. 118) vorhanden ist. Eine solche Stufe oder
ein solches Gefälle ist aber der Schiffahrt hinderlich und so können unter Umständen
durch den Bau eines Kraftwerkes zugleich die Interessen der Schiffahrt gefordert werden.
Es wurde z. B. die Schiffbarkeit des Kanals konzessionsmässig vorgeschrieben bei der
Anlage Vizzola für Barken bis zu 100 t (S. 343 und 345); bei der Anlage Marbach-
Stuttgart gleichfalls für kleinere Fahrzeuge bis zu etwa 100 t, bei der Anlage Lech-
werk für Fahrzeuge bis zu etwa 250—300 t; bei der Anlage Jonage-Cusset-Lyon
für Schleppzüge von Schiffgefässen (S. 515). Bei der Anlage Sault St. Marie (Michigan
V. St. A.) musste neben dem Werkkanal ein Schiffahrtskanal mit Schleusen für die
grössten auf dem Lake Superior verkehrenden Dampfer angelegt werden (S. 551).
Bei der Jonageanlage wurde die Schleusenbreite mit 16,0 m, die Länge der Kammer mit 105,0 m,
die Tiefe der Schleusenschwelle unter dem niedrigsten Wasserspiegel mit 2,50 m angenommen; beim
Lechwerk die KammerlAnge zu 41,0 m, die Schleusenbreite zu 8,0 m and die niedrigste Wassertiefe über
der Sehwelle zu 1,5 m, bei Stuttgart die Kammerweite zu oo4,5 m, die Kammerlinge zu c/> 88,0 m,
bei dar Yizzola-Anlage die Kammerweite zu 6,50 m, die Kammerlftnge zu 88,0 m, der niedrigste Wasser-
stand Ober der Schwelle zu 1,40 m.
Soll bei einem Werkkanal die Schiffahrt nicht durch animalische oder maschinelle Treidelei,
sondern durch Fahrzeuge mit eigenem Motor und Schrauben oder Bädern stattfinden, so muss die Wasser-
tiefe unter dem Schiffsboden mindestens 0,50 m betragen, anderenfalls können 0,25 m genügen* Im
allgemeinen kann man annehmen, dass der Wasserquerschnitt des Kanals mindestens viermal grösser
sein muss als der eingetauchte Querschnitt eines Kanalschiffes; dies ergibt bei einem Schiffe Von 1,5 m
Tiefgang und 6,0 m Breite, wenn man die Mindesttiefe unter dem Schiffsboden zn 0,5 m annimmt, bei
zweifacher Böschung des Kanalprofils eine Sohlenbreite von 14,0 m und bei 17*facher Böschung eine
solche von 15,0 m. Meistens werden noch Zuschlage zu den so ermittelten Breitenmassen von 1,0 bis
2,0 m vorgeschrieben. Bei Kammerschleusen wird man die Wassertiefe über der Schwelle lieber etwas
grösser annehmen als die normale Wassertiefe im Werkkanal, damit späteren etwaigen Yerinderungen
in dem Tiefgang der Schiffsgeftsse Rechnung getragen wird.
Die Lange eines Kanalschiffes beträgt meistens etwa das 7 V« fache der Breite und die Breite
etwa das 4 fache des Tiefgangs. Die Schleusen weite muss mindestens 2 x0,25 m mehr als die grösste
angenommene 8chiffsbreite betragen.
Folgende Zahlentafel gibt Anhaltspunkte für die Hauptabmessungen von Schleusen und Kanilen,
welche beim generellen Projekt zugrunde gelegt werden können, sofern nicht bereits ganz bestimmte
andere Vorschriften bekannt sind.
Tragfähigkeit des grössten Schiffes
Grösster Tiefgang des Schiffes
Mindeste Wassertiefe des Kanals
lichte Weite der Schleusen
Mindeste Sohlenbreite des Kanals
Nutzbare Liege der Schleusen
o
M
l
CQ
u
500 t
1,75 m
2,00 .
8,60 ,
55,00 ,
400 t
1,75 m
2,00 .
7,50 ,
15,00 ,
55-58 m
200—250 t
1,50 m
2,00 ,
6,25—7,0 m
12,50—14,0 m
48-57,5 ,
100 t
1,15 m
1,50 .
WO .
>35,00 .
Bei Kanilen, welche für Schiffe bis zu 100 1 bestimmt sind, d. k bei Schüblingen bis zu 85,0 m,
sind bei Krümmungen in der Kanalachse Halbmesser von 80,0 bis 40,0 m noch zulässig, solche
§ 2. Die WerkkanAi*e. 761
von 80,0 bis 100,0 m auf alle Fälle ausreichend. Bei grösseren Fahrzeugen wird man die Halbmesser
zu 250 bis 500,0 m annehmen müssen. Wenn an einer Krümmung die Verkantung des normalen Krüm-
mungshalbmessers wünschenswert ist, kann man sieh dadurch helfen, dass man eine entsprechende Er-
weiterung des Profils vornimmt.
Als Lichthöhe zwischen der Unterkante fester Brücken und dem höchsten Wasserspiegel im
Kanal wird in Frankreich durchschnittlich 3,75 m, höchstens 4,0 m angenommen. In Deutschland wird
meistens 4,0 m vorgeschrieben. So betragt z. B. die Lichtweite beim neuen Teltow-Kanal 4,0 m. Es
ist aber in Deutschland auch wohl eine Lichthöhe von 4,5 m verlangt worden.
Soll der Werkkanal gleichzeitig zur Bewässerumg dienen, so wird natürlich das
Projekt sowohl durch die hieraus sich ergebende Anforderung an die Wasserführung
als auch durch die Stelle, wo das Wasser abzugeben ist, beeinflusst.
Aus den bei den Vorarbeiten gewonnenen Längsprofilen des Flusses und aus
seinen Wasserspiegellinien bei den verschiedenen Wasserständen ergibt sich das höchste
Rohgefälle, welches durch einen Werkkanal durchschnittlich pro lfm. gewonnen
werden kann.
Wenn ein Wehr zur Erhöhung des Druckgefälles errichtet werden soll, so ist mit
der gewählten Wehrstelle auch genau genug, wenigstens für das vorläufige Projekt, die
Stelle des Einlauf 8 bestimmt; zweifelhaft könnte dann nur noch die Flusseite sein, auf
welche der Werkkanal zu legen ist. Bezüglich der Wahl der Flusseite werden sich die
zu beobachtenden allgemeinen Gesichtspunkte aus den Mitteilungen ergeben, welche bei
der Besprechung der Auswahl der besten Linienführung weiter unten folgen. Bleiben
Zweifel bestehen, so können auch in dieser Beziehung nur eine Veranschlagung der
Anlagekosten und eine Betriebskostenberechnung die Entscheidung herbeiführen.
Wo ein Wehr nicht vorgesehen ist, die Ausmündung vielmehr aus einem See oder
aus einem Flusse oberhalb einer Strecke mit starkem Gefälle erfolgt, wird das Studium
der Karte in allen Fällen genügende Anhaltspunkte für die Wahl der Einlau&telle geben.
In erster Linie ist darauf zu achten, dass auch bei niedrigstem Wasser noch mit Sicher-
heit die gewünschte sekl. Wassermenge in den Kanal hineingelangen kann. Man wird
aus dem letzterwähnten Grunde die Ausmündung des Kanals möglichst an eine Stelle
legen, wo die Begrenzung des Ufers nach der Flussmitte zu konkav ist. Bei der Anlage
Jonage-Cusset-Lyon hat man zur Sicherung des Wasserzuflusses bei KW. in der Ver-
längerung der Achse des Kanaleinlaufs im Bette der Rhone eine 500,0 m lange Rinne
mit 5 °/oo Sohlengefälle gebaggert, welche während des Betriebes von Zeit zu Zeit wieder
aufgebaggert werden muss (Tai. XXXVIII, Fig. 7). Für schiffbare Kanäle ist andererseits
darauf zu achten, dass die Richtungsänderung der Fahrzeuge möglichst in einer Wasser-
fläche mit massiger Strömung stattfindet. Ist es bei einer Anlage ohne Wehr erforder-
lich, die für die Schiffahrt vorgeschriebenen Kammerschleusen bereits nahe beim Einlauf
anzulegen, so muss zwischen den oberen Schleusentoren und dem Flusse wenn möglich
Platz für einige Schiffe, mindestens aber für eine volle Schiffslänge vorhanden sein.
Aus dem Rohgefälle, welches man für ein Kraftwerk bei einer gegebenen Fluss-
strecke durch einen Werkkanal gewinnen will, ergibt sich zunächst auch ungefähr die
Stelle, wo das Triebwasser der Turbinen wieder in den Fluss ausmünden muss. In den
meisten Fällen ist hiernach auch die genauere Ausmündungsstelle aus dem Studium der
Örtlichkeit leicht zu finden. Bei der Auswahl für die Ausmündungsstelle und bei der
technischen Gestaltung derselben ist zu beachten, dass durch das ausströmende Wasser
ein Stau in dem Flusse möglichst vermieden wird und dass die Mündung nicht ver-
sanden kann (vgl. die Anlage Wangen S. 431 und Taf. XXIII, Fig. 1). Man wird deshalb
die Ausmündung tunlichst spitzwinklig zur Flussachse anlegen und bei gekrümmten Fluss-
762 HL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
laufen an einer Stelle, wo die Uferbegrenzung konkav ist und wo nach den bei den
Vorarbeiten gemachten Beobachtungen die geringsten Ablagerungen von Geschiebe und
Sinkstoffen stattfinden (vgl. z. B. Anlage Vizzola S. 345 und Taf. I, Fig. 1). Auch die
Beschaffenheit des der Ausmündung gegenüberliegenden Ufers ist in Betracht zu ziehen,
namentlich wenn es sich um grosse Betriebswassermengen handelt, und zwar mit Rück-
sicht auf Uferbefestigungsarbeiten, welche unter Umständen notwendig werden und die
Gesamtkosten ungünstig beeinflussen könnten.
Bei Verschiebung der Ausmündungsstelle nach oben oder unten sind neben der
überschläglichen Berechnung der Anlagekosten auch die Gewinne oder Verluste an
Gefalle zu berücksichtigen, bei deren Bewertung der Bedarf an Kraft und der
Preis, zu welchem man die PSe nutzbar verwenden kann, eine wichtige
Rolle spielen.
Sind Einlauf und Ausmündung festgestellt, so handelt es sich um die richtige
Wahl der Linie zwischen beiden. Im allgemeinen wird die kürzeste Strecke die beste
sein. Aber die Wahl der kürzesten Strecke ist oft aus anderen Gründen nicht möglich.
Es sind u. a. die Überführung von Wegen, Strassen und Eisenbahnen, die Kreuzung
von Bächen oder Kanälen, die Umgehung von Ortschaften, Gehöften und einzelnen Ge-
bäuden, das Durchschneiden gewisser Grundstücke an bestimmten Stellen wegen der
Höhe des Grunderwerbs zu berücksichtigen. Kann man schon nach dem Augenschein
die schlechte Beschaffenheit des Untergrundes an einer im Zuge der kürzesten Linie
befindlichen Stelle beurteilen, so wird ebenso unter Umständen von vornherein ein Ab-
weichen von der kürzesten Linie geboten sein.
Aus dem vorläufig gewählten Profil des Werkkanals kann man überschlaglich die
Grösse des Grunderwerbs bei verschiedenen Höhen der Sohle unter oder über der
Terrainlinie bestimmen und so diesen mitunter sehr wichtigen Faktor bei der Auswahl
der besten Linienführung schon von vornherein mit in Betracht ziehen.
Im allgemeinen ist der Einschnitt dem Auftrage vorzuziehen, weil die Stand-
sicherheit des Kanals im Einschnitt grösser und die Dichtigkeit leichter zu erzielen ist.
Andererseits kann es ganz erwünscht sein, dass das Profil nur im unteren Teile im
Einschnitte liegt, im oberen Teile aber durch Dämme eingefasst ist oder dass im Laufe
der Linie Einschnitt mit Auftrag wechselt, damit man den im Einschnitt gewonnenen
Boden mit möglichst kleinen Transportlängen unterbringen kann. Bei der Anlage Vizzola
und dem ersten Lose des Kanals Jonage-Cusset-Lyon (S. 509) glichen sich Auftrag
und Abtrag gut aus. Bei der Anlage Turbigo musste man auf der untersten Strecke
des Werkkanals (Taf. IV, Fig. 2) und bei der Anlage Lech werk fast auf der ganzen
Länge des Unterwasserkanals den Boden seitlich aussetzen (Abb. 134, S. 559). Ist das
seitliche Aussetzen von Bodenmassen nötig, so muss dieser Umstand beim Grunder-
werb berücksichtigt werden.
Grössere Aufträge in Boden als 3,0 m bis höchstens 4,0 m zwischen der Sohlen-
linie des Kanals und Terrain wird man bei einem Profil zwischen Dämmen im allge-
meinen vermeiden, weil die Dichtung schwierig wird und man nachträglich Sackungen
befürchten muss, die immer für einen Kanal gefahrlich bleiben.
Kann man durch Verschiebung der Linie eine höhere Lage der Kanalsohle über
Terrain nicht vermeiden, so muss man den Damm entweder zwischen sieher tendierten
Mauern einfassen oder den Werkkanal in eine Kanalbrücke überführen oder durch
eine Dückeranlage die Stelle überwinden.
Bei geneigtem Terrain kann es häufig gelingen, die Linienführung so zu finden«
dass sich Auftrag und Abtrag im Profil direkt ausgleichen, und es werden alsdann die
§ 2. Die WerkkanIle. 763
Produkte aus den zn bewegenden Massen und den Transportwegen ein Minimum, d. h. die
Ausführung des Profils wird am billigsten. Diese Betrachtung hat besonders bei solchen
Anlagen eine grosse Bedeutung, wo an einem felsigen Hang das Profil des Werkkanals
so eingeschnitten werden kann, dass der Ausbruch genügt, um mit den gewonnenen
Bruchsteinen die abwärts gelegene Mauer des Kanalprofils zu errichten und mit dem
Schutt den Winkel zwischen dieser Mauer und der Terrainneigung so auszugleichen,
dass die Sohle annähernd horizontal wird (vgl. z. B. die Querprofile der Anlage Funghera,
Taf. X, Fig. 4 bis 7). Man hat hierbei aber darauf zu achten, dass von der Hangseite
kein Boden durch Regenfälle in den Werkkanal hineingespült werden und dass nicht
bröckliges Gebirge in den Kanal stürzen kann. Gegebenenfalls sind Trockenmauern und
andere Schutzmittel — unter Umständen die völlige Abdeckung — mit zu veranschlagen.
Geht der Kanal durch einen Wald, so ist zu beachten, dass er wegen des Laub-
falles abzudecken ist.
Kreuzungen mit Gebirgsbächen, welche bei H.W. viel Gerolle und Geschiebe
führen können, sind möglichst ganz zu vermeiden und es kann dieser Gesichtspunkt
mitunter allein entscheidend sein für die Wahl der Flusseite, auf welcher man den
Kanal anzulegen hat (vgl. z. B. die Anlage Morbegno S. 386). Muss die Kreuzung aber
stattfinden, so ist der Kanal wenn irgend möglich unter diesen Bach hindurch-
zuführen, wie bei der Anlage St. Maurice-Lausanne (S. 456).
Bei der Anlage Livet wurde die Linie des Werkkanals, um nicht Schluchten, in
welchen häufig Lawinen zu Tale gehen, kreuzen zu müssen, in den Berg hinein ver-
schoben (S. 529).
Kleinere Bäche, welche kein Geschiebe führen, können entweder in den Kanal
hinein- oder Überweg- oder unterdurch geleitet werden und bilden im allgemeinen keine
Schwierigkeiten.
Mit besonderer Sorgfalt ist darauf zu achten, dass die Linie
möglichst Stellen vermeidet, .an welchen Rutsehungen zu befürchten sind.
Wo Zweifel bestehen, müssen genaue Schürfungen oder Bohrungen gemacht werden, um
festzustellen, wie tief die Schichten liegen, auf welchen das Terrain rutschen kann
und welche Mittel dazu erforderlich sind, um dasselbe trocken zu legen. Die Veran-
schlagung der Kosten für solche Stellen bleibt unsicher und es haben sich beim Bau
oft unangenehme Überraschungen herausgestellt (vgl. z. B. die Kanalstrecke „Am Fahr-
höfli" der Anlage Wangen S. 427).
Liegt der Kanal im Tunnel, so spielt für die Wahl der Linie die zur Verfügung
stehende Arbeitszeit eine erhebliche Rolle. Man kann bei Tunnelarbeiten je nach
der Beschaffenheit des zu durchbohrenden Gebirges, welche man aber von vornherein
nicht mit Sicherheit festzustellen vermag, immer nur auf einen Fortschritt des vollen
Ausbruchs von etwa 0,50 m bis höchstens 2,50 m pro Tag rechnen. Die Querschnittsfläche
des Ausbruches, die Geschicklichkeit der Arbeiter, die Vollkommenheit der verwendeten
Geräte und Maschinen beeinflussen natürlich die Länge des täglichen Vortriebs. Deshalb
wird es häufig notwendig, bei einer längeren Tunnelstrecke durch Seitenstollen mehrere
Angriffspunkte zu Schäften und zu diesem Zwecke von der kürzesten Linie abweichend
die Linie des Tunnels mehr nach dem Flussbette 7u verschieben. Bei der Anlage
Morbegno hätte man durch geradlinige Verbindung des Einlaufs und der Druckkammer
die Länge des Werkkanals, welcher ganz als Tunnel auszubrechen gewesen wäre, erheb-
lich verkürzen können (Taf. XVI, Fig. 1), Man hätte dadurch an Gefälle gewonnen, und
die Anlagekosten wären billiger geworden. Dagegen wäre eine viel längere Herstellungs-
764 HL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
zeit erforderlich gewesen als bei der ausgeführten nach dem Hange zu verschobenen
Linie. Durch diese Verschiebung sind eine grosse Anzahl Angriffsstellen entstan-
den, da nunmehr die einzelnen Tunnelstrecken mit offenen Kaoalstrecken abwech-
selten. Man konnte aber auch noch an der längsten Tanneistrecke von 770,0 m (S. 391)
zwei Seitenetollen anlegen (Abb. 227 nnd 228) und hierdurch eine weitere Verkürzung
der Zeit für die Herstellung der Strecke und zugleich den Vorteil einer erheblichen
Verkürzung des Transportweges für den Ausbruch erzielen.
Bei dem Werkkanal des Knbelwerks schuf man
Abb. 228«. Seitonstollen der Anlage f^ iie 4626,0 m lange Tunnelstrecke Ton 4 qm Aus-
Morbegno. brucfa durch 3 g^ten^Nen 8 Angriffspunkte (S. 409
nnd Taf. XX, Fig. 1).
Bei der Anlage La Dernier-Vallorbe worden
für eine Gesamttnnnell&nge von 2632,0 m durch
6 Seitenstollen im ganzen 14 Angriffsstellen geschaffen
(S. 464 nnd Taf. XXX, Fig. 1).
Bei der Anlage Jajce war die kürzeste Verbin-
dung des Einlaufa mit dem Flosa, in den das Be-
triebswasser zurückzuleiten war, durch einen Tunnel von
1,7 km zu erzielen. Da man aber Seitenstollen auf dieser Strecke nicht anlegen konnte,
wählte man doch eine 3103,3 m lange Linie des Werkkanals, anf welche aber 15 kurze
Tunnelstrecken mit insgesamt nur 946,7 m Lange entfielen (S. 493 und Taf. XXXV, Fig. 1).
Bei der Urft-Talsperre konnte man für den
Abb" An/*' »SettS™ dM 2800,° m IangBn Druckstollen Seitenstoll™ nicht anlegen
or e"n' nnd infolgedessen erforderte die Fertigstellung des Stollens
eine Bauzeit von 2 V* Jahren (S. 587/588).
Von EinUuss auf die Linienführung des Werkkanals
sind dann noch die günstigste Lage des Krafthanses, der
Ablagerungsbecken, der Überläufe nnd die Lage eines etwa
anzulegenden Stauweihers. Wegen der günstigsten Lage des
Krafthanses wird auf Kap. III, § 6 verwiesen. Die Ab-
lagerangsbecken werden im Abschnitt e, die Überlaufe
im Abschnitt d dieses § besprochen und wegen der Stau-
weiher ist im § 1 C alles Erforderliche mitgeteilt. Er-
wähnt sei hier nnr, dass man bei den Ablagerangsbecken
and den Überläufen die Länge der Ablanfkanäle zn
berücksichtigen hat , denn die bierfür aufzuwendenden
Kosten werden im allgemeinen desto kleiner je kürzer diese Kanäle sein können nnd
um 60 weniger eine Befestigung ihrer Sohle nnd ihrer Böschungen erforderlich wird.
Wenn man das Spül- und Überlauf wasser wie z. B. bei der Anlage Hafsland (S. 482}
über Felsen ohne alle künstlichen Bauwerke direkt in den Flusslauf stürzen lassen kann,
so ist das natürlich der einfachste Weg.
Bei einer Wasserspiegeldifferenz bis zu 15,0 m kann man unter umstanden das
Wasser des Werkkanals direkt in die Tarbinenkammern führen. Wird das Gefalle
grösser, so muss das Triebwasscr den Turbinen mittelst Druckleitungen zugeführt werden.
Meistens kann man ohne weiteres aus der örtlichkeit erkennen, wo der offene Werkkanal
aufzuhören nnd die Druckleitung zn beginnen hat. In zweifelhaften Fällen muss man
schon beim generellen Projekt einen vergleichenden Kostenüberschlag machen, nm zu
finden, an welcher Stelle man am vorteilhaftesten die Druckleitung beginnen lasst.
§ 2. Die WerkkanIle. 765
Bei der Anlage Füre et Morge rausste die Wasserführung vom Einlauf bis zum
Krafthause längs des flachen Ufers des Drac erfolgen und man bat deshalb, um einen
Brückenkanal zu vermeiden, nur einen rd. 600,0 m langen Werkkanal gemacht und die
übrige Entfernung durch eine 4700,0 m lange Druckleitung überwunden (S. 538).
Bei der Anlage der Ontario Power Co. (Taf. XLIV, Fig. 1 und S. 543) führten die
Schwierigkeit des Grunderwerbs und die Höhenverhältnisse des Terrains dazu, auf einen
offenen Werkkanal ganz zu verzichten und die 1860,0 m lange Strecke zwischen dem
Einlaufbecken und dem Krafthause durch Druckrohrleitungen aus Stahl zu überwinden.
In einer offenen Kanalstrecke können Wasserverluste eintreten durch Verdun-
stung, Versickerung und Eisbildung.
Die Verluste durch Verdunstung spielen für Werkkanäle keine beachtens-
werte Rolle.
Beim Lechwerk-Gersthofen hat z. B. der Oberwasserkanal eine Länge von 2965,8 m und eine
durchschnittliche Spiegelbreite von 83,0 in, also eine Oberfläche von 97854,9 qni. Die Verdunstungen
im Unterwasserkanal sind für den Betrieb ohne Belang. Selbst wenn man eine höchste Ver-
dunstung von 10 mm in 24 Stunden annimmt, so ergibt das nur eine Verdunstungsmenge von 978,5 cbm,
während durch den Kanal in 24 Stunden normal 86400 X 50 = 4820000 cbm fliessen. Durch Verdunstung
im Werkkanal könnten also höchstens in 24 Stunden unter den ungunstigsten Umständen 0,028 °/o der
Wassermengen und bei klimatischen Verhältnissen Deutschlands jährlich höchstens 0,006%
978500
verloren gehen. Es würden unter der gemachten Annahme -öttVaa =rd. 11,41/sek. verdunsten, mit
oo 4ÜÜ
welchen man bei 10,0 m Druckgefälle: 0,0114 . 10 . 10 = 1,1 PS« leisten könnte, sodass man in 24 Stunden
an der Kraftleistung ungünstigstenfalls 27 PSe- Stunden mit einem Wert von weniger als 1 Mk. ein-
büssen würde.
Die Verluste durch Versickerung können bedeutend sein, wenn in ungenügender
Weise für die Dichtung der Kanalsohle und der Böschungen Sorge getragen wird.
Es sind t. B. von den 62 cbm/sek., welche früher bei Tornavento aus dem Tessin in den
Naviglio Grande geflossen sind, nach einer Kanalstrecke von 50 km Länge in Mailand oft nur
7 cbm/sek. angekommen. Von der Differenz wurde etwas mehr als die Hälfte für Bewässerungszwecke
verwendet, der Rest ging aber durch Versickerung verloren.
Bei dem rd. 42,87 km langen Zuleitungskanal des Beckens von Bouzey (Frankreich) (S. 740), von
dem rd. 88 km in Erde mit einem Gefalle von 1 : 10000 als Hangkanal, der Rest teils in Mauerwerk,
teils als Tunnel und 1000 m als Siphon ausgeführt sind, kamen im Oktober 1885 von 210 000 cbm am
Einlauf nur 70 000 cbm in Bouzey an. Nach umfangreichen Dichtungsarbeiten durch Auflösung von
Ton im Kanal kamen im Mai des nächsten Jahres von 140 000 cbm am Einlauf 90 000 cbm in Bouzey an i).
Derartige Wasserverschwendungen sind bei modernen Triebwerksanlagen unzu-
lässig, vielmehr werden grundsätzlich diejenigen Massregeln zu treffen sein, welche die
Versickerungsverluste auf ein für den Betrieb bedeutungsloses Mass einschränken.
Man hat wohl bei gut angelegten Schiffahrtskanälen in Boden ohne feste Böschungs-
bekleidung bei 2,0 bis 2,5 m Wassertiefe mit Versickerungsverlusten von höchstens 40 mm
Wasserhöhe pro 24 Stunden gerechnet. Da es sich aber bei einem Werkkanal um ein
fliessendes Gewässer handelt, so würde auch selbst ein solcher Verlust für den Betrieb
keine erhebliche Rolle spielen, denn bei dem obigen Beispiel des Lechwerk-Kanals würde
der Verlust durch Versickerung nur 0,092 Q/o betragen. Öei Kanalprofilen, welche mit
einer gut ausgeführten Betonlage gedichtet sind, lassen sich nennenswerte Versickerungen
überhaupt ganz vermeiden.
Auch die Wasserverluste durch die Eisbildung können vernachlässigt werden.
Dagegen spielt die Eisbildung in bezug auf die Unterhaltung der Werkkanäle und auch
in bezug auf die Betriebskosten eine wichtige Rolle. Bei Profiltiefen von 1,5 — 2,0 m
und mehr wird sich, wenn die Geschwindigkeit 1,50 m/sek und mehr beträgt, bei den
i) Ziegler: Der Talsperrenbau 1900. S. 22, Teil I.
766 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
klimatischen Verhältnissen in Deutschland eine geschlossene Eisdecke auch bei strengstem
Frost nicht mehr bilden (S. 135). Bei kleineren Wassertiefen und geringeren Geschwindig-
keiten ist aber die Bildung einer Eisdecke möglich und unter Umstanden erwünscht
und es muss deshalb bei Ausbildung des Kanalprofils darauf Rücksicht genommen werden,
damit das Eis die Uferbefestigungen nicht zerstören kann. Aber wenn auch keine den
Fluss oder den Kanal überspannende Eisdecke entsteht, so kann immerhin Stückeis ent-
stehen, welches ebenso wie das Grundeis sehr unliebsame Störungen an den Rechen der
Druck- und Turbinenkammern hervorrufen kann, indem es dieselben verstopft. Sowohl
im Abschnitt b als auch im Abschnitt f dieses § wird hierauf noch etwas näher zurück-
zukommen sein. Erwähnt sei hier nur, dass die Bildung sowohl von Grundeis als auch
von Stückeis durch einen rauhen benetzten Umfang begünstigt wird. Glatte Profil-
wände wirken der Eisbildung entgegen. Je grösser die Wassertiefe in einem
Kanalprofil ist um so weniger leicht wird sich Stückeis an der Oberfläche und Grundeis
an der Sohle und den Uferwandungen bilden.
Nach diesen Gesichtspunkten wird man zunächst in einer möglichst guten topo-
graphischen Karte mit genügenden Höhenkurven eine Linienführung aufsuchen und
danach ein Längenprofil auftragen. Sind genügende Angaben über die Bodenbeschaffen-
heit und über die Höhe des Grundwasserspiegels — letzterer kann unter Umständen
wegen der Kosten der Erdarbeiten (Baggerarbeiten, Wasserhaltung) eine Rolle spielen —
nicht vorhanden, so muss man Schürflöcher oder Bohrlöcher möglichst bis zu 2,0 bis
3,0 m unter die künftige Kanalsohle machen und genaue Notierungen über die Beschaffen-
heit des durchschnittenen Bodens und die Lage des Grundwasserspiegels aufnehmen,
sowie die gewonnenen Resultate in Querprofilen festlegen. Zur Feststellung des Masses
der Durchlässigkeit des Bodens sind im Zweifelsfalle in einzelnen Querprofilen reihenweise bis
zum Flusse hinab, nötigenfalls bis zu Tiefen von 1 — 2,0 m unter die Ordinate der
Flussohle reichende Bohrlöcher zu machen, aus denen man das Gefälle des Grundwasser-
spiegels nach dem Flusse zu erkennen kann. Je kleiner das Gefälle des Grundwassers
gefunden wird, um so grösser wird man die Durchlässigkeit des Bodens annehmen können.
Allerdings genügen in dieser Beziehung keineswegs einmalige Messungen, da das Gefalle
des Grundwasserspiegels auch von der Höhe der Niederschläge abhängt, welche in den
Tagen beziehungsweise Wochen vor der Beobachtung gefallen sind. Wenn derartige
umfangreiche Feststellungen im Verhältnis zu den Gesamtbaukosten zu kostspielig werden,
so muss man sich mit einer kleinen Anzahl von Bohrlöchern in der Sohlenlinie und
rechts und links vom Kanalprofil etwa im Abstand von 20,0 bis 30,0 m begnügen, in
denen man alsdann grössere Wasserspiegeldifferenzen künstlich herstellt und den
Wasserstand in den einzelnen Bohrlöchern beobochtet. Hierbei wird es zweckmässig
sein, die Seitenwände einiger Bohrlöcher unausgekleidet zu lassen, diejenigen anderer
des Vergleichs wegen aber mit Eisen oder Beton auszukleiden. Je nach dem Fallen des
Spiegels in dem mit höherem Wasserstande versehenen Bohrloch in einer gewissen Zeit
(24 Stunden) und dem Steigen des Wassers in dem Bohrloch mit dem niedrigen Spiegel
wird man auf das Mass der Durchlässigkeit gewisse Schlüsse ziehen können und danach
die Massregel zur Dichtung der Sohle und der Böschungen einzurichten haben. Solche
Versuche wurden z. B. bei der Anlage Avignonnet gemacht (S. 497).
Um in das aufgetragene Längsprofil des Terrains eine angenähert richtige Sohlen-
linie des Werkkanals eintragen zu können, muss man eine vorläufige Wahl der Quer-
profile und der Wasserspiegel- und Sohlengefälle treffen (vgl. Abschnitt b). Alsdann wird
man daran gehen, sofern die Linienführung des Kanals nicht durch andere Gesichts-
punkte völlig festgelegt ist, vielmehr eine seitliche Verschiebung der Linie noch Erspar-
§ 2. ' Die WerkjcanXle. 767
nisse an Anlagekosten und Verbesserungen in der Wasserführung erwarten lässt, für
verschiedene Höhen der Sohlenachse des Kanals über oder unter Terrain die Massen des
Abtrags und des Auftrags zu ermitteln und diese Ermittlungen in einer Tabelle zusammen-
zustellen. Hierbei sind sowohl im Auftrag wie im Abtrag die einzelnen Bodensorten
getrennt in: fruchtbare Erde, Sand, Kies, sandiger Lehm oder Ton, reiner Lehm und
Ton aufzuführen. Bei starker Querneigung des Terrains wird man Dämme möglichst
vermeiden wegen der Schwierigkeit und Kostspieligkeit der Dammbasis einen sicheren
Anschluss zu verschaffen, vielmehr werden hier, wenn man das Profil durch seitliche
Verschiebung der Linie nicht mehr in den Einschnitt zu verlegen vermag, in der Regel
Profile mit einseitiger oder beiderseitiger Mauer zu wählen sein. Um sich über die
Massen von Auftrag und Abtrag und über die Massen der Kanalmauern, Futtermauern,
Stützmauern, der Bekleidungen von Böschungen und Sohle etc., welche unter Zugrundelegung
eines gewählten benetzten Querschnittes bei verschiedenen Querneigungen und verschiedenen
Höhenlagen der Kanalsohlen-Mittellinie über oder unter Terrain zu bewegen resp. herzu-
stellen sind, ein möglichst genaues Bild zu machen, wird man eine Reihe für den gegebenen
Fall passender Normalprofile entwerfen, hiernach die Massen berechnen und die Resultate
in Tabellen zusammenstellen. In der Regel kommen für ein Projekt nur wenige Profil-
arten überhaupt in Frage, da es sich bei Werkkanälen doch in sehr seltenen Fällen um
Längen bis zu höchstens 20 km, in der Regel um weniger als 10 km handelt. Aus diesen
Tabellen werden sich diejenigen Höhen des Terrains in der Mittellinie des Kanals
ergeben, für welche pro lfm die Kosten des Werkkanals bei einer bestimmten Quer-
neigung des Terrains die kleinsten sind, und man wird nun mit Hilfe dieser Ermittlungen
auf dem Plane eine neue verbesserte Linienführung des Kanals aufsuchen und abermals
ein Längenprofil auftragen. Am zweckmässigsten macht man sich für die verschiedenen
Profiltypen doppelte Masstäbe (sogenannte Profilmasstäbe) derart, dass neben einem
Masstabe für die Höhen des Längenprofils sich Masstäbe für die Bodenmassen — und
zwar getrennt für den Auftrag und Abtrag — sowie für die Massen der Ufermauern,
Futtermauern, Stützmauern, Bekleidungen der Böschungen und Sohle etc. befinden, sodass
man durch Anlegen des Masstabes an die Sohlenlinie des Längsprofils die Massen
ablesen kann*).
In einem Massen-Längsprofil werden dann die Resultate dieser Ablesungen auf-
getragen, um daraus die Transportwege der Bodenmassen beim Ausgleich zwischen Auftrag
und Abtrag ermitteln zu können und um daraus die Unterlagen für die beste Arbeits-
disposition und die Teilung der einzelnen Strecken in Arbeitslose zu gewinnen.
In einem zweiten Massenprofile würden dann die Massen der Kanalmauern, Futter-
mauern, Stützmauern und der Bekleidungen von Sohle und Böschungen darzustellen sein,
damit man auf Grund dieser Darstellung die kürzesten Transportwege für den Zement,
hydraulischen Kalk, Schotter, Kies und Sand etc. erkennen und die Lagerplätze an den
bestgeeignetsten Stellen anlegen kann, es sei denn, dass in letzterer Beziehung die Ver-
hältnisse so einfach liegen, dass Zweifel überhaupt nicht entstehen können. Die Ermitt-
lung der Massen zwischen zwei um l m auseinanderliegender Profile erfolgt genau genug
in der Weise, dass man das Mittel aus den beiden Profilen mit der Länge l multipliziert.
Für Wasserhaltung und für ausserordentliche Arbeiten, wie Anlegung von Wegen,
von Wege- und Eisenbahnüberführungen8), für Unter- oder Überfuhrung von Wasser-
>} VergL Handbuch der Ing. -Wissenschaften. I. Teü. Vorarbeiten, Erd-, Grund-, Strassen- und
Tunnelbau, 1. Band. L. Oberschulte- Vorarbeiten, herausgegeben von L. v. Willmann. S. 157 n. ff. 1904.
8) Wegen Preisangaben vergl. Handbuch der Ing. -Wissenschaften. I. Teil. L. Oberschalte,
herausgegeben von L. v. Will mann. 1. Band. Vorarbeiten für Eisenbahnen nnd Strassen. 1904.
S. 176 xl ff.
'768
III. Theodor Koehv. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
laufen, für die Anlegung von Schiffsschleusen etc. sind dann besondere, zunächst über-
schlägliche, später endgültige Kostenanschläge anzufertigen, worauf an dieser Stelle nicht
weiter eingegangen werden kann. Man wird auf diese Weise im Zweifelsfalle verschiedene
Linienführungen des Kanals überschläglich veranschlagen und so die beste Lösung
herausfinden.
Für die Aufstellung überschläglicher Kostenanschlage können die nachfolgenden
Angaben dienen:
Tabelle I4).
Preise der Bodeiigewinnung einschliesslich Ladung (bei einem Lohnsatz von 80 Pf. pro Arbeitsstunde).
Arbeitsauf-
wand pro
cbm in
Standen
Kosten pro cbm der
•
Gesamt-
kosten, abge-
rundet in Pf.
Bodenar
Arbeits-
leistang in
Pf.
Geräte
Pf.
Spreng-
materiafien
Pf.
1. Loser Sand, Damm etc.
2. Leichter Lehm, feiner Eies etc.
& Schwerer Lehm and Ton, Mergel,
fester grober Kies
4 Trflmmergestein und Gerolle
kleinbrüchiger Schiefer etc.
5. Felsen, welcher nicht mit Spitz-
hacke und Brecheisen zu losen ist
6. Felsen, welcher gesprengt wer-
den mnss
7. Sehr fester, schwer schiessbarer
Felsen der ältesten Formationen
0,5—1
1-1,6
1,6-2,4 i
2,4-3,2
8,2-4
8,5-6
6-8
15-80
80-48
48-72
72—96
96-120
105-180
180-240
5
6
8
10
10-15
15-20
15-80
80—50
20-85*)
85-56
54—80
85-105
112—140
185—280
280-880
für
Tabelle II6).
Beförderung auf Schienengleisen (für mittlere Bodenklassen bei wagerechter Bahn).
Art der
Beförderung
För-
der-
weite
m
xärdarjireieo
«ineehL. Unter-
haltug dar
Gleise, Schmie-
ren der Wagen
and Vor- and
Unterhaltung
dar FSrder-
wafan, aber
anaaehlieeaUeh
Torbltfr. der
Förderbahn pro
ebm in PI
für ein Kubikmeter Boden in Pfennigen einschl. Vorhaltung
der Fürderbahn bei einer Gesamtfördermasse Q Ton
1000
etat
2000
ebm
3000
ebm.
5000
ebm
10000
ebm
20000
ebm
30000
ebm
50000
ebm
100000
150000
200000
ebm
300000
1. Durch Menschen
(Kosten der Gleise
für einen Meter
100 Pfennige)
50
100
200
800
400
500
600
700
800
900
1000
1200
18
15
18
21
24
26
29
82
85
88
41
47
24
81
45
49
78
86
100
114
128
142
156
188
18
28
31
40
48
56
64
78
81
90
98
114
16
20
27
84
40
46
58
59
66
78
79
98
15
18
28
29
84
88
48
48
54
59
64
74
14
17
21
25
29
82
36
40
44
48
52
60
14
16
19
23
27
29
88
36
40
48
47
58
13
16
19
22
26
28
82
85
88
41
45
50
*) L. ▼. Willi mann, Ausführung der Erd- and Felsarbeiten. Handb. d. Ing-Wissensch. 1905.
I. Teil. 2. Bd. S. 85 n. 106.
&) Diese Preise können bei grosseren Ausführungen, wo die Bodengewinnung und Verladung
auf maschinellem Wege durch Trocjcenbagger and Exkavatoren erfolgen kann, erheblich reduziert werden*
o) Die ad 1, 2 und 3 angenommenen Kosten der Gleise für 1 lfm. sind so su Torstenen, das«
§ 2.
Die WbbkkanAlb.
769
Fortsetzung
von Tabelle II.
Art der
Beförderung
För-
der-
weite
m
FOrderpreise
einseht. Unter-
haltung der
Gleiae,8ehmie-
ren der Wagen
nnd Vor- und
Unterhaltung
der Förder-
wagen, aber
ausschliesslich
Verhltg. der
Förderbahn pro
ebm in Pf.
für ein Kubikmeter Boden in Pfennigen einschl. Vorhaltung
der Förderbahn bei einer Gesamtfördermasse Q von
1000
ebm
2000
ebm
8000
ebm
5000
ebm
10000
ebm
20000 30000 60000 100000
ebm ebm ebm ebm
150000
ebm
200000
ebm
800000
ebm
2. Durch Pferde
(Kosten der Gleise
für einen Meter
150 Pfennige)
3. Durch Maschinen
(Kosten der Gleise
für einen Meter
400 Pfennige)
200
300
400
500
600
700
800
900
1000
1200
1400
1600
1800
2000
2500
3000
500
1000
1500
2000
3000
4000
5000
6000
7000
8000
9000
10000
18
20
22
23
25
27
29
30
32
35
89
42
46
49
57
66
28
26
28'
31
36
41
46
. 51
56
61
66
71
—
••
— ~"~
81
86
41
46
51
56
61
66
71
81
91
101
111
121
146
171
24
28
81
84
88
42
45
48
51
58
65
72
79
85
101
118
21
24
27
29
81
84
37
39
41
46
52
57
62
67
79
92
42
56
69
83
110
137
164
191
218
245
272
299
20
22
24
27
29
82
34
86
88
43
47
52
57
61
72
88
36
46
56
66
85
105
125
144
164
184
203
288
*
19
22
24
26
28
SO
82
84
86
40
44
48
52
56
66
76
81
88
45
52
66
79
98
107
121
135
148
162
19
21
28
25
27
29
81
82
84
87
41
45
49
58
62
71
27
82
36
41
51
60
70
79
88
98
107
117
18
20
22
24
26
28
30
81
88
87
41
44
48
51
60
69
26
80
83
88
46
54
62
70
78
86
98
101
25
29
82
86
48
51
58
65
72
79
87
94
24
28
81
84
41
47
54
60
67
78
80
86
In den Transportpreisen der Tabelle II sind die Kosten für das Einbauen im gewöhnlichen 8inne
mitenthalten. Wenn aber lehmiger Sand oder Lehm oder Ton in dünnen Schichten aufzubringen nnd
mit -Walzen • oder Stampfen zusammenzupressen ist, so müssen hierfür besondere Zuschlage gemacht
werden, welche je nach der Beschaffenheit des Materials 50 bis 100 °/o. der Förderkosten und mehr
betragen können.
Bei der Anlage Jonage waren im ganzen 4950000 ebm Boden zu bewegen und zwar ein-
schliesslich der Baggerarbeiten und es sind dafür im Durchschnitt pro ebm 0,895 Frs. gezahlt, woyon
in diesen Kosten ka, kb, ke die Zinsen des Anlagekapitals auf lVt Jahre und für die neuen Schienen
nebst Kleineisenzeug eine 25°/oige und für die Schwellen eine 5Ö0/oige Wertverminderung enthalten sind.
Die Kosten für die Vorhaltung der Förderbahn sind berechnet für Nr. 1 nach der Formel (50 + 1,1 J) . -7^
Vi
für Nr. 2 nach der Formel (200 + 1,1 /)
** , für Nr. 3 nach der Formel (400 + 1,1 0 • -Jo worin be-
Q ~ "^ ' -'"'■ Q
deuten: l die Förderlange in m, ka, kb, k« die Kosten in Pf. für das Meter Gleis und Q die Förder-
masse in ebm.
Handbach der Ing.* Wiiaenech. IIT. Teil 18. Bd. 49
770
III. Theodor Koehx. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten,
28,08 */o auf die Lösung und Verladung, 85,96 •/• auf den Transport und 35,96 °/o auf das Entladen und
Einbauen gefallen sind. Der Boden bestand ans 5°/o fruchtbarer Erde, 20— 40°/o sandigem Ton und
Lehm und 55—75 •/• Sand und Kies.
Bei der Anlage Turbigo waren für den Kanal selbst 620000 cbm Boden zu bewegen, wofür
im Durchschnitt für Lösen, Transport und Einbauen 0,90 Lire pro cbm gezahlt wurden. Der Boden be-
stand im wesentlichen aus Sand nnd Kies und zum Teil aus sandigem Lehm und Ton.
Für Boden, welcher unter Wasserandrang herauszuholen ist, wird ein Zuschlag von 25— 50 Pf.
pro cbm zu machen sein. Baggerarbeiten sind besonders zu veranschlagen, und es werden hierfür Zu-
schläge je nach dem Umfang der Arbeit und der Art des Materials von 1—2 Mk. notwendig werden.
Für Steigungen ist pro 1,0 m Steigung eine Transportlange von 25— 30 m zuzuschlagen. Für Trans-
port von Steinen ist überall ein Zuschlag von 20% zu machen.
Für die vorläufige Veranschlagung der Profile mit befestigten Sohlen und Böschungen und der
zum Teil oder ganz gemauerten Profile mögen die folgenden Tabellen 111, IV und V einige Unterlagen
bieten:
Tabelle HL
Es haben gekostet bei der Anlage Jonage-Cusset-Lyon (1898—1897):
G egenstand
Maas«
in cbm oder qm
Abgerindete Kosten
pro cbm oder qm in Frs.
a) Bei dem Regulierungswerk (S. 512):
1. Stampfbeton in hydraulischem Kalk
2. Desgl. in Zement
8. Bruchstein-Mauerwerk in hydraulischem Kalkmörtel .
4. Bruchstein* Mauerwerk in Zementmörtel
5. Mauerwerk aus hammerrecht bearbeiteten Bruchsteinen
(Moellons tetues) in hydraulischem Kalkmörtel . . .
6. DesgL in Zementmörtel
7. Mauerwerk in Hausteinen
b) Bei der Schleuse neben dem Regulierungswerk (S. 515):
8. Beton in hydraulischem Kalk unter Wasser zu schatten
9. Beton in hydraulischem Kalk über Wasser herzustellen
10. DesgL in Zement
11. Bruchstein-Mauerwerk in hydraulischem .Kalkmörtel .
12. Desgl. in Zementmörtel
13. Mauerwerk aus hammerrecht bearbeiteten Bruchsteinen
in hydraulischem Kalkmörtel
14. Desgl. in Zement .
15. Haustein-Mauerwerk . •
c) Bei dem Krafthause (S. 517 u. ff.):
16. Stampfbeton in hydraulischem Kalk
17. Desgl. in Zement
18. Bruchstein-Mauerwerk in hydraulischem Kalkmörtel .
19. Desgl. in Zementmörtel
20. Bruchstein- Mauerwerk aus hammerrecht bearbeiteten
Steinen in hydraulischem Kalkmörtel
21. DesgL in Zementmörtel
22. Mauerwerk in künstlichen Hausteinen ?)
23. Mauerwerk in natürlichen Hausteinen
24. Asphaltschicht aus natürlichem Asphalt 15 mm stark
auf der Sohle des Kanals
25. Doppelteeranstrich der Betonsohle
615 cbm
153
8 748
2200
975
720
38
17 774
1822
185
8345
1368
1444
343
225
7100
3180
20400
8005
660
580
1710
61
8222 qm
58955 ,
10
25-26
18-20
26
26-27
80
55-58
18-15
10
27-28
18-20
25-26
26-28
29-80
71—75
10-11
24-25
25—26
80-38
30-32
38-40
42-45
100
8,3—3,5 pro qm
0,80-0,81 , ,
7) Diese künstlichen Steine wurden zum grössten Teil an Ort und Stelle hergestellt nnd zwar
in einer Mischung von 1 cbm gewaschenem, kleinen Kies und 450 kg schoellbmdeodem Zement. Die
Steine haben sich sehr gut gehalten und konnten schon nach 2 Tagen bewegt werden.
§ 2.
Die WebkkanAle.
771
Tabelle IV.
Es haben gekostet bei der Anlage Tnrbigo:
Gegenstand
In ebm oder qm
Abgerundet« Kosten
pro ebm oder qm in Lire
1. Bekleidung der Böschungen und der Sohle mit Stampf-
beton in hydraulischem Kalk (Bekleidung 0,15-0,25 m
stark), (0,80 cbm Kies von Steingrösse nicht Aber 5 cm,
0,50 cbm Sand und 200 kg hydraulischer Kalk) ....
2. Desgl. aber mit 100 kg hydraulischem Kalk und 100 kg
Zement
3. Überrag der Bekleidung ad 1 und 2 mit einer 15 mm
starken Schicht von Zementmörtel (1 cbm Sand und 750 kg
Zement) : . .
4. Überzug wie vor, aber in hydraulischem Kalkmörtel . .
5. Plasterung der Böschungen und der Sohle mit Steinen*)
von nicht weniger als 25 cm Seitenlänge ohne Mörtel . .
6. Desgl. mit hydraulischem Kalkmörtel (1 cbm Sand, 250 kg
hydraulischen Kalk)
7. Stampfbeton für aufgehendes Mauerwerk aus hydrau-
lischem Kalk (0,80 cbm Kies von nicht mehr als 3 cm
Durchmesser, 0,45 cbm Sand, 250 kg hydraulischen Kalk)
8. Desgl. in Zement
9. Stampfbeton in hydraulischem Kalk für Bögen und Mauern
mit höherem Wasserdruck (0,65 cbm feiner Kies mit nicht
mehr als 10 mm Durchmesser, 0,45 cbm Sand, 400 kg
hydraulischen Kalk)
10. Desgl. in Zement
11. Mauerwerk aus Ziegelsteinen in hydraulischem Kalk . .
12. Desgl. in Zement
13. Mauerwerk in Hausteinen
Tabelle V.
Fttr Deutschland gelten folgende mittlere Preise:
88 000 cbm
15 pro cbm
—
17-18 . ,
ir als 20000 qm
1 pro qm
0,70 „ „
29150qm
1,20 . .
7290 .
3 , .
—
17—18 pro cbm
22-28 , ,
—
20-22- , .
25-32 . ,
26
80 . .
150 , ,
Gegenstand
Einheitspreis
in Mk.
Bemerkungen
1. Ziegelmauerwerk in hydraulischem Kalk
2. Desgl. in Zement
3. Bruchsteinmauerwerk in hydraulischem
Kalkmörtel
4. Desgl. in Zement
5. Mauerwerk aus hammerrecht bearbeiteten
Bruchsteinen in hydraulischem Kalkmörtel
6. Desgl. in Zement
7. Mauerwerk in Hausteinen (je nach der
Harte des Steines und nach der Art und
Lange des Transportweges)
8. Stampfbeton in hydraulischem Kalk
(200 kg hydraulischer Kalk auf 1 cum
Beton)
9. Desgl. in Zement
pro
cbm
ff
?«
f?
,1
ff
n
»»
i»
»I ff
ff
n
fi
24-28
25-35
15-20
22—25
22-25
29-82
50-120
10-15
15-20
Ad 8 und 4. Wenn die Bruek-
•teine in der Hake d«r Baustelle
gewonnen werde» kennen.
Ad 7-11. Wenn Kies od« BokotUr
nnd Sand In der Nike der Bu-
steüe gewonnen werden kdi
*<
») Diese Steine wurden an Ort und Stelle gewonnen.
49*
772
IIL Theodor Koshn. Ausbau ton Wasserkräften. Einzelheiten.
Fortsetzung tob Tabelle V.
Gegenstand
Einheitspreis
in Mk.
Bemerkungen
10. Stampfbeton in hydraulischem Kalk
(400 kg hydraulischer Kalk pro cbm) . pro cbm
11. DesgL in Zement „ .,
12. Ein qm Putx ans hydraulischem Kalk,
15 mm stark (1000 kg hydraulischer Kalk
auf 1 cbm) „ „
18. DesgL in Zementmörtel „ „
14. Befestigung der Böschungen und der
Sohle durch eine Kiesdeckung. . , . „ „
15-20
28-28
0,75-035
1,00-1,20
0,40-0,55
IndtoMmPniatot
lohn für &m» Vabvmm
Di«
•Teatatll b«MBd<
w«rd«a.
Abb. 229.
Für Veranschlagung von Tunnelarbeiten mag angefahrt werden, dass der Ausbruch bei der An-
lage Morbegno (vergL die Profile und Längen, Taf. XVIt Fig. 1 u. 6a u. b) im Durehschnitt 16 bis
18 Lire pro cbm gekostet hat; beim Kabelwerk (Taf. XX, Fig. 8) pro cbm 18— 24Frs., bei dar An-
lage Lac Tanay bei Vouvry (S. 470) 20 Fr». Die Ausbetonierung hat bei der letzterwähnten An-
lage 70 Frs. pro cbm, beim Kübel werk 40— 50Frs. ohne den Verputz gekostet Im allgemeinen wird
man für Ausbetonierung von Tunneln wegen der grosseren Schwierigkeit der Arbeit Zusehlige von 50
bis 70 •/• su den gewöhnlichen Preisen für Beton su machen haben.
b) Di© Wakl des Gettlles und 4m Kanalprofils. Dag Wasser bewegt sich in
offenen Leitungen nach dem Gesetz des freien Falls und es müsste deshalb bei einem
bestimmten Gefalle eine immer beschleunigtere Ge-
schwindigkeit annehmen, wenn nicht der bewegenden
Kraft Widerstände entgegenstanden, welche Terur-
sachen, dass die Bewegung des Wassers bei gleich-
bleibendem Profil und bei gleichbleibendem Gefalle
eine gleichförmige wird. Diese Widerstände
setzen sich zusammen: a) aus der Reibung der Wasser*
teilchen untereinander, b) aus der Reibung der Wasser-
teilchen am benetzten Umfange, c) ans dem Wider-
stände der atmosphärischen Luft und besonders der
Luftströmungen, d) aus dem Widerstände, welchen die mitgeführten Geschiebe und
Sinkstoffe erzeugen.
Wenn AB und CD (Abb. 229) swei Querprofile in der Entfernung 1 darstellen und wenn be-
deuten:
J das relative Gefalle = Üu,
pq ein beliebiges Wssserelement zwischen den beiden Profilen von der Hasse m,
M die Masse aller Wasserelemente «wischen AB und CD,
g die Beschleunigung durch die Schwerkraft = 9,81 m = 82,18' engl.,
F den benetzten. Querschnitt .des Profils,
y dss Gewicht der Volumeneinheit des Wassers,
Xu und pr" Wagrechte und wenn Ab || pqT
so ist die bewegende Kraft des Elementes pq = m.g.qr = mg7u und die Beschleunigung denselben
Elementes g • qr = g su. Das Gewicht aller Elemente zwischen den um 1 voneinander entfernten Pro-
filen AB und CD ist M.g = F?. Ihre Beschleunigung ist ^p.J und ihre bewegende Kraft:
T«F.y.J. (!)
§ 2. Die WerkkahIle. 773
Bei der gleichförmigen Bewegung des Wassers muss der Widerstand in einem
Gerinne gleich der bewegenden Kraft sein. Die älteren Hydrotekten seit Brahms
(1753) und Chezy (1755) nahmen an, dass der Widerstand proportional sei dem benetzten
Umfange p des Profils und ferner dem Quadrate der mittleren Profilgeschwindigkeit v.
Letztere Annahme beruht auf der Ansicht, dass bei n-facher Geschwindigkeit nicht nur
n-mal so viel Wasserteilchen vom benetzten Umfange losgerissen werden, sondern dass
dies auch mit n-facher Geschwindigkeit geschehe. Danach würde sich der Widerstand W
auf einer Länge 1 des Gerinnes ausdrücken lassen durch W = p . vf (2)
und wenn man noch einen Erfahrungsbeiwert a hinzufügt durch W = a . p . v* (3)
Ferner wäre : a . p . y* = F . y . J und
j = _JJ:.Tt und wenn man - = R setzt J = W — . (4)
F.y p R.y x '
R bezeichnet man als den hydraulischen Profilhalbmesser. Setzt man
für- = £, so wird
r
yo j 1
—j.— und wenn man tje = c setzt t = e . Vß.J. (5)
Auf die Form von (5), welche als die Ch6zy-Eytelweinsche Formel be-
zeichnet wird, lassen sich auch alle neueren Formeln zurückführen. Eytelwein10) hat
£ = 0,0003856 und c = 50,9 als konstant angegeben. In Italien wird diese Formel
Tadini zugeschrieben, welcher als konstanten Wert für c = 50 angenommen hat
Später sind zuerst von Prony, dann von Lahmeyer, Hagen, Eytelwein
und anderen verbesserte Formeln aufgestellt, nachdem ihre Untersuchungen ergeben
hatten, dass man der Wirklichkeit mehr entsprechende Resultate erzielt, wenn man das
Produkt R. J. durch zwei Ausdrücke darstellt, von denen der erste der Geschwindigkeit,
der zweite dem Quadrate derselben proportional ist. Auf diese Weise entstand die
Formel
R.J = a.v + /*.vf (6)
also c = — — — (7)
v ' r
t
Prony gab für a den Wert 0,00004445 und für ß 0,00030931 an.
Es sei an dieser Stelle daran erinnert (vergl. S. 196 u. 197), daas infolge des Widerstands am
benetzten Umfange die Geschwindigkeit der Wasserteilchen von der Sohle nach der Oberfläche hin und
von den Ufern nach dem Stromstrich hin zunimmt. Die meisten Hydrotekten nehmen heute an, dass '
sich in einer Vertikalen die Geschwindigkeiten nach einer Parabel andern, deren Achse nach Dupuit,
Boilean, Darcy, Bazin, Humphreys-Abbot u. a. horizontal ist und deren Scheitel sich ent-
weder im Wasserspiegel oder etwas darunter in der Schicht der grOssten Geschwindigkeit befindet. Für
Werkkanäle, bei denen nur verhältnismässig kleine Wassertiefen vorkommen, wird man jedenfalls ohne
grosse Ungenaaigkeit nach Bazin annehmen können, dass die grösste Geschwindigkeit in einer Ver-
tikalen, also der Scheitel der Parabel, in der Wasserspiegellinie liegt.
Der Parameter der Vertikal parabel von der Form y* = ax berechnet sich allgemein nach der
Formel a = ^-— *-^-(8) (Abb. 230). Nach Bazin11) kann man für Werkkanäle unter der Annahme
V» — Vx
von vz =v<> die Geschwindigkeit an einer beliebigen Stelle einer Vertikalen berechnen nach der Formel
io) Eytelwein, geboren 1764 zu Frankfurt a. M. war ursprünglich Offizier, trat dann in den
preussischen Staatsdienst als Deichinspektor des Oderbrachs. Von 1816 an war Eytelwein Ober-
Landes-Baudirektor. Er hat besonders an der Oder, Weichsel, Warte und Niemen gearbeitet Gestorben
18. August 1848.
n) Recherches hydrauliques entreprises par H. Darcy continnees par H. Bazin, Paris 1865.
774
HL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
tx = vo— c^BJ Mr) and mmn ^*nn Vo = Tp^ä ^ annehmen, wenn vm die mittlere Geschwindig-
keit in einer Vertikalen bedeutet. Werte für c werden später angegeben werden. Die Geschwin-
digkeit an der Sohle vg ist nach demselben Autor ^ 0,75 vm.
Hagen18) hat gefunden, dass die Geschwindigkeiten in einer Vertikalen sich verändern nach
einer Parabel, deren Achse vertikal steht und deren Scheitel in der Sohle liegt (Abb. 231). Er gibt an für
vx= v8 + VäTtx <10)
(v0 — V.)s
worin v» die Geschwindigkeit der Sohle und at den Parameter der Parabel bedeuten a, =
OD
Abb. 280.
Abb. 231.
C
.» 1 ~x iß
B'
«5l
Die mittlere Geschwindigkeit vm in m in einer Vertikalen mnss gleich sein der von der
Geschwindigkeitskurve eingeschlossenen Fläche F in qm dividiert durch die Tiefe t in m. Also
Annahme einer Parabel mit horizontaler Achse als Geschwindigkeitskurve wird
vm = l/8
2v, + v. + -^(vo
H
(Abb. 280)
(12)
und wenn die Maximalgeschwindigkeit in der Oberfläche liegt (also t* = 0) wird vm = 1/8 [2v0 -(- ▼•) (18)
Dieselbe Formel gilt auch für die Hagensche Parabel mit vertikaler Achse. Hagen gibt auch an»
dass in den meisten Fällen vm5S6/7vo beträgt
Bei einer Parabel mit horizontaler Achse und dem Scheitel in der Oberfläche ist
tm = j/TSt = 0,5778 t (14)
Nach Hagen t» ^ 5/9 1 So 0,5555 1 (15)
Diese Angaben können dazu dienen die allgemeine Obersicht zu erleichtern, auch wenn man
ihnen eine allgemeine Gültigkeit nicht zuerkennt, da die Verhältnisse — und — auch von dem Raubig-
v© t
keitsgrade des benetzten Umfanges abhängen. Für die Verwendung in den meisten praktischen Fällen,
welche hier in Frage kommen, reicht ihre Genauigkeit aus.
Zerlegt man ein Kanalprofil in viele horizontale Streifen und trägt die Geschwindigkeiten als
Ordinaten auf, so ergibt sich nach den Untersuchungen von Humphreys und Abboti*) für jeden
>*) G. Hagen, Über die Bewegung des Wassers in Strömen. Berlin 1869. — Ober das von
Hagen aufgestellte Gesetz, nach welchem die Geschwindigkeit des strömenden Wassers sich mit der
Entfernung vom Boden vergrOssert. Zeitschr. des Aren.- und Ing.- Vereins Hannover 1872. 8. 476. — Die
Sohlengeschwindigkeit und die Geschwindigkeitsformeln der Ströme. Zeitschr. f. Bauw. 1877. S. 75.
*») Im Jahre 1850 wurden die Ingenieure A. A. Humphreys und L. H. Abbot von dar Mord-
amerikanischen Regierung beauftragt, für die Regulierung des unteren Mississippi die notigen Unter-
suchungen zu machen. Der Mississippi hat eine mittlere Breite von 1000—1500 m und eine Maximsi*
tiefe von 45 m. Unterhalb der Ohio-Einmündung beträgt der Unterschied des niedrigsten und höchsten
§ 2.
Die Werkkanäle.
776
Streifen eine Horizontalgeschwindigkeitskurve in Parabelform and alle diese Parabeln haben
den gleichen Parameter.
Wenn man die mittleren Geschwindigkeiten aller Vertikalen eines Querprofils von der zur
Stromrichtung lotrechten Wasserspiegellinie horizontal auftragt, so ergibt sich gleichfalls eine Parabel,
deren Scheitel im Stromstrich liegt und deren Achse angenähert lotrecht zu dem betreffenden Quer-
profil steht d. h. <^^90°. Die Gleichung dieser Parabel ist: yf = P (vmz — vmy) (Abb. 282) (16)
P ist der Parameter dieser Parabel.
Die Planimetrierung der von der mittleren Horizontal-Geschwindigkeitsparabel eingeschlossenen
Flache und die Division dieser Flächengrösse durch die Profilbreite b im Wasserspiegel gibt die mittlere
Profilgeschwindigkeit v, d. b. den Wert, welcher in der Formel (5) gemeint ist.
Die Beziehungen zwischen den mittleren Vertikalgeschwindigkeiten am Ufer v'a und y"u und
im Stromstrich Vmx einerseits und der mittleren Profilgeschwindigkeit v andererseits lassen sich aus-
drücken durch die Formel (Abb. 232)
'n+a,v"u
v = 2/3 Vm* +
/a, v'i
3b
!)
(17)
Abb. 282.
Bei Werkkanälen ist das Profil meist symmetrisch
v'n = v"u und Sj = a9 = --- und es wird deshalb
v = 2,8vmj:-fl/8vu und va = 3v — 2vms (18) u. (18a)
Der französische Ingenieur Darcy hat zuerst durch
seine in den Jahren 1849 bis 1851 auf der Pumpstation
Chaillot bei Paris unternommenen Versuche den Einfluss des
Grades der Rauheit auf den Widerstand des benetzten
Umfanges in einwandfreier Weise festgestellt.
Diese Versuche wurden mit verschiedenen offnen mit aus-
wechselbarem Umfang versehenen Gerinnen und mit 11 gusseisernen
Rohrleitungen von 0,036 bis 0,50 m Lichtweite und 2,5 m Stücklange
und über 100 m Gesamtlange vorgenommen. Im Jahre 1852 wurden
auf Empfehlung der Pariser Akademie der Wissenschaften dem Ingenieur Darcy grossere Hilfsmittel
und Mitarbeiter für die Fortsetzung seiner Untersuchungen rar Verfügung gestellt U).
Nach dem 1858 erfolgten Tode Darcys übernahm sein Gehilfe H. Bazin die
Leitung der Untersuchungen und von ihm stammen die heute in allen Ländern bekannten
und viel gebrauchten Formeln für die Bewegung des Wassers in Flüssen, Kanälen und
Rohrleitungen her. Die ursprüngliche Bazinsche, 1865 in dem in der Fussnote 11 bereits
erwähnten Werke veröffentlichte Geschwindigkeitsformel lautet:
R.J
- K)
v2 oder v
l/-+r
l/R. J
(19)
Wasserstandes 15,0 m und die maximale Abflussmenge ca. 83000 cbm/sek. Das Resultat der zehnjährigen
Arbeit war das von der Nordamerikanischen Regierung herausgegebene Werk : Report upon the Physies
and Hydraulics of the Mississippi-River, upon the protection of the alluvial region against overflow and
upon deepening of the mouths bored upon surveys and investigations raade under the acts of congress
directing the topographical and hydrographical survey of the delta of the Mississippi river with such
investigations as might lead to determine the most practicable plan for securing it Crom inundation and
the best mode of deepening the Channels at the mouths of tbe River. By A. A. Humphreys and
L. H. Abbot, Philadelphia 1861. Mit 20 Tafeln.
**) H. Darcy, Recherches exp&imentales relatives au mouvement de l'eau dans les tuyauz
de conduite 1857.
776
III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Für a und ß worden die folgenden Angaben gemacht:
1. Bei sehr glatten Wänden (geglätteter Zementputz, sorgfältig gehobelte
Bretter etc.)
2. Bei glatten Wänden (Hausteine, Backsteine, Bretter etc.)
3. Bei weniger glatten Wänden (Bruchsteinmauerwerk, rauhere Felswände etc.)
4. Bei Wänden in Erde
0,00015
0,00019
0,00024
0,00028
0,0000045
0,0000133
0,0000600
0,0003500
Ende der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts fanden die epochemachenden
Untersuchungen der schweizer Ingenieure Gangui 11 et und Kutter statt. Sie haben
den Wert für c in der Darcy-Bazinschen Formel auf eine andere Form gebracht,
indem sie
fi
— = m und
a
= in,
setzten und dadurch c
-V;
in. K
erhielten.
t
Um die Koeffizienten m und ml vor dem Wurzelzeichen zu haben, wurde ferner
— '— - = f gesetzt. Hieraus ergab sich die sogenannte abgekürzte Kuttersche
mi + Ä b+yR
Formel v = — ^jL . i/rj i*\
b+^R V )
In dieser Formel wird a konstant = 100 und b mit der Rauhigkeit veränder-
lich angegeben. Kutter gibt für b folgende 12 Rauhigkeitsstufen an:
Stufe I b = 0,12 Stufe VII b = 0,56
II b = 0,15 , VIII b = 0,72
(20)
III b = 0,20
IV b = 0,27
V b = 0,35
IX b = 0,93
Xb = 1,22
XI b = 1,67
XII b ^ 2,44
, VI b = 0,45
Wenig später, besonders aus Anlass des von Humphreys und Abbot veröffent-
lichten Werkes, welches erst Mitte der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in
Europa eine lebhaftere Erörterung hervorrief16), erweiterten Ganguilett und Kutter
i*) Allgemeine Bauzeitung 1869 und 1870, Abdruck des Aufsatzes von 1870 ist auch gesondert
veröffentlicht unter dem Titel: W. R. Kutter, Die neuen Formeln für die Bewegung des Wassers in
Kanälen und regelmassigen Flusstrecken. 2. Aufl. Wien 1877. S. 143.
»*) Grejbenau, H., Theorie der Bewegung des Wassers in Flüssen und Kanälen. Nach dem
Bericht Humphreys und Abbots Aber die physikalischen und hydraulischen Verhältnisse des Missis-
sippi-Stroms. Deutsch bearbeitet. Manchen 1867.
Borneman, K. R, Über die Humphreys-Abbotsche Theorie der Bewegung des Wassers
in Flossen und Kanälen. Civiling. 1867. S. 203.
Grebenau, Die Humphreys-Abbotsche Theorie der parabolischen Bewegung des Winoom.
Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1867. 8. 251.
Fournil, V., Resum^ des experiences hydrauliques executes par le gouvernement Americain
sur le Mississippi et remarques sur les cousequences qui en decoulent relat. ä la theorie des eanx
courantes. Paris 1867.
Bericht des Komitees zur Beurteilung der von H. Grebenau herausgegebenen Bearbeitung der
Humphreys- Ab bot sehen Theorie der Bewegung des Wassers in Flüssen und Kanälen. Zeitschr.
des österr. Ing.- u. Arch.-Ver. 1867. 8. 109.
Kutter, W. R., Über die neue Theorie der Bewegung des Wassers von Humphreys und
Abbot in Beziehung auf Gewässer mit starken Gefallen. Allg. Bauz. 1868—1869. S. 153.
Wiebe, A., Die neue Experünental-Theorie der Bewegung des Wassers in Flüssen von Hum-
phreys und Abbot. Zeitschr. f. Bauw. 1867. 8. 297.
§ 2.
Die WebkkanIlb.
777
die Formel (20), indem sie in den Ausdruck für c in der Eytelwein-Ch6zyschen Formel
die Grösse dieses Zahlenwertes vom Gefalle abhängig machten und den Rauhigkeitsgrad
in eine direkte Beziehung zu dem hydraulischen Halbmesser brachten. Diese neuere
Kuttersche Formel lautet:
23+1+ O'00'65
+{«+*?*) jfrj
. VrTj»).
(21)
c wird nach dieser Formel mit Zunahme des Gefälles bei grossen Querschnitten
kleiner bei kleinen Querschnitten grösser, welche Abhängigkeit in der Bazinschen
Formel und in der abgekürzten Kutterschen Formel nicht vorhanden ist. Der den
Rauhigkeitsgrad ausdrückende Beiwert n ist auch in eine Beziehung gebracht zum Werte R.
Für den Koeffizienten n bezw. für 1/n werden folgende Werte angegeben:
l/n
1. Kanäle mit sorgfältig gehobelten Holzwanden oder glattem Zementputz
2. Kanäle aus behauenen Quadersteinen, gut gefugten Backsteinen oder
rohen Brettern
3. Kanäle aus Bruchsteinen
4. Kanäle mit gepflasterter Böschung und Sohle
5. Kanäle in Erde
6. Kanäle in Kies mit Graswuchs .
7. Kanäle und Flüsse in Kies mit schlecht unterhaltenen unregelmässigen
Böschungen
S. Flösse mit gröberem Geschiebe, sehr unregelmässigen Ufern und Sohle
und mit Wasserpflanzen
0,010
100
0,013
77
0,017
58
0,020
50
0,025
40
0,030
33
0,035
29
0,040
25
Auf Grund der Veröffentlichungen von 6 a n g u i 1 1 e t und Kutter hat B a z i n seine
Formel umgearbeitet und ihr die Form v =
87 l/R
y+Y&
Viu
87
l+r£
VßJ
VlTT18) (22)
gegeben. Für den einzigen veränderlichen Koeffizienten y gibt er folgende Werte an:
1. Wände mit Zementputz oder gehobelten Brettern
2. Wände aus rohen Brettern, Hausteinen, gut gefügtem Ziegelmauerwerk
3. Wände in Bruchsteinen oder rohem Beton
4. Wände mit Stoinpflasterung oder sehr regelmässiger Kieseindeckung
5. Wände in Erde mit Pflatizenwuchs, aber regelmässigen Profilen . .
6. Ungewöhnlich rauhe und unregelmässige Wände in Flüssen ....
y
y
y
y
r
y
0,06
0,16
0,46
0,85
1,30
1,75
Die Formeln 20, 21 und 22 sind heute die fast in der ganzen Welt am
meisten gebrauchten, und es sind deshalb in den nachfolgenden Tabellen VI und
i?) Frank, Die Formeln über die Bewegung des Wassers in Röhren. Civiling. 1881. Heft 3.
y. Wagner, Harmonische Resultate der Gan gui lle t-Kutter sehen Formel für die mittlere
Flussgeschwindigkeit. Protokoll des sächsischen Ingen ieurvoreins, 85. Hauptvers. S. 27.
1 8) Etüde d'une nouvelle formale pour calculer le dlbit des cannaux decouverts. Ann. des ponts
et chaussecs 1879. 4. c.
» hsvvvk htv*M%> Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
>•%
*t+ sie sich nach den Formeln 21 und 22 ergeben, für
\ ii v W c; l« >ou
. jt-ti Wciu \ru !v umi J mammengestellt, welche für Werkkanäle besonders in Frage
^•uinion. Mu lim* üumr Tabellen wird die Anwendung dieser Formeln einfach und
»v »JlK"!»!.
Tabelle VI.
NWmi ttwt laM c in der Formel (21) v = c ^RJ nach Qangnillet and Katter.
■=— — — —
Hydraulischer
Halbmesser
Gefalle 1 =
»•
0,0001
0,0002
0,0004
0,0010
0,0100
\ \*u«m» «mI sorgfältig gehobelten
0,20
i
74
77
78
79
80
tu«*« ***** oder glattem Zement-
0,80
81
84
85
86
86
m«.4 u 0.010
0,50
88
90
91
91
91
1,00
100
100
100
100
100
2,00
109
107
106
105
105
8,00
118
111
HO
109
108
£ Kanäle ans behauenen Quader-
0,20
58
56
58
59
59
steinen, gut gefugten Backsteinen
0,80
60
68
64
64
65
oder rauhen Brettern n = 0,013
0,50
67
69
69
70
70
1,00
77
77
77
77
77
2,00
85
84
88
82
82
| 8,00
89
88
87
86
85
8. Kanäle aua Bruchsteinen
0,20
89
•
41
42
42
43
n 0,017
0,80
45
46
47
47
48
0,50
50
51
51
52
52
1,00
58
58
58
58
58
2,00
67
66
65
64
64
8,00
71
70
69
68
68
4. Kanäle mit gepflasterter Böschung
0,20
82
34
35
86
86
und Sohle n = 0,020
0,80
87
88
39
40
40
. 0,50
42
48
48
44
44
1,00
50
50
50
50
50
2,00
57
56
56
55
55
3,00
61
59
59
58
58
5. Kanäle in Erde n = 0,025
0,20
24
25
26
27
27
0,80
29
30
80
81
31
0,50
88
34
84
85
35
1,00
40
40
40
40
40
.
2,00
47
46
45
45
45
3,00
51
49
48
48
47
6. Kanäle in Kies mit Graswuchs
0,20
19
20
21
22
22
n = 0,080
0,30
23
24
24
25
25
0,50
27
27
28
29
29
1,00
33
33
33
38
88
2,00
40
40
39
88
88
i
3,00
43
42
42
41
41
9) A. Flamant, Inspecteur General des Ponte et Cbaussles: Hydraulique 1900. Paris.
§ 2.
Die WerekaxIle.
779
Tabelle VII.
Werte der Zahl c in der Formel (22) v = ey^RJ nach Bas in.
Hydraulischer
Halbmesser
B=*
P
1
Winde mit
Zenrantpnti
oder gehobelten
Brettern
y = 0,06
Winde ans rohen
Brettern, Hau-
steinen, gut ge-
fügtem Xlegel-
Maaerwerk
y=0.1C
oder rohem
Beton
y-0,46
Winde mit Stein-
pfasterung oder
•ehr regelmässiger
Kiesfindeekang
7 = 0^5
Winde in Erde
mit Plnnsenwuehs,
Profilen
7 = 1.30
Ungewffhnlkh
ranne vnd un-
Wlnde in
Flüssen
7 = 1.75
3
6
0,20
0,22
0,24
0,26
0,28
0,30
0,35
0,40
0,45
0,50
0,55
0,60
0,65
0,70
0,80
0,90
1,00
1,10
1,20
1,30
1,50
1,70
2,00
2,50
3,00
3,50
76,7
77,1
77,5
77,8
78,1
78,4
79,0
79,4
79,8
80,2
80,4
80,7
80,9
81,1
81,5
81,8
82,0
82,2
82,4
82,6
82,9
83.1
83,4
88,7
84,0
84,2
64,1
64,9
65,5
66,2
66,8
67,3
68,4
69,4
70,2
70,9
71,5
72,1
72,6
73,0
78,8
74,4
75,0
75,4
75,9
76,3
76,9
77,5
78,1
79,0
79,6
80,1
42,9
44,0
44,8
45,7
46,5
47,8
48,8
50,4
51,6
52,7
53,7
54.6
55,4
56,1
57,4
58,6
59,6
60,5
61,3
62,0
63,2
64,8
65,6
67,4
68,7
69,8
30,0
30,9
31,8
32,6
33,4
34,1
35,7
87,1
38,4
39,5
40,5
41,4
42,3
43,1
44,6
45,9
47,0
48,0
48,9
49,8
51,3
52,6
54,8
56,6
58,3
59,8
22,3
23,1
23,8
24,5
25,2
25,8
27,2
28,5
29,6
30,6
31,6
32,5
33,3
34,1
35,5
36,7
37,8
88,8
89,7
40,6
42,2
48,6
45,3
47,7
49,7
51,3
17,7
18,4
19,0
19,6
20,2
20,7
22,0
23,1
24,1
25,0
25,9
26,7
27,4
28,1
29,4
30,6
31,6
82,6
33,5
84,3
35,8
87,1
38,9
41,2
43,8
44,9
Um nun zunächst einen Überblick über die bei ausgeführten Anlagen gewählten
Wasserspiegelgefälle und über die angewendeten Werte von c zu geben, sind in der
nachstehenden Tabelle VIII für 15 Werkkanäle die bezüglichen Angaben gemacht:
Tabelle VHI.
Znsammenstellung der gewählten Werte für J nnd v bei 15 Anlagen mit Angabe der Werte für
v
c =
l/RJ
in abgerundeten Zahlen.
Bezeichnung der Anlage und
Beschreibung des Profils
Wasser-
spiegel-
Gefllle J
Wassertiefe t
und Spiegel-
breite h in
P- = B
p
in m
Geschwin-
digkeit in
m/sek.
Wasser-
menge in
cbni/sek.
__ V
"T
1. N o v a 1 e 8 a an (1. Cenischia.
Rechteckiges Profil in Beton.
Taf. XII, Fig. 2 n. 3
1:370
0,0027
t = l,0
b = 0,90
-SJ--M.
1,55
1,4
53,4
780
IIL Theodor Koehx. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Fortsetzung von Tabelle VIÜ.
Bezeichnung der Anlag» und
Betenreibiing des Profils
2. Kabelwerk. Rechteckige»
Tunnelprofil mit flach abge-
rundeter 8ehle nnd Glattputz.
Tat XX, Fig. 8
8. La Dernier-Vallorbe.
Rechteckige« Tnnnelprofil
mit flachgewölbter 8ohle in
Beton mit Glattputz. Taf.
XXX, Fig. 10
4. Les Clees. Rechteckiges
Profil mit Betonanskleidnng
und Glattputz
5. La Gonle. Rechteckiges
Profil mitabgemndetenKcken
in Beton mit Glattputz. Taf.
XVIII, Fig. 2
6. Jajce. Rechteckiges Profil
zwischen Betonwänden oder
Holzwftnden, S. 493, Abb. 99
7. Bergamasca. a) Recht-
eckigen nicht ausgekleidetes
Profil im Stollen. Taf. IX,
Fig. 2
b) Rechteckiges Profil im
Stollen mit Beton ausge-
kleidet Taf. IX, Fig. 3
c) Rechteckiges offenes Pro-
fil zwischen geputzten Be-
tonwinden. Taf. IX, Fig. 5
8. Morbegno. Trapezförmiges
Profi) mit Betonauskleidung
und Glattputz. Taf. XVI,
Fig. 6 a -g
9. Turbigo. a) Trapezförmiges
Profil mit Betonauskleidung
und Glattputz, Böschung
1:1,25. Taf. V, Fig. 3
b) wie ad a. Taf. V, Fig. 4.
10. Vizzola. a) Trapezförmiges
Profil, Böschung 1 : 1 mit Be-
ton ausgekleidet und geputzt
Taf. I, Fig. 4
b) Trapezförmiges Profil, Bö-
schung 4 : 1 mit sehr glatt-
geputzten Beton wänden. Taf.
II, Fig. 3
Gefälle J
1:1883
0,00075
1:883
0,003
1:3400
0,00029
1:1300
0,00076
1:1000
0,001
1:1000
0,001
1:837
0,0012
1:2000
0,0005
1:1000
0,001
1:8370
0,00012
1:8370
0,00012
1:6666
0,00015
1 : 1870
0,00053
nnd SpUgel-
nreHebni
*=B
F
in m
t
b
1,85
1,80
t
b
2,65
2,20
t = 2,0
b = 2,0
t
b
t
b
t
b
= 2,5i
= 3,4'
= 1,4}
= 3,4'
1,5
4,0
t = 1,40
b = 4,50
t
b
t
b
t
b
1,40
4,00
1,55
5,00
2,5
4,5
t=-2,80
b = 29,00
t
b
t
b
3,40
23,50
3.50
17,60
t = 3,90
b_- 8,30
2,48
4,50
5,7
4,0
6,0
8,0
71,40
32,12
65,45
25,88
52,05
21,49
0,54
8,98
= 0,64
= 0,666
7,8
4,26
5,60
6,0
7,0
6.8
7,3
5,6
6,8
7,75
8,10
10,6
9,03
= 1,02
= 0,76
= 0,86
= 0^60
= 0,82
-=0,96
= 1,17
= 2,22
= 2,58
= 2,43
digkeit In
Wi
28,56 __ öft
14,39 -1'98
1,50
8,52
1,0
2,25
9,87
2,0
2,03
2,30
1,
2,36
1,00
1,09
1,845
2,45
8,65
20,0
IM«
•ehntttliehel
beträgt
4.0
18,0
8,0
12,0
12,88
12,88
12,55
25
71,5
71,5
70
70
?»J
75,0
86,0
72
80,3
77,8
68,2
69,3
73,2
73,9
70,0
61,8
68,0
78
76
§ 2.
Die WerkkakIle.
781
Fortsetzung von Tabelle VIII.
Bezeichnung der Anlage and
Beschreibung des Profils
Wasser-
Spiegel-
Gefille J
Wassertiefet
«ad Spiegel-
breite b in
P
in
Geschwin-
digkeit in
m/sek.
Wasser-
menge in
cbnVsek.
Y=r
ywr
= 2,22
47,6
= 2,35
45
= 2,77
55,0
28,0
= 2,82
54,0
11. Jonage-Cueset-Lyon. 1:10000 t= 2,50 168,75
Trapezförmiges Profil mit 0,0001 b = 75,0 76,0
Böschungen 1:3, z. T. mit
Kalkbeton, z. T. mit Kies-
deckung und Faschinen be-
festigt. Tal XXXVIII, Fig. 4
12. Lechwerk Gerathofen. 1:8700 t= 2,50 81,0
Trapezförmiges Profil mit 0,000115 b=8S,0 84,42
Kiesdecknng, Böschungen
1:2. Abb. 134, S. 559
13. Wangen. Trapezförmiges 1:8000 t= 4,0 102,0
Profil mit Kiesdeckung, B0- 0,000125 b = 35,0 36,89
schung 1:2. In Hohe von
8.0 m über Sohle beiderseits
1,0 m breite Banqnette,
Sohlenbreite 17,0 m. Tai.
XXn, Fig. 6a
14. Hafslund. Rechteckiges 1:2000 t=6,5 6,5
Profil, z. T. zwischen Beton* 0,0005 b = 10,0
winden, z. T. in den Felsen
eingesprengt
15. Kykkelsrud. TrapezfOr- 1:1788 t = 9,0
miges Profil mit 1/10, Anzog 0,000377 b = 10,8
der Wände z. T. in rauhem
Felsen eingeschnitten, z. T.
mit Betonwänden eingefasst.
Taf. XXXIV. Fig. 3 und 4
Mit Hilfe dieser Tabelle VIII wird man beim Entwerfen eines Werkkanals leicht
ein vorläufiges Gefälle wählen können, indem man dasjenige Beispiel als Vorbild nimmt,
welches dem eignen Falle am ähnlichsten ist.
Gleichzeitig mit der Wahl des Gefälles ist auch das Profil für die auf Grund
der Vorarbeiten bestimmte grösste sekundliche Wassermenge Q vorläufig festzulegen,
wobei die Widerstandsfähigkeit des benetzten Umfangs gegen die Angriffe des fliessenden
Wassers zu berücksichtigen ist.
Bis heute liegen keine abschliessenden Untersuchungen über die ausschleifenden
Wirkungen des Wassers in Werkkanälen und über ihren Einfluss auf die Unterhal-
tungskosten vor.
In Tabelle IX Spalte 3 sind diejenigen Sohlen-Geschwindigkeiten angegeben, welche
bei Werkkanälen nach Ansicht des Verfassers zulässig sind, ohne dass ein erhebliches
Ausschleifen oder ähnliche Beschädigungen am benetzten Umfange eines Werkkanals ein-
treten, während in Spalte 2 Zahlen nach Telford beigefügt sind20).
2648 ==3'06
0,71
120
0,74
60
0,98
•
100,0
2,0
130
2,5
200
60
**>) A. Flamant, Hydranliqne. Paris 1900. S. 298. (Die in Klammern angegebenen französischen
Worte sind die Bezeichnungen nach A. Flamant für die Zahlen Spalte 2.)
782
III. Theodor Koehw. Aubbau ton Wasserkräften. Eikzelheiten.
Tabelle IX.
GrOsste zulässige Geschwindigkeiten an der Sohle für verschiedene Arten des benetzten Umfange«.
Art der Wände
Geschwindigkeit an der Sohle
1
2
i
8
Weiche Erde (Terre detrempee)
Weicher Ton (Argile tendre)
Sand (8able)
Kies bis Bohnengrosse (Gravier)
Grober Flusakies (Caüloux)
Schotter (Pierres cassees) und Trocken-Pflasterung
Nagelfloh and weicher Schiefer (Cailloax agglomeres, schiste tendre)
Steinschflttangen mit Böschungen von 1 : 1,5 nnd weniger, Trocken-
mauerwerk
Lagerhafter Felsen (Rocher en couchee), Bruchsteinmauerwerk in
hydraulischem Kalk, Bekleidung in Beton mit Zementputz,
Auskleidung mit glatten Holzbohlen
Harter Felsen (Rocher dar), Hausteinmauerwerk, sehr gutes Ziegel-
mauerwerk in Zementmörtel, fetter Stampfbeton in Zementmörtel
mit Zementputz
von 0,076
„ 0,152
, 0,305
, 0,609
, 0,914
, 1,220
, 1.520
. 1,830
, 3,050
bis -
! 0,450
, 0,750
, 1.200
. 1,500
, 2,000
, 2,500
, 3,500
Die Geschwindigkeit an der Sohle eines Kanalprofils nimmt vom Stromstrich
nach den Ufern zu ab (S. 775). Angenähert kann man annehmen, dass die mittlere
Profilgeschwindigkeit gleich sei dem 0,75 fachen der mittleren Vertikalgeschwin-
digkeit im Stromstrich y = 0,75 vMX (Abb. 232) nnd dass die Geschwindigkeit an der
Sohle im Stromstrich v», = 0,7ö Vn ist , sodass die grösste Sohlengeschwindigkeit im
Stromstrich etwa gleich der mittleren Profilgeschwindigkeit angenommen werden darf.
Es kann also für die Wahl der Befestigungsart nach Tabelle IX bei gewählter mittlerer
Profilgeschwindigkeit diese letztere direkt zugrunde gelegt werden.
Die grösste bekannte Geschwindigkeit in einem Werkkanal ist bei dem Wasser-
kraft-Elektrizitätswerk der Niagara Falls Power Co. (Kap. II § 28 S. 545) zur
Anwendung gekommen, wo bei einem 2150,0 m langen, in harten Felsen eingeschnittenen
Tunnel bei einem Querschnitte von 31,2 qm und einem Gefälle von 7°/©o sich bei
260,5 cbm/sek. eine Geschwindigkeit von 8,85 m/sek. ergab. Grössere Geschwindigkeiten
als in Werkkanälen kommen in Überlaufkanälen vor, aber solche Überlaufkanäle sind
meistens kurz und werden nur selten mit der grössten Wassermenge beanspucht (vgL
Abschnitt c dieses §).
Bei Aufsuchung des vorteilhaftesten Profils sind eine ganze Reihe von verschie-
denen Gesichtspunkten zu berücksichtigen. Die nachstehenden Betrachtungen sollen
zunächst Hinweise auf die theoretisch günstigen Profilformen geben. Freilich wird man
häufig aus praktischen Erwägungen das theoretisch günstigste Profil für die Ausführung
nicht wählen können, aber es ist doch zu empfehlen, das letztere zunächst aufzusuchen,
um zu sehen, um wie viel die Querschnittsfläche des gewählten Profils grösser wird« als
diejenige des theoretisch günstigsten.
Es ist die seid. Wassermenge, welche dnreh ein Profil in der Zeiteinheit dienet: Q = F.t;
wenn v die mittlere Profilgeschwindigkeit bedeutet, nnd nach Einsetzung des Wertes fttr t nach
Gleichung (5) wird Q = F.c.yRJ = c.l/~ .J
(28)
Hieraus folgt J = J^£ u*d F
V c«.J
(34 n. 25)
§ 2. Die WerkkanIle. 783
In Abb. 238 ist F = b-±-b* . t = (b — t cotg . <p) t (26)
und wenn das Verhältnis w- = tj gesetzt wird P = ijb% (1 — 17 cotg qp) (27)
Es ist der benetite Umfang p = b| + -3^- und bt = b - 2 t . cotgcp (28) u. (29)
sin <p
Hieraus ergibt sich p = b + 2 1 [ -J cotgo>\ = b + 2t . tg?/, (30)
\Binq> /
Setzt man wieder -ir = fy so wird p = b (1 -{- 2 1? . tg ¥/») (31)
Fflhrt man die Ausdrücke von 31 und 27 in die Gleichung 25 ein, so wird
Wenn man diesen Ausdruck in 31 einsetzt, so wird
B_i/Q' ra+zijtgf/,)»]*
Ein Profil wird nun nach der Gleichung 23 für die Wasserführung am günstigsten, wenn p ein
Minimum wird; p ist eine Funktion von «. Man hat also den Ausdruck --= — — ---■ - - nach n zu
r ' 17 (1 — ifcotg.gp)
differenzieren und den ersten Differentialquotienten = 0 zu setzen. Hieraus ergibt sich
g+2?tgr/,)(^-i) ^
17* (1 — 17 cotg. y)1
Der Ausdruck wird = 0, wenn entweder 1 + 2iytg9/« = 0 d. h. 17 = — 1/2 cotg ?/8 wird oder
2 1?
wenn — r-* 1=0 wird, d. h. « =?= 1/2 . sin w.
sin 9? ' x
Durch Bildung des zweiten Differentialquotienten findet man, dass für den ersten Ausdruck das
Maximum, für den zweiten das Minimum der Funktion von 17 eintritt
Es wird also der benetzte Umfang p zum Minimum, wenn 17 = 1/2 . sin 9 und
2t
t = tj . b = 1/2 b sin 9, beziehungsweise b = — — (34) wird. Setzt man diese Werte in
2 ~— — COS CD
die Gleichung (30) ein, so wird für das günstigste Profil p = 2t. . — (35)
und wenn man in die Gleichung (26) F = (b — t . cotg q>) t den obigen Ausdruck für b ein-
setzt, wird P - 1« (LZ~U!) (36) und R = * = 1/2 1 und t = tC^^fZ (37)
7 \ sm<jp / v ' p r c*J(2 — cosy)2 v '
In dem für die Wasserabführung günstigsten trapezförmigen
Querschnitt ist also der hydraulische Halbmesser von dem Böschungs-
winkel unabhängig. Die Böschungslänge einer Seite muss gleich der
halben Spiegelbreite sein.
Wird g>==90°, also das Profil ein rechteckiges, so wird b = 2t; F = 2t2; und
p = 4t; R wie beim trapezförmigen Querschnitt = 1/2 1. —
Soll dasjenige trapezförmige Profil gesucht werden, für welches die kleinsten
Anlagekosten notwendig sind, so wird bei gleichem Q und J ausser p auch F- zu
einem Minimum werden müssen. Die Anlagekosten sind natürlich nicht allein von der
Querschnittsfläche F, sondern noch von vielen anderen Umständen (Höhe der Hebung
des Bodens, Transportlängen, Ausgleich von Abtrag und Auftrag, Lage des Grund-
wasserspiegels, Art der Befestigung von Sohle und Böschungen u. a. m.) abhängig,
sodass diese Betrachtungen nur relativen Wert haben. Immerhin aber können sie die
Übersicht erleichtern.
784
IIL Tbbooob Koehh. Ausbau von Wasserkräften. EmzsiJBBmur.
Setzt man in die Gleichung (27) den Ausdruck (32) für b ein, so wird
2 ***/,)•
'- m)w
*?cotgy)
Soll F als Funktion von rj ein Minimum werden, so wird der Ausdruck
(,« — / i ) nach 17 zu differenzieren und der erste Differentialquotient = 0 zu
17(1— ij.cotgy)/
setzen sein. Man sieht, dass diese Funktion dieselbe ist, wie diejenige aus Gleichung 33
2t
und deshalb muss auch F am kleinsten werden für t = l/2b.sing> und b = —
sin 9)
Um also bei gegebenem q>9 b, Q und J das günstigste trapezförmige Profil zu
finden, braucht man nur aus A (Abb. 233) mit 7*b einen Kreisbogen zu schlagen, so wird
der Schnittpunkt des Bogens mit der Böschungslinie zugleich den Schnittpunkt der Sohle
angeben. Für das günstigste Profil ergeben sich auch, indem man in die Gleichung (32)
den Wert für ti = l/2.üng> einsetzt, b=j/-y
64 Qi
(39)
(40 u. 41)
(42)
c* . J . sin'qp . (2 — co&9>)*
F = 1/4 b* . siny . (2 — cos 9) und p = b (2 — cos 9))
Im günstigsten Profil ist die Sohlenbreite b1 = b(l — cos q>)
t_ siny
bx 2(1 — cos 9)
Hieraus ergibt sich t~ für verschiedene Neigungswinkel der Böschungen wie folgt
"1
Für vertikale Seiten-
bOschungen
tg «? = <»
1:1/2
tgo> = 2
1:1
tg? = l
Für Böschungen
1:1,5
tgy = 2/3
1:2
tg«> = l/2
1:3
tgo> = l/3
J^
W
= 0,50
= 0,81
= 0,21
= 0,65
= 2,11
= 3,04
Aus Gleichung (39) folgt, dass wenn man bei gegebenen Q und J zum Beispiel
wegen des Grunderwerbs b zu einem Minimum machen will, qp = 90° werden muss.
Beispiel : Wenn man die eekL Wassermenge Q = 60 cbm/sek. und das Gefälle J = 1 : 8700 und
das BOschungsverhältnis 1:2 wie beim Lechwerk-Gersthofen wählte und wollte das günstigste
Profil suchen, so würde zu setzen sein F = t» . (— ™-*) = t» f ^~— ) = t1 . 2,47. Da ein Profil
\ sin <p / V 0,447 /
mit Eiesdeckung angenommen ist, soll c vorläufig = 45 gewählt werden. Es ist dann nach (23)
*n am* ak -|/*~~i j * i/(60)sT87Ö07r2 CK1
60 = 2,47 t». 45. |/ g.J oder t= [/ ^2^7)^45)^" = 5'51 "^
b ergäbe sich = - - = "/£ = 24,66: \h = b — 2 1 . cotg© = 24,66 — 22,04 = 2,62, R wurde = \ = 2.76.
S1D <p 0,44/ £
Für diesen Wert von R wurde nach Bazin, Tab. VII, Spalte 6, der Bei wert c ^2 48,7 zu setzen sein.
Man konnte also die Rechnung mit c — 48,7 wiederholen. Da aber die Bestimmung des Bei wertes c
ohnehin unsicher bleibt, und man Oberhaupt mit Rücksicht auf die Ablagerungen in der Sohle, auf den
Graswuchs etc. in der Praxis lieber etwas zu ungünstige Annahmen macht, so genügt die angestellte
Rechnung. F ergab sich zu 74,94 qm und v= I, zu rd. 0,80 m sek. Eine Wassertiefe von 5,51 m wUrde
ohne feste Bekleidung nur bei einem sehr undurchlässigen Terrain zulässig sein und bei durchlässigem Terrain
eine sehr sorgfältige Dichtung von Sohle und Böschung erfordern. Die Geschwindigkeit von 0,80 m, sek. wurde
immerhin eine Bedeckung der Böschungen von etwas grosserer Dicke und mit etwas gröberem Kiese ver-
langen, als sie bei der tatsächlich beim Lechwerk zugrunde gelegten Geschwindigkeit von 0,74 notwendig
war. Wenn sich die Wasserspiegellinie gerade in TenainhOhe befände, so würde sich zwar mit dem thore-
§ 2. Die WerkkanJLle. 785
tisch besten Profil gegenüber dem beim Lechwerk gewählten Profil von 81,0 qm Querschnitt (Abb. 134,
S. 559) eine Ersparnis von 6,06 qm, also von 6,06 ebm Bodenbewegnng pro lfm. Kanal ergeben, da aber
die WasserspiegeUinie zum Teil höher lag als das Terrain und deshalb Dämme nötig waren, so kam
es noch darauf an, den besten Ausgleich zwischen Auftrag und Abtrag zu finden, und in dieser Be-
ziehung war das tatsächlich gewählte Profil dem theoretisch günstigsten vorzuziehen. Auch hätte man
zu berücksichtigen gehabt, dass bei dem theoretisch günstigsten Profile der Boden hoher za heben ge-
wesen wäre als bei dem gewählten Profil und dass bei ersterem ein Teil des Bodens unter Wasser-
andrang auszuheben gewesen wäre, also im Anschlag mit höheren Einheitspreisen hätte zum Ansatz
gebracht werden müssen. Man wird überhaupt Wassertiefen von mehr als 4,5 m bei grOsster Füllung für
Erdprofile mit Kiesdeckung mit Rücksicht auf die Schwierigkeit der Dichtung und die Gefahr des Durch-
bräche selten wählen, es sei denn, dass man entweder mit der Sohle bereits unter dem Grundwasser-
spiegel liegt, als Wasserdruck also nur die Differenz zwischen diesem und dem Kanalspiegel in Frage
kommt, oder dass man den Kanal in ganz zweifellos undurchlässigem Boden von genügender Mächtigkeit
einschneiden kann. Beim Lechwerkkanal waren ferner noch Schiffahrtsinteressen zu berücksichtigen
und daraus ergab sich bereits eine Mindestbreite im Wasserspiegel von 2 . 8,6 = 17,2 m, unter welcher
die Wassertiefe nicht weniger als etwa 2,0 m betragen durfte. Bei dem ermittelten für die Wasser-
führung theoretisch günstigstem Profile war die Gesamtspiegelbreite 24,66 m und die Breite, unter
welcher noch mindestens eine Wassertiefe von 2,0 m vorhanden gewesen wäre, hätte nur 24,66 — 8,0
= 16,66 m betragen, also man hätte schon wegen der Schiffahrt das für die Wasserführung günstigste
Profil entsprechend umgestalten müssen.
Soll für bestimmte Werte von Q, t oder b und J der Winkel q> gefunden werden, bei
welchem das für die Wasserführung günstigste Profil entsteht, so ist der Ausdruck aus
Gleichung (36) für F = t2 1 : — i nach q> zu differenzieren und der
erste Differentialquotient = 0 zu setzen. Man erhält dann 2 . cos q> =
sin2 <jp -f- cos2 9 = 1; cos 9 = 1/2 ; also <p = 60°. Böschung 1 : 0,577. Den
günstigsten Querschnitt bildet demnach, wenn man bezüglich des Win-
kels g> freie Wahl hat, ein halbes regelmässiges Sechseck (Abb. 234), in
welchem F = 1,725 12 ; t = -=-5- (angenähert) ; p == 3,45 1 ; b = 2,3 1; bt = 1,15 1 ist, denn.
R wird wieder = -5-.
Diese Neigung von 1 : 0,577 oder angenähert 1:1/2 wird in Einschnittsprofilen oft
mit Vorteil gewählt werden, wenn eine Befestigung der Böschungen mit Trockenmauern
oder Betonmauern notwendig ist.
Soll eine gewisse Geschwindigkeit nicht überschritten werden und will man mit
Rücksicht auf die Dichtung von Sohle und Böschungen auch die Wassertiefe t festlegen,
so sind bei gegebenem Böschungswinkel und bei gegebener Wassermenge Q auch das kleinste
Q
Profil und das Gefälle festgelegt, denn es ist F = — = t2 . cotg . g> + bt t und
u Q * * a Q , . . 2t Q (2 — cosq>\
bi =— — — t . cotgop und p = — — tcotgcp + — ; = — + 2tl — = — I.
1 v.t x vt DT^ ' smy vt ' \ smgp /
Hieraus wäre R zu bestimmen, alsdann nach den Tabellen VI bis VIII der Bei
wert c zu wählen und J = - «— fr zu berechnen.
er . K
Wie aus der Tabelle VII deutlich hervorgeht, hängt die Geschwindigkeit bei ge-
gebenem Gefälle in erheblichem Masse von dem Rauhigkeitsgrad des benetzten
Umfanges ab. Man wird daher häufig zu untersuchen haben, ob ein Profil mit Beton-
bekleidung der Sohle und Böschungen nicht billiger wird als eines, welches zum Schutze
des Dammes oder Einschnittbodens z. B. mit Kiesdeckung versehen ist.
Handbach der Ing.-Witiensch. III. TeiL 13. Bd. 50
786 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Beispiel: Das normale Profil der Anlage Wangen (Taf. XXII, Fig. 6a) hat bei 4,0 m Wasser
tiefe einen Querschnitt von 102,0 qm nnd einen benetzten Umfang von 36,89 m, sodass R — 2.77 m nnd
v bei 100 cbm/sek. = 0,98 m/sek. wird; e sei hier = 52,5 angenommen fttr J = 0,000125 (S. 781 ad 13).
Um zu untersnchen, wie sich die Kosten eines Profils mit Betonbekleidung nnd Böschungen
▼on 1 : 1 stellen würden, bei dem man Ci etwa zu 75 annehmen könnte, wenn R ungefähr denselben
Wert behielte, würde man die Geschwindigkeit t, im gesuchten Profil bei gleichem Gefalle J vorläufig
▼ 75 098
berechnen können nach Vi =Ci . = /0 i - — 1,40 m/sek. t soll gleichfalls = 4,0 m angenommen
C OdfO
werden und auch im gesuchten Profil soll in Höhe von 3,0 m über der Sohle beiderseitig ein Bankett
von je 1,0 m angelegt werden. Bei einer Böschung von 1 : 1 wird cotgqp = 1 und es wird F — - - — - ^
V| 1,4
= rd. 7 1 ,4 qm. Bezeichnet b, die 8ohlenbreite, so ist 71 ,4 = 3* + th 4 + 2 X 4 + 1 woraus sich bt = 13.35 m,
ferner b = 23,35 m bei t = 4 m und b' = 26,15 bei V = 5,4 m ergeben. Der benetzte Umfang p, wäre
= 26,66 und R = 2,68, woraus sich v, = 1,373 ergeben würde. Mit diesem Wert könnte man nun die
Rechnung wiederholen. Da aber der Unterschied in der Geschwindigkeit nur klein ist, kann es bei der
Unsicherheit in der Bestimmung des Wertes von c, mit dem Profil sein Bewenden haben. Hiernach
würde also für das mit Beton ausgekleidete Profil pro lfm. Kanal 102—71,4 = 30,6 cbm weniger Boden
zu bewegen sein, wenn man die Wasserspiegellinie in Terrainhöhe annimmt, und es wurden dadurch
80,6.0,7 = 21,42 Mk. pro lfm. Kanal an Erdarbeiten gespart werden können. Die Kiesdeckung der
Böschungen und Sohle bei dem Erdprofil soll einschliesslich der Dichtungsarbeiten und des Mehranshubs
von Boden mit 1,6 Mk. pro qm veranschlagt werden, sodass die Bekleidung mit Kies 36,89 . 1.6 = 59,02 Mk.
pro lfm. Kanal kosten würde. Nimmt man bei dem mit Beton ausgekleideten Profil eine durchschnittliche
Dicke der Bekleidung von 18 cm an, so sind pro lfm. Kanal 26,66 X 0,18 = rd. 4,80 cbm Beton notwendig.
welche in der Voraussetzung, dass der Kies an Ort und Stelle gewonnen werden könnte, etwa mit 15 Mk.
pro cbm zu veranschlagen waren. Für die Putzschicht zur Glättung der Böschungen und der Sohle hätte
man noch etwa 0,50 Mk. pro qm oder pro lfm. Kanal 26,66 X 0,5 = 13,30 zu rechnen , sodass die Beklei-
dung mit Beton und Glattputz pro lfm. Kanal 85,30 Mk. Jcosten würde. Es würden also das Profil mit Beton-
bekleidung Mehrkosten verursachen: 85,30 — (59,02 -f- 21,42) = 4,86 Mk. pro lfm. Kanal, welchen Mehr-
kosten bei den Strecken mit 5,4 m Sohlentiefe unter Terrain ein um (40,60 — 26,15) = 14,35 qm kleinerer
Grunderwerb pro lfm. zugunsten des Profils mit Betonauskleidung gegenüberstände.
Wie aus Tabelle IX hervorgeht, ist man in bezug auf die Geschwindigkeit bei
Profilen mit Kies und Schotterbedeckung in engeren Grenzen gebunden, hat aber grösseren
Spielraum bei allen Profilen mit fester Bekleidung des benetzten Umfanges. Man kann
deshalb noch Vergleiche für verschiedene Gefälle anstellen, um das gunstigste zu finden,
wobei der Nutzwert der verschiedenen Lösungen in Berücksichtigung zu ziehen ist. Ist
H in m die Druckhöhe in den Turbinen bei einem Wasserspiegelgefalle J in m und Ht
diejenige bei einem zweiten stärkeren Ju so verhalten sich die erzielbaren Leistungen
in PS# an den Turbinen bei einem bestimmten Q in cbm/sek. wie H : H, und wenn man
in beiden Fällen während a Stunden die Kraft jährlich ausnutzen kann, so verhalten
sich auch die jährlichen Leistungen in PS, -Stunden ~ *„ * * = s wie ö-. Der
* ^.MplU.a i) Mi
Ausdruck (A — B).C würde den Aufwand in Mk. darstellen, welchen man jährlich
höchstens für das Profil mit dem schwächeren Gefalle mehr aufwenden dürfte, wenn
C den Nutzwert pro PS»-Stunde in Mk. bedeutet. Bezeichnet man mit D in Mk. die
I) fi 2
Mehrkosten des Profils mit dem schwächeren Gefalle J, so würde * * etwa die jähr-
lichen Mehraufwendungen bei einer Verzinsung von 4,5% jährlich, einer Tilgung in
60 Jahren und einer Quote für Unterhaltung und Bedienung von je 0,5% bedeuten.
Es müsste also sein (A — B) . C > ' ' . In der Praxis wird man für den Nutzwert
(Einnahmen weniger Ausgaben) pro PSrStunde C bei derartigen Rechnungen stets un-
günstigste Werte einsetzen um sicher zu gehen.
Mitunter wird es nicht möglich sein, ein einheitliches Profil und ein einheitliches)
§ 2. Die Werkkanäle. 787
Gefälle für die ganze Kanalstrecke durchzufahren, sondern man wird durch die örtlich-
keit gezwungen sein, oder durch die Rücksichtnahme auf die möglichste Einschränkung
der Anlagekosten dazu geführt werden, das Profil und das Gefalle streckenweise zu
ändern (vgl. z. B. Anlage Wangen S. 429, Bergamasca Taf. IX, Fig. 4 und 5, Turbigo
Taf. V, Fig. 3 und 4). Wird ein Profil, in welchem gleichförmige Bewegung herrscht,
verengert (Abb. 235) und ist die Strecke des verengerten Profils so
lang, dass sich in ihm abermals eine gleichförmige Bewegung bilden *
kann, so kann man mit Hilfe der folgenden Formeln die Rech- "■£" "T 1" %
nungen durchfuhren:
Es seien J das relative Gefälle der beiden Strecken mit
gleichförmiger Bewegung, R, v, t der hydraulische Halbmesser, die "H^
Geschwindigkeit und die Wassertiefe des oberen Profils, R', v', t' *
der hydraulische Halbmesser, die Geschwindigkeit und die Wassertiefe in dem unteren
verengerten Profil, dann gelten die Gleichungen:
v2 v* R v2
R.J = ^; K'.J = ^; £ = $, (43)
Der Beiwert c der allgemeinen Geschwindigkeitsformel v = c . j/R J ist von R und v
abhängig und braucht daher in beiden Fällen nicht gleich zu sein, er kann aber zunächst an-
näherungsweise als gleich angenommen werden. Es sei nun ferner vorausgesetzt, dass das
obere Profil in ein rechteckiges mit gleichem Q, v und demselben t verwandelt sei und
dass b die Breite dieses Profils bedeute. Hierbei ist zu beachten, dass der hydraulische
Halbmesser der gleiche sein muss. Also wenn bY die Sohlenbreite des für die Rechnung
in ein rechteckiges umzuwandelnden vorhandenen Profils und (p den Böschungswinkel be-
1 sinqp
Zahlenwerte für t, bj und g> oder direkt für R leicht b berechnen lässt. Gesucht soll
werden die Wassertiefe t' in dem unteren engeren Profil, welches zunächst auch als
rechteckig anzunehmen ist mit einer vorläufigen, unter Berücksichtigung der örtlichkeit
oder der möglichst kleinen Anlagekosten gewählten Breite b'. Zur Auffindung eines
t' v**
ersten Annäherungswertes kann man nach (43) setzen : — = —i.
v'1 tf b*
Es ist ferner t . b . v = t' . b' . v' ; -j = f*\*t und unter Benutzung der obigen
t'8 b* "l/b*
Näherungsgleichung -^ = ^ und V = t, y -— (44)
Hat man auf diese Weise t' angenähert ermittelt, so kann man Zahlenwerte für
v' und R' berechnen und danach auch den richtigen Wert für c' wählen und t' aus der
Formel Q = b1 1' c' j/R' J genauer berechnen. Ergibt sich eine grössere Abweichung von
dem zuerst ermittelten Werte von t', so wird man neue Zahlenwerte für R' und c' er-
mitteln und die Rechnung wiederholen. Kleinere Abweichungen kann man unberück-
sichtigt lassen,, da die Bestimmung der Werte von c ohnehin immer unsicher bleibt.
Die Erhöhung h, welche der Wasserspiegel am Anfang des verengerten Profils erfahren
muss, ist:
k-*-*»(yg-i}
(45)
Wäre z. B. b'=4/5b, so würfle sich h = 0,164 too 1/6 1 ergeben. Bei b' = l/2b
würde h=0,6t.
SO»
788 M. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Zwischen den Profilen A und B muss die Geschwindigkeit des Wassers von v zu
v'* v«
y' übergehen, wozu eine Druckhöhe hx = — ~ vorhanden sein muss. Die Wasserhöhe
bei A wäre also demnach tf-f-h^ Daraus ergibt sich aber, dass die Geschwindigkeit
bei A nicht mehr v, sondern entsprechend dem grösseren Querschnitte FA = b(t/4-h1)
zu va = , .^ . , . wird. Deshalb ist die Grösse h* erneut zu berechnen aus der
Wt' + bj)
Gleichung h1. = — ~
Von Profil A nach aufwärts wird der Wasserspiegel in einer asymptotischen Stau-
kurve allmählich in den normalen Wasserspiegel der gleichförmigen Bewegung übergehen.
Wegen Berechnung der Stau weite vergl. S. 636/637. Ergibt sich mit dem vorläufig ge-
wählten b' und der Annahme, dass die Sohle parallel zum ursprünglichen Wasserspiegelge-
fälle J in ungebrochener gerader Linie durchläuft, ein Aufstau, welcher für die Verhältnisse
nicht passt, so wäre das nächstliegende, dass man die Sohle im verengten Profile ent-
sprechend vertieft. Geht das nicht an, so wird man aus den Ergebnissen der Rechnungen
nunmehr schon in der Lage sein, für b' eine andere passendere Grösse zu wählen, mit
der dann die Rechnung zu erneuern ist, oder man kann unter Beibehaltung des ge-
wählten bezw. ermittelten Wertes von b' und mit einem passend gewählten Werte für
t' das Gefälle in dem verengten Profil verstärken und es ergibt sich J' = T-^-v^-^-5^
D t C IC
Ausser auf die günstigste Wasserführung hat man bei dem Entwerfen eines Werk-
kanals auch darauf Rücksicht zu nehmen, dass die in den Werkkanal hinein gelangenden
Geschiebe und Sinkstoffmengen, welche bei schwachem Betriebe und in den Betriebs-
pausen zur Ablagerung kommen zu den Grundablässen geführt werden, damit künstliche
Räumungen der Kanalsohle, welche immer in unliebsamer Weise die Betriebskosten ver-
grössem, vermieden werden. So zum Beispiel sind die Ablagerungen in dem Werkkanal
der Anlage Jonage-Cusset-Lyon doch so beträchtlich, dass von Zeit zu Zeit Bagger-
arbeiten nötig werden. Auf S. 132 sind diejenigen Geschwindigkeitszahlen, bei welchen
sich nach Du Buat, Franzius, Suchier noch die Sinkstoffe und Geschiebe von ver-
schiedener Korngrösse bewegen, mitgeteilt, und es ist auf S. 133 und 134 gezeigt, dass
die Schleppkraft an der Sohle S = 1000 . t . J in kg/qra ist, wenn das Gewicht eines cbm
Wassers = 1000 kg gesetzt wird. Der Widerstand, den das Geschiebe der Schleppkraft
entgegenstellt, beträgt pro qm W = (y0 — 1000) V.r, wenn y0 das Gewicht pro cbm des
Geschiebes, V das Volumen des Geschiebes auf einem qm und r = tga den Reibungs-
beiwert bedeuten. Es sind also die Wassertiefe, das Gefälle und der Reibungs-
winkel auf die Geschiebeabführung von Einfluss, und es folgt daraus, dass bei gleichem
Gefalle die tieferen Profile und bei gleichem Gefalle und gleicher Tiefe die Profile mit
fester glatter Sohle in bezug auf die Geschiebeabfübrung den Vorzug verdienen.
Bezeichnet d in m die Dicke einer auf l qm der Sohle gleichmässig verteilt
liegenden Geschiebeschicht, so muss sein 1000 .t.J>(y0 — 1000) . d . tg a. Die Formel
gilt für wagerechte Sohle. Ist der Neigungswinkel der Sohle in der Längsachse eines
Werkkanals /?, so tritt zu der Schleppkraft des Wassers pro qm Sohlenfläche noch die be-
wegende Kraft, welche die Erdschwere auf das Geschiebe selber ausübt = (y0 — 1000) . d . sin£,
und es wird der Widerstand Wt = (yc — 1000) d . tga . cos/7. In diesem Falle muss also
sein: 1000t. J-+ (y0 — 1000) d sin/? >(y0 — 1000). d. tga. cos/?. (46)
Da das Gefälle, welches man der Sohle eines Werkkanals geben kann, fast in
allen Fällen schwächer als 1 : 250, also tg ß& sin ß<i 0,004 und cos/?~ 1 sein werden, so kann
§ 2. Die WerkkakIle. 789
die Neigung der Kanalsohle bei gleichem J und t nur einen verschwindenden Einfluss auf
die Bewegung der Ablagerungen haben. Man gibt aber dennoch häufig der Sohle eine gegen
diejenige des Wasserspiegels verstärkte Neigung, um durch Absenkung des Wasserspiegels
an den Turbinen oder Druckkammern eine grössere Spülwirkung erzielen zu können.
So wurde bei der Anlage Lechwerk-Gersthofen der Sohle ein Gefälle von 1:2500
bei einem normalen Wasserspiegelgefälle von 1 : 8700 und der Sohle des Werkkanals der
Anlage Kykkelsrud bei einem normalen Wasserspiegelgefalle von 1:1733 ein Gefälle
von 1 : 660, der Sohle des allerdings nur rd. 600,0 m langen Werkkanals der Anlage
Füre et Morge ein Gefälle von 1:260 bei einem normalen Wasserspiegelgefälle von
beinahe l:oo gegeben. Bei der Anlage Hagneck Taf. XXXII, Fig. 6, steigt die Sohle
des Werkkanals nach dem Krafthause zu an, weil die Spülung durch Absenkung des
Wasserspiegels am Wehr erfolgt.
Beispiel: Nimmt man in einem Werkkanal von 5 km Lange bei einem Wasserspiegelgefalle
von 1 : 10000 ein ebensolches Sohlengefälle und auf der ganzen Lange eine gleichmäßige Tiefe von
4,0 m an, so ist auf der ganzeu Knnallänge die Schleppkraft gl eich massig 1000 . 4 . 0,0001 = 0,4 kg/qm.
Wenn man nun zu SpOlzwecken den Wasserspiegel am unteren Ende so stark absenkt, dass ein
Wasserspiegelgefälle von 1 : 2500 entsteht, so verringert sich die Wassertiefe vom oberen bis zum
unteren Ende auf 4,0— 5000 . 0,0003 = 2,50 m. Die Schleppkraft wird hier nunmehr 1000.2,5.0,0004 =
ltO kg/qm. Sie wird also gegenüber derjenigen bei dem Wasserspiegelgefälle von 1:10000 an dem
unteren Ende nur um das 21/* fache wachsen, während sie an dem oberen Ende bei gleicher Wassermenge
Q = 0,4 kg bleibt und entsprechend der hyperbolischen Senkungskurve des Wasserspiegels (vergl.
G. Tolkmitt, Handb. der Ing.-Wiss. 1892. Bd. in. Stauwerke. S. 240) von oben nach unten anwächst
Würde man dagegen der Sohle ein Gefälle von 1 : 2500 geben, so würde die Wassertiefe bei einem
durchschnittlichen Wasserspiegelgefälle von 1 : 10000 am unteren Ende 5,5 m sein und die Schleppkraft
vom oberen bis zu dem unteren Ende ungefähr gleichmässig ' "^ ' — = 0,475 bleiben. Senkt man
wiederum den Wasserspiegel am Ende so ab, dass ein Wasserspiegelgefälle von 1 : 2500 entsteht, so
würde die Wassertiefe in der ganzen Kanallänge gleichmässig noch 4,0 m und die Schleppkraft
1000 . 4 .0,0004 == 1,6 kg/qm betragen, d. h. sie würde gegenüber dem ersten Falle auf der ganzen
Kanallänge um das vierfache gewachsen sein.
Es ist nun leider noch nicht aufgeklärt, welche Geschwindigkeit vg des Geschiebes
einer bestimmten Schleppkraft S entspricht, sodass man die Gesehiebemenge, welche über
1 qm in der Zeiteinheit bewegt wird, noch nicht rechnerisch ermitteln kann.
Franz Kräuter entwickelt im 6. Bd. „Der Flussbau1, des III. Teils .Der Wasserbau"
d. Handb. der Ing.-Wissenschaften 1907, S. 15 und 16 für die sekL durch ein Profil bewegten Geschiebe-
mengen die Gleichung
G = x (1000 J)*f(t — to) . tdx,
o
worin r eine durch Versuche noch aufzufindende .Abfuhrziffer"") für die verschiedenen Arten von
A b
Geschieben und Sinkstoffen, b die Sohlenbreite des Profils und /tdx die Flache des Durchflussprofils
o
über der Sohle bedeuten. Hierbei ist angenommen, dass sich v Lagen von Kiesel oder Sand je von der
Dicke d in m übereinander befinden , dass die unterste Lage die Geschwindigkeit 0 hat und dass sich
jede Lage gegen ihre Unterlage mit einer Geschwindigkeit vg bewegt, derart, dass die zweite Lage von
unten die Geschwindigkeit vg, die dritte Lage die Geschwindigkeit 2vg und die vi» die Geschwindigkeit
(v — l).vg besitzen, sodass die ganze über 1 qm bewegte Geschiebemenge
_(*-!) (v-i)
q = v . d — 2 • y8 =- e i— 2 — • v* ^
t und to in m in der obigen Formel bedeuten die Wassertiefen über der untersten bezw. obersten
Kiesschicht und haben bei wagerechter Sohle die Werte
. (yo-1000) tga, A jfo-lOOOJigq
t-e 1000. J ' t°-d lOÖO "
*i) Nach Kreuter sind seit einigen Jahren eingehende Forschungen im Werke, aber noch nicht
abgeschlossen. Bis jetzt soll nur feststehen, dass % wie nicht anders zu erwarten eine sehr kleine Zahl ist
790 HL Thbodor Koehh. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Nach der Kreut ersehen Formel würde daher die Geschiebeabfnhr in quadratischem Ver-
hältnis von dem Wasserspiegel-GefaJle abhängig sein, sodass bei Verdopplung des Gefälles eine Ver-
vierfachung der Geschiebeabfuhr eintreten* würde. Man wird zunächst abzuwarten haben, wie
weit die praktischen Versuche die Richtigkeit der Krenterschen Formel bestätigen.
Unter Beachtung der vorstehend gegebenen theoretischen Hinweise wird man nun-
mehr nach dem Studium der im Kapitel II beschriebenen ausgeführten Beispiele im
gegebenen Falle die richtige Wahl für die Grösse und Form des Kanalprofils und für
das Gefälle treffen können; es mögen aber nachstehend noch einige praktische Hin-
weise folgen:
Werkkanälen in Bodei}. mit Befestigung in Kies wird man meistens eine gerad-
linige Sohle geben. Dagegen gibt man bei Profilen mit fester Sohle letzterer entweder
in Form eines stumpfen Winkels Neigungen von etwa 1 : 10 nach der Mitte oder macht
sie gewölbt Diese Wölbungen oder Neigungen sollen dazu dienen» die Ablagerungen des
Kanals in der Mitte zu sammeln und ihre Bewegung in der Längsrichtung zu erleichtern,
da im Stromstrich die grösste Wassergeschwindigkeit herrscht. Bei dem Werkkanal der
Anlage Bheinfelden (S. 580) wurde in der Mitte der Kanalsohle eine vertiefte vier-
eckige Schlammrinne angelegt. Auch bei dem nur 200,0 m langen Werkkanal der An-
lage Hagneck hat man eine gleiche Anordnung getroffen (S. 475 und Taf. XXXII,
Fig. 6). Ob solche Kies- oder Schlammrinnen einen grösseren praktischen Wert haben,
ist noch nicht mit Sicherheit festgestellt.
Die Neigungswinkel der Böschungen bei Einschnittsprofilen in Boden
hängen vonr der Beschaffenheit des Bodens ab und müssen jedenfalls kleiner sein als
der natürliche Böschungswinkel des Materials, wenn es unter Wasser kommt.
Bei der Anlage Jonage-Cnsset-Lyon wurden im Einschnitt Neigungen von meistens 1:3
bei einer normalen Wassertiefe von 2,5 m gewählt (S. 508 u. Taf. XXXVIII, Fig. 8 bis 6). Beim Lech-
werk (6. 558) haben die Böschungen eine Neigung von 1 :2 bis cur Wassertiefe von 3,5 m. Bei der
Anlage Wangen, wo die Wassertiefe bei voller Füllung 4,4 m beträgt, sind gleichfalls zweifache
Böschungen gewählt Man hat aber in Hohe von 3,0 m Aber der Sohle ein Bankett von 1,0 m Breite
beiderseitig angeordnet
Liegt die Sohle des Einschnittprofils im Schwimmsand, so muss man den Fus
der Böschungen durch Trockenmauern oder durch Spundwände sichern, wie es z. B. bei
dem Unterkanal des Lechwerks (S. 559) geschehen ist
Bei Dammprofilen kommt vor allen Dingen die Dichtigkeit des Dammes in Frage.
Wie gross die Dammbreite am Fusse sein muss, um die Dichtigkeit bei gegebener Wasser-
tiefe zu gewährleisten, hangt von dem verwendeten Dammaterial und von den kunst-
lichen Mitteln ab, welche zur Dichtung des Dammes angebracht werden sollen. Bei
Dämmen, deren wasserberührte Böschungen nicht durch eine undurchlässige Decklage
gedichtet sfiid, wird die Basisbreite mindestens das fünf- bis sechsfache der grössten
Wassertiefe über der Basis betragen müssen. Im übrigen sei auch auf die Angaben im
§ 1, B. Talsperren S. 706 verwiesen. Die Kronenbreite der Kanaldämme wird nicht
unter 0,4 h bis 0,5 h zu bemessen sein und sie ergibt sich bei gegebener Breite des Damm-
fuBses von selbst, wenn man für die luftseitige Böschung einen Neigungswinkel gewählt
hat. Unbefestigte Aussenböschungen dürfen keinenfalls steiler als 1 : 1,5 angelegt werden.
Bei grösserer Dammhöhe ist es sehr zu empfehlen, kleine Bankette anzulegen, damit der
Regen keine tiefen Rinnen auswaschen kann. Soll die Krone des Dammes z. B. als
Treidelweg oder Fahrweg dienen, so werden sich aus dieser Zweckbestimmung von selbst
die Breitenabmessungen ergeben. Die Kronenhöhe eines Kanaldammes über dem höchsten
Wasserspiegel wird mindestens 0,5 m, bei breiten und schiffbaren Kanälen aber 1,0 bis
ljö m betragen müssen. Gepflasterte wasserseitige Böschungen können eine Neigung
§ 2. Die Wekkkanale. 791
von. 1:1,5 erhalten; wenn das Pflaster mit Mörtel ausgegossen ist oder wenn die Be-
festigung der Böschungen mit einer Betondecke erfolgt, werden oft Neigungen von 1 : 1,
wie z. B. bei der Anlage Yizzola (S. 345 u. Taf. I, Fig. 3, 4u. 6) und St. Maurice
Lausanne (Taf. XXIX, Fig. 4 u. 5), oder Neigungen von 1:1,25 wie bei der An-
lage Turbigo (Taf. V, Fig. 3 bis 5) gewählt Die billigste Befestigung von Sohle und
Böschungen der Profile in Boden besteht, wenn das Material an Ort und Stelle ge-
wonnen werden kann, in einer Decklage von gutem, groben Flusskies oder Schotter von
0,50 bis 0,70 m mittlerer Stärke. Hierbei wird man entsprechend der mit der Tiefe
wachsenden Schleppkraft des Wassers das gröbste Material in der Sohle und den unteren
Teilen der Böschungen verwenden. Bei hohen Böschungen ist es zweckmässig, der Kies-
lage durch eine oder mehrere wagerechte Stufen einen grösseren Halt zu verleihen.
Kann man auf die Dichtigkeit des die Kanalwandungen bildenden Bodens nicht mit
Sicherheit rechnen, so muss unter der Kieslage noch eine Dichtungslage aus gutem Ton
oder Lehm angebracht werden und zwar je nach der Wassertiefe und der Reinheit des
verwendeten Materials in Stärken von 0,20 bis 0,50 m. Wird eine solche Dichtungs-
schicht erforderlich, so empfiehlt es sich, den Böschungen eine schwache Neigung von
weniger als 1 : 2 (1 : 2,5 bis 1 : 3) zu geben. Das Dichtungsmaterial für die Sohle und
Böschungen muss in ganz dünnen Schichten aufgebracht and sorgfältigst festgestampft
werden. Damit es nicht von dem Wasser aufgelöst wird, ist es zweckmässigerweise mit
einer Schicht aus möglichst feinem Sande von 5 bis 10 cm zu bedecken und auf diese
Schicht ist dann die Kiesdeckung aufzubringen. Statt der Dichtungsschicht auf den
Böschungen und der Sohle kann natürlich auch bei Kanaldämmen ebenso wie bei Stau-
dämmen die Verwendung von Kernen aus Ton oder Beton in Frage kommen (S. 707 u. ff.).
Ist in der Nähe guter fester Rasen von Viehweiden zu finden, so kann für die oberen
Teile der Innenböschungen, welche nur zeitweise bei höheren Wasserständen im Werk-
kanal unter Wasser sind, eine Rasendecke zugleich als Befestigung und Dichtung genügen.
Bei der Kanalanlage Jonage-Cusset-Lyon wurde als Dichtung»- and Deckungsschicht
streckenweise eine Lage aus lehmigem Sand (70°/o Sand und 30°/o Lehm oder Ton) verwendet, welche
in dünnen Schichten von 10 cm aufgetragen, alsdann mit hydraulischem Kalkpulver bestreut und mit
geriffelten Walzen oder Stampfen zusammengepresst wurde (S. 510). Diese Decklage, welche je nach der
Wassertiefe in Stärken von 0,30 bis 1,50 m ausgeführt wurde, gewann schon nach einigen Tagen die
Festigkeit einer guten Chausseedecke und hat sich als dicht herausgestellt. Die Kosten haben, je nach
der Starke der aufgebrachten Schicht, etwa 1,05 bis 2,00 Mk. pro cbm einschliesslich der Kosten für
den Kalk, aber ausschliesslich der Kosten für die Gewinnung des lehmigen Sandes betragen.
Die Befestigungen der Böschungen mit Spreutlagen, Deckfaschinen, Pack-
werk, Kopfrasen oder Flechtzäunen etc. kommen für Werkkanäle bo gut wie nicht
in Betracht, weil wegen der grossen Rauhigkeit dieser Befestigungsarten der Beiwert c
in der Geschwindigkeitsformel zu klein angenommen werden müsste und sie deshalb als
wirtschaftlich unzweckmässig zu betrachten sind.
Die Bekleidung der Böschungen und der Sohle mit Beton versieht man, um
möglichst glatte Profilwände zu erzielen, zweckmässigerweise mit einem Glattputz aus
Zement oder hydraulischem Kalkmörtel (600— 1000 kg Zement oder hydraulischer Kalk
auf lebm Mörtel), welcher in Lagen von 1,0 bis 1,5 cm auf gebrächt und glatt gerieben
wird. Diese an sich sehr zweckmässige Bekleidung mit einer festen Decke darf aber
bei hohen Dämmen nicht verwendet werden, es sei denn, dass man Material für die
Dämme zur Verfügung hat, dessen Sackmass sehr klein' ist. Bei Bodenarten, welche
ein grösseres Sackmass haben, können sich unter der festen Decke leicht Hohlräume
bilden, welche einen Bruch der Decke und eine Gefahrdung des Dammes befürchten
lassen.
,.***
III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Bei ganz oder ztun Teil
gemauerton Profilen ist mit
Sorgfalt darauf zu achten, dass
die Fundamente den gewach-
senen Boden erreichen. Alles
bröcklige und lose Gestein oder
der nicht tragfähige Boden muss
sorgfältig beseitigt werden, da-
mit ein standsicherer und was-
serdichter Anschluss der Mauer
an den Grund erzielt wird.
Bei der Berechnung solcher
Kanalmauern mnss man sich
auf das genaueste darüber
Rechenschaft geben, bis zn wel-
cher Stelle man den Wasser-
druck und Erddruck in Rech-
nung zu stellen bat Wenn, wie
z. B. bei einem Profil nach
Taf. LIII. Fig. 6 der Anlage
Bergamasca, welches an
einem stark geneigten Abhang
eingeschnitten wurde, der Zwik-
kel zwischen der abwärts ge-
legenen Mauer und dem natür-
lichen Felsen mit Steinen.
Schutt oder Sand ausgefüllt
und darauf die Kanalsohle in
Beton gelegt wird, so darf nun
nicht nur den Wasserdruck im
Kanalprofil selbst in Rechnung
setzen, sondern man muss an-
nehmen, dass der tolle Wasser-
druck bis zur Fundamentsohle
der Mauer zur Wirkung kom-
men kann.
Hohe Kanalmauern, wel-
che an der Wasserseite einer
verhältnismässig wenig schwan-
kenden Temperatur (von 0 bis
20°), an der Luftseite aber
der Sonne und dem Froste
ausgesetzt sind , erleiden sehr
starke innere Spannungen; in-
folgedessen bilden sich sowohl
in vertikaler als in horizontaler
Richtung leicht Hisse und Fu-
gen und es ist deshalb ange-
I 2. Die Werkkkanäle. 793
zeigt, bei Berechnung derartiger Mauern auch den Auftrieb nach Fecht (S. 662) in
der gef&hrdetesten Fuge in Rechnung zu stellen, sofern die Lnftseite nicht gegen die
unmittelbaren Einwirkungen der Temperatur geschützt wird. Wo es irgend angängig
ist, sollte man hohe Kanalmauern Inftseitig mit Boden hinterfüllen oder aber luft-
seitig eine Schutzmauer vorlegen, welche sich unabhängig von der eigentlichen tragenden
Kanalmauer den'' Einwirkungen der Temperatur folgend bewegen kann (S. 723). Diese
Massregeln sind am so mehr am Platze, je langer und je höher die Kanalmauer wird.
Bei der Anlage Bergamasca kippte am 26. September 1901 die auf Taf. LIII, Fig. 6
dargestellte Kanalwand auf über 60,0 m Lange um. Man hat sie nachträglich unter
Berücksichtigung des grössten Wasserdruckes verstärkt und mit einer Anschüttung
versehen.
Abb. 237"). Jetziges Profil des Werkkanals am FahrhOfli der Alling* Wangen.
Besondere Sorgfalt erfordert die Ausbildung des Profils, wenn der Werkkanal
an einer Stelle durch Wasser führende Schichten, welche zu Rutschungen. Neigung
haben, geführt werden mnss. Man muss, wo derartig gefährliche Stellen nicht zu um-
gehen sind, die Breite des Profils so weit nur immer möglich einschränken. Kleinere
Verluste an Gefälle in solchen verengerten Strecken spielen meistens im Vergleich zu
den ersparten Anlagekosten keine grosse Rolle.
Ea wurde schon im Abschnitt a dieses | auf die Stelle tun Fahrhofli des Werkkanals Wangen
verwiesen (8, 427). Abb. 2S6 stellt das ursprüngliche Normalprofil für diese Stelle dar. Die alte
Tcrrainlinie ist punktiert eingetragen. Wie Abb. 236 zeigt, Hess man einen Teil der Sohle unbefestigt,
in der Absicht, durch diese Stelle das ans höheren Schichten kommende Sickerwasser in den Kanal ein-
treten zu lassen. Die Kanalmauer war sorgfältig auf Pfahlrost fundiert nnd eine Spundwand bildete den
Abacblass nach dem Flosse in. Han nahm an, dass diese Spundwand dicht genug sein würde, um ein
Durchdringen des Wassere nach dem Flusse hin zu verhüten. Es hüben sich aber Wasseradern durch
die Spundwand und wahrscheinlich auch unter die Spnndwand hindurch gebildet, durch welche dann nicht
nur das Sickerwasser aas den oberen nassen Schichten, sondern auch das Kanalwasser ge-
nossen ist und welche schliesslich durch Ausspülung des Untergrundes den Ein-
sturz der Kanalmauer auf einer Länge von 50,0m und eine Beschädigung der Mauer
auf weiteren 50,0 m im August 1905 mr Folge gehabt haben. Um den Betrieb des Werkes
in möglichst kurier Zeit wieder aufnehmen zu können, ist in der Länge der Durch brach b teile ein vor-
läufiges Gerinne an der linken Kanalseite in den Kanal eingebaut worden, welches durch eine Längs-
wand aus Eisenbeton und zwei Querwände ans Holz, die an den Enden der vorläufigen Ltugswand den
Aüschluss an die unbeschädigt gebliebene Kanalmauer vermittelten, (Abb. 237 u. 238) gebildet wurde.
Ende November 1905 konnte das Wasser nn der Bruchstelle in dieses Gerinn« übergeleitet werden. Die
Kanalsohle wurde vor dem Einbau der Eisenwund mit Beton völlig geschlossen und ausserdem
»«) Die Abb. 287 bis 289 sind der Zettschi-, d. Ver. deutscher Ing. 1906. S. 869, K. Meyer
„Das Elektrizität» werk Wangen a. d. Aare" entnommen.
794 III. Theodor Kokhk. Ausbau vom WassbrkrIften. Einzelheiten.
wurde das Kanalprofil mit einer 12 cm starken Decke »na Eisenbeton ausgekleidet Die gebrochene
beciehungaweise beschädigte Mauerstrecke von 100,0 m Linge ist mit Hilfe von Druckt uftgrflndnng
Abb. 238. Ansicht der AbacUDMwaDd wahrend des Bans der neuen Ufsnnaner.
Abb. 239. Bau der flusseitigeu neuen Kanalinauer der Anlage Wa
%
■•■y
&ä
(Abb. 239) wieder hergestellt. Ausserdem wurde aber am roebtaeitigan Flussufer das Aarebett so verbreitert,
daas am linksseitigen Ufer ein starker Damm gegen die neue Ufermauer geschattet werden
§ 2. Die Werkkanäle. 'W
konnte (Abb. 237). Auch der flusseitig gelegen* Teil des neuen Profil» ist mit einer Eisenbetondecke
ausgekleidet. Wahrend die beiden Hoüsquerwinde (Abb. 238) wieder beseitigt sind, hst man die Langn-
wand ans Eisenbeton im Kanal belassen, da sie den Durehfluse des Wassere nicht nennenswert behindert
Bei derüsinede la Pombliere (Savousn)
der Societe Lyonnaise de l'lndustrie tUer ,
tro-Chimiqne La Volts mnsate infolge von Ver'
sacknogen einen Teils des 8280,0 m langen Werk" *•
kanils '/i der gansen Kanallange aufgegeben und w
nen hergestellt werden. Georges Contsgne be-
richtet in der Compte rendn du Congres de 1s Honille
Blanche. Grenoble 1902. 2. Volume S. 259 Ober d esen
Fall wie folgt:
,Le canal de denvation etait entierement
lennine en jain 1900, lorsqne snx prämiere esesis de
mise en esn, le 15 juin 1900, des dislocstions se
produisirent dsns eertnines psrties maconness du
canal, ä la trsveraee d'nn massif de terrain triasique.
Cet aeeident montrait qne ce massif ne presentait
pas une stabilite süffisante, et, ponr eviter cet
endroit dangereux, on dnt reconatruire, en suivant
nn nouvesn traed, le tiers environ dn canal. An
cours de ces derniers trsvaux de nombreusea galeries
de sondage fnxent faitee ponr etudier la diaposttion
geologique dn aoos-aol, qui revelflrent U presence
d'nn ruisaeau souterrain, recoupant en profondenr
l'ancien trace en dessous dn point oü las msconneries
s'etaient affaissees. Ce petit conrs d'eau doit vraisem-
blablement desagreger eur son parcon» Ins rochee
solnbles dn tria*, gypses et cargneules, et prodnire
des exesTstionB qni expliquent des lors le dtffaut
de atabiliW dn troncon de l'ancien canal qni a dn.
etre abandonne. Quoi qu'il en soit, ls nouveau trace,
de memo qne les denx antres tiers conaerves de l'an-
cien trace, ne travsrse plus actuellement qne des
terrahia de solidite soigneneemsnt controlee, et de-
puis U nouvelle et definitive mise en esn dn canal,
qni a en lieu le 3 deeembre 1901 aueun mouveinent
de terrain n'a ete perceptiblo le long dn canal
aetnel , tandis qna , an contraire , des monvements
notables ont ete encora constates aar le troncon dn
canal qni s'etait tlfiiniii1 le 15 jnin 1900, bien qne ce
troncon soit reale depnis lors k sec.*
Auch bei der Wasserkraftanlagn Ar die elek-
trische Sisenbahu Bex-Gryon • Villars (Bhons-
tal), welch« von der Societe des Forces Mo
trices de l'Avaucon ün Jahre 1901 dem Betrieb
abergeben wurde, ist ein Teil des 1*32,0 m langen,
überall bedeckt angelegten Werkkanals auf ver-
schiedenen Stellen, wo das Tsrrain wasserführend
war, versackt und es hat sehr umfangreicher Ent-
wlsaernngnn des Terrains bedurft, um die Bewe-
gungen des Werkkanals inm Stillstand an bringen.
Der Avancon ist ein kleiner Gebirgshaefa. Das ge-
wonnene Gefalle betrug 162,0 m, die im Werkkanal abzufahrende Waasennenge 800 1/aek. Das Profil
des Werkkanals ist in Zementbeton mit elliptischem Querschnitt und 0,78 qm benetzter Fliehe herge-
stellt. Das SoUengefille betrag 1 : 8220.
Die Stelle, wo ein Kanal im Damm in ein Profil zwischen gemauerten Wänden
oder in eine Kanalbrücke oder in eine Dnckeranlage übergehen mnsa, wird nach den im
gfi
796 III. Theodor Koeiin. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Abschnitt a gegebenen Gesichtspunkte« beim generellen Projekt festzulegen sein. Di»
Wahl zwischen einem Profil mit beiderseitigen hohen gemauerten Wänden, oder einer
Kanalbrücke, oder einem Dücker ist durch vergleichende Koatenüberschläge zur Ent-
scheidung zu bringen.
Bei der neuen Sitterzuleitnng der Anlage Kabelwerk (S. 420) wurde zur Über-
schreitung der Urnasch an Stelle einer Kanalbrücke in Stein oder Beton eine Unter-
dückerung in einer eisernen Rohrleitung von 1600 mm Lichtweite gewählt
(Abb. 240), weil sich die Kosten um 50000 Frs. billiger stellten. Diese syphonartige
Leitung konnte bei einem Druckgefalle von 4°/w> 4 cbm/sek. abführen, sodass der Druck-
verlust gegenüber einer offenen Kanalbrücke nicht erheblich ins Gewicht fiel.
Ein Profil mit beiderseitigen Ufermauern auf BogenBtellungen und mit An-
schüttung von Dämmen zu beiden Seiten zeigt der Werkkanal der Anlage Pont St
Martin (S. 382 u. Taf. XIV, Fig. 2).
Für grössere Kanalbrücken kann das Profil der Anlage Vizzola (Taf. II, Fig. 3
und S. 344—346) zur Nachahmung empfohlen werden. Die Dichtung durch die einge-
legte Aspbaltschicht hat sich vollkommen bewährt. Obwohl bei Frost in den Scheiteln
einzelner Bögen und in den Aussen wänden Risse bis zu 5 mm Weite entstehen, ist der
Kanal seit seiner Erbauung (1898) doch so wasserdicht geblieben, dass die inneren
Leibungen der tragenden Bögen ziemlich trocken sind und die Bogenöffnungen als Lager-
räume verwendet werden können.
Für Brückenkanäle von grösserer Länge wird man aber auf billigere Konstruk-
§ 2-
Die WeekkakIle. 797
tionen als die von Viz/ola Bedacht zu nehmen haben, und es kommen hierfür Kanal-
brücken in Eisen oder in armiertem Beton besonders in Frage. Kanalbrücken in Eisen
gehören vollkommen in das Gebiet des Brückenbaus and können hier nicht besprochen
werden.
Ein Beispiel für eine Anlage in armiertem Beton bietet die 1104,0 m lange Kanal-
brücke in Borgone {Italien), welche anf Taf. LIII, Fig. 2—5 und in Abb. 241 darge-
stellt ist. Der wasserberührte Querschnitt beträgt bei bordvoller Füllung 5,2 qm.
Wo starke Fröste und sehr _„ _,_ . , , _ . . ,
Abb. 242 ii. 248. Anschlüsse eine« HoUkwuU» ut einen
heisser Sonnenschein zu erwarten Betonkttnal der Anlage Jajce.
sind, würde es zweckmässig sein,
den tragenden Kanalkasten mit
einer Schutzumhüllung aus Holz
oder armiertem Beton zu versehen
und den Zwischenraum zwischen
der Hülle und der tragenden Kon-
struktion mit einem schlechten
Wärmeleiter (Sägespane oder Ton)
auszufüllen, weil sich sonst durch
die grossen Temperatu rdifferenzen
zwischen den luftseitigen und Was-
ser sei tigen Kanal wänden Span-
nungen entwickeln , welche zur 5fatt
Zerstörung des Materials , min- Abb. 243.
destens aber zur Bildung von
Rissen führen müssen. Da man
solchen Kanalbrücken mit Rück-
sicht auf die Kostenersparnis
meistens ein grösseres Wasser-
spiegel gefalle gibt , sodass Ge-
schwindigkeiten von 2,5 m/sek.
und mehr entstehen, ist auch bei
stärkstem Frost ein Zufrieren des
Wasserspiegels während des Be-
triebes ausgeschlossen. Wenn aber
der Betrieb während der Nacht
unterbrochen werden soll, so würde sich eine Abdeckung des offnen Profils mit Holz-
boblen oder Betonplatten sehr empfehlen. Um das wasserführende Querprofil möglichst
einschränken zu können, wird man bei Kanalbrücken die wasserberührten Flächen mit
einem besonders sorgfältig geglätteten Putz versehen.
In holzreichen Gegenden können auch Kanalbrücken in Holz in Frage kommen.
Ein Beispiel hierfür bietet die Anlage Jajce (Taf. LIII, Fig. 1 und S. 493). Die Abb.
242 und 243 zeigen zwei Lösungen für den Anschluss des Holzkanals an den Beton-
kanal, wie sie bei der erwähnten Anlage verwendet wurden. Um das tragende Holzwerk
vor dem Verfaulen zu schützen, würde es zweckmassig sein, dasselbe mit einer Holz-
bekleidung zu versehen. Den Zwischenraum zwischen der Bekleidung und dem eigent-
lichen Wasserkasten sollte man mit gut geschlemmtem Ton ausfüllen, welcher die Luft
von dem Holzwerk des Wasserkastens abhält und ihn so vor dem Verfaulen wirksam
schützt.
798 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Eine sehr umfangreiche Verwendung von Holz ist für das Kraftwerk am Jehlam-
flusse in Gaschmir vorgesehen, welches die Hauptstadt Sr inagar mit Kraft versorgen
soll Bei einer Gesamtlänge von aber 10,0 km sollen die ersten 2600,0 m des Werk-
kanals aus einem gemauerten Profil von etwa 3,0 m Sohlenbreite, die übrige Strecke in
Holz ausgeführt werden und zwar zum Teil als rechteckiges Gerinne von 2,5 m Breite
und 2,7 m Höhe und zum Teil als eisenarmiertes Holzrohr von 2,5 m lichtem Durch-
messerss).
Wegen der Ausbildung der Tunnelprofile mag lediglich auf die zahlreichen im
Kap. H gegebenen ausgeführten Beispiele verwiesen werden. Es sei nur hervorgehoben,
dass man das benetzte Profil bei Tunneln fast stets mit einer Betonauskleidung versiebt,
weil man selten ganz zuverlässig festzustellen vermag, ob das Gebirge wirklich undurch-
lässig ist.
e) Der Einlauf und die Regulierungswerke. Bei Werkkanälen ohne Schiff-
fahrt liegt der Einlauf am besten unmittelbar neben dem Wehr und dicht
bei dem Grundablass (Kiesfreilauf). Die Achse des Einlaufs ist am besten lot-
recht zur Achse des Kiesfreilaufs zu legen.
Bei Werkkanälen mit Schiffahrt muss die Einfahrt spitzwinklig zur
Flussachse liegen, um das Einfahren der Fahrzeuge zu erleichtern. Es ist auch
empfehlenswert, die Einfahrt 80,0 bis 100,0 m aufwärts des Wehres anzulegen, wie es
zum Beispiel bei dem Lechwerk-Gersthofen geschehen ist (Taf. XL V, Fig. 1), damit
die Fahrzeuge nicht an das Wehr selbst herangetrieben werden und Schaden leiden
können. Auch ist es empfehlenswert!, die Einfahrt von dem Einlauf zu trennen,
damit letzterer seine wünschenswerteste Lage nahe dem Grundablass des Wehres er-
halten kann.
An dem grossen Tessinwehr der Anlage Vis sola liegt zwischen dem Überfallwehr und der
Einfahrt das breite Regnliernngswerk (Kinlanf) nnd die Einfahrt selbst ist durch eine rd. 80,0 m lange
Leitmaner nach oben verschoben (Tal I, Fig. 1 n. 2).
Bei der Anlage Marbach-Stuttgart am Neckar ist die offene Einfahrt» welche zugleich auch
den Einlanf bildet, in unmittelbarem Anschlnss an das Überfallwehr, aber sehr spitz zur Hanptrichtang
desselben angelegt, sodass schon der Strom die Fahrzeuge nach dem Einlanf hinleitet nnd überdies sind
am Wehre hölzerne Schatzbftcke angebracht (Taf. XLVI), welche verhindern, dass ein Fahrzeug über das
Wehr stürzen kann. Es kommen übrigens nur kleine Fahrzeuge überhaupt in Frage nnd die Schiffahrt
ist sehr unbedeutend.
Bei der Tu rbigo- Anlage konnte die Einfahrt ausnahmeweise unterhalb des Einlaufe liegen
(Taf. V, Fig. 1 u. 2). Vor dem Einlauf im Zuge des linken Ufers des Navigho Grande wurde eine
Treidelbrücke angelegt und das Wasser an der Einfahrt für die Schiffs wird stets ruhig sein.
weil der Kiesfreilauf nur bei Hochwasser geöffnet wird, wenn Schiffahrt nicht stattfindet and das Nadehrehr,
abgesehen von dem Ausnahmefall einer grösseren Reparatur im Werkkanal, immer geschlossen bleibt.
Der Wasserstand im Werkkanal mnss reguliert werden können.
In den meisten Fallen wird man auch die Forderung stellen, dass der Werkkanal für
die Zwecke von Reparaturen trocken gelegt werden kann. Von den 36 im Kap. II
beschriebenen Anlagen haben 3 (Chevres, Ontario Power Co. undMarklissa) überhaupt
keinen Werkkanal, bei den übrigen 32 Anlagen kann mit den vorhandenen Einrichtungen
der Werkkanal ganx oder zum Teil trocken gelegt werden mit Ausnahme der Anlage
Marbach-Stuttgart (Taf. XLVI). Hier ist der Werkkanal, welcher abgesehen vom
Unterwasserkanal nur etwa 620,0 m lang ist, bis an das Kraftwerk offen und im Falle
einer an der Sohle notwendig werdenden Reparatur müsste die Absperrung am grossen
ts) Zettachr. 1 <L ges. Turbinen wese n 1908. Heinrich Hornberger, Waaserkraftanlagcn in
(Mindiana l*L
§ 2. Die WerkkahIle. 799
Hauptwehr durch einen zeitweisen Fangedamm erfolgen. Die Regulierung des Wasser-
spiegels im Werkkanal erfolgt bei höheren Wasserständen selbstwirkend durch die zwei
Überfallwehre und im übrigen durch die Gründablässe beim Kraftwerk. Bei den Anlagen
Chevres und Hagneck kann durch das Schützenwehr eine so starke Absenkung des
Wasserspiegels im Flusse herbeigeführt werden, dass bei Chfevres (Taf. XXVII, Fig. 1), wo
das Krafthaus unmittelbar beim Wehre liegt, das Vorbecken, und bei Hagneck (Taf.
XXXn, Fig. 6) der nur 200 m lange, in der Sohle nach dem Krafthause ansteigende
Werkkanal trocken gelegt werden kann.
Liegt das Regulierungswerk unmittelbar am oder in der Nähe des Einlaufs,
so spricht man von einem geschlossenen, liegt das Regulierungswerk dagegen weiter
unterhalb im Werkkanal, von einem offenen Einlauf.
Ob der Einlauf nun offen oder geschlossen ist, stets hat man
dafür zu sorgen, dass das an der Sohle rollende und in den unteren
Schichten des Wasserquerschnitts treibende gröbere Geschiebe, sowie
auch alle an der Oberfläche schwimmenden grösseren Körper wie Holz
und besonders das Stückeis möglichst ganz von dem Eintritt in den
Werkkanal abgehalten werden.
Offene Einlaufe bestehen z. B. bei den Anlagen: St. Maurice-Lausanne,
Hagneck, Hafslund, Jonage-Cussot-Lyon, Marbach,Rheinfelden, Niagara
Falls Power Co. und Sault St. Marie.
Bei St. Maurice-Lausanne ist das Regulierungswerk erst 900 m unterhalb
des Einlaufs angelegt (Taf. XXVIII, Fig. 5). Der eigentliche Werkkanal hinter dem
Regulierungswerk hat eine Sohlenbreite von 4,0 m und einen benetzten Querschnitt bei
normaler Wassertiefe von rd. 23 qm. Der Vorkanal dagegen eine Sohlenbreite von 7,75 m
und einen benetzten Querschnitt bei normaler Wassertiefe von 31,5 qm. Die Ge-
schwindigkeiten verhalten sich in diesen beiden Kanalstrecken bei der normalen Wasser-
menge von 40 cbm/sek wie 1,8 : 1,27 m/sek. Man hat durch eine rd. 50 m lange Grund-
mauer (Unterwasserdamm) (Taf. XXIX, Fig. 1), welche an den linken Wehrpfeiler des
Schützenwehres anschüesst, für die Abweisung des Geschiebes in ziemlich wirksamer Weise
Sorge getragen. Hätte man das Regulierungswerk am Einlauf beim Wehr errichten
wollen, so hätte man die flusseitige Mauer des Vorkanals um 3 m höher, also erheblich
stärker machen müssen, um das Hochwasser vom Vorkanal abzuhalten. Allerdings hätte
man in diesem Falle dem Kanal auch nur den normalen Querschnitt von 23 qm zu
geben brauchen, aber die dadurch erzielten Ersparnisse wären kleiner gewesen als die
Mehrkosten für die höhere Kanalmauer. Ausserdem wäre das Regulierungswerk am
Wehre selbst nicht unerheblich teuerer geworden als an dem gewählten Platze.
Bei Hagneck liegt die Sohle des Kanaleinlaufs etwa 2,5 m über der Schwelle
der Grundablässe, sodass grobes Geschiebe bei richtiger Bedienung der Grundablässe
kaum in den Werkkanal hinein zu gelangen vermag.
Bei der Anlage Hafslund kann das verhältnismässig kurze Stück des offenen
Werkkanals (Taf. XXXÜI, Fig. 6) durch einen vor den Regulierungsschützen angelegten
Grundablass sehr wirksam gespült werden, sodass das in den Werkkanal hineingelangende
Geschiebe vor dem Regulierungswerk leicht wieder zu entfernen ist.
Bei der Anlage Jonage-Cnsset-Lyon (Taf. XXX VIH, Fig. 7) wird der in
der konkaven Linie liegende Einlauf durch einen Steindamm im Zuge des Rhoneufers
begrenzt, welcher allerdings nur wenig über der Sohle des Flusses liegt und daher nur
sehr unvollständig das Eindringen von Geschiebe in den Kanal verhindert Infolgedessen
sind von Zeit zu Zeit Baggerarbeiten im Kanal nötig. Das Regulierungswerk liegt
800 HL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
5575,0 m unterhalb des Einlaufes und die aufwärts von ihm gelegene Strecke des Werk-
kanals kann durch die vorhandenen Einrichtungen nicht trocken gelegt werden.
Bei der Anlage Marbach-Stuttgart kann zwar das Geschiebe frei in den Werk-
kanal eintreten (Taf. XL VI), aber es wird durch den sogenannten Leerschuss neben der
Schleuse und durch den neben dem Rechen sehr günstig liegenden Grundablass wirksam
abgeführt. Der allerdings nur kleine Absatz gegen die Kanalsohle auf welchem der
Rechen steht, verhindert immerhin das Eintreten des gröberen Geschiebes in die Tur-
binenkammern (Taf.. LXI, Fig. 1).
Bei der Anlage Rheinfelden fehlt ein wirksamer Schutz zur Abhaltung des
Kieses und infolgedessen kommt sehr viel Kies mit in den Werkkanal und bis zu den
Rechen vor dem Krafthause. Es haben sich aus diesem Umstände bereits Übelstande
ergeben, gegen welche man über kurz oder lang wohl durch Anlegung einer Grundmauer
vom Grundablass schräg herüber zum rechten Rheinufer (etwa in der auf Taf. XLV1L,
Fig. 2, durch eine gestrichelte Linie angedeuteten Richtung) wird Abhilfe schaffen müssen.
Die Regulierung des Wasserstandes im Werkkanal ist bei Rheinfelden durch die
Bedienung der Wehrschützen möglich und erfolgt im übrigen selbstwirkend durch zwei
lange Überläufe an der linksseitigen Kanalmauer. Die Trockenlegung des Werkkanals
kann mit Hilfe der Brücke bewirkt werden, welche auf eisernen Gitterböcken ruhend
den Werkkanal am Einlauf überspannt. Diese Gitterböcke haben Vorrichtungen zur
Aufnahme von Dammbalken, mit deren Hilfe man nötigenfalls dem Wasser den Eintritt
in den Werkkanal verwehren kann (S. 580).
Bei der Anlage Sault St. Marie (S. 551) liegt das Regulierungswerk auch erst
800,0 m abwärts des offenen Einlaufs, der Rest des noch rd. 3000,0 m langen Werk-
kanals kann aber durch das Regulierungswerk trocken gelegt werden. Aufwärts des
Regulierungswerkes musste der Kanal über das normale Profil hinaus verbreitert werden,
und man hat das Regulierungswerk deshalb der Kostenersparnis wegen bei Beginn des
schmäleren Normalprofiles angeordnet. Eine Abhaltung von Geschiebe kommt in diesem
Falle nicht in Frage, da der Werkkanal aus dem grossen Lake Superior ausmündet.
Geschlossene Einlaufe finden sich bei den Anlagen Vizzola, Turbigo, Berga-
masca, Funghera, Ala Geres, Novalesa a. d. Cenischia, Pont St. Martin,
Morbegno, La Goule, Les Clees, Kubelwerk, Wangen, Beznau, Kin-
derwerk, Vallorbe, Kykkelsrud, Jajce, Avignonnet, Livet, Champ
(Füre et Morge), Ontario Power Co., Lechwerk-Gersthofen.
Wird das Wasser aus stark Geschiebe führenden Flüssen entnommen, so liegt das
Regulierungswerk bei geschlossenem Einlauf am besten im Zuge der Ufermauer dicht
oberhalb des Grundablasses, weil hier durch die Spül Wirkung des letzteren die Einlauf-
schwelle am leichtesten von Geschiebe frei zu halten ist. Je höher man die Einlauf-
schwelle über den Fachbaum des Grundablasses legen kann, um so wirksamer wird der
Eintritt von Geschiebe in den Werkkanal verhindert werden können. Wie bereits beim
§ 1 Wehre, S. 655, erwähnt, ist es zweckmässig, der Flussohle vor dem geschlossenen
Einlauf eine möglichst glatte Befestigung und dieser Befestigung eine möglichst starke
Neigung nach dem Grundablass zu geben. Die Höhe der Einlaufschwelle ist beschrankt
durch die Rücksicht auf die in den Kanal sekl. einzuführenden Wassermengen und durch
den niedrigsten Stauspiegel vor dem Wehre. Je kleiner die Wassertiefe über der Ein-
laufschwelle wird, um so grösser muss die Breite des Einlaufs bei gegebener sekl. Wasser-
menge sein und je teurer wird im allgemeinen das Einlauf-Bauwerk. Je ruhiger anderer-
seits das Wasser in den Werkkanal eintritt, um so weniger Geschiebe und Sinkstoffe
wird es mit sich führen können. Dieselben Gesichtspunkte sind auch massgebend für
die Abwehr des Grund- und Stückeises vom Einlauf.
§ 2. Die Werkkanäle. 801
Um einen möglichst grossen Wert von fi bei Berechnung der Durchflussquer-
schnitte der Regulierungsschützen in den auf S. 629 und 630 angegebenen Formeln an-
wenden zu können, ist es empfehlenswert, die Begrenzungsmauern des Regulierungsbau-
werkes und bei Griesständern die Vorderfläche derselben in Holz oder Eisen mit gut
abgerundeten Führungsflächen zu versehen.
Namentlich wenn Grundeisbildung in dem Flusse zu befürchten ist, empfiehlt es
sich, die Eintrittsgeschwindigkeit nicht über 1,5 m/sek. anwachsen zu lassen. Einer
solchen Eintrittsgeschwindigkeit von 1,5 m/sek. entspricht ein Gefall verlust h= 0 - =0,115.
* g
Neben dem Vorteil, welchen eine kleine Eintrittsgeschwindigkeit in betriebstechnischer
Beziehung bietet, insofern sie die Menge der in den Werkkanal eintretenden Sinkstoffe
und des Grundeises verringert, bedeutet sie auch einen Gewinn an Kraft, denn mit jedem
Dezimeter mehr Druckhöhe, welcher am Regulierungswerk verloren geht, verliert man
pro 1 cbm/sek. Wassermenge 1 PS«. Hätte man also eine normale Wassermenge von
10 cbm/sek. und eine Betriebsdauer von 3000 Stunden im Jahr, so würde 1 dem mehr
Gefällverlust an dem Regulierungswerk einem Verlust von 30000 PS«-Stunden jährlich
gleichkommen. Den kapitalisierten Wert dieser Kraftmenge könnte man also wirtschaft-
lich für die Erweiterung der Regulierungsöffnungen aufwenden und dabei noch die oben-
genannten betriebstechnischen Vorteile mit erzielen.
Wenn das Wasser aus einem See entnommen wird, wie bei den Anlagen La
Goule (S. 397, Abb. 62) oder wie bei La Dernier-Vallorbe (Taf. XXX, Fig. 1 u. 2),
so spielt die Geschiebe- und Sinkstoffabführung keine Rolle und auch die Erscheinung
der Grundeisbildung tritt kaum in störender Weise auf. Man ist deshalb mit der Lage
des Einlaufs weniger gebunden. Bei der Anlage La Goule hat sich indessen der Übel-
stand herausgestellt, dass sich vor dem in einer Ecke des Ufers angelegten Einlauf
Stückeis und andere schwimmende Körper ansammeln, und es ist deshalb in solchen
Fällen zu empfehlen, vor dem Einlauf einen hölzernen Abweiser, welcher sich entweder
gegen Pfähle stützen oder an den Ufern durch Seile verankert sein kann, anzulegen,
damit die an der Oberfläche schwimmenden Körper nach dem Strom des ausfliessenden
Gewässers abgewiesen werden.
Eine Lage des Einlaufs mit Regulierungswerk lotrecht oder nahezu lotrecht zur
Stromachse macht die Freihaltung des Vorbeckens vor dem Einlauf von Geschiebe und
Grund- und Stückeis schwierig, wenn nicht unmöglich und sollte daher grundsätzlich
bei Werkkanälen vermieden werden. Bei der Anlage Vizzola (Taf. I, Fig. I u. 2),
wo eine derartige Lage des Einlaufs gewählt ist, kommt sehr viel Geschiebe durch die
Einlaufschützen in den Vorkanal. Man hat deshalb in der flusseitigen Ufermauer des
Vorkanals Grundablasschützen eingelegt, durch welche eine Spülung ermöglicht wurde.
Noch ungünstiger liegt der Einlauf bei der Anlage Les Clees (Taf. XIX, Fig. 1). Es
ist hier bald unterhalb des Einlaufs ein zweites Regulierungswerk eingelegt, und es sind
vor demselben Grundablasschützen angeordnet, sodass eine Spülung des vorderen Endes
des Werkkanals ermöglicht ist. Diese Spülung ist aber während des Betriebes nicht
ohne Beeinträchtigung der Wasserführung zu den Druckkammern möglich, und da sie
deshalb nur in den Betriebspausen vorgenommen werden kann und der in der Kanal-
sohle vor den Grundablässen angelegte Kiessack überdies viel zu klein ist, kommen viel
Geschiebe und Sinkstoffe mit in das untere Ende des Werkkanals hinein.
Bei der Anlage Turbigo (Taf. V, Fig. 1) hätte der Einlauf besser im
Zuge des linken Ufers des Natiglio Grande gelegen, denn bei Hochwasser
füllt sich der Raum zwischen der Treidelbrücke und dem Einlauf- Bauwerk mit Ge-
Hsndbueh der Ing.- Wissenseh. III. Teil. 18. Bd. 51
802 HL Thbodob Kosmr. Ausbau von Wassebkräftbet. EnrzKLHEmar.
schiebe an und dasselbe gelangt hernach durch die Einlaufschützen in den Werkkanal,
wenn es nicht durch Baggern beseitigt wird. So mnsste z. B. nach einem Hochwasser
im Herbst 1906 lange Zeit im Werkkanal gebaggert werden, um die grosse Menge Ge-
schiebe, welche in den Werkkanal hineingelangt war, zu entfernen. Man sollte des-
halb derartige tote Zwickel vor dem Regulierungswerk wie bei der
Anlage Turbigo stets zu vermeiden suchen.
Bei der Anlage Füre et Morge (Taf. XXII, Fig. 1 und 7) liegt zwar das Regu-
lierungswerk am Einlauf sehr günstig zum Grundablass, aber die Schwelle der Einlauf-
schätzen liegt nur ganz wenig über dem Vorboden, und es kommen infolgedessen so viel
Geschiebe und Sinkstoffe in das hinter dem Einlauf angelegte Ablagerungsbecken hinein,
dass man nachträglich eine Holzbrücke in dem Ablagerungsbecken parallel zum Regu-
lierungswerk anlegen musste, auf welcher sich ein elektrisch betriebener Bagger be-
wegt (S. 637).
Auch bei der Anlage Wangen (Taf. XXII, Fig. 2) hätte nach Ansicht des Ver-
fassers das erste Regulierungswerk des Einlaufs besser im Zuge des linken Aareufers
gelegen, weil der Zwickel vor dem. Regulierungswerk und der Uferlinie durch die Spül-
wirkung des Grundablasses nicht von Geschiebe und Grundeis und auch nicht von dem
Stückeis befreit werden kann. Bei der Anlage Pont St. Martin (Taf. XTTT, Fig. 1)
hätte gleichfalls die Lage des Regulierungswerkes im Zuge der vor dem Einlauf ange-
legten Schwelle den Vorzug verdient, mit einer glatten und nach dem Grundablass zu
geneigten Befestigung der Flussohle vor der Einlaufschwelle. Auch der Grundablass
hätte besser direkt im Zuge der Einlaufschwelle gelegen. Die erforderliche Länge des
Überfallwehres hätte sich durch eine noch spitzere Lage zur Flussachse erzielen lassen.
Man hat bei dieser Anlage mit den grossen Mengen von Sand, welche sich in dem
Becken vor den Turbinenkammern ablagern, sehr viel zu kämpfen. Es war allerdings
die gewählte Stauhöhe des Wehres zu klein, um der Einlaufschwelle die wünschenswerte
Höhe über der Flussohle zu geben, und es ist deshalb, wie hier noch einmal ausdrück-
lich hervorgehoben werden mag, auch bei Festsetzung der Stauhöhe, wenn man nicht
durch behördliche Vorschriften gebunden ist, der Gesichtspunkt zu beachten, dass es
möglich wird, die Einlaufschwelle mit einen scharfen Absatz von mindestens 0,50 m,
besser 1,0 m und mehr über Flussohle zu legen«
Bei Bemessung der für die Einführung der beabsichtigten sekl. Wassermenge
nötigen Wassertiefe ist in Gegenden, wo starker Frost eintreten kann, zu berücksichtigen,
dass sich unter Umständen eine Eisdecke vor dem Einlauf bilden kann, namentlich wenn,
wie in Gebirgsflüssen , N.W. im Winter eintritt. Die Wassergeschwindigkeit wird vor
dem Wehre dann sehr klein' und das Gefrieren der Oberfläche möglich. Die kleine Ge-
schwindigkeit vor dem Wehre ist wegen der Ablagerung des Geschiebes und der Sink-
stoffe andererseits sehr erwünscht, auch findet erfahrungsgemäss unter einer geschlossenen
Eisdecke, wenn sie nicht ganz lokal ist, sondern sich etwa 1 km und mehr aufwärts
erstreckt, Grundeisbildung nicht statt. Geht das Eis bei Tauwetter auf, so kann
dasselbe, wenn das Regulierungswerk an der richtigen Stelle, d. h. im Zuge der Ufer-
mauer des Grundablasses liegt, leicht abgeführt werden. Man hat nur dafür zu sorgen,
dass in der Grundablasschütze selbst oder daneben eine Eisschütxe angebracht wird.
Der Verschluss der Öffnungen eines Regulierungswerkes erfolgt allgemein durch
Schützentafeln in Holz oder Eisen. Schützentafeln in Holz werden selten eine grössere
Breite als 5,00 m erhalten. Bei Verwendung von Eisen ist man in bezug auf die Schützen-
breite für alle in der Praxis möglichen Fälle unbeschränkt.
§ 2.
Die Werkkanäle.
803
In der nachstehenden Tabelle X sind für eine Reihe von Anlagen die Abmessungen
der Schützen angegeben. Da auch die Wassermenge und die Anzahl der Schützen-
öffnungen mitgeteilt ist, so kann man erkennen, wie in der Praxis die Einteilung der
Gesamtlichtweite des Regulierungswerkes in einzelne Öffnungen gewählt wurde.
Tabelle X.
Abmessungen von Einfluastiffnungen an Regulierungswerken.
Bezeichnung des
Werkes
Wasser-
menge in
cbm/sek.
Anzahl
der
Öffnungen
Eine Schutze für je
eine Öffnung
Breite in
m
Hohe in
m
Zwei Schützen in 2 paral).
Ebenen vorn, übereinander
Breite
a) der unteren
a() der oberen
Schütze in m
Hohe
h) der unteren
ht) der oberen
Schütze in m
1. Tnrbigo
2. Bergamo
3. Funghera
4. Pont St. Martin •
5. Morbegno
6. La Goule
7. Les Clees
8. Kubelwerk
9. Kanderwerk
10. St. Maurice-Lausanne
11. Kykkelsrud
12. Sinaia
13. Champ(FureetMorge)
14. Lechwerk-Gersthofen
15. Wangen
16. Jonage-Cusset-Lyon
17. Ontario Power Co.
18. Sault St. Marie
A. Hölzerne Schützen.
65 bis 71,5
12,5
2,7 bis 5
80 bis 40
25
6 bis 18
4
4
6
40
200
17 bis 40
25 bis 60
100 bis 120
100 bis 150
325,25
900
10
2
8
8
16
2
2
2
8
5
10
3,0
3,0
2,3
1,2
1,6
vergl. S. 397
etwa 1,20
rd. 5 qm
Eintritts-
Querschnitt
3,5
2,0
3,0
1,5
2,50
2,10
2,0 (S. 403)
15
6
2,0
4,50
3,0
1,60
2,00
B. Eiserne Schützen.
6
10
7/
25
4
\
4,95
4,0
6,1
14,6
8,20
3,47
1.83
8,0
a
»i
a
a,
a
1,5
1,5
2,35
2,35
4,40
4,40
a =5,0
aj = 5,0
h
h
h
h,
0,6
1,0
3,0
8,20
1,60
1,50
h =1,25
h, = 1,90
Bei stark geschiebeführenden Flüssen, ist es zweckmässig, den Verschluss einer
Öffnung durch zwei in parallelen Ebenen vor- und übereinander liegende Schützentafeln
zu bewirken und namentlich dann, wenn es nicht möglich ist, der Einlaufschwelle eine
grössere Höhe über der Sohle zu geben. Man kann dann bei höherem Wasserstande,
wenn die Geschiebeführung »im Flusse wächst, die untere Schütze schliessen und das
Wasser nur durch die obere eintreten lassen. Da auch die Sättigung der Wasserfäden
mit Sinkstoffen von der Sohle bis zum Spiegel abnimmt, wird man, wenn nur die
Wasserfaden der oberen Schichten in den Werkkanal eintreten können, verhältnismässig
wenig Sinkstoffe in den Werkkanal hineinbekommen. Dass die Eintrittsgeschwindigkeit
alsdann grösser wird, also eine grössere Höhendifferenz zwischen dem Wasserspiegel tor
51*
804 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
und hinter dem Regulierungswerk eintritt, bedeutet in der Regel keinen Verlust an
Kraft, da man meistens das Hochwasser ohnehin von dem Kanal abhalten wird. Wenn
der obere Rand der Eintrittsöffnongen noch etwa 50 cm eintaucht, werden an der Ober-
fläche schwimmende Körper bei massiger Durchflussgeschwindigkeit am Regulierungs-
werk zurückgehalten werden. Wird die Durchflussgeschwindigkeit grösser als etwa
1,6 m/sek., so tauchen Laub und leichtere Schwimmkörper vielfach schon unter und
gelangen mit in den Werkkanal. Man kann bei zweiteiligen Schützen aber durch Herab-
lassen der oberen Schützentafel die Eintauchtiefe regulieren. Pflegt in der Jahreszeit
des Laubfalls N.W. einzutreten, so wird man vorteilhaft bei der Einteilung der Schützen-
tafeln in obere und untere und bei der Festsetzung der lichten Weite der Einflussöff-
nungen darauf in der Weise Rücksicht nehmen, dass man die gezogene Schützentafel
auch bei N.W. noch 0,50 — 0,60 m tief eintauchen lässt, um möglichst viel Laub zurück-
zuhalten.
Als Nachteil der Lage des Regulierungswerkes im Zuge der Ufermauer des Grund-
ablasses könnte angeführt werden, dass wegen des Richtungswechsels der Wasserfaden
um 90° die der Geschwindigkeit des ankommenden Wassers entsprechende Druckhöhe
verloren geht Indessen bei einer guten Anlage soll die Geschwindigkeit des ankommenden
Wassers am Wehre wogen der beabsichtigten Ablagerung möglichst klein und jedenfalls
bei kleineren und mittleren Wasserständen kleiner als 0,5 m/sek. sein, und es wird des-
v *
halb dieser Verlust h=~ nur weniger als 0,0127 m betragen, also für den wirt-
schaftlichen Wert der Anlage nicht ins Gewicht fallen. Als weiterer Nachteil der be-
sprochenen Anordnung könnte gelten, dass durch das Ziehen der Grundablasschützen zu
Spülzwecken der Wasserspiegel vor dem Einlaufe abgesenkt wird und auch dadurch
DruckgefUle verloren geht. Indessen auch dieser Einwand ist nicht von Bedeutung,
denn bei niedrigen Wasserständen findet meistens auch nur eine geringe Ablagerung
statt, und es genügt die Spülung in den Betriebspausen oder während der schwach
belasteten Stunden. Bei hohen Wasserständen ist aber die Absenkung des Wasserspiegels
vor den Grundablasschützen für den Betriebswert der Anlage der Regel nach belanglos,
weil man die hohen Wasserstände entweder vom Werkkanal überhaupt abhält oder durch
vermehrten Wasserzuflnss den Verlust an Gefalle leicht ersetzen kann.
Soll durch das Regulierungswerk das Hochwasser vom Werkkanal abgehalten
werden, so muss der Verschluss des Regulierungswerkes über den Schützenöffnungen ein
wasserdichter sein, und zwar mindestens bis zu 1,0 m über dem höchsten bekannten
Wasserspiegel. Dieser Abschluss erfolgt entweder in der Weise, dass das Regulierungs-
werk aus einer in Stampfbeton, Hau- oder Ziegelsteinen hergestellten zusammenhängenden
Mauer besteht, in welcher die Schützenöffnungen ausgespart sind, wie z. B. bei dem
alten Regulierungswerk der Anlage Jonage-Cusset-Lyon (Taf. XXXIX, Fig. 2 u. 3), oder
dass der Abschluss aus armiertem Beton zwischen gemauerten Pfeilern hergestellt wird,
wie z. B. bei dem ntaen Regulierungswerk der oben genannten Anlage (Taf. XL, Fig. 1),
oder in der Weise, dass die Vorderflächen der eisernen Gitterböcke durch eiserne Kasten-
trager mit dicht schliessender vorderer Blechwand bekleidet sind, wie z. B. bei der
Anlage Wangen (Abb. 75, S. 424), oder schliesslich in der Weise, dass der Abschluss aus
einer festen Bohlenwand, welche sich gegen eiserne oder hölzerne Schützenböcke oder
Griessäulen lehnt, besteht, wie bei der Anlage Lechwerk Gersthofen (Abb. 133, S. 558).
Bei vielen Werkkanälen hat man sich nicht mit einem Regulierungswerk begnügt,
sondern hinter dem ersten noch ein zweites angelegt. Ein Grund dafür ist die grössere
Sicherheit, denn wenn an dem ersten Werk eine Beschädigung vorkommen sollte, so kann
§ 2. Die Werkkanäle. 805
man darch das zweite den Wasserspiegel hinter dem ersten so regulieren, dass das
erste nur einen kleinen Druck auszuhalten hat. Auch die Möglichkeit, den Werkkanal
stückweise spülen und trocken legen zu können, kann als Grund für 2 oder
mehr Regulierungswerke angeführt werden. Bei der Anlage Wangen (Taf. XXII, Fig. 2)
ist der Hauptgrund für das zweite Regulierungswerk der, dass man bei H.W. den soge-
nannten Spülkanal mit zur Abfuhrung des Hochwassers benutzen will, sodass also die
Schützen des ersten Werkes in solchem Falle meist ganz geöffnet sein werden und die
Aufgabe, den Wasserstand im Werkkanal zu regulieren, ganz allein dem zweiten Regu-
lierungswerk zufällt. Auch kann man während Betriebspausen bei völliger oder teil-
weiser Schliessung des zweiten Werkes und Öffnung des ersten in dem hinter dem ersten
Werk liegenden Ablagerungsbecken einen sehr starken Spülstrom erzeugen. Ahnliche
Gründe waren für die Anlegung des zweiten Regulierungswerkes bei der Anlage Fung-
hera (Taf. X, Fig. 1) massgebend.
Oft werden bei Regulierungswerken, welche unmittelbar am Einlauf liegen, grobe
Rechen vor die Einlaufschützen gelegt zur Abhaltung gröberer schwimmender Körper
und besonders des Treibeises. Die lichte Weite zwischen den Stäben wählt man bei
derartigen Rechen zwischen 5 und 8 cm, und in den meisten Fällen stellt man sie lot-
recht auf. Soll auch Laub zurückgehalten werden, so müssen Feinrechen aufgestellt
werden, deren lichte Weite zwischen den Rechenstäben nicht grösser als 3 bis 4 cm sein
darf. Es ist zweckmässig, die flachen Rechenstabe solcher Feinrechen nicht lotrecht
zur Fläche des Rechens, sondern spitzwinklig dazu derart aufzustellen, dass der Spül-
strom das Laub leichter ins Unterwasser führen kann. Aus denselben Gründen wendet
man statt der Flacheisenstäbe auch oft Rundstäbe für derartige Rechen an. Die Reini-
gung vertikal stehender Feinrechen von Laub oder von festgeklemmten Kieselsteinen
durch Harken ist schwierig, und es empfiehlt sich deshalb, den Rechen aus einzelnen
Tafeln zusammenzusetzen, welche notfalls herausgehoben und gereinigt werden können.
Eine dauernde Bedienung der am Einlauf angelegten Rechen wird meistens nicht
beabsichtigt, um die Betriebskosten nicht zu belasten, vielmehr wird man danach streben,
für die Bedienung des Wehres und des Einlauf s mit 1—2 Mann pro Schicht auszu-
kommen. Die Hauptrechen befinden sich vor den Druckkammern oder Turbinenkammern,
und diese müssen während des Laubfalls ohnehin dauernd bedient werden.
Die Standsicherheit des Regulierungswerkes ist unter Annahme der höchsten
Wasserspiegeldifferenz zwischen Ober- und Unterwasser zu berechnen. Besondere Sorg-
falt verlangt die Fundierung des Regulierungswerkes und der Anschluss an das Ufer.
Sind Felsen oder wasserundurchlässige Schichten von festem, mächtigen, tragfahigen Lehm
oder Ton zu erreichen, so sollte man die Fundierung des Regulierungsbauwerkes mög-
lichst bis auf diesen Grund heruntertreiben, um eine unbedingte Sicherheit vor Unter-
spülungen zu erzielen. Es sei in dieser Beziehung auf die Mitteilungen über die Be-
schädigungen andern alten Regulierungswerk der Anlage Jonage-Cusset-Lyon erinnert
(S. 513). Kann man feste und undurchlässige Schichten nicht erreichen, so ist man
darauf angewiesen, durch die Tiefe des Fundamentes des Regulierungswerkes, durch
den dichten Abschluss der Sohlen vor und hinter dem Regulierungswerke mittelst un-
durchlässiger Betondecken und gegebenenfalls durch Herd- oder Grundmauern am An-
fang und am Ende der ersteren die Widerstände durchsickernder Wasseradern so zu
vergrössern, dass dem Wasserdruck unter allen Umständen das Gleichgewicht gehalten
wird. Leider liegen durch Versuche begründete, für alle Fälle brauchbare Zahlen zur
Berechnung der Widerstände, welche die Wasseradern im Boden finden, noch nicht vor.
Diese Widerstände hängen natürlich ganz von der Beschaffenheit des Baugrundes und
806
HL Thxodob Koehn. Ausbau von WasbkrkbIitek. Edvzblhbitbh.
toh seiner Belastung ab. Selbstverständlich mnss man mit dem Fundament des Regu-
liernngswerkes guten und tragfthigep Baugrund erreichen, und man wird bei den An-
nahmen für die zulässige Belastung pro qm besonders vorsichtig sein müssen. Im
übrigen ist es zu empfehlen, mit der Fundierung des Regulierungswerkes mindestens so
tief unter die Sohle herabzugehen, als die denkbar grösste Differenz zwischen den
Wasserspiegeln vor und hinter dem Werke betragen kann. Abo in Abb. 244 mnss sein
... ... a + Dicke der Betonsohle
ADD. 244.
.%///' /,///
j> *■+*-
^> h. Weitere ungefähre
Anhaltspunkte mögen fol-
gende Zahlen bieten:
1. Es nflssan die lot-
rechten Berthruagsliaien «W
Fundamentmaueni, Spaud-
winde and Grundmauern out
dem Boden im Achesusrhaitt
mindestens das 4 bis Stäche
der höchsten Wasserspiegel-
differenz betragen.
2. Es müssen die hori-
zontalen Berflhnmgslinien dor
Betonsohle, der Fundament- und Grundmauern mit dem Boden in demselben Schnitt ebenfalls mindestens
dss 4 bis ftfaehe der höchsten Wasserspiegeldifferenx betragen.
Diese Angaben sind so zu verstehen, dsss beide Bedingungen erfüllt sein müssen, also es mflnnoa
in der Skizze Abb. 844 sein: a + 2b + c + 4d-fe + 2f + g>4'bis6.h und i-f k + l + m>4bis6.k
Bei Starken der Fundamentmauern (k und m) toq weniger als 1,5 m bleiben die Langen b
und f süsser Ansatz.
Bei sehr durchlässigem Boden (Eies), bei welchem die Dichtigkeit des Materials
in der Tiefe nicht zunimmt, muss man das Hauptgewicht auf die Längenentwickelung des
Bauwerks legen, und es können hierbei mitunter erheblich grössere Längen als 6 h not-
wendig werden.
Ebenso wichtig wie die Sicherung der Fundamentsohle selbst gegen Unterspülung
ist die Sicherung des Anschlusses an das Ufer. Welche Folgen ein ungenügender
Anschluss an das Ufer haben kann, zeigt das Beispiel der Jonageanlage. Es muss dafür
gesorgt werden, dass etwa sich bildende Wasseradern auch auf dem denkbar kürzesten
Wege, welchen sie zwischen Ober- und Unterwasser nehmen könnten, noch den genügen-
den Widerstand finden, um das Gleichgewicht herzustellen. Deshalb darf der Widerstand
in irgend einer Schnittlinie des Ufers vom Oberwasser zum Unterwasser niemals kleiner
sein als derjenige, welchen das Wasser im Achsenschnitt des Regulierungswerkes selbst
findet. Liegt das Regulierungswerk unmittelbar am Einlauf und im Zuge des Fluss-
' ufers, so ist es am zweckmäßigsten, die Fundierung der Ufermauer, gleichbleibende
Untergrundverhältnisse vorausgesetzt, in der Tiefe der Fundierung des Regulierungs-
werkes selbst so weit fortzusetzen, dass die kürzeste Linie in horizontaler Richtung und
in Höhe des niedrigsten Wasserspiegels gemessen, bei durchlässigem Boden das 8 — 12 fache
der höchsten Wasserspiegeldifferenz beträgt (Abb. 246). liegt das Regulierungswerk
innerhalb einer Kanalstrecke, so sind die beiderseitigen Ufermauern möglichst in derselben
Tiefe wie das Regulierungswerk selbst zu fundieren und oberhalb und unterhalb so weit
fortzusetzen, dass die obengenannte Bedingung erfüllt ist. Anstatt langer Ufermauern
kann man aber auch die Mauer des Regulierungswerkes beiderseits so tief in das Ufer
fortsetzen, dass dieselbe Widerstandslänge im Ufer erzeugt wird (Abb. 246). Es ist zu
empfehlen, die in das Ufer sich fortsetzenden Ankermauern, gleiche Untergrundrerhält-
nisse vorausgesetzt, eben so tief zu fundieren, wie die Mauer des Regulierungswerkes
§ 2.
Die WebkkahIlb.
807
selbst und ihre Stärke würde so zu berechnen sein, dass sie dem einseitigen Wasserdruck
und Erddrnck zu widerstehen vermögen. Ihre Höhe muss ungefähr dem höchsten Wasser-
spiegel entsprechen.
Die Stärke der Sohlenbefestigung hinter dem Regulierungswerk ist von dem
Auftrieb abhängig, welcher sich auf diese Sohle äussern kann. Wie stark dieser Auftrieb
werden kann, lässt sich mangels ausreichender Versuchsergebnisse leider für alle Fälle
rechnerisch noch nicht ermitteln24). In reinem groben Sande oder Kies muss mit dem
vollen Wasserdruck gerechnet werden, während der Auftrieb um so kleiner angenommen
werden kann, je feiner das Korn des Baugrundes wird und je mehr lehmige und tonige
Bestandteile er enthält. Der Auftrieb wird Null bei undurchlässigem Boden. Am besten
Abb. 245.
Ftyfk
Abb. 246.
HIMIIIIBMI««MMI^^
ist es, zur Verhütung von Materialverschwendung durch einige Bohrlöcher vor der Aus-
führung den Auftrieb zu messen. Da die Entleerung des Kanals überhaupt nur selten
stattfindet und jedenfalls niemals, wenn im Flusse Hochwasser herrscht, so würde es zu
unnötiger Materialverschwendung führen, wollte man für die Bestimmung des Auftriebe
flusseitig den höchsten Wasserspiegel und abwärts des Regulierungswerkes ein leeres
Becken annehmen. Es wird vielmehr die Annahme, dass eine Entleerung bei M.W.
erfolgt, für die Bestimmung des Auftriebs völlig genügen, es sei denn, dass die
Differenz zwischen höchstem H.W. im Flusse und dem Betriebs-Wasserspiegel im Kanal
grössere Werte ergeben würde.
Da die höchste Beanspruchung der Sohle gegen Auftrieb nur selten erfolgt, ist
es gerechtfertigt, die zulässige Beanspruchung des Betons pro qcm auf Druck höher
anzunehmen als sie für die Mauern und Pfeiler der betreffenden Anlage angenommen
wurde. Wegen der rechnerischen Behandlung solcher Aufgaben sei auf L. Brennecke:
„Die Schiffsschleusen", Handbuch der Ing.-Wissensch. Dritter Teil. Wasserbau, 8. Band
1904, S. 29 u. ff. verwiesen.
An dieser Stelle mag noch eine eigentümliche Art eines Einlaufs erwähnt
werden, welche bei der Anlage Usine de Premont der Societö d'ßlectro-Chimie
(S. 819) angewendet ist
Die Anlage befindet sich an der Mont Cenisbahn auf französischer Seite zwischen den Stationen
La Praz und Saint-Michelle de Manrienne und nutzt eine Kraft des Are mit einem Nutzgefälle von
75,0 m aus. Für den Ein lauf war durch die örtlichkeit eine Stelle gegeben, an welcher das Fluss-
bett sehr eng und am linken Ufer durch eine Eisenbahn, am rechten durch eine Chaussee eingefasst
war. Der Are führt viel Laub und Abfälle von Papierfabriken etc. Es war deshalb notwendig, diese
schwimmenden Körper wirksam zurückzuhalten. Die in den Kanal einzuführende Wassermenge betrug
*<) L. Brenn ecke, Über die Grösse des Wasserdrucks im Boden. Zeitschrift für Bauw.
1886. S. 101. — Der Auftrieb hängt sicher auch von der Dichtigkeit ab, mit welcher die Betonsohle
auf dem Boden ruht. Bei gleichen Bodenverhältnissen wird eine im Trocknen sorgfältig gestampfte
Betonsohle kleineren Auftrieb zu erleiden haben, als eine mit Trichtern unter Wasser geschüttete.
808 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
5 cbm sek. Man konstruierte einen eisernen Kasten von 20,0 m Länge, 4,0 m Breite und 1,20 m Höhe. Dieser
Kasten hat einen rechteckigen Querschnitt und seine aufwärts liegende, wagrechte Wand
ist ans perforierten Blechplatten gebildet Die Löcher haben 12 mm Durchmesser und ihre Zahl
ist so gross, dass 25°,o der 80 qm betragenden Fläche geöffnet sind. Der Kasten wurde auf einer zeit-
weiligen Bracke über dem Niveau des Wassers montiert und dann auf 2 an den beiderseitigen Ufern in
dem Felsen eingeschnittene Plattformen niedergelassen, nachdem in dem Flussbett in der Breite des Kasteos
durch Wegräumung von Sand, Kies und vorspringenden Felszacken eine entsprechend tiefe Rinne herge-
stellt war. Die linksseitige Öffnung des Kastens wurde durch Mauerwerk geschlossen, die rechtsseitige
blieb offen und sie mündet in eine unter der Chaussee angelegte Kammer, in welcher sich die Regulie-
rungssch fitzen des Werkkanals befinden. Nachdem der Kasten an Ort und Stelle festgelegt war, schloss
man mittelst Bohlen und Tonschlag die Fugen zwischen Kasten und Flussohle und schon nach einigen
Tagen soll sich der Fluss selbst diese Fuge durch die Ablagerung von Sand und Kies tot dem Kasten
so gedichtet haben, dass das Wasser bis zur Oberfläche des Kastens stieg und ihn Oberfloss. Bei Niedrig-
waserr ergiesst sich das Wasser durch die Öffnungen des Kastendeckels, nnd man kann mit Gummischuhen
auf demselben gehen, ohne sich die Stiefel nass zu machen. Wenn alle Öffnungen, <L h. 20 qm frei
sind, ergibt sich bei 5 cbm sek. nur eine Geschwindigkeit von 0,25 m/sek^ also wenn selbst •/* der Öff-
nungen verstopft wären, so wurde die Eintrittsgeschwindigkeit immer noch nicht mehr als 1,0 m betragen.
Nach neunjähriger Erfahrung hatte man aber festgestellt, dass sich nicht mehr als 10*/«
der Ltteher verstopfen. Die schwimmenden Körper, wie Laub und die Abfälle der Papierfabriken
werden sehr wirksam zurückgehalten und legen sich zum Teil auf den Öffnungen fest Zu ihrer Entfer-
nung genügt es, in einer Betriebspause die Schützen des Regulierungswerkes für einige Augenblicke zu
schliessen, sodass Wasser in den Kasten nicht mehr eintreten kann, und alle Schwimmkörper werden
vom Wasser gehoben und von dem äusseren Strome fortgeführt Während diese Art des Einlaufen für
die Zurückhaltung der grösseren Schwimmkörper sehr wirksam ist, gelangt dagegen der Sand nnd klein-
körniger Kies selbstverständlich in grossen Massen in den Kasten und von hier in die Kammer vor den
Regulierungsschützen. Da hier der Platz fehlte, ein grösseres Ablagerungsbassin anzulegen, so kommen
auch Sand und Kies in den Werkkanal und der Verschleiss der Turbinen soll ein ungewöhnlich grosser
sein (vergl. S. 819). Durch den eisernen Kasten war das Hochwasserprofil beschränkt und so hat man
denn in den Felsen auf der rechten Seite einen 4,0 m breiten und 4,0 m hohen Hochwasserkanal an-
gelegt, welcher das Wehr umgeht Dieser Kanal ist an der oberen und unteren Ausmündung durch
Schützen verschliessbar. Der Werkkanal ist durch einen Dücker unter dem Hochwasserkanal hindurch-
geführt
d) Die Überläufe und die AblautkanEle. Sowohl bei offnem als auch bei ab-
schliessbarem Einlauf wird man meistens dafür Sorge tragen, dass durch Anlegung
Ton Überläufen eine Überflutung der Kanalufer seltatwirkend verhindert wird. Die
Länge und die Höhenlage der Überläufe ist so zu berechnen, dass die grösste sekl.
Wassermenge, welche unter den ungünstigsten Umständen in den Kanal hineingelangen
könnte, über die Überläufe unschädlich in den Fluss zurückgeführt werden würde. In
der Regel wird man nicht bloss einen, sondern mehrere Überläufe anlegen. Man sucht
dafür solche Stellen aus, bei denen die Zurückführung des Wassers in den Fluss auf
die kürzeste und billigste Weise ermöglicht ist. Naturgemäss wird am häufigsten in
der Nähe der Druck- oder der Turbinenkammern ein Überlauf anzulegen sein, — es
sei denn, dass es sich um kurze Werkkanäle handelt, bei denen die Regulierung des Wasser-
standes durch das Wehr selbst schon ausreichend veranlasst werden kann, — damit der
Wasserstand hier selbstwirkend im Interesse eines gleichförmigen Ganges der Turbinen
reguliert wird, und damit, wenn die Turbinen plötzlich abgestellt werden ohne dass der
Wärter am Einlauf benachrichtigt ist, die grösste sekl. Wassermenge, welche bis zu den
Kammern gelangen kann unschädlich zum Abfluss kommt.
Bei der Anlage Beznau (Taf. XXV, Fig. 2) ist der 1200,0 m lange Werkkanal
fast geradlinig und kann vom Wehre aus bis zum Krafthause übersehen werden. Die
sekl. Wassermenge steigt bis zu 300 cbm/sek. Man konnte auf einen Überlauf im eigent-
lichen Sinne am Krafthause verzichten , weil die Regulierung des Zuflusses am Wehre
und am Einlauf in genügender Weise vorgenommen werden kann. Überdies ist am Kraft-
§ 2. Die Werkka*1le. 809
hause ein grösserer Grundablass angelegt und wenn der Wasserspiegel am Krafthause
über eine gewisse Höhe steigt, so kann wenigstens ein Teil des Wassers, selbst bei ge-
schlossenen Grundablasschützen, über die Schützen hinweg ins Unterwasser gelangen.
Bei Chevres (Taf. XXVII, Fig. 1), wo das Krafthaus unmittelbar am Wehre
liegt, war ein Überlauf an den Turbinenkammern gleichfalls entbehrlich.
Auch bei der Anlage Hagneck (Taf. XXXII, Fig. 6) fehlt ein Überlauf mit
Rücksicht auf den nur 250,0 m langen Werkkanal, dessen Wasserspiegel durch die
Schützen des beweglichen Wehres genügend geregelt werden kann.
Beim Lech werk-G er sthofen (S. 560, Abb. 135) hat man, trotzdem der obere
Kanal bis zum Krafthause 2965,3 m lang ist, gleichfalls auf Überläufe im eigentlichen
Sinne verzichtet Ehe aber der Wasserspiegel die Dammkrone erreichen könnte, würde
das Wasser über die Mauern der Kammerschleuse stürzen und zum Abfluss kommen.
Ausserdem ist ein Grundablass in der Kammerschleusenwand vorhanden. Auch der in
der Nähe des Krafthauses befindliche Stauweiher mit 500000 cbm Füllraum kann zum
Ausgleich mit herangezogen werden.
Bei der Anlage Jonage ist zwar an den Turbinenkammern auch kein Überlauf
vorhanden, dafür sind aber vor und hinter dem Regulierungswerk grosse Überläufe
angelegt.
Die theoretische Ausflussmenge aus einer Öffnung in einer vertikalen
Wand ist ganz allgemein (Abb. 247 a).
Q = l/2i./yVx.dx (47)
worin bedeuten:
g die Erdbeschleunigung für unsere Breitengrade = 9,81 m, also V/2g = 4,429 m,
x die Tiefe eines Wasserfadens von der Breite y unter dem Wasserspiegel.
Bei einer dreieckigen
Ausflussöffnung (Abb. 247 b), deren
Spitze nach unten steht und
deren Basis die Länge b hat, be-
sitzt ein Flächenelement mn in
der Tiefe * unter dem Wasser-
h x
Spiegel eine Fl&chengrösse von y . d x = , . b . dx.
Die Wassermenge, welche durch dieses Flächenelement fiiesst, beträgt:
dQ = ^=-5. b . V2gi . dx = --• V2g(h . xV«dx - x8/*dx).
Nach Integration zwischen den Grenzen x = h und x = 0 ergibt sich
Q = -£-.V2g(2/3haA — 2/5hi/»)=b.4/15V2glit/f = 4/15b.h.y2gh (48)
Für ein beliebiges Parallelogramm ist
Q = 2/3b.h.V2ih (49)
Für eine dreieckige Öffnung mit der Spitze nach oben (Abb. 247c)
Q = 2/5 . b . h . V2i'h (50)
Für einen trapezförmigen Querschnitt (Abb. 247 d) ist
Q = 2/15.(2B + 3b).h. Y2$h (5 1 )
Für einen kreisförmigen oder elliptischen Querschnitt kann man bei einem Abstand
h des Schwerpunktes der Überfallfläche F vom Wasserspiegel angenähert setzen
Q = F./2gh (52)
810 III. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräfte». Einzelheitch.
Die wirkliche Durchflussmenge ist stets erheblich kleiner als die theoretische
und zwar infolge der Einschnürung (Kontraktion) des ansfliessenden Strahles und des Ge-
schwindigkeitsyerlnstes durch die gegenseitige Reibung der Wasserteilohen. Wenn
das' Kanalprofil nicht allmählich in dasjenige des Überlaufrahmens übergeht, sondern
wenn der Überlaufrahmen scharfkantig in einer lotrechten Wand eingeschnitten ist, gegen
welche die Wasserfluten fliessen, so muss ein Teil der Wasserfaden, vorausgesetzt, dass
das Kanalprofil grösser ist als das Profil des Überlaufrahmens, seine Richtung zunächst
einmal an der lotrechten Wand des Überlaufs um 90° ändern und abermals, wenn dieser
Teil der Wasserfaden in den Überlaufrahmen eintritt. Hierbei entsteht die Erscheinung
der Einschnürung, indem die Wasserföden nicht mit den Wänden des Überlaufrahmens
in Berührung bleiben, sondern sich von diesen in Form parabolischer Bogen loslösen.
Infolgedessen ist der Querschnitt des eingeschnürten Wasserstrahles Fx kleiner als der
F
Querschnitt des Überlaufrahmens F. Das Verhältnis F* nennt man den Einschnü-
rungsbeiwert (Kontraktions-Koeffizienten).
Die wirkliche Ausflussmenge wird sowohl durch den Einschnürungsbeiwert als
auch durch die gegenseitige Reibung der Wasserteilchen beeinflusst, und man nennt das
Verhältnis der wirklichen Ausflussmenge Qx zur theoretischen Q, also -jy den Ausfluss-
beiwert und gebraucht dafür meistens den griechischen Buchstaben fi.
Es sind von einer grossen Anzahl von Hydrotekten Untersuchungen über die
Grösse des Ausflussbeiwerts angestellt und zwar meistens für rechteckige Überlauf-
öffnungen mit vollkommener Einschnürung. Die Angaben, welche eine Anzahl bekannter
Autoren gemacht hat, sind in der nachstehenden Tabelle wiedergegeben.
•
Tabelle XL
Zahlenangaben für den Ausfluaaheiwert bei rechteckigen Oberlanfrahmen mit vollkommener
Einschnürung.
Name des Autors
1
Zahlenwerte von p
0,556 bis 0,628
0,591 ,
, 0,718
0,623
0,60 ,
, 0,66
0,592 ,
. 0,66
0,625 ,
, 0,769
0,589 ,
, 0,682
0,685 ,
, 0,678
0,56 ,
, 0,74
0,593 ,
. 0,641
Lesbros und Poncelet
Castel und D'Aubuisson
J. B. Francis
Mohn
Boileau
Bazin
Smeaton und Brindley
J)u Buat
Simpson und Blackwell
Parrochetti
Bei Beobachtung von Überläufen mit allmählich wachsender Wassertiefe findet
man, dass sich der überfallende Wasserstrahl so lange in Unruhe befindet, bis sich die
Einschnürung vollkommen ausgebildet hat. Nach voller Ausbildung der Einschnürung
ist die Oberfläche des Wasserstrahls ganz glatt, und es bleibt der Ausflussbeiwert bis
zu einer gewissen Wasserhöhe (0,50 bis 0,60 m) ziemlich konstant derselbe.
Für genaue Wassermessungen werden die Überlaufrahmen meistens so einge-
richtet, dass sich eine vollkommene Einschnürung ausbilden kann, und man schneidet
§ 2.
Dib WerkkanXle.
811
sie deshalb in einer lotrechten, glatten Wand scharfkantig ein. Die Einschnürung hängt
auch von der Dicke des Überfallrahmens ab und nach Cipolletti16) darf bei Über-
fallhöhen bis zu h = 0,12 m die Rahmendicke des Überlaufs nicht mehr als 1/10 h, bei
Überfallhöhen von h >> 0,12 bis zu 0,60 m, mnss sie weniger als ~ und am besten nicht
mehr als 1/4 h betragen, wenn man sicher sein will, eine vollkommene Einschnürung
zu erzielen.
Die nachstehende Tabelle gibt ein interessantes Bild über das Verhältnis zwischen
Wanddicke des Überlaufrahmens und Höhe des Wasserstrahles bei Beginn und bei voller
Ausbildung der Einschnürung. Die Tabelle zeigt aber auch die interessante Tatsache,
dass bei Herabminderung der Höhe des Überlaufstrahles die Einschnürung nicht bei
derselben Höhe, bei welcher sie begonnen hat, aufhört, sondern bei einer kleineren Höhe.
Tabelle XII.
Ergebnisse der Versuche von CesareCipoiletti zur Feststellung des Verhältnisses zwischen Höhe
des fiberfallenden Wasserstrahls und Dicke des Überfallrahmens, bei welchem die Einschnfiraog beginnt!
sich vollkommen aasbildet und wieder aufhört.
Dicke des
Oberfall-
Hohe des Überlaufstrahles in m bei
i
Tag des
Beginn der
vollkommener
Beginn der
i vollkommener
Versuches
rshmens in
m
Einschnürung
Einschnürung
Berührung
i Berührung
1
ansteigei
ide Höhe
abfallende Höhe
0,010
0,085
0,090
_^m
0,020
0,020
0,055
0,120
—
0,040
0,080
0,070
0,120
—
0,045
0,040
0,090
0,125
—
0,065
i
i
0,050
0,115
0,180
—
0,085
i
i
! 0,060
0,180
0,160
0,105
0,095
i
| 0,070
0,150
0,180
0,125
0,110
1
0,060
0,170
0,205 t
0,160
0,180
i
0,090
0,210
0,240
0,180
0,160
28. Mai 1885
0,100
0,240
0,280
0,200
0,170
i
0,110
0,800
0,825
0,210
0,200
i
0,120
0,820
0,880
0,240
0,280
i
0,180
0,890
0,400
0,290
0,260
1
0,140
0,440
0,450
0,280
0,270
1
0,150
0,470
0,480
0,820
0,810
*
0,160
0,480
0,500 '
0,850
0,810
i
1 0,170
0,500
0,520 i
0,370
0,855
i
i
0,180
0.590
0,610 !
0,895
0,860
i
0,190
0,610
0,640
0.440
0,420
0,200
1
0,620
■
0,655
0,450
0,425
J. B. Francis fand durch seine zahlreichen Versuche in Lowell (Mass.) bei
Boston (S. 7 und 622), dass, wenn die Kanalsohle um das Dreifache der Höhe h des
überfallenden Wasserstrahls unter der Schwelle des Überfallrahmens lag und wenn
die seitlichen Ränder des Überlaufrahmens mindestens um 2 h von den Wänden des
Zufübrungskanals entfernt waren, es alsdann auf die Grösse des Ausflussbeiwerts ohne
26) Cesare Cipolletti: Esperimenti e formole per grandi stramazzi a soglia inclinata od
orizzontale. Mailand 1886 bei Ulrico Hoepli.
812 IIL Theodor Koehx. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
merkbaren Einfluss blieb, wenn man die Tiefe der Sohle und die Entfernung der Kanal-
wände vergrösserte. Hieraus würde folgen, dass nur bis zu den angegebenen Massen
eine allmähliche Überführung des Kanalprofils in den Überlaufrahmen mit Bezug auf
die Grösse der Durchflussmenge von praktischem Werte sein kann. J. B. Francis
fand weiter:
1. Dass die Einschnürung an der wagerechten Schwelle eines in einer lot-
rechten Wand unter Berücksichtigung der obigen Gesichtspunkte eingeschnittenen Über-
fallrahmens bei Wassertiefen von 0,08 — 0,5 m fast konstant blieb und einem Ausfluss-
beiwert von 0,623 entsprach.
2. Dass die Einschnürung an den aufrechten Seiten des Überfallrahmens gleich-
falls konstant blieb, wenn die lichte Weite des Überlaufrahmens mindestens das Drei-
fache oder besser das Vierfache der Höhe des überfallenden Wasserstrahles betrug. Bei
kleineren lichten Weiten im Verhältnis zur Höhe wurde eine Verkleinerung der Ein-
schnürung für die seitlichen Rander festgestellt.
3. Bei weiten Überlaufrahmen, bei denen also das Verhältnis der lichten Weite
zur Höhe grösser als 4 : 1 war, wurde der Wert der Einschnürung pro Seitenwand zu
1/10 h, d. h. also bei einem rechteckigen Querschnitt die gesamte seitliche Einschnürung
im Werte von 1/5 h festgestellt86).
Hiernach ergibt sich die Formel für die Wassermenge, welche durch einen
Überlauf mit rechteckigem Querschnitt bei vollkommener Einschnürung fliesst, zu:
Q = 0,623 (b — 0,20 h) 2/3 h V 2gh (53)
Diese Formel gibt nach Gipolletti noch vollkommen einwandfreie Resultate,
solange die Wasserhöhe nicht mehr als 0,60 beträgt.
Zn beachten ist noch, dass h immer ca. 1,0 m vor dem Überlauf zu messen
ist, da die Absenkung des Wasserspiegels über der Schwelle etwa 0,20 h betragen kann
(vergl. S. 627).
Für Überläufe, mit denen man zugleich genaue Wassermessungen vornehmen will,
wird man gut tun, die Wasserhöhe des Überlaufs nicht wesentlich über 0,50 bis 0,60 m zu
steigern, weil man dann bei vollkommener Einschnürung mit einem konstanten /r= 0,623
rechnen kann. Für grössere Überfallhöhen schwanken die Angaben
Abb. 248. £er verschiedenen Autoren um ca. 10 bis 12%.
Man kann bei einer gegebenen lichten Weite eines recht-
eckig gedachten Überlaufrahmens die Wirkungen der Einschnürung
an den Seitenwänden dadurch eliminieren, dass man den Rahmen
bei gleicher Sohlenweite trapezförmig macht. Zu suchen ist für
diesen Zweck die Länge blf nämlich die Länge der Grundlinien der Dreiecke, welche
der rechteckige Überlaufrahmen aus dem Trapez ausschneidet (Abb. 248). Die theo-
retische Ausflussmenge aus jedem dieser Dreiecke beträgt q = 4/15 ba . h V2gh (vergl
Gleichung 43). Der Einschnürungsverlust an einer Seitenwand ist nach Gleichung (53)
— 0,10 h 2/3 . V2g . h '/'. Durch Gleichsetzung dieser beiden Werte findet man bt =0,25 h.
Wenn man also den Überlaufrahmen trapezförmig macht, derart, dass, wenn b die lichte
Weite an der Sohle ist, die Weite in der Höhe h über der Sohle b + 0,5 h beträgt, so
kann man statt der Formel (53) nunmehr schreiben Q=jü. 2/3 b . h . V2gh (54), worin
ft dann also bei vollkommener Sohleneinschnürung zu 0,62$ konstant bis zu
Werten von h = 0,6m gesetzt werden darf.
**) Cesare Gipolletti: Esperimenti e formole per grandi stramazxi a soglia inclinata od
orizzontale. Mailand 1886. S. 84.
§ 2. Die WekkkanXle. gl 3
Bei Formel (54) ist angenommen, dass die Geschwindigkeit des beim Überlauf-
rahmen ankommenden Wassers = 0 zu setzen ist, und man wird bei Berechnung von
Überläufen in Werkkanälen, sofern sie parallel zur Kanalachse angelegt sind, diese An-
nahme machen müssen.
Bei genauen Wassermessungen kann man aber die Geschwindigkeit des ankom-
menden Wassers nicht vernachlässigen. Auch bei Überläufen in Werkkanälen, welche
nicht parallel zur Stromrichtung des Kanals liegen, wird man bei der Berechnung der
Überlaufweiten die Geschwindigkeit des ankommenden Wassers zu berücksichtigen haben.
Ist v0 die Geschwindigkeit des ankommenden Wassers, so ist die theoretische Druckhöhe,
•v*
durch welche diese Geschwindigkeit erzeugt wird, h0 = ^- und es wird
Q = 2ß(i . b . V2£{(h + h0)8/' - h08/8} (55)
und h
Q , . i/JVi
-<— 1
ho8/i
- ho (56)
2/3/i b]/2g
Aus diesen Betrachtungen über die Überläufe mit voller Einschnürung ergeben
sich die Massregeln, welche man zu treffen hat, wenn man einen Überlauf mögliehst
leistungsfähig machen will, d. h. wenn der Ausflussbeiwert /* möglichst gross werden
soll. Man darf also in diesem Falle den Überlaufrahmen nicht scharfkantig in eine
lotrechte Wand einschneiden, sondern man muss die zu dem Überlaufrahmen führenden
Seitenwände abschrägen und abrunden, und zwar ist diese Abschrägung an den Seiten-
wänden noch von Wirksamkeit bis zu einer Entfernung von 2 h vom Rande des Über-
laiifrahmens und die Abschrägung nach der Sohle zu ist noch wirksam bis zu 3 h unter
der Schwelle des Überlaufs. Man muss ferner die Dicke des Überlaufrahmens grösser
machen als 7- und einen Wert zwischen h/3 und h/2 wählen. Macht man die Dicke
4
aber grösser als h/2, so tritt wiederum eine Verzögerung der Wasserfäden ein (S. 628).
Abwärts vom Überlaufrahmen muss man die Mauerkrone mit 1 : 7 und mehr abfallen
lassen. Bei der angegebenen Mindestneigung ist es alsdann auf die Grösse der- über-
fallenden Wassermenge ohne Belang, ob das Wasser auf einer derart geneigten Fläche
weiter fliesst oder ob es lotrecht abstürzt. Bei derartig angelegten Überläufen darf
man fi je nach der Vollkommenheit der überleitenden Flächen und der Rauhigkeit der
Wände = 0,75 bis 0,77 setzen.
Durch die Versuche von Morin ist festgestellt, dass wenn der Wasserspiegel des
Unterwassers ganz oder fast bis an die 0. K der Schwelle des Überlaufrahmens heran-
reicht, eine Sohleneinschnürung nicht mehr eintritt, und es würden deshalb in diesem
Falle, auch wenn der Überlauf den oben besprochenen Anforderungen nicht entspräche,
für fi Werte von 0,714 bis 0,769 angenommen werden können. Die von Morin fest-
gestellte Tatsache scheint darauf zurückzuführen zu sein, dass in der erwähnten Voraus-
setzung die Luft nicht mehr an die Schwelle heran und in den bei Einschnürung sich
bildenden Hohlraum eintreten kann.
Wegen der Formeln für unvollkommene Überfälle kann auf Kap. III, § 1 A S. 623
verwiesen werden.
Für die Verwendung der gegebenen Formeln ist zunächst die sekl. Wassermenge Q
zu bestimmen, welche höchstenfalls über den Überlauf fliessen soll, und man wird sie,
wenn man nur einen Überlauf hat, meist gleich derjenigen Wassermenge annehmen,
welche höchstenfalls in den Werkkanal eintreten kann. Sind mehrere Überläufe hinter-
814 III. Theodor Koehx. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
einander vorhanden, so kann man diese grösste Wassermenge auf dieselben verteilen.
Die grösste Wassertiefe im Werkkanal und das Wasserspiegelgefälle sind ans den Über-
legungen bei Festlegung des Kanalprofils und beim Entwurf des Regulierungswerkes gleich-
falls bekannt, und wenn man die 0. K. der Schwelle eines an einer bestimmten Stelle anzu-
legenden Überlaufs festlegt, so ergibt sich daraus auch die Höhe des überfallenden
Wasserstrahls h am Anfang des Überlaufs. Nimmt man an, dass die grösste sekl. Wasser-
menge zu einer Zeit, wo der Betrieb im Kraftwerke ruht, an den Überlauf herankommt,
sodass die ganze sekl. Wassermenge über den Überlauf stürzt, so kann man für die
Berechnung der Weite b des Überlaufrahmens die ermittelte Höhe h des überfallenden
Wasserstrahls am Anfang des Überlaufs für die ganze Weite als gleichmässig vorhanden
ansehen. Soll ein Teil Qt der grössten sekl. Wassermenge Q abwärts des Überlaufs im
Werkkanal weiter fliessen, so ist die über den Überlauf zur Abführung zu bringende
Wassermenge nur noch Q — Qu und es wird sich aus dem bekannten Profil des Werk-
kanals abwärts des Überlaufs, aus Qx und den früher ermittelten Werten für die Füll-
höhe tt eine Höhe hx des überfallenden Wasserstrahls am Ende des Überlaufs ergeben.
Für die Berechnung der lichten Weite des Überfallrahmens b würde man dann
Vi I Vi
genau genug die mittlere Überfallhöhe — ~— annehmen können.
Wegen der baulichen Einrichtung der Überläufe kann auf die vielen im Kap. II
gegebenen Beispiele verwiesen werden, aber die folgenden Angaben mögen hier noch
Platz finden:
Von der Abschrägung der Seitenwände und der Krone des Überlaufs vor und
hinter dem engsten Überlaufrahmen, um eine möglichst glatte Überführung der Wasser-
faden in den Überlaufrahmen zu erzielen, war bereits S. 813 die Bede und ferner ist
es selbstverständlich, dass man sie so wenig rauh wie möglich machen muss. Man gibt
dem Rahmen selbst am besten eine flache Abrundung und lässt dann, wenn wegen der
Standsicherheit der Überlaufmauer grössere Dicken erforderlich sind, die Krone des
Überlaufs abwärts des Rahmens mit 1 : 7 und mehr abfallen. Um den Überlauf will-
kürlich regulieren zu können, ist es zweckmässig, in den Seitenwänden des Rahmens
Dammbalkenschlitze anzuordnen, oder wenn der Überlauf so breit ist, dass man die
ganze Öffnung nicht mit einer Balkenlänge schliessen kann, auf der Krone in geeigneten
Abständen vertikale I-Eisen einzulassen, welche den Bohlen oder Balken als Stütze dienen
können.
Handelt es sich um eine grosse Wassermenge und infolgedessen um eine
grosse Länge des Überlaufs, so kann man häufig dadurch die Baukosten verringern,
dass man die Überlaufschwelle nicht geradlinig, sondern in Form von Kreisbögen oder
Vielecken anlegt. Als Beispiele hierfür können der grosse Überlauf der Anlage Jonage-
Cusset-Lyon (Taf. XLI, Fig. 1 u. S. 516), sowie der Überlauf der Urfttal sperre
(Taf. XLIX, Fig. 3 u. 4 u. S. 591) und die Überläufe der Queistalsperre bei
Marklissa (Taf. L, Fig. 1 u. S. 600) gelten.
Wie bei den Wehren, so ist es auch bei den Überläufen am besten, das Wasser
lotrecht von der Krone des Überlaufs herabfallen zu lassen, wenn es sich um sogenannte
vollkommene Überfälle handelt. Um den Stoss des Wassers auf das Sturzbett abzu-
schwächen, wird zweckmässig ein Wasserpolster angelegt, indem man das abwärts ge-
legene Ende des Sturzbettes durch eine Wand abschliesst. Die Höhe dieses Wasser-
polsters richtet sich nach der Höhe des Wasserfalles und der Stärke des überfallenden
Strahles.
§ 2. Die Whukkakäi-k. * 815
Bei der Anlage Vizzola (S. 347/348) ist zum Beispiel zwischen der Überlaufkrone
und der Sohle des Sturzbettes ein Höhenunterschied von 9,80 m. Der überfallende
Strahl kann eine Stärke (z) bis zn rd. 0,52 m haben'7).
Das Wasserpolster ist 2,30 m hoch angelegt und hat sich, ebenso wie die ans
einer 1,0 m starken Betondecke hergestellte Sohle des Sturzbettes als ausreichend er-
wiesen.
Bei der Jonageanlage (Tai. XLI, Fig. 3) liegt die Sohle des Sturzbettes 2,06
bezw. 2,45 m unter der Überlanfschwelle. Die Höhe des Überfallstrahles kann bis zu
1,50 m betragen, and das Wasserpolster ist für den 2,05 m hohen Wasserfall auf 0,30 m,
für den 2,45 m hohen Wasserfall auf 0,40 m angenommen. Eine sehr zweckmässige
Abb. 249. Schnitt dnrcb. den Werkkanal und den in der Nahe der Druckkammern angelegten Über
lanfkanal der Anlage Faderno (an der Adda).
Anlage eines Sturzbettes zeigt auch die Ennepe-Sperrmauer (Taf. LIU, Fig. 14), wo
das Wasser rd. 33,60 m auf der Luftseite der Mauer abstürzt und in einem etwa 3,0 m
hoben Wasserpolster seine lebendige Kraft einbüsst.
Ist der Höhenunterschied zwischen dem ersten Sturzbett und ' dem Wasserspiegel
des Flusses, in welchen das Überlaufwasser geführt werden soll, noch gross, so legt man
die Sohle des Ablautkanals meistens kaskadenförmig an und wird, falls die Höhe einer
Stufe mehr als 1,50 m beträgt, auf der betreffenden Stufe wiederum ein Wasserpolster
schaffen. Als Beispiel eines typischen kaskadenförmigen Ablaufkanals sei auf die Anlage
Novalesa an dar Cenischia (Taf. XII, Fig. 6 bis 9 u. S. 375) verwiesen. Bei grossen
Wassermengen und höheren Stufen ist es zweckmässig, zur weiteren Abminderung des
Wasserschlages vor oder in der lotrechten Stnfenwand Fallöcher anzulegen und diese
über der Sohle der nächsten Stufe wagerecht ausmünden zu lassen.
"> *-fm-?mi-V<>.
75'
ÖfiV 90*. 19,62-
816 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelhettek
Auf diese Weise wird der Schlag des über die Stufe lotrecht herabfallenden Wassers
durch die wagerechten Wasserstrahlen, welche aus den Öffnungen heraustreten, gemildert.
Man wird die Zahl und Grösse der lotrechten Fallöcher so einrichten, dass etwa die
Hälfte der grössten sekl. Wassermenge hindurch kann, die andere Hälfte aber über die
Stufe abstürzt. Beispiele hierfür bieten die Überlaufkanäle der Anlagen Vizzola
(S. 347 u. ff. und Abb. 44), Pont St. Martin (Taf. XIV, Fig. 3 u. 4 und S. 383),
Paderno (Abb. 249).
Mit Rücksicht darauf, dass die Ablaufkanäle nur selten und für kurze Dauer mit
der grössten sekl. Wassermenge belastet sein werden und dass durch sie der Regel nach
bei richtiger Bedienung der Regulierungsschützen nur ein kleiner Überschuss abfliessen
soll, kann man für sie unbedenklich grössere Geschwindigkeiten als bei den Werkkan&len
zulassen, ohne fürchten zu müssen, dass die Sohle und die Seitenwände zu schnell aus-
geschliffen werden. Dieses Ausschleifen erfolgt natürlich um so starker, je grösser die
Wassergesch windigkeit ist, je mehr das Wasser durch Sand und Kies verunreinigt ist
und je häufiger der Überlauf in Tätigkeit tritt. Bei Ablaufkanälen aus gutem Brach-
stein- oder bestem Klinkermauerwerk sollten die rechnungsmässig grössten Geschwindig-
keiten nicht mehr als 8 bis 10 m/sek., bei Zementkanälen die Geschwindigkeiten nicht
mehr als 6 bis 7 m/sek. betragen. Wird der Ablaufkanal aus Bruchsteinmauerwerk
hergestellt oder die wasserberührte Fläche mit solchem Mauerwerk verblendet, ist es
bei sehr starkem Gefälle zweckmässig, einzelne Bruchsteine aus dem Profil herausragen zu
lassen, um den Rauhigkeitsgrad der wasserberührten Fläche nach Möglichkeit
zu erhöhen. Die vorstehenden Steine müssen in der Längsrichtung gegeneinander ver-
setzt sein, damit möglichst viel Wirbel entstehen zur Vernichtung der lebendigen Kraft der
einzelnen Wasseradern. Es ist aber selbstverständlich darauf zu achten, dass die vor-
ragenden Bruchsteine tief genug in das Fundament oder in die Seitenwände eingreifen,
damit sie von der Gewalt des Wassers nicht herausgerissen werden können. Die Fugen
sind mit gutem Zement sorgfaltig auszufüllen. Für Kanäle aus Klinkermauerwerk finden
diese Betrachtungen sinngemässe Anwendung. Bei der Profilierung muss man bei stark
geneigten Ablaufkanälen im Gegensatz zu den Werkkanälen ausserdem
p
darauf Bedacht nehmen, dass der hydraulische Halbmesser R =
P
möglichst klein, also der benetzte Umfang möglichst gross wird.
Das Einfachste und Billigste ist es natürlich , wenn man das Überlaufwasser wie
bei den Anlagen Funghera, La Goule, Les Clees (Abb. 65, S. 404), Kubelwerk,
Hafslund, Livet (Abb. 118, S. 530), ohne weitere künstliche Ablaufkanäle frei über
den natürlichen Felsen abstürzen lassen kann.
Aus Ersparnisrücksichten hat man bei der Anlage Geres Ala (Taf. XI, Fig. 1
und S. 370) anstatt kaskadenförmiger Ablaufkanäle bei rd. 100,0 m Fallhöhe Ablauf-
rohre aus Zement verlegt, welche sich den steilen Abhängen anschmiegen. In das
Ablau frohr der obersten Druckkammer sind drei Fallschächte, in das der zweiten Druck-
kammer vier eingelegt, in denen die lebendige Kraft des Wassers vernichtet werden soll.
Jeder Fallschacht ist durch eine lotrechte Scheidewand in zwei Teile geteilt. Das
Wasser stürzt aus dem oberen Ablaufrohr in den ersten Teil des Fallschachtes, muss
unter die Scheidewand hindurch und steigt dann in dem zweiten Teil des Schachtes
bis zur Ausmündung des unteren Ablaufrohres auf. Indessen die Rohrlängen von einem
Fallschacht zum andern sind so gross, dass sich in ihnen wegen der starken Neigung
Geschwindigkeiten entwickeln, denen die Betonrohre nicht gewachsen sind. Deshalb
war bei der Ceres Ala- Anlage nach zwei Jahren der Verschleiss der Rohre schon
§ 2. Die WebkkahAle. 817
so gross, dass man an die Verlegung von eisernen Rohren als Ersatz für die Zement-
rohre denken musste. Wenn man für Ablaufkanäle mit grösserem Fall Zementrohre
verwenden will, so wird man am besten lotrechte Fallschächte — bei denen man in
der Fallhöhe bei ausreichendem Wasserpolster sehr weit gehen kann — mit Rohrstrecken
abwechseln lassen, welche so schwach geneigt sind, dass in ihnen Geschwindigkeiten von
höchstens 6 bis 7,0 m/sek. entstehen können.
Bei Verwendung röhrenförmiger Ablaufkanäle muss man ihre Wandungen
so stark machen, dass sie den ganzen statischen Druck zwischen Ober- und Unter-
wasser aushalten können, denn man wird es immerhin als möglich anzunehmen haben,
dass sich durch irgend einen Zufall das Rohr verstopft und unter den Druck des
ganzen Höhenunterschiedes zwischen Unter- und Oberwasser gelangen kann. Schon
aus diesem Gesichtspunkt wurde man Ablaufrohre aus armiertem Beton für Druckhöhen
von mehr als 40,0 m bei dem heutigen Stande der Technik und den bisher vorliegenden
Erfahrungen wohl kaum wählen. Da nun aber auch den in solchen Rohren auftretenden
Geschwindigkeiten , wenn sie auf längeren Strecken mit 1 : 10 und mehr geneigt sind,
nur guter Stahl widerstehen kann, so ist die Verwendung dieses Materials für derartige
Ablaufrohre das gegebene.
Bei der Anlage La Dernier-Vallorbe (Taf. XXXI, Fig. 1 u. 6 u. S. 464) sind
zwei stählerne Rohre von je 0,850 m Durchmesser als Ablauikanäle verlegt worden. Die
grösste Wassermenge beträgt 20 cbm/sek., sodass auf jedes Rohr 10 cbm/sek. entfallen.
Die gesamte Druckhöhe zwischen der Druckkammer und der Ausmündung in den Fluss
beträgt 237,0 m, die Länge jedes Rohres etwa 722,0 m. also das Gefalle J auf 1,0 m
durchschnittlich = 0,328 m. Die Geschwindigkeit im Rohre ergibt sich, wenn man
R = -j == 0,213 und c zu 70 in der Formel v = cVRJ annimmt, zu rd. 18,7 m/sek.,
Q
während sich bei voller Füllung und 10 cbm/sek. v = ^zufv 17,7 ergeben würde. Die
Stärke der verwendeten Stahlplatten beträgt 9 mm. Die Rohre sind auf Betonfun-
damenten in gusseisernen Schalen gelagert und an allen Knickpunkten durch mächtige
Betonklötze festgelegt. Jedes Rohr kann durch eine Schütze, welche sich in der Druck-
kammer befindet, trocken gelegt werden. An dem oberen Ende der Rohre sind Steige-
rohre aufgesetzt, damit jederzeit die Zuführung von Luft gesichert ist. Ausser-
dem sind im Verlauf des Rohres an zwei Stellen selbstwirkende Luftventile angeordnet,
welche durch Federn für gewöhnlich geschlossen gehalten werden, sich aber öffnen, so-
bald durch den Wasserstrom eine grössere Luftverdünnung im Rohre eintritt. Taf. LIX,
Fig. 18 zeigt die Einzelheiten eines solchen Luftventils. Da die Rohre auf grösseren
Längen offen liegen, sind an zwei Stellen Dilatationsvorrichtungen angeordnet. Die Aus-
mündung der Rohre in den Turbinenkanal erfolgt parallel zur Stromrichtung der Orbe
(Taf. XXXI, Fig. 6) und über dem höchsten Wasserspiegel. Die aus den Ablaufrohren
austretenden Strahlen treffen bei N.W. immer noch ein Wasserpolster von 1,50 m Stärke,
welches bei höheren Wasserständen, d. h. zu Zeiten, wenn die Ablaufkanäle ihre grösste
Wassermenge führen, auf 3,20 m ansteigen kann. Die Sohle des an der Ausmündungs-
stelle gebildeten Beckens besteht aus einer 0,70 m starken Betonlage, und diese ist durch
einen Bohlenbelag auf hölzernen Querschwellen gegen Ausspülungen geschützt.
An verschiedenen Stellen der Rohre sind Mannlöcher angeordnet, damit man in
der Lage ist, das Innere zu tevidieren und sich von dem Grade des Verschleisses und
sonstigem Zustande der Rohre zu überzeugen.
Handbuch der Ing.-WiiMnsch. III. Teil. 13. Bd. 52
818 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Für ähnliche Anlagen ist es zu empfehlen, wie bei La Dernier-Vallorbe, die
Wassermenge auf zwei Bohre zu verteilen, weil man dann eines auf längere Zeit not-
falls zur Ausführung von Reparaturen ausser Betrieb setzen kann. Ergibt sich z. B.
bei der Revision, dass die Sohle bereits erheblich ausgeschliffen ist, so könnte man eine
Drehung des betreffenden Rohres vornehmen, anstatt dasselbe vollständig auszuwechseln.
Bei der Anlage La Dernier-Vallorbe kommt das Wasser aus einem 2632,0 m
langen Tunnel und es wird infolgedessen auch bei strengstem Frost eine Temperatur
von 2 bis 3° über Null haben. Wie weit die Ablaufleitungen bedeckt und wie weit sie
offen sind kann man ungefähr aus Taf. XXXI, Fig. 1 erkennen. Nach den Mitteilungen
der Verwaltung haben sich wie zu erwarten bis jetzt niemals, auch nicht im Winter
1906/1907, trotzdem die Temperatur auf — 18° C. sank, störende Eisbildungen in den
Ablaufrohren gezeigt.
Wenn viel Wasser überfliesst, ist die Wassergeschwindigkeit in solchen geschlossenen
Rohrleitungen so gross, dass eine Eisbildung unmöglich wird, wenn dagegen nur wenig
Wasser überfliesst, kann die Unterkühlung an den Rohrwandungen für die Bildung einer
festen Eisschicht, welche schliesslich zu einem festen Eispfropfen anwachsen kann, gross
genug sein. Es wird deshalb die bedeckte Verlegung stählerner Ablaufrohre den Vor-
zug verdienen, wo starke Fröste zu erwarten sind.
Erinnert sei an dieser Stelle daran, dass Intze die zwei 5,0 m im Lichten
weiten Abfallschächte an den Überläufen der Queistalsperre bei Marklissa (S. 601 u.
Taf. L, Fig. 7), durch welche bei 40,0 m Fallhöhe je 390 cbm/sek. hindurchstürzen können,
mit einer Stahlpanzerung versehen hat, da sich rechnungsmässig eine Geschwindigkeit
de* Wassers in den Schächten von ~ 20 m/sek. ergab.
Für die Berechnung der Ablaufkanäle gelten die im Abschnitt b gegebenen
Formeln. Sofern die Abläufe wiederum kaskadenförmig mit Überläufen angelegt werden
sollen, kommen die in diesem Abschnitt mitgeteilten Formeln 53 bis 56 zur Anwendung.
e) Die Ablagerungsbecken. Wenn man auch bei richtiger Anordnung des
Wehres, des Einlaufe und des Regulierungswerkes das gröbere Geschiebe vom Werkkanal
abhalten und bei genügender Stauhöhe am Wehre einen grossen Teil der Sinkstoffe vor
dem Wehre zur Ablagerung bringen kann, so treten doch die feineren Sipkstoffe mit in
den Werkkanal hinein, weil sie bei den Geschwindigkeiten, welche sich in den für
Wasserkraftanlagen geeigneten Flusstrecken mit Gefällen von 1 : 1500 und mehr ent-
wickeln, in allen Wasserschichten treiben.
Ausscheiden können für die Betrachtungen dieses Abschnittes alle diejenigen
Fälle, wo das Triebwasser direkt aus einem natürlichen See oder "aus einem grosseren
künstlichen Staubecken entnommen wird, also z. B. Fälle wie bei den Anlagen La Goule,
La Dernier-Vallorbe, Lac Tanay, Sault St. Marie, Urft-Talsperre und
die Queis-Talsperre-Marklissa, denn hier liegen grosse Ablagerungsbecken vor
dem Einlauf, während nachstehend nur von solchen Ablagerungsbecken die Rede sein
soll, welche abwärts des Eütlaufs anzulegen sind.
Durch den Sand und Schlick leiden die Turbinen und Druckrohre.
Der Ver8chlei88 zeigt sich besonders an den Organen der Turbinenreguliemng,
den Leitschaufeln, den Spaltschiebern, den äusseren oder inneren Ringschiebern etc., aber
auch an den Laufrädern und Turbinengehäusen. Dieser Verschleiss ist um so grösser,
je stärker der Prozentsatz des mitgeführten Sandes und Schlickes und je grösser die
Geschwindigkeit ist, mit welcher das Wasser die Turbinen durchströmt.
Bei der Anlage Pont St Martin z. B., wo der Wasserdruck 11,0 bis 14,0 m
§ 2. Die WerkkanIlb. 819
beträgt and die 1000 pferdigen Francis-Schacht-Turbinen 187 Umi/Min. machen, war es
nötig, im Sommer, da die Dora Baltea auch schon bei mittleren Wasserständen Sand
und Schlick in grossen Mengen mit sich führt, wegen der ungenügenden Anlagen zur
Abscheidung des Sandes und des Schlicks die Leitschaufelkränze alle 3 bis 4 Wochen
herauszunehmen und ganz oder zum Teil zu erneuern.
In der bereits erwähnten Anlage der Usine Prämont*8), wo 12 Turbinen von
160 PS« und 4 Turbinen von 480 PSe unter einem Druck von 75,0 m arbeiten, müssen
die Leiträder alle 18 bis 20 Tage erneuert werden, und die Laufräder halten nicht
länger als eine Saison.
Die Verwaltung der Usine de Prämont berechnet die reinen Reparaturkosten
durch Verschleiss der Turbinen auf 1,56 Frs. = 1,25 Mk. pro Jahr und PS« für die
kleinen Einheiten und auf 0,50 bis 0,60 Frs. = 0,40 bis 0,4& Mk. für die grossen Ein-
heiten. Für den Mehrverschleiss der übrigen Turbinenteile, der Druckrohre etc. infolge
des unreinen Wassers wird man aber wohl noch einen Zuschlag von 10 bis 20°/* zu
den obigen Kosten hinzuzurechnen haben.
Sobald der Verschleiss beginnt, nimmt auch der Nutzeffekt der Turbine ab, und
es kommen zu den Kosten der häufigen Reparaturen noch die Verluste an Kraft hinzu.
Um die Reparaturkosten in solchen Fällen einzuschränken, werden die Leit- und Lauf-
räder so eingerichtet, dass man die dem Verschleiss am meisten ausgesetzten Teile leicht
herausnehmen und ersetzen kann.
Die Verluste an Kraft, welche durch die Verschlechterung des Nutzeffektes um
10 bis 50% infolge des Verschleisses der Turbinen entstehen können, fallen um so
stärker ins Gewicht, je höher der Preis ist, zu dem man eine PSe-Stunde verwerten
kann und je dringlicher der Kraftbedarf gerade in der Zeit ist, wo die grössten Bei-
mengungen von Sand im Betriebswasser vorkommen.
Hat man, wie z. B. in Pont St. Martin, drei 1000 PSe-Turbinen im ständigen
Betriebe, und arbeiten diese infolge des Verschleisses der Leitschaufeln und Laufräder
an 100 Tagen toit um durchschnittlich 15% verschlechtertem Nutzeffekt, so macht das
bei 12stündigem Betriebe und voller Belastung 1000 . 3 . 15 . 12 = 540000 PS,-Stunden
jährlich aus, und wenn man den Wert der PS*-Stunde nur mit 2,5 Pfennigen anrechnet,
so stellt der Verlust an Kraft immerhin schon einen Wert von 13500 Mk. pro Jahr dar.
Bei sehr verunreinigtem Wasser müssen auch die Reserven, welche in dem Kraft-
hause aufzustellen sind, grösser sein, weil eben häufigere Reparaturen vorkommen, und
trotzdem wird durch den schnellen Verschleiss der Turbinen die Betriebssicherheit der
Gesamtanlage beeinträchtigt.
In der Regel wird die Sättigung des Wassers mit Sand und Schlick bei N.W.
klein, bei H.W. gross sein (S. 130). Sie kann im oberen Laufe von Gebirgsflüssen
bei H.W. nach Sturzregen 4—5% des Rauminhaltes der sekl. Wassermenge betragen,
wird nicht selten bei H.W. 1% und auch bei mittleren Wasserständen noch 1 — 2°/oo
ausmachen. Rechnet man mit einer Sättigung des Wassers durch Sand und Schlick
von 1 % des Raumgehaltes und nimmt im Werkkanal eine Wasserführung von 40 cbm/sek.
an, welche z. B. derjenigen der Anlage St. Maurice-Lausanne entspricht, so würde also
jedes cbm/sek. Wasser 10 1/sek. Sand und Schlick mit in den Kanal hineinführen, sodass
bei 40 cbm/sek. 400 1 Sinkstoffe pro Sekunde und 1440 cbm in der Stunde in dem
Ablagerungsbecken zur Ausscheidung gebracht werden müssten. Bei nur l%o der
'8) A. Bo ucherf Usine de Premont ä Saint-Michel de Maurienne. Compte rendu du Congres
de Ja Houille Blanche 1892. II. VoL 8. 825.
52*
820 HL Theodor Koehn. Ausbau vom Wasserkräften. Einzelhettek.
Sättigung würden in der Stunde 144 cbtn und in 12 Stunden 1728 cbm zur Ablagerung
kommen müssen.
Die meisten Ablagerungsbecken, welche bei neueren Wasserkraftanlagen zur Aus-
führung gebracht sind, erfüllen ihre Aufgabe nur unvollkommen, weil sie zu klein sind
und weil auch im übrigen ihre Anordnungen dem Zwecke nicht entsprechen.
Bei der Anlage Pont St Martin z. B. hat das Becken vor dem Krafthause nur
einen Inhalt von rd. 2400 cbm, betragt also bei 30 cbm/sek. normaler Wasserführung
im Werkkanal nur das 80fache dieser Wassermenge. Der grösste Querschnitt vor den
Q
Turbinenkammern ist 104,56 qm, sodass die Wassergeschwindigkeit daselbst v = jj
noch rd. 0,86 m/sek. beträgt, eine Geschwindigkeit, welche zu gross erscheint. Den-
noch findet eine starke Ablagerung in dem Becken statt (Taf. XIV, Fig. 3). Aber die
Neigung der Sohle ist zu klein und die Grundablisse liegen nicht an der richtigen
Stelle, sodass die Spülwirkung unzureichend ist (S. 382). Infolgedessen muss von Zeit
zu Zeit der Sand aus dem Becken während der Betriebspausen von Hand herausge-
nommen werden, wodurch die Betriebskosten in unliebsamer Weise erhöht werden.
Bei mehreren Wasserkraftanlagen hat man sich damit begnügt, an einer oder
mehreren Stellen die Sohle des Werkkanals zu vertiefen und sogenannte Kiessacke zu bilden.
So wurden z. B. bei der Anlage Morbegno zwei solche Kiessäcke angelegt. Der Kanal
führt 26 cbm/sek. und hat bei 4,0 m Breite und 2,6 m Wassertiefe einen trapezförmigen
Querschnitt von ungefähr 10 qm, sodass die Wassergeschwindigkeit 2,5 m/sek. betrügt.
Der erste Kiessack liegt 900,0 m unterhalb des Einlaufbeckens längs eines Überlaufs.
Seine Sohle ist auf 100,0 m Länge um 2°/o gegen das normale SohlengefiLlle geneigt, so-
dass um unteren Ende des Kiessackes ein Absatz von 2,0 m entstand. An dieser Stelle
wird demnach der Querschnitt auf rd. 18 qm vergrössert und die Geschwindigkeit würde
noch *8. 1,33 m/sek. betragen. Bei dieser Geschwindigkeit findet aber eine genügende
Ablagerung von feinem Sand und Schlick nicht statt. Gröberes Geschiebe, welches in
den Kanal hineingelangt sein sollte, wird sich dagegen allerdings in dem Kiessack fangen.
Die Neigung der Sohle um 2% ist unzureichend, weil sie die Spülwirkung der Grund-
ablässe nur unwesentlich erhöht Einschliesslich des normalen Kanalprofils über dem
Kiessack würde das Ablagerungsbecken, wenn dieser Name für die getroffene Einrichtung
überhaupt gebraucht werden darf, einen Rauminhalt von 1400 cbm oder nur das 56 fache
der sekl. Wassermenge des Werkkanals haben.
Bei der Anlage St. Maurice-Lausanne (S. 465) sind 2 Ablagerungsbecken angelegt,
das eine am Ende des offenen Vorkanals und das zweite vor den Druckkammern. Jedes
dieser Becken hat einen Rauminhalt von rd. 14000 cbm. Die normale Wasserführung
des Werkkanals soll nach vollendetem Ausbau 40 cbm/sek. betragen. Sie kann aller-
dings in dem offenen Vorkanal, da -derselbe dem Hochwasser zugänglich ist, auf mehr
ah das Doppelte steigen. Wenn man aber nur 40 cbm/sek. zur Grundlage nimmt, so
würde der Bauminhalt der beiden Becken mit zusammen rd. 28000 cbm Inhalt das
700 fache der sekl. Wassermenge des Werkkanals betragen. Dennoch hatten sich die
beiden Becken bereits 1904 als unzureichend herausgestellt, trotzdem damals noch bei
weitem nicht die volle Betriebswassermenge durch den Kanal floss. Die Ursache hier-
von lag in diesem Falle nicht an der Grösse der Becken, sondern an der ungenügenden
Sohlenneigung und den sonstigen nicht zweckentsprechenden Anordnungen. Es fand in
beiden Becken eine sehr starke Ablagerung statt, aber der abgelagerte Sand konnte
durch die Spülwirkung der Grundablisse nicht entfernt werden. Es hatten deshalb bei
gefülltem Ablagerungsraum die über die Ablagerungsschicht hinwegstreichenden Wasser-
§ 2. Die Werkkanäle. 821
mengen reichliche Gelegenheit, Sand aufzunehmen. Die Reinigung der Becken musste
auch hier von Zeit zu Zeit von Hand geschehen.
Wenn man wie bei dem Prahowawehr der Wasserkraftanlage Sinaia in Rumä-
nien29) (Taf. LI, Fig. 5 und 6 und LIII, Fig. 7) einen etwa nur 3,30 m breiten sogenannten
Kiesfang hinter den Einlaufschützen anlegt, so wird dieser kleine Sack zwar alles
gröbere Geschiebe, welches am Boden rollt, auffangen, solange bis der kleine Raum
des Kiessackes gefüllt ist, und wenn die Schützen des zweiten Regulierungswerkes ge-
schlossen sind, kann durch Ziehen der Schützen der Kiesschleuse ein sehr starker Spül-
strom erzielt werden, der den Kiesfang selbstwirkend reinigen wird. Aber für die
Ausscheidung von Sinkstoffen ist ein derartiger Kiesfang so gut wie
unwirksam.
Bei der Anlage Rheinfei den hat man quer über den WArkkanal eine Kies-
rinne von 2,50 m Breite und 1,0 bis 1,25 m Tiefe angelegt, welche sich gleichfalls wegen
ihrer winzigen Abmessungen als unwirksam herausgestellt hat
Es soll deshalb an dieser Stelle versucht werden, Leitsätze für die Ausbildung
wirksamer Ablagerungsbecken aufzustellen. Nach den Angaben (S. 132) bezeichnet Du
Buat eine Geschwindigkeit von 0,081 m/sek. als diejenige, bei welcher brauner Töpfer-
lehm, eine Geschwindigkeit von 0,162 m/sek. als diejenige, bei welcher feiner aus solchem
Lehm ausgeschiedener Sand und eine .Geschwindigkeit von 0,216 als diejenige, bei welcher
grober Sand noch bewegt wird. Die Abscheidung aller lehmigen im Wasser in feinste
Teilchen aufgelösten Stoffe ist nur in Ablagerungsbecken erzielbar, in welchen das Wasser
völlig zur Ruhe kommt und stundenlang bleiben kann. Diese Stoffe sind zwar auch
unerwünscht, aber den Turbinen etc. nicht in dem Masse schädlich wie Sand. Letzterer
muss möglichst vollkommen aus dem Betriebswasser ausgeschieden werden. Diese Aus-
scheidung lässt sich nur erreichen, wenn man die Geschwindigkeit im Ablagerungsbecken
etwa auf das Mass von 0,16 m verringert. Nimmt man 0,166 m/sek. als Grundlage,
so legt das Wasser im Ablagerungsbecken in 6 Sekunden 1,0 m und in einer Minute
10,0 m zurück. Der mittlere Querschnitt des Ablagerungsbeckens müsste daher 6 . Q qm
gross sein, wenn Q in cbm die sekundliche Wassermenge ist, für welche, der Werk-
kanal gebaut werden soll.
Wenn man mit Sinkstoffen ganz oder zum Teil gesättigtes Wasser in ein Profil
mit erheblich erweitertem Querschnitt überführt, so geht die Ausscheidung der Sinkstoffe
nicht plötzlich vor sich, sondern die schwereren Stoffe sinken zunächst in die unteren
Schichten, bewegen sich aber noch vorwärts. Erst nach einiger Zeit kommen die
schwereren Sinkstoffe zur Ausscheidung und Ablagerung. Während die Trübung des
Wassers durch die feineren lehmigen und tonigen Teile oft erst nach stundenlangem
Stehen des Wassers zum grössten Teil verschwindet, wird die Ausscheidung des schwereren
Sandes bei einer Geschwindigkeit von 0,166 m/sek. nach 5 bis 6 Minuten, d. h. auf
einem Wege von etwa 50,0 bis 60,0 m erfolgt sein und. jedenfalls wird sich in dieser
Zeit der Sand aus dem oberen Teile des Querschnitts bis etwa zur halben Tiefe ziemlich
vollkommen ausgeschieden haben. Nimmt man 6 Minuten als Grundlage, so würde sich
eine Länge des Ablagerungsbeckens von 60,0 m ergeben und damit ein Inhalt von
6.60.Q=±=360.Q cbm.
Wenn die beabsichtigte Geschwindigkeit von 0,166 erhalten bleiben soll, auch
wenn der Ablagerungsraum mit Sand gefüllt ist, so muss zu dem oben berechneten
Inhalt des Ablagerungsbeckens noch der Ablagerungsraum hinzukommen. Man wird
*») Erbaut von der E.-A.-G. vorm. W. Lahmeyer <fc Co., Frankfurt a. M.
822 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
in der Regel den Werkkanal nicht grösser machen als er für die grösste Betriebs-
wassermenge, welche man in den Turbinen verwenden will, nötig ist. Infolgedessen wird
anch bei hohen Wasserständen der Kanal der Regel nach nur die für den Betrieb not-
wendige Wassermenge und einen kleinen Überschuss, welcher über die Überläufe stürzt,
führen. Man kann also eine stärkere Spülung des Ablagerungsbeckens nur in den
schwach belasteten Stunden oder während der Betriebspausen vornehmen. Der Regel
nach hat man während 12 Stunden einen starken und während weiterer 12 Stunden
einen schwächer belasteten Betrieb. Infolgedessen wird im Durchschnitt die Regel gelten,
dass der Ablagerungsraum in dem Becken, als welcher derjenige Raum bezeichnet werden
soll, welcher unter der im normalen Gefälle fortgesetzt gedachten Kanalsohle liegt,
mindestens für 12 Stunden gross genug sein muss. Rechnet man mit einer Beimengung
an Sinkstoffen zum Wasser von l°/oo des Rauminhaltes, so würde jeder cbm/sek. 1 Liter
führen, und es würden in 12 Stunden im Ablagerungsraum Q . 0,001 . 43200 = 43,2 . Q
zur Ablagerung kommen müssen. Hiernach ergäbe sich als wünschenswerter Rauminhalt
eines Ablagerungsbeckens [360 + 43>2] .Q, oder abgerundet — 400 . Q cbm. Es sei
deshalb als Leitsatz 1 aufgestellt:
1. Ein wirksames Ablagerungsbecken sollte ungefähr einen
Rauminhalt von dem 400 fachen derjenigen sekl. Wassermenge haben,
für welche der Werkkanal gebaut werden soll, und der Querschnitt
sollte möglichst ^6.Q qm sein.
In einem guten Ablagerungsbecken muss der abgelagerte Sand mit einem mög-
lichst kleinen Aufwand von Spülwasser aus dem Becken entfernt werden können. Das
Wasserspiegelgefälle wird sich in dem Ablagerungsbecken infolge des vergrösserten Quer-
schnitts verringern und damit auch die Schleppkraft des Wassers. Da es aber wünschens-
wert ist, dass die abgelagerten Sinkstoffe schon während des 12 stündigen Tagesbetriebes
möglichst dicht an die Spülschützen herangeführt werden, wird man die Wassertiefe
nach dem Spülschütz zu vergrössern müssen, um den infolge des geringen Wasserspiegel-
gefälles verursachten Verlust an Schleppkraft tunlichst wieder auszugleichen. Man wird also
der Sohle des Ablagerungsbeckens eine möglichst starke Neigung nach den Spülschützen
hin geben und sie möglichst glatt machen. Könnte man die Neigung so stark machen,
dass sie dem natürlichen Böschungswinkel der Sinkstoffe unter Wasser entspräche, also
etwa einer Neigung von 1 : 3 bis 1 : 4, so würde bei geöffneten Schützen mit ganz wenig
Spülwasser eine vollkommene Reinigung des Beckens erzielt werden können. Derartig
starke Neigungen der Sohle wird man allenfalls im Querschnitt, aber in dem Längs-
schnitt in der Regel nicht erzielen können, da die Kosten zu gross würden, und auch
sehr oft die Höhendifferenz zwischen Beckensohle und dem Flusse hierfür nicht aus-
reicht. Je mehr man sich aber diesen wünschenswerten Grenzwerten mit der Sohlen-
neigung nähern kann, um so weniger Spülwasser wird man gebrauchen. Bei einer
Beckenlänge von 60,0 m würde eine Längsneigung von 1 : 20 eine Vertiefung der Sohle am
unteren Ende um 3,0 m nötig machen. Es wird daher oft zweckmässig sein, das Becken
in zwei Teile zu zerlegen und jeden dieser Teile mit besonderer Neigung und besonderen
Spülschützen zu versehen. In Abb. 250 ist ein Schema eines Ablagerungsbeckens darge-
stellt. Man wird zweckmässig das durchschnittliche Gefälle 1 : 20 so verteilen, dass man
der Sohle im Anfang ein schwächeres Gefälle etwa 1 : 30 gibt und es allmählich in 1 : 10
überführt. Bei einer Neigung der Sohle von 1 : 10 bei Berechnung des Sohlenwiderstandes
(nach Formel 46, S. 788) fallt dieselbe schon nennenswert ins Gewicht und zwar um so
mehr, je glätter die Sohlenfläche gemacht, je kleiner also der Reibungswinkel a wird. Um
die Spülwirkung der Spülschützen zu erhöhen, ist es zweckmässig, dieselben im Zuge der
§ 2. Die WkbxeanAle. 823
tiefsten Rinne im Ablagerungsbecken anzulegen and zwar am untersten Ende und an
der tiefsten Stelle dieser Rinne. Damit sich bei gefülltem Ablagerungsraum und ge-
schlossenen Schätzen möglichst leicht ein Spültrichter in der Ablagerung bildet, wird
man zweckmässigerweise die Öffnung, welche die Spülschütze verschliesst , nach aussen
konisch erweitern.
Als zweiter Leiteatz kann demnach gelten:
2. Der Sohle des Ablagerungsbeckens ist eine möglichst starke
Neigung nach dem unteren Ende zu geben, wobei für die Längsnei-
gung durchschnittlich 1:20 und für die Querneigungen 1:4 bis 1:7
anzustreben sind. Die Spülschätzen müssen möglichst im Zuge
der tiefsten Rinne im Becken liegen und am unteren Ende der-
selben. Alle Flachen der Sohle sind möglichst glatt zu machen.
Bei Ausbildung der Spülschätzen ist zu beachten, dass sio nnter
Umständen ganz mit Sinkstoffen bedeckt serb können. Es ist
deshalb zweckmässig, der Spülöffnung eine nach aussen konisch
erweiterte Form zu geben.
Wie oben bereits erwähnt, scheiden sich in dem Becken die Sinkstoffe zunächst
aus den oberen Schichten aus. Es ist deshalb wünschenswert , das Triebwasser so aus
dem Ablagerungsbecken zu fähren, dass die Wasserfaden gezwungen sind aufzusteigen
und dass nur das Wasser aus der oberen Hälfte des Wasserquerschnitts entnommen wird.
Hieraus folgt, dass man die Führung des Wassers aus dem Becken in den Werkkanal
in Form eines Überlaufes anzulegen hat. Um hierbei grössere Gefällverluste zu ver-
meiden und das Wasser ruhig überfliessen zu lassen, wird man die Geschwindigkeit
nicht über 1,0 m steigern, womit ein Gefällverlust von etwa 6 cm (h = „— ) verbunden
Bein wärde. Je kleiner man die Geschwindigkeit des übertretenden Wassers machen
kann, um so ruhiger erfolgt der Ausfluas und um so weniger Sinkstoffe werden mit in
den Werkkanal geführt werden. Die Tiefe des überfallenden Wasserstrahls wird man
nicht grösser als t/i wählen, wenn t die Wassertiefe im Werkkanal beim Eintritt in
das Becken bedeutet. Hiemach würde dann die lichte Weite b des Überlaufrahmens
nach der Formel (9 a) für die unvollkommenen Überfälle (S. 623) zu berechnen sein. Die
Geschwindigkeit in dem Kanal k jenseits des Überlanfs aus dem Becken (Abb. 250) kann
gleich derjenigen auf der normalen Werkkanalstrecke oberhalb oder unterhalb des
Ablagerungsbeckens gewählt werden. Ist diese Geschwindigkeit kleiner als I,50m/sok.,
sodass unter Umständen sich aber dem Becken A und dem Kanal k längs des Beckens
eine zusammenhängende Eisdecke bilden kann, so wird man diesen Umstand bei Be-
stimmung der Tiefe des überfallenden Strahles zu berücksichtigen haben, indem man
bei der Berechnung der lichten Weite b des Überfallrahmens eine Höhe = der stärksten
Eisdecke (etwa 0,25 m) in Abzug bringt.
Der dritte Leitsatz könnte daher lauten:
824 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheitex.
3. Der Ausfluss des Wassers aus dem Ablagerangsbecken erfolgt
am besten seitlich über einen Überlauf, bei dem die Höhe des
überfallenden Wasserstrahls kleiner als die halbe Wassertiefe
im Werkkanal bei der Einmündung in das Becken sein sollte.
Zu 3 wäre noch zu bemerken, dass man zweckmässig in die Krone des Überlaufs
vertikale 1-Eisen einlegt, um die Höhe des überfallenden Wasserstrahls je nach der Ver-
unreinigung des Wassers und je nach dem Wasserbedarf in dem Krafthause durch ein-
faches Vorsetzen von Bohlen verändern zu können. Da die Reinigung des Wassers
nach dem unteren Ende des Ablagerungsbeckens zunimmt, so wird man auch den Über-
lauf zum Werkkanal an das untere Ende legen, und man wird, wenn die Gesamtlänge
des Beckens zur Erreichung der erforderlichen starken Sohlenneigung in zwei Teile ge-
teilt ist, den Überlauf nur am unteren Teile des Beckens anlegen, beziehungsweise die
erforderliche Überfallweite b vom unteren Ende des Beckens an abmessen. Unterhalb
des Beckens wird es zweckmässig, wenn auch nicht durchaus nötig sein, ein Regulierungs-
werk anzulegen, um durch dasselbe auch die aus dem Becken austretende sekl. Wasser-
menge Q und damit die Geschwindigkeit im Becken selbst regeln zu können.
Da man das Wasser der Spülschützen in einem Ablaufkanal dem Flusse zufuhren
muss, so wird man zweckmässigerweise auch den für die selbstwirkende Regulierung der
Wasserführung im Werkkanal erforderlichen Überlauf am Becken selbst anlegen.
Zur Ersparnis von Betriebskosten ist es erwünscht, die Bedienung der Spülschützen
im Ablagerungsbecken dem Wärterpersonal am Wehre mit übertragen zu können. Ist die
Anlegung des Ablagerungsbeckens nicht in einer Entfernung bis höchstens 1000,0 m vom
Wehre möglich, so dürfte es im allgemeinen am besten sein, dasselbe an die Druck-
oder Turbinenkammern zu verlegen, damit es von dem für die Bedienung der Druck-
kammer- oder Turbinenkammerschützen erforderlichen Personal mit bedient werden kann.
Die Lage des Ablagerungsbeckens vor der Druckkammer oder vor der Turbinenkammer
hat noch den weiteren Vorteil, dass der Stauinhalt des Beckens für den Betrieb am
vorteilhaftesten ausgenützt werden kann, wie im Kap. HI, § 1, C. Stauweiher S. 747
näher begründet worden ist.
Da es zur Verhütung von Versandungen wünschenswert ist, die Sohle der Spül-
schützen des Ablagerungsbeckens etwas über die Flussohle zu legen, so wird sich mit
Rücksicht auf die erstrebenswerte Längsneigung der Beckensohle ein wirksames Ab-
lagerungsbecken unmittelbar am Wehre oder in der Nähe desselben in der Regel nur
erzielen lassen, wenn die Tiefe des gestauten Wassers am Wehre mindestens 3,0 m be-
trägt, es sei denn, dass die Flussohle abwärts des Wehres seht stark abfällt. Es kann
dieser Gesichtspunkt mit massgebend sein für die Bestimmung der Stauhöhe am Wehr,
wenn man in dieser Beziehung freie Hand hat. Auch ist zu beachten, dass die Ge-
schwindigkeit des ankommenden Wassers um so kleiner wird, je höher der Stau am
Wehre ist, und also auch die Stauweite um so länger ausfällt und infolgedessen um
so wirksamer bereits im Flusse selbst eine Ausscheidung von Sinkstoffen aus dem
Wasser erfolgt.
Dass diese Leitsätze unschwer ausführbar sind, lässt sich durch ihre Anwendung
auf einige praktische' Beispiele erkennen.
Beispielsweise hätte bei der Anlage St Maurice-Lausanne nach Leitsatz 1 das Becken
40.400=16000 cbm Rauminhalt haben müssen. Das tatsachlich vor den Druckkammern angelegte
Decken hat, wie erwähnt, einen Rauminhalt von ungefähr 14000 cbm. Es wäre also nur eine verhalt-
niamäasig geringe Vergrößerung des Stauinhaltes selbst nötig gewesen. Da der Wasserspiegel an
der Druckkammer bereits 84,69 bis 86,10 je nach den Wasserständen (S. 456) Aber, der Rhone liegt,
g 2. Die Werkkanäxe. 825
bo hätte es keine Schwierigkeiten gehabt, der Bohle das Gefalle nach Leiteatz 2 zu geben. Die Lange
des ausgeführten Beckens betragt 200,8 m and die Breite vergrössert sieh allmählich von 4,0 auf 85,0 m.
Man bitte demnach die Lange erheblich verkürzen können bei entsprechender YerftrOBsernng der Ver-
breiterang, welche nicht allmählich, sondern mit scharfem Anaweichen einer oder beider Seitenwinde
hinter der EminundungBstelle des Werk kau als leicht durchzufahren gewesen wäre. Am Wehre selbst
wäre ein wirksames Ablagernngsbecken nach den Ansprüchen der obigen Leitsätze deshalb nicht mög-
Abb. 251. Grundriss des Wehres und des Ablagerungsbeckens der Wasserkräfte nlage La Pombliere
(Savoie) der Soeiete Lyonnaise de ['Industrie Electro-Chimique La Volts.
lieh gewesen, weil bei hohen Wasserstanden das bewegliche Wehr gern ans dem Flusse beseitigt wird.
Die Stauhöhe ist dann zu gering, am den nötigen Spületrom m erzielen, such fallt die Flussohle nicht
stark genug ab, um der Beckensohle das erforderliche Gefalle geben tu können.
Bei der Anlage Pont St Martin hätte sich gleichfalls ohne sehr erhebliche Mehrkosten ein
den Anforderungen der Leiteätze entsprechendes Ablagerungabecken am Krafthanse herstellen lassen
(Taf. XIV, Fig. 3). Um die nötige Querneigung der Beckensohle zn erzielen, hätte man zum Beispiel
in dsr Achse einen Grat bilden und dann links und rechts von diesem Grat eine Rinne unter durch-
schnittlich 1:20 Neigung anlegen können. Es wäre dann allerdings nötig gewesen, auch am rechten
Ufer Spülscbntzen einzubauen, deren Ablaofkanal unter das Krafthaue hindurch in den Turbinenkanal
hätte geführt werden können.
Eine für die hier vorliegende Besprechung interessante Anlage ist diejenige des Kraftwerkes
LaPombliere (Savoyen) inderNähe von Moutiers, welche der Soeiete Lyennaise de l'Industrie
826
III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
]£lectro-Chimique La Volta gehört. Abb. 251 zeigt den Grundriss des Wehres mit dem Ablagerungs-
beckeD, Abb. 252 bis 254 Ansicht und Schnitte. Da die Wassermengen der Isere in einigen Standen
von 20 auf 200 cbm, sek. an der Wehrstelle ansteigen können, mnsste ein Schützen wehr gewählt werden.
Für den Werkkanal sollen höchstens 20 cbm; sek. entnommen werden. Durch das Wehr, welches durch
2 je 10 m breite, nach dem System Stoney konstruierte Schützen geschlossen werden kann, wird nur
ein Stau von 2,50 m erzeugt. Die Sohle der Isere fällt aber hinter dem Wehr stark ab, sodass in dem
neben dem Wehr angelegten Ablagerungsbecken der Sohle ein starkes Längsgefllle hatte gegeben werden
können. Der Einlauf des Ablagerungsbeckens und die Spülschützen liegen an sich vortrefflich, aber der
benetzte Querschnitt des Beckens misst durchschnittlich nur etwa 20 qm, sodass die Wassergeschwindig-
keit in demselben bei 20 cbm/sek. Wasserführung noch immer 1,0 m betragt. Die Lange des Ablage-
Abb. 258. Schnitt A der Abb. 251.
I * 0|
rung8beckens ist 94,0 m. Vor den Spülschützen zweigt der Einlauf zum Werkkanal ab. Der gesamte
Stauraum des Ablagerungsbeckens beträgt nur rd. 1760,0 cbm, während er nach dem Leitsatz 1
20 . 400 = 8000 cbm hätte betragen sollen. Um die Geschwindigkeit des Wasser* im Ablagerungsbecken
wenigstens an den tiefsten Stellen auf rd. 0,166 m sek. zu beschränken, hätte der Querschnitt daselbst
6 Q = 120 qm sein müssen. Wenn die Sohle des Beckens hinter der Einlaufschwelle 2,0 m unter den
normalen Stau gelegt wäre und die erste Spülschütze 46,0 m vom oberen Ende und man hätte der
Sohle in der Achse des Beckens ein durchschnittliches Gefälle von 1 : 20 gegeben, so wäre die Wasser-
tiefe am ersten Spülschütz 4,30 m geworden; die Tiefe der Floss-
Abb. 254. Schnitt B der Abb. 251. sohle hinter dem Wehre hätte aber noch eine Tiefe von 4,50 m
gestattet und wenn man der Sohle von beiden Seiten nach der
Mitte eine Querneigung von etwa 1:7 gegeben hätte, so wäre bei
einer Breite des Beckens von ungefähr 87,0 m (anstatt 8,0 m, Abb. 254)
ein Querschnitt von rd. 120 qm an dieser tiefsten Stelle entstanden.
Nach dem Moster der schematischen Figur, Abb. 250, hätte man die
Sohle hinter dem ersten Spülschütz steil ansteigend machen können,
um sie im zweiten Teile des Beckens wiederum mit einem Gefälle
von 1 : 20 abfallen zu lassen. Der zweite Teil des Beckens, in ähn-
licher Weise angelegt, hätte auch etwa einen Stau räum bei normalem Stau am Wehr von etwa 4000 cbm
erhalten müssen. Anstatt die flusseitige Begrenzungsmauer des Beckens mit der Krone auf den nor-
malen Wasserspiegel vor dem Wehr zu legen, hätte man dieselbe besser hochwasserfrei angelegt, um
den Eintritt des Hochwassers in das Ablagerungsbecken auf den Einlauf zu beschränken. Die zweiten
Spülschützen wären dann an der abwärts gelegenen Begrenzungsmauer des erweiterten Beckens anzu-
legen gewesen und auf derselben Mauer hätte man einen Überlauf mit der Krone auf der Kote des
höchsten Hochwassers im Unterwasser des Flusses anzuordnen gehabt Die Breite dieses Überlaufs
wäre so zu berechnen gewesen, dass 20 cbm 'sek. bei einem Wasserspiegel im Becken auf der Höhe des
höchsten Hochwassers hätten überfallen können. Bei solcher Anordnung hätten in das Becken bei H.W.
nur 20 cbm sek. -f- der durch den Werkkanal entnommenen Wassermenge -f- der durch die Spülschatsen
abfliessenden Wassermenge eintreten können. Um das Wasser aus dem Ablagerungabecken in den
Werkkanal zu führen, hätte auf der rechtsseitigen Begrenzungsmauer des ersteren ein Überlauf ange-
legt werden müssen, welcher beim normalen Stau noch 20 cbm sek. in den Workkanal hätte fahren
können. Unterhalb des längs der rechten Begrenzungswand des Ablagerungsbeckens anzulegenden Kanals
hätte dann der Einlauf zum Werkkanal und die Regulierungsschützen ihren Platz gefunden. Ein Über-
lauf für die niedrigen Wasserstände wäre entbehrlich gewesen, da der Wasserspiegel im Becken sowohl
durch die Spülschützen als auch durch die Wehrschützen selbst in ausreichender Weise regulierbar gewesen
wäre. Die Mehrkosten für ein derartig erweitertes Becken wären kaum grösser als 50000 Mk. gewesen
und hätten bei 6,2 °/o für Verzinsung, Tilgung, Unterhaltung und Betrieb etwa eioe jährliche Belastung
§ 2. Die WerkkanIle. 827
von 3100 Mk. ausgemacht. In dem Krafthause sind 11000 PSe installiert, sodass auf die PS« und Jahr
nur eine Mehrbelastung von rd. 0,80 Mk. entfallen wäre. Diese Mehrbelastung würde durch die Erspar-
nisse an Unterhaltungskosten der Turbinen und durch die YergrOsserung des durchschnittlichen Nutz*
effektes der Turbinen wahrscheinlich mehr als gedeckt worden sein.
Wenn man zum Schluss noch die Anlage Wangen iü bezug auf die Ablagerung betrachtet,
so ist zunächst wegen des Ablagerungsbeckens hinter dem. Einlauf (Taf. XXII, Fig. 2 u. 3) daran zu
erinnern , dass dasselbe auch für die Abführung des Hochwassers mit verwendet werden soll , und in
dieser Hinsicht konnte es nicht besser angelegt werden. Man hätte aber vielleicht doch noch , um in
den Werkkanal nur das Wasser aus den oberen Schiebten zu führen, am linken Ufer des Einlauf beckens
unter entsprechender Verschiebung seiner Begrenzung nach Nordwesten und dann vor dem zweiten
Regulierungswerk schräg herüber zum linken Ufer der Spülrinne eine Überlaufmauer in Beton errichten
können, deren Krone bei einer Länge von ungefähr 70 m etwa auf -1-420,0, also um 1,20 m hoher als
die Schwelle des Eislaufs (Abb. 75, S. 424), hätte liegen können, um bei normalem Stau noch 100 cbm/sek.
mit 1,0 m sek. Geschwindigkeit dem zweiten Regulierungswerk zuzuführen. Durch eine solche Über-
laufmauer wäre ein grosser Teil der Sinkstoffe schon zurückgehalten worden. Das Becken vor den
Turbinenkammern (Taf. XXIII, Fig. 1 u. 3) ist von dem Beginn der Erweiterung des normalen Kanal-
profils an gerechnet etwa 200,0 m lang und hat einen Rauminhalt von ca. 80400 cbm. Nach dem
Leitsatz 1 wäre ein Ablagerungsbecken von etwa 100 . 400 = 40000 cbm erforderlich gewesen. Es würde
zu weit führen ein Projekt für ein derartiges Becken hier an dieser Stelle näher zu erläutern. Es sei
deshalb nur angedeutet, dass man zum Beispiel die rechte Kanalmauer etwa 70,0 bis 100,0 m vor den
Turbinenkammern hätte rechts ausbiegen lassen können, so weit es die örtlichkeit gestattete und dass
man der Sohle auf dieser Strecke nach den am rechten Ufer vor den T.urbinenkammern anzulegenden
Spülschützen eine scharfe Neigung hätte geben können. Auf diese Weise wäre der Absatz vor dem
Rechen grösser geworden, und man hätte daselbst auch der Sohle eine stärkere Querneigung nach dem
Grundablass hin geben können, um die Spülwirkung zu verstärken.
im § 6 dieses Kapitels „Krafthäuser, A. Baulieber Teil' wird noch eine Umgestaltung* des
Ablagerungsbeckens vor den Tarbinenkammern der Anlage Ldchwork-Gersthofen besprochen, worauf
hier verwiesen sein mag.
f) Die Druckkammern, die Tarbinenkammern und die Rechen. An das untere
Ende des Werkkanals schliessen sich entweder die Druckkammern oder die Turbinen-
kammern an. In beiden Fällen ergibt sich meistens die Notwendigkeit, das Kanalprofil
vor den Kammern zu erweitern, womit dann auch die Gelegenheit, wie im Abschnitt e
bereits besprochen, geboten ist, ein Ablagerungsbecken anzulegen, welches bei genügender
Grösse zugleich als Aufspeicherungsbecken (Stauweiher) für die zeitweise Vermehrung der
Kraftleistung gute Dienste leisten kann.
Jedes aus einer Druckkammer ausmündende Druckrohr muss für
sich abschliessbar sein. Der Verschluss befindet sich entweder unmittelbar ander
Äohrmündung wie bei den Anlagen La Dernier-Vallorbe (Taf. XXX, Fig. 6 und 8),
Ky kkelsrud (Taf. XXXIV, Fig. 8), Avignonnet (Taf. XXXVII, Fig. 9), Füre et Morge
(Taf. XLII, Fig. 11) oder beim Eintritt des Wassers in die Druckkammer. Im ersten
Falle muss hinter dem Verschluss auf dem Druckrohre ein ins Freie führendes Lüftungs-
rohr gesetzt werden, damit einerseits mitgerissene Luft aus dem Rohre entweichen und
andererseits- Luft ins Rohr eintreten kann, wenn bei oben geschlossenem Rohre eine
teilweise Entleerung desselben stattfindet. Im zweiten Falle müssen ebensoviel einzelne
Kammern wie Druckrohre vorhanden sein.
Wie bereits im Abschnitt d „Überläufe" gesagt, wird man in der Regel ganz
in der Nähe der Druckkammern noch einen Überlauf mit Ablaufkanal in den Fluss
anlegen, damit der Wasserstand daselbst selbstwirkend reguliert wird.
Stets zu empfehlen ist es, das Wasser aus dem Werkkanal oder dem Vorbecken
in die Druckkammern über eine gegen die Kanal- oder Beckensohle erholte Schwelle
oder über eine Überlauf mau er treten zu lassen, damit nur die obersten von Sinkstoffen
am meisten gereinigten Wasserfäden in die Kammern eintreten können. Hierbei gelten
dieselben Gesichtspunkte, welche schon im Abschnitt e „Ablagerungsbecken" besprochen
828 HL Theodor Koehn. Ausbau tost Wasserkräften. Einzelheiten.
sind. Es erscheint auch hierbei als die beste Anordnung, wenn man das Wasser ans
dem Werkkanal oder dem Becken über eine Überlaufsmaner in Richtung lotrecht zur
Achse des Beckens übertreten lässt, während die Spülschützen des Beckens dann am
unteren Ende desselben so anzulegen sind, dass die Öffnung in Richtung der Kanal- oder
Beckenachse liegt. Als gutes Muster kann in dieser Beziehung die Druckkammer der
Anlage Avignonnet (Taf. XXXVII, Fig. 1 u. 9) dienen. Höhe und Lange solcher zu der
Druckkammer führenden Schwellen oder Überlaufmauern ergeben sich aus der grössten
sekl. Wassermenge, welche den Druckrohren noch zugeführt werden soll. Man wird
auch hier die Geschwindigkeit der über die Schwelle oder die Überläufe tretenden
Wasserfäden möglichst nicht über 1 m/sek. wählen, damit das Wasser ruhig und ohne
Wirbelbildung in die Druckkammer eintritt.
Vor oder hinter den Schützen der Druckkammern wird stets eine Vorrichtung
zu treffen sein, durch welche schwimmende feste Körper zurückgehalten werden. In der
Regel besteht diese Vorrichtung in einem mit einer Neigung von 30—45° gegen die
Wagerechte aufgestellten Feinrechen, welcher fast stets aus Flacheisenstäben mit lichten
Weiten zwischen den Stäben von 1,5 bis 4 cm, je nach der Grösse der sekL Wasser-
menge und der Art der Turbinen, gebildet wird. Ist zu befürchten, dass der Werkkanal
Grundeis oder Stückeis führt, so muss der Rechen vor den Schützen liegen, damit das
bis an den Rechen gelangte Eis entweder über den Überlauf oder mit Hilfe der Spül-
wirkung nach dem Grundablass und den Eisschützen geführt werden kann.
Bei den Druckkammern der Anlage Vizzola (Tafel II, Fig. 2) liegt der Rechen
vor den Schützen und seine Schwelle 2,32 m über der Beckensohle, Eisbildung ist selten.
Etwaiges Stückeis kann leicht über den Überlauf abgeführt werden. Grundeisbildung
findet infolge des mit glattem Zementputz versehenen benetzten Umfanges des Werk-
kanals nicht oder doch zum mindesten nicht in störender Weise statt
Bei der Anlage Bergamasca (Taf. IX, Fig. 6) und ebenso bei der Anlage
Funghera (Taf. X, Fig. 9 und 10) liegt der Rechen gleichfalls vor den Schützen.
Etwaiges Stückeis kann bei letztgenannter Anlage über den Überlauf, und Grundeis mit
Hilfe der Spülschütze vom Rechen beseitigt werden und zwar sowohl während des Be-
triebes als auch in besonders wirksamer Weise in einer Betriebspause, wenn der Wasser-
druck gegen den Rechen aufhört.
Bei der Anlage Novalesa an der Cenischia konnte der Rechen hinter den
Schützen angeordnet werden (Taf. XII, Fig. 4 und 5), weil der Werkkanal zum grössten
Teil überdeckt und infolgedessen Eisbildung ausgeschlossen ist. Der Vollständigkeit wegen
sei noch verwiesen auf die Druckkammern der Anlage Morbegno (Taf. XVII, Fig. 4
und 5), Kanderwerk (Taf. XXVI, Fig. 4a und b), Niagara Falls Power Co.
(Abb. 126, S. 546) und Live t (Taf. XLI, Fig. 7 u. 8).
Oberhalb des Rechens muss eine ausreichend breite Bedienungsbrücke angelegt
werden, deren Breite sich nach der Höhe und der Neigung des Rechens richtet. Man
muss imstande sein, die mit langen hölzernen Stielen versehenen eisernen auf den Rechen-
stäben gleitenden Rechenharken vom unteren Ende des Rechens bis zur Oberkante
emporzuziehen, ohne dass der Harkenstiel anstösst
Die Druckkammern selbst müssen von oben zugänglich sein, damit der Wirter
sich leicht und schnell davon überzeugen kann, ob der Wasserspiegel glatt und ruhig
ist und das Wasser ohne Wirbel und Rückstösse in die Druckrohre eintritt, und ferner,
damit man jede Kammer nach Trockenlegung leicht und bequem revidieren kann. Zur
ruhigen Einführung des Wassers in die Druckrohre ist es erforderlich, dass sich die Aus-
§ 2. Die Werkkanäle. 829
mündung trompetenartig nach der Drukkammer zu erweitert, derart, dass der Eintrittsquer-
schnitt um mindestens 20°/o grösser wird als der Querschnitt des Druckrohres und dass
die Eintrittsgeschwindigkeit nicht grösser wird ab 1,5 m/sek. Der Ausflussbeiwert p für gut
abgerundete Ausmündungen kann zu 0,97 angenommen werden, sodass also hiernach der
Ausmiindung8querschnitt F sein müsste > t k n Q7* ^m Trichterbildungen zu ver-
hüten und um es zu vermeiden, dass Luft in grösseren Mengen mit in die Druckrohre
gerissen wird, legt man den Scheitel der Ausmündung bei Rohrdurchmessern bis zu 1,50 m
am besten um das Mass des vollen Durchmessers des Druckrohres unter den normalen
Wasserspiegel in der Druckkammer. Bei grösserem. Rohrdurchmesser wird man das
Mass von 1,50 m als Mindestmass betrachten können. In der Druckkammer der Anlage
Champ (Füre et Morge) zum Beispiel liegt der Scheitel des ausmündenden 3,30 m
im Lichten weiten Druckrohres so, dass über dem Scheitel der Ausmündungsöffnung
noch eine Wasserhöhe von 2,10 m verbleibt (S. 538 u. Taf. XLII, Fig. 11).
Mündet das Druckrohr nicht seitlich, sondern lotrecht in der Sohle aus, wie z. B.
bei der Anlage Livet (Taf. XLI, Fig. 7 und 8), so ist es zweckmässig, über der Aus-
flussöffnnng eine geschlossene Decke anzulegen, welche möglichst weit über den Rand
der letzteren hinausreicht, damit die Wasserfaden gezwungen werden, sich seitlich nach
der Öffnung hin zu bewegen. Ohne eine solche Platte über der Ausflussöffnung treten
leicht tiefe Trichterbildungen ein, welche viel Luft mit in die Druckleitung hineinreissen.
Ein eigenartiger Verschluss durch regulierbare Glockenventile ist bei der lotrechten
Ausmündung der Druckleitung aus der Sohle der Druckkammern der Anlage Jonage-
Cusset-Lyon verwendet (Taf. XL, Fig. 4)M).
Die Schützen- oder Schieberanlagen zum Abschluss der Druckkammern oder der
Druckrohre selbst müssen zur Erzielung vollkommen dichter Verschlüsse mit besonderer
Sorgfalt ausgeführt werden. Auch die Möglichkeit eines schnellen Schliessens der
Schützen ist für den Fall eines Rohrbruches von Wichtigkeit. Aus dem letztgenannten
Grunde werden bei Anlagen mit hohem Druck oft Vorrichtungen getroffen, mittelst deren
im Falle eines Bruches die Schliessung der Schützen von dem Krafthause aus bewerk-
stelligt werden kann. So können z. B. die Schützen der Anlage Funghera durch
einen Elektromotor vom Krafthause aus geschlossen werden (S. 368). Bei der Anlage
Jajce kann auf elektromagnetischem Wege eine Sperrklinke, welche die gezogenen
Schützen in ihrer Lage hält, ausgeklinkt werden, sodass dieselben sich alsdann selbstwirkend
senken und die Öffnung schliessen (Abb. 100, S. 494). — Bei der Anlage Kübel werk
ist 30,0 m abwärts der Ausmündung des Druckrohres aus der Staumauer eine Drossel-
klappe eingebaut, welche mit Hilfe eines Elektromotors von dem Krafthause aus ge-
schlossen werden kann (S. 413). — Bei der Anlage Lac Tanay-Vouvry wird ein
durch eine horizontale Achse geführtes Glockenventil durch einen mit beweglichem
Gegengewicht versehenen Hebel offen gehalten. Wenn aber ein Rohrbruch eintritt, wird
die Druckdifferenz zwischen Rohrmündung und Ventil so gross, dass sich das Ventil
selbst wirkend schliesst (S. 471).
Neuerdings ist bei der im Frühjahr 1907 in Betrieb gesetzten Wasserkraftanlage
am Poschiavino bei Brusio eine Einrichtung getroffen, wonach an den Druckrohr-
mündungen Stahldeckel mit einem Scharnier befestigt sind und durch eine aui einer
Welle aufgewickelte Kette offen gehalten werden. Die Abwärtsbewegung jedes Deckels
80) Einzelheiten dieser Glockenventile sind auf Taf. LVII, Fig. 1—5 dargestellt und im
Kap. III. 4. Schützen (S. 867) besprochen.
830 IIL Theodor Koehh. Ausbau von Wasserkräften. Ewzelhkitkk.
ist durch eine Sperrvorrichtung gehindert, welche im Falle eines Rohrbruchs auf elektro-
magnetischem Wege vom Krafthause aus gelöst werden kann. Nach Lösung der Sperr-
vorrichtung schliesst der Wasserdruck den Deckel selbstwirkend (S. 359).
Es ist zweckmässig, das Bewegungsgetriebe an den Druckkammern zu überdachen,
besonders wenn elektrische Apparate mit dem Getriebe verbunden Bind. Die Druck-
kammern selbst kann man offen lassen, wenn von oben her weder Steine noch Laub
oder dergleichen in sie hineinfallen können. Häufig sind sie mit Bohlen oder mit
eisernen Riffelplatten, wie z. B. beim Kauderwerk, überdeckt, oder man schliesst die
Druckkammer oben bis anf
Abb. 255. Ansicht des Vorbeckans und der Druck kwnmer der .:„;_» r:mjn:™xn,-»-~- j v.
Üsine de 1. Pombliere bei Montier« (Ssvoie). «'»»S6 Einsteigeöffnungen durch
eine Betondecke, wie es z. B.
bei der Anlage St. Maurice
Lausanne (Taf. XXIX, Fig. 9)
geschehen ist. Kleinere Druck-
kammern werden auch wohl
vollkommen überdacht, wie bei
den Anlagen Funghera und
Novalesa an der Cenischia.
Anf alle Fälle muss eine
ausreichende Laftznfüh-
rnng zu jeder Druckkammer
gesichert sein, damit, wenn die
Schützen geschlossen sind und
das Druckrohr entleert wird,
Luft eintreten kann.
Wenn das Druckwasser
direkt für die Servomotoren
der Turbinenreguliernng ge-
braucht werden soll, so ist ein«
Filtration desselben erforder-
lich. Diese Filtration erfolgt entweder im Krafthause mittelst sogenannter Revolverfilter
oder durch grössere Filteranlagen, welche mit den Druckkammern verbunden werden.
Beispiele liir die letztgenannten Anordnungen bieten die Anlagen Vizzola (S. 347) und
Fnnghera {Taf. X, Fig. 8 u. S. 368).
Bei der schon erwähnten Usine de la Pombliere bei Mootiers11) ist eine
Druckkammer mit Überlauf maner angelegt, bei welcher die Stelle des Rechens eine wage-
rechte perforierte Blechplatte vertritt (Abb. 255 u. 256a — e). Das Wasser muss
in dünnen Strahlen von 0,40 m und weniger über eine 60,0 m lange Überlauf mauer aus
dem Werkkanal in ein Vorbecken treten. Letzteres ist mit einem perforierten Blech
überdeckt, dessen Oberfläche etwa 180 qm beträgt. Nimmt man V» der Flache dieser
Blechtafel als perforiert an, so ergäbe sich ein lichter Durchflussquerschnitt von 60 qm,
und das Wasser würde bei der grössten Wasserentnahme von 20 cbm/sek. mit einer
mittleren Geschwindigkeit von etwa 0,35 m/sek. durch das perforierte Blech in das Vor-
becken eintreten, wenn man den Durchfiussbeiwert /i zu 0,96 H) setzt. Ist die znfiiessende
Wassermenge grösser als der Konsum im Krafthause, so rliesst ein Teil des Wassers
über das perforierte Blech hinweg und ergiesst sich in den Überlanfkanal. Hat sich
*■) Georges Contagne: .Usine de la Pombliere*. Compte reodu du Congres de U Houüle
Blanche Qrenoble 1908. Vol. II. S. 281.
«) Deutsches Banhandbnch 1879. Band 1. & 312.
I 2.
Die Werkkanäle.
831
viel Laub auf den Öffnungen des perforierten Bleches festgesetzt, so genügt es, in einer
Betriebspause auf ganz kurze Zeit die Schützen an der Druckkammer zu schliessen und
damit den Druck auf das perforierte Blech zu beseitigen. Augenblicklich erheben sich
Abb. 256. Gnmdriss des Vorbeckens und der Druckkammer der üaine de U Fombliere
bei Moutiera (Sbvom).
dann alle Schwimmkörper und werden von dem Strom
in den Ablaufkanal geführt. Die Sohle des Werkkanals
selbst ist längs der Überlaufmauer gegen den normalen Abb. 256e. Schnitt nach e.
Querschnitt um 0,91 m vertieft und am Ende vor den
Grunda blas schützen (Abb. 256 e) noch einmal in scharfem
Absatz um 1,10 m tiefer gelegt. Nach Ansicht des
Verfassers wäre es für die Spülwirkung vorteilhafter
gewesen, der Sohle des Werkkanals längs der Über-
fallmauer ein kontinuierliches, vom Anfang bis zum
Ende allmählich auf 1 : 10 anwachsendes Sohlengefaüe
nach den Spülschützen hin zu geben. Das Projekt zu
dieser interessanten Anlage rührt von dem Ingenieur
Ch. von Hailer in Genf her.
Werden bei einer Anlage Schachtturbinen
mit liegender Welle verwendet, so befinden sich die Turbinenkaminern meistens
vor dem Krafthause und gehören zum Teil zum Werkkanal und zum Teil zum Kraft-
832 III. Theodor Eobhk. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
hause, wie z. B. die Turbinenkammern der Anlage Tnrbigo (Taf. VII, Fig. 1), Pont
St. Martin (Taf. XV, Fig. 1, 2, 3), Wangen (Taf. XXIII, Fig. 1 u. 2) und Lechwerk-
Gersthofen (Taf. XLV, Fig. 3, 4 u. 5 u. Abb. 138, S. 662). Die Anlage Sault St.
Marie bietet einon insofern interessanten Fall, als trotz der Verwendung liegender Schacht-
turbinen die Turbinenkammern mit unter das Dach des Krafthauses verlegt wurden.
Man hat hier in kühner Weise die Trennungswände zwischen der Dynamohalle und den
Turbinenkammern ganz in Stahl ausgeführt (Abb. 130, S. 553), während bei den vier
obengenannten anderen Beispielen in jeder Turbinenkammer nur eine ringförmige Öffnung
in Eisen oder Stahl geschlossen ist, in welcher die Turbinenwelle und die Regulierungs-
wellen die Trennungswand zwischen Dynamohalle und Turbinenkammern durchdringen.
Bei den Anlagen Turbigo und Pont St. Martin tritt weder Stückeis noch
Grundeis in störender Weise auf, und es konnte deshalb der Rechen hinter den
Turbinenkammerschützen liegen; dagegen ist bei den drei anderen Anlagen
der Rechen vor den Schützen aufgestellt.
Bei Anlagen mit stehenden Schachtturbinen liegen die Turbinenkammern
naturgemäss stets unter dem Maschinenflur des Krafthauses und gehören demnach —
in manchen Fällen allerdings mit Ausnahme ihrer Vorkammern und der Rechenanlage —
mit zum Krafthause, sodass die Besprechung ihrer baulichen Einrichtung eigentlich in
den § 6, Krafthäuser, A. Baulicher Teil, gehörte. Da aber in diesem Abschnitt die
Rechenanlagen noch einer eingehenderen Besprechung unterzogen werden sollen und
die Einrichtung derselben wiederum von der Gestaltung der Turbinenkammern abhängig
ist, so sollen schon hier einige wesentliche, bei der Anlage von Turbinenkammern
stehender Turbinen zu beachtender Gesichtspunkte mit besprochen werden.
Beispiele für Turbinenkammern stehender Schachtturbinen bieten die Anlagen
Beznau (Taf. XXIV, Fig. 2), Chevres (Taf. XXVIII, Fig. 1), Hagneck (Taf. X* YfTT,
Fig. 5), Marbach-Stuttgart (Taf. XLVI, Fig. 1) und Rheinfelden (Taf. XLVII,
Fig. 5).
Eine besondere Art der Ausbildung erfordern die Turbinenkammern, wenn es sich
nicht um stehende Schachtturbinen, sondern um stehende Gehänse-
turbinen handelt, bei denen das Wasser den gusseisernen oder stählernen Turbinen-
gehäusen (Turbinenkesseln) in geschlossenen Druckleitungen zugeführt wird. Beispiele
hierfür bieten die Anlagen Hafslund, Kykkelsrud (Taf. XXXIV, Fig. 8), Jonage-
Cusset-Lyon (Taf. XL, Fig. 4), Niagara Falls Power Co. (Abb. 126, S. 546) und
die Canadian Niagara Falls Power Co. (Taf. LXIV, Fig. 1 u. 2 u. S. 547).
Bei der Niagara Falls Power Co. liegen die ganzen Druckkammern mit Aus-
nahme des Rechens unter dem Dache des Krafthauses.
Alle Turbinenkammern müssen schnell und leicht trocken gelegt werden können,
damit man kleinere Störungen ohne grossen Zeitverlust beseitigen und Reparaturen aus-
führen kann.
Bei einer Turbinenkammer für eine liegende Schachtturbine braucht man nur
die Schützen oberhalb zu schliessen, das Entleerungsventil in der Sohle der Kammer zu
öffnen und die letztere entleert sich schnellstens von selbst. Bei stehenden Schacht-
und Gehäuseturbinen muss man meist auch noch den Turbinenkanal am Unterwasser
schliessen und das Wasser aus der Kammer durch Pumpen entfernen, wenn man an alle
Teile der Turbinen herankommen will. Bei der Niagara FallsPowerCo. und eben-
falls auch bei der Canadian Niagara Falls Power Co. liegen allerdings die
Turbinengehäuse so hoch über dem Unterwasserspiegel des Turbinenkanals, dass die ganze
Turbine von aussen auch während de9 Betriebes jederzeit zugänglich ist. Bei der Anlage
§ 2. Die WkrkkanIle. 833
Kykkelsrud (Taf. XXXIV, Fig. 8) ist die Tnrbinenkammer während des Betriebes
trocken, da sie gegen das Unterwasser dicht abgeschlossen ist Bei allen niedrigen
Wasserständen kann die ganze Turbine auseinander genommen werden, ohne den Unter-
wasserspiegel abzuschliessen, nur wenn höhere Wasserstände eintreten, muss das Unter-
wasser bei Reparaturen mit Hilfe von Dammbalken abgeschlossen werden und eine Ent-
leerung des Turbinenkanals durch Pumparbeit stattfinden. - Ungefähr das Gleiche gilt
von der Anlage Jonage-Cusset-Lyon (Taf. XL, Fig. 4), von den Anlagen Hagneck
(Taf. XXXHI, Fig. 5) und Marbach-Stuttgart (Taf. LXI, Fig. 1). Dagegen muss
bei den Anlagen Beznau (Taf. XXIV, Fig. 2), Chevres (Taf. XXVIII, Fig. 1) und
Rhein felden (Taf. XL VII, Fig. 5) auch bei niedrigen Wasserständen ein Abschluss
des Unterwassers erfolgen, wenn die unteren Turbinenkränze einer Besichtigung und
Reparatur unterzogen werden sollen. Bei Rheinfelden und Hag neck findet der
Abschluss am Oberwasser durch Drehtore mit stehender Achse (Abb. 274, S. 868)
statt, welche in 1 — 2 Minuten geschlossen werden können, während das Unterwasser durch
Dammbalken abgeschlossen werden muss. Bei Chfevres geschieht der Abschluss am Ober-
wasser durch eine Zylinderschütze mit wagerechter Drehachse (Abb. 275/76, S. 870) gleich-
falls in 1 — 2 Minuten, während das Unterwasser durch einen schwimmenden eisernen
Ponton abgeschlossen werden kann, welcher in die Öffnung des Turbinenkanals gefahren
und dort versenkt wird. Die vollkommenste Einrichtung in bezug auf schnelle Ent-
leerung und Trockenlegung der Turbinenkammern zeigt die Anlage Beznau, bei welcher
der Abschluss der Turbinenkammern am Ober- und Unterwasser durch eiserne Schützen-
tafeln erfolgt, und zwar kann diejenige am Oberwasser mit Hilfe eines Öldruckzylinders
und einer Kolbenstange gleichfalls in wenig mehr als 1 Minute erfolgen, während die
Schliessung am Unterwasser mit Hilfe von Laufkatzen und Flaschenzügen bewirkt wird
(Abb. 263 u. S. 853). Hier ist aber eine zentrale Pumpenanlage vorhanden, welche
durch alle Turbinenkammern hindurchläuft und an welche jede Kammer angeschlossen
werden kann, sodass nach Schliessung der Schützen die Entleerung der Kammer in
wenigen Minuten zu erzielen ist. Eine solche zentrale Pumpenanlage befindet sich auch
bei der Anlage Hagneck.
Von der Rechenanlage wurde bereits gesagt, dass sie stets auf einer Schwelle
aufruhen sollte, welche gegen die Sohle des Beckens oder des Werkkanals einen Absatz
bildet, damit verhindert wird, dass die an der Sohle treibenden Geschiebe und Sink-
stoffe direkt durch den Rechen hindurch und so in die Turbinen hineingelangen können.
Die Rechen sollen alle gröberen schwimmenden Körper zurückhalten und hierzu sind
besonders zu rechnen kleinere schwimmende Holzteile, Laub, Stück- und Grundeis.
Um die Freihaltung der Rechen von schwimmenden Körpern zu erleichtern, ist es sehr
zweckmässig, die Schwelle des Rechens nicht in einem Winkel von 90° gegen die
Richtung des ankommenden Wasserstroms aufzustellen, sondern in einem möglichst
spitzen Winkel. Wie bereits erwähnt wurde, liegt die Rechenschwelle der Anlage
Vizzola (Taf. H, Fig. 1 u. 2) parallel zur Richtung des ankommenden Wassers, also
in der denkbar besten Anordnung. Spitzwinklig liegt sie bei der Anlage Beznau
(Taf. XXIV, Fig. 3) und es würde hier der sich längs des Rechens entwickelnde Strom
die Freihaltung des Rechens namentlich von Stückeis sehr wirksam unterstützen, wenn
nicht die Rechenfläche durch mehrere massive Treppenanlagen unterbrochen und so tote
Winkel gebildet worden wären. Noch spitzer liegt die Rechenanlage am Krafthause
Rheinfelden, nur ist hier das Becken vor dem Rechen vom Anfang bis zum Ende zu
stark verengert (Abb. 147, S. 681) und die Durchflussgeschwindigkeit des Wassers durch
die Rechenstäbe bei vollem Betriebe zu gross, sodass die an den Rechen angetriebenen
Haadtaeh dar In*-WlM«n*eh. HI. T«il. 13. Bd. 53
834 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
schwimmenden Körper mit grosser Wucht an die Fläche des Rechens herangedrückt
werden. Aach bei den Anlagen Wangen (Taf. XXIII, Fig. 1) und Lechwerk-Gerst-
hofen (Taf. XLV, Fig. 3) sind die Rechen spitzwinklig gestellt, wenn auch nur wenig.
Bei der letztgenannten Anlage liegen die Eisschützen nicht an der Stelle, wo die die
Rechenfläche schneidende Wasserspiegellinie in die Ufermauer einschneidet, sondern
weiter aufwärts, sodass sich ein toter Winkel bildet, in welchem das Eis und die dort
sich ansammelnden sonstigen Schwimmkörper, wenn die der Ufermauer zunächst liegende
Turbine auch im Betriebe ist, festsetzen. Bei der Anlage Wangen reinigt der
Strom längs des Rechens denselben wenigstens zum Teil selbstwirkend, solange noch die
am rechten Ufer gelegene Turbinenkammer als Grundablass benutzt wird. Wenn aber
später vor dieser Kammer auch ein Rechen aufgestellt sein wird, bildet sich auch hier
in der Wasserspiegellinie ein toter Winkel, der durch Abschrägung der spitzen Ecke
am Leerlauf zu beseitigen sein würde.
Man wird meistens, wie bereits erwähnt, durch die Anlage von Überlaufen vor
oder neben dem Rechen dafür Sorge tragen, dass der grösste Teil des Stückeises nicht
bis an den Rechen herankommt, und man kann die Abführung des Stückeises über die
Überläufe durch Einlegen und Verankern schwimmender Abweiser, welche
etwa 50 cm tief eintauchen, unterstützen. Kommt das Stückeis bis an den Rechen
heran, so rollt es durch den Strom zum Teil verlängs des Rechens, wenn derselbe sehr
spitz gegen die Stromrichtung steht. Auch kann in diesem Falle durch einige Leute
mit Stangen das Stückeis leichter nach den Eisschützen zu getrieben werden. Je grosser
aber die Durchflussgeschwindigkeit des Wassers am Rechen ist, mit um so grösserer
Kraft wird das Stückeis am Rechen festgehalten. Der Strom schiebt die Eisstücke auf
den Rechen empor und klappt sie dann flach gegen die Rechenfläche und zwar mit um
so grösserer Energie, je mehr Durchflussquerschnitt des Rechens bereits durch Eisstücke
geschlossen ist.
Im Abschnitt c „Der Einlauf" ist bereits hervorgehoben, welche Massregeln zu
treffen sind, um möglichst wenig Stückeis in den Werkkanal hineingelangen zu lassen,
und es wurde auch bereits gesagt, dass bei Geschwindigkeiten von 1,50 m/sek. und mehr
sich eine zusammenhängende Eisdecke im Werkkanal nicht mehr bilden kann.
Ungleich grösser als die Schwierigkeit der Beseitigung des Stückeises kann diejenige
der Beseitigung des sogenannten Grundeises werden. Hier können die Schwierigkeiten
so anwachsen, dass unter Umständen der Betrieb unterbrochen werden muss. In dem
Geschäftsbericht der Society Lyonnaise des Forces Motrices du Rhone (Jonage-Cusset-Lyon)
für die Generalversammlung im Juni 1905 befindet sich folgender Passus:
,Le deux janvier par an frois de 15 degres et an vent terrible ane quantite* d'aigoilles de glaces
se sont formees dans la eonche profonde de l'eau du canal alorsque la surface restalt libre.
Ce phlnomene, excessivement rare dans nos pays, a airete* le service de nos excitatrices et interrompa
notre erploitation pendant ane aait.
Nous avons tout lieu de croire que ce fait ne se renouvellera pas, mais nous avoos du songer
k mettre le Service de nos abonnements ä l'abri de tout alea de cette natore."
Also hier sind Grundeisbildungen in dem Masse störend geworden, dass die
kleinen, als konische Reaktionsturbinen gebauten Erregerturbinen (250 PS» bei
250 Uml./Min. und 2200 1/sek. bei 12,0 m Gefälle) völlig zum Stillstand kamen.
Auch das Kraftwerk Rheinfelden hatte wiederholt unter Störungen durch
Grundeis zu leiden und diese Störungen haben, allerdings neben anderen Ursachen, die
Verwaltung, dazu veranlasst, eine Dampf reserve aufzustellen.
Die Direktion der Aktieselskabet Hafslund hat auf Anfrage dem Verfasser
bezüglich des Grundeises folgende Mitteilung gemacht:
§ 2. Die Werkkanäle. 835
„Im Flusse Glommen kommt Grandeis 5— 10 mal jeden Winter vor und zwar sind die Bedin-
gungen hierfür, daas der Fluas nicht mit Eis belegt ist und die Temperatur plötzlich bis unter 10—12°
sinkt Wenn der Fluss mit Eis belegt ist oder bei bewölktem Himmel kommt Grundeis nicht vor, mag
auch die Temperatur viel tiefer sein.
Die obengenannten Bedingungen treten deshalb am häufigsten Anfang Dezember ein, wenn die
erste Kälteperiode hereinbricht. Es bilden sich dann im Wasser kleine Eisnadeln, die anfangs nur ver-
einzelt auftreten, aber nach und nach sich zu grösseren schwammfthnlichen Massen vereinigen von
Dezimetern im Durchme ser. An der Oberfläche des. Wassers siebt man nur hier und da einige Eis-
nadeln schwimmend, steckt man aber eine Holz- oder Eisenstange ins Wasser hinein, so dauert es nicht
lange bis dieselbe mit einer bedeutenden Eiskruste überzogen wird.
Grosse Mengen dieser schwammartigen Massen geben ziemlich tief im Wasser,- weil sie vom
Boden des Flusses Sandkörner oder Steine mitnehmen, wodurch das Eigengewicht schwerer als Wasser wird.
Die Schwierigkeiten an dem Rechen entstehen nun in folgender Weise:
Am Fnsse des Rechens sammeln sich nach und nach grössere Mengen von diesen schwamm-
artigen Massen an und wachsen allmählich in die Höhe. Der Wasserdruck auf dem Rechen ist vor der
Eisnadelsammlong nur einige wenige mm, dagegen, wenn die Eisnadelmassen nach und nach den Durch-
flussquerschnitt verengt haben, wird der Druck auf den Rechen entsprechend grösser und wirkt dieser
Druck wieder in der Weise, dass die Eisnadelmassen zu einer kompakten Masse zusammengedrückt
werden. Wenn man gar nichts hiergegen machte, würde im Laufe einiger Stunden der ganze Rechen
mit einer festen Eisschicht bedeckt werden.
Die Eisnadelbildung beginnt in der Regel in der Nacht gegen 3, 4 oder 5 Uhr, dauert gewöhn-
lich ein oder zwei Tage und hat sich dann entweder eine Eisschicht auf dem Wasser gebildet oder der
Himmel hat sich mit Wolken belegt, worauf das Wasser wieder klar wird uod die bestehenden Eis-
nadeln sich im Wasser auflösen.*
Über die Art der Entstehung des Grundeises existiert bis heute eine allgemein
anerkannte Theorie noch nicht. Es hat aber 1906 der schweizerische Ingenieur Dr. phil.
6. Lüscher in Aarau eine eingehende Studie: „Das Grundeis und daherige Störungen
in Wasserläufen und Wasserwerken veröffentlicht98), in welcher alle bisherigen Theorien
besprochen werden und alsdann auf Grund eigener Beobachtungen eine neue Erklärung
gegeben wird, welche viel für sich zu haben scheint. Deshalb mögen hier aus der
Lüscher sehen Schrift Mitteilungen über Art und Entstehung des Grundeises folgen,
während wegen eines genauen Studiums dieser wichtigen Frage auf das erwähnte Buch
verwiesen sei.
Lüscher unterscheidet drei Arten von Grundeis und zwar 1. das blättrige
Grundeis, 2. das körnige Grundeis und 3. das Gallerteis.
Die Grundeisbildung hat ihren Ursprung in der Bildung des Oberflächeneises.
Bei schnellfliessendem Wasser können sich die bei niedrigen Temperaturen entstehen-
den Eiskristalle nicht zu einer Eisdecke zusammenschliessen. Nach Lüscher wird eine
Eisde'cke meistens bereits bei Wassergeschwindigkeiten von ca. 0,8 bis 1,0 m/sek. nicht
mehr zu stände kommen. Werden die im Wasser treibenden Eiskristalle, welche oft
so klein sind, dass sie beim Anschauen einer Wasserfläche mit blossem Auge nicht wahr-
genommen werden können durch die Strömung des Wassers in einem Querschnitt und
durch die Gewichtsunterschiede der Wasserfäden infolge der verschiedenen Temperatur
zur Tiefe geführt, so bleiben sie an rauhen Gegenständen der Sohle und der Böschungen
haften und die Wasserbewegung kann sie dort andrücken und halten. Auch sollen
elektrische Kräfte mitwirken, weil aneinanderreihende Eisteilchen positiv elektrisch und
die von den Eisteilchen geriebenen Fremdkörper aber negativ elektrisch geladen werden*4).
Eiskörperchen, welche sich an einem rauhen Gegenständ in der Tiefe festgesetzt haben,
kühlen den Körper, an dem sie haften, und auch das umgebende Wasser allmählich bis
88) Verlag von Emil Würz vorm. J. J. Christen, Aarau.
8«) H. Ebert und B.Hof f mann, Naturwissenschaftliche Rundschau Nr. 88. 1900. XV. Jahrg.
58»
836 HI. Theodor Kobhn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheitex.
»
auf eine Temperatur nahe 0° ab und zwar ist der Vorgang so zu denken, dass die zu-
erst an dem rauhen Gegenstand anhaftenden Kristalle geschmolzen werden und dadurch
die Körpertemperatur allmählich auf 0° bringen. Indem sich alsdann um den Gegen-
stand auf diese Weise zunächst gesetzmassig orientierte Kristallsterne bilden, entsteht
das sogenannte blättrige Grundeis.
Bei anhaltendem Frost kann das Wasser die in ihm massenweise schwimmenden
Kristallelemente nicht mehr in grosser Zahl schmelzen, sie treiben vielmehr in grossen
Mengen im Wasser fort. Zur Tiefe gefuhrt, schliefen sie sich an das blättrige Grund-
eis, welches wie gesagt noch aus gesetzmässig orientierten Kristallen besteht, mechanisch
an oder sie häufen sich im fliessenden Wasser selber, namentlich an ruhiger fliessenden
Stellen, zu kleineren Klumpen zusammen. Diese mechanischen, schwammartigen An-
haftungen und Zusammenballungen nennt Lüscher das körnige Grundeis, welch
letzteres um so weisser und fester wird, je grösser der Frost, je stärker die treibende
Strömung ist und je länger die Bildungsdauer anhält. Die Tatsache, dass bei der Bil-
dung des Grundeises an der Sohle keine festen Eisschichten wie an der Oberfläche ent-
stehen können, erklärt Lüscher wie folgt:
.Das Wasser der Flflsse und Seen enthalt stets anorganische Salze gelöst und ist meist auch
organisch stark verunreinigt. Ein Milliontel von Salzen im Wasser genügt, um diesem die Eigenschaften
einer wissrigen Salzlösung zu erteilen.
Aus einer Salzlösung gefriert eher stets reines Eis, das Salz wird heim Gefrieren ausgeschieden, so-
dass die entstandenen Kristalle von sehr dünnen Schichten salzhaltigeren Wassers umgehen werden.
Da nun der Gefrierpunkt einer Salzlösung mit dem Salzgehalt sinkt, so braucht es weiterer
K<eeinwirknng, um die den Kristall umgebende dünne Wasserschicht zum Gefrieren zu bringen.
Diese überschüssige Kälte hat an der Wasseroberfläche Zutritt und kittet die einzelnen Kristalle
unter sich und mit der Oberflftchenschicht zusammen, sie fehlt aber unter Wasser bei der Bildung des
Grundeises, sodass die einzelnen Kristalle unter sich lose bleiben."
Ist eine Fluss- oder Kanalstrecke mit einer geschlossenen Eisdecke überzogen, so
kann die Aussentemperatur nicht mehr in dem Masse auf die Bildung von Eiskristallen
im Wasser hinwirken wie bei offener Wasserfläche, und die sich bildenden Eiskristalle
schliessen sich an die Eisdecke an. So erklärt es sich, dass sich unter einer ge-
schlossenen Eisdecke blättriges und körniges Grundeis nicht bildet (vergl. den Bericht
aus Hafslund S. 835).
Die Schwierigkeiten an den Rechen von Wasserkraftanlagen entstehen, wenn das
am Grunde angehäufte Eis plötzlich zum Auftrieb gebracht wird. Dieser Auftrieb kann
durch die strahlende Wärme bei klarem Wetter verursacht werden, woraus es sich
erklärt, dass nach den Mitteilungen der Aktieselskabet Hafslund Störungen durch
Grundeis bei bewölktem Himmel nicht vorkommen. Der Auftrieb kann aber auch durch
mechanische Ursachen, also zum Beispiel durch starke Bewegung der Oberfläche durch
Wind verursacht werden, wie unter andern aus den Mitteilungen der Soci6t6 Lyonnaise
des Forces Motrices du Rhone (S. 834) hervorgeht. Kommt dieses Grundeis zum Auf-
trieb, so bleibt es zum grössten Teile dennoch in den tieferen Schichten, weil es durch
die mitgenommenen kleineren Sandkörner und Steinchen beschwert ist.
Man kann aus dem Obigen für Werkkanäle in Gegenden, in welchen starke
Fröste zu erwarten sind, folgende Schlüsse ziehen: Bei langen Werkkanälen in Boden
mit einfacher Kiesdeckung sollte man die Geschwindigkeit nicht über 0,80 m/set
steigerp, damit sich bei starkem Frost schnell eine geschlossene Eisdecke bilden kann.
Hat man eine grössere Geschwindigkeit im Werkkanal gewählt, so muss man den be-
netzten Umfang so glatt wie möglich machen, damit sich, wenigstens im Werkkanal
selbst, Grundeis in grösseren Mengen nicht bilden kann. Da ferner die Abkühlung des
§ 2. Die Weruahäle. 837
•
Wassers bei einer bestimmten sekl. Wassermenge am so kleiner wird, je kleiner die
Spiegelbreite ist, so werden auch in einem Querschnitt die sich an der Oberflache
bildenden Eiskristalle in um so grösserer Zahl zum Schmelzen gebracht werden, je grösser
die Wassertiefe im Werkkanal im Verhältnis zur Spiegelbreite wird.
Was nun das Gallerteis betrifft, so tritt es meist auf, wenn nach Tauwetter
plötzlicher Frost eintritt oder umgekehrt, wobei stark gekühlte Wassermassen mit
grösseren Mengen von Eispartikeln, welche von einer zerstörten Oberflächen-Eisschicht,
oder von auftreibendem Grundeis, oder von Schneefall herrühren können, in die tieferen,
wärmeren Wasserschichten getrieben werden. Es entstehen gallertartige Massen, deren
Zellenwände aus salzreicherem Wasser bei einer Temperatur wenig über 0° starke Grenz-
flächenspannungen gegen das reinere Wasser, mit denen die Zellen gefüllt sind, besitzen.
Zellenwände und Zelleninhalt können hierbei ihre Rolle vertauschen. Bei einer Temperatur
von 0° erstarrt der Zelleninhalt, während die salzreicheren Zellenwände mit etwas
niedrigerem Gefrierpunkt noch flüssig bleiben, indem zu ihrer Erstarrung die erforder-
liche überschüssige Kälte fehlt. Soweit die letztere Zutritt hat, bringt sie vielmehr stets
neue Zellen zum Erstarren. Auf solche Weise kann das lockere unzusammenhängende
Gallerteis in der ganzen Wassermasse entstehen. Stark begünstigt wird die Gallerteis-
bildung dort, wo kühlere Wassermassen mit ihren Treibeispartikeln in wärmeres Wasser
unter eine abwärts an ruhiger Stelle bereits gebildete Oberflacheneisschicht getrieben
werden. In ähnlicher Weise, wie durch den schnellen Wechsel in der Aussentemperatur,
wird die Bildung von Gallert eis begünstigt, wenn das ursprünglich auf fast 0° abgekühlte
Wasser eines Werkkanals aus einer längeren überdeckten Strecke, in welcher es Erd-
wärme aufnehmen konnte, unvermittelt in ein offenes Profil übergeht oder umgekehrt,
oder wenn ein durch Massen von schwimmenden Eispartikeln abgekühltes Wasser
plötzlich aus einem engeren Profil mit grosser Geschwindigkeit in ein weiteres mit
kleiner Geschwindigkeit gelangt. Obwohl das Gallerteis genau genommen nicht zu dem
Grundeis im eigentlichen Sinne gehört, wird es doch in der Praxis dazu gerechnet,
weil es meist nicht allein auftritt und weil es vom Grundeis schwer zu unter-
scheiden ist.
Es könnte demnach scheinen, als ob die im Abschnitt e „Ablagerungsbecken"
empfohlene Art der Profilerweiterung der Gallerteisbildung günstig wäre. Indessen
bei Werkkanälen ist der Aufenthalt des Wassers in solchen Ablagerungsbecken doch zu
kurz (6 — 10 Minuten), als dass eine Gallerteisbildung in schädlichem Umfange in ihm
sich entwickeln könnte, selbst wenn sich im Ablagerungsbecken am unteren Ende eine
Oberflächeneisschicht gebildet haben sollte, unter welche das im offenen Werkkanal
unterkühlte Wasser treten könnte. Was im übrigen die Mittel betrifft zur Verhin-
derung der Bildung von Gallerteis in Werkkanälen, so ist besonders durch die richtige
Anlage des Einlaufs und des Regulierungswerkes dafür zu sorgen, dass Stück-
eis aus dem See oder Fluss möglichst vollständig zurückgehalten wird und auch dem
Grundeis aus dem Flusse der Eintritt in den Werkkanal tunlichst verwehrt wird, damit
eine Unterkühlung des Wassers im Werkkanal durch das Schmelzen dieses Eises nach
Möglichkeit vermieden wird. Ferner wird man bei Werkkanälen mit grossem Querschnitt
und grosser Spiegelweite, wie z. B. beim LechwerkGersthofen, wenn die normale
Geschwindigkeit die Bildung einer Eisoberfläche bei starkem Frost gestattet, im Betriebe
durch möglichstes Konstanthalten des Wasserspiegels dafür zu sorgen haben, dass diese
Eisoberfläche nicht plötzlich zerbricht, sondern bei eintretendem Tauwetter allmählich
zum Schmelzen gebracht wird. Ist die obere Eisschicht aber zerbrochen, so sollte sie
so schnell wie möglich zur Abführung kommen. Bei kleineren Kanalprofilen mit ge-
838 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
ringer Wassertiefe wird man, soweit es die verfügbaren Anlagekosten gestatten, das Profil
am besten ganz abdecken, wie es z.B. bei der Anlage Novalesa an der Cenischia
geschehen ist, wo der 2341,0 m lange obere Werkkanal mit einer normalen Wassertiefe
Ton 1,0 m auf 0,90 m Spiegelbreite ganz abgedeckt wurde (S. 374 a. Tai. XII, £ig. 2).
Auch bei der Anlage La Goal e, wo der Werkkanal im ganzen 520,0 m lang
ist und auf 440,0 m im Tunnel liegt, hat man die offenen Strecken mit Bohlen ab-
gedeckt (S. 398).
Schliesslich wirkt auch die Wahl eines im Verhältnis zur Breite tiefen Profils
der Bildung von Gallerteis entgegen, weil die Abkühlung aller Wasserschichten auf
nahezu 0° bei derartigen Profilen nicht so leicht eintritt.
Das Gallerteis ist übrigens so dünnflüssig, dass es sowohl durch den Rechen als
auch darch die Turbinen unschädlich hindurchgeht, sofern es nicht in sehr grossen
Massen auftritt.
Wegen Beseitigung des in sehr grosser Menge auftretenden Gallerteises von dem
Rechen wird weiter unten noch einiges mitgeteilt (S. 841).
Bei der Anlage Hafslund (vergl. Taf. XXXIII, Fig. 6) ist die Stellung des
Rechens insofern ungünstig, als sich ein Strom längs des Rechens nach dem Über-
lauf oder dem Grnndablass nicht bilden kann. Auch ist kein genügend grosser Absatz
zwischen Beckensohle und Rechenschwelle gebildet Hätte man z. B. den Rechen un-
gefähr parallel mit der linken Ufermauer des Werkkanals gestellt und der Rechenschwelle
einen hohen Absatz gegen die Sohle des Beckens gegeben, so würde es wahrscheinlich
möglich gewesen sein, den grössten Teil des Grundeises durch zeitweises Ziehen der
Spnlschützen zur Abführung zu bringen. Der Rechen besteht aus zwei Absätzen **), einem
unteren und einem oberen, und die Rechenstäbe haben gegen die Wagerechte nur eine
Neigung yon 60°. Die Schwierigkeiten beim Auftreten des Grundeises kommen im
wesentlichen nur an dem unteren Teile des Rechens vor. Man hat sie anfangs in der
Weise zu bewältigen versucht, dass man Leute anstellte, welche durch Eisenharken an
Holzstielen die lichten Zwischenräume zwischen den Stäben von Eis freihalten mussten.
So lange der Betrieb verhältnismässig klein war, genügte diese Massregel, wenn sie auch
in unliebsamer Weise die Betriebskosten erhöhte. Als der Betrieb aber nach Vol-
lendung des zweiten Ausbaus stärker wurde, konnten die Arbeiter nur mit Mühe die
obersten 2,0 bis 3,0 m des Rechens einigermassen freihalten. Man hat deshalb zu einer
maschinellen Vorrichtung greifen müssen, und es ist nach vielen Versuchen die in
Abb. 257 dargestellte Vorrichtung ausgeführt worden, welche ihren Zweck vollständig
erfüllen soll").
Durch einen 15 pferdigen elektrischen Motor wird eine Zahnradwelle angetrieben and darch die
letztere werden Eisenrahmen mit Querstäben, welche auf den unteren Rechen liegen, derart in auf- und
abgehender Bewegung gehalten, dass jeder Punkt des Rechens 5 bis 6 mal in der Minute von einem
Eisenstabe geschabt wird. Hierdurch bekommen die Eisnadelklumpen nie genügende Ruhe, um sich zu
grossen Massen aufeinander legen zn können, das Triebwasser nimmt vielmehr immer das Grundeis
mit sich durch den Rechen, bevor es zn grossen Klumpen sich zusammenballen kann. Einige Rahmen
werden heraufgezogen, während eine gleiche Zahl anderer abwärtsgehen, sodass die Bewegungskraft
des Motors im wesentlichen nur zur Überwindung der Reibungen verwendet wird.
Bei Hafslund findet wahrscheinlich in dem nur 270,0 m langen Werkkanal selbst,
dessen Sohlenbreite 10,0 m und dessen normale Wassertiefe 6,5 m beträgt, bei einer
•*) Man hat die Absicht, den Rechen so umzubauen, dass der Absatz beseitigt wird und der
Rechen in einer Ebene von unten nach oben verläuft.
sc) Nach Umbau des Rechens soll auch die Schabevorrichtung so umgebaut werden, dass die
ganze Rechenfliche von unten bis oben geschabt werden kann.
§ 2. Die Werkkamäle. 839
Wassergeschwindigkeit von 2 m/sek. eine Grundeisbildang nur in verschwindendem Masse
statt, es wird vielmehr das Grnndeis ans dem Glommen in den Werkkanal hineingeführt.
Bei der Anlage Rheinf elden (Taf. XL VII) kann das Grandels ans dem Rhein unge-
hindert in den Werkkanal eintreten. Die Geschwindigkeit in letzterem beträgt 1 ,5 — 2,0 m/aek.
Der Rechen steht hier ganz ohne Absatz auf der Beckensohle, and da die Durcbfluss-
geschwindigkeit durch den Rechen sehr gross ist, wird das Grundeis mit grosser Wucht
namentlich gegen die unteren Teile des Rechens getrieben. Je mehr Querschnitten äche
Abb. 257. Vorrichtung t
min durch das Grundeis von unten beginnend geschlossen wird, um so grösser wird die
Geschwindigkeit und mit um so grösserer Kraft wird das Grnndeis zusammengeballt.
Wäre die Rechenschwelle etwa um 0,5 — 1,5 m gegen die Beckensohle, bezw. Kanalsohle
erhöht, und hätte man der Sohle längs der Rechenschwelle nach dem Freilauf zu eine
möglichst starke Neigung gegeben, so würde ein grosser Teil des Grundeises an der
Schwelle zurückgehalten und schon durch den Strom des Wassers gegen den Grundablass
za geführt worden sein, wo es dann durch das Ziehen der Schützen hatte abgeführt
werden können.
Bei den Rechenanlagen, deren Schwellen auf der Sohle des Beckens
oder des Werkkanals liegen, wie es z. B. bei den vier Anlagen mit
stehenden Schach tturbinen, Beznaa, Chevres, Hagneck und Rheinf elden
840 HL Theodor Eokhn. Ausbau vom Wasserkräften. Einzelheiten.
der Fall ist, zeigt sich oft noch eine andere Schwierigkeit, welche von dem Kiese her-
rührt. Abgesehen von dem Übelstande« dass bei derartigen Anlagen der bis tot den
Rechen geführte kleinere Kies und der Sand ungehindert in die Turbinen hinein-
gelangen können, werden auch grössere Kieselsteine auf die schräge Rechenfl&che
heraufgetrieben, und sie klemmen sich dann vielfach zwischen den Stäben fest. Auf
diese Weise kann unter Umständen in kurzer Zeit ein grösserer Teil des freien Durch-
flussprofils geschlossen werden. Je mehr Kieselsteine den Querschnitt verengen, um so
grösser wird die Geschwindigkeit des durchfliessenden Wassers und um so schneller werden
noch weitere Kieselsteine nachgetrieben. Bei der Anlage Rheinfelden, wo, wie bereits
mehrfach erwähnt, der Rechen sehr spitzwinklig zur Stromrichtung des ankommenden
Wassers steht, kann man beobachten, wie die Kieselsteine zwar ein Ende lang auf der
Rechenflache entlangrollen oder -springen, um aber dann doch durch den Strom des
Wassers fest zwischen die Stäbe gedrückt zu werden.
Nach den Angaben von M. A. Boucher87) sollen in Chevres, bevor die neue Grund-
mauer geschaffen war, wenn die Arve Hochwasser hatte, 70 Mann am Rechen nötig
gewesen sein, um den Kies zu beseitigen, was natürlich in sehr unliebsamer Weise die
Betriebskosten beeinflussen musste. Auch in Rheinfelden wird zur Reinigung des
Rechens, wenn der Rhein reichlich Geschiebe und Laub führt, viel Personal nötig. An
jeder Rechenharke müssen 5 Mann stehen, weil weniger Leute wegen des starken Stroms
nicht imstande sind die Rechenharken von unten nach oben heraufzuziehen.
Alle diese Erfahrungen und Überlegungen müssen nach Ansicht des Verfassers
dazu führen, namentlich bei grösseren Anlagen mit Schachtturbinen, eine andere Art
der Aufstellung der Rechen als die geneigte zu wählen. Man kann zwar bei geneigt ge-
stellten Rechen die geschilderten Schwierigkeiten dadurch etwas verringern, dass man
nicht scharfkantige Flacheisen, sondern Eisen mit abgerundeten Ecken für die Rechen-
stäbe verwendet, und dass man letztere nicht lotrecht zur Rechenfläche, sondern spitz-
winklig und zwar flussabwärts gerichtet, anordnet, weil durch beide Massregeln das
Festklemmen des Kieses erschwert und seine Beseitigung erleichtert wird, aber erstens
lässt sich dadurch eine durchgreifende Verbesserung auch nicht erzielen und zweitens
halten die scharfkantigen und lotrecht zur Rechenfläche stehenden Stäbe das Laub wirk-
samer zurück. Es scheint deshalb richtiger, statt den Rechen geneigt mit einem Winkel
von 40 bis 45° gegen die Horizontale aufzustellen, ihn vollkommen wagerecht
zu legen und die Stäbe parallel zur Rechenschwelle anzuordnen. Auf
diese Weise wird es leicht möglich, die Rechenschwelle 0,5 bis 2,0 m über der Becken-
sohle anzuordnen und der Sohle längs der Rechenschwelle eine starke Neigung nach
dem Spülablass zu geben. Das Wasser muss also vertikal von oben nach unten durch
den Rechen hindurchtreten, um dann jenseits der die Rechenfläche abschliessenden lot-
rechten Wand wieder aufzusteigen.
Während die Durchflussfläche des geneigt gestellten Rechens bei Chevres z.B.
gerade dann am kleinsten ist, wenn die grösste sekl. Wassermenge hindurchfliessen muss,
weil der Wasserspiegel am Wehre wegen der Öffnung der Wehrschützen sinkt, würde
die Durchflussfläche bei einem liegenden Rechen stets dieselbe bleiben. Alle an der Ober-
fläche schwimmenden Körper werden, wenn die Durchflussgeschwindigkeit nicht zu gross
(<£ 1,5 m/sek.) angenommen wird, nicht auf den Rechen gelangen, sondern sich an der
vertikalen Abechlusswand sammeln und durch den Strom nach den Eisschätzen hingetrieben
werden. Überdies würde es nur geringer Kraft bedürfen, um an der vertikalen hinteren,
3?) Compte rendu du Congree de la Houüle Blanche. G renoble 1902. 1. Volume, & 884.
| 2. Die WeekkavIle. 841
geschlossenen Wand haftende Körper mit Holztafeln an hölzernen Stangen nach den Ein-
schätzen hin zu schieben. Das gilt besonders auch von einem grossen Teil des Grund
eises, welches nicht mehr von dem Strom des ankommenden Wassers gegen die Rechen-
fläche getrieben würde, sondern gegen die geschlossene vertikale Wand, wo es von dem
Stoss des Wassers und der nachdringenden Eisnadel zusammengeballt werden würde.
Als ein weiterer Vorteil des liegenden Rechens kann gelten, dass man die lichte
Weite zwischen den Stäben grösser machen könnte, weil die an der Oberfläche treiben-
den Körner nicht mehr zu den Rechen gelangen können nnd weil auch Fische nur aus-
nahmsweise den Weg durch einen solchen Rechen nehmen würden. Dadurch würde
aber wiederum ein grösserer Teil, namentlich des gallertartigen Grandeises leicht und
unschädlich durch den Rechen hindurchgelangen. Ausserdem wird bei einem liegenden
Rechen stets die ganze Rechenflache ziemlich gleichmassig für den Durchgang des Grund-
Abb. 258. Querschnitt durch die vorhandenen Rech eil an lagen im Krafthaose der Anlage Beznau mit
Darstellung der vorgeschlagenen Anordnung eines liegenden Rechens.
eises benutzt werden, während bei den stehenden Rechen vornehmlich die unteren
Teile vom Grundeis betroffen werden und deshalb die Verstopfung des Rechens in der
Regel von unten beginnt und nach oben fortschreitet.
Auch bei der vorgeschlagenen Anordnung liegender Rechen ist es vorteilhaft, die
Rechenschwelle möglichst spitzwinklig zur Stromrichtung aufzustellen. Der Kies und
gröberer Sand werden, wenn der Absatz vor der Schwelle am oberen Ende mindestens
0,5 m betragt und nach dem Grundablass hin wächst, nicht auf den Rechen kommen
können, ebenso wird sich ein grosser Teil des Grundeises, welcher sich in den tieferen
Schichten bewegt, vor der Schwelle sammeln und durch die Spülwirkung um so wirk-
samer ins Unterwasser getrieben werden können , je grösser die Neigung der Sohle ist.
Man könnte nun noch auf der vorderen Rechenschwelle eine auf einzelnen eisernen
Gitterstützen ruhende Bedienungsbrücke errichten (Abb. 259), um gallertartiges Eis,
wenn es sich in grösseren Mengen ansammeln sollte, durch Schleppnetze aus feinem
Drahtgeflecht oder durch eine ähnliche Einrichtung, welche in Richtung der Rechen-
schwelle stromabwärts zu ziehen wäre, zu beseitigen. Auch könnten mit Hilfe einer
842
III. Thbodob Koehh. Ausbau vom Wasserkräfte-*. Einzelheiten.
solchen Bedienungsbrücke Schabewerke nach dem Muster derjenigen der Anlage Hafs-
Inud (Abb. 257) eingerichtet werden, welche in diesem Falle auf maschinellem Wege
nicht, wie bei dem erwähnten, auf und ab, sondern auf der wagerechten Fläche hin
Abb. 269. Querschnitt durch die vorhandene Rechenanlage »m Krafthaute der Anlage Chevres mit
Darstellung der vorgeschlagenen Anordnung eines liegenden Rechen*.
Abb. 260. Querschnitt durch die vorhandene ifechenanlage am
Krafthause der Anlage Rheinfelden mit Darstellung der vorge-
geachlagenen Anordnung eines liegenden Rechens.
und her zu ziehen und zu schieben wären. Nach Ansicht des Verfassers würde sich
allerdings bei einem richtig angelegten liegenden Rechen die Notwendigkeit, Schabe-
werke einzubauen, überhaupt nie ergeben. Zur Veranschaulichung der vorgeschlagenen
Anordnungen sind in den
Abb. 258. 259 und 260 für die
Anlagen Beznau, Chevres
und Rheinfelden in die
Querschnitte durch die Rechen-
anlage liegende Rechen
schematisch eingezeichnet.
Bei der Anlage Chevrea
sinkt bei Hochwasser wenn alle
Schützen des Wehres gprogen sind,
der Wasserspiegel am Bechern »af
-{- 366,7ri. Die vorhandene Recbea-
9ch welle liegt bündig mit der Becken-
sohle auf -j- 364,75, sodass nur eine
Wassert iefe von 2,0 m am Rechen
vorhanden ist. Bei Hochwasser
schluckt jede Turbine 21,5 com »ct.
weil das DrackgefUIe auf 4,30 m
abfallt (S 448). Beim normale»
Winter-Stau liegt der Wasserspiegel
am Rechen dagegen auf -f- 370,00,
es ist also eine Wassertiefe von 5,25 m vorhanden und jede Turbine verbraucht bei 8,15 m Gefalle nur
rd. 14,1 cbm sek. Die Weite jeder Turbinen kam ine r betragt 7,5 m von Pfeilermitte in Pfeilerini tte ge-
messen. Bei einer Dicke der Rechenstabe von 1,2 cm und einer lichten Weite (wischen den SUben
von 4 cm entfallen auf eine Turbinen kammerbreite 144 Staböflnungon. Die benetite Lange eines Stabes
§ 2. Die WebkkanIle. 843
betragt bei 2,0 m Wassertiefe 2,88 m, es ist also für jede Kammer ein Durchflassprofil F vorhanden von
144.0,04.2,88=16,8 qm. Nimmt man den Durchflassbeiwert p durchschnittlich zu 0,70 an, so kann
21 5
man überschläglich setzen: Q=/*.F.y ond v = a7—t^ö== *»89 m/sek Diese Geschwindigkeit würde
herrschen, wenn die ganze Dnrchflnssfliche des Rechens frei wäre, sie steigert sich aber, sobald
ein Teil durch Xies oder Schwimmkörper verschlossen wird. Der genannten Durchfluss-
v1
geschwindigkeit entspräche bereits ein Druckrerlust h = tT- = rd. 0,184, wenn man die Geschwindig-
keit des ankommenden Wassers vernachlässigt. Beim normalen Winter-Stau wird dagegen die normale
Durchflussfiäche F = 42,8 qm und v nur =0,88 m/sek. Bei dieser Anlage tritt also der Nachteil
des stehenden Rechens, dass bei dem grüssten Wasserverbrauch der Turbinen der Durcfaflussquer-
schnitt am kleinsten wird, scharf hervor. — Bei einem liegenden Rechen kann man den Durchfluss-
beiwert zu 0,90 bis 0,96 annehmen, weil wegen des mangelnden Luftzutritts sich die Einschnürung nicht
ausbilden kann. Die lichte Rechenfläche kann daher um 28 bis 27% kleiner sein. Würde
man die lichte Weite zwischen den Stäben bei einem liegenden Rechen zu 5 cm wählen und die Stab-
dicke wiederum zu 1/2 cm, so würden auf je 1,0 m Rechenbreite 16 Staböffnungen entfallen und auf 1 qm
Rechenfiäche rd. 0,80 qm Durchflussquerschnitt, anstatt rd. 0,78 qm bei geneigtem Rechen mit 4 cm
Stabweite. Aus dieser Rücksicht könnte also die Rechenfläche beim liegenden Rechen abermals
4°/o kleiner sein. Wenn man von der Weite der Turbinenkammern für die zur Unterstützung des
Rechens notwendigen Träger 0,20 m abzieht, so würde sich für je 1 m Breite der Rechenfläche eine
Durchflussweite pro Kammer von 7,80 . 0,80 = 5,84 qm ergeben. Wenn 14,1 cbm/sek. mit rd. 0,50 m/sek.
141
hindurchfliessen sollten, so würde die Breite b (Abb. 259) der Rechenfläche sein müssen =/vng koä ne
0,96 .o,o4.U,t>
^2 5,00 m. Die Geschwindigkeit bei 21,5 cbm/sek. würde nur 0,77 m/sek. und der Gefäll verlast am
Rechen selbst rd. 0,029 m betragen.
Man könnte nun die Krone der Rechenschwelle etwa 0,5 m höher als die vorhandene Schwelle
legen , es würde also dann bei Hochwasser in der Rhone , also bei einem Wasserspiegel auf + 866,75
am Rechen noch eine Wassertiefe von 1,50 m über der Rechenschwelle vorhanden und damit ein Quer-
schnitt pro Kammer von 7,80 . 1,50 — 10,95 qm frei sein. Wenn man einen Durchflussbeiwert für das
übertretende Wasser von 0,85 (S. 624) annimmt, so müsste das Wasser bei einem Verbrauch von 21,5 cbm/sek.
21 5
pro Turbine mit einer Geschwindigkeit von nQ ■■' QK = 2,81 m/sek. übertreten, wodurch ein Gefäll-
U,oO . lv,«7t>
verlnst von 0,27 m entstünde, wenn man die Geschwindigkeit des ankommenden Wassers vernachlässigen
wollte. Da aber üe Geschwindigkeit des ankommenden Wassers bei H.W. gleich oder grösser als
2,81 m sek. ist, so würde ein Gefallverlust an der erhöhten Rechenschwelle überhaupt nicht eintreten.
Beim normalen Betriebe ist ein Querschnitt von 7,80 . 4,75 = 84,68 qm über der Rechen schwelle vor jeder
14 1
Kammer vorbanden, also die Übertritt-Geschwindigkeit des Wassers nur etwa aöc- oVßö = 0,48 m/sek.
Der Raum unter dem Rechen würde gleich der lichten Öffnung der Turbinenkammerschütze zu bemessen
sein und ebenso müsste an jeder Stelle unterhalb des Rechens mindestens ein gleiches Durchflussprofil
vorhanden sein. Bei einer solchen Anlage würde der eiserne Rechen selbst zweifellos billiger werden,
die bauliche Anlage aber etwas teurer, als die bei Che v res ausgeführte, indessen würden die Mehr-
kosten gegenüber den Vorteilen kaum ins Gewicht fallen.
g) Die Ausführung der Werkkanäle. In diesem Abschnitt können nur einige
wenige Gesichtspunkte zur Sprache kommen, da eine ausführliche Behandlung des Stoffes
zu weit führen würde.
Für die zu wählende Ausführungsart der Erdarbeiten sind die Masse des zu be-
wegenden Bodens, die durchschnittlichen Transportwege und die Zeit, welche für die
Arbeit zur Verfügung steht, massgebend. Handelt es sich um grössere Massen, längere
Transportwege und schnelle Ausführung, so wird man sowohl beim Lösen und Ausheben
als auch beim Transport und Einbau den maschinellen Betrieb vorherrschen lassen
müssen, weil die Kosten für die Heranschaffung, Unterhaltung und Tilgung der Arbeits-
maschinen auf die grossen Massen verteilt, nur kleine Quoten pro Einheit ergeben.
Bei kleineren Massen wird dagegen für die Lösung und den Aushub des Bodens die
844 IIL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Handarbeit, für den Transport und Einbau der Kippwagenbetrieb mit Menschen- oder
Pferdekraft vorherrschen.
Ist Wasserhaltung nötig, so geschieht sie, abgesehen von den Fällen, wo der
Wasserandrang nur klein ist, am besten in der Weise, dass man zu beiden Seiten der
Baugrube je nach der Beschaffenheit des Untergrundes in Abstanden von 20,0 bis 40,0 m
Saugrohre 1,0 bis 3,0 m unter die beabsichtigte Sohle absenkt, diese Rohre durch ein
gemeinsames Saugrohr miteinander verbindet und an eine Pumpe anschliesst Auf diese
Weise kann man den Aushub ganz im Trocknen vornehmen, wodurch an dem Einheite-
preis pro cbm des Aushubs oft schon soviel gespart werden kann, als der Pumpenbetrieb
und die Tilgung der hierfür erforderlichen Anlage kostet.
Wenn das Material, welches im Einschnitt gewonnen wird, in Dämme eingebaut
werden muss und wenn dieses Material je nach seiner Beschaffenheit gesondert in dem
Dammkörper seinen Platz zu finden hat, so ist eine besonders sorgfältige Vorarbeit er-
forderlich, um alle Anordnungen für den Aushub und den Bodentransport so treffen zu
können, dass an jeder Stelle der Dämme das gewünschte Material zur Hand ist, ohne
dass ein zeitweises Aussetzen des Bodens und eine doppelte Bewegung notwendig wird.
Es ist unbedingt notwendig, den die Basis von Kanaldämmen bildenden Terrain-
streifen von weicher Erde und allen Boden zu befreien, welche noch von Wurzelwerk
durchzogen sind. Auch darf solcher Abräumungsboden nicht in die Dämme eingebaut
werden, sondern ist auszusetzen, um später nach Fertigstellung der Dämme als Bekleidung
der äusseren Dammböschungen und der inneren Böschungen, soweit sie über dem Hoch-
wasserspiegel des Werkkanals liegen, zu dienen.
Bei felsigem Untergrund kommen Dämme meistens nicht in Betracht. Ist es
dennoch der Fall, so muss aueh hier das bröcklige Gestein abgeräumt, eine lager-
hafte Fläche geschaffen und nötigenfalls künstlich aufgerauht werden. Durch Schlitze
parallel zur Dammkrone sind die Widerstände etwaiger Wasseradern in der Dammsohle
zu vergrÖ8sern. Alle Spalten und Risse im Felsen sind durch Wasserspülung sorgfaltig
zu reinigen und mit Zementmörtel auszugiessen.
Um dem inneren Dammfuss den nötigen Halt zu geben, wird man ihn in Gruben
von 0,30 bis 1,0 m Tiefe und einer Breite, die sich nach der Höhe des Dammes zu richten
hat, eingreifen lassen und diese Gruben mit möglichst dichtem Material von lehmigen
Sand oder Ton ausstampfen (Abb. 111, S. 510). Die erste Schicht, welche auf die
Basisfläche aufgebracht wird, darf nicht höher sein als 0,15 bis 0,30 cm und muss
sorgfältigst festgestampft werden, damit eine dichte Verbindung des Dammes mit dem
Terrain überall gesichert ist — Bei feuchtem Terrain und bei solchem, welches zeit-
weise bei höheren Wasserständen im Flusse überflutet wird, ist durch Anlage von
offenen Gräben oder mit Steinen ausgefüllten Drainagegruben für eine möglichst schnelle
und gründliche Entwässerung des an den Damm angrenzenden Terrains zu sorgen, da
die Trockenlegung des Terrains, auf welchem die Dämme stehen, ihre Standsicherheit
und ihre Dichtigkeit begünstigt — Ist ein zu Rutschungen geneigtes Terrain
mit der Linie des Werkkanals nicht zu umgehen, so sollte möglichst, bevor
das Gleichgewicht der Massen in erheblicher Weise durch die Kanalarbeiten
gestört wird, für eine gründliche Trockenlegung gesorgt werden.
Das Aufbringen einer Dichtungslage von reinem Ton oder Lehm, sowie der zuge-
hörigen Decklage von Sand und Kies oder Schotter erfolgt am besten erst nach völliger
Fertigstellung der Dammschüttung. — Bekleidungen der Böschungen mit Beton oder
Pflasterungen in hydraulischem Mörtel dürfen unbedingt erst aufgebracht werden, wenn
§ 2.
Die Werkkanäle.
845
die Dämme sich gehörig gesetzt haben. — Besteht der Damm aas vorwiegend sandigem
Material, so ist es sehr zu empfehlen — wenn es ohne zu grosse Kosten ausführbar ist —
das Kanalprofil, bevor man die Decklagen aufbringt, vorsichtig mehrfach mit Wasser zu
füllen. Durch die Versickerung des Wassers in die Sohle und in die Dämme lagert sich
alsdann der Sandboden so dicht zusammen, dass man spätere Sackungen nicht mehr zu
befürchten hat. — Soll dagegen die Befestigung und die Dichtung der wasserseitigen
Böschungen aus sandigem Lehm mit hydraulischem Kalk nach dem Muster der Anlage
Jonage-Cusset-Lyon (S. 510) hergestellt werden, so ist am besten diese Decklage
zugleich mit dem Fortschreiten der Dammschüttung aufzubringen, weil man dann den
nötigen Platz hat, um schwerere Walzen und Stampfmaschinen zu verwenden.
Bei der Anlage Jonage-Cnsset-Lyon wurden diese Lagen in Schichten von 10 cm aufge-
bracht, dann mit hydraulischem Kalkpulver im Verhältnis 16 Liter Kalkpulver zu 1 cbm Boden bestreut,
mittelst Sprengtonnen befeuchtet und dann durch Walzen mit gezahnter Oberfläche die 10 cm starke
Schicht auf 5 cm zusammengepreßt Bei etwas magerem Boden als 30% Lehm auf 70% Sand wurde
die Kalkmenge erhöht.
Die bei der Jonage anläge verwendete Dampfwalze88) hatte, ein Walzenge wicht
von 7 t. An Stellen, wo diese grosse Dampfwalze sich nicht mehr bewegen konnte,
hat man mit je einem Pferde bespannte eiserne Zylinderwalzen von 600 kg Leergewicht
und 1000 kg Gewicht einschliesslich eines gefüllten Kieskastens angewendet. Durch die
Kanelierungen der Walzen wurde zugleich die Mischung des Kalkes mit dem sandigen
Lehm vorgenommen (Taf. LUI, Fig. 8 und 9). Ausser diesen Walzen hat man bei der
Jonage-Anlage noch eine Stampfmaschine (Pi6tineuse, System Bony), welche auf Taf. LIII,
Fig. 11 bis 14 dargestellt ist, verwendet. Das Gewicht der Maschine ruht abwechselnd
auf einer von den beiden Stampfen, und die Maschine bewegt sich beim Stampfen von selber
vorwärts. Die ganze Maschine wiegt 7600 kg. Die zugehörige Dampfmaschine leistet 10 PS«.
Jede Stampfe hat eine Stampffläche von 1,20 m Länge und 0,35 m Breite, also eine
Oberfläche von 0,42 qm. Das auf den zu stampfenden Boden zu übertragende Gewicht
beträgt ungefähr 1,75 kg/qcm. Bei Verwendung dieser Stampf maschine musste die
Mischung des Kalkpulvers mit dem sandigen Lehm zuvor durch Harken oder eiserne
Eggen bewirkt werden89).
Bei der Jonage-Anlage sind im ganzen 843000 cbm von solcher Decklage (Corrois) herge-
gestellt. Die Kosten pro cbm haben betragen:
#t — —
Gegenstand
bei Verwendung von
der Dampfzylin-
derwalze Resal
Frs.
Piltinense
Bony
Frs.
Pferdewalze
Frs.
Aasbreitling des Bodens
Lieferung und Ausbreitung des Kalkes
Mischung des Kalkes und des lehmigen Sandes ....
Anfeuchtong
Fesiwalzen
Feststampfen
Unterhaltung und Abschreibung der Maschinen und Gerate
0,55
0,40
0,05
0,20
0,10
0,55
0,40
0,06
0,05
0,50
0,04
1,30
1,60
0,55
0,40
0,05
0,05
1,44
0,01
2,50
>8) Beschrieben in Nr. 19 des zweiten Halbjahrbandes 1893 der Ann. d. p. et eh.
*•) Ren 6 Chauvin, Constrnction dn Canal de Jonage. Paris 1902. Librairie polytechniqne
Ch. Christian Beranger, Rne des Saints-Peres 15.
846 Ilf. Theodor Koehn. Ausbau ton Wasserkräften. Eihzelheiteh.
Die Böschungsflächen über dem höchsten Wasserstande, beziehungsweise oberhalb
der Berme, sowie die Aussenböschungen werden meistens mit Matterboden belegt und
mit Gras angesät. Das Ansäen nimmt man am besten bei feuchter Witterung vor und
der Samen mnss möglichst mit breiten Brettern festgeklopft werden. Ausserdem ist die
Bepfianzung der nicht von Wasser berührten Flächen mit Weiden und Akazien sehr zu
empfehlen, weil durch das sich sehr verbreitende Wurzelwerk dieser Gestrauche die
Festigkeit der Böschungen gegen Ausspülung durch Regengüsse eine sehr grosse wird.
Die Befestigung der Bermen erfolgt am besten durch eine Kieslage. Die Befestigung
der Kronen hängt natürlich ganz davon ab, welchen Zwecken dieselben dienen sollen.
Deckungslagen aus Stampfbeton werden meistens aus einer Mischung von 0,80 cbm
groben Kies mit Steingrössen von nicht über 5 cm Durchmesser, 0,50 cbm Sand, 100
bis 150 kg hydraulischen Kalk und 100 bis 150 kg Zement auf 1 cbm Stampfbeton
hergestellt Die Stärke der Decklage richtet sich nach der Wassertiefe. Bei Wasser-
tiefen bis zu 3,5 m reicht eine Stärke von 0,20 bis 0,25 m für die Sohle und die unteren
Teile der Böschung aus. Für die oberen Teile der Böschung kann man die Betonst&rke
auf 0,10 bis 0,15 m verringern. Die Hauptsache ist, dass das Material gut gemischt,
alsdann so angefeuchtet wird, dass eine plastische Masse entsteht und dass das Material
möglichst sofort nach der Mischung eingestampft wird. Es ist in Lagen von nicht mehr
als 20 cm Höhe aufzubringen und festzustampfen. Das sorgfaltige Stampfen des Betons ist
für die Dichtigkeit und Festigkeit der Decklage von ausschlaggebender Bedeutung. Die
äussere Holzschalung, welche zur Herstellung des Stampfbetons in der projektmässigen
wasserseitigen Böschungsfläche herzustellen ist, muss so sorgfältig ausgeführt werden,
dass die Decklage eine gleichmässige Stärke erhält, sowie eine vollkommen ebene Ober-
fläche. Unter keinen Umständen darf die Betonlage bei Frostwetter,
oder wenn Nachtfröste zu befürchten sind, ausgeführt werden. Bei
sonnigem Wetter in der heissen Jahreszeit muss die Decklage mehrere Tage hindurch
nach Beseitigung der Schalung angefeuchtet oder mit nassen Säcken bedeckt werden,
weil sonst leicht durch die schnelle Verdunstung des Wassers im Beton Bisse entstehen.
Die auf diese Decklage anzubringende Putzschicht von 1,5 bis 2 cm Stärke wird
aus Mörtel in einer Mischung von 350 bis 500 kg hydraulischen Kalk und 350 bis 500 kg
Zement auf 1 cbm gewaschenen scharfen Sand hergestellt und durch Reibhölzer oder
Bügeleisen geglättet. Wird dieser Putz bei einer Temperatur von 09 und
darunter aufgebracht, oder tritt in den nächstfolgenden Nächten nach
Fertigstellung des Putzes Frost ein, so löst sich der Putz los und fällt ab.
Man muss deshalb bei der Disposition der Gesamtarbeit von vornherein darauf Rücksicht
nehmen, dass die Herstellung der Decklage in Beton und ganz besonders die Putzschicht
bei gelindem Wetter zur Ausfuhrung kommt. In den ersten 6 bis 8 Tagen nach Her-
stellung des Putzes ist er auch sehr sorgfältig gegen die Einwirkungen der heissen
Sonne zu schützen, weil er sonst stark rissig wird. Am wünschenswertesten ist es,
wenn man bald nach dem Abbinden der Putzschicht den Kanal unter Wasser setzen kann.
Bei dem Brückenkanal in Stampfbeton der Anlage Vizzola (Tai. II, Fig. 3) hat
sich die Dichtungslage aus Asphalt-Filzplatten bewährt. Es wurden 3 Lagen übereinander
aufgebracht. Zunächst wurde die vollständig trockene Fläche des Betons mit Besen und
Bürsten auf das sauberste gereinigt und dann mit heissem Asphaltteer bestrichen.
Hierauf wurde erst eine Lage Asphaltfilz aufgelegt und befestigt und diese wiederum
mit heissem Teer bestrichen und so fort bis 3 Schichten übereinander lagen. Waren
1,0 bis 2,0 lfm. des Profils auf diese Weise mit der im ganzen 3 cm starken Dichtung»-
§ 3. Schützen. 847
schiebt belegt, so wurde sofort eine 15 cm starke Decklage aus fettem Sandbeton mit
Hilfe einer Holzschalung aufgebracht und sorgfaltig festgestampft. Diese Schicht
blieb solange in der Schalung , bis sie völlig abgebunden war, damit durch die Sonne
keine Risse entstehen konnten. Schliesslich ist dann diese Decklage noch mit einem
Glattputz versehen. Es ist bei derartigen Arbeiten von besonderer Wichtigkeit, dass
der heisse Asphaltteer nicht Zeit hat von den Asphaltschichten abzufliessen, sondern so
schnell wie möglich mit der Decklage versehen wird.
Mit besonderer Sorgfalt sind die Anschlüsse von Brückenkanälen an die Einschnitte
oder Dämme zu behandeln (Taf. II, Fig. 1). Der Brückenkanal muss sich soweit in den
Damm oder Einschnitt fortsetzen, dass die Reibung zwischen Dammaterial und Aussen-
wandung des Brückenkanals gross genug wird, um die Bildung von Wasseradern zu ver-
hindern. Als ungefähren Anhalt für die Länge, mit welcher der Brückenkanal in den
Erdkanal einzugreifen hat, kann man bei Dämmen etwa das 15— 20fache, bei Ein-
schnitten etwa das 12 — 18fache der Wassertiefe im Erdkanal annehmen. Die Pfeiler-
Stellungen des Brückenkanals, deren Fundamentbreiten und Tiefen so zu wählen sind,
dass eine Sackung ausgeschlossen ist, gehen schliesslich in eine starke Betondecke über.
Zur grösseren Sicherheit wird man meistens aufwärts der Stelle, wo das Profil des
Brückenkanals beginnt, wenigstens die Sohle des Kanals und die unteren Teile der
Böschungen des Erdprofils mit einer Decklage in Beton von 20 bis 25 cm abdichten.
Bei der Anlage Vizzola gabelt sich beim Beginn des BrackenkanaLs der Schiffahrtskanal ab
(Taf. II, Fig. 1). Man hat zur grösseren Sicherheit aufwärts der ersten Schleuse auf die zur Sohlen-
befestigung angelegte 1,0 m starke Betonschicht noch eine Schicht von reinem geschlemmten Ton von
0,25 bis 0,50 m Stärke aufgebracht und diese, um sie vor Auflösung und Fortepülung zu schlitzen, mit
einer Pflasterung von Flachziegel bedeckt
Um die Reibungswiderstande von Wasseradern längs der Aussenflächen der in das
Erdreich einbindenden Mauern des Brückenkanals zu vergrössern, wird man dieselben
nicht glatt machen, sondern vielmehr mit kleinen pfeilerartigen Vorsprüngen versehen.
Ein Beispiel für den Anschluss von Brückenkanälen in armiertem Beton an einen
festen Endpfeiler zeigt Taf. Uli, Fig. 5.
Wegen weiterer diesbezüglicher Einzelheiten wird auf den zweiten Teil des Hand-
buches der Ingenieur-Wissenschaften, der Brückenbau, verwiesen.
Bemerkung: Eine Ableitung von Formeln für die Ermittlung des wirtschaftlich günstig-
sten Querschnitts von Werkkanaien und für das wirtschaftlich günstigste Gefälle unter
Berücksichtigung des Nutzwertes und der Betriebskosten konnte vom Verfasser erst wahrend
Drucklegung des § 2 vollendet werden. Es wird deshalb diese Ableitung als Anhang nach
§ 3 folgen.
§3. Schützen.
Hierzu Tafel LIV bis LVI i).
Die Besprechungen dieses § sind in folgende Abschnitte eingeteilt:
1. Verschlüsse, welche in ebenen Flächen auf und ab bewegt werden,
a) Hölzerne Schützen,
b) Eiserne Schützen,
i) Die Abbildungen und Figuren der Tafeln sind angefertigt: z.; T. nach der Veröffentlichung
von Ben 6 Chauvin „Construction du Canal de Jonage"; z. T. nach der Veröffentlichung von TL Tur-
rettini „Usine de Chevres, Genf 1900"; und z. T. nach der Veröffentlichung der Ingenieure Saldini,
Milani, Semenza, Salmojraghi: „Di Aleuni -Impianti pel Trasporto Dell' Energia Elettrica. II
Canale Industriale di Paderno", — II Politecnico, Mailand 1896; z. T. schliesslich nach Zeichnungen und
Abbildungen, welche dem Verfasser von den Werken freundL zur Verfügung gestellt wurden.
848 M. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Eihzelheiteh.
c) Die statische Berechnung der Schätzentafeln,
d) Die Aufzugsvorrichtungen und einige Angaben zu ihrer Berechnung.
2. Glockenschützen,
3. Drehschützen,
4L Selbstwirkende Schützen.
1. Verschlisse, welche im ebenen Fliehen auf ud ab bewegt werden* Bei
Wasserkraftanlagen ist der bei weitem am häufigsten angewendete Verschluss yon Durch-
flussöffnungen die im Aufrisse rechteckige Schützentafel, welche sich mit ihren beider-
seitigen Bindern auf Falzen oder Nuten stützt und in ganz herabgelassenem Zustande
auf einer Schwelle aus Holz, Stein oder Eisen aufruht Meist bewegen sich die Schützen
beim öffnen oder Schliessen der Durchflussöffnungen in lotrechten Ebenen. Wenn es
sich aber um Wehröffnungen mit beweglichen Losständern handelt, welche an ihren
oberen Enden in wagerechten Scharnieren drehbar sind und bei Hochwasser ganz aus
dem Flussprofil entfernt und unter die Bedienungsbrücke emporgezogen werden sollen,
stellt man die Losstander auch wohl schräg, um Anschläge und Absätze in der Fluss-
sohle zu Tenneiden. Infolgedessen bewegen sich die Schützentafeln auf einer zur wage-
rechten Ebene spitzwinklig geneigten (im Winkel von 82 bis 85°) Ebene. Ein Beispiel
für letzteren Fall bietet das Wehr der Anlage St. Maurice-Lausanne (Taf. XXIX, Fig. 2).
a) Hölzerne Schützen finden noch bei Durchflussöffnungen bis zu etwa 5,0 m lichter
Weite Verwendung. Bei grösseren Lichtweiten ist zu befürchten, dass sich die Bohlen
der Schützentafeln werfen und die Dichtigkeit des Verschlusses leidet. Die einzelnen
Bohlen werden mit gehobelter Längsfaser aufeinander gesetzt und mit atigearbeiteten
Nuten und Federn oder mit eisernen Federn dicht zusammen geschlossen. Durch Holz-
leisten und Eisenbeschläge oder nur durch letztere werden die Tafeln zusammengehalten.
Die Eisenbeschläge dienen zugleich zur Aufnahme der Angriffspunkte für die Aufzugs-
Vorrichtungen (Abb. 261 und S. 455).
Über die Stärke der einzelnen Bohlen entscheidet die statische Berechnung (S. 858).
Kleinere Boblenstärken als 5 cm werden in der Regel nicht verwendet.
Ein Beispiel einfacher hölzerner Schützen bieten die Turbinenkammerverschlüsse
der Anlage Marbach-Stuttgart (Taf. L1V, Fig. 1 u. 2). Bei grösseren Wassertiefen
als 2,5 bis 3,0 m verteilt man den Gesamtverschluss am besten auf zwei oder mehrere
Schützentafeln, welche sich entweder in ein und derselben lotrechten Ebene, wie bei den
Einlaufschützen der Anlage Ghamp (Füre et Morge), (Abb. 122, S. 537) oder wie bei
der Wehranlage des Kraftwerkes S i n a j a (Taf. LIV, Fig. 3 bis 5) in zwei parallel hinter-
einander liegenden Ebenen bewegen.
Zweckmässig werdep die Höhen der einzelnen Schützentafeln so gewählt, dass der
Wasserdruck auf jede ungefähr gleich gross wird, woraus sich ergibt, dass die untere
Schützentafel die kleinste Höhe und die oberen entsprechend grössere Höhen zu erhalten
haben. In den weitaus meisten Fällen wird man sich auf zwei Schützentafeln über-
einander beschränken können. Liegen die beiden Schützentafeln in derselben Ebene, so
wird in der Regel, um die zum Aufziehen und besonders zum ersten Anziehen benötigte
Kraft zu verringern, die Hebevorrichtung so angeordnet, dass zunächst die oberste Tafel
gehoben wird, und erst, wenn diese um ein gewisses Mass gehoben ist, auch die untere
Tafel der Bewegung folgen muss, wie z. B. bei den oben erwähnten Einlaufschützen der
Anlage Champ (Füre et Morge). Die Wahl der Vorrichtung zum Mitnehmen der
zweiten Tafel hängt von der verfügbaren Höhe zwischen dem Griesholm und dem Wasser-
spiegel ab, und es können die gebräuchlichen Einzelheiten hier wohl als bekannt voraus-
gesetzt werden.
Hilft— > 4ar Inf.-WiwaMk in. Teil. 11 Bd.
860
HL Theodor Kosh*. Ausbau von Wasserkräftex. E^hzelhettkn.
i Einlaufschützen empfiehlt es sich im allgemeinen, zweiteilige Ver-
schlüsse auf zwei parallele lotrechte Ebenen zn Terteilen and jeder Tafel
eine besondere Aufziehvorrichtung zu geben, damit man bei niedrigem
Wasserstande nur die untere Schütze zn ziehen braucht und sie selbst oder die obere
Tafel noch so weit eintauchen lassen kann, dass treibende Gegenstände, ohne unterzu-
tauchen, nicht in den Werkkanal hinein gelangen können. Bei höheren Wasserständen
braucht dann unter Umständen nur die obere Tafel gezogen zu werden. Man bemisst
die Durchflussweiten zweckmässig so ausreichend, dass die obere Tafel noch 0,50 bis
0,60 m eingetaucht bleiben kann, um auch bei höheren Wasserständen treibende Gegen-
stände zurückzuhalten. Die geschlossene untere Schütze hat dann die sehr erwünschte
Wirkung, dass nur die oberen, weniger mit Sinkstoffen verunreinigten Wasserschichten
in den Werkkanal eintreten können (vergl. § 2, S. 802 u. 803).
Auf einer Sohle aus hartem feinkörnigem Gestein bietet eine glatt abgeschliffene
Anschlussfläche einen genügend dichten Anschluss. Ist die Sohle aus Beton oder aus
weicherem oder aus hartem aber grobkörnigem Gestein hergestellt, so verankert man in
derselben am besten ein wenn möglich gehobeltes U- oder I-Eisen, wie zum Beispiel bei
den Schützen der Anlage Marbach-Stuttgart (Taf. LIV, Fig. 1) — oder man
bekleidet die Sohle mit Bohlen und legt auf diese als Anschlussfläche eine gusseiserne
oder schmiedeeiserne Platte, wie z. B. bei der Anlage St. Maurice-Lausanne
(Taf. XXIX, Fig. 2), — oder man verankert in der Sohle einen Fachbaum aus Holz.
Im letzteren Falle und ebenso bei hölzernen Wehren lässt man entweder die Schützen-
tafel auf dem gehobelten Fachbaum stumpf aufstossen, sodass Holz auf Holz schüesst,
oder man armiert auch hier die Anschlussfläche noch mit einer eisernen Platte. Zu
beachten ist aber, dass bei Grundablasschützen und bei beweglichen
Wehren, bei denen das Flussprofil bis zur Sohle gänzlich frei werden
soll, an den Anschlussflächen keine vorstehenden scharfen Ecken oder
Kanten entstehen dürfen, an welchen Kies oder Sand festgehalten
werden können.
Die Dichtung zweier in einer Ebene übereinander liegender Schützentafeln in der
Schlussfuge erfolgt meistens so, dass die gehobelten Langholzflächen stumpf aufeinander
ruhen. Bei Schützentafeln, welche sich in zwei hintereinander liegenden lotrechten
Ebenen bewegen, wird die Dichtung durch einen schwach keilförmigen Anzug, welchen
man den sich berührenden Bohlen der unteren und oberen Tafel gibt, erzielt, oder
man stellt die Berührungsflächen aus glatten, am besten auch schwach keilförmig bear-
teten eisernen Beschlägen her.
Um in den Gleit- und Schlussfläcben der Falzen und Nuten die Reibung*)
hölzerner Schützentafeln zu verringern, versieht man die letzteren meistens mit eisernen
*) Reibungszahlen der gleitenden Reibung.
■
Lage
Baibwigssaatai der
Beibnngesehlea dar
Reibende Körper
glättenden Bewegung j
Buk«
i
ä
trocken ; im Warner |
trocken | te Waeter
l
Holz auf Holz
Eiche auf Eiche
— ■
0,48
—
0,62
—
+
0,84
0,25
0,54
0,71
j_
0,19
—
0,48
—
2
Tanne, Esche, Buche
auf demselben Holz
—
0,88
0,58
^^
8 S.
Beschlägen ans Flacheisen. Sind die Falzen oder Noten selbst in hartem, feinkörnigen
Gestein hergestellt and die Anschlussflächen glatt abgearbeitet, so schliessen die eisernen
Beschläge der hölzernen Schfitzentafeln auf Stein dicht genug. Bei Verwendung von
Beton, oder weniger hartem, oder hartem, aber grobkörnigem Gestein für die Falzen
and Nuten werden die Gleit- nnd Schlussflachen meistens
derch venudrerta Etw-pUtt«, oder WdzeiB«. gebadet, »od«, ÄSÄTÄSSS
Eisen auf Eisen reibt. Sind die Falzen oder Nuten ans Holz, im Weaver Fluse (England).
so versieht man auch die Gleit- nnd Schlnsanachen zweck-
mässig mit wenn möglich gehobeltem Flacheisen.
Eine interessante Art hölzerner zweiteiliger Schätzen
ist an dem Scböt zenwehre in der Spree bei Charlotte n-
bnrg verwendet.
Jede 2,18 m breite and 2.8 m hohe Schotee besteht ans einem
oberen nnd einem unteren Teil. Der letztere ist 0,99 m hoch und durch
Scharniere mit dem oberen Terbnnden. Durch eine Winde Torrichtung
Hast sich die Schöbe, nachdem sie durch Schraubenspindeln Aber
Wasser gehoben ist, um die als Scharniere ausgebildeten Angriffspunkt«
der Schraubenepindel drehen und unter die Bedien uugnbrucke wag-
recht aufhangen, wobei der untere Schützen teil umklappt und nach
unten hingt*).
Bei grossen hölzernen Schützentafeln werden die Bei-
bnngswiderstände so bedeutend, dass man die gleitende Reibung durch Verwendung von
Bollen oder Walzen in rollende umgestalten muss (S. 865). Ein Beispiel bietet die
Fortsetzung der Note i
Lage
der Faser
Ballmngaialiltn dir
BalbnntuaUaa dar
Reibende Körper
ftaBaads Bawaguna
Buk*
troekan
ha Wawar
tnxken
in Wuaar
S
Höh im Mittel
=
0,80
-
0,50
-
4
Hola auf Stein
im Mittel
In diaaar Spalt*
-
-
0,60
-
5
Stein auf Stein
im Mittel
gang In dar
—
-
0,68
— ,
6
Eisen auf Stein
im Mittel
BkfatnngdM'
Fwn baider
—
—
0,45
—
7
Metall auf Metall
Bronze auf Bronze
+ du* «U lot-
0,20
—
0,21
-
8
Brcnze auf Gusseisen
recht tat Fm«
daa aialiandaa
0,21
0,31
—
—
9
Bronze auf Schmiede-
KBrpara,
_j_ diu (ich
liii-uh.iU »Bf
0,18
"
0,19
10
Gusseisen auf Guse
Linghnli In dar
Bfeatns dar
Fuara dta lati-
-
031
0,28
-
11
Gusseisen auf Schmiede-
0,18
-
0,19
-
12
Schmiedeeisen auf
Schmiedeeisen
0,44
-
0,18
-
18
Stahl auf Stahl
-
-
0,15
-
14
Metall auf Metall im
Mittel
0,20
"
0,18
»} Hohr, Stauanlage in der Spree bei CbarloUenburg. Zeitschr. f. Bauw. :
862 III. Theodor Kokhk. Ausbau von Wasserkräften. Einzelbbiten.
Schützenanlage eines Wehres im Weaverflnss anweit Northwich in England
(Abb. 262)*).
Die hölzerne 4,57 ra lange und 3,96 m hohe Schütze D ist durch eiserne, lotreehtxtehen.de BalwaO
armiert, deren Rollen auf eisernen Rollbahnen B der steinernen Falzen laufen. Die Dichtung erfolgt
Querschnitt durch die Kiataufechilt7.cn der Anlage Wangen.
durch einen lotrechten, holxernen Dkhtungastab E, welcher, durch eiserne Bügel C in seiner Stellung festge-
halten, durch den Wasserdruck gegen die gehobelte Fische des Stieles F und gegen die Platte a gedrückt wird,
b) Eisen« Sebitx«E. Zn eisernen Schützentafeln wird meistens Schmiede-
eisen oder Stahl verwendet. Schätzentafeln ans Gnsseisen sind der Gefahr des
Braches leichter ausgesetzt, und es macht grosse Schwierigkeiten, die gebrochenen Stücke,
welche nicht mehr mit den Aufziehvorrichtnngen verbunden sind, herauszubringen.
So hatte man c B. bei der Anlage Jonage-Cnsset-L jon ursprünglich Ar das alte Begn
liernngswerk guaaeiserne Schotten verwandet (Taf. L1V, Fig. 6 n. 7), hat aber später, als das b
•) Zentral«, d. Banverw. 1885. S. 8 u. 327.
§ 3. Schützen. 868
alte RegulieniDgswerk durch ein neues ersetzt wurde, vorgezogen (8. 518), schmiedeeiserne Kasten schützen
zu verwenden, weil die gasseisernen Schütten im Betriebe mehrfach gebrochen waren.
Bei schmiedeeisernen Schützen wird der Wasserdruck auf die Falzen und Nuten
durch wagerechte Rippen übertragen, während durch eine vordere Blechhaut, welche
unter Umständen noch durch Zwischenkonstruktionen zu verstärken ist, die Dichtung
erzielt wird.
Sowohl zur Bildung der Auflagerflächen in den Falzen und Nuten, als auch zur
Übertragung des Zuges und Druckes beim Heben und Senken der Tafel werden lotrechte
Träger verwendet.
Abb. 268. Schmiedeeiserne Kaatenachutze am Unterwasser der Turbine nkammer der Anlage Beznan.
Bei Verteilung der wagerechten Rippen wird man darauf achten, dass jede Rippe
ungefähr den gleichen Druck erhält. Infolgedessen liegen die unteren Rippen enger zu-
sammen als die oberen.
Bei eisernen Schützentafeln aus Walzträgern ist die rechteckige Grund-
rissform die gegebene, wie sie z. B. gewählt wurde bei den Schützen des neuen
Regulierungswerkes am rechten Ufer0) der Anlage Jonage-Cusset-Lyon (Taf. LV,
Fig. 1 u. 2) und bei den Schützen des Einlaufe der Anlage Wangen (Abb. 75, S. 424,
welche nebenstehend der Einfachheit halber wiederholt ist). Zum Verschluss der Turbinen-
kammern am Unterwasser der Anlage Beznau (S. 436) wurden Eastenschützen ver-
wendet (Abb. 263), welche beim Herablassen mit Wasser nach Bedarf gefüllt, und, wenn
sie gehoben werden sollen, wieder entleert werden, um den Auftrieb mitwirken zu lassen.
S) Die erwähnten Schützen von 4,0 m Breite und 3,47 ™ Höhe schliessen die Öffnungen am
rechten Ufer (Taf. XXXIX, Fig. 1 u. 5). Die grösseren Schfltxentafeln am linken Ufer von 5,440 m
Breite und 8,15 m Höhe sind mit genieteten Rippen versehen, deren Höhe an den Enden nur 272 nun,
in der Mitte aber 500 mm betragt, derart, dam der Vordergurt einen stumpfen Winkel bildet, wahrend
der flnssabwirts gerichtete Gurt geradlinig ist. Es haben gekostet:
Die 6 Schätzen am rechten Ufer einschl. Aufzugs Vorrichtungen Frs. 80000
Die (ihrigen 20 Schützen wie vor 243 000
TLL Theodor Koehn. Ausbau ton WabsbkkbIvtcii. Edjejilhbjte«.
3 8. Schütze*. 866
Werden genietete Rippen notwendig, so gibt man ihnen entweder parallele Gnrte,
oder man macht einen Gnrt gerade und den anderen gekrümmt, oder auch beide Garte
gekrümmt. Bei den 4,615 m Gfrundries der Wehr***»» der Anlag« Wangen,
breiten Schützen der Wehr-
anlage Wangen (Taf. XXII,
Fig. 8> n. b, welche neben-
stehend wiederholt sind), ist l*"-'" "" " i
der aufwärts gelegene Gnrt Sduiitt m_b- j
gekrümmt. Bei den schon erwähnten Schützen der linken Seite des neuen j
Regulierungswerkes der Anlage Jonage-Cnsset-Lyon bilden die aufwärts I
gerichteten Garte stumpfe Winkel, die abwärts gerichteten eine gerade Linie. |
Bei den Grandablasschützen der Anlage Champ (Fnre et Morge) (Abb. 264) ist ]
der Vordergart geradlinig and
der abwärts gerichtete trapez-
förmig. Fischbanchförmige
Trager worden bei den Schützen
der Anlage Horbegno (Taf.
XVII, Fig. 1 u. 2) gewählt, nm
die Gegengewichte beim Auf-
ziehen in den Hohlraum der
Schützentafel eintauchen lassen
zu können. Gerade Vordergurte
und parabolisch gekrümmte
Hintergurte zeigen die Rippen
bei dem Grandablasschütz der
Anlage Avignonnet(Abb. 265)
and bei den Wehrschützen der
Anlage Chevres (Taf. LV,
Fig. 3 bis 6).
Die Eisenhant der ebenen
«orderen Schlussflsche ist bei d«n
letztgenannten Scbfltxen ins Platten
gebildet, welche nnten 16 mm und
oben 13 mm stark sind. In der Hori-
zontalprojektion liegen 8 Platten
nebeneinander, in dem A ufriss S Plat-
ten übereinander und zwar ist die
unterste Plattenreibe 1,60 m hoch,
die dann folgende 1,40 m und die
4 obersten 1,50 m hoch. Die Stowe
sind durch 170 mm breite Futterbleche
gedeckt nnd durch Nietung verbunden.
Die nenn Bippen sind so verteilt, daas
jeder Gitterträger denselben Druck
von ca. 40 t erhalt. Der höchste Ge-
aamtdruck auf eine Schütze betrügt
p = 8'*?* 10 = 361,25 t. An den
Enden sind die Trflger mit je 2 guss-
eisernen LagerstQcken versehen, auf welche der Druck durch starke Bolzen übertragen wird. Die Walzen-
bahn ist an diesen gusseisemen Stücken befestigt, kann sich also etwas drehen, sodass ihre vollkommene
Berührung mit den Walzen, von denen noch die Rede sein wird, auch wenn die Scnfltzentafel selbst sich
866 IIL Theobor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
etwas durchbiegt, gesichert ist Die an den SchQtsentafeln auf die beschriebene Weise befestigten
Walzenbahnen sind aus je 2 Stücken von zusammen 8,61 m Länge zusammengesetzt.
Die seitliche Führung der eisernen Schätzentafel erfolgt meistens in
zusammenhängenden Falzen oder Nuten, aber auch mitunter in einzelnen, am Mauer-
werk verankerten Führungsstücken, wie z. B. bei den neuen Regulierungsschützen der
Anlage Jonage-Gusset-Lyon (Tai. LV, Fig. 1 u. 2). Letztere Art der Führung hat
den Vorzug kleineren Materialaufwandes und vielleicht etwas geringerer Reibungswider-
stande, erfordert aber natürlich eine besonders sorgfaltige Montage der einzelnen Füh-
rungsstücke.
Bei massigen Lichtweiten und Stauhöhen erzielt man die Dichtung in den Nuten
und Falzen, indem man die Gleit- und Scblussflächen der Schützentafeln mit Bronze-
leisten bekleidet, welche auf den glatten Flächen der in den Falzen oder Nuten ver-
ankerten oder verschraubten Flacheisen oder Fassonstücke schliessen. Man bekleidet
aber wohl auch noch die Gleitflächen in den Nuten und Falzen ebenfalls mit Bronzeleisten.
Um das Ansaugen der Gleitflächen aneinander zu verhindern,
macht man bei eisernen Schützentafeln die bronzenen Leisten der
Schützen oder der Falzen oder Nuten in lotrechter Richtung geriffelt,
wie es z. B. bei den 4,615 m langen und 2,15 m hohen Wehrschützen der Anlage
Wangen geschehen ist (S. 423). Von der Art der Dichtung in den Falzen bei grösseren
Lichtweiten und Stauhöhen wird später die Rede sein.
Die Dichtung in der Sohle erfolgt entweder derart, dass die vordere Blech wand
durch ein Stahlblech oder ein Walzeisen verstärkt und versteift wird und stumpf auf
einer gehobelten Fläche eines verankerten Gusstückes, oder eines Flacheisens oder Walz-
trägers schliesst, wie z. B. bei der Reguliernngsschütze der Anlage Jonage-Cusset-
Lyon (Tai LV9 Fig. 2) und bei den Wehrschützen Ch&vres (Taf. LV, Fig. 3), oder
indem man die Schützen mit der ebenen Fläche einer ganzen Wehnippe aufruhen lässt.
wie bei der Wehrschütze der Anlage Wangen (Taf. XXII, Fig. 4), oder schliesslich,
indem man die Schützentafel unten mit einer Holzbohle versieht wie z. B. bei den Ein
laufschützen der Anlage Wangen (Abb. 75 auf S. 424 u. 852).
Die Dichtung zweier in lotrechten Ebenen hintereinander liegenden eisernen
Schützentafeln erfolgt entweder wie bei der mehrfach erwähnten Einlaufischütze der
Anlage Wangen durch Holzbohlen oder durch eiserne oder besser durch bronzene
Dichtungsleisten mit geringem keilförmigen Anzug.
Bei Verwendung genieteter Rippen und der weiter unten be-
schriebenen Stoneyschen Walzenführung kann man jede lichte Weite,
welohe sich in der Praxis bei Wasserkraftanlagen als wünschenswert
ergeben kann, schliessen und im Bedarfsfalle die Abmessungen von Schützentafeln
zweifellos noch erheblich grösser wählen als diejenigen der nachstehend angeführten
Beispiele. Man wird aber aus Gründen der grösseren Betriebssicherheit, wenn sonst
die Verhältnisse es gestatten, mehreren Schützenöffnungen vor nur einer oder zweien
den Vorzug geben, damit wenn eine Schütze den Dienst einmal versagen sollte, immer
noch die übrigen für den Durchfluss am Wehre und für den Zufluss zum Krafthause
zur Verfügung bleiben.
Die lichte Weite der Grundablasschütze der Anlage Champ (Füre et Morge) betragt 8,0 m bei
1,5 m Tafelhdhe (Abb. 264 u. 8. 534). Beim Hauptwehr der Anlage Rheinfelden betragt die lichte Wehe
zwischen den Pfeilern einer SchatienOffnnng 22,5 m bei 1,5 m Tafelhöhe (Taf. XL VII, Fig. 8—4 ud
S. 578), bei dem Omndablass der Anlage Avignonnet (Abb. 265 und 8. 500) die lichte Weite 10,0 m bei
7,0 m Tafelhöhe. Bei der Anlage Beznau a. d. Aare ist die lichte Weite der Wehröffnungen zwischen
§ 3. Schützen. 857
den Pfeilern 15,0 m und die Tafelhöhe 6,3 m (Taf. XXV, Fig. 1 und S. 483). Die Tafelbreite der Regu-
ierungsschfltzen des Werkkanals der Anlage Sault St Marie (Michigan, Vereinigte Staaten von
N.-Amerika) beträgt 14,6 m bei 8,0 m Höhe (8. 552).
Für grössere Lichtweiten (> 5,5 m) und grössere Wassertiefe (> 3,5 m) ist der
Verschluss durch ebene oder geriffelte Gleitbahnen nicht mehr anwendbar, weil die
Reibungswiderstände zu gross werden. Man muss deshalb die gleitende Reibung durch
rollende ersetzen9). Eine derartige Lösung zeigt Abb. 266, welche eine Rollschütze des
Wasserkraft-Elektrizitätswerkes Saut Mo rtier (Frankreich) darstellt (S. 606 ad 25 der
Literaturangaben zu Kap II). v _, „ . » „ Abb. 266. Rollenschütze der
Der Druck der Schätzen anf das Mauerwerk wird durch Rollen Wasserkraftanlage Saut
Übertragen, welche zwischen zwei U-Eisen laufen. Die Dichtung wird hier Mortier snr Ain.
durch eine gebogene Blechplatte ersielt, welche an einer im Mauerwerk flEi^saggsja
befestigten gehobelten Platte federnd anschliesst und durch den Wasser- ^
druck selbst angepresst wird.
Für grössere Lichtweiten und Druckhöhen ist die Art
der Dichtung und die Ausbildung der Walzenbahnen, wie sie
nach dem Muster des in dem Kanal Liverpool-Manchester
verwendeten, von dem englischen Ingenieur Stoney erdachten
Systems für die Wehranlage Chfevres in sehr geschickter
Weise Anwendung fand, vorbildlich geworden (Taf. LV, Eig. 3 und 7 bis 12).
In jedem 1,48 m breiten Falz der steinernen Pfeiler ist Stromabwirts die gusseiserne Bahn (k)
für die Walzenreihe der Aufzugsvorrichtung, stromaufwärts das Fflhrungsstftck 0) für den Dichtungsstab
fest mit dem Mauerwerk verankert. Jede feste Walzenbahn (k) besteht aus drei Stocken Übereinander
und ihre Vorderfliche ist so sorgfaltig gehobelt und zusammengepasst, dass nirgends auch nur der
geringste Vorsprang oder eine Unebenheit vorhanden ist. Auf einer Höhe von 0,25 m von der
Sohle aufwärts ist die Walzenbahnfläche unterbrochen und die Vorderfläche nicht mehr
parallel zur Wehrachse sondern schräg dazu gestellt, um zu verhindern, dass sich Eies
in der Grundfläche des Falzes ansammeln und dann den Schluss der Schutze verhindern
kann (Taf. LV, Fig. 10). Diese Massregel ist von besonderer Wichtigkeit Das der Rollen-
bahn gegenüberliegende, im Mauerwerk verankerte Dichtungsstück (1) hat nach der Wehrftflnung zu eine
gehobelte, schräge Fläche, welche mit der gleichfalls gehobelten Dichtungsfläche eines an der Schätzen-
tafel selbst befestigten Dichtungsstflckes einen spitzen Winkel einschliesst In den von den beiden
Dichtongsflächen gebildeten Winkel legt sich ein kreisrunder Stahlstab, welcher an einem Dreharm be-
weglich an der Schfltzentafel hängt und durch den Wasserdruck selbst in den Winkel hineingepresst
wird. Die Dichtung durch diesen Stab ist eine ziemlich vollkommene. Das im Mauerwerk des Falzes
befestigte Dichtungsstack und die Walzenbahn sind durch gusseiserne Querstucke (m) miteinander ver-
bunden. Je zwei solcher Querstücke eines Pfeilers sind durch lange Bolzen miteinander verankert.
Zwischen der an der Schfltzentafel befestigten und der in dem Mauerwerk des Falzes verankerten Walzeu-
bahn liegt eine zwischen 2 Flacheisen montierte Walzenreihe (w), durch welche der von der Schfltzen-
tafel aufgenommene Wasserdruck auf das Mauerwerk übertragen wird. Ober die eigentliche Aufzugs-
Vorrichtung wird weiter unten näheres mitgeteilt. Hier mag gleich erwähnt werden, dass die Walzen-
reihe sich mit der halben Geschwindigkeit der Schfltzentafel selbst bewegt, infolgedessen gegen die
letztere zurückbleibt. Die Walzen waren bei der ersten Anlage aus Gusseisen mit stählernen
Achsen hergestellt Bei gezogenen Schützen schlug das Wasser aber mit solcher Ge-
walt gegen die Waisen, dass die Achsen verbogen und die Walzen selbst zertrümmert
wurden. Man hat deshalb neuerdings die alten Waisen ausgewechselt und durch neue
aus gehärtetem Stahl mit Bronzeachsen ersetzt Die Wehrpfeiler wurden bei der ersten An-
lage am unteren Teile durch gusseiserne Platten gepanzert, um sie gegen Ausschleifen zu schätzen.
Man bat neuerdings diese gusseisernen Platten beseitigt und sie durch Stahlplatten ersetzt, welche
aber den Falz soweit hinwegragen, als es die 8chfltsentafel erlaubt Auf diese Weise
wird bei gehobenen Schfltzentafeln der Stoss des Wassers von den Falzen abgewiesen.
6) VergL Aber eiserne Schfltsenwehre mit Rollen auch Zeitschr. f. Baukunde 1884 S. 825;
Zeitschr. f. Bauw. 1884. S. 825—880; Zeitschr. d. Arch.- u. Ing.-Ver. zu Hannover 1885. S. 106; Zen-
tralbL d. Bauverw. 1885. S. 227.
868 Hl Theodor Kosh*. Ausbau von Wasserkräften. Edizklhbitbx.
Bei Neuanlagen lässt sich die gleiche Wirkoog «ach erreichen, wenn man dem Mauerwerk des Pfeilen
•inen Anzug nach innen gibt» sodass die Tordere Kante des Falxes gegen die hintere nach dem Innen der
Wehrtflnnng vorspringt Vorausgesetzt ist hierbei, dass das Steinmaterial des Pfeilen hart genug ist, am die
Angriffe des Wassers dauernd aushalten zu können, andernfalls ist hier eine Panzerung wie bei Che vre*
wohl an empfehlen. Hier betragt nftmlich der Wasserdruck in den ersten Momenten nach Beginn der
Hebung der Schätzen ca. 8,50 m, also die theoretische Geschwindigkeit v = V2ghoo 12,8 m/sek.
Statt des voll abgedrehten Rundstabes ist bei der Anlage Avignonnet ein
bronzener Hohlzylinder verwendet.
Da die Fläche des Dichtungsstabes nur klein ist, so ist auch der Wasserdruck
auf ihn verhältnismässig klein und deshalb der Reibungswiderstand des Dichtungsstabes
beim Aufziehen der Schützentafel unbedeutend.
Die Dichtung der Schützentafel an der Sohle ist bei der Anlage Chfevres durch
Grusstücke (d) erzielt, deren Schlussfläche gehobelt ist.
Für jede Öffnung sind iwei Gusstncke (d) von je 5,81 m Lange verwendet, welche je 0,81 m
in die Pfeiler eindringen und in der Mitte der Wehrftffhung durch Bolxen miteinander verbunden sind.
Es versteht sich von selbst, dass die Gnsstncke auf das genaueste snsammengepasst und auf das sorg-
fältigste wagerecht montiert sind, damit die Schlussflache der Schfitzentafel sich mit ihnen überall be-
rührt Die Schlnssflftche liegt 25 cm aber der Sohle der Wehrftftnung. An der abwärts gerichteten
Seite der Gusstücke sind grossere viereckige Offnungen ausgespart, um den Hohlraum unterhalb der
Schlussflache sorgfaltig mit Beton ausfüllen su können. Wichtig ist es, wie bei Chevres alle Ver-
s prünge und Ecken, an welchen sich Kies oder8and lagern könnte, an vermeiden. Da die
eigentliche Schlussflache mit gut abgerundeten Übergangsfllchen 25 cm über der übrigen Sohle der
Durchflussöffnung liegt, halt der Strom die Schlussflache sicher rein.
Nach dem Muster von Chevres sind die meisten neueren Anlagen von ähnlichen
Abmessungen ausgebildet, so z. B. die Schützen der Wehre Ton Beznau und Hagneck
und die Grundablasschützen der Anlagen Avignonnet und Rheinfelden.
c) Die statische Berechnung der Schitsentafeln. 1. Hölzerne Schützen-
tafeln. Der Wasserdruck in der Tiefe t in m auf einen Streifen der Schützentafel
von 1 cm Höhe ist:
wenn 1 in cm die Breite der Schützentafel bedeutet und man den Wasserdruck auf
1 em Höhe gleichmässig verteilt annimmt. Der Druck p auf den lfd. Zentimeter dieses
Streifens der Schützentafeln ist also:
P = y = 0,ltkg. (2)
Zur Bestimmung der Bohlendicke e in cm ist zu setzen:
i-¥ = V6«be'' (3)
wobei q = der zulässigen Beanspruchung (für Holz pro qcm = 60 kg), b = dem in
Betracht gezogenen Teil der Höhe der Bohle = 1 cm zu setzen ist, also
V2o.t. -? = V«.60.e2
4
md •"f-VÄ-Ä-sö-'/r {4)
worin, wie gesagt e und 1 in em, t aber in m auszudrücken sind.
2. Eiserne Schützentafeln. Zur Berechnung der Blechwand einer Schütze,
wie derjenigen der Anlage Wangen (s. Abb. auf S. 855), hat man wieder den Wasser-
druck p pro cm der Schützentafel auf einen Streifen von 1 lfd. Zentimeter Höhe = 0,1 1
§ 3. Schützen. 869
in kg. Für die Tafellange l in em wird der Gesaintdruck auf einen Streifen von 1 cm
Höhe und bei der Tiefe t in m nach (1) wieder Z = 0,lZt
Da man bei Schützentafeln stets mit grossen Sicherheiten zu rechnen pflegt, setzt
man an Stelle des wirklichen durch ein Trapez darzustellenden Wasserdruckes auf einen
Blechstreifen zwischen zwei Rippen ein Rechteck ab Druckfigur, indem man annimmt,
dass der Wasserdruck gleichmftssig verteilt und zwischen zwei Rippen pro qcm so gross
wäre, als auf den untersten Streifen der untersuchten Blechtafel.
Bezeichnet man die Höhe der untersten Blechtafel mit m in cm und die höchste
Druckhöhe vor der Schützentafel mit tt in Metern, so wird Vt Z . — = V« Q 1 *i* und
nach Einsetzung des Wertes für Z = 0,1 lii die Blechstftrke ^ in cm
-?-V«»? «»
Hierbei darf q zu 700 bis 1000 kg gesetzt und die Höhe m ist in cm, t aber in m
auszudrücken. Bezeichnet man mit n die Entfernung der Rippen von Mitte zu Mitte
im zweiten Felde, mit o diese Entfernung im dritten Felde usf., so ergibt sich für
das zweite Feld
*- 2'r Q
und für das dritte Feld
i-Y
0,8. t,
2 r 9
Für die Berechnung der Rippen geht man ebenfalls von einem gleichmassig ver-
teilten Wasserdruck aus. Der ganze Druck auf die zweite Rippe von unten dee
Schnitts a — b der Schütze Wangen (s. Abb. auf S. 865) ist also zum Beispiel
V. [o.W.V m + 0,1*. 1* .n] = 0,11 [^"j"^11];
der ganze Druck auf die dritte Rippe von unten = 0,1 1 I— — 5— * — usf. Da man
nun möglichst den Druck auf alle Rippen gleichmässig verteilt, so müssen sein
(t,m + t1.n) = (t1n + t,.o)==(tBo + t4q) usf.
Bezeichnet man das Widerstandsmoment einer untersuchten Rippe in der Mitte
mit R, so muss sein
wobei pr den Oesamtdruck auf einen lfd. cm Länge der Rippe bedeutet,
also pr = 0>l(mtl'^nM für das unterste Feld.
Beispiel: Für die zweite Rippe von unten und für £ = 1000 muss sein:
H, — __ n
80000 '
mtt + nt,l 461,5" [85,0.4,130x40,0.3,781
"J = 8ÖÖÖÖ [ 2 j = 8Ö3'62 m '
2
wenn man einen höchsten Wasserspiegel von rd. 2,0 Aber O. K. Schutzentafel annimmt und den Gegen-
druck Yernachlässigt. Das Widerstandsmoment des tatsächlich verwendeten Profils der Rippe durfte
etwa doppelt so stark gewählt sein, als unter den gemachten Annahmen die obige R^Jmnng als not-
wendig ergab.
d) Die Aufzugsvorriehtungen und einige Angaben ra ihrer Berechnung. Bei
hölzernen Schützentafeln von grösseren Abmessungen und ebenso bei eisernen Tafeln,
welche nicht auf Rollen oder Walzen laufen und deren Heruntergehen durch ihr eigenes
860 III. Theodor Koehk. Ausbau ton Wasserkräften. Einzelheiten.
Gewicht nicht zuverlässig gesichert ist, wird das rieben und Senken durch steife Stangen
(Leitern, Zahnstangen, Schraubenspindeln, Kolbenstangen etc.) bewirkt, damit man beim
Senken der Schützen einen Druck ausüben kann. Einfache. Wipphebel oder Ketten,
welche sich um eine mittelst Einsteckhebel gedrehte Trommel wickeln (Tai. LI, Fig. 8
u. 9), genügen aber für hölzerne Schützentafeln von kleinen Abmessungen.
Eine einfache Auf rieh Vorrichtung mit Wipphebel ergibt sich, wenn man eine in der Mittelachse
der Schatz« befestigte, bis Ober den Qriesholm geführt« Holzlatte beiderseitig mit Sprossen versieht und
einen gabelförmig endenden Hebel unter die Sprossen greifen lSsst. Beim Herunterdrücken de« Hebels
wird die Schatze jedesmal am etws 15 cm gehoben. Zum Schatze des Griesholmes legt man auf den-
selben ein abgerundetes Bohlenstflck.
Eine andere Ähnliche Auf rieh Vorrichtung besteht darin, dass man die konvergent nach oben
angebrachten Holzleisten zn einer Leiter aasbildet, zwischen deren Sprossen der Wipphebel einfasst.
Bei den hölzernen Schätzen am Cavourkanal (Piemont) wurde statt der Leiter eine mit
Lochern versehene Eisenstange an den Schätzen befestigt. In diese Locher greifen zwei Haken ein.
welche mittelst Scharniers mit dem Ende des kurzen Armes eines eisernen Hebels verbunden sind '•).
Abb. 267. Fallenzug mit doppelter Windevorrichtung des kdnigl. Flnssbaoamtes Weilheim (Württemberg!.
Zahnstangen und Schranbenspindetn werden durch Vorgelege ange-
trieben, welche meistens aus Zahnrädern und Schnecken zusammengesetzt sind. Taf. LIV.
Fig. 1 und 2 zeigen ein einfaches Zahnstangenvorgelege für einzelne Holzsehützen vor
den Tnrbinenkammem der Anlage Marbach-StuUgart, Fig. 3 nnd 6 desgleichen
für eine Doppelfalle am Einlanf des Kraftwerkes bei Sinaja (Rumänien). Abb. 287
stellt einen Fallenzug mit Doppelwindevorrichtang dar, wie er von dem Königlichen
Strassen- und Flussbauamt Weilheini, Württemberg, verwendet wurde.
Statt der Kurbel mit einem Handgriff verwendet man auch Bäder mit Griffen in
Form von Steuerrädern, wie z. B. bei den Torbinenkammerschützen der Anlage Turbigo
(Taf. VU, Fig. 1).
Um die Geschwindigkeit der Hebung nach Bedarf beschleunigen zu können, wird
oft das Handgetriebe mit einem maschinellen Antriebe so verbunden, dass man nach
Wahl den einen oder den anderen Antrieb benutzen kann.
Die einfachst« Art des maschinellen Antriebes bietet der Elektromotor. Bei
den Fatlenaufzügen des LechwerkB-Gersthofen (Abb. 139, S. 663, welche hier
ess, Der Cavourkanal, Zeitschr. d. Area- n. Jng.-Ver. zn Hannover 1878. S. 128.
§ 3. Schützen. 861
wiederholt ist)8) ist die Einrichtung so getroffen, dass die Triebwelle von zwei zu einer
Turbinenkammer gehörigen Schützentafeln beim Motorbetrieb gekuppelt werden kann,
sodass beide Schützentafeln gleichzeitig gesenkt and gehoben werden können, während
sie beim Handbetrieb unabhängig voneinander sind. Es ist zweckmässig, bei der-
gleichen Anlagen die Schneckengänge und kleineren Zahnräder in Kapseln einzuschliessen,
um sie vor Staub und Regen zu schützen. Bei den Wehrschützen der Anlage Wangen
(Taf. LVI, Fig. 3) ist die Anordnung so getroffen, dass man an den Kurbel-Vierkant des
Vorgeleges einen auf einem Geleise fahrbaren elektrischen Motor anschlieast und auf
diese Weise die einzelnen Schützentafeln nacheinander aufziehen und herunterbringen
Fallen »nfxOgp mit Elektromotoren an den Turbinen kümmern des Lechwerkes Geratbofen.
kann (Abb. 268 u. 269). Für die Stromleitung werden in solchen Fällen besondere Kabel
über die Bedien nngsbrücke gelegt, an welche der Motor durch Steckkontakte angeschlossen
werden kann.
Taf. LVI, Fig. 4 o. 5 stellen ein Vorgelege für die Schützen des neuen Regu-
lier ungsworkes der Anlage Jonage-Cusset-Lyon dar, bei welchem durch Ausrück-
vorrichtungen für den Handbetrieb und den hydraulischen Betrieb drei verschiedene Auf-
zugsgeschwindigkeiten erzeugt werden könne». Der hydraulische Motor ist mit dem Trage-
bock des Vorgeleges selbst fest verbunden. Das Druckwasser wird durch eine kleine
Tnrbine, welche sich in einem Häuschen am rechten Ufer des Regulierungswerkes
befindet, geliefert (S. 516). Eine andere Aufziehvorrichtung derselben Anlage zeigen
Taf. LV, Fig. 1 u. 2. Hier werden durch das Handvorgelege zwei röhrenförmige Muttern
gedreht, welche mit einem Bund auf dem gasseisernen Führangslager m-n aufruhen. Die
*) Geliefert van der Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg und Maschinenbau- Gesell schart
Nürnberg A.-G.
862 III. Theodor Kokhw. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
bronzenen Spindeln müssen bei Drehung der Muttern gleichmässig auf- bezw. absteigen
und die Schätzen öffnen nnd schliessen.
Abb. 268. AufzngHvoniclitangeii für die WehmchQtzen der Anlage Wangen a. d. Aare (S. 421 n. ff.).
Abb. 269. Fahrbarer Antrifibsmotor flu- die WebnehtttMn dar Stehen die Losstander, auf
Anlage Wangen a. d. Aare. ^^ ^ die Schutoentafo],, ^
wegen, schräg, so urnss auch das
Vorgelege eine entsprechend
schiefe Lage erhalten, wie es z. B.
Abb. 270 zeigt
Ein Beispiel für Aufzugs™
Yorrichtungen mit nur einer, in
der Schwerlinie der Schützentafel
angreifenden Stange bietet das
Beguliernngswerk der Anlage
Ghamp (Pure et Horge, Abb.
122, S. 537).
Bei Aufzugsvorrichtungen
mit Vorgelege für Hand und ma-
schinellen Betrieb werden bei
weitem am häufigsten je zwei
Zahnstangen oder Schrauben-
spindeln angeordnet, weil hierbei weniger leicht Verklemmungen der Schützen in den
Nuten und Falzen als bei nur einer Stange vorkommen, dagegen wird immer nur eine
§ 3. Schütz». 888
Stange pro Schätze angewendet, wenn es sich nm direkte Hebung der Schützen mittelst
Kolbenstangen handelt, welche durch Presswasser oder TressSl bewegt werden. Eine
derartige Einrichtung war bei den gusseisernen Schützen des alten Regulierungswerkes
der Anlage Jonage-Cusset-Lyon zur Anwendung gebracht (Taf. LVI, Fig. 6 u. 7).
Ähnlich ist die Hebevorrichtung bei den 6,0 m breiten, eisernen kastenförmigen
Schützentafeln vor den Turbinenkammern der Anlage Beznau (Taf. XXIV, Fig. 2 und
S. 434). Die in einem Pressölzylinder unter 30 Atmosphären bewegte Kolbenstange greift
an die Schütze in der Schwerlinie mit einem Universalgelenk an, um Verklenunungen
Abb. 270. AnbragvvQirielitangen der hölzernen Webnchntzen der Anlage St Manrice-Linsanne (8. 455).
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BolMHgri.nk.il udu bkutuiu «*«•*!■*, udui «i. mit anUr dl* Broek* aiUappt ward« kann«
und Verbiegungen zu vermeiden (Abb. 271). Ähnlich ist ferner die Aufzugavorrichtung
der Schützen an den Entnahmekanslen bei der Talsperre von Villar (Spanien), wo die
vier Schützen, deren Bewegungswiderstände je 8,6 t betragen, durch je eine in einem
Drackwasserzylinder von 0,5 m innerem Durchmesser angetriebene Kolbenstange bewegt
werden (S. 696).
Bei grossen und schweren eisernen Schützen, welche auf Walzen oder Rollen
laufen und durch ihr eigenes Gewicht heruntergehen, werden statt der Zahnstangen
Drahtseile verwendet. Letztere laufen über Seiltrommeln und tragen an ihren freien
Enden Gegengewichte, welche oft als eiserne, mit Eisenbarren oder mit Sand oder Beton
ausgefüllte Kostenträger ausgebildet sind. Beispiele hierfür bieten die Wehr&chützen der
Anlagen Chevres (Taf. LV, Fig. 3), Hagneck (Taf. XXXII, Fig. 3 u. 6), Beznau
(Taf. XXV, Fig. 1) und die Grundablasschütze der Anlage Avignonnet (Abb. 266,
S. 855). Der Antrieb der Seiltrommeln erfolgt durch Zahnrad- und Schnecbenvorgelege
von Hand oder motorisch. In bezug auf die ganze AufzugBvorrichtung solcher Schützen-
tafeln kann die Anlage Chevres wiederum als nachahmenswertes Muster betrachtet
werden.
864 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Die Schiltzentafeln <Taf. LV, Fig. 8, 6, 12 u. 13) werden durch 4 Suhlkabel tob 88 mm Durch-
nwsser und zwar je zwei an jedem Ende gehoben. Jedes der zwei Kabeln eines Endes geht Ober ein« so
der Schützentafel befestigte Rolle and auf der BedienungsbrQeke aber iwei Seiltrommeln. Je vier Seilenden
ström au fwftrta und stromabwärts tragen ein Gegengewicht Die oben schon beschriebenen Walxenreihen (n)
werden beim Heben der Schützen mitgehoben, aber nur mit dar halben Geschwindigkeit Jede Waise
hat eine Lange von 500 mm and einen Durchmesser von 800 mm. Durch die Beschränkung auf die
halbe Geschwindigkeit wird das Gleiten der Walsenreihe verhindert nnd die rollende Bewegung gesichert.
Zo dem Zwecke sind zwei an der Bedienungsbracke festgemachte Stahlseile (p) um die oberste mit zwei
Seilnuten versehene Waise gelegt nnd alsdann Ober eine Holle (r) geführt, welche an der Schutie selbst
befestigt ist nnd deren Achse lotrecht iut Achse der Wslsenreihe steht Anf diese Weise musa beim
Haben die Walienreihe die Halft* des Weges der Scnütsentafd lurücklcgen. Bei der Anlage Cbevres
Abb. 271. Ansicht der Pressfilivlinder für die Hebung der TurbinönkammerschOticn dar Anlage Bernau.
war von vornherein nur Handbetrieb vorgesehen, da man die Hebung damit für die dortigen Wasser-
verhlltnisse der Rhone schnell genug bewirken konnte (8. 867). Bei dar Wehrschatse der Anlag«
Bernau nnd auch bei der Grnndablasschntze der Anlage Avignounet (Abb. 265, & 855) ist k*m
dem Handbetrieb auch motorischer vorgesehen. Die Schatientafel der letztgenannten Anlage ist 10,0 m
breit nnd 7,0 m hoch und kann mit Handbetrieb in ca. 6'/i Stunden, mit elektromotorisehem Antrieb in
1 Stunde und 40 Minuten 7,0 m gehoben werden.
Wegen selbsttätiger Vorrichtungen zum Schliessen von Aiistiussüffiraagen in Druck-
kammern wird auf Kap. III, § 2, Werkkanälo S. 829 nnd anf die diesbezüglich« Er-
gänzung in § 4, Drnckrohre (S. 942), verwiesen.
Die zur Hebung einer Schätze erforderliche Zugkraft ergibt sich aus dem Eigen-
gewicht der Schütze Q, und den von dem Wasserdruck P abhängigen Reibungsverlusten.
Den Wasserdruck P in einer Tiefe t berechnet man bei kleineren nnd mittleren
Schätzentafeln so, dass man als Druckfigur statt eines Dreiecke oder eines Trapezes ein
Rechteck zugrunde legt von der Hohe der Schlitzen tafel in m nnd der Grundlinie H
in m. wenn H die grösste denkbare Drnckhühc des Wassers bedeutet, welche auf die
Schützen tafol wirken kann. Bei grosseren Schützen wird dagegen in der Praxis
meistens zur Berechnung der Reibungsverluste die theoretisch richtige Druckfigur des
Wasserdrucks zugrunde gelegt und, um Zufälligkeiten Rechnung zu tragen, ein ent-
§ 8. Schützen. 865
sprechend gross gewählter Reibungsbeiwert in die Rechnung eingeführt. Bei Grund-
ablasschützen in geschiebereichen Flössen wird man noch die Anfültung der Sohle tot
der Schätze mit Geschiebe voraussetzen müssen, sodass zu dem Wasserdruck noch ein
Erddruck hinzukommt, den man am einfachsten berücksichtigt, indem man als Gewicht
eines cbm Wassers von der erwähnten Schütze nach unten nicht 1000 kg, sondern
1500 bis 1800 kg annimmt.
Beispiel: Eine Schotee des GrandabUsses 4er Anlage Champ (Abb. 264) ist 8,0 m lang
und 1,5 m hoch. Betet man voraus, dass der höchste Wasserstand 1,0 m naher als die Oberkante der
Schutze liegen kann und dass tot der Schliessnjehe der letzteren bis zum Rande Geschiebe liegt, so
wird der gesamt« Druck P gegen die Schütze, wenn man den Gegendruck des Unterwassers anch noch
vernachlässigt:
P = 8,0 [(1,0 X 1,5 X 1000) + ^.laoojl M28200 kg.
Nimmt man als Beibnngawert von Eisen auf Eisen (trocken) 0,40 an, um einen weiteren Sicher-
heitsgrad der Rechnung an erzielen und setzt das Eigengewicht der Schutze mit 4500 kg ein, so ist rar
Hebung der Schatze ein Zug nötig Ton Z = 28200 X 0,40 + 4500= 15780 kg, sodass auf jede der zwei
an den Enden der Schütze angebrachten Zahnstangen 7890 kg entfallen, d. h. bei einer zulässigen Inan-
spruchnahme von 700 kg/qcm müsste jede Zahnstange einen Querschnitt von jQ 12 qcm haben. Die
tatsächlich ausgeführten Zahnstangen sind ans je einem 80 mm hohen stählernen
140 Abb. 272.
Flacheisen gebildet und durch Backen aus U • Eisen -, „ verstärkt. Die Ganghöhe
der Zahnstangen betragt 47 mm.
Wird die gleitende Reibung in rollende verwandelt, so wird
nach Abb. 272
Q.2r — f.P und Q = -^-, {8)
wenn P den Gesamtwasserdnick auf die Schütze in kg, r den Halb-
messer einer Walze und f den Hebelarm oder die Reibungszahl der
rollenden Bewegung in cm bedeuten. Man setzt z. B. für Pock-
holz auf Pockholz f =0,047 cm, für Ulmenbolz auf Pockholz f =0,081 cm,
für Eisen auf Eisen und Stahl auf Stahl bei Schützen im Mittel f = 0,055 cm.
Die Walzen sind so zu verteilen, dass sie möglichst alle den gleichen Druck p er-
halten. Zu dem Zwecke moas nach Abb. 272
/tM.m+l.pA = /t..n + i..o\ _ /*. • o + t. . o\
usw. sein.
Greift Q nicht am oberen Rande der Walze an, sondern wie in Abb. 262, S. 851
P
und Abb. 266, S. 857 in der Achse der Walze, so wird Q — ; - - (f 4 \i a) , worin a den
Halbmesser des Zapfens in cm und n die Reibungszahl der Zapfenreibung (für gut ein-
geschliffene Stahlzapfen in Bronzelagern ohne Schmierung = 0,08 bis 0,10) bedeuten.
Beispiel: Rechnet man bei den 10,0 m breiten und 8,50 m hohen Schützentafeln der Anlage Chevres
Tafel LV mit einer dreieckigen Druckfigur des Wasserdruckes und nimmt an, dass die höchste Druck-
hohe des Wassers gleich der Hohe derSchützenUfel ist, so wird P = — . 10 . 1000 kg = 861250 kg.
Der Durchmesser der Walzen betragt 20 cm und bei doppelter Sicherheit muss der Zug
, = L«»^!55 = 19ln(-_MOO)k,Ä
Für eine einfache Windetrommel mit Einsteckhebel nach Abb. 273a gilt
zur Berechnung der für die Hebung erforderlichen Kraft die Formel
p=a«, (9)
'i V
III.IW.rtl d.r Int.-WlH.DKh. III. T.U. 11 Bd. 55
866
III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräfte». Eixzelhute*.
wobei das Güteverh<nis t] bei Ketten zu 0,95, bei Seilen je nach der Dicke zu 0,8
bis 0,9 anzunehmen ist. Ein Mann kann hierbei eine Kraft P von ca. 25 kg zur Wir-
kung bringen.
Beim Zahnradvorgelege gilt für jedes Räderpaar an einer Achse mit den
Halbmessern der Teilkreise rn und rB+i gleichfalls Formel (9), wobei P für einen Mann
zu 10 bis 15 kg und i\ für jeden Zahneingriff zu ^ 0,92 zu setzen ist. Die Kurbel zum
Angriff der Kraft P mit dem zugehörigen Zahnrad, — und die Windetrommel mit dem
Seil oder das in die Zahnstange eingreifende Zahnrad gelten je als ein Räderpaar. Nach
Abb. 273 b ist
nach Abb. 273 c ist
P — ?A T±
Q
*» li 1*
rt r, 0,92 . 0,92
Q
r, " r, r5 0,92 . 0,92 . 0,85
(10)
(10a)
a
Abb. 278.
e
Die Anzahl der Zahne beträgt bei kleinen Rädern gewöhnlich nicht unter 7. Das
vv, . ,,u . r. Anzahl der Zähne am grossen Rad N , . . .
tberseteungsverhkltmg - = AmM der ^^ &m flg^-Eg— ,- schwankt be.
Hebevorrichtungen zwischen 3 und 8.
Bei Schrauben oder Schnecken mit rechteckigem Gewinde ist, wenn h die Steig-
höhe der Schraube und n = -j— das Steigungsverhältnis bedeuten, nach Abb. 273 d
An
P =
^.0,92*2*^17. r4.0,92
Q
(10b)
Es
bei einem Steigungs-
▼erbiltnis , von
an
• . .
1/8 bei einer drehbaren Spin-
del oder Schnecke . . .
0,04
0,218
0,05
0,258
0,06
0,07
0,294 | 0,326
0,08
0,850
0,10
0,125
0,405 • 0,457
Bei einem Getriebe mit drehbarer Mutter nach Abb.- 27 3 e sind die Werte
von fjn nur etwa V* so gross wie bei drehbarer Spindel anzunehmen. Es ist also
r. ta h
P =
Q
(10c)
rt . 0,92 " rs . 0,92 *2rcr6 . »A?.
Wenn, wie es in der Regel der Fall ist, durch eine Kurbel gleichzeitig xwei
Schraubenspindeln bewegt werden sollen, so wird
r, . 0,92 r, 0,92 2 n r6 . */* »?•
§ 3. Schützen. 867
Zar Ermittelung der Geschwindigkeit vn, mit welcher eine Schütze gehoben werden
kann, darf man bei Handbetrieb annehmen, dass der Handkurbel eine Umfangs-
geschwindigkeit yt von 0,6 bis* 0,8 m/sek. gegeben werden kann. Bei einem Vorgelege
nach Abb. 273c wird Il = Il.I!l.Ä nud v 6 = v1 .Ü.Ii.Il (H)
wenn v6 die Hebungsgeschwindigkeit am Seile bedeutet.
Beispiel: Bei der Hebevorichtung der Anlage Chevres (Taf. LVI, Fig. 1 und 2) ist der Hebel-
ann einer Handkurbel a = 0,805 m,
das Zahnrad b hat 17 Zähne, das Triebrad e 85 Zahne,
das Zahnrad d 14 Zähne, das Haupttriebrad e 86 Zfthne,
die Winkelrftder f und g je 27 Zähne,
das Zahnrad der Windetrommel h 32 Zähne und
der Durchmesser der Seiltrommel ist 0,965 m,
das Steigungsverhältnis ^ — der Schnecke durch den Halbmesser des Winkelrades g
ergibt ^.
Danach verhält sich die Umfangsgeschwindigkeit der Handkurbel zur Hebungsgeschwindigkeit
t v, 85x86x82x27 2.0,805 620 , *. n u v • * u -i.
a ®° ^ =~i7xl4x27 X 0,965 °°T~ Hebungsgeschwindigkeit
Vfl=^ = Jf==0'00129m/8ftL
Die Schatze wird also in 776 Sek. um 1,0 m und in einer Stunde und rd. 5 Min. 5,0 m hoch
gehoben. In einer Minute kann eine Schütze 0,00129 60 & 0,077 m gehoben werden. Wenn 2 Mann,
welche zur Hebung einer Schutze nötig sind, alle 6 Schützen nacheinander gleichmässig heben sollen,
0 077 SO
so wurden sie in einer Stunde dieselben - — „— — = 0,77 m heben können. Mit Rücksicht aber auf die
o
Versäumnisse beim Gehen von einer Schütze zur anderen wird man in einem solchen Falle die so er-
mittelte Zahl etwa mit 0,7 bis 0,8 zu multiplizieren haben, sodass man nur mit einer Hebung der sechs
Schätzen von rd. 0,58 bis 0,68 m stündlich rechnen könnte.
Die verfügbare Zeit zur Hebung von Wehr- und zur Schliessung von Einlaufschützen
ergibt sich aus den Beobachtungen des Wasserspiegels im Flusse bei aussergewöhnlichen
Hochfluten.
Man wird daraus erkennen, um wieviel cbm/sek. die Wasserführung des Flusses
in einer gewissen Zeit anwachsen kann und daraus die Zeit bestimmen, in welcher die
Durchflussöffnungen am Wehre freigemacht werden müssen. Umgekehrt wird man aus
der Zeit, in welcher der Wasserstand vor Beginn der Hochflut bis zum höchsten Stande
steigen kann, die Schnelligkeit bestimmen, mit welcher die Einlaufschützen gedrosselt
werden müssen, um die Hochflut vom Werkkanal abzuhalten.
2. Glockenschützen (Zylindersehütien). Bei den Glockenschützen gleicht sich
der Wasserdruck auf die zylindrischen lotrechten Schliessflächen vollkommen aus,
sodass von den Aufzugsvorrichtungen nur der lotrechte Wasserdruck zu überwinden ist.
Ein gutes Beispiel bieten die Glockenschützen in den Turbinenkammem der Anlage
Jonage-Cusset-Lyon (Taf. LVII, Fig. 1—5 und Taf. XL, Fig. 4).
Die kreisrunde Durchflossfiffriung im Boden hat einen Durchmesser von 3,0 m bei den 16 grossen
Schfltxen und von 2,0 m bei den kleinen Schützen. Jede Glockenachtttze besteht aus einem gusseisemen
festen Deckel und einer beweglichen Trommel. Der kalottenformige Deckel ist durch 12 Stehbolzen (A)
auf dem Sitzring verankert. Letzterer ruht auf dem Beton und ist mit diesem durch Anker in feste
Verbindung gebracht Die bewegliche Trommel T legt sich mittelst Ringe (b1) aus weichem Metall
(Legierung von Blei und Antimon) sowohl oben auf den Deckel als auch unten auf den Sitzring. Um
Wasserschlüge gegen die Trommel bei au schnellem Heben zu vermeiden, ist auf dem festen Deckel
ein Sitzventil s angebracht» durch welches das Turbinenrohr, das Turbinengehause und die Glocke bei
geschlossener Glockenschatze und geleertem Turbinengehause zunächst vollgefüllt werden können, ehe
55*
§ 8. Schützen. 869
Die zwei Aufzugsketten laufen je Ober drei Ftthrungsrollen und sind mit einem Gegengewicht (Fig.
4 und 5) verbunden, welches den grftssten Teil des Eigengewichtes der Trommel ausbalanziert. An das
Gegengewicht greift die Galische Kette an, durch welche die Glocke gehoben wird. Auf diese Weise
kann jede Trommel durch ein einfaches Handvorgelege schnell und leicht gehoben werden. Bas kleine
Sitzventil wird gleichfalls mittelst Seilübertragung im Innern des Maschinenhauses bedient. Die 16 grossen
Schätzen mit 3 m Dm. haben einschliesslich der Aufzugsvorrichtungen und allem Zubehör Frs. 111118,
die 8 kleinen Schätzen mit 2 m Dm. Frs. 13400 gekostet.
8. Drehschütxen. Bei den Drehschützen wirkt der Wasserdruck auf Schliessung
hin. Sie haben entweder lotrechte oder wagerechte Drehachsen.
Drehschützen oder Drehtore mit lotrechten Drehachsen und einflügligen Torhälften
wurden z. B. als Verschluss des Werkkanals der Wasserkraftanlage Paderno a. d. Adda
verwendet (S. 21, 25, 606 und 652 sowie Taf. LVII, Fig. 6—8) 9).
Bei dieser Anlage sollen die Drehtore das Hochwasser in der Adda vom Werkkanal abhalten,
aber keinen vollkommenen Verschluss bilden, sondern es soll zwischen den Vorderkanten in der ganz aus-
geschwenkten Lage der Torhälften immer noch ein Durchflusspalt von 1,50 m lichter Weite verbleiben,
welcher als ausreichend berechnet war, um beim höchsten Wasserstand der Adda das erforderliche Be-
triebswasser durchzulassen. Die Konstruktionseinzelheiten und auch die Art des Bewegungsantriebes
gehen aus den Figuren deutlich genug hervor.
Zu derselben Gattung von Drehschätzen gehören auch die Stemmtore von Schiffs-
schleusen.
Drehtore mit lotrechten Drehachsen und zweiflügligen Torhälften sind
u. a. bei der Anlage Hag neck10) als Verschlüsse der im lichten 6,0 m weiten Turbinen-
kammern verwendet.
Die Drehachse je einer Torhälfte sitzt derart zwischen den beiden Flügeln, dass der Wasser-
druck auf den einen (äusseren) Flögel grösser ist als auf den anderen (inneren) und auf diese Weise
selbstwirkend einen dichten Verschluss herstellt (Abb. 274, vergL ferner Abb. 94, S. 476 und Taf. XXX II f,
Fig. 2 u. 5). Die geöffneten Tore stehen mit ihrer wagerechten Mittellinie parallel zur Stromrichtung des
Wassers. Im geschlossenen Zustande schliessen die. inneren Enden der beiden Torhälfton gegeneinader
und die äusseren Enden je in einem Mauerfalz. Das Getriebe zum öffnen und Schliessen der Tore greift
mit einem einarmigen Hebel an die Drehachse an und durch eine Kuppelvorrichtung kann das Getriebe von
je zwei Torhälften an eine gemeinschaftliche Transmissionswelle angeschlossen werden. Da nur der
Unterschied der Wasserdrücke auf die Flügel je einer Torhalfte zu überwinden ist, erfolgt das Offnen
und Schliessen leicht und schnell (1 bis V/t Minuten).
In ähnlicher Weise sind die zwanzig 5,60 m breiten Turbinenkammern der Anlage
Rheinfei den (S. 581 u. Taf. XLVII, Fig. 5) durch zweiflügelige Drehtore ans Stahl
geschlossen.
Jede Torhalfte ist 5,0 m hoch und 2,75 m breit. Der höchste Wasserdruck auf ein geschlossenes
Tor beträgt rd. 70 t. Die Drehzapfen sind oben an der Eisenkonstruktion, welche die vordere Wand
des Maschinenhauses trägt, verankert. Der Bewegungsantrieb erfolgt durch Handräder auf der Bedienungs-
galerie des Maschinensaales und greift am wagerechten oberen Ende des äusseren Flügels jeder
Torhälfte an. Die vorderen lotrechten Endflächen der äusseren Flügel beider Torhälften stemmen sich
im geschlossenen Zustande gegeneinander, während die inneren Endflächen in Mauerfalzen schliessen.
Auch hier ist nur der Druckunterschied auf die beiden Flügel einer Torhalfte zu überwinden und
die Öffnung und Schliessung kann leicht und schnell bewirkt werden. Aber die Dichtigkeit des Ver-
schlusses soll mangelhaft sein, sodass bei Reparaturen in einer Turbinenkammer die Abdichtung doch
noch durch Dammbalken erfolgen inuss.
Drehtore mit wagerechten Achsen worden bei der Anlage Chevres zum
Verschluss der Tnrbinenkammern verwendet.
9) II Politecnico. Mailand 1899. II Canale Industriale di Paderno. Di Alcuni-Impianti pel Tras-
porto del Energia Elettrica per cura degli Ingg. Saldini, Milani, Semenza, Salmojraghi.
io) Geliefert von Theodor Bell & Co. in Krienz (Schweiz).
870 III. Theodor Kokhn. Ausbau von WasbsbkrIftbk. Einzelheiten.
Jedes Drehtor dreht sich um 4 wagerechte Bolzen-Scharniere (Abb. 873 n. 876 n. Taf. XXVIII,
flg. 1 u. 8). Im geschlossenen Zustande rnht du Tor anf einem gehobelten Profileilten. In die
Seitenwinde der ahsogcb Kernenden Kammer sind entsprechend der Zylinderflacha der DrehschQtze Flach
eisen mit gehobelter Vorderfllche eingelassen and verankert, an welcher die Diehtungaleisten der Drefa-
achutie achlieatwa. Alle übrigen Teile der Schatte sind mindestens 6 mm von der Hauer entfernt, so-
dass Reibung nur an den Diehtungaleisten stattfindet Die obere Dichtung wird in ähnlicher Weise wie
Abb. 27S und 276. Drehschutte mit wagerechten Drehachsen tarn Verschluss der Tnrbinenkammern
bei den Wehrschutxen von Chevres durch einen zylindrischen Eisenatab zwischen 2 spitzwinklig an-
einander stehenden gehobelten Fliehen hergestellt Die Hebung der Drehschatzen wird durch eine Ksttr
bewirkt, welche sich am eine Trommel aufwickelt und zwar bei den zuerst eingebauten Schätzen nach
Abb. 277 und bei den splter eingebauten nach Taf. XXVIII, Fig. 1. Eine gemeinschaftliche Wolle,
welche durch einen Elektromotor angetrieben wird (Taf. XXV11I, Fig. 8), kann alle Ketten trommeln in
Bewegung setzen und zwar im aufwickelnden oder abwickelnden Sinne , je nachdem das eine oder das
nndrre Wickelrad eingerückt wird (Abb. 278). Unabhängig von der gemeinschaftlichen Transmission« welle
kann dsnn such noch jsde DrebschQtze von Hand angetrieben werden. Die vollkommene Hebung eine«
§ 3. Schützen. 871
Dreht oree dauert 5 Minuten, die Schliessung kann in der Hälfte dar Zeit erfolgen. Der Zog in der
Kette betragt 5328 kg.
4. Selbsttätig wirkende Schützen. Zu dieser Gruppe gehören die Klappen-
Wehre, welche sich bei einem gewissen Wasserstande selbstwirkend umlegen und die
Darchflnssöffnung ganz oder teilweise freigeben. Bei den Klappenwebren nach Chanoine
(S. 654) könnte man die Klappen selbstwirkend machen, wenn die Streben, welche die
Klappen im aufgerichteten Zustande stützen, etwa mit Hilfe einer von einem Schwimmer
mit Bolle und Gegengewicht angetriebenen Zahnstange ans ihren Stutzpunkten in den
Eteenschuben herausgezogen würden11).
Ebenso hierher gehören die Klappenwehre nach dem Muster des Krantzschen
Wehres bei Dinant in der Haas (Belgien) (S. 654), bei welchem die wagerechte Dreh-
Abb. 278. Schneckenantrieb der Auf enge Vorrichtung
■u Abb. 277 mit dem Hebel tum Einrücken der
Winkelr&der auf der Haupttransmissioiis welle.
achse der Schützentafel so tief liegt, dass der Wasserdruck auf den oberen Teil der
Tafel bei Überschreitung eines gewissen Wasserstandes grösser wird als auf den unteren
und die Klappe sich deshalb umlegt. Macht man den unteren Klappenteil schwerer
als den oberen, so kann der Wasserdruck bei sinkendem Wasserspiegel die Klappen
auch selbsttätig wieder schliessen.
Selbsttätig auf Öffnen und Schliessen wirken auch die Doell sehen Schmetter-
lings-Klappen (S. 654)").
Für WasBerkraftanlagen sind alle derartigen Konstruktionen bisher sehr selten
zur Ausführung gekommen, da sie erstens immerhin ansicher in ihrer Wirkung sind
und zweitens zu wenig dicht schliessen.
Um aus regulierten Seen, Talsperren oder Stauweihern je nach dem Wasserstande
im Becken bestimmte Wassermengen selbstwirkend abfitessen zn lassen, sind eine ganze
ii) J. Schlicbting, Handb. d. Ing.-Wissensch. 1892. Dritter Band, Wasserbau, Erste Abt
I. Hälfte. S. 304. Fig. 58 uod Taf. XII, Fig. 15-18.
1') Wie ad 11 S. 306, Fig. 59» und b.
872 m. Theodob Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Reihe selbstwirkender Schützen mit lotrecht auf- und abbewegten Schützentafeln kon-
struiert18), so n. a. von Carnot für die Regulierung des Lacd'Annecy (S. 224), von
Chauvillerain für eine konstante Wassermenge von 400 1/sek. bei schwankendem
Wasserspiegel und von Lecoultre und Konsorten für die Regulierung derLacs de
Joux et Brennet (S. 226 u. 463). Aber alle derartigen Vorrichtungen haben sich
entweder bereits als nicht ausreichend sicher herausgestellt oder es liegen noch keine
l&ngeren Erfahrungen, welche einen günstigen Schluss zuliessen, mit ihnen vor.
Nachtras zu § 2, Werkkanäle
(eingeschaltet in denken auf 8. 786 vorletzte Zeile)»
Ableitung von Formeln für die Ermittlung des wirtschaftlich günstigstem Querschnitts
Ton Werkkanälen und für das wirtschaftlich gunstigste Gefälle unter Berücksich-
tigung des Nutswertes und der Betriebskosten (vergl. Bemerkung S. 847).
Nach der allgemeinen Geschwindigkeitsformel ist
v = 2=cVRX
F
Wenn v in m/sek., Q in cbm/sek., F in qm und R in m ausgedrückt werden,
dann ist auf 1,0 m Kanallänge der Gefällverlust
J=F*c^Rinm' (1)
also der Verlust auf L m Länge: H= wVr . L in m. (2)
Der durch diesen Gefällverlust verursachte Verlust an nutzbarer Arbeit in den
Turbinen ist, wenn tj den Wirkungsgrad der Turbinen (meistens gleich 0,75 bis 0,80 zu
setzen) und 1000 kg das Gewicht eines cbm Wassers bedeuten :
Q* Q. 1000. 9 . p. /o,
V= F^"R L' 75 m PSe' (3)
Wird jährlich während a Stunden durchschnittlich mit Q cbm/sek. gearbeitet und
bezeichnet x in Mark den Nutzwert (Einnahme weniger Ausgabe) einer PS*-Stnnde, so
gehen jährlich verloren:
. L Q»a.l000.ij.x . u , iA*
A=F*' c'.R.75 mMark W
und wenn man für den zweiten Faktor zur vorläufigen Vereinfachung der Schreibweise
J einsetzt
A=~£ in Mark. (5)
Man kann nun auch für eine bestimmte Gattung des Querprofils eines Werkkanals
die Baukosten pro lfm. als Funktion von F darstellen. Denn, wenn man die Kosten K
in Mark eines entworfenen Querprofils pro lfm. berechnet hat, so kann man sie für
eine bestimmte Strecke durch F . ^ in Mark ausdrücken, wenn nt in Mark die Kosten
18) Albert Crolard: Regularisation du dlbit des cours d'eau par le moyen des lacs ou des
reservoi» artificiels. Compte rendu du Congres de la Houille Blanche. Grenoble 1902. I. VoL 8. 208
§ 3. Nachtrag zu § 2, WerkkahXlb. 873
pro q m/lfm. des benetzten Querschnitts bedeuten. Allerdings ist das nur solange zulässig
als die Arten der Sohlen- und Böschungsbefestigting, der Dichtung etc. dieselben bleiben
und solange als man angenähert auf der betrachteten Strecke (von der Lange L) gleich-
bleibende durchschnittliche Boden- und Transportverhältnisse, gleiche Grundwasserstände,
gleiche Art der Bodenunterbringung etc. annehmen darf. Es wird aber fast immer möglich
sein, einen Werkkanal in einige Strecken zu zerlegen, derart, dass für jede Strecke die
obigen Voraussetzungen zutreffen.
Die jährlichen direkten und indirekten Betriebskosten setzen sich zusammen aus
den Kosten für Verzinsung (in der Regel 4,5 °/o), für Tilgung (bei Tilgung in 50 Jahren
etwa 0,7 °/o), für Erneuerung, Unterhaltung und Bedienung (in der Regel etwa 1%) und
wenn diese jährlichen Betriebskosten in Prozenten ausgedrückt mit « bezeichnet werden,
so lassen sich die jährlichen Betriebskosten des Werkkanals ausdrücken durch
Ax — Fx,«. L = F£L in Mark. (6)
Es müssen nun für das günstigste Profil
A + A,-£; + F*L (7)
zu einem Minimum werden und man hat daher den ersten Differentialquotienten nach
F gleich 0 zu setzen, also 0 = «|- -f- £• (8)
Wie man leicht übersieht, liefert die Bildung des zweiten Differentialquotienten
einen positiven Wert, also gibt Gleichung (8) ein Minimum. Es wird also der günstigste
Querschnitt
Da nach Gleichung (1) J — _,, >T> , so ist unter Berücksichtigung von Gleichung (9)
J^m666.>^.«|Vci>B)» (10)
welche Gleichung sich zur direkten Berechnung eines ersten Annäherungswertes für das
wirtschaftlich günstigste Gefälle benutzen lässt, wenn man für R eine vorläufige An-
nahme macht.
Wenn die sekundliche Wassermenge Q, wie es fast immer der Fall ist, während
eines durchschnittlichen Betriebsjahres in weiten Grenzen schwankt, so ist in Gleichung (4)
anstatt Q*a, einzusetzen Q'^i + Qt8at + Q$8*8 + • • • Q*n • an worin Qt, Qf, Qa, . . . Qu
diejenigen sekl. Wassermengen bedeuten, welche während a^ ag, at . . . an Stnnden
jährlich verfügbar sind.
Die Geschwindigkeiten im Werkkanal, also auch die Gefälle werden sich den
Wassermengen Q entsprechend ändern. Da aber die mittlere Füllung meistens nicht
sehr erheblich schwanken wird, kann man R für die Zwecke der vorliegenden Rechnung
ohne zu grosse Fehler zunächst trotzdem auch als konstant einführen und wenn nötig,
nach Erzielung eines ersten Resultats für F die Rechnung mit einem genaueren R wieder-
holen usf. Da ferner nach Bazin c vom Gefälle nicht abhängig ist und die Bestimmung
seines Wertes immer unsicher bleibt, so kann es als statthaft gelten, auch c als konstant
anzunehmen. Meistens schwankt auch der Wirkungsgrad gut gebauter moderner Turbinen
zwischen halber Belastung bis zur Vollbelastung nur in engen Grenzen, sodass auch
hierfür ein passend gewählter Wert als konstant angenommen werden darf.
874 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Im übrigen ändern sich die Verhältnisse nicht und es kann der günstigste mittlere
Wert für F aus Gleichung (9) gefunden werden, indem man setzt
V _ j/2W^T^% + Qs»*8 + - - ■ Qn3*nJ . 1000 - ? > X
1 — y &.jL.ib.*l.* • ( '
Ein Mittelwert für Q lässt sich aus (11) und (9) berechnen, wenn man für a in
Gleichung (9) den Wert (% -f- a, -j- *s + • • • »n) = & einsetzt
Y/2. a.lOOOay.x V (at + a2 + % + ...an) (12)
r c8R.7ö.x1 . i
wonach dann ein mittleres Gefälle J nach Gleichung (10) berechnet werden könnte. Die
einzelnen , den verschiedenen Werten von Ql9 Qg, Q8 usf. entsprechenden Gefalle Jl9 Jg..
Q 2 Q 2
Js . . etc. ergeben sich aus J = ™ — V~~p> ^* == W"Vr e*°*
Beispiel: Bei der Anlage Les Cl 6 es (Tabelle VII l, S. 780) sei die durchschnittliche WassermeDge
des durchschnittlichen Jahres 4 cbm sek., der Nutzwert einer PS« -Stande sei zu 0,025 Mark, die jähr-
liche Betriebsdauer a zu 3000 Stunden, der Wirkungsgrad der Turbinen zu 0,75, c zu 72, R vorläufig
zu 0,666, die Kosten %x pro qm Querschnittflache und 1 lfm. Kanallänge mit Rücksicht auf den strecken
62
weisen Felsausbruch und die Auskleidung der Wandungen mit Beton zu 25 Mk. und e = ^ = 0,062 ange-
nommen, dann ist der wirtschaftlich günstigste Querschnitt nach Formel (9)
-1/^636673000.0,025.0,75
F = 4 |/-72M),666. 25.0,062 - = *>*****•
Das tatsächlich ausgeführte Querprofil des Werkkanals Les Cläes hat ca. 4,0 qm Querschnitt
Q
und die Geschwindigkeit beträgt „ = 1 m sek. Im günstigsten Profil würde sein :
40
▼ = g^gg -■= 1,68 m/sek.
Es wird das Gefälle im günstigsten Profil
J = *%s = -iL = 0,000813 oder 1 : 1230
FVR cfR
gegen ein Gefälle im ausgeführten Kanal von 1 : 3400 = 0,00029.
Zur Kontrolle empfiehlt es sich J nach (10) zu rechnen
j_ i j._
' '• ~1230-
/'26,666.3000.0,75.0,025V,« ,„ '/»
l «TÖm ) • (72 ' 0,666)
Die Länge des Werkkanals der Anlage Les CUes beträgt rd. 3600 m. Das günstigste
Profil würde kosten, wenn unsere Annahme, dass die Kosten pro qm Querschnittsfläche und lfm. Linieo-
länge nur 25,0 Mk. betragen, auch für das kleinere Profil als zutreffend vorausgesetzt wird, 2,386 . 25 . 3600
= 214740 Mk. und die jährlichen direkten und indirekten Betriebskosten würden betragen
A = 214740 . 0,062 = 13813,88 Mk.
An Gefälle gehen im Werkkanal verloren 3600.0,000813 = 2,926 m, also an Arbeitsleistung
in Geldeswert jährlich nach unseren Annahmen bezüglich der Betriebsdauer und des Wertes einer PSe -Stande
At = 2.926 X 4 x 10 X 3000 X 0,025 = 8778,0 Mk. Also A + A, = 13314,0 + 8778,0 = 22092 Mk.
Bei der ausgeführten Anlage geht an Arbeitsleistung nur verloren
A» = 3600 X 0,0029 X 4,0 X 8000 X 0,025 = 3132 Mk.
Aber die jährlichen direkten und indirekten Betriebskosten des Werkkanals betragen dafür
A = 4,0 X 25 X 3600 X 0,062 == 22320 Mk.
Demnach A -f At in diesem Falle = 22320 + 3132 = 25452 Mk., also jährlich 3360 Mk. mehr.
Nun wird es aber nicht oder nicht in allen Fällen angängig sein, anzunehmen, dass
die Anlagekosten des Werkkanals pro qm/lfm der Querschnittsfläche die gleichen bleiben,
auch wenn der Querschnitt z. B. erheblich abnimmt, denn viele vorbereitende Arbeiten,
ferner die Amortisation der Geräte etc. bleiben dieselben, gleichgültig, ob der Querschnitt
etwas grösser oder kleiner ist und deshalb wird der Einheitspreis in der Regel Ton
Nachtrag zu § 2, WerkkanIlb.
875
(13)
Abb. 279.
den grossen zu den kleinen Querschnitten anwachsen. Wenn man für zwei Querschnitte
also z. B. für den der grasten Geschwindigkeit, welche man bei dem gewählten Material
für Böschungen und Sohle zulassen will, entsprechenden kleinsten Querschnitt und für
einen grösseren die Kosten ermittelt hat, dann wird es meistens statthaft sein, anzu-
nehmen, dass sich die Verminderung der Einheitspreise nach der geraden Linie vollzieht.
Wenn alsp nach (Abb. 279) xt und x, die Einheitspreise in Mark pro qm der Quer-
schnitte ft und ^ sind (x1 < x, da ft > fa) so ist
h — Jt
Abo ist für einen beliebigen Querschnitt F
(xl + x)-xl = tgd.(f1-F) (14)
und x = tgd(fx — F).
Nach Gleichung (6) werden daher die Betriebskosten
Ai = F[x1+tgd(f1-F)].«.L. (15)
Wenn man zur Vereinfachung der Schreibweise für tg d . * = o> setzt, so wird
A + A^^ + Fx^L + fF^-^oi.L. (16)
Der erste Differentialquotient gleich 0 gesetzt ergibt
0 = -j| + *,« + [f,-2F]a». (17)
Wie man leicht übersieht, wird auch hier der zweite Differentialquotient positiv,
also Gleichung (17) liefert ein Minimum. Man kann nun zur Vereinfachung der Rech-
nung ohne grossen Fehler für F in der eckigen Klammer zunächst einen passenden Zahlen-
wert einsetzen. Wenn man dann für fo . e -f- (f — 2 F)w] den Buchstaben % einführt, so
wird die Form der Gleichung wiederum
F = ^/2£ =V2(Qt\ +0»%+ . . . Qn'a») lOÖO.yx
(18)
X r c%R.lö[xi€ + ({1 — 2¥)tgd.e
Nachdem man einen ersten Zahlenwert ermittelt hat, kann man für F unter der
dritten Wurzel dann einen genaueren Wert einführen und die einfache Rechnung
einmal oder mehrfach wiederholen, bis die gewünschte Genauigkeit erreicht ist.
Beispiel: Wenn man in obigem Beispiel
für fx = 4,0 qm den Einheitspreis Mi wie oben zu 25,0 Mk.
, f, = 2,0 , , , *, aber , 30,0 ,
ermittelt hätte, so würde
*'=-?7^H=2'5
und
<u = etg6 = 2,5 . 0,062 = 0,155.
Macht man für F unter der dritten Wurzel zunächst eine Annahme und führt hierfür den
Wert 2,5 qm ein, so wird
% = 25 . 0,062 + [4,0 — 5,0] . 0,155 = 1,395.
Für R kann man im Hinklick auf den vorläufig gewählten Wert für F = 2,5 qm nun schon
eiuen besser passenden Wert als 0,666 wählen und er möge mit 0,57 eingesetzt werden. Wenn man
will, kann man auch für c nach Tabelle VII oder VIII noch einen etwas anderen, vielleicht auch etwas
genaueren Wert wählen. Indessen bei der Unsicherheit, welche bis heute noch in bezug auf die Be-
stimmung der Zahlenwerte für den Beiwert c herrscht, soll hier davon Abstand genommen werden.
Demnach wird
F-4.^*
666 . 300 J . 0,025 . 0,75
= 2,632 qm.
72». 0,57. 1,895
Man könnte nun noch die Rechnung einmal oder mehrfach wiederholen, indem man
zunächst für F unter der Wurzel den ermittelten Wert 2,632 einsetzt usf. Da dieser
Wert grösser ist als der angenommene Wert, so wird nach dem Bau der Formel die neue
876 DI. Theodor Koehn. Ausbau von Wasbebkräften. Einzelheiten.
•
Rechnung noch einen etwas grösseren Wert für F ergeben. Man sieht jedenfalls ans der
Rechnung, dass, wie nicht anders zu erwarten, bei Berücksichtigung der steigenden Anlage-
kosten pro qm/lfm bei Verkleinerung des Querschnitts der wirtschaftlich günstigste Quer-
schnitt des Werkkanals grösser wird als wenn man diesen Umstand ausser acht liest
4
v ist = 2632 = 1)Ö2 m/set-
R wird in dem für die Wasserführung günstigsten Profil nach Formel 37 (S. 788) = „
Es ist ferner t = y^ 2L aD<) da es sich am einen rechteckigen Querschnitt handelt, also o> = 90*
ist, so wird t= 1/^^1,15 m und demnach R = 0,575. Daraus ergibt sich
J " c^E - 72TW - °'000775 °dM l •■ 129°-
Der Verlust an Arbeitsleistung in Geldeswert wäre also in unserem Beispiel
A = 3600 . 0,000775 . 4,0 . 10,0 . 3000 . 0,025 = 8370 Mk.
Der Einheitspreis pro qm/lfm des Querschnitts wäre nach (14)
«l-|-x = 25 + ts0,(fl-F) = 25 + 2,5(4,O — 2,632) = 28,42 Mk.
Demnach betragen die jährlichen Betriebskosten des gunstigsten Werkkanals
At = 3600 . 2,632 . 28,42 . 0,062 = 16 695,80 Mk.
Es ist A + A1 = 8370 +16695 = 25 065 Mk. Also wird das günstigste Profil unter Berücksichtigung
der wachsenden Einheitskosten für die erste Aulage bei kleinerem Querschnitt nur noch jährlich um
25452 — 25065 = 887 Mk. günstiger. Es ergäbe sich aber immerhin der fernere Vorteil,
dass für das günstigste Profil nur Mk. 269280 anstatt Mk. 360000 für das ausgeführte
Profil aufzuwenden gewesen wären.
Gewiss kann man mit solchen wissenschaftlich abgeleiteten Formeln allein beim
Projektieren nicht auskommen, vielmehr ist für ihre Handhabung immer vorausgesetzt,
dass der erfahrene Ingenieur die richtigen Annahmen für die Betriebsdauer, die sekl.
Wassermengen, den Nutzwert pro PSe, für die Einheitskosten der Anlage x und Xj etc.
zu machen imstande ist. Dennoch ist es wohl zuzugeben, dass man mit Hilfe der
Formel leicht und schnell eine klare Übersicht gewinnen kann, und dass das Fehlen
polcher Formeln vielfach zu wirtschaftlich nicht zweckmässig gewählten Querschnitts-
formen und Grössen der Werkkanäle geführt hat. Da die Formeln alle einfach sind,
werden sie sich vielleicht in die Praxis einführen.
§ 4. Druckrohre.
(Hierzu Tai. LYIII bis LX) *).
Die Besprechungen dieses Paragraphen sind in folgende Abschnitte ei]
1. Die Bestimmung des lichten Durchmessers der Druckleitung.
2. Die Festigkeit zylindrischer Druckleitungen und die Vorrichtungen zum
Schutze der Druckrohre gegen Wasserschläge.
3. Die verschiedenen Materialien für Druckleitungen.
4. Die Verlegung eiserner Druckrohre.
i) Die Figuren der Tafel LX sind aus Ch. L 6p ine, Les Jnstallations Hydro-Älectriqnes de U
Socitte* de Füre et Morge. Paris 1903; die Figuren der Taf. LVIII und LDL zum Teü dem eben ge-
nannten Werk , zum Teü aus T h. Koehn, Die Kanalisation von Charlottenburg — Berlin und seine
Bauten — 1896, Bd. I, S. 370 und zum Teil aus der Schweizerischen Bauz., der Zeitschr. d. Ver. deutscher
lug., dem Bulletin technique de la Suisse Romande entnommen.
§ 4. Druckbohbe. 877
5. Die Vorrichtungen zum Ausgleich der L&ngen&nderungen und die Veranke-
rungen an den Knickpunkten.
6. Die Vorrichtungen zum Abschluss und zur Entleerung, Entlüftung und Unter-
haltung der Druckleitungen.
7. Die Einmündung der Druckrohre in die Turbinen.
1. Die Bestimmung des lichtem Durchmessers* Für die Berechnung der Wider-
stände, welche sich der Bewegung des Wassers in geschlossenen Bohrleitungen entgegen-
stellen, gelten dieselben Formeln wie für offene Leitungen, und es genügt deshalb auf
die Mitteilungen in Kap. m § 2 S. 772 bis 777 zu verweisen. Die dort mitgeteilten
Formeln (6), (20), (21), (22) sind ohne weiteres für Druckrohre verwendbar.
Bei der Kutterschen Formel 21 (S. 777) wird n etwa zu 0,013 und bei der
Bazinschen Formel 22 y etwa zwischen 0,16 und 0,46 zu wählen sein. Vergl. die
Tabellen VI und VII, S. 778 u. 779.
Frühling und G. Oesten*) empfehlen die Verwendung der abgekürzten Kutter-
schen Formel 20 (S. 776) und die Berechnung des Wertes c für b = 0,36, woraus sich
. 100 /D-
<^nn C =A7 -lVtT erIPbt> wenn D den Durchmesser in m bedeutet.
E. Sonne1) empfiehlt neuerdings für l&nger im Gebrauch befindliche Rohr-
leitungen den Wert c zu ermitteln aus c= 29 + 30 jf) ^d fügt hinzu: ^Es ist anzu-
nehmen, dass man nach Einführung dieser Werte von einer Berechnung der bei Krüm-
mungen usw. eintretenden, sogenannten besonderen Widerstände (S. 886/888) in der
Regel absehen kann".
Wenn neue Bohre innen auch ganz glatt sind, so ist doch bei einer eisernen
Leitung trotz sorgfaltigen Anstrichs infolge der mitgerissenen Luft Rostbildung nicht zu
vermeiden, wenn nicht der Anstrich von Zeit zu Zeit erneuert wird. Bei kalk- und
eisenhaltigem Wasser bilden sich Niederschläge (Bekrustungen), welche fest an den Rohr-
wandungen haften und dadurch die Wandungen rauh machen. Solche Bekrustungen
sind nur durch kraftiges Bürsten und Kratzen zu beseitigen.
Die LeitungBfthigkeit der Rohre nimmt infolge der Rostbildungen und Be-
krustungen ab und die Widerstandshöhen (Gefällverluste) nehmen zu. Bezeichnet man
das Verhältnis der Widerstandshöhen in der alten Leitung zu derjenigen in der
neuen Leitung mit -^ = a, so ist nach E. Sonne
für D = 0,1 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 m
o = 2,0 1,8 1,6 1,4 1,20 1,1
d. h. also die Einwirkungen der Bekrustungen auf die Wasserführung nehmen mit
wachsendem Dm. ab.
Die oben gemachten Angaben für die Ermittelung des Beiwertes c berücksichtigen
den Einfluss der Bekrustung und Rostbildung. Für ganz neue Leitungen würden sich
demnach die Widerstandshöhen um - kleiner ergeben.
Bei Wasserkraftanlagen wird meistens die seid. Wassermenge Q, welche den
Turbinen zugeführt werden soll, bekannt sein und man wird Annahmen für die Geschwin-
i) Handb. d. Ing.-Wissench. Teü m. Wasserbau. Bd. 3. 1904. Die Wasserversorgung der
Stldte, 8. 80 u. 81.
*) E. Sonne, Grundlagen für die Berechnung der Wasserleitungen. Zeitschr. d. Vor. deutscher
lag. 1907. 6. 1615 u. ff.
III. Theodor Koehn. Ausbau vom Wasserkräften. Eineki.heite?t.
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m. Theodor Koehh. Ausbau vor WAWBRKRlrTKir. Einzelheiten.
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§ 4.
Druckbohre.
881
Tabelle IL
*D
WuMnntDgen Q = 0,001 — .— v in 1/tek., wenn D in mm ausgedruckt wird.
Dm. D
Geschwindigkeit des Wassers v in m/sek.
in mm
0,50
i 0,60
0,70
0,80
0,90
1,00
135
1,50
1,75
250
24,544
29,452
84,361
39,270
44,179
49.087
61,859
78,681
85,908
300
35,343
42,411
49.480
56,549
68,617
70,686
88357
106,03
123,70
850
48.106
57,727
67,848
76,969
86,590
96,211
120,26
144,32
168.87
400
62,832
75,398
87,965
100,53
113,10
125,66
157,08
188,50
219,91
450
79,522
95,426
111,33
127.28
143,14
159,04
198,80
288,57
27833
500
98,175
117,81
187,45
157,08
176,72
196,85
245,44
294,53
848,61
550
118,79
142,55
166,31
190,07
218,82
237,58
296,98
856.37
415,77
600
141,87
169,65
197,92
226,19
254,47
282,74
853,48
424,11
49430
650
165,92
199,10
232,28
265,46
298,65
331,88
414,79
497,75
580,70
700
192,42
230,91
269,39
307,88
846,36
384,85
481,06
577,27
673,48
750
220,89
265,07
809,25
353,43
897,61
441,79
552,23
662,68
778,13
800
251,83
801,59
851,86
402.12
452,89
502,66
628,82
758,98
879,65
850
283.78
340,47
897,22
453,96
510,71
567,45
709,81
851,18
993,04
900
318,09
881,70
445,32
508,94
572,56
636,17
795,22
954,26
1 118,8
950
854,41
425,29
496,18
567,06
637,94
708,82
886,08
1068,2
1240.4
1000
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471,24
549,78
628,32
706,86
785.40
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1 178,1
1 374,4
1500
888,56
1060,3
1237,0
1 413,7
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1 767,12 2 208,9
2650,68
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1570,8
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2 513.8
2827,4
3 141,6
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4 712,4
5 496,9
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2 945,2
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4908,8
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3000
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4 241,1
4948,0
5 654,9
6861,7
7068,4
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10 602,6
12 370,1
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8599,4
9621.0
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16886.5
4000
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10 058,1
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11 138.0
12 728,5
14 318,9
15904,0
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23856,0
27 882.6
5000
9817,5
11781,0
13 744,5
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15 708,0
17 671,5
19685,0
24 573,8
29452,5
84861,8
n D*
Wassermengen Q == 0,001 -7— ▼ in 1/sek.
Dm. D
Geschwindigkeit des Wassers v in
m/sek.
in mm
2,00
2,25
2,50
2,75
8,00
3,50
4,00
4,50
5,00
250
98,175
110,46
122,78
185,00
147,28
171,12
196,87
220,91
245,46
300
141,37
159,04
176,71
194,38
212,06
247,34
282,74
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853.48
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288,63
336,75
384,84
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313,44
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450
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857,02
396,69
436,36
476,08
555,36
634,70
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441,78
490,88
589,86
589,04
687,23
785,40
883,56
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962,12
1 058,3
1154,5
1846,9
1589,4
1 781,80
1924,24
750
883,58
994,0
1104,5
1 214,9
1 325,3
1546,3
1 767,1
1988,0
2209.0
800
1005,3
1 128,4
1256,6
1382,3
1507.9
1 759,3
2 010,6
2256,8
2 518,2
850
1134,9
1276,8
1 418,6
1560,5
1702,4
1986,1
2 2693
2558,6
28373
900
1272,3
1431,4
1 591,1
1 749,4
1908,5
2226,6
2544,6
2862,8
8 1823
950
1 417,6
1594,8
1 772,1
1949,2
2126,4
2480,8
2885,3
3189,6
3 544,2
1000
1 570,8
1 767,1
1968,5
2 159,9
2356,2
2 748,9
8 141,6
85843
8 927,0
1500
3534,24
3 976,0
4417,8
4859,6
5 801,4
6185,0
7068,5
7 952,0
8885,6
2000
6 283,2
7 068,5
7854,0
8 689,4
94243
10 993,8
12566,4
14 137,0
15 708 0
2500
9 817,6
11044,6
12 271,8
13 499,1
14 726,4
17 180,8
196853
22089,2
24548,6
8000
14 1363
15 904,%
17671,2
19438,7
21205,2
24740,2
28 278,6
81808,8
35 842,4
3500
19 242,0
21 646,9
24 052,2
26 457,8
28863,0
38 673,0
38484,0
48293,8
48 104,4
4000
25 182,4
28 274,4
31 416,0
84 557,6
37 698,6
43982,4
50264,8
56548,8
62 882,0
4500
31806,0
35784,8
39 760,8
43 737,0
47 712,0
55665,2
68 616,0
71 569,6
79621,6
5000
39 270,0
44 178,8
49 147,6
53996,3
58905,0
68 722,6
78540,0
88 357,6
982953
Hanftaeh d«r Ing>WiiMBMh. in. T«iL 13. B4.
56
882 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
4 Q -. /4 Q
digkeit ^ = 51 machen, woraus sich dann der Dm. D= 1/ — — ergibt. (1).
In beziig auf die Geschwindigkeit sagt A. Fl am an t in seiner bekannten Hydrau-
lique, Encyclopgdie des Traveaux publics, Paris 1900, S. 155:
„II n'est paa iu utile ie rappeler ici que ponr diverses causts et en particulier ponr eviter
„les coaps de bälier dans les conduites, il e>t d'usage de limiter la vite**e moyenne de IVau
„qu'el'es debitent. Cette limitation de Ja vitesae n'a ävidemment rien d'absolu et peut ddpendre
,des pr&autions plus ou moina nombreuses qu'on aura prises d'autre part pour se mettre k Tabrl
„des coups de bdlier, eile peut aussi 6tre fonction, dans une certaine mesure, de la pression mo-
„yenne dans les conduites. Cependant, on peut admettre en glnlral les limites ci-apres, ponr les
„conduites de differents diametres:
.DUmitrM
VitMM muima
DlamHr.1
VitMM m.Tlnu
,0,10 m
0,75 m
0,40 m
1,25 m
,0,15 ,
0,80 ,
0,50 ,
1,40 ,
.0,20 ,
0,90 ,
0,60 ,
1,60 ,
.0,25 ,
1,00 ,
0,80 ,
1.80 ,
,0,80 ,
1,10 ,
1,00 ,
2,00 ,
„Bien des ingänieurs se tiennent meme notablement au-deasous des ces limites qui sont
„rarement atteintes."
Zur Ergänzung, und teilweisen Berichtigung dieser Mitteilung sind die tatsächlich
zugelassenen Geschwindigkeiten bei 21 ausgeführten Anlagen vom Verf. einer Prüfung
unterzogen und die Resultate in der vorstehenden Tabelle I zusammengestellt.
Tabelle II gibt zur Erleichterung der ersten Übersicht beim Projektieren die
Wassermengen Q, welche bei einem bestimmten Dm. D und einer Geschwindigkeit v
durch eine Leitung fliessen.
Bei der Festigkeitsberechnung der Druckrohre, soweit es -sich um die Berücksich-
tigung der Druckerhöhung durch Wasserschläge handelt (S. 903 u. 909), ist die grosste
sekl. Wassermenge Qm*x zugrunde zu legen. Will man aber den wirtschaftlich vorteil-
haftesten Dm. D suchen, so muss man von einer mittleren Wassermenge Q in cbm/sek.
ausgehen, welche etwa im Jahresdurchschnitt während des Betriebes durch das Druckrobr
fliessen soll. Bedeutet (h) den Druckverlust in einer Leitung von einer bestimmten Länge
mit einem Dm. D bei gegebener Wassermenge Q in cbm/sek., welche im Jahresdurchschnitt
während a Stunden den Turbinen zugeführt wird, so beträgt der durch den Druckverlust
in der Leitung verursachte Verlust an PS9-Stunden im Jahr.
V = Q.a.(h) 10 = -5^.v.a.(h).10, (2)
wenn man einen Wirkungsgrad der Turbinen von 0,75 annimmt. Bezeichnet man den
Nutzwert (reiner Nutzen nach Abzug aller Betriebskosten) einer PS«-St. in Pf. mit x, so
V.x
gehen durch den Druckverlust im Rohr -r^ Mk. pro Jahr verloren.
Die jährlichen Betriebskosten einer Druckleitung setzen sich zusammen ans den
Kosten für Verzinsung (4l/t%), für Tilgung (0,7%), für Erneuerung (0°/o), für Unter-
haltung und Bedienung (1%); zusammen * v. H. (etwa 6,2 °/o) der Anlagekosten.
Bezeichnen K und Kt die Anlagekosten4) in Mk. zweier verglichener Drucklei-
*) Gnsseiserne Druckrohre kosten etwa für 1 kg 0,10 Pfg. ab Werk und 0,12—0,15 Pfg.
pro kg fertig verlegt einschliesslich Lieferung des Dichtungsmaterials. 0
Von einem schlesischen Hüttenwerk wurde im Jahre 1906 dem Verfasser für eine Druckrohi-
leitung aus geschweiftsten Rohren folgender Anschlag gemacht
a) Bei 2850 mm 1. W., 9 mm Wandstärke, 12 m Rohrlange, Gewicht pro m ca. 555 kg, Preis
pro m ML 185 oder 0,84 Mk. pro kg ab Werk einschliesslich Verbindungsschrauben und
§ 4. Dbuckrohre. 883
tungen mit den Dm. D und D„ so würde der Dm. D den Vorzog verdienen, wenn
— m — <-^~m — sein wurde-
Man kann den nnter Berücksichtigung der Betriebskosten wirtschaftlich
günstigen Querschnitt einer Druckleitung auch direkt nach den für Werkkanäle ent-
wickelten Gleichungen (S. 872 bis 876) berechnen.
Es war nach Gleichung 7 die Summe von der in der Leitung jährlich durch Reibung
verloren gehenden Arbeitsleistung in Mk. und den jährlichen indirekten und direkten Be-
triebskosten der Leitung selbst
. . A L Q8 a . 1000 ??x _ T , , uvv
A + A1 = p—-^^-jj-/- + F. ^.fi. L. (x und %x in Mk.)
Wenn, wie es meistens der Fall ist, die sekl. Wassermenge nicht das ganze Jahr
gleich, sondern wechselnd ist, so wird der Wert von Q in obiger Formel zu berechnen
sein, aus
-VE
% "t" y« % i • • • • y^ *n
"T" &a T" *S i • • • • an)
und a ist natürlich gleich dem Nenner in obiger Gleichung, d. h. gleich der Summe der
D*t* D
einzelnen Zeiten. Setzt man F= - - in qm, R = — inm, und die Anlagekosten pro lfm.
Fxi = ~4 .xl = D;r<Jy1.x/,
worin 8 die Dicke der Rohrwandung in m, y, das Gewicht pro cbm Eisen in Tonnen,
x' die Kosten pro Tonne Eisen in Mk. bedeuten, dann wird die obige Gleichung zu
64Q8a.l000j7.x . yl T ,a,
-^-- + Dndylx'e\ .L. (3)
A I Aj —
lbDbn*
Und wenn man zur Auffindung des günstigsten Querschnitts den ersten Differential-
quotienten nach D gleich 0 setzt:
64Q3.a.l00O.?.x
15D67i2c2 -r*°r\**- w
b) Bei 1500 mm 1. W., 7 mm Wandstärke und 12,0 m Baulänge, Gewicht pro m ca. 295 kg,
Preis pro m Mk. 105 oder rd. 0,36 Mk. pro kg, im übrigen wie vor.
Die zum Teil aus Flusseisen, zum Teil ans Siemens-Martin-Stahl hergestellte Druckleitung von
0,78 m 1. Dm. und 1060 m Lange der Anlage Novalesa an der Ceniscbia wog 800000kg und hat
fertig verlegt 280000 Lire gekostet, also etwa 0,63 Mk. pro kg bei bedeckter Verlegung.
Die 294,0 m lange Druckleitung der Anlage Kubelwerk von 1,6 m 1. Dm. wog einschliesslich
der Verbindung srohre am Krafthause ungefähr 150000 kg und hat fertig verlegt einschliesslich der
Armatur der Staumauer 235000 Frs. gekostet, also etwa 1,56 Frs. pro kv. Die Verlegung erfolgte offen.
Der verhältnismässig hohe Preis ist wohl auf besondere Schwierigkeiten beim Transport und bei der
Verlegung zurückzuführen.
Für die überschlägliche Gewichtsberechnung bei Aufstellung des Kostenanschlages kann man
den kubischen Inhalt der Rohrwandungen aus (Da2 — Di2) — . L berechnen,
für Gusseissen ein Gewicht von 7,250 t pro cbm
, Schweisseisen r „ „ 7,870 * r „
„ Siemens-Martin-Stahl „ „ , 7,860 „ „ „
annehmen und bei guss eisernen Muffenrohren von 4,0 m Baulänge 8 — 10 °o des Gewichtes für
die Muffen,
bei gusseisernen und schmiedeeisernen Flanschenrohren und Baulängen von 4,0—5,0 m
8— 10°/o für Flanschen, Bolzen und Nieten und für Baulängen von 8,0—10,0 m 5 — 7°/o hinzurechnen. Ver-
stärkungsringe etc., wie bei den Druckleitungen der Anlage Jajce (8.495) und Ontario Power Co.
(S. 543) sind besonders zu berechnen.
56»
884 III. Thbodor Kobhv. Ausbau vov WabbemkbAbtek. TSesimlmkitkh.
_ Daher also der günstigste Dm. in m
f lDJi'.c'.d.ft.x'.s * '
Beispiel: Nimmt man z. B. die oberste Strecke der Druckleitung des Kabelwerkes (Tat XXI,
Füg. 1), wobei Q =» 4,6 ebm/sek.v a su 8000 Standen jährlich, 17 der Wirkungsgrad der Turbinen su 0,75,
der Nntswert einer PS« -8t. » zu 0,025 Mark, c = 60, 4 = 0,0055 m, y* = 7,87 t, %' sn 500 Mk. pro t,
e zu — ^ angenommen sei, so wird
V/~6T7i^7ä000 . 1000. 0,75 .0,085 ftM
|r 15. «».0,0055. 00». 7,87. 500. 0,0e2°°^Wm#
Die Beanspruchung der Rohrwandungen in kg/qcm wurde* sieh nach Formel (89) (8. 889) ergeben sn
und da p = 1,7 kg/qcm anzunehmen ist, wird kg = Vi . 1,7 -f , wenu D und (5 in cm ausgedruckt werden
k* = Vt.l,7.^gc/>857 kg/qcm,
was noch erheblich unter der Grenze für die zulässige Belastung läge. Der tatsächlich gewählte
Durchmesser ist 1,6 m (vergl. Tab. I, 8. 879, ad 10).
Würde man die Kosten für 1 t Eisen der fertigen Druckleitung «' an-
statt mit 500 Mk. mit 1000 Mk. einführen, so ergäbe sich D=2,07 m.
Die Kosten einer Druckleitung pro lfm. von 2,82 m Dm. mit 0,0055 Wandstärke (ohne Berück-
sichtigung der Fels-, Maorer- und Erdarbeiten) sind 2,32 * . 0,0055 . 7,87 . 500 = 157,56 Mk. und wenn
man entsprechend den Verhältnissen beim Knbelwerk annimmt, dass die Leitung mit 0,0055 m Wandstärke
95,0 m lang sei, so werden bei 0 = 0,062 die jährlichen Betriebskosten für diese Teilstrecke
A« 157^6.95.0,062 = 14987,20.0,062 = 928,02 Mk.
betragen. Die Geschwindigkeit des Wassers im Rohr von 2,82 m Durchmesser beträgt jgg = 1,09 m/sek»
also der QeflÜlverlust nach Formel 11 8. 886 auf 1 lfm. J = ^r^r = 0,00057 m.
ov . ZJSa
Demnach beträgt der verlorene Arbeitswert jährlich bei 3000 Stunden Betrieb, 75°/« Nutseffekt
in den Turbinen und 0,025 ML Nutswert pro PS« -St
At = 4,6 . 10 . 0,00057 . 95 . 8000 . 0,025 = 186,68 Mk.,
also ist A + At = 928,02 + 186,68 = 1114,70 Mk.
Bei der tatsächlich ausgeführten Leitung mit 1,6 m lichtem Dm. sind die Anlagekosten der
Druckleitung auf 95,0 m Länge (soweit die Wandstärke 0,0055 m reicht) ohne Berücksichtigung der
Fels-, EruV und Maurerarbeiten:
1,6 ».0,0055. 7,87. 500. 95 =108,78x95 = 10 384,0 Mk.
Also die jährlichen Betriebskosten 10334x0,062 = 640,72 Mk. Die Geschwindigkeit im Rohre beträgt
QOgfl 4
2£8 m/sek^ also der Druckverlust pro lfm. J= J~ ' =0,00861 m. Demnach beträgt der Verlost
WJr . 1,0
an Arbeitswert jährlich unter den obigen Annahmen
4,6. 10. 0,(X»61. 95. 8000. 0,025 = 1182,75 Mk.
Also A + At = 1182,75 + 640,72 = 1838,5 Mk., d. h. bei dem günstigsten Querschnitt würde das
Gesamtergebnis um 1828,5 — 1114,7 = 7083 Mk. jährlich günstiger. Allein es ist nicht tu vergossen,
dass die Fundamente der an sich günstigeren Druckleitung mit dem grösseren lichten Dm. etwas teurer
gewesen sein wurden als diejenigen des tatsächlich ausgeführten Rohres, wodurch ein Teil des Vorteils
jedenfalls noch wieder aufgewogen worden wäre.
Da die Wandungen wegen der guten Nietang und der Gefahr des Röstens nicht
gern schwächer als 5 nun gemacht werden, so wird man in der Regel die obere Strecke
nach Formel 5 rechnen nnd den ermittelten Dm. soweit reichen lassen können, bis durch
das Anwachsen des Druckes p die höchste zulässige Beanspruchung k, erreicht ist. Für
die weiter unterhalb liegende Strecke mass man aber die Wandstärke von dem Drucke
§ 4. Druckrohre. 885
p pro qcm abhängig machen und deshalb in Formel 3 für d nach Formel 28 (S. 889) setzen
sr— r- . Dann
2 . k« ^^
A-f A1 =
64Q8.a.lOOO.i7X . D*
+^£*r*YL- ®
75D57ifc*
Der erste Differentialquotient gleich 0 gesetzt ergibt:
n_ 64Q»a.lO0O?.% , Drcftx'sp
0_ 15D*rc"c* + E • (7)
also der wirtschaftlich günstigste Dm.
64Qsa.l000.7.x.kc
D^
lbffttc2yl . x'.s.p
Beispiel: Nimmt man wieder die Druckleitung des Kubelwerkes (Taf. XXI, Fig. 2) als Beispiel,
betrachtet die unterste Strecke, wählt k» wie oben zunächst = 857 kg/qcm, so wird, da der Druck am
unteren finde etwa gleich 9,2 kg/qcm ist, der günstigste Durchmesser
~ _ V/äTTiro* . 8000 > 1000 ■ 0,75 . 0,025 . 857 - AR
K 15 .*». 601 . 7,87 . 500 . 0,062 . 9,2 sei'bö,n»
165 92
also 6 = * ' = 2,13 cm. Die tatsachlich gewählte Wandstarke bei D = 1,60 m ist 1,45 cm. Also
k. = ^^c/> 508 kg/qcm.
Man erkennt ans Formel 8, dass der wirtschaftlich günstigste Dm. um so grösser
wird, je grösser der Nutzwert pro PS#-Stunde, je länger die jährliche
Betriebsdauer und je billiger der Preis pro Tonne Eisen oder Stahl
der fertigen Rohrleitung angenommen werden dürfen.
Man kann nun aus Gründen der zweckmässigen und billigen Herstellung der Bohre
natürlich mit dem Dm. nicht häufig wechseln, sondern wird sich mit derjenigen An-
näherung an den günstigsten Querschnitt begnügen, welche bei kurzen Leitungen durch
die Wahl eines passenden Querschnitts, bei längeren Leitungen durch die Wahl von
einigen passenden Querschnitten erreichbar ist.
Auch ist dabei, abgesehen von den Fragen des mehr oder weniger leichten Trans-
portes, der Vorteil geringeren Kapitalaufwandes zu berücksichtigen. In dem obigen Bei-
spiel würde der Aufwand für die 95,0 m lange Rohrleitung der obersten Strecke beim
günstigsten Profil 14968,20 Mk., beim ausgeführten Profil 10334,0 Mk. betragen haben,
wenn man 600 Mk. für die t Gewicht als Einheitspreis zugrunde legt.
Ausserdem kann man sich, wie an dem Beispiel gezeigt, durch eine einfache Rechnung
leicht überzeugen, um wieviel Mark jährlich ein von dem wirtschaftlich günstigsten ab-
weichend gewählter Dm. der Druckleitung die Betriebskosten ungünstig beeinflussen kann.
Es ist nun noch zu beachten, dass der Preis jc* pro t Eisen oder Stahl der Druck-
leitung nicht unabhängig ist vom Dm., da natürlich die verhältnismässigen Arbeitskosten
bei kleineren Dm. wachsen, also die Einheitskosten xf mit wachsendem Dm. abnehmen.
Nach dem Vorbild der Ableitung auf S. 875 kann man setzen, wenn man die Ein-
heitspreise für zwei beliebige Dm. D' und D* zu W und %H ermittelt hat -y —m = tg a.
Für die Ermittelung des Verhältnisses von %* zu x* geben die Angaben in der Fussnote
4 ad a und b (S. 882/883) einen Anhalt.
Nach dem Vorbild der Entwickelung von Formel 18 (S. 875) würde sich für den
wirtschaftlich günstigsten Dm. der Ausdruck ergeben
»-V.
64Q*a.l000i;.x.k, lo.
16naea^p[«'t + (0/ — 2D)tga.«]
886
m. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Zur Auflösung der Gleichung würde man zunächst Ar D unter der Wurzel eine
Annahme machen und nach Ermittelung eines ersten Wertes für D mit diesem die
Rechnung wiederholen usf. bis die gewünschte Genauigkeit erreicht ist.
Der gesamte Druckyerlust (h) in einer Druckleitung setzt sich zusammen aus
den Verlusten :
a) In der Einflussmundung, d) an den Schiebern und Drosselklappen,
b) in der geraden Strecke, e) an den Stellen, wo Querschnittsrerinde-
c) an den Knickpunkten, rangen eintreten, sowie an den Abzweig-
stellen,
a) Der Verlust an der Ausmündungsstelle des Betriebwassers aus der
Druckkammer setzt sich zusammen aus der Druckhöhe
2g
welche nötig ist, am
das Wasser aus der Geschwindigkeit, mit welcher es zufliesst, in die Durchflussgeschwin-
digkeit, welche es im Druckrohre erreichen soll, überzuführen und aus dem Verlust durch
Einschnürung in der Eintrittsöflnung. Setzt man v0 = 0, so lässt sich der Gesamtverlust an
v*
der Einflussmündung des Druckrohres ausdrücken durch h0 = (1 -(- £0) 5- (10), wobei £>
*g
für allmählich trompetenartig erweiterte Ausmündungen etwa zu 0,25 bis 0,15, für scharf-
kantige, nicht erweiterte Öffnungen zu 0,50 bis 0,25 anzunehmen ist. Wird der Werkkanal
mit einem glatten Profil ohne Absätze allmählich in das Druckrohr übergeführt, so darf
man h0 = 0 setzen.
b) Der Druckverlust in m Wassersäule ausgedrückt auf einer
geraden Strecke berechnet sich pro lfm. aus
Y = F=rrr& = cl^:j = c|/4J
zu J =
D*/i*c* c*D'
4vi
Also ist der Gesamtverlust auf einer Strecke von der Länge L in m, ht = -» • L
4x2jt
und wenn man für — ^ = f, setzt, so wird hj = &".
c
W ei ab ach hat zur Berechnung von
C, die Formel ?, = 0,01439 +
D*2g'
0,0094711
c*D
(12)
(13)
angegeben.
Tafel für Werte von £t auf geraden 8trecken nach Weisbach.
für t in m/sek. =
Mtfl-
0,5
0,0278
0,6
0,0266
0,7
0,0257
0,8
0,0250
0,9
0,0244
1,0
0,0289
1,25
0,0229
1,5
0,0221
1,75
0,0215
fOr t in m/sek. =
2.0
0.0211
2,5
0,0204
8,0
0,0108
4,0
0,0191
5,0
0,0187
6,0
0,0183
7,0
0,0180
8,0
0,0178
9,0
0,0176
für v in m/sek. — ■
10,0
0,0174
12,0
0,0171
14,0
0,0169
16,0
0,0168
18,0
0,0166
20,0
0,0165
—
—
—
A. Flamant») gibt anstatt (12) die Formel hi _ ^OO^JL
n-
(M>
6) A. Flamant, Hydrautiqne. Paris 1900. 8. 150. Der Autor geht ans tob der Formel (11)
DJ t» A _ ^ 1 b
-T-rs-sund setzt fnr-^ = T —
4 c* c ^
Durch Einführung eines Zahlen werte» a = 4b kommt er zn der
§ 4.
Druckrohre.
887
Setzt man in die Formel v = e,y8J nach Dupnit c = 50,9, so wird nach Einsetzung von
Q
F
4Q
für y and von
x.D*
und J (Druckverlust auf 1,0 m Länge) =
-für R,D = 0,3.l/^-
Q* (0,3)*
DJ
QS(0,8)J
also der Druckverlust auf einer Länge L des Rohrstranges hi = ~-rJ • L*
c) Zur Berechnung der Verluste bei Richtungs-
änderungen im Rohr gibt Weisbach folgende Formel:
1. Bezeichnen ht den Druckverlust, w den Zentriwinkel
der Krümm ungss teile, q den Halbmesser der Krümmung,
r die halbe Rohrweite, so ist (Abb. 280)
(18)
(15)
(16)
(17)
Abb. 280.
\* <a
h,_?*2i 90
worin f8 = 0,13i + 1,847
er «•
Werte für Ja bei Krümmungen nach Weisbach.
8-
0fl
0,181
0,2
0,138
0,8
0,158
0,4
0,206
0,5
0,294
0,6
0,440
0,7
0,661
0,8
0,977
0,9
1,408
1,0
1,978
2. An einem Knierohre (Abb. 281) ist nach Weisbach der Druckverlust
h8 = [0,9457 sin2 | + 2,047 sin4 ~] . ~
2
g
(19)
h8 = £s •
2 g
Abb. 281.
Werte für £s bei Knickpunkten nach Weisbach.
für ü> =
20
0,046
40
0,139
60
0,364
80
0,740
90
0,984
100
1,260
110
1,556
120
1,861
130
2,158
140 Grad
2,431
Die Werte sind für Rohrleitungen von 30 mm aufwärts gültig, wäh- Abb. 282.
rend für engere Rohrleitungen £3 bedeutend grösser ausfällt.
d) Der Druckverlust an einem Schieber oder einer
Drosselklappe berechnet sich zu (Abb. 282)
K = S*.
2 g
(20)
•
Werte für f4 bei Schiebern nach Weisbach.
Bei der Stellhöhe s =
und
wird
8 =
V«
«/•
6'«.
i
F ~~
1 0,948
0,856
0,740
0,609
0,466
0,315
fr-
! 0,07
i
0,26
0,81
2,06
5,52
17,0
I
V« von d
0,159
97,8
Für Drosselklappen gilt gleichfalls die Formel (20), nur hat der Koeffizient
£4 alsdann folgende Werte:
Formel D5J4 = a4v7 oder D J = a.v , woraus Formel (14) abgeleitet ist. Zum bequemeren Gebrauch
dieser Formel gibt er zur Berechnung von D, J, v Tabellen für Dm. bis zu 1,40 m.
888
m. Thbodob Koehn. Ausbau ton Wasserkräften. Eihzelheiten.
Werte fttr f4 bei Drosselklappen.
Stellwinkel der Drosselklappe gegen die Rohrachse
^^^
5°
0,24
10*
0,52
15°
0,90
20°
1,54
25°
2,51
80*
8,91
85»
6,22
40*
10,8
45°
18,7
50°
82,6
55*
58,8
118
65*
256
70»
751
909
OD
e) Die Druckverluste an den Stellen, wo Querschnittsveränderungen
stattfinden. 1. Wird ein Querschnitt an einem Flansch derart verengert, dass das Rohr
mit dem kleineren Dm. scharfkantig an ein weiteres anschliesst, so ist der Druckverlust
fi bedeutet einen Einschnürungswert, v, die Geschwindigkeit im verengten Quer-
schnitt. Ist Ft der Querschnitt des engeren Rohres und ¥x der Querschnitt des weiteren
Rohres, so gelten folgende Werte für f6 und p bei Rohrverengerungen (nach Weissbach 1843):
h6 = &-2^ worin?6 =
fttr F, : F, =
0,01
0,1
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
&«
0,50
0,47
0,42
0,88
0,25
0,15
0,00
f» =
0,64
0,65
0,66
0,70
0,75
0,84
1,00
F.
Sind derartige Verengerungen an einem Flansche so gering, dass —c^l wird, so
berücksichtigt man bei der Unsicherheit des Wertes für f6 am einfachsten und genau genug
alle Druckverluste durch derartige kleine, in einem Strange aufeinander folgende Ver-
engerungen, indem man für Ft den kleinsten Querschnitt und für ¥t den grössten setzt
und den hieraus ermittelten Wert für J6 an Stelle von 2 (£6) einfuhrt.
Bei einer allmählichen zentralen Verengerung des Rohrstranges kann
man f6 = 0,076 einführen, da nach Formel (21) /< = 1 zu setzen ist.
v *
2. Bei einer allmählichen zentralen Erweiterung wird 1^ = ^. ^-, wenn
Vf die Geschwindigkeit in dem erweiterten Profil Ft bedeutet.
Es wird nach Fliegner (Zivilingenieur, 1875. S. 98) angenähert:
^=(^-l)f.8ina, (22)
wenn a den ^C bezeichnet, den die Wandungen des Erweiterungsstückes im Achsen-
schnitt einschliessen.
3. Für Abzweige mit verengertem Querschnitt (gegenüber demjenigen des Haupt-
v *
Stranges) , in welchem die Geschwindigkeit v4 herrscht, wird h7 = £7 . ^-, wobei ausser-
dem die Richtungsanderung nach Formel 19 zu berücksichtigen ist.
£7 für rechtwinkligen und scharfkantigen Abzweig =0,5,
£7 für rechtwinkligen Abzweig mit gebrochenen Kanten = 0,25, (23)
£7 für rechtwinkligen, aber gut abgerundeten Abzweig = 0,06 — 0,01,
£7 für spitzwinkligen Abzweig unter dem ^C (90 + <*) in der der Stromrichtung
entgegengesetzten Richtung = 0,5 + [0,3 . sin a -f- 0,2 . sin'a].
Hiernach ist der Gesamtverlust aus a bis e
+2(&)^+*&)^+-(W-l£ (*)
§ 4. Dbuckbohre. 889
2. Die Festigkeit zylindrischer Rohre mmd die Vorrichtungen zum Schutze
der Druckrohre gegen Wasserschläge. Da der Kreis in bezug auf Widerstandsfähig-
keit und Materialaufwand die günstigste Querschnittsform darstellt, so kommen andere
als kreisförmige Druckrohre in der Praxis nur an Spezialbauwerken (Dficker etc.) vor,
wo für den Durchgang zylindrischer Rohre der Raum zu klein ist.
a) Gleichmässig verteilter, der Höhe der ruhenden Wassersäule
entsprechender Innendruck > als der gleichmässig verteilte äussere
Druck.
Es mögen bezeichnen:
D den inneren Rohrdurchmesser in cm, H = die statische Hohe der Wassersäule in m,
6 die Wanddicke in cm, pi den gleichmässig verteilten inneren Wasser-
kz die znlissige Materialspannung in kg/qcm, druck in kg/qcm — 0,1 H kg/qcm,
Kz Zugfestigkeit des Rohrmaterials in kg/qcm, p» den gleichmassig verteilten äusseren Druck
<f = ^ das SicherheiteverhAltnis. in ^«f' . ■_.,_,
fci p = pi — pm den inneren Überdruck in kg/qcm.
Betrachtet man ein Stück Rohr von 1,0 cm Länge, so gilt die Festigkeitsgleichung
D.pi — (D + 2d).pft = 2dkI (25)
demnach ist das Verhältnis der Wanddicke zum Dm.
A — 1/. P*~P» /9ßx
D~ /iBk. + Pi (26)
und die Zugspannung k, = V» • (pi — P») • -r ■ — P* (27)
Wenn pm im Vergleich zu k, sehr klein ist, kann man annäherungsweise setzen:
und man erhält dann kB = 1/t p . -p (20)
Die in den kreisförmigen Querschnitten infolge des Wasserdruckes auftretende
Längsspannung ist nur etwa halb so gross wie die Tangentialspannung, und sie spielt
deshalb für die Bestimmung der Wandstärken bei der zunächst hier vorliegenden Be-
trachtung keine Rolle.
C. v. Bach6) hat neuere Formeln gegeben, welche der Elastizität der Rohre und
der Verschiedenheit der Spannungen in den einzelnen Teilen des Querschnittes Rechnung
tragen. Die Spannung ist an der inneren Kreisringschale der Rohrwandung am grössten
und nimmt mit wachsendem Halbmesser nach der äusseren Wandungsscbicht hin ab.
Die Bach sehen Formeln sind unter der Voraussetzung, dass sich die Rohre frei bewegen
können, aufgestellt und lauten:
-Ji/^-J
(80)
•) Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1880. 8. 288. 864 488.
C. Bach, Die Msschinenelemente. 9. Aufl. Stuttgart 1908. 8. 89.
890 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
(i+ff)"->
p _ _ kt (32)
1,3(1 + p) +0,4
Aus der Formel (30) ergibt sich, dass die Wandstärke des Rohres unendlich gross
sein müsste für p = -■?-.
Als Zugfestigkeit für Gusseisen Kz gilt 1300 kg/qcm und als diejenige Inanspruch-
nahme auf Zug, bei welcher die Elektrizitätsgrenze des Gusseisens liegt, 750 kg/qcm.
Je nach der Sicherheit, welche man beansprucht, wird die zulässige Inanspruchnahme
festzusetzen sein. In der Regel lässt man bei gutem Gusseisen nur eine
Betriebsspannung von 65 bis 85 kg/qcm zu, sodass a=-|-^=^20 bis 15,3
würde.
Bei Druckrohren aus gutem Flusseisen kann man bei zehnfacher Sicherheit (a = 10)
noch Inanspruchnahmen von 400 bis 600 kg/qcm und bei Druckrohren aus Siemens-
Martin- Stahl Inanspruchnahmen im normalen Betrieb von 700 bis 1000 kg/qcm zu-
lassen. Bei genieteten Röhren sind die Nietlöcher abzuziehen. Bei Schweissrohren wird
man nur 90 bis 95°/o der sonst zulässigen Inanspruchnahme für die Schweisstelle
zugrunde legen.
Bei der Anlage Novalesa a. d. Cenischia (444,7 m Druckhöhe und 0,78 m 1. Dm.) wurde
eine zulässige Inanspruchnahme für Siemens-Martin Stahl hei einem Zuschlag von 15°/o -zu der ruhenden
Wassersäule für Wasserschlage von 101)0 kg qcm angenommen.
Bei der Anlage Champ (Füre et Morge) (35,0 m Druckhöhe und 3,30 m Dm.) ist für
Siemens-Martin-Stahl in der Annahme eines gleichmassig verteilten, der ruhenden Wassersäule
entsprechenden Innendruckes nur eine zulässige Beanspruchung von 440 kg zugrunde gelegt7).
Zu dem gleichmässig verteilten inneren Druck pi = 0,l H kg/qcm kommt noch
der Druck der äusseren Luft. Da aber der gleiche Druck pro Einheit auch auf den
äusseren Umfang des Rohres wirkt, so wird er für den Zustand der vollen Füllung
der Leitung meistens bei obiger Rechnung vernachlässigt, obwohl der äussere Druck auf
einer um 2 d grösseren Breite wirksam ist.
b) Ungleichmässig verteilter Innendruck. Die Untersuchungen mit
Hilfe der oben angegebenen Formeln (20 bis 32) genügen für die Berechnung der grössten
Beanspruchung des Leitungsmaterials nicht immer, wenn es sich um grössere Rohrweiten
(mehr als 1,5 m Dm.) und um wenig geneigte Leitungen handelt, denn wenn eine solche
Leitung nur bis zum Scheitel gefüllt ist, der Scheitel selbst aber noch druckfrei bleibt,
so nimmt der Druck vom Scheitel nach der Sohle hin zu, und es treten Biegungs-
spannungen auf, die um so grösser werden, je grösser der Dm. ist und je kleiner
die Fläche wird, auf welche sich der Gegendruck der Auflagerung äussert. Der Zu-
stand des druckfreien Scheitels flachliegender Leitungen tritt besonders
bei der Rohrfüllung auf. Kommt der Scheitel einer flachliegenden Lei-
tung nach vollendeter Füllung unterDruck, so wird die Erhöhungder
Wasserpressung zunächst eine Verminderung der grössten inden Rohr-
wandungen herrschenden Zugspannungen bewirken.
Philipp Forchheimer hat in seiner Abhandlung „Zur Festigkeit weiter Rohre"
in der Zeitschr. d. österr. Ing.- u. Arch.- Ver. 1904 Nr. 9 und 10 die Formeln zur
?) Ch. L 4p ine, Les Installations Hydrofilectriques de la Socilte* de Füre et Morge. Parte
1908. S. 64.
§ 4.
Drückrohre.
891
Abb. 283.
Berechnung der grössten Biegungssp&nnungen bei druck freiem Scheitel bei verschiedenen
Auflagerungen entwickelt.
Nachstehend sind unter Nr. 33 bis 41 die Forchheim er sehen Formeln kurz
wiedergegeben :
a) Für ein volles Rohr mit druckfreiem Scheitel und der Auflagerung
nur an der tiefsten Stelle A (Abb. 283).
Wenngleich dieser Fall in der Praxis kaum vorkommt, so ist
doch seine Betrachtang, weil er einen Grenzfall bietet, von Wert.
3
Das Moment in kg/cm an der Sohle wird M<> =* -. y r8 (33)
und allgemein das Moment an einer dnreh den <£ 9> bestimmten Stelle :
M»> = *£ [l -(*-?) «in,. + ^J*]. (84)
Das Moment hat seinen grössten Wert am Auflager, woselbst
es die Krümmung verflacht.
In nachstehender Zusammenstellung sind die einzelnen Werte für
m -3 nach Forchheimer angegeben.
für <p =
wird
I
yr»
0*
+0,750
15°
+0,868
30°
+0,062
45°
0,156
60»
-0,282
75°
-0,820
90°
105°
-0,285 —0,197
120°
—0,078
135*
+0,046
150°
+0,152
165° 180*
+0,225 +0,250
Mit der Krümmungsändernng sind Längenänderungen der einzelnen Dm. verbanden. Jeder Dm.
reicht von einer Stelle tp zn einer Stelle («> + «) und die Lftngenfinderang des zu 9 gehörenden Durch-
messers wird durch Vf^^f+n) angegeben.
Es ist fjf + fj(?+n) =|j (l — n * --£Cosy - ^ siny),
(35)
worin bedeuten r den Halbmesser in cm,
E den Elastizitätsmodul in kg'qcm8),
J das Trägheitsmoment der rechteckigen Schnittfläche der Rohrwandung von 1 cm Lange und
der Höhe 6 = der Wandstärke in cm
mm
'-H*
fl in cm die Verschiebung eines Ringteilchens in der Richtung des Halbmessers, also die Ver-
größerung des Abstandes vom Mittelpunkt,
y = Gewicht des Wassers pro cm* = 0,001 kg.
für <p
wird
yr»
0°
15°
80°
45°
60°
75°
—0,234
—0,196
-0,105
+0,0084
+0,114
+0,188
90°
+0,215
ß) Für ein volles Rohr mit druckfreiem Scheitel und einer Auflagerung
in ganzer Breite zwischen B bis C (Abb. 284).
Auf Erde gebettete Rohre sind in voller Breite unterstutzt. Wie gross aber die Gegendrücke
auf die einzelnen Stellen sind und welche Richtung sie haben, ist unsicher nnd hangt von der Art der
Verlegung (Unterstopfung) ab. Man kann aber mit grosser Wahrscheinlichkeit annehmen, dass die
Gegendrücke in der Sohle am grössten sind und von hier ans nach beiden Seiten bis zn B bezw. G auf
8) Für Gusseisen ist
£ = 750 000 bis 1 050 000,
„ Schweisseisen
E = 2000000,
, Flusseisen
E = 2150000,
, Siemens-Martin-Stahl
E = 2 200000.
8J»
HL Theodor Kobhv. Ausbau voh WabbkbkrIften. Einzelheiteit.
Abb. 284.
2
0 sbnehmen. Forchheim er macht die Annahme, dass der Gegendruck gegen ein Stück Bohrobor-
fliehe fiberall in der Richtung des betreffenden Rohrhalbmessers wirke nnd proportional sei dem Koahras
des <£e>, also etwa = a cos?. Die Summe der lotrechten Teilkräfte der Gegendrücke oder
/t , /sina>.eose>4-o>\
a.rcos'*)de> = ftr ( — T — g 7 ==
- »/, - *,
muas dann gleich dem Gewichte des Rohrinhalts = y *r* sein, w<
a = 2yr folgt. Da nun der Wasserdruck auf die Innenleimmg pro
Flächeneinheit yr{l + cos<p) (96)
?- beträgt, hat die Resultierende Ton Druck und Gegendruck auf der unteren
Rohrhälfte die Groese
yr(l+coso>) — acoso;=»yr(l — coso?). (37)
Gerade so gross ist aber der Wasserdruck auf ein Wandteilcben, welches
lotrecht über dem betrachteten auf der oberen Rohrhälfte liegt. Der
Rohrquerscbnitt wird also nicht nur bezüglich seines lotrechten, sondern
auch bezüglich seines wagerechten Durchmessers symmetrisch belastet und gebogen.
Das Moment an der Sohle ist M« = y r» (| — Vi) = 0,137 y r* (38)
und allgemein
M? = 2g- y— — e> sin <p — cos yj. (39)
Fflr <r =
ist --.- =
yr
0°
15#
80*
45*
60°
75«
90*
0,187
0,120
0,073
0,0054
-0,0069
-0.125
—0,1«
Ferner ist
EJ
2 o*1 cosa> Sy sin e> ji'cosy 3 coso>
~ ~ "1 " b ö öö ö •
yi*''-*^ 8 8 32 8 * (40)
In dem zuletzt betrachteten Falle ß ist die Längenänderung eines Durchmessers infolge
der doppelten Symmetrie = 2 17 und es ergibt sich daher
für <p =
E.J
2
yr*
? =
0,0987
15°
-0,0614
80*
-0,0476
45»
-0,0007
60°
+0,0467
75°
0,0820
90»
0,0951
y) VollesRohr, druckfreier Scheitel, Auflagerung in beliebiger Breite
B'C (Abb. 284) gekennzeichnet durch den ^a.
Das grosste Moment herrscht am tiefsten Punkte und lässt sich ausdrucken durch
M. = ^(I-«B.,=:^(,-g( ,41)
wenn man die Auflagerbreite 2r sin« (Abb. 284) mit b beseichnet.
Hierfür kann man als Nähernngsformel auch setzen
(41s)
M« = *£- (8 - n mna).
Fflr
wird
0»
0,75
15»
0,547
80*
0,857
45#
(0,195) su kleiner Wert nach der Nähenmgsfonnel
0,821 Wort nach genauerer Bechnung (41)
(41a)
Beispiel in ß: Betrachtet man 1 cm Länge des Rohres der Anlage Champ (Fürest
Taf. LX, Kg. 10) mit 880,0 cm lichtem Dm. an einer 8telle, wo die Wanöfctflrke 0,7 cm
nähme eine Auflagerung in Boden wie nach (Abb. 984) zwischen B und C an, so wurde das
moraent am tiefsten Punkt M9 = 0,187 . 0,001 . 165« = rd. 615 kg/cm, das Widerstandsmoment ist
0,7*
6
= 0,0617 cm*.
§ 4-
u «MKl;
893
615
Di« Beanspruchung ks würde also- sein = q^«« = rd. 7588 kg/qcm, d. h. das Bohr würde
wahrscheinlich brechen.
Man hat deshalb das Bohr in ein starkes Betonbett gelegt, welches eine Vermegung des
Rohres verhindern soll9).
Zur Berechnung der erforderlichen Betonstärke einer solchen Einhüllung kann
folgende Überlegung dienen : Die Summe aller wagerechter Wasserdrücke auf eine Rohr-
hfilfte bei druckfreiem Scheitel beträgt 2 . y . r* in kg.
Hiervon entfallen auf den oberen Quadranten ^r~ und auf den unteren Qua-
3 r*y
dranten ^ . Von den Drücken im oberen Quadranten werden durch den Rohrquerschnitt im
r*y r*y
Scheitel —^ übertragen, sodass durch einen Gegendruck im Kämpfer •=*■ aufzunehmen sind.
Von dem Gesamtdruck im unteren Quadranten werden durch den Rohrquerschnitt
6 4rf
in der Sohle w r*y übertragen , sodass durch den Gegendruck im Kämpfer —- aufzu-
o o
nehmen sind. Demnach beträgt der erforderliche Gesamtgegendruck im Kämpfer
G = i^ + ^ = r*yinkg. (42)
Beispiel: Betrachtet man die Druckleitung der Anlage Ghamp (Füre et Morge) (Taf. LX, Fig. 10)
im Zustände der Füllung, aber mit druckfreiem Scheitel, so wird die erforderliche wagerechte Gegenkraft
im Kämpfer auf 1 cm Länge des Rohres r' y = 165" . 0,001 = 27,225 kg. Nimmt man die sulassige
Belastung des Betons auf Abscheren in wagerechter Fuge su 0,8 kg/qcm an, so muss die Dicke des
27 225
Betonbettes im Kämpfer sein - ' oo 34 cm. Bei der ausgeführten Anlage ist die Dicke 0,50 m.
0,o
Aus den Formeln 33 bis 41 and den obigen Angaben folgt, dass man bei der
Füllung der Rohre mit grosser Vorsicht zu Werke gehen muss und die Rohre nur
langsam anfallen darf, damit nicht auf die Rohrwandangen, welche während des ZuStandes
des druckfreien Scheitels infolge der Beanspruchungen durch die Biegungsmomente im
Scheitel, der Sohle und dem Kämpfer etwa schon elliptisch verbogen sind, auch noch
Wasserschläge einwirken können. Es hat sich wiederholt ereignet, dass bei der
Füllung Druckrohre gebrochen sind, welche dem gleichmassig verteilten vollen Überdruck
bei der betreffenden Anlage vollkommen hätten widerstehen können.
c) Die gleichmässig verteilten äusseren Drücke > als die gleich-
massig verteilten Innendrücke. Wie bereits erwähnt kann man den atmo-
sphärischen äusseren Gegendruck bei gefülltem Rohr vernachlässigen, dagegen kann bei
grösseren inneren Durchmessern der äussere atmosphärische Druck gefahrlich werden,
wenn bei dicht geschlossenen Schützen in der Druckkammer durch teilweise Entleerung
des Rohres Luftleere im Innern eintritt. Bei völliger Luftleere würde der atmo-
sphärische Aussendruck 1 kg/qcm betragen.
Beim Wssserkraft-ElektriziUtswerk an der Arve bei Chedde (Baute Ssvoie) (S. 604 ad 19)
-wurde eines der zwei verlegten Druckrohre mit 1400 mm innerem Dm. und 6 mm Wandstärke bei der
Inbetriebsetzung von dem äusseren Luftdruck in die Form einer 8 zusammengedrückt, weil
•) Bei den Druckrohren der Anlage Jajce mit 1600 mm i. Dm. wurden auf der oberen nicht
sehr stark geneigten Leitungsstrecke Versteifungsringe um die Bohre gelegt (Taf. LVIII,
Fig. 7) und bei den mit schwacher Lftngsneigang verlegten Druckrohren der Anlage Ontario
Power Co. (Taf. XL1V, Fig. 1 und 8 bis 5 nnd Taf. LVIII, Fig. 6) wurde die Leitung nicht nur
mit Versteifungsringen versehen, sondern auch mit Beton fest umhüllt
894 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
der obere Schieber geschlossen wurde, der untere aber aufblieb und das Laftrohr am oberen Ende
ungenügend dimensioniert war.
Man muss daher, wenn die Rohrverschlüsse in der Druckkammer dicht schliessend
vor der Mündung liegen sollen, sodass der freie Luftzutritt in die Druckleitung an der
Einmündnngsstelle verhindert ist (S. 827), genügend grosse Luftrohre (mit i£ V» des
Querschnitts der Druckrohrleitung) unmittelbar hinter der Ausmündung aus der Druck-
kammer anlegen.
Kleinere Wandstärken als 4 mm werden für Druckleitungen überhaupt nicht,
kleinere als 5 mm selten verwendet. Bezeichnet k* die zulässige Beanspruchung des
Rohrmaterials auf Druck, so gilt für die Berechnung der Wandstärke nach dem Vorbild
der Formel (26) die Gleichung
6 = ? £TZ* (43)
t kd — p x '
und für pi= 0; d = -£ . &- und k« — ~J*. (44)
Ferner genauer nach C. v. Bach, wenn der äussere Überdruck pa — Pi = p
gesetzt wird
i)
8~ 2
"£ I
Flanschen10), Laschen, überplattete Nietungen etc. erhöhen natürlich die Festig-
keit eines Rohres gegen äusseren Druck. Die zulässige Inanspruchnahme auf Druck ist
für Gusseisen etwa = dem 51/* fachen der zulässigen Inanspruchnahme auf Zug,
also ca. 358 bis 468 kg,
für Schweiss- und Flusseisen etwa = dem 4/s fachen der zulässigen Inanspruch-
nahme auf Zug, also ca. 320 bis 480 kg,
für Siemens-Martinstahl etwa = dem 7/o fachen der zulässigen Inanspruchnahme
auf Zug, also ca. 545 bis 777 kg
anzunehmen.
Bei inneren Durchmessern bis zu 0,48 m bei schmiedeeisernen, und bis 0,77 m
bei stählernen Rohren genügt daher nach (44) die Mindestwandstärke von 0,5 cm auch
den Beanspruchungen durch den äusseren atmosphärischen Druck. Bei grösseren Durch-
messern ist aber eine rechnerische Kontrolle zu empfehlen, wenn nicht für ausreichende
Luftzuführung unter allen Umständen gesorgt ist.
d) Beanspruchung der leeren Leitung durch eine Eiuzellast. Kann
im Scheitel eine Einzellast P auftreten und macht man die sehr ungünstige, praktisch
sich kaum verwirklichende Annahme, dass der ganze Gegendruck in der tiefsten Sohlen-
linie wirkt, so wird (Abb. 285) 10*) bei leerem Rohre
p
VLtp = M0 + o r (1 — cos <p). (46)
Das Moment am Kämpfer, in diesem Falle mit M0 bezeichnet, wird
io) Ph. Forchheimer, Berechnung des zulässigen Aussendrucks bei Ringen und Röhren.
Zeitechr. d. Osten*. Ing.- u. Arch.-Ver. 1899. Nr. 29.
ioa) A. Frühling, Handb. d. Ing. -Wissenden. III. T. 4. Bd. Die Entwässerung der Städte.
1903. S. 123.
M-
Druckeohkk.
895
M,
— fe?)p-r==-°>182P
(47)
und das Moment im Scheitel und in der Sohle
M
= — 0,182 P.r + y = + 0,318 Pr
■(?) =-v,ioä r .r-f-g ==-f i'jöio rr (4g)
Erscheint es bei sehr weiten Rohren geboten, in der Berechnung der Beanspruchungen
durch äussere Drücke beim Zustande der Entleerung nach der Formel 44 oder 45
ausserdem noch das Eigengewicht der Rohrleitung zu berücksichtigen, so rechnet man
ungünstig genug, wenn man unter Benutzung der Formel 47 und 48 für P das halbe
Rohrgewicht pro lfd. Zentimeter einführt.
e) Beanspruchung zylindrischer Rohre durch Erddruck. Bei leeren
Druckrohren, welche mit Boden bedeckt und in einer Baugrube verlegt sind, wird man
am einfachsten einen über die wagerechte Projektion der Aussenleibung der oberen Rohr-
Abb. 285.
Abb. 286.
hälfte gleichförmig verteilten Druck p, sowie einen über die lotrechte Projektion des
ganzen Rohres gleichmässig verteilten, beiderseitig wirkenden, wagerechten Erddruck pt
voraussetzen und weiter annehmen, dass die lotrechten Gegendrücke des Bodens im
unteren Halbrohre ebenfalls gleichmässig verteilt und auch = p seien (Abb. 286). Meist
wird angenommen, dass die wagerechten Drücke lis bis ll$ der lotrechten ausmachen.
Bei grösseren Rohrdurchmessern kann man die Zunahme der Erddrücke nach unten
dadurch berücksichtigen, dass man die lotrechten Drücke p auf Grund der mittleren
Tiefenlage t in m des Scheitels und pt auf Grund der mittleren Tiefenlage tj des Kämpfers
bestimmt. Hat der Füllboden das Eigengewicht yx (0,0014 bis 0,002 kg/cm8), so ist
dann p = yx t und fx = V* bis 1ls . yx tt in 100 kg/qcm.
Nur bei kleineren Bedeckungen bis zu etwa 0,70 m Höhe wird der ganze Erddruck
des aufgeschütteten Bodens zur Wirkung kommen können. Bei grösseren Bedeckungstiefen
dagegen wird anzunehmen sein, dass eine nach unten wachsende Pressung des Bodens
an den Wänden der Baugrube stattfindet. Genauere Ermittelungen über diese Erd-
drücke fehlen noch ; angenähert wird man bei den verschiedenen Füllhöhen t in m über
dem Scheitel mit folgenden lotrechten Erddrücken pro qcm Grundfläche rechnen können11),
wenn man das Gewicht yx zu 0,002 annimmt.
Bei einer Überschüttungshöhe über dem
Scheitel t von
kann der lotrechte Erddruck p pro qcm in
Rechnung gesetzt werden mit
1,0 1,5 ! 2,0
3,0
0,16 > 0,22 ! 0,26 I 0,31
4,0
0,33
5,0 m nnd mehr
0,34 kg
i')A. Frühling, Handb. d. Ing.-Wissensch. III. T. 4. Bd. Die Entwässerung der Städte.
1903. S. 118.
896
HL Theodor Kojehk. Ausbau von WahrrmtrAftebt. ErazBLHEmDL
Bei grösseren Füllhöhen als 5,0 m über dem Scheitel wird der Erddrnck auf die
Rohre in Rohrgruben kaum noch zunehmen.
Liegt das Rohr unter einer Strasse, so kann noch eine mobile Belastung hinzu-
kommen. Da aber dann auch mit einer festen Strassendecke über der Rohrgnibe in
den meisten Fällen zu rechnen sein wird, welche einen Teil des Druckes seitlich über-
trägt, so wird man den lotrechten Erddrnck selbst nur mit etwa */• der obigen Zahl in
Rechnung zu setzen brauchen. Nimmt man an, dass die mobile Last gleichmässig ver-
teilt 5000 kg/qm betragt und dass ihre Wirkung auf das Rohr über eine Tiefe von 5,0 m
nicht hinausreicht, im übrigen aber mit dem Quadrat der Tiefe abnimmt, so würden sich
etwa folgende lotrechte Drücke ergeben:
Bei t in m
Gesamtdruck p einschliessl. mobiler Last pro qcm
1,0
0,43
2,0
0,85
3,0
0,29
4,0
0,24
0,22
Danach würde man also für grössere Rohrtiefen als 3,0 m bei Annahme einer
mobilen Last und fester Strassendecke kleinere Drücke als bei einfacher Zafüllung der
Rohrbaugrube mit losem Boden erhalten.
Nach den gemachten Annahmen sind die lotrechten und wagerechten Drücke
auf beide Rohrhälften symmetrisch verteilt, und es muss im Scheitel und
in der Sohle die eine Rohrhälfte auf die andere einen Druck pt . r (Abb. 286) ausüben.
Es ist das Moment an einer durch den Zentriwinkel <p bestimmten Stelle»*)
Mc,> = ^(, + $)=-£sin., + P,r.<l
p r*
cosy) — ^- (1 — cosy)» +
+ M0 = — (p — pi) o ain8y + Mo
(49)
Die Lftsung von (49) lautet:
EJ
und
-p- n = — (P ~ Pi) $ (1 + cos*?) + Mo + Cisin? + C, cos 9p
EJ dw t . r* . . ~ p .
* J (P"PJ q -Sinycosoj + Cicosjp — CiSinp
dj
(50)
(51)
Daraus, dass für <p = 0 und -5- der Differentialquotient t^ =0 werden muss, folgt Cl = Ct=0
oder
EJ
TV= — (P — Pi) 6 (1 + coö» + Mo
(52)
und daraus, dass der Viertelumfang seine Länge nicht verändern darf, folgt
n
f =
2
oder
EJ
rV
f = 0
3J/" A
= 0
oder
z
[— (P — Pi) [5 (3 9 + »» 9 COß 9) + Mo 9 \ — 0
M0 = (p — Pi) -4-
(58)
1*) Nach Philipp Forchheimer, Zur Festigkeit weiter Rohre. Zeitschr. d. Qeterr. lag.- u.
Arch.-Ver. 1904. Nr. 10, 8. 151. Wegen der Bedeutung der Buchstaben siehe 8. 891.
§ 4. Druckrohre. 897
Ans 49 und 53 folgt
Mf = (p — p1)~(l~2sin»9) = M0(l-2sin8y). (54)
r»
Für <p = 90° wird M = — (p — pi) . -r. (55)
Ist 6 in cm die Stftrke der Rohrwandung und werden p und p, in kg/qcm, r in cm, k die zu-
lässige Beanspruchung in kg/qcm ausgedrückt, so muss für einen Ring von 1 cm Länge sein
(V4 I
oder / (56>
k*l,5r»
Nach Gleichung (50) wird die Krümmung am Scheitel und an der Sohle verflacht und an den
Kämpfern verschärft.
Die Halbmesser verändern ihre Länge um
^ = ^gP^j-(28in>-)), (57)
der lotrechte Durchmesser wird also um 2 y = —il — (58)
verkürzt, der wagerechte um eben so viel verlängert
Beispiel: Bei der Anlage Champ (Fnre et Morge) ist r = 165. Bei einer Überschüttung
mit Boden (Gewicht yx= 0,0016) von t — 0,40 m würde p = 0,064, pt = 0,016 zu setzen sein, und es
ergäbe sich ein Moment im Scheitel von M = — j- '- = 826 cra/kg und bei einer Wand-
stärke von 0,7 cm würde die Beanspruchung kd = — ^-„~ — 3992 kg/qcm. Zu dieser Beanspruchung
kann bei voller Füllung, aber druck fr eiern Scheitel, wie S. 892/893 gezeigt wurde, noch ein Moment
= 615 kg/cm und eine Beanspruchung von 7528 kg/qcm hinzukommen, was den Bruch des Rohres sicher
herbeifuhren müsste, wenn nicht durch die Einbetonierung (Taf. L1X, Fig. 10) die wagerechten Gegen-
drücke pi so verstärkt wären, dass eine Verlängerung des wagerechten Durchmessers nicht oder nicht
in erheblichem Masse eintreten kann.
Wegen der Beanspruchung der Rohrwandungen bei Auflagerung der Rohre auf
einzelnen Pfeilern siehe S. 926 und 927.
f) Die Beanspruchungen durch Wasserschläge und die Vorrich-
tungen zum Schutze der Druckrohre gegen solche. Die in einer Druck-
leitung von der Länge L in m und dem lichten Querschnitt F in qm mit der Geschwin-
digkeit y in m/sek. in Bewegung befindliche Wassersäule hat eine Arbeitsfähigkeit (leben-
FLyv*
dige Kraft) in m/kg von A= — 0— — (59) wobei das spezifische Gewicht y = 1000 kg zu
setzen ist. Wenn eine solche strömende Wassersäule durch Schliessung der Regulierungs-
organe der Turbine oder eines Schiebers oder einer Drosselklappe in ihrer Bewegung
plötzlich gehemmt würde, so müsste sich die Vernichtung der obigen Arbeitsfähigkeit in
einer Erhöhung des hydraulischen Druckes auf die Rohrwandungen äussern. Nach
Formel (24) ist die hydraulische Druckhöhe bei ungestörter Bewegung des Wassers am
unteren Ende der Leitung, wenn H die Höhe (Gefalle) der ruhenden Wassersäule ist
h^H — (h). (60)
Diese Druckhöhe muss sich also infolge der Hemmung der Wassersäule um einen Wert
h0=der Druckerhöhung vergrössern.
Nach Wissen des Verfassers war A. Budau 1905 der erste, welcher dieses
wichtige Problem in einer für die Praxis des Ingenieurs brauchbaren
Handbuch der Inc-Wiismseh. HL Teil. 18. Bd. 57
898 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Weise behandelt hat und die nachfolgenden Angaben erfolgen grösstenteils auf
Grund der Budauschen Veröffentlichung18).
Der genannte Autor kommt für den in der Praxis tatsächlich nicht vorkommenden
Fall eines plötzlichen Schiasses der mit strömendem Wasser versehenen Leitung zu
folgendem Ausdruck für die Druckerhöhung
h0 - h, - \ - -j/v -r ^7 - b.- (61)
Hierin bedeuten
hg die Druckerhöhung am unteren Ende der Leitung in m Wassersäule,
hs den Gesamtdruck am unteren Ende der Leitung in m Wassersäule,
hi den Betriebsdruck am unteren Ende der Leitung in m Wassersäule H— (h\
6 die Wandstärke des Rohres \ . , ,. . . , , . , T. • i_ -A
D den Dm. des Rohres ' m beUeb,«*n' aher *leichen Längeneinheiten,
E den Elastizitätsmodul des Rohrmaterials pro qm. Die Zahlenangaben in Fussnote 8 S. 891
sind mit IQ4 zu multiplizieren,
v die Geschwindigkeit des Wassers in m/sek.
g = 9,810 m und y das Gewicht eines cbm Wassers = 1000 kg.
Budau nimmt an, dass die Arbeitsfähigkeit A der als völlig unelastisch Torausgesetzten
Wassersäule dazu aufgebraucht wird, um die Rohrwandungen elastisch auszudehnen und dass sich die
elastische Erweiterung des Rohres bei im Längsprofil gleichmässig geneigter Leitung von der
Länge L durch die schraffierten Flächen der Abb. 287 darstellen lässt In der Abb. 287 bedeuten D
den normalen 1. Dm. der Leitung, Dt den Dm. am unteren Ende, welcher der elastischen Erweiterung
durch den normalen Betriebsdruck hx entsprechen würde, und Dt den Dm. der
elastischen Erweiterung am unteren Ende entsprechend dem Gesamtdrucke h*.
'Mffflff&iffffflffffffffb Ist eine Druckleitung im Längsprofile geknickt, so mfisste man die Untersuchung
M * von Knickpunkt zu Knickpunkt vornehmen, um die Voraussetzung gleichmässiger
linearer Druckzunahme auf einer Strecke L machen zu können. Die Formel (61)
"fVt"¥h enthält auffälligerweise die Länge der Rohrleitung nicht. Budan
erklärt das als ganz einleuchtend, da jedem Meter Länge der
Energie führenden Wassersäule ein Meter Energie aufnehmender
Rohrwandung gegenüberstehe. Bei der Annahme, dass der Abschlnss nicht plötzlich, sondern
innerhalb einer bestimmten Zeit erfolgt, behält, wie die Formeln 64 bis 67 zeigen werden, die Länge
ihren Einfluss.
Beispiel: In einer Rohrleitung von 1800 mm Dm. ströme Wasser mit einer Geschwindigkeit
v = 2 m/sek. Die untersten Rohre aus Stahlblech haben 16 mm Wandstärke; die Leitung stehe unter
einer Druckhöhe von 90 m, also einem Drucke von 90000 kg/m*. Wie hoch wird der Druck bei plötz-
lichem Abschlüsse sieigen?
Es ist nach Formel (61)
n* -w -t-»1800x iooox9,8i '
h,= V225565 = 475 m;
der Druck pro Flächeneinheit wird
pi' = 47,5 kg/qcm,
und die Druckerhöhung
(ho) = 475 — 90 = 385 m.
Die Drucksteigerung wird also bei dem angenommenen — praktisch unmöglichen — plötzlichen
Abschlüsse nicht ganz 40 Atm., also mehr als das vierfache von pi betragen. Dabei würden die
untersten Rohre eine Beanspruchung
, D p 180 47,5 aonn , , .
^) = ¥• * =^xT6-=s2672 kg/cm
erleiden, was allerdings aber die Elastizitätsgrenze gehen, aber noch einige Sicherheit gegen Brach be-
deuten wurde. Die normale Beanspruchung der Rohrwandung beträgt dagegen nur
. D p _ 180 9 _ , . m
k, = I-i=X"l6 = 506kg/qcm-
>•) Professor A. Budau, Wien, Druckschwankungen in Turbinenzuleitungsrohren. Zeitschr. d.
«stetT. Ing.- u. Arch..Ver. 1905. Nr. 29-81. Vergl. hierzu auch: Gomte de Sparre: Des effets de
resonance, qui peuvent se produire pour les hautes chutes dans les coups de belier. La Houille Blanche,
Revue Generale des Forces Hydro-Electr. 1907. S. 208 u. ff.
§ 4. Druckrohre. 899
Würde die Blechwand der Rohre nur 8 mm stark sein, so waren dieselben normal mit
<s> 1000 kg/qcm, also hoch beanspracht. Bei einem plötzlichen Abschlösse jedoch würde die Druck-
erhöhung weitaus weniger betragen als bei starken Wänden, da eben die schwächeren Rohrwandungen
sich leichter dehnen können. Es berechnet sich für <J = 8 mm der Druck pro Flächeinheit:
pi =Vll68xl08 £2 841 000 kg/m' &3 34,1 kg/qcm,
also weniger als das Vierfache des normalen Betriebdrucks pi bei 90,0 m Wassersäule = 9,0 kg/qcm;
ferner wäre
k\h.) = ^ X ^- - 8886 kg/cm«,
also lange nicht das Doppelte des oben gefundenen Wertes von 2672 kg/m*, wie bei halb so starken
Wandungen zu erwarten gewesen wäre.
Das berechnete Beispiel lässt erkennen, dass bei hohen Gefällen eine absolute
Sicherheit bei plötzlichem Abschlüsse nur durch übermässige Verstärkung der Rohrwan-
dungen zu erzielen sein würde, was .die Leitungen ausserordentlich verteuern müsste.
Tatsächlich erfolgt die Schliessung einer Druckleitung niemals plötzlich, wenngleich mit
Rücksicht auf die Ansprüche an die Gleichförmigkeit des Ganges der von den Turbinen
anzutreibenden elektrischen Generatoren die Reglerorgane der modernen Turbinen so
vervollkommnet sind, dass eine sehr schnelle Schliessung (zwei bis sechs Sekunden) er-
folgen kann. Obwohl die Wasserschläge selbst bei sehr schneller Schliessung schon erheb-
lich kleiner sind als sie bei plötzlicher Schliessung werden müssten, so ist es wirt-
schaftlich dennoch geboten, an längeren Rohrleitungen Vorrichtungen
2u treffen, welche es unmöglich machen, dass auch nur angenähert
so starke Wasserschläge auftreten können, wie sie durch plötzliches
Schliessen entstehen müssten. Weil es bisher an brauchbaren Formeln fehlte,
um die betreffenden Kräfte mit einiger Sicherheit berechnen zu können, findet man
allerdings auch häufiger solche Sicherheitsvorrichtungen bei Anlagen, bei denen die
Festigkeit der Leitung vollkommen ohne dieselben ausreichend sein würde.
Die Schliessung von Drosselklappen erfolgt im allgemeinen erheblich langsamer
als die der Reglerorgane in den Turbinen und noch sehr viel langsamer werden Schieber
mit Schraubenspindeln geschlossen.
Bei Schliessung einer mit strömendem Druckwasser gefüllten Leitung in einer
bestimmten Schlusszeit T wird die bewegte Wassersäule auf den Abschlussapparat einen
Stoss ausüben, der sich in der Flüssigkeit und auf die Rohrwandungen als Druckerhöhung
äussert und sich infolge der sehr kleinen Zusammendrückbarkeit des Wassers nach rückwärts
gegen den Einströmungsquerschnitt mit abnehmender Stärke fortpflanzen muss (Abb. 287).
Da sich hierbei die Rohrwandungen ausdehnen und wieder zusammenziehen, so entstehen
Schwingungen und infolgedessen schwankende Drücke. Da nun der Regulator der Turbine
immer dann schliesst, wenn eine Druckerhöhung eintritt, wodurch der Druck noch mehr ge-
steigert wird und sich immer dann öffnet, wenn eine Druckabnahme in der Leitung erfolgt,
infolgedessen diese Druckabnahme weiter sinkt, so können die Schwingungen des
Wassers und der Rohrwandungen in sehr ungünstigen Fällen infolge
Resonanz der Schwingungen zu sehr hohen Werten anwachsen, zu deren
genauer Bestimmung bis heute nach Wissen des Verfassers noch die empirischen Anhalts-
punkte fehlen. Es ist daher zu empfehlen bei Festsetzung der Wandstärken, auch wenn
die Wasserschläge mit Hilfe der nachstehenden Formeln berücksichtigt werden, dennoch die
zulässigen Beanspruchungen nicht höher als nach den Angaben S. 890 u. 894 anzunehmen.
Nach dem Gesetze von der Massenbeschleunigung (Antrieb) ist
/pdt = y"Mdv. (62)
57*
900
III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Die Masse der Wassersäule ist M =
L.F.y
g
Die Stosskraft p hängt von der Zeit ab, innerhalb welcher der Abschlnss erfolgt,
sie wächst von 0 beim Beginn des Abschlusses bis zu einem Höchstwert an, welcher
wahrscheinlich im letzten Moment des Abschlusses erreicht wird. Budau macht für
den Verlauf der Druckerhöhungen drei Annahmen (Abb. 288) und zwar nach Kurve II
die Annahme einer linearen und nach den Kurven I und III einer parabolischen
Drucksteigerung. Bei der linearen Zunahme nach Kurve II würde sich verhalten:
Stosskfaft nach Verlauf der Zeit t vom Beginn des Abschlusses pu _ t
___T
Stosskraft am Ende des Abschlusses
Abb. 288.
oder pii = Pn.-ij.
(62)
t=T
■-..«
/p
-tjt . t . dt = Mv
t = 0
und integriert T = -~ —
, D 2Mv 2LFy.v /ßOX
oder Pn = -7jr- = ^ — . (63)
Dividiert man die letztere Gleichung durch den Querschnitt F, so erhält man die
Stosskraft pro Flächeneinheit. Druckt man dieselbe in m Wassersäule aus, d. h. setzt
p
y . h0 = -J?, so wird der Höchstwert der Druckerhöhung bei Beendigung des Abschlusses
h0 = LJ^I (64)
und der Gesamtdruck
gT
h,= hi +
2Lv
gT'
(65)
Bei Annahme einer Drucksteigerung nach Kurve III ergibt sich
, , , 3 . L . v
*■ = l + ~7t~'
(66)
die Druckerhöhung würde also um Ö00/o grösser. Nimmt man die Abhängigkeit der
Stosskraft P von t nach Kurve I als Parabel mit dem Scheitel in 0' an, so ergibt sich
bt — lH+g'-g-T"-
(67)
Budau ist der Ansicht, dass die Formel (67) die zutreffendste sein wird. Sie wurde
eine Fortsetzung als Sinuslinie entsprechend den Druckschwankungen gestatten.
Beispiel: Eine 580,0 m lange Rohrleitung von 1,800 m Dm., in welcher das Wasser mit der
Geschwindigkeit v = 2 m strömt, werde in 4 Sekunden geschlossen; das Gefälle betrage 90,0 m, sodass
die untersten Rohre stets unter einem Drucke von 90 m Wassersäule stehen.
Der maximale Druck am Ende des Abschlusses ist nach (67)
b*=90+TOT§T = 90 + 44'8 = 184'8 *
Die Druckerhöhung beträgt sonach 44,3 m Wassersäule, d. L co 4'/t Atm.
Professor A. Rateau") gelangt nach einer analytischen Behandlung, in der jedoch der Emfluas
ha 2 + i
der Rohrerweiterung auf die Druckerhöhung nicht berücksichtigt wird, su dem Ausdruck jr^oITV
1«) Frofesseur A. Rateau, Tratte* des Turbo-Machiiies, Paris. 1900. S. 245.
§ 4.
Drugkbohbe.
901
L.v
Abb. 289.
wobei n = - ' , - ist Hiernach ergäbe sich bei dem obigen Beispiel n = 0,828 und
entsprechend einer Druckerhöhung von 85,0 m.
M. L. Allievi18) hat die Frage des hydraulischen Stosses in Rohrleitungen mit Berücksichti-
gung der Elastizität der Rohrwände und auch der Zusammendrflckbarkeit des Wassers behandelt und
kommt zu dem Schlüsse, dass die DruckerhGhung nach Kurve IV (Abb. 288) sinusartig verläuft
Nach Allievi wurde man bei dem obigen Beispiel noch innerhalb der Schlusszeit, also inner-
halb 4 Sekunden, einen Maximalwert der Druckzunahme bei t = 1,6 Sekunden erhalten, der 127,6 — 90
= 87,6 m beträgt, hierauf wurde Druckabnahme folgen, sodass bei t = 8 Sekunden der Druck 128,8 m
betragen wurde, dann bis zum Abschlüsse Druckzunahme auf 125 m.
Budau weist noch darauf hin, dass behufs Aufstellung einer empirischen Formel
sich die Kurve der maximalen Druckerhöhungen über einen gegebenen Anfangsdruck hj
hinaus, welche am Ende einer bestimmten Leitung bei Abschluss innerhalb verschiedener
bestimmter Zeiten mit Berücksichtigung des Nachgebens der Rohrwandungen auftreten
können, wahrscheinlich durch eine gleichseitige Hyperbel darstellen lasse. Die
maximale Druckerhöhung wird mit wachsender Schlusszeit kleiner und muss zur Zeitachse
asymptotisch verlaufen, da bei einer unendlich langen Schlusszeit keine Druckerhöhung
stattfindet. In der Abb. 289 sind N1JT' und NB die Asymptoten.
N ist der Koordinatenmittelpunkt. Die X-Achse halbiert den
rechten Winkel N'NB und die Y-Achse geht durch N und bildet
mit NN' einen Winkel von 45°. Bei einer gleichseitigen Hyperbel
stehen bekanntlich die Asymptoten rechtwinklig aufeinander und
die Mittelpunktgleichung lautet: x* — y*==as. Wenn man die
Druckerhöhung bei plötzlichem Schluss, also für T = 0 nach
Formel (61) berechnet und als Länge 0 A (Abb. 289) auf einer
wagerechten Linie NB aufträgt, und dann ferner eine zweite Druck-
erhöhung (h,) bei einem Abschluss in einer beliebigen Zeit T2 an
einer Druckleitung feststellen kann, so Hesse sich danach der
Koordinatenmittelpunkt N finden und die gleichseitige Hyperbel der maximalen Druck-
erhöhungen für die betreffende Leitung als Funktion von t konstruieren.
Es wäre sehr wünschenswert, wenn Betriebsleiter von Wasser-
kraftanlagen, denen die Möglichkeit der Feststellung von Drucker-
höhungen bei verschiedenen Schlusszeiten gegeben ist, die Kosten und
Arbeit aufwenden würden, um die Richtigkeit der Budauschen An-
nahmen und Rechnungen zu bestätigen. Jedenfalls sollten am unteren
Ende von Druckleitungen jedesmal Vorrichtungen angebracht werden,
um Druckmesser (möglichst selbstschreibende) aufsetzen zu können.
Die Kosten sind im Verhältnis zu den Gesamtkosten unbedeutend. Die
genaue Kenntnis der Druckverhältnisse in der Druckleitung wird aber
oft zu Verbesserungen in der Anlage und im Betriebe führen16).
Für die Druckerhöhung durch Schliessung eines Schiebers, welche stets verhält-
nismässig langsam (in mehreren Minuten) vor sich geht, hat Forchheimer17) folgenden
Ausdruck ermittelt : h0 = 0,4 V^~ • ^ — • (68)
i&) M. L. Allievi, Revue de Mäcanique. Janaar- und März-Nummer. 1904.
16) Bei verschiedenen Werken sind solche Druckmesser angebracht, so z. B. auf dem Druckrohr
der Anlage Livet (S. 528).
17) Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1893. S. 216.
Toukowski, Über den hydraulischen Stoss in den Wasserleitungsrohren. St. Petersburg
1900. Voss Sortiment Leipzig.
L.....T — -J
902
III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Tabelle III.
Übersicht Aber die Wandstärken, die Art der Verlegung yon Druckrohrleitungen, die Entfernung der Stfltz-
3
I
J
Bezeichnung
der
Anlage
Anzahl der
Druckleitungen und
a) Innerer Dm. in m
b) Wandstärken in mm
Länge
der
Druck-
leitung
' in m
(ungefähr)
Druck-
hohe am
Ende der
Leitung
in m
säule
Geschwindig-
keit des
Wassers in
der Druck-
leitung
in m/sek.
a) Art der Verlegung
der Druckleitung und
b) bei offener Ver-
legung die Entfernung
der Stutspfeiler von
Mitte su Mitte in m
2
3
6
1.
Vizsola,
Tai II, Fig. 2
u. S. 849
Bergamasea,
Tftf. IX, Fig. 6
u. 8. 865
8.
4.
5.
6.
Fungh
Taf . XT Rg- 8
u. 8. 868
10 Druckleitungen
a) 2,0 m
1 Druckleitung mit
a) 2,5 m
1 Druckleitung mit
a) 1,8 m
2 Druckleitungen mit
a) 1,5 m
Ala Ceres,
Taf. XI u.
8. 871
Noralesaa.d.
Tal XII,
Fig. 1 u. 5
u. a 875
1 Druckleitung für
der drei hintereinander ge-
schalteten Krafthäuser
a) 1,10 m
2 Druckleitungen für jedes
der zwei übereinander
liegenden Krafthäuser
a) 0,72 m
7.
8.
9.
Morbegno,
Tal XVÖ,
Fig. 8—6 u.
8.892
La Goule,
TalXVmu.
8. 888
2 Druckleitungen
a) 2,50 m
1 Druckleitung
a) 2,25 m
Les Clees,
Tal XIX u.
8.408 u. 405
Kubelwerk,
Taf. XXL
Fig. 1 u. 2
u. 8. 411 u.
416
1 Druckleitung
a) 1,2 m
1 Druckleitung
a) 1,6 m
b) oben 5,5 mm, unten
14,5 mm
etwa 46,0
etwa
50,0
etwa
65,0
etwa
100,0
etwa 200
bis 250
1060
68,0
90,0
etwa 80,0
294
28,0 bis
25,0
27,5 bis
24,0
68,0
100 bis
95,0
444,70
für das
untere,
414,18
für das
obere
Krafthaus
80 bis 28,0
,0bis
24,0
47,0
92 bis 87
2,27 bis 2,55
2,04
1*81
1,42
1,55
Ml
2,85
normal 2,14
4,0
2,66 bis 8,54
2,28
a) offen auf guss-
eisernen Lagerschalen
b) 7,725
a) offen auf gusseiser-
nen Lagerschalen
b) etwa 6,0 bis 8,0
a) offen in
Betongewolbe
b)?
bedeckt
bedeckt
a) offen in
Lagerschalei
a) auf derhalbenLlage
offen, auf dersweiton
Hälfte bedeckt
b) etwa 6,0 m
a) auf einem Tefl der
Länge äffen, auf dem
Rest bedeckt
a) o ff e n auf gusseiser-
nen Lagerschalen !
b) oben 7,454, unten
5,51 bis 5,94 I
Tabelle III.
pfeiler bei offener Verlegung und die Art der Sicherheits vorfiel itungen gegen Wssserschlage bei 21 Anlagen.
Art, Grosse und Um-
drehungszahl der Turbinen
(die Tafelangaben beliehen
sich auf die Darstellung
Art der Sicherheitsvorrichtungen gegen Wasserschlage
Wind-
Standrohre
heite-
Sjnchreüe
Neben-
liil
kl
»3bS
os.ji
Liegende Piccard. & Pictet
Turbinen (System
Schwamkrug) von 1600 PS.
mit 500 Uml./Miu.
Stehende konische Qe-
hftusetnrbraen von 500 PS,
u. 200 Uml./Min. von 660
PS, u. S75 UraL/Min. o.
eine liegende Franeis-Ge-
haoseturbiiie von 1500 PS.
u. 350 DmL/Hin.
Liegende Piccard * Pictet
GehÄusetnrbinen mit Spalt-
schieber (Tai. LXXII, Fig.
1 u. 2) von 800 PS. mit
480 Uml./Min.
Liegende Pel tun -Turbinen
von 500 PS. mit 375 Uml /
Min. u. deagl. von 1000
PS. mit 300 Uml. Min.
(Taf. LXXVI, Fig. 4 u. 6)
Drackrohr mundet oben
in den Stauweiber. An
der Mündung dichter
Verschluss und deshalb
Luftrohr an der Luft
eeito der Sperrmauer
-
-
fax
den
Rlin-
ken-
regler
~
904
III. Theodor Kokhn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Fortsetzung der Tabelle III.
Anzahl der
Druckleitungen und
a) Innerer Dm. in m
b) Wandstärken in mm
Länge
der
Druck-
leitung
in m
(ungefähr)
Druck-
hohe am
Ende der
Leitung
in m
Wasser-
säule
Geschwindig-
keit des
Wassers in
der Druck-
leitung
in m/sek.
a) Art der Verlegung
der Druckleitung und
b) bei offener Ver-
legung die Entfernung
der Stützpfeiler ron
Ifitte zu Mitte in m
6
10.
11.
12.
18.
14.
15.
Kanderwerk,
Taf. XXVI,
Fig. 5-8 u.
S. 438 u. 439
St. Maurice-
Lausanne,
Taf. XXVIII,
Fig. 5, S. 456
u. Taf. XXIX,
Fig. 9 u. 12
La Dernier-
Vallorbe,
Taf. XXXI,
Fig. 1 u
Taf. XXX,
Fig. 9 u.
S. 464
Lac Tanay-
Vouvry,
8. 471
Hafslund,
Taf. XXXIII,
Fig. 6 ii. S. 483
Kykkelsrud,
Taf. XXXIV,
Fig. 2, 7 u. 8
u. S. 488
2 Druckleitungen
a) 1.6 m
1 Druckleitung (projektiert
sind noch 2 weitere Lei-
tungen) a) 2,7 m, b) oben
7 mm, unten 10 mm
1 Druckleitung (projek-
tiert sind noch 2 weitere
Leitungen), a) 1,2 m oben
und 1,0 m unten, b) auf
den obersten 134 m mit
1,2 m Dm. 8 mm folgen
144,0 m mit 1,2 m Dm.
und 12 mm, 219,0 m mit
1,1 m Dm. und 14, 16 und
18 mm — der Rest mit
1,0 m Dm., 18, 19 und
20 mm
1 Druckleitung a) mit 0,5 m
auf den obersten 635,0 m,
dann Teilung in zwei
Rohre, deren I. Dm. von
0,325 bis auf 0,305 m ab-
nehmen
b) der unteren Doppel-
leitung von 8 bis 18 mm, des
oberen Leitungsstuckes 7
bis 11,5 mm
1 Druckleitung a) 1,6 m.
4 Druckleitungen
a) 8,0 m (vorgesehen noch
2 weitere Leitungen mit
3,0 m Dm.)
1 Druckleitung a) 1,25 m
2 Druckleitungen
a) 2,50 m (vorgesehen sind
noch 1 kleines Rohr und
10 grosse Rohre)
rd. 775
65 bis 61 1,5 bis 2,24
rd. 470
620,0
36,10 bis
34,69
234,0
bedeckt
2,78
2,56
1935
ver-
schiedene
Längen
zwischen
ca. 45,0 u.
110
ca. 32,0
920,0
18 bis 16,5
18.25 bis
16,0
in dem oberen
Leitungs-
stack 1,76
in dem
unteren 2,46
a) offen in w
eisernen Lagerschalen
b)3,0
a) offen
b) siehe Abb. 306,
S. 925
bedeckt
im kleinen
Rohr 1,5,
im grossen
Rohr 3,3
2,68 bis 13,07
froher offen, später
mit einem Beton-
gewdlbe Oberdeckt
bedeckt (ganz in
Beton eingehüllt)
§ 4.
Drückrohre.
906
Fortsetzung der Tabelle HL
Art, Grösse und Um-
drehungszahl der Turbinen
(die Tafelangaben beziehen
sich auf die Darstellung
der Turbinen)
Art der Sicherheit« Vorrichtungen gegen Wasserschlage
Wind-
kessel
Standrohre
Sicher-
heits-
ventile
Synchrone
zwangs-
läufige
Heben-
anslleae
2 —
c
• sSS
öS ■*
1 X
8
9
10
1
11
12
13
14
15
Teilweise beaufschlagte
Girard-Turbinen von je
900 PS« iL 800 UmL/Min.
mit Spaltschieber
Liegende Francisreaktions-
turbinen von 1000 PSe
mit 800 Üml./Mio.
Liegende Pelton-Turbinen
von 1000 PS« mit 875
UmL/Min. (Taf. LXXVI,
Fig. 4-6)
LiegendePelton-Räder von
500 PS« mit 1000 Uml./
Min. (Taf. LXXVI,
Fig. 7-12)
6 stehende Jonval- Tur-
binen von 1400 PS« mit
143 UmL/Min., 4 stehende
Francis - Gehauseturbinen
von 2050 PS« mit 150
UmL/Min.
1 stehende Erregerturbine
von 280 PS« u. 325 Uml./
Min., (Taf.LXVII, Fig. 1),
4 desgl. Francis-Turbinen
von 3000 PS« mit 150
UmL/Min. (Taf. LXV, Fig.
1—2). Yorges. Verdoppe-
lung dieser Anlage u. Er-
weiterung durch 8 Tur-
binen von je 5000 PS«
Wie ad 1, ausserdem
befindet sich an der
Stelle, wo das flach
geneigte obere Ende
(400 m lang) der Druck-
leitung in das steilere
untere Ende übergeht,
ein Standrohr von ca.
7,0 m Dm.
Wie ad 1. Ferner 3 Stand-
rohre von je 0,5 m 1
Dm. auf den untersten
800 m der Druckleitung
Die Ausmündung ist in
der Druckkammer dicht
verschliessbar. daher
Luftrohr unmittelbar
unterhalb der Aus-
mündung aus der
Druckkammer
wie ad 1
Da jedesDruckrohr oben
in der Druckkammer
dicht abgeschlossen
werden kann, ist un-
mittelbar hinter der Aus-
mündung ein Lüftungs-
rohr aufgesetzt
nach
Abb. 298
S. 912 in
jedem
Turbinen-
rohr
mit
jeder
gross.
Tur-
bine
ver-
bun-
den
für
jede
Tur-
bine
an
jeder
Tut.
bine
906
IIL Theodor Eoehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzedheiten.
Fortsetzung der Tabelle IIL
9
0
«2
ö
Bezeichnung
der
AnUge
Anzahl der
Druckleitungen
a) Innerer Dm. in m
b) Wandstarken in mm
Länge
Druck-
höhe am
der
Druck-
leitung
Ende der
Leitung
in m
in m
(ungefähr)
Wasser-
säule
Geschwindig-
keit des
Wassers in
der Druck-
leitung
in m/sek.
6
a) Art der Verlegung
der Druckleitung und i
b) bei offener Ver- j
legung die Entfernung
der Stützpfeiler von
Mitte zn Mitte in m
16.
17.
18.
19.
20.
21.
Jajce,
Taf. XXXVI,
S. 1-4,
LVIII,
Fig. 7 n.
S. 495
Ayignonnet,
8. 503 n.
Abb. 106,
8. 505,
Taf. XXXVII,
Fig. 9
Livet
Taf. XLI,
iff. 8
Champ (Füre
et Morge),
Taf. XLII,
Fig. 11,
Tal XLÜI,
Fig. 2 u. 8 u.
8. 588
Ontario
Power Co.,
8. 543
Urfttalsperre,
Taf. XLVni,
4 n. 10
n. S. 592
2 Druckleitungen
a) 1,6 m
b) 6 bis 12 mm
7 Druckleitungen
a) 2,2 m Dm.
1 Druckleitung als lot-
rechter 8tollea a) 8J0 m,
an den sich ein fast wage-
rechtes eisernes Rohr
a) 2,5, m anschliesst
b) 5 bis 15 mm
1 Druckleitung a) 8,3 m,
hiervon 2200 m ans armier-
tem Beton (Taf. LVIII,
Fig.lu.2u.Tsf.LX,Fig.l
bis 9) und 2500 m in Stahl
b) 7 bis 10 mm
1 Druckleitung (projektiert
sind noch 2 weitere Lei-
tungen)
a) 5,50 m
2 Druckleitungen
a) 1,5 m Dm.
236,0
78.0 bis
74,5
28 bis 30,0
28 bis 18
—
64 bis 60,0
4700
85 bis 25,0
1850
53,4
120
110 bis 70
3,0
2,0
weise 5,1 im
Stollen durch
schnittlich
2,2 in der
Leitung
1,98 bis 3,22
5,0
1,72 bis 8,24
a) offen auf gnss-
eisernen Schalen
(Taf. LIX, Fig. 16)
b) am Stoss 3,5, sonst
4,80
a) offen
b) 10,0 bis 12,0
I
bedeckt
bedeckt
bedeckt und
Betonbett ganz
gehüllt
bedeckt
Hierin bedeuten H den Ruhedruck in m Wassersäule, r den lichten Halb-
messer der Rohrleitung in m aufwärts des Schiebers, R den Halbmesser des dichtenden
Schieberkeilrandes in m, L die Länge des Stranges, in dem das Wasser vor Schlussdes
Schiebers in Bewegung war, in m., T die Schliesszeit des Schiebers in Sekunden, nämlich
die Zeit, in welcher der Schieberkeil den Weg 2 r zurücklegt
Hat der Schieber den lichten Querschnitt F qm und folgen auf ihn stromaufwärts
Leitungen mit den Längen L19 L* . . . . und den grösseren Querschnitten Ft, Ft . ., so
gilt für den Rückschlag
,§ 4. Druckrohre.
Fortsetzung der Tabelle III.
| Art der Sieherheitsvorrichtiingen gegen Wuserochlage
m
'•=°'4i/g^-!?(L'i+L'^+ ) <69>
Von den Mitteln, welche in der Praxis angewendet werden, um die Wasserschläge
unschädlich zn machen, sind zu nennen:
1. Windkessel. 4. SynclironeNebenauslässe, weiche Zwangs -
2. Standrohre. läufig gleichzeitig mit den Abuchluss-
3. Sicherheitsventile. Organen der Turbinen bewegt werden,
906
HL Theodor Koehh. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
bestimmten Zeit geschlossen werden,
um Wasservergeudung zu vermeiden.
6. Verlangsamung des Schlussvorganges
gegen das Ende der Schlussbewegung
hin.
7. Bei Freistrahl-Hochdruckturbinen die
Verwendung von mehreren Freistrahl-
düsen pro Laufrad, von denen eine
überhaupt nicht geschlossen wird.
Abb., 290.
um dem Wasser, welches durch den Ab-
schliissdes Turbinenleitrades der Francis-
Turbine oder der Düsen bei den Schwam-
krug- und Freistrahlturbinen zurückge-
halten werden könnte, einen Ausweg
in das Unterwasser zu gestatten.
5. Synchrone freiläufige Nebenauslässe mit
Kataraktkolben, welche wie diejenigen
ad 4 wirken, aber selbsttätig nach einer
Tabelle DI gibt einen Überblick über die bei 21 von den im Kap. II beschriebenen
Anlagen verwendeten einschlägigen Sicherheitsvorrichtungen.
1. Windkessel. Bewegt sich durch den linken Schenkel eines U förmigen Rohres
(Abb. 290) eine Wassermenge mit der Geschwindigkeit v und fliesst durch den Hahn J ab, so
wird eine Drucksteigerung stattfinden, wenn man den Hahn plötzlich schliesst. Durch
diese Drucksteigerung wird ein Zusammendrücken des im rechten geschlossenen Bohr-
schenkel befindlichen Luftvolumens eintreten und die im Strom gehinderte Flüssigkeit
wird in Schwankungen geraten. Schliesst man den Hahn J nur teilweise, so wird eben-
falls ein Schwankungsimpuls gegeben. Die Schwankungen werden zwar
kleiner sein als beim plötzlichen vollen Abschluss des Hahnes, sie werden
aber so lange dauern, bis die Stösse der Flüssigkeitsteilchen gegeneinan-
der und namentlich gegen die frisch in den linken Rohr-
schenkel eintretenden Teilchen, sowie die Reibung des Wassers
an den Rohrwänden den entsprechenden Energiebetrag aufgebraucht
haben. Man kann diese Schwankungen steigern, wenn man jedesmal,
wenn das Wasser im rechten Schenkel ansteigt, den Hahn J um einen
bestimmten Betrag schliesst und dann wieder öffnet Bei einer mit
Windkessel K und Regulator versehenen Hochdruckturbine (Abb. 291)
Abb. 291. würden an Stelle des Hahnes J die Reglerorgane der
_ Turbine treten. Die Schwankungen der Wasser-
säule werden um so rascher abnehmen, je
mehr Wasser durch die Rohrleitung strömt,
da das frisch in die Leitung eintretende
Wasser durch seine Trägheit den Schwingungen
in der Wassersäule Widerstand entgegensetzt
und so zur Dämpfung der Letzteren beiträgt. So erklärt es sich, dass man
einen infolge der in der Leitung stattfindenden Schwingungen unruhig gewordenen Regu-
lator zur Ruhe bringen kann, indem man durch Ziehen eines Leerschusses dem Wasser
in der Rohrleitung grössere Geschwindigkeit gibt. Der Umstand, dass die Windkessel
zur Vergrösserung der Schwingungen im Druckrohr direkt beitragen, hat dazn
geführt, dass man neuerdings bei Wasserkraftanlagen anderen Mitteln, die Wasser-
schläge unschädlich zu machen, den Vorzug gibt. In der Tabelle HI sind Hinweise
durch Angabe der Tafelfiguren und Seitenzahlen auf die mit Windkesseln ausgerüsteten
Anlagen gegeben.
2. Standrohre. Bei raschem Abschluss wird der grösste Teil der lebendigen
Kraft des in der Rohrleitung strömenden Wassers dazu verwendet werden, dem Wasser
im Standrohre Geschwindigkeit zu erteilen. Es ist nun aber eine ziemlich grosse Energie-
menge dazu nötig, der ruhenden Wassermasse im Standrohr Bewegung zu verleihen und
letztere kann auf keinen Fall plötzlich von der Ruhe auf eine bestimmte Geschwindigkeit
§ 4. Drückrohre. 909
gebracht werden. Es müssen deshalb auch bei Verwendung von Standrohren am unteren Ende
der Leitung bei schneller Schliessung der Rohrleitung erhebliche Druckerhöhungen auf-
treten, welche eine Rohrausweitung während eines kurzen Zeitraum* nach dem Stosse
zur Folge haben werden. Da aber beim Zusammenziehen der Rohre diese Energie«
menge zum grössten Teil wieder an die Wassersäule abgegeben wird, so kann man
annehmen, dass die kinetische Energie der in der Druckleitung fliessenden Wassermenge
L . F . y . v2
= — : — -k1 — durch die Arbeit verbraucht wird , welche Abb. 292.
g *
dazu nötig ist, um die ruhende Wassersaule im Standrohr
(Abb. 292) yon der Höhe \ = (h — ^ — i C^*-) nach ^ .
Gleichung (24) auf die Höhe hx + (h) — hier ist (h) in der
Bedeutimg zu nehmen, welche sich aus Abb. 292 ergibt —
zu heben. Bezeichnen jx die Höhe des Schwerpunktes der
ruhenden Wassersäule im Standrohr über der Druckrohr-
leitung, ferner yt die Höhe des Schwerpunktes, wenn die Wassersäule ihren höchsten
Stand erreicht hat, also j2 — yt die Hebung des Schwerpunktes, so kann, wenn der Quer-
schnitt des Standrohres gleich dem Querschnitt der Druckleitung ist,
yJDH +(h)].F.y-ylh1F.y = ^!^ (70)
gesetzt werden. Da jt = -^ und yt = ^ — ist, so folgt
oder 2(h).h1+(h)«»=— .
Durch Auflösung der quadratischen Gleichung ergibt sich
(h)=]/vT^s_hl. (7i)
Wenn der Querschnitt des Standrohres nicht geich F, sondern gleich Fj ist, wird
(h) = "|/v + ^-V (71a)
Der sich aus den Gleichungen (71 u. 71a) ergebende Wert für (h) wird stets grösser
sein, als die tatsächlich auftretende Erhöhung des Wasserspiegels im Standrohr, da ein Teil
der kinetischen Energie durch Wirbelbildung und durch Überführung in Wärme aufgezehrt
wird. Wenn die Höhe des Standrohres kleiner ist als fi [ht + (h)], worin pi einen Zahlen-
wert <1 darstellt, für den bis heute empirische Zahlenwerte noch fehlen, so wird ein
Teil Q' des Wassers überfliessen und die Schwingungsenergie der ganzen Wassermasse
Q'
im Verhältnis tt^-fü verkleinert, wobei Q die bewegte Wassermenge der ganzen Rohr-
leitung von oben bis zum Standrohr bedeutet. Für die annäherungsweise Berechnung
der Zeit, in welcher die maximale Druckerhöhung (h) erreicht sein wird, macht Budau
noch folgende Angaben für den Fall gleichen Querschnitts von Standrohr und Leitung:
Stowt die bewegte Waasermasae der Druckleitung M' gegen die ruhende des Standrohres M",
so mufls — da das Wasser als unzusammendruckbar vorausgesetzt ist — eine Deformation der Rohre
M'y*
eintreten, welche die Energiemenge — = — in sieh aufnimmt; während diese Ausweitung der Rohre er-
folgt, beginnt schon die Bewegung der Masse M", und wenn die Ausweitung nach einem sehr kurzen
910 HL Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Zeitraum ihren Höchstwert erreicht, bewegen sich die beiden Wassernüssen mit gemeinsamer Ge»
schwindigkeit v„ die sich nach der Lehre von dem Stosse unelastischer Körper ans der Gleichung
M'v
Vi = w< i ij// berechnen lasst Diese Geschwindigkeit hat die Wassermasse in der Rohrleitung und
im Standrohr nach dem Stosse. Nun hebt sich aber die Wassersäule im Standrohr; dadurch entsteht
eine Gegenkraft, welche die Bewegung verzögert. Dabei ziehen sich die Rohre allmählich wieder zu-
sammen und geben die zuvor aufgenommene Energie wieder an die Wassermasse ab. Schliesslich,
wenn die Bewegung des Wassers ihr Ende erreicht hat, wird auch der vorberechnete Höchstwert de»
Aufstieges (h) erreicht sein.
Für die hier in Betracht kommende Bewegung gilt die aus der Dynamik wohlbekannte
d's
Differentialgleichung -r-y =* — q, worin — q die Verzögerung der in der Rohrleitung strömenden Wasser-
masse ist. Die gegenwirkende Kraft ist das Gewicht des sich Ober das Anfangsniveau erhebenden
Wasserkörpers im 8tandrohre. Diese Gegenkraft ist der Erhebung direkt proportional, kann also durch
k = Eonst. X s ausgedrückt werden. Für s = (h) ist k = F (h) y, daher Konst — Fy und k = Fy s.
Die Beschleunigung ist gegeben durch den Quotienten aus Kraft und Masse, demnach
g_ *>« Fya ag
H M' + M" "FyL Fyh^L+h/
* g
Danach nimmt obige Differentialgleichung die Form an:
dt» ^L + hi ü#
Die letztere Gleichung ist die Differentialgleichung der Sinusschwingungen. Setzt man
V . --£-r- = «t so lautet das allgemeine Integral derselben
s = A coso t -|- B sina t,
wobei A = (h) sin/9 und B = (h) cos0 ist und ß die Phase der Schwingung andeutet
Da in dem betrachteten Falle die Phasenverschiebung verschwindet, indem die Zeit von
Passieren der Mittellage an gezählt wird, so ist 1 = 0, A = 0 und B = (h), daher
für s = (h) wird t = T, somit ist
1==ßinVir+V
und
Vi
g .T = arc.sinl = -£
L + h, — ~~* 2
also schliesslich
l-f-
+ h.
(72)
2 ' 8
Daraus ergibt sich, dass der Höchstwert der berechenbaren Druckerhöhung am Ende der
Leitung um so später eintreten wird, je länger die Leitung und je höher das Standrohr (Anmerkung:
Höhe der vorhandenen Wassersäule im Standrohr) ist. Aber es möge nochmals betont werden, dass in-
folge der ZusammendrÜckbarkeit des Wassers und der dadurch bedingten Fortpflanzungsgeschwindigkeit
des Druckes in dem Wasser erhebliche Abweichungen von den oben gefundenen Rechnungsresoltaten
namentlich dann zu gewärtigen sind, wenn die Leitung sehr lang ist.
Beim Zurücksinken des Wassers im Standrohr wird die Wassermasse eine der
zuvor gehabten Geschwindigkeit entgegengesetzte annehmen, welche im Augenblicke, wo
das ursprüngliche Niveau ht erreicht wird, ihren Grösstwert hat, dann aber wieder
abnehmen wird.
Aus Gleichung (71a) ergibt sich, dass die Druckerhöhung grösser werden muss,
wenn der Querschnitt des Standrohres kleiner ist als derjenige der Rohrleitung.
Die Geschwindigkeit des Wassers im Standrohr beim Aufsteigen und Niedersinken
wird ferner bei gegebener Druckhöhe ht um so kleiner sein, je grösser der Querschnitt
§ 4. Druckrohre. Sil
des Standrohres ist, um so grösser also die ans der Buhe durch den Stoss in Bewegung
zu setzende Wassermasse wird. Es wird die Amplitude der Niveauschwanknngen der
Wassersäule bei gegebenen hl( F, v und L mit wachsendem Querschnitt des Standrohres
abnehmen, ebenso die Dauer der durch einen Wasserschlag verursachten Schwingungen
abnehmen, weit die dämpfenden Wirkungen der Wassersäule im Standrohr auf die Schwin-
gungen in der Hauptleitung zunehmen, wie sich _ _. . _ „
> i_- ¥s.-i_i i • j i. r~ <p UberfOhrnng der Druckleitung in des Stand-
aus der obigen Entwickelung des Ausdruckes für T ^h, ^ d-r Anlag« Champfrure etMorge).
ergibt, wenn man Tür das Standrohr verschiedene
Werte für seinen Querschnitt F, einführt. Man
macht daher das Standrohr, sofern die aus ande-
ren Rücksichten zu wählenden Wandstärken der
Druckrohrleitung nicht ohnehin stark genug Bind,
um auch dengrössten, durch Resonanz der Schwin-
gungen etwa denkbaren Druckerhöhungen ge-
wachsen zu sein, möglichst ebensoweit wie das
Druckrohr.
Eine gute Lösung für ein SUndrohr am
unteren Ende weist die Anlege Champ (Fure et Morge)
auf, wo das Ende der Druckleitung durch einen Krümmer
direkt in das Standrohr überfahrt ist (Taf. LVIII, Fig. 1
ii. 2, letztere ist nebenstehend der Einfachheit wegen
wiederholt. VergL auch Abb. 12S, S. 539).
Bei der Anlage St. Maurice Lausanne
(3. 457) sind auf dem 470 m langen Druckrokre von
2700 m 1. Dm. bei H = 80,10 m auf den untersten
800,0 m der Leitun gelange drei Stand robre von je
500 mm Dm. aufgesetzt. Ea sollen aber die Wirkungen
dieser Standrohre auf die Herabminderung der Wssser-
schlige nicht befriedigt haben. Ea würde nach Ansicht
de« Verfassen vorauciehen gewesen sein, statt der drei kleinen Standrohre ein grosses mit einem Quer-
schnitt gleich der Summe derjenigen der drei kleinen am unteren Ende der Leitung auflusetseti.
Da sich bei Druckleitungen, welche im Längsprofil geknickt sind, sofern auf eine
schwach geneigte Strecke eine steile folgt, an den Knickpunkten Luftblasen bilden können,
welche dann wie Windkessel wirken, bringt man die Standrohre mitunter aoch an solchen
Knickpunkten an, wie z. B. bei der Anlage Kanderwerk (S. 438). Auf diese Weise
wird dann gleichzeitig eine Entlüftung des Rohres erzielt.
Bei derartiger Anordnung des Standrohres wurde für die Berechnung der Grösse (h)
nach den Formeln (71 bezw. 71a) am Standrohre nur die Länge L, vom Standrohr bis zur
Druckkammer einzusetzen sein. Man könnte ferner zur Berechnung des Gesamtdruckes h, am
unteren Ende der Druckleitung nach Formel 67 oder, falls auch am unteren Ende
ein Standrohr aufgesetzt wird, zur Berechnung der Druckerhöhung (hY daselbst nach
/ „t f. vi .
den Formeln 71 bezw. 71 a für den Wert h, setzen = ( H — 7; SC -=-- ) + (h) worin
\ 2 g p, 2 g /
(yl £f V1 \
- — h-Cö— I d'e Wider-
■ % £ , * 8 '
stände der ganzen Leitung nach Formel 24 bedeuten. Anstatt der Länge der ganzen
Leitung L wurde man nur L„ das ist die Länge der Druckleitung vom oberen Stand-
rohr bis zur Turbine in die Formeln 67 oder 71 bezw. 71a einzuführen haben.
c) Sicherheitsventile. Ähnlich wie Standrohre verhalten sich die Sicherheits-
ventile, nur müssen dieselben entsprechend gross sein, damit bei jeder stärkeren Druck-
912 HL Theodor Kokhn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheitch.
erhöhung genügend Wasser ausfliessen kann, um eine Abnahme der Schwingnngsenergie
zu bewirken.
In dem von der Firma Ganz A Co. in Loebersdorf erbauten Wasserkraft - Elektrizitätswerk
Hobenfnrt der Firma J. Spiro & Söhne in Krnmau befinden sich am unteren Ende der 580,0 m langen
Druckleitung acht Sicherheitsventile von je 120 mm Durchströmungs-Dm , was einer Gesamtanstritts-
fläche von 45,2 qcm entspricht gegenüber 4200 qcm Leitradqaerschnitt der vier geplanten 3piraltarinnea,
von denen drei bereits eingebaut sind. Diese Sicherheitsventile sind wie die bei Dampfkessel üblichen
ausgeführt und haben Gewichtsbelastung, die so bemessen ist, dass ein öffnen der Ventile «rat eintritt,
wenn der Druck in der Leitung um etwa 10 bis 15°/o gestiegen ist
A. Budau berichtet, dass er diese Ventile selbst beobachtet habe und er empfiehlt ihre An-
wendung, wo die Wandstärken der Rohre und der Druck des Wassers in der Leitung bei raschem Ab-
schluss der Turbinen ohne solche Ventile wirklich eine Bruchgefahr für das Rohr befürchten lassen.
Bei der Anlage La Dernier-Vallorbe (S. 904) sind an 8telle von Sicherheitsventilen
Sicherbeitsscheiben aus Stahl (Abb. 293) verwendet, in welche ringförmige Nuten eingedreht sind.
Der abzuscherende Querschnitt der von der Nut eingeschlossenen kleineren Scheibe a ist
Abb. 293. auf Grund von Versuchen so gewählt, dass bei der höchst zulässigen Druckerhöhung die
Sicherheit*- kleinere Scheibe herausgedrückt wird. Jedes Turbinenrohr hat einen Abzweig, in welchen
denZ^'11? eme 8°l°he Scheibe eingelegt ist. Nach Bruch derselben kann das Rohrende durch einen
leitungen der Schieber abgeschlossen und eine neue Scheibe eingelegt werden.
Anlage La Die Vorrichtungen 4 — 7 (S. 907/908) gehören ganz in das Gebiet des Tur-
VaHorbe. bineningenieurs, und es mag genügen, auf die Angaben in Tabelle HI, wo die
M Hinweise auf die Beschreibungen und zeichnerischen Darstellungen gegeben
L^J sind und auf Kap. ÜI § 5 Turbinen zu verweisen.
Nach den Angaben der Turbinenfirma über die an den Turbinen selbst
anzubringenden Sicherheitsvorrichtungen und über die Schlusszeit der Tur-
binen, wird der Bauingenieur die Druckerhöhungen in der Leitung rechnerisch
ermitteln können und sich über die Anbringung eines oder mehrerer Stand-
rohre entscheiden« Oft fällt auch die Berechnung und Lieferung der Druckleitung den
Turbinenlieferanten zu.
Aus den Formeln (8) und (9) und den Beispielen S. 883 — 885 ergibt sich, dass man
bei langen Leitungen und grösseren Druckhöhen die wirtschaftlich vorteilhafteste Material-
verteilung dadurch erzielen kann, dass man den lichten Dm. der Druckleitung von oben
nach unten abnehmen lässt. So wurde z. B. wie aus Tabelle III ad 12, Spalte 3 hervor-
geht, der Dm. der Druckleitung bei der Anlage Dernier-Vallorbe von 1,2 m obenauf
1,0 m unten verkleinert.
Bei der Wasserkraftanlage des Elektrizitätswerkes der Northern California
Power Co. bei Kilarc nimmt der Dm. der Druckleitung von dem Staubecken bis zum
Krafthause von 1.380 bis auf 1,070 ab (vergl. S. 610 ad 52).
Bei Verwendung von geschweissten Rohren zwingt ausserdem noch das Interesse
der Fabrikation dazu, für möglichst lange Strecken den äusseren Dm. festzuhalten und
die Verstärkung der Rohrwandungen durch Verkleinerung des inneren Dm. zu erzielen.
So wurde z. B. bei der Anlage Lac Tanay-Vouvry der innere Dm. der Doppelleitung
(Tab. III ad 13, Spalte 3, S. 904) von 325 auf 305 mm allmählich verringert Das obere
Leitungsstück mit 0,5 m Dm. hat 0,196 qm, die Doppelleitung am oberen Ende mit
0,325 m Dm. nur 0,166 qm, diejenige am unteren Ende mit 0,305 m Dm. nur 0,146 qm
Durchflussfläche.
Auch bei der neuen Kraftanlage Brusio (450 m Wassersäule S. 359), wo gleich-
falls geschweiste Rohre verwendet wurden, nimmt der innere Dm. von oben nach
unten ab.
Bei langen und schwierigen Transportverhältnissen für die Druckrohre bis zur
Baustelle wird u. U. für das Mass der stufenweisen Verkleinerung des Dm. der Gesichts-
§ 4. Druckrohre. 913
putikt ausschlaggebend sein, dass man, wegen der besseren Ausnutzung des Laderaums
die Rohre auf dem Transport ineinander stecken kann. Dieser Gesichtspunkt kann
besonders bei Transporten über See von Wichtigkeit sein. Man wird also z. B. eine
Strecke in drei möglichst gleich lange Strecken einteilen und die Durchmesser mit mög-
lichster Annäherung an die im Hinblick auf den Materialaufwand in den Wandungen
und auf die Druckverluste wirtschaftlich günstigsten Ziffern wählen 18).
3. Die verschiedenen Materialien für Druckleitungen. A. Eiserne Rohre.
Obwohl das Gusseisen für Rohrweiten bis zu 1,20 m 1. Dm. bei ziemlich stossfreien
Betriebsdrücken, wie z. B. bei Wasserversorgungsanlagen bis zu 60 Atm., eine vollkommen
genügende Festigkeit besitzt, findet man bei Wasserkraftanlagen gusseiserne Leitungen
selten. Diese Tatsache hat verschiedene Ursachen. Erstens handelt es sich bei Kraft-
anlagen meistens nicht entfernt um so grosse Längen wie bei Wasserversorgungsanlagen,
und es fallt daher ein Preisunterschied pro lfm. oder kg nicht so stark ins Gewicht.
Zweitens muss man bei Gusseisen mehr als beim Schweisseisen, Flusseisen und Siemens-
Martin-Stahl mit Zufälligkeitsfehlern rechnen und erfahrungsgemäss kommen bei guss-
eisernen Rohren viel häufiger Brüche als bei Rohren aus den oben genannten Materialien
vor, Drittens können bei Wasserkraftanlagen wegen der schnellen Schliessung der Tur-
binenregler viel stärkere Stösse als bei Wasserversorgungsanlagen auftreten und das
Gusseisen bietet bei harten und starken Stössen keine genügende Sicherheit. Schliesslich
werden beim Bruch gusseiserner Rohre oft grosse Stücke aus der Wandung heraus-
gedrückt werden, und die Verheerung, die das unter Druck aus der Bruchstelle aus-
tretende Wasser anrichten kann, wird um so grösser, je stärker das Terrain geneigt ist,
auf welchem das Druckrohr liegt. Bei Rohren aus Schweisseisen, Flusseisen oder Siemens-
Martin-Stahl entstehen dagegen meistens nur kleinere Risse oder schlimmstenfalls Spalten,
aus denen sehr grosse sekl. Wassermengen nicht entweichen können.
Wo das Druckrohr unbedeckt verlegt werden muss, können gusseiserne Rohre
schon deshalb kaum in Frage kommen, weil sie durch äussere Stösse oder Schläge zu
leicht verletzt werden können. Meistens kommen für Wasserkraftanlagen auch Dm. in
Frage, welche sich in Gusseisen überhaupt nicht mehr mit der nötigen Sicherheit her-
stellen lassen. Wo es sich um geringere Drücke (15 bis 30 m) und schwach geneigte,
lange Leitungen handelt und man der Kostenersparnis halber wegen der mangelnden
Steifigkeit gegen Biegungsspannungen bei druckfreiem Scheitel (S. 891/893) Rohre aus
Schmiedeeisen, Flusseisen oder Siemens-Martin-Stahl nicht wählen will, wird meistens
den Druckrohren aus armiertem Beton oder aus Holz der Vorzug vor gusseisernen
gegeben.
a) Gusseiserne Rohre. Wo die Druckleitung keinen grösseren Dm. als 1,20m
zu haben braucht, in den Boden sicher eingebettet werden kann und wo die Längs-
neigung der Leitung und die ganze örtlichkeit derartig sind, dass bei einem etwaigen
Bruche das aus der Druckleitung entweichende Wasser keine grossen Zerstörungen
anrichten kann, ist nach Ansicht des Verfassers auch für Wasserkraftanlagen gegen die
Verwendung gusseiserner Druckrohre bis zu Wasserdrücken Von 30—40 m Wassersäule19)
*8) Während des Druckes dieses Abschnittes erschien in der Zeitschr. f. d. ges. Turbinen wesen.
Heft 28. 1907. S. 416—421 von Dr.-Ing. W. Banersfeld auf Anregung von Prof. £. Beichel, Berlin
eine Abhandlang Aber „Die wirtschaftliche Berechnung von Hocbdruckturbinenleitungen".
*•) In den von dem Verein deutscher Ingenieure 1900 aufgestellten „Normalien zu Rohrleitungen
für Dampf von hoher Spannung11 ist gesagt: „Bis 8 Atm. ist Gusseisen für Rohrleitungen bei allen Dm.,
von 8 bis 18 Atm. nur bis 150 mm Dm., von 13 bis 20 Atm. überhaupt nicht mehr zulässig. Zeitschr.
d. Ver. deutscher Ing. 1900. S. 1483.
Handbuch der Ing.-Wiaeensch. III. Teil. 13. Bd. 58
914
IIL Theodor Koken. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
nichts einzuwenden, vorausgesetzt, dass durch die Art der Turbinenregulierung und der
angebrachten Schutzmassregeln starke Wasserschläge ausgeschlossen sind. Bedingung ist
ferner naturlich, dass die Rohre in senkrechter Form mit der Muffe nach unten behufs
Vermeidung von Blasenbildungen gegossen sein müssen, damit eine gleichmässige Material-
Verteilung vorausgesetzt werden kann.
Da die Rechnung namentlich för kleinere innere Drücke Wandstärken ergibt, welche sich nickt
mehr sicher genug giessen lassen, so haben sich in der Praxis Formeln herausgebildet, welche den
praktischen Bedurfhissen der Giessereitechnik und zu gleicher Zeit der Festigkeit genügen. Der
Verein Deutscher Gas- und Wasserfachmänner hat zusammen mit dem Verein Deutscher
Ingenieure im Jahre 1878 Normalien för gusseiserne Wasserleitungsrohre festgesetzt, welche 1882
nachgeprüft und in einzelnen Punkten verändert sind. Die normalen Wandstarken werden nach diesen
Vereinbarungen ausgedrückt durch die Formel ^«ä + W mm (73) und zwar für Bohre, welche einem
Betriebsdruck von höchstens 10 Atm. und einem Probedruck von höchstens 20 Atm. ausgesetzt sind.
Für einen Betriebsdruck von 4 bis 7 Atm. ist eine Verminderung der Wandstärke von 5 bis
15 •/• zulässig.
Tabelle IV.
Die Hauptabmessunpen gusseiserner Muffenrohre nach den Festsetzungen des Vereins deutscher
Ingenieure und des Vereins der Gas- und Wasserfachmanner Deutschlands.
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Die einfachste und billigste Verbindung gusseisemer Rohre bilden die Muffen.
In die Muffe werden zunächst Hanfstricke eingelegt, damit das flüssige Blei nicht in das
Rohr eindringen kann und dann wird die Muffe mit Blei ausgegossen und verstemmt
Die normale Muffe der oben erwähnten Vereinbarung ist in Abb. 294 dargestellt
Es haben sich den verschiedenen Bedürfnissen der Praxis entsprechend sehr viele
verschiedene Muffentypen herausgebildet, von denen hier nur einige wenige angefahrt
werden mögen.
§ *■
Drtjcxbohhb.
915
Die sogenannte Berliner Muffe (Abb. 295} hat eine schwalben seh wanxsrtige Erweiterung, sodass
das Blei ohne »ehr starke Znaammenpressung sieht herausgedrückt werden kann.
Die in Abb. 896 dargestellte Hoffe mit ringförmiger Bille nun Festhalten der Bleidichtung
wurde unter anderen bei den Wasserleitungen von Wien, Dortmund, Braunseh weig nad Kiel
verwondet Einen hohen Grad von Beweglichkeit beertet die in Liverpool inr Anwendung gekommene
kugelförmige Hoffen Verbindung (Abb. 297). Eine von den v.Bollachen Werken in. Choindes für Wasser-
drücke von 16 bis 60 Atro. hergestellte Muffen form, bei welcher durch Sieherheitsringe die Bleidichtung
Abb. 294. Deutsche Normalmuffe.
Abb. 295. Berliner Muffe.
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Abb. 297. Kugelförmige Hoffe (Liverpool).
festgehalten wird, zeigt Abb. 298. Diese Stahsrheitsringe sind je nach dem Rohrdurchmeeeer zwei- oder
dreiteilig und werden mittels Ankerschrauben, welche hinter entsprechende AngBaes an der Muffs fassen,
festgehalten.
Auf Taf.lVlII, Fig. 13 und 14") sind zwei amerikanische Huffentvpen für Hochdruck-
Wasserleitungen dargestellt mit erheblich Aber 10 Atm. Betriebedruck.
Bei der Muffe Fig. 18 ist, um der Rohrengiesssrei die Anfertigung von neuen Modellen so
ersparen, der Muffenwulst durch einen aufgesogenen Schrumpfring verstärkt worden. Die beiden Blei
eingösse wurden mit Hilfe von besonderen Gussformen eingebracht und kraftig verstemmt Das Bohr-
ende sitzt lose in der Muffe und gestattet eine beschrankt« Beweglichkeit. Die Ausdrehungsn ans der
Hoffe, in welche dss Blei hineingreift, erhöhen die Betriebssicherheit dsr Dichtung. Die in Tat. LVm,
Fig. 14 dargestellte Hoffe ist für eins Leitung verwendet, welche speziell Feuer! Oscbtwocken dient.
Des zerstörenden Einflusses dss Beewsssers wegen, welches im Betriebsfalle neben dem Brunnenwasser
mit znr Verwendung kommt, sind die Bohre besonders sterkwandig ausgeführt Der Bleieinguss ist
wie üblkb. durch Hanfstrick begrenzt. Zur Aufnahme des Bleies sind nicht nur in die Muffe, sondern
such in das Bohrende ringförmige Erweiterungen eingedreht
Für Waaserkraftanlagen ist auch bei gusseiBernen Druckleitungen die Flanschen-
verbindung zuverlässiger als die Muffenverbindung, wenngleich letztere weniger beweglich
ist. Aach für gnsseiserne Flanschenrohre Bind in Deutschland Normalien auf-
gestellt (Tab. V).
Die Arbeit&leiste wird, wenn os sich um grossere Drücke handelt, abgedreht. Als
DichtungBeinlagen werden meistens ringförmige Platten aus mit Leinöl getränkter Pappe
■0) Zeitschr. d. Ter. Deutscher Ing. 1905. S. 1266.
916
III. Thbodob Koehn. Ausbau ton Wasserkräften. Einzelheiten.
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§ 4.
Drückrohre.
917
Abb. 299. Flansch nach der Normalien, Tabelle V.
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gebraucht Für Rohrleitungen, welche Erschütterungen ausgesetzt sind, insbesondere bei
Überschreitung von Brücken empfiehlt sich die Anwendung von Dichtungsringen aus
gutem Kautschuk, welcher seine Elastizität nicht so bald verliert. Empfohlen werden
als Dichtungsringe auch Bleiringe mit Kautschukeinlage. Der dichtende Anschluss des
Bleies wird durch die Elastizität des Kautschukkerns dauernd erhalten, während der
Kautschuk gegen die schädlichen Einwir-
kungen der Luft und des unreinen Wassers
durch die Bleihülle geschützt ist.
Eine für grösseren Druck zweckmässige
Dichtung ist die Riedl ersehe (Abb. 300).
An einem Rohrende befindet sich eine Aus-
sparung, in welcher eine Lederstulpe von
winkelförmigem Querschnitt mittelst eines
eingelegten Spannringes festgehalten wird.
Die glatt abgedrehten Rohrflanschen werden
ohne weitere Dichtungsmittel fest gegen-
einander geschraubt.
Für grössere Druckhöhen hat man
auch Kupferringe zur Dichtung genommen und zwar entweder Drahtringe mit kreisför-
migem Querschnitt (Abb. 301) oder mit besonderer Profilierung (Abb. 302).
Um die gusseisernen Rohre von mehr als 0,60 m 1. Dm. auch für Hochdruck-
leitungen besser geeignet zu machen, hat man sie mit umgelegten Stahlringen versehen.
Derartige Rohre anter der Bezeichnung tuyaax frettes d'aeier a chaud liefert z. B. die Socilte*
anonyme de haute fourneaax et fonderies in Pont a Mousson*))«
7
Abb. 300. Riedlenche Rohrver-
bindnng mit selbatwirkender Ab-
dichtung durch eine Lederstulpe
yon winkelförmigem Querschnitt.
Abb. 301. Kupferner Dichtungs-
ring zur Flanschendichtung.
Abb. 302. Goetze's profilierter
Kupferring zur Flanschen-
dichtung.
Vor der Verlegung muss jedes gusseiserne Druckrohr durch Druckproben mit
dem doppelten des höchsten Betriebsdruckes geprüft werden. Während das Rohr unter
dem hohen Druck steht, wird es mit eisernen Hämmern von 0,5 bis 1,5 kg Gewicht
gehämmert, damit ungesunde Stellen im Guss wie Blasen etc. sich zeigen.
Zum Schutze der Rohre gegen Rosten werden dieselben am besten gleich auf der
Hütte mit scharfen Bürsten gereinigt, sodass überall die metallisch reine Oberfläche her-
vortritt, alsdann auf 150—190° erwärmt und in kochende Asphaltmasse 10 bis 20 Minuten
lang eingetaucht. Nach dem Herausziehen lässt man die Rohre in lotrechter Lage
abtropfen, sodass ein dünner und gleichförmiger Überzug zurückbleibt. Um das Trocknen
des Asphalts zu beschleunigen, gibt man ihm einen Zusatz von Benzin und um das Ab-
blättern zu verhindern, ist es zweckmässig, ihm etwas Leinöl beizumischen. Wegen des
si) Imbeaux, L'alimentation en eau et rassainisaement des villes k l'exposition universelle a
1900. Bd. I. S. 250.
918
III. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
dichten Anschlusses des Bleies in den Muffen muss das Schwanzende des Rohres und
die innere Muffe vom Asphalt frei bleiben. Zu diesem Zwecke bestreicht, man die
betreffenden Teile mit Kalkmilch, von welcher der Asphalttiberzug später leicht abge-
löst werden kann. Rohre von grossen Abmessungen werden auch oft mit kochender
Asphaltmasse angestrichen, wenn die Vorrichtungen, um solche in kochende Asphalt-
masse zu tauchen, fehlen.
ß) Rohre aus Schweisseisen, Flusseisen und Siemens-Martin-Stahl
werden entweder genietet oder geschweisst.
Die Nietung der Rohre erfolgt in den Quernähten mit einfacher, in den Längs-
nähten mit doppelter Nietung entsprechend der Inanspruchnahme. Bei der Nietung
(Abb. 803) werden die Längsnähte mit einer Lasche überdeckt und mit doppelter Nietung
Abb. 803.
Abb. 804.
Abb. 805.
zu beiden Seiten der Stossfuge versehen, wobei die Rohrbleche unter der Lasche mit
ihren abgehobelten Kanten zusammenstossen. Ebenso kann man die einzelnen Rohr-
schüsse stumpf zusammenstossen lassen und sie dann mit einer Lasche und einfacher
Nietung verbinden.
Billiger und häufiger werden die Längsnähte so hergestellt, dass man die einzelnen
Blechtafeln schief überplattet und dann mit doppelter Nietung verbindet (Abb. 304).
Die Verbindung der einzelnen so zusammengenieteten Rohrschüsse erfolgt am einfachsten
und billigsten, indem man dieselben ofenrohrartig ineinander steckt und vernietet.
Die Verbindung der aus mehreren Blechschüssen bis zu Baulängen von 5 bis
etwa 10 m hergestellten Rohre Auf der Baustelle geschieht entweder auch durch Ver-
nietung oder durch Flanschverbindungen. Bei der Vernietung werden entweder die ein-
zelnen Baulängen ofenrohrartig ineinander gesteckt und mit einer Nietreihe vernietet
oder es werden wie oben die einzelnen Baulängen, mit abgehobelten Kanten zusammen-
stossend, mit Laschen und beiderseitiger Vernietung verbunden. Alle Nietverbindungen
müssen sorgfältig verstemmt werden, weil sonst Wasserdichtigkeit nicht zu erzielen ist.
Die Flanschverbindung der Rohre durch Umbordung nach Abb. 305, welche zugleich das
Rohr in der Längsrichtung etwas elastisch macht, kann bei vorzüglichem Eisen und
bei kleinem Dm. Verwendung finden. Der zwischen die Umbordungen gelegte, etwas
vorspringende Dichtungsring aus weichem Eisen wird von aussen angestaucht und gehörig
verstemmt.
Meistens werden an den Enden der einzelnen Baulängen Flanschen aus Winkel*
eisen aufgenietet und mittelst Schraubenbolzen verbunden M). Zur Dichtung der Flansdran-
**) Wegen der Berechnung der Flanschen und Wandungen vergL M. Westphal,
der Festigkeit loser und fester Flanschen, Zeitsehr. d. Ver. deutscher Ing. 1897. a 1086 und C Bach,
Versuche mit Flanschverbindungen, Zeitsehr. d. Ver. deutscher Ing. 1899. S. .821 u. ff.
§ 4. Dbuckbohre. 919
Verbindungen werden dieselben Mittel verwendet, welche bereits bei den gasseisernen
Rohren erwähnt worden.
Zn empfehlen sind auch Kupfomnge mit Aebestumhüllung. Letztere soll die
galvanischen Wirkungen zwischen Kupfer und Eisen verbäten.
Bei der Wasserkraftanlags des Elektrizitätswerkes Lnaern-Engelberg wurde für die Flansch-
verbindunguu der Hochdruckleitung aas Siemens-Martin- Stahl im oberan Teile eine Dichtung (Bauart
Theodor Bell & Co. in Krioni) verwendet, bei welcher in die Dich tun gafuge und mar in eine in
die beiderseitigen Flanschen angedrehte ringförmige Nnt ein Ksutschukring gelegt wurde. Letzterer
wird durch einen Flacheisenring gehalten, der ein wenig in die Flanschen eingelassen ist, um ihn
vor Verschiebung parallel zur Leitungaachse in schatten.
Für den unteren Teil der Hochdruckleitung wurde zwischen die abgefasten Flanschen ein X-
fürmiger Ring {Bauart Gebr. Salier in Winterthnr) mit beiderseitigen Eautschukschnaren eingelegt*').
Bei Drackhöhen von mehr als 100 m Wassersäule
edet man neuerdings oft geschweisste Rohre.
Die Schweissung der Rohre erfolgt mittelst besonderer
Maschinen zwischen WassergasBtichflaromen. Bleche bis
zn 15 mm Dicke werden mit stumpf abgeschnittenen
Kanten übereinander geschweisst. Bleche von grösserer
Dicke hobelt man an den Schweisskanten schräg ab. Bei
Durchmessern von 750 bis 1400 mm werden Baulängen
von 10 m ohne Schwierigkeit hergestellt. Bei Rohren mit
grosseren Dm. wird die Schweissnng sehr teuer. Auf be-
sonderen Wunsch können geschweisste Rohre in erheblich
grösseren Baolangen als 10 m hergestellt werden.
So hat s. B. die Firma Fitsner in Lanrahntte (Ober-
Schlesien} für die Stadt Hamburg ein 600 mm weites geschweisstes
Flanachenrohr von 20,0 m Lange und 12 mm Wandstarke geliefert. ___^^_^__^_
Die Festigkeit der Schweisstelle wird meistens zu ' J *"
95% der ursprünglichen Materialfestigkeit auf Zog angenommen u).
Die Verbindung der einzelnen Baulängen bei geschweissten Rohren geschieht ent-
weder mittelst angewalzter Muffenformen in Eisen, oder es werden an den Rohrendan
flanschartige UmbÖrdelungen angewalzt. Bei der Hochdruckleitung der Wasserkraft-
anlage Brusio mit 450 m Wassersäule (S. 912) wurde die Verbindung der geschweissten
Rohre nach Abb. 306 ") hergestellt. Die als Flanschen dienenden Stahlringe werden auf
das Rohr vor der SchweiBsung aufgezogen, sodass sie nach der Herstellung des Rohres
nicht mehr heruntergenommen werden können. Die Dichtung erfolgt durch einen 7 mm
starken runden KantBchukring. Ähnlich ist die Rohrverbindung bei der Drnckrohr-
leitung der Anlage Vouvry-Lac-Tanay (Taf.LVDI, Fig. 11), nur dass hier die aus-
gedrehte Nnt für den Dichtungsring fehlt, ferner diejenige nach Taf. LVIII, Fig. 12 der
Aufgpeicherungsanlage Ölten Aarbarg (S. 754).
Zum Schutze gegen Rosten werden die geschweissten und genieteten Stahl* and
Schweisseisenrohre, nachdem sie von allen Unsauberkeiten und Rost gereinigt sind, mit
einem Mennigeanstrich versehen und dann mit einem heissen Asphaltlack überzogen.
IS) Zeitachr. d. Ver. deutscher lug. 1900. S. 1520.
I«) Die Firma Schulz, Knand 4 Co. in Essen a. d. Bohr stellen geschweisste Rohre mit
angewaliten Hoffen ans Siemens-Martin-Stahlblech her, welches bei 25% Dehnung eine Zugfestigkeit
von 8400—4000 kg/qcm aufweist Für die Festigkeit der Schweisstelle Bind 95 % garantiert. Bei Rohr-
weiten von 600 bia 750 mm betragt die normale B anlange etwa 4,0 m, bei grosseren Durchmessern bis
sa 10,0 m.
■B) Die Rohrleitung in Brusio ist von der A.-Q. der Dilliuger Hottenwerke geliefert.
920 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Freiliegende der Sonne ausgesetzte Rohre werden dann noch zweck-
mässig mit Kalkmilch überstrichen.
Zu erwähnen wären noch die sogenannten Mannesmannrohre, welche nach dem
Hohl walzverfahren von den deutsch-österreichischen Mannesmannwerken hergestellt
werden. Die Dichtigkeit und Festigkeit dieser Rohre ist sehr gross, auch lassen sie
sich in grossen Baulängen herstellen. Da aber die Herstellung der Walzen für den ver-
hältnismässig kleinen Bedarf bei Wasserkraftanlagen zu teuer wird, haben Mannesmann-
rohre für die hier in Frage kommenden Zwecke nur selten Verwendung gefunden.
B. Druckrohre aus armiertem Beton. Bis zu einer Druckhöhe von 20
bis 30 m Wassersäule sind besonders in Frankreich, aber auch in anderen Ländern
häufiger Druckleitungen in armierten Beton ausgeführt. Namentlich da, wo es sich um
grosse Durchmesser und schwach geneigte Leitungen handelt, bei denen volle Füllung
des Rohres mit druckfreiem Scheitel zusammenfallen kann, oder bei denen bei kleineren
Druckhöhen grössere Überschüttungen vorhanden sind, sodass stärkere Biegungsmomente
auftreten (S. 895), ergeben sich bei Verwendung von armiertem Beton gegenüber Rohren
aus Schmiedeeisen oder Stahl erhebliche Ersparnisse. Als Muster für ein Druckrohr in
armierten Beton kann dasjenige der Anlage Champ (Füre et Morge) gelten.
Man hat dort die 3,30 m im Lichten weite Druckleitung bis zu einer Druckhöhe von 20,0 m auf
einer Länge von 2200,0 m in armierten Beton ausgeführt Zunächst wurde ein Bett aus Kiesbeioo in
hydraulischem Kalk von 25,0 cm Stärke bis zur Höhe des halben Durchmessers hergestellt Die Bau-
grube wurde in Form eines Polygons ausgehoben und dann das Bett aus hydraulischem Kalk-Kiesbeton
mit Hilfe von zylindrischen Leeren eingestampft (Taf. LX, Fig. 1). Die Wandstärke des Betonrohres
schwankt zwischen 0,20 bis 0,25 m. Sie schliesst eine Armatur aus Rundeisen in sich, welche sieh ans
kreisförmig gebogenen und aus parallel zur Achse laufenden Rundstäben derart zusammensetzt, da»
Maschen von 0,10 auf 0,11 m Seite gebildet wurden. Die ringförmig zu biegenden Rundstäbe wurden
in den richtigen Längen von 11,30 m geliefert und in den Werkstätten auf der Baustelle mit besonderen
Biegemaschinen gebogen (Taf. LX, Fig. 2). Die Enden wurden dann zusammen gesch weiss t. Damit die
Schweißstellen keine schwachen Punkte bilden konnten, wurden die Querschnitte der Enden vor dem
Schweissen warm aufgestaucht und so etwas yergrössert. An sechs Schmiedefeuern konnten sechs
Schmiede mit je einem Hilfsmann im Mittel je 50 Ringe, zusammen 300 Ringe pro Tag schweissen,
welche für eine als durchschnittlich vorgesehene tägliche Leistung von 30,0 m Rohrlänge ausreichten.
Um diese Armierungsringe an Ort und Stelle in richtiger Lage aufstellen zu können, wurden mittelst
Leeren fünf rechteckige, 5 cm starke Leisten in Zementbeton parallel zur Achse des Rohres auf dem
Bette hergestellt (Taf. LX, Fig. 3). Durch diese Führungsleisten erhielten die Ringe genügenden Halt
und konnten nun im richtigen Abstände von 10 cm voneinander auf 12,0 bis 14,0 m Leitungslänge
aufgestellt werden. Alsdann wurden im Innern im Abstände von 11 cm voneinander die parallel zur
Achse laufenden Rundstäbe mit Stahldraht an den kreisförmigen Armierungseisen festgebunden (Taf. LX,
Fig. 4). Um nun den Guss des Betons zu ermöglichen, war ein Kern (Taf. LX, Fig. 5) notwendig, ferner
zwei viertelkreisförmige Schalen, welche den oberen Teil des Rohres umschlossen und auf dem fertigen
Bett aus hydraulischem Beton aufruhen konnten, schliesslich lotrecht stehende Stirnstücke, nm die so
gebildete Form lotrecht zur Leitungsachse abzuschliessen. Die oberen Schalen waren aus Holz geformt
und innen mit Zinkblech verkleidet, ebenso die Stirnstücke. Der Kern war in Eisen in einer Länge
von 4,5 m hergestellt und wog 3000 kg. Bei jedem Guss, welcher ungefähr l1/* Stunden in Anspruch
nahm, wurden 4,0 m Rohr hergestellt. Eine Stunde nach Beendigung des Gusses war der Zement soweit
abgebunden, dass man die Schalen und die Stirnstücke abnehmen und mit der Verschiebung des Kernes
vorgehen konnte. Durch eine besondere sinnreiche Vorrichtung 2 6) wurde es ermöglicht, den schweren
Kern innerhalb V/t Stunden in seine neue Lage zu rücken. Auf diese Weise konnten mit jedem Kern
drei Rohrstücke a 4,0 m pro Tag, d. h. 12,0 m Leitungslänge gemacht werden, und da drei Kerne vor-
handen waren, konnte man täglich bis zu 36,0 m Rohrlänge, im Durchschnitt etwa 30,0 m fertigstellen.
Der Kern ruhte während des Gusses an einem Ende auf dem fertigen Rohr, am anderen Ende auf dem
hölzernen Stirnstück aus Holz auf (Taf. LX, Fig. 7). Die Achse des Kernes war mit Schraubengewinde
ss) Entworfen von der Firma Rosignol & Delamanche in Grenoble, welcher die Herstellung des
armierten Betonrohres übertragen war.
§ 4. Druckrohre. 921
versehen und die Buchsen, an welchen die Speichen befestigt waren, bewegten sich auf der Achse, wenn
letztere gedreht wurde. Durch Drehung der Hebel p— p wurde zunächst, wenn der Kern verschoben
werden sollte, der Durchmesser dee Kernes ein wenig verkleinert,, sodass er sich aberall von dem Beton
loslöste. Die Achse de« Kernes hing alsdann auf zwei Laufridern a und c, welche auf einem I-Trlger
liefen. Wenn nun die Schrauben in, m etwas ansog, verringerte man die Entfernung o y und das ganze
Gewicht des Kernes ruhte schliesslich auf den beiden Laufrfidern a und c. Durch Schieben oder Ziehen
könnt« man nunmehr die Rttder s and c auf dem T-Triger 1—1 tum Rollen bringen und so den Kern aus
der Lage AB CD in die Lage A'B'C'D' versetzen. Der erwähnte T Träger 1—1 ruhte in zwei Trag-
gestellen snf zwei exzentrischen Scheiben g—g. Sollte der T- Träger selber verschoben werden, so musste
man mittelst der Kurbel h und den Ezzenterscheiben g— g den Träger 1—1 so weit senken, daas er auf
den Rollen i— j anfmhte. Dann konnte man ihn auf diesen Rollen verschieben, vorausgesetzt, dass der
Kern inzwischen sein festes Auflager, nftmlich an einem Ende auf dem fertigen Rohre und am anderen
Ende auf dem Stinistflck gefunden hatte, und dass man durch Drehen der Achse die Speichen eo weit
gespannt hatte, dass der Durchmesser des Kernes sein normales Mass von 8300 mm erreicht hatte.
Die Traggestolle f, f für den I-Trlger werden dann von Hand geruckt und in der neuen Stellung auf-
gestellt. Das so hergestellte Druckrohr bat sich bei den Proben ab vollkommen dicht erwiesen. Zur
Überfahrung der Leitung aus dem Betonrohr in das Stahlrohr hatte man im Abstände von 1,0 nnd
1,50 m von dem stumpfen Ende des Stahlrohres zwei Winkelsisen 100/100 mm auf das Stahlrohr genietet
und in die radialen Schenkel dieser Winkeletsen im Abstsnde von 0,11 m von Mitte zu Mitte Locher
von 18 nun Dm. gebohrt. Durch diese Locher sind die zur Rohrachse parallelen Rundeisen des armierten
Zementrohres gezogen und dann am Ende umgekröpft. Die kreisförmigen Rundstlbo der Armierung
sind in derselben Weise wis auf der normalen Betonrobrstrecke angebracht. Beim Giessen des Anscbluss-
stuckes von Betonrohr diente das Ende des Stahlrohres als Kern. Dieser Anschlags soll sich als völlig
dicht bewahrt haben.
G. Sonstiges Mate- Abb. 307. Holzrohr.
rial für Druckleitungen.
Zu erwähnen wären hier zu-
nächst die Druckleitungen ans
Holz, welche etwa für Druck-
hohen von 15 bis zo 20 m Was-
sersäule in Frage kommen
können.
Zum Beispiel bei der Wasserkraft anläge an den Trentonflllen in den Vereinigten Staaten
von Nordamerika, welche der West Csnada Fluss (N.T.) in der Nähe des Städtchen Trenton
bildet, wurde von der Erbauerin, der ünioa Gas- aud Electric Company der grösste Teil der
1 126,0 m langen Druckleitung zwischen den 18,0 m hohen Staudamm und dem Krafthause aus Holz-
rohren hergestellt Diese haben einen Durchmesser von 2134 mm und sind aus Texas-Piniedanben von
60 mm Wandstärke zusammengesetzt und durch Eisanbander zusammengehalten*').
Auf S. 610 Nr. 51 wurde bereits die Druckleitung aus Holz dos Wassorkraft-EIektrizitlte Werkes
der Northern California Co. bei Volta am Battle Creek erwähnt. Hier sind die ersten 250,0 m
der 2050 m langen Druckleitung von 1000 mm Dm. aus Rotholzdauben , welche von Eisenreifen mit
Spannschlössern zusammengehalten werden, gebildet
Bei dem zur Versorgung von Srinsgar der Hauptstadt Kaschmirs mit elektrischer Energie
erbauten Wasserkraft-Elektrizitätswerke (20000 PS«) wurde ein Teil des Werkkanals als eisenarmiertes
Holzrohr von 2,5 m 1. Dm. ausgeführt (S. 798)").
Die Firma Herzog in Logelbach i. E. liefert Holzrohre, welche gleichfalls fass-
artig aus Danben mit schmiedeeisernen Reifen zusammengesetzt sind (Abb. 307); Rohre
von 0,5 m Dm. haben eine Daubendicke von 6 cm und kosten pro 1 m Länge 10 Mk.,
Rohre von 1,8 m Dm, haben eine Danbendicke von 8 cm und kosten pro lfm. 36 Mk.
Die Baulänge beträgt 5 m. Die schlank konisch gearbeiteten Rohre werden am engeren
ii) Zeitschr. f. d, ges. Turbinenweseu. 1906. S. 366.
*") Heinrieb Hornberger in St Francisco, Waaeerkraitanlagen i:
ges. Turbinonwesen 1906. 3. 124.
922 III. Thbodob Eoehn. Ausbau von WasskbkbIften. Einzelheiten.
Ende aussen, am weiteren Ende innen auf 25 cm Länge abgedreht, sodass sie dicht in-
einander gekeilt werden können. Kleinere Lacken werden mit feinem Moose ausgestopft.
Die Lebensdauer solcher Leitungen soll mindestens 25 Jahre betragen, doch liegen Aus-
führungen von höherem Alter schon vor29).
Für Druckhöhen von 15—20 m Wassersaule dürften solche Holzrohrleitungen auch
an den Verbindungsstellen dicht genug sein.
Nicht selten werden in den Felsen eingesprengte Tunnel als Druck-
stollen benutzt.
Beispiele hierfür bieten die Anlagen Livet S. 531 (lotrechter Druckstollen von 8,0 m Dm.
Taf. XLI, Fig. 7 u. 8), die Urfttalsperre (Druckstellen von 2,50 m 1. W. und 2,12 m L Hohe
T»f. XLVIII und 8. 588 n. 592) ferner die Etschwerke bei Meran-Bozen (Druckstellen von 8,0 m
L W. S. 602 n. 603, Nr. 10 n. 11).
Derartige in den Felsen eingesprengte Druckstollen werden stets mit Beton aus-
gekleidet, weil man sich auf die Dichtigkeit des Felsens nicht verlassen kann. Es ist
zweckmässig, dem Druckstollen eine stärkere Neigung zu geben, damit die Luft sich an
einem höchsten Punkte sammeln und dort in einen nach oben geöffneten Schacht ent-
weichen kann. Bei schwach geneigten Druckstollefn von grösserer Länge (mehr als 150 m)
empfiehlt es sich, besondere Entlüftungsschächte anzulegen. Schliesst ein schwach
geneigter Druckstollen an ein stark geneigtes Druckrohr an, so wird man auf die Über-
gangsstelle einen Luftschacht oder ein oben offenes Steigerohr setzen.
4. Die Verlegung eiserner Druckrohre. Während man gusseiserne Drucklei-
tungen wegen der Gefahr der Beschädigung durch Schlag oder Wurf immer in Bau-
gruben verlegt und mit Boden bedeckt, findet man bei Leitungen aus Schweisseisen,
Flusseisen oder Siemens-Martin-Stahl — der Kürze halber sollen alle drei Materialarten
in diesem Abschnitt mit „Schmiedeeisen* bezeichnet werden — sowohl die bedeckte als
auch die offene Verlegung.
Die offene Verlegung schmiedeeiserner Leitungen wird in der Anlage meist billiger
als die bedeckte. Das ist besonders der Fall bei steilen Leitungslinien, wenn der Boden
zur Bedeckung der Rohre noch durch besondere Bauwerke gestützt werden muss. Abge-
sehen von der Kostenfrage hat die offene Verlegung den Vorteil, dass man die
Leitung jederzeit beobachten und etwaige Haarrisse feststellen kann, bevor es zum Bruche
kommt und ferner den, dass man in der Lage ist, das Rohr durch Erneuerung des An-
striches sorgfältiger zu unterhalten. Die offene Lage hat aber den Nachteil,
dass die Leitung der Sonnenwärme und der Kälte ausgesetzt ist und deshalb höheren
Spannungsveränderungen unterliegt als die bedeckte Leitung. Solange das Rohr mit
fliessendem Wasser gefüllt ist, wird bei den Geschwindigkeiten, die bei Wasserkraft-
anlagen gewählt werden, trotz Sonnenschein und Frost die Temperatur des Eisens
höchstens um 15 bis 20° schwanken. In der Regel muss man aber die Annahme machen,
dass die Leitung sowohl bei Sonnenhitze als auch bei starkem Frost leer sein kann, und
man wird deshalb mit Temperaturdifferenzen bis ca. 60° C zu rechnen haben. Die
lineare Ausdehnung eines Stabes beträgt bei 100 ° Temperaturunterschied auf 1 m Länge
a) für Schmiedeeisen 0,00122 m oder 1/819, b) für weichen Stahl 0,001073 m oder 1/927,
c) für Gusseisen 0,001110 m oder 1/901. Legt man den Ausdehnungswert ad a) zugrunde,
so würde bei 60 ° Temperaturdifferenz bei einer Rohrlänge von 200 m, wenn man sich
das eine Ende fest verankert denkt, eine Längenänderung von 0,146 m eintreten. Obwohl
der grösste Teil dieser Längenänderung durch die Biegung der Flanschen und die Zu-
**) Zeitaehr. cL Arch.- n. Ing.-Ver. in Hannover 1878, wo eine unter 12 m Druck stehende Hob-
rohrleitung von 1,8 m Lichtweite nnd 180,0 m Länge beschrieben ist
§ 4. Dbügkbohbe. 923
sammendrückung des Dichtungsmaterials, sowie durch die Elastizität der Rohrwandungen
selbst ausgeglichen wird, werden dennoch bei grösseren Rohrlängen Dilatationsvorrich-
tungen einzubauen sein, sofern es sich um 1. Dm. von mehr als etwa 0,80 m und um grössere
Drücke handelt. Wenn die von Temperaturdifferenzen bewirkten Längenänderungen
allein durch die Elastizität des Materials (abgesehen von der Elastizität der Flanschen,
Dichtungen und Knickpunkte) aufgenommen werden müssen, so wird sich bei 1° Differenz
gegen diejenige Temperatur, bei welcher das Rohr verlegt ist, etwa eine Zug- oder Druck-
spannung von 25 kg/qcm (x = E . 0,0000122 ~ 25 kg. Wegen der Werte des Elastizitäts-
moduls E, vergl. S. 891) ergeben. Bei der Temperaturerhöhung entsteht eine
Druckspannung, welche der von dem strömenden Wasser und dem hydraulischen
Druck erzeugten axialen Zugspannung entgegenwirkt, sodass die axiale Gesamtepannüng
sich verringert*. Bei der Temperaturabnahme entsteht aber eine Zugspannung,
welche sich mit der von dem Wasser erzeugten addiert Grössere Spannungen infolge
der Temperaturdifferenz können deshalb, wie erwähnt, nur bei leeren Rohren auftreten
und wenn man die sehr ungünstige Annahme einer höchsten Temperaturdifferenz von
60 ° macht , . so könnten infolge davon axiale Spannungen von höchstens 1500 kg/qcm
verursacht werden. Da man aber nie genau wissen kann, welche Spannungen bereits
in den Wandungen bei der Herstellung und bei dem Einbau der Rohre in die Druck-
leitung erzeugt sind, so werden bei grösseren Durchmessern und grösseren Druckhöhen,
wo das Material schon durch das Wasser grösseren Beanspruchungen ausgesetzt zu sein
pflegt, meistens Dilatationsvorrichtungen verwendet. Von ihnen wird im näch-
sten Abschnitt die Rede sein. Ihre Wirksamkeit hängt von der. Art der Montage und
von vielen anderen Umständen ab, die sich nicht immer alle von vorneherein übersehen
lassen , sie bilden aber immer schwache Punkte in der Leitung. Die Verankerung an
einem Enickpunkte der Druckleitung muss bei Verwendung von Dilatationsvorrichtungen
aufwärts und abwärts des Enickpunktes jedenfalls stärker ausfallen, als wenn solche
Stellen, die man theoretisch wenigstens als beweglich annehmen muss, nicht vorhanden
sind. Aus diesen Gründen muss die bis jetzt ziemlich allgemein angenommene Not-
wendigkeit der Einlegung von Dilatationsvorrichtungen in schmiede-
eiserne Druckleitungen jedenfalls als ein wesentlicher Nachteil der
offenen Verlegung gegenüber der bedeckten angesehen werden. Aus
der vorstehenden Tabelle III ist zu ersehen, welche von den im Kap. II beschriebenen
Anlagen bedeckte und welche offene Druckleitungen haben. Zur besseren Übersicht sind
die Leitungslängen und Dm. beigefügt.
Auch die Rücksicht auf die Eisbildung im Druckrohr kann bei der Entschei-
dung zwischen offener und bedeckter Verlegung eine Rolle spielen. Da in der Regel
grössere Geschwindigkeiten als 1 m/sek. bei Wasserkraftanlagen gewählt werden, so ist
eine Bildung von festem Eis während des Betriebes nicht wohl denkbar. Dagegen kann
sich, wenn das Wasser bis auf fast 0° abgekühlt in die Druckleitung tritt, bei starkem
Frost und offener Rohrleitung im Druckrohr gallertartiges Eis bilden, welches in
den Turbinen Betriebsstörungen verursachen kann (S. 835 u. ff.).
Kommen bei starkem Frost längere Betriebspausen vor, so darf man bei offenen
Leitungen die Wassersäule im Rohr nicht ganz im Ruhezustand lassen, sondern muss
durch Öffnung von Nebenauslässen für eine Bewegung sorgen, weil andernfalls ein volles
oder teilweises Einfrieren des Druckrohres denkbar wäre.
Die stündliche Wärmeüberführung W einer eisernen Druckleitung an die
kältere umgebende Luft wird ausgedrückt durch die Formel:
W — kDreL (t, — t») in W.E. (74)
924 III. Thjgodor Eoehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Hierin bedeuten k eine Erfahrungszahl , welche etwa = 10 zu setzen ist, t* die mitt-
lere Wassertemperatur, t, die Temperatur der umgebenden Luft, D den äusseren Dm.
und L die Länge der Druckleitung. Da 1 cbm Wasser bei einer Abkühlung um 1*
1000 Wärmeeinheiten abgeben kann, so muss die stündliche Wassennenge, welche
W
durch das Rohr fliesst, sein Q == ^™ -.- -^-^-pr- (75), wenn die Temperatur des Wasser»
nicht unter 7* ° G abgekühlt werden soll. Bezeichnet man die Oberfläche des Rohres
DttL mit S und nimmt man tz — tm = 20°, tm zu 1° an so wird
q=—ööö-=/6S' <76>
wofür bei zweieinhalbfacher Sicherheit in der Praxis oft Q = S gesetzt wird , d. h. es
müssen stündlich durch die Leitung soviel Kubikmeter fliessen, als die Oberflache der
offenen Rohrleitung Quadratmeter misst
Beispiel: Eine offene Druckleitung von 1,6 m Dm. sei 500,0 m lang, dann ist die Oberfläche
2512 qm. Es müssen also stündlich 2512 cbm während der Betriebspause durch die Leitung abftieasenv
und wenn man eine Betriebspause von 10 Stunden annimmt, taglich 25120 cbm.
Zwar wird eine Temperatur von — 20 bis — 21° C zu den Ausnahmen gehören, in-
dessen es wird im Betriebe die Öffnung der Nebenauslässe bei Beginn der Betriebs-
pausen nicht wohl von Fall zu Fall geregelt werden können, sondern ein für alle Mal
für den schlimmsten Fall eingerichtet werden müssen. Wird mit Qt das während der
Betriebspausen eines Kalendertages durch die Leitung zum Abfluss zu bringende Wasser-
quantum bezeichnet und nimmt man a Frosttage im Jahre an, so beträgt die Jahres-
wassermenge Qt . a, und die Pferdekraftstunden, welche damit geleistet werden könnten,
berechnen sich zu
Qt.a.H.10
K-~~360Ö ' (77)
Bei einer Wasserkraftanlage an fliessendem Wasser ohne Aufspeicherungsbecken
ist es ohne Belang, ob man das Wasser während der Betriebspausen durch den Leer-
schuss oder durch die Rohrleitung fliessen lässt. Hat man aber eine Aufspeicherungs-
anlage und ist der sekl. Wasserzufluss gering, der Bedarf an Energie während der Be-
triebsstunden aber gross, so bildet das durch das Druckrohr während der Betriebspause
zum Abfluss gebrachte Wasser einen direkten Verlust, und wenn man den reinen Nutzen
K k
aus dem Verkauf einer PS« mit etwa k Pfennig einsetzt, so würden t * Mk. (78) ver-
loren gehen. Aus dieser Überlegung ergeben sich Anhaltspunkte für die Mehrkosten,
welche man wirtschaftlich noch gegebenenfalls für die Anlage einer bedeckten Rohrlei-
tung an Stelle einer offenen aufwenden könnte, wenn man lediglich die zuletzt be-
sprochenen Gesichtspunkte im Auge hat.
Offene Druckleitungen werden stets durch einzelne Fundamentklötze ans Beton
oder Mauerwerk gestützt. Auf Taf. XXI, Fig. 1 und 2 ist das Längsprofil der Druck-
rohrleitung des Kubelwerkes dargestellt, und es sei ferner verwiesen auf Taf. Q,
Fig. 2 Druckrohrleitung der Anlage Vizzola, auf Taf. LVIII, Fig. 7 Druckrohrleitung
der Anlage Jajce, sowie auf Abb. 308 Druckrohrleitung der Anlage La Dernier-
Vallorbe. Die Lagerung auf den Fundamentklötzen erfolgt entweder direkt auf dem
Mauerwerk in einem gut abgeglichenen Zementbett oder auf gusseisernen Lagerschalea
Ein Beispiel einer solchen Schale zeigt Taf. LIX, Fig. 16.
In Tabelle III sind die Entfernungen der Fundamentklötze bei einer Anzahl aus1
geführter Druckrohrleitungen angegeben. Die für den einzelnen Fall theoretisch zulässige
Entfernung lässt sich aus folgenden drei Überlegungen ermitteln:
§ i. Dbuckbokbe. 926
1. Es darf die durch das Biegnngsmoment entstehende Spannung kh einschliesslich
der sonstigen axialen Spannungen in kg/qcm die zulässige Inanspruchnahme des Rohr-
materials sieht übersteigen. Ist das Gewicht der Druckleitung pro lfd. om im gefüllten
Zustande p in kg, die Entfernung von Pfeilermitte zu Pfeilermitte in der Rohrachse
!
et
3
I
I
3
I
gemessen l in cm, das ganze Gewicht des gefüllten Rohres P in kg, der Neigungswinkel
der Leitung gegen die Horizontale a und W das Widerstandsmoment des Druckrohres
in cm", so muss sein wenn man, um ungünstig zu rechnen, das Rohr nicht als konti-
nuierlichen Träger, sondern als Träger auf zwei Stützen auffasst:
tt- . cos o = g- cos a =■ W . kb. (79)
926 III. Thsodok Koshk. Ausbau von Wasserkräften. Etnzelheitew.
Dm Widerstandsmoment ist W = 55 . * ~ -, wenn Da den äusseren und D%
den inneren Dm. in Zentimeter bezeichnen, also
, PZ cos«. 4 Da pZ*coga.4D»
*b — n (Da* — D,*) — 7i (Da4 — Di4) (8Ü)
und lg ^fg(D>4-Di4)^T/^;^(Da4-Di4)
P cos a 4Dt V p . cosa . 4 D»
Beispiel: Das Druckrohr des Kubelwerkes von 160 cm innerem Dm, und 161,1 cm äusserem
Dm. hat auf dem obersten Ende eine Neigung gegen die Wagerechte von 1 : 100 (Taf. XXI, Pig 1).
p ist = 22,26 kg, J«745 cm, pl = P = 16584 kg, cos a = 0,9209 00 >, slnaooO
w 16 584 X 745 X 161,10 X 4,0 t Qö . ,
* = 8,1416 (161,10* -160,0*) "1W kg/qcm'
Der höchste Wasserdruck an der betreffenden Stelle ist 17,0 m Wassersäule. Es ist also die Tangential-
Spannung nach Gleichung (29)
v 1 piDi 1 1,7 . 160 OKt. . .
k, =re__==_.___c/3 250 kg/qcm
and wenn man die Längsspannung gleich der halben Tangentialspannung annimmt, wird entere
t/3 125 kg/qcm. Die von dem Rohrgewicht herrührende Längsspannung P sin o wird co 0.
Die Spannung, welche äusserstenfalls durch Temperatoiveränderungen eintreten könnte, wenn
man das Rohr unbeweglich eingespannt annähme, also die Nachgiebigkeit in dem Dichtungsmittel der
Flanschen und in diesen selbst, sowie in den Dilatationsvorrichtungen als nicht vorhanden betrachten
wollte, wäre kt = ß . E . t . F (82). Hierin bedeuten
ß die Ausdehnungszahl für Schweisseisen = -^-^5 — »
E den Elastizitätsmodul = 2 . 10*, t die Temperatur in Celsiusgraden,
F die Fläche des Stabes.
Die Temperaturändenmg bei gefülltem Rohr kann höchstens 20° betragen, also es wäre die tob
0.0012 2 10* SO
der Temperaturänderung herrührende höchste Längsspannung kt ;= — '-r£ : — =^80 kg, demnach
die Summe aller Längsspannungen < 725 kg.
Es empfiehlt sich zur Kontrolle der ermittelten Biegungsspannung fa> die Länge / nach
Formel (81) für den Wert Von kb = 120 kg/qcm zn berechnen.
/ - 1/139.8,1416 (1,611*- 1,600*). W„nÄK m
'- V 20,26.4.161,1 ^745 «■■
was genau übereinstimmt. Wollte man unter Vernachlässigung der Längsspannungen, welche von der
Temperatoränderung und von dem Wasserdrucke herrühren können, l für einen Wert von kb =750
x*i _*-j • u # 1/750 . 8,1416 (1,611* — 1,600*) . 108 ^ tQ ÄO .
ermitteln, so würde sich 1= y — 00 26 4 161 1 ^18,62 m ergeben.
2. Es darf ferner der auf einen Pfeiler übertragene Gesamtdruck — p . Z = P keine
grössere Pressung auf das Mauerwerk oder die Lagerschale und den Baugrund hervor-
rufen als das betreffende Material mit genügender Sicherheit vertragen kann (vergl. die
Angaben S. 673).
Beispiel : Für die im obigen Beispiel betrachtete Druckleitung ist bei l = 745 cm, P = 16684 kg.
Nimmt man eine Höhe der Fnndamentmauern von 2,0 m an und ein Gewicht des Betons von 2000 kg/cbm, so
ist der Druck des Mauerwerks allein pro qcm Grundfläche 0,2 . 2 = 0,4 kg. Bei einem zqj&qsigen Druck auf
den Baugrund von 2 kg/qcm dürfte also der von dem Rohrgewicht herrührende Druck nur 1,6 kg/qcm
und es müsste die Grandfläche des Fundamentes > t 0 > 10865 qcm sein. Würde die Brette der
1,0
Fundamentmaaer gleich dem äusseren Dm. des Rohres also 00 161,0 cm gewählt» so müsste die Dicke der
101,1)
3. Mit Rücksicht auf die Schwingungen , welchen das Rohr durch Wasserschläge
»nsgesetzt sein kann, wird man im allgemeinen die Forderung stellen, dass die elastische
§ 4. Druckrohre. 927
Durchbiegung f des Rohres bei ruhendem Druck möglichst klein sei und för den Wert
von kb aus Formel 80 nicht mehr als 1fiflflQ beträgt
fMt=E.J.884 W
wenn man das Rohr wieder als Träger auf zwei Stützen mit gleichmäßig verteilter
Belastung p l = P betrachtet. Hierin bedeuten :
E den Elastizitätsmodul (vergl. S. 891),
J das Trägheitsmoment in cm* = ^^=^(DÄ4 — Dfl ~ 0,05 (Da4 — Di4)
W ist nach (79) = * ', , also J = fi . — -. Durch Einsetzung dieses
Aasdruckes in (83) ergibt sich f = ~. „* , (84)
Beispiel: Es würde sich also bei den obenerwähnten Drnckrohren ergeben
, 5 . 745« . 189 AA. r^ l
24 . 2 . 10# . 161,1 w> — 14900"
Bei bedeckter Verlegung gibt man den Rohren anstatt Einzelunterstfitzungen fort-
laufende Unterstützung in einem Betonbett oder auf einer Schotterunterlage und hinter-
stopft die Rohre sorgfältig bis zum Kämpfer. Die Überdeckung des Scheitels erfolgt
je nach den klimatischen Verhältnissen mit 0,40 — 1,20 m Boden und man kann dann
sicher sein, dass grössere Temperaturdifferenzen in dem Rohrmaterial nicht vorkommen,
sodass jede DilatationsYorrichtung vollkommen entbehrlich wird. Man hat nur dafür
zu sorgen, dass bei langen und stark geneigten Leitungen längs der
Druckleitung bei Sturzregen die Bildung grösserer Wasserrinnen,
welche die Unterbettung der Rohre fortschwemmen könnon, ausge-
schlossen ist. Zu diesem Zwecke legt man an geneigten Stellen Abweisungsmauern
an, durch welche der Strom des Regenwassers seitlich abgeführt wird.
Eine Verlegungsart, welche die Vorteile sowohl der offenen, als
der bedeckten Lage in sich vereinigt — allerdings abgesehen von den Kosten —
wurde bei der Anlage Funghera (Taf. X, Fig. 8) gewählt. Dort sind nämlich
die zwei Druckrohre durch ein Betongewölbe überdeckt, welches so weit ist, dass
man überall an die Rohre heran kann. In diesem Gewölbe schwankt die Temperatur
nur in kleinen Grenzen.
Bei der Anlage Hafslund sind die Rohre nachträglich überdeckt, um die
Schwierigkeiten infolge von Gallerteisbildung in den Rohren, unter denen der Betrieb
früher zu leiden hatte, zu vermeiden80).
Ähnlich ist auch die Überdeckung der Druckleitung bei der Urfttalsperre
(Taf. XLVIII, Fig. 4b).
Wie schon im Abschnitt 2 erwähnt, muss man bei Rohren von grossem Dm. mit
schwacher Längsneigung den Zustand der vollen Füllung des Rohres bei druckfreiem
Scheitel ins Auge fassen wegen der starken, sowohl im Scheitel und der Sohle als in
den Kämpfern auftretenden Biegungsmomente, und man bettet deshalb solche Rohrlei-
80) Auf eine Anfrage hat der Direktor des Werkes Herr Knud Bryn dem Verfasser wie folgt
geantwortet: ,In unseren Drnckrohren nnd Turbinen haben wir, seitdem die Rohre überbaut sind, nie
Schwierigkeit mit Eis gehabt Die Lufttemperatur in diesem eingeschlossenen Baume sinkt auch wahrend
der grossten Süsseren Kalte nicht unter 0 Grad, indem das durchlaufende Wasser als ein grosser Heia-
apparat
928
IIL Theodor Köehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
tungen entweder bis etwas über dem Kämpfer, wie bei der Anlage Champ (Füre et
Morge, Taf. LX, Fig. 10) oder wie bei der Druckleitung der Ontaria Power Co.
(Taf. LVIII, Fig. 6) am ganzen Umfange in Beton ein.
Bei einigen Anlagen, so z. B. bei der zuerst verlegten Druckleitung der Anlage
Novalesa-Cenischia hat man trotz der bedeckten Lage an steilen Stellen die Einzel-
unterstützung durch Betonmauern gewählt und zwar nach mündlichen Mitteilungen aus
dem Grunde, damit das Rohr, wenn bei einem entstehenden Bisse das austretende
Wasser die Unterbettung fortspülen sollte, seine Untersützung nicht verliert und nicht
völlig zum Bruche kommen kann.
Bei der bedeckten Verlegung der Druckleitung aus geschweissten Rohren
Vouvry-Lac Tanay und ebenso bei derjenigen der Aufepeicherungsanlage Ölten -
Abb. 309. Längsprofil der Seilbahn zum Transport der Drnckrohre bei der Anlage Vouvry-Lae Tanay.
Aar bu rg und früher schon bei dem Wasserkraft-Elektrizitätswerk der Walliser Industrie-
Gesellschaft in Vernayaz (Rhonetal) (S. 606 ad 27) wurden keilförmige Zwischenstücke
(Taf. LVIII, Fig. 10 und 12) verwendet, mit deren Hilfe es möglich wurde, nach jeder
Richtung hin kleinere Knicke bis 10° zu bilden und sich so dem Terrain gut anzu-
schmiegen. Diese Einrichtung soll sich gut bewährt haben.
Der Transport der Druckrohre an die Baustelle erfolgt bei geeigneten
Zufahrtstrassen durch Wagen bis zu einer oberhalb der Leitungslinie gelegenen Stelle,
und man lässt dann die Rohre auf Schlitten oder Schleifen bis zur Baustelle herunter-
gleiten. Findet sich eine derartige geeignete Zufahrtstrasse nicht, so werden die Rohre
entweder auf Gleisen mit motorisch angetriebenen Windevorrichtungen zur Baustelle
emporgefahren, wie es aus Abb. 308 ersichtlich ist, oder man transportiert die Drnck-
rohre durch Seilbahnen an die höher gelegene Stelle, wie es z. B. bei der Anlage
Vouvry-Lac Tanay geschehen ist. Die diesbezüglichen Vorrichtungen geben aus
Taf. LIX, Fig. 13 und 14 und Abb. 309 mit genügender Deutlichkeit hervor.
Zum Verlegen der Rohre an Ort und Stelle werden entweder dreibeinige Böcke
§ 4. Druckrohre. 929
mit Flaschenzügen (Taf. LVIII, Fig. 2 und Abb. 310) oder auf Gleisen verschiebbare
Gerüste nach Tal. L1X, Fig. 15 benutzt
Bei der Anlage Ghamp (Füre et Morge) wurden die in der Werkstatt herge-
stellten Rohrschüsse auf dreierlei Weise an Ort and Stelle zusammengesetzt.
Eine Methode bestand darin, das» die Rohre auf einer ans Bohlen hergestellten und auf dem
Betonbett erbauten Plattform au Röhrenden von 80 — 40 m verbunden wurden. Nach Fertigstellung
eines solchen Stuckes wurde das gante Bohrende mittelst der FIsscheninge (Abb. 310) gehoben und
nach Beseitigung der hölzernen Plattform in das Betonbett gelegt, nachdem dasselbe zuvor auf das
sorgfältigst* gesäubert war.
Abb. 310. Verlegung der Druckleitung aus Siemens-Martin Stahl der Anlage Champ.
Bei der aweiten Verlegnngsart, welche angewendet werden konnte für Wandstärken von S mm
und mehr, worden die Rohrschflsso an Rohratrecken bis zu 60 m Lange auf einer ans Bohlen herge-
stellten Plattform auaaminengeaetat, welche lings des Betonbettee auf dem natürlichen
Terrain errichtet war. Nach Fertigstellung eines solchen Stockes wurde dasselbe vorsichtig in das
Betonbett hinein gerollt , wobei die innere Leibung und besonders die Kanten des Betonbettes durch
Faschinen geschützt wurden.
Die dritte Art der Verlegung bestand darin, daaa die in der Werkstatt in 10 m langen Schüssen
hergestellten Rohrenden an die Baustelle gefahren worden und dort nach Einbettung in das Betonbett
direkt miteinander vernietet wurden, indem das eine Röhrende in das andere hineingesteckt wurde.
In dem Beten wurden an der Stossfnge für die Nietung entsprechende Blume freigelassen '<).
Eine grössere Dückeranlage ist bereits in § 2, S. 795, Abb. 240 erwähnt.
Wenngleich diese Druckleitung einen Teil eines Werkkanals bildet, so würde sie doch
ebenso für eine Druckleitung dienen können.
*i) Die erste und zweite Art der Verlegung wurde von der Firma Bouchayer * Viatlet in
Grenoble, die dritte von der Firns Jova, Qrenoble ausgefohrt.
Handbuch der Inc-WiaMoacb. in. Tul. IS. Bd. 59
930
III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
m~—>659-. ...—->-•«
Die Versenkung eines Dückers der Kanalisation von Charlottenburg durch
die Havel bei Spandan ist auf Taf. UX, Fig. 3 und 4 zur Darstellung gebracht51).
Eine grössere Ausfuhrung ähnlicher Art ist bei der Versenkung der Druckrohre
durch den Niederhafen in Hamburg ins Werk gesetzt88).
Auf der eben genannten Tafel zeigen Fig. 7—12 die bei bei Verlegung des Druck-
rohres der Kanalisation von Charlotten bürg unter dem Güterbahnhof Westend
vom Verfasser angewandte Verlegungsart. Das eigentliche Druckrohr liegt hier in einem
Mantelrohr auf Schienen und kleinen Rollen, sodass es im Falle einer Reparatur ohne
Aufgrabung herausgezogen und wieder eingeschoben werden kann88).
5. Die Vorrichtungen cum Ausgleich der Lfingenänderungen und die Ver-
ankerung an den Knickpunkten. Wie bereits im vorigen Abschnitt gesagt, kommen
sogenannte Dilatationsvorrichtungen nur bei offener Verlegung der
Dilatetionsstück in der Drackrohr- Druckrohre in Frage. Bei kleinen Dm. genügen ab
leitung der Anlage Jajce. Dilatations Vorrichtung die Krümmerstücke an den Knick-
punkten. Man gibt auch wohl, um Längs&nderungen un-
schädlich auszugleichen, der Leitungslinie im Grundriss
Knicke von etwa 10°, sofern auf Längen von mehr als
100 m Knickpunkte im Aufriss der Linie nicht vorkommen.
Bei kleineren Längen gewähren auch für grosse Dm die
Krümmerstücke, mit welchen die Druckrohre aus der Druck-
kammer austreten und in das Krafthaus einmünden, aus-
reichende Nachgiebigkeit. So sind z. B. bei der Anlage
Avignonnet (Abb. 107, S. 504), wo es sich nur um eine
Druckrohrlänge von etwa 28 m und Dm. von 2,20 m
handelt und sowohl an der Druckkammer als auch an dem
Krafthause Krümmer liegen, keine weiteren Dilatations-
vorrichtungen angebracht
Bei den Anlagen Vizzola (2 m Dm.), Morbegno
(2,5 m Dm.), Bergamasca (2,5 m und 1,8 m Dm.), bei
denen die Druckrohrlängen zwischen etwa 45 und 68 m
liegen, und gleichfalls am Krafthause Krümmer vorhanden
sind, hat man jedes Druckrohr in dem Mauerwerk der
*. -**> -J Druckkammer in einer Stopfbüchse beweglich gemacht
Bei Druckleitungen mit mittleren und grösseren Dm. von mehr als 100 m Lange
werden meistens gusseiserne Stopfbüchsen nach dem Muster von Taf. IJX, Fig. 17
eingelegt.
Beim Kabelwerk, wo die Druckrohrl&nge bei 1,6 m Dm. 294 m betrigt, sind an iwei SteUen
derartige Stopfbüchsen eingebaut (Taf. XXI, Fig. 1 und 2) und man hat im Betriebe Bewegung«
der Röhrenden in der Stopfbuchse von 20 mm beobachtet.
Die Druckleitung der Anlage St. Maurice-Lausanne (Taf. XXVIII, Fig. 5 und & 456) hü
bei einer Gesamtlange von 470,0 m und 2,7 m 1. Dm. ebenfalls zwei derartige Stopfbüchsen. Es ist aber
hervorzuheben, dass die Leitungslinie im Grundriss zwei Knickpunkte aufweist, welche immerhin eise
unschädliche Bewegung der Druckleitung gestatten, obwohl die Rohre an den Knickpunkten auf Beton-
blöcken verankert sind.
•i) Th. Koehn, Die Kanalisation von Charlottenburg. — Berlin und seine Bauten« — 18Mb
S. 870—371.
£3) C. Merkel, Die Versenkung der Dttckerrohre durch den Niederhafen und die Mündung*
anläge der neuen Stammsiele in Hamburg. Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1906. S. 41, 81, 183, 208
mit zahlreichen Abbildungen.
§ 4. Druckrohre. 931
Bei der Anlage La Dernier Vallorbe (Taf. XXXI, Fig. 1 und S, 465), wo ein im ganzen
620,0 m langes Drnckrohr von 1,2 m bis 1,0 m innerem Dm. verlegt wurde, hat man ausser der Dila-
tationsvorrichtung an der Ansmflndangsstelle ans der Druckkammer selbst, noch vier solche Stopfbüchsen
angeordnet und zwar von oben nach unten gemessen in Entfernungen von 84,0 m, 144,0 m, 219,0
und 110,0 m. Das Rohr ist auf der obersten Strecke 77%» *nf der zweiten 81,2%, auf der dritten
43%, auf der untersten 24% geneigt.
Statt der gusseisernen Stopfbüchsen wurde bei der Druckleitung der Anlage
Jajce (1,6 m Dm.) als Dilatationsvorrichtung an einem Knickpunkte ein federndes
keilförmiges Fassonstück (Abb. 101, S. 4Ö5 [nebenstehend wiederholt] und
Taf. LVIII, Fig. 7) verwendet.
Wenn an schärferen Knickpunkten (von mehr als 10°) einer Druckleitung, bei lose
aufliegenden Rohren durch den hydraulischen Druck und die Arbeitsfähigkeit des strömen-
den Wassers die Gleichgewichtslage gestört werden würde, muss die Druckleitung auf
Mauerwerk» oder Betonkörpern mit entsprechenden Abmessungen verankert werden.
Ebenso wird bei steilen Leitungen, wo die Reibung nicht gross genug ist, um ein Herab-
gleiten zu verhindern, eine Verankerung notwendig. Als Beispiele seien die Druckleitung
Kubelwerk (Taf. XXI, Fig. 1 und 2) und die Druckleitung der Yizzola-Anlage
(Taf. II, Fig. 2) genannt. Einzelheiten von Verankerungen zeigen die Fig. 3 — 5 und 8—9,
Taf. LVIII.
Im nachstehenden sind einige Formeln für die Berechnung der Verankerungen
angegeben84), welche genügende Anhaltspunkte für die Wahl der Mittel zur Verankerung
bieten dürften. Die technischen Einzelheiten ergeben sich im übrigen von selbst.
1. Betrachtet man* einen Knickpunkt, bei dem der obere Strang gegen die Wage-
rechte (Abb. 311) unter dem ^a, der untere Strang unter dem ^Cat geneigt ist, so
wird zunächst zu untersuchen sein, welche in Richtung des oberen Leitungsstückes
wirkende axiale Gegenkraft nötig ist, um das Herabgleiten der Druck-
leitung zu verhindern.
Es mögen bezeichnet werden
mit p das Gewicht des aufwärts vom Knickpunkte liegenden gefüllten Leitungsstückes pro lfm,
mit L seine Lange bis zur nächsten Dilatationsvorrichtung,
mit pi and Li die entsprechenden Grössen des abwärts vom Knickpunkt liegenden gefüllten
Leitungsstückes,
mit Q die sekL Wassermenge, welche durch die Rohrleitung fliessen soll,
mit D den lichten Dm., mit r den lichten Halbmesser der Druckleitung,
mit f den Reibungsbeiwert zwischen den Rohrwandungen und den Auflagerstellen.
Für den Fall, dass keine Dilatationsvorrichtungen vorhanden, sondern dass alle
Rohre durch Flanschen fest verbunden sind, wird man annehmen können, dass die
Leitung auf einer Länge L an dem nächstfolgenden Verankerungspunkt gewissermassen
hängt und auf einer gleichen Länge L auf den unteren Verankerungspunkt schiebt
oder umgekehrt. Es werden also in solchem Falle die Längen L bezw. Lx gleich der
halben Entfernung zweier Verankerungspunkte zu setzen sein.
Der von der Auflagerung auf einer schiefen Ebene herrührende nach unten
gerichtete axiale Schub des oberen Leitungsstückes ist (Abb. 311)
A' = p . f . L . cos a — p . L . sin a r™r-* • L . — r- . 1000.
**) Nach Wissen des Verfassers finden sich in der Literatur bis jetzt noch keine diesbezüg-
lichen Angaben. Anfragen des Verfassers bei den Herren Professoren G. v. Bach in Stuttgart und Ph.
Forchheimer in Graz bestätigten diese Annahme.
59*
932
HL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Edüeelheiteii.
Der letzte Auschruck auf der rechten Seite ergibt sich ans den Gef&lherlusten pro
lfm. in m Wassersäule nach Gleichung 11 S. 886, mal der Lange L, mal dem Gewicht
der Wassersaule pro lfm.
A/=pL(fcosa — sin a) — ~g?~.L. 1000. (85)
Abb. 311.
Für das abwärts vom Knickpunkt gelegene Leitungsstück ist die in Richtung der
Achse des oberen Leitungsstückes wirkende Komponente der von der Auflagerung auf
einer schiefen Ebene und von den Druckverlusten der fliessenden Wassersäule herrüh-
renden axialen Kräfte:
f 16 Q« 1
A" = px L, ff cos (*i — sin a ) j~ri . L, . 1000 . [cos (c^ — a) — sin (o, — a) . tgaj. (86»
Man sieht aus Formel (86), dass für ax = 90° und a = 0° d. h. also, wenn der
§ 4. Druckrohre. 933
<£ am Knickpunkt ein rechter wird, A" = 0 werden muss. Wenn 04 a 0, also der
untere Schenkel wagerecht und der obere Schenkel lotrecht wird, so muss A" gleich-
falls 0 werden. Es wird dann aber, da a^>ax die zweite eckige Klammer in Formel (86)
zu [cos(a — oj-f-siiifa — a,)tg(90 — a)\
Die gesamte von der Schwerkraft herrührende, in Richtung des oberen Leitungs-
stückes wirkende axiale Kraft ist also
A = A' + A". (37)
Wie aus dem nachstehend gegebenen Beispiele hervorgeht, ergeben das zweite Glied
der Gleichung (85) und das zweite Glied in der ersten eckigen Klammer der Gleichung
(86), durch welche die Reibungsverluste des fliessenden Wassers in den Leitungen aus-
gedrückt werden, nur Werte, welche meistens <Ctkk des ersten Gliedes sind, und man
macht deshalb keinen grossen Fehler, wenn man das zweite Glied ganz vernachlässigt.
Aus Gleichung (86) ist ferner zu ersehen, dass die axialen Schübe sehr wesentlich von
dem Reibungswert abhängen. Der Wert von f ist furSchweisseisen und Stahl auf Gusseisen,
also für den Fall, dass die Rohre in Lagerschalen gelagert sind, =0,19 bis 0,20. Für
den Fall, dass die Rohre direkt auf dem Mauerwerk aufliegen. = 0,45 zu setzen. Man
wird daher bei flach geneigten, offen verlegten Leitungen, um die
axiale Beweglichkeit zu erleichtern, die Lagerung in Schalen, bei
steilen Leitungen aber, um den Reibungswinkel zu vergrössern, die
Lagerung direkt auf dem Mauerwerk vorziehen.
Die von der Auflagerung auf den schiefen Ebenen herrührenden lotrechten
Auflagerdrücke auf den Verankerungspfeiler sind
P' = A'.sina (88)
ferner
P" = A"sina + [ — -. x A" , ^—\ .[cos(90— at) — sin (90— ajtgal. (89)
1 Leos (o^—a) — sm(a1 — a)tgaj L v l/ x x/-ö j \ /
Der Wert P" setzt sich also zusammen aus der Summe der lotrechten Kompo-
nente der in Richtung des unteren Leitungsstückes wirkenden axialen Kraft bei
Zerlegung in jene und in A" (zweites Glied) -f" der lotrechten Komponente von A"
(erstes Glied), wofür man einfacher auch schreiben kann
P" = — 7 v A" , r-r— . sin o,. (89a)
cos fa — a) — sin (ax — a) tg a l x '
Wird z. B. der ^C ax = 0, d. h. also das untere Leitungsstück wagerecht, so muss
P" = 0 werden, da die betreffenden axialen Kräfte wagerecht gerichtet sind. Das zweite
Glied der Gleichung (89) erhält dann den Wert — A" sin a.
Hinzu kommt ferner
>///
, /1 cos a\ , , cos ax /rVAV
= P1 \ 2~-j + ft J* "2 ^
worin 1 und \ die Entfernungen von Auflagermitte zu Auflagermitte der nächstliegenden
Fundamentpfeiler aufwärts und abwärts vom Knickpunkte bedeuten.
Schliesslich ist
P = + [F + P" + P'"] (91)
Alle wagerechten Komponenten, welche aus der Auflagerung der Leitung auf
schiefen Ebenen herrühren, sind
W = A' cos a + A" cos a = ± [A . cos a]. (92)
934 • III. Thbodob Eoehn. Ausbau vom Wasserkräfte*. EnrzELHsrrair.
2. Der in der Richtung des oberen Leitungsstückes wirkende Stoss
der fliessenden Wassersäule, welcher durch die Ablenkung des Wassers am
Knick verursacht wird, ist
. , 1000 Qv r. , vi . .
Aj = k — .[1 — cosfo— a)] in kg. 93)
Hierin bedeuten Q die sekl. Wassermenge in cbm/sek., v die Geschwindigkeit in
m/sek. und g die Erdbeschleunigung. = 9,81 m, k einen Erfahrungswert, wofür sichere,
auf genauen Versuchen beruhende Angaben noch fehlen, welcher aber ungefähr zu 0,75 **)
angenommen werden kann.
Aus Gleichung (93) ersieht man, dass die von dem Stoss der fliessenden Wasser-
säule herrührende axiale Kraft ausser von dem Produkt aus Wassermenge und Geschwin-
digkeit sehr wesentlich von der Grösse des ^£ (at — a) am Knick abhängt und dass der
grösste Wert von At eintritt, wenn (ax — a) = 90 ° wird, das heisst wenn die Rohrstücke
am Knickpunkt einen rechten Winkel bilden. Nur wenn es sich um grosse Ge-
schwindigkeiten und grosse Werte von Q handelt und wenn der <$C (o^ — a) > 45°
ist, spielen die von dem Wasserskis herrührenden, in diesem Zusammenhange zu
betrachtenden Kräfte eine erhebliche Rolle. In der Regel macht man keinen grossen
Fehler, wenn man sie ganz vernachlässigt.
Die nach unten gerichtete lotrechte Komponente der axialen Stosskraft ist
P1= + A1.sina (94)
und die wagerechte Teilkraft
Wt = + Aj . cos a (95)
3. Die Ringfläche BC (Abb. 311) ist grösser als die Ringfläche B'C.
Es muss deshalb aus dem Druck der ruhenden Wassersäule nach Abb. 311 eine nach
oben gerichtete, nach Abb. 312 eine nach unten gerichtete Resultierende entstehen,
von der die Annahme gemacht werden darf, dass ihre Lage durch die Halbierung des
Zentriwinkels der Krümmung bestimmt sei. Bedeutet H in m die Höhe der Wassersaale
im Schnittpunkt der Rohrachsen, so ist 1000 . H der Wasserdruck pro qm in kg. Die
dem Wasserdruck ausgesetzte Oberfläche der grösseren Ringfläche in qm ist
— llb^ {R + °>6366 r)-
Die Oberflache der kleineren Ringfläche ist
£5^i|L=^ (r _ 06366 r)
Hierin bedeuten: R den Halbmesser der Achse des Krümmerbogens in m und
0,6366 r die Entfernung des Schwerpunktes des Halbkreisbogens mit dem Halbmesser
r = -~- vom Mittelpunkt in m. Demnach ist die Differenz der Drücke auf die grossere
und auf die kleinere Ringfläche
Z0 = 1000 H . — ygö-— - • 1,2732 kg.
Der Gesamtdruck auf ein Stück einer halbkreisförmigen Ringfläche von der Lange 1
im Achsenschnitt gemessen verhält sich zur Summe aller parallel zur Ebene des lot-
") G. Tolkmiit nimmt für die Berechnung des Stossdrnckes auf eine schrlggestellte Wehr
klappe denselben Wert für k an. Handb. d. Ing.-Wissensch. 1892. III. Band. Wasserbau. Ente
Abteilung. 1. Hälfte. S. 247
§ 4.
Druckrohre.
935
m
rechten Achsenschnittes gerichteten Drnckkomponenten wie g— . Demnach ist die
Resultierende aller parallel zum Achsenschnitt gerichteten Drücke und Gegendrücke im
Krümmerstück, welche in 0 (Abb. 311) angreifend und in ihrer Lage durch die Ebene
des lotrechten Achsenschnitts und die Halbierungslinie des <£ (at — a) bestimmt gedacht
werden kann
Z = 1000 H . 2^%MZ^t • 1,2732. (96)
Die Komponente dieser Kraft Z in Richtung der Achse des oberen Lei-
tungsstückes ist
A, = ± [lOOO 2-Hr'ffi~a) • 1,2732
cos a
(97)
Die von der Kraft Z herrührenden lotrechten Komponenten sind
P/ = A, . sin a (98)
Ferner der Anteil, welcher von der Zerlegung der Kraft Z in eine unter dem ^C.a gegen
die Wagerechte gerichtete axiale und in eine lotrechte Komponente herrührt
[cos(^)+8in(* + ^)tg«] (99)
P," = 1000 . H . 2 * f* ":£? ~ C) • 1,2732
loU
also P, = ±[P,'4-Pt"] = ±Z.cos(^i-?).
(100)
Die von Z herrührende wagerechte Komponente ist
W, = ± [A, . cos a] (101)
4. Bei Vernachlässigung des schraffierten hufähnlichen Körpers
EFFX (Abb. 311) kann man annehmen, dass die Wasserdrücke und die
Gegendrücke auf die Flächen EF und EF1 gleich sind. Während der Wasser-
druck bei EF in der Achse des oberen Leitungsstückes nach unten gerichtet ist, muss
der Gegendruck in dem Schnitte EFt in der Achse des unteren Leitungsstückes nach
oben gerichtet sein und beide Kräfte werden eine bei einem Knickpunkt wie Abb. 311
nach oben gerichtete, bei einem Knickpunkt wie Abb. 312 nach unten gerichtete Resul-
tierende haben , deren Lage durch die Halbierungslinie des ^C (#i — er) bestimmt ist.
Da die Drücke und Gegendrücke durch die Schwerpunkte der Schnittflächen E F und E Ft
gehen, können sie an sich nicht auf Erweiterung des Knickpunktwinkels . 180 — (ax — a)
hinwirken, sondern zunächst nur auf Verschiebung des ganzen Knickes mit unverän-
dertem ^ Die axialen Drücke und Gegendrücke sind = — r— . H . 1000 in kg, wenn
H und D in m ausgedrückt werden. Es ist also die Resultierende (Abb. 311)
D«7T.H
Z1==
. 1000 sin
* (*?-)]•
(102)
Zerlegt man Zt in eine Lotrechte und in eine Komponente parallel zur Achse des
oberen Leitungsstückes, so ist die letztere
A8 — rfc Zt .
cos a
(103)
Die von Zx herrührenden lotrechten Kräfte setzen sich zusammen aus
P'8 = A8 . sin a (104)
936 HL Theodor Koebn. Ausbau vox Wasserkräften. Einzelheiten.
und aus der bei der obigen Zerlegung von Z, sich ergebenden lotrechten
P8" = Z, [cos (*p) + sin (^±1) . tg«], (105,
also P8 = ± [P,' + P8"J = T Zcos (?!41?)- (106)
Die von Z, herrührende wagerechte Komponente ist
W8 = ±[A8.cosc]. (107)
Es ist demnach .
die Summe aller Kräfte in
Richtung des oberen Rohres -A=±A-|-A1±A8±A4 ^
die Summe aller lotrechten Kräfte . . 2' P = + P + Pt ± P2 ± P8 | l108)
die Summe aller wagerechten Kräfte . JW = ±W ^-W^W, ±W8 j
Bezeichnet man die Kräfte in Richtung des im oberen Leitungsstücke fliessenden
Wassers als positiv, die entgegengesetzten als negativ, so kann A, As und A8 negativ
und positiv sein, At muss aber immer positiv sein, solange es sich um Knickpunkte in
einer abwärts fallenden Leitung und nicht um sogenannte Scheitelpunkte bandelt
Bezeichnet man die nach unten gerichtete lotrechte Kraft als positiv, so müssen P und P,
immer positiv sein, so lange es sich nicht um Scheitelpunkte handelt, P2 und P8 können
positiv und negativ sein und zwar werden sie negativ, d. h. nach oben gerichtet, wenn
ai^>a (Abb. 311) und positiv wenn at<ia ist (Abb. 312). Bezeichnet man schliesslich
bei Lage der Druckleitung nach Abb. 311 und 312 die in der Bildfläche nach rechts
gerichteten wagerechten Kräfte als positiv, die nach links gerichteten als negativ, so
muss W, unter obiger Voraussetzung positiv, W, W2 und W8 können positiv und
negativ sein« Da nun die Kräfte Pfi und P8, wie das nachstehende Beispiel
lehrt, sehr beträchtliche Werte haben können, und wenn sie negativ sind,
auf das Kanten des Fundamentklotzes in Richtung des fliessenden
Wassers hinwirken, wenn sie. positiv sind, aber dem Kanten entgegen-
wirken, so können im allgemeinen die Abmessungen der Fundamente
an Knickpunkten mit <*!<<<* (Abb. 312) erheblich kleiner als an Knickpunkten nach
Abb. 311 ausfallen.
Man kann nun die Annahme machen, dass die Angriffspunkte der Kräfte A, W,
und P' + P" bei E (Abb. 311 und 312), der Angriffspunkt der Kraft P"' in der Mitte
der Auflagerfläche der Rohrleitung liegen und dass alle übrigen Kräfte im Schnittpunkt 0
der Rohrachsen angreifen. Damit sind alle äusseren auf das Verankerungsmauerwerk wir-
kenden Kräfte nach Lage, Richtung und Grösse bestimmt, und man kann alsdann rech-
nerisch oder besser graphisch das Fundamentmauerwerk auf Kanten in einer ungünstig
zu wählenden Fuge,, auf Abscheren in einer zur Achse des oberen Leitungsstückes paral-
elen Fuge, auf Gleiten in einer ungünstig gewählten wagerechten Fuge untersuchen
und die grössten Kantenpressungen ermitteln (vergl. die Angaben auf S. 661 — 664).
Beispiel: Es sei der unterste Knickpunkt der Druckleitung der Anlage Kabelwerk (Tmf. XXI,
Fig. 2, welche der Einfachheit halber hier wiederholt ist) betrachtet Es sind nach Abb. (312)
D = 1,6 m, r » 0,8 m, F der Querschnitt des Rohres = D1 *A = 2,01 qm,
Q = 4,6 cbm sek, c = 50,
▼ *= 8 22 2,28 in sek., L = 50,130 m, L, = 48,26 m, H = 86,49 mf
tga =- ^ = 0,758, also < a = 37* 10*, < at = 0°, sina = 0,604, cosa = 0,797.
sin fe £°)^ °'319 J c°8 (öl * ") = 0>M8; "" (a~2 °l) = + 0,S19 (S* FormeI 1Ö* "■ 10S)*
§ 4. Dbuc
Die Wandstärke der Rohrleitung soll '
fachheit halber durchschnittlich zu 14 mm ang
werden, sodass sich
p = p,^2600 kg
ergibt. Es sei ferner angenommen, dass die Ven
am oberen Knickpunkt der Druckleitung diesei
stark geung sei, um alle axialen Schabe von d
Abb. 312.
Stelle an nach aufwärts aufzunehmen, welche um
von dem hier zu betrachtenden Knickpunkte entfe)
und dass ebenso an dem zu betrachtenden Kn
die Krilfte der abwärts gerichteten Rohrleitung
Li = 46,26 m aufzunehmen seien. Die tatsächlii
abwarte des Knickpunktee vorhandene Dila-
tati ob s Vorrichtung ist also fortzudenken,
ebenso ist angenommen, dass der Ver-
wik erring spuckt jenseits des Flusses den
hier zu betrachtenden Kräften keine Gegen-
kräfte entgegenstellen kann. Der Reibnugs-
wert f soll unter der Annahme, dass die
Bohre auf den eineeinen Zwischen pf eil eru
und auf der Brücke in gusseisernen Schalen
liegen, 0,20 sein.
Es ist dann nach Formel (85) und
wenn man die Vorzeichen im oben genann-
ten Sinne verwendet,
; 2000. 50,130 . (0,20.0,797 - 0,604) -
,
_ 16.4,6*
8,14": 1,6»; 50*
50180 =[-207764
i6J=4-58474kg,
nach (86) A"= 2600.4
: . 0.20 -
8 T4~r6'"50' ' 482601 " [0,?97 ~ (~ 0,6°* ■ °'758)] = - 31 556 k*-
Es iit bekanntlieh cos (— a) — cos {-\- a) und sin (— a) ~ — sin (-(- oj.
Demnach ist nach (87) A — A' ■ A" ■ = 4- 26918 kg.
Es ist nach (88) P' = A' . sin a = 584 U .0,604^ + Si 31« kg.
938 IIL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräfte*. Einzelheiten.
p-ist = 0, da ak = 0ist
Zur Berechnung von P"' soll die Entfernung 1 yom Knickponkt E (Abb. 312)
= 5,085 + 1,27 + 1,495 = 8,7 m
und die Entfernung lt = 5,6 + 2 = 7,6 m angenommen werden. Die Auflagerdrücke der Brücke, welche
bei der Anlage Kubelwerk gleichfalls auf dem Verankerungsmauerwerk ruht, aollen hier ausser Ansatz
bleiben. Es ist demnach nach (90)
P'"= [2600 . 8,7 (l -°^) +-??^iZ£] = + 28497 kg,
demnach P nach (91) = F + P" + P"' = 85818 + 28497 = + 58815.
Die wagerechten Komponenten berechnen sich nach Formel (92) zu
W = 26918 . 0,797 = + 21 454 kg.
2. Der Stoss der fliessenden Wassersäule am Knickpunkt in Richtung der
£chse des oberen Leitungsstackes ist nach Formel (98)
A, =0,75 . 100° -4,6. 2,2g (1 _ om) = + mfi ^
Diese axiale Kraft beträgt also weniger als 1 ▼. H. von A
Pt ist = 162,8 . 0,604 = + 98,3 kg und
Wt = 162,8 . 0,797 = + 129,8 kg.
8. Die durch die Halbierungslinie des <$Z(a — al) = a ihrer Lage nach bestimmte,
nach unten gerichtete Kraft Z, welche von der Verschiedenheit der Grösse der
unteren und oberen Krümmerflächen herrührt, ist nach (90)
2280
Z = 1000 . 86,49 . 2 . 0,80* . 8,14 . ^—^ . 1,2782 = 91 400 kg.
Es ist (a - «,) = 87« W also ^-^- = .^^- = 0,2065.
Die Komponente dieser Kraft in Richtung des oberen Leitungsstückes
0 819
nach (97) As = 91400 .^7 = — 86583 (negativ, weil gegen die Strömung gerichtet),
nach (98) P,' = 85 280. 0,604 = — 22096 (negativ, weil aufwärts gerichtet).
Die nach unten gerichtete lotrechte Komponente von Z, welche sich bei der Zerlegung in At und
in diese Komponente ergibt» ist
nach (99) P," ist = 91 400 [0,948 + 0,819 . 0,758] = + 108747,
also nach (100) P, = 108747 - 22096 = + 86651 kg,
nach (101) Wt = — 86588 . 0,797 = — 29 144 kg (negativ, weil nach links gerichtet).
4. Die axialen Drücke und Gegendrücke am Knick sind
= ^ . H . 1000 = 2,01 . 86490 = 178 845 kg.
4
Die nach unten wirkende, durch die Halbierungslinie des <£ a in ihrer Lage bestimmte Resul-
tierende dieser Drücke und Gegendrücke ist nach (102)
Zi = 2 . 178 845 . 0,819 = 110918 kg.
Ihre Komponente in Richtung des oberen Leitungsstückes nach (103)
0819
A, = 110918.^=3= = — 44889 kg (negativ, weil gegen die Strömung gerichtet).
Die lotrechte Komponente von A, ist nach (104)
P', = — 44889 . 0,604 = — 26 810 (negativ, weil aufwärts gerichtet).
Die lotrechte Komponente von Zt bei der Zerlegung in A9 und Ps"
nach (105) Pa" = 110 918. 1,189 = + 131 956 kg,
nach (106) P8 = P,' + P," = 181 956 — 26810 = 110918 . 0,948 = 105 146 kg,
nach (107) W, ist = — 44389.0,797 = — 85888 kg.
Es ist demnach -ZA = 26 918 + 162,8 — 36588 — 44889 = — 58891
und es findet eine Beanspruchung des Fundaments auf Abscheren nicht statt Wäre 2K positiv, so
müsste das Fundament zunächst so gross bemessen sein, dass es in einer unter dem <£a zur Wage-
rechten gerichteten Fuge von E (Abb. 312) beginnend abwärts nicht abgeschert werden könnte.
Wenn die zulässige Beanspruchung des Betons auf Abscheren zu 0,8 kg/qcm angenommen würde,
y a
so müsste die Fläche der Fuge -^ = x qcm gross sein, also die wagerechte Querschnittsfläche
x.cosa.
§ 4.
Druckbohre.
939
Die Breite des Fundamentklotzes a sei zu 2,5 m angenommen, demnach mfisste das Fundament
von der lotrechten £ J an nach rechts gerechnet —5-= — m lang sein, um der Scherfestigkeit zu genügen.
£,0
Die Summe der lotrechten Komponenten ist
2? = 58815 + 98,3 4. 86651 + 105 146 = 250710 kg,
der wagerechten ^W = 21454+ 129,8 — 29144 — 35888 = — 42694 kg.
Wenn die Druckfestigkeit des Betons, welchen man für das Auflager selbst aus besserem
Mörtel herstellen wird, zu 10 kg/qcm angenommen wird, so mfisste die Auflagerfläche 25071,0 qcm
gross sein. Der äussere Rohrdurchmesser ist 162,8 cm, sodass das Rohr auf mindestens
25071,0
162,8
00 154 cm
aufruhen mfisste. Eine Verankerung des Rohres nach unten würde entbehrlich sein,
da keine nach oben gerichteten Kräfte auftreten und die horizontalen Schübe durch
Winkeleisenringe, welche auf dem Rohre zu vernieten und in den Beton einzulassen wären, aufgenommen
werden konnten.
Die Höhe des Fundamentklotzes bis zur Sohle sei zu 5,0 m angenommen, das Gewicht pro cbm
Beton yi zu 2000 kg. Der yon dem Betonmauerwerk selbst herrührende lotrechte Druck auf die
Fundamentsohle ist daher 0,2 . 5 = 1 kg/qcm. Es sei angenommen, dass die lotrechte Kraft F=+85318 kg
und die wagerechte Kraft W= -f 21464 kg in E angreifen, alle übrigen Kräfte sollen am Schnittpunkt
der Rohrachse 0 angreifend angenommen werden. Die Entfernung c (Abb. 312) von EJ ist
c = | . sin ?- = -'|^ . 0,319 = 0,129 m.
Man kann sich alle lotrechten Kräfte ersetzt denken durch eine einzige Kraft 2F, welche bei
einer Entfernung £ von der lotrechten EJ angreift
-ZP.(c — |) = P'.c
f = c-
P'c
2P
0,129-
35818.0.129
25Ö710
= 0,111 m.
Wiederholung von Abb. 188a u. b und Abb. 184 (S. 663).
i ■•■*•-*
Wenn die Kantenpressung bei Ji 5 kg nicht übersteigen soll, also wenn die von den äusseren
Kräften herrührende Kantenpressung nicht grösser als 5 — 1 = 4 kg sein soll und wenn eine Zug-
spannung an der gegenüberliegenden Kante nicht eintreten darf, so muss nach Abb. 183/184 auf S. 663,
2 2V
welche vorstehend wiederholt sind, 4 = -5- — r~rr' tää— s^n ****** woraus sich u zu 1,560 m und
3 (u -|- § ) . 100 . 250
(u -f- i) = 1,671 m ergeben, wobei u die Bedeutung hat, welche sich aus Abb. 312 ergibt.
b muss sein = 3 (u + §) = 8 . (1,560 + 0,111) = 5,013 m.
Es muss ferner bei den gemachten Annahmen nach Gleichung (52) S. 664 die Kantenpressung
an der Kante Gi = 0 werden, da
nj = 2 .
2?
ab
r3.(u+f)
— 1
ist (a bedeutet die Breite des Fundamentes).
Da das Gewicht des Mauerwerks selbst hierbei nicht berücksichtigt ist, so wird die tatsächliche
Kantenpressung bei Gt = 1 kg/qcm.
Um zu untersuchen, ob der Mauerklotz auf der Sohlenfuge gleiten kann, ist die Grösse des
<£/?, welchen die Resultierende aller Kräfte mit dem Lote zur wagerechten Soblenfuge einschliesst,
2 W
zu ermitteln tg£= ^p. Zu der oben ermittelten Summe P kommt noch das Gewicht des Mauerwerks
940 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Eekzelheiteh.
M = 5,013. 5,0. 2,5. 2000 =125 325 kg
«£/? ist also erheblich kleiner als der Reibungswinkel zwischen Mauerwerk und Erde (20* bei doppelter
Sicherheit S. 662), sodass Gleiten nicht eintreten könnte, auch wenn man sich das Mauerwerk nickt wie is
Abb. 312 fest eingespannt, sondern anf der Sohlenfnge an sich verschiebbar dichte. Ans der Betrach-
tung der GrossenverhAltnisee und' der Richtung der wagerechten Kräfte und ihrer Hebelarme um die
Kanten J, und G, im Vergleich zu den lotrechten Kräften und deren Hebelarme ergibt sack ohne
weiteres, dass in dem vorliegenden Beispiel ein Kanten nicht eintreten kann, sodass die Hj^Aifg
überflüssig ist
Damit ist die Untersuchung des Yerankerangsmanerwerkes abgeschlossen. Das
tatsächlich beim Kabelwerk ausgeführte Verankerungsmauerwerk ist erheblich gröeser
als das oben rechnerisch als notwendig ermittelte. Die grosse verwendete Mauermasse
wird auch dadurch nicht erklärlich, dass tatsächlich die Brücke auf dem Fundament-
klotz mit aufruht, auch nicht durch den Umstand, dass sich, entgegen der gemachten
Annahme, dicht unterhalb des Knickpunktes eine Dilatationsvorrichtung befindet, sodass
tatsächlich A" = 0, also A=A' = 58474 kg anstatt +26918 kg, und 2k anstatt
= — 53891 kg zu— 22335 kg, also 2Vf anstatt = — 42 694 kg zu —17801 kg
T wurden. Bei ausgeführten
\ Anlagen findet man vielfach
ganz gewaltige Mauermassen
aufgewendet*), was zum Teil
wohl darauf zurückzuführen
Abb. 814. ***> ^a*8 *"* Jetzt ** **er
Literatur Angaben über die
Berechnungsweise derartiger
Mauerkörper noch fehlten.
Nach den bisherigen
Berechnungen würden ein-
f springende Knicke (Abb. 312)
stets einen Druck auf ihre
Unterlage ausüben. Es kann jedoch auch bei ihnen eine Vorkehrung gegen das Ab-
heben, also eine Verankerung oder Übermauerung notwendig sein, wie nachstehende
Betrachtung zeigt87).
Vorausgeschickt werde, dass ein an beiden Enden geschlossener mit (als
betrachtbarer) Pressluft gefüllter, beliebig gebogener Strang von kreisrundem
(Abb. 313) nicht das Bestreben hat, seine Krümmung zu ändern, weil für jeden Bohrquer-
schnitt die Resultierende aller auf einer Seite des Schnittes angreifenden Aussenkr&fte durch
den Querschnittsmittelpunkt geht, also kein Biegungsmoment erzeugt. Selbst wenn man
den Strang mit Wasser statt mit Luft füllen würde, träte, falls er in einer wagerechten
Ebene liegt, noch keine Verbiegung ein. Die Sachlage wird aber eine andere, sobald
in einer lotrechten Ebene liegende Bögen oder Kniee vorhanden sind. Ist ein solches
Knie eingemauert und desgleichen eine zweite höher gelegene Stelle im Abstand L
*•) An dem untersten Verankerungspunkt der Druckleitung der neuen Anlage B ratio (8. 919,
wo allerdings 6 Rohre von ca. 755 mm Dm. nebeneinander liegen, der Wasserdruck etwa 425 m betragt und
der Knickpunkt einen ausspringenden << (ai— a) hat, wurden 1200 ebm ßeton und viel Verankerung»'
eisen verwendet.
s?) Die nachstehenden Ausführungen bis lum Schlüsse des Abschnittes 5 hat Herr Profeaeer
Philipp Furch he im er dem Verfasser rar Veröffentlichung in diesem Bande freundlichst zur Ver-
fügung gestellt.
f 4. Dbückbohbe. 941
bezeichnet ferner a den Neigungswinkel des Stranges und p das Gewicht seiner Längen-
einheit nach der Fällung, also p cos a die Belastung senkrecht zum Strang, so beschreibt
letzterer nach der üblichen Bezeichnungsweise die elastische Linie (Abb. 314)
pl4cosa
y — "24E7
\V J1»+1V'
welche Linie Wendepunkte an den Stellen x= l^± py») 1 besitzt und in der Mitte
den Pfeil f=|^ (109)
aufweist Die Durchbiegung muss mit einer Verlängerung verbunden sein, welche man
genügend genau nach der Formel
8 P p2 17 cos8 a
Verlängerung = -^ = „ 8ÖDE» J1 (1 10)
berechnen kann. Eine Zerlegung der Kurve in drei an den Wendepunkten aneinander
stossende Bögen und Berechnung der einzelnen Bogenlängen führt auf nahezu gleichen
Zahlenwert. Die Dehnung muss Zugkräfte in der Rohrrichtung hervorrufen. Hat die
Zugkraft am unteren Ende die Grosse S, so wirkt, wenn man um klareren Einblick in
das Kräftespiel zu erlangen, das Wasser durch einen reibenden Stoff ersetzt, an der
Stelle x eine Zugkraft S + pxsina, welche sich über den Querschnitt der Rohrwand —
er messe F — verteilt. Die Züge rufen zusammen eine Dehnung
i 1
™/[S + PXSma]dx= 2 (Hl)
E*y ef
hervor. Die Gleichsetzung der Ausdrücke (HO) und (111) liefert
p2leFcos2a plsinof /119
b-553ÖÖE7*~ ~2~- (lU)
Nun beträgt der lotrechte Zug aufwärts, welchen die Verankerung auszuhalten
bat (falls überhaupt ein Zug und nicht ein Druck auftritt)
S sin a — ~ pl cos2 a
und der wagerechte Schub, dem der Mauerpfeiler widerstehen muss
S cos a + s P* 8*n acos a.
äs
Aus (112) geht daher hervor, dass für ein Rohr vom Durchmesser 2 r und der Wandstärke S
(also für J = rrr8d, Y = 2nrd) bei Bezeichnung des Eigengewichtes des Rohrinhaltes
mit y (also für p = nyr*)
der lotrechte Ankerzu* - P'16F <**»<» sine pl _ yM W «wna_ rcyr*J (m)
aer lotrec&te AnJcerzug - ^-^ £ Jf 2 - 8800 E r d 2 ('
j Ll o i_ i_ pM6Fcos8a yMecossa
der wagerechte Schub = ^ö51_ =|~-_
beträgt. Für Wasser fällt in (112) das zweite Glied weg und wird (113) zu:
T . ,. . . y*Z6cos*asina nyr%lco&2a /4<jiX
Lotrechter Ankerzng = 880QErd r— f (114)
Befindet sich auf dem Pfeiler ein Knick, stossen hier also zwei Strecken ver-
schiedener Neigung, a und 04, und gleicher oder abweichender Längen 1 und lt zu-
sammen, so kann nur die obere Strecke einen Aufwärtszug ausüben, während die vom
Knie aus fallende Rohrfahrt unter allen Umständen drückt. Das Ergebnis ist gemäss
(113) ein lotrechter aufwärt« gerichteter Zug (oder wenn negativ, ein abwärts wirkender
Druck)
942 III. Theodor Koehn. Ausbau von WassebebAitek. Etnzklheiten.
y* . (1* cob1 a sin a — l.'ooa'o, sina.) nyr* ,. ... . . „,,
Es kann also nach (115) die Anbringung eines Ankers nötig sein,, wie eingangs
behauptet wurde; doch tritt dieser Fall nur selten ein.
6. Die Vorrichtung zum Abschlags zur Entleerung, Entlüftung und aar Uiter-
Haltung der Druckleitungen. Über die für den gewöhnlichen Betrieb gebräuchlichsten
Abschlüsse in den Druckkammern ist bereits im § 2, S. 829 berichtet, and es sind an
diesem Ort auch einige selbstwirkende Verschlüsse erwähnt, welche im Falle eines Itohr-
bruches in Wirksamkeit treten sollen. Derartige selbstwirkende Rohrverschlnsse werden
... . _. nur bei höheren Drücken (mehr als 80 in) und
Abb. 315. Schieber mit elliptischer Grund- T .. ... ■ t? \
risaform (Wiener Wasserleitung), grosseren Leitungslangen in Frage kommen.
Ergänzend sei hier noch auf eine Einrichtung ver-
wiesen, welche bei der bereits 8. 919 erwähnten, rd. 640,0 n
langen Hochdruckleitung des Wasserkraft- Elektrizitätswerk n
Lazern-Engelberg bei Obermat verwendet wurde, fcr
Verschluss wird hier durch ein Tellerv-ent.il bewirkt, das durch
ein Hebelwerk mit Gegengewicht offen gehalten wird. Du
Abb. 816. Stoasfreier Wasserst hieber nach Forcbbeimer.
Gegengewicht ist verschiebbar und lasat sich auf eine bestimmte Wassergeschwindigkeit einstellen, bei
deren Überschreitung das Ventil sich selbsttätig ach liegst. Um den Stoss beim Schlieaaon abiubrenu".
ist die Spindel des Ventils mit einem Press wanserkolben verbanden, der ständig unter Druck steht ati
so auch das Ventil entlastet**).
Die normalen Betriebsverschlüsse von Druckleitungen bestehen bei lichtem Dm. bis m
1,20 m meist ans gusseisornen Rohrschiebern (vergl. Abb. 315). Der kreisrunde, gasseiseroe
Schieberkeil hat V* bis V« Anzug. Die Dichtungsringe, die Spindel und Spindelmutter be-
stehen ans Kotguss. Zweckmässig ist eine elliptische Grandrissform des Geh&utes.
• 8) Die Konstruktion, welche der bei der Anlage Vouvrv-Lac Tanay angewendeten »bauet
ist, stammt von den L. v. Rollschcn Eisenwerken (vergl. ZeiUchr. d. Ver. Dentscher Ing. 1906. S, I**"
woselbst eine Abb. des Ventils gegeben ist, und Schweiz. Baas. 21. Juli 1906).
§ 4. Drügkbohbe. 943
Abb. 316 a und b stellen den stossfreien Wasserschieber Bauart Forchhei mer dar. Die
Schieberplatte ist beiderseitig flügelartig nach unten verlängert, sodass die dazwischen
spitz verlaufende Durchgangsöffhung den Abschluss verlangsamt89).
Statt der Schieber werden vielfach auch Drosselklappen verwendet und sie bilden
für grössere Dm. als 1,20 m die Regel. Unter anderen aus Taf. LXV, Fig. 1, 2 und 3,
Taf. LXXII, Fig. 3 und 4, Taf. LXXV, Fig. 6 und 8 geht die Konstruktion derartiger
Verschlüsse hervor. Bei hohen Wasserdrücken und grösseren Dm. wird man regelmässig
an den Schiebern oder Drosselklappen Umlaufrohre anbringen, welche mit Hahn-
oder Schieberverschlüssen versehen sind, und durch welche beim Offnen und Schliessen
des Schiebers ein Ausgleich der Drücke auf beiden Seiten herbeigeführt wird.
Jedes Hauptdruckrohr muss für sich am unteren Ende abschliessbar sein und
entleert werden können, ebenso jeder Turbinenabzweig, sei es durch die Turbine selbst,
sei es durch einen besonderen Entleerungsschieber.
Weist das Längsprofil der Druckleitung Scheitelpunkte auf, an welchen sich
Luft ansammeln kann, so muss an ihnen je ein Entlüftungsrohr angelegt werden,
welches selbsttätig wirkend eingerichtet oder so gebaut sein kann, dass es von Zeit zu
Zeit von Hand geöffnet wird.
Um das Innere des Druckrohres reinigen und nötigenfalls während einer betriebs-
schwachen Periode (sofern mehrere Druckrohre vorhanden sind) mit neuem Anstrich
versehen zu können, ist es zweckmässig, einige Mannlöcher auf der Druckleitung anzu-
ordnen, wie es z. B. bei der Anlage Novalesa-Cenischia S. 376 und bei der Anlage
Champ (Füre et Morge) S. 538 geschehen ist
Die Entfernung solcher Mannlöcher voneinander wird sich nach der Gesamtlänge
der Leitung und dem Dm. zu richten haben.
Bei letztgenannter Anlage befinden sich auf der 2500 m langen Strecke des genieteten Siemens-
Martin- Stahlrohres drei Mannlöcher und zwar das eine am Krafthanse, das zweite 1000,0 m aufwärts
und das dritte an der Stelle, wo das Stahlrohr mit dem armierten Betonrohr verbunden ist. Die recht-
eckigen Rahmen der mit einem gusseisernen Deckel versehenen Mannlöcher haben eine lichte Öffnung
von 35/45 cm Seitenlänge.
7. Die Einmündung der Druckrohre in die Turbinen. Die Druckleitung wird
in das Krafthaus entweder oberhalb oder unterhalb des Maschinenflures eingeführt.
Einen Grenzfall der ersteren Art zeigt das S. 604 ad 15 genannte Wasserkraft-
Elektrizitätswerk Toulouse, wo das Druckrohr über dem First des Daches liegt
und die Turbinenrohre für die Spiralgehäuseturbinen von je 417 PS# beiderseitig mit
einem Krümmer abzweigen und dann lotrecht durch die Dachfläche zu den Turbinen
herabgeführt werden.
Eine mittlere Lage weist die Einmündung der Druckrohre bei den Anlagen Vizzola
(Taf. II, Fig. 2 und Abb. 47, S. 350) und bei der Anlage Avignonpet (Abb. 108,
S. 505) auf. In beiden Fällen handelt es sich um voll beaufschlagte Gehäuseturbinen.
Jede Turbine (bei Vizzola 2000 PS«, beiAvignonnet 2700 PS«) hat hierbei ihr
eigenes Druckrohr. Diese Art der Einführung ist zur Nachahmung sehr zu empfehlen,
wenn die Örtlichkeit ähnlich wie bei den genannten Anlagen liegt. Das Wasser macht
den kürzesten Weg, und so entstehen die kleinsten Gefällverluste. Soll die Turbine wegen
Reparaturen auseinandergenommen werden, so muss allerdings auch der grosse Ein-
mündungskrümmer über der Turbine beseitigt werden, was aber mit Hilfe des Laufkrans
schnell und leicht geschehen kann (Abb. 49, S. 351, welche umstehend wiederholt ist).
Bei Freistrahlturbinen (Peltonräder und Schwamkrugturbinen mit wage-
rechter Achse) liegt das Hauptdruckrohr meistens in Höhe der Turbinenachse über dem
89) Derartige Schieber werden von H. Breuer <k Co. in Höchst a. M. angefertigt
944 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Maschinenflur und die Abzweigrohre münden geradlinig in der Richtung des wagerecbten
Dm. der Drackrohrleitnng aus. Beispiele hierfür bieten die Anlagen Kubelwerk
(Taf. XXI. Fig. 5—6} und La Dernier-Vallorbe (Taf. XXXI, Fig. 2—4).
Bei der Anlage Vouvrj-Lac Tanay, welche gleichfalls Hochdruck -Freistrahl-
tnrbinen hat, liegen die Druckleitungen unter dem Maschinenflur nnd die Turbinen-
abzweigrohre zweigen lotrecht ans dem Scheitel der Druckleitung ab (Taf. I.XXV1.
Fig. 8). Die Einführung der Abzweigrohre in die Turbinen erfolgt bei den znletit
erwähnten drei Anlagen mittetet Krümmerstücke von 90° Krümmung. Mao
zieht diese Art der Einmündung der geradlinigen' im allgemeinen vor. weil sich
Ansicht des MaBchinciisanIes des Krnfthauses Vizzola wahrend der Montag«.
solche Krümmerstücke leichter montieren nnd bei Reparaturen leichter herausnehmen
lassen, als Stücke, welche zwischen der Druckleitung einerseits und der Turbine anderer-
seits unelastisch eingekeilt sind.
Geradlinige Turbinenleitungen ohne Krümmer ausserhalb der Turbine
bei Lage der Hauptdruckrohrleitung über dem Flur in Höhe von etwa der Turbinen-
achse zeigen die Anlage Novalesa a. d. Cenischia (Taf. XU n. S. 973) und diejenige
der Walliser Industrie-Gesellschaft in Vemayaz (Taf. LXXV, Fig. 1—3). In
den beiden letztgenannten Fällen handelt es sich um eine Art von Schwamkragturbinen,
bei denen die Stirnwände des Turbinengehäuses aus dünnen und elastischen Blechen
bestehen, sodass hier das Einsetzen nnd Herausnehmen geradliniger Stücke keine
Schwierigkeiten bietet
Bei Francis- und Girard tnrbinen mit liegenden Wellen findet man die Lege
der Druckrohre unter dem Maschinenflur häufiger als diejenige über demselben.
Der Grund dafür mag darin gefunden werden, dass sich zwischen den Fundamentmauern
des Krafthauses der für die Hauptdruckrohre erforderliche Raum so zu sagen tob
selber ergibt und dass man es vorgezogen hat, den Maschinenraum von Rohrleitungen
möglichst frei zu halten.
§ 4. , Dbugebohre. 945
Beispiele hierfür bieten folgende Anlagen: 1. Morbegno (Taf. XVII, Fig. 7 und S. 392, sowie
Taf. LXX, Fig. 8)"), 2. Fanghera (Taf. X, Fig. 11 und 12), 3. Ceres Ala (Taf. XI, Fig. 6-7),
4. Bergamasca (Taf. IX. Fig. 6—7), 5. La Goule (Taf. XVIII, Fig. 6—13), 6. Les Clees-Yverdon
(Taf. XIX, Fig. 4). 7. Kanderwerk (Taf. XXVI, Fig. 5— 8), 8.8t Maurice-Lausanne (Taf. XXIX,
Fig. 10-12), 9. Jajce (Taf. XXXVI, Fig. 1-4), 10. Cham p (Füre et Morge) (Taf. XLIII, Fig. 2),
11. Urft-Talsperre (Taf. XLVIII, Fig. 8 und 9), 12. Ontario Power-Co. (Taf. XUV, Fig. 5
und Taf. LXXIV, Fig. 1-8), 18. Niagara Falls Hydraulie Power and Manufacturing-Co.
Taf. XL1V, Fig. 8), 14. Paderno a. d. Adda (Taf. LXIX, Fig. 5-8).
Bei der Anlage C h a m p (Abb. 123, S. 539), ebenso wie bei der Anlage Kander-
werk (Taf. XXVI, Fig. 5) liegen die Hauptdruckleitungen ausserhalb des Krafthauses
auf Pfeilern, welche die Verlängerung der unter die Druckrohre hindurchführenden
Turbinenkanäle bilden. Bei der Anlage Champ liegt das Druckrohr offen, bei der
Anlage Kanderwerk sind die beiden Druckrohre nachträglich mit Schutzwänden und
Dach in Holz überdeckt.
Da bei stehenden Turbinen das Gehäuse stets unter dem Maschinenflur
liegt, so hat naturgemäss auch die Hauptdruckleitung ihren Platz unter dem Maschinenflur.
Beispiele hierfür bieten die Anlagen Hafslund (Taf. XXXIII, Fig. 6), Kykkelsmd
(Taf. XXXIV, Fig. 7 nnd 8) und die Anlage Montbovon (Schweiz) (Taf. LXXV, Fig. 5).
Die Abzweigung der Turbinenrohre vom Hauptrohre erfolgt meistens durch ge-
radlinige, rechtwinklige Stutzen. Spitzwinklige Abzweige, wie bei der
Anlage Jajce, sind zwar für Wasserführung etwas besser, weil sie etwas kleinere Druck-
verluste ergeben, die Ausführung ist aber schwieriger und teurer. Überdies sind bei
guter Abrundung die Druck Verluste auch bei rechtwinkligem Abzweige (vergl. die
Angaben S. 887/888) nicht so erheblich, dass sie ins Gewicht fallen.
Sollen nur zwei Turbinen von einem Druckrohr gespeist werden, so führt man in
der Regel das Hauptrohr mittelst eines Hosenrohrs in die zwei Abzweige mit mög-
lichst sanfter Krümmung über, wie bei der Anlage Morbegno (Taf. LXX, Fig. 2),
Sollen mehrere Turbinen von einem Druckrohre gespeist werden, so legt man entweder
wie beim Kubelwerk (Taf. XXI, Fig. 3) ein Verteilungsrohr _L-förmig rechtwinklig
zur Hauptleitung und parallel zum Krafthaus, oder man legt die Hauptleitung selbst
parallel zur Krafthauswand, indem man sie nötigenfalls durch Krümmer in diese Richtung
überführt, wie z. B. bei der Anlage Ceres Ala (Taf. XI, Fig. 6).
Sind mehrere Druckleitungen vorhanden und sollen dieselben eine grössere
Anzahl von Turbinen speisen, so wird man im Interesse der Betriebssicherheit die
Forderung stellen, dass jede Turbine von jeder Hauptleitung gespeist werden kann. Zu
diesem Zwecke kann man entweder wie bei der Anlage Funghera (wo zwei Haupt-
rohre vorhanden sind) die Druckleitungen in ein grösseres Verteilungsrohr münden lassen
(Taf. X, Fig. 11), aus dem dann die Turbinenrohre abzweigen, oder man verbindet die
Hauptdruckleitungen am Maschinenhause durch Krümmer wie bei der Anlage Kander-
werk (Taf. XXVI, Fig. 5) und sorgt durch den Einbau von Drosselklappen an ent-
sprechenden Stellen dafür, dass im Falle der Ausserbetriebsetzung einer Druckleitung
jede Turbine von der im Betriebe befindlichen Leitung aus dennoch gespeist werden kann.
Literaturangaben zu Kap. III, § 4, Druckrohre.
G. Bacb, Die Maschinenelemente. 9. Aufl. 1903.
— Elastizität und Festigkeit. Berlin 1889—1890.
— Versuche mit Flanschen Verbindungen. Zeitschr. d. Ver. Deutscher Ing. 1899. S. 321 u. ff.
*o) Bei der Anlage Morbegno wurde die Lage der Druckrohre unter dem Maschinenflur
schon dadurch bedingt, dass die zwei Druckleitungen unter einer am Krafthause entlangführenden Strasse
hindurchgeführt werden raussten.
Handbuch der Ing.-WiM©n»ch. III. Teil. 13. Bd. 60
946 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Launhardt, Über die Beanspruchung von Wasserleitungsrohren. Zeitschr. d. Aren.- und Ing.- Ver. in
Hannover. 1873. S. 189.
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für Eisenbahnwesen. 1859, als Separatabdruck erschienen Wiesbaden 1859.
Grashof, Festigkeitslehre. 2. Aufl. Berlin 1878.
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§ 5. Turbinen. . 947
§ 5. Die Turbinen. Hierzu Taf. LXI bis LXXVI.
Bearbeitet von N. Baashuus, Ingenieur.
1. Einleitung. 7. Die Peltonturbinen.
2. Turbinensysteme und Turbinencharak- 8. Die Schwamkrug- oder radiale Girard-
teristik. turbinen.
3. Erster Entwurf von Turbinenanlagen. 9. Andere Turbinensysteme.
4. Verwendung der Turbinen bei verschie- 10. Lagerung und Kupplung von Turbinen-
denen Gefallen. wellen.
5. Saugrohrwirkung und zulässige Saughöhe. 11. Turbinenbremsung und Wassermessung.
6. Die Francisturbinen. 12. Geschwindigkeitsregulatoren und Neben-
auslässe.
1. Einleitung. Eine Wassermenge von q kg Gewicht, welche sich im Oberwasser-
graben einer Turbinenanlage befindet, besitzt in bezug auf den um H m tieferliegenden
Unterwassergraben eine potentielle Energie von q . H mkg, die eine Turbine mit möglichst
wenigen Verlusten in die drehende Bewegung einer Welle, überzuführen hat. Fliesst
dem Oberwasser ununterbrochen ebensoviel Wasser zu , wie durch die Turbine und den
Unterwasserkanal abfliesst, und beträgt diese Wassermenge Q cbm/sek., so ist bei einem
Nettogefalle von H m die von der Turbinenwelle erzeugte Arbeit,
A = e . 1000 . Q . H mkg/sek. oder in Pferdestärken gemessen: N = e ^^ — (1)
wo 1000 das Gewicht in kg von 1 cbm Wasser und e der Nutzeffekt oder Wirkungsgrad
der Turbine ist. Ein Mittelwert für e ist 0,75, für welchen Gleichung 1 übergeht in
die einfache Form: N = 10.Q.H. (2)
Der Nutzeffekt wird auch in °/o angegeben (z. B. 100 . 0,75 = 75 %).
In der Turbine wird die eingangs erwähnte potentielle Energie des Wassers
in kinetische Energie umgesetzt. Die Geschwindigkeit , mit der das Wasser aus
der Öffnung eines mit Wasser gefüllten, weiten Gefasses ausströmt (Abb. 317), ist be-
kanntlich von dem Druckunterschied vor und hinter der Öffnung abhängig. Ist das
Gefass oben offen , strömt das Wasser in die freie Luft aus , und beträgt der Höhen-
unterschied zwischen Wasserspiegel und Ausflussöffnung h m, so ist die Austrittsge-
schwindigkeit theoretisch c0 = |/2gh. Wenn Q cbm/sek. ausströmen, so beträgt die
kinetische Energie des ausströmenden Wassers nach der Mechanik : ^ . - 1000 . c0* mkg
pro Sekunde. Setzt man hierin den obigen Wert von c» ein , so sieht man , dass diese
kinetische Energie gleich 1000. Q.h, was die potentielle Energie von Q cbm/sek. in
bezug auf den Höhenunterschied von h m ist.
Lässt man das ausströmende Wasser auf irgend einen Körper stossen, so übt der
Wasserstrom auf denselben einen Druck aus. Um den Körper an seinem Ort festzuhalten,
müsste man eine Kraft P, in kg messbar, aufwenden. Wenn sich der Körper in der
Richtung des Wassers fortbewegt, wird die Kraft kleiner, bis sie schliesslich gleich Null
wird , wenn sich Wasser und Körper mit derselben Geschwindigkeit fortbewegen. Ist
nun der vom Wasser getroffene Körper an einer drehbaren Welle befestigt (Abb. 317), so
dreht sich dieselbe unter dem Einfluss der an einem Hebelarm R m wirkenden Kraft P
Macht die Welle n Uml./Min., so bewegt sich der vom Wasser getroffene Punkt mit einer
30*
948
IIL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Eikzelheitek.
Abb. 817.
9tr U. n
Geschwindigkeit von v = — ajr\~ m/sek. Die hierbei geleistete Arbeit betragt bekanntlich
P.v
P . y mkg/sek. = ~=^- PS«, welche mittelst Zahnrader, Riemen usw. zum Antreiben ?on
Arbeitsmaschinen oder mittelst angekuppelter Dynamomaschinen zur Erzeugung elek-
trischen Stromes angewendet werden kann. Da eine Energieumwandlung stets mit Ver-
losten verknüpft ist, so ist diese Arbeit kleiner als das dem Wasser innewohnende
Arbeitsvermögen und zwar im Verhältnis des Wirkungsgrades.
An der in Abb. 317 gezeigten schematischen Turbine sei nun auch das Wesen des
Wirkungsgrades kurz erläutert. Es muss dem Wasser eine bestimmte Richtung gegeben
werden, damit es in der günstigsten Weise seine Energie abgeben kann. Zu dem Zweck
wird es durch einen Leitapparat geführt, der in Abb. 317 als eine kurze konische Düse
angedeutet ist Wäre diese Düse lang,
krumm oder von rauher, innerer Ober-
fläche, so würde sie dem durchströmen-
den Wasser einen grossen Widerstand
entgegensetzen. Zur Überwindung des-
selben muss ein Teil der zur Verfügung
stehenden Höhe h aufgewendet werden,
welcher deshalb an der Erzeugung der
nutzbringenden Geschwindigkeit Co nicht
** brutto mehr teilnehmen kann. Dieser durch
Reibung verloren gehende Teil von h sei
mit % . h bezeichnet. Es bleibt dann zur
Geschwindigkeitserzeugung nur h— *h
übrig, weshalb die Geschwindigkeit c.
nicht mehr gleich l/2gh, sondern gleich
OHT.
m.
1/2 g (h — rh) = V(l — %) . 2gh, also klei-
ner ist. Die kinetische Energie von Q
1 Q.1000
2
cbm/sek. beträgt somit £ • ^ ~~ Co* = (1 — t) . Q . h . 1000 gegenüber Q . h . 1000 bei
* g
widerstandslos gedachtem Leitapparat. Der Wirkungsgrad von dem Leitapparat allein
1 %
wäre demnach gleich — z —
Von dem Leitapparat gelangt das Wasser in das Laufrad. Dieses ist mit einer
Reihe von gekrümmten Schaufeln versehen, an welchen das Wasser während der Drehung
des Rades entlang fliegst (vergl. Abb. 317). Bei zweckentsprechender Gestaltung dieser
Schaufeln wird dem Wasser sein Arbeitsvermögen in möglichst vollkommener Weise
entzogen.
Durch die zwischen Wasser und Schaufeln wiederum auftretenden Reibungsver-
luste wird die Wassergeschwindigkeit in den Schaufeln verringert, und dieses bedeutet
einen weiteren Verlust an Energie, der ebenfalls als ein Verlust an dem gesamten vor-
handenen Gefälle aufgefasst und ausgedrückt werden kann.
Beim Laufrad kommt aber noch ein weiterer, wesentlicher Verlust, der Abfluss-
verlust vor. Da die Abmessungen des Laufrades immer von endlicher Grösse sind, so
muss das Wasser das Laufrad stets mit einer nicht zu vernachlässigenden Geschwindig-
keit c, verlassen. Diese können wir uns als durch die sogenannte Geschwindigkeitshöhe
§ 5. Turbinen. 949
Co*
^- hervorgebracht denken, welcher Bruchteil von dem gesamten Gefälle H für die
Kraftgewinnung ebenfalls verloren geht.
Ist ferner die Unterkante des Laufrades wie in Abb. 317 gezeigt, um eine gewisse
Höhe h' über dem Unterwasserspiegel aufgestellt, so geht auch dieser Teil von dem
Nettogefälle H (s. Abschn. 11, S. 977) für die Kraftgewinnung verloren.
Da die vorgenannten Verluste rechnerisch alle als Verlust an Gefälle ausgedrückt
werden können, so lassen sie sich auf H beziehen, und deren Summe möge mit -2t. H
TT \-U
bezeichnet werden ; der hydraulische Wirkungsgrad wäre dann -%- Sollte nun
aber ein Teil der auszunützenden Wassermenge gar nicht an das Laufrad gelangen,
sondern etwa durch unzweckmässige Konstruktion an demselben, vorbeispritzen, so wird
dieser Teil, q, keine Kraft abgeben, und der hydraulische Wirkungsgrad würde dann
H — J2tH Q— q
sem*= g .-^-,
Von den verschiedenen Bestandteilen des hydraulischen Wirkungsgrades inter-
c**
essieren den Bauingenieur nur der Abflussverlust *~- und der durch Hochstellen der
Turbine über dem Unterwasserspiegel entstehende Verlust h' ; der erstere wird bei der
Besprechung der Saugrohre für Francisturbinen, der letztere bei der. Aufstellung der
Freistrahlturbinen behandelt werden.
Ausser den eben behandelten hydraulischen Verlusten treten aber auch mecha-
nische Verluste auf, denn die Welle muss in Lagern geführt werden, welche je nach Art
und. Ausführung etwas Kraft verzehren. Geht die Welle durch Gehäuse oder Saugrohre,
so muss sie mit Stopfbüchsen abgedichtet werden, was ebenfalls mit Arbeitsverlusten
verknüpft ist. Diese betragen zusammen rd. 1 bis 3 % der Turbinenleistung. Erst nach
Berücksichtigung dieser mechanischen Verluste erhält man den Gesamtwirkungsgrad e,
welcher bei Beurteilung von Turbinen in Betracht kommt und für die einzelnen
Turbinensysteme später näher behandelt werden soll (s. Abschn. 3).
2. Turbinensysteme und Turbinencharakteristik. Je nach der Wirkungsweise des
Wassers teilt man die Turbinen in zwei grosse Gruppen, in Aktions-, Freistrahl- oder
Druckturbinen und in Reaktions-, Presstrahl- oder Überdruckturbinen ein.
Die den beiden Gruppen zugrundeliegenden theoretischen Grundsätze sind zwar
ganz verschieden, aber nichtsdestoweniger ist das praktische Resultat in bezug auf die
Güte ungefähr dasselbe. Darum wird nur auf die äusseren Eigenschaften und Anforde-
rungen eingegangen, die für die Wahl massgebend und im wesentlichen die Folgenden sind :
Umdrehungszahl. Bei demselben Gefälle läuft die Turbine, die nach dem
Drucksystem konstruiert ist, langsamer als eine gleich starke Turbine, die nach dem
Überdrucksystem konstruiert ist. Bei hohen Gefällen ist deshalb die Druckturbine
besonders am Platz, weil eine Überdruckturbine viel zu schnell laufen würde. Bei
niedrigen Gefällen dagegen kommt nur die Überdruckturbine in Betracht, weil die
Druckturbine für die meisten praktischen Verwendungen zu langsam laufen würde. Die
Umfangsgeschwindigkeit (am Dm. des Laufradeintrittes gemessen) beträgt bei den Druck-
turbinen etwa 0,45 bis 0,48 V2gH, bei den Überdruckturbinen etwa 0,55 bis 0,85 V2 g H
(H = Nettogefalle). Jede Turbine hat aber eine bestimmte, günstigste Umfangsgeschwin-
digkeit, und man sucht immer, die Turbine mit der dieser Geschwindigkeit entsprechenden
Umdrehzahl laufen zu lassen. Über- oder Unterschreitungen machen sich bald durch
Abnahme an Leistung und Wirkungsgrad bemerkbar.
950 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Eintauchen in das Unterwasser. Die Druckturbine muss so aufgestellt
und betrieben werden, dass das Unterwasser nicht bis an das Laufrad hinaufsteigen
kann, d. h. sie muss um einen gewissen Betrag über dem höchsten Unterwasserspiegel
aufgestellt werden (vergl. h', Abb. 317), welcher Teil des Gefälles für die Kraftgewinnung
verloren geht. Bei hohen Gefallen, für welche die Druckturbinen heutzutage nur in Be-
tracht kommen, spielt dieser Gefälleteil keine grosse Rolle, weil er doch meistens klein
bleibt im Verhältnis zum ganzen Gefalle.
Die Überdruckturbinen dagegen können unbeschadet ihres Wirkungsgrades ganz
in das Unterwasser eintauchen, welches den grossen Vorteil bietet, dass bei schwankenden
Unterwasserstanden immer das ganze, jeweilige Gefalle voll ausgenutzt werden kann.
Beide Turbinenarten können mit Saugrohr ausgerüstet werden (vergl. Abschnitt
5 und 7), wodurch die Ausnutzung schwankender Unterwasserspiegel in Verbindung
mit der praktisch sehr wertvollen hochwasserfreien Aufstellung der Turbinen und der
angetriebenen Maschinen erfolgen kann. Druckturbinen mit Saugrohr werden jedoch
zurzeit wenig verwendet, während kaum eine einzige Überdruckturbine ohne Saugrobr
ausgeführt wird.
Die wichtigsten heutzutage verwendeten Druckturbinen sind die Peltonturbinen
auch Löffel- -oder Becherturbinen genannt sowie die radial beaufschlagten Girard-
turbinen, auch Schwamkrugturbinen genannt. Die wichtigste Überdruckturbine
ist die Francisturbine.
Je nach der Durchflussrichtung des Wassers durch das Laufrad teilt man beide
vorgenannten Arten von Turbinen auch in Axial- und Radialturbinen ein.
Bei den ersteren durchströmt das Wasser das Laufrad in einer Ebene parallel zur
Turbinenachse (s. Abb. 336, S. 974), bei den letzteren in einer Ebene senkrecht zu derselben
(die Francisturbine, Abb. 328, S. 963 und die radiale Girardturbine Taf. LXXV, Fig. 1
bis 3). Einige Turbinen weisen gleichzeitig beide Durchströmungsarten auf, z. B. die
neueren Francisturbinen, bei welchen das Wasser in das Laufrad radial eintritt und aus
demselben z. T. axial austritt, Abb. 326 und 327, S. 963. Dasselbe gilt auch für gewisse
Löffelturbinen. Bei den Radialturbinen spricht man ausserdem von „innen beauf-
schlagten" Turbinen (Schwamkrugturbinen Abb. 335, S. 973, und Taf. LXXV, Fig. 1
bis 3), wenn der Leitapparat, auch Leitrad genannt, von dem aussen liegenden Laufrad
umschlossen wird, und von „aussen beaufschlagten" Turbinen (Francisturbinen
Abb. 324, S. 962 und Abb. 333, S. 971), wenn der Leitapparat das Laufrad umgibt
oder aussen angebracht ist.
„Vollturbinen" sind solche, bei denen der Wassereintritt am ganzen Umfang
des Laufrades stattfindet (Francisturbinen Abb. 325, S. 962), „Partialturbinen" solche,
bei denen der Wassereintritt nur an einem Teil des Laufradumfanges stattfindet (Abb. 332
und 333, S. 971). Die Francisturbinen sind immer Vollturbinen, die Peltonturbinen
sind immer Partialturbinen, und die Schwamkrug- oder radialen Girardturbinen können
sowohl voll als partial beaufschlagt werden.
Je nachdem die Anordnung der Turbine so getroffen ist, dass die Welle der
Turbine sich in vertikaler bezw. horizontaler Lage befindet, spricht man von Vertikal-
bezw. Horizontalturbinen oder von stehenden bezw. liegenden Turbinen.
Es kommen auch die Benennungen Doppel(zwilling-)turbine und mehr-
fache Turbine vor. Darunter versteht man Turbinen, bei denen zwei oder mehr
Leit- und Laufräder auf einer Welle sitzen. Turbinen mit nur einem Leit- und Laufrad
werden im Gegensatz hierzu Einzelturbinen genannt.
§ 5. Turbinen. 951
Die vorgenannten Systeme und Anordnungen sind in der Ausführung miteinander
kombiniert. Beispielsweise ist die Hagneckturbine (Taf. LXD, Fig. 1 bis 3) eine radiale,
von aussen beaufschlagte Reaktions- oder Überdruckturbine (Francisturbine) mit Saug-
rohr. Sie ist ferner eine vertikale, vierfache Vollturbine.
Die verschiedenen Turbinen unterscheiden sich auch noch durch ihre Schluck-
fähigkeit. Bei gleichen äusseren Dimensionen und bei gleichem Gefalle schlucken
die Francisturbinen das grössere Quantum Wasser, die Peltonturbinen dagegen ein viel
kleineres Quantum. Eine Mittelstellung nehmen die radialen Girard- oder Schwamkrug-
turbinen ein. Aber auch innerhalb der verschiedenen Turbinensysteme ist die Schluck-
fähigkeit eine sehr verschiedene.
Die sogenannten „ Schnelläufer il unter den Francisturbinen schlucken ein
viel grösseres Quantum als die im Gegensatz hierzu genannten „Langsamläufer".
Ähnliches gilt auch für die anderen Turbinensysteme. Da die geleistete Arbeit den
Wassermengen proportional ist, so ergeben die verschiedenen Turbinensysteme unter den
genannten Umständen also eine recht verschiedene Anzahl von Pferdestärken. Ebenso
ergeben sie, wie bei Besprechung der Druck- und Überdruckturbinen erwähnt wurde,
eine verschiedene Tourenzahl, indem die Francisturbine eine um mehr als 50 % grössere
Umfangeschwindigkeit (Umdreh- oder Tourenzahl) als die gleich starke Pelton- oder
Schwamkrugturbine aufweisen kann. Durch Kombinationen der verschiedenen Schluck -
tahigkeiten und Umfangsgeschwindigkeiten entsteht eine sehr grosse Mannigfaltigkeit,
welche der Turbinenbauer durch Koeffizienten der Schluckfähigkeit und der Umfangs-
geschwindigkeit voneinander unterscheidet. Es lassen sich aber diese beiden Koeffizienten
zu einem einzigen, der sogenannten Charakteristik vereinigen *), welche mit Vorteil auch
von Bauingenieuren und Elektrotechnikern verwendet werden kann. Dieselbe lautet:
und sie gibt, wenn für H, N und n das Nettogefälle in Meter, die Turbinenleistung in
PSe und die Umdrehungszahl pro Minute (Uml./Min.) eingesetzt werden, einen neuen
Koeffizienten wieder, welcher leicht zum Charakterisieren der verschiedenen Turbinen-
Systeme und der Verschiedenheiten innerhalb derselben dienen kann. Denn, wenn die
so ausgerechnete Charakteristik einen Wert von etwa 350 bis 250 ergibt, so hat man
es mit einer schnellaufenden Francisturbine von etwa 75 bis 79°/o Wirkungsgrad zu
tun; wenn die Charakteristik einen Wert von etwa 225 bis 100 hat, so zeigt dieser
Wert an, dass die betreffende Turbine eine normale Francisturbine mit etwa 80 bis
84°/o Wirkungsgrad ist. Ist die Charakteristik 75 bis 50, so ist die zugehörige Turbine
ein Langsamläufer mit etwa 82 bis 80 % Wirkungsgrad. Ebenso zeigt eine Charakte-
ristik von 20 an, dass die Turbine eine Peltonturbine von etwa 75 % Wirkungsgrad ist,
während eine Charakteristik von 5 oder darunter einer Peltonturbine von etwa 81%
Wirkungsgrad entspricht.
Die Schwamkrugturbinen haben eine Charakteristik von etwa 75 bei den voll-
beaufschlagten bis herab auf 5 oder weniger bei den partial beaufschlagten Konstruk-
tionen. Sie überspannt somit das ganze Gebiet der Peltonturbinen und einen Teil des
Gebietes der Francisturbinen und füllt zugleich die Lücke zwischen diesen beiden
Systemen aus. Ihr Wirkungsgrad beträgt etwa 75 bis 80%.
Es ist aus dem Vorstehenden ersichtlich, dass alle Turbinen untereinander
durch die Charakteristik unterschieden werden können, und dass dieser Umstand dazu
i) Ableitung 8. »Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing." 1905. Nr. 3. S. 92.
952 IIL Theodok Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
benatzt werden kann, dass man von der schnell zu ermittelnden Charakteristik einer
Turbine, die man entwerfen will, auf das zu verwendende System und auf den zn
erwartenden Nutzeffekt schliessen kann. Ist beispielsweise das Nettogefälle von H m
und eine auszunutzende Wassermenge von Q cbm/sek. per Turbine gegeben, so rechnet
man erst die Leistung aus. Diese ist rd. N = 10 . Q . H, in PS« ausgedrückt. Mit
der wählbaren oder aus irgend einem Grunde vorgeschriebenen Tourenzahl von n Umi/Min.
rechnet man dann aus obiger Formel die Charakteristik aus, und die Grösse derselben
gibt unmittelbar an, welches Turbinensystem für den vorliegenden Fall in Frage kommt
Näheres hierüber siehe nächsten Abschnitt.
3. Erster Entwurf von Turbinenanlagen8). Sehr häufig wird der Bau von
Wasserkraftanlagen von Wasserbauingenieuren oder Elektrotechnikern eingeleitet und
durchgeführt. Im folgenden sei deshalb auseinandergesetzt, wie der Wasserbauingenieur
oder Elektrotechniker eine Menge Aufgaben aus dem Gebiete des Turbinenbaues selb-
ständig mit einer Genauigkeit lösen kann, die für den vorläufigen Entwurf vollständig
ausreichend ist.
Nachdem man sich über auszunutzende Wassermenge und Gefalle schlüssig
geworden ist, treten als nächste Fragen diejenigen nach der zu wählenden Turbinenart,
nach dem Wirkungsgrad und der Umdrehungszahl derselben, vor allem aber nach
dem Platzbedarf der Turbinen bezw. des Maschinenhauses auf. Sind diese Fragen,
die für wirtschaftliche Vorarbeiten und andere Ermittelungen ausreichend sind, an-
nähernd richtig beantwortet, so bedarf man vorderhand der Hilfe des Turbineninge-
nieurs nicht.
Die Gesamtleistung N' = 10 . Q . H wird bei grösseren Anlagen , je nach dem
Verwendungszweck, auf mehrere Einheiten zu je N PS« verteilt. Die Wahl der Tur-
binenart hat unter Berücksichtigung von den örtlichen Verhältnissen und dem Gefalle,
sowie von verlangter Leistung und Umdrehungszahl des Maschinensatzes zu erfolgen.
Die Charakteristik leistet hierbei gute Dienste (vergl. Abschnitt 2). Da bei gegebenem
Gefalle die Leistung und Umdrehungszahl für die Querschnittsverhältnisse der Turbine
massgebend sind, und die Effektsverluste in der Turbine wiederum von denselben abhängen,
so bildet die Charakteristik zugleich einen Anhaltspunkt zur Beurteilung des Wirkungs-
grades der projektierten Turbinen.
In der nachstehenden Zahlentafel ist eine Reihe von Charakteristiken für Francis-
turbinen zusammengestellt, und unter jeder derselben ist der zugehörige Wirkungsgrad
der Turbine angeführt. Die ersten Zahlen beziehen sich auf nur ein Leit- und Laufrad,
die letzteren stellen Mittelwerte dar, die bei den günstigsten Einbau Verhältnissen als
erreichbar betrachtet werden können. Vielfach findet man in der Literatur Mit-
teilungen über Turbinen, bei welchen diese Angaben noch überschritten wurden. Die
von den Turbinenlieferanten geleisteten Garantien in bezug auf den Wirkungsgrad
werden aber selbstverständlich etwa 2 bis 4°/o niedriger als die angegebenen Ziffern liegen.
kN = 350 325 300 275 250 225 200 175 150 125 100 75 50
e= 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 84 82 80%
Bei jeder Turbine schwankt der Wirkungsgrad mit veränderter Füllung (d. h. Wassennenge) mW
zwar so, dass derselbe bei etwa 0,85 bis 0,75 der maximalen Füllung seinen. Grftsstwert erreicht Ia
der Zahlentafel ist dieser Grftsstwert der Wirkungsgrade angegeben. Die angegebenen Charakteristiken
beziehen sich aber auf die maximalen Leistungen (PSe), weil diese Angabe bei der Frage nach der TurtoM
2) Nach einem Aufsati des Verfassers in »Elektrotechnische Zeitschrift* 1905. Nr. 42.
§5. Turbinen. 953
ausschlaggebend ist. Der Wirkungsgrad bei Abgabe der maximalen Leistung ist zwar etwas niedriger
ungefähr 2 bis 7°/o) als derjenige, welcher in der Zahlentafel angegeben ist, aber dieser Nutzeffekts-
abfali ist in der Praxis von geringer Bedeutung, weil die Turbine nur kurze Zeit des Jahres mit voller
Leistung arbeitet, und ihr während dieser Zeit des kleinsten Gefälles, d. h. des höchsten Wasserstandes
so wieso reichlich Wasser zur Verfügung steht. Sobald wieder der normale Wasserstand eintritt, nimmt
das Gefalle zu, die der Turbine zuzufahrende Wassermenge folglich ab, sodass die Turbine nunmehr mit
dem der geringeren Füllung entsprechenden besseren Wirkungsgrad arbeitet. Nach Ablauf des normalen
Wasserstandes tritt der niedrigste Wasserstand ein, welcher durch Erhöhung des Gefälles und Erniedrigung
der Wassermenge gekennzeichnet ist. Wahrend dieser Zeit arbeitet die Turbine mit halber oder noch
geringerer Füllung, für welche der Wirkungsgrad wieder abnimmt. Bei halber Füllung, welche für die
hier in Frage kommende Genauigkeit mit halber Leistung vertauscht wird , kann derselbe zu etwa 14
bis 4 °/o niedriger als die in der Zahlentafel angegebenen günstigsten Wirkungsgrade angenommen weiden.
Von diesen einer vorläufigen Einschätzung dienenden Angaben beziehen sich 0,85, 2 und 14 vorzugsweise
auf Turbinen von hoher Charakteristik (oo 850) , während 0,75, 7 und 4 vornehmlich für Turbinen mit
niedriger Charakteristik (oo 100) gelten. Für zwischenhegende Charakteristiken lassen sich leicht Zwischen-
werte auffinden.
Wie aus der Zahlentafel ersichtlich, erreicht man bei einer mittleren Charakteristik
den besten Wirkungsgrad, weshalb man bei der Wahl der Leistung und der Umdrehungs-
zahl der Maschinensätze so vorgehen sollte, dass eine solche Turbine zur Anwendung
kommen kann. Bei sehr niedrigen Gefällen würden aber dann die Turbinen für die
meisten Verwendungszwecke zu langsam laufen und zu gross und zu teuer ausfallen,
während sie bei recht hohen Gefallen zu schnell laufen würden. Im ersteren Falle muss
man deshalb zu den schnell laufenden Turbinen greifen oder zu mehreren Leit- und Lauf-
rädern auf einer Welle. Im zweiten Falle wendet man langsam laufende Francisturbinen,
Schwamkrugturbinen oder Peltonturbinen an.
Das Kuppeln mehrerer Leit- und Laufräder auf einer gemeinsamen Welle, wodurch
allerdings der Platzbedarf steigt, ist das beste Mittel zum Erhöhen der Umdrehungs-
zahl, denn dadurch wird ein besserer Wirkungsgrad, sowohl bei voller als bei teilweiser
Beaufschlagung, erreicht. Soll beispielsweise eine Dynamomaschine, die bei 175 Uml./Min.
1000 PS« aufnimmt, von einer Turbine, der ein nutzbares Gefälle von 12 m zur Verfügung
steht, angetrieben werden, so ist die Charakteristik: kx — —-ä-y'y==r££ 250, falls die
ganze Kraft von einer Turbine mit nur einem Leit- und Laufrad geleistet werden soll.
Aus der Zahlentafel geht hervor, dass man mit einer solchen Turbine etwa 79°/o Wir-
kungsgrad erreichen kann. Erscheint dieses zu wenig, oder wird auf gute Ausnutzung
des Wassers bei teilweiser Beaufschlagung grosses Gewicht gelegt , oder aber wechselt
das Gefälle stark, so verwendet man zweckmässiger eine Doppelturbine. Da nun auf
jedes Rad die halbe Kraft kommt, so setzt sich die für den Wirkungsgrad massgebende
175t /5ÖÖ 250
Charakteristik folgendermaßen zusammen : k* = -y^- 1/ -j=^ = -/=■= 1?5 > entsprechend
einem Wirkungsgrade von etwa 82%. Gehen die Forderungen, welche die Doppelan-
ordnung der Turbine verlangten, noch weiter, so könnte man eine drei- oder vierfache
250 250
Turbine verwenden, für welche die Charakteristiken —^2^150 bezw. ->_- 2^125 sind.
In den letzten Fällen kann man bei zweckentsprechender Anordnung in Zeiten von
knappem Wasserzugang eines oder zwei Räder abkuppeln, sodass die übrig bleibenden
die vorhandene geringere Wassermenge mit bestem Wirkungsgrad ausnutzen.
Auch oei der Peltonturbine schwankt aus ähnlichen Gründen wie bei der Francis-
turbine der Wirkungsgrad mit den Querschnittsverhältnissen der Turbine , so dass auch
muss
954 HL Theobor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
für diese die Charakteristik über den Wirkungsgrad Aufschlags gibt. Nachstehende
Zahlentafel diene als Anhaltspunkt für die Beurteilung:
kir = 20 17,5 15 12,6 10 .7,5 5
e = 75 76 77 78 79 80 81°/o.
Die Charakteristik bezieht sich hierbei auf nur einen Leitapparat und der
Wirkungsgrad stellt wieder Mittelwerte dar, welche bei den günstigsten Einbau Ver-
hältnissen als erreichbar betrachtet werden können. Die von den Turbinenlieferanten
geleisteten Garantien werden selbstverständlich etwa 2 bis 4% niedriger als die
angegebenen Ziffern liegen.
Auch in dieser Zahlentafel sind die Wirkungsgrade der günstigsten Füllungen nnd die Chirtk-
teristiken für die maximalen Leistungen angegeben. Das Verhalten der Peltonturbinen bei verschiedenen
Füllungen ist noch wenig aufgeklärt Als Annäherung kann angenommen werden, dass der güns-
tigste Wirkungsgrad bei 0,75 der maximalen Leistung liegt , und dass der Wirkungsgrad bei voller und
halber Leistung etwa 3 bis 6°/o kleiner ist als die in der Zahlentafel angegebenen. —
Ähnlich wie bei den Francisturbinen kann man zur Erreichung einer hohen Um-
drehungszahl bei einem gewünschten Wirkungsgrade oder zur Erreichung eines hoben
Wirkungsgrades bei einer gewünschten Umdrehungszahl mehrere Leitapparate auf ein
Laufrad wirken lassen oder mehrere Räder nebeneinander auf dieselbe Welle setzen
Sollen z. B. 400 PS«, mit einem Wirkungsgrad von mindestens 77% bei einem nutz-
baren Gefalle von 75 m geleistet werden, so bestimmt sich die Turbine folgendennassen.
Aus der Zahlen tafel folgt, dass die Turbine eine Charakteristik von etwa 15 haben
• Die Umdrehungszahl ist dann n = kN . H . |AS= 15 . 75 ]/V7i? = 166 (GL 3
nach n aufgelöst). Dieses erscheint zu niedrig, weshalb man zwei Leitapparate an einem
Rad anordnet. Jeder leistet nun 200 PSe und die zugehörige Umdrehungszahl rechnet
sich zu 166l/2 = 235 aus. Mit vier Leitapparaten auf zwei Räder verteilt kommt eine
Umdrehungszahl von 166^4=332 heraus, und mit sechs Leitapparaten an drei oder
auch bloss an zwei Laufrädern verteilt, wächst die Umdrehungszahl auf 166 V6 ^400.
Weil ktf gleich gross war in allen diesen Fällen, so werden diese Turbinen bei sonst
günstigen Verhältnissen, praktisch gesprochen, denselben Wirkungsgrad (77 °/o) aufweisen,
obwohl ihre Umdrehungszahlen sehr verschieden sind.
Im folgenden seien einige Angaben darüber, wie man in einer Mehrheit von
Fällen auch zugleich alle Hauptabmessungen der Turbine sehr einfach bestimmen kann,
angeführt.
Satzturbinen oder, wie man sie auch bezeichnet, Serien turbinen sind
solche, die gleiche Winkel- und Querschnittverhältnisse besitzen. Sie sind untereinander
ganz ähnlich gebaut und unterscheiden sich nur durch die Grösse. Die verschiedenen
Grössennummern eines solchen Satzes haben dieselbe Charakteristik, auch wenn sie bei
verschiedenen Gefällen arbeiten. Bei gleichem Gefälle stehen die Umdrehungszahlen
zum Durchmesser im umgekehrten, die verbrauchten Wassermengen und die Leistungen
zum Quadrat des Durchmessers im geraden Verhältnis. Bei verschiedenen Gefallen
verhalten sich , wie übrigens bei allen Turbinen , die Umdrehungszahlen und die
Wassermengen wie die Quadratwurzel aus dem Gefälle (VB). Die Leistungen entsprechen
H . VH. Da alle vom Wasser durchflossenen Querschnitte im Verhältnis zueinander
stehen, und diese Verhältnisse für die verschiedenen Grössennummern eines Satzes die-
selben sind, so können alle vorgenannten Grössen in einfache Beziehung zum Laufrad-
durchmesser gebracht werden, welche Beziehungen für den ganzen Satz gültig sind.
Beträgt beispielsweise der Durchmesser des Gehäuses für eine Turbine mit 1000 m&
Laufraddurchmesser 2100 mm, so beträgt der Gehäusedurchmesser für eine Turta*
TURBIKEN.
955
800
desselben Satzes, aber mit 800 mm Laufraddurchmesser, ^t^k • 2100 = 1680 mm etc. Das-
selbe gilt auch für die Turbine in weiterem Sinne aufgefasst, nämlich auch für ihren Zufluss
und Abfluss, Absperr- und Regelungsvorrichtungen, kurz für die ganze Turbinenanlage. Nun
sind in Büchern und Zeitschriften viele ausführlichen Beschreibungen und massstäb-
lichen Zeichnungen sowohl von ganzen Turbinenanlagen als von Einzelheiten derselben zu
Abb. 318. Maschinenhaus der Anlage St. Maurice.
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MM® — JZ&m. — Mmm
mm — umm
finden. Jede beschriebene Turbinenanlage kann nun als eine von den vielen G rosse n-
nummern eines Satzes aufgefasst werden, der durch die zugehörige Charakteristik gekenn-
zeichnet ist, und dessen andere Nummern ihr ähnlich sind und leicht durch Vergrösse-
rung oder Verkleinerung nachgebildet werden können. Hat man eine Turbinenanlage mit
Turbinen von einer bestimmten Charakteristik zu entwerfen, so sucht man also in der
vorhandenen Literatur diejenigen Turbinen heraus, die angenähert dieselbe Charakteristik
haben. Findet sich dabei eine Anlage , die wegen der örtlichen Verhältnisse so gebaut
wurde, wie man es für den in Frage kommenden Entwurf beabsichtigt, so kann diese
Anlage, wenn sie sich sonst gut bewährt bat, ohne weiteres zum Ausgangspunkte für die
956 III. Theodor Koehn, Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Grössenbestimmung der neuen Anlage benutzt werden. Hierzu ist, wie schon angedeutet,
nur das Verhältnis zwischen dem Dm. der zugrunde gelegten Turbine und demjenigen
der zu entwerfenden Turbine nötig. Wenn die Dm. nicht bekannt sind, so gestattet jedoch
VE
die Eigenschaft der Satzturbinen, dass der Durchmesser dem Bruch — entspricht, eine
Ausrechnung des Verhältnisses zwischen ihnen. Einige Beispiele mögen das Gesagte
erläutern.
Es seien Turbinen auf wagerechter Welle für 750 PS« und 200 UmL/Min. bei einem nutzbares
Gefälle von 20,5 m zu entwerfen. Die Charakteristik ist
kH_.?go-,/_Z5o_
Es kann also eine Einzel-Francisturbine verwendet werden. Wegen des hohen Gefälles konuat
nur eine Gehäusetuibine in Betracht. Die Turbinen der Anlage St. Maurice, vergl. Tai. XXIX,
Fig. 10—12, leisten je 1000 PS« bei 800 Um 1. /Min. und 32 m Gefalle, aber ihre Charakteristik ist eben-
falls 125. Der Laufrad-Dm. ist hier bekannt =1000 mm, aber auch ohne diese Kenntnis kann mai
das Verhältnis zwischen dem Dm. der neuen Turbine und demjenigen der St Mauriceturbine anfirtellai.
i/H~ l/H t/20 5 i/S2
Dasselbe ist — - : — '- = ^öqq' : 300 = *'2* Somit ist die neue Turbine in jeder Richtung hin um 1,2 mal
grösser als die St Mauriceturbine. Die letztere nimmt, wie man aus den masstftblkhen Zeichnung«!
abmessen kann, etwa 3,5 x 3,5 cq 12 qm Bodenflache ein. Die neue wird somit etwa 12 X l,2*££l8qm
Bodenflache beanspruchen. Die Rohrleitung (innerhalb des Maschinenhauses) für fünf Einheiten »
St Maurice hat 2700 mm Dm. Diejenige der zu entwerfenden Anlage konnte man deshalb, wem
keine sonstigen Rücksichten eine andere Abmessung verlangen, mit 1,2 x 2700 &£ 3300 mm annehmen.
Sogar Rechen und Schätzten konnten in derselben Weise annäherungsweise bestimmt werden. Das
Maschinenbaus in St Maurice hat 14x35,5 = 500 qm Grundfläche. Falls die elektrischen Mw*»—
annlich und auch ungefähr im Verhältnis 1,2 zu 1,0 grosser werden sollten, bo kann man also rasch
über den Bodenbedarf der neuen Anlage unterrichtet sein. Derselbe beträgt etwa 1,2.14.1,2.35,5
££ 17 . 48 SS 750 qm (vergl. Abb. 318).
Ein zweites Beispiel sei das Folgende : Bei einem nutzbaren Gefalle von 155 m sollen 0,950 ebm'sek.
ausgenutzt werden. Die Leistung beträgt somit rd. 1500 PS© ^ 10. 155.0,95, und die Turbine saU
450 UmL/Min. machen. Die Charakteristik beträgt dann kH = 31,8. Es kommt also eine Peltontmiän*
mit mehreren Leitapparaten oder eine radiale Girardturbine zur Verwendung. Turbinen mit ühnftr11—
Charakteristik sind die 1000 PSe -Turbinen im Kübel werk (s. Abb. 319, ferner Taf. XXI, Fig. 3 and
Taf. LXXY1, Fig. 1-3). Dieselben machen 300 Üml./Min. bei 92 m nutsbarem Gefälle. Ihre Charak-
teristik ist somit 33,3, also ziemlich gleich. Da dieselbe sechs Leitapparate besitzt, so ist die für des
33 3
Wirkungsgrad massgebende Charakteristik ' - =13,6, sodass nach der Zahlentafel auf 77 bis 78* •
Wirkungsgrad gerechnet werden kann. Das Grftssenverhältnis zwischen beiden ist gegeben dnics
xf' == y'ao . -- - = 0,865 , welches für die Bemessung der zu entwerfenden Turbine mmssgebea
ist Die Kubelwerkturbine beansprucht etwa 3 X 4,5 = 13,5 qm Bodenfläche, hat eine Höhe der Wellet-
mitte über dem Kussboden .von 900 mm und eine Höhe des Zulaufrohres Aber dem Fuasboden t«s
1150 mm (s. Abb. 319). Die entsprechenden Masse der neuen Turbine sind 10 qm, 800 und 1000 ssa
(s. Abb. 320).
Die beschriebene Art der Massbestimmung kann nur als eine angenäherte ange-
sehen werden, weshalb es ratsam ist, eher etwas reichlich zn rechnen. Denn die aus-
führende Firma wird sich möglichst an vorhandene Modelle halten. Ferner sei dafor
gewarnt, dass man übertriebene Schlüsse macht, also dass man etwa von der Ausführung
einer 50 PS.-Turbine auf die Abmessungen einer 1500 PS#-Turbine, oder von Turbinen
mit 2000 mm auf die Masse einer solchen mit 400 mm Durchmesser schlieft Bei
soweit auseinander liegenden Grössen wird naturlich eine Unsicherheit eintreten.
In dieser Verbindung wird es vielleicht erwünscht sein, einige, wenn auch nur
% 5. Turbinen. 957
angenäherte Angaben über vorläufige Gewiclitsbostimtmuigen von Turbinen zu erfahren,
wobei auch auf Tabelle VII, Seite 256 und 257 verwiesen sein mag.
Bei gleichem Gefalle werden die Gewichte von Turbinen verschiedener
Grösse, aber von demselben Satze, ungefähr im Verhältnis stehen: ( --- 1 bis ifr) ,
und zwar sollte man die erste Beziehung wählen, wenn j, <1» und die letztere, wenn
°;>i i»t.
Bei gleicher Grösse werden die Gewichte von Turbinen für verschiedene
Gefälle ungefähr im Verhältnis L-M bisjp stehen und zwar so, dass man die erste
H ' H
l <r" 1. nn/t Aia lpt7tnrn wann — *^
Abb. 318. 1000-PS.TnrbiDe im Kubelwerk.
Ist beispielsweise das Gewicht G, einer Turbine, die 1000 PS. nnd 300 Oml./Min.
bei 32 m Gefälle leistet, bekannt, so kann man das Gewicht G, einer Turbine desselben
Satzes, die 750 PS, und 200 Uml./Min. bei 20,5 m Gefalle leistet, folgendermassen aus-
rechnen.
„ . D. t/20,5 300 ,„ , H, 205 nÄ. .. imt
Es ist g-y 32-MÖ-1'2 ^H'^^ =0'64- AlB° 1St
G, = 1,2'. ffiM* . G, <Ä> 1,3 G,.
In einem anderen Falle sei das Gewicht G, einer Turbine von 1000 PS, und
300Umdr./Min. bei 92 m Gefalle bekannt, und es boII das Gewicht G, der zo demselben
Satze gehörigen Turbine von 1600 PS, und 4Ö0 Umdr./Min. bei 155 m Gefälle ermittelt
werden.
958 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Es ist 5* = 0,865 und J - 1,685. Folglich Gt = 0,866» . l/p65 . 1,685 . G, öi 1,2 G,.
Dx llj
Ebenso wie die Massbestimmung, so ist auch die Gewichtsbestimmung nur ab
eine angenäherte zu betrachten. Besonders sei vor Schlussfolgerungen aus weit ausein-
ander liegenden Fällen gewarnt. Vorhandene Modelle der später genauer berechnenden
Maschinenbauanstalt werden natürlich einen berichtigenden Einfluss ausüben, aber immer-
hin gibt die hier gezeigte Berechnungsweise wenigstens einen Begriff Ton dem Zusammen-
hange zwischen Gewicht, Grösse und Gefälle einer Turbine.
Da die Gewichte als Grundlage für die Preise dienen, kann man weiter vom
Gewicht auf die Preise schliessen. Wenn ^r und ^ von 1,0 nicht weit abliegen, so
kann man den Preis sogar einfach im Verhältnis zum Gewicht setzen.
4. Verwendung der Turbinen bei verschiedenen Gefällen. Eine Turbine, die
für ein bestimmtes Gefalle konstruiert ist, kann auch für andere, grössere oder kleinere,
aber nicht zu weit abliegende Gefälle verwendet werden, vorausgesetzt, dass für das
neue Gefalle solche Anforderungen an Leistung und Umdrehungszahl gestellt werden,
dass den nachstehenden Auseinandersetzungen entsprochen wird.
An der in Abb. 317 schematisch dargestellten Turbine lassen sich die Verhält-
nisse leicht erläutern. Aus der Düse strömt das Wasser heraus mit der Geschwindigkeit
von angenähert c0^V2gh. Hat die Düse einen Querschnitt von F0 qm, so ist die
Wassermenge Q = F0 . V2gh cbm/sek. Denken wir uns aber dieselbe Turbine für ein
doppelt so grosses Gefälle b8 = 2h verwendet, so strömt aus F0, l/~ = V2mal so viel
wie früher aus, weil die Geschwindigkeit jetzt V2g(2h) geworden ist. Ähnlich verhalten
sich alle Turbinen, sodass ganz allgemein die Wassermenge Qt für das Nettogefalle Ht
den Wert
besitzt, wenn Qt die Wassermenge für das Gefälle Ht beträgt.
Qt cbm/sek. bei H£ m Gefälle ergeben eine Leistung von rd. Nt = 10 . Qj . Hi, und
Qg cbm/sek. bei H, m Gefälle ergeben dementsprechend eine Leistung von rd. Nt= 10 . Qr Hf.
Die drei letzten Gleichungen ergeben durch Kombination die Leistung Nt der Turbine
bei H, m Gefalle zu
welcher Wert ebenfalls mit dem Rechenschieber leicht ermittelt werden kann.
Ebenso wie die Wassergeschwindigkeiten proportional VH sind, so sind es auch
die Umfangsgeschwindigkeiten, sodass die Umdrehzahl n, einer Turbine bei Hf m
Gefälle _
**=y^.nt (6)
beträgt, wenn nt die Tourenzahl bei Hx m Gefalle ist.
Es ist notwendig, dass Wassermengen, Leistungen, Umdrehzahlen und Gefälle sieb
zueinander wie obenstehend verhalten, damit die Turbine bei Hs m ebenso günstig arbeite
wie bei Ht m Gefälle ; kleine Abweichungen jedoch sind zulässig. Die angegebenen Be-
ziehungen gelten für alle Turbinensysteme, unter Ht und Hf immer die effektiven oder
Nettogefälle, s. Abschn. 11, verstanden.
§ 5.
Turbinen.
959
Abb. 321.
UW
Beispiel: Eine Turbine, die bei 8 m Gefälle 200 PS« bei 125 Uml./Mm. leistet und dabei
2,84 ebm/sek. Wasser verbraucht, wird bei 5,5 m Gefälle 114 PS« bei 104 Ural. Mio. leisten und dabei
1,94 ebm/sek. verbrauchen.
5. Saugrohrwirkung und zulässige Saughöhe. Die Wirkung des Saugrohres
beruht auf dem Unterdruck (unter dem atmosphärischen Druck), der in dem gehobenen
Teil eines Gefasses entsteht, das mit Wasser gefüllt ist und unter Wasser ausmündet
(Abb. 321).
Der Unterdruck oder absolute Druck an einem beliebigen um h8 über dem Unter-
wasserspiegel liegenden Punkt ist dann (a — hB), worin a der Atmosphärendruck ist, der
bei gewöhnlichem Barometerstand am Meer 10,33 m, also im allgemeinen etwa 10 m
Wassersäule entspricht. Da der absolute Druck bis auf Null
herabsinken kann, so kann man theoretisch Saughöhen bis
10 m ausnützen. In der Praxis muss man aber schon früher
halt machen.
Teilen wir das Nettogefälle H in das Druckgefälle hd
vom Oberwasserspiegel bis zu einem Punkt unmittelbar unter
dem Laufrad und in das Sauggefälle h., von diesem Punkt bis
zum Unterwasserspiegel (Abb. 321), so ist der für den Durch-
fluss durch die Turbine und die Kraftabgabe massgebende
Druckunterschied
(a-J-hd)-(a-h.) = hd + b. = H, (7)
also gleich dem Nettogefälle. In bezug auf die Kraftgewinnung
ist somit das Sauggefälle dem Druckgefalle gleichwertig. Man
darf deshalb eine Überdruckturbine ohne Einbusse an Gefalle,
Leistung oder Wirkungsgrad um eine gewisse, im folgenden bestimmte Höhe über dem
niedrigsten Unterwasserspiegel aufstellen, wovon in der Praxis ausgiebiger Gebrauch
gemacht wird.
Ursprünglich wurden die Saugrohre zylindrisch ausgeführt und nur in der Absicht
verwendet, die Turbinen hochwasserfrei aufzustellen und Schwankungen des Unterwasser-
spiegels auszunutzen. Später wurde ein weiterer Zweck damit verfolgt. Statt zylindrisch
wurde das Saugrohr schwach konisch mit nach unten zunehmendem Dm. ausgeführt.
Bei zweckmässiger Konizität wirkt dann das Saugrohr derart, dass als Abflussverlust
Co*
aus der Turbine nicht derjenige aus dem Laufrad, ~ (s. Einleitung), sondern derklei-
s g
c*
nere Verlust ~ (Abb. 321) in Rechnung kommt, was den Wirkungsgrad der Turbine
*g
etwas verbessert.
Die Bestimmung der zulässigen Saughöhe hat unter Berücksichtigung dieser
konischen Gestaltung des Saugrohres zu geschehen. Man denke sich ein horizontal
liegendes , schwach konisches Rohr von Wasser durchflössen (Abb. 322), welches den
Querschnitten entsprechend an der engen Stelle die grosse Geschwindigkeit c, hat, die
allmählich auf die kleinere Geschwindigkeit c8 abnehme. Mündet die weite Öffnung in
die Aussenluft aus, so herrscht an dieser Stelle der Atmosphärendruck a. Die dem
Wasser an der Austrittsstelle innewohnende Energie (a+^3 1 müssen wir nun an jeder
Stelle des Rohres wiederfinden. Denn vorläufig sei von Reibungsverlusten abgesehen,
und eine Verminderung oder Vermehrung der Energie tritt bei horizontal liegendem Rohr
960 III. Theodor Koehh. Ausbau vok WiWMOlWPt. KnrxKiJOKmar.
Dicht ein. Folglich mau die Summe aus Druck (pO und Geschwindigkeitshöhe (a*-) **> dw
Stelle 2 gleich sein der obengenannten Energie:
daraus
Der absolute Druck p' an der engen Stelle ist somit infolge der Konizität des Rohres
kleiner als der Atmosphärendruck geworden, was er bei zylindrischem Rohr nicht ge-
wesen wäre.
Denkt man sich nun weiter das enge Ende dieses Rohres nm b. m in die Höbe
gehoben (Abb. 323), so ist klar, dass dadurch eine weitere Verringerung des absoluten
Druckes um die Höhe b, stattfindet, sodass nunmehr der absolute Druck an dieser Stelle
c t ,. i
p = » — ---3— h,<a — h» beträgt.
l%
Findet aber ein 'Widerstand gegen das Ans- oder Durchströmen des Rohres statt,
was immer der Fall sein wird (Reibung), so ist zur Oberwindung desselben eine Höbe
bw erforderlich, welche den absoluten Druck wieder vergrössert, sodass p in Wirklichkeit
- I - I
Abk. 822. Abb. 828. p = a — 2g — b. + hw (8)
betragt. Man wird aber immer bestrebt sein,
hw im Interesse eines guten Wirkungsgrade!
möglichst klein zu halten, sodass von seiner
Berücksichtigung meistens abgesehen werden
kann. Durch eine solche Vernachlässigung wird
auch nur eine Sicherheit der Rechnung gegen
die ans zu hoher Sanghöhe entstehenden Übelstande (Gefällsvertust und unstetiger
Betrieb) eingeführt.
Hit dem absoluten Druck, an der höchsten Stelle des Sangrohres gleich Null ge-
setzt, würde man aus Gleichung 8 die theoretisch maximale Sanghöhe erhalten.
Aber mit p gleich 1,5 bis 2 m gesetzt, was praktischen Ausführungen entspricht,
bestimmt sich die maximale, zulässige Saughöhe zu
b. = .-5!~''-l,6bi8 2. (9)
Zu dieser Formal int au bemerken, dass sie nur so luge gilt, als die Geschwindigkeit (Cji »■
höchsten Punkt so gross ist, dass die im Wasser enthaltene und in dem partiellen Vakuum «ich u»
scheidende Luft Tom Wasser wieder mitgerissen nnd abgeführt wird. Bei den meisten Turbinen trift
dieses bei den grosseren Beaufschlagungen (Belastungen) ja auch zu, bei den kleineren Beaufschlagung«
aber häufig nicht mehr, sodass, wsnn es im allgemeinen als Regel gilt, dsss kleine Sangkskea
tunlichst anzustreben sind, dieses dann ganz besonders für solche Turbinen gilt, die mit stark ab-
nehmender Belastung arbeiten müssen. Da somit die zulässige Saughöhe mit der Konafanttwi
der Turbine in innigstem Zusammenhang steht, so sollte bei der Projektierung tob Turbine nan lag»
keine Sanghöhe von mehr als 6—6 m festgelegt werden, bevor mit deu in Aussicht genommenen Turbines-
lieferantan Rücksprache genommen ist
Die Saugrohre Bind derart auszuführen, dass kein Eindringen von Luft stattfinden
kann, sonst wird die Sangwirkung abgeschwächt, wodurch Verlust an Leistung and Nutz-
effekt entsteht. Zu dem Zweck müssen sie etwa 300 bis 400 mm unter dem tiefsten
Unter Wasserstand eintauchen. Je höher das Sauggefälle, um so leichter entsteht
§ 5. Turbinen. 961
die Gefahr, dass Luft eindringen kann; die Stelle der Undichtigkeit ist schwer aufzu-
finden, da kein Wasser ausspritzt, sondern eben Luft eintritt. Zum Untersuchen , ob das
Saugrohr richtig funktioniert, bringt man es an einem hochgelegenen Punkt mit einem
Vakuummeter in Verbindung. Dasselbe sollte nun ein Vakuum anzeigen, das grösser ist,
als der Höhenunterschied zwischen dem angebohrten Punkt und dem Unterwasserspiegel.
Die Saugrohre funktionieren am sichersten, wenn sie unmittelbar hinter der
Turbine möglichst senkrecht sind. Muss ein Saugrohr von der Turbine entfernt aus-
münden, so sollte man es deshalb zuerst möglichst senkrecht hinunter, dann horizontal
nach der Seite fahren (Taf. VII, Fig. 1 und Taf. XV, Fig. 3). Der obere gusseiserne
Teil des Saugrohres wird an das Fundament solid befestigt und trägt das Leitrad. Die
Fortsetzung des Saugrohres besteht entweder aus einem konischen Blechrohr oder einem
Betonschacht. Das erstere ist kräftig zu befestigen und sollte in einen geräumigen
Unterwasserkanal ausmünden , damit das Wasser ohne Widerstände (Stauung) abfliessen
kann. Der Abstand von Unterkante Saugrohr bis zur Sohle der Unterwasserkammer
sollte etwa gleich dem unteren Dm. des Saugrohres bis herab zu */* dieser Strecke sein.
Das Betonsaugrohr gibt ein gutes Fundament für die Turbine ab und gestattet die zweck-
mässigste Überführung des Wassers in den Unterwasserkanal, Paderno, s. Taf. LXIX,
Fig. 5—8, Kykkelsrud, Turbigo u.a.). Bei der Ausführung ist darauf zu sehen,
dass die Geschwindigkeit ganz allmählich abnimmt, und dass scharfe Krümmungen und
Ecken vermieden werden. Die Gesetze, nach denen die Geschwindigkeitsabnahme statt-
finden soll, damit die Saugrohrwirkung richtig erfolge, sind noch nicht erforscht. Lineare
Abnahme scheint gute Resultate zu ergeben.
Beispiel: Es soll für 40m Gefälle ein Vorprojekt einer Turbine von 8000 PS« mit 175 UmL/Min.
gemacht werden. Wegen schwankenden Unterwasserspiegels soll die Turbine so hoch als zulässig auf-
gestellt werden. Die Charakteristik der Turbine betrogt: kx == -^-~\/ -= = 95. Es kann also eine
Einzel-Francisturbine ▼erwendet werden. Eine ahnliche Turbine wäre die der Anlage Morbegno (vergl.
Taf. LXX) und die Anordnung derselben sei auch für dieses Projekt als zweckmässig angenommen. Die
Morbegnoturbine leistet 2000 PS« mit 150 UmL/Min. bei 80 m Gefälle. Ihre Charakteristik ist somit 96
und die neue Turbine kann deshalb nach diesem Vorbild angenommen werden. Das Grftssenverhaltnis
beider Turbinen ist nach Abschnitt 3, l/r~.J =0,99 £ß 1,0, also kann die gleiche Turbine vorgesehen
werden, allerdings wegen des höheren Gefälles und der grosseren Leistung mit schwererem Spiralgehäuse
und stärkerer Welle. Eine Umrechnung der Morbegnoturbine auf 40 m Gefälle nach Abschnitt 4 wird
natürlich auch eine Leistung von 8000 PS« bei 175 UmL/Min. ergeben.
Aus der Zeichnung der als Vorbild gewählten Turbine geht hervor, dass die Saugrohrdurch-
messer oben 1800 mm, unten 2000 mm sind. An Hand der Gleichung 9 ist nun die zulässige Saughohe
zu bestimmen. Vorerst muss die Wassermenge bestimmt werden. Dieselbe ist nach Gleichung 2 rd.
Q === in äi\ == ? »*> cbm/sek., somit ist die Geschwindigkeit c, = — l — = 5,6 m und Cg = — '- — = 2,4 m.
1Ü.4Ü ^iftt J* ot
Die zulässige Saughohe ist dann:
Die vorstehenden Auseinandersetzungen beziehen sich auf die Saugrohre der
Francisturbinen. Saugrohre für Druckturbinen sind unter dem Abschnitt Peltonturbinen
gebracht.
6. Die Francisturbine verdankt ihre grosse Verbreitung der ausserordentlichen
Anpassungsfähigkeit an die verschiedensten Anforderungen. Sie wird gebaut für Gefälle
zwischen 1 und 130 m (vergl. Schweiz. Bauzeitg. 1904, S. 227). Sie kann so konstruiert
werden, dass sie bei niedrigen Gefallen schnell d. h. mit hoher Umdrehzahl, und auch so,
Handbuch der Ing.-WisMnaeh. ML Tau 1& Bd. 61
962 XU. Thbodok Koshs. Ausbau vom Wasörrcrafte». Edizklhbjtks.
dass sie bei hohen Gofallon langsam läuft, wu beides gewöhnlich den Anfordeumfn
der Praxis entspricht. Sie hat einen guten Wirkungsgrad und lässt sich für veränderlichen
Wasser- und Kraftverbrauch gut regulieren, ohne dass der Wirkungsgrad dabei wesent-
lich beeinflnsst wird. Die Grenzen, innerhalb welcher diese vorteilhafte ReguUerfahigkeit
vorhanden ist, sind etwa halbe Beaufschlagung bis volle. Weil sie eine Überdruckturbine
ist, und man sie deshalb mittelst eines Saugrohres über dem Qnterwasserspiegel auf-
stellen kann, ohne dass dabei etwas an Gefälle oder Wirkungsgrad geopfert wird, so
können die Turbinen selber wie die angekuppelten Maschinen mit horizontaler Achse
Abb. 824. Schnitt und Qrandri» einer Abb. 825. Zodels Regulierschieber.
nnd doch hochwasserfrei aufgestellt werden. Abb. 324 zeigt Schnitt und Grundrist tm
Leit- und Laufrad. Das Wasser wird durch die Leitschaufeln radial in das Laufrad
hineingeführt nnd verlaset dasselbe zum Teil axial, zum Teil radial. Das Saugrohr
schliesst sich an das Laufrad an nnd führt das Wasser nach dem Unterwasserspieiel
ab. Die gezeigten Leitschaufeln sind um Zapfen drehbar und werden mit einem Mecha-
nismus, der von einer oder zwei Regulierwellen betätigt wird, zu gleicher Zeit verdreht
Der Wasserzufluss zum Laufrad wird dadurch reguliert, weil die Durchnussöffnnngsn
durch die Verstellung vergrössert oder verkleinert werden.
Die in Abb. 324 gezeigte Finksche, Regulierung, bei der die ganze Leitschsaf«!
gedreht wird, wird am häufigsten verwendet und hat die besten Resultate, besonder»
bei niedriger Beaufschlagung, ergeben. Abb. 325 zeigt den Zodelschen Regaber-
schieber. Samtliche Leitschaufeln sind durch einen Schnitt konzentrisch zum Laufrad-
durchmesser in zwei Teile geteilt, in einen äusseren, feststehenden Teil nnd in onan
inneren, um die Turbinenachse drehbaren Teil a. Durch Drehung des letzteren wird die
Grosse sämtlicher DnTchflossqnerschnitte beeinflnsst Damit gute Wasserführung bei
kleinen Öffnungen gewahrt bleibe, ist die Rückseite der feststehenden Schaufeln mit in-
S 5.
Turbinen.
963
geschraubten Blechfährungen c versehen, die in die Zwischenräume des drehbaren Schaufel-
ringes hineinragen. Taf. LXHI, Fig. 1 zeigt den Sc haad sehen Leitapparat. Auch
dieser besteht aus einem feststehenden und einem beweglichen Schaufelteil. Der erstere
bildet die eigentliche Leitschaufel , der zweite ist eine um Zapfen drehbare Regulier-
zunge, welche von einem gemeinsamen Regulierring angetrieben wird. Taf. LXV, Fig. 1
zeigt die sogenannte Spaltschieberregulierung. Der Schieber ist ein dünner guss-
eiserner oder bronzener Zylinder, der zwischen Leitrad und Laufrad eingesteckt ist. Durch
axiales Verschieben desselben werden die Durchflussöffnungen in ihrer Grösse verändert.
Bei niedrigen Gefallen werden die Leitschaufeln aus Gusseisen, bei grösseren Ge-
fällen und bei unreinem Wasser (Holz, Steine) aus Stahlguss hergestellt.
Unter den Laufrädern sind ebenfalls verschiedene Typen entstanden, je nach den
verschiedenen Querschnittsverhältnissen. In Abb. 326 bis 328 ist ein Schnitt durch
Abb. 326. Schnelläufer.
Laufradtypen
Abb. 327. Normale Francisturbine.
Abb. 328. Langsamllufer.
>*£3䣣££
drei Laufräder für den gleichen Dm. aufgezeichnet. Abb. 326 ist ein ausgeprägter
Schnelläufer mit einer Charakteristik von etwa 300. Kennzeichnend ist die im Verhältnis
zum Dm. sehr grosse Breite am Eintritt und die starke Erweiterung der Schaufel nach
dem Saugrohr zu Diese extremen Verhältnisse sind begründet in der grossen Schluck-
fähigkeit dieser Turbinen, welche, wie a. a. 0. bereits erwähnt, hauptsächlich bei kleinen
Gefällen (rd. 1 bis 10 m) angewendet werden, weil sie bei verhältnismässig grosser Kraft-
leistung eine recht hohe Umdrehzahl aufweisen. Die Erweiterung nach dem Saugrohr
wird vorgenommen, damit das Wasser mit kleiner Geschwindigkeit d. h. kleinem Ab-
flussverlust das Laufrad verlässt. Abb. 327 stellt ein normales, modernes Francislauf-
rad mit einer Charakteristik von etwa 150 dar. Da die Schluckfähigkeit desselben be-
deutend geringer ist als diejenige des Schnelläufers, so ist die Eintrittsbreite klein,
und der Saugrohrdm. kleiner als der Eintrittsdm. gehalten. Solche Typen werden für
mittlere Gefalle (rd. 10 bis 50 m) verwendet. Abb. 328 zeigt einen Langsamläufer mit
einer Charakteristik von etwa 50, wie sie bei hohen Gefallen (rd. 75 bis 130 m) und
grossen Leistungen verwendet werden. Kennzeichnend ist die sehr kleine Eintrittbreite
und die schlanke Überführung des Wassers nach dem kleinen Saugrohr. Das gezeich-
61*
964 IIL Theodor Kokhn. Ausbau von WabbebkbIftev. Edtzblüküikv.
nete Laufrad ist als Doppelrad ausgebildet, damit die recht beträchtlichen axialen
Schübe aufgehoben werden. Bei 100 m Gefalle würde ein Rad von dieser Konstruktion
mit 1000 mm Eintrittsdm. etwa 1000 PS« pro Kranz (das Doppelrad also 2000 PSJ bei
etwa 500 Umdrehungen leisten. Die Charakteristik ist also k* = -jtü^ "]/-= = 50.
Das Laufrad ist meistens aus Gusseisen, häufig sind aber die Schaufeln ans
gepresstem Blech hergestellt, die dann in die Nabe und den Ring eingegossen sind.
Bei hohen Gefällen werden die Laufräder mitunter aus Bronze oder sogar aus Stahlguss
hergestellt.
Ob man Einzel-, Doppel- oder mehrfache Turbinen verwenden soll, hangt von der
gewünschten Tourenzahl, von den Kosten, sowie von dem angestrebten Nutzeffekt ab,
vergl. Abschn. 3. Die Einzelturbine ist am billigsten. Der auftretende axiale Druck
des Laufrades wird durch ein Kammlager oder Spurlager aufgenommen. Die Doppel-
turbine bat den Vorteil, dass normalerweise keine axialen Drucke auftreten, da der
Druck, der von dem einen Laufrad entsteht, von dem anderen aufgehoben wird.
Trotzdem wird eines der Lager als Kammlager ausgebildet, da durch Verstopfungen, Ver-
schleiss usw. ein einseitiger Druck auftreten kann. Die Doppelturbine hat einen etwas
höheren Wirkungsgrad als die gleich starke und gleich schnellaufende Einzelturbine, weil
die Reibungsarbeit auf den Spurzapfen wegfällt, weil pro Laufrad nur die halbe Wasser-
menge kommt und die Querschnittsverhältnisse hierfür günstiger gestaltet werden können.
a) Francisturbinen in offenem Schacht. Bei niedrigen Gefallen (1 bis
16 m) kann die Francisturbine in einem offenen Schacht aufgestellt werden, cL h. der
Oberwasserkanal wird hinter dem Rechen erweitert und vertieft, und die Turbine wird
in dem so gebildeten Schacht aufgestellt , wobei das Wasser dem Leitapparat von allen
Seiten zufliesst. Es ist bei dieser Aufstellung darauf zu achten, dass die Turbine tief
genug angebracht wird, sonst kann Luft mit in die Turbine hineingesaugt werden,
wodurch Arbeitsleistung und Wirkungsgrad stark geschädigt werden. Zwischen Ober-
wasserspiegel und Oberkante Leitrad sollte man bei mittelgrosser vertikalachsiger Turbine
mindestens 1,5 m Entfernung haben, bei horizontaler Aufstellung etwa das Doppelte.
Vertikal turbinen. Bei Gefallen zwischen etwa 1 und 5 m wird die Francis-
turbine meistens mit vertikaler Welle angeordnet. Ist die Arbeitswelle horizontal, was
am häufigsten der Fall ist, so wird die Kraft von der Turbinenwelle mittelst eines konischen
Zahnräderpaares an dieselbe übertragen. Pas Gewicht der vertikalen Welle mit dem
Laufrad und dem einen Zahnrad sowie auftretende Kräfte, die vom Wasser und den
Zahnrädern herrühren, müssen von einem Spurlager aufgenommen werden, welches ein
wichtiges Detail der Turbine bildet. Dasselbe muss bequem zugänglich (für Wartung,
Reinigung) und so fest gelagert sein, dass keine Vibrationen auftreten können.
Eine solche Turbine ist in Taf. LXI, Fig. 1 u. 2*) dargestellt, Anlage Stuttgart-
Marbach. Die Turbine ist auf der Sohle des Schachtes aufgestellt, in welchem ein
gusseiserner Fundamentring eingemauert ist. Dieser Ring hat in der Mitte ein Trag-
kreuz, auf das sich eine schmiedeiserne Tragstange stützt. Die Tragstange steht fest
und ist oben mit einem Spurlager versehen, welches die sie umgebende hohle, gusseiserne
Turbinenwelle trägt.
Behufs Montage und Besichtigung ist eine Öffnung im Mauerwerk vorgesehen, die
mit Steigeisen zum bequemen Befahren versehen ist. Das Wasser verlässt die Turbine
durch das Saugrohr, welches hier in Beton ausgeführt ist und direkt in den Unter-
*) Einer Broschüre der E.-A. vorm. Sehackert <fc Co. entnommen.
§5. Turbinen. 985
wasserkanal ausmündet. Vermittelst des Sangrohres konnte die Turbine ohne Nachteil
über dem höchsten Unterwasserspiegel aufgestellt werden, sodass sie, nachdem der Zu-
fluss abgesperrt ist, trocken gelegt werden kann. Eonische Zahnräder überführen die
Kraft auf die horizontale Welle , die mittelst einer Zodelkuppelung mit der Welle der
Dynamomaschine verbunden ist.
Eine andere, ganz ähnliche Anlage zeigt Taf. LXI, Fig. 3 und 44), Anlage Winters-
hall-Lengers. Während bei der vorigen Turbine das grosse Zahnrad über der
horizontalen Welle angebracht war („Obergriff"), ist es hier unterhalb derselben ange-
bracht („Untergriff"). Die letztere Anordnung ist besonders dort zu finden, wo mehrere
vertikale Turbinen eine gemeinsame horizontale Welle treiben. Um die hohe Tourenzahl
der gewählten Dynamomaschine zu erreichen (600 Uml./Min.), wurde von der hori-
zontalen Vorgelegewelle aus eine weitere Übersetzung durch Riemenübertragung erzielt
Bei Gefällen über etwa 5 m sucht man die Turbine mit horizontaler Welle
anzuordnen. Wenn die Turbine eine Einzelturbine (Turbine mit nur einem Leit- und
Laufrad) ist, so ist die horizontale Aufstellung auch meistens angängig. Muss man aber
zum Zweck einer hohen Umdrehungszahl eine mehrfache Turbine anwenden, so fällt
die Turbine dadurch in der Richtung der Welle sehr lang aus. Eine Folge hiervon ist,
dass die Grundfläche der Anlage ebenfalls gross ausfallt, und dass grosse Erdmassen
ausgehoben werden müssen, weil Horizontalturbinen tief aufzustellen und die Saugrohre
unter dem Maschinenhaus hinwegzuführen sind (vergl. Anlage Wangen, Taf. XXIII,
Fig. I und 2). Wo die örtlichen Verhältnisse dieses nicht gestatten, geht man auch
bei Gefällen von mehr als 6 m zu einer vertikalachsigen Turbine über. Yertikalachsige
Anordnungen sind auch dort notwendig, wo der Unterwasserspiegel sehr stark schwankt
und die Forderung aufgestellt wird, dass die Dynamomaschine über dem höchsten Unter-
wasser liegen soll.
Eine vertikale Turbine ist in Tafel LXII, Fig. 1 — 3ft), Anlage Hagneck dar-
gestellt, vergl. auch Taf. XXXIII, Fig. 1—5. Das Gefälle schwankt zwischen 5,8 und 9 m.
Die Leistung jeder Turbine beträgt 1300 PSe normal, 1500 PS« maximal. Die Um-
drehzahl ist 100 pro Min. Die Charakteristik der gesamten Turbine beträgt
bei dem hohen Gefälle und
, 100-1/1500 0_
kK = ^l/P = 400
5,8 V V5,8
beim kleinen Gefälle. Da in dem letzten Fall vier Räder beaufschlagt werden, ist
400
die Charakteristik von einem Leit- und Laufrad : -=r- = 200.
V4
Da es sich hier, wenigstens zur Zeit der Ausfuhrung dieser Anlage, um eine
grosse Leistung bei hoher Umdrehzahl und kleinem Gefalle handelte, so schritt man zur
Ausführung von vierfachen Turbinen, und um an Grundfläche zu sparen, führte man
dieselben mit stehender Welle aus. Die Leiträder und Saugkessel ruhen vermittelst
Säulen auf einer gasseisernen Bodenplatte auf, und die Kessel sind mit der Hauer
kräftig verschraubt. Die Welle mit den vier Laufrädern und dem Rotor der Dynamo-
maschine werden von dem auf dem Zwischenboden befindlichen Ringspurlager getragen.
*) Ans W. Wagenbach, .Turbinenanlagen«, Taf. IV.
A) Aus H. Rupp, „Das Elektrizitätswerk Hagneck ■, Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing.f 1901,
S. 987 u. ff.
966 m. Theodor Kokhh. Ausbau vom WasseucrIftkn. EmEUHBrnar .
Man findet auch Anlagen, wo das Spurlager auf dem Tragkreuz der Dynamomaschine
ruht, wobei der Zwischenboden in Wegfall kommen kann. Man hat dadurch tot allem
erreicht, dass das der Wartang und Besichtigung bedürftige Spurlager im Maschmensaal
angebracht ist Die Leitrader sind mit drehbaren Schaufeln versehen (rergl. Taf. LXHI,
Fig. 1), und mit drei voneinander unabhängigen Regulierwellen verstellbar, sodass einsehe
Krause vollständig abgeschlossen werden können, wenn wenig Wasser vorhanden ist
Zur bequemen Besichtigung der oberen Leiträder sind dieselben mit Galerien umgeben.
Mannlöcher in den Kesseln gestatten Besichtigung der Laufräder. Der Ablauf des
Wassers findet durch zwei Saugrohre, die in Beton ausgeführt sind und sich zu einem
einzigen vereinigen, statt. Dm an Höhe zu sparen, sind die Laufräder ziemlich nahe
aneinander gerückt worden ; um aber dennoch genügend reichlich bemessenen Abfiuss n
erhalten, wurden die Saugkessel mit einem rechteckigen Querschnitt ausgeführt (etwa
1,25.5 = 6,25 qm).
Ähnliche Anlagen sind auch in Rheinfelden (Taf. XLVQ, Fig. 5 u. 6) und
Beznau (Taf. LXIII, Fig. 1—3 und Taf. XXIV)6) ausgeführt worden.
Horizontalturbinen. Wie bereits erwähnt, findet bei Gefällen über ca. 5m
die horizontale Aufstellung am häufigsten Verwendung, wodurch die einfachste und
sicherste Übertragung der Kraft stattfindet. Bis zu etwa 15 m Gefalle kann die Turbine
in einem offenen Schacht angebracht werden. Wenn etwa 6 m hiervon als Sauggefalle
ausgenützt werden, so entfallen auf den Schacht der Druckseite 9 m, vergl. Taf. XV,
Fig. 3 u. 4 Während bei vertikaler Anordnung das Maschinenhaus über dem Schacht
gebaut ißt, und die Turbinen somit vom Laufkran des Maschinenhauses bestrichen
werden können, so ist dieses bei horizontaler Anordnung nicht mehr der FalL Denn
hier wird das Maschinenhaus neben dem offenen Schacht angebaut und enthält nur die
angetriebenen Maschinen, deren Wellen vermittelst Stopfbüchsen durch die Wand des
Schachtes hindurchgehen. Zur Montage und Demontage der Turbinen bedient man sich
in solchen Fällen entweder gewöhnlicher Flaschenzüge, die an Gerüsten angebracht Werden
oder besonderer über den Turbinen angebrachten Krane (vergl. die Anlage Lech werk-
Gersthofen, Taf. XLV, Fig. 4). Von den Traglagern ist gewöhnlich nur eines während
des Betriebes zugänglich, die anderen müssen wasserdicht abgeschlossen und mittelst
langer Rohre geschmiert werden.
Taf. LXVII, Fig. 2 *), stellt eine horizontalachsige Einzelturbine in offenem Schacht
dar, Anlage Glattfelden. Im Boden und in der Wand sind kräftige Fundamentringe
eingemauert, an welche die Turbine angeschraubt ist Zur Aufnahme des axialen
Schubes des Laufrades dient ein Kammlager. Die Regulierwelle geht mittelst einer
Stopfbüchse durch den Mauerring und wird aussen vom Regulator betätigt.
Taf. LXIX, Fig. 1—4 *), stellen eine horizontalachsige Doppelturbin* in offenem
Schacht dar, Anlage Borstendorf. Bemerkenswert sind die Aussparungen in der
Sohle der Turbinenkammer, wodurch der unteren Partie der Leiträder das Wasser mit
geringer Geschwindigkeit zufliessen kann.
Taf. LXVIIP) stellt eine ähnliche Turbine dar, Anlage Lechwerk-Gersthofen.
Bai de Hauptlager sind durch Schalung des gangbaren Kanales unter dem Ober-
«) Aus E. Reichel, .Turbinenbau auf der Weltausstellung in Paris 1900". Zeftschr. d. V«.
deutscher Ing. 1901. S. 1564.
?) Aus W. Wagenbach, ,Turbinenanlagen\ Taf. XVI.
«) Ans W. Wagen b ach, »Turlrinenanlagen", Taf. XVIU.
9) Aus Kurt Meyer, .Das Elektrizitätswerk Oersthofen am Lech". Zeitschr. d. Ter.
deutscher Ing. 1908. S. 1109.
f ö.
TUBBIHEN.
967
wasserkanal während des Betriebes zugänglich gemacht worden , was eine teuere, aber
sehr gute Konstruktion ist (vergl. Taf. XLV, Fig. 4).
Taf. LXVII, Fig. 41*), zeigt die Ansicht der Doppeltnrbinen für die Wasserkraft-
anlage Turbigo (Taf. VII, Fig. 1).
Taf. LXVII, Fig. 5 10), zeigt die Ansicht einer vierfachen Turbine für die Anlage
Wangen a. d. Aare. Durch einen eisernen Schacht , der bis zum Oberwasserspiegel
hinaufführt, werden die mittleren Lager wahrend des Betriebes ebenfalls zugänglich ge-
macht (Taf. XXIII, Fig. 2).
Taf. LXVII, Fig. S 10), zeigt die Ansicht einer sechsfachen Turbine für die Anlage
Pasiano.
b) Francisturbinen in geschlossenem Gehäuse. Kann man das Wasser
mittelst eines Eanales an das Maschinenhaus nicht hinleiten, oder ist das Gefälle höher
als etwa 15 m, so stellt man die Turbine in einem geschlossenen Gehäuse auf, dem das
Wasser durch eine eiserne Rohrleitung zugeführt wird. Da die Rohre bequem durch
das Gelände geführt werden können, so hat diese Aufstellung gegenüber der Aufstellung
im offenen Schacht den grossen Vorteil dass man in bezug auf den Platz für die Anlage
Verschiedene Aufstellungen von Keeseltnrbmen mit horizontaler Welle.
Abb. 829. Abb. 880. Abb. 881.
sowie in der Anordnung der Turbinen sehr frei ist. Ferner kann die Turbine im
Maschinensaal selbst, aufgestellt, einer ständigen Beaufsichtigung unterzogen und von dem
Laufkran des Maschinenhauses bestrichen werden.
Während man bei den Turbinen in offenem Schacht die Zuleitung des Wassers
so reichlich bemessen muss, dass geringe Wassergeschwindigkeiten und infolgedessen
geringe Reibungs-, d. h. Gefällsverluste sowie günstige Bedingungen für eine gute Regu-
lierung entstehen, so sind diese Verhältnisse bei den Gehäuseturbinen etwas ungünstiger,
weil man hier im Interesse einer billigen Anlage die Rohr- und Gehäusedimensionen
beträchtlich reduzieren wird.
Die horizontalachsige Aufstellung der Gehäuseturbinen ist die weitaus häufigere.
Bei stark schwankendem Unterwasserspiegel muss man aber auch die Gehäuseturbinen
mit stehender Welle ausführen.
Das Gehäuse, in welchem Leit- und Laufrad, manchmal auch der obere Teil des
Saugrohres, aufgestellt werden, wird aus Eisen (Gusseisen oder Blech), bei hohen Ge-
fällen auch aus Stahlguss hergestellt. Das einfachste Gehäuse ist der Blechkessel, ein
Zylinder, in dem die Turbine mit der Welle parallel zur Zylinderacbse aufgestellt wird.
Der Zutritt kann dabei yon oben, unten oder von der Seite stattfinden (s. Abb. 329 bis
io) Bildstock nach Photographie, welche dem Verf. von der betreffenden Turbinenfinn* tot
Verfügung gestellt wurde.
968. IIL Theodob Koehn. Ausbau von WasserkbIftbn. Edtzelheiteit.
331). Eine andere häufig verwendete Gehäuseform ist das Spiralgeh&use (Taf. LXXI,
Fig. 1 bis 4). Um das Leitrad herum ist ein rohrformiges Gehäuse gelegt, welches der
Wasserentnahme entsprechend einen abnehmenden Querschnitt hat. Von diesem Bohr
tritt das Wasser direkt in das Leitrad hinein. Das Spiralgehäuse kann man so anbringen,
dass der Eintritt in dasselbe von unten, oben oder von der Seite her stattfindet. Das
Spiralgehäuse nimmt wenig Platz ein und vibriert nicht unter dem Einfluss des strömenden
Wassers. Sein Hauptvorteil ist der, dass die Turbine die der Zuflussgeschwindig-
keit, c, entsprechende Geschwindigkeitshöhe, (ö" h fest ganz ausnutzt.
Beide Gehäusekonstruktionen gestatten sowohl vertikal- als horizontalachsige An-
ordnung der Turbine.
Vertikalturbinen. Wegen des sehr schwankenden Unterwasserspiegels wurden
die Turbinen der Anlage Eykkelsrud in Norwegen mit vertikaler Welle angeordnet
Vorläufig sind nur zwei Generatorturbinen ä 3000 PS9 und zwei Erregerturbinen a
280 PS« aufgestellt (Kap. II, 21, S. 490 und Taf. XXXIV, Fig. 7 und 8).
Die eine Generatorturbine, Taf. LXV, Fig. 1 n), ist als Kesselturbine ausgeführt.
Die Leitschaufeln sind feststehend, und ein Spaltschieber reguliert den Wasserzufluss.
Ein Ringspurlager, das auf zwei kräftigen Blechträgern ruht, trägt die Welle, das Laufrad
und den Rotor der Dynamomaschine. Drei Halslager sichern die Welle gegen seitliches
Schwanken. Der Abfluss geschieht durch einen Betonkrümmer.
Die Erregerturbinen sind ebenfalls als Kesselturbinen ausgebildet (Taf. LXVII,
Fig. I)11). Der Leitapparat hat drehbare Schaufeln, das Laufrad ist auf einer hohlen
gusseisernen Welle aufgekeilt , die auf einer Tragstange aufruht. Die Tragstange ruht
auf einem Tragkreuz, das im Saugrohr befestigt ist. Vier Halslager sichern die Welle
gegen seitliches Schwanken. Der Abfluss des Wassers findet durch ein eisernes Saug-
rohr statt.
Die zweite Generatorturbine (Taf. LXV, Fig. 2 und 3) ") ist als vertikale Spiral-
turbine ausgebildet. Das Spiralgehäuse ist in kräftiger Blechkonstruktion gehalten und
besitzt der Festigkeit und guten Wasserführung wegen eine vertikale, spiralförmige
Scheidewand. Der Leitapparat hat drehbare Schaufeln.
In Taf. LXIV, Fig. 3 und 4 u) ist die 5500 PS« Francisturbine der Niagara Falls
Power Co. zur Darstellung gebracht11). Die Turbine mit dem Zufuhrungsrohr und den
beiden Saugrohren ist in einem tiefen Schacht aufgestellt. Die Turbine ist eine Einzel-
Frantisturbine in Kesselgehäuse mit Spaltschieberregulierung und ausnahmsweise mit
zwei Saugrohren ausgeführt. Die lange Welle ist abwechselnd aus kurzen Nickelstahl-
wellen mit angeschmiedeten Flanschen, welche die Führung bilden, und aus Ersparnis-
rucksichten aus langen Blechzylindern hergestellt. Auf einem Zwischenboden unterhalb
der Dynamomaschine ist das Spurlager aufgestellt. Dieser Turbine in Konstruktion und
Einbau ziemlich ähnlich sind die in Taf. LXHI, Fig. 5 und 6") und Taf. LXIV, Fig. 1
und 2") dargestellten 10000 PS, Turbinen der Canadian Niagara Falls Power Co.
n) Aus J. Einback: »Ausnutzung der Wasserkräfte des Glommen« bei Kykkelsrnd*,
Zeitschr. d. Yer. deutscher Ing. 1904. & 624 u. ff.
it) Aus »Neuere Turbinenanlagen", Zeitschr. d.Ver. deutscher Ing., 1901. 8. 1239.
is) Vergl. L. Zodel, 8chweis. Bau. 1902. 8. 67.
14) Aus W. Wagenbach, „Tiirbinenanlagen". Taf. XIV u. XV.
i») Vergl. L. Zodel, »Grosse moderne Turbinenanlagen", Schweif. Bans. 1904. 8. 4 n. ff.
<f ,
§ 5. Turbinen. 969
Der doppelten Kraft entsprechend sind sie aber als Zwillings- d. h. Doppeltnrbinen in
Kesselgehäuse gebaut.
Horizontalturbinen. Die horizontale Aufstellung in Verbindung mit der
Spiralform des Gehäuses hat sich immer mehr eingebürgert und ist diejenige Anordnung,
die beim Entwerfen einer Anlage immer angestrebt wird. Es bestehen Ausführungen
von nur einigen wenigen Pferdestärken "an bis 12000 PS« und mehr und für kleine Gefälle
von 5 m an bis hinauf zu 130 m. Die Anordnung wird mit Einzelturbinen oder Doppel-
turbinen, selten mit Vierfachturbinen angetroffen. Die Doppelspiralturbine wird entweder
mit einem gemeinsamen Spiralgehäuse und zwei getrennten Saugrohren (Taf. XVIII,
Fig. 13) oder mit zwei getrennten Spiralgehäusen und einem gemeinsamen Saugrobr
(Taf. LXXIV) angeordnet.
Die Aufstellungen der Kesselturbinen gehen aus Textfig. 329 bis 331 hervor.
Taf. LXXI16) zeigt eine Einzel-Spiralturbine mit horizontaler Welle für die Anlage
Jajce gebaut. Die Turbine ist ein ausgeprägter Langsamläufer (k* = 43). Der Leit-
apparat hat drehbare Schaufeln, das Laufrad ist separat auf einer Nabe aufgeschraubt.
Vor dem Einlauf in das Spiralgehäuse ist eine Drosselklappe eingebaut, die vom Maschinen-
saal bedient werden kann. Die Welle ist rechts von dem einen Lager (Fig. 1) mittelst
einer Zodelkupplung mit der Dynamomaschine gekuppelt. Fig. 9 zeigt eine Ansicht von
den Leitschaufeln und dem Laufrad, nachdem der Deckel entfernt worden ist.
Taf. LXX17) zeigt eine Turbine der Anlage Morbegno. Die Welle der Dynamo-
maschine trägt in ihrer Verlängerung das Laufrad, der ganze Maschinensatz hat somit
nur zwei Lager. Dadurch ist die Kupplung vermieden, und es entsteht eine sehr ge-
drängte Konstruktion.
Taf. LXXm, Fig. 3 — 518), Anlage Füre et Morge zeigen eine Einzel-Spiral-
turbine mit Regulierung durch einen Spaltschieber, welcher hier von der Saugrohrseite
betätigt wird.
Auf der Taf . LXXIV 1V) ist die 11 340 PS. Turbine für die Ontario-Power Co.
am Niagara dargestellt. Der Zulauf erfolgt schräg von unten durch zwei Spiralgehäuse
aus Blech. In der Verlängerung des Zuflussrohres ist ein Sicherheitsventil angeordnet,
welches dieselbe Aufgabe hat wie der im Abschnitt 12 erwähnte Nebenauslass, nämlich
Drucksteigerungen zu verhüten. Die Leitapparate haben drehbare Schaufeln. Der Wasser-
abfluss geschieht durch ein gemeinsames Saugrobr. Die Welle hat wegen der grossen
Länge drei Lager und ist zwischen den beiden Ästen des Saugrohres in zwei Stücke geteilt.
Taf. LXIX, Fig. 5 bis 8*°) stellen die Turbine für die Anlage Paderno dar.
Der Zufluss erfolgt schräg von unten., das Kesselgehäuse ist zweiteilig. Die Leit-
apparate sind mit dem Zodelschen Regulierschieber versehen. Der Abfluss erfolgt durch
ein Betonsaugrohr, welches dem Unterwassergraben zu gekrümmt ist, sodass das Wasser
ohne Stauung entweichen kann.
16) Ans E. Reich el, »Turbinenbau auf der Weltausstellung in Paria 1900", Zeitschr. d. Ver.
deutscher Lug. 1900, 8. 1856 n ff.
if) Aus Th. Koehn, .Der elektrische Betrieb mittelst Dreiphasendrehstrom auf den italienischen
Vollbahnlioien in der Valtellina*, Juli 1903.
18) Aus Ch, Llpine, ,Les Installations Hydro-lSlectriques de la Soci^te* Füre et Morge", 1903.
19) Ans A. Ungerer, »Deutsche Turbinen am Niagara11. Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing.
1905. 8. 2016.
*o) Ans U. An co na, .Die Kraftübertragung von Paderno nach Mailand". Zeitschr. d. Ver.
deutscher Ing. 1899. 8. 1121, und W. Wagenbach, .Turbinenanlagen11, Tafel XLI n. XLII.
970 III. Theodor Kokhn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Taf. LXXII, Fig. 3 und 4 und Taf. LXXIII, Fig. 1 und 2 ") zeigen eine Kessel-
turbine der Anlage Füre et Morge. Der Zufluss ist schräg von unten angeordnet, der
Leitapparat hat feste Schaufeln und Spaltschieberregulierung, deren Betätigung von der
Deckelseite erfolgt.
7. Die Peltonturbinen werden gebaut für Gefalle von etwa 50 m an bis zu den
höchsten. Das höchste Gefalle, das in einer solchen Turbine ausgenutzt wurde, betragt
zurzeit 920 m. Die Konstruktion der Peltonturbine gestattet bei vorgeschriebener Kraft-
leistung eine weitgehende Rücksicht auf die Tourenzahl. Sie ist mit einfachen Mitteln
regulierbar für veränderlichen Wasser- und Kraftverbrauch, ohne dass der Wirkungs-
grad dabei wesentlich beeinflusst wird. Die Grenzen dieser vorteilhaften RegulierfiLhig-
keit sind etwa halbe bis volle Beaufschlagung. Sie kann sowohl mit vertikaler (z. B.
bei der Anlage Necaxa, vergl. S. 611) als horizontaler Welle aufgestellt werden. Die
letzte Aufstellung kommt aber fast ausschliesslich zur Verwendung.
Die Peltonturbine (auch Peltonrad, Peltonmotor oder Becherturbine genannt) ist
eine Druckturbine und muss deshalb so hoch aufgestellt werden, dass das Laufrad mit dem
Unterwasser nicht in Berührung kommt, weil dieses die Leistung und den Wirkungsgrad sehr
schädlich beeinflussen würde. Wo der Unterwasserspiegel stark variiert, gehen somit
bei niedrigen Wasserstanden mehrere Meter von dem Gefälle verloren. Bei recht hohen
Gefallen macht dieses prozentual nur wenig aus. Eine Anwendung des Saugrohres ist
auch bei den Peltonturbinen angängig, wird aber selten ausgeführt. Während im Sang-
röhr der Francisturbinen das Unterwasser bis zum Laufrad hinaufgehoben wird, so darf
im Saugrohr der Peltonturbinen das Unterwasser nur bis etwa 1 m unterhalb des
niedrigsten Punktes des Laufrades hinaufsteigen. Der Niveauunterschied zwischen dem
Unterwasserspiegel im Saugrohr und demjenigen ausserhalb des Saugrohres bewirkt einen
Druckabfall in dem Raum, in welchem sich das Laufrad und die Einlaufdüse befindet
sodass der absolute Druck an dieser Stelle kleiner wird als der äussere Luftdruck. Die
Folge hiervon ist, dass das Wasser aus dem Leitrad mit einer gesteigerten Geschwindig-
keit herausfliesst, was eine Steigerung der Turbinenleistung mit sich bringt. Damit nun
das Unterwasser im Saugrohr höher stehe als der aussenliegende UnterwasserspiegeL
muss das Gehäuse gegen die Aussenluft abgeschlossen sein, und die Unterkante des
Saugrohres muss unterhalb des niedrigsten Wasserspiegels ausmünden. Es muss aber
in den luftverdünnten Raum doch stetig etwas Luft hineingelassen werden, weil das die
Laufradschaufeln verlassende Wasser fortwährend Luft mitreisst und zum Saugrohr hinaus-
führt. Zu dem Zweck wird das Gehäuse durch einen Hahn gelüftet, der selbsttätig so viel
Luft zuführt, wie vom Wasser jeweilig abgeführt wird, sodass der Unterwasserspiegel iß
Saugrohr auf gewünschter Höhe stehen bleibt. Der genannte Lufthahn wird zu diesem
Zweck von einem Schwimmer betätigt, der die Variationen des Unterwasserspiegels mit
macht. Die Saugrohre der Peltonturbinen werden so gross ausgeführt, dass die Wasser-
geschwindigkeit klein ausfallt, und die bei Francisturbinen übliche Eonicität derselben
wird nicht verwendet.
In Abb. 332 **) ist eine einfache Peltonturbine dargestellt, wie sie ursprünglich
von Pelton konstruiert wurde. Sie besteht aus dem Einlauf mit dem Rohransclilns
und der auswechselbaren Düse mit kreisrundem Querschnitt (d. h. Leitapparat) und der
Reguliervorrichtung. Diese ist hier als eine Nadel ausgebildet, die in die Düsenöffnung
»i) Aas Ch. Lupine, „Les Installation* Hydro-Äleclriques de la Socteto Fnre et
Morge". 1903.
*2) Zeichnung aus „Hütte44.
§ 5. Turbinen. 971
mitteist Handrades oder auch mittelst eines automatischen Regulators hineingeführt wird
and dadurch den Durchflussquerschnitt ändert. Bei zweckentsprechender Ausbildung
dieser Düse und der Nadel lassen sich günstige Wirkungsgrade auch bei kleiner Beauf-
schlagung erreichen. Gegenüber anderen Konstruktionen hat die gezeigte Düse den
Vorteil, dass kein Wasserverlust infolge von Undichtigkeiten entsteht. Das aus der
Düse mit der Geschwindigkeit von angenähert V2gH austretende Wasser strömt nun
gegen die auf der Nabe sitzenden Lauf radaclmu fein , die in der Form eines Doppel-
bechors gestaltet sind. Die Form des Doppelbechers bedingt in der Mitte eine scharfe
Schneide, welche den Wasserstrahl in zwei gleiche Hälften teilt. In jeder Hälfte werden
nun die Geschwindigkeit und die
Richtung des Wassers allmähüch Abb" m- M"teH,fc
geändert, sodass es die Schanfel
mit kleiner Geschwindigkeit in
axialer Richtung verläset. Darauf
strömt das Wasser gegen die Wand H
and sinkt derselben entlang nach
dem anter der Turbine befind-
lichen Unterwasserkanal. Welle,
Lager und Gehäuse vervollstän-
digen die Turbine. Aus der Dop-
pelanordnang der Laufrad-Schanfel
folgt, dass normalerweise kein einseitiger axialer Schub der Welle auftritt
Taf. LXSVI, Fig. 4 bis 6 zeigen einen Einlauf mit Düse von rechteckigem Quer-
schnitt und Regulierung durch eine Zunge. Die Zunge ist um einen Zapfen drehbar
und wird von dem Regulator
dem Kraftbedarf entsprechend
verstellt.
Abb. 333") zeigt einen
Einlauf mit rechteckigem Quer-
schnitt nebst Regulierung. Auf
der Aussenseite der Düse be-
findet sich eine um Zapfen
drehbare Blende, die je nach
ihrer Stellung die Grösse des
Ausflussqnerschnittes ändert.
In der Abbildung ist die Blende
ganz heruntergelassen, die Düse
also geschlossen.
Abb. 334") stellt eine
Peltonschaufel in perspek-
tivischer Ansiebt dar. Die mittlere Schneide, die den Wasserstrom in zwei Hälften teilt,
sowie die beiden zylinderförmigen Flächen, an denen das Wasser entlang fliesst, sind
recht deutlich ersichtlich. Diese Schaufeln werden meist einzeln hergestellt, bearbeitet
und dann auf der Laufradscheibe befestigt. Sie werden bei kleineren Gefallen aus Guss-
eisen, bei hohen Gefällen oder bei unreinem Wasser aus Bronze oder sogar Stahl-
guss gemacht.
*s) Abb. aas W. Malier, Francistorbinen.
**) Abb. ans W. Müller, Francisturbinen,
972 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Löffelturbinen sind ebenso wie die Peltontnrbinen nach dem Aktion»- oder
Drnckprinzip (s. Absehe. 2) konstruiert, aber sie sind radial von aussen beaufschlagt
mit teilweiser axialer Ablenkung, während die Peltontnrbinen Axialturbinen sind.
Abb. 334 zeigt einen Schnitt durch ein Löffelrad, an welchem die radiale Durch-
Strömung des Wassers ersichtlich ist. Da die Schaufelzahl bei den Löffelrädern ver-
hältnismässig sehr gross sein muss, und die Befestigung so vieler Schaufeln konstruktive
Schwierigkeiten bietet, so werden die Schaufeln in einem Stück mit der Laufradscheibe
gegossen, oder als ein Ring hergestellt, der mit der Nabe verschraubt wird.
Taf. LXXVI, Fig. 4-6") stellen die für das Kabelwerk gebaute 500 PS,-Turbioe
dar. Sie besteht aus einem Gehäuseunterteil, der als Fondamentrahmen ausgebaut ist
und die beiden Lager trägt. Auf demselben sitzt der Gehäuseoberteil, der den Regu-
lator und die Einlaufe trägt. An dem Einlauf krümmer ist der Nebenauslass (s. Abschnitt 12i
angebracht; derselbe wird vom Regulator gesteuert und zwar so, dass eine plötzlich
schliessende Bewegung des Regulators ein öffnen des Neben-
Abb.834. Eine PaltansdiauM. anBlaflses bewirkt, damit der Überschuss an Wasser zum
Nebenauslass heransfliesst, ohne die für den Reguliervorgang
und für die Festigkeit von Turbine und Rohrleitung schäd-
liche Drucksteigerung hervorzurufen. Die Konstruktion des
Nebenauslasses ist so eingerichtet, dass sich die Öffnung
selbsttätig und langsam wieder schlisset, wodurch ein Ver-
. geuden von Wasser vermieden wird. Um auf die ver-
langte Kraft und Umdrehungszahl zu kommen, ist die Tur-
bine mit zwei Düsen versehen. Zwei Laufräder, die als Löffelräder konstruiert sind,
nehmen das Wasser der Düsen aaf.
Taf. LXXVI, Fig. 1-3») zeigen die 1000 PS.-Turbinen für das Kabelwerk.
Die Konstruktion ist derjenigen der vorigen Turbine im wesentlichen ähnlich. Die Lauf-
rftder haben angegossene Peltonschaufeln und die Einlaufdüsen haben Blendenregulierong.
Im ganzen sind es sechs Düsen, die auf zwei Laufräder gerichtet sind (vergl. &. 415).
Taf. LXXVI, Fig. 7-9«) zeigen die für das Elektrizitätswerk Vouvrv gebaute
Turbine. Das Nettogefälle dieser Anlage beträgt etwa 900 m. Die Turbine hat zwei
Leitdüsen, von welchen das Wasser auf ein Laufrad wirkt. Die eine Düse ist regulierbar
und wird von einem Regulator verstellt. Die andere Düse arbeitet Btets voll geöffnet
Das Laufrad ist fliegend auf die Welle der Dynamomaschine aufgekeilt, wodurch ei»
sehr gedrängte Konstruktion erreicht wird, da die Kuppelung und die Turbinenlager in
Wegfall kommen können.
Taf. LXXVI, Fig. 11 und 12") zeigen eine andere für dieselbe Anlage gelieferte
Turbine, welche im wesentlichen der vorigen gleich ist.
8. Radiale Gtrard- oder Sehwamkrugturbinen werden heutzutage nur für Hoch-
druckanlagen verwendet. Früher kamen sie auch bei Hittelgefällen vor, worden aber
auf diesem Gebiet vollständig von den Francisturbinen verdrängt. Auch bei Hocbgeiallen
haben sie eine harte Konkurrenz zu bestehen, nämlich mit den Peltontnrbinen, denen
vielfach der Vorzug gegeben wird. Bei der Besprechung der Francisturbinen wurde
angegeben, dass die niedrigste Charakteristik derselben etwa 50 beträgt. In Abschnitt 3
wurde angegeben, dass die höchste Charakteristik der Peltontnrbinen etwa 20 betragt
«») Ana Korsteiner, .Das Elektriiiutewerk Kübel*. Schweif. Bauz. 1904. Kr. 1+-84.
■•) Au Kurt Meyer, .Das Elektrizitätswerk Vouvrv'. Zetraebr. d. Ver. deuUKker lag.
)3. S. 919 u. ff.
% 6. Turbinen. 973
Hierfür kann man noch Turbinen mit einer Düse anwenden. Für den Wirkungsgrad
wäre es aber besser, Turbinen mit zwei Düsen zn verwenden. Ist die Charakteristik
höher als 20, muss man jedenfalls mehrere Düsen anwenden und das macht die Eon-
straktion kompliziert und teuer. Man kann deshalb sagen, dass das Feld, für welches
die Schwamkrogtnrbinen in Frage kommen, zwischen den Charakteristiken 50 und 20
liegt. Darüber hinaus; etwa bis kH = 75, haben sie einen schweren Kampf mit den
Francisturbinen zu bestehen und anter 20 treten ihnen die Peltontarbinen mit Erfolg
entgegen.
Die radiale Girardtnrbine, auch Schwamkrugturbine genannt, ist eine radial, von
innen beaufschlagte Druckt arbine and muss deshalb über dem höchsten
Unterwasserspiegel aufgestellt werden ebenso wie die Peltonturbinen. Bei schwanken-
Abb feia
dem Unterwasser gehen folglich zu gewissen Zeiten einige Meter vom Gefalle verloren.
Eine Anwendung des Saugrohres ist wie bei den Peltonturbinen möglich. Ihre Regolier-
fähigkeit ist gross, sodass der Wirkungsgrad bei verminderter Beaufschlagung noch gut
ist, and sie ist, wie aas der Charakteristik hervorgeht, sehr anpassungsfähig in Bezug
auf die Umdrehzabl bei gegebenem Gefälle und Leistung. Die erzielten Wirkungsgrade
betragen etwa 75 bis 80%- Sie wird bei niedrigerer Charakteristik als Partial-
torbine, bei hoher als Vollturbine gebaut. Die Regulierung des Lettapparates gescnieht
beispielsweise mittelst schwingbaren Blenden (vergl. Taf. LXXV, Fig. 3), wodurch der
Darchflnssquerschnitt dem Kraft- und Wasserverbrauch entsprechend reguliert wird.
Wenn nötig, wird die Zahl der Düsen vergrössert, wodurch die Schluckfähigkeit wächst.
Genügt ein blosses Vermehren der Düsen nicht, kann man zu anderen Konstruktionen
greifen, welche die Schluckfähigkeit noch mehr vergrössern. Die Laufräder sind meistens
aus Gusseisen. Aus gasstechnischen Gründen und wegen der Aaswechselbarkeit abgenutzter
Räder werden Naben and Schaufelkränze getrennt hergestellt und miteinander verschraubt-
974 m. Theodor Koshs. Ausbau vom WabbekkbArbn. Einzelheiten.
Tai. LXXV, Fig. 1—3") »igen die Turbinen für die Anlage Vernayas. Der
Znfluas erfolgt durch daB unterhalb der Welle liegende Rohr von 300 mm. Dm., an
welches die Düao angeschraubt ist. An das Bohr ist auch das eine Lager befestigt.
Die Regulierung geschieht mittelst einer schwingbaren Blende. Das Wasser strömt nach
Verlassen des Laufrades radial nach aussen, hier nach unten. Das Laufrad ist als ein
besonderer Schaufelkranz hergestellt, der an die Nabe angeschraubt ist Um den Kranz
liegen zwei stählerne Schrumpfringe von erheblichem Gewicht, welche die Festigkeit
erhöhen und als Schwungrad dienen.
Abb. 335 zeigt die Ansicht einer ähnlichen für die Anlage Novalesa gebauten
Turbine (vergl. Seite 376). Das Gehäuse der Turbine ist abgehoben.
9. Andere Tnrbinensysteme. Die beschriebenen drei Systeme, die Francis-, die
Pelton- und die radiale Girard- oder Schwamkrugturbine , sind die jetzt gebräuchlichsten
• vi. »M b t. -u .i- L s n i. 1 1 ^__t- Turbinensysteme. DerVolistän-
Abb. 836. Schnitte durch eine Henscnel-Jonvalturbine. ,.,-,.. . ■ • , •
digkeit halber sind nachstehend
einige Turbinen angeführt, die
teils früher gebaut wurden,
-- i teils aus besonderen Gründen
eine ausserge wohnliche Kon-
■ strnktion erhielten.
, Die Henscliel-Jonval
I turbine {vergl. Seite 6) ist
_'< ~ — — ^~z eine Überdruckturbine mit
,a ' axialem Durcbnuss. Ihre kon-
-- j slruktive Durchführung ist an-
hro-e scheinend eine sehr einfache,
— i aber sie lässt sich nicht so
; rationell regulieren wie die
; Francis turbine, der sie, da die
4 Elektrotechnik grosse Anfor-
• derungen an die Regulierfähig-
■ keit stellt, hat weichen müssen.
Sie wurde mit vertikaler und
horizontaler Welle, in einfacher
und doppelter Anordnung, mit
und ohne Saugrohr, in offenen
Schacht oder geschlossenem
Gehäuse, für niedrige Gefälle bis zu etwa 40 m gebaut. Abb. 336 ") zeigt einen Schnitt
durch eine Jonvalturbine in offenem Schacht mit Saugrohr. Verglichen mit Abb. 328,
S. 963, fällt der charakteristische, rein axiale Durchfluss ohne weiteres auf.
Die axiale Girardturbine ist eine Druckturbine mit axialem Durchfluss.
Sie muss über dem höchsten Unterwasserspiegel aufgestellt werden, nutzt somit nicht
immer daB ganze vorhandene Gefälle aus. Sie wurde als Vollturbine und als Partial-
turbine, in offenem Schacht oder geschlossenem Gehäuse, für niedrige Gefälle bis auf
etwa 50 m, immer mit vertikaler Welle gebaut. Ihre Bpgulierfahigkeit ist eine gani
*») Aus E. Reiche], .Tnrbinenbau auf der Weltausstellung in Paris 1900*. Zeitschr. d. Ter.
deutscher log. 1901. S. 1631.
*») Abb. aus Quant»; . Wasserkraft maschinell", 1907, S. 26.
f 6. Turbinen. 975
gute, aber auch dieses Turbinensystem ist von den Francisturbinen verdrängt worden.
Ausserlich ist die axiale Girardturbine der Jonvalturbine fast ähnlich. Der Unterschied
liegt im wesentlichen in der Schaufelung und der Verwendung ohne Saugrohr.
Um den Vorteil der Jonvalturbine, nämlich die Eigenschaft, dass sie im Stau-
wasser oder mit Saugrohr ohne Beeinträchtigung des Nutzeffektes arbeiten kann, mit
dem Vorteil der Girardturbine, dass sie sich verhältnismässig gut regulieren lässt, zu
verbinden, konstruierte man vor dem Durchdringen der Francisturbinen axiale Grenz-
turbinen. Dieselben unterscheiden sich von den Jonval- oder Girardturbinen äusserlich
nicht, sondern nur in der Schaufelung. Es genügt hier zu erwähnen, dass die Grenz-
turbine in das Gebiet gehört, wo sich die Prinzipien der Druckturbine und der Über-
druckturbine gerade berühren (daher der Name).
Man kann übrigens auch Radialturbinen nach dem Prinzip der Grenzturbinen
ausführen. Eine solche Turbine zeigt Taf. LXXV, Fig. 4 bis 8*9), die für die Anlage
Montbovon gebaut ist. Die Turbine ist als. innen beaufschlagte Radialturbine mit
vertikaler Welle ausgeführt, deren Schaufelung nach dem Grenzprinzip konstruiert ist.
Das Wasser strömt von rechts durch die Drosselklappe zu und biegt dann nach oben
um, worauf es den Leitapparat mit den festen Schaufeln durchfliegt. Der Wasserzufluss
wird durch einen vertikal bewegten Ringschieber im Spalt reguliert. Das Laufrad um-
schliesst das Leitrad und ist fliegend auf das untere Ende der Dynamowelle angebracht.
Nach Verlassen des Laufrades tritt das Wasser in den Saugkessel aus, der sich als Saug-
rohr fortsetzt.
Taf. LXXII, Fig. 1 und 290), zeigt eine ähnliche Turbine aber mit horizontaler
Welle für die Anlage Les C16es (vergl. Seite 405).
Die Abbildungen der Taf. LXVI81) (Anlage Forces Motrices du Rhone)
zeigen eine sogenannte Konusturbine, für grosse Leistungen bei niedrigen und
schwankenden Gefällen, welche ebenfalls der Francisturbine hat weichen müssen. Die
Konusturbine ist ein Zwischending zwischen einer Jonval- und einer Francisturbine.
Das Wasser strömt diagonal nach unten. Die erwähnte Turbine ist dreikränzig, und
jeder Kranz hat seine eigene Reguliervorrichtung, die nach Wasserstand und Kraftbedarf
getrennt oder zusammengekuppelt vom Regulator betätigt werden kann. Das Spurlager
ist auf dem Gehäusedeckel angebracht und durch einen grossen Entlastungskolben (P)
entlastet.
Taf. LXII, Fig. 4 bis 782) zeigen eine Konusturbine in offenem Schacht für das
Elektrizitätswerk Chevres. Es sind je eine Turbine in zwei Etagen an derselben Welle
angeordnet. Die Turbine der unteren Etage arbeitet bei hohen Gefällen allein, während
beide zusammen arbeiten, wenn infolge von Hochwasser das Gefälle zurückgeht. Fig. 7
zeigt einen Schaufelschnitt mit sogenannter Gitterschieberregulierung. Die gezeichnete
Stellung zeigt den Leitapparat in geschlossenem Zustand. Wird der äussere Ring gedreht,
so werden die Durchflussöffhungen frei.
Taf. LXIII, Fig. 4M) zeigt eine Konusturbine der Anlage La Goule, die sich
einer Francisturbine stark nähert. Die Regulierung derselben geschieht nach Art der
89) Aus E. Reichel, .Turbinenbau auf der Weltausstellung in Paris 1900% Zeitschr. d. Ver.
deutscher Jng. 1901, S. 1391 und W. Wagenbach, , Turbinenanlagen ", Taf. XLIV.
80) Einer Broschüre der Maschinenfabrik örlikon entnommen.
3i) Aus Rena Chauvin, »Constructions du Canal de Jonage", Taf. LH.
3«) Aus Fr. Hey, »Wasserkraftanlage Chevres bei Genf*. Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing.
1896. S. 1230 und Th. Turrettini, „Usine de Chevres*.
33) Einer Broschüre der Maschinenfabrik Oerlikon entnommen.
Abb. 387. Spnrlager.
976 IIL Tbeodob Koken. Ausbad von Wasserkräften. Einzelheiten.
Zodelregulierung. Es ist diese Anordnung ein Umbau einer älteren Axial tnrbine. Auch
hier ist ein Entlastungskolben angebracht, dessen untere Seite Wasser von der Druck
leitung durch ein besonderes, nicht eingezeichnetes Rohr erhalt, wodurch die Welle ge-
hoben, bezw. der Spurzapfen entlastet wird.
10. Lagerung und Kupplung von Turbinenwellen. Vertikale Wellen
werden entweder als gasseiserne Hohlwellen, die sich auf einer schmiedeisernen Trag-
stange stützen oder als Vollwellen aus Schmiedeisen oder Flosstahl, die an einem Ring
zapfen aufgehängt sind, ausgeführt, in beiden Fällen mit hochwasserfrei gelegenem Spur-
zapfen. Beispiele der Verwendung von Gusswellen bieten die Anlagen Marbach (vergl.
Taf. LXL. Fig. I) und Kykkelsrud (Erregerturbine) (Taf. LXVII, Fig. 1). Die Ver-
wendung von Vollwellen mit Ringspurzapfen, die bei allen grösseren Turbinen vorkommen,
geht aus der Beschreibung von Hagneck (vergl. Taf. LXTI, Fig. 1), Niagara (vergl.
Taf. LXIU, Fig. 5), Kykkelsrud (vergl. Taf. LXV, Fig. 1) hervor.
Zur- Sicherung der Welten gegen seitliches Schwanken
werden Halslager (Taf. LXIU, Fig. 2 u. 3 und Taf. LXVII,
Fig. 1) angebracht und zwar möglichst nahe an den rotieren-
den Teilen.
Zum Tragen von Welle, Rädern, ev. Wasserdruck usw.
dienen Spurlager. Abb. 337 zeigt ein solches für eine
Hohlwelle. Die Laufflächen werden von oben geschmiert.
Durch die Schraube ist die Möglichkeit einer HÖhenver-
stellung nach erfolgter Abnutzung geboten.
Taf. LXIU, Fig. 5 zeigt ein Ringspurlager. Die
Laufflächen umschliessen die Stahlwelle. In den Laufflächen
ist, wenn grosse Gewichte zu tragen sind, ein kreisförmiger
Hohlraum, in dem öl von hober Pressung (etwa 20 Atm.i
hineingepresst wird, eingedreht. Dadurch werden Entlastung
und gute Schmierung erreicht. Weitere Entlastung wird
wenn nötig durch besondere Kolben (s. Taf. LXIU, Fig. 4.
sowie Taf. LXVI, Fig. 3, P, u. A.) erzielt
Horizontale Wellen werden aus Schmiedeisen,
Flusstahi oder in besonderen Fällen sogar aus Nickelstahl hergestellt. Sie werden tob
Traglagern unterstützt, die möglichst nahe an den rotierenden Teilen angebracht
sind. Heutzutage werden bierfür selbstschmierende Lager (Ringschmierlager) verwendet
Liegen solche Traglager im Wasser, so werden sie mittelst Stopfbüchsen abgedichtet
Znr Aufnahme von axialen Schüben, die vom Wasserdruck auf dem Laufrad herrühren
und unter Umständen recht beträchtlich ausfallen können, dienen Kammlager (vergl.
Taf. LXXIV, Fig. 1, rechts) oder am Ende der Welle angebrachte Spurlager (vergl.
Taf. LXXU, Fig. 3).
Wegen Herstellung, Hontage und Transport können die Wellen nur in be-
schränkter Länge, etwa 6 bis 8 m angefertigt werden. Ist der Wellenstrang länger,
so werden die Wellenstücke untereinander mittelst Kupplungen verbunden. Die ge-
bräuchlichsten Kupplungen sind die Schalen-Kupplungen (Abb. 338), die Scheibenkupp-
lungen (Abb. 339) und die Zodelkupplungen (Abb. 340). Die zwei ersten Kupplungen
sind starr, die letzte ist elastisch und isolierend. Bei Übertragung grosser Kräfte werden
Scheibenkupplungen , deren Scheiben in einem Stück mit den Wellen geschmiedet sind,
verwendet (S. Kykkelsrud, Taf. LXV, Fig. 1, Niagara, Taf. LXXIV, Fig. 1 u. a.).
Ein Beispiel von der Kupplung einer gusseisernen Hohlwelle mit einer schmiedeisernen
I »
TüBBDTRtr.
977
Welle mittelst Scheibenkuppelung zeigt Abb. SS7. Anf Taf. LXXITI, Fig. 3 ist eine
Kautschukbandkupprang dargestellt. Schlingen ans Kautschuk verbinden die vorstehenden
Zapfen der beiden KnpplongsbJÜften. Kupplungen erfordern exakte Herstellung und
Hontage. Schlecht montiert verursachen sie ein Heisslanfen der Lager.
Zar Kupplung dor- Turbinenwellen mit den Wellen der Dynamomaschinen dienen
ebenfalls die oben genannten Kupplungen.
Abb. 388. Schslenknpplung. Abb. 389. Scheibenkopplnng.
Abb. 840. Zodelkapplnng.
11. Tnrhinenbreiuaung' and Wassermessung'. Die von einer Turbine abgegebene
Leistung N in PS« wird mit einem Bremsdynainometer (s. „Hätte") gemessen oder,
wenn die Turbine mit einer Dynamomaschine direkt gekuppelt ist, mittelst der Ab-
lesungen an den elektrischen Instramenten unter Berücksichtigung des Wirkungsgrades
der Dynamomaschine und der Phasenverschiebung festgestellt. Ist die Welle, an der
dte Kraftmessnng erfolgt, nicht direkt mit der Turbinenwelle gekuppelt, sondern etwa
mittelst Kiemen oder Zahnräder angetrieben, so gestaltet sich die Leistnngsmessang
schwieriger, weil der Kraftverbrauch dieser Übertragungsmittel festzustellen und zu der
abgelesenen Kraft hinzuzuzahlen ist.
Zur Ermittelang des Wirkungsgrades der Turbine müssen Nettogefalle (auch
Nutzgefälle oder effektives Gefalle genannt) und verbrauchte Wassermenge festgestellt
werden. Bei Francisturbinen in offenem Schacht ist das Nettogefälle gleich dem Höhen-
unterschied zwischen Oberwasserspiegel und Unterwasserspiegel direkt bei der Turbine
gemessen. Bei Turbinen mit langer Zuleitung dagegen nicht, denn im letzten Fall treten
Reibungsverluste im Rohr auf, die der Turbine nicht angerechnet werden dürfen (vergl.
Formel 24, S. 888). Um das Nettogefälle zu erhalten, verbindet man möglichst nahe an
der Turbine das Druckrohr mit einem Manometer und misst damit den Druck. Bei Francis-
turbinen hat man dann den Höhenunterschied zwischen der Stelle, wo der Druck gemessen
wird und dem Unterwasserspiegel unmittelbar an der Turbine noch hinzuzuzählen.
Die Messung des U.W. Spiegole gestaltet sich in den meisten Anisgen schwierig, wenn nicht
sehen beim B»u des Msechinenhmses die nötigen Vorkehrungen getroffen werden, um den D.W.-Spiegol
bequem erroichoii zu können (Mannlöcher im Fnssboden, Hesscbicbte n. dgl.).
Bei Pelton- und Schwamkrugtorbinen ohne Saugrohr hat man den Höhenunter-
schied zwischen der Druckstelle und der Düsenmitte hinzuzuzählen. Bei Pelton- and
HAndbath dir Int.-WbMDKh. nX T*U. IS. Bd. 62
978 IH Theodor Koehn. Ausbau ton Wasserkräften. Einzelheiteh.
Schwamkrugturbinen mit Sangrohr ist ferner die Ablesung eines an den Saugraum ange-
schlossenen Vakuummeters hinzuzuzählen.
In denjenigen Fällen , wo das Wasser an der Anschlusstelle für das Manometer
eine grosse Geschwindigkeit besitzt, muss ausserdem noch der Ritiflww der Zuflussge-
schwindigkeit berücksichtigt werden. Die Geschwindigkeit (c) repräsentiert nämlich eine
ci
Geschwindigkeitshöhe ^— die das Manometer nicht anzeigt, welche aber bei den meisten
Konstruktionen der Turbine zugute kommt. Nach vorgenommener Wassermessung kann
dieser Faktor leicht berücksichtigt werden. Die Summe dieser Faktoren ergibt das
Nettogefalle EL
Das totale oder Bruttogefille einer Wasserkraftanlage ist der Höhenunterschied uriscfcea
Oberwasserspiegel beim Wehr und dem Unterwasserspiegel bei der Ausmündung in den Flu». Dieses
Qeftlle kann naturlieh unter Umständen bedeutend grösser sein als das für die Turbine massgebende
Nettogefalle.
Die Messbng der Wassermenge ist bedeutend schwieriger. Wenn es sich um
grössere Mengen handelt, geschieht die Messung am besten mit einem Woltm an sehen
Flügel (vergl. 8. 202 u. ff.). Zur Verwendung desselben ist im Oberwasser- oder Unter-
wasserkanal eine längere gerade Strecke gleichen Profiles erwünscht Auf der Mitte
dieser Strecke wird das Kanalprofil genau ermittelt, und die Wassergeschwindigkeit wird
mittelst des Flügels an vielen Stellen des Profiles festgestellt. Die Länge der gerades
Strecke sollte etwa 6 bis 10 m sein, aber man kann schliesslich auch unter ungünstigeren
Umstanden Messungen vornehmen. Beispielsweise wurde das Wasser in der Anlage
Kykkelsrud hinter dem Rechen, vergl. Taf. XXXIV, Fig. 7 u. 8 mit Woltman-Flügel
gemessen.
Bei kleinen Wassermengen wird meistens mit Überfällen gemessen (vergl.
Kap. I, § 4, S. 195 und Kap. HI, § 1, S. 621 u. ff.). Da die Beiwerte /* bei den ver-
schiedenen Formeln für die Berechnung der Wassermenge stark schwanken, je nach
der Beschaffenheit des Überfalles, so ist darauf zu achten, dass man diejenigen Werte
Ton /i anwendet, innerhalb deren Gültigkeitsbereich der verwendete Überfall an Grösse
und Form liegt. Am besten ist es, wenn man in den Kanal ein Gerinne aus Höh mit
Überfall genau so einbaut, wie der Autor, dessen Werte von fi man verwenden will, bei
seiner Ermittelung der Überfallbeiwerte verwendete. Nur mit solchen Überfielen und
wenn bei der Ablesung der Überfallhöhen genau so verfahren wird wie beim Original-
Überfall, kann man zuverlässige Resultate erhalten. Hat man erst diesen Überfall gebaut,
ist das Messen selbst sehr bequem und schnell auszuführen im Gegensatz zu des
Messungen mit dem Woltman-Flügel, die oft so lange dauern, dass man während der
Messzeit den Wasserspiegel an der Messteile auf konstanter Höhe nicht halten kann.
In Rohrleitungen kann die Wassermenge mittelst der Pitotschen Röhren
(S. 200) oder des Woltm an -Flügels gemessen werden. Diese Apparate werden durch
ein Loch in der Rohrwandung hinein gesteckt, und die Geschwindigkeiten längs eines
Durchmessers können nun festgestellt werden. Wenn die Geschwindigkeiten unregel-
mässig ausfallen, muss längs mehreren Durchmessern gemessen werden.
Die Schirmmessung*4) erfordert einen offenen Kanal gleichen Profiles von
10 bis SO m Länge. Da die Kanäle der Hochdruckanlagen bequem so angelegt und bei
kleineren Wassermengen solche Kanäle aus Holz verhältnismässig leicht beschafft
werden können, so wird sich dieses genaue und rasche Messverfahren offenbar bald ein-
bürgern. In den Kanal wird ein Schirm, der das Profil mit geringem Spiel ausfüllt,
»*) Vergl E. Schmitthenner, „Ein neues Waasermessverfaliren". Zeitachr. d. Y«r. deataefar
Ing. 1907. 8. 627.
§ 6. TuBimra. 979
und vom Wasser mitgef&hrt Die Wanderung des Schirmes mal dem
Kanalquerschnitt ergibt die Wassermenge Ar die Beobachtongszeit.
Nachdem die Turbine bei einer bestimmten Beaufschlagung auf ihre Umdrehungs-
zahl gebracht ist, werden N in PS«, H in m und Q in cbm/sek. nach dem Vorstehenden be-
stimmt. Die theoretisch vorhandene Energie beträgt 1000 . Q . H, während die nutzbare
Arbeit zu 75 . N gemessen wurde, beides in mkg/sek. ausgedruckt. Der Gesamt- Wirkungen
75 . N
grad der Turbine ist somit : e = iaaa q tt*
12. Cfaehwiadigkeitsregulatorea und NebenamsUase. Die meisten angetriebenen
Maschinen, insbesondere die Dynamomaschinen, stellen grosse Anforderungen an die
Oleichmassigkeit der Umdrehungszahl. Es wird verlangt, dass sich dieselbe bei schwanken-
dem Kraftbedarf möglichst wenig ändere. Eine unregulierte Turbine würde bei einer
Entlastung eine höhere86), bei einer Überlastung eine niedrigere Umdrehungszahl annehmen
als die normale. Veränderungen in der Umdrehungszahl treten auch bei schwankendem
Gefalle auf. Die automatischen Geschwindigkeitsregulatoren sind an die Turbinen an-
geschlossene Maschinen, welche die Umdrehungszahl innerhalb der zulässigen Grenzen halten.
Die Konstruktion und Wirkungsweise der Regulatoren gehen aus folgender Be-
schreibung hervor96):
.Weil bei einem Wassermotor, dem die Arbeit in Form einer bestimmten pro Sekunde von einer
gegebenen Höhe herabfallenden Wassermenge geboten wird, das Gefalle möglichst unverändert an er-
halten ist, kann eine Regulierung nur dadurch eingeleitet werden, dass die dem Motor angeführte W asser-
menge veränderlich gemacht wird. Da die Wassermengen aber je nach der Starke des Motors und
dem Gefälle ausserordentlich verschieden sein können, so ist ersichtlich, dass eine sehr grosse Mannig-
faltigkeit in den Mitteln vorhanden sein wird, mit welchen die Wassermengen unmittelbar auf der Tur
bine veränderlich gemacht werden. Aber auch hier kann man, wie bei den Dampfmaschinen, bestimmte
Gruppen unterscheiden, und auch da ist der dort aufgestellte Satz richtig, dass sich eine Regulierung um
so besser bewährt, je einfacher sie ist und je weniger Gelenke und bewegte Teile sie besitzt Es haben
sich daher auch hier gewisse Konstruktionen als typisch herausgestellt und finden immer allgemeinere
Verbreitung.
Ebenso wie bei den Dampfmaschinen ist ein Zentrifugalregulator der Ausgangspunkt für die
Regulierung; während es aber bei den Dampfmaschinen durch besonders empfindliche Konstruktionen
möglich ist, den Zenirifugalregulator unmittelbar auf die Dampfverteilung bestimmend einwirken su
lassen, hat man bei den Turbinen Zwischenglieder nötig; denn die Arbeitsfähigkeit eines Zentrifugal-
regulators reicht nicht aus, um die meist bedeutenden Widerstände zu überwältigen, welche mit der
Wasserzufuhr zur Turbine verbunden sind. Das wird auf den ersten Blick klar, wenn man sich eine
Turbine vorstellt, die bei verhältnismässig geringem Gefälle und grossen Wassermengen für starke
Arbeitsschwankungen eingerichtet werden soll.
Der Zentrifugalregulator fasst daher nicht unmittelbar die Reguliervorrichtung der Turbine an,
sondern wird dazu benutzt, eine Art Steuerung für eine weitere Vorrichtung zu betätigen, durch welche
eine motorische Kraft ausgelöst wird, die nun erst die Reguliervorrichtung an der Turbine in Bewegung
setzt Diese Vorrichtung wird Servomotor genannt, und man wird je nach der Energieform, durch
welche sie wirksam wird, mechanische, hydraulische, elektrische, und dergL Servomotoren zu unter-
scheiden haben. Es werden sich also bei den selbsttätigen ReguUervorrichtungen für Turbinen ganz
allgemein vorfinden:
1. Der Zentrifugalregulator C,
2. die von diesem beeinfiusste Steuerung des Servomotors 8,
8. der Servomotor M selbst und
4. die vom 8ervomotor bewegte Reguliervorrichtung R unmittelbar an der Turbine (s. Abb. 841
und 342).
**) Die grösste Umdrehungszahl, welche eine Wasserturbine überhaupt annehmen kann, ist
1,8 mal der normalen Umdrehungszahl
'•) Aus E. Reichel, Turbinenbau auf der Weltausstellung in Paris 1900. S. Z. d. V. D. 1. 1900.
S. 1118 u. f.
62*
HL Theodor Koehk. Ausbau vom WAascsKSlrrcir. Einzelhktteh.
Hit dar Anordnung dieser Tier Konstruktionsgliedsr wäre aber noch kein« Regulierung n er-
sielen, die den praktischen Bedürfnissen genügt. Jede Einwirkung des Zentrifugalregulators hatte mr
eise Betätigung de* Servomotor« mr Folge, aber so lange, da» ein .Üborregulieren* eintreten mssste,
welche« im nächsten Augenblick die entgegengesetzte Bewegung verlangen würde, wodurch ein llatigti
Schwanken entstünde. Man leitet daher von der durch den Servomotor eingeleiteten Beweg nag eint
Taübewsgung ab and auf die Steuerung des Servomotors so zurück, dass diese wieder auf ihre «xsprtug-
liehe Stellnng xurnckgeachoben and der Servomotor wirkungslos wird. Jeder Stellung den Zentrifngai-
regolatora entspricht somit eine bestimmte Stellnng des Servomotors, also auch eine bestüujnto Beauf-
schlagung der Turbine.
„ . ., . _ . A*?.' •"• , „ , , Biese Rückführung bildet dea
Hyürauhacher GsechwmdwkeitweguLUor im Schnitt nnften limnXBAm Teü z, Äbb. «« o.
342, jeder selbsttätigen Tin^inennwrolierusG.
Für die Betätigung des Servo-
motor« wird man jene Energieform wiklea.
welche am einfachsten in haben ist Bei
grosseren Gefällen steht Brackwasser aar
Verfügung, man wird also einen hydrau-
lisch wirkenden Servomotor verwende»,
der überdies die leicht herstellbar* nad
einfache Form eines Zylinders mit Kolbei
erhalten kann >'). Nun ist das der Tarbiae
lufiiesaende Wasser häufig unrein. Die
Stonerteile des Servomotors sind jedem
sehr klein und empfindlich, und es macht
sich daher als weitere Zugabe aar Bege-
ljerung die Anlage eines Filters snr Bshu-
guog des Begulierwassers notwendig. 8i»d
die Gefalle gering, dann worden die Zylin-
der der Servomotoren an grosse Abs**
sangen erhalten,
würde schwer und schwerfällig i
In aolchon Fallen wählt man als weiten
Zugabe ein eigenes kleines Pumpwerk ant
Akkumulator snr Erzeugung des Brack-
wassers, oder man benntat euch Öl ah
Regulicrflüssigkeit , welches (wie das ti-
trierte Wasser anter Umstanden auch) sack
dem Gebrauch den Pampen immer wieder
zugeführt wird»).
Mechanisch wirkende Servomotoren verwendet man meistens in Form von Wellen, anf d»
durch die Turbinen eine gewisse Energiemenge übertragen werden kann. Ber Zontrifugalreajulator be-
dient ala Steuerung eine Riemengabel, Klinkvorrichtting und dergL, durch welche die erwähnt* Welk
snr Betätigung der Reguliervorrichtung veranlasst, also ein- oder ausgerückt wird"). Im allgemeine»
gestaltet sich diese Art von Regulierung mit der Rückführung etwas verwickelter ala die früheren.
Infolge vieler Gestänge nnd Gelenke kann leicht schädlicher Totgang eintreten und dadurch die Wirknag
der Regulierung sehr beeinträchtigt werden.
Elektrisch betriebene Servomotoren gehören su den Seltenheiten«)); ihnen ist vielleicht neck
eine grossere Zukunft beschienen.
Läuft den Turbinen das Wasser im offenen Kanal mit geringer Geschwindigkeit an, nnd wiri
das Wasser durch die Reguliere orrichfcung plötzlich daran gehindert, in die Turbine einintrstsn, eise
i Niagara Falls Powei
Abb. 842.
Hydraulischer Geeefawindigkeitsregnlstor im Grundriss.
, Tat LUX
") S. Anlage Niagara Falls Power Co., Taf. LXIV, Fig. 5—7 ; Anlage Jaje«
Fig. 8 u. 4; Anlage Kabelwerk, Taf. LXXVI, Fig. 1—6.
bb) S. Anlage Societe Lyonnaise des Forces Motrices Bn Rhftne, Jonsge-Cnaset-
Lyon, Taf. LKVJ.
«•) S. Anlage Les Clees, Taf. LXXII, Fig. 1 n. 2; Anlage Vernayss, Tal LXXV, Fig. 3.
40) 8. Lechwerk-Gerathofen, Taf. LXVffl, Fig. 5 u. 6; AnlageJajce; Ta». 1XXI, Fig. 6-8
and S. 495; Anlege St. Hanrice-Laaasnne, S. 458.
c
§ 6. Turbinen. 981
gewisse Wassermenge also plötzlich verzögert, so werden sieh Stösse einstellen, die im Obergraben eine
Blickstauwelle erzeugen, sonst aber an den starken Bauteilen wirkungslos oder unmerklich verlaufen.
Anders aber gestaltet sich die Sache, wenn das Wasser den Turbinen in längeren geschlossenen Bohr-
leitungen mit grosser Geschwindigkeit zugeführt wird. Bei plötzlicher Unterbrechung des Wasserlauf es
oder bei bedeutenden Verzögerungen werden in den Bohrleitungen Wasserschläge von gewaltiger Grösse
entstehen, die zum Bruch der Rohrleitung fuhren können, jedenfalls aber Beschleunigungen der Turbinen-
laufräder veranlassen, und daher in empfindlichster Weise auf die Regulierung zurückwirken können.
Diese Wasserwirkungen für den regelmässigen Gang der Turbinen unschädlich zu machen, war daher von
jeher das Bestreben der Tnrbmenkonstrukteure.
Im Anfang ist man diesen Stosswirkungen in ähnlicher Weise begegnet wie bei den Druckrohr
leitungen bei Pumpen u. dergl. Man hat Steigrohre und Windkessel von bedeutender Grösse in die
Bohrleitungen eingebaut und damit gute Erfolge erzielt, sich jedenfalls damit helfen können, wenn die
Turbinenanlagen schon fertiggestellt waren und die WasserBchläge sich erat nachher empfindlich geltend
gemacht haben.
Neuerdings versucht man bei Partialturbinen, diesen Wasserwirkungen unmittelbar an den
Turbinen selbst zu begegnen. Die Reguliervorrichtungen daran sind so eingerichtet, dass man bei ver-
änderlicher Wassersnfuhr nicht die Wassergeschwindigkeit in der Rohrleitung ändert, sondern das nicht
gebrauchte Aufschlagwasser an der Turbine vorbeiströmen läset. In diesem Falle ist also der Wasser-
verbrauch bei jeder Leistung der Turbine und damit die Waesergeschwindigkeit in der Bohrleitung un-
veränderlich, Stösse sind völlig vermieden, aber auf Kosten der Anmchlagwassermenge. Wo nun das
Druckwasser in gleichmäßiger Menge vorhanden ist, die bei NichtVerwendung nicht aufgespeichert oder
etwa anderen Turbinen zugeführt werden kann, ist solche Regulierung vollständig am Platze; wo man
aber mit der vorhandenen Aufschlagwassermenge sparsam umgehen muss, macht sich das Bedürfnis
geltend, das nicht verbrauchte Wasser zu gewinnen, und dies hat zu den neuesten Konstruktionen ge-
fuhrt, bei denen man zwar auch das überflüssige Wasser unmittelbar nach Einwirkung der Regulierung
durch Nebenauslässe an der Turbine vorbeilaufen lässt, aber nur auf kurze Zeit. Durch besondere sehr
sinnreiche Konstruktionen werden diese Nebenauslässe wieder langsam — meist durch Kataraktwirkung —
geschlossen und so das Wasser in der Bohrleitung entsprechend ohne bemerkbare Stösse verzögert**).
Durch diese besondere Einrichtung werden aber natürlich die Turbinenkonstrnktionen abermals
verwickelter gemacht, sodass der eigentliche Motor schliesslich von einer ganzen Reihe von Beiwerk
umgeben und verdeckt wird.
Besonders in der Schweiz haben sich beim Betriebe elektrischer Bergbahnen alle diese Schwierig-
keiten in voller Höhe gezeigt und sind durch die erwähnten Konstruktionen in oft überraschender Weise
gelöst worden."
Abb. 343 zeigt einen hydraulischen Geschwindigkeitsregulator mit vertikal-
stehendem Servomotorzylinder für die Anlage Paderno (vergl. Taf. LXIX, Fig. 6 — 8).
Der Servomotor wird häufig von den übrigen Bestandteilen des Regulators örtlich
getrennt aufgestellt. Bei den in Taf. LXY dargestellten beiden Turbinen der Anlage
Kykkelsrud befindet sich der Servomotor (Steuerzylinder) unten an der Turbine,
während die übrigen Teile im Maschinensaal aufgestellt und mittelst Rohrleitungen und
leichten Gestänges mit dem Servomotor verbunden sind. Im Gegensatz hierzu ist der
Regulator der Erregerturbine in Kykkelsrud (Taf. LXV1I, Fig. 1) komplett im
Maschinensaal aufgestellt und mittelst einer (nicht eingezeichneten) Welle mit der
Regulierung der Turbine verbunden.
Das Parallelschalten der Dynamomaschinen erfordert die Möglichkeit einer Ver-
änderung der Umdrehzahl des Maschinensatzes innerhalb kleiner Grenzen. Zu dem
Zweck sind die Regulatoren mit besonderen VerStellvorrichtungen im Reguliergestänge
versehen, welche häufig mittelst eines kleinen Elektromotors vom Schaltbrett aus betätigt
werden können41).
Ausser den genannten Regulatoren , welche die Wasserzufuhr dem Arbeitsbedarf
anpassen, gibt es noch sogen. Bremsregulatoren, bei welchen der Wasserdurchflus*
*i) Anlage Montbovon, Tat LUCY, Fig. 6 n. & 606 ad 26; Anlage Kabelwerk, Taf.
LXXVI, Fig. 1—8 u. 5 sowie S. 416.
«) 8. Anlage Fanghera. 8. 868; Anlage Geres AU, 8. 872.
982 HL Thbodob Koehm. Ausbau vom Wiwmhm Eiseelheitk».
der Tnrbine immer der gleiche ist, während die überschüssige Energie einfach vernichtet,
d. h. abgebremst wird. Die Bremsregulatoren sind nur für kleine Kräfte (bis etwa
300 PS«) nnd dort, wo das Wasser immer reichlich vorhanden ist oder dem Nachbar
fortwährend andienen
Abb. 818. Hydraulischer GeaeLwindigkeiteregulator, Pmderno. nraa« verwendbar
Die hydrauli-
schen Regnlatoren wer-
den für kleine bis in
dengrössten Leistungen
verwendet Sie regu-
lieren sehr genau and
arbeiten geräuschlos.
Das Pumpwerk , das
bei niedrigen GefäUen
die Drnckflüssigkeit fär
den Servomotor liefert,
wird entweder ab eine
Zentralanlage mit eige-
nem Antrieb {Turbine
oder Elektromotor), für
alle Turbinen einer An-
lage aasreichend, oder
als Einzolpumpen, die
von den Turbinen salbet
angetrieben werden,
angeordnet.
Mechanische Regulatoren werden hauptsächlich für kleinere Turbinen verwendet
Sie erfordern bei gleicher Regnlierfeinheit grössere Schwungmomente als die h ydrauliscben
Regulatoren. Die Schwungmomente („GD,B) bilden ein Mass für die in den rotierenden
Teilen enthaltene lebendige Kraft. Dieselben werden im Laufrad, in der Kupplung, im
Rotor der Dynamomaschine oder in einem besonderen Schwungrad untergebracht
Die Regnlierfeinheiten, die mit modernen, selbstwirkenden Geschwindigkeitarega-
latoren erzielt werden können, betragen je nach der Grosse der Schwungmomente und
der Nebenauslasse :
mit hydraulischen Regulatoren
etwa 1—2, 2 — 4, 4 — 6, 8 — 16% über oder anter der normalen Umdrehnhl,
bei 10, 26, 60. 100 °/° plötzlicher Belastangg&ndertmg,
mit mechanischen Regulatoren
etwa 2—8, 3 — 5, 6—10, 16—30% über oder unter der normalen Umdrahzahl,
bei 10, 26, 50, 100 °/o plötzlicher Belastangsftndernng.
Literatnrangaben zum § 6, Tnrbinen.
A. Pfarr, Di« Turbinen für Wawerkraftbetriob, Berlin.
Viktor Gelpke, Turbinen und Tnri>inenanlagen, Berlin.
K. Reichel, Neuere Turbinen an lagen. Z. i T. L. log. 1893. S. 709 u. 893 ond 1900. S. 1117 a. f.
L. Qnants, Wasaerbaftmasehinen, Berlin 1907.
Wilh. Mflller, Die Frnnris-Tnrbinen und die Entwicklung des modernen Turbinen bauen, Haaaever.
WilL Wagenbaeh, Neuere Tnrbinenanlagen. Berlin 1905.
F. Praiil, Die Tnrbinen nnd deren Begulatoren anf der Weltausstellung in Parkt 1900. Zttrica 1904
6.
Krafthäusek. A. Der bauliche Teil.
983
§ 6. Krafthfluser.
A. Der bauliche Teil der Krafthäoser.
Hierzu Tafel LXXVII.
Die Besprechungen dieses § sind gegliedert in
1. Aligemeines,
a) Die Wahl der Stelle für das Krafthaus,
b) Die Höhenlage des Maschinenflurs,
c) Die Lichtgebung durch Tageslicht,
d) Wände und Fussboden,
e) Die Laufkräne und die Höhe des Ma-
schinensaales mit Tab. I,
f) Heizung,
g) Lüftung,
n) Übersicht über die bei 82 Anlagen ge-
wählten Maschinen- und Fernleitungs
Spannungen mit Tab. II,
2. Krafthäuser mit liegenden Schacht-
3. Krafthäuser mit stehenden Schacht-
turbinen,
4. Krafthäuser mit stehenden Gehäuse-
turbinen,
5. Krafthäuser mit liegenden Gehäuse-
turbinen,
6. Die Kabelkanäle,
7. Die Schalträume,
8. Die Transformatorenräume,
9. Die Nebenräume,
10. Die Bedachung.
turbinen,
1. Allgemeines, a) Die Wahl der Stelle für das Krafthaus. Bei Aufstellung
der Entwürfe für das Wehr und den Werkkanal werden die Stellen für den Einlauf
und die Ausmündung des Betriebswassers bestimmt und damit das theoretische Druck-
gefälle, welches man erzielen will oder kann, festgelegt. An welcher Stelle zwischen
Einlauf und Ausmündung man das Krafthaus zu legen hat, ist in der Hauptsache eine
Kostenfrage. In den meisten Fällen wird das Krafthaus in der unmittelbaren Nähe der
Ausmündungsstelle zu errichten sein, sodass der Unterwasserkanal oder die Turbinen-
kanäle nur ganz kurz werden.
Von den im Kapitel II beschriebenen 35 Werken liegt bei den nachstehend auf-
geführten 25 Anlagen d. h. bei rd. 71% das Krafthaus unmittelbar an der Ausmün-
dungsstelle.
1. Turbigo, Taf. IV, Fig. 1 u. 2.
2. Funghera (8. 368).
3 Ceres Ala, Taf. XI, Fig. 1, vergL das unterste
Krafthaus (Zentrale Rusia) der 3 fach ge-
staffelten Anlage.
4. Noyalesa a. d. Cenischia, Taf. XII, Fig. 1.
5. Morbegno, Taf. XVI, Fig. 1 und Taf. XVII,
Fig. 8.
6. La Goule, Taf. XVIII, Fig. 1 u. 7.
7. Les Cläes-Yyerdon (S. 405).
8. Kubelwerk, Taf. XX, Fig. 1 u. 9 und Taf.
XXI, Fig. 2-5.
9. Wangen, Taf. XXIII, Fig. 1 -und 8. 481 u. ff.
10. Besnau, Taf. XXIV, Fig. 3 und Taf. XXV,
Fig. 2 und 8. 434.
11. Kanderwerk, Taf. XXV, Fig. 3 und Taf.
XXVI, Fig. 8 und 8. 489 u. ff.
12. Chevres, Tal XXVII, Fig. 1.
18. La Dernier-Vallorbe, Taf. XXX, Fig. 1
und Taf. XXXI, Fig. 6 und 8. 465.
14. Lac Tanay bei Vouvry (Abb. 98, 8. 469).
15. Rafslund, Taf. XXXIII, Fig. 6 und 8. 488.
16. Kykkelsrud, Taf. XXXIV, Fig. 2 und 8. 490.
17. Jajce, Taf. XXXV, Fig. 1 und Taf. XXXVI,
Fig. 1 und 8. 495.
18. Livet (Abb. 118, 8. 580 u. 8. 581).
19. Ontario Power Co., Taf. XIIV, Fig. 3, 4
u. 5 und S. 543.
20. Niagara Falls Hjrdraulic Power and
Manufaeturing Company, Taf. XLIV,
Fig. 7 (das Krafthaus ist durch den Buch-
staben (b) bezeichnet), Fig. 8 u. 9 und
Abb. 128, 8. *49.
21. Sault St Marie (Abb. 129, 8. 552).
22. Bheinfelden, Tat XLVH, Fig. 1 und & 581.
28. Stuttgart-Marba6h,Taf.XLVIundS.572.
24 Ürft-Talsperre, Taf. XLVIII, Fig. 5 u. 10
und S. 598.
25. Queis-Talsperre bei Marklissa, Taf. L
(das im Bau befindliche Kraft haas wird
dicht am Queis errichtet).
984 HL Theodor Koehn. Ausbau vom WAflaHuaüLFroar. EmsLHBBEH.
Bei der Anlage Turbigo war ursprünglich der Werkkanal auf der reckten Seite
des Naviglio Grande projektiert (S. 355 und Taf. IV, Fig. 1). Da das bis zur
Aumündungsstelle gewinnbare Gefälle 7,5 bis 8,2 m beträgt und das Terrain am rechten
Ufer des Naviglio Grande nicht erheblich höher als der Wasserspiegel des genannten
Kanals liegt, so hätte der neue Werkkanal auf seinem unteren Laufe in einem Damm
liegen müssen und am unteren Ende bei 3,5 m Wassertiefe mit der Sohle etwa 4 m über
Terrain. Bei dieser Lage des Werkkanals hatte man durch einen Kostenvergleich prüfen
müssen, ob nicht durch Verschiebung des Kraftwerkes aufwärts und durch Anlegung
eines längeren, ganz in das Terrain einzuschneidenden Unterwasserkanals eine
vorteilhaftere Anordnung erzielbar gewesen wäre. Bei der gewählte]! Lage am linken
Ufer hingegen konnte der Werkkanal bis an das Krafthaus heran im Einschnitt
bleiben und es ergab sich deshalb die Lage des Krafthauses unmittelbar an der Aus-
mündung ohne weiteres als die vorteilhafteste.
Bei der Anlage Vizzola (Taf. I, Fig. 1 und 6) hätte es in Frage kommen
können, das Kraftbaus näher an den Einschnitt bei Castel Novate (Abb. 42, S. 343)
heranzuschieben, um die Länge des Brückenkanals abzukürzen; allein man musste es
vermeiden, in der Nähe der oberen Schleusengruppe (Taf. III, Fig. 2) die mehr als
20 m tiefer liegenden Fundamentgruben des Krafthauses und des Unterwassarkanals
auszuheben und zog es deshalb vor, das Krafthaus in der Nähe der unteren Schleusen-
gruppe anzulegen. Die Verlegung des Krafthauses noch näher an die Ausmündung in
den Tessin heran musste deshalb ausser Betracht bleiben, weil der Brückenkanal pro
lfm. erheblich teurer wurde als der Untenvasserkanal und weil die elektrischen Fern-
leitungen zum grössten Teil in Richtung kanalaufwärts verlaufen, also bei einer Ver-
schiebung des Krafthauses abwärts länger geworden wären.
Bei der Anlage Bergamasca (Taf. IX, Fig. 6) konnte man das Krafthaus
deshalb nicht weiter flussabwärts verschieben, weil das Terrain so flach wird, dass es
im Überschwemmungsgebiet des Brembo liegt. Es war deshalb vorteilhafter, den Unter-
wasserkanal durch dieses Gebiet bis zur Ausmündungsstelle zu graben.
Zwei voneinander unabhängige Gründe sprachen bei der Anlage Pont St Martin
(Taf. XIII, Fig. 1) für die gewählte Lage des Krafthauses. Erstens beabsichtigte man
in der Nähe des Krafthauses eine Kalzium-Karbid-Fabrik (S. 378) anzulegen und musste
für dieselbe einen Eisenbahnanschluss haben, welcher bei weiterer Verschiebung des
Kraftwerkes abwärts erheblich teurer geworden wäre, zweitens aber fallt das Terrain
weiter abwärts stark und schon auf der letzten Strecke vor dem Krafthause musste
man eine Art Brückenkanal mit beiderseitiger Dammschüttung (Tal XIV, flg. 2)
anlegen. Die Verlängerung dieses Profils wäre pro lfm. erheblich teurer geworden als
der Unterwasserkanal.
Bei der Anlage St. Maurice-Lausanne (Taf. XXVIII, Fig. 5) wird den
Krafthause das Betriebswasser nach vollem Ausbau durch drei Druckrohre von je 2,7 m
Dm. zugeführt, und es ergab sich aus einem Kostenvergleich, dass die weitere Verlänge-
rung dieser Druckrohrleitung stromabwärts erheblich teurer geworden wäre als bei den
gegebenen Höhenverh<nissen des Terrains die Anlegung des Unterwasserkanals1).
Bei der Anlage Hagneck (Taf. XXXII, Fig. 2) wurde die Stelle für das Kraft-
haus mit Rücksicht auf das Längennivellement des Terrains gewählt, welches sich bald
i) Auf 8. 457 rnuss es vom Unterwassokanal statt — «bis er die Jura- Simplen-!
kreuit* — heiseen „Ms er die Jura-Simplon-Straaee kreuzt*. Die Strasse ist hier durch eine Bride
ht armiertem Beton, System Hennefciqtie, überfahrt
§ «■
Kraptbäubkb. A. Der badliche Teil.
abwärts des Krafthanses stark verflacht, sodass auch hier der Werkkanal pro lfm. teurer
geworden wäre als der Unterwasserkanal. Dazu kam aber noch, dasB man die Zngang-
lichkeit des Krafthanses durch 'die Verlängerung der vorhandenen Strasse am ein-
fachsten und billigsten Q^^j^tt durch die Sperrmanor im Sionlenuiae bei ClMremont mit an-
erreichen konnte. mittelbar ansebliesMiidem Kraftbanse.
In dem engen
schlnchtartigen Tal des
Drac (Abb. 108,8.498)
musste man eine sich
bietende Verbreiterang
der Talsole (Taf.
XXXVII, Fig. 1) für
die Erbauung des Kraft-
baosesderAnlageAvig-
nonnet benutzen. Auch
war an der gewählten
Stelle die Herstellung
einer Brücke und der
Bau einer Zufahrte-
strasse im Anschluss
an eine vorhandene
Chaussee am leichtesten
zu erreichen. Man
konnte aber den Unter-
wasserkanal nicht auf
dem kürzesten Wege
in den Drac fuhren,
weil dann die Ausmün-
dimg desselben in ein nach der Floasmitte zu "konvexes Ufer gekommen wäre and man
die Versandtang der AosmOndang hätte befürchten müssen. Es wurde deshalb die Ana-
mündung des Unterwasserkanals abwärts
■ ■ n. ii i , ,, , .. Abk. 844. Gmndrififl dar Sperrmauer im Siouleflnse
bis an eine Stelle verlegt, wo die Ansmim- mit Kranbaus.
dang an einer konkaven Uferlinie erfol-
gen konnte.
Der Kostenvergleich zwischen einer
Verlängerung des Oberwasserkanals und
einer entsprechenden Verkürzung des Unter-
wasserkanals ist für die Lage des Kraft-
hanses bei der Anlage Jonage-Cnsset-
Lyon zugunsten des längeren Unterwasser-
kanals ausschlaggebend gewesen (Taf.
XXXVIIL Fig. 1 nnd 2). Man brauchte
für den Damm auf der letzten Haltung
des Oberwasserkanals den Einschnittboden ans dem Unterwasserkanal. Überdies wäre,
wie Fig. 1 zeigt, durch Verschiebung des Kraftbanses abwärts eine wesentliche Ver-
kürzung der Femleitungskabel nach Lyon gleichfalls nicht za erzielen gewesen. Aach
die Zagänglichkeit des Krafthanses durch eine vorhandene Strasse spielte bei der Wahl
der Stelle eine Bolle.
986
HL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheitev.
Das Krafthaus der Anlage Champ (Füre et Morge) (Taf. XLHI, Fig. 3) ist
mit einer Front an die Chaussee Grenoble-La Mure gelegt, einmal wegen der
besseren Zuganglichkeit
Abb. 845 und 846. Querschnitt und Gnmdriss der Staumauer im Patapeco- j m. „ j
flusa mit eingebautem MasekinensaaL md «weiten«, um aus dem
Überschwemmungsgebiet
des Drac herauszukom-
men. Das TurbinenwasBer
wird durch einen mit
Dämmen eingefassten
Unterwasserkanal in den
\£"Zfo^jjjffi gTjg-, Drac zurückgeleitet. (Abb.
^^^ ^ "' 123, S. 539).
Die Krafthäuser der Anlage Niagara Falls Power
C o. musste man in der Nabe des Einlaufe anlegen (Abb. 125,
S. 546), weil es unmöglich war, für einen offenen oder über-
wölbten Werkkanal durch die Stadt Niagara- Falls (Tal
XLIV, Fig. 7) das nötige Terrain zu erwerben. Man fahrte
deshalb das Betriebswasser aus den Turbinen in einem aus-
gesprengten Tunnel unter die Stadt hindurch in den Fluss.
Beim Lechwerk-Gersthofen ergab es sich schon
aus Gründen der Bodenbewegung als vorteilhaft, den Unter-
wasserkanal 4274,6 m und den Oberwasserkanal nur 2965,3 m
lang zu machen (Abb. 135, S. 560). Auch wäre die Dichtung
des Oberwasserkanals, der allmählich in einem Damm zu
liegen gekommen wäre, bei der Durchlässigkeit des Bodens
schwieriger und kostspieliger geworden. Dazu kam, dass in
der Nähe der für das Krafthaus gewählten Stelle geeignete
Terrains für die Fabriken, der Hauptabnehmerin des Kraft-
werkes, nämlich der Farbwerke Meister, Lucius, Brüning
& Co. erworben werden konnte, und dass die Zugänglichkeit
•
der Stelle durch Anschlags an die Chaussee und an die Eisen-
bahn verhältnismässig leicht zu erzielen war. Schliesslich kam
in Betracht, dass die Stadt Augsburg, welche das Haupt-
4onsumgebiet für den Kleinverkauf des Stromes bildet, fiuss-
aufwärts liegt und dass bei einer Verschiebung des Kraft-
hauses nach abwärts die elektrischen Fernleitungen hatten
verlängert werden müssen.
Bei Talsperren kann es sich als die einfachste und
billigste Lösung ergeben, das Krafthaus unmittelbar an die
Luftseite der Sperrmauer zu verlegen, wie es z. B. bei der
Sperrmauer am Siouleflusse im Departement Puy de
Dome zu Queille bei Clairemont geschehen ist (Abb. 217,
S. 734, umstehend wiederholt*) und Abb. 344).
In ähnlicher Weise liegt das Krafthaus beim Wasser-
kraft-Elektrizitätswerk am Catawba River in der Nähe
t) B.De laBrosse, Las Installation* Hydro-Älectriqi
la Region des Alpes 8. 89.
§ 6. KrafthIuser. A. Der bauliche Teil. 967
von Rockhill Süd-Karx>lina «(S. 609, ad 45) und das Kraftbaas der Atlanta
Water and Electric Power Company an den Morganfällen (Abb. 355, S. 1101).
Bei der Wasserkraftanlage am Patapsco-Fluss bei Ilchester*) etwa 25 km
südlich von Baltimore ist sogar das Krafthaus direkt in den Staudamm hineingelegt
(Abb. 845 und 346). Es handelt sich hier allerdings nur um kleine Einheiten von
300 KW. Der Staudamm ist zwischen den Ufern 67 m lang, an der Sohle 12,2 m breit
und bat 7,27 m Kronenhöhe über der Flussohle im Oberwasser. Die Krone hegt rd.
8 m über dem normalen Unterwasserspiegel. Das nutzbare Gefälle kann aber bei Hoch-
wasser dadurch etwas grösser werden als die Differenz zwischen Ober- und Unterwasser-
spiegel, dass man durch Ziehen der Freilaufschätzen die Ejektorwirkung (S. 988 und
Abb. 348 u. 349) des strömenden Wassers mit benutzt.
An beiden Enden ist der Damm 8,0 m höher als die Überfallkrone, um die Ufer gegen Über-
schwemmung zu schätzen und um bequeme Zuginge zu dem Innern des Dammes zu schaffen. Der
Überlaufrahmen ist 51,0 m lang und kann mittelst Staubohlen noch um 0,60 m erhöht werden. Die
Staukure reicht etwa 1,2 km flussaufwArts bis zum Unterwasser einer Baumwollfabrik mit Wasserkraft-
betrieb in Ilchester. Der Dammkörper besitzt eine Decke aus Eisenbeton, welche auf 19 Streben aus
Beton ruht. Diese Decke ist an der Sohle 0,45 m dick und nimmt nach der Krone zu bis auf 0,25 m
ab. Der Beton ist im Verhältnis 1 Zement, 2 Sand und 4 Eies gemischt und mit 19 mm dicken
gewellten Eisenstäben, welche in Abständen von 0,115 m liegen, armiert Die Streben stehen im Abstand
yon je 8,65 m und sind unten 0,61 m und oben 0,40 m dick. Die Mischung des Betons für dieselben
geschah im Verhältnis von 1 Zement, 3 Sand und 6 Teile Kies. Die Kanten der Strebepfeiler und der
Betondecke an den Einlaufen des Turbinenwassers und dem Freigerinne sind mit 19 mm dicken gewellten
Eisenstäben, die in Sätzen von je 3 zusammengelegt sind, verstärkt
Das Wasser flieset auf einen gekrümmten Abfallrücken bis etwa zur Hälfte der Abfallhohe
und stürzt dann lotrecht in das Unterwasser ab, dessen felsiger Untergrund durch das Wasserpolster
yor Ausschleifungen geschützt ist. Der eigentliche Maschinenraum im Damminnern ist 83,0 m lang and
zwischen den Streben mit einer inneren Wand und Decke abgeschlossen. Die Entfernung dieser inneren
Umschliessungswand yon der Aussenwand der Sperrmauer beträgt überall mindestens 1,5 m, sodass
etwaiges Sickerwasser nicht in das Innere des Maschinenraumes dringen kann, sondern in das Unter-
wasser unschädlich abgeführt wird. Auch in dem Teil der Sperrmauer, welcher z. Z. noch nicht ausge-
nutzt ist und daher noch keine Doppelwand enthält, soll sich ausser am Boden kein Wasser ansammeln.
Die Fenster der luftseitigen lotrechten Wand des Maschinenraumes liegen unter dem Wasserfall und
lassen für gewöhnlich ausreichendes Tageslicht in den Maschinenraum ein. Nur wenn das Flusswasser
infolge von starken Niederschlägen getrübt ist, muss man auch bei Tage künstliches Licht anwenden.
Der Maschinenflur ruht auf den nach unten pfeilerartig verbreiterten Streben und besteht eben-
falls aus Eisenbeton. An den Stellen, wo die Maschinen stehen, ist er mit Eisenträgern und Beton-
rippen versteift. Der 88,0 m lange Maschinenraum ist 8,0 m hoch und an den Streben 5,5 m, im übrigen
aber 8,2 m breit (Abb. 846). Vorläufig sind 2 Lef fei- Turbinen mit 865 mm LaafraddnrchmejBser aufge-
stellt. Sie machen 240 UmL/Min. und treiben je einen Allis-Chalmers Drehstrom-Erzeuger von 300 KW
bei 11000 Volt und 60 Per./Sek. an. Die Erregermaschinen werden mit Riemen von der Dynamowelle
angetrieben. Baum für einen dritten Maschinensatz ist noch vorhanden. Die Zuführung des Betriebs-
wassers erfolgt durch je ein eisernes Bohr von 1,0 m Dm., dessen Mündung 2,0 m unterhalb der
Dammkrone liegt und mit einem Rechen abgedeckt ist Eine Verstopfung dieses Rechens ist nicht zu
befürchten, da Schwimmkörper nicht an ihn herankommen. Neben dem Maschinenraum sind zwei Frei-
gerinne angelegt Die unter dem Maschinenflur befindlichen Turbinenkanäle führen offen ins Unter-
wasser. Erwähnt sei noch, dass an einem Ende des Dammes ein hölzerner Fischpass angelegt ist
Der Maschinenraum ist für die drei kleinen Einheiten sehr geräumig, es ist aber
wahrscheinlich, dass man mit reichlichem Niederschlagwasser an den Wänden und
Decken zu kämpfen haben wird. Immerhin zeigt diese Lösung die ausser-
ordentliche Frische und UnTOreingenommenheit, mit welcher man in
Amerika an dergleichen Aufgaben herantritt. Wenn in Deutschland die
Ausnützung auch der kleineren Wasserkräfte durch Talsperren den
•) Zeitsdlr. d. Ter. deutscher Ing. 1907. R 1640. Electrica! World. 8. August 1906. S. 207.
988
IIL Theodor Kork*. Ausbau vom Wasserkräften. Einzelheiten.
wünschenswerten Umfang annehmen soll, so wird man anch hier zu
neuen und billigen Konstruktionen übergehen müssen, damit der wirt-
schaftliche Nutzen in das richtige Verhältnis zum aufzuwendenden
Baukapital gebracht
Abb. 847a und b. Schematiche Darstellung eines Krafthaoßes im wird (vergl. S. 712).
Wehrpfeiler und am Ufer. D Vorschlag bei
Anordnung b wird na«h Ansieht de« V«r£ua«» in den meisten Flllen den Vor- wawiM«^, ^«»
sog vor der Anordnung naeh a verdienen. Ausnützung einer Staustufe
in kanalisierten Flüssen das
Krafthaus direkt in das
Wehr zu bauen, ist in
a Deutschland schon häufiger
und zwar nach Wissen des
Verfassers zuerst von Prüs-
mann gemacht (Abb. 347a
u. b). Die Verwirklichung
dieses Vorschlages wurde
aber doch erhebliche Nach-
teile im Gefolge haben, deren
Berücksichtigung in den mei-
stenFällen dazu führen durfte,
das Erafthaus lieber an das
Ufer zu setzen. Man ist im
letzteren Falle in der Er Wei-
terungsfähigkeit freier,
— ein Gesichtspunkt der oft
Abb. 848. Laoenlan der Kraftanlage Chevers mit der neuen Grundmauer nebst Eisabweiser (vergL
S. 447) zur Abhaltung des Kieses und Eises vom Oberwasserkanal und den neuen Schützen zur Ausnutzung
der ijjektorwirkjing (vergl. Taf XXVII, Fig. 1) in der Mauer zwischen Unterwasserkanal und Rhone.
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^^^^■^^^■^^■^^■^■^^^■■■^iH^A^^^^^^^^HH^^^^^^^^kA^H
§ 6. KbatthIusbr. A. Der bauliche Tun.. 989
gewiss von grosser "Wichtigkeit ist, — kann also das Krafthans je nach dem Wachsen des
Kraftbedarfes stückweise errichten. Die Anlegung der Baugrube und besonders die Wasser-
haitang und der Materialtransport Werden am Ufer bequemer und billiger. Man hat nicht
nötig, das Krafthans durch eine Brücke zugänglich zu machen. Schliesslich ist es grund-
sätzlich vorzuziehen, im Hinblick auf das in der Gegenwart unübersehbare Bedürfnis der
Zukunft möglichst wenig feste Einbauten im Flusse selber zu errichten. Die Hehrkosten
eines kurzen Einlauf beckens (Abb. 347 b) dürften demgegenüber nicht ins Gewicht fallen.
Neuerdings sind die Resultate von Versuchen veröffentlicht, welche q. a. bei der
Kraftanlage von Chövres gemacht wurden, um festzustellen, welches Mehrgefälle sich
bei höheren Wasserständen durch Benatzung der Ejektorwirkang des aus den Schützen-
öffnungen fliessenden Freiwassers erzielen laset (Abb. 848).
Man hat zu diesem Zwecke, da man eine Turbine nicht einbauen konnte, in die Öffnung Nr. 4 bei
A anter Benutzung der Dammbalhenschl ha» eine eiserne Hüfstchfitse mit nachbaachahnlichein Querschnitt
eingebaut und in dieser Schütze eine regulierbare DurehflnesOffnung D angelegt, durch welche die grSeate
Verbraachswassermenge einer Turbine hindurch flieeaen konnte. Auf diene Weise wurden die Yerhllt-
nisee möglichst ähnlich gestaltet, wie sie beim Einbau einer Turbine vorhanden gewesen wlren. Es
sind dann die WebrOffnnngen S und 5 an drei Tagen stundenweise geöffnet und sorgfältigst die Wasser-
stande bei A und ß (Abb. 348) gemessen. Das Resultat ist
in der umstehenden Zahlentafel wiedergegeben. Abb, 849. Schema eines in die Wehr-
Hieraus ersieht man, dass günstigstenfalls ein C^AusS?-1**? EeHo^k^Mldes
Gewinn an Gefalle und an Leistung von 37,9°/o erzielt durch die Wenrsffhnngen Messenden
worden ist. Um Bich die VersuchsreBultate wenigstens Wassers,
zum Teil zunutze zu machen, hat man bei Chevres
nachträglich in die Trennmauer zwischen Rhone und
Unterwasserkanal Schützen eingebaut (Abb. 348).
Ähnliche Versuche sind in Vessy an der
Arve am 26. August 1905 gemacht worden*).
Auf Grund dieser Versuche iet ebenfalls der
Vorschlag gemacht, die Turbinenanlage direkt in die
Wehrpfeiler einzubauen (Abb. 349). In Chevres
z. B. würde eine derartige Anordnung kaum emp-
fehlenswert gewesen sein, weil ohne sehr erhebliche
Verlängerung der Wehrachse die Turbinen nicht
in den Pfeilern hätten untergebracht werden können,
da man mit den lichten Weiten zwischen den Wehr-
Öffnungen wegen der Abführung des Hochwassers
doch an bestimmte Masse gebunden war (S. 443).
Im allgemeinen sind gegen den Einbau der Turbinen in die Wehrpfeiler selbst die-
selben Gründe anzuführen, welche weiter oben schon erwähnt wurden. Auch dürften
die Anlagekosten bei einem Krafthause am Ufer kleiner werden. Verfasser halt es
deshalb für zweckmässiger, den Mehrgewinn an Kraft bei Hochwasser durch Auf-
stellung von mehr Einheiten zu erzielen, als durch den Einbau der Turbinen
in die Wehrpfeiler und durch die so erreichbare unmittelbare Ausnutzung der
Ejektorwirkang.
Über den Raumbedarf für Krafthäuser wird in den nächsten Abschnitten
gesprochen werden, sodass auch dieser Gesichtspunkt bei Auswahl der Stelle für das
Krafthaas berücksichtigt werden kann. Es sei auch auf Kap. m § 5 (S. 954 n. ff.) verwiesen,
*) H. E. Grüner, Basel, Die Ausnutzung des Hochwassers bei Wasserkraftanlagen. Zeitschr.
d. Ver. deutscher lag. 1906. S. 1821, wo auch Ober die Versuche in Chevres berichtet ist
990
III. Theodor Koehk. Ausbau voh WabbkrkbAttbx. Eixzklhbiten.
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§ 6. KbafthIubeb. A. Der bauliche Teil. 991
wo eine Näherungsmethode zur überschläglichen Berechnung des Raumbedarfs aus dem
Vergleich mit ausgeführten Anlagen angegeben ist.
Abgesehen von den oben besprochenen Sonderfällen des Einbaus des Krafthauses
in das Wehr ist der volle Ausbau des Krafthauses gleich in der ersten Ausfuhrung auch
im übrigen nur dann als wirtschaftlich beste Lösung anzusehen, wenn die volle Aus-
nützung der zur Verfügung stehenden Wasserkraft in so kurzer Zeit nach der Betriebs-
eröffnung zu erwarten steht, dass die Zins- und Tilgungsersparnisse gegenüber den Mehr-
kosten bei Ausführung eines zweiten und dritten Ausbaus des Krafthauses verschwindend
sind. Man wird deshalb nicht selten auf die Erweiterungsfähigkeit der Anlage
bei Auswahl der Stelle für das Krafthaus entsprechend Rücksicht zu
nehmen haben.
Wichtig ist natürlich auch die Beschaffenheit des Baugrundes. Bei felsigem, gut
lagerhaften Untergrunde in erreichbarer Tiefe kann man u. U. das Krafthaus auf einzelnen
Pfeilern fundieren. Dass man ein Krafthaus wie bei dem Wasserkraft-Elektrizitätswerk
Stockfors Traesliberi (Holzschleiferei) in Kotka (Finnland) ganz auf schmiedeeiserne
Säulen stellt (S. 608 ad 39), gehört immerhin zu den Ausnahmen.
Bei weniger tragfähigem Untergrunde wird man bestrebt sein, sofern es sich um
grössere Einheiten handelt, das ganze Krafthaus auf einer zusammenhängenden Platte
zu gründen, einmal um Sackungen einzelner Maschinen-Fundamentpfeiler zu vermeiden
und dann, um die Schwingungen, welche durch den Gang der Maschinen erzeugt werden,
möglichst zu verringern. Zur Erzielung einer möglichst gleichmässigen Verteilung der
Drücke auf die Betonplatte legt man, namentlich bei Bodenarten von geringerer Trag-
fähigkeit, in die Betonplatte eiserne Träger ein, wie es z. B. beim Krafthause Les
C16es-Yverdon, welches auf weichem Mergel zu fundieren war (S. 405), und heim
Krafthause Wangen (S. 432 und Taf. XXTTT, Fig. 2) geschehen ist.
Einige weitere Angaben über Rücksichten bei Fundierung werden noch in den
Abschnitten 2 — 5 folgen.
Dass das Krafthaus gut zugänglich sein muss, ist oben bei Erwähnung ein-
zelner Beispiele schon hervorgehoben. Man muss in der Lage sein, die schwereren
Maschinenteile beim Bau ohne allzu grosse Kosten unter den Kran bringen zu können6),
und es ist auch für den Betrieb von Wichtigkeit, dass man zu Wagen oder zu Rad
bequem an die Kraftstation heran kann, weil meist der Aufsicht führende Ingenieur in
der Nähe des Krafthauses wohnen muss und behufs Ersparnis von Betriebskosten hier
auch am einfachsten und billigsten die Verwaltung der Beserveteile für die Fernleitungen
und unter Umständen auch für die Anschlüsse Btc. untergebracht werden.
b) Die Höhe des Maschinenflurs. Man wird den Maschinenflur, wenn irgend
möglich, soweit über Hochwasser legen, dass die elektrischen Maschinen hochwasserfrei
bleiben. Allerdings ist man in dieser Beziehung bei Verwendung liegender Turbinen an
die höchst zulässige Saughöhe von 6,5 bis 7,0 m gebunden. Soll der Maschinenflur unter
dem Spiegel des höchsten Unterwassers liegen, so muss man die Wände und den Fuss-
boden des Maschinensaals wasserdicht anlegen. Ein Beispiel bietet die auf S. 1010
besprochene und in Abb. 354, dargestellte Anlage der Manchester Traction,
Light and Power Co. Auch die Bäume unter dem Maschinenflur, soweit sie für die Be-
dienung der Maschinen zugänglich zu halten sind, sind gegen das Eindringen von Hoch-
*) Bei der Anlage Hagneck (Tal XXXII, Fig. 1 und 2) kann man die schweren Maschinen-
teile auch per Kahn an das Krafthans heranbringen und durch einen Kran auf die Höhe des Maschinen-
flurs heben (S. 477).
992 III. Theodor Koehn. Ausbau vom Wasserkräften. Edtzelhkitbn.
wasser zu schützen. Liegen die seitlichen Lichtgebungsoffnungen unter dem höchsten
Hochwasser, so müssen sie mit Fenstern, welche ähnlich denjenigen Ton Schiffskajüten
wasserdicht abgeschlossen werden können, versehen sein. Derartige Fenster sind z. B.
für die Unterflurräuihe der Anlage Morbegno verwendet. Zweckmassig ist es, für das
Sickerwasser Sammelkanäle und einen Pnmpensnmpf anzulegen, ans denen das Wasaer
durch Pumpen entfernt werden kann. Als Beispiel sei auf das Krafthaus der Anlage
Kykkelsrud (Taf. XXXIV, Fig. 8 und S. 490) verwiesen.
c) Die Lichtgebung durch Tageslicht Ein Haupterfordernis eines guten
Krafthauses ist eine reichliche Tagesbeleuchtung.
Bei einreihiger Aufstellung der Gruppen ist reichliches Seitenlicht und Vermei-
dung von Oberlicht am meisten zu empfehlen und zwar stellt man immer die elektrischen
Maschinen, welche die sorgfältigste Bedienung erfordern, der Lichtquelle am nächsten,
wie es z. B. bei der Anlage Vizzola (Taf. II, Fig. 2 und Abb. 48, S. 351) geschehen ist.
Als feinere Beispiele seien genaont:
1. Das Krafthans Turbigo, Taf. VI, Fig. 8, 9. Chevres, Taf. XXVÜI, Kg. 1/2 ». 5
Taf. VII, Fig. 1 u. 2, und Abb. 86, 8. 449,
2. das Kraftbaas Pont 8 t. Martin, Taf. XIV, 10. La Dernier-Vallorbe, Taf. XXXI.
Fig. 5 u. 8 und Taf. XV, Fig. 1 u. 2, Fig. 1-5,
8. das Krafthans Morbegno, Taf. XVII, 11. Hagneck, Taf. XXXII, Fig. 6 und Taf
Fig. 7 und Abb. 61, 8. 895, XXXIII, Fig. 1—5,
4. das Krafthans Les CUes-Yverdon, 12. Kykkelsrud, Taf. XXXIV, fig. 7 m. &
Taf. XIX, Fig. 4 u. 6 und Abb. 66, 8. 405, 18. Avignonnet, Abb. 107, 8. 504,
5. Kabelwerk, Taf XXI, Fig. 8, 4 u. 5 14. Champ (Füre et Morge), Tal XLfflt
und Abb. 78, 8. 415 and Abb. 74, 8. 416, Fig. 1—8,
6. Wangen, Taf. XXIII, Fig. 1—5, 15. Gersthof en, Taf. XLV, Fig. 4 u. 5 nd
7. Beznau, Taf. XXIV, Fig. 1-4, Abb. 143, 8. 572.
8. Kanderwerk, Taf. XXV, Fig. 4 and
Taf. XXVI, Fig. 5.
Der besseren Lichtwirkung wegen wird man der Deckenkonstruktion einen mög-
lichst hellen Anstrich geben.
Öffnet man bei einreihiger Aufstellung auch noch die Wandflächen oberhalb des
Laufkranes durch Fenster, so wird man in den meisten Fällen durch Seitenlicht ohne
Oberlicht eine ausreichende Beleuchtung erzielen können. Diese hochliegenden Fenster
begünstigen eine wirksame Lüftung, wenn durch Öffnung der Türen und durch in Höhe
des Fussbodens liegende Zuluftkanäle für den Eintritt kühlerer Aussenluft und für den
erforderlichen Höhenunterschied zwischen Eintritt und Austritt der Luft gesorgt wird
(S. 998 u. ff).
Wenn, wie es bei Verwendung von liegenden Schachtturbinen und bei Einmündung
der Druckrohre von oben in die Turbinen (S. 943) der Fall ist, nur die eine Lingswand
für die Hauptlichtgebung in Frage kommt, ist es zweckmässig, diese Wand, wenn möglich
nach Norden zu legen und zwar einmal wegen der besseren Lichtgebung und zweitens zur
Vermeidung einer zu starken Erwärmung des Innenraumes im Sommer.
Werden beide Längsfronten mit grossen Seitenfenstern versehen, so empfiehlt es
.sieb, die Fenster an der Sonnenseite mit einfachen Holzladen auszurüsten.
Auch zweireihige Anlagen sind häufiger ohne Oberlicht ausgeführt, wie z. B. die
Krafthäuser Funghera (Taf. X, Fig. 11 und 12) und Jajce (Taf. XXXVI, Fig. 1—4).
Im letzteren Falle wurde eine dreischiffige Anlage und ein eisernes Gerüst mit Beton-
ausfüllung mit Bücksicht auf die Erdbebengefahr gewählt. Man konnte hier durch die
oberen Seitenlichter des Mittelbaues vollkommen genügendes Licht einführen.
§ 6. KrafthIusek. A. Dkr bauliche Teil. 993
Bei den Anlagen Jonage Gusset-Lyon (Taf. XL, Fig. 2 bis 4 und Abb. 115,
S. 520), sowie bei Rheinfelden (Taf. XLVII, Fig. 3, 5 und 6 und Abb. 147, S. 581)
wurde trotz einreihiger Aufstellung der Maschinensätze ausser Seitenlicht dennoch Ober-
licht verwendet. So gut die Lichtgebung durch das Oberlicht zweiffellos auch wird, es
begünstigt doch im Winter stark die Abkühlung und im Sommer trägt es mehr zur
Erwärmung des Raumes als zu seiner Lüftung bei. Selbstverständlich ist sorgfältigst darauf
zu achten, dass sich keine Tropfstellen über den elektrischen Maschinen bilden können.
Eine doppelreihige Anlage mit -Seiten- und Oberlicht zeigt das Krafthaus
der Urfttalsperre (Taf. XLVHI, Fig. 8—10). Hier ist das im First angelegte Ober-
licht so kurz, dass eine Tropfgefahr für die elektrischen Maschinen nicht besteht
Die künstliche Beleuchtung der Krafthäuser wird im Teil B dieses § besprochen.
d) Wände und Fussboden. Die Wände und der Fussboden sind zur
Vermeidung von Staub möglichst glatt und abwaschbar zu machen. Bei
einigen Anlagen ist in dieser Beziehung ein gewisser Luxus getrieben, indem z. B. die Seiten-
wände bis 1,5 — 2 m hoch mit glasierten Kacheln oder Stuccolustro (falscher Marmor) be-
kleidet wurden. Die bezüglichen Mehrkosten spielen im Vergleich zu den Gesamtanlage-
kosten keine erhebliche Rolle und da derart hergestellte Wände immerhin in bezug auf pein-
lichste Sauberkeit erziehlich wirken, so kann ein solcher Luxus u. U. wohl als gerecht-
fertigt angesehen werden. Ein solider Glattputz mit Ölanstrich, welcher abwaschbar
ist, genügt aber auch vollkommen.
Der Fussboden wird vielfach aus Terrazzomosaik hergestellt oder mit sauberen
Fliesen oder mit Holzdielen (wie der Flur über den Turbinenkammern bei Chevres
Taf. XXVm, Fig. 3) belegt. Zur Isolierung gegen Erde legt man zweckmässigerweise
um die elektrischen Maschinen herum entweder einen sauberen Holzfussboden oder besser
einen Belag aus bestem, dicken Linoleum und zwar bündig mit der übrigen Flur-
ebene, um ein Stolpern der Wärter zu vermeiden.
Um im Winter die Kälte und im Sommer die Wärme abzuhalten, empfiehlt es
sich die Mauerstärken der Wände nicht zu knapp zu wählen, sie aus wärmeisolierendem
Material herzustellen und wenn angängig Luftschichten einzulegen.
e) Der Laufkran und die Höhe des Maschinensaales. Jeder Maschinen-
saal muss mit einem Laufkran versehen sein, damit etwaige Reparaturen leicht und
schnell ausgeführt werden können. Die nachstehende Tabelle I gibt eine Übersicht über
die Tragfähigkeit der verwendeten Kräne bei einigen Anlagen, über die Höhe der Kran-
bahn über Maschinenflur und über die Gesamthöhe des Maschinensaales bis zur Dach-
binder-Unterkante. Über die Raumbedürfhisse wird, wie schon erwähnt, in den folgen-
den Abschnitten noch einiges mitgeteilt werden, allgemein gilt aber, dass bei einreihiger
Aufstellung zwischen den äussersten Vorsprüngen der Maschinen und mindestens einer
Längswand noch soviel Platz vorhanden sein muss, dass man daselbst die grössten
Maschinenteile bequem absetzen kann. Bei zweireihiger Aufstellung kann dieser Platz
im Mittelweg gewonnen werden.
e) Heizung. Obwohl im vollen Betriebe die Wärmeentwickelung der elektrischen
Maschinen (S. 995) stark genug ist, um den Maschinensaal ausreichend zu erwärmen, ist
es doch zweckmässig, an ein bis zwei Stellen Rauchrohre einzubauen und über Dach
zu fuhren, um nötigenfalls durch eiserne Regulieröfen den Maschinensaal heizen zu
können. Die Kosten hierfür sind gering. Meistens ist bei der Betriebseröffnung der
Kraftbedarf noch nicht so gross, dass ein stärkerer und fortlaufender Betrieb stattzu-
finden hat und dann kann der Aufenthalt in dem kalten Maschinensaal für das Personal
gesundheitsschädlich sein und eine Beheizung direkt notwendig werden.
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§ 6. Krafthäuser. A. Der badliche Teil. 995
f) Lüftung. Auf eine ausreichende Lüftung muss, namentlich in wärmeren
Gegenden, unbedingt Bedacht genommen werden, weil die Wärmeentwickelung der
Maschinen so gross werden kann, dass der Aufenthalt in dem Maschinensaal gesundheits-
nachteilig wird. Abgesehen davon leiden aber auch die elektrischen Maschinen bei zu
grosser Innentemperatur des Maschinensaales. Infolge der unvermeidlichen Erwärmung der
Maschinenwickelung während des Betriebes über die Höhe der Raumtemperatur hinaus sind
Betriebsstörungen zu befürchten, wenn letztere zu hoch wird. Jedenfalls wird die Wick-
lung ein und derselben Maschine viel später der Erneuerung bedürfen, wenn die Baum-
temperatur in massigen Grenzen gehalten wird und bei sachgemässer Anlage der Lüftung
werden sich die aufgewendeten Kosten als wirtschaftlich vorteilhafte Ausgabe erweisen.
Der Gesichtspunkt einer ordentlichen Lüftung des Maschinensaales
und der Transformatorenräume ist bei ausgeführten Krafthäusern
bisher in den meisten Fällen noch nicht in genügender Weise berück-
sichtigt, obwohl die aus dem Mangel der Lüftung entstehenden Übel-
stände von den Elektrotechnikern längst erkannt wurden. Es mögen
daher im nachfolgenden einige Anhaltspunkte gegeben werden, wonach der projektierende
Bauingenieur die generellen Anordnungen für die Lüftung treffen kann. Diese Anord-
nungen werden den Kostenanschlag, wenn von vornherein vorgesehen, nicht nennenswert
belasten, sind aber nachträglich entweder überhaupt nicht, oder nur mit grossen Kosten
und unter unliebsamen Störungen des Betriebes einzubauen. Für die endgültigen Einzel-
heiten des Projektes der Lüftungsanlage wird sich der entwerfende Bauingenieur bei
grösseren Krafthäusern zweckmässig mit einer Spezialfirma in Verbindung zu setzen haben.
Man darf annehmen, dass der gesamte Energieverlust in einer elektrischen
Maschine oder einem Transformator sich in Wärme umsetzt und dem Betriebsraum zu-
strömt. Bezeichnen: A die Leistung der Maschinen, bezw. der Transformatoren, in KW,
rf die Prozentzahl des wirtschaftlichen Wirkungsgrades (vergl. die Zahlentafeln S. 334
u. 1040), W die in einer Stunde erzeugte Wärmemenge in W.E. (kg/Kalorien), dann gilt
genau genug : W = 8,6 . A . (100 — rf) in WJE. «) (1)
Wird durch einen Widerstand die Spannung von E auf E^ Volt verringert
und beträgt die Stromstärke J Ampere, so strömen dem Betriebsraum aus dem Wider-
stände stündlich
W = 0,860 J (E — EJ in W.E. (2)
zu. Wenn man die Stärke des Widerstandes durch R in Ohm ausdrückt und die Strom-
stärke wieder durch J in Ampere, so gilt:
W = 0,860 R J* in W.E. (3)
Selbstverständlich werden die Energieverluste in den Leitungen, Schaltern, Kon-
takten etc. gleichfalls in Wärme umgesetzt dem Betriebsraume zuströmen, man kann
aber diese kleinen Wärmequellen vernachlässigen und sich damit begnügen, nur die in
den Maschinen, Transformatoren und Widerständen liegenden Hauptwärmequellen zu
berücksichtigen.
Um die Temperatur eines cbm Luft um 1° zu erhöhen, sind rd. 0,203 W.E. bei
unveränderlichem Rauminhalt erforderlich7). Es findet aber bekanntlich durch jede
Wand eines umschlossenen Raumes fortgesetzt ein Wärmeausgleich statt, falls die
Temperaturen zu beiden Seiten verschieden sind. Die Grösse dieses Wärmeausgleiches
ist in der Hauptsache abhängig von der Art und Dicke des Materials der Wände, des
«) Nach Angaben der Siemens-Schuckert-Werke, Berlin.
7) Matte, Des Ingenieurs Taschenbuch. 1905. Abt I. S. 292.
996 HI. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. EnnsELHErnof.
Fussboden*, der Dachflächen usw., sowie von der Grösse des Temperaturunterschiedes
aussen und innen.
Es wurde bereits oben (S. 993) empfohlen, die Umfassungswäade des Maschinen-
Saales und der Transformatorenräume aus wärmeisolierendem Material herzustellen, und
es empfiehlt sich weiter — namentlich in heissen Klimaten — bei einseitiger Licht-
gebung die lichtgebende Hauptfront nach der der Sonne abgekehrten Himmelsrichtung
zu legen.
Zur rechnungsmässigen Bestimmung der durch die Umschliessungsflachen aus-
strahlenden Wärme sind in nachstehender Tafel Zahlenwerte für den Erfahrungsbeiwert k
mitgeteilt, welcher angibt, wieviel W.E. stündlich durch 1 qm Umfangsfläche
für jeden Grad Temperaturunterschied stündlich durchgehen.
Zahlentafel für Wärmedurehgangswerte k (vergL Hatte 1905. IL S. 114).
1. Für volles Ziegelmauerwerk.
Starke der Mauer (ohne Putz) in m = 0,1% 0,25, 0,88, 0,51. 0,64, 0,77, 0,90, 1,03, 1,16,
k = 2,40, 1,70, 1,80, 1,10, 0,90, 0,80, 0,65, 0,60, 0,55.
2. Ziegelmauerwerk mit Luftschicht.
Mauerstarke in m = 0,24, 0,87, 0,5, 0,68, 0,76, 0,89,
k = l,4, 1,1, 0,9,0,8, 0,7, 0,6,
8. Sandstein und Kalksteinmauerwerk.
Mauerstärke in m = 0,80, 0,40, 0,50, 0,60, 0,70, 0,80, 0,90, 1,00, 1,10, 1,20,
für Sandstein k = 2,20, 1,90, 1,70, 1,65, 1,40, 1,80, 1,20, 1,10, 1,00, 0,95,
für Kalkstein k = 2,5, 2,2, 2,0, 1,8, 1,7, 1,5, 1,4, 1,8, 1,10,1,05.
4. Sandstein mit Ziegelstein-Hintermauerung.
Starke der Sandsteinmauer in m = 0,25, 0,25, 0,25, 0,50, 0,50, 0,50, 0,50,
Starke der Ziegel-Hintermauerung in m = 0,88, 0,51, 0,64, 0,12, 0,25, 0,88, 0,50,
k = l,0, 0,9 0,75,1,8, 1,0, 0,85,0,75,
5. Stampfbeton.
Starke in m = 0,05, 0,10, 0,15, 0,20, 0,25, 0,80,
k = 8,4, 2,7, 2,8, 2,0, 1,7, 1,5.
6. Türen und Fenster.
Türen. Fenster.
Fichtenholz 2—8 cm, 4 — 5 cm dick Einfaches Fenster
k= 2 1,5 k = 5
Eichenbolz 2—8 cm 4—5 cm dick Doppelfenster
k= 2,8 2,0 k = 2,25
7. Fussboden und Decken.
a) Steingewölbe mit Fliessenbelag k=l,66, d) Gewölbe mit Dielung als Fussboden k= 0,45,
Steingewölbe mit Asphaltguss k = l,58, als Decke k=0,7,
Steingewölbe mit Linoleum k = l,66, e) Balken mit einfacher Bretterlage k = lA
b) Eichener Stabfussboden in Asphalt k = 1,4, f) Balkenlage mit Windelboden, Fottuag,
c) Massiver Fussboden aber dem Erdreich Bohr und Putz, wenn kalte Luft oberhaft
k = 1,4, k = 0,48,
wenn kalte Luft unterhalb k = 0,22.
8. Dächer.
Teerpappdacb auf Schalung k = 2,18, Ziegeldach k = 4,85,
Zinkdach oder Kupferdach wie vor k = 2,17, Holzzementdach k = 1,82,
Schieferdach wie vor k = 2,1, Wellenblechdach k = 10,4.
Um also die Anzahl n der W.E., welche von innen nach ansäen standlich aus-
strömen oder von aussen nach innen eintreten können, zu berechnen, sind die Fliehen F
in qm mit dem Beiwert k und dem Temperaturunterschied d in Celsiusgraden zu multipli-
zieren. Bei deutschen Verhältnissen wird man für die nachstehenden Berechnungen
eine Temperatur von 30 ° im Freien als Höchsttemperatur ansehen können, und es kann,
§ 6.
Krafthäuser. A. Der bauliche Teil.
997
da eine solche Temperatur immerhin nur kurze Zeit herrschen wird, noch als statthaft
erscheinen, im Betriebsraum 36° vorübergehend zuzulassen. Es wäre daher die höchst
zulässige Übertemperatur mit 6° einzusetzen, also die qm der Umschliessungsflächen
mit dem Ausströmungsbeiwert k und mit 6 zu multiplizieren.
Aus diesen Überlegungen und mit Hilfe der angegebenen Zahlen lässt sich auch
eine Übersicht gewinnen, inwieweit es erforderlich ist, eine anderweitige künstliche
Beheizung der Maschinenräume vorzusehen. Die Transformatorenräume bedürfen
einer ständigen Aufsicht nicht und ihre Beheizung kommt deshalb nicht in Frage.
Wie sich die etwa erforderliche Beheizung verhältnismässig leicht und einfach
erzielen lässt, so lässt sich in den meisten Fällen auch die Abführung der durch die
Maschinen erzeugten W.E. in der heissen Jahreszeit durch verhältnismässig einfache
Mittel erreichen, wenn von vornherein bei der Bauanlage darauf Rücksicht genommen wird.
Das einfachste und zweckmässigste Mittel zur Abführung der W.E. aus Maschinen-
sälen und Transformatorenräumen ist der Luftwechsel. Die Anbringung von wasser-
führenden Kühlschlangen oder Kühlregistern an den Wänden des Maschinensaales oder
Transformatorenraumes selbst würde zu starken Niederschlägen führen und feuchte Wände
erzeugen, was durchaus unerwünscht ist.
Die Grösse des erforderlichen Luftwechsels wird ausgedrückt durch die Formel
L = owt-h in cbm/stunden- w
Hierin bedeuten:
L den stündlichen Bedarf an frisch zu- oder abzufahrender Luft in cbm,
w die durch den Luftwechsel stundlich abzuführenden W.E. = Wf n,
t die hochstzulässige Raumtemperatur in Celsinsgraden (in Kopfhöhe gemessen),
ti die höchste, praktisch in Rechnung zu stellende Aussentemperatur in Celsinsgraden, be-
ziehungsweise die Temperatur der Zuluft,
a die Ausdehnungszahl der Luft = 0,003665 = 1 : 273.
Nachfolgende Zahlentafel ergibt für eine Reihe von Fällen die zu- oder abzu-
führende Luftmenge L in cbm, für eine zu beseitigende Wärmemenge von 100 W.E. *).
Tafel der stündlich ah- oder zuzuführenden Luftmeng«
\ L in
cbm zur Beseitigung
einer
Wärmemenge
von 100 W.E.
Temperatur
Standlich zu- oder abzuführende Lnftmenge in cbm, wenn die zulfi
ssige Temperatur t
der Zuluft
des Baumes oder der Abluft beträgt:
tx in C°
18°
19° | 20° | 21°
22°
23°
24°
25°
26°
27°
28°
29° | 80°
15
116
87
70
60
50
44
40
86
88
80
28
26
24
16
174
117
88
70
60
51
44
40
86
88
80
28
26
17
848
175
117
88
71
60
51
45
40
36
88
80
28
18
850
175
117
88
71
60
51
45
40
86
33
30
19
—
—
351
176
118
89
71
60
51
45
40
86
33
20
—
—
—
352
177
118
89
71
60
51
45
40
86
Bemerkung: Die Zahlen gelten angenähert nach Formel 4 auch für andere Werte für tL und t,
wenn nur die Differenz dieselbe bleibt.
Wenn man also z. B., deutsche Verhältnisse zugrunde gelegt, eine Aussentempe-
ratur ^ = 30° C annimmt und die höchste zulässige Temperatur im Maschinensaal zu
36° C, so müssten L ~0,60 . w cbm Luft stand lieh durch den Raum getrieben werden.
») Hatte, Des Ingenieurs Taschenbuch. 1905. Abt. IL S. 104 u. 105.
998
IIL Theodor Kokhk. Ausbau von Wasserkräften. Eikzelheitek.
Die Herbeiführung des Luftwechsels kann nun geschehen:
1. Durch Anlagen, deren Wirkung auf Ausnutzung der Tempera-
turdifferenz (Druckdifferenz) beruht und
2. durch mechanische Lüftungsanlagen, deren Wirkung auf maschi-
neller Erzielung von Luftüber- oder Luftunterdruck beruht.
Zu der ersten Art der Anlagen gehören natürlich auch Fenster und Türen, aber
sie sind ron unzureichender Wirksamkeit, weil die genügende Höhe der Luftsäule fehlt.
Oft findet man an ein und derselben Seite zu Lüftungszwecken Luftlöcher a und a, in
den Wänden (Abb. 350) angebracht. Diese Art von Lüftung verfehlt aber vollkommen
ihren Zweck, weil die Luftströmung sich an der einen Wand entlang bewegt und daher
zur Wärmeabfuhrung aus dem Raum ungenügend beitragt.
Die Geschwindigkeit der Luft in Kanälen hängt ab von der Höhe h der Luft-
saule, (Höhendifferenz zwischen Eintritts- und Austrittsmündung), sowie von der Differenz d
der Temperatur der Aussenluft bezw. Zuluft t, und der Temperatur in dem gelüfteten
Räume und in den Kanälen t, t', t", t'" usw.9).
In der nachstehenden Zahlentafel sind Angaben für die Geschwindigkeiten v der
Luft in m/sek. gemacht gültig für den kleinsten freien Querschnitt des Kanals
bis zu Temperaturdifferenzen (t — t,) von 8° und für Höhen h, wie sie für Krafthäuser
meistens in Betracht kommen.
Lnftgeschwindigkeit v in m/sek. für den kleinsten freien Querschnitt von Kanälen.
Habe der
Luftstale
Temperaturunterschied
h in m
| d = 2°
d = 4°
d = 6°
d = 8°C
2
^^^
0,3
0,33
3
—
0,34
0,2
0,47
4
—
0.42
0,51
0,59
5
0,34
0,49
0,59
0,69
6
0,39
0,55
0,67
0,77
7
0,43
0,60
0,73
0,83
8
0,47
0.65
0,78
0,88
9
0,50
0,68
0,82
04»
10
•
0,52
0.72
0,87
0,98
Man darf das Mass h nicht vom Maschinenflur ab, sondern muss es ron der
Oberkante der Maschinen, der Transformatoren oder der Widerstände ab rechnen (TergL
Abb. 350).
Ab kleinster Querschnitt des Kanals wurde die Summe der Querschnitte der Ein-
trittsöffhungen a bezw. b zu verstehen sein, welche gleich derjenigen der Austritts-
Öffnungen a^ bt bezw. b, sein muss. Sind also die zuzuführende Luftmenge L und die
Differenz (t — tj) gegeben, so kann man auf Grund der vorstehenden Zahlentafel den
Querschnitt q der Luftzufuhrungs- und Abfuhrungsöffnungen q = — in qm berechnen
oder bei gegebenem Querschnitt q den erreichbaren Luftwechsel L=q . v ermitteln. Um
von der Windrichtung unabhängig zu sein, ist es zweckmässig zwei Reihen gegenüber-
liegender Öffnungen a und b und bj und s^ (Abb. 350) anzulegen. Auf der Windseite wird
•) Bezüglich der Formeln zur Berechnung der Luftgeschwindigkeit sei auf Hatte, Des Ingenieurs
Taschenbuch. 1905. Abt IL 8. 109 verwiesen.
§ ß. KeafthIüsek. A. Der bauliche Teil. 999
dann stets die untere Öffnung a oder b für den Eintritt der Frischluft, und für
Aastritt der Luft auf der gegenüberliegenden Seite b, oder aL zu öffnen sein.
Um die Hohe h zu vergrossem, kann man natürlich die Lnftsebächte über Dach
führen, oder sofern z. B. für Wohnzwecke etwa höhere Aufbauten vorhanden sind, an
oder in diesen Luftschachte mit entsprechenden Querschnitten anlegen. Hervorzu-
heben bleibt, dasB bei allen derartigen Anlagen die , , , _
ci i__ an j m - i_t*i ■■ i- t m. r Abb. 350. Schematischei Quer-
Entnahmestelle der Frischluft möglichst frei von scbnitt durch ein Krafthaus
Staubbildung sein mnss und dass die Luft nicht zu mitLaftiuigaanlageunterAns
, ,. X t -i » r •!• t ii • „. utltzuug der Druckdifferenz.
feucht sein darf, weil sonst freilich die ganze Luf- °
tungsanlage unter Umständen mehr schaden als
nützen kann. Dachreiter und hochgelegene Fenster können
nur dann eine wirksame Lüftung des Raumes in Maschinenhöhe
ermöglichen, wenn möglichst nahe am Boden ausreichende Off-
nungen für den Eintritt von Frischluft vorhanden sind.
Für grössere Anlagen wird man selten — nament-
lich in wärmeren Gegenden — mit Lüftungen, deren Wirkung
nur auf Ausnützung der Temperaturdifferenz beruht, auskommen
können, sondern zu elektrisch angetriebenen Venti-
latoren zu greifen haben. Derartige Ventilatoren, sind in der
Beschaffung sowohl wie im Betriebe verhältnismassig billig.
Sie können dort, wo, wie z. B. in Transformatorenräumen, keine Bedienung vorhanden
ist, durch einen Temperaturkontakt in Betrieb gesetzt werden, sodass sie nur dann
laufen, wenn es die anzulässig gesteigerte Raumtemperatur verlangt.
Es ist für Krafthäuser am meisten zu empfehlen, die Ventilatoren als Drücker
arbeiten zu lassen. Die vollkommenste Anlage entsteht aber, wenn auch noch Saug-
ventilatoren in den oberen Wandflächen hinzugefügt werden, welche die Luft aus
dem Maschinenraum saugen. Es ist wünschenswert in dem Maschinenraum Überdruck
zu haben, damit ans den Nebenräumen, z. B. aus dem Akkumulatorenraum , keine
schlechte Luft eintreten kann und damit die Wärmeausstrahlung durch die Wände be-
fördert wird. Zu diesem Zweck wird man die Drücker erheblich leistungsfähiger wählen
als die Sauger. Die erforderliche Betriebskraft eines Ventilators ergibt sich zu
0,0000048. L.h^Q.h'
s- ,<i+«y -75, mre- '■
Hierin bedeuten:
t, die Temperatur der Zuluft,
L die verlangt« Luftmenge in chm,< Stunden,
h die Druck höbe in m Luftsäule,
i? den Wirkungsgrad des Ventilators (j*n.Auniinm(l>^— 0,Wlwiai*nUBAa*4niet,04&b«uni*citen).
Q die Loflmenge in cbm'sek.,
h' die Drnekhöhe in mm Wassersäule = 1,293 h. Wegen a siehe 8. 99"/.
Bei Berechnung der Druckhöhe h sind übrigens eine ganze Reihe von Widerständen
zu berücksichtigen, deren Besprechung hier zu weit führen würde. Es sei deshalb wegen
der bezüglichen Formeln auf die Literaturangabe in Fussnote 10 verwiesen.
Beispiel: In dem Krafthanse der Anlage Vizzola (Tat. II, Fig. 1 u. 2 und Abb. 47, 48 u. 49,
S. 350/851) sind 10 Maschinen von zusammen rd. 14000 KW Leistung aufgestellt Nimmt man einen
Wirkungsgrad der Stromerzeuger von 93°/o an und macht ferner die Annahme, dass 70V der Maschinen
gleichzeitig voll belastet arbeiten, so werden nach Formel (1) stündlich 14000. 8,6. (100 — 93) . 0,7 -
589960,0 W.E. erzeugt Es soll hier die Annahme gemacht werden, dass die Temperatur im
m) Hatte, Des Ingenieurs Taschenbuch. 1903. Teil 11. S. 106—111 u. Teil I. S. 1306.
1000 HL Thäodok Kobhh. Ausbau vom WaübkukrIftew. EmELHEtrax.
Masehinensaale nicht höher als die Aussentemperatur steigen darf,
ein Wärmeausgleich dut durch den kahleren Fusshoaen und durch die nach den Drnckrohren
Wand in einer Höhe von etwa 8,5 m zu erwarten. Nimmt man die Temperatordifferens
Faasboden und dieser Wand einerseits and dem Innenraam andererseits an 10 Grad an, so wurde, da
die ausgleichenden Fliehen rcL 91,20 . 16,7 -f 91,20 . 8,5 « 2398 qm gross sind, wenn man den Anegfeka-
beiwert k zo 1,4 zugrunde legt, stündlich 2898.1,4.10 = 38572 WJL ausstrahlen. Es blieben also
durch Luftwechsel abzufahren: 589960 — 35572 = 554388 W.E. Hatte man hingegen eine A
peratur von z. B. 40° C angenommen und eine höchste Baumtemperatm- von 86 •, so hatte
554388 W.E. noch die von aussen durch die von der Aussenloft umspulten UmfaasungsiUehen dringen-
den W.E. = K . 4 . k -f- F'4k' -{-.•.. FB'4k>»' hinzuaddieren müssen. — Wenn man bei unseren Annahmen
in den Baum gegen die Aussentemperatur um 6 Grad abgekühlte Luft einführte, so würde ein
Luftwechsel L nach Formel (4) von 554388 . 0,60 = rd. 832633 cbm stündlich erforderlich seht. Es müastea
also sekL rd. 93 cbm/sek. oder rd. 560 cbm/Min. zugeführt werden. Wenn man sich die 10 Druck-
rohre von je 2,0 m Dm. mit Betongewölben umgeben und diese Gewölbe an dem
Schieberhause einige Meter lotrecht heraufgeführt und ihre entsprechend erweiterten
Mündungen behufs Abhaltung von Staub und Ungeziefer durch feinmaschige Siebe
verschlossen dächte, so würden diese Kanüle sehr geeignet für die Zuführung
gekühlter Luft sein. Man hätte sich diese Kanüle unter dem Maschinenflur fortgesetzt und bis
an die Generatoren herangefahrt zu denken. Jeder Generator selbst wäre etwa mit einer auf dem
Bande der Maschinengrube stehenden geschlossenen Blecbumhflllung zu umgeben, deren Mündungsöffhumg
in Höhe von etwa Maschinenoberkanto , also um rd. 2,0 m über dem Flur anzulegen wäre, damit die
Bedienungsmannschaften durch die austretende Luft nicht belästigt werden könnten. 0a auf jedes
dieser Lüftungsrohre demnach 9,3 cbm/sek. entfallen würden , müsste bei einer Austrittsgesehwin
93
der Luft von 2,5 m/sek. jede Austrittsöffnung eines Luftschacbtes am Generator ^~ £fi 3,8 qm
J,o
sein. Es wäre nun in jedem Luftkanal unter dem Maschinenflur ein Druckventilator für 560 cbm/Min.
einzubauen, wofür etwa eine Motorleistung von 3 PS« erforderlich sein würde")-
Die Oberfläche jedes Drnckrobres beträgt bei rd. 40 m ausnutzbarer Länge etwa 251 qm und
wenn man den Ausstrahlungsbeiwert k für Eisen zu 10 und die Temperaturdifferenz zwischen dem
Betriebswasser und der Luft an heissen Tagen zu 18° annimmt, so würden durchschnittlich durch jedes
Bohr stündlich 251 . 18 . 10 = 45 180 W.E. an das Wasser abgegeben werden können, also in allen
10 Luftkanälen 451800 W.E.
Durch jedes Bohr fliessen 7,1 bis 8 cbm/sek. Wasser, also stündlich 25560 bis 28800 cbm,
welche also nur um 0,00177° bezw. 0,00157° C erwärmt würden.
Um die oben als erforderlich ermittelte stündliche Luftmenge von 382633 cbm um 6° C abzu-
kühlen, sind 832633.0,203.6 = r<L 897470 W.E. abzuführen, sodass also die Kühlanlage ausreichend
erscheint
Die 10 Ventilatoren würden etwa 5000 Mk. kosten, die Betongewölbe dürften, wenn sie von
vornherein beim Bau hergestellt wären, etwa mit 12000 Mk. zu veranschlagen sein« sodass die gsnimte
Lflftnngseinrichtang einschliesslich der Blechumhüllungen an den Generatoren etwa auf 20—25000 Mk.
zu stehen gekommen wäre.
Der nachträgliche Einbau der besprochenen Lüftungsanlage würde dagegen, soweit er unter
dem Maachinenflur zu liegen käme, grosse Schwierigkeiten verursachen und wenn überhaupt anaffihrbar,
um ein vielfaches teurer werden.
Die Stromkosten für den Ventilatorenantrieb spielen bei Wasserkraftanlagen selten eine erheb-
liche Bolle; in Vizzola aber würde das noch um so weniger der Fall gewesen sein, weil gerade hn
Sommer wegen der Schneeschmelze im oberen Tessin Wasser immer reichlich vorhanden in sein pflegt
Jedenfalls würde an der Erhaltung der Maschinen ganz erheblich mehr gespart worden sein, als
Kosten für Verzinsung, Tilgung, Erneuerang und Erhaltung der Ventilationsanlage hätten ausmachen
Zur weiteren Vervollkommnung der besprochenen Anlage würden dann an den
beiden Giebelwänden noch je ein oder je zwei Saugventilatoren einzubauen gewesen sein.
Tatsächlich hat die starke Temperaturerhöhung in dem Maschinenraum der An-
lage Vizzola dazu beigetragen, dass die Wicklung einzelner Maschinen bereits nach
achtjährigem, allerdings sehr intensivem Betriebe einer Erneuerung bedarf.
ii) Hatte, Des Ingeniears Taschenbuch. 1905. Aht I. S. 1308.
S 6.
KrjmthAubeb. A. Der bauliche Tktl.
1001
Noch wichtiger »1b in europäischen Ländern ist die Einrichtung einer guten Lüftung
für elektrische Krafth&neer in den tropischen Gebieten, wie z. B. für den Maschinen-
Baal der Mezican Light and Power Company Ltd an den Necaxafällen — das
Krafthaas liegt etwa 150 km
Ton der Stadt Mexiko ent- Abh- ■"- InM™8 de* U^$un£?1£l ""SS* Li8ht 'nd PoWM
Company Ltd. an den NecsM-FsUen.
fernt, — woTon die Abb. 351
u. 352 eine Vorstellig geben.
In diesem Maschinen
hause sind 6 Drehatromgenera-
toren") von je 5600 KW- Leis-
tung aufgestellt Das Masehinen-
haus ist von Fhurhöhe bis Bnm
Dachfirst 19,8 m hoch, in Flur-
hohe 80,0 m breit und einschl.
der Nebenrtume id. 70,0 m lang.
Die Generatoren werden Ton
stehenden Peltonturbmen von je
8200 FS. mit 300 Uml.-Min.'»)
angetrieben. Da auf 100 PS«,
wenn man die Nebenrtume noch
hinzurechnet, etwa 4,85 qm kom-
men, so ist wie der Vergleich
mit den Angaben in Tabelle IT,
8. 1012 seigt, die Bodenflftche ver-
hältnismässig knapp. Obwohl das
Wasser in Druck rohrleitnngen
zugeführt wird und man also
sonst wohl liegende Haschi-
nen hatte wählen müssen,
entschtoss man sich hier
doch an stehenden Maschi-
nen, weil wegen des vul-
kanischen Charakters der
Gegend Erdbeben in be-
furchten sind und man die
bebaute Fliehe deshalb nach
Möglichkeit einschränken
wollte. Aus demselben
Grunde hat man auch eine
Eisen konsöuktion mit Be-
tonsuafDllung gewählt Die
Anordnung eines Daches
anf Polonceanbragern mit
Dachreiter ist wahrschein-
lich im Hinblick auf die
bessere Lüftung gewählt
worden. Es wire aber
besser gewesen, aar Abhal-
tung der Warme ein flaches Dach mit Holaiement ahne Oberlicht aufzusetzen und für künstliche
Lüftung eu sorgen. Man hatte die eine nach Norden gestellte Ltngswand mit Seitenlicht versehen
und an der nach Baden gerichteten Wand sur weiteren Lichtgebung in passenden Feustergrosaan licbt-
a Wandteile aus Glaasteinen, welche sehr gut w armeisolierend wirken, herstellen können.
u den Siemens-Schuckertwerken, Berlin (vergl. Modem Mexico Toi. XX, Nr. 7,
n Escher, Wyss 4 Co., Zürich.
Abb. 852. Ansteht des im Bau befindlichen Krafibeuses der Mexican Light
and Power Company Ltd. an den Neoaxa-Fallan.
"} Geliefert i
1906, 8. 88).
is) Geliefert (
[
1002 IH. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften, Einzelheiten.
Ans dem oben gegebenen Beispiel kann man hier leicht übersehen, welche Temperator in einem aolchen
Maschinenraum entstehen muas bei einer Aussentemperatnr von Aber 40 •, und es haben sieh tat-
sächlich auch für den Konstrukteur der elektrischen Maschinen ans dem Mangel
einer künstlichen Lüftung erhebliche Schwierigkeiten ergeben. Dabei wäre aber
gerade hier eine künstliche LuftzufOLhrung deshalb verhältnismässig leicht anzubringen gewesen, weil
die sechs eisernen Druckrohre von je 30" = 762 mm Dm. bis unmittelbar an das Krafthaus in einen
etwa 865,0 m langen Tunnel herangeführt werden. Dieser Tunnel wäre als Luftungskanal unmittel-
bar verwertbar gewesen. Man hatte nur unter den Maschinenflur einen oder mehrere grosse Lnft-
schächte anzulegen gehabt, welche man an den einzelnen Maschinen hatte ausmunden lassen können.
Bemerkt sei noch, dass bei derartigen Anlagen die Luftschächte vor der Betriebs-
eröffnung sorgfaltigst sanber gemacht werden müssen, damit Staubbildung ver-
mieden wird, und dass man zur Abhaltung von Ungeziefer die Eintrittsöffnungen mit
feinmaschigen Sieben versehen muss.
g) Über die Maschinen- und Fernleitungsspannungen, welche bei
32 im Kap. II beschriebenen Anlagen gewählt wurden, gibt die nachstehende
Tabelle II Auskunft, um die vorläufige allgemeine Übersicht zu erleichtern.
2. Krafthäuser mit liegenden Schachtturbinen, Bei dieser Art von Krafthäusern,
welche noch bei Druckhöhen bis zu 15m (S. 764) gebaut werden, bildet die aufwarte
gelegene Wand des Maschinensaales zugleich eine Wand der Turbinenkammern.
Beispiele hierfür sind die Anlagen
1. Turbigo (Tat VII, Fig. 1), 3. Wangen (Tai. XXIII, Fig. 1—3),
2. Pont Saint-Martin (Taf. XV, Fig. 1 4. Sault St. Marie (Abb. 130, S. 553),
und 4), 5. Lechwerk-Gersthofen (S. 1008).
Von der Ausbildung der Turbinenkammer war schon im Kap. III, § 2 Werk-
kanäle (S. 832) die Rede, sodass nur wenig hinzuzufügen ist. Lassen die klimatischen
Verhältnisse Eisbildung nicht befürchten, so kann man durch Verlegung des Rechens
hinter die Kammerschützen in die einzelnen Turbinenkammern hinein nicht unerheblich
an Breite des Gesamtquerschnitts sparen und die Anlage verbilligen (vergl. die Anlagen
Turbigo und Pont Saint-Martin und Tabelle III. S. 1009).
Für jede Turbinenwelle ist eine besondere, völlig abschliessbare Kammer anzu-
legen, damit jede Turbine für sich ausser Betrieb gesetzt werden kann.
Um Wirbelbildungen zu vermeiden, welche Luft mit ansaugen könnten, wird der
Durchflussquerschnitt der Turbinenschächte meistens so bemessen, dass die Geschwindig-
keit der absteigenden Wassersaule 0,80 m/sek. nicht erheblich übersteigt.
Die Höhenlage der Sohle, auf welcher die Turbinen ruhen, ist bestimmt 1) durch
die höchstzulässige Saughöhe (6,5 bis 7,0 m) und 2) durch die Höhe des Maschinenflurs,
welcher wie S. 991 bereits gesagt, tunlichst so hoch liegen muss, dass alle Teile der elek-
trischen Maschinen hoch wasserfrei stehen. Da das Wasser bei Schachtturbinen mit liegender
Welle stets am ganzen Umfange eintreten muss, so ist es notwendig, die Leitschaufelkrinze
mit ihrem unteren Teile so hoch über der Sohle des Schachtes anzuordnen, dass auch
in die untersten Leitschaufeln genügendes Wasser gelangt. Turbinen mit einem Kranz
(Einradschachtturbinen) hat das Krafthaus Glattfelden (Taf. LX VII, Fig. 2), Turbinen
mit zwei Kränzen haben die Anlagen Lechwerk-Gersthofen (Taf. XLV, Fig. 4
und Taf. LXVm, Fig. 1—4); Turbigo (Taf. VH, Fig. 1) und Pont Saint Martin
(Taf. XV, Fig. 1 — 4); mit drei Kränzen die Manchester Traction Light and
Power Co. (Abb. 354, S. 1010); mit vier Kränzen die Anlagen Wangen (Tat XXIII,
Fig. 1 bis 3) und Sault St. Marie (Abb. 130, S. 553); mit sechs Kränzen die
Anlage Pasiano (Taf. LXVII, Fig. 3). Mehr Kränze als sechs werden selten zur
Verwendung kommen. Bei den Turbinen mit zwei, vier und sechs Kränzen kann
kein erheblicher axialer Schub auf die Welle ausgeübt werden, da sich die Schübe
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1006 III. Theodor Koehn. Ausbau von WasbekkbIftks. Eduelhettbk.
von je zwei Kränzen bei guter Ausführung der Turbinen und bei richtigem Funk-
tionieren der Regler aufheben. Bei ein-, drei- und fünfkränzigen Turbinen dagegen wird
ein erheblicher seitlicher axialer Schub ausgeübt, und es müssen deshalb die ringförmigen
Schilde, welche die Turbinenkammern von dem Maschinenraum trennen und durch
welche die Turbinenwelle und die Regulierungswellen in den Maschinenraum eindringen,
besonders versteift werden. Auch ist besondere Sorgfalt auf die Ausfuhrung der Stopf-
büchsendichtung zu legen.
Wegen der eigenartigen Ausführungsart eines liegenden Turbinenschachtes in
Eisen bei dem Krafthanse der Manchester Traction Light and Power Co.
sei auf Abb. 354 und S. 1010 verwiesen.
Der eiserne scheibenförmige Schild, mit welcher die Durchdringungsöffnung der
Turbinenwelle in der Mauer des Maschinensaales geschlossen zu werden pflegt, bildet
meistens einen Teil des Turbineugehäuses und legt sich mit einer konischen Fläche
gegen den Beton der Wand, sodass der Wasserdruck direkt auf Dichtung hinwirkt
Wie derartige Scheiben ausgebildet werden, lässt sich am besten aus den Abbildungen
Taf. LXVII, Fig. 2, 3 und 5 und Taf. LXVIII, Fig. 1 und 4 erkennen.
Der Verschluss der Turbinenkammern erfolgt fast immer durch hölzerne oder
eiserne, in lotrechten Ebenen bewegte Schützen. Um notfalls bei Verklemmungen einer
Schütze an dieselbe heranzukönnen, wird man zweckmässig vor den Schützen Damm-
balkenschlitze anordnen, die wegen der verhältnismässig grossen lichten Weite der
Kammern meistens doppelt gemacht werden (vergl. Anlage Turbigo, Taf. VII, Fig. 1
und Anlage Wangen Taf. XXIII, Fig. 2).
In der Regel deckt man die Turbinenkammern durch einen Bohlenbelag auf eisernen
Trägern ab. Man muss aber dafür sorgen, dass taan leicht genügend grosse Öffnungen
freilegen kann, um auch die grössten Stücke der Turbinen ohne Schwierigkeiten
herausheben zu können. Es bedeutet bei grösseren Anlagen jedenfalls eine wünschenswerte
Vervollkommnung, wenn man auch über den Turbinenkammern einen Laufkran anlegt,
welcher alle Kammern bestreicht, wie es z. B. beim Lechwerk-G ersthof en (Taf. XLV,
Fig. 4 und Abb. 139, S. 563) und bei der Anlage Turbigo (Taf. VII, Fig. 1) der Fall
ist. Bei der Anlage Sault St. Marie (Abb. 130, S. 553) liegen die Turbinenkammem
unter dem Dach des Krafthauses. Auch hier ist über die Turbinenkammern hinweg
ein Geleise für einen Laufkran gelegt. Es genügt indessen auch, den nötigen Platz
zur Aufstellung von Hebezeugen vorzusehen, welche gegebenenfalls an Ort und Stelle
gebracht werden können, und durch entsprechende Anordnung der eisernen Decken-
träger die erforderliche Unterstützung zu schaffen.
Wenn das Krafthaus so zwischen Ober- und Unterwasserkanal steht, dass die
abwärts gerichtete Längsfront den Unterwasserkanal quer schneidet, ist es das natürlichste,
jeder Turbine ihren eigenen Turbinenkanal zu geben, welcher in Richtung der
Kanalachse unter dem Maschinenhaus hindurch läuft und direkt in das Unterwasser aas-
mündet. Bei der Anlage Pont Saint Martin (Taf. XIV, Fig. 3 und 8 und Taf. XV,
Fig. 1 — 4) stehen die Achsen von Ober- und Unterwasserkanal am Krafthause fast lotrecht
aufeinander und infolgedessen haben alle Turbinen hier einen gemeinschaftlichen
Turbinenkanal, welcher parallel mit der Längsachse des Krafthauses verläuft
Die nach unten konisch zu erweiternden Saugrohre (S. 959 u. ff.) der Turbinen werden
entweder in der Betonmasse des Fundamentes ausgebildet, wie bei den Anlagen Lech-
werk-Gersthofen und Pont Saint-Martin, oder sie tauchen als eiserne Bohre mit
ihrer Mündung unter den niedrigsten Wasserstand im Turbinenkanal ein, wie bei den
§ 6. Kxafthauser. A. Der bauliche Teil. 1007
Anlagen Wangen, Sault St Marie, der Atlanta Water and Electric Power
Co. (Abb. 355, S. 1010) und der Manchester Traction Light and Power Co:
(Abb. 354). Bei Herstellung in Beton wird das Saugrohr mit Hilfe von eingelegten
eisernen Trägern syphonartig ausgebildet, damit die Wassersäule im Saugrohr nicht
abreissen kann.
Die Abmessungen eines Turbinenkanals werden so zu wählen sein, dass eine grössere
Geschwindigkeit als 1,50 m/sek. auch bei der grössten sekl. Wassermenge nicht erforderlich
ist. Bei kleineren Gefällhöhen zwischen Ober- und Unterwasser fehlt es meistens an
Konstruktionshöhe für die Turbinenkanäle und man ist deshalb darauf angewiesen, ihnen
bei kleinerer Wassertiefe eine grössere Breitenentwicklung zu geben. So sind
z. B. die Turbinenkanäle bei Turbigo 5,0 m breit und 2,5 m hoch, beim Lech werk
Gersthofen an der niedrigsten Stelle 2,0 m hoch und ca. 7,0 m breit. Die Herstellung
der Decken flacher Kanäle erfolgt mit Hilfe von eisernen Trägern, wie beim Lechwerk-
Gersthofen. Wenn jede Turbine ihren eigenen Turbinenkanal bat, so ist man bei
etwaigen Reparaturen zweifellos unabhängiger als bei gemeinschaftlichem Turbinenkanal,
obwohl bei solider Ausführung an den Turbinenkanälen kaum Reparaturen vorkommen
können. Immerhin wird man jeden Turbinenkanal, um ihn nötigenfalls trocken legen
zu können, an der Ausmündung mit Dammbalkenschlitzen versehen.
Bei der Anlage Lechwerk-Gersthofen hat man vorsichtshalber an der Aus-
mündung noch eine Eisenkonstruktion angebracht, gegen welche Holznadeln gestellt
werden können, falls eine Regulierung des Wasserspiegels im Turbinenkanal notwendig
sein sollte (Taf. XLV, Fig. 4, welche umstehend des direkten Vergleichs mit Abb. 353 wegen
wiederholt ist). Bei der eben genannten Anlage ist die Ausbildung der Turbinen-
kammern insofern eigenartig und interessant, als man die aufwärts gerich-
tete Schildfläche des Turbinengehäuses, die in ihr untergebrachten
Regulierungsorgane und das daselbst befindliche Lager der Turbinen-
welle von aussen durch einen unterirdischen Kanal zugänglich gemacht
hat, sodass diese Teile der Turbine, welche bei den übrigen Anlagen während des
Betriebes völlig unter Wasser stehen, jederzeit zugänglich sind.
Im Kap. HI, § 2, S. 833 ist bereits darauf hingewiesen, dass es bei Kraftwerken
mit reichlicher Geschiebe- und Sinkstofführung, bei denen auch Eisbildung zu erwarten
steht, zweckmässig ist, die Rechenanlage möglichst spitzwinkelig zur Stromrichtung
im Oberkanal anzuordnen. Um die an der angezogenen Stelle erörterten Gesichtspunkte
im Zusammenhang mit der Besprechung der Krafthäuser noch näher zu erläutern, sind
auf Taf. LXXVII, Fig. 1 bis 3 sowohl die ausgeführte Grundrissanordnung des Kraft-
hauses der Anlage Lechwerk-Gersthofen als auch zwei vom Verfasser entworfene
weitere Lösungen gegeben. Bei der Lösung Fig. 3 sind auch die auf S. 822—824 auf-
gestellten Leitsätze bezüglich der Grösse und Einrichtung von Ablagerungsbecken, wenig-
stens annäherungsweise, erfüllt. Man könnte sich bei beiden Lösungen die Turbinen-
kanäle der Turbinen 1 und 2 lotrecht zur Achse des Krafthauses, wie bei der ausge-
führten Anlage (vergl. den umstehenden Querschnitt), für die übrigen drei Sätze aber
einen gemeinsamen Turbinenkanal nach Abb. 353 angelegt denken. Auch
würde es möglich sein, wie in Abb. 353 angedeutet, einen liegenden an Stelle des
geneigt gestellten Rechens anzuordnen. Bei beiden vom Verfasser vorgeschlagenen
Lösungen ist des Beispiels wegen dem Gesichtspunkte der Erweiterungsfähig-
keit Rechnung getragen, obwohl bei der ausgeführten Anlage dieser Gesichtspunkt
kein wirkliches Interesse hatte, da die volle Ausnutzung der verfügbaren Wasserkraft
alsbald nach der Betriebseröffnung von vornherein zu erwarten stand.
1008 III. Thbodoe Koehk. Aubiiau TON Wa88BSKb1ftes. Eimeelheiteit.
Mit besonderer Sorgfalt ist die Dichtung desjenigen Teiles der Kntfthaoswand
vorzunehmen, welcher unter dem Wasserdruck der Turbinenkanunera steht. Wenn nun
diesen Teil nicht wie bei der Anlage Sault St. Marie ganz in Stahl herstellen will,
so wird man ihn meistens ans fettem Stampfbeton (260 kg Zement and 250 kg hydrau-
lischem Kalk auf 1 cbm Sand) ausführen and zwar je nach der Druckhöhe in Starken
Querschnitt durch du aasgeführte Krafthans der Anlage I.echwerk Gersthoten.
von etwa 1,50 bis 2,70 m. Es empfiehlt sich weiter, wie es bei der Anlage Pont
Saint Martin geschehen ist, die der Turbinenkammer zugekehrte Fläche der tragen-
den Wand nach dem Abbinden mit einem Putz (400 kg Zement und 400 kg hydrau-
lischen Kalk auf 1 cbm Sand) sorgfaltig abzugleichen. Nach dem völligen Abbinden
und Austrocknen der Wand ist sie mit heissem Asphalt zu bestreichen and mit zwei
bis drei Schichten Asphaltpappe oder Asphaltfilz zu bespannen (vergL S. 383). Vor dem
Auflegen der folgenden Schicht ist die vorhergehende sorgfältig mit heissem Asphalt zu
§ 6.
KrafthIusbb. A. Der bauliche Teil.
1009
l.
bestreichen. Mögliebst sofort nach dem Verlegen der letzten Aspbaltschicht ist auf diese
eine Deckschicht aus Zementkalkbeton Ton ca. 10—15 cm Dicke aufzubringen, damit
der Asphalt nicht abfliessen kann, und diese Deckschicht ist wiederum mit einem Glatt-
putz zu versehen. Bei Pont Saint Martin ist die Wand im ganzen 2,0 m stark
und es haben sich keinerlei Undichtigkeiten gezeigt. Um auf alle Fälle im Maschinen-
saal eine trockene Wandfläche zu haben, kann man zur Vorsicht noch eine dünne Blend-
wand mit Luftschicht vorlegen.
Über die Grössenverhaltnisse des Maschinensaales bei vier von den in diesem
Abschnitt genannten Anlagen im Verhältnis zu der Anzahl der aufgestellten Turbinen-
PS, gibt Tab. III Aufschluss:
Tabelle in.
Übereicht Aber die Bodenflächen des Maschinensaales bei liegenden Schachtturbinen.
T% • 1_ Ji
Anzahl der auf-
Anzahl, Leistung
Grösse des Ma-
Bodenflache des
Bezeichnung der
gestellten
in PS« und
schinensaales :
Maschinensaales
Nr.
Anlage und Angabe
Nutz PS.
Uml /Min. der
Lange in m mal
pro 100 auf-
Gefalle
der Ausffihrungs-
zeit
(die Errftgertarbinen
sind nieht mit-
gereehiitt)
aufgestellten
Maschinensätze
Breite in m=Bo-
denfl&che in qm
gestellte
Nutz-PS«
m m
1
2
3*
4
5
6
7
1.
Lechwerk - Gerst-
7500
5 ä 1500 mit
48,541.11,18
7,6
10,0
hofen 1900-1908,
Taf. LXVIII
96 Üml./Min.
= 572,8 qm
Taf. XLV
2.
Wangen 1901 bis
1904, Taf. XXIII
10500
7 a 1500 mit
150 Uml./Min.
56,70 . 10,0
= 567 qm
5,4
6,31-9,27
3.
Pont Saint Martin,
1899-1901,
Taf. XV
5000
5 a 1000 mit
187 UmL/Min.
39,0 . 9,0
= 351,0 qm
7,0
14,0
4.
Turbigo 1908-1904,
Taf. VII
7 500
5 a 1500 mit
125 UmL-Min.
40,0 . 10.0
==400 qm
5,3
7,5-8,2
* Die Tafelangaben in Spalte 3 beziehen sich auf die Darstellung der Turbinen.
Bei der Anlage Lechwerk-Gersthofen ist die Fläche pro 100 PS« deshalb
so gross, weil an jeder Turbinenwelle eine Drehstrommaschine nnd eine Gleichstrom-
maschine angekuppelt werden kann. Wenn man hierfür einen Streifen in der ganzen
Länge des Maschinensaales von ca. 2,18 m in Abzug bringt, so würde sich pro 100 PS«
auch nur eine Bodenfläche im Maschinensaal von ca. 6,2 qm ergeben, welches Mass im Ver-
gleich zu den Anlagen Wangen und Turbigo durch die kleinere Tourenzahl begründet
erscheint.
Die Breite von 9,0 m des Maschinensaales von Pont Saint Martin ist sehr
reichlich bemessen, und es hätte sich an der Breite ohne Schaden für den Betrieb etwa
1 ,5 m sparen lassen, wodurch die Bodenfläche auf 292,5 qm beschränkt worden wäre, so-
dass auf 100 installierte PS« der Hauptmaschinen 5,85 qm entfallen wären. Zu bemerken
ist aber, dass man beim ersten Ausbau nur vier Einheiten aufstellte und man sich vor-
behalten wollte, für die fünfte Gruppe eine grössere Einheit zu wählen.
Je kleiner die Einheiten sind, um so grösser muss natürlich die verfügbare
Bodenfläche pro 100 PS« sein. Als gute Masse sind zu empfehlen bei Maschinensätzen
Handbuch dar Ing.-Wiu«nseli. HL T«iL 18. Bd. 64
1010 III. Theodor Koehx. Avsbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
von 1500 bis 3000 PS, und 125 bis 150 Uml./Min. 5,3 bis 5,5 qui Bodenßäche pro
100 aufgestellte PS. der Hauptmaschinen , bei Maschinensätzen yoo 750 bis 1250 PS,
und 187 bis 250 Uml./Min. 5,8 bis 6,3 qm Bodenfläche pro 100 PS..
Zur Vervollständigung sollen zum Scbluss dieses Abschnittes noch zwei vor-
stehend bereits mehrfach erwähnte amerikanische Anlagen wegen der eigenartigen An-
ordnung des Krafthauses und der Turbinenkammern kurz beschrieben werden.
Bei derWasserkraitanlagederMan ehester Traction Light and Power Co. ")
vertreten sechs eiserne liegende Rohrkessel die Stelle der Turbinen-
schächte (Abb. 354).
Durch ein steinernes Wehr vod 165,0 m Lunge wird der Merrimac gestaut und dadurch ein
Gefälle von 7,65 bis 9.15 m gewonnen. Wahrend 9 Monaten stehen mindestens 3000, wahrend 6 Monaten
mindestens 6000 PS. zur Ausnutzung zur Verfugung. Die Anlage ist auf 6000 PS. ausgebaut Y«a
dem Wehr fuhrt ein Kanal von 150,0 m Lange den Turbinen das Wasser zu. Das KrafUwos i*i
unmittelbar an den Flugs gelegt und eine kleine Bucht desselben vertritt den Unterwasserkanal-
Der Werkkanal, dessen Einlauf durch
Abb. 354. Querschnitt durch das Krafthaus der Manchester gechg Schätzen von 3x3,66 um Quer
Traction Light and Power Co. schnitt reguliert wird, hat eine Breite
von 19,0 m in der Sohle und 82,6 m
in der Wasserlinie bei einer Waaaeitiefe
von 3,66 m. Vor dem Krafthanse er-
weitert sich der Werkkanal zu einem
Becken von 40,0 m Breite. Die Tur-
binenkammern sind lotrecht zur Kanal-
achse gelegt und in die Abschlug
mauer gegen das Becken sind die Mün-
dungen der sechs eisernen Rohrkessel,
welche die Stelle der Turbinenschai-hte
vertreten, mit je 1,52 m lichtem Dm.
eingemauert. Jede der sechs grossen
Turbinen leistet bei 7,65 in Gefall
1035 PS. bei 180 Uml./MiiT. Jede Tur-
B bine hat drei Laufrader von 1000 ruh
; Dm,, welche durch Schieber der Lom-
bard Governer Co. , Boston , gesteuert
werden. Die beiden ersten Laufrad™
gieasen in ein gemeinschaftliches Saugrohr, das dritte Laufrad in ein besonderes Saugrohr ans. Als
Erregerturbine ist eine Doppelturbine ähnlicher Bauart mit zwei Kränzen von 305 mm Laufraddureh-
messer, 75 PS. und 600 Uml. Min. aufgestellt. Die grossen Turbinen sind mit Drehstromerzeuger
(12000 Volt Spannung) gekuppelt. Der Maschinenflur konnte nicht hoch wasserfrei gelebt
werden nnd infolgedessen sind Boden und Seitenwinde wasserdicht ausgeführt Im Maschinenäsr
ist ein Saugbottich angelegt, aus welchem notfalls eine elektrisch angetriebene, hochwasserfrei auf
gestellte Zentrifugalpumpe etwaiges Sickerwasser entfernen kann. Jede Turbinenkanuner kann durch
elektrisch angetriebene Schätzen für sich geschlossen werden.
Die Wasserkraftanlage der Atlanta Water and Electric Power Co.11
(erbaut 1902 — 1904) ist insofern interessant, als hier die Turbinenschächte direkt in der
Sperrmauer liegen nnd das Krafthaus unmittelbar hinter der Sperrmauer steht (Abb. 355'.
An den Morganfallen des den Südostabhaneen der Aileghani-Monntaine entströmenden
('hsttahoochec-Flusses wurde eiu Wehr quer Über den Flosa von 275,0 m Lange und 16,0 m durch
schnitt! »eher Hohe erbaut, durch welches ein Druck gefalle von rund 14,6 m geschaffen ist. Auf ungefähr
215.0 m Linge ist die Krone der Staumauer als Überlauf angelegt, wahrend auf dem Rest der Mauer
14) Engeneering Record, 1903. I. S. 107. 190t. I. S. 668 und Wagenbach, Turbinen anlagen
Berlin 1905.
i») Engeneering News. 1904. II. S. 15, Engeneering Record. 1904. I. S. 504 nnd Wagenbach.
Turbinenau lagen. Berlin 1905.
§ 6. Kkafthäuber. A. Der bauliche Teil. 1011
ilie Krone 3,0 m über dem normalen Oberwasserspiegel liegt und so dem unmittelbar hinter der Mauer
Ober dem Floss selbst erbauten Mast hin enhausa Schutz gewahrt. Im Krafthause können 12750 PS« in-
stalliert werden zur Versorgung der Stadt Atlanta in Georgia mit elektrischer Energie. Die in die
Staumauer eingebauten sieben grossen Turbinenkammern aind mit eisernen Rohren von 8,66 m Dm. und
H mm Wandstärke ausgekleidet. Für die Erregerturbinen dienen zwei Stahlrohre von 0,915 m Dm. und
4.75 min Wandstarke. Ausserdem sind noch drei Freilaufrohre von 1,88 m Dm. eingebaut Die grossen
Doppelturbinen leisten bei einem Gefalle von 14,6 m und 187,5 Uml./Min. 2400 PS« nnd giesaen je in
ein Saugrohr von 8,05 m aus. Jeder Turbine nschacht kann durch eine Schütze geschlossen werden. Vor
jeder Schutze ist durch vorspringende Pfeiler eine Vorkammer gebildet, in welcher sich der Rechen
hefindet Letzterer kann durch Dammbalken trocken gelegt werden. Sinter jeder Schütze ist auf jedem
Turbinen seh seht ein Luftrohr aufgesetzt, welches bis Über Wehrkrone fahrt.
Abb. 355. Querschnitt durch das Krafthaus der Atlanta Water and Electric Power Co.
3. Krafthäuser mit stehenden SchachUiirbinen. Die Wahl stehender Schacht-
turbinen kann dort notwendig werden, wo der Höhenunterschied zwischen Qber- und
Unterwasser für liegende Schachtturbinen von gleicher Tourenzahl und Leistung zu klein
sein würde, wie bei der Anlage Marbach-Stuttgart (Tai. LXI, Fig. 1 nnd 2) und
der Wasserkraftanlage der Gewerkschaft Wintershall, Kraftzentrale Lengers
(Taf. LXI, Fig. 3 und 4). Für stehende Schachtturbinen braucht man für die Unter-
bringung einer gleichen Zahl der Leit- und Laufkränze erheblich geringere Höhen-
masse als bei liegenden Schachtturbinen von gleicher Leistungsfähigkeit.
Über die Abmessungen des Maschinensaales bei fUnf Anlagen mit stehenden
Schachtturbinen gibt die nachstehende Tabelle IV ad a Auskunft.
Zweckmässig, wenn auch nicht notwendig, kann die Wahl stehender Turbinen
werden, wo die Schwankungen zwischen den Wasserständen des Unterwassers so gross
sind, dass bei liegenden Schachtturbinen und direkter Kuppelung der elektrischen Strom-
erzeuger letztere nicht mehr mit Sicherheit hochwasserfrei aufgestellt werden könnten,
wie bei der Anlage Chevres (Taf. XXVIII, Fig. 1), oder wo die für eine liegende Tur-
binenanlage nötige Breitenentwickelung nur mit grossen Unkosten (Felssprengungen,
Abtrag von steilen Hängen, schwierige Fundierang etc.) möglich sein würde. Beide
letztgenannten Gesichtspunkte sind wohl bei den Anlagen Rheinfelden (Taf. XLVII,
Fig. 1 und 5) und Beznau (Taf. XXIV, Fig. 2 bis 4) massgebend gewesen, während
64*
1012
III. Theodor Koehk. Ausbau ton Wassebkbäften. Einzelheiten.
Tabelle IV.
Übersiebt Ober die Bodenfiftcbe des MascbinenstaJs bei stehenden Turbinen.
Laufende Nr. '1
i
i
Bezeichnung der
Anlage und Zeit
der Ausführung
Anzahl, Grösse und
Tourenzahl der
Maschine
(die ErregtrmMchinen
nicht mitgerechnet)
Nutzgefalle
in m
Gesamt-
breite *•)
des Fun-
daments
in m
ungefähr
Lftnge X Breite
in m und Boden-
flache in qm des
Maschinensaals
Verflgtere
Bodanl&ehe
pro 100 PS*
Spalt« 3
1
2
3* | 4
5
6 | 7
1.
2.
8.
6.
7.
8.
a) bei stehenden Schachtturbinen***)
Chevres 1893-1896
(Taf. XXVIII)
Bernau 1902-1908
(Taf. XXIV)
Hagneck 1897-1900
(Taf. XXXIII)
Rheinfelden 1895
bis 1897
(Taf. XLVII)
5 zu 1200
PS« mit 80
UmL/Min.
10 zu 1200
PS« mit 120
Uml./Min.
180001
PS«
Taf.
i LXII,
Fig. 4
bis 7
4,3-8,5
11 zu 1000 PS« mit
66,6 UmL/Min.
= 11000 PS«
TatLXIII,Fig.l— 8
5 zu 1400 P8« mit
100 UmL/Min.
= 7000 PS«
Taf. LXII, Fig. 1—8
9 zu 840
PS« mit 50
UmL/Min.
11 zu 840 i PS«
PS« mit 68
Uml./Min.
16800
f PS.
)
Marbach-Stuttgart
1897 bis 1900
|(Taf.LXI,Fig.lu.2)
4 zu 800 PS« mit
85,70 UmL/Min.
= 1200 PS«
und Zahnraduber-
tragung, Taf. LXI
17,00
127,56 X 10.2
= 1801 qm
3,5—5,5
20,00
5,8-9,0
4,2—5,6
2,7—8,2
ausnahmsweise bei
hohem Hochwasser
kann das Gefalle
ganz verschwinden
16,60
20,25
19,50
1100 qm
46,0X11,0
= 506 qm
150.0 x 10,0
= 1500 qm
27,0 X 13,0
= 851 qm
Kykkelarud 1901
bis 1904
(Taf. XXXIV)
b) bei stehenden Gehäuse-Turbinen.
Jonage-Cusset Lyon 8 zu 1250
4 X 8000 mit
150 UmL/Min.
= 12000 PS«
Taf. LXV und
Taf. LXVII, Fig. 1
1892- lb98
(Taf. XL)
The Mexican Light
and Power Co. Ltd.
an den Necaxa-
Fällen (S. 1001)
1901-1905
PS« mit 120
UmL/Min.
8 zu 1850
PS« mit 120
Uml /Min.
20800
PS«,
Taf.
LXVI
6 X 8200 PS«
(Peltonrfider) mit
800 UmL/Min.
= 49200 PS«
16,0
11,0- 18,0
225,5
80,0
45,5 X 14,0
= 637 qm
31,90
Mittelbau:
31,25 X 12,40 m
Zwei Langahauser
mit 56,35x11,96 m
= 1784,46 qm
80,6 X 70,0
= 2142,0
(alle Nebenriume
sind mitgerechnet)
I
7,23
10.0
7.«
8.»
29,25
54
8,34
4,85
* Die Tafelangaben in Spalte 3 beziehen sich auf die Darstellung der Turbinen (vergl. § 5).
**) Die Gesamtbreite ist gerechnet von dem Ende der Pfeilerköpfe am Unterwasser bis an der
Vorderkante der Pfeiler im Oberwasser, an welchen, wie bei 1, 2, 3 und 4, der Rechen steht bexw.
welche die Vorkammern bilden wie bei 5 und 7. Bei der Anlage 6 liegt das Krafthaus nicht unmittel-
bar am Oberwasser und es ist daher die Gesamtbreite bis zur Aussenkante der iussersten Krafthaus-
wand genommen.
***) Bei der Anlage Stuttgart sitzt auf der vertikalen Welle ein Kammrad, welches dam
~nden Generator antreibt, bei allen anderen Anlagen sitzen die Generatoren auf den stehenden Wellen.
§ 6. KRAFrHiuaER. A. Deb baulich* Teil. 1013
bei der Anlage Hag neck (Taf. XXXIII, Fig. 5) in erster Linie der letztgenannte Ge-
sichtspunkt ausschlaggebend gewesen zu sein scheint.
Mit Rücksicht auf die Erzielung eines ' möglichst hohen Wirkungsgrades strebt
man bei Wasserkraft-Elektrizitätswerken stets dahin, die Turbinen so schnell laufen
zu lassen, dass eine direkte Kuppelung mit den elektrischen Stromerzeugern ohne allzu
grossen Kupferaufwand möglich ist. Hohe Tourenzahlen der Turbinen lassen sich, ohne
die Breitenentwickelung des Krafthauses zu vergrössern, bei stehenden Schachtturbinen
durch Anordnung mehrerer Kränze übereinander erzielen (S. 953). Meistens werden die
unteren Kränze bei geringem Wasserzufluss und grossem Gefälle allein eingeschaltet und
die oberen Kränze nur bei grossem Zufluss und kleinem Gefälle zur Mitwirkung heran-
gezogen (S. 450 Chevres, S. 477 Hagneck und S. 585 Rheinfelden). Wie sehr
der Raumbedarf steigt, sobald man wegen der kleinen Tourenzahl der Turbinen z. B.
Zahnradübertragung wählt, zeigt die Anlage Marbach-Stuttgart. Hier ist keineswegs
verschwenderisch mit dem Raum umgegangen. Der Zahnradantrieb hat natürlich ebenso
wie der Riemenantrieb eine erhebliche Verschlechterung des Nutzeffektes der Anlage zur
Folge und ausserdem noch den Nachteil, dass er sehr geräuschvoll ist und infolgedessen
nicht selten Schwierigkeiten mit der Nachbarschaft, falls das Krafthaus in der Nähe
bewohnter Häuser sich befindet, verursacht.
Es ist nicht zweckmässig, die Bodenfläche des Maschinensaales zu knapp zu wählen,
weil bei zu gedrängter Anlage die Unterhaltung der Maschinen erschwert wird. Erfah-
rungsgemäss geht das Bestreben aller Betriebsleiter dahin, im Interesse der Ersparnis
von Betriebskosten die Einheiten zu vergrössern (siehe Tabelle II im Kap. I § 1, S. 9),
und es ist auch aus diesem Gesichtspunkt namentlich bei Anlagen, welche nicht von
vornherein voll ausgebaut werden, wohl zu raten, die Bodenfläche des Maschinensaals
reichlich zu bemessen. Der Bedarf an Bodenfläche des Maschinensaals selbst ist bei
stehenden Schachtturbinen deshalb an sich etwas grösser als bei liegenden, weil die
Stromerzeuger mit ihren grössten Ausdehnungen in der wagerechten Ebene liegen.
Gespart wird aber in der Breitenentwickelung des Gesamtbaues bei stehenden Schacht-
turbinen dadurch, dass die Turbinenkammern nicht vor, sondern im wesentlichen unter
dem Maschinensaal ihren Platz finden. Es wird aber durch die kompliziertere Ge-
staltung der Saugkanäle sowohl, als auch wegen der schwierigeren Lagerung der Tur-
binenwellen bei stehenden Schachtturbinen die Verwendung von viel mehr Eisen in den
Fundamenten notwendig als bei liegenden Anlagen und infolgedessen sind die Kosten
der Maschinenfundamente und der Ausbildung der Turbinenkammern und der Saugkanäle
bei stehenden Schachtturbinen pro cbm Rauminhalt nicht unwesentlich höher als bei
liegenden. Man vergleiche in dieser Beziehung die Tabelle I in § 5 des Kapitel I
„Wirtschaftliche Vorarbeiten" S. 242/45, woraus hervorgeht, dass das Krafthaus Chevres
pro aufgestellte PS» 57,9 Mk., das Krafthaus der Anlage Turbigo nur 25 Mk. und das
Krafthaus Lechwerk-Gersthofen (trotzdem an jede Welle zwei Stromerzeuger
gekuppelt sind S. 567/568) 30 Mk. gekostet haben. Was also an der Breite der Gesamt-
anlage gespart wird, kann leicht durch die schwierige und teurere Konstruktion der
Fundamente wieder aufzuwenden sein, und es ist bei Aufstellungen von vergleichenden
Kostenanschlägen jedenfalls sorgfältig zu prüfen, welche Einheitssätze pro cbm Beton-
masse in beiden verglichenen Fällen einzusetzen sind. Dass stehende Turbinen pro PS«
in der Beschaffung im allgemeinen erheblich teurer sind als liegende, geht ebenfalls aus'
der oben angezogenen Tabelle hervor, ebenso aus Tab. VII in Kap. I, § 5, S. 256/257.
Wegen der Verschlüsse der Turbinenkammern bei stehenden Schachtturbinen kann
auf Kap. III, § 2, Werkkanäle S. 832 und 833 und auf Kap. m, § 3 Schützen (S. 864 und
1014 III Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
869/870) verwiesen werden. Es sei nnr noch einmal kurz hervorgehoben, dass man jeden-
falls da, wo eine starke Ausnutzung der Wasserkraft zu erwarten steht, ein grosses
Interesse daran hat, bei eintretenden Schäden an den Turbinen die Reparaturen schleunigst
ausfuhren und zu diesem Zwecke die Kammern so schnell wie möglich abschliessen und
trockenlegen zu können. In solchen Fällen sollte man deshalb von vornherein möglichst
vollkommene Anordnungen treffen. Hierzu gehören neben den leicht und schnell zu
bedienenden Abschlüssen am Oberwasser auch zentrale Pumpenanlagen, wie sie muster-
gültig z. B. bei der Anlage Beznau (S. 434) und auch in Hag neck (S. 478) geschaffen
wurden. Meistens ist auch der Abschluss der Turbinenkanäle am Unterwasser für
Reparaturen an den unteren Turbinenkränzen nötig. Man hat sich bei vielen Anlagen
mit Anbringung von Dammbalkenschlitzen begnügt. Bei der Anlage Ch&vres stellte
sich indessen heraus, dass das Einsetzen der Dammbalken und ihre Dichtung sowie die
Pumpenarbeit wegen der mangelnden Dichtigkeit der Balken zu viel Zeit in Anspruch
nahm. Man hat deshalb nachträglich das Mauerwerk in der Tiefe der Dammbalken-
schlitze vom Schlitz bis zum Pfeilerkopf abgestemmt, um eine Anschlussflache für eine
eiserne Schwimmponton-Schütze zu schaffen. Nach mehreren missglückten Versuchen soll
man nach mündlichen Angaben schliesslich nach dem Muster der Pontons zum Schlieasen
von Trockendocks Schützen konstruiert haben, welche schwimmend vor jede Turbinen-
kammermündung gefahren werden und durch Einlassen von Wasserballast in wenigen
Minuten gesenkt werden können. Auf dem Ponton selbst ist eine Pumpe mit elektrischem
Motor montiert, welche das Wasser aus der Turbinenkammer herauspumpt. Sobald die
Wasserspiegeldifferenz zwischen Unterwasser und Innenraum anwächst, wird der Ponton
so stark gegen die Schlussfläche gedrückt, dass mit Hilfe von etwas vorgeworfenen Ton
sehr bald genügende Dichtigkeit hergestellt sein soll.
Einfacher und zweckmässiger als dieser in Che vr es nachträglich eingebaute Ver-
schluss erscheint die Verwendung kastenförmiger Tafeln mit rechteckigem Querschnitt
wie sie bei Beznau verwendet wurden (Taf. XXIV, Fig. 2 und Abb. 263, S. 853).
Meistens liegen die Ringsparlager und. die Hilfsmaschinen wie Ölpumpen etc. unter
dem Maschinenflur, und da dieselben der Bedienung bedürfen, so müssen die entspre-
chenden Räume eine ausreichende Beleuchtung und Lüftung erhalten. Als mustergültige
Anlagen können in dieser Beziehung Chevres (Taf. XXVIII, Fig. 1) und Beznau
(Taf. XXIV, Fig. 4) gelten. Im übrigen wird man aus dem Studium der Querschnitte
durch die Krafthäuser der in diesem Abschnitt genannten Anlagen alle« weitere ent-
nehmen können.
Um alle Turbinenteile mit dem Laufkran auf den Maschinenflur heben zu können,
müssen in allen Zwischendecken genügend grosse Öffnungen (von 2,5 bis 3,0 Dm.) aus-
gespart werden.
4. Krafthftuer mit stehendem Gehäuseturbinen. Die Gründe für die Wahl
stehender Gehäusetufbinen können dieselben sein, welche bereits im Abschnitt 3, S. 1001
erwähnt wurden.
Bei den Anlagen Hafslund (Taf. XXXUI, Fig. 6) und Ky kkelsrud (Taf. XXXIV,
Fig. 8) war neben der Schwierigkeit und Kostspieligkeit durch Felssprengungen die
nötige Breite für Aufstellung liegender Turbinen zu schaffen, auch der Umstand mass-
gebend, dass der Unterwasserstand grösseren Schwankungen als um das Mass der höchst-
zulässigen Saughöhe unterworfen ist, man aber die elektrischen Maschinen unbedingt
hochwasserfrei unterbringen wollte.
Bei der Anlage Jonage-Cusset-Lyon (Taf. XL, Fig. 4) war für die Wahl
stehender Gehäuseturbinen wohl besonders die Kostspieligkeit der Fundierung (S. 518)
§ 6. KrafthIuser. A. Der bauliche Teil. 1015
ausschlaggebend. Letztgenannte Anlage bildet eigentlich einen besonderen
Typ für sich. Vor dem Krafthause, aber unmittelbar im Zusammenhange mit ihm,
liegen die ähnlich wie Torbinenkammern bei liegenden Schachtturbinen ausgebildeten
Druckkammern und ans ihren Sohlen münden die Druckrohre aus. Auch hier sind
die Räume unter dem Maschinenflur durch Fenster mit reichlichem
direkten Licht versehen.
Ein direkter Zwang zur Verwendung stehender Schachtturbinen lag bei der
Wasserkraftanlage der Niagara Falls Power Co. (S. 545 bis 548) dadurch vor, dass
man (vergl. Taf. LXIV, Fig. 7) durch das Gebiet der Stadt Niagara-Falls wegen der
unerschwinglichen Hohe der Grunderwerbskosten keinen offenen oder verdeckten Werk-
kanal nach dem Unterwasser anlegen konnte. Andererseits wäre die Verwendung eines
Druckstollens unter der Stadt hinweg misslich und die Beschaffung des nötigen
Platzes für das Krafthaus in der tiefen Schlucht des Niagara-Flusses unterhalb der Fälle
(S 549) sehr kostspielig geworden. Erwähnt sei, dass sich bei der in Rede stehenden
Anlage die Auflagerung der Turbinengehäuse auf Eisenkonstruktionen insofern als
ein Übelstand herausgestellt hat als trotz der geringen Spannweite der Träger die Tur-
binengehäuse sowie die Wellen und Druckrohre beim Betriebe in starke Vibration geraten.
Infolge dieser Erfahrung hat man bei der neuesten Anlage an der kanadischen Seite der
Niagaraf&lle, der Toronto and Niagara Power Company (1904), die Turbinen
direkt auf den Felsen gesetzt und zu beiden Seiten je einen Turbinenkanal angelegt
Dass bei der S. 1001 und in Tab. IV erwähnten Anlage der Mexican Light
and Power Company der Wunsch, wegen der Erdbebengefahr eine möglichst kleine
bebaute Grundfläche zu haben, für die Wahl stehender Gehäuseturbinen (Peltonräder)
ausschlaggebend gewesen zu sein scheint, sei an dieser Stelle noch einmal hervorgehoben.
In Tab. IV ad b sind für drei Anlagen die Raumverhältnisse des Maschinensaals
angegeben.
5. KrafthIuser mit liegenden Gehäuseturbinen. Anlagen dieser Art sind natur-
gemäss die bei weitem häufigsten, da sie für alle Gefalle von mehr als etwa 4,0 m ver-
wendbar sind. Man ist hierbei in der Wahl der Stellung des Krafthauses an einem
gewählten Platz weniger beschränkt, da man mit dem Druckrohr beliebige Krümmungen
machen kann, wenngleich man selbstverständlich zur Vermeidung von Gefällverlusten
und schwierigen Krümmerkonstruktionen der wenigst gekrümmten Linienführung des
Druckrohres an sich den Vorzug zu geben hat.
Über die verschiedene Art der Einmündung der Druckrohre in die Turbinen wurde
bereits in § 4, Druckrohre, S. 943—945, berichtet. In Tabelle V sind Angaben über den
Flächenraum des Maschinensaals bei 17 Anlagen gemacht und zwar ist unterschieden in
I. Krafthäuser mit voll beaufschlagten Gehäuseturbinen,
a) einreihige Aufstellung,
b) zweireihige Aufstellung.
II. Krafthäuser mit teilweise beaufschlagten Hocbdruckturbinen.
Namentlich das Beispiel des Krafthauses der Urfttalsperre (Tab. V ad 13) zeigt,
dass die zweireihigen Anlagen den geringsten Bedarf an Bodenfäche pro
100 PS« haben, was sich daraus erklärt, dass man den Mittelgang für beide Reihen
zum Absetzen der Stücke bei Reparaturen zur Verfugung hat. Der Mittelgang braucht
nicht viel breiter zu sein als der Streifen zwischen den Stromerzeugern und der zunächst
liegenden Längswand bei einreihiger Aufstellung. Ein Zahlen beispie 1 wird am besten
klar machen, welche Ersparnis an Grundfläche des Maschinensaales bei zweireihiger
Aufstellung möglich ist.
III. Theodor Koshs. Ausbau toh W.
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Ebafthäuber. A. Der bauliche Teil.
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1018 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Als Beispiel sei die Anlage Funghera (Taf. X, Fig. 11) genommen und vorausgesetzt, das*,
wie dort tatsächlich der Fall, sechs Maschinensätze aufzustellen seien. Wenn dann die Lange des
Maschinensatzes in der Richtung der Welle gemessen 8,0 m, die Breite lotrecht dazu 4,5 m, der Mindest -
abstand der Maschinenteile von den Umfassungswänden zu 2,0 m, der Mindestabstand der Maschinen
untereinander zu 3,8 m, die Breite des Bedienungsganges längs der Generatoren bei einreihiger Auf-
stellung mindestens zu 3,0 m, der Mittelgaog bei doppelreihiger Aufstellung zu 3,5 m angenommen wird,
so ist unter Weglassung aller Hilfsmaschinen, für welche der Raumbedarf in beiden Fällen als gleich
angenommen werden kann
die Bodenfläche:
a) bei einreihiger Aufstellung (Welle lotrecht zur Längsachse des Maschinensaals)
|6x4,5-f2 x2 + (6- 1). 3,8] X [2,0 + 8,0 + 3,0] = 650 qm,
b) bei zweireihiger Aufstellung: *
[3x4,5 + 2x2 + (3-l).3,8)X[2x2,0 + 2x8f0 + 8,5] = 589,85 qm.
Die einreihige Anordnung ad a erfordert also ca. ll°/o mehr Bodenfläche als die
zweireihige. Aach die Wege, welche der Laufkran und die Maschinenwärter zurückzu-
legen haben, werden bei der zweireihigen Anlage kleiner. In der Regel stellt man die
Maschinen mit ihrer Welle lotrecht zur Längsachse des Maschinensaals. Als Aus-
nahme sei auf die Anlage Funghera verwiesen, bei der die Maschinenwellen parallel
zur Längsachse stehen. Bei der Anlage La Goule wurde die zuletzt aufgestellte
grössere liegende Maschine parallel zur Längsachse aufgestellt, weil die zuerst auf-
gestellten Maschinen stehende waren und der Maschinensaal deshalb nur eine Breite von
8,0 m hatte. Die Aufstellung der Wellen parallel zur Längsachse des Maschinensaals,
gegen welche sich auch vom betriebstechnischen Standpunkte nichts einwenden lässt
darf, was den Bedarf an Bodenfläche betrifft, mit der Aufstellung der Wellen lotrecht
zur Längsachse als gleichwertig gelten. Das mag an dem obigen Beispiel der Anlage
Funghera kurz zahlenmässig erläutert werden.
Bei den oben angegebenen Massen verlangt
c) die zweireihige Aufstellung mit den Wellen parallel zur Längsachse
[3 x 8,0 + 2 X 2 + 2 x 3,8] x [2x2,0 + 2x4,5 + 3,5] = 587,4 qm
also fast genau dieselbe Bodenfläche wie die zweireihige Aufstellung ad b.
Die Ausmündungen der Saugrohre müssen natürlich unter dem tiefsten
Wasserstande im Turbinenkanal liegen. Je nach der Lage des Unterwasser-
kanals, oder wo solcher fehlt, des Flusslaufes zum Krafthause ist entweder die Anlegung
eines gemeinsamen Turbinenkanals, sei es für alle, sei es für einzelne Gruppen
von Maschinen oder die Anlegung je eines Turbinenkanals für jede Turbine baulich
die billigste Lösung. Betriebstechnisch ist an sich die letztere Lösung deshalb
vorzuziehen, weil dann jede Turbine völlig unabhängig von der anderen wird. Aller-
dings darf man die Bedeutung dieses Grundes nicht überschätzen, da Reparaturen an
den Turbinenkanälen sehr selten vorkommen.
Je einen besonderen Turbinenkanal für j e d e Turbine haben die Anlagen der Tabelle V
ad 1, 3, 4, 6, 9 und 16.
Zwei parallele Turbinenkanäle die Anlagen ad 2, 11 und 18.
Einen gemeinsamen Turbinenkanal die Anlagen ad 5, 8, 10, 12, 14 und 15.
Ist die Möglichkeit vorhanden, dass ausnahmsweise das Unterwasser im Kanal
oder Fluss nach Betriebspausen oder bei ungewöhnlicher Trockenheit oder wenn ein
Staubecken oberhalb vorhanden ist, so tief absinken kann, dass die Saugrohre nicht
mehr eintauchen könnten, so muss man in dem Turbinenkanal oder in den Turbinen-
kanälen kleine Stauschwellen anordnen oder durch eine bewegliche Schützenanlage die
erforderliche Eintauchtiefe der Saugrohre sicherstellen.
Als Beispiele seien angeführt die Anlagen:
1. Les CUes (Taf. XIX, Fig. 4), 3. Champ (Füre et Jforge) (Taf. XLUI, Fig. 2),
2. Kubelwerk (Taf. XXIf Fig. 4), 4. Ontario Power Co. (Tat XLIV, Fig. *).
§ 6. Krafthäüser. A. Der bauliche Teil. 1019
Die Abmessungen der Turbinenkanäle wird man meistens so treffen, dass die
Geschwindigkeit des Wassers in ihm bei grösster Belastung der Turbinen 1,5 m/sek.
nicht wesentlich übersteigt.
Wenn das Krafthaus hart am Unterwasserkanal oder am Flusse liegt und ein
genügend hoher Wasserstand stets als vorhanden vorausgesetzt werden darf, ist die ein-
fachste Lösung, gar keinen Turbinenkanal anzulegen, sondern die Saugrohre direkt
ins Unterwasser ausmünden zu lassen, wie bei der Anlage St. Maurice Lau-
sanne (Taf. XXIX, Fig. 12).
6. Die Kabelkanäle. Im Interesse der Betriebssicherheit ist es erforderlich, die
von den Maschinen zu dem Schaltraum führenden Kabel in einem möglichst geräumigen
Kabelkanal unterzubringen. Dieser Kabelkanal iquss jederzeit leicht zugänglich sein und
hochwasserfrei liegen. Seine Abmessungen sind so zu wählen, dass die einzelnen Kabel
mit den nötigen Abständen so neben- oder übereinander liegen können, dass kein Kabel
verschoben zu werden braucht, um an ein anderes heranzukommen.
Die vollkommenste Anlage entsteht, wenn unter dem Maschinen-
flur ein bequemer begehbarer Kanal mit wenn möglich direkter Tages-
beleuchtung (Fenster) vorgesehen wird, wie z. B. bei der Anlage Beznau (Taf. XXIV,
Fig. 2). Die Kabel können in begehbaren Kanälen auf einfachen Stützen beiderseits an
den Seitenwänden untergebrächt und durch verschiedenfarbige Anstriche so deutlich
gemacht werden, dass man auf den ersten Blick übersieht, zu welcher Maschine jedes
Kabel gehört und an welche Maschinenklemmen es angeschlossen ist. Die nachfolgende
Tabelle VI enthält einige vergleichende Angaben über Grössenverhältnisse von Kabel-
kanälen. Wenn zwischen der Höhe des Maschinenflurs und dem höchsten
Unterwasserstande der Platz fehlt, um einen begehbaren Kabelkanal
unterzubringen, so wird man sich allerdings begnügen müssen, in den
Maschinenflur mit Riffelplatten oder Holztafeln abzudeckende Kabel-
kanäle anzulegen, wie z. B. bei den Anlagen Wangen (0,60 m breit und 0,20 tief)
(Taf. XXHH, Fig. 2). Hierbei wird natürlich die Querschnittsfläche des Kabelkanals
pro 100 aufgestellter Maschinen-PSe oder KW sehr viel kleiner als bei den begehbaren
und auch noch viel kleiner als bei den halbbegehbaren (Beispiel Funghera, vergl.
Tab. VI). Bei der Anlage Jonage-Cusset-Lyon wählte man gleichfalls einen mit
Riffelplatten abgedeckten Flurkanal (0,87 m breit und 0,30 m tief) (S. 521), obwohl hier
das Verhältnis von Flurhöhe und H.W. im Unterwasser die Anlegung eines begehbaren
Unterflurkanals gestattet hätte.
7. Die Schalträume. Bei zahlreichen, älteren Krafthäusern haben die Erbauer des
Krafthauses keine genügende Bücksicht auf die Raumbedürfnisse des Elektrotechnikers
für die Unterbringung seiner Schaltapparate genommen. Es sind daher aus einer Zwangs-
lage heraus oft allzu gedrängte Schaltanlagen entstanden, welche die Übersichtlichkeit
erschweren, Gefahren für die Bedienungsmannschaften im Gefolge haben und alle Repa-
raturarbeiten an der Schaltanlage verteuern und verlangsamen. Wenn man die
Raumbedürfnisse für die Schaltanlage nicht genügend berücksichtigt,
so wird sich ein solcher Fehler stets in unliebsamer Weise in den
Betriebskosten bemerkbar machen. In Tabelle VII ist eine vergleichende
Zusammenstellung gegeben, welche, soweit es bei dem verfügbaren Material möglich
war, ein ziemlich zutreffendes Bild gibt, wie gross die verfügbare Bodenfläche pro 100
aufgestellte Maschinen-PS« und KW bei den verschiedenen Anlagen gewählt wurde.
III. Theodor Koehn. Ausbau ton Wasserkräfte». EnrzEiAKrrnc.
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III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Tabelle VII.
Übersicht Aber die Grosse der Bodenuacbe
55
Bezeichnung der
Anlage und Art
des Stromes
1.
2.
3.
6.
7.
Vizzola, Taf. II,
Drehs trom
Turbigo, Taf. VIII,
Drehstrom
Pont St Martin,
Taf. XV, Drehstrom
Wangen, Taf.
XXIII, Drehstrom
Bergamasca,
Tuf. IX, Drehstrom
Funghera, Taf. X,
Drehstrom
Kubelwerk,
Taf. XXI, Dreh ström
8. Ceres Ala, Taf. XI,
Drehstrom
|i Les Clöes-
; Yverdon,
i Taf.XlX,Drehstrom
10.
11.
La Goule.
Taf. XVIII, Em-
phasen-Wechsel-
strom
Chevres,
Taf. XXVIII,
Zweiphasen-
Wechselstrom und
Gleichstrom
1-. i La Dernier-
Vallorbe,
'| Drehstrom und Ein-
,l phasen- Wechsel-
strom
Taf. XXXI und S. 466
Anzahl und Gesamtleistung der in dem
Krafthause aufgestellten
sfttze
a) in PS«
b) in KW
In
Avignonnet.
Drehstrom und
Gleichstrom
(S. 504)
10x2000 = 20000
5X1500 = 7500
5X1000 = 5000
7x1500 = 10500
1x400*
Sx600} = 8000
1X800/
6x1500 = 9000
4X500
2x1000
1 X lOOOin einer
Dampfmaschine
5000
4x700 = 2800
6x300=1800
8X500 \
1X650 =3650
1 X 1000 1
15 X 1200 = 18000
Aufgestellt 5 X 1000
= 5000, noch Platz für
3 Sätze, also zusammen
8000
13500
5065
3875
7090
2025
6075
3375
1890
1215
2466
12150
annung an den
Maschinenklemmen
in Volt
Spannung in der
Fernleitung
in Volt
also zusammen
5400
11000
11000
3000
11000
7000
8000
10000
12000
5200
5500
2750 \ Wecbsel-
5500 1 ström
11000
11000
15000
11000 u. 25000
24000
10000
12000
»200
5500. später auf
etwa 25000 V
erhöht
5500, Wechsel-
strom
!!13500{
! i
Drehst rom u.
Einphasen-
Wechsel-
strom
13 500
Aufgestellt
,| 4 X 1750,
j; noch Platz für
'! 3 X 1750
= 12250
8267.
3 Maschinen
liefern Droh-
strom,
1 Maschine
Gleichstrom
15 000 i, 15000 bis 260u-
fttr Drehstrom, l> für Drehstrom.
2400 . 2400
2 für Gleichstrom
für Gleichstrom ■
§ 6.
Krafthätjbeb. A. Der bauliche Teil.
L023
Tabelle VII.
für die Schaltanlage bei 16 Anlagen.
8
9
Ungefähre Boden-
fläche der Schalt-
anlage in qm
In wieviel Etagen ist die
Schaltanlage unter-
gebracht?
Bodenfliehe fa
qm der Schaltan-
lage pro 100 in
dem Krafthaas«
«angestellter
(nach Spalte 8)
a) Pöe b) KW
Bemerkungen
419,0
550,7
128,0
258,0
Zusammen 133,7
(5,4 X 15,30 X 2,0)
+ H,0 X 10,2
= 308,0
90,0
I (3,10x10,0x2,0)
+ 10,0 x 8,0
= 142,0
10,40 X 3,75 = 40,13
Zusammen rd. 132
Zusammen 295
752
390,0
4 Etagen
4 Etagen
1 Etage
2 Etagen
1 Etage
2,09
7,30
2,56
2,46
3,10
10,9
3,8
3,64
Knapp
Sehr geräumig
Transformatorenanlage im Krafthause
i
4,44 6,66
Der Raum unter dem
Podium der 8chalttafel ist
mitgerechnet, im übrigen in
einer Etage
4 Etagen
Der Raum unter dem
Podium der Schalttafel ist
mitgerechnet, im übrigen in
einer Etage
1 Etage
3,42
2 Etagen
4 Etagen
4 Etagen
4 Etagen
5,07
Schaltanlage an einem Ende des- Ha-
schinensaales. Der Strom wird in dem
Krafthause transformiert
1,8
5,1
2,23
3,60
1,64
2,66
7,5
3,30
5,35
2,43
a)9,4
b)6,9
3,18
14,0
10,1
4,72
Knapp
Schaltanlage an einem Ende des Ma-
schinensaales. Der Strom wird in
Fnnghera transformiert
Sehr knapp mit Rücksicht auf die Klein-
heit der Maschinen-Sätze
Zu knapp (rergl. S. 452)
Reichlich
a) Wenn für die drei freien Plätze Sätze
zu 1000 PSe
b) Wenn solche von 2000 PSe aufgestellt
werden
1024
IIL Theobor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheitex.
Fortsetzung der Tabelle VII.
1
2 | 8
4 5
2
Bezeichnung der
Anlage und Art
des Stromes
i,
Anzahl und Gesamtleistung der in dem
Krafthause aufgestellten Maschinen-
sätze
Spannung an den
Maschinenklemmen
in Volt
1 :
Spannung in der
in Volt
^
a) in PS«
b) in KW
i
14.
15.
16.
Urft-Talsperre,
Taf. XLVIII,
Drehstrom
Morbegno,
Taf XVII, Fig. 7
Drehstrom
Beznau,
Taf. XXIV und
Taf. LXXV1II
Drehstrom
Aufgestellt *
6x2000,
Platz fQr noch
2X2000
Aufgestellt
8x2000,
Platz für noch
1X2000
11X1000 =
= 16000
= 8000
11000
10800,
Drehstrom
5400
7425
5000
20000
8000
35000, Transfor-
matoren im
Krafthanse
20000
8000 u. 25000
Wenn die ganze Kraft für ein und denselben Abnehmer bestimmt ist, wie bei
der Anlage Morbegno (S. 392), so wird naturgemäss die Schaltanlage sehr vereinfacht
und der Raumbedarf kleiner, aber die bei der genannten Anlage gewählten Abmessungen sind
dennoch sehr knapp (Taf. XVII, Fig. 7 und Taf. LXXIX, Fig. 5). Bei den Anlagen Rhein-
felden nnd Lechwerk-Gersthofen wird der grösste Teil der Kraft in Form von
Gleichstrom an Grosskonsumenten abgegeben, deren Etablissements in der Nihe des
Krafthanses liegen. Auch hierbei ergibt sich infolgedessen ein kleinerer Raumbedarf.
Ferner nimmt natnrgemäss der Raumbedarf pro 100 aufgestellte Maschinen-PS» oder
KW mit der Grösse der Maschineneinheiten ab.
Die verfügbaren Bodenflächen z. B. bei den Anlagen Vizzola S. 352, Les C16es
Yverdon S. 405, Kubelwerk S. 415, Chevres S. 452, Urfttalsperre S. 593.
Lechwerk-Gersthofen S. 569, Rheinfelden S. 584 haben sich als recht beengt
herausgestellt. Man sollte daher bei neuen Anlagen, wenn es sich um kleinere Ein-
heiten bis zu 600 PS# handelt, nicht weniger als 4 bis 5 qm pro 100 aufgestellte
Maschinen-PS« zur Verfügung stellen, sofern die Leitung des gesamten Stromes nach
einer Stelle erfolgt und nicht weniger als 8 bis 10 qm, wenn eine Verteilung des
Stromes auf verschiedene Linien in Frage kommt. Bei grösseren Einheiten wurden
3 bis 4 qm pro 100 aufgestellte Maschinen-PS« genügen, sofern der Strom zum grasten
Teil nach einer Stelle geleitet wird und 6 bis 8 qm, sofern die Verteilung auf ver-
schiedene Leitungsstränge zu erfolgen hat.
Wird der Strom noch in dem Krafthause selbst transformiert, so ist es za
empfehlen, für die Bodenfläche des Schaltraumes Zuschläge zu den obigen Zahlen von
etwa 1 bis l1/* qm pro 100 aufgestellte PS« zu machen.
Im Teil B dieses § (S. 1055) werden noch einige Angaben über die erforderlichen
Mindestlängen nnd Breiten von Schalträumen folgen, auf die hier verwiesen sei.
Nur bei sehr grossen Krafthäusern wird die Unterbringung der Schaltanlage für die
Fernleitungen — getrennt von derjenigen der Maschinen, welche im Maschinensaal
bleiben muss — in einem besonderen Hause in Frage kommen. Eine solche Anord-
nung wurde z. B. bei der Ontario Power Co. (205000 PS«) (Taf. XLIV, Fig. 4 und 5
und S. 544) gewählt. In- der Regel findet die Schaltanlage ihren Platz entweder in
§ 6.
Kbafthauser. A. Der bauliche Teil.
1025
Fortsetzung der Tabelle VII.
6
Ungefähre Boden-
flftche der Schalt-
anlage in qm
In wieviel Etagen ist die
Schaltanlage unter-
gebracht?
8
Bodenfliehe in
qmderSchftHan-
Mge pro 100 in
dem ErafthanM
aaJjrefttelltor
(dm£ Spalt« 8)
PS«
in KW
9
Bemerkungen
(15,50 X 828)
+ 2 (20,68 X 6,34)
= 812,4
97,0
497
8 Etagen
(vergi. S. 1056)
1 Etage. Darstellung des
Schaltraumes Taf. LXXIX,
Fig. 6
4 Etagen
1,95
1,21
4,5
2,89
1,79
6,7
Transformatoren im Krafthause,
Raum knapp
Strom wird ausschliesslich zum Betriebe
der elektrischen Vollbahn Lecco-Collico-
Chiavenna und Collico-Sondrio ver-
wendet. Raum trotzdem zu knapp.
Geräumig.
einem in der Mitte oder am Ende des Maschinensaales liegenden Anbau. Die letztere
Anordnung hat den Vorzug, dass die Schaltbrettwärter mit einem Blick den ganzen
Maschinensaal übersehen können, wenn, was fast immer der Fall ist, sie ihren Stand-
punkt auf einem erhöhten Podium haben. Bei der Lage in der Mitte kann man
meistens eine bessere Beleuchtung durch Seitenlicht erzielen und alle Maschinenkabel
werden kürzer. Letztgedachte Ersparnis an Ä^schinenkabel wird allerdings u. U. hin-
fällig, wenn die Fernleitungen in Richtungen der Längsachse des Maschinensaals abgehen
und man daher den Strom in der Hälfte der Maschinenkabel in entgegengesetzter
Richtung zu derjenigen der Fernleitung führt.
Sehr geräumig und übersichtlich sind z. B. die Schaltanlagen bei der Anlage
La Dernier-Vallorbe (Abb. 91 und 92, S. 466, Taf. XXXI, Fig. 2 bis 5 und Tab. VH
ad 12), wo der Schaltraum in der Mitte und bei der Anlage Beznau (Taf. LXXVIII
Tab. VII ad 16), wo der Schaltraum am Ende des Maschinensaales liegt.
Für die Übersicht des Schaltbrettwärters sind Schaltpulte, wie bei der Anlage
Beznau (Taf. LXXVIII, Fig. 1 und 2) oder drehbare in einer Bogenlinie um den Sitz
des Wärters aufgestellte Schaltsäulen (S. 1060) am meisten zu empfehlen, weil der
Wärter hierbei mit dem Gesicht nach dem Maschinensaal seinen Dienst verrichtet.
Um an bebauter Fläche zu sparen, wird zweckmässig die gesamte für die Schalt-
anlage erforderliche Bodenfläche auf mehrere (2 — 4) Etagen verteilt. Hierbei ist die
wünschenswerte räumliche Trennung der Niederspannung»- und Hochspannungsanlagen
auf die einfachste Weise durchführbar. Die Blitzschutzvorrichtungen zum Schutze der
Fernleitung, der Schaltanlage und Maschinen (S. 1056 u. 1060) werden bei oberirdischen
Fernleitungen am besten in der obersten Etage untergebracht (Taf. LXXVIII, Fig. 2
und 3, Blitzschutzanlage La Dernier-Vallorbe und Abb. 356 desgl. Beznau).
Wände, Boden und Decken der Schalträume sollten stets aus
unbrennbaren Stoffen hergestellt werden. Man sollte also die Verwendung
von Holz für Fenster und Decken und Asphalt und Holz als Fußbodenbelag ausschliessen.
In den Räumen, wo ölwiderstände aufgestellt werden sollen, muss jede Öffnung in dem
Fussboden, durch welche etwa Kabel heraufgeführt werden mit einem 5 bis 10 cm hohen
unverbrennbaren Rand umgeben sein, ebenso müssen die abwärts führenden Treppen in
Handball d«r Int-WiaMnieh. UL T«fL 18. Bd. 65
§ 6. KbafthIübbk. A. Deb bauliche Teil. 1027
den Raum so einmünden, dass man von einer kleinen Stufe auf den Fussboden herab-
steigt, damit das etwa durch Blitzschlag oder Kurzschluss entzündete brennende Öl,
wenn die ölgefässe zerspringen sollten auf keinen Fall in die unteren Etagen herab-
fliessen kann. Ferner sollte man dem Fussboden solcher Räume ein Gefälle nach einer
Aussenwand geben und in dieser einige Ausgüsse ans glasiertem Ton anbringen,
durch welche notfalls brennendes öl unschädlich ins Freie geführt wird.
Für den Austritt der Hochspannungsleitungen ans dem Gebäude legt man meistens
für jeden Draht oder für je zwei bis drei Drähte eine besondere Öffnung an, welche
am besten mit einem feuerfesten Material ausgekleidet wird. Zur weiteren Isolierung
wird dann der Draht innerhalb der Wand selbst meistens in einem starken Glasrohr
geführt
Beim Entwurf aller einschlägigen baulichen Einzelheiten sollte
der Bauingenieur stets in engster Fühlung mit dem Elektrotechniker
bleiben.
8. Die Transformatorenräume. Soll der Strom nicht mit der Maschinenspannung,
sondern mit einer erhöhten Spannung in die Fernleitungen geschickt werden (vergl.
Tab. II, S. 1003 u. ff.), so ist möglichst in unmittelbarem Zusammenhange mit dem Schalt-
raum ein Raum für Transformatoren vorzusehen. Man wird die Transformatoren wegen
ihres grossen Gewichtes mit Vorliebe zur ebenen Erde oder in einem durch eine flach-
geneigte Rampe zugänglichen Kellergeschoss unterbringen und zwar so, dass der Schalt-
raum für die Hochspannung direkt darüber liegt.
Beispiele hierfür sind die Anlagen:
1. Fanghera (Taf. X, Fig. 11 und 8. 369), 5. Champ (Füre et Morge) (Taf.XLIII, Fig. 5
2. Eanderwerk (Taf. XXV, Fig. 4, Taf. und S. 540),
XXVI, Fig. 5 und Abb. 88, S. 440), 6. Urfttalsperre (Taf. XLVIII, Fig. 8 und
8. B e s n a n (Taf. LXXV1II, Fig. 2 and 8. 485), 8. 593).
4. Kykkelsrad (Taf. XXXIV, Fig. 8 and
& 491),
Man versieht den Transformatorenraum in der Regel mit einem Gleise, auf welchem
ein nach Art der Schiebebühnen ausgebildeter Wagen läuft Lotrecht zu dem Haupt-
gleise werden dann bei grösseren Transformatoren kleine Gleise (für jeden Transformator
eines) angelegt, auf welchen die einzelnen, auf kleinen Wagengestellen stehenden Transfor-
matoren geschoben werden. Auf diese Weise ist es leicht, die schweren Stücke schnell
auszuwechseln.
Wegen der Lüftung der Transformatorenräume vergl. S. 998. Für die Be-
messung des Raumbedürfnisses ergeben einerseits die angezogenen Beispiele Anhalts-
punkte, andererseits werden noch einige Zahlenangaben im Teil B dieses § S. 1056
u. ff. folgen. Bei der Konstruktion der Decke ist auf die zahlreichen elektrischen
Leitungen, welche sie durchdringen müssen, entsprechend Rücksicht zu nehmen. Es sind
deshalb ebenso, wie beim Entwurf des Schaltraumes, sorgfältige Erkundigungen bei dem
entwerfenden Elektrotechniker nötig.
Wenn Wasserkühlung der Öltransformatoren vorgesehen werden soll, ist auf
die von dem Druckrohr oder den Turbinenkammern abzuzweigenden Kühlwasserleitungen
Bedacht zu nehmen. Bei Luftkühlung der Transformatoren werden zweckmässig ent-
sprechende Luftkanäle unter dem Transformatorenräume (vergl. Anlage Kykkelsrud)
angelegt, über deren Abmessungen man sich nach den Angaben (S. 998) ein ungefähres
Bild machen kann. Einer ständigen Bedienung bedürfen die Transformatoren nicht und
man hat deshalb in einigen der neuesten Anlagen, wie z. B. bei der mehrerwähnten
65*
1028 . III. Theodor Koehn. Ausbau von WabsebkrIvtbk. Einzelheiten.
Anlage in Brusio (S. 359 und 940 und 919) jedön einzelnen Transformatorenstand an
drei Seiten durch Monierwände und vorn nach dem Schiebebühnengleis zu durch eine
Wellblechjalousie abgeschlossen. Schliesst man die letztere, so ist jede Gefahr der
Berührung der Transformatoren durch Unachtsamkeit etc. ausgeschlossen.
Kleinere Transformatorenräume sind auf Taf. LXXIX in Fig. 4 (Krafthaus Pont
St. Martin) und in Fig. 2 (Transförmatorenunterstelle in Voiron der Anlage Champ,
Füre et Morge) dargestellt.
9. Die Nebenräum©. Zu jedem Krafthause gehört eine Reparaturwerkstatt,
in welcher kleinere Reparaturen ausgeführt werden können. Je nach der Zahl und
Grösse der aufgestellten Maschinen ist dieselbe mit einem Schmiedefeuer, einigen Dreb-
und Hobelbänken, sowie mit Arbeitsbänken und Schraubstöcken auszurüsten. Die Repa-
raturwerkstatt wird meistens an einem Ende des Maschinensaales derart angelegt, dass
die Stücke, welche von dem Laufkran auf einen Wagen gelegt sind, leicht und bequem
in die Werkstatt geschoben werden können, wie z. B. bei den Anlagen:
1. Champ (Füre et Morge) (Taf. XLIII, 8. Pont St. Martin (Taf. XV, Fig. 1);
Fig. 1); 4. Morbegno (Tat XVII, Fig. 7);
2. Ceres Ala (Taf. XI, Fig. 6); 5. ürfttalsperre (Taf. XLVIII, Fig. 8).
Bei der Anlage La Dernier-Yallorbe ist an einem Ende des Maschinensaals
ein 4 m breiter Streifen desselben als Werkstatt benutzt (Taf. XXXI, Fig. 2 und 3).
Diese Anordnung hat den Vorzug, dass man die Stücke direkt mit dem Kran in die
Werkstatt bringen und auf die Arbeitsbank legen kann. Wenn man das Schmiedefeuer
ausserhalb unterbringt, so wird in der Werkstatt kein Staub erzeugt und lässt sich auch
aus diesem Gesichtspunkte nichts gegen diese Anordnung einwenden.
Bei der Anlage Chevres wurden in einem besonderen Gebäude, welches am Ende
des Vorbeckens lotrecht zum Krafthause Aufstellung gefunden hat, im Kellergeschosse
die Transformatoren und darüber die Reparaturwerkstatt untergebracht (S. 452).
Zu den unentbehrlichen Nebenräumen gehören ferner helle und mit
abwaschbaren Fussboden, Wänden und Türen versehene Klosetträume für die Auf-
sicht führenden Angestellten und das Bedienungs- Personal, ferner ein heizbarer Baum
mit Kleiderschränken für das Personal, ein heller und geräumiger Lagerraum
für Schmier- und Putzmaterial und ein desgl. für Reserveteile.
Wünschenswert sind ferner ein oder zwei Diensträume für die Aufsicht und
ein Baderaum für das Bedienungs -Personal. Alle diese Nebenräume müssen
möglichst hell und aus gutem Material hergestellt werden, damit überall
und jederzeit im ganzen Krafthause die peinlichste Ordnung und Sauber-
keit verlangt und erzielt werden kann.
Bei einigen Anlagen sind auch Wohnungen in dem Krafthause mit untergebracht»
wie z. B. bei den Anlagen Morbegno, Lechwerk-Gersthofen und Ürfttalsperre.
Es ist gewiss sehr erwünscht, dass jederzeit ein Maschinist und vor allen Dingen
der Maschinenmeister, auch wenn der Betrieb ruht, im Haus sind und unter Umstanden
lässt sich durch Ausnützung des Raumes über den vorerwähnten Nebenräumen zu Wohn-
zwecken die Anlage billiger herstellen, als wenn man besondere Wohnhäuser für die
Angestellten baut. Wo *ber die letztgedachte Ersparnis nicht erheblich ins Gewicht
fällt, sollte man die Wohnungen vom Krafthause trennen. Der Verkehr zu den Woh-
nungen verträgt sich meistens nicht gut mit dem Betriebe und für die Grundrissbildung
der Wohnungen ist man an Verhältnisse gebunden, welche an sich gar nichts mit Woh-
nungen zu tun haben. So werden dann solche Wohnungen meist recht nüchtern und
unwohnlich.
§ 6. Krafthäüser. B. Die elektrische Einrichtuno. 1029
Die Wohnungen in getrennten Häusern können dagegen viel behaglicher ausfallen
und werden meistens nicht wesentlich teurer. .Der Raumbedarf für eine Maschinen-
meisterwohnung (Chef d'usine) ist bei kleineren Anlagen etwa drei Zimmer, Küche,
Mädchenstabe, Kammer, Badestube; bei grösseren Anlagen ein Zimmer mehr. Die
Maschinenwärter und ähnliche Angestellte erhalten etwa zwei bis drei Zimmer, Kammer,
Küche und Badestube.
10. Die Bedachung des Krafthauses. Das Dach des Maschinensaales sollte,
abgesehen von der selbstverständlichen Forderung der Wasserdichtigkeit, möglichst wärme-
isolierend und wenn möglich unbrennbar sein. Ferner muss die Gefahr des Tropfens
vermieden werden.
Alle möglichen Arten von Dächern, bei denen die obigen Anforderungen nicht
oder nur zum Teil Erfüllung gefunden haben, sind aber bei Krafthäusern tatsächlich
verwendet und es genügt wohl auf die im Kapitel II beschriebenen zahlreichen Beispiele
zu verweisen. Den obengenannten drei wünschenswerten Anforderungen wird entsprochen,
wenn man wegen der Wärmeisolierung metallische Eindeckung und wegen der Unbrenn-
barkeit Holz ausschliesst und ferner indem man entweder doppelte Decken mit Luft-
schicht oder Decken von isolierendem Material in grösserer Dicke hergestellt. Bei einer
derartigen Ausführung erwärmt sich die untere Deckenfläche so stark, dass eine Tropf-
gefahr nicht besteht.
Die Krafthäuser der Anlagen Vi zzola (Taf. II, Fig. 2 und Abb. 87, S. 350) und
Turbigo (Taf. VII, Fig. 1) sind nach dem System Bianchi mit Hohlziegelplatten
unbrennbar eingedeckt (S. 352). Bei dem Mittelbau des Krafthauses Jonage-Cusset-
Lyon (Taf. XL, Fig. 3 und Abb. 115, S. 520) ist die Eindeckung durch doppelte Zement-
platten mit Luftschicht erfolgt und die Dichtung durch Holzzement bewirkt (vergl. 521).
.Schwemmsteinkappen zwischen I Trägern wurden zur Eindeckung bei dem Kraft-
hause Urfttalsperre (Taf. XLVHI, Fig. 9 und 10) verwendet (vergl. S. 593). Hier
sind ausserdem durch Rückfallflächen des Daches äussere Regenrohre,
welche leicht einfrieren können, vermieden. Die Regenrohre werden im
Innern des Maschinensaales herab und in die Turbinenkanäle hineingeführt, was bei
ähnlichen Anlagen zur Nachahmung empfohlen werden kann.
B. Die elektrische Einrichtung der Krafthäüser.
Hinzu Taf. LXXYIII bis LXXX.
Bearbeitet von J. Lauf er, Oberingenieur, Berlin.
Die elektrische Einrichtung der Krafthäuser setzt sich zusammen aus:
1. Den Dynamomaschinen (Generatoren oder Stromerzeuger),
2. der Erregeranlage,
3. den Verbindungsleitungen zwischen der Schaltanlage einerseits und den Gene-
ratoren, Erregermaschinen und Transformatoren andererseits,
4. den Transformatoren,
5. der Schaltanlage,
6. dem Blitz- und Überspannungsschutz,
7. der Beleuchtung des Krafthauses.
Im {olgenden sollen die sämtlichen Teile eines elektrischen Krafthauses einer
Besprechung unterzogen werden. Im Anschluss hieran sind unter 8. die Gesichtspunkte
für die Wahl des Stromsystems, unter 9. die Theorie der Leitungsberechnung kurz
1030 IIL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
erörtert, unter 10. eine Zusammenfassung der Bezeichnungen und Formeln und unter 11.
Angaben über Gewichte und Preise hinzugefugt.
1. Generatoren* a) Gleichstrommaschinen. Die Generatoren setzen die
von den Turbinen gelieferte, mechanische Energie in elektrische um. Bei dieser Um-
wandlung werden die Erscheinungen benutzt, welche man unter dem Namen Induktion1)
zusammenfasst und worunter man die gegenseitige Beeinflussung eines magnetischen Feldes
und eines in diesem befindlichen elektrischen Leiters versteht.
In einem Leiter, der sich in einem magnetischen Felde befindet, wird eine elektro-
motorische Kraft (abgek. E.M.E.) oder eine „Spannung" hervorgerufen (induziert),
sobald der Leiter in dem Felde so bewegt wird, dass er Kraftlinien schneidet
Bei jeder Dynamomaschine wird man also zwei Hauptteile unterscheiden können:
Einen das Magnetfeld erzeugenden Teil, die sog. Feldmagnete, und einen die zu
induzierenden Leiter tragenden Teil, den Anker der Dynamo.
Die Induktion in einer Dynamomaschine geht folgendermassen vor sich: In
Abb. 357 seien N und S der Nord- bezw. Südpol der Feldmagnete. Zwischen diesen Polen
drehe sich in der Pfeilrichtung der Eisenring a, auf welchem sich eine aus Kupferdraht
hergestellte Windung b zunächst in der Stellung 1 befinden möge. Die schwach gezo-
genen Pfeillinien sollen die Kraftlinien des von den Feldmagneten erzeugten Magnet-
feldes bezeichnen.
Wir wollen zunächst einmal betrachten, wie die Anzahl der in einer gewissen
Zeit — z. B. pro Sekunde — von der Windung b geschnittenen Kraftlinien während
einer Umdrehung variiert. Von der Stellung 1 aus bewegt sich der Ankerumfang und
mit ihm die auf ihm liegende Windung während einer unendlich kleinen Zeit parallel
zur Kraftlinienrichtung und daher werden während dieser Zeit Kraftlinien nicht
geschnitten; die induzierte E.M.K. wird also in der Stellung 1 Null sein. Bewegt sich
jetzt die Windung von der Stellung 1 auf die Stellung 2 zu, so wird die Anzahl der
pro Sekunde geschnittenen Kraftlinien immer grösser werden, bis sie, wenn die Windung
in Stellung 2 angelangt ist, ihr Maximum erreicht. In Stellung 3 wird die Anzahl der
pro Sekunde geschnittenen Kraftlinien wieder gleich der in Stellung 1, jedoch treten die
Kraftlinien von der anderen Seite in die Windung ein und die in der Spule induzierte
E.M.K. wird dementsprechend ebenfalls umgekehrt gerichtet sein 2). In Stellung 4 ist die
Anzahl der geschnittenen Kraftlinien wieder maximal und wird von da ab wieder geringer,
bis sie in Stellung 1 bei gleichzeitigem Richtungswechsel der induzierten E.M.K. auf Null
herabgesunken ist, worauf das Spiel von neuem beginnt.
Aus dem Vorstehenden ist ohne weiteres ersichtlich, dass keineswegs gerade der
Dynamoanker bewegt werden muss, um in der Ankerwindung b eine E.M.K. hervorzu-
rufen. Es ist vielmehr offenbar, dass man ebensogut die Feldmagnete in Rotation ver-
setzen und hierbei den gleichen Effekt erzielen könnte.
Man sieht ferner, dass die induzierte E.M.K. ihre Stärke und Richtung periodisch
wechselt, mit anderen Worten, dass in der Windung ein Wechselstrom hervorgerufen
wird. Wenn man die Windung aufschneidet und die beiden Enden zu zwei auf der
Ankerwelle sitzenden Schleifringen führt, kann der Strom mittelst auf den Ringen schlei-
fender Metall- oder Graphitklötze — der sog. Bürsten — abgenommen werden. Hat
i) Michael Faraday hat die elektrische Induktion entdeckt und vollständig erforscht (geh.
1791, f 1867). Vergl. L. Graeti, Die Elektrizität und ihre Grundlagen, Stuttgart 1908.
*) Die Richtung des induzierten Stromes kann man mit Hilfe der sog. , Drei-Finger-Regel* oder
»Rechte-Hand-Regel* bestimmen. Vergl. L. Graeti, Die Elektrizität u. ihre Grundlagen. Aufl. 1903. S. 217.
S 6.
KßAFTHiUSER. B. DlE ELEKTRISCHE EINRICHTUNG.
1031
man die Dynamo aber mit feststehendem Anker und rotierenden Magneten ausgeführt,
so kann man sogar die Schleifringe und Bürsten entbehren and die beiden Enden der
Windung zn zwei festen Klemmen führen, von denen man den erzeugten Strom
abnehmen kann.
Es ist ferner leicht einzusehen, dass es anwirtschaftlich wäre, auf dem ganzen
Umfange dea Ankers nur eine Windung anzubringen. Man bewickelt vielmehr den
ganzen Ankerumfang und erhält ho erheblich stärkere Wirkungen.
Da im Dynamoanker stets ein Wechselstrom induziert wird, so muss man bei
einer Gleichstromdynamo besondere Einrichtungen treffen, um aus dem Anker einen
stets in derselben Richtung fliessenden Strom entnehmen zu können. Eine
Vorrichtung, welche dies ermöglicht, ist der sog. Kommutator.' Die Wirkungsweise
des Kommutators kann man sich folgendermassen erklären: In Abb. 358 ist statt der
in Abb. 357 gezeichneten einzelnen Windung eine Drahtspirale um den Eisenkern c
herumgelegt, welche man sich aus aneinandergereihten Einzelwiudungen entstanden denken
kann. In jeder dieser Windungen wird eine ihrer jeweiligen Stellung entsprechende
E.M.K. erzeugt. Sämtliche auf der linken Ankerbälfte induzierten E.M.Ke. werden sich,
Abb. 357.
Abb. 858.
Abb. 359.
da die einzelnen Windungen „hintereinander geschaltet" sind, addieren. Der gleiche
Vorgang findet auf der rechten Ankerbälfte statt, jedoch sind die hier induzierten
t'.M.Ke. denen auf der linken Ankerhälfte entgegengesetzt und, da die Maschine absolnt
symmetrisch ist, gleich. Die Summen der E.M.Ke. der einzelnen Windungen der rechten
und linken Ankerhälfte werden sich also das Gleichgewicht halten und in der Anker-
wickelung selbst wird kein Strom fliessen. Legt man nun an den Punkten a und b,
(deren Verbindungslinie man „neutrale Zone" oder „neutrale Achse" nennt, weil die
Induktion an dieser Stelle gleich Null ist), feststehende Bürsten auf die aussen blank
gedachte Wickelung und schaltet zwischen diese einen Stromverbranchskörper r, so wird
aus beiden Ankerhälften über die Bürste a ein Strom durch r und über b wieder in den Anker
hineinfiiessen. Dieser Strom wird bei stillstehenden Bürsten stets in gleicher Richtung
verlaufen, also ein Gleichstrom sein, während in jeder Ankerspule ein Strom von
wechselnder Richtung flieset, je nach der Stellung, in welcher sich die Spule zu den
erregenden Polen befindet.
Durch die oben beschriebene Anordnung wäre also das Problem der Gleichstrom-
erzeugung gelöst und es sind früher tatsächlich Dynamomaschinen gebaut worden, bei
denen die aussen blanken Ankerleiter als Kommutatorsi äbe benutzt wurden. Man ist
aber von dieser Bauart abgekommen, da sich mancherlei Unzuträglichkeiten dabei ergaben
und man läset jetzt (vergl. Abb. 359) die Bürsten bl und b, auf einem besonderen Kom-
mutator schleifen, wie dies in Abb. 359 schematisch dargestellt ist. Jedes Segment des
1082 III Theodor Koehh. Ausbau vom Wabserkräjteh.
Kommutators ist mit dem Ende der einen und dem Anfang der nächsten Ankerspule ver-
banden oder anders ausgedrückt, zwischen je zwei Segmente ist stets eine Ankerspole ge-
schaltet Die Börsten müssen natürlich in Richtung des Ankernmfanges so breit sein, das»
sie vor dem Verlassen eines Segmentes das nächste bereits berühren, damit keine Strom-
unterbrechnng stattfindet. Die gleichzeitige Berührung zweier Segmente durch die Bürste
verursacht ein „Kurzscbliessen" der zwischen den beiden Segmenten liegenden Anker-
spule d. h. es entsteht ein geschlossener Stromkreis, der aus Spule, erstem Segment,
Bürste und zweitem Segment gebildet wird. Wie aus Abb. 358 ersichtlich, ist der Anker-
strom in den vor der Bürste liegenden Ankerspulen umgekehrt gerichtet wie in den
Spulen hinter der Bürste. Es inuss also in der Spule, die durch die Barste kurzge-
Abb. 360. Gleichstrom-Dynamo.
schlössen ist, ein Stromrichtungswechsel eintreten. Dieser Wechsel mass, da sich die
Spule nur während einer sehr kleinen Zeit in der gedachten Stellung befindet, äusserst
rasch vor sich gehen; es tritt daher „Selbstinduktion" auf (vergl. S. 1071 u. ff.), wodurch
in den kurzgeschlossenen Spulen ein Strom erzeugt wird, welcher von der Bürste in dem
Augenblick, in dem sie das Segment verläset, unterbrochen werden mass. Dies Unter-
brechen zusammen mit der durch den Eurzschlusstrom hervorgerufenen hohen Strom-
belastung gibt Anlass zur Funkenbildung. Diese Erscheinung, das „Feuern" der Dynamo,
ist sehr unerwünscht, da hierdurch der Kommutator leidet, und man muss dafür sorgen, das«
die Funkenbildung, welche sich nie vollständig vermeiden l&sst, möglichst gering wird.
Hau erreicht dies, indem man die Bürsten im Sinne der Drehrichtung der Dynamo
etwas verschiebt, eine Massnahme, welche auch aus anderen, später zu erörternden
Gründen erforderlich ist
Man nimmt für die Herstellung des Ankerkörpers Eisen, weil dasselbe den Kraft-
linien einen geringeren magnetischen Widerstand bietet als andere Materialien z. B. die
§ 6. KbaftuIubeb. B. Die elektrische Einrichtung. 1033
Luft. Es gehen deshalb bei einer Dynamo mit eisernem Anker die meisten Kraftlinien
durch den Anker und es wird dadurch ein grosser Teil derjenigen Kraftlinien für die
Induktion nutzbar gemacht, der bei Verwendung eines anderen, unmagnetischen Materials
für den Ankerkörper ungenutzt ausserhalb des Ankers verlaufen und von den Anker-
drähten nicht geschnitten werden würde.
Eine besondere Rolle spielt dies bei Verwendung mehrpoliger Maschinentypen,
wie sie für grössere Leistungen in Betracht kommen. Bei derartigen Maschinen stehen
die ungleichnamigen Pole sehr nahe beieinander (s. Abb. 360) und die Gefahr, dass ein
Teil der Kraftlinien nicht durch den Anker geht, ist hier besonders gross. Immerhin
wird trotz der Verwendung eines Eisenankers noch ein Bruchteil der Kraftlinien direkt
von Pol zu Pol gehen, ohne den Anker zu schneiden; die Anzahl dieser mit dem Aus-
druck Streulinien — kurz auch Streuung — bezeichneten Kraftlinien ist allerdings
bei guten Maschinen sehr gering.
Die Verwendung des Eisens für den Ankerkörper bringt aber neben den erwünschten
auch einige unerwünschte Erscheinungen mit sich. Da das Eisen selbst ein Leiter ist,
so ist es natürlich, dass bei der Rotation auch in ihm Induktionsströme entstehen werden.«
Diese Ströme, welche sich nicht nutzbar machen lassen, sind unwillkommen, einmal, weil
zu ihrer Erzeugung eine gewisse Energie aufgewendet werden muss und ferner, weil sie
den Anker erwärmen. Um die Entstehung dieser sog. Wirbelströme nach Möglich-
keit zu vermeiden, stellt man den Ankerkörper nicht aus einem massiven Eisenstück
her, sondern man setzt ihn aus einzelnen Blechen zusammen, die voneinander durch
Papierzwischenlagen isoliert sind. Für den Durchgang der Kraftlinien bietet diese
Unterteilung des Ankerkörpers kein Hindernis, da die Ebenen der einzelnen Ankerbleche
in der Richtung des Kraftlinienflusses liegen.
Das Ankereisen wirkt aber nicht nur als elektrischer Leiter, in welchem Ströme
induziert werden, sondern es wird auch durch die Ankerwickelung magnetisiert, wird
also seinerseits ein Magnetfeld erzeugen. Dies von den Ankerwindungen hervorgebrachte
Magnetfeld wirkt dem von den Feldmagneten erzeugten entgegen; man wird also, um
seine Wirkung auszugleichen, bei steigendem Ankerstrom die Feldmagnete stärker
erregen müssen.
Die Wirkung des vom Ankerstrom erzeugten Magnetfeldes fasst man mit anderen,
im gleichen Sinne wirkenden Einflüssen, deren Erörterung hier zu weit führen würde,
unter dem Namen Ankerrückwirkung oder Ankerreaktion zusammen. Es sei
hier nur darauf hingewiesen, dass die Ankerrückwirkung bei steigender Strombelastung
im allgemeinen ein Sinken der Maschinenspannung hervorruft, welches durch Verstärkung
des Magnetfeldes d. h. Vergrössemng des Erregerstromes ausgeglichen werden muss.
Die Ankerrückwirkung verursacht aber nicht nur eine Schwächung des von den
Magneten erzeugten Feldes, sondern sie verzerrt dasselbe auch, sodass die neutrale
Zone sich um einen gewissen Winkel gegen die Linie a b (Abb. 358) im Sinne der
Ankerdrehrichtung verschiebt. Man muss also auch, um die volle von der Maschine
erzeugte Spannung nutzbar machen zu können, die Bürsten um den gleichen Winkel ver-
stellen. Da die Grösse des Verschiebungswinkels von der Ankerrückwirkung, also vom
Ankerstrom abhängig ist, wird die Bürstenstellung für verschiedene Belastungen ver-
schieden sein und man wird bei wechselnder Belastung die Bürsten nachstellen müssen.
Bei guten Maschinen ist allerdings überhaupt nur eine geringe Verschiebung selbst bei
starken Belastungsunterschieden erforderlich und man ist sogar neuerdings durch die
Einführung der sog. Wendepole und der kompensierten Maschinen in der Lage, Dynamos
zu bauen, die konstante Bürstenstellung bei den verschiedensten Belastungen gestatten.
1034 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Edvzelheitek.
Die Leistung einer Dynamomaschine ist bestimmt durch das Produkt aus der von
ihr gelieferten Stromstärke und Spannung und wird in Watt (1000 Watt =1 Kilowatt
= 1,372 PS; 1 PS also =0,736 KW) gemessen, während das Mass für die Strom-
stärke das Ampere und für die Spannung das Volt ist. Diese Einheiten basieren auf
dem Zentimeter-Gramm-Sekunden-System und wurden mit Rücksicht auf die Bedürf-
nisse der Praxis so festgelegt, dass
1 Volt8) = 108 Z.G.S.-Einheiten,
1 Ampere*) = 10-1 Z.G.S.-Einheiten,
1 Watt = 0,001 Kilowatt (KW) = 107 Z.G.S.-Einheiten beträgt*).
Die yon einer gegebenen Spannung in einem Gleichstromkreise erzeugte Strom-
stärke ist von dem elektrischen Widerstände dieses Stfomkreises abhängig. Diese Ab-
hängigkeit wird durch das Ohm sehe Gesetz6) bestimmt:
■— *• «-*SfW
Für Wechselstromkreise ist das Ohm sehe Gesetz nicht ohne weiteres gültig,
sondern es treten hier kompliziertere Verhältnisse auf (vergl. S. 1071 ff).
Als technische Einheit des elektrischen Widerstandes gilt das Ohm (fi) = l(P
Z.G.S.-Einheiten.
Das Verhältnis zwischen den technischen Einheiten und denen des Z.G.S.-Systems
ist so gewählt, dass das Ohm sehe Gesetz auch ohne weiteres für die in technischen
Einheiten ausgedrückten Grössen Gültigkeit hat.
In Abb. 360 ist eine moderne Gleichstromdynamo dargestellt. Die Maschine
besteht aus dem kreisförmigen Gusseisengestell, welches die zur Vermeidung von Wirbel-
strömen meist aus gestanztem Eisenblech hergestellten und durch Schrauben am Magnet-
gestell befestigten Magnetpole mit ihrer Wicklung hält und gleichzeitig als Magnetjoch
dient. Das Magnetgestell setzt sich mit zwei Pratzen
Abb. 861. Ankerblech. auf ejne gußeiserne Grundplatte auf, auf welcher auch
die den Anker tragenden beiden Lager aufgebaut sind.
Die Anker bleche sind ringförmig und werden
aus vorzüglichstem, weichem Eisen hergestellt. Die
Bleche werden meist in der nebenstehend skizzierten
Form gestanzt (Abb. 361), erhalten also am Rande eine
Verzahnung, wodurch bei dem fertigen Ankereisenkörper der Dynamowelle parallel-
laufende Nuten entstehen, in welche die Wicklung eingebettet wird, damit keine Ver-
schiebung derselben stattfinden kann. Die Nuten werden gewöhnlich noch mit Isolier-
material ausgekleidet, damit die mit Baumwolle isolierte Wicklung selbst bei einer
Verletzung der Baumwollisolation keinen „Schluss" gegen den Ankerkörper bekommt,
d. h. mit dem Ankerkörper in elektrisch leitende Verbindung tritt.
Der Kommutator (auch Kollektor genannt) ist mit der Ankerwickelung durch
Kupferblecbstreifen verbunden ; er besteht aus einer grossen Anzahl prismatischer Stücke
hartgezogenen Kupfers, welche auf eine auf die Dynamowelle aufgekeilte eiserne, mit Iso-
liermaterial verkleidete Buchse aufgelegt und voneinander ebenfalls sorgfältig isoliert
werden. Durch geeignete Druck Vorrichtungen werden die einzelnen Kommutatorseg-
8) Genannt nach Volta, dem Entdecker der Eontaktelektrizit&t; geb. 1745, gest. 1827.
*) Genannt nach A mpere, welcher die Theorie der Elektrodynamik aufstellte; geb. 1775. gest. 183$.
&) Näheres s. Graetz, Dio Elektrizität und ihre Anwendungen. 10. Aufl. S. 308 — 316.
6) Aufgestellt 1827 von Ohm (Ohm geb. 1787, f 1854).
§ 6.
KJUFTHÄU8ER. B. DlE ELEKTRISCHE EINRICHTUNG.
1035
Oi Oi
mente in ihrer Lage gehalten. Nach Fertigstellung wird der Kommutator abgedreht und
poliert, da eine absolut glatte und kreisrunde Kommutatorfläche eine Hauptbedingung
für einen guten, funkenfreien Gang der Dynamo bildet.
Die Stromabnahme vom Kommutator erfolgt durch die Bürsten, heutzutage meist
Kohlenklötze, welche durch die Bürstenträger gehalten werden. Die früher gebräuch-
lichen Kupfergazebürsten wendet man heute nur noch ausnahmsweise bei Maschinen für
grosse Stromstärken an, da die Kohlebürsten den Kommutator weniger angreifen und
sie, da bei ihnen der Übergangswiderstand an der Auflagefläche erheblich grösser ist
als bei Kupferbürsten, geringere Neigung zur Funkenbildung haben als die letzteren.
Der Schaltung nach kann man drei Arten von Gleichstromdynamos unterscheiden :
Die Nebenschlussdynamo, die Hauptstromdynamo und die Compound-
dynamo.
Die drei Arten der Schaltung werden durch die nachstehenden Figuren erläutert
(Abb. 362): I stellt die Schaltung einer Nebenschlussmaschine dar. Diese Bezeichnung
rührt daher, dass die Magnetwickelung m im Nebenschluss zum Anker liegt; ein Teil
des Ankerstromes wird also zur Erregung der Dynamo benutzt Die Spannung der
Nebenschlussmaschinen ist von der von
ihnen gelieferten Stromstärke nahezu un- ^b. 362.
abhängig. Diese Maschinen werden daher I I M
dort angewendet, wo, z. B. in Lichtanlagen,
konstante Spannung bei variabler Strom-
stärke vei langt wird. Die Regulierung
der Nebenschlussmaschinen wird dadurch
möglich gemacht, dass in den Stromkreis
der Magnetwickelung ein veränderlicher
Widerstand, der sog. Regulierwiderstand
oder Magnetregulator, geschaltet wird,
wodurch man in der Lage ist, den Mag-
netisierungsstrom und damit die Spannung der Maschine zu verändern«
Bei den Hauptstrommaschinen H wird der gesamte Ankerstrom um die
Magnete geführt; die Spannung der Maschine sinkt und steigt ateo mit der Belastung.
Hauptstrommaschinen werden als Dynamos heute nur ziemlich selten7) angewendet.
Die GompoundmaschinenlH sind aus einer Verbindung der Nebenschluss- mit
der Hauptstromdynamo hervorgegangen und haben zwei getrennte Erregerwickelungen,
eine Hauptstrom- und eine Nebenschlusswickelung. Während eine gewöhnliche Neben-
schlussdynamo infolge der Ankerreaktion bei zunehmendem Strom die Neigung hat, ihre
Klemmenspannung zu verringern, kann man eine Gompoundmaschine so konstruieren,
dass ihre Spannung bei allen Belastungen konstant ist, ja man kann sogar die Maschine
übercompoundieren d. h. so bauen, dass bei steigender Last ihre Klemmenspannung
zunimmt.
Das automatische Konstanthalten der Klemmenspannung ist besonders in solchen
Betrieben (z. B. Bahnanlagen) wertvoll, in denen die Belastung in hohem Grade und
sehr schnell schwankt, sodass man nicht mehr in der Lage ist, die Spannung von Hand
nachzuregulieren.
wwww
m
Oi
mm
TVWWW
7) Hauptstrommaschinen sind z. B. die Dynamos der Anlage St. Maurice Lausanne
(S. 458 und S. 1064).
1036 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
b) Beiden Wechselstrommaschinen hat man ein- und mehrphasige zu unter-
scheiden. Um diesen Unterschied deutlich zu machen, muss auf die Theorie des Wechsel-
stromes wenigstens oberflächlich eingegangen werden8).
Unter einem Wechselstrom versteht man einen solchen, welcher periodisch seine
Richtung wechselt. In Abb. 363 ist der Verlauf eines Wechselstromes graphisch darge-
stellt, wobei die Zeiten t als Abszissen, die Momentanwerte des Stromes i als Ordinaten
aufgetragen sind. Die in Abb. 363 dargestellte Wechselstromwelle ist „sinusförmig*,
d. h. sie verläuft in Form einer Sinuskurve, es gilt also für sie die Gleichung
i = J sin 2 n n t.
In dieser Gleichung stellt i den Momentanwert des Stromes dar, J seinen Maximalwert,
n die Periodenzahl oder Frequenz d. h. die Anzahl der in der Sekunde vollführten vollen
Wechsel. Die Zeit, welche der Wechselstrom braucht, um die in Fig. 363 gezeichnete
Wechselstromwelle zu durchlaufen, nennt man eine Periode. Die in der deutschen Praxis
fast ausschliesslich gebräuchliche Frequenz beträgt 50 Perioden pro Sekunde. Die Anzahl
der in der Sekunde vollführten Strom-
Abb. 863. richtungswechsel nennt man Polwechsel-
zahl, weil jedesmal dann eine Richtungs-
änderung der im Ankerdraht induzier-
ten E.M.K. eintritt, wenn der Draht
den neutralen Punkt passiert d. h. ans
dem Wirkungsbereich eines Poles in
den des entgegengesetzten kommt. Die
Polwechselzahl einer Maschine ist des-
halb gleich der doppelten Periodenzahl.
Bei gegebener Umdrehungszahl und
Frequenz einer Dynamo ist demnach
ihre Polzahl eindeutig bestimmt und zwar
• + Polzahl X Umdrehungszahl p. M.
I8t 6072
= Periodenzahl pro Sek.; es ist also, da die Polzahl stets eine gerade Zahl sein muss.
nicht angängig, die Dynamos für eine beliebige Tourenzahl zu bauen, sondern man ist
an ganz bestimmte Werte gebunden. Die in der Praxis für 50 periodige Maschinen
üblichen Tourenzahlen sind folgende: 3000, 1500, 1000, 750, 600, 500, 375, 300, 250,
215, 187, 150, 125, 107 usw.
Bei den folgenden Betrachtungen soll, wie in der Praxis allgemein üblich, stets
vorausgesetzt werden, dass wir es mit sinusförmigen Wechselströmen zu tun haben und
es sei hier gleich bemerkt, dass man dies, ohne einen grossen Fehler zu begehen, tun
kann, weil die modernen Wechselstrommaschinen einen fast genau sinusförmigen Wechsel-
strom erzeugen.
In der Praxis ist es üblich geworden, die Erscheinungen aus dem Wechselstrom-
gebiet an Hand des sog. Vektordiagrammes zu betrachten:
Wir wollen annehmen, es stelle der Radius OE des Kreises in Abb. 364 den in
einem beliebigen Masstab gezeichneten Maximalwert oder die Amplitude eines Wechsel-
stromes (vergl. Abb. 363) dar und der Radiusvektor OX rotiere mit konstanter Geschwin-
digkeit um den Mittelpunkt O und zwar derart, dass er eine volle Umdrehung
zurücklegt, während der in Abb. 363 dargestellte Wechselstrom eine volle
•) Näheres s. Kapp, Wechselstrome. 3. Aufl. Kap. I u. II.
§ 6.
Krafthäüaeb. B. Die elektrische Einrichtung.
1037
Periode vollendet. Der Winkel a stellt ein Mass für die Zeit dar, die der Radius
braucht, um von der Anfangsstellung in die gezeichnete Stellung zu gelangen. Bei einer
Umdrehung legt der Radiusvektor den Winkel 2 n zurück , in der Zeiteinheit also den
Winkel 2 n n, wobei n die Umdrehungszahl bedeutet. Der Winkel a ist demnach
a = 2nnt
und die Vertikalprojektion XxO des Radiusvektor hat die Grösse OX sin a = OX sin
2 n n t, stellt also, da der Wechselstrom eine Sinusfunktion der Zeit ist, in jeder Vektor-
stellung den Momentanwert des Wechselstromes dar.
Die Vektormethode liefert ein bequemes Mittel, Wechselströme von gleicher Perioden-
zahl darzustellen, welche zeitlich gegeneinander verschoben sind, d. h. nicht gleichzeitig
ihren Maximalwert erreichen. In Abb. 365 sind drei Wechselströme in rechtwinkeligen
Koordinaten dargestellt, deren Maxima um 1/s Periode d. h. so gegeneinander verschoben
sind, dass die jeweilige Summe der drei Ströme gleich Null ist. Stellt man den gleichen
Abb. 864.
Abb. 865.
Abb. 366.
Zusammenhang mit Hilfe des Vektordiagramms dar (s. Abb. 366), so ergibt sich ein
erheblich übersichtlicheres Bild und man kann die Vorzüge des Vektordiagramms klar
erkennen. Die Momentanwerte der drei Wechselströme würden sich auch hier durch
Messung der Vertikalprojektionen der Vektorradien ergeben und ihre algebraische Addition
ergibt stets 0. Eine solche zeitliche Verschiebung zwischen Wechselströmen nennt man
Phasenverschiebung, deren Grösse durch den Winkel q> ausgedrückt wird, den die
Vektorradien im Diagramm miteinander bilden. So haben z. B. die in Abb. 366 dar*
gestellten Ströme gegeneinander eine konstante Phasenverschiebung von 120°.
Der in Abb. 365 und 366 dargestellte dreiphasige Wechselstrom, sog. Drehstrom,
ist, wie aus den in Kap. II beschriebenen Anlagen schon ersehen wurde, die für Kraft-
übertragungen hauptsächlich verwendete Stromart.
Bisher haben wir bei unseren Ausführungen stets von den Maximal- und Momen-
tanwerten des Wechselstromes bezw. der Wechselspannung gesprochen. Diese Werte
interessieren jedoch den Praktiker erst in zweiter Linie, ihm kommt es vielmehr darauf
an, zu wissen9), welche Wirkungen äussert ein Wechselstrom, dessen Amplitude die
Grösse Jm^x haben möge. Man kann nachweisen, dass diese Wirkung einem Werte if
entspricht, der bei sinusförmigem Verlauf die Grösse hat:
if =
max
10
)
n
Man nennt if den effektiven Wert des Wechselstroms.
•) VergL Holmboe, Berechnung und Ausführung der Hochspannungs- Fernleitungen. 1. Aufl.
S. 8 und 4.
io) Yergl. Kapp, Elektr. Wechselströme. 3. Aufl. Kap. II.
1038
IIL Theodor Koehn. Ausbau von WasserkbIftest. Einzelheiten.
Abb. 867.
**
Ebenso ergibt sich für die effektive Wechselstromspannimg er der Wert
Emuc
Mit Hilfe des Vektordiagrammes kann man aber nicht nur den Zusammenhang
gleichartiger Grössen zeigen, sondern man kann ein einziges Diagramm benutzen,
um das Verhältnis zwischen beliebigen Grössen darzustellen, sofern sie nur sinusförmig
verlaufen und gleiche Periodenzahl besitzen. So ist das Vektordiagramm namentlich
sehr nützlich für die Zusammensetzung verschiedener Ströme oder Spannungen gleicher
Periodenzahl. In diesen Diagrammen pflegt man mit den Effektivwerten von Strom und
Spannung zu arbeiten. Diese Änderung gegenüber
unserer bisherigen Methode, dem Radiusvektor die
Länge Jmax bezw. Ebuk zu geben, äussert sich im
Diagramm nur durch eine Vergrösserung des Mass-
stabes, ist aber für das Resultat, das dann ebenfalls
als Effektivwert erscheint, belanglos.
Die graphische Zusammensetzung verschiede-
Abb. 868. ner, gegeneinander vor*
schobener Ströme und
Spannungen erfolgt wie
die Zusammensetzung von
Kräften in der bekannten
Weise im Parallelogramm
der Kräfte.
Es seien ii und ij
in Abb. 367 zwei in einem
Punkt zusammenfliessende
Wechselströme, um den
Winkel g> gegeneinander
verschoben; man zeichnet
das bekannte Kräfteparal-
lelogramm und es ergibt
sich is als resultierender
Strom. Man beachte also,
dass man phasenver-
schobene Wechsel-
, ströme nicht alge-
0 * braisch addieren
kann, sondern die Addition stets geometrisch vorzunehmen hat.
Die ausgedehnteste Verwendung in der Praxis hat für Kraftübertragungen, wie
bereits erwähnt, der dreiphasige Wechselstrom, der sog. Drehstrom gefunden. Da
nach Abb. 366 die Summe der drei Ströme in jedem Augenblick gleich Null ist, so kann
man jede Leitung als Rückleitung für die in jedem Moment in den beiden anderen
Leitungen fliessenden Ströme benutzen, sodass man beim Dreiphasensystem mit drei
Leitungen auskommt an Stelle von sechs Leitungen, welche erforderlich wären, wenn
jede Hinleitung ihre eigene Rückleitung erhalten mässte.
Dies Zusammenlegen der sechs Leitungen in drei, das „Verketten*, wird am
besten gleich in der Dynamo bewirkt und kann, in zweierlei Weise geschehen. Entweder
man verbindet wie Abb. 368 a zeigt, das Wickelungsende der Phase I mit dem Anfang
b
Abb. 869.
% 6. KbaithIuser. B. Die elektrische Einrichtung, 1039
der Phase II usf. bis man wieder bei Phase I ankommt und schliesst die Leitungen
an den Verbindungsstellen an, oder man vereinigt, wie Abb. 368b schematisch andeutet,
die Anfange der drei Wickelangen und erhält drei freie Enden, von welchen der in der
Maschine erzeugte Strom abgenommen werden kann. Es ist in der Praxis Brauch,
geworden, die in Abb. 368a gegebene Schaltung schematisch so darzustellen wie Abb. 369a
und die Schaltung nach 368 b derart wie Abb. 369 b zeigt Nach der Form dieser sche-
matischen Darstellung bezeichnet man die erstens als Dreieck-, die zweite als Stern
Schaltung.
Abb. 870. Drehstromdynuno mit ErragenEuchine.
In Abb. 370 ist eine Drehstromdynamo dargestellt, welche im Ausseren einem
Emphasen- oder Zweiphasengenerator fast völlig gleicht. Die ein- und mehrphasigen
Wechselstrommaschinen werden fast allgemein mit feststehendem Anker und rotierendem
Magnetsystem ausgeführt, weil es bequemer ist, die in der Wickelung erzeugten, meist
hochgespannten Ströme von festen Klemmen als mittelst Bürsten abzunehmen und sich
ausserdem die feststehende Ankerwickelung leichter isolieren läset als ein bewegter Anker.
Der aktive Eisenkörper des Ankers wird ans einzelnen kreisaegmentförmigen Blech-
paketen gebildet, welche nach Art einer Galleschen Kette miteinander zu einem Blech-
ring vereinigt werden. Dieser Blechring wird von dem gusseisernen Statorgehäuse
umschlossen, welches ihm die nötige Stabilität verleiht Zur- Erregung des Generators
ist natürlich Gleichstrom erforderlich, den man bei Maschinen mit festen Magneten und
rotierendem Anker erzeugen könnte, wenn man der Maschine einen Kommutator gäbe
und einen Teil der erzeugten Energie in Form von Gleichstrom entnähme. Dies Ver-
fahren ist jedoch wenig gebräuchlich, sondern man erzengt den für die Erregung erfor-
derlichen Gleichstrom gewöhnlich durch besondere Erregermaschinen. Hierauf wird
1040
III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
weiter unten noch näher eingegangen werden. Die Abb. 370 zeigt eine sogen, angebaute
Erregermaschine d. h. eine Gleichstromdynamo, deren Anker auf der verlängerten Welle
des Drehstromgenerators sitzt, für welchen sie den Erregerstrom liefern soll.
Das Magnetsystem, welches innerhalb des Ankers rotiert, wird durch das ans
Gusseisen — manchmal auch aus Stahlguss — hergestellte Polrad gebildet, auf welches
die die Magnetwickelung tragenden Pole aufgeschraubt sind. Die Zuführung des Erreger-
stromes zur Magnetwickelung erfolgt durch zwei auf der Dynamowelle sitzende Schleif-
ringe, auf denen Bürsten schleifen.
Es bliebe nun noch übrig, die verschiedenen Antriebsarten der Dynamos zu
besprechen.
Die für Turbinenanlagen mit nicht zu geringem Gefalle gebräuchlichste Art des
Antriebes ist die der direkten Kuppelung. Diese Art des Antriebes ist die weitaus zu-
verlässigste, weil hier jedes Zwischenglied zwischen Turbine und Dynamo fortfallt. Die
diesem Bande beigegebenen Tafeln zeigen eine ganze Reihe von Konstruktionen, nach
denen die Verbindung zwischen Turbine und Dynamo bewirkt werden kann. Welche
Art die zweckmässigste ist, hängt von den gegebenen Verhältnissen ab. Der direkte
Riementrieb, bei welchem die Dynamo von einer auf der Turbinenwelle sitzenden
Riemenscheibe aus angetrieben wird, ist verhältnismässig selten ; seiner Anwendung steht
aber, wo sie zweckmässig erscheint, natürlich nichts im Wege.
Wir wollen an dieser Stelle noch erwähnen, dass es aus später zu erörternden
Gründen unzulässig ist, ein- oder mehrphasige Wechselstrommaschinen, welche parallel
arbeiten sollen, voneinander mechanisch abhängig zu machen.
Nachstehende Tabellen geben Auskunft über den Wirkungsgrad verschiedener
Drehstrom- und Gleichstromgeneratoren:
Tabelle I.
Wirkungsgrade von Drehstromgeneratoren bei voller Last und cos <p = 0,8 einschliesslich aller
mechanischen Verloste.
Tourenzahl
Leistung
in KW bei
cos <p = 0,8
p. M.
25
50
100
200
500
1000
L .
2000
•/•
%
7o
°/o
•/•
•A
•.'•
1000
87,3
89,2
90,4
—
—
—
750
87,5
88,7
90,2
91,5
—
—
500
—
89,0
90,3
91,2
92,2
93,2
93£
300
—
88,5
89,5
90,6
91,9
92,4
9342
215
—
—
89,0
91,0
92,0
98,0
93,7
150
—
—
88,6
91,1
92,3
! 92£
107
—
i
—
88,8
90,5
91,5
1 93.0
Tabelle II.
Wirkungsgrade von Gleichstromdynamos hei voller Last einschliesslich aller mechanischen Verluste.
Leistung in KW . .
Tourenzahl p. M.
Wirkungsgrad in °/o
25
1200
88
50
900
90,5
100
800
91
150
700
91,5
200
550
92
900
400
92£
§ 6.
KbafthXubeb. B. Die elkkxbibohe EkNBiGEttuvo.
1041
c) Regulierung und Parallelschaltung. Da, wie wir später erst sehen
werden, ein Spannungsverlust in den Leitungen zwischen dem Kraftwerk und den Sekun-
där-Transformatoren auftritt, welcher von der Belastung der letzteren abhängt und mit
dieser steigt bezw. sinkt, während die auf der Sekundärseite der Transformatoren ange-
schlossenen Verbrauchskörper (Lampen, Motoren etc.) eine möglichst konstante Spannung
verlangen, ist eine Regulierung der Dynamospannung in gewissen Grenzen notwendig.
Bei Gleichstromdynamos kann man die Spannung einmal durch Verände-
rung der Tourenzahl und zweitens durch Verstärken oder Abschwächen des Erreger-
stromes regulieren. Die letztere Methode ist die üblichere, doch wird, besonders bei
sehr grossen Spannungsvariationen (vergl. das im Abschnitt 9 über die Kraftübertragung
St Maurice-Lausanne Gesagte) auch häufig die Spannung durch Tourenveränderung
variiert.
Die Spannung der Wechsel- und Drehstrommaschinen wird ausschliesslich
durch Verstärken oder Abschwächen des Erregerstromes reguliert; eine Spannungsände-
rung durch Tourenregulierung ist hier nicht zulässig, da sich dann die Periodenzahl
ändern würde und dies ist mit Rücksicht auf die angeschlossenen Motoren, deren
Tourenzahl hierdurch beeinflusst würde, unzulässig.
Das Parallelschalten von Gleichstrom -Nebenschlussdynamos wird in ein-
fachster Weise dadurch bewirkt, dass die mit anderen parallel zu schaltende Dynamo
zunächst auf dieselbe Spannung gebracht wird, welche die anderen Maschinen haben und
dann der Schalter eingelegt wird, worauf die Dynamo durch Verstärken der Erregung
je nach Wunsch belastet werden kann.
Das Parallelschalten der ein- und mehr-
phasigen Wechselstrommaschinen ist etwas kom-
plizierter, da die parallel zu schaltenden Maschinen
nicht nur gleiche Spannung, sondern auch gleiche
Frequenz und gleiche Phase haben müssen. Beim
Parallelschalten zweier Drehstrommaschinen ver-
ändert man die Tourenzahl der zuzuschaltenden
Dynamo solange, bis ihre Frequenz mit der des
bereits auf das Netz arbeitenden Generators über-
einstimmt. Dann reguliert man die Spannung ein
und legt den Maschinenschalter ein, sobald man an
den Instrumenten sieht, dass Phasengleichheit vor-
handen .ist.
Die Einrichtungen, welche man getroffen hat, um das Parallelschalten der
Wechselstrom- und Drehstrommaschinen zu erleichtern, sind mannigfach. Im
Nachstehenden sollen zwei dieser Vorrichtungen beschrieben werden.
In Abb. 371 sind die Leitungen a und b mit den Sammelschienen verbunden,
B.t bt und a, b2 mit den gleichpoligen Leitungen der Generatoren, von denen ange-
nommen werden soll, dass sie eine hohe Spannung erzeugen, welche man für Messzwecke
herabtransformieren muss, damit man nicht gezwungen ist, die Messinstrumente für die
hohe Generatorenspannung zu isolieren. Zur Herab transformierung dienen die in Abb. 371
angedeuteten sog. Messtransformatoren. Handelt es sich um niedrige Spannungen (bis
etwa 500 Volt), so werden im allgemeinen keine Messtransformatoren benutzt und die
von den Messinstrumenten kommenden Leitungen werden direkt an die Sammelschienen
bezw. Dynamos angeschlossen. Der Spannungszeiger SÄ gibt die Sammelschienenspannung
Abb.
871.
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Handbuch der Ing.-WiseenselL HL Teil. 18. Bd.
66
1042
III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheitex.
an, Sm wird mittelst des Umschalters U mit der zuzuschaltendep Maschine verbanden
und zeigt deren Spannung. Das Instrument Sy, der sog. Synchronismus-Span-
nungszeiger, zeigt die Summe der Sammelschienen- und Maschinenspannung an,
welche im Moment der Phasengleichheit ein Maximum ist, da sich die Vektorradien
dann direkt addieren. Die parallel zum Synchronismusvoltmeter geschaltete Glühlampe *,
die „Phasenlampe" leuchtet im Moment der Phasengleichheit hell auf und bleibt
hell, so lange Phasengleichheit besteht. Dreht sich aber die zuzuschaltende Maschine
noch nicht mit der richtigen Tourenzahl, so dass die Frequenz von der der bereits
auf die Sammelschienen arbeitenden Generatoren abweicht, so wird im Vektordiagramm
der Radiusvektor der einen Spannung schneller rotieren als der andere, es wird sich
also die relative Lage der Vektorradien langsam ändern. Während im Moment der
Phasengleichheit (s. Abb. 372) die beiden Radien in eine Gerade fallen, OE und OE1,
werden sie nach einiger Zeit die Lagen OE und OE\ haben. Die Spannung, welche die
Abb. 372.
/ Moschlrnnsponnung
E*
,Schienenspannung
/
VE
wvww
/WWW!
Abb. 373.
}>> h
p>i h
Phasenlampe und das Phasenvoltmeter erhalten, hat sich in dieser Zeit von EEl auf
EE'j verringert und wird, je weiter die gegenseitige Verschiebung der Spannungen fort-
schreitet, geringer werden, bis sie beim Zusammenfallen von OE und OE1 = 0 wird,
um von da an wieder zu wachsen. Die Phasenlampe wird also abwechselnd aufleuchten
und erlöschen und dadurch anzeigen, dass der Synchronismus noch nicht erreicht ist.
Vielfach wird auch die Schaltung so ausgeführt, wie die gestrichelte Linie, Abb. 37 L
andeutet; in diesem Falle misst das Synchronismusvoltmeter nicht die Summe, sondern
die Differenz zwischen Maschinen- und Sammelschienenspannung. Es wird also im
Moment der Phasengleichheit auf Null stehen, während gleichzeitig die Phasenlampe
erlischt.
Die in Abb. 371 dargestellte Parallelschaltvorrichtung ist ausserordentlich einfach,
hat jedoch den Nachteil, dass das Beobachten der drei Voltmeter bei einer grosseren
Anzay von Generatoren schwierig werden kann. Für diese Fälle eignet sich die in
Abb. 373 dargestellte Schaltung. Hier besitzt jeder Generator sein eigenes Voltmeter
und seine Phasenlampe, welche folgendermassen geschaltet sind : Der nlit dem Voltmeter
Sm verbundene Umschalter legt das Voltmeter in der Stellung 1 an den Transformator
der zugehörigen Maschine und gibt deren Spannung an. Gleichzeitig brennt eine Glüh-
lampe, sobald der zugehörige Schalter geschlossen ist, mit der Summe der Maschinen-
und Sammelschienenspannung, welche für den Moment der Phasengleichheit ein Maximum
ist. Sobald die Phasenlampe nur noch sehr langsam ihre Lichtstärke variiert, wird der
Voltmeterumschalter auf Kontakt 2 gestellt. Hierdurch wird das Voltmeter S» in
§ 6. KbafthIuser B. Dib elektrische Einrichtung. 1043
Hintereinanderschaltung mit einem Widerstand R parallel zur Phasenlampe gelegt und
man legt den Schalter in dem Moment ein, in welchem das Synchronismusvoltmeter die ,
volle Spannung anzeigt.
Neuerdings hat man auch Schalter konstruiert, welche das Parallelschalten selbst-
tätig besorgen. Hierbei werden die beim Parallelschalten auftretenden, in unseren Bei-
spielen zum Aufleuchtenlassen der Phasenlampe benutzten Spannungsdifferenzen zur Betä-
tigung eines Elektromagneten benutzt. Letzterer wirkt auf die Auslösevorrichtung des
Generatorschalters , die im Moment des Synchronismus freigegeben wird, wodurch der
Schalter selbsttätig einschaltet.
Die Verteilung der Gesamtbelastung eines Kraftwerkes auf die einzelnen Maschinen-
sätze kann bei Wechselstrom- und Drehstromanlagen nicht durch Veränderung der
Erregung bewirkt werden. Hierdurch würde man nur Ausgleichsströme zwischen den
parallel arbeitenden Maschinen hervorrufen. Man inuss vielmehr, um die Belastung zu
verteilen, die Kraftzufuhr zu den einzelnen Generatoren ändern können und dies geschieht
durch Verstellen des Regulators der Antriebmaschine während des Betriebes. Hierzu
bedient man sich zweckmässig der Anordnung nach dem jetzt erloschenen DRP. 72282,
bei welcher der Turbinenregulator durch einen kleinen, von der Schalttafel aus ge-
steuerten Elektromotor beeinflusst und hierdurch die Leistung bezw. die Umdrehungszahl
der Antriebsmaschine verändert werden kann.
Die Vorrichtung zur Fernbeeinflussung des Regulators durch einen Elektromotor
gibt gleichzeitig ein bequemes Mittel in die Hand, um die beim Parallelschalten not-
wendige Veränderung der Tourenzahl von der Stelle aus zu bewirken, an welchei die
Messinstrumente beobachtet werden. Hierdurch wird die sonst erforderliche Verstän-
digung zwischen Schalttafelwärter und Maschinisten — etwa durch Signale — während
des Parallelschaltens überflüssig.
2. Erregeranlagen. Am einfachsten erfolgt die Erzeugung des zur Erregung
einer Wechselstrom- oder Drehstrommaschine erforderlichen Gleichstromes, indem man
an die Hauptmaschine eine Gleichstromdynamo anbaut (vergl. Abb. 370), welche den
Erregerstrom für die mit ihr verbundene Hauptdynamo liefert. Diese Anordnung wird
sehr häufig angewandt, hat jedoch den Nachteil, dass die Spannung der Hauptmaschine
bei Tourenschwanküngen der Antriebsmaschine verhältnismässig grosse Änderungen auf-
weist, indem nicht nur die Spannung der Hauptmaschine infolge verminderter Touren-
zahl geringer wird, sondern auch gleichzeitig die Spannung der Erregermaschine und
damit der Erregerstrom.
Man wendet daher in grösseren Kraftwerken häufig die sog. Zentralerregung an,
bei welcher die Erregerdynamo unabhängig von den Hauptgeneratoren angetrieben werden.
Bisweilen werden zum Antrieb der Erregerdynamos Drehstrommotoren benutzt,
welche von den Sammelschienen des Kraftwerks mit oder ohne Zwischenschaltung von
Transformatoren gespeist werden. Eine solche Anordnung ist in dem Schaltungsschema
Abb. 389 dargestellt. Nachteile dieser Anordnung sind die Übertragung von Störungen
im Drehstromteil auf die Erregeranlage und ferner der Umstand, dass die erste Inbe-
triebsetzung Schwierigkeiten macht, da man Drehstrom zum Betriebe der Motoren erst
zur Verfügung hat, wenn die Hauptmaschinen erregt sind. Man muss daher in solchen
Fällen entweder noch eine besondere von einer unabhängigen Turbine angetriebene
Erregerdynamo vorsehen, mit der dann die Ersterregung eines der Hauptgeneratoren
erfolgt oder eine der Hauptdynamos mit einer Erregerdynamo kuppeln und so für die
erste Inbetriebsetzung sorgen.
66*
1044 IH Theodor Eoebv, Ausbau vok
Als sehr zweckmässig hat es sieb ferner erwiesen, eise kleine Akkumulatoren-
batterie aufzustellen, welche mit den Erregerdynamos parallel auf die Erregeraammel-
sebienen arbeitet (vergl. Schema Abb. 389 und 390), tos denen meist auch die Beleuchtung
des Kraftwerkes abgezweigt ist. Durch die Anwendung der Batterie erhält nun eine
sehr konstante Erregerspannimg und gewinnt ausserdem den Vorteil, dass die Beleuch-
tung des Kraftwerks auch dann intakt bleibt, wenn man gezwungen ist, das ganze Werk
still zu setzen.
S. VerbindungsleUungen. Als Verbindungsleitnngen zwischen den Dynamo-
maschinen und der Schaltanlage benutzt man fast allgemein eisenbandarmierte Bleikabel
In Abb. 374 ist der Querschnitt eines dreifach verseilten Kabels dargestellt, wie es zur
Fortleitung von Drehströmen benutzt wird.
Die Kabel bestehen ans dem oder den
Kupferleitern, der Isolationsschicht, einem Blei-
mantel und einer äusseren Schutzhülle.
Die Knpferleiter sind bei kleineren Quer-
schnitten massive Drähte, bei grösseren Quer-
schnitten wird der Leiter aus mehreren miteinan-
der verseilten Dr&hten hergestellt.
Jeder Leiter ist von einer Isolationsschicht
umgeben, deren Stärke sich nach der Betriebs-
spannung des Kabels richtet. Bei dem in Abb. 374
dargestellten Drehstromkabel werden die drei Leiter
verseilt und die entstehenden Zwischenräume durch
sog. Einlanffäden ausgefällt.
Zum Schutz gegen das Eindringen von
Feuchtigkeit erhält das Kabel einen Bleimantel und zum Schutz gegen mechanische
Beschädigungen eine Armatur aus Bandeisen. Die beiden in Abb. 374 im Schnitt zu
sehenden Eisenbänder legen sich in offenen Spiralen um das Kabel, so dass die obere
Bandeisenlage die von der unteren gelassenen Zwischenräume deckt. Die Biegsamkeit
des Kabels wird durch die Armierung nur in geringem Masse beeinträchtigt
Über die Verlegung der Verbindungskabel vergl. S. 1019.
4. Transformatoren. Nicht immer wird es möglich sein, die Spannung,- welche
angewendet werden mnss, um eine bestimmte Energiemenge auf eine gewisse Entfernung
ökonomisch zu übertragen, in den Generatoren direkt hervorzubringen. Man erzengt
selbst bei grossen Maschineneinheiten Spannungen von etwa 12000 Volt ab nicht mehr
gern direkt in den Maschinen,, da es Schwierigkeiten macht, die Wicklung für derartig
hohe Spannungen betriebssicher zn isolieren11). Bei kleinen Maschinen liegt diese Grenze
noch erheblich tiefer. Braucht man also Spannungen Aber 12000 Volt für die Über-
tragung, so wird man diese meistens mit Hilfe von Transformatoren zu erzengen haben,
welche man heute bis etwa 80000 Volt betriebssicher herstellen kann.
In Abb. 375 ist ein Transformator schematisch dargestellt. Er besteht aus einem
Eisenkörper a, der zur Vermeidung von "Wirbelströmen ans einzelnen Blechen zusammen-
gesetzt ist und zwei auf dem Eisenkörper sitzenden Spulen b und c Die Spule b hat
1 1) Allerdings hat mau auch schon mit gutem Erfolg« Maschinen fflr hohen Spannungen gebaut.
So arbeitet ■. B. die Morbegno- Anlage mit 20000 Tolt Haacbinenapannniig, jedoch ist hier die Perioden-
sahl nur 15, wodurch sich die Isolations Verhältnisse günstiger gestalten.
§ 6.
Erafthäubbr. B. Die elektrische Einrichtung.
1046
Abb. 375.
Abb. 376.
eine geringe Anzahl Windungen dicken Drahtes, während die Spule c ans vielen Win-
dungen dünnen Drahtes besteht Verbindet man die Enden der sog. Primärspule b mit
den Klemmen eines Wechselstromgenerators, so wird der Eisenkörper magnetisiert werden
und der Magnetismus wird, da der magnetisierende Strom ein Wechselstrom ist, beständig
seine Stärke und Richtung wechseln. Nach dem im Abschnitt 1 Gesagten wird in
einem Leiter eine E.M.K. induziert, wenn er in einem magnetischen Felde so bewegt wird,
dass er Kraftlinien schneidet. In allgemeinerer Fassung lautet das Induktionsgesetz : In
einem Leiter, welcher sich in einem ringförmigen, magnetischen Felde befindet, wird
eine E.M.K. induziert, wenn die Anzahl der von dem Ringe umschlossenen Kraftlinien
sich ändert. Hiernach ist ohne weiteres klar, dass beim Transformator in der Sekun-
därspule c eine ebenfalls wechselnde E.M.K. hervorgerufen wird. Die Grösse dieser
E.M.K. ist bei gegebener Primärspannung von dem Verhältnis der Primärwindungszahl
zur Sekundärwindungszahl abhängig und diesem Verhältnis annähernd umgekehrt
proportional.
Der Art der Ausfuhrung nach unterscheidet man Kern- und Manteltrans-
formatoren. Die in Abb. 375 dargestellte Type ist ein Kerntransformator,
während in Abb. 376 eine Manteltype schematisch gezeichnet ist. Der Eisenkörper a
greift hier gewissermassen wie
ein Mantel um die Wicke-
lungen b. In der Praxis wer-
den sowohl Kern- als auch
Manteltransformatoren gebaut
Bei beiden Typen werden die
Kraftlinien auf ihrem ganzen
Wege durch Eisen geführt, so-
dass der Energieaufwand zur
Erzeugung des magnetischen
Feldes ein Minimum wird.
Auf Taf. LXXIX, Fig. 2 ist ein Drehstrom-Kerntransformator abgebildet. Aus
Gründen der bequemeren Ausfuhrung und auch aus anderen Rücksichten wird die Wick-
lung in einzelne Spulen zerlegt, welche auf die Eisenkerne geschoben werden. Die in
der Abbildung sichtbaren Spulen sind die Hochspannungsspulen; die Niederspannungs-
spulen liegen innerhalb der Hochspannungsspulen.
Als Isolation der Hoch- und Niederspannungswicklung gegeneinander, sowie gegen
das Eisengestell dient bei dem auf. Taf. LXXIX dargestellten Apparat in der Hauptsache
die Luft. Bei Spannungen über 10000 Volt lässt sich jedoch eine sichere Isolierung durch
Luft nicht »mehr erzielen. Man setzt daher den Eisenkörper mit Wicklung in einem
mit öl gefüllten Blechkasten, sodass statt der Luft das Öl als Dielektrikum benutzt
wird. Das ölgeföss wird meistens mit Rippen versehen, welche wie die Rippen an Heiz-
körpern wirken und die Abführung der in dem Transformator entwickelten Wärme
erleichtern. (Taf. LXXIX, Fig. 2, 4 und 7)lf).
Bei sehr grossen Leistungen (von ca. 1000 KW ab) reichen aber die Kühlrippen
ii) Von den Figuren auf Taf. LXXIX sind Nr. 1, 2 und 7 der Broschüre von Ch. Llpine:
Lee Installation* Hydro -Electriquee de la Soci6t* de Füre et Morge. 1903. 8. 78 und 99, Fig. 8 und 4
einer Broschüre: »Impianto Idroelettrica di Pont Saint Martin der-Societa Industriale' Elettro-
chimica di Pont Saint Martin, Fig. 5 und 6 einer Broschüre von Theodor Koehn: »Der elek-
trische Betrieh mittelst Dreiphasen - Drehstrom auf den italienischen Vollbahnlinien in der Valtellina*,
Juli 1908 entnommen.
1046
III. Theodoe Koehh. Ausbau von WabberkkIftem. Einzelheiten.
"i*
...I
zur Abführung der Wärme nicht mehr aas und man muss daher die Transformatoren
künstlich kühlen. Dies kann sowohl durch Wasser als auch durch bewegte Luft
geschehen.
Bei den wassergekühlten Transformatoren wird entweder direkte Berieselung des
ölgefasses angewendet, indem man ein mit vielen kleinen Löchern versehenes Rohr um
den oberen Teil des Transformators legt und das aus den Löchern austretende Kühl-
wasser an den Wänden des ölgefasses herabrieseln lagst, oder die Kühlang wird, wie
Abb. 377 zeigt, durch eine ron Wasser durch-
flossene Kühlschlange, die in den ölkessel gelegt
wird, bewirkt.
Bei Anlagen, in denen Druckwasser rar Ver-
fügung steht, kann dieses ohne weiteres als Kühl-
wasser für die Transformatoren benutzt werden,
anderenfalls muss das Druck w asser durch eine
kleine, meist von einem Elektromotor angetriebene
Pumpe geliefert werden. Eine dritte Art der
Kühlung besteht darin, dass man das Transfor-
matoröl durch eine ausserhalb des Ölkessels in
fliessendem Wasser liegende Kühlschlange zirku-
lieren lässt.
Bei luftgekühlten Transformatoren (Taf.
LXXIX, Fig. 6) wird die Pressluft durch einen
elektrisch betriebenen Ventilator erzeugt. Vielfach
findet man hier die Anordnung, dass sämtliche zu
kühlenden Transformatoren über einem gemauerten
Kanal aufgestellt werden, in welchen der Venti-
lator die Luft drückt und aus welchem sie den
Transformatoren durch entsprechende Öffnungen
zugeführt wird (vergl. S. 491, Anlage Kjkkels-
rnd, Taf. XXXIV, Fig. 8).
Der wesentlichste Vorteil der Transforma-
toren ist der, dass sie, wie schon oben angedeutet,
erlauben, fast unbegrenzt hohe Spannungen zu
erzeugen, ohne dass die Sicherheit des Betriebes
hierbei in irgendwie beträchtlicher Weise litte.
Die Transformatoren sind ferner für die viel
empfindlicheren Generatoren ein vorzüglicher Schutz gegen Überspannungen, welche in
jeder Hochspannungsanlage auftreten. Schliesslich zeichnet sich der Transformator durch
eine ganz ausserordentliche Anspruchslosigkeit in bezug auf Wartung ans, da er keinerlei
bewegte Teile hat. Diese Eigenschaft kommt allerdings bei den im Krafthaas stehenden
Primärtransformatoren wenig zur Geltung, da im Kraftwerk schon mit Rücksicht auf
des übrigen Betrieb ständige Aufsicht vorhanden sein muss. Desto angenehmer wird
sie aber bei den Seknndärtransformatoren im Leitungsnetz empfunden, die häufig so
aufgestellt werden müssen (z. B. bei weit vom Kraftwerk entfernten Konsumstellen), dass
eine ständige Überwachung ausgeschlossen ist.
Diesen Vorzügen des Transformators stehen allerdings auch Nachteile gegenüber,
als deren erheblichster angesehen werden kann, dass der Transformator, auch wenn er
unbelastet läuft, stets eine gewisse Energie verzehrt, die zur stetigen Ummagnetisiernnt
-im
:r§
§ 6. KrafthXdser. B. Die elektrische Einrichtung. 1047
des Eisenkernes verbraucht wird. Hau hat vielfach versucht, diese sog. Leerlanfgver-
luste einzuschränken und hat dies dadurch erreicht, dass man z. B. in Vorteilungs-
netzen, in denen viele Transformatoren parallel arbeiten, eine Anzahl derselben bei
schwachem Konsum mittelst, sog. Transformatorenschalter automatisch auf der Primar-
nnd Sekundärselte abschaltete und bei zunehmendem Konsum wieder selbsttätig ein-
schaltete. Ausserdem hat man neuerdings durch die Verwendung der sogen, legierten
Bleche die Leerlaufsverluste erheblich reduzieren können.
Nachfolgende Zahlentafel gibt Auskunft über den Wirkungsgrad von Transforma-
toren verschiedener Grösse:
Leistung in KW
Wirkungsgrad bei voller List ii
OlxTSpanmmg
1 10 30 ! 50 100
93,0 | 96,2 I 97,2 | 97,6 | 98,0
ca. 4000-6000 Volt
200 ! 500 ! 1000 i 2000
98,2 I 98.4 | 98,6 | 98,6
ca. 10000 Volt
5. Schaltanlagen. Von den für eine Schaltanlage erforderlichen Apparaten Bind
zuerst die Sicherungen zu erwähnen, welche in ihrer ursprünglichen Ausführung nichts
weiter als einfache Bleistreifen sind , welche bei Überschreitung einer gewissen Strom-
stärke durchschmelzen and so die Leitungen, in welche sie geschaltet Bind und die
Stromverbrauchskörper oder Stromerzeuger vor all zu starker Inanspruchnahme schützen.
Die Sicherungen haben im Laufe der Zeit erhebliche Abänderungen erfahren. So
hat man zunächst die Bleistreifen durch Silberdrähte ersetzt, da das Silber ein wesentlich
besserer Leiter ist als Blei, man hierdurch weniger Material verwenden und so die
beim Durchschmelzen einer Sicherung auftretenden, manchmal explosionsartigen Erschei-
nungen mildern konnte. Eine solche Silberdrahtsichenmg ist in Abb. 378 dargestellt.
Bei Spannungen von etwa 700 Volt ab wirken jedoch die gewöhnlichen Silber-
drahtsicherungen nicht mehr zuverlässig genug, da der beim Durchschmelzen auftretende
Lichtbogen bisweilen stehen bleibt. Man hat daher andere Konstruktionen geschaffen,
z. B. die in Abb. 379 dargestellten sogen. Röhrensicherungen, bei denen der Schmelz-
streifen in einer Röhre von unverbrennlichem Material liegt. Die beim Durchschmelzen
auftretenden Gase treten mit grosser Vehemenz aus den beiden- Öffnungen der Röhre
aus und löschen hierbei den sich bildenden Lichtbogen mit Sicherheit aus.
Die beim Bau der Schaltanlagen zur Verwendung kommenden Schalter sind
für Spannungen bis ca. 500 Volt einfache Hebel (s. Abb. 380), welche an einem Ende
1048 III. Theodor Koehk. Ausbau tob WasbebkbIften. Einzelheiten.
drehbar gelagert sind und am anderen Ende in federnde Kontakte eingedrückt werden.
Diese Schalter werden meist so ausgeführt, dass beim Ausschalten zunächst eine Feder
angespannt wird, welche dann das zwischen den Kontakten liegende Knpferstück
, momentan herausreisst , damit kein
Stehenbleiben des bei Ausachalten
unter Strom entstehenden Licht-
bogens eintritt.
Bei Spannungen über 500 Volt
werden jetzt fast ausschliesslich 01-
schalter verwendet, die aus einem
mit öl gefüllten Blechkasten bestehen,
in welchem sich die Schaltkontakte
befinden (s. Abb. 381, aus dem öl-
kasten herausgenommener Schalter).
Die Betätigung der Ölscbalter erfolgt
entweder mittelst Handkurbel oder
mittelst Gestänge. Eine der vielen
möglichen Gestängeantriebe ist in
Abb. 382 dargestellt. Schliesslich
werden auch die ölsohalter vielfach elektromotorisch oder elektromagnetisch ein- und
anageschaltet, eine Anordnung, die zwar tener ist, aber den grossen Vorzug hat, dass
man in der Disposition der Schaltanlage viel freier ist. Die Betätigungsmotoren oder
Abb. 382. Ölschalter mit Gestänge. Abb. 388. Maxim hIhubbcIi alter.
Magnete werden durch Druckknöpfe gesteuert und durch Glühlampen wird dem Bedienen-
den angezeigt, dass die beabsichtigte Schaltoperation wirklich vollzogen ist.
Die ölschalter haben sich bis zu den höchsten Spannungen ausgezeichnet bewährt
und werden vielfach als selbsttätige Maximalausschalter ausgeführt (s. Abb. 383), welche
die bei Spannungen über 5000 Volt nicht mehr ganz zuverlässigen Sicherungen ersetzen.
Bei Spannungen bis zu ca. 25000 Volt und nicht zu grossen abzuschaltenden
Energiemengen werden die Ölschalter so gebaut, dass sich bei zwei- oder dreipoligen
§ 6.
KrafthIusär. B. Die elektrische Einrichtung.
Schaltern die zwei bezw. drei
Utiterbrechangastellon in einem
gemeinsamen ölgefäss befinden.
Bei höheren Spannungen werden
ausschliesslich einpolige Schalter
verwendet, die durch mechanische
Kupplang (durch Stangen etc.) zn
mehrpoligen vereinigt werden.
Ein derartiger Schalter ist in
Abb. 384 abgebildet. Die drei
Ölgefässe sind zur Erzielung einer
grösseren Betriebssicherheit durch
feuerfestes Mauerwerk voneinan-
der getrennt. Auch derartige
Schalter können für Maximal-,
Minimal- oder Röckstromauslosung
eingerichtet werden.
Als einen Nachteil der auto-
matischen Maximalausschalter bat
man es früher empfanden, dass
diese anf jeden noch so kurzen
Stromstoss sofort reagierten und
anf diese Weise häufig unbeab-
sichtigte, den Betrieb des Kraftwer-
kesstörendeStromnnterbrechungen
hervorriefen. Man hat diesen Übel-
stand durch Einführung der
Zeitrelais beseitigt, welche
eine verzögerte Auslösung des
Schalters bewirken.
In Abb. 385 ist ein zwei-
poliges Maximal -Zeitrelais ab-
gebildet. In geeigneter Weise
wird bei demselben ein Dreh-
■feld 13} erzeugt, welche auf die
beiden Aluminiumscheiben ein
Drehmoment ausübt , dessen
Stärke von dem Betriebsstrom
abhangig ist. Dieses Dreh-
moment wird, so lange der
durch den Schalter fliessende
Strom ein gewisses Mass nicht
überschreitet, durch ein ent-
gegengesetzt gerichtetes Dreh-
moment aufgehoben , welches
von einem an einem Seiden-
13) Vergl. S. 1051 u. Kapp,
Wechselströme; 8. Aufl., Kap. XIII.
Abb. 384. Mechanisch gekoppelte einpolige Schalter.
Abb. 385. Zweipoliges Maximal-Zeitrelais.
1050
III. Theodok Koehn. Ausbau von WassebkrIften. EorzELHErrar.
faden hängenden Gewicht ausgeübt wird. Übersteigt der Betriebsstrom eine gewisse
Grenze, so überwiegt das Drehmoment der Aluminiumscheibe and diese beginnt sich zu
drehen, wobei sich gleichzeitig der Seidenfaden auf die mit der Aluminiumscheibe auf
der gleichen Achse sitzende Schnurtrommel aufwickelt. Das Gewicht hebt sich hierbei
und berührt, oben angekommen, zwei Kontaktfedern, welche den Stromschluss des auf
die Auslösevorrichtung des Schalters wirkenden Hilfsstromkreises bewirken.
Es ist ohne weiteres klar, dass ein solches Relais erst wirken wird, wenn die
Überlastung oder der Kurzschluss eine gewisse Zeit angedauert hat und zwar wird die
Zeit zwischen dem Anfang der Bewegung und dem Berühren der Kontaktfedern um so
kürzer sein, je grösser das auf die Aluminiumscheibe ausgeübte Drehmoment, also die
Überlastung im Betriebsstromkreise ist. Die Rückführung des Gewichts in seine Ruhe-
lage erfolgt selbsttätig, da bei normalem Leitungsstrom das von dem Gewichte ausge-
übte Drehmoment überwiegt.
Als Messinstrumente verwendet man für Gleichstrom die sogen. Präzisions-
instrumente nach dem Prinzip von Deprez d'Arsonval14). Bei diesen Instru-
menten bewegt sich zwischen den Polen eines permanenten Stahlmagneten die vom Strom
durchflössen Spule. Zwei Federn
Abb. 886.
fVWWVWI
Abb. 887.
-7WWVWS-
tWWVWc
besorgen die Stromzuführung zur
Spule und halten gleichzeitig den
Zeiger des Instrumentes in der
Nullstellung. Die Präzissionsin-
strumente werden so gebaut, dass
der Ausschlagwinkel des Zeigers
dem die Spule durchfliessenden
Strom proportional ist; die In-
strumente haben also eine gleich-
massig geteilte Skala.
Um das Pendeln des Instrumentes zu vermeiden, wird die Spule auf einen Alu-
miniumrahmen gewickelt, in welchem bei jeder Bewegung des Zeigers Wirbelströme her-
vorgerufen werden, die bremsend wirken. Der Zeiger wird also bei einer Veränderung
der die Spule durchfliessenden Stromstärke nicht hin- und herschwingen, sondern sich
infolge der dämpfenden Wirkung der Wirbelströme sofort auf den neuen Stromwert
einstellen.
Einen sehr erheblichen Vorteil bieten die Präzisionsinstrumente, wenn es sich um
die Messung grosser Ströme handelt. Man kann hier die in Abb. 386 angegebene
Schaltung anwenden. Man legt in den Hauptstromkreis einen Widerstand von der
bekannten Grösse r und schaltet den Präzisions-Stromzeiger, der den Widerstand R
haben möge, dem Widerstände r (auch Nebenschluss oder Shunt genannt) parallel. Durch
R
Wahl des Verhältnisses — bat man es in der Hand, dem den Stromzeiger durchfliessenden
Strom eine beliebige Grösse zu geben. Der Strom i ist J stets proportional und man
kann das Instrument so eichen, dass es den Wert des Stromes J anzeigt
Die Methode der Messung mit Nebenschlüssen liefert ein bequemes Mittel, um
mit einem Stromzeiger die in verschiedenen Leitungen fliessenden Ströme zu messen.
Man braucht dazu nur in jede Leitung einen Nebenschluss zu legen und den Strom-
zeiger auf die verschiedenen Leitungen umschaltbar zu machen, wie Abb. 387 zeigt.
") VergL Krause, Messungen an elektrischen Maschinen. Kap. L
§ 6. KrafthIuseb. B. Die elektrische Ejhbichtukg. 1051
Die Präzisionsspannungszeiger zeigen genau die gleiche Konstruktion wie die
Präzisionsstromzeiger. Der einzige Unterschied ist der, dass die Drehspnle mit einem
konstanten Widerstand in Serie geschaltet wird, welcher in das Instrument selbst ein-
gebaut wird, sodass die zu messende Spannung direkt an die Klemmen des letzteren gelegt
werden kann.
Die Form der in Kraftwerken verwendeten Instrumente ist meist die aus Abb. 393
■m ersehende runde. Neuerdings werden aber auch vielfach die sogen. Profilinstrumente
angewendet, wie ein solches in Abb. 388 dargestellt ist. Diese Instrumente Bind für
Schalttafeln recht empfehlenswert, da sie wenig Platz beanspruchen. Man kann eine
erhebliche Anzahl dieser Instrumente auf einer Schalttafel unterbringen, ohne die Über-
sichtlichkeit zu stören (vergl. Abb. 394). Dadurch, dass die Skala gekrümmt ist und
man die Instrumente gewöhnlich zu oberst auf der Schalttafel anbringt, um den weiter
unten in handlicher Höhe liegenden Teil für Schalter frei zu behalten, könnten Unge-
nauigkeiten in der Ablesung entstehen. Die Instrumente werden
daher entweder nach vorn geneigt oder die Ebene der Skalen- „ „^ä1-,?88:
.,,.,, it*.i - . • Profil Voltmeter.
kreises wird horizontal angeordnet. Die letztere Ausführung ist
in Deutschland wenig üblich, wird jedoch in Amerika viel benutzt-
Zur Messung der Wechselströme werden entweder Hitz-
draht oder Ferraris -Instramente benatzt. Eei den Hitzdraht-
instrumenten wird der zu messende Strom durch einen Draht
geleitet, der durch den Stromdurchgang erwärmt wird und sich
infolgedessen ausdehnt und zwar um so mehr, je grösser die
Erwärmung, also der den Draht durchmessende Strom ist. Die
durch die Ausdehnung des Hitzdrahtes hervorgebrachte Bewegung
wird in geeigneter Weise auf den Zeiger des Instrumentes über-
tragen. Bei den Ferrarisinstrumenten wird das nach seinem Ent-
decker — dem Professor Ferraris genannte — „ Ferraris-
Prinzip'' angewendet: Man benutzt hierbei das durch die gleich-
zeitigen Induktionswirkungen zweier oder mehrerer phasenver-
schobener Wechselströme hervorgebrachte, seine Richtung stetig
verändernde Magnetfeld — das Drehfeld — zur Ausübung eines Drehmomentes auf
einen in seinem Bereich liegenden Metallkörper. Bei den Ferrarisinstrnmenten wirkt
das Drehfeld meist auf eine Aluminiumtrommel, deren Bewegung auf den Zeiger des
Instrumentes übertragen wird.
Bereits auf Seite 1041 wurde erwähnt, dass die hochgespannten ein- oder mehr-
phasigen Wechselströme im allgemeinen nicht direkt gemessen werden, sondern man
transformiert sie durch sogen. Messtransformatoren erst auf eine niedrige Spannung
(ca. 110 Volt) herab und verbindet die Instrumente, deren Skalen entsprechend den der
Primärwicklung der Messtransfonnatoren zugeführten Spannungen bezw. Strömen geeicht
sind, mit den Sekundärklemmen der Messtransformatoren. Man erreicht hierdurch den
Vorteil, dass die Instrumente selbst nur für die niedrige Spannung isoliert zu werden
brauchen, und dass das Berühren der Instrumente gefahrlos ist. Durch die Anwendung
der Messtransfonnatoren ist es möglich geworden, in Schaltanlagen die Hochspannung
von der Schalttafel selbst zu verbannen.
Die zweckmässige Anordnung der Schaltanlage ist für Hochspannongsanlagen
von allergrösster Wichtigkeit, da hiervon eine glatte Betriebsführang in hohem Grade
1052 HL Theodor Koran*. Ausbau toh WAasERKBlFTEir. Edizblhkitem.
Schon beim Entwurf des Schaltongs Schemas ist darauf Bedacht zu i
daas die Übersichtlichkeit der Anlage nicht Ton vornherein durch Verwendung aU an
vieler Apparate beeinträchtigt wird. Ein Schaltnngsschema, welches allen Bedürfnissen
einer normalen Anlage, bei welcher die Hochspannung direkt in den Maschinen erzeugt
wird, gerecht wird, ist in Abb. 389 gegeben.
Schal techema flu- eine
b Ausschalter,
c **■•""»■*- A nisitflial tfr.
d Maximal- and Rückstrom- Am
o Blitzableiter,
f Oberspannungsscbutc,
g Stromzeiger,
1 Maximal- Zeitrelais,
m Waaaawtran lerder,
n Erdplatte,
o Sichernag,
p Umschalter,
q Wattstun de nzthler,
r Magnetregulator,
S Anläse- Widerstand
t Transformator,
u Droeselspuls,
v Glühlampe,
Jeder Generator erhllt an Messinstrtiinenten Slromzeiger, Leistangsieiger nnd Zahler, welche
ho die Sekundärklemmen von Messtransformataren angeschlossen werden.
Die Abschalter, welche jeder Generator erhalt, dienen dazu, den gesamten an einer Maschine
gehörigen Apparate ngatz von den Samroelschienen abtrennen nnd hierdurch spannnngslos machen zu
können, damit etwaige Reparaturen nnd Besichtigungen gefahrlos ausgeführt werden können.
Die Erregung der Generatoren wird im vorliegenden Falle durch eine Zentral -Erregeranlag«
bewirkt. Als Stromercenger für den Erregentrom dient eine von einer besonderen Turbine angetrishea
gedachte Erregerdynamo nnd als Reserve hierfür ein Dreh atrom-Gleichstrom-Umf inner. Ferner ist eine
kleine Akkumulatorenbatterie für den Notfall vorgesehen.
Die Beleuchtung des Kraftwerkes und der Strom für etwaige Hilfsmotoren in dar Werkstatt etc.
soll ebenfalls von den Erregersammelschienen abgenommen werden.
§ 6. KkafthXuseb. B. Die elektrische Einrichtung. 1053
Die Regelung der Spannung der Drehstromgeneratoren erfolgt mittelst der Magnetregulatoren,
deren Wellen man zweckmassig miteinander mechanisch kuppelt , sodass die Veratellung sämtlicher
Regulatoren mittelst eines Handrades vorgenommen werden kann. Die Kupplung ist lösbar einzu-
richten, damit man auch, falls erforderlich, jeden Generator für sich regulieren kann. Die Stärke des
Erregerstromes wird durch ein im Erregerstromkreise liegendes Amperemeter gemessen. Den zweipoligen
Ausschaltern, welche im Erregerstromkreise vorgesehen sind, gibt man am besten eine Verriegelung,
da ein Ausschalten unter Strom mit grosser Wahrscheinlichkeit einen Defekt des Generators zur Folge
haben wurde; man kann diese Schalter jedoch nicht gut entbehren, da es doch erwünscht ist, den
ErregerstromkreiB einmal spannungslos machen zu können.
Jeder Generator läset sich, wie aus dem Schema ersichtlich, auf zwei, voneinander völlig
unabhängige Sammelschienensysteme umschalten. Diese Anordnung ermöglicht es, ein Sammelschienen-
system ganz aus dem Betriebe zu nehmen, um dasselbe reinigen oder andere Arbeiten an ihm vor-
nehmen zu können.
Aus dem gleichen Grunde sind auch für die Verteilung zwei Sammelschienensysteme vorge-
sehen worden f auch gibt die Anordnung der doppelten Schienensysteme die Möglichkeit, den Licht-
vom Kraftbetriebe völlig zu trennen, was u. U, erwünscht sein kann.
In die Verbindungsleitungen zwischen den Generator- und Verteilungssammelschienen können
etwa gewünschte Zähler für den Gesamtstrom sowie Blitzschutzapparate eingebaut werden, sofern die
übrigen in dem Schema angedeuteten Blitzschutzapparate (HörnerbÜtzableiter, Wasserstrahlerder, Drossel-
spulen) noch keinen ausreichenden Schutz geben sollten. Auf die Frage des Blitz- und Überspannungs-
schutzes soll weiter unten näher eingegangen werden.
Die von den Verteilungssammelschienen ausgehenden Leitungen erhalten je drei an Stromtrans-
formatoren angeschlossene Amperemeter, zwei 8atc Abschalter und einen Maximal-Ölansschalter, dessen
Betätigung durch drei ICaximal-Zeitrelais erfolgt.
Die Spannung der Zentrale wird durch drei Spannungsseiger gemessen, welche an den Sekundär-
klemmen dreier Hesstransformatoren liegen. Mit Hilfe des zweipoligen Umschalters , der für die volle
Betriebsspannung ausreichen muss, kann man drei verschiedene Schaltungen vornehmen: sind die beiden
obersten Kontakte verbunden, so kann man die 8pannung zwischen der unteren und mittleren, sowie
s wischen der oberen und mittleren Sammelschiene messen: sind die beiden Mittelkontakte verbunden,
so ist eine Spannungsmessung zwischen der obersten Schiene einerseits und der mittleren bezw. unteren
andererseits möglich; sind schliesslich die untersten beiden Umschalterkontakte miteinander verbunden,
so wird die Spannung aller drei Phasen gegen Erde gemessen. Man kann mit Hilfe dieser letzten
Schaltung also jederzeit während des Betriebes feststellen, ob ein Isolationsfehler vorhanden ist, da die
Verschlechterung der Isolation eines Drahtes gegen Erde auch sofort ein Sinken seiner Spannung gegen
Erde zur Folge hat.
In Abb. 890 ist ein Schema für eine Anlage mit Transformatoren gegeben. Die
allgemeine Anordnung ist gegenüber Abb. 389 etwas vereinfacht, indem auf die Ver-
wendung doppelter Sammelschienensysteme verzichtet ist. Hingegen sind die Sammel-
schienen als Ringleitung ausgebildet und es ist durch die in diese eingebauten Abschalter
erreicht, dass man einzelne Stücke des Schienensystems spannungslos machen kann,
allerdings nicht, ohne gleichzeitig einen Maschinensatz bezw. eine Fernleitung aus dem
Betriebe zu nehmen. Dies ist für viele Fälle aber zulässig, da fast stets sowohl für die
Generatoren als auch für die Fernleitungen Reserve vorhanden ist
Die Apparate für die Fernleitungen sind genau so geblieben, wie in Abb. 889. Der Hauptunter-
schied ' gegenüber dem Schema Abb. 889 besteht darin , dass jetzt die von den Generatoren erzeugte
Spannung nicht direkt zur Übertragung benutzt wird, sondern dass die GeneratorenspannuDg vermittelst
der Transformatoren erhöht wird. Hierdurch kompliziert sich natürlich das Schaltungsschema etwas,
doch ist diese Komplikation, wie ein Vergleich der Abb. 889 und 390 zeigt, unerheblich, sobald man jeden
Transformator mit dem zugehörigen Generator als einen Maschinensatz betrachtet und zwischen beiden
weder Schalter und Sicherungen noch Sammelschienen anordnet.
In sehr vielen Fällen wird es möglich sein, diese Schaltung anzuwenden und man sollte ihr,
wo immer angängig, den Vorzug geben, da sie an Einfachheit und Übersichtlichkeit kaum übertroffen
werden kann. Manchmal ist es aber erwünscht, einen Teil der von den Generatoren erzeugten Energie
mit niederer Spannung abzugeben — beispielsweise an Fabriken, die sich in der Nähe der Kraftzentrale
angesiedelt haben — während der Rest der Energie mit hoher Spannung auf eine grossere Entfernung
1054
IIL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräfte*. Einzelheiten.
fortgeleitet werden soll. In diesen Fällen kann man die Anordnung von Sammelschienen zwischen
Generatoren and Transformatoren nicht umgehen.
Zwei weitere Schaltungsschemata für Drehstromanlagen zeigen die Figg. 2 und 3
der Tal LXXX 15).
In beiden Anlagen erzengen die Maschinen den hochgespannten Strom direkt; eine Herauf-
transformiernng findet also nicht statt.
Der Zweck der einzelnen Apparate geht ans den Zeichnungen selbst hervor. Charakteristisch
ist für beide Anlagen die ringförmige Anordnung der Sammelschienen.
Abb. 390. Schaltschema einer Anlage mit Drehstrom und Hochspannungs-Transformatoren.
Zeichenerklärung.
a Abschalter,
b Ausschalter,
c Maximalausscnalter,
d Maximal- u. Rückstrom-
Ausschalter.
e Blitzableiter,
f Überspannungssehutx,
g Stromzeiger,
h Stromtransformator,
i Spannungstransfor-
mator,
k Leistungszeiger,
1 Drehstrom • Spannung*
transfonnator,
m Wasserstrahlerder,
n Erdplatte,
o Sicherung,
p Umschalter,
q Wattstundenzähler,
r Magnet-Regulator.
8 Drosselspule,
t Glühlampe,
u Zellenschalter,
Das Schema der Anlage Hagneck zeigt noch eine andere Eigenart. Die an die Generatoren
direkt angebauten Erregermaschinen werden wieder ihrerseits von besonderen, als sekundäre Erreger-
maschinen bezeichneten Gleichstromdynamos erregt. Dies hat den Vorteil, dass die Spannung der Dreh-
stromgeneratoren von den Belastangsstössen im Drehstromnetz unabhängiger wird und ferner, dass m*c
in der Lage ist, die Spannung der ganzen Zentrale durch Regulieren an einem einzigen Handrade zn
verändern.
Die Fig. 1 der Taf. LXXX stellt das Schema der Gleichstrom- Hochspannungs-
anlage St. Maurice-Lausanne dar; auf diese Anlage wird im Abschnitt 8 noch
näher eingegangen werden.
15) Fig. 1 der Tafel LXXX ist der Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1903. S. 78 „Die- Kraft Über-
tragung von St. Maurice nach Lausanne", Fig. 2 einer Broschüre von G. H. Perrin „Les Installations
de la Compagnie vaudoise des forces motrices des Lacs de Joux et de TOrbe, Extrait du Bulletin tech-
nique de la Suisse romande". 1904, Fig 8 der Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1901. S. 944. Aufsatz von
Professor H. Rupp, «Das Elektrizitätswerk Hagneck* entnommen.
§ 6. Krafthauseil B. Die elektrische EnraaoHTUva. 1055
Zur Konstruktion der Schalttafeln dient ein ans Winkeleisen oder Rohren gebil-
detes Eisengerüst, auf welchem die Marmor- oder Schieferplatten, welche die Vorder-
seite der Schaltwand bilden, befestigt werden. Abb. 391 zeigt rechts oben den Schnitt
durch eine Schaltwand.
Die Konstruktion der Eisengerüste , welche meist die Hochspannung führenden
Teile tragen, ist aus Abb. 392, sowie Taf. LXXIX, Fig. 1 und 5 ersichtlich. Neuer-
dings wird auf eine Trennung der Phasen durch feuerfeste Zwischenwände Wert gelegt,
etwa in der Art wie der in Abb. 384 dargestellte Schalter zeigt.
Wir kommen nun zur Besprechung der Disposition einer Schaltanlage, es
mögen jedoch noch einige Angaben über den Raumbedarf von Gleichstrom- und Dreh-
stromschaltanlagen vorausgeschickt werden, welche als Mindestforderungen zu gelten haben :
Gleichstromanlagen bis etwa 500 Volt. Die Tiefe des Schaltraumes, d. h.
die Richtung senkrecht zur Schalttafel, ist von der Anzahl der Maschinensätze, Fern-
leitungen usw. unabhängig und richtet sich nur nach der Anzahl der hintereinander
angeordneten Schalttafeln.
Für eine Hauptschalttafel, auf welche z. B. die Apparate für die Dynamos gesetzt
werden, kann man 1,25 m Tiefe rechnen, für ein Verteilungsschaltgerüst (z. B. zur Auf-
nahme der Speiseleitungsapparate) ca. 0,5 m. Schalttafeln und Gerüste sollen möglichst
von beiden Seiten zugänglich sein. Bedienungsgänge zwischen zwei Schalttafeln sollen
nicht unter 2 m sein, für Montagegänge genügen 0,75 m.
Wenn man der Schaltbühne — dem Stande des Schalttafelwärters — eine Breite
von 2,0 m gibt, würde eine Gesamttiefe des Schaltraumes von 6,50 m erforderlich sein,
wovon 2 m auf die Bühne, 1,25 m auf die Hauptschalttafel, 2 m auf den Gang zwischen
Haupt- und Verteilungsgerüst, 0,5 m auf das Verteilungsgerüst und 0,75 m auf den
Montagegang hinter diesem entfallen.
Die Breite des Schaltraumes (gemessen in Richtung der Schalttafel) ist von der
Anzahl der Maschinensätze, Abzweige etc. und von der in Betracht kommenden Strom-
stärke abhängig.
Man kann ungefähr damit rechnen, dass für den zu einer Maschine gehörigen
Apparatensatz bis 500 Amp. ca. 0,5 m, von 500 — 1000 Amp. ca. 0,7 m, darüber bis
etwa 3000 Amp. ca. 1 m Schalttafelbreite erforderlich ist. Für einen Abzweig kann
man bis ca. 500 Amp. etwa 0,3 m Breite des Verteilungsgerüstes rechnen, darüber bis
ca. 1000 Amp. 0,4 m.
Die Raumhöhe soll mindestens 3 m betragen.
Bei grösseren Schaltanlagen mit Kabelableitungen empfiehlt es sich, die Räume
unter der Schaltanlage für die Einführung der Kabel freizuhalten.
Drehstromanlagen bis etwa 500 Volt. Die Raumtiefe ist nach denselben
Grundsätzen' zu bestimmen wie bei Gleichstromanlagen.
Bei Bestimmung der Schalttafel breite kann man bis ca. 500 Amp. pro Maschinen-
satz mit etwa 0,8 m, darüber bis 1000 Amp. mit etwa 1 m rechen; für Abzweige sind
ca. 0,4 bezw. 0,6 m erforderlich.
Im Übrigen gilt das bei Gleichstromanlagen Gesagte.
Drehstromanlagen bis etwa 10000 Volt. Bei diesen Anlagen gliedert sich
die Schaltanlage — wie schon erwähnt — in die eigentliche Schalttafel oder Schalt wand
mit den Messinstrumenten und den Antrieben der Schalt- und Regulierapparate sowie
die Hochspannungsgerüste.
Für die Bemessung der Schaltwand gilt das oben im Absatz „ Drehstromanlagen
bis 500 Volt* Gesagte.
1056 III. Theodor Eobhm. Ausbau von WassekerIptem. Kutzeliisiten.
Die Tiefe des Hochspannungsraiimes richtet sich nach der Anzahl der hinter-
einander stehenden Gerüste und zwar kann man rechnen: für ein Gerüst 1,25 m, für
einen Bedienungsgang zwischen Gerüst und Wand 1,5 m, zwischen zwei Gerüsten oder
zwischen Gerüst and Schaltwand 2 m. Danach ergibt sich für einen Raum mit einem
Gerüst eine Raumtiefe von 4,25 m, mit zwei Gerüsten 7,2 m.
Die Breite des Hochspannungsraumes ist wieder von der Anzahl der Maschinen-
sätze nnd Ableitungen abhängig; man kann damit rechnen, dass pro Maschinensatz oder
Abb. 891. Schnitt durch die Schaltanlage des Kraftwerks der Urfttaliperre.
Abzweig bei Spannungen bis 5000 Volt eine Gerüstbreite von 1 m, ■ darüber bis 10000 Voit
1,2 m erforderlich ist. An den beiden Enden der Gerüste sind Gänge von je 1,5 m
Breite erforderlich.
Die Höhe der Schaltränme soll mindestens 3,5 m betragen.
Bei Kabelleitungen ist es vorteilhaft, den Raum unter der Schaltanlage, bei Frei-
leitungen den Raum über der Schaltanlage zur Aufnahme des Blitz- und Überspannungs-
schutzes frei zu halten.
Transformatorenräume. Da der Transformatorenraum meist in engster
Verbindung mit den Schalträumen steht, sollen hier noch einige Bemerkungen über
Transformatorenräume hinzugefügt werden: Die Transformatorenräume sind so aufzu-
stellen, dass zwischen den einzelnen Transformatoren und zwischen Transformator und
Wand je nach Grösse ein Gang bis zu 1,25 m vorhanden ist. Ferner ist darauf zu
achten, dass jeder Transformator ohne Standänderung der anderen aus dem Raum
§ 6. Krafi-hAuser. B. Die elektrische Einrichtung. 1057
gebracht werden kann und schliesslich ist für gute Ventilation des Transformatoren-
raomes Sorge zu tragen.
Von grösster Wichtigkeit ist eine nicht zu gedrängte Anordnung der Schaltanlage.
Die Hochspannung soll von der Niederspannung vollständig getrennt sein; sämtliche
Hochspannung fuhrenden Teile sind in verschliessbaren Räumen unterzubringen, die nur
von instruiertem Personal betreten werden dürfen. Die Leitnngsfühnmg soll durchaus
übersichtlich sein und alle Hochspannungsleitungen sollen durch einen Anstrich als solche
gekennzeichnet werden.
Schalttafeln, Eisenge-
rüste, sowie überhaupt alle
Metallteile, welche der Be-
rührung zugänglich sind, sol-
len gut geerdet werden, da-
mit selbst, wenn sie infolge
eines Isolationsfehlers ein-
mal Hochspannung bekom-
men sollten, keine Gefahr
für das Bedienungspersonal
entsteht.
Die Abb. 391 zeigt
einen Querschnitt durch die
Schaltanlage des Kraftwerkes
der Urfttalsperre '•) (Eifel)
(vergl. Taf. XLVm, Fig. 8
und S. 593).
Mittelst der von den
Genenttoren kommenden Kabel
wird der erzeugte Drehstrom zu-
nächst Dach dem 6000 VoltSch.lt-
raum geleitet, in weichem, auf
einem Eisengerflst montiert, sämt-
liche 5000 Volt-Apparate: die Ma-
achinenaicherungen und Mess-
tisnsfonnatoren für die Dynamo-
maschinen untergebracht sind.
Vom 5000 Voltraum fahren die
Leitungen zur Unterapannnngs-
seite der Transf onnatoren, welche
die Generatorenspannung auf
35000 Volt heran f transformieren.
Der 85000 Volt-Schaltranm liegt
unmittelbar Ober dem Transformatoren räum. Die 35000 Volt Schalter sind, wie ans der Zeichnung zu
sehen, in iwei Reiben angeordnet. Jeder Schalter besteht, wie Abb. 392 zeigt, aas drei einpoligen
Schaltern, welche durch eine Kupplungsstange zu einem dreipoligen Schalter vereinigt werden. Die
Betätigung erfolgt elektromotorisch durch den Ober dem Schalter angeordneten Schaltmotor, welcher
mittelst einer Schubstange auf den Schalter wirkt. Jeder Schalter ist für sich in eine vorn offene Zelle
aus feuerfestem Hauerwerk eingeschlossen, damit ein etwaiger Brand eines Schalten leicht lokali-
siert werden kann. Die Messtransformatoren, Maximal - Zeitrelais und Schaltmotoren haben auf der
durch die Einmaueruug der Schalter gewonnenen Plattform Platz gefunden. Die Sammelachienen sind
an Eisenkonstruktionen befestigt und liegen unmittelbar unter der Decke des Hochspannnngarauinea.
In dem Ober dem 35000 Volt-Schal träum liegenden Stockwerk sind die Blitzableiter nnd Drossel-
spulen untergebracht; der Wasserstrahl- EnlungSBpparat sowie die Wasser widerstände sind hingegen im
Transformatorenraum angeordnet, in welchem messendes Wasser zur Verfügung steht, da die Trans-
formatoren durch Wasserberieselung gekohlt werden.
'*) Nach den Gründest würfen nnd unter der Aufsicht des Herrn Prof. Dr. Rasch, Aachen, erbaut
HiBdlreeh d«r Jjig.-Wi.tM.di. III. TaU. 13. Bd. 67
1058 HI. Theodor Koehn. Ausbau von WasserkbIktei«. Eivzxlhbitek.
Die Konstruktion der Fem leitnngsausfQn rangen ans dem Krsftbaose g*hi ans der oben gegebene«
Qnerschnittsieichnnng mit genügender Deutlichkeit hervor.
Eine Abbildann der Apparaten wand ist in Abb. 898 gegeben, welche die dnrchane fibenicatlics*
Anordnung der Instrumente zeigt. Die Schaltbohne ist etwa 8,80 m aber tfasdunenhansnar gelegt,
sodass man von dort ans eine bequeme Übersieht aber den gansen Maschinensaal erhart.
Abb. 898. Schalttafel im Kraftwerk der Urfttalsperre.
Abb. 884. Schalttafel mit Frofilinstnunenten.
™ • ' ' /".'.'//
In Abb. 394 ist eine Schalttafel dargestellt, welche zeigt, in welch einfacher Weise
sich' eine Schalttafel disponieren lasst, wenn man für die Schalter elektrischen Antrieb
und als Mesa Instrumente Profil Instrumente verwendet.
Die beiden Hittelfelder dienen aar Aufnahme der Apparat« für die Zentralerregeranlage, die anderes
sechs Felder sollen die Apparate für 12 Drehstromgeneratoren aufnehmen, von denen jeder ein Drehstrom
Amperemeter and ein Wattmeter als Profilinatramente and einen Prtiisionsetrnroieiger für den Erreger-
snrem erhalt. Die Betätigung des Schaltere erfolgt durch einen Doppeldracktsater; hinter den mit li
und ® bezeichneten, roten beiw. grünen Olaascbildern befinden sich Signslgtflhlampen, welche anf
g 6. ' Keafthäüser. B. Die kuhctrischk Ewhichtubo. 1069
leuchten, sobald der Schaltmotor du durch den Doppeid rucktaster gegebene Kommando vollzogen bat
Der an jeder Dynamo gehörige Magnetregidator wird durch das auf dem unteren Teil der Srhaltwand
befindliche Handrad betätigt; mittelst das grossen, auf dem mittelsten der drei Seitenfelder sitzenden
Handrade können die sechs, anf der entsprechenden Schalttafelseite befindlichen Msgnetregulatoren
gemeinsam betätigt werden, jedoch ist es anch möglich, die einzelnen Regnlatoren in einfacher Weise
auszukuppeln, sodass jeder fQr sich verstellt werden kann.
In der Anordnung der eigentlichen Schaltraume ist man völlig frei und könnte
sie ähnlich legen wie bei der Schaltanlage der Urfttalsperre. Eine weitere Anordnung
einer Schaltanlage ist in den Figg. 1 nnd 2 der Taf. LXXVI1I") dargestellt
Die Fig. 1 zeigt das Sehalt pult, welche« rar
Aufnahme der Apparate für die Generatoren dient; in *">■ 395- Ausfahrbare Schalttafel,
der Mitte des Pultes sind die Sa mmelschien instrumenta,
ror denselben, dem Bedienenden jederzeit vor Augen,
die General voltmeter angeordnet. Die hinter dem Schalt-
pult stehende Sehaltwand nimmt die Apparate fQr die
abgehenden Fernleitungen anf.
In Fig. 2 ist ein Schnitt durch die gesamte
Schaltanlage gegeben, ans welchem die Anordnung der
Eiaengerüste für die Hochspannung, der Sammelschienen
und dee Tranaformatorenraumes zu ersehen ist
Die Fig. 8 zeigt eine ÜbenpannungsBcfantz-
anlage mit den oben sitzenden Hornerblitsableitern, den
tiefer liegenden Drosselspulen und den ganz vorn be-
findlichen Wasserstrahl- Erdungsapparaten.
Weitere Ansichten von Kraftwerks -Schaltan-
lagen zeigen die Fig. 1, 8 nnd 5 der Tafel LXX1X.
Eine Spezi&lkonstruktion, welche sich in
letzter Zeit viele Freunde erworben hat, Bind
die sog. ausfahrbaren Schalttafeln. In
Abb. 395 ist eine derartige Schalttafel abge-
bildet. Wie man sieht, ist der gesamte zu
einem Generator oder einer Fernleitung gehörige
Apparatensatz auf einem Wagen montiert, wel-
cher herausgezogen werden kann, wodurch der
Kontakt mit den Hochspannungsschienen unter-
brochen wird. Man kann dann die auf dem Wagen befindlichen Apparate genau be-
sichtigen und, wenn erforderlich, reparieren, ohne eine Berührung mit der Hochspannung
befürchten zu müssen. Auch kann man einen kompletten Schalt wagen in Reserve
halten, um bei Apparatendefekten eine schnelle Auswechselung zn ermöglichen. Die
Abb. 395 zeigt die obere Hälfte eines ausfahrbaren Schalttafelfeldes auf einem Transport-
wagen; die untere Hälfte des Schalttafelfeldes ist fest, doch gibt es auch andere Kon-
struktionen, die ein Ausfahren des ganzen Feldes ermöglichen.
Die Scbaltwagen werden für Spannungen bis zo 15000 Volt gebaut; darüber
hinaus würden die Wagen zu gross nnd unhandlich werden.
Ein bei Hochspannungsanlagen neuerdings recht häufig angewandtes Prinzip besteht
in der Verwendung von Schaltsaulen, wie Bie Abb. 396 zeigt. Man kann auf einer
solchen Säule bis zu vier Messinstrumente, sowie ferner die Antriebe für zwei Schalter
und zwei Magnetregulatoren unterbringen. Die umstehende Abbildung zeigt eine
1') Fig. 1 nnd 2 Tafel LXXVJU sind einer Broschüre der A.-G. Brown Boveri dt Co., Fig. 3
einer Broschüre von C. H. Perrin, „l.es Installation« de la compagnie vaudoise des forces motrices
des lacs de Joux et de l'Orbe, Extrait dn bulletin techniqne de la Suisse romande. 1904. S. 30 entnommen.
1060 III. Theodoh Koshs. Adsbad von WabsxrkbAjteh. ICmmuMBm.
Schaltsäule für einen Drehstromgenerator. Die beiden mittleren Instrumente sind das
Drehstrom- Amperemeter und das Voltmeter, das obere ist der Leistongszeiger , das
untere das Erregerstrom-Amperemeter. Der Schalter wird durch den Handhebel betätigt,
während der Magnetregulator mittelst der beiden, miteinander gekuppelten Handräder
verstellt werden kann. Der Säulenkopf mit den Instrumenten ist drehbar, sodass der
... _.. _ .. _ . , Schaltbrettwärter die Instrumente mehrerer Säulen von
Abb. 886. Drehbare Sch«I(aäiilo. „, . . , .. ,
seinem rlatz ans beobachten kann.
Der Vorteil der Anwendung von Schaltsäulen hegt
hauptsachlich darin, dass man die Schalttafel, auf wel-
cher dann meist die Apparate für die Erregeranlage
nnd für die Fernleitungen angebracht sind, sehr ent-
lastet, sodass dieselbe übersichtlicher und kleiner wird.
Ferner erhält man im allgemeinen bei Verwendung- von
Schaltsäulen eine günstigere Anordnung der Hochspan-
nungsräume, wenn man die Schalter mechanisch an-
treiben will, da die Hochspannungsgerüate nicht in einer
langen Reihe angeordnet zu werden brauchen, sondern
geteilt werden können, wodurch sich eine bessere Raom-
ausnutzung ergibt.
An Stelle der Schaltsäulen verwendet man auch
bisweilen Schaltpulte wie dies die Fig. 1 der Taf.
LXXVHI zeigt.
6. Blits- and Ütorswannungsacnatz. Von aahr
grosser Wichtigkeit für den sicheren Betrieb einer
Hochspannungsanlage ist das Vorhandensein eines wirk-
samen Überspannungsschutzes, d. hu einer Vorrichtung,
durch welche alle in der Anlage auftretenden Span-
nungen, welche höher sind als die Betriebsspannung,
und dadurch der Isolation der Anlage gefährlich werden
können, unschädlich gemacht werden.
Wenn sich auch allgemein gültige Regeln für die
Anordnung des Übeirsp&nnungsschutzes nicht aufstellen
lassen nnd geeignete Vorschläge von Fall zu Fall nur
durch Spezialingenieure gemacht werden können, so
sollen doch an dieser Stelle wenigstens kurz die Prin-
zipien erörtert werden, nach denen eine ÜberspaDnungsschutzanlage entworfen werden muss.
Wenn in einer Anlage — sei es durch atmosphärische oder sonstige Einflüsse —
Überspannungen auftreten, so werden sich dieselben naturgemäss an den Stellen aus-
zugleichen suchen, welche am schwächsten isoliert sind. Diese schwächste Stelle kann
sowohl in den Maschinen, Transformatoren, der Schaltanlage oder sonst einem Teil der
KrafthauBeinrichtung als auch im Leitungsnetz liegen; jedenfalls lasst sich vorher ihre
Lage nicht bestimmen. Um zu vermeiden, dass der Ausgleich der Überspannungen an
einer Stelle stattfindet, an der er Schaden anrichten kann, schafft man künstlich eine
im Verhältnis zu den übrigen Teilen der Anlage schwach isolierte Stelle in Form der
überspannungssicherung.
Die überspannungssicherungen sind meist kleine Funkenstrecken, die dort einge-
schaltet werden, wo Überspannungen zu befürchten sind, also einerseits zwischen die
Leiter eines Systems und andererseits zwischen jeden Leiter und Erde.
§ 6. KbafthXuser. B. Die elektrische Einrichtung. 1061
Die Konstruktionen der Funkenstrecken sind ausserordentlich mannigfach ; jeden-
falls ist darauf zu achten, dass die Funkenstrecken folgende Bedingungen erfüllen: Sie
müssen der Überspannung erlauben, sich auf einem möglichst induktionsfreien Wege aus-
zugleichen, sie müssen ferner in der Lage sein, erhebliche Energiemengen durchzulassen,
sie müssen so konstruiert sein, dass der dem Überspannungsausgleich nachfolgende,
durch den Maschinenstrom gespeiste Lichtbogen in möglichst kurzer Zeit und von selbst
erlischt und schliesslich müssen sie sofort nach dem Funktionieren wieder betriebs-
bereit sein.
Die bekannteste Form der Funkenstrecken ist der in Abb. 397 dargestellte
Hörnerblitzableiter, welcher aus zwei auf Isolatoren befestigten Kupferdrähten
besteht, die unten nur einige Millimeter voneinander Abstand haben und nach oben hin
weit auseinander gebogen sind. Beim Funktionieren springt der Funke an der unteren,
engsten Stelle über. Durch den überspringenden Funken wird die Bildung eines Licht-
bogens eingeleitet, der von dem nachfolgenden Abb m H«merblit»bleiter.
Maschinenstrom gespeist wird. Infolge des
durch die Wärme des Lichtbogens auftretenden
Luftzuges und durch elektrodynamische Wir-
kungen wird jedoch der Lichtbogen nach oben
geblasen und durch die eigenartige Form des
Hörnerblitzableiters immer weiter auseinander
gezogen bis er schliesslich abreisst.
Es ist ohne weiteres einzusehen, dass
der untere Abstand der beiden Hörner von
erheblichem Einfluss auf die Höhe der Über-
schlagspannung sein wird ; man wird daher die Hörner um so näher aneinander bringen
müssen, je niedriger die Betriebsspannung liegt, damit die Blitzableiter bereits bei
einer Spannung ansprechen, bei der die Betriebsmittel noch nicht gefährdet sind
Andererseits ist die Konstruktion der Hörnerblitzableiter derart, dass man die Homer
nicht gar zu eng einstellen darf, da sonst durch zwischen die Hörner fallende Staubteil-
chen, Insekten etc. ein unbeabsichtigtes Ansprechen der Blitzableiter zu befürchten ist.
Aus diesen beiden sich entgegenstehenden Forderungen ergibt sich, dass ein normaler
Hörnerblitzableiter für niedrige Spannungen (unter 3000 Volt) nicht mehr gut ver-
wendbar sein wird. Man hat daher andere Mittel ersonnen und dieselben in Form
der sogen. Blitzrelais **) und Blitzableiter mit Erregerfunkenstrecke gefunden. Alle diese
Vorrichtungen besitzen eine Hilf sf unkenstrecke , welche schon bei ganz geringen tjber-
spannungen anspricht und hierdurch entweder selbst wieder eine Überspannung her-
vorruft, welche die Hauptfunkenstrecke zum Funktionieren bringt, oder aber den Luft-
zwischenraum zwischen den Hörnern durch Strahlung leitend macht und auf diese Art
den Überspannungsausgleich einleitet.
Bei allen diesen Vorrichtungen mit Hilfsfunkenstrecke ist sorgfältig zu prüfen,
ob etwa ein sog. Entladeverzug vorhanden ist, d.h. ob zwischen dem Ansprechen
der Hilfs- und dem der Hauptfunkenstrecke eine irgendwie messbare Zeit verstreicht.
Es ist von grosser Wichtigkeit, dass der Entladeverzug so kurz als möglich ist, da im
anderen Falle sich die Überspannungen bereits an irgend einer anderen Stelle der Anlage
ausgeglichen haben können, bevor die Hauptfunkenstrecke zum Funktionieren kommt.
Hierdurch würde natürlich die Wirkung der Überspannungssicherung durchaus illusorisch
gemacht werden.
1») E.-T. Z. v. 1905 S. 485.
1062 HX Thbodob Koehh. Ausbau vom WasserebIftkn. Edizelhuth«,
Schon beim Entwurf des Scbaltongsschemas ist darauf Bedacht zu i
dasa die Übersichtlichkeit der Anlage nicht von Tomberein durch Verwendung all ro
vieler Apparate beeinträchtigt wird. Ein Schaltnngsschema, welches allen Bedürfnissen
einer normalen Anlage, bei welcher die Hochspannung direkt in den Haschinen erzengt
wird, gerecht wird, ist in Abb. 389 gegeben.
Abb. 889.
Scbaltschema fflr eine Anlage, bei welcher die Hochspannung direkt in den Maschinen erzeugt wird.
Zeichenerklärung.
d Maximal- nnd Rückstrom -Au
sehalter,
e Blitzableiter,
f Überspanniingsschutx,
g Stromseiger,
i Strom tranefonnatot,
1 Maximal- Zeitrelais,
m Waaswil rili leider,
n Erdplatte,
o Sichernng,
p UmBcbalter,
q Wattatondeasahler,
r Magnetregulator,
a Anläse- Widerstand
t Transformator,
n Drosselspule,
v Glühlampe,
w Zellenschalter.
Jeder Generator erhalt an Mcasinstramenten Stromzeiger, Leiatungaieiger und Zlbler, welche
an die SekunäarkLemmen tob Mesetransfonnatoren angeschlossen werden.
Die Abschalter, welche jeder Generator erhalt, dienen dazu, den gesamten in einer ef^^Ai—
gehörigen Apparate nsati von den Semmelsehienen abtrennen nnd hierdurch gpanmingslos stachen is
kOnnen, damit etwaige Reparaturen and Besichtigungen gefahrlos ausgeführt werden können.
Die Erregung der Generatoren wird im vorliegenden Falle durch eine Zentral - Erregemnlag*
bewirkt. Als Stromerzeuger für den Erregerstrom dient eine von einer besonderen Turbine angetrieben
gedachte Erregerdynamo nnd als Reserve hierfür ein DrehatMm-Gleicbstrom-TJmfonner. Ferner ist eis*
kleine Akkumulatorenbatterie für den Notfall vorgesehen.
Die Beleuchtung des Kraftwerkes und der Strom für etwaige Hilfsmotoren in der Werkstatt etc.
soll ebenfalls von den Erregersammeischienen abgenommen werden.
§ 6. KkafthXuseb. B. Die elektrische Einrichtung. 1053
Die Regelung der Spannung der Drehstromgeneratoren erfolgt mittelst der Magnetregulatoren,
deren Wellen man zweckmässig miteinander mechanisch knppelt , sodass die Verstellung sämtlicher
Regnlatoren mittelst eines Handrades vorgenommen werden kann. Die Kupplung ist lösbar einzu-
richten, damit man auch, falls erforderlich, jeden Generator für sich regulieren kann. Die Starke des
Erregerstromes wird durch ein im Erregerstromkreise liegendes Amperemeter gemessen. Den zweipoligen
Ausschaltern, welche im Erregerstromkreise vorgesehen sind, gibt man am besten eine Verriegelung,
da ein Ausschalten unter Strom mit grosser Wahrscheinlichkeit einen Defekt des Generators zur Folge
haben wurde; man kann diese Schalter jedoch nicht gut entbehren, da es doch erwünscht ist, den
Erregerstromkreis einmal spannungslos machen zu können.
Jeder Generator läset sich, wie aus dem Schema ersichtlich, auf zwei, voneinander völlig
unabhängige Sammelschienensvsteme umschalten. Diese Anordnung ermöglicht es, ein Sammelschienen-
system ganz aus dem Betriebe zu nehmen, um dasselbe reinigen oder andere Arbeiten an ihm vor-
nehmen zu können.
Aus dem gleichen Grunde sind auch für die Verteilung zwei Sammelschienensvsteme vorge-
sehen worden t auch gibt die Anordnung der doppelten Schienensysteme die Möglichkeit, den lacht-
vom Kraftbetriebe völlig zu trennen, was u. U, erwünscht sein kann.
In die Verbindungsleitungen zwischen den Generator- und Verteilungssammelschienen können
etwa gewünschte Zähler für den Gesamtstrom sowie Blitzschutzapparate eingebaut werden, sofern die
übrigen in dem Schema angedeuteten Blitzschutzapparate (Hörnerblitzableiter, Wasserstrahlerder, Drossel-
spulen) noch keinen ausreichenden Schutz geben sollten. Auf die Frage des Blitz- und Überspannungs-
schutzes soll weiter unten näher eingegangen werden.
Die von den Verteilungssammelschienen ausgehenden Leitungen erhalten je drei an Stromtrans-
formatoren angeschlossene Amperemeter, zwei Satz Abschalter und einen Maximal-Olausschalter, dessen
Betätigung durch drei Maximal-Zeitrelais erfolgt.
Die Spannung der Zentrale wird durch drei Spannungszeiger gemessen, welche an den Sekundär-
klemmen dreier Messtransformatoren liegen. Mit Hilfe des zweipoligen Umschalters, der für die volle
Betriebsspannung ausreichen muss, kann man drei verschiedene Schaltungen vornehmen: sind die beiden
obersten Kontakte verbunden , so kann man die Spannung zwischen der unteren und mittleren , sowie
zwischen der oberen und mittleren Sammelschiene messen: sind die beiden Mittelkontakte verbunden,
so ist eine Spannungsmessung zwischen der obersten Schiene einerseits und der mittleren bezw. unteren
andererseits möglich; sind schliesslich die untersten beiden Umschalterkontakte miteinander verbunden,
so wird die Spannung aller drei Phasen gegen Erde gemessen. Man kann mit Hilfe dieser letzten
Schaltung also jederzeit während des Betriebes feststellen, ob ein Isolationsfehler vorhanden ist, da die
Verschlechterung der Isolation eines Drahtes gegen Erde auch sofort ein Sinken seiner Spannung gegen
Erde zur Folge hat.
In Abb. 390 ist ein Schema für eine Anlage mit Transformatoren gegeben. Die
allgemeine Anordnung ist gegenüber Abb. 389 etwas vereinfacht, indem auf die Ver-
wendung doppelter Sammelschienensvsteme verzichtet ist. Hingegen sind die Sammel-
schienen als Ringleitxmg ausgebildet und es ist durch die in diese eingebauten Abschalter
erreicht, dass man einzelne Stücke des Schienensystems spannungslos machen kann,
allerdings nicht, ohne gleichzeitig einen Maschinensatz bezw. eine Fernleitung aus dem
Betriebe zu nehmen. Dies ist für viele Fälle aber zulässig, da fast stets sowohl für die
Generatoren als auch für die Fernleitungen Reserve vorhanden ist
Die Apparate für die Fernleitungen sind genau so geblieben, wie in Abb. 889. Der Hauptunter-
schied ' gegenüber dem Schema Abb. 889 besteht darin , dass jetzt die von den Generatoren erzeugte
Spannung nicht direkt zur Übertragung benutzt wird, sondern dass die Generatorenspannung vermittelst
der Transformatoren erhöht wird. Hierdurch kompliziert sich natürlich das Schaltungsschema etwas,
doch ist diese Komplikation, wie ein Vergleich der Abb. 889 und 890 zeigt, unerheblich, sobald man jeden
Transformator mit dem zugehörigen Generator als einen Maschinensatz betrachtet und zwischen beiden
weder Schalter und Sicherungen noch Sammelschienen anordnet.
In sehr vielen Fällen wird es möglich sein, diese Schaltung anzuwenden und man sollte ihr,
wo immer angängig, den Vorzug geben, da sie an Einfachheit und Übersichtlichkeit kaum übertroffen
werden kann. Manchmal ist es aber erwünscht, einen Teil der von den Generatoren erzeugten Energie
mit niederer Spannung abzogeben — beispielsweise an Fabriken, die sich in der Nähe der Kraftzentrale
angesiedelt haben — während der Rest der Energie mit hoher Spannung auf eine grossere Entfernung
1064 III. Theodor Koehh. Ausbau ton Wasserkräften. EonsELHEmv.
Ausser diesen Einrichtungen müssen manche Werke noch Laboratorien z. B. für
Lichtmessung und Eichung der Konsumentenzähler erhalten. Hierauf näher einzugehen,
würde zu weit führen.
Schliesslich soll noch der elektrische Wasserstandsanzeiger erwähnt werden, welcher
für solche Werke von Wert ist, bei denen eine Aufspeicherung des Wassers in einem
Staubecken stattfindet.
8. Wahl des Systems, Hauptgesiehtspunkte. Die Wahl des Stromsystems ist
in der Hauptsache abhängig von der Grösse der zu übertragenden Energie-
menge, der Entfernung und der Art der Verwendung des Stromes.
Wenn man den Gleichstrom zunächst ausscheidet, welcher für Kraftübertragungs-
zwecke auf grosse Entfernungen bis jetzt verhältnismässig selten Verwendung gefunden
hat, so haben wir zunächst hauptsächlich die Vorzüge und Nachteile des ein- und
mehrphasigen Wechselstromes gegeneinander abzuwägen.
Bei gleicher Betriebsspannung und gleichem Verlust ist der Aufwand an Leitungs-
material beim Drehstrom, trotz der Verwendung von drei Drähten gegenüber zwei beim
Einphasenstrom, erheblich ge-
Abb. 400. ^ ringer als bei letzterem. Ferner
ist der Einphasenmotor, ob-
schon in den letzten Jahren
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v2yl (v^l y^s\ einige in manchen Fällen als
I ■ i 1 ' Kranp.lihii.rfi KrmfttrnktinnAn »nf
bräuchbare Konstruktionen auf
den Markt gekommen sind,
doch nicht für alle Zwecke so
Lq^Q^Q^(Vv^ l^l^l^L^lA] gut durchgebildet wie der Dreh-
^■^ ^^ ^*^ ^^ ^^ strommotor.
Man wird also vorläufig in allen den Fällen, in welchen auf Anschluss von
Motoren gerechnet wird — und das ist der bei weitem am häufigsten vorkommende
Fall — auf die Verwendung von Mehrphasenströmen angewiesen sein« Unter
diesen hat sich nun der Drehstrom eine vorherrschende Stellung errungen, weil die
Drehstrommotoren allen Anforderungen der Praxis in bezug auf Betriebssicherheit, Ein-
fachheit der Bedienung, Wirkungsgrad, Anlaufmoment und Billigkeit in hohem Masse
entsprechen«
Bezüglich des Oleichstromsystems für Kraftübertragungen auf grosse Ent-
fernungen soll nicht unerwähnt bleiben, dass immerhin eine Reihe von Anlagen ausgeführt
worden ist, in denen hochgespannter Gleichstrom Verwendung gefunden hat. Die be-
kannteste dieser Hochspannungs-Gleichstromanlagen ist die Kraftübertragung St. Mau-
rice-Lausanne, bei welcher Strom auf 65 km Entfernung mit einer Spannung von
25000 Volt übertragen wird (Kap. II, § 16, S. 460).
Der wesentlichste Unterschied zwischen diesem Gleichstromsystem und den Wechsel-
Stromsystemen besteht darin, dass bei ersterem sämtliche Maschinen — und zwar sowohl
die Stromerzeuger als auch die stromaufnehmenden — in Serie geschaltet werden müssen,
wie Abb. 400a andeutet, während im Gegensatz hierzu bei den Wechselstrom- Anlagen
Parallelschaltung stattfindet (vergl Abb. 400b). Beim Gleichstromsystem (Abb. 400a) durch-
messt also der gleiche Strom sämtliche im Betriebe befindlichen Generatoren und Motoren,
während bei der in Abb. 400 b schematisch dargestellten Wechselstromanlage die Strom-
erzeuger D Teilströme liefern, welche sich addieren und deren Summe durch die Fern-
leitung nach den Verbrauchsstellen übertragen wird, wo sich der Gesamtstrom wieder
§ 6. KrafthIuser. B. Die elektrische Einrichtung. 1065
auf die angeschlossenen Verbranchsapparate, welche durch die Motoren M angedeutet
sind, verteilt.
Man wird nun zunächst die Frage aufwerfen: Warum wendet man beim Gleich-
strom die Serienschaltung von Stromerzeugern und Stromverbrauchern an und warum
verwendet man nicht wie bei den Wechselstromsystemen Parallelschaltung? Hierauf
wäre zu erwidern, dass der Grund hierfür in der Schwierigkeit liegt, Gleichstrom-
maschinen über etwa 4000 Volt hinaus betriebssicher zu bauen. Wenn man also höhere
Gleichstromspannungen anwenden will, so ist man gezwungen, Stromerzeuger und Strom-
verbraucher in Serie zu schalten.
Wenn das Gleichstromsystem, das dem Drehstromsystem gegenüber in bezug auf
Ersparnis an Leitungskupfer ganz wesentlich überlegen ist und dessen einfache Schaltung
(8. Taf. LXXX, Fig. 1) auf den ersten Blick bestechend erscheinen könnte, keine grössere
Verbreitung gefunden hat, so liegt dies wohl in der Hauptsache daran, dass man
gezwungen ist, den hochgespannten Gleichstrom mittelst rotierender, der Aufsicht und
Wartung bedürfender Umformer auf eine passende Verbrauchsspannung umzuformen,
während man bei den Wechselstromanlagen in den Transformatoren einen Apparat zur
Herabsetzung der Spannung besitzt, der kaum einer Wartung bedarf. Dieser Übelstand
der Gleichstromübertragung wird sich vor allem dort bemerkbar machen, wo es sich
darum handelt, die im Kraftwerk erzeugte Energie an eine grosse Anzahl kleiner, weit
voneinander entfernter Konsumenten abzugeben.
Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass die Leitungsverluste unabhängig von
der Belastung konstant bleiben, da im Gegensatz zu den Parallelschaltungssystemen mit
konstantem Strom und variabler Spannung gearbeitet wird. Dies wird überall dort
berücksichtigt werden müssen, wo es sich um eine Aufspeicherung des Wassers handelt,
man also eine möglichst wirtschaftliche Ausnutzung aller Zuflüsse zu erzielen wünscht.
Ferner verlangt das Reihenschaltungssystem eine Regulierung in viel weiteren
Grenzen als die Parallelschaltungssysteme. Dies wird klar, wenn man bedenkt, dass
die Spannung bei dem Seriensystem prozentual um denselben Betrag variiert werden
muss, um welchen sich die Belastung ändert, während bei den Parallelschaltungssystemen
die Spannung nur um soviel geändert zu werden braucht, wie der schon an sich im
Verhältnis zur Stromerzeugerspannung geringe Spannungsverlust in den Leitungen bei
schwankender Belastung zu- oder abnimmt.
Schliesslich sei noch darauf hingewiesen, dass zur Erzeugung hoher Gleichstrom-
spannungen, wie sie bei Kraftübertragungen verlangt werden, stets mehrere — bei der
Übertragung St. Maurice-Lausanne z. B. 10 — Dynamomaschinen in Serie ge-
schaltet werden müssen, da es, wie schon erwähnt, nicht möglich ist, einwandfrei
arbeitende Kommutatoren für so hohe Spannungen zu bauen. Durch die Notwendigkeit
der Anwendung vieler, verhältnismässig kleiner Maschinensätze wird natürlich der gute
Wirkungsgrad der Anlage beeinträchtigt, abgesehen davon, dass die Wartung der zahl-
reichen Kommutatoren die grösste Aufmerksamkeit des Bedienungspersonals voraussetzt.
Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man vielleicht sagen, dass das Gleich-
strom-Seriensystem die Aufspeicherung der elektrischen Energie mit Hilfe von Akku-
mulatoren erlaubt, und man könnte hierin einen Vorzug vor den Wechselstromsystemen
erblicken. Dies wäre jedoch ein Trugschluss, denn man erhielte, wollte man mit dem
hochgespannten Gleichstrom direkt Akkumulatoren laden, Batterien von derartig grosser
Zellenzahl, dass deren Beaufsichtigung und Bedienung eine technische Unmöglichkeit
wäre. Man müsste also auch beim Gleichstromsystem den hochgespannten Strom erst
1066 IIL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheitex.
mit Hilfe rotierender Umformer auf eine niedrige Spannung bringen, dieselbe Operation,
die man auch bei den Wechselstromsystemen anwenden könnte.
a) Gleichstromsysteme. Das Gleichstrom- Parallelsc halten gs-
system, welches wir im folgenden kurz als Gleichstromsystem bezeichnen wollen,
eignet sich nur für die Übertragung auf kurze Strecken bis zu etwa 3 km.
Es wird also nur dort in Betracht kommen, wo Wasserkräfte in geringer Entfernung
von der Verbrauchsstelle liegen, ein Fall, der verhältnismässig selten ist.
Wenn man auch in der Lage ist, Gleichstrommaschinen bis zu etwa 4000 Volt
zu bauen, wird man durch mancherlei Gründe dennoch gezwungen, mit der Spannimg
für Verteilungsanlagen nicht über 500 Volt hinauszugehen. In erster Linie spielt
hierbei die Gefahr eine Rolle, die ein hochgespannter Strom mit sich bringt und
die ihn zur direkten Verteilung ungeeignet macht. Ferner erlaubt der heutige Stand
der Glühlampentechnik nicht die Verwendung höherer Spannungen; auch für Bogen-
lampen ist eine noch höhere Spannung nicht empfehlenswert, da man hierdurch ge-
zwungen wäre, eine grössere Anzahl von Lampen in Serie zu schalten, was mit Rücksicht
auf die daraus entstehende Abhängigkeit der Lampen eines Stromkreises voneinander
nicht erwünscht ist.
* Selbst die Anwendung einer Spannung Ton
"f = — | — . — | 500 Volt ist aber für alle Anlagen mit GlüUichtan-
jL^ schluss nur durch einen Kunstgriff ermöglicht worden,
\J I I * welcher darin besteht, dass man die Anlage zu einer
sog. Dreileiteranlage ausbildet. Das Wesen des
Dreileitersystems wird am besten erläutert durch die
o
<L
I
I
I Betrachtung einer Dreileiterzentrale in ihrer Ursprung-
liehen vom Erfinder, dem Engländer Hopkinson,
"*~ zur Ausführung gebrachten Form19). Hopkinson
verband zwei Zweileiteranlagen derart, dass er den positiven Leiter des einen Systems
mit dem negativen des anderen zusammenlegte. Wie aus Abb. 401 ohne weiteres
ersichtlich ist, wird bei gleicher Belastung der beiden Systeme in diesem gemeinschaft-
lichen sogenannten Mittelleiter kein Strom und bei ungleicher Belastung nur die Differenz
der Aussenleiterströme fliessen. Wenn man also danach strebt, die Netzbelastuog mög-
lichst gleichmässig auf die beiden Netzhälfteo zu verteilen, wird im Mittelleiter nie ein
grosser Strom entstehen und daher für den Mittelleiter nur ein geringer Kupferaufwand
erforderlich sein.
In der Praxis wird der Querschnitt des Mittelleiters gewöhnlich halb so stark
gewählt wie jeder Aussenleiterquerschnitt.
Der Hauptvorteil des Systems besteht darin, dass die Lampen mit der halben
Aussenleiterspannung gebrannt werden können, während der Kupferverbrauch nur wenig
grösser ist, als er bei einer Zweileiteranlage mit einer Spannung gleich der Aussen-
leiterspannung des Dreileitersystems sein würde. In dieser Weise ist es möglich ge-
worden, trotzdem man heute noch keine Glühlampen für über 260 Volt praktisch
verwendbar herstellt, Gleichstromanlagen mit einer Verteilungsspannung bis zu 500 Volt
zu bauen.
Der Mittelleiter der Dreileiteranlagen wird in den weitaus meisten Filkn
geerdet und bei unterirdischer Verlegung des Leitungsnetzes als blanker, nicht isolierter
Draht in die Erde gelegt. Der Mittelleiter erhält hierdurch Erdpotential d. h. das
19) Die erste Dreileiteranlage in Deutschland wurde im Jahre 1885 in Berlin erbaut
§ 6.
KrafthAüber. B. Die elektrische Einrichtung.
1067
Abb. 402.
Potential Null, während das jedes Aussenleiters gegen Erde nicht mehr als die halbe
Betriebsspannung betragen kann. Für die Bemessung der Isolation der Anlage und für
die Gefahrlosigkeit ist dieser Faktor von grosser Wichtigkeit.
An Stelle der oben beschriebenen ursprünglichen Spannungsteilung durch zwei
Maschinen wird diese in neuerer Zeit meist durch eine Akkumulatorenbatterie oder mit
Hilfe eines sog. Ausgleichsaggregates bewirkt, das aus zwei miteinander gekuppelten
in Serie geschalteten Maschinen besteht20) (s. Abb. 402). In vielen Fällen werden auch die
Batterie und ein Ausgleichsaggregat gleichzeitig zur Spannungsteilung benutzt, wie
Abb. 402 zeigt; auch sind Dynamos konstruiert worden, welche selbsttätig die Span-
nungsteilung bewirken.
Das Dreileitersystem mit 2 X 250 Volt oder das häufiger verwendete mit 2 X
220 Volt Konsumspannung besitzt den grossen Vorteil, dass eine Kombination einer
Lichtanlage mit einer Strassenbahnanlage sehr leicht möglich ist, da man die gleichen
Dynamos entweder auf Licht oder auf die Bahnanlage schalten kann, welche fast durch-
weg mit ca. 500 Volt betrieben wird.
Man sollte, wo immer angängig, dem Gleich-
stromsystem in allen Fällen, in denen es sich nicht
um reine Kraftübertragungen handelt vor dem
Wechselstrom den Vorzug geben, wenn die Ent-
fernung die Anwendung von Gleichstrom
erlaubt. Es sprechen hierfür verschiedene Grihide,
von denen wir als die hauptsächlichsten die Möglich-
keit der Energie -Aufspeicherung in Akkumulatoren
und die Überlegenheit der normalen Gleichstrom-
bogenlampen über gewöhnliche Wechselstromlampen hervorheben wollen.
Schliesslich wollen wir nicht unerwähnt lassen, dass man die Spannung einer
Gleichstromanlage nicht unnötig hoch wählen sollte. Die Glühlampen für die niedrigen
Spannungen brennen nämlich nicht unerheblich ökonomischer, als die hochvoltigen Lampen
und ausserdem gestatten die niedrigen Spannungen bis 2 X 120 Volt die Verwendung
der modernen Metallfadenglühlampen auch solcher von nicht all zu hoher Kerzenstärke
in Einzelschaltung, die mit ihrem geringen Stromverbrauch (1 — 1,5 Watt pro NK) trotz
der heute noch verhältnismässig hohen Anschaffungskosten bei den üblichen Strompreisen
den Kohlefadenlampen bezüglich der Ökonomie überlegen sind. Man könnte wohl
glauben, dass der geringe Stromverbrauch dieser Lampen einen ungünstigen Einfluss
auf den Absatz der Energie haben wird, doch sprechen die in der Gastechnik bei der
Einführung des Gasglühlichtes gemachten Erfahrungen gegen eine solche Annahme.
Die Gleichstrom-Serienanlagen sind schon im Eingang dieses Abschnittes
ausfuhrlicher behandelt worden. Es sei hier nur noch einmal hervorgehoben, dass man
dies System nur dort mit Vorteil wird anwenden können, wo es sich um eine Über-
tragung einer grossen Energiemenge von einem Kraftwerk nach einer einzigen oder
einigen wenigen Verbrauchsstellen handelt, wobei die Belastung möglichst konstant sein
muss, vor allem aber keine plötzlichen Schwankungen aufweisen darf.
Für alle anderen Fälle wird man die Wechselstromsysteme vorzuziehen haben,
welche sich für Übertragungen unbegrenzt grosser Energiemengen auf Entfernungen eignen,
so) Von diesen läuft die eine als Dynamo und wird von der anderen, als Motor laufenden
angetrieben. Als Dynamo lauft stets die in die starker belastete Netzhälfte geschaltete Maschine. Es
findet gewisserma8sen ein Hinfiberpumpen von Energie aus der schwächer belasteten in die stärker
belastete Netzhälfte statt
1068 HL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
welche heute schon ca. 400 km betragen und mit fortschreitender Entwickelung der Technik
sicher noch erheblich wachsen werden.
b) Wechselstromsysteme. Das Einphasensystem kommt aus den schon
früher genannten Gründen für Kraftübertragungen wenig in Betracht. Eine Aus-
nahme hiervon bilden neuerdings die Bahnanlagen und hier scheint
sich dem Einphasenstrom ein sehr grosses Anwendungsgebiet er-
schliessen zu sollen, weil die Frage der Stromzuführung zum Wagen hier eine
ausschlaggebende Rolle spielt. Man müsste nämlich bei Mehrphasenbahnen mindestens
zwei Fahrleitungen verwenden mit den Schienen als Rückleitung, während der Ein-
phasenstrom die Anwendung nur einer Leitung gestattet, wobei die Rückleitung eben-
falls durch die Schienen gebildet wird. Der wesentliche Vorteil, der hierin liegt, hat
Anlass dazu gegeben, dem Einphasenmotor, den man eine geraume Zeit lang als nicht
entwickelung8fähig betrachtete, erneutes Interesse zuzuwenden, und es sind in den
letzten Jahren auch einige für Bahnzwecke sehr brauchbare Konstruktionen von Ein-
phasen-Kollektormotoren auf den Markt gekommen.
Für andere als Traktionszwecke eignen sich die Einphasen-Kollektormotoren, die
übrigens im Verhältnis zu Drehstrommotoren ziemlich teuer sind, nur ausnahmsweise,
da sie die Eigenschaften der Gleichstromserienmotoren besitzen, also bei Entlastung
durchgehen. Es ist mithin die Kombination einer Einphasenbahnzentrale mit einer
Licht- und Kraftzentrale etwas erschwert. Man kann sich aber hier helfen, da. es
möglich ist, die Drehstromdynamos der Licht- und Kraftanlage auch für den Bahn-
betrieb als Einphasengeneratoren allerdings nur mit etwa */» ihrer Drehstromleistung
zu benutzen, wenn von vornherein beim Bau der Generatoren hierauf Rücksicht ge-
nommen wird.
Bei grösseren Bahnanlagen wird übrigens die Energie in Form von Drehstrom
erzeugt und nach der Verwendungsstelle übertragen, da das Drehstromsystem eine bessere
Materialausnutzung der Maschinen und ökonomischere Übertragung gestattet, als das Ein*
phasensystem. An der Verwendungsstelle, d. h. in dem in nächster Nähe der Bahnstrecke
gelegenen Transformatorenstellen wird der Drehstrom durch eine besondere Trans-
formatoren-Schaltung n) in Zweiphasenstrom umgeformt. Die auf der einen Seite liegende
Bahnstrecke wird dann aus der einen Phase, die auf der anderen Seite liegende Strecke
aus der zweiten Phase des Zweiphasensystems gespeist.
Als Normalsystem für alle Kraftübertragungen im eigentlichen Sinne hat sich das
Drehstromsystem herausgebildet, wie» wir schon oben erwähnten.
Wir wollen hier einschalten, dass eine Zeit lang von einzelnen Firmen das Zwei-
phasensystem, d. h. das System zweier um 90° in der Phase gegeneinander ver-
schobenen Wechselströme bevorzugt worden ist. Man kann hier zwei Ausführungen
unterscheiden. Zunächst das System mit zwei vollständig voneinander getrennten Phasen,
also mit vier Leitungen und zweitens das System mit gemeinsamer Rückleitung für beide
Phasen, also mit drei Leitungen. Der Vorteil des letzteren vor dem ersten besteht in
der geringeren Anzahl der Leitungen und in einer Kupferersparnis, da sich die beiden
in der Rückleitung zusammenfliessenden Ströme geometrisch zu einer Resultierenden von
der 1,4 fachen Grösse der Aussenleiterstromstärke addieren, sodass der Kupferquerschnitt
der gemeinsamen Rückleitung bei gleichem Verlust nur das 0,7 fache der Summe der
Kupferquerschnitte der getrennten Rückleitungen zu betragen braucht.
*i) Scott sehe Schaltung, 8. Uppenborn, Kalender für Elektrotechniker.
§ 6. KkafthIuseb. B. Die elektrische Einrichtung. 1069
Der Nachteil des Zweiphasenstromes gegenüber dem Drehbtrom liegt abgesehen
von dem grösseren Kupferaufwand hauptsächlich in der Unvollkommenheit der Zwei-
phaaenmotoren, die sich bezüglich Ausnutzung des Materials and Anpassung an den
Betrieb mit den Drehstrommotoren nicht messen können.
Das Drehstromsystem hat sich seine dominierende Stellung dadurch erworben,
dass es, obschon es dem Gleichstromsystem in bezog auf seine Eignung für die ver-
schiedenen Verwendungszwecke nicht ganz ebenbürtig ist und namentlich den Vorteil der
Energieaufspeicherung in Akkumulatoren vermissen lässt, für unmittelbare Lichtverteilung
durchaus geeignet ist und man sogar die Drehstrommotoren in vielen Fällen den Gleich-
strommotoren vorziehen wird, während das Drehstromsystem andererseits den allen
Wechselstromsystemen eigenen Vorteil der leichten Überwindung grosser Entfernungen
besitzt, ohne dass ihm die dem Ein- oder Zweiphasensystem anhaftenden Mängel nach-
gesagt werden könnten.
Es soll an dieser Stelle noch des Drehstrom-Vierleitersystems Erwäh-
nung getan werden, welches sich in neuester Zeit vielfach Eingang verschafft hat und
welches speziell für Niederspannungsverteilungsnetze viele Vorteile bietet. Die Abwei-
chung gegen das gewöhnliche Drehstrom-Dreileitersystem besteht darin, dass noch ein
vierter Leiter an den Nullpunkt der sekundär in Stern geschalteten Sekundärtrans-
formatoren angeschlossen wird. Man hat dann im gesamten Verteilungsnetz zwei Span-
nungen zur Verfügung, nämlich die eines Aussenleiters gegen den Null-Leiter und die
zweier Aussenleiter gegeneinander; letztere ist 1^3 mal so gross als die erste. Nimmt
man beispielsweise die Spannung zwischen Aussenleiter und Null-Leiter zu 120 Volt an,
so ist die Aussenleiterspannung ca. 208 Volt. Man hat also für die an das Nfetz ange-
schlossenen Lampen eine Spannung von 120 Volt zur Verfugung und kann alle sich aus
dieser niedrigen Lampenspannung für die Konsumenten ergebenden Vorteile ausnützen,
während die Querschnitte der Aussenleiter entsprechend der höheren Aussenleiterspannung
wesentlich kleiner gehalten werden können, als bei einem Drehstrom-Dreileiternetz mit
120 Volt Spannung. Die im Netz befindlichen Motoren werden meist an die Aussen-
leiter angeschlossen. Das Prinzip dieses Systems ist das gleiche, wie das der Gleich-
strom-Dreileiteranlagen; bei vollkommen symmetrischer Verteilung der Belastung führt
auch hier der Mittelleiter keinen Strom.
Um Induktionswirkungen zwischen den Leitern der Kabel und der Eisenarmatur,
sowie Störungen in den häufig mit Erdrückleitung arbeitenden Telephonnetzen zu ver-
meiden, verlegt man bei Drehstrom-Vierleiter-Kabelnetzen sogen. 3 V» fach Kabel d. h.
solche, in denen die drei Aussenleiter enthalten sind und ausserdem der vierte Leiter,
dessen Querschnitt meist etwas geringer genommen wird als derjenige eines Aussenleiters.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass es nicht notwendig ist, den
Null-Leiter bis zum Kraftwerk zurückzuführen. Es genügt vielmehr, wenn
derselbe bis zur Sekundärseite der Sekundärtransformatoren geführt und die Hochspan-
nungsseite der Anlage wie bei gewöhnlichen Drehstrom-Dreileitersystemen ausgeführt
wird. Bedingung ist jedoch, dass die Hochspannungsseite der Sekundärtransformatoren
Dreieckschaltung erhält, da sonst bei sekundär verschieden belasteten Phasen auf der
Hochspannungsseite Belastungsunterschiede von unzulässiger Höhe auftreten können.
c)WahlderSpannung. Es bleibt schliesslich noch zu erörtern übrig, welche
Spannung man bei gegebener Leistung und Entfernung in jedem Falle am zweckmässig-
sten anwendet. Im allgemeinen wird man sagen können, dass unter bestimmten Ver-
hältnissen jeweils die Betriebsspannung angewendet werden muss, bei welcher die Summe
1070 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheitex.
der jährlichen Ausgaben, welche sich ans den direkten Betriebskosten und den Ausgaben
für Verzinsung und Amortisation des Anlagekapitals zusammensetzen, ein Minimum wird.
Es können jedoch auch spezielle Verhältnisse vorliegen, die ein Abweichen von dieser
Regel erfordern. So könnte beispielsweise bei Anlagen mit beschränkten Wassermengen
ein möglichst hoher Gesamtwirkungsgrad der Anlage zweckmassig erscheinen und man
könnte vielleicht durch eine reichliche Dimensionierung der Fernleitung auf der Sekun-
därseite ein Mehr an Energie gewinnen und durch dessen Verkauf die Mehrausgaben
für Verzinsung und Amortisation reichlich aufwiegen.
Ist es mithin nach dem oben Gesagten nicht möglich, eine für alle Fälle zu-
treffende Regel über die Höhe der jeweils zu wählenden Spannung zu geben, so soll
doch erwähnt werden, dass man in normalen Fällen den Energieverlust in den Fern-
leitungen nicht gern höher als 10°/o wählt, bei sehr langen Übertragungen geht man
wohl bis zu 20°/o.
Es sei noch hinzugefügt, dass man Spannungen bis zu etwa 80000 Volt technisch
bereits beherrscht.
Wegen der bei den in Kap. II beschriebenen Anlagen verwendeten Stromsysteme
und Spannungen sei auf Tab. II, S. 1003 verwiesen.
9. Leitungsberechnung. Für die Berechnung der Leitungen sind folgende drei
Punkte massgebend:
a) Spannungsabfall,
b) Energieverlust,
c) Feuersicherheit.
a) Spannungsabfall, a) Gleichstrom. Das Ohm sehe Gesetz lautet, wie
schon angegeben, für Gleichstrom:
Stromstärke = J^i — r^-3 oder i = — .
Widerstand w
Diese Formel dient zur Berechnung der in einem Stromkreise vom Widerstände
w ß durch die Spannungen von e Volt hervorgerufenen Stromstärke in Ampere.
Umgekehrt ist die durch den Widerstand im Stromkreise vernichtete Spannung, der
Spannungsabfall, den man etwa mit dem Druckverlust in einer Wasserleitung vergleichen
könnte, gleich dem Produkt aus Stromstärke und Widerstand, also
ev = i . w. (1)
Flieset z. B. in einem Stromkreise von dem Widerstände S Q ein Strom von 15 Ampere mad
beträgt die Spannung am Stromerzenger 500 Volt, so wird der Spannnngsverlnst in der Leitung 3 X 15
= 45 Volt betragen, so dass am Ende der Leitung eine Spannung 500 — 45 = 455 Volt herrscht
Hiermit ist das Problem der Leitungsberechnung für Gleichstrom im Prinzip
gelöst, da der elektrische Widerstand der verschiedenen Materialien genau bekannt ist
Das für unsere Zwecke fast ausschliesslich in Betracht kommende Kupfer hat einen
spez. Widerstand von 17,5 ß, d. h. 1 km Kupferleitung von 1 qmm Querschnitt hat
einen Widerstand von 17,5 ß. Der reziproke Wert des sogenannten Widerstandes
— spezifische Leitfähigkeit genannt — wird gleichfalls häufig in Leitungsberechnungen
1000 1
eingeführt; er beträgt für Kupfer pro m und qmm -^-^ = Q Q1?5 =~ 57, eine Zahl,
der man sehr häufig begegnet. Da man sich jeden Leiter aus mehreren von 1 qmm
Querschnitt zusammengesetzt denken kann, ist ohne weiteres klar, dass der Widerstand
umgekehrt proportional dem Leiterquerschnitt sein wird, für je 1000 m Leitung also
der Widerstand
§ 6. Krafthaübek. B. Die elektrische Einrichtuno. 1071
spez. Widerstand
Querschnitt in qmm
betragen wird, während umgekehrt die Leitfähigkeit eines Drahtes von 1000 m Länge gleich
spez. Leitfähigkeit X Querschnitt in qmm
sein wird.
Ein Beispiel möge das Vorhergesagte erläutern. Von einem Elektrizitätswerk ans sollen
300 16 kenige Kohlenfaden-Glühlampen in einer Entfernung von 500 m gespeist werden. Die Spannung
der Zentrale beträgt 250 Volt, an den Lampen soll eine Spannung von 220 Volt herrschen, d. h. in der
Leitung soll ein Spannungsverlust von 30 Volt zugelassen werden. Welchen Leitungsquerschnitt muss
man wählen?
Die von den 300 Lampen zusammen gebrauchte Energie beträgt, da jede Lampe etwa 60 Watt
18000
verbraucht, 60x300=18000 Watt, die Stromstärke beträgt demnach — ösg- = 82 Ampere. Die Ge-
samtlänge der Leitung — Hin- und Rückleitung zusammengenommen — ist 2 X 500 = 1000 m = 1,0 km,
1 0 X 17 5
sodass der Widerstand fttr einen Querschnitt q = — — Q beträgt. Da wie oben gesagt der Span-
nungsabfall 30 Volt sein soll, ergibt sich nach Gleichung 1:
q
82.1,0.17,5 AQ
q = 3q = oo48 qmm.
Man musste also einen Querschnitt von 48 qmm wählen. In Wirklichkeit nimmt man jedoch
den diesem zunächst liegenden sogenannten verbandsmässigen Querschnitt, d. h. einen der Quer-
schnitte, die vom Verband deutscher Elektrotechniker als Normalquerschnitte festgelegt sind. In unserem
Falle wäre dies der Querschnitt von 50 qmm.
ß) Einphasen-Wechselstrom. Wie wir schon früher gesehen haben, wird
in jedem Leiter, der sich in einem magnetischen Felde befindet, eine E.M.K. induziert,
wenn Leiter oder das Feld bewegt wird oder die Stärke des Feldes sich ändert. Da jeder
von einem Strom dnrchflossene Leiter ein magnetisches Feld erzeugt, dessen Stärke von
der Stromstärke abhängig ist und sich mit ihr verändert, wird eine Veränderung der in
einem Leiter fliessenden Stromstärke zunächst eine Änderung des von dem Strom er-
zeugten Magnetfeldes hervorrufen, die ihrerseits wieder in dem Leiter selbst und in
benachbarten Leitern eine E.M.K. induziert.
Diese Erscheinungen fasst man unter den Namen Selbstinduktion und gegen-
seitige Induktion zusammen. In der Gleichstromtechnik spielen diese Erscheinungen
eine "geringe Rolle. In Wechselstromanlagen aber, in denen die Stromstärke bei der
üblichen Frequenz von 60 Perioden in jeder Sekunde hundertmal zwischen positiven und
negativen Maximalwerten schwankt, machen sich diese Induktionserscheinungen erheblich
bemerkbar und müssen daher bei der Leitungsberechnung berücksichtigt werden.
Das von dem Strom hervorgerufene Magnetfeld ist in jedem Augenblick diesem
proportional und mit ihm in Phase, während die induzierte E.M.K. in dem Augenblick
ihr Maximum erreicht, in dem die Geschwindigkeit, mit der die Änderung der Stärke
des Magnetfeldes vor sich geht, am grössten ist Es sei in Abb. 403 die Kurve a die
Stromkurve, während b die Kurve des magnetischen Feldes darstellen möge. Diese sind
miteinander in Phase. Wir sehen nun, dass in den Scheitelpunkten der Kurve b die
Geschwindigkeit der Änderung des Magnetfeldes einen Augenblick gleich Null ist,
während sie in dem Augenblick ein Maximum ist, in dem die Stromkurve durch Null
hindurch geht, d. h. wo das magnetische Feld seine Richtung wechselt. Die Kurve der
induzierten* E.M.K. muss demnach eine gegen a und b verschobene Lage einnehmen und
zwar werden ihre Maxima über den Nullpunkten von a und b und ihr Nullpunkt unter
deren Scheitelpunkten liegen, wie Kurve c zeigt. Die induzierte E.M.K. eilt somit der
1072
IIL Theodob Eoehn. Ausbau von Warakkkräften. Einzelheiten.
Stromstärke um Vi Periode = 90° nach. Im Vektoren-Diagramm stellt sich der Vor-
gang dar, wie Abb. 404 zeigt. Der Vektor eB der induzierten E.M.K. steht senkrecht auf
dem Stromvektor i und eilt diesem nach.
Es ist nach Vorstehendem leicht einzusehen, dass diese Induktionserscheinungen
nicht nur auf einer Leitungsstrecke, sondern überhaupt in allen Wechselstrom fahrenden
Apparaten auftreten werden. Bei Glühlampen ist der Einfluss der Induktion minimal
bei Bogenlampen etwas stärker und bei Motoren unter Umständen sehr erheblich.
In einem Stromkreise mit induktionslosem Widerstände wird die Stromstärke mit
der aufgedrückten Spannung in Phase sein; in einem mit Induktion behafteten (induk-
tiven) Stromkreise wird sich die durch die Induktion erzeugte E.M.K. mit der aufge-
Abh. 408.
Abb. 404.
Abb. 405.
drückten zu einer Resultierenden zusammensetzen und es wird die Stromstärke nunmehr
mit dieser Resultierenden in Phase sein. In Abb. 405 ist Ep die Klemmenspannung eines
Motors, 6t die durch die Induktion hervorgerufene Spannung ; die resultierende Spannung
fällt mit der Richtung der Stromstärke i zusammen. Die Stromstärke hat also eine
Phasenverschiebung gegen die Klemmenspannung und zwar eilt sie dieser um den
Winkel g> nach. Der Cosinus dieses Winkels wird der Leistungsfaktor genannt
und zwar deswegen, weil die von dem Motor aufgenommene wirkliche Leistung die
Grösse Ep i coacp hat.
Bei Wechselstrom aufnehmenden Apparaten ist also neben der Kenntnis des
Stromverbrauches auch die des Leistungsfaktors (cosqp), mit dem der Apparat arbeitet
von Wichtigkeit.
Dieser Leistungsfaktor ist bei reinen Lichtanlagen im Durchschnitt mit 0,9 bis
0,95 anzunehmen und sinkt bei gemischtem Licht- und Kraftbetrieb je üach der Anzahl
und Grösse der angeschlossenen Motoren bis auf etwa 0,7. Im allgemeinen wird für
solche Anlagen mit cosg> = 0,8 gerechnet.
Bei der Berechnung von Wechselstromfernleitungen geht man am einfachsten
von der Endspannung aus und berechnet aus dieser, dem gegebenen Energiebedarf am
Ende der Leitung und dem Leistungsfaktor die Stromstärke nach der Formel
A.1000
J =
(2-
E cosqp'
wobei A die Leistung in KW und E die Endspannung in Volt bedeutet. Es werden
dann in der Fernleitung folgende Spannungsverluste auftreten:
§ 6.
KrafthIubeb. B. Die elektrische: Einrichtung.
1073
Erstens der Verlust durch den elektrischen Widerstand der Leitung, der soge-
nannte Ohm sehe Spannungsverlust von der Grosse iw, der mit der Stromstärke in
Phase ist, und zweitens der induktive Spannungsverlust, der um 90° in der Phase gegen
die Stromstärke zurückbleibt Die Grösse des induktiven Verlustes beträgt für Hin- und
Rückleitung zusammen
E8 = 4/inlJ (o,5 + 2 lognat ~) 10"4 M), (3)
hierin bedeutet n die Anzahl der Perioden pro Sek., 1 die einfache Fernleitungen km,
D die Entfernung zwischen den Leitungsdrähten in cm, a den Radius eines Drahtes in cm.
Wir sehen hieraus, dass der Einfluss der Selbstinduktion mit der Periodenzahl
und der Entfernung der Drähte von-
einander zunimmt.
Die Abb. 406 zeigt das Span-
nungsdiagramm einer Einphasen-
Wechselstrom-Kraftübertragung. In
diesem Diagramm ist OA die in
einem beliebigen Masstab gezeichnete
Endspannung E,, OD die Richtung
des um den ^Cq> gegen E, verscho-
benen Stromes, AC der Ohm sehe
Spannungsverlust J w parallel zu OD und BG der induktive Verlust E» senkrecht zu OD.
Dann ist die Spannung am Anfang der Leitung Et nach Grösse und Richtung gleich OB.
Da die Benutzung des Diagrammes ziemlich unbequem ist, weil die Verluste im
Verhältnis zu den Hauptspannungen sehr klein sind , ist das folgende rechnerische
Näherungsverfahren zu empfehlen.
In Abb. 407 ist um 0 durch Abb- 407'
B ein Kreisbogen geschlagen, sodass
OF = OB, ferner ist von B auf OF
das Lot OE gefällt. Praktisch wer-
den die Punkte E und F so nahe
zusammenfallen, dass ihre Entfer-
nung, verglichen mit den Längen OA
und OB vernachlässigt werden kann;
Man kann also, ohne einen grossen
Fehler zu begehen , sagen , dass die AnfangBspannung OB = OE ist. Die Strecke OE
berechnet sich aus der Summe von 0 A und den Projektionen der Strecken AC und
BC auf OA. Da diese mit OA die Winkel <p bezw. R — <p einschliessen, ist
OE = OA-f-AC cos^-f BC sin?. (4)
Aus dem Diagramm in Abb. 407 kann man auch die am Anfange der Leitung vorhandene
Phasenverschiebung, die für die Dimensionierung der Dynamomaschinen von Wichtigkeit
ist, berechnen. Dieser Winkel q>t wird aus der Summe <jP + <ft gebildet. Wir sehen, dass
BE
ist. Die Strecke BE ist in gleicher Weise wie AE:
BE = BC cos 9 — AC sin?.
Sieht man bei der Durchführung der Rechnung, dass BE sehr gross ausfallt, so
folgt daraus, dass der Winkel q>t ebenfalls gross ist und dass man gut tut, den richtigen
ft) Vergi. Uppejiborn, EaL f. Elektrot Aufl. 08. I. Teü. S. 285.
far Int-WlMMMh. IIL TtiL 13. Bd.
68
1074
III. Theodor Koehx. Ausbau ton WaäebtäIitek. EmsLiisrrEV.
Wert der Anfangsspannung, die Hypotenuse OB des A OEB noch genau zu berechnen,
da die vernachlässigte Strecke EF in diesem Falle unzulässig gross sein kann.
Wenn, wie dies häufig vorkommt, nur die Anfangsspannung gegeben ist, so nimmt
man für die erste Berechnung die Endspannung schätzungsweise an und beredinet
hieraus die Anfangsspannung. Ergibt sich hierbei eine zu grosse Abweichung Ton der
angenommenen Anfangsspannung, so muss
die Rechnung mit entsprechend korrigier-
ten .Werten wiederholt werden.
In vielen Fällen wird man die Be-
rechnung ohne Berücksichtigung der Selbst-
induktion durchfuhren können, da sie bei
Kabelanlagen gar keine und bei Frei-
leitungsanlagen mit geringen Stromstärken,
kleinen Drahtabständen und geringer Pha-
senverschiebung eine nur geringe Rolle spielt. In diesem Falle vereinfacht sich das
Diagramm nach Abb. 408. Es ist hier wieder OE annähernd gleich OC, d. h. mit
grosser Annäherung bedeutet AE den Spannungsverlust in der Leitung. Es ist nun aber
AE = Jw cos</>
und, da
der Spannungsabfall in Volt
J =
A.1000
Jw =
E cosqp
A . 1000 . w
E *
(5)
d. h. der Spannungsabfall ist in Leitungen ohne erhebliche Selbst-
induktion und bei nicht all zu kleinem Leistungsfaktor von der
Abb 409 Phasenverschiebung unab-
L
B
hängig und berechnet sich
dann bei Einphasenstrom wie
bei einer Gleichstromanlage.
y) Zweiphasenstrom. Das
Zweiphasensystem soll hier nicht be-
handelt werden, da es in der Praxis
jetzt nur noch selten angewendet
wird M).
6) Drehstrom. Die Berechnung der Drehstromleitungen erfolgt in ganz ähnlicher
Weise wie die der Einphasenstromleitungen mit folgenden Unterschieden:
Die Stromstärke in Ampfere in jedem Draht berechnet sich nach der Formel
J ±ß™-, (6)
E . y3 cos 9
wobei E die Spannung zwischen zwei Drähten* gemessen bedeutet» die in der Praxis
kurz als Betriebsspannung oder verkettete Spannung bezeichnet wird, im Gegensatz zu
der Spannung zwischen einem Draht und dem etwa vorhandenen Nullpunkt, die meist
für J berechnen wir wie bei Wechselstrom den Ohm sehen Verlust Jw in jedem Draht, der
ts) Näheres s. Holmboe, Berechnung und Ausfuhr, der Hochsp.-Leitungen. 1. Auf. 8.84—27.
§ 6. Krafthauser. B. Die elektrische Einrichtung. 1075
für die Benutzung im Diagramm mit |/3 zu multiplizieren ist. Die Formel lautet also
e = Jw y§.
Hierbei bedeutet w den Widerstand eines Drahtes. Für den induktiven Verlust gilt
hier eine etwas andere Formel, weil bei Drehstrom jeder Draht von zwei anderen be-
einflusst wird.
__ — •
Diese Formel lautet:
E8 = 2 n n U (0,5 + 2 lognat — ) 10-4 (zwischen zwei Drähten gemessen). (7)
Die beiden gefundenen Werte e und Eg für Ohm sehen bezw. induktiven Verlust werden
mit der Betriebsspannung zu einem Diagramm vereinigt. In Abb. 409 ist ein solches
Diagramm gegeben. Im übrigen ist der Verlauf der Rechnung genau der gleiche wie
beim Einphasenstrom.
Bei nicht all zu kleinem cos q> und geringer Selbstinduktion ist ähnlich wie beim
Einphasenstrom (S. 1074)
AE = Jw cosy "|/3
und da
A.1000
ö '
der Spannungsabfall
E.cosqp. "^3
A.lOOO.w '
e = ü > (8)
E
wobei w den Widerstand eines Drahtes bedeutet.
b) Energieverlust. Der zweite Punkt, den man bei Berechnung einer Leitung
beachten muss, ist der Energieverlust. Wenn einer Leitung eine Energiemenge
A1 = E1J
in Form von Gleichstrom zugeführt wird, so wird, wie wir gesehen haben, am Ende
der Leitung zwar dieselbe Stromstärke, jedoch eine geringere Spannung vorhanden sein.
Das Produkt aus der Endspannung Es und der Stromstärke, d. h. die am Ende der
Leitung vorhandene Energiemenge A2 wird kleiner sein als A1 und zwar um J (Et — E,).
Hieraus geht hervor, dass in der Leitung nicht nur ein Spannungsabfall, sondern auch
ein Energieverlust auftritt. Nach dem Obengesagten beträgt also der Energieverlust in
einer Gleichstromleitung :
V = J(E1-E,) = Je, (9)
worin e den Spannungsabfall bedeutet. Da nun e gleich Jw, gilt die zweite Formel
V = J2w. (10)
Diese letztere Formel ist sowohl für Gleichstrom wie Wechselstrom gültig.
Bei Gleichstromanlagen besteht ein einfaches Verhältnis zwischen Energie- und
Spannungsverlust und zwar sind beide, prozentual ausgedruckt, gleich.
Bei Wechselstromanlagen ist zu berücksichtigen, dass die Stromstärke bei gleicher
effektiver Leistung mit der Phasenverschiebung wächst und also der Energieverlust um-
gekehrt proportional dem Quadrate von cosqp zunimmt.
Bei Einphasen -Wechselstromanlagen ist, der Gesamtverlust (in Hin- plus Rück-
leitung) in Watt
_2 j* _ 2 > Ag . 1000» w (A in Kilowatt ausgedrückt)
E*cos29> (w = Widerstand eines Drahtes) ' '
Bei Drehstrom ist der Gesamtverlust in Watt das Dreifache des Verlustes in jedem Draht, also
v _ 3 jt w _ 3 A2 . 10002 _ A2 . 1000» (A in Kilowatt ausgedrückt) ~
_ E2()/3)*cos,9 K2 cos29> (w = Widerstand eines Drahtes) ' '
68*
1076 HL Theodor Eoehh. Ausbau von Wasserkräften. Einzelhei
Bei den vorhergehenden Besprechungen über den Leitnngsverlnst haben wir eines
Faktor, die Kapazität der Leitung ausser acht gelassen, der bei nicht ungewöhnlich
langen Kabeln und Freileitungen allerdings eine nur untergeordnete Bolle spielt, den vir
jedoch nicht ganz unerwähnt lassen wollen.
Zwei elektrische Leiter, welche durch isolierendes Material, das Dielektrikum, von-
einander getrennt sind, bilden einen Kondensator. Der Kondensator besitzt die
Eigenschaft, Kapazität genannt, dass er, wenn an seine beiden Klemmen eine Spannung
gelegt wird, eine gewisse Elektrizitätsmenge in sich aufnimmt und behalt, wenn die
Spannung entfernt wird, bis durch eine Verbindung von Leiter zu Leiter ein Ausgleich
hervorgerufen wird. Als Leydener Flasche ist der Kondensator ein allgemein bekannter
Apparat. Die vom Kondensator aufgenommene Energiemenge, die Ladung genannt, ist
der Ladespannung proportional und es wird also ein an eine Wechselstromquelle ge-
legter Kondensator je nach dem augenblicklichen Werte der Spannung eine zwischen
Null und einem positiven und negativen Maximum liegende Ladung aufweisen. Dieses
Umladen des Kondensators durch eine Wechselstromspannung ruft eine der Spannung
um 90° voreilende Stromstärke, den sogenannten Ladestrom hervor.
Da nun jede Leitungsanlage aus durch Isolierschichten voneinander getrennten
Leitern besteht, welche gegenseitig und auch jeder für sich mit der Erde einen Kon-
densator bilden, wird auch hier ein der Spannung um 90° voreilender Ladestrom auf-
treten, der jedoch in normalen Fällen nur einen im Verhältnis zum Arbeitsstrom sehr
geringen Wert hat Der Ladestrom setzt sich mit dem Arbeitsstrom zu einer Resul-
tierenden zusammen, die dem Arbeitsstrom voreilt. Wir können auf die Wirkungen
der Kapazität nicht weiter eingehen, da eine Erörterung derselben zu weit fuhren wirde;
Bemerkt sei nur noch, dass der Ladestrom eine unter Umständen erwünschte Gegen-
wirkung gegen die Induktionserscheinungen ausübt*4).
c) Feuersicherheit. Nachdem eine. Leitung auf Spannungsabfall und Energie-
verlust berechnet ist, bleibt noch zu Überlegen übrig, ob der berechnete Leitungequer-
schnitt „feuersicher" ist, d. h. ob die durch den Strom hervorgerufene Erwärmung
in zulässigen Grenzen bleibt. Die Grösse dieser höchst zulässigen Erwärmung ist unter
anderem von dem für die Leitung verwendeten Isolationsmaterial und den Ab-
kfihlungsverhältnissen abhängig. Der Verband deutscher Elektrotechniker hat Tabellen
herausgegeben, in denen die höchst zulässigen Strombelastungen sowohl Ar Kabel
als auch für isolierte Drähte festgelegt sind. Für Freileitungen liegen solche Tabellen
noch nicht vor; man kann jedoch hier mindestens die gleichen Belastungen mlnurm
wie vom Verein deutscher Elektrotechniker für Einfachkabel festgesetzt sind. Bö
kleinen Drahtquerschnitten kann man sogar noch etwas höher gehen.
Beispiele: Einphasenstrom. Von einer Kraftstation soll eine Energiemenge von 800 KW
bei 10000 Volt Zentralenapannnng auf eine Entfernung von 80 km fibertragen werden. Der
faktor am Ende der Fernleitung aei cos? = 0,9. Welcher Drahiqaerschnitt mnss gewählt
sowohl der Spanonngsabfall ab auch der Energieverlost 10° e nicht überschreiten soll?
Die Spannung am Ende der Leitung mnss, da ein maximaler Spannungsabfall von 10#/*
lassen werden soll, mindestens 9000 Volt betragen. Wir wollen zunächst einmal
Leitungsquenchnitt 85 qmm betragt, dann ist, da die 8tromstlrke
T A.1000 800.1000 _ A
j~eTSs7- swOSr=ir7 ***
der Ohm sehe Verlest
e = 2. i.w = 2. 87. IJ^-740 Volt
**) Näheres s. Holmboe, Ber. und Ans! der Hodispannqngs-Fernleitnngen. 1. Aufl. 8. 9— IL
§ 6. KrafthIubbb. B. Dje elektrische Einrichtung. 1077
Der induktive Spannungsabfall hat bei einem Drahtabstand von 60 cm die Grosse
E. = 4*nJJ A>,5 + 2 lognat ~) 10-4 = 4». 50. 20. 87 A>,5 -I- 2 lognat ^j 10-« = oo 505 Volt,
hiernach würde sich als Anfangsspannung nach Gleichung 2 ergeben
E1==B, + ecoBy + E,siny = 9000 + 740. 0,9 + 505. 0,485 = c/> 9886 Volt
Man sieht hieraus, dass der Spannungsverlust etwas geringer ist, als maximal zugelassen; wollte man
jedoch den nächst kleineren yerbandsmissigen Drahtquerschnitt (25 qmm) wählen, so wurde der
Spannungsverlust zu gross werden.
Der Energieverlust in der Leitung berechnet sich nach der Formel
0 „ 2.AM000* l 2.800M0001 20000 othaaw ** qjo/ j a,
v = 2 . J» w « — = = ^= — = ^^ Atli . ,- tt, = &o 27 500 Watt = c/> 8,4 •/• der Anfangsenergie.
E* . cos'g> 57. q 9000*. 0,9f 57.85 ' ° °
Bezuglich Feuersicherheit genügt der Querschnitt von 85 qmm ebenfalls, da die Strombelastung
nur* ca. 37 Ampere betragt, während man eine Freileitung von 85 qmm mit ca. 200 Ampere be-
lasten könnte.
Drehstrom: Wir wollen das soeben für einphasigen Wechselstrom durchgerechnete Beispiel
noch einmal unter Zugrundelegung des Drehstromsystems durchführen. Als Anfangsspannung wollen
wir ebenfalls wieder 10000 Volt annehmen und zwar soll dies die Spannung zwischen 2 Drihten, die
verkettete Spannung sein.
Die Stromstärke pro Draht berechnet sich beim Drehstromsystem nach der Formel
j^ A.1Ö0O
Ey5 cosy
also für unseren Fall
T 800.1000 ol.A
j a __ — c/>21,4 Amp.
9000)/g.0,9
Der Ohm sehe Verlust pro Draht ist dann, wenn wir einen Drahtquerschnitt von 16 mm1 zugrunde legen
e = Jw^21,4|^ = c^469 Volt
Dieser Wert muse noch mit fö multipliziert werden, sodass sich als Ohmscher Verlust, gemessen zwischen
zwei Drähten oo812 Volt ergibt
Der induktive Verlust ergibt sich aus der Formel
E. = 2*n/J (ofi + 2 lognat 5\ 10-4 = 2* 50. 20. 21,4 (o,5 + 2 lognat—] 10-*= 156 Volt
Auch diese Zahl ist mit V§ zu multiplizieren; der induktive Spannungsverlust hat also die* Grösse
270 Volt
Hiernach würde sich als Anfangsspannung ergeben
Et = Ei.{ cosy + E» sin? = 9000 + oo 782 + c/>118 = oo 9850 Volt
Der Energieverlust beträgt
T = 8J'w = 8.21,4t |^^ = oo80000 Watt = 9,1 °/o der Anfangsenergie.
Die Prüfung auf Feuersicherheit ergibt, dass der Drahtquerschnitt aasreicht
Zum Schluss seien die ans der Durchrechnung des Beispiels für Emphasen- und Drehstrom
gewonnenen Resultate einander gegenübergestellt:
Einphasenstrom
Drehstrom
Energie am Ende der Leitung
800 KW
800 KW
Spannung am Anfang der Leitung
ca. 10000 Volt
10000 Volt
Spannungsverlust
886 Volt
850 Volt
Energieverlust
MVo
9,1>
Kupferquerschnitt
2x85 mm*
8 X 16 mm1
Kupfergewicht
12600 kg
8640 kg
Aus dieser Tabelle ergibt sich, dass der Drehstrom dem Einphasenstrom in bezug auf. Kupfer-
verbrauch ganz wesentlich überlegen ist, trotzdem man beim Emphasensystem nur zwei Leitungen zu
verlegen braucht
10. Zusammenfaasnng der Bezeichnungen nnd Formeln.
Einheit der Stromstärke = 1 Ampere.
Einheit der Spannung = 1 Volt.
1078 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Einheit des Widerstandes = 1 Ohm (ß).
Einheit der Leistung = 1 Watt (1000 Watt = 1 Kilowatt KW).
Leistung einer Dynamo in Watt
bei Gleichstrom = E . i,
bei Wechselstrom = E . i cos 9,
bei Drehstrom = E . i cosy VIT.
Hierin ist: E Klemmenspannung in Volt bei Drehstrom zwischen zwei Aussen-
leitern gemessen
i= Stromstärke pro Draht in Amp.,
cos g> = Leistungsfaktor,
q>= Phasenwinkel zwischen Strom und Spannung.
1 PS = 736 Watt.
T.x , a... i. .t»o Leistung des Generators in KW
Leistung der Antriebsmaschine in PS# = s k^öz >
U, i OO . TJ
worin rj = Wirkungsgrad des Generators.
Praktisch ist die Leistung der Antriebsmaschine in PS« ca. das 1,5 fache der
Generatorenleistung in KW.
Leitungsberechnung: Ohmsches Gesetz e = iw, worin e= Spannungs-
unterschied zwischen Anfang und Ende des Widerstandes , i = Stromstärke , w =
Widerstand.
Widerstand eines Kupferdrahtes von 1 km Länge und q qmm Querschnitt
_ 1 . 1000_ 17,5
- 57q ~ q ;
A 1000
bei Gleichstrom: i = — _, — , worin A = Leistung in KW, E = Spannung in Volt
Spannungsverlust: e = 2iw = — —„ .w Volt.
Energieverlust: 2i,w= — — = .w Watt.
A = Leistung in Kilowatt.
w = Widerstand eines Drahtes.
Einphasen- Wechselstrom.
A1000 . ,
i=— Ampere.
Ecos q>
Ohm scher Spannungsverlust : e = 2 i w = — ^ Volt.
r ° E cos qp
Induktiver Spannungsverlust : E8 = 4 n n 1 i ( 0,5 -j- 2 lognat — ) 10 ~ 4 Volt.
Spannungsverlust: Entweder aus Diagramm oder* annähernd:
Anfangsspannung = Endspannung + e cos g> -j- E, sin q>.
Bei nicht zu kleinem cos q> und zu vernachlässigender Induktion ist der Span-
nungsverlust
e cos q> = 2i w cos <p = — '■ — ^- Volt (wie bei Gleichstrom).
„ . . 0.t 2.AM000*w
Energieverlust = 2 i* w = —^r—f—m
Bedeutung der Zeichen : w = Widerstand eines Drahtes,
A = Leistung in Kilowatt,
n = Frequenz in ganzen Perioden pro Sek.,
§6.
B. Die elektrische Einrichtung.
1079
Drehstrom: i =
1 = Länge des Leitungsstrecke in km,
D = Drahtabstand in cm,
• = Drahradius in cm.
A1000
Ecosy VT
Ohm scher Spannungsverlust pro Draht: e = iw =
A1000
E cos 9^3*
Induktiver Spannungsverlust pro Draht : Et = 2 n n 1 i ( 0,5 -}- 2 lognat — ) 10 - 4.
Bedeutung der Zeichen: wie beim Wechselstrom.
Spannungsverlust: Entweder aus Diagramm, mit den obigen_Werten für e
und Et mal V 3 oder aus der Anfangsspannung = Endspannung -f- e V 3 cos q> -f- E.
V 3 sin 9.
Bei nicht zu kleinem cos <p und zu vernachlässigender Induktion ist der Span-
nungsverlust:
,/q- . ,rö- AlOOOw
eV3 cos (jp = 1 w V 3 cos y = =r — .
Energieverlust: v = 3i*w = -~ 5 — .
0 E* cos* <p
11« Preis- und Gewichtsangaben« Die im Nachstehenden gegebenen Preise sind
normale Durchschnittspreise und verstehen sich für die fertig montierte Maschine bezw.
den fertig aufgestellten Transformator ausschliesslich aller Apparate.
Tabelle in.
Preise von Drehstromgeneratoren bezw. Drehatrom-Synchronmotoren für eine Frequenz von
50 Perioden pro 8ekunde (vergl. die Angaben S. 260 u. 261).
Leistung als Generator in KW bei cos 9 =
= 0,8
Touren-
25
50
100 1 200 | 500 |
1000 '
2000
zahl
Leistung als Synchronmotor in PS« ca
>
87
75
155 310
1 _
780
1550
3100
Mk.
Mk.
Mk.
Mk.
Mk.
Mk.
Mk.
1000
2600
8500
4800
—
—
—
—
750
8100
3900
5600
7800
—
—
—
500
—
5100
6600
9100
15200
21000
—
800
—
5800
8400
11000
17 500
26600
40000
215
—
—
12000
18000
27 600
38200
56 200
107
—
—
—
27 000
33800
53000
67 000
Tabelle IV.
Höchste Spannung, für welch« die verschiedenen normalen Modelle gebaut werden können.
Touren-
zahl
25
50
Leistung
100
; in Kw bei cosqp = 0,8
250 | 500
1000
2000
hockst zulässige Spannung in Volt
1000
3000
4000
5000
MMIM»
_
750
3000
4000
5000
5000
—
—
—
500
—
5000
6000
6500
6500
6500
—
80U
—
5000
6000
6500
8500
10000
—
215
—
5000
5000
6000
7500
9000
10000
107
»
—
—
5000
6000
8000
10000
1080
III« Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelhettek.
Die Preise der Tabelle III gelten f&r Spannungen von 500 bis 5000 Volt bezw.
bei den Typen, bei denen die Höchstspannung unter 5000 Volt liegt von 500 Volt bis
zur Höcbstspannung. Die Preisaufschlage für Spannungen über 5000 bezw. unter 500
Volt sind folgende:
bei 5000 bis 7000 und 500 bis 400 Volt 2°/o,
. 7000 ,
n 8000 „
m yUUÜ M
8000
9000
10000
400 „ 300
300 . 200
. 4%.
ff
200
100
5°/o (vergl. S. 259).
Die Preise der Tabelle III verstehen sich ferner einschliesslich angebauter Erreger-
maschine und für zweilagrige Ausfuhrung.
Aus Tabelle m können auch die Preise für Einphasengeneratoren berechnet
werden. Die Leistung der Modelle beträgt, wenn die Maschinen einphasig gewickelt
werden etwa */* der Leistung als Drehstrommaschine, während der Preis des betreffenden
Modells annähernd der gleiche bleibt. Will man also beispielsweise den Preis einer
150 KW Einphasendynamo für 500 Touren wissen, so berechnet man zunächst, wieviel
150
das Einphasenmodell als Drehstrommaschine gewickelt leisten würde, also ~-=^ = 200 KW.
Die Maschine entspräche also dem Drehstrommodell für 200 KW und ihr Preis
9100 Mk. betragen.
Tabelle V.
Nettogewicht« der Drehstromgeneratoren bezw. Synchronmotorea, deren
in Tabelle ffl enthalten riei
Leistung in KW
Touren-
zahl
25
50
| 100
| 200
500
1000
2000
Nettogewicht in Tonnen
1000
1.1
2,0
8,4
.
«^
— _
__
750
1.4
2.5
8,6
5,5
—
—
—
500
—
8.«
4.5
6,5
10,0
17,4
—
800
—
4,2
4,9
7,4
12,5
17,8
26,0
215
—
6,3
9,5
16.5
21,2
30,0
107
^—
"~~
•■"■
14,5
22,5
84,2
45,5
Tabelle VI.
Preis und Gewichtsengnben für Qleichstromdynamoe und Motoren.
Leistung bei maximaler Tonrenzahl
maximale Tonren-
sahlen
Gewicht
netto Tonnen
alt Dynamo
KW
als Motor
PS.
Preis in Mk
ca. 25
ca. 80
1200
0,9
1500
. 50
. «2
900
2,1
8800
, 100
. 124
800
8,7
4800
. 150
, 188
700
5,1
6800
, 200
v 250
550
8,0
10500
, 800
, 875
400
9,0
18000
Die Preise der Gleichstrommaschinen gelten für zweilagrige Ausführung und für
alle Spannungen zwischen etwa 220 und 550 Volt.
Bei geringerer als maximaler Tourenzahl sinkt die Leistung etwa proportional
der Tourenzahl bis zu etwa 7t der Maximaltourenzahl n. Ist die Tourenzahl noch
§ 6.
Krafthäubeb. B. Die elektrische Einbichtuhg.
1081
kleiner als die Hälfte der maximalen, so sinkt die Leistung im höheren Masse als die
Tourenzahl und zwar beträgt die Leistung
von ca. « bis j etwa das 0.9 fache.
2 4
von ca. t bis s etwa das 0,8 fache
4 6
der Leistung, welche sich ergibt, wenn man annimmt, dass die Leistung proportional
der Tonrenzahl abnähme.
Aus Tabelle III und VI kann man auch Preise von Umformern berechnen, indem
man aus Tabelle HI den Preis des Drehstrom- oder Wechselstromteiles, aus Tabelle VI
den des Gleichstromteils bestimmt und die beiden gefundenen Werte addiert. Zu be-
achten ist hierbei, dass Generator und Motor gleiche Tourenzahl haben müssen.
Tabelle VIL
Preis in Mark von Drehstromtraiisformatoren mit ölisolation.
Überspan-
nung max.
in Volt
Unterspannung
maxiinul
Leistung in KW bei cos? = 0,8
in Volt
1
10
25
50
100
200
500
1000
2000
8000
ca. $00
300
750
1200
1600
2500
^mmm
M^M
^^^
m^^
6000
, 500
—
800
1800
1800
2600
—
—
—
10000
bis 200 KW ca.
500 Volt, darüber
ca. 8000
"
950
1850
1800
2600
4100
7800
11000
(9000)
(18500)
20000
80000
, 6000
, 6000
—
—
—
—
8500
8900
4800
5200
7600
(7000)
8400
(7800)
11500
(9500)
12000
(11000)
(14 500)
(16500)
Eingeklammerte Zahlen gelten für Apparate mit Wasserkühlung.
Tabelle Vm.
Mettogewichte der Transformatoren, deren Preise ans Tabelle VII zu ersehen sind.
Ober-
Leitung in KW
•
spannung in
1
10
25
50 1 100 1 200 1 500
1000
2000
Volt
Nettogewicht des Transformators inkl. öl
8000
100
450
550
900
1400
^ ^
m^
««_
«_
6000
—
500
600
950
1650
—
—
—
—
10000
—
550
700
1000
1650
2800
5000
9000
(6800)
(11200)
20000
^—
— ■
—
— —
2200
8200
6000
(5000)
9700
(7000)
(12500)
80000
"
^^"
^^MM
"^
2600
4100
6400
(5400)
10500
(7500)
(18000)
Eingeklammerte Zahlen gelten für Apparate mit Wasserkühlung.
Literaturangaben zu § 6, B.
Friese, Das Porzellan als Isolier und Konstrnktionsmaterial in der Elektrotechnik. 1904.
Grfttz, Die Elektrizität und ihre Anwendungen. Stuttgart 1908.
Qrawinkel A Strecker, Hilfsbuch für die Elektrotechnik.
Herrmann, J., Elektrotechnik (Sammlung Göschen).
1062 III. Theodor Koehk. Ausbau vom Wasserkräften. Einzelheiten.
Holm b oe, Berechnung nnd Ausführung der Hochspannungs-Leitangen. Berlin 1905.
Hatte, Des Ingenieurs Taschenbach.
Kapp, Dynamomaschinen.
Kapp, Wechselstrome.
Krause, Messungen an elektrischen Maschinen.
Uppenborn, Kalender für Elektrotechniker.
Wilkens, Handbuch der Elektrotechnik. Bd. 7.
§ 7. Fernleitungen.
Hierzu Tafel LXXXI bis LXXXIV.
Die Besprechungen dieses Paragraphen sind wie folgt gegliedert:
1. Die Entfernung, bis zu welcher man noch elektrische Energie mit wirt-
schaftlichem Erfolge übertragen kann, mit Hinweisen auf Entfernungen
und Spannungen bei ausgeführten Anlagen.
2. Die Wahl der Linie für die Fernleitung.
3. Das Leitungsmaterial.
4. Die wirtschaftlich günstigste Spannung der Fernleitung.
5. Der wirtschaftlich günstigste Drahtquerschnitt, abgeleitet von dem wirt-
schaftlich günstigsten Wirkungsgrad der Fernleitung.
6. Das Gestänge.
7. Überführung von Hochspannungsleitungen mit grossen Spannweiten über
Schluchten, Eisenbahnen, Flüsse usw.
8. Die Isolatoren und ihre Stützen auf dem Gestänge.
9. Die Verteilung der Drähte für die Kraftübertragung und den Dienst-
fernsprecher auf dem Gestänge, sowie die Schutzvorrichtungen gegen
die Gefahren bei Berührung von Hochspannungsleitungen.
10. Die Blitzschutz- und Überspannungsvorrichtungen.
11. Die statische Berechnung der Leitungsdrähte und des Gestänges.
12. Die unterirdischen Hochspannungsleitungen.
13. Die bauliche Einrichtung der Transformatorenstellen.
14. Einige allgemeine Bemerkungen über das Verteilungsnetz etc.
1. Die Entfernung, bis zu welcher man noch elektrische Energie mit wirt-
schaftlichem Erfolge übertragen kann. Vom technischen Standpunkt betrachtet, i>t
die Entfernung, bis zu welcher man noch elektrische Energie übertragen kann, fa*
unbegrenzt. Aus wirtschaftlichen Gründen findet aber die Entfernung bei der-
jenigen Länge der Leitung ihre Grenze, bei welcher die Aufwendungen für Verzinsung
und Tilgung des Anlagekapitals, sowie für Unterhaltung, Bedienung und Erneuerung der
Fernleitungsanlage, zuzüglich des Arbeitswertes der Effektverluste in der Leitung selbst.
grösser sein würden als die Ersparnisse an Erzeugungskosten in dem fernliegender
Krafthause gegenüber der Erzeugung einer gleichwertigen Energiemenge in einem oder
mehreren in der Nähe des Konsumgebietes zu errichtenden Krafthäusern.
Bezeichnet man mit
K die Anlagekosten der Fernleitung, einschliesslich der Traiisfonna-
torenstellen,
§ 7. Fernleitungen. 1083
mit « den Vonhundertsatz von K, welchen man für die Verzinsung und
Tilgung, sowie für Erneuerung, Unterhaltung und Bedienung der Fern-
leitung jährlich aufzuwenden hätte,
mit At die in der Fernstelle zu erzeugende Energiemenge in KW-
Std. oder PS#-Std.,
mit Xj die auf At bezüglichen direkten und indirekten Einheitskosten der Er-
zeugung (vergl. Kap. I, § 5 „Wirtschaftliche Vorarbeiten" , Tab. XI bis XIII, S. 272—275)
pro KW-Std. oder PS.-Std. in Mk.,
mit A, die Energiemenge in KW-Std. oder PSe-Std., welche in einem in oder
nahe dem Konsumgebiet zu errichtenden Krafthause zu erzeugen wäre, also mit
Ax — Aj den Energieverlust in der Fernleitung,
mit x, die auf Af bezüglichen direkten und indirekten Einheitskosten der Er-
zeugung (vergl. Kap. I, § 5, Tab. XIX bis XXXI, S. 296—323 „ Betriebskosten von
Dampf-, Gas- etc-Maschinen) in Mk.,
so kann eine Fernleitung des Stromes vom wirtschaftlichen Gesichtspunkte noch ratsam
sein, solange K.«-j-A1x1<A1x2 ist, also die Anlagekosten der Fernleitung
i£ ^ &%*% At *t
9
sind.
Ebenso wie die wirtschaftlich noch zulässigen Gesamtkosten einer Anlage pro
Einheit sind auch die wirtschaftlich noch zulässigen Anlagekpsten einer Fern-
leitung pro Einheit sehr wesentlich sowohl von der durchschnittlichen, jährlichen Ver-
wendungsdauer, welche jede in Form von Wasserkraft verfügbare PS« findet, als
auch von den Preisen abhängig, welche man für eine zu übertragende PS#- oder
KW-Stunde, oder für eine PS« oder ein KW jährlich erzielen kann. Aus Tab. I,
Kap. I, S. 244/245, ad 18, ergibt sich, dass der Durchschnitt der Anlagekosten für
den hydraulischen Teil aus 17 Beispielen pro PSd der im Krafthause aufge-
stellten Leistung Mk. 448,3 beträgt. Die Erfahrung lehrt, dass man im allgemeinen
Veranlassung hat, mit besonderer Sorgfalt die wirtschaftliche Rentabilitätsberechnung
durchzuführen, wenn die Gesamtanlagekosten pro PS« der im Krafthause aufge-
stellten Leistung mehr als 1000 Mk. (mehr als 1500 Mk. pro KW) betragen. Da
im allgemeinen die Anlagekosten für die Fernleitung, die Transformatorenstellen und
das Verteilungsnetz zusammen nicht mehr als höchstens die Hälfte der Gesamtanlage-
kosten betragen sollten und da man die Kosten des Verteilungsnetzes bei einem Über-
schlag durchschnittlich — soweit es überhaupt zulässig ist, in dieser Beziehung von
Durchschnittskosten zu sprechen — etwa zu Mk. 450, — pro KW oder zu Mk. 300 pro
PS« der gesamten Krafthausleistung veranschlagen kann1), so wird es für den ersten
Überblick interessant sein, festzustellen, ob und inwieweit die Anlagekosten für die
Fernleitung und die Haupttransformatorenstellen zusammen unter Mk. 200
pro PS« oder unter Mk. 300 pro KW der im Krafthause aufgestellten Leistung (mit ca.
7s Reserve) bleiben. Selbstverständlich können gegebenenfalls sehr grosse Überschrei-
tungen der Durchschnittswerte wirtschaftlich vertretbar und andererseits sehr grosse
Abweichungen nach unten wirtschaftlich notwendig sein.
Darf man den gleichen Kupferquerschnitt und das gleiche Gestänge für die ganze
Leitungslänge l in m annehmen, so kann man die Anlagekosten K ausdrücken durch
l . k, wenn k die Kosten pro lfm bedeuten. Danach müsste also sein
J) VergL die Angaben 8. 264 über die Kosten von Verteilnngsnetzen , ebenso die Zahlentafel
anf S. 265.
1084 m. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
?<A'%7kAlXl. (2)
Ist der Kupferquerschnitt auf den Längen ^, 7f , fs . . . . verschieden und betragen die
betreffenden Anlagekosten pro lfm. Leitung kl5 k*, k8 usf., so gilt Gleichung (2) ebenfalls,
wenn man ^kj + i*> + hK + • ■ ■ = '-k setzt und da (lx + Z, + i, -|- ...) = Z ist,
wird k« ^ 'iV *7 iL 7 -L ' * * * ^ se*zen 8e™# 'e grösser also das Produkt
aus der nutzbringend verwendbaren Energiemenge Afl mal den Erzeugungskosten durch
Wärmemaschinen pro Einheit Xg (Kohlenpreis) und je kleiner die Erzengungskoeten
durch Wasserkraft pro Einheit und je kleiner ferner das Produkt *.k (jährliche Be-
triebskosten der Fernleitung pro lfm.) werden, um so länger darf eine Fernleitung sein,
ohne die wirtschaftliche Zweckmässigkeitsgrenze zu überschreiten.
Über Anlagekosten von Fernleitungen sind bereits im Kap. I, Tab. X, S. 264,
überschlägliche Angaben gemacht und in Kap. III, § 6 B (S. 1070 u. ff.) sind die Formeln
für die Berechnung der Kupferquerschnitte von Fernleitungen angegeben. Unter weiterer
Berücksichtigung der in diesem Paragraphen noch folgenden Mitteilungen wird sich der
Bauingenieur einen genügend genauen Überschlag über die- Kosten der Fernleitung
machen und alsdann eine wirtschaftliche Berechnung nach den Formeln (1) ' oder (2)
anstellen können (vergl. hierzu Abschnitt ö, S. 1095).
Eine der längsten Fernleitungen in Europa ist gegenwärtig noch diejenige der
Societä Lombarda per Distribizione di Energia Elettrica in Mailand,
mit welcher sie von der Transformatorenstelle der Societe des Forces Motrices
de B r u s i o (vergl. S. 359) an der schweizerisch-italienischen Grenze nach dem Konsum-
gebiet der Vizzola- und Turbigo-Anlagen (Abb. 227, S. 757) durch das Addatal
über Tirano, Morbegno, Collico, alsdann am Comersee vorbei 14000 KW mit
40—45000 Volt bis zur Unterstation Lomazzo auf 158 und bis zur Dampfzentrale
Castellanza auf rd. 170 km Entfernung überträgt.
Die französische Sociäte* Grenobloise de Force et Lumiere plant von ihrem Kraft-
hause am Drac bei Avignonnet (S. 497—507) eine Fernleitung nach Lyon von 180 km.
Die französischen Ingenieure Blondel, Harlä und Mahls) haben 1906 der französischen Regie-
rang ein Projekt unterbreitet, wonach sie in der Rhone bei G6nissiat eine Kraft von 288000 PS«
bei nennmonatlichem Wasser und mehr als eine Milliarde JLW -Stunden jlhrlich gewinnen und die-
selbe mit 120000 Volt auf 450 km nach Paris übertragen wollen. Die Kosten der Fernleitung
schliesslich der Transformatorenhaaptstellen sind sn 86000000 Frs. veranschlagt In dem
werden 24x12000 = 288000 PS« aufgestellt, sodass auf die Fernleitung pro PS« der im Krafihaase
aufgestellten Leistung nur Frs. 126,— entfallen. Ausserdem wurde dieses Projekt ein klassisches Bei-
spiel dafür sein, dass man, abgesehen von schnell verlaufenden Hochwassern, sozusagen jedea
Tropfen Wasser wirtschaftlich in 24stündigem ununterbrochenem Betriebe «Be-
nutzen kann, da in Paris selbst und in den von der Fernleitung berührten Orten ein genügender Bedarf,
sei es zur Auffüllung von Akkumulatoren, sei es für den direkten Verbrauch, jederzeit Tnrinndra
sein wird.
Die unternehmenden Gesellschaften der neuen Wasserkraftanlage bei Laufenburg am Rhein
(S. 19 und 8. 602) sollen mit ihrer Kraftverteilung Entfernungen von mehr als 200 km im Auge hall an
Die grösste Entfernung in der Hauptleitung der Washington Water Power-
Company in Spokane (Washington)8) von dem Krafthause bis zur UntersUtka
beträgt 158,0 km, wozu noch ca. 20 km für Verzweigungen kommen (S. 1108).
*) Houille Blanche, Revue Generale des Forces Hydro-lSlectriques. Januarheft 1907 S. 7
und Aprilheft 1907 S. 88.
8) Clarence Feldmann, Reisebriefe aus Amerika. Elekt Zeitechr. 1904 Heft 28 & 596.
Das Krafthaus liegt an den unteren Fallen des Spokane River und es liefert mit 21,6 m theoretischen
§ 7-
Fernleitungen.
1085
Die zurzeit längste Fernleitung der Welt dürfte noch diejenige vom Kraftwerk
De Sabla in Kalifornien bis nach San Franzisko mit 370 km (S. 12) sein. Bis
Oakland beträgt die Länge der Fernleitung 332 km. Die Kraftübertragung gehört
der Bay-Counties Company, welche Strom an die mit ihr verbundene California
Gas and Electric Corporation4) liefert. Die Spannung beträgt 55000 Volt
Gleichfalls der California Gas- and Electric-Corporation liefert die
Standard Electric-Company von einem Krafthause in Electra Drehstrom nach
San Francisco, Oakland und San Jose. Die grösste Länge dieser Fernleitung
von dem Krafthause bis zur nördlichen Umgebung von San Francisco beträgt 246,0 km.
Der Strom wurde früher als Drehstrom mit 36000 Volt geliefert. Die Spannung ist
aber später auf 55000 Volt erhöht worden, um die gegenseitige Unterstützung mit
dem Krafthause De Sabla zu ermöglichen. Die Leitungen beider Gesellschaften be-
rühren sich in einer Unterstation in Oakland und sind dort für gewöhnlich nur im
sekundären Verteilungsnetz vereinigt Es ist aber vorgekommen, dass, als einmal die
Druckwasserleitung in Electra gebrochen war, von De Sabla aus nach Electra,
d. h. auf rund 580,0 km Strom geliefert und der Betrieb mit genügender Sicherheit
durchgeführt wurde5).
Als weitere Anlagen mit ungewöhnlich hohen Spannungen und langen Leitungen
seien noch angeführt:
Tabelle L
Anlagen mit ungewöhnlich hoher Spannung and grosser Länge der Fernleitung.
Bezeichnung der Anlage
Länge in km
Gnanajnato Power & Electric Company, Mexico . .
Kern River Power Co. Los Angeles, Californien . .
Utah Light <fc Railway Co. Übertragung nach Satt
Lake City«)
Mexican Light 6 Power Co. Mexico (8. 1001) . . .
Winnipeg General Power Co. .
Niagara Power Co.
ric Developement Co. Ontario
Ontatio Power Company of Niagara Falls (S. 542)
Toronto A Niagara Power Co. (8. 548)
8000
10000
8ociedad anonima Hidroelectrica Espanola, Madrid *)
40000
10000
50000
205000
125000, wovon su-
nächst etwa 12000
nach Toronto-
Canada übertragen
werden sollen
828000)
•60000
67500
40000
60000
60000
60000
60000
60000 und
80000
60000
66000
162
176
145
176
96
149
149
120
240
Gefälle in swei Turbinen von je 4000 PS« bei 800 Tonren 8000 P8e. Der Strom wird als Drehstrom
mit 60 Perioden und 4000 Volt 8pannnng von den Maschinen geliefert und von den Transformatoren
mit Wasserkühlung auf 60000 Volt besw. 45000 Volt für die Fernleitung herauftransformiert.
«) The Electrica! Revue vom 2. September 1904. ffiektr. Zeitschr. 1904. 8. 1097. Elektr.
Bahnen und Betriebe. 1905. 8. 589.
*) Die elektrische Einrichtung wurde von der Stanley Electric Manufacturing Co. in
Pittsfeld, Mass. ausgeführt
•) Elektrische Bahnen und Betriebe. 1905. 8. 487.
7) s. Zt in Ausfuhrung durch die Siemens-Schuckert-Werke,
•) hei vollem Ausbau; vorläufig werden 16000 PS« aufgestellt.
1086 III. Theodor Koehn. Ausbau vom Wasserkraft». EmzBLBSHEar.
Die höchste bis heute in England verwendete Spannung nach Wissen des Ver-
fassers ist 40000 Volt, mit welcher das Scotch Water Power Syndicate von einem
8,0 km nördlich von Tarbet bei Inveruglas gelegenem Krafthause durch eine 35,2 km
lange oberirdische Fernleitung den Strom nach Benton überträgt9).
Eine Übersicht über die angewendeten Spannungen und die vorhandenen Langen
der Fernleitung bei 17 im Kap. II beschriebenen Anlagen gibt die nachstehende Tabelle IL
2. Die Wahl der Linie für die Fernleitung. Es versteht sich von selbst, dass
man die kürzeste Strecke zwischen dem Krafthause und der Verwendungsstelle zu
wählen bestrebt sein wird. Indessen Hindernisse, wie teurer Grunderwerb, Un-
wegsamkeit der Terrains, schlechte Bodenverhältnisse, Notwendig-
keit von Überführungen mit sehr grossen Spannweiten, Ortschaften
etc. können zu Umwegen eine wirtschaftlich und technisch berechtigte Veranlassung
geben. Für die billige Bedienung und die Unterhaltung der Leitung ist es von Wichtig-
keit, mit derselben in der Nähe von guten Wegen zu bleiben, damit man Ersatzmate-
rialien leicht heranbringen kann und mit einer möglichst kleinen Anzahl von Strecken-
wärtern auskommt. Wenn sich die Leitung in der Nähe guter Wege befindet, kann ein
Streckenwärter mit Hilfe eines Fahrrades eine Strecke von 20 und selbst 30 km ohne
Schwierigkeiten täglich beaufsichtigen. Muss der Wärter die ganze Strecke zu Fuss gehen,
so wird ein Mann nicht mehr als eine Strecke von 10 bis höchstens 12 km bewachen
können, da er in der Regel abends nach seinem Wohnort zurückkehren muss10).
Die Möglichkeit, etwaige Defekte in der Leitung mit grösster Schnelligkeit zu
beseitigen, erhöht die Betriebssicherheit.
Die Verlegung der Femleitung an belebten Fahrstrassen erfordert andererseits
unter Umständen besondere Schutzvorrichtungen oder die Verlegung von Telephon- und
Telegraphenleitungen etc., welche die Anlage so verteuern können, dass u. U. die Er-
werbung eines eigenen Planums für die Fernleitung vorzuziehen ist.
Für die Errichtung von Fernleitungen sind in Deutschland die „Sicher-
heitsvorschriften für die Errichtung elektrischer Starkstromanlagen
vom 23./24. Juni 1904" (festgesetzt von der Jahresversammlung zu Kassel des Verbandes
Deutscher Elektrotechniker) und im nachfolgenden Text kurz „Sicherheitsvorschriften*
oder „Verbandsvorschriften" genannt11), massgebend. Ähnliche Vorschriften be-
stehen auch in anderen Ländern und es ist für den projektierenden Ingenieur unent-
behrlich, diese Vorschriften zu kennen und ihren Wortlaut zur Hand zu haben. Bei
der zeichnerischen Darstellung des Projektes sind auch die vorgeschriebenen wörtlichen
und bildlichen Bezeichnungen für die einzelnen Teile der Leitungsanlage zu beachten
(vergl. auch Kap. I, § 2, S. 58—64).
Da der ohne eigenen Grunderwerb zur Verfügung stehende Raum an öffentlichen
Strassen es selten gestatten wird, die Masten soweit von der Strasse selbst entfernt zu
stellen, dass ein umfallender Mast nicht mehr auf die Strasse reicht, so wird man bei
freier Wahl die Leitung auf diejenige Wegseite (in Deutschland Ostseite) stellen, nach
9) Elektr. Zeitschr. 1904. S. 1098. Das Krafthaus entnimmt dem Loch Sloy 6000 PS«. Das
verwendete System ist Drehstrom. Von der Unterstation in Renton aus werden eine Reihe von Lndostrie-
besirken durch unterirdische Kabel mit elektrischer Energie (6—10000 Volt) versorgt
io) Far die Strecke Geniasiat— Paris von 450 km sind 50 Streckenwärter mit einem Lohnsatz
von je 1200 Frs. jährlich veranschlagt
ii) Dr. C. L. Weber, Erläuterungen zu den Sicherheitsvorschriften mit Abdruck der Vorschriften
im Auftrage des Verbandes Deutscher Elektrotechniker herausgegeben. Berlin 1905. Vom 1. Jan aar 1906
an treten neue Vorschriften in Kraft, welche in der Jahresversammlung in Hamburg am 5. bis
9. Juni 1907 festgesetzt und in der Elektr. Zeitschrift 1907 S. 882 u. ff. veröffentlicht sind. Sonder*
abdrucke erhalt! bei Julius Springer, Berlin.
§ 7.
Fernleitungen.
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III. Theodor Eoehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
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§ 7. Fernleitungen. 1089
welcher die grössten Sturme erfahrungsgemäß am Häufigsten wehen, damit ein um-
stürzender Mast nach der von der Strasse abgekehrten Seite fällt
Bezüglich der Starkstromleitungen an Strassen , Wegen und an Übergängen
schreiben „Die Vorschriften über die Herstellung und Unterhaltung von
Holzgestängen für elektrische Starkstromanlagen*1*) unter anderem das
folgende vor:
„Bei Leitungen, welche heftigen Stürmen ausgesetzt sind, soll auch in geraden Strecken jede
fünfte Stange mit Verankerungen (Verstrebungen) derart Yersehen sein, dass ein Auffallen der Stangen
auf die Verkehrswege infolge von Stangenbrüchen möglichst ausgeschlossen ist/
»An Strassen und Wegübergangen etc. muss bei- Hochspannungsleitungen auf jeder 8eite der
Strasse eine Stange stehen, deren Umfallen auf die Strasse durch Verstärkung der Verankerung oder
Verstrebung möglichst zu ▼erhindern ist. Ist der Gesamtquerschnitt der Leitungen grosser als 800 qmm
oder muss infolge besonderer Umstände, wie s, B. bei Flusaübergangen, su grosseren Stangenabständen,
als oben angegeben*8), gegriffen werden, so sind entweder Stangen von stärkeren Dimensionen oder
gekuppelte Stangen anzuwenden."
Wie weit die Kosten einer Fernleitung durch Übergänge von Wegen, Eisenbahnen»
Schluchten, Flüssen und Seen, welche grössere Spannweiten und besondere Schutzvor-
richtungen notwendig machen, beeinflnsst werden, l&sst sich ans dem Abschnitt 7, S. 1119
am besten entnehmen.
In § 23 ad m der alten und in § 22 ad k der neuen „Sicherheitsvorschriften"
ist bestimmt14):
«Wenn eine Hochspannungs-Leitung über Ortschaften, bewohnte Grundstücke und gewerbliche
Anlagen geführt wirdr oder wenn sie sich einem Verkehrswege soweit nähert, dass die Vorüberkommen-
den durch Drahtbrüche gefährdet werden können, müssen die Leitungsdrahte entweder so hoch ange-
bracht werden, dass im Falle eines Drahtbraches die herabhangenden Enden mindestens 8 m vom Erd-
boden entfernt sind, oder es müssen Vorrichtungen angebracht werden, welche das Herabfallen der
Leitungen verhindern oder welche die herabgefallenen Teile selbst spannungslos machen, oder es
müssen innerhalb der fraglichen Strecke alle Teile der Leitungsanlage mit ent-
sprechend erhöhter Sicherheit ausgeführt werden.*
Die Entfernung von Bäumen muss so gewählt werden, dass die Leitungs-
drähte mindestens 1,0 m von dem äussersten Ende der Zweige entfernt sind, wobei
auf das Wachstum der Bäume, auf Schneebelastung und Bewegung der Zweige und
der Drähte durch Wind Bücksicht zu nehmen ist. Das Ausästen der Bäume wird
vor dem Ziehen der Leitung veranlasst. Falls man mit einer Hochspannungs-
leitung einen Wald durchquert, muss mindestens, auch wenn die Leitung nur aus drei
Drähten auf einfachem Gestänge besteht, ein Streifen von 3,0 m Breite ausgeholzt
und freigehalten werden. Das Durchschreiten einer Strecke mit weichem Boden, wie
z. B. bei moorigen Wiesen, verteuert die Anlage nicht allein dadurch, dass die
Transportkosten wachsen, um Masten und Leitungen an Ort und Stelle zu bringen,
sondern besonders dadurch, dass man die Masten tiefer in den Boden hineinstellen
muss, sie also länger zu wählen hat, und dass man sie mit einer tragbaren Schicht von
Schotter oder Beton umgeben muss, damit der Druck gegen die Wände des Masten-
loches pro Flächeneinheit auf das für die betreffende Bodenart noch zulässige Mass
verringert wird. Dagegen ist die etwa erforderliche Erdung der Masten auf solchen
1*) Beschlossen in der Generalversammlung des Verbandes Deutscher Elektrotechniker in Mann-
heim (Juni 1903) und in der Generalversammlung der Vereinigung der Elektrizitätswerke in Wien
26. Mai 1903.
■
1*) Vergl. S. 1103 die Abstände nach den alten Bestimmungen.
i<) Der abweichende Text in den neuen Vorschriften ist gesperrt gedruckt.
Handbuch der Ing.-Witsenseh. HI. Teil. 13. Bd. 69
1090 III. Theodor Kofhk. Ausbau von Wasserkräften. Etazelheitek.
Sirecken meistens leicht zu erreichen, weil der Grundwasserspiegel nicht sehr tief unter
der Oberfläche zu stehen pflegt.
Auf Strecken mit felsigem Grund wird natürlich das Aussprengen der Masten-
löcher erheblich teurer, als wenn man das Mastenloch durch Bohrer oder dnreh Aus-
graben herstellen kann. Auch ist die Herstellung einer guten Erdung auf felsigem
Untergrund nicht so leicht zu erreichen wie bei weicheren Bodenarten.
Da alle Knickpunkte verstärkte Masten, Fangvorrichtungen für den Draht etc.
erfordern und dadurch die Anlage verteuern, wird man die Linie der Fernleitung so-
weit wie möglich gerade zu machen suchen.
Liegen im Zuge einer vorläufig gewählten Linie kleinere Ortschaften, in welchen
die Durchführung oberirdischer Leitungen nicht gestattet wird, so ist es im allgemeinen
vorzuziehen, die Orte mit einer oberirdischen blanken Leitung zu umgehen, anstatt sie
mit unterirdischen Kabeln zu. kreuzen, auch wenn die gewählte Spannung noch die Ver-
wendung von Kabeln gestatten würde. (Die höchste in längerem Betriebe befindliche
Spannung ist bis heute 20000 Volt, die Kabelfabrikanten erklären sich aber schon bereit
Garantien bis zu 40000 Volt zu tibernehmen.) Ein Kostenvergleich wird meistens ergeben.
dass das Kabel pro lfm. doppelt und dreifach so teuer ist als die Hochspannungsleitung
von der gleichen Leistungsfähigkeit. Überdies ist es mit Rücksicht auf die Betriebs-
sicherheit unerwünscht, in einer blanken Fernleitung streckenweise längere unterirdische
Kabel zu haben.
Die Kreuzung von Telephon- und Telegraphenleitungen erfolgt am
besten so, dass man die Linien der Schwachstromleitungen in einem oder mehreren
Kabeln vereinigt und unterirdisch unter die Hochspannungsleitung hindurchlegt. Soll
die Kreuzung oberirdisch erfolgen, so muss durch ein Schutznetz aus Eisendraht bei
einem Drahtbruch die Berührung der Schwachstromleitung mit der Hochspannungsleitung
unmöglich oder unschädlich gemacht werden, oder es müssen an der betreffenden Stelle
alle Teile der Leitungsanlage mit entsprechend erhöhter Sicherheit18) ausgeführt werden.
Ob man die Schwachstromleitung oberhalb oder unterhalb der Hochspannungsleitung
hinwegführt, hängt von der Zahl der Drähte in dem einen oder anderen Netz ab (vergl.
§ 23 ad s der alten und § 22 ad h der neuen Sicherheitsvorschriften). Man wird diejenige
Leitung überfuhren, bei welcher die Überführung die geringsten Kosten verursacht und
die Kreuzung möglichst rechtwinklig herstellen, um die induktiven Einwirkungen an der
Kreuzungsstelle und die Kosten der Schutzvorrichtungen tunlichst zu verringern. Der
geringste Abstand der Hochspannungsdrähte von den Schwachstromdrähten muss 2,0 m
betragen, wird aber meistens grösser gewählt. Für die Rücksichten, welche bei Ver-
legung von Hochspannungsleitungen auf Telegraphen- und Telephonleitungen zu nehmen
sind, ist in Deutschland das „Gesetz über das Telegraphenwesen des Deutschen
Reiches vom 6. April 1892* und das „Telegraphenwege-Gesetz vom
18. Dezember 1899" massgebend.
Wenn Schwachstromleitungen mit Erdrückleitung parallel mit Hochspannungs-
leitungen laufen, werden bei Entfernungen von 15,0 m und mehr zwischen den äussersten
Drähten bis zu 60000 Volt Starkstromspannung kaum noch betriebsstörende Ein-
wirkungen auf die Schwachstromleitungen vorkommen, solange die Starkstromleitung
intakt ist. Indessen die in dieser Beziehung gemachten und veröffentlichten Erfahrungen
weichen in ihren Ergebnissen noch stark voneinander ab.
1&) Vergl. die Normalien für Freileitungen ad III «Besondere Bestimmungen zur Vermeidimg
von Schatznetzen", gültig vom 1. I. 08 ab. Elektr. Zeitschr. 1907. S. 826.
§ 7. Fernleitungen. 1091
Bei der schon erwähnten Anlage der Washington Water Power Company in Spokane
(Washington) *•), hei welcher in der Hochspannungsleitung eine Spannung von 60000 Volt herrscht, liegt
in einer Entfernung von 12,0 m mehrere km parallel mit der Hochspannungslinie eine Telephonleitung,
welche nur Störungen erleiden soll, wenn ein Leiter der Hochspannung zufällig geerdet ist
Bei der Fernleitung der Urft- Tal sperre mit 34000 Volt ist grundsätzlich' der gegenseitige
Abstand von Hochspannung und Schwachstromleitung zu mindestens 10,0 m angenommen und durch-
geführt. Zwischen den Orten Heimbach und Unter-YIatten, wo die Hochspannungsleitung auf der einen
und eine eindrähtige Telephonleitang an der anderen Seite der Strasse 4,0 km nebeneinander verliefen
und an der engsten Stelle noch über 11,0 m voneinander entfernt lagen, ergab sich eine solche Beein-
trächtigung der Sprachbetriebe, dass die Fernsprechleitung doppeldrähtig ausgeführt werden musste.
Die Störungen bestanden in einem unausgesetzten, trompetenartigen Brummen, in andauerndem Fall der
Anruf klappen bei der in die Leitung eingeschalteten Vermittlungsstelle in Embken, in knallartigen
Geräuschen in den Fernhörern der Teilnehmerstellen sowie in häufigem Ansprechen der Wecker bei den
Sprechstellen und Verkehrsanstalten * ?).
Liegen an einem Wege, an welchem man eine Hochspannungsleitung verlegen
will, auf beiden Seiten Schwachstromleitungen, so wird man meistens dazu greifen, die
eine Schwachstromleitung zu verlegen und sie mit der anderen möglichst auf einem und
demselben Gestänge zu vereinigen. Lässt sich eine Entfernung von mindestens 15,0 in
zwischen einer Hochspannungsleitung und einer parallel laufenden Schwachstromleitung
mit Erdrückleitung nicht erzielen, . so muss man die Schwachstromleitung zweidrähtig
herstellen und sie in gewissen gleichen und symmetrischen Abstanden verdrillen, um die
Induktionswirkungen tunlichst aufzuheben. Statt der Verdrillung kann man auch zu
demselben Zwecke die Leitungen in gewissen gleichen und symmetrischen Abstanden
rechtwinklig kreuzen.
8. Das LeitungsmateriaL Die Fernleitung des hochgespannten elektrischen
Stromes erfolgt meistens in blanken Leitungen, welche auf Masten an Porzellanisolatoren
festgebunden sind-
Das bei weitem am häufigsten verwendete Leitungsmaterial ist mittelhart
oder hartgezogenes Kupfer. Für die höchst zulässigen Stromstärken in isolierten
und blanken Eupferleitungen hatte der Verband Deutscher Elektrotechniker die in
der nachstehenden Tabelle wiedergegebenen Normalien aufgestellt. Die angegebenen
Stromstärken für blanke Eupferleitungen werden in der Praxis schon mit Bücksicht auf
die Energieverluste meistens auch für Freileitungen als höchstens zulässig angesehen,
wenngleich in den alten Verbandsvorschriften § 5 ad b gesagt war: „Auf Freileitungen
finden die vorstehenden Zahlenbestimmungen keine Anwendung.*
Auch die neuen Vorschriften geben in § 20 bezüglich der zulässigen Belastung
keine zahlenmässigen Vorschriften, sondern stellen nur als allgemeine „Auaführungsregel"
den Satz auf:
»Solehe Leitungen sind in jedem Falle so zu bemessen, daas sie durch den stärksten normal
vorkommenden Betriebsstrom keine für den Betrieb oder die Umgehung gefährliche Temperatur an-
nehmen können."
Aus besonderen Gründen können bei Fernleitungen ausser Kupfer auch andere
Leitungsmaterialien, wie z. B. Eisen, Siliziumbronze, Aluminium und Aluminiumbronze etc.
verwendet werden. Mitunter (bei sehr grossen Spannweiten) sind grössere Zugfestigkeiten
des Materials pro qmm notwendig, als Normalkupfer aufweist, sodass schon deshalb die
Wahl eines anderen Materials geboten ist. Für die Verwendung von Aluminium an
Stelle yon Kupfer spricht besonders seine grössere Billigkeit.
i«) Clarence Feldmann, Reisebriefe aus Amerika. Elektr. Zeitschr. 1904. Heft 28. S. 598.
17) Archiv für Post nnd Telegraphie Nr. 8. Februar 1906. 8. 77 und Elektr. Zeitschr.
1906. Heft 25. S. 590.
69»
1092
III. Theodor Koehx. Ausbau von Wabbkbkbäftkk. Eihzblhkiteh.
Höchste zulässige Betriebs-Stromstärke für oberirdische Leitungen").
Querschnitt
in qmm
0,75
1.0
W
2,5
4,0
6,0
10,0
16,0
25,0
85,0
50,0
70,0
Ampere
fttr isolierte I für blsnke
Leitungen
Querschnitt
in qmm
Ampere
für isolierte I Ar blinke
Leitungen
4
6
10
15
20
30
40
60
80
90
100
180
4
6
10
15
20
30
40
60
80
90
100
140
95
120
150
185
240
310
400
500
625
800
1000
165
200
285
275
880
400
500
600
700
850
1000
190
240
800
870
480
620
800
1000
1250
1600
2000
In Amerika hat z.B. die Standard Electric Company von ihrem Krafthanse in Hedn
auf 246 km Drehstrom (früher mit 86000 Volt, neuerdings mit 55000 Volt) nach San Francisco m
8 Alnmininmkabel von je 100 qmm Querschnitt geleitet.
Die Zugfestigkeit des Aluminiums ist kleiner als die des hartgezogenen Kupfers l9). DesbÄ
wurde bei der erwähnten Anlage noch eine zweite Leitung in 8,0 m Abstand von der ersten und arf
der gleichen Leitfähigkeit als oberirdisches Kupferkabel verlegt, sodass man wenigstens isnner w
Leitung zur Verfügung hat.
Bei dem Lechwerk-Gersthofen wurden zur Leitung und Rückleirung des Stromes uck
den ganz in der Nähe der Krafthäuser liegenden Fabriken in einem unterirdischen Kanäle je 16 Ab»
niumschienen von 18,5/120 mm verlegt (S. 569),
Bei der Fernleitung des Wasserkraft -Elektrizitätswerkes Hagneck ist versuchsweise esc
1 km lange Strecke der Fernleitung aus Aluminiamdrähten hergestellt (S. 479).
Bezüglich der Verwendung unterirdischer Kabel für den Transport von Energie,
welche für grosse Entfernungen wegen der hohen Kosten der Kabel selbst und ihm
Verlegung kaum in Frage kommen, kann auf Abschnitt 12 verwiesen werden.
Der Ohmsche Widerstand w eines Drahtes in Ohm ist gleich des
spezifischen Widerstand des Materials in Ohm, multipliziert mit der
Drahtlänge l in m und dividiert mit dem Querschnitt q des Leiters ic
qmm. Also w für Kupfers©
l . 0,0176
&
l
in Ohm.
q 57. q
Unter Leitfähigkeit ist nach den Festsetzungen des Verbandes der reziproke
Wert des spezifischen Widerstandes, also dem Zahlenwerte nach die Anzahl Meter
Draht auf 1 Ohm und 1 qmm Querschnitt verstanden.
In der nachstehenden Zahlentafel10) sind der spezifische Widerstand ii
Ohm, die Leitfähigkeit bei 15° C, die Widerstandszunahme in °/oo pro 1° C. und is
spezifische Gewicht für verschiedene Leitungs-Materialien angegeben. Für die Berechnung
der Leitungsquerschnitte werden meistens die Zahlen der Spalten 2 und 4 zugrunde gelegt
19) Hirsch-Wilking, Elektroingenieur-Kalender 1904. 8. 129. Dr. C. Weher, Erllnteraafli
zu den Sicherheitsvorschriften etc. 1905. .8. 89.
19) Die vom 1. Januar 1908 ah gültigen «Normalien für Freileitungen" lassen hei hartgesegaa«
Kupfer 12 kg/qmm, hei Aluminiumdraht bis zu 9 kg 'qmm Zugbeanspruchung zu. Elektr. Zeitschr. M
S. 825. Die »Normalien für Freileitungen11 sind in Sondeiabdrttckeu bei Julius Springer, Berlin, Xoskj*
Platz 8 käuflich.
so) F. Uppenborn: Deutscher Kalender für Elektrotechniker. 1905. S. 146.
§ 7.
FEBKLKITU90SN.
1098
Spezifisches Gewicht, spezifischer Widerstand and Leitfähigkeit verschiedener
Materialien.
Bezeichnung des Metalls
Spezifischer
Widerstand in
Ohm hei 15° C.
auf 1 m Länge
und 1 qmm
Qaeraeknitt
Zanahme
pro 1* G.
W&rmezunahme
in Tausendsteln
Leitfähigkeit
hei 15°
Spezifische
Gewicht
1
Aluminium gewallt . . .
Eisen rein
Eisentelegraphendraht . .
Stahlsehienen
Blei gepresst
Graphit und Retortenkohle
Reines Kupfer
•»-k i \ normal
Dentches I . ,
-. - } weich . .
KuPfer I hart . . .
Englisches * . ,
R. "V. ,. . I weich
otanoaraismg > ^^
Committee-Knpfer '
Nickel
Fiatin
Qnecksiher
Messingdrabt (SO°/o Zinn) .
8
0,92874
0,104
0,185
0,108-0,224
0,20
18-100
0,0162
0,01667
0,0178
0,0175
0,0168
0,0172
0,11-0,18
0,094
0,958
0,085-0,065
8,7
4,8
4,8-4,5
8,7
0,8-0,2
4,0
4,0
4,0
4,0
402
4,02
4,0-8,0
2,85
0,878
1,2-2,0
84,8
9,6
7,4
9,7-4,5
5,0
0,08-0,01
etwa 62
60
58,1
57,0
59,4
58,8
9,0-7,5
10,7
1,049
12-15
2,70
7,86
7,65
11,87
2,8-1,9
8,918
8,918
8,918
8,918
8,918
8,9
21,5
18,55
8,8
4. Die wirtschaftlich günstigste Spannung für die Fernleitungen, In dem § 6,
B. Die elektrische Einrichtung der Krafthäuser, S. 1070, ist bereits hervorgehoben, dass
die Technik heute Spannungen bis zu 80000 Volt in allen Einzelheiten beherrscht und
in Tabelle I, S. 1085 sind eine ganze Reihe von Anlagen namhaft gemacht worden, bei
. denen Spannungen von 60000 Volt und mehr zur Anwendung gekommen sind. Neuer-
dings hat Thury (S. 460 u. S. 1084) bei Genf Versuche mit Spannungen von 120000 Volt
gemacht, bei denen sich noch eine genügende Isolation ergeben haben soll
Schon bei Spannungen von 40000 Volt fangen die Drähte in der Dunkelheit
zu leuchten an, und es treten bei feuchtem Wetter starke Entladungserscheinnngen an
den Isolatoren auf11). Allgemein verwendbare, genauere Angaben über die Energiever-
luste durch diese Erscheinungen liegen nach Wissen des Verfassers bis heute noch nicht
vor. Immerhin bieten die folgenden Angaben von Robert M. Friese") über die Energie-
verluste in Watt an einer Hochspannungsglocke nach dem Deltatyp der Porzellanfabrik
Hermsdorf-Klosterlausnitz (Taf. LXXXI, Fig. 2) gute Anhaltspunkte.
21) Dr. Gustav Benischke, Die wissenschaftlichen Grundlagen der Elektrotechnik. Kap. 14.
Ferner von demselben Autor, Das elektrische Verhalten der Freileitungsisolatoren und ihre Beur-
teilung. — Elektr. Kraftbetrieb und Bahnen 1908. Heft 3. S. 41 n. ff. mit zahlreichen Abbildungen
solcher Entladungen.
«) Robert M. Friese, Elektr. Zeitechr. 1908. S. 1080. Ferner von demselben Autor,
Das Porzellan als Isolier- und Konatruktions-Material in der Elektrotechnik. 1904. S. 90 n. ff.
1094 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Wattverlust in Hochspannungsglocken durch Randentladungen bei stimmenden
Regen.
Spannung zwischen Bund und Stütze des v *„ . . w ,.
Isolators bei Wechselstrom und 50 Perioden verlost m Watt
5000
10000
15 000
20000
25000
80000
35 000
40 000
45000
50000
Es ist hierbei zu beachten, das* W®>
bei gutem Zustande der Leitung*- 0.098
anlag« dio Spannung zwischen __.
Bund und Stütze bei Emphasen- 0,220
ström nur -=-, bei Drehstrom 0,892
E 0,612
= - -. r der Betriebsspannung S A 000
V3 0,oo2
betragt Nor wenn nach Brach -i aaa
eines Isolators ein Draht auf i,*w
die Stfitae fallt, kann die rolle 1 568
Betriebsspannung zwischen
Bund und btütre zur Geltung 1,985
kommen. a AKfi
Aus dieser Tabelle ergibt sich, dass die Verloste bei dem untersuchten Deltatyp
ungefähr im Quadrat der Spannung zunehmen.
Für die Wahl der Betriebsspannung gilt als sogenannte Faustregel in der Praxis
vielfach, dass man bei 1,0 km mit 1000 Volt beginnend, die Spannung mindestens um
so viel mal 500 Volt erhöht, als die Fernleitung Kilometer länger ist, sodass man bei
80 km 40500 Volt haben würde. Aus den auf S. 1070 u. ff. mitgeteilten Formeln
(für die Berechnung des Querschnitts, der Energieverluste und des Spannungsabfalls von
Fernleitungen) geht hervor, dass die Kupferkosten einer Fernleitung im umgekehrten
quadratischen Verhältnis zu der Spannung stehen. Wenn man also einen
Kupferquerschnitt q bei 10000 Volt berechnet hätte, so würde der Querschnitt der
Leitung bei 20000 Volt nur q/4 zu sein brauchen. Auf S. 1079 — 1081 sind Einzelpreise von
elektrischen Maschinen, in Kap. I, Tab. VIII, S. 260 zusammenfassende Preisangaben
für die ganze elektrische Einrichtung von Krafthäusern und in Tab. IX, S. 261 von
Transformatorenanlagen gegeben. Auf S. 259 sind ferner Angaben hinzugefugt, wie
ungefähr die Preise der elektrischen Einrichtungen des Krafthauses und der Trans-
formatorenanlagen von der Spannung abhängig sind.
Von der Spannung sind theoretisch die Kosten des Gestänges insofern abhängig,
als mit wachsender Spannung die Drahtquerschnitte, also auch die Drahtgewichte ab-
nehmen, die Beanspruchungen demnach kleiner werden und das Gestänge schwächer und
billiger werden könnte. Andererseits werden aber die Isolatoren und ihre Stützen
schwerer und die höhere* Spannung erfordert meistens grössere Aufwendungen für
den Schutz benachbarter Schwachstromleitungen, auch wird die Montage etwas teurer«
sodass man im Endresultat die Kosten des Gestänges als fast unabhängig von der
Spannung bezeichnen darf. Erheblicher werden durch die Spannung aber die Kosten
der Isolatoren und deren Halter beeinflusst (vergl. Abschnitt 8).
Trägt man in einem Koordinatensystem auf der X-Achse die Spannungen in Volt
auf der Y-Achse die Kupferkosten K = q.y1.k.Z.n in] Mk. auf (hierin bedeuten q
den Querschnitt eines Drahtes in qmm, yx das Gewicht von 1000 cbmm Leitungs-
material in kg — (für Kupfer yY = 0,00891) — , k die Kosten des Kupferdrahtes
pro kg in Mk. frei Baustelle, l die einfache Drahtlänge in m und n die Zahl
der Drähte), so entsteht, wenn man etwa für 4 bis 5 verschiedene Spannungen die
Kupferkosten berechnet und aufträgt, eine Kurve wie z. B. die Kurve I in Abb. 410.
Wenn man dann in demselben System die Kosten der Maschinen und Transformatoren
durch die Kurve II und die Kosten des Gestänges, der Montage und der Isolatoren etc. in
Kurve III, — beide Kurven gleichfalls in ihrer Abhängigkeit von der Spannung, — dar-
§ 7. FsB*LnnnraEir. 1096
stellt, die Kosten ad I, II, III addiert und die 2(1 + II |- III) in einer Karre IV zur
Darstellung bringt, so wird der Scheitelpunkt dieser Kurve die günstigste Spannung
Aas Rücksicht auf die Festigkeit der Kupferdrähte sollen nach § 5c der alten
und § 20 ad 3 der neuen Sicherheitsvorschriften Kupferdrähte von weniger als 10 qmm
Querschnitt bei Hochspannungsleitungen nicht verwendet werden; es ist damit also bei
kleinen Leistungen eine Begrenzung der Spannung gegeben, da es zu keinen Ersparnissen
an Kupfer fuhren würde, die Spannung zu erhöhen.
Hit der Umformung des Stromes von einer Spannung in die andere sind stet«
Effektverluste verbunden. Geschieht
.- ,u„ „:„ u-.; w^k».!«*.«.« j„»~t, AN>- *w- Zeichnerische Ermittlung der wirtschaftlich
dieselbe wie bei Wechselstrom durch gumtigsten Spannung ein« Fernleitung.
Transformatoren, so sind die Verluste
zwar gering (etwa 2— 3>, S. 1047),
aber die Verlaste hören auch dann nicht
ganz auf, wenn die Leitung unbelastet /*A?
ist. Bei der Umformung von Wechsel-
strom in Gleichstrom durch sogen, ro-
tierende Umformer beträgt der Verlust
je nach der Belastung etwa 6— 16 %,
bei der Umformung von Wechselstrom
in Gleichstrom oder von hochgespanntem
Gleichstrom in niedriger gespannten 9O00O° '
Gleichstrom durch aneinander geknp- aoaoao'
pelte Motoren und Stromerzeuger wird 700000 ■
der Verlust je nach der Belastung 60000a •
12—30% betragen. Dieser Umstand sooooo-
in Gemeinschaft mit der Rücksicht auf l^OO0O .
die Ersparnis an Anlagekosten war die 300000.
Veranlassung, weswegen man bei einer
Reihe von Anlagen bestrebt gewesen ist, teo°oo-
die Maschinen Spannung so hoch zu f 00000 •
wählen, dass eine Transformierung des
Stromes in dem Krafthanse entbehr-
lich wurde. Die in § 6A (S. 1003)
gegebene Tabelle gibt eine diesbezüg-
liche Übersicht. Über die Höhe der
Spannung, bis zu welcher Wechsel-
stromerzeuger mit vollkommener Betriebssicherheit gebaut werden können oder ans
betriebstechnischen Gründen am besten gebaut werden sollten, gehen die Ansichten der
Elektrotechniker zurzeit noch auseinander (vergl. S. 1044). Erinnert sei hier daran, dass
die Drehstromerzeuger in dem Krafthau ee Morbegno den Strom direkt mit 20000 Volt
erzeugen und seit Jahren ohne Anstand laufen. Allerdings beträgt bei diesen Ma-
schinen die Periodenzahl nur 15 und die Kupferquerschnitte sind so gross gewählt, dass
eine schädliche Erwärmung ausgeschlossen ist (vergl. S. 394). Infolgedessen sind die
Maschinen verhältnismässig teuer geworden.
*■) Carl Fred. Hulmboo, Berechnung and Ausführung der Hochapannangsfernleitangen.
Berlin 1905. S. 52.
1096 m. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
5. Der wirtschaftlich günstigste Drahtquerschnitt, abgeleitet ans dem wirt-
schaftlich günstigsten Wirkungsgrad der Fernleitung. Nachdem auf Grand der An-
gaben im Abschnitt 4 eine wirtschaftlich günstigste Spannung rechnerisch und graphisch
ermittelt und eine vorläufige Wahl der Spannung getroffen ist, wäre noch die Frage nach
dem wirtschaftlich günstigsten Kupferaufwand für die Leitung zu stellen, soweit
derselbe von dem Wirkungsgrad (Energieverlust) in der Fernleitung abhängig ist
In Wirklichkeit schwankt der Energiebedarf während des Betriebes in weiten
Grenzen und zwar sowohl innerhalb eines Kalendertages als auch innerhalb der einzelnen
Tage des Jahres, und jedem verschiedenen Belastungszustande entspricht auch ein ver-
schiedener Wirkungsgrad der Fernleitung. Man kann in den wirtschaftlichen Berech-
nungen aber nicht alle diese Schwankungen einzeln betrachten, sondern wird sie durch
eine passende Wahl eines Durchschnittswertes Aa berücksichtigen müssen. Auf Grund
der wirtschaftlichen Vorarbeiten wird man sich ein vorläufiges Bild über den durch-
schnittlichen gleichzeitigen Bedarf an Energie A8 in KW an den Transformatorenstellen
des Konsumgebiets, d. h. also am Ende der Fernleitung zu machen haben. Bei Wechsel-
stromanlagen wird fast immer auf konstante Spannung am Ende der Fernleitung
reguliert (S. 1041) und die Schwankungen im Energiekonsum werden durch die schwankende
Stromstärke J und durch die Regulierung der Dynamospannung ausgeglichen. Man
wird bei Feststellungen des Bedarfs in einer projektierten Anlage in der Begel einen
mehrjährigen (5 — 10 jährigen) Abschnitt nach der Betriebseröffnung ins Auge fassen
und das erste Betriebsjahr nach der Betriebperöfihuug, welches meistens vorübergehende,
anormale Zustände zeigt, ausscheiden. Ob man dann den voraussichtlichen Betriebs-
zustand im letzten Jahre des betrachteten Zeitabschnitts zugrunde legen will oder
einen durchschnittlichen Zustand während desselben, hängt von den besonderen
Verhältnissen ab. Im erstgenannten Falle würde der Leitungsquerschnitt für
die Jahre bis zu dem letzten, welches der Rechnung zugrunde gelegt wurde, vom wirt-
schaftlichen Standpunkte aus zu gross sein und das Zuviel der in v. H. der Anlagekosten
ausdrückbaren Betriebskosten der Fernleitung würde bis zu dem Endjahre das wirt-
schaftliche Ergebnis ungünstig belasten. Dagegen würde der von dem Wirkungsgrad
der Fernleitung herrührende Verlust an Arbeitsfähigkeit (vorausgesetzt, dass der Kraft-
bedarf allmählich von Jahr zu Jahr wächst) von einem kleineren Wert im ersten Betriebs-
jahre erst allmählich zu der für das letzte Betriebsjahr eines gewählten Zeitabschnittes
angenommenen zahlenmässigen Höbe anwachsen. Nimmt man dagegen ein durch-
schnittliches Jahr als Grundlage, so würden die Leitungskosten dem durch-
schnittlichen Kraftbedarf entsprechen, also die Anlagekosten kleiner und demnach
auch die in v. H. der Anlagekosten ausgedrückten Betriebskosten kleiner werden als
im erstgedachten Falle. Die Wertverluste an Arbeitsfähigkeit in der Fernleitung wurden
in den ersten Jahren zwar auch kleiner, in den letzten Jahren aber grösser als der
zugrunde gelegte Durchschnitt sein.
Wenn die Wasserkraft im Verhältnis zu dem Kraftbedarf im Konsumgebiet reich-
lich gross ist, und wenn auch keine günstigen Aussichten vorliegen, neue Abnehmer in
absehbarer Zeit heranzuziehen, oder wenn über einen gewissen Konsum Hinaus für den
Rest der Energie nur schlechte Preise zu erzielen sind, kommt es auf den Energieverlust
in der Fernleitung selbst weniger an. Die Erzeugungskosten im Krafthause wachsen
bei Wasserbetrieb nicht erheblich dadurch, dass man anstatt A, . a KW-Stunden jährlich
A«
— . a KW-Stunden erzeugt, sofern man mit den aufgestellten Maschinen noch die Lei-
§ 7. Fbrstleitungen* 1097
A
stuug tmax bewältigen kann. A^au bedeutet hierbei die höchste Belastung, welche vor-
kommen kann und t]m den Wirkungsgrad der Fernleitung für die Belastung Aim%Xl aus-
A.
gedrückt in v. H. — ist 22 Aj £ü der durchschnittlichen Maschinenleistung indem Kraft-
hause. Der durchschnittliche Verlust in der Leitung ist demnach = A, ( 1).
Umgekehrt wenn die Wasserkraft im Verhältnis zum Bedarf klein ist und
eine sehr grosse Ausnutzungsdauer (in Stunden pro Jahr ausgedrückt) erwartet werden
kann, so hat man ein wirtschaftliches Interesse daran, Leitungsverluste nach Möglichkeit
zu vermeiden, denn man wird verhältnismässig hohe Preise erzielen können und der
durch den Energieverlust in der Leitung verursachte Verlust in Mk. wird einen ver-
hältnismässig grossen Betrag ausmachen.
Wenn einer Kraftquelle die Versorgung eines gewissen Konsumgebietes mit Kraft
obliegt, so muss der Unternehmer, sei es auf Grund von Verträgen, sei es durch die
Macht der Verhältnisse gezwungen, dem auftretenden schwankenden Bedarf auch dann
entsprechen, wenn dieser Bedarf zeitweise unerwünscht kommt, und er muss unter Um-
ständen zu dem Aushilfemittel der Reserve in Wärmekraftmaschinen greifen, wodurch
die Anlage und die Erzeugungskosten wachsen. Nach den Angaben S. 18 und 322
hatten am 1. April 1905 von 362 im Betriebe befindlichen deutschen Wasserkraft-
Elektrizitätswerken 237, also rund 65%, Reserven in Wärmekraftmaschinen.
Der letztgenannte Gesichtspunkt würde u. U. bei den Annahmen der Zahlenwerte
für Xg (S. 1098) in dem nachstehend erläuterten Rechnungsgange zu berücksichtigen jsein.
Der Wert des jährlichen Verlustes an Arbeitsfähigkeit in der Fernleitung lässt
sich angenähert ausdrücken durch
V= A, . (- — l) . a . *x in Mk., (1)
worin bedeuten:
A« die durchschnittliche gleichzeitige Leistung am Ende der Fernleitung in KW,
a die durchschnittliche Betriebsdauer in Standen,
*, den durchschnittlichen Nutzwert (Einnahme abzüglich Ausgabe) einer KW-Stunde in Mk.
Um die sehwankenden einzelnen Bedarfszustände zunächst angenähert (vergl.. Glei-
chung 22) zu berücksichtigen, würde zu setzen sein, da a = a' -f- a" + &*' ist,
_V.a' + A,".a" A,»'a°'
*■ a' + a"... a*' ' w
Ausser dem direkten Wertverlust an Arbeitsfähigkeit xl1 welcher u.U. gleich
0 werden kann, entsteht dadurch ein Verlust, dass man in dem Krafthause die in der
Leitung verloren gehende Energiemenge erzeugen muss. Bei Ermittlung der Erzeugungs-
kosten wird man die indirekten Betriebskosten nicht zu berücksichtigen
haben, sofern. wegen der Mehrerzeugung von
keine Erweiterung der Anlage nötig wird. Die wegen der stärkeren Be-
lastung der Maschinen theoretisch erforderlichen grösseren Rücklagen in den Erneue-
rungsfonds kann man, weil sie unerheblich sind, bei diesen Rechnungen vernachlässigen,
um sie nicht unnötig kompliziert zu machen. Für reine Wasserkraftanlagen würden
also die Betriebskosten nach Anleitung der Tabellen XI bis XIII (S. 272 — 275) zu be-
rechnen und hierin nur die direkten Betriebskosten in die Rechnung einzufügen sein.
1098 III. Theodor Koehv. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheitkx.
Bei Erzeugung durch Wärmekraftmaschinen wäre nach Anleitung der Angaben in den
Tabellen XIX bis XXVI (S. 296 bis 307) zu rechnen. Findet der Betrieb als gemischter
Betrieb von Wasserkraft und Dampfkraft statt, so können die Tabellen XXX und XXXI
(S. 318—321) als Anleitung dienen.
Bezeichnet man diese Kosten für die Erzeugung der Energiemenge A, ( 1]
pro KW-Stunde mit Xj in Mk., so würden infolge des Effektverlustes in der Fernleitung
in Geldeswert ausgedrückt
Pi=Af(^-l).a(x1+^)Mk. (5)
verloren gehen.
Es fragt sich nup, welcher Wert von t] ist der wirtschaftlich günstigste?
Für eine Drehstromanlage mit drei Kupferdrähten ist der sogenannte
Ohmsche Energieverlust, welcher für die beabsichtigte Rechnung allein in Betracht
kommt, nach (12) S. 1075 :
3J». w = Af 1000 (- — l) in Watt. (6)
Es ist w = v7r- in Ohm = dem Ohm sehen Widerstand eines Drahtes (S. 1092).
57 q
l seine Länge in m, q bedeutet den Querschnitt in qmffl und Aa die Leistung in KW.
Es ist ferner bei Drehstrom mit drei Drähten die Stromstärke pro Draht
in Ampfcre (vergl. Formel (6) S. 1074)
▼ Ag . 1UUU .-»
_ Eji/Scosfl/
wenn E, die Betriebsspannung in Volt am Ende der Leitung, gp, den <£ der Phasen-
verschiebung zwischen Strom und Spannung am Ende der Leitung und Af die Leistung
in KW bedeuten. Demnach wird der Energieverlust
yiooo
Ej V3 cos <p2
~ =A* . 1000 (- - l) in Watt (8)
'57q -■ \fj
und der Querschnitt eines Drahtes
A2M000 /n
q = l j- c- in pm. (9}
57.(Etcos9)2)«(i-l)
Es betragen, wenn die Leistung At in KW ausgedrückt wird, die Kupferkosten der
Leitung mit 3 Drähten für Dreh ström
KD = 3q.yi.k.J = — IMLy^'1^00 in Mk., (10)
Q . . SAoPy.k.lOOO
57.(E,cos9)a)«(i-l)
worin yx das Gewicht von 1000 cbmm Kupferdraht in kg und k die Kosten für 1 kg
Kupferdraht in Mk. bedeuten.
Wenn man die jährlichen indirekten Betriebskosten der Fernleitung
(Verzinsung, Erneuerung und Tilgung) in v. H. der Anlagekosten für Kupferdraht
ausdrückt, und den Faktor mit e bezeichnet, so werden die jährlichen Betriebskosten
der Fernleitung:
p = 3A8Pyik.g.10Q0 = '£
57.(1^ cos y,)*(^-l) (~-lj*
§ 7. Fernleitungen. 1099
Da die für die Verzinsung, Tilgung und Erneuerung des Gestänges und der
Isolatoren, sowie für Unterhaltung und Bedienung der Fernleitung aufzuwen-
denden Betriebskosten nicht von dem Wirkungsgrad, den man zulassen will, abhängen,
so können dieselben durch eine Konstante C ausgedrückt werden. Es werden also die
indirekten Gesamtbetriebskosten der Fernleitung
P=Tr^-v + C (IIa)
Die jährlichen durch die Energieverluste in der Fernleitung verursachten Verluste
an Arbeitsleistung in Mk. waren nach Formel (5), wenn A8 in KW ausgedrückt wird:
Pi«At(^l)ft+*).al (12)
wofür zur Vereinfachung der Schreibweise £ ( 1 ) gesetzt werden mag.
Es muss nun für den günstigsten Wert von ij die Summe
^ + Pi=7T-^+l(z-l)+C (13)
&"«->♦•
n
ein Minimum, also der erste Differentialquotient = 0, und der zweite Differentialquotient
positiv werden.
Betrachtet man anstatt t] allein, zunächst den Ausdruck ( 1] als Variable
und setzt ( 1 ) = Z
und den ersten Differentialquotienten von (13) = 0, so ist
0 = =£ + f, (14)
also der wirtschaftlich günstigste Wert von Z für Drehstrom
/ 1 A = l/t — j/ S.F.ftk.«.!«»
V"*?d / y§ |/57.(E8.cos%)«.a.(xl+xf)'
Da der zweite Differentialquotient positiv wird, so handelt es sich um ein Minimum,
und der günstigste Wirkungsgrad der Leitung für Drehstrom mit drei Drahten muss sein
in v. H, ifo = — ,-= = — , = (15)
1/I+1 ^
+ 1.
67 (E, . cos ?>,)*. a fo -\-x,)
Demnach der wirtschaftlich günstigste Querschnitt eines Drahtes bei Drehstrom
(vergl. 9)
A^.IOOO -,/ a . fo + x,) . 1000 . ,1ß,
q = ! = A, / -„-„JPZZLm - .. - m <lmm- (16)
57(E2.cos?>i)«(i-l)
zä^V
3 X 57 (Ej . cosq^Y . yx . k . e
Es bedeuten also hierin A2 die durchschnittliche Leistung am Ende der Leitung in
KW, a die Betriebsdauer in Stunden, ^ den Nutzwert (Einnahme — Ausgaben) einer
KW-Stunde in Mk., k, die Erzeugungskosten einer KW-Stunde in Mk. (wofür in der
Regel hier nur die direkten Kosten einzusetzen sind) (vergl. S. 1097), E, die Spannung
in Volt, (p2 den ^C der Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung am Ende der
Fernleitung, yx das Gewicht von 1000 mm8 Leitungskupfer in kg (=0,0089), k die
Kosten von einem kg Kupferdraht in Mk., e der Satz mit welchem nach Division mit
1100 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheitkn.
100 zur Deckung der Verzinsung, Tilgung und Erneuerung des Kupferdrahtes seine An-
schaffungskosten zu multiplizieren sind.
Für Einphasenwechselstrom wird der wirtschaftlich günstigste Wirkungsgrad
% = I 9»1 l — (17)
f 57 (E, cosy,)» a fa +>**) ^
und für Gleichstrom
*• ~ / o»1 ,, (18)
Kö7E,«a(x1+xl) + 1
wonach sich die Formeln für den Drahtquerschnitt von selbst ergeben.
Es war nach Formel 4 zunächst die durchschnittliche Leistung A, ohne Rücksicht
auf den Wirkungsgrad berechnet. Da aber die Leistung bei gegebenem Querschnitt tob
dem Wirkungsgrad abhängt und letzterer mit wachsender Leistung abnimmt, mit
fallender Leistung aber bis zu dem Werte von 1 zunehmen kann, so ist noch eine
Korrektur nötig. Hat man zunächst einen Wert für fj und mit Hilfe desselben einen
Wert für den Querschnitt q berechnet, so kann man nun eine genauere mittlere
Leistung berechnen, indem man eine zweite N&herungsgleichung aufstellt von der Form
(AJ.a(i-l)-V.»/(^-l)+V/.*"(^-l)+-.+Atr.»>f(^— l) CM)
Wenn für A,', Af" und At*' auf Grund der wirtschaftlichen Vorarbeiten, wie oben ge-
schehen, Annahmen gemacht werden, kann man für Drehstrom aus (8) die Werte
von tf, t]" .. . ff' u.s.f. unter Einsetzung des zunächst ermittelten Wertes für den Draht-
querschnitt berechnen. Es ist z. B.
„,= i
v A,' . 1 . 1000 , (20)
(E,cos^)».67.q"*~
und
/1_,\ VI. 1000
V / = (E, cos%)» . 67 . q ß1)
Daraus laut sich dann eine genauere durchschnittliche Leistung berechnen
(AJ— iS L ^tt-A ^ ', (22)
wenn man den nach (15) zunächst ermittelten Wert von tj einführt.
Man könnte dann nach (16) einen neuen Wert für den günstigsten Querschnitt
berechnen und die Rechnung ein- oder mehrfach wiederholen,, bis die gewünschte Genauig-
keit erzielt ist. Jedenfalls ist aber zur zahlenmässigen Ermittlung des Wertver-
lustes an Arbeitsfähigkeit nach Gleichung (12) ein korrigierter Wert (At) einzuführen.
Beispiel: Es sei die einfache Länge der Fernleitung (Drehstrom) 1 = 80000 m; yx =0,0096 kg,
die Kupferkosten pro kg k = 1,8 Mk.; Et = 10000 V., cos?* = 0,8,
der Ansatz für Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals für das Kupfer ^ = 0,058,
die Betriebsdauer a = a' + a" -f a'" = 1000 -f 1500 + 500 = 8000 Stunden,
A,'a' + A,"a"+ A,'"a"' = 2000X 1000+8500X 15W +5000x500 =9 750000 KW-8td.jShrl,
9750000
also vorläufig annäherungsweise A, = 100q ■ i^aa \ ^qq = 8250 KW.
§ 7. Fernleitungen. 1101
Die Stromstärke pro Draht ist nach (7)
J= 8250 y00 9Q2S5 Ampere (vergL Zahlentafel auf 8. 1092).
10000. 1/8.0,8
Da a = 8000 Stünden sein soll« werden die direkten Betriebskosten einer KW-Stunde im Kraft-
hanae gemessen nach Tab. XI, S. 278 bei einer Wasserkraftanlage von der für unser Beispiel passenden
Grosse x,^ 0,00664 Mk.
Der reine Nutzwert einer KW-Stunde sei nk = 0,086 Mk., also %x + *t abgerundet =
0,048 ML, dann wird nach (11)
„_8. 8250. 1000.80000'. 0,0008 1,8.0,052_ 80491,8 _QgnftA
*~~ 57.(10000)».0,81 ~~ 86,48 ~3nwö»4
und | = A«.a (* + *,) = 8250. 8000. (0,048) = 419250.
Also der günstigste Wert von (± — l) = IM- = ]/^^^ = 1^00526 tt 0,0725
und nach (15) der günstigste Wert des
i>=Tmiaom'
Demnach wird nach (16) der wirtschaftlich günstigste Querschnitt
eotA l/ 1000.8000.0,048 -Äft
ä825° M7.8.10•.0,8•.0,()(»8.1,8.0^2M.869qm,11•
8250.80000.1000
57. 10000». 0,8». 0,0725
Wie dieser DrahtQuerschnitt auf 8 oder mehr Leitungen zu verteilen sein würde, hingt sehr
wesentlich auch von den im Abschnitt 11 zu besprechenden Rücksichten auf die erforderliche Festigkeit
des Drahtqueischnitts ab. Auch auf die Mitteilungen im Abschnitt 10 sei verwiesen.
Bei diesem günstigsten Wirkungsgrad werden die Kupferkosten:
K = 8. 869. 0.0098. 1,8. 80000 = 585824 Mk.
oder wenn man nach den Gleichungen 10 und 11 rechnet:
Es werden also die indirekten Betriebskosten P = 585800 . 0,052 = 80486,6 Mk.
Der Wert der verlorenen Arbeitsleistung
Pt = { /-1- — l) = 419250 X 0,0725 = 80395,6 Mk.
Also P + P, = 60882,2 Mk.
Wenn man dagegen z. B. iy = 0,87, also [ 1 j £fiO,18 gewählt hätte, so würden die Kupfer-
kosten
K = ÖOT2Sa282900-°Mk-
Die indirekten Betriebskosten der Leitung P = 282900. 0,052 = 14711 Mk.
Der Wert der verlorenen Arbeitsleistung Px = 419250.0,15 = 62887,5,
also würden P-f P1== 77 598,5 Mk. ergeben,
d. h. um 16 766,8 Mk. ungünstiger sein.
Zur Korrektur der Rechnung würde nun nach 22 ein neuer Annäherungswert (At) an Stelle
von As zu berechnen sein
2000.80000.1000
10000* . 0,8* . 57 . 869
Es wird nach (21) (^ — 1\ = t^;^;r l"7*n = 0,0446.
In gleicher Weise ergibt sich für (-- — l\= 0,0771 und für Mr,— l) =0,1115.
Demnach nach (22)
ik , 2000.1000.0,0446 + 8500.1500.0,0771+5000.500.0,1115 occo ^w
(A,)= 8000.0,0725 = 8552 KW-
Der Verlust an Arbeitsfähigkeit wird also nach (12) nunmehr
(P,)=: 8552. 0,0725. 0,048. 8000 = 88 220,1 Mk.
anstatt 80895,6 Mk. wie oben ermittelt und P + (Pt) = 68 656,7 ML, wenn man nicht auch noch einen
**) Die Differenz ergibt sich aus der Abrundung der Zahlen.
1102 IIL Theodor Eoehn. Ausbau ton Wassebkräftex. Einzelheiten.
neuen Wert vom Querschnitt q ermitteln und demgemlss einen nenen Wert (P) für P berechnen will
worauf hier verrichtet werden soll. Wollte man mit dem neuen ( A,) den Vergleich mit einem Wirkungs-
grad von x. B. 0,87 wiederholen, ohne den Drahtqnerachnitt zu verändern, so würde bei 17 = 0,87
(PJ =5 68731,20, also P + (Pj) = 83442,20, also das Gesamtergebnis bei 4 = 0,938 um 19785,5 ML
günstiger sein.
Da die Kupferkosten mit der hier des Beispiels halber -zu klein angenommenen Spannung von
585800
10000 Volt bereits —55— = 19483 ML pro km betragen würden, was nm ein Mehrfaches Ober den*
Durchschnitt liegt (vergL Tabelle X, S. 264), so wird man eine höhere Spannung zu wühlen haben.
585300
Nimmt man 20000 Volt anstatt 10000, so würden die Kupferkosten nur noch ^ = 146325 ML,
also pro km nur noch 4858,25 ML betragen. Die Betriebskosten der Fernleitung bei 20000 Volt in
dem obigen Sinne würden sein F = 146325.0,052 = 7608,9 ML, das heisst um 30486,6 — 7606,9
= 22827,7 ML weniger betragen.
Dieser Ersparnis würden die Verluste in den im Krafthause gegebenenfalls aufzustellenden
Transformatoren und die Kosten für Verzinsung, Erneuerung, Unterhaltung und Bedienung der Trans-
formatoren gegenüberzustellen sein.
Die durchschnittliche Leistung in dem Krafthause würde sein
^^-.8000 = 3808,8000=11424000 KW-Stunden
jährlich. Nimmt man an, dass 8°/o davon in den Transformatoren verloren gehen und multipliziert den
Verlust mit (»1 + *,) = 0,048 ML, so ergibt sich ein Verlust an Arbeitswert von 842 720 . 0,043 = 14 737,0 ML
Da nach unseren Annahmen die gleichzeitige Höchstleistung 5000 KW am Ende der Leitung» also
*>000
mit dem Wirkungsgrad 1/" -Q8Ö5- & 5580 KW im Krafthause sein würde, so würden etwa 7200 KW
in Transformatoren aufzustellen sein. Diese Transformatoren würden ausschliesslich der Baulichkeiten
nach Tabelle IX, S. 261 etwa 7200 . 11 = 79200 ML kosten. Rechnet man auf die für die Unterbringung
der Transformatoren erforderliche VergrOsserung des Krafthauses etwa 150.50 = 7500 ML hinzu, so
würden im ganzen für die Aufstellung der Transformatoren 86700 ML aufzuwenden sein. Die Kosten
Ar Verzinsung, Tilgung, Erneuerung, Unterhaltung und Bedienung würden etwa betragen:
79200 . 10
100
7500.6
100
7920 ML
450 .
Zusammen 8370 ML
Es würde also einer Ersparnis an der Fernleitung infolge der Erhöhung der Spannung auf 20000 Volt
im Betrage von 22827,70 ML eine Mehrausgabe für die Transformatoren von 23107 ML jährlich gegen-
überstehen. Hieraus würde man je nach den Umstanden entweder den Schluss ziehen können, dass man
die Spannung der Fernleitung statt auf 20000 Volt noch mehr, also z. B. auf 30000 Volt zu vergrOesern
hatte, weil die Kupferkosten der Fernleitung abermals erheblich fallen, die Kosten für die Transforma-
toren aber nur unwesentlich steigen würden, — oder dass man direkt die Maschinenspannung zu erhöhen
und keine Transformatoren in. dem Krafthause aufzustellen hfitte.
Der Gang der Rechnung zeigt, dass das Endresultat für den Wert des günstigsten
Wirkungsgrades der Leitung und für den daraus abzuleitenden Drahtquerschnitt von
den Annahmen abhängig ist, welche man bezüglich der Werte von a, e> E,, k9 jq und
x, macht. Die Formeln sind aber so einfach, dass man die Rechnung schnell für ver-
schiedene Annahmen durchführen und sich so leicht eine gute Übersicht für die end-
gültige Entscbliessung bezüglich des Wertes von tj und des Querschnitts q verschaffen kann.
6. Das Gestänge« Für Hochspannungsfernleitungen werden Masten aus Holz,
aus Eisen und aus Beton verwendet.
a) Die Holzmasten. Zu den Holzmasten werden in Europa meistens Tannen,
Kiefern oder Lärchen genommen. In Amerika sind bei einigen Anlagen auch Masten
aus Zedern, Eschen-, Eichen- und Eukalyptusholz verwendet worden. Diese Holzarten
sind zwar dauerhafter, aber für europäische Verhältnisse zu teuer. Die Verbands vor-
§ 7. Fernleitungen. 1103
Schriften betreffend das Holzgestänge für elektrische Hochspannungsanlagen *6) schreiben
u. a. vor (die Bestimmungen der neuen Verordnung sind gesperrt gedruckt):
1. »Stangen mit geringerer Zopfstärke als 15 cm sind nur fflr Niederspannung bis 250 Volt
gegen Erde zulässig. Stangen für Hochspannung müssen mindestens 18 cm Zopfstärke haben.
2. Die Stangen sind je nach der Bodengattung und Länge entsprechend tief einzugraben (im
mittleren Boden je nach ihrer Länge auf eine Tiefe von in der Regel mindestens 1,5 bis 2,5 m), gut zu
verrammen (in weichen Boden einzubetonieren) und in allen Winkelpunkten zu verstärken, zu ver-
ankern oder zu verstreben (S. 1089).
Bei Leitungen, welche heftigen Stürmen ausgesetzt sind, soll auch in geraden Strecken jede
fünfte Stange mit Verankerungen derart verseben werden, dass ein Auffallen der Stangen auf -die Ver-
kehrswege infolge von Stangenbrüchen möglichst ausgeschlossen wird.
8. An den Stangen muss bezeichnet sein:
a) das Jahr der Aufstellung,
b) die fortlaufende Nummer, wobei zu beachten ist, dass bei benachbarten oder sich kreu-
zenden Leitungen sämtliche Stangen verschiedene Nummern haben müssen,
c) die Art der eventuellen Imprägnierung durch einen Buchstaben:
C =s Kupfervitriol, Q = Quecksilberchlorid, K = Kreosot.
4. Für die Standpunkte der Stangen dürfen in geraden Strecken nachfolgende Maximalabstände
nicht überschritten werden.
Für Linien mit einem Gesamtquerschnitt der Leitungsdrähte und Schutzdrähte:
nach der alten Bestimmung:
a) von 100—200 qmir. 45 m,
b) von 200—800 qmm 40 m,
c) darüber 85 m ;
nach den neuen Bestimmungen:
a) bis 105 qmm 80 m,
b) über 105 bis 210 qmm 80 m,
c) bis 800 qmm 50 m,
d) über 800 qmm 40 m.
Für diese Abstände sind die Zopfstärken der Masten nach der folgenden
Formel zu berechnen: Z = l,2yD.H. Hierin bedeutet D die Summe der Durch-
messer aller an dem Mast befindlichen Leitungen in Millimeter und H die
mittlere Höhe der Leitungen über dem Erdboden in Meter.
Müssen infolge besonderer Umstände, wie z. B. bei Flussübergängen, aus-
nahmsweise grössere Stangenabstände, als vorstehend angegeben, genommen
werden, so sind entweder Stangen von grösserer Zopf stärke oder gekuppelte
Stangen anzuwenden. In Kurven, bei Kreuzungen mit anderen elektrischen Lei-
tungen, mit Eisenbahnen und bei Wegüberführungen, müssen die Stangenab-
stände den besonderen Umständen entsprechend geringer gewählt werden. Der
Berechnung der Gestängekonstruktionen ist in solchen Fällen eine Bean-
spruchung von 70 kg pro qcm zugrunde zu legen. Als ungünstiger Fall ist dabei
eine Windbelastung von 125 kg pro qm senkrecht getroffener Fläche der Lei-
tungen und der Konstruktionsteile anzunehmen. Bei zylindrischen Körpern ist
die Fläche gleich dem 0,7fachen des Durchmessers, multipliziert mit der Länge,
«inzusetzen.
Die Lebensdauer gewöhnlicher fichtener oder kieferner Masten kann nicht
über 10 Jahre veranschlagt werden, und man muss darauf rechnen, dass man schon
nach 5 Jahren mit der Auswechslung zu beginnen hat. Dabei ist noch vorausgesetzt,
dass die Masten im Winter gefallt und vor der Verwendung unter gehörigem Schutz
vor Regen und Sonne 1 — 2 Jahre in der Luft getrocknet sind.
Bevor der rohe Mast zur Aufstellung gelangt, muss er wenigstens 2 — 3 mal von
der Wurzel bis etwa 50,0 cm über dem Erdniveau mit Teer gestrichen werden.
'*) Dr. C. L. Weber. Erläuterungen zu den Sicherheitsvorschriften. Anhang S. 205 (vgl. Fuss-
note S. 1086) u. „Normalien für Fernleitungen" gültig ab 1. 1. 1908. E.T.Z. 1907, S. 825.
1104 IH Theodor Koehn. Ausbau von WASBEBKRlRmr. Eotzelheiteh.
In den meisten Fällen verwendet man aber imprägnierte Mäste.
Das Imprignierungsverfahren wird am besten nicht länger als 10 Tage nach
dem Fällen vorgenommen, andernfalls mnss der Mast bis zur Imprägnierung unter
Wasser gelagert werden.
Es sind verschiedene Imprägnierungsverfahren im Gebrauch.
Am häufigsten werden folgende Verfahren angewendet"):
a) Die Tränkung mit Kupfervitriol:
Entweder durch Dunpfdruck oder unter Verwendung eines hochgestellten Mieehbotticlis wird
eine Lösung von V/t Gewichtsteilen Kupfervitriol und 100 Gewichteteilen Wasser in den Hast hinein-
getrieben. Die Tränkung ist beendet, wenn blaue Flüssigkeit am Zopfeode wieder austritt Dieses wird
dadurch festgestellt, dass dae Zopfende mit einer Lösung von gelbem Blutlaugensalz (1 Gewichteten auf
100 Teile Wasser) bestrichen wird, worauf sich eine rotbraune Färbung zeigen muss. Die Dauer der
Trankung betragt je nach der Lange der 8tange 8 bis 14 Tage. Die Kosten für die Tränkung eines
cbm Holz, das etwa 9,5 kg Kupfervitriol aufnimmt, belaufen sich auf 9,0 bis 10,0 Mk.
Die Lebeosdauer der getränkten Stange beträgt etwa 12 bis 15 Jahre.
ß) Tränkung mit Zinkchlorid:
Die Stangen werden in einem luftdichten Zylinder 2 Stunden lang heiseen Wusenfinifeit aas»
gesetzt, worauf die Luft im Zylinder binnen 90 Minuten bis unter 528 mm Quecksüberstand verdünnt
und in diesem Zustande 80 Minuten erhalten wird. Hierauf wird in den luftverdünnten Raum die CUor-
zinklosung von 8° Besame eingeführt und ein Druck von 7 Atmosphären eine Stunde lang unterhalten.
Zur Prttfung der getränkten Stange wird eine Scheibe abgeschnitten, mit Schwefelammeniam behandelt,
mit Essigsäure abgewaschen und mit einer sauren Losung von salpetersaurem Bleioxyd bestrichen. Die
Flächen färben sich dann, da Schwefelblei gebildet wird, schwarz. Lebensdauer der Stange« 8 b»
12 Jahre.
y) Tränkung mit kreosothaltigem Teeröl:
Die Stangen werden in die Träokungskessel eingelegt; in letzteren wird die Luft auf weniger
als 000 mm Quecksilberstand verdünnt Nach 10 Minuten wird das angewärmte Teeröl unter dauernder
Luftverdünnung eingeführt und langsam erwärmt, sodass die Temperatur nach 8 Stunden 106 bis 110* C
beträgt. Diese Temperatur wird dann eine Stunde lang erhalten. Dadurch verdampft das Wasser aus
dem Holze, wird in einer Kuhlvorrichtung verdichtet, aufgefangen und gemessen. Sobald das Belx
genflgend ausgetrocknet ist, wird das Teeröl mit 7 Atmosphären Druck in das Holz gepresst» bis das
Holz für den cbm 800 kg Teeröl aufgenommen hat. Der Siedepunkt des aus Steinkohlenteer
stellten Teeröls (spez. Gewicht nicht unter 1,0 und nicht Über 1,1) soll zwischen 200 und 400*
Der Gebalt an sauren in Natronlauge von 1,15 spez. Gewicht löslichen Bestandteilen muss wen
10°/o betragen. Lebensdauer der Masten etwa 20 bis 80 Jahre.
d) Tränkung mit Quecksilbersublimat (Kyanisierung):
Die Stangen werden in grossen Bottichen 10 bis 14 Tage lang in eine Lösung von 1 Teil
Sublimat auf 100 Teile Wasser gelegt und dann getrocknet. Lebensdauer bis 20 Jahre.
Alle Stangen werden am besten am Zopfende dachartig abgestumpft und zweimal
mit heissem Steinkohlenteer angestrichen, der vor dem Erkalten des zweiten Anstrichs
mit feinkörnigem Sande bestreut wird. Ein anderer Schutz gegen Eindringen von
Feuchtigkeit in die Stange kann durch aufgesetzte Zinkkappen bewirkt werden.
Es ist vorteilhaft, auch die imprägnierten Masten vor dem Versetzen mit einem
Anstrich aus Karbolineum oder Teer zu versehen.
Die Höhe der Masten ergibt sich aus der Anzahl der anzubringenden Drahte,
ferner aus der Art der Anbringung (ob untereinander direkt am Mäste oder ob unter-
und nebeneinander auf Querarmen), aus der elektrischen Spannung zwischen den
Drähten und schliesslich aus der Spannweite. Nach den Verbandsvorschriften sollen die
Masten mindestens 1,5 m tief in den Boden eingreifen. Die Eingrabtiefe hangt
«*) Robert M. Friese. Das Porzellan als Isolier- und Konstraktionsmaterial in der Elektro»
technik. Aufsatz von O. Otto und E, Stechern.
§7. Fbbhlbitungen. 1105
natürlich von der Beschaffenheit des Bodens ab nnd wird in Deutschland bei einiger-
massen fester Bodenart meistens zu einem Fünftel der Gesamtlänge genommen.
In Frankreich nnd Italien gilt vielfach als Regel, dass man einen 9,0 m langen
Mast 1,5 m tief einsetzt nnd für jedes Meter Mehrlänge 15,0 cm Mehreinsetztiefe
hinzufügt.
Die Starke der Masten richtet sich nach ihrer Höhe und nach der Belastung durch
die Drähte unter Berücksichtigung von Wind, Schnee und Eis (S. 1150). Wenn man als
Mindestdurchmesser am Zopfende 18,0 cm zugrunde legt, so ergibt sich die geringste
Stärke an der Wurzel aus der Bedingung, dass die Verjüngung mindestens 1 : 1 10 be-
tragen soll.
An einem einzelnen Holzmast können in der Regel 6—8 Hochspannungs-
drähte und ausserdem zwei Telephondrähte bei den durch die Verbandsvorschriften
gegebenen Spannweiten angebracht werden, im übrigen entscheidet die statische Be-
rechnung.
Die Sicherheitskommission des Verbandes Deutscher Elektrotechniker hat die
Aufnahme der in der Fussnote97) angegebenen Erläuterungen bei der Drucklegung der
Vorschriften beschlossen.
Die deutliche Kennzeichnung der einzelnen Masten durch fortlaufende Nummern
ist für die Unterhaltung zur Verhütung von Unglücksfällen von grosser Wichtigkeit
Zur Ausführung von Reparaturen können bei ausgedehnten Anlagen in der Regel nur
einzelne Teilstrecken von dem Krafthause abgeschaltet werden. Damit nun die zur
Ausführung der Reparatur ausgeschickten Arbeiter nicht in Zweifel kommen können,
welcher Teil der Leitung abgeschaltet ist, muss die Nummerierung deutlich und ein-
*?) „Die hölzernen Stangen sind im Frühjahr nnd im Herbst jeden Jahres einer Untersuchung
in bezog auf die Beschaffenheit des Holzes, den senkrechten Stand der Stangen, den Znstand der Ver-
stärknngsmittel der Stangen und der Isolatorenträger zu unterziehen. Die Beschaffenheit des Holzes ist
hierbei durch Beklopfen der Stangen in der Höhe von 1,5 bis 2,0 m über dem Erdboden mit einem
harten Gegenstand zu prüfen; geben die Stangen einen hellen Ton, so kann das Holz im allgemeinen
als gesund betrachtet werden. Ist jedoch der Ton dumpf, so ist noch eine nähere Untersuchung des
Holzes in der unten angegebenen Weise vorzunehmen.
Als schadhaft befundene Stangen sind auszuwechseln; Bchiefstehende Stangen sind gerade
zu richten, lockere Anker, mangelhafte Streben, lockere Isolatoren und Träger entsprechend zu re-
parieren.
In den ersten 10 Jahren hat jeden zweiten Herbst eine genauere Prüfung des Stangenmaterials
zu erfolgen, während nach Verlauf von 10 Jahren eine solche genaue Prüfung jeden Herbst durch-
zuführen ist. Zu diesem Behnfe sind die Stangen auf eine Tiefe von 20 bis 25 cm mittels Aufgraben
freizulegen und ist dann mittels Einstossen eines geeigneten spitzen Instrumentes (Stichel, feststehende
Messer usw.) in den Stangenkörper der Zustand der Holzfaser zu prüfen; derselbe lässt sich aus dem
Widerstand, den das Holz diesem Eingriffe entgegensetzt, gewöhnlich leicht feststellen. Stangen, welche
trotz des gesunden Holzes, das sie ftusserlich zeigen, doch beim Beklopfen mit einem harten Gegen-
stande einen dumpfen Ton geben, lassen auf Kernfäule schliessen und ist das Stangeninnere durch
Anbohren mit einem Bohrer von höchstens 5 mm Stärke und Prüfen des Bohimehles näher zu
untersuchen.
Falls die Beschaffenheit des Bohrmehles zu Bedenken keinen Anlass gibt, ist das Bohrloch
durch Einschlagen eines Stiftes aus hartem Holz wieder zu verschliessen. Bei Stangen bis zu einer
Gesamtlänge von 11,0m, welche weder verstrebt, noch verankert sind, kann die Untersuchung auf
Kernfäule in einfacherer Weise dadurch vorgenommen werden, dass gegen das obere Ende der Stange
und rechtwinklig zur Leitungsrichtung eine Stützgabel gespreizt und mit Hilfe letzterer die Stange in
massige Schwingungen versetzt wird, wobei faule Stangen ein leichtes Krachen oder Knistern dicht über
dem Erdboden vernehmen lassen."
Handbuch d«r Ing.-WiutttMh. in. Teil. IS. Bd. 70
1106 IIL Theodor Kokun. Ausbad tobt WasbekcbIftgit. Edtzelheiteb.
dentis Mm- Wenn zwei dreizifferige Zahlen nicht mehr ausreichen, so werden am
besten Bachstaben and Ziffern zusammengestellt.
Taf. LXXXII, Fig. 1 stellt einen Holzmast mit 3 Isolatoren, Fig. 2 einen solchen
mit 6 Isolatoren der Anlage Champ (Füre et Morge) dar. Fig. 6 zeigt einen Holz-
mast mit hölzernen Querarmen für 6 Drahte nebst Anbringung eines eisernen Rahmens
für Schatsdrahte. Die Holzarme ebenso wie die eisernen Rahmen für die Schatzdrähte
sind bei dem letzterwähnten Mast an diesen durch Schellen befestigt nnd etwas in
den Hast eingelassen. Ihre Verdrehung wird durch eine Yierkantechraabe oder durch
Streben Terhindert.
Die Fangbüge], wie sie in Fig. 1 and 2 dargestellt sind, sollen verhindern, daes
beim Brach eines Isolators ein Draht von einem Hast ganz herunterfallen nnd sich
dann dem Erdboden über das erlaubte Mass nahern kann. Bezüglich der Fangbügei
schreiben die Sicherheitsvorschriften
Abb. 411. Befestigung eines Isolator« am Holzmaat bei der vnr .
Anlag«. Morbegno (20000 Volt, S. 898). TWr' __
Bai Winkelponkten sind Famg-
bOgel anzubringen, welche beim Brach vaa
Isolatoren das Herabfallen der tj»«^^.
In Frankreich und in ver-
schiedenen Kantonen der Schweiz
waren früher für alle Masten solche
Fangbügel, die überdies auch bei
hölzernen Masten noch geerdet sein
mussten, vorgeschrieben. Neaerdingi
beschränkt man sich auch hier
meistens auf die Forderungen der
der deutseben Vorschriften.
Abb. 411 zeigt die Anbringung
der Isolatoren am Mast bei der An-
lage Mo rbegno (20000 Volt). Die
Isolatorenstützen Bind hier nicht in
den Mast eingeschraubt, sondern sie
umfassen ihn mit zwei eisernen
Backen und durch die Backen und
den Mast ist ein Bolzen gezogen. Auf diese Weise ist ein Verdrehen der Isolatoren-
stützen nicht möglich.
Wie die 2 X 3 Hochspannungsdrähte bei der Fernleitung Marbacb.-Stuttgs.rt
untergebracht sind, zeigt Abb. 412.
Die Versteifung von hölzernen Einzelmasten an den Winkelpankten der Leitung
erfolgt meistens durch Holzstreben (Taf. LXXXII, Fig. 4 u. 6).
Wenn der Platz zur Anbringung einer Strebe fehlt, so kann anstelle derselben
eine Eisenarmierung, ähnlich derjenigen nach Taf. LXXXII, Fig. 13 angewendet werden
Bezüglich des Ankerdrahtes schreiben die Sicherheitsvorschriften des Verbandes vor:
Bei Freileitungen, die 1000 Volt oder mehr füliren, sind Anherdrfthte von HolsmaMea n
erden oder mit laverllsaigen Abspann iaolatoren über Raichhohe xo versehen etc.
Hölzerne Doppelmasten werden entweder wie in Taf. LXXXII, Fig. 7 strebeoartis;
gegeneinandergestellt und am Zopfende verbolzt, oder sie werden, wie ans Taf. LXXXII1
7. ; Fermlrituwqen. 1107
Fig. 6* ersichtlict, parallel zoeinandergestellt ond mit Quertra^ersen ans Eisen oder
Hob Terbnnden. »Letztere Art kann man im allgemeinen als die bessere bezeichnen.
Ein hölzerfies Doppelgestänge mit gespreizten Masten wurde neuerdings unter
anderem bei der Kraftübertragung Caffaro-Brescia (Abb. 413) Terwendet"), und
**} SchweiMrische Elektr. Zaitachr. 1907. i. Jahrg. S. 2, 18. 27, 87 und Elektr. Zeitscbr. v.
. Sept. 1907. 3. 950. Du Krtfthana befindet nch im Giadicaria Tal in Pont« Cnffaro und ist für
1108 III. Theodor Kokhn. Ausbau vom Wasserkräften. Fjkxki.hpjtem.
zwar nur auf den geraden Strecken. An Stellen, wo grössere Spannweiten zu über-
winden waren, wurde das Gestänge aus drei in einer zur Leitungsführung senkrechten
Ebene angeordneten und durch Versteifungen miteinander verbundenen Mannesman n
röhren gebildet. An den Knickpunkten kamen Gittermasten zur Ausführung.
Bei Doppelgestängen mit parallelen Masten richtet sich die Entfernung der
beiden Masten nach der Anzahl der Isolatoren, welche zwischen den Masten an einen:
Querarm angebracht werden sollen. Ist der Grunderwerb teuer, so wird nun die
Entfernung der beiden Masten voneinander so klein wie möglich zu wählen Sachen,
demnach die Anzahl der untereinanderliegenden Quer-
arme so gross wie möglich machen und nur einen Teil
der Isolatoren zwischen den Masten, den Rest aber
'■J?*^** *°*_?^n,"."^*n?: ausserhalb auf den konsolartig vorstehenden Armteiteo
* — KOlmrosr Doppvlmut
b = Einornei ßejÜÖg* HlKuiiniu
rShron fUr grosso Spinnwoiten i
««■*■ «*•<*«■ unterbringen.
Abb. 414 stellt ein hölzernes Doppelgestange auf
den geraden Strecken der Kraftübertragung Cellina-
Venedig dar. Bei einer verhältnismässig kleinen
Anzahl Drähte ist diese Art der Verteilung der Drähte
für die Montage vorteilhafter als z. B. die Verwendung
von mehreren Querarmen untereinander wie auf Taf.
LXXXIII, Fig. 5a, weil man den Draht von aussen
seitlich auf die Isolatoren heben kann, bei der letzt-
erwähnten Art aber von vorn durchziehen mnss**].
Ein etwa notwendiger Fangrahmen kann ent-
weder an den Querarmen selbst angebracht werden oder
man kann die beiden den oberen Dreiecksverband des
Gestänges bildenden Profileigen (Taf. LXXXIII, Fig. 5a
oder die Holzzangen (Abb. 414) über die Masten hinaus
M soweit verlängern, dass jeder etwa gebrochene Draht
aufgefangen wird.
Statt des Dreiecksverbandes ans Profileisen oder Holzzangen kann man natürlich
auch kreuzweis gespannte Drähte zwischen den Masten eines Gestänges anbringen. Die
Drähte sind mit Spannschlössen) zu versehen und greifen an Ösen an, welche an den
die Masten umschlingenden eisernen Halsbändern ausgebildet werden. Solche eiserne
Versteifungssvsteme wird man so hoch zu legen suchen, dass ihr tiefster Punkt ausser
Beichhöhe bleibt, also nicht weniger als 3,0 m von der Erde entfernt ist Anderenfalls
ist eine Isolierung gegen die Masten durch Abspannisotatoren erforderlich.
Die zulässige Spannweite bei hölzernen Doppelmasten hängt von der gewählten
Starke der Masten ab.
ungefähr 10000 PS« bei 250 m Gefille eingerichtet. Im BTrafthauae können 5 Meachineugruppen voi
je 3500 PSa aufgestellt werden. Die Kraft Ist für eine Sodafabrik and für die Versorgung der Stadt«
Brescia, Cremona nnd einer Reihe kleinerer Orte bestimmt. Die Spannung in der Fernleitung betragt
40— 45000 Volt. Je swei Dritte derselben Phase sind zusammengelegt.
*•">) G. H. Semem», Mailand: Les Installntions Hydro-Electriquee de la Haute Italie, Extrau
des memoirea de la Societe des Ingenieurs Civiles de France, Paris 1905. Das Krafthana an Aei
Celliua liegt etwa 90 km von Venedig entfernt. Die Cellina ist ein kleiner Gebirgsfluss der Frianler
Alpen. Durch eine Staumauer von I&m Hohe and durch einen Werkkanal von 11 km Lange, Jansen
gröaste Wasserführung auf 18 cbm/sek. berechnet ist, ist ein Gefille von 57 in gewonnen. In Kraft-
hause sind 6 Gruppen von je 2600 PS. nnd 350 Um 1. /Min. aufgestellt. Die Maschinen liefern den Dreb-
strom mit 2000 Volt. Die LeitnngBspannnng bebragt 80000 Volt.
§ 7. FsBBLBmnroEir. 1109
Eckpunkte werden bei den gespreizt gegeneinander gestellten hölzernen Doppal-
masten entweder durch eine dritte besw. vierte Stütze oder durch eiserne Ankerdrähte
versteift. Bei den Doppelgest&ngen nach dem Muster von Fig. 6a, Taf. LXXXIII und
Abb. 414 können stark beanspruchte Eckpunkte durch Hinzufügung zweier weiterer Masten
in Form eines im Grundriss viereckigen Gerüstes mit eisernen Querverbänden ausgeführt
werden. Da aber derartige versteifte hölzerne Eckmasten sowohl wegen des Platz-
bedarfes (Grunderwerb} als auch wegen des Material- and Arbeitsaufwandes recht teuer
werden, so zieht man meistens
vor, »•> grö™er.n Kaickpurirten Akt- «"• *""™Sl£2?vS35" ** F,ml"'""!
anch in einem sonst ans Holz
gebildeten Gestänge eiserne Gitter-
masten za verwenden.
Bei der Anlage der Was-
hington Water Power Com-
pany in Spokane (Washing-
ton) musste an einer Stelle das
1000 m breite Bett des St.
Joseph-Flusses in der Nähe
seiner Mündung in den Coeur
d'Alene-See mit der Fern-
leitung überschritten werden").
Es wurden zn diesem
Zwecke Pfahlrostbündel ans
fünf Pfählen hergestellt, derart,
dasa der mittlere Pfahl von den
vier anderen Pfählen mit Hilfe
von eisernen Ringen und Bolzen
gehalten wurde. Der Mittelpfahl,
welcher das Gestänge trägt, ist
1,80 m tiefer als die anderen
Pfahle in die Flu&sohle einge-
trieben. Auf diese Weise war es
möglich, die Flussbreite in einer
Anzahl Öffnungen, deren grösste eine Spannweite von 145,0 m hatte, zu überschreiten,
die Drähte aber noch so hoch zu legen, dass sie sich weit oberhalb der Schlote der
den Fluss befahrenden Boote befinden.
Anf Strecken, welche stark ansteigen, wird ein Doppelgestänge, wenn es ans zwei
gespreizt gegeneinander stehenden Doppelmasten besteht, durch Hinzufugung eines
dritten Mastes und Bildung eines Dreibeins versteift, wie z. B. bei der alten Fernleitung
' der Anlage La Gonle (Abb. 64, S. 401 u. 402). Der dritte Mast ist dann mit dem
Doppelgestänge oben zu verbolzen oder sonst sicher zu befestigen und im Boden zn ver-
ankern. Bei Doppelgestängen mit parallelen Masten wird man die Versteifung bei steil
ansteigendem Terrain am besten durch Ankerdrähte herbeiführen.
Da das Verfaulen der Holzmaaten an der Stelle, wo sie in den Boden eindringen,
am schnellsten vor sich geht,* der in der Luft befindliche Teil aber oft noch gut
>o] Reisebericht vob Clarence Feldman*. E.T.Z. 1904. S. S&7. Die aornalra Maaten ata«
10,7 m lang und 1,88 m tief eiageUaMn. Ei und im Winter gefällte Zedern van 80,5 cm Du. am
Fönende und 20,8 ran am Zopfeude.
1110 HL Theodor Koehm. Ausbau von W*<
und tragfähig ist, wenn die Auswechslung notwendig wird, sind zur Verbilligung dei
Mastersatzes eine ganze Anzahl von Konstruktionen erdacht and angewendet, um dm
schadhaften Fuss des Mastes durch Eisen zu ersetzen. Die hiermit gemachten Erfah-
rungen lassen es ratsam erscheinen, bei Neuanlagen durch eine Vergleichsrechmmg tob
vornherein zu prüfen, ob nicht die Ver-
Abb 415. ll*etfu»saiwBetonimdEi»snnsch Kastler. wendung kürzerer hölzerner Masten
mit Füssen aus Eisen oder aus
Eisen und Beton vorteilhafter ist
als die Verwendung längerer,
direkt in den Boden gesteckter
Holzmasten. Die Figuren 8, 9, 10, 11
und 12, Taf. LXXXII") und Abb. 415
geben einige derartige Konstruktionen
wieder. Die in Fig. 11 dargestellte Kon-
struktion wurde z. B. bei der Anlage
Ceres Ala verwendet.
Bei den Konstruktionen nach Fig. *
9, 10 und 12 kommt der Mast mit dem
Boden in gar keine Berührung und infolge-
dessen muss sich die Lebensdauer erheb-
lich v ergrösser n. Man rechnet nicht zu
■ , günstig, wenn man den Gewinn an Lebens-
dauer auf 10 Jahre veranschlagt.
Bei der Konstruktion nach Fig. 11
kann man, wenn das untere Ende, welch»--
in den Betonkörper hineinragt, fanl ge-
worden, den Mast heben und nach Be-
seitigung des angefaulten Stückes wieder
in die alte Stellung zurückbringen. Man
muss nur von vornherein anf eine etwas
grössere Länge der Holzmasten Bedacht
nehmen.
Abb. 415 zeigt einen von dem
Ingenieur M. Käst ler in Zürich vorge-
schlagenen Mastfuss**}.
Deraelbw besteht ans einem viereckigen
Betonkörper, der je nach der Lina« des Holt
mastea 1,50 bis 2,0 m in den Boden hinein ud
etwa SO bis 80 cm Ober Terrain empo macht- In
| festem Boden braucht dieser Betonkörper nur ein*
Seitenlange zu haben von ungefähr dem Durch-
messer des unteren Hastendes. Die Verbindung des Maates mit dem Betonsockel geschieht durch
4 Eisenschienen ans Flacheisen, welche mit dem Mast und dem Betonsockel verbotst werden. Soll
ein Hokinast a ilagewechselt werden, so werden die Isolatoren gelost und die Bolzen aus dem Fun her-
ausgenommen. Es genügt die Fortnahme einer Eisenschiene, um den alten Mast heranssanehmen und
einen neuen einiusetzen. Nach Kastler soll es möglich sein, den Mast einer Linie mit 3 Drahten in
15 bis 20 Hinuten aus zu wechsele.
■ >) Z. A. Ver. deutscher Ing. 1901. S. 66S n. 567.
■t) Elektrotechn. Zeitscbr. 1905. S. 1143.
§ 7. Febnlbitukoem. Uli
Es wurde bereits gesagt, das« man nur in ganz festem Boden Holzmasten direkt
in ein mit dem Bohrer ausgehobenee Loch einlassen darf. Bei weicheren Bodenarten
umgibt man den Mast, soweit er in den Boden eindringt, mit einem Schotterbett oder
einem Betonschlag, um den Druck pro Flächeneinheit anl die Mastlochwände zu ver-
kleinern. Der Beton braucht nicht fett zu sein, es genügen vielmehr 100 — 160 kg
Zement auf 1 cbm Beton. Damit das Wasser gut abgeführt wird, bildet man den
Betonschlag am oberen Ende kegelförmig aus. Zum Schutze der Stelle, wo der Mast
in den Boden oder in den Beton eindringt, hat man wohl noch die Anbringung von
Zinkkappen vorgeschlagen. Aber abgesehen davon, dass solche Zinkkappen sehr häufig
gestohlen werden, ist ihre schützende Wirkung auch sehr gering.
Ein roher kieferner Holzmast, im Winter geschlagen und gut gepflegt, kostet
bei 9,0 m Gesamtlänge und 0,18 m Zopfstärke beim Lieferanten etwa 8 — 12 Mk.
Holzmasten von 12,0 m Gesamtlänge und 0,20—0,22 m am Zopf ende kosten
etwa 25—30 Mk. Das Eisen und Holz für die Querarme sowie die Transportkosten
sind besonders zu berechnen.
b) Eiserne Leitungsmasten. Eiserne Leitungsmaste für längere Strecken
werden fast stets als Gittermasten ausgebildet Röhrenförmige vollwandige Eisenmasten
sind bis jetzt des Preises wegen im allgemeinen nur da in Betracht gekommen, wo es
sich bei Durchquerung von städtischen Strassen um Fragen des besseren Aussehens
handelte. Gewissermassen als eine Ausnahme kann das aus drei gespreizten Mannes-
mannröhren hergestellte Gestänge der Kraftübertragung Caffaro-Brescia-Cremona
gelten, welches in Abb. 413 b dargestellt ist.
Die normale Spannweite bei eisernen Gittermasten beträgt bis jetzt 60—80 m,
indessen geht in neuester Zeit das Streben dahin, die Spannweiten zu vergrössern, um
die Zahl der Isolatoren zu verringern.
Ein gutes Beispiel für die Befestigung der Isolatoren auf Holzarmen bieten die in
Fig. 14 auf Taf. LXXXH und Abb. 416 dargestellten eisernen Gittermasten der Anlage
Vizzola. Abstand und Länge der Holzarme ist so gewählt, dass die Isolatoren in den
Spitzen eines gleichseitigen Dreiecks liegen (Spannung 11000 Volt). Die normale Ent-
fernung der Masten beträgt 70 — 75 m. Für die im Frühjahr 1907 dem Betriebe über-
gebene ca. 170 km lange Fernleitung von Brusio nach dem Konsumgebiet der Anlage
Vizzola (40—45000 Volt, vergl. S. 1084) wurden stärkere Masten und normale Spann-
weiten von 100,0 m gewählt. Die Kosten dieser Masten selbst betrugen ab Werk ca.
35—38 Lire pro 100 kg.
Für die Fernleitung vom Krafthause Novalesa an der Cenischia bis
Turin (Spannung 30000 Volt) sind die Gittermasten selbst ähnlich wie die von
Vizzola, nur leichter konstruiert (S. 377).
An jedem Mast befinden sich 9 Hochspannungsisolatoren und zwar auf einer Seite 5, auf der
anderen 4, welche einzeln auf kurzen konsolartigen Holzarmen sitzen. Letztere sind im Aufrias
0,725 m voneinander entfernt und soviel betrigt auch die Entfernung der im gleichseitigen Dreieck
angeordneten Drähte voneinander. Das Gewicht eines Mastes schwankt zwischen etwa 420 kg
bei kleinster Höhe und Spannweite und 1700 kg für Eckmasten von grOtster Höhe und Spannweite.
Die Masten haben eine normale Hohe von 11,87 m; sie sind alle in einen Kalkbetonsockel gestellt und
ihre normale Entfernung voneinander betragt 75,0 m.
Bei der Anlage Funghera wurden, wie neuerdings sehr häufig, statt der Be-
festigung der Isolatoren auf Holzarmen eiserne Isolatorenhalter verwendet, welche mit zwei
Backen den Mast umfassen und mit ihm verschraubt sind, ähnlich wie es für Holzmasten
die Abb. 411, S. 1006 zeigt. Die normale Höhe der Masten beträgt 12,65 m.
Sogenannte elastische Gittermasten wurden von der Societä Conti per im-
prese elettriche für die Kraftübertragung von Zogno am Brembo nach Monza
1112 IIL Theodos Koehn. Ausbad vom WASBXRJKKin-sti. Eiwzei-heitkw.
AU). 416. Einzelheiten eines Gittermastes der Fernleitung Vizzola (vergl. Taf. LXXXII, Fig. 14 and
§ 7 Fsnumm an. 1113
and für die Kraftübertragung von Trezzo an der Adda nach Monza und Mailand
verwendet (vergl. Abb. 41? and 418)**).
Die leichten Masten, bei denen durch sorgfältige Rechnung jede Materialver-
schwendung vermieden ist, sind zusammengesetzt aus zwei parallelen U-Eisen, welche
durch ein Gitterwerk miteinander verbanden sind. Da diese lotrechten U-Eisen bei
den Masten von Zogno 2,0 m, bei den Masten von Trezzo 2,3 m auseinander stehen,
so sind die Masten gegen senkrecht zur Leitnngsrichtnng auftretende Kräfte sehr steif,
Abb. 417. Gittermasten der Kraft- ... „„ __ , . _ „_v
Übertragung von Zogno im Brembo Abb. 418. Gittermasten der XrafUber-
und Treiio a. d. Adda nach Honxa tragung Tretio a. d. Adda nach Modi*
und Mailand.
>*) 0. M. Sememe, Hailand: Le* installetions Hydro-Eloctriques de la Haute Italie. Extrait
dee memoires de la Societe des Ingenieurs Civil«« de France. Paria 1905. Das Krafthans der Societa
Conti bei Zogno liegt oberhalb der im Kap. II, 8. 860 n. ff. beschriebenen Anlage Bergamaeca
am Brembo. Das Krafthaus, welche« im Oktober 1904 in Betrieb geseilt wurde, enthalt 4 Gruppen von
je 3000 FS. mit 850 Uml.Miu. Die Entfernung Ton dem KrafUmse nach Moni» betragt etwa 60 km.
Bei der Anlage Treiao an der Adda wurde durch Errichtung eines Wehres an einer Strom-
schnelle ein Gefalle von 8,0 m gewonnen und bei 40 cfam/sek. neunmonaÜicher Wassermenge sind
3200 PS» verfügbar. Aus besonderen Bucksichten auf die örtlichkeit wurden stehende Turbinen
mit 105 Uml./Hin. gewählt Die elektrischen Haschinen liefern direkt 12000 Volt, welche Spannung
auch fflr die Fernleitung beibehalten wurde.
Die Societa Conti ist mit der grossen Edison- Gesellschaft in Hailand eng liiert und liefert für
1114 III. Theodor Koehn. Ausbau vom W.
dagegen können sie sich in Richtung der Leitung an der Spitze am 40 cm im der
Lotrechten herausbiegen , ohne die Elastizitätsgrenze zn überschreiton. Bei der Be-
rechnung der Masten ist man davon ausgegangen, dass, sobald sich nach Brach eines
Drahtes zwischen zwei Masten der Mast krümmt, alsdann durch den vergrößerten Durch-
hang der nächstfolgende Mast gleichfalls einseitig stärker beansprucht wird und sich
deshalb nach der gleichen Richtung, nur nicht so stark wie der Mast am gebro-
Fernleitung des Kanderwerkea am Thunersee. ebenen Felde biegen
wird nnd ebenso der
dritte und vierte.
Diese einfachen
Masten M) konnten aller-
dings nur für gerade
Strecken in der Ebene
Verwendung finden. Bei
der Anlage Zogno am
Brembo mosste aber
das Gebirge, welches
das enge Brembo-Tal
einscUiesst, überschrit-
ten werden, nnd es
waren hier zum Tei!
sehr breite (bis zu 280 m
Spannweite) Schluchten
zu überspannen. Für
diese Strecke sind er-
heblich stärkere eiserne
Gestänge zur Ausfüh-
rung gekommen (vergl.
Abb. 432).
Ein gutes Bei-
spiel für einen grossen
Mast mit Platz für
20 Isolatoren bilden die
aufTaf.LXXXULTig.i
der Anlage Champ
(Füre et Morge
(Spannung 26000 Volt; .
An diesen Hasten finden die Leitungen zweier verschiedener Gesellschaften platz, und zwar
ist für jede Gesellschaft eine Maatseite vorbehalten. Die Leitung Legt zwischen Champ bei Greeobk
nnd Heirans. Die Hohe der Maaten betragt 13,60 m, wovon 1,90 m im Boden stecken, sodass die
SpiUe noch 11,70m ober Terrain hervorragt An der Basis sind die Masten 0,8m auf 0,8 m breit Die
Lyra des Schutirahmena ist 8,70 m hoch nnd 3,4 m breit Die Isolatoren sind so verteilt das» ihre
Linien durch die Spitze eines gleichseitigen Dreiecks von 0,70 m Seitenlange gehen. Um das Arbeiten
an den Drahten einer Seite ra ermöglichen, ohne die Drahte der anderen Seite stromlos zn machen.
ist zwischen den beiden Drahtbfindeln ein in einer senkrechten Ebene befindliches Schatznetz an» Draht
gezogen, weichet sorgfaltig geerdet ist
**) Die Maaten nach Abb. 417 der Anlage Zogno sollen 120 Lire pro Stade gekostet haben.
In grosseren Abstanden werden bei derartigen Anlagen wegen der Montage steife Ahapaan-
maaten nötig.
| 7. FxBSLsrruHQEzr. 1115
Recht zweckmässig and einfach sind auch die Gittermasten, welche zur An-
bringung der Isolatoren an ihrem oberen Ende vertikale Holzsäulen tragen, wie z. B.
die Hasten der auf Tai. LXXXHI, Fig. 5 nnd 5a dargestellten Eisenbannfiberffibrnngen
einer Fernleitung des Kraftwerkes La Dernier-Vallorbe (25000) and einer Fern-
leitung des Kanderwerkes (16000 Volt). Bei der Fernleitung des Kanderwerkes
von Spiez nach Thun längs des Thoner Sees (16000 Volt) wurden Gittermasten mit je
einer HolzAule zn bei-
den Seiten des Mastes Abb- *19' 0berfBh"n« *" ^Ä* der Aak«9 H,gMck flber *"
verwendet (vergL Abb.
84, S. 441, welche "
auf S. 1114 wieder-
holt ist). An dem am
Hast parallel mit der
Leitongsrichtung ange-
brachten eisernen Rah-
men sind die Drähte
von gnt geerdeten
Schatznetzen befestigt,
welche wie bei der
Fernleitung C h a m p-
Hoirans ermöglichen
sollen, Reparaturen an
der einen Seite des
Schutznetzes auszufüh-
ren , ohne die Hoch-
spannungsleitungen der
anderen Seite auszu-
schalten.
Ein Doppelge-
stänge mit Masten ähn-
licher Konstruktion
wurde für die Über-
führung der Fernleitung
der Anlage Hagneck
über den Aarekanal
verwendet (Abb. 419).
Ein gutes Beispiel eines eisernen Doppelgestängea mit hölzernen
Querträgern zeigt die auf Taf. LXXX1II, Fig. 2 dargestellte Fernleitung der
Anlage Turbigo.
Ein anderes sehr steifes Gestänge für grossere Spannweiten zeigt Abb. 420. Hier
galt es, möglichst grosse Spannweiten (100 m und mehr) zn erzielen, da die Fnndierung
der Masten in den Lagunen schwierig war.
Besonders starke Gerüste nach dem Muster der Abb. 421 wurden bei der Fern-
leitung der Kraftübertragung von den Niagarafällen nach Toronto der Toronto
and Niagara Power Company (S. 548 u. S. 1085) verwendet**).
»») Electrica! World ud Engineer 18. IX. 1905. 8. 479. Für grosse Antigen und hohe Span-
nungen nnd neuerdings mehrfach, derartige Gerüete mit Höhen von 18 bis 25 m nnd normalen Spann-
wehen tob 150 bis 200 m ffir gerade Strecken Torgetehlngeu. Durch' Verringerung der Anzahl der
Isolatoren werden die Verloste (8. 1098) nnd die Umsehen Ton Defekten verringert
1116 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Anf je einem Hut rohen 6 Kupferkabel von je 115 qmm Querschnitt Die Feraleitneg itt
120 km lmiig. Je 8 Kabel aollen bei BOOOO.Tolt Spannung mit einem normalen Verlust von 10* ■
12500 PSa übertragen. Für kurze Zeit und bei sehr starker Belastung sind auch 20*/« Verloste rage
lassen (8. 548).
Bei überschläglicher Veranschlagung der Kosten normaler eiserner Gittermasten in
Deutschland kann man je nach dem Umfang der Lieferung und der Starke der verwendeten
Profile pro 100 kg 25— SO M k. in Ansatz bringen, wozu dann noch (abgesehen von den Quer-
armen, Isolatorenhaltern etc.) die Kosten des Transportes und der Aufstellung kommen.
Abb. 420. Fernleitana; der Kjaftabertngnng Cellina nach Abb. 421. Eiserner Maat der
Venedig bei Durehqnemng der Lagunen." Toronto and Niagara Power Co.
c) Masten ans armier-
tem Beton. Das Bedürfnis, die
Anlagekosten der Fernleitung einet
hydroelektrischen Kraftwerkes in
massigen Grenzen zu haiton, und
andererseits der Wunsch, die
durch den schnellen Verfall ton
Holzgestangen verursachte Belastung der Betriebskosten zu vermeiden, haben, nament-
lich in Frankreich, vielfach zur Verwendung von Hasten aus armiertem Betoa
geführt. Abb. 422 zeigt die Hochspannungsleitung Livet-Grenoble (36 km Laute
und 26—32500 Volt Spannung), welche auf Masten ans armiertem Beton mit Holzseele
montiert wurde. Im Vordergründe sieht man einen Turm ans drei Masten von 19,0 m
Höhe, welcher zur Abspannung dient, da an dieser Stelle die Leitung eine grossere
Schlacht überschreitet Ein Mast der genannten Anlage**) für 6 Drähte (8,0 mm)
hat etwa eine Länge von 12,0 m, wovon 1,80 m im Boden stehen. Die Masten sind bei
der Linie Livet-Grenoble in ein Betonbett von quadratischem Querschnitt und 0,6a
Seitenlänge gestellt worden. Ein solcher Mast besteht:
*<) La Hollille Blanche, Revue generale des Forces hydro-e'lectriqnes et de lenra aanli catiaea
Juliheft 1608.
$ 7. FERHLEITdtGCN. 1117
1. Ana einer Seele von grünem Tannenholz mit 9,0 cm Durchmesser am Zopfende
und 19 cm Durchmesser am Fassende.
2. Um diesen Mast ist spiralförmig ein Eisendraht von 6 mm Stärke gewickelt,
welcher dazu bestimmt ist, die ad 3 beschriebene Armatur der Holzseele von dieser so
weit abzuhalten, dass die letztere überall von dem Zementmörtel ad 5 dicht um-
schlossen wird.
3. A«, 8 RMa.»rtäb,„ ™ 7 mm £*«. J-gj^-lJ* . d.
Durchmesser, welche in gleichen Abständen die miertera Beton.
Holzseele umgeben und auf dem ad 2 beschrie-
benen Spiraldraht ruhen. Diese 8 Bundstäbe
werden unter sich und an den Enden durch
Spanndrähte fest in ihrer Lage gehalten und
mit Krampen an dem Holzmast befestigt.
4. Aus einem Drahtnetz mit 22 mm
Maschenweite und 1 mm Drahtstärke, welches
fest um die Armatur der Rundstäbe herumge-
wickelt ist, sodass es sich nicht verschieben kann.
f>. Aus einem Mörtel von V» Gewichts-
teil besten Zementes und ■/» sehr reinen, gro-
ben nnd gut gewaschenen Sandes. Die Zement-
Umhüllung ist am oberen Ende des Mastes min-
destens 2,0 cm stark und verstärkt sich nach
unten zu auf 5 — 6 cm.
Das Holz muss entweder grün seih, da-
mit es nicht aus dem nassen Mörtel Feuchtigkeit
anzieht und sich dann ausdehnt und seine Umhül-
lung sprengt, oder es muss, wenn ausgetrocknetes
Winterholz verwendet wird, 8 Tage im Wasser
gelegen haben.
Der auf die beschriebene Art armierte Holzmast wird in eine Form ans Holz
gelegt (Abb. 423). Diese Holzform, welche bereits die Verkleinerung des Mastdurch-
messers nach oben um je 2 cm in einzelnen Schüssen vorsieht, wird mit eisernen
Schalen ausgefüttert und mit einem Bett aus Zementmörtel versehen. Nachdem der
Abb. 428. Holiform mit Eieen»nrfOtt*ning zur Herstellung von Maaten ans armiertem Beton.
armierte Mast in dieses Mörtelbett fest hineingedrückt ist, wird die obere Hälfte des
Mastes mit Mörtel umgeben und der letztere nach der Lehre umgelegter halber
Halsbänder, welche die gewünschte Form und Materialdicke angeben, znsammengepresst
und abgeglichen (Abb. 424). Eine Kolonne von 16 Mann kann ungefähr 15 Mäste pro
Tag herstellen.
Zu einem Mast von 12,0 m Länge für 6 Drähte gehören etwa 200,0 kg Zement
und der Mast wiegt ungefähr 650 — 700 kg. Für Eckpunkte und besondere Abspan-
nungsstellen werden stärkere Masten angefertigt. Auf 8 km der schon erwähnten Linie
zwischen Livet und Pont de Gavet wurden Masten verwendet mit um 5 cm verstärktem
Durchmesser, da hier 3 Drähte mehr, also 9 statt 6 Drähte unterzubringen waren. Die
Querarme und Querträger werden an den Masten durch Schellen befestigt (Abb. 425).
U18 III. Theodor Koehk. Ausbau von WasskrerXfter. Edieelheitev.
Man kann die Masten erden, indem man einen Drabt der Armatur unten ans
dem Zement herausreichen lägst und ihn mit der Erdplatte verbindet Man kann auch
den Mast als Blitzableiter verwenden, wenn man einen von den Rundstäben, welche zur
Annatur gehören, über das obere Ende des Mastes verlängert. Dadurch, dass das Hobt
so gut wie luftdicht abgeschlossen ist, wird ein Verfaulen desselben wahrscheinlich *
hindert. Aber selbst wenn es vergehen sollte, so wird der armierte Beton im
eine solche Festigkeit erlangt
haben, dass er allein alle Be-
anspruchungen des Mastes er-
tragen kann. Die Seele ans
Holz hat den doppelten Zweck,
erstens als Kern bei Herstel-
lung der Betonhülle zu dienen,
and dann den weiteren sehr
wichtigen Zweck, die Bewegung
des Mastes schon einige Stunden nach der Fertigstellung ohne Schaden
für ihn zn gestatten.
Die Materialstärken des Betons nnd die Armierung aus Eisen werden so gewählt,
dass die beabsichtigte Festigkeit ganz ohne Berücksichtigung der Tragfähigkeit des
Holzes erreicht wird.
Die Lebensdauer solcher Masten wird im wesentlichen von der Sorgfalt der Her-
stellung und von der Art des verwendeten Zementes und Sandes abhängen.
Boargoat") verwendet inr Hälfte schnell bindenden Zement bei Lufttemperaturen unter 20",
bei Temperaturen von 35' and mehr wird nur langsam bindender Zement genommen. 10 Tage nach
der Fertigstellung sollen die Muten bereit« verwendbar sein nnd jeden Transport anahalten kennen.
Trotzdem die Masten auf einer ganzen Reihe von Linien in Frankreich und Ober-
italien ungefähr seit 1903 verwendet sind, liegen natürlich abschliessende Erfahrungen
noch nicht vor. Nach Wissen des Verfassers sollen sich aber bisher wesentliche Schäden
noch nicht herausgestellt haben. Eine längere Erfahrung wird noch lehren
müssen, wie weit die Masten frostbeständig sind. Alles wird darauf an-
kommen, ob der Beton der Masten im Laufe der Jahre rissig wird und infolgedessen
das Wasser in die Risse eindringen kann oder nicht. Würde das in Klimaten mit
starken Frösten der Fall sein, so wäre eine baldige Zerstörung zu befürchten. '.
") Der Fabrikant A. Boargeat in Voiron hat dem Verfasser auf Anfrage mitgeteilt, daaa
er eine Garantie fflr die Haltbarkeit der Masten auf 10 Jahre gegen Zahlung einer Vergütung von 5*/*
übernähme, wogegen er sieh verpflichten würde, alle Maaten, welche innerhalb der Zeit irgendwie
beschädigt werden, zn ersetzen.
Die nachstehende Tabelle gibt eine kleine Übersicht Ober die Biegungsmomente in kg/m, welch»
einigen Masttypen am Fliese «gemutet werden können nnd die Listenpreise ab Voiron.
§ '.
FnonjOTDironr.
1119
sich die Masten aber als frostbeständig, so liegt kein Abb. 426. Abspuntum bei übersehrei-
., n j ■•■_>• i Li ttt - tnng einer Schlacht von 288,0 m Spsan-
weiterer Grand vor, sie nicht in ausgiebiger Weil» we& ^t der Fernleitung der Toronto
zu verwenden. "»* Niagara Power Co.
7. Überführung tod HonhsvaoMnsgvleitaageit
mit grösseren Spannweiten Aber Schluchten, Eisen-
bahnen, Flüsse usw. Zu den grösseren Spannweiten,
welche durch eine 'Fernleitung überbrückt worden,
zählt die Überschreitang einer Schlacht am Nordufer
des Ontario-Sees mit einer Spannweite von 2*3,0 m,
welche zn der Fernleitung der Toronto and Nia-
gara Power Co. gehört (S. 1116)"). Diese Stelle
liegt etwa 48 km von dem Krafthause entfernt.
Abb. 426 zeigt die Skizze eines Abspanntormes. Jede
Leitung ist auf dem Turm auf drei Isolatoren be-
festigt. In der Nähe dieser Überschreitung befindet
sich eine zweite Schlacht, welche mit 193 m Spann-
weite überschritten wird.
Eine ähnlich grosse Spannweite ist bei der
Eraftübertragongsanlage Tofrehult-Westervik in
Schweden ausgeführt1").
Ungefähr in der Mitte (wischen Tofvehnlt und
Westervik schneidet ein enger •cniffbarer Meerbusen in das
Land tief hinein. Wenn die Leitung um diesen Basen hemnt-
Forteebnuig der Fostnote 82.
»istsfel der Masten ans armierte]
- .- _
Zöllen«
DnrchmeBaer
Hohe in
Preia des nun
Biegung mm Fasse in kg/m
(Hohe X Kraft)
an den Enden
in Krs.
(Rabatt* TorbthalWai
6,50
1500
20.18
80,-
6,50
4000
22.15
60
_
8,50
1500
22.18
43
_
8,50
4500
25.15
82
_
10,0
1500
22.13
52
—
10,0
4500
25.15
95
—
10,0
10000
81.22
145
—
11,0
2000
25.13
65
—
11,0
8000
27.15
78
11,0
10000
34.22
174
—
12,0
2000
25.13
75
—
12,0
3500
27.15
98
—
12,0
10000
34.22
19«
—
H,0
2400
27.13
98
—
14.0
5000
29.15
154
—
14,0
10000
84.20
220
—
16,0
2400
29.18
135
—
16.0
5000
81 . 15
180
—
16,0
10000
84.17
285
-
äs) Hektr. Zeitschr. 1905. S. 1088.
>■) Arvid Westerberg, Stockholm, Die Kraftubertragnngssnlage Tof vehult-Westervik
1 Schweden. Elektr. Kraftbetriebe und Bahnen. 1907. S. 641—645.
1120 lü Theodor Koehn. Ausbau vor WAflBEBEK&prBtr. EnfZRMixmK,
Abb. 428. Anseht qih
du Hutkopfe« mit SUtsküaej
Abb. 187. Anflicht der Überführung der Fernleitung Tofvehnlt- Abb. 428. Ansicht und Gnudrtam
Westervik Schweden aber einen Fjord.
Abb. 429. Abspsnntnrm der Kraft leitnpg
TofVehnlt- Westerrik Schweden mit 224 m
Spannweite.
§ 7. Fbbhlutdhgen. 1121
geführt worden wir«, bitte dieselbe 6 km langer werden müssen als die 14,5 km lange Luftlinie zwischen
dem Kraftwerk und der Stadt Es wurde deshalb der Meerbusen mit einer Leitung in einer Spannweite
von 224,0 m (Abb. 487) gekreuzt. Bitte man in die oberirdische Hochspannungsleitung an der Kreuzung*'
stelle Kabel einlegen wollen, so wäre es bei der gewählten Spannung von 10000 Volt nötig gewesen,
besondere Überspann unga Vorrichtungen vorzusehen und zwei Kabel in verlegen. Selbst wenn diese
Massregeln getroffen worden waren, wurde die Kreuzung mittelst Kabel dennoch eine geringere Betriebs-
sicherheit geboten haben als die oberirdische Kreuzung, abgesehen von den Kosten. Die Hohe der
Leitung Aber dem normalen Wasserstand betragt am niedrigsten Punkt noch 40,0 m. Als Leiter dienen
4 Stahlseile von 60 qmm Querschnitt, von denen 1 als Reserve dient. Diese Kabel werden an beiden
Ufern von je einem 21 m hohen Gitterturm getragen (Abb. 428 und Abb. 429). Jeder Turm hat
4 Aasleger, 2 auf jeder Seite, welche die isolierenden Stützkissen tragen. Letxlere bestehen je ans
einem Eichenblocke, welcher auf 6 Hochspannungsisolatoreu ruht (Abb. 480). Die Isolatoren, deren
Abb. 432. Fernleitung im Gebirge der Kraftübertragung von Zogno am Brembo nach Monza.
eiserne Stützen mit Bolzen an deii Auslegern versefaraubt sind, wurden in den Eichenblock mit Zement
fest verkittet. Der Eicbenblock ist auf seiner Oberseite mit dünnem Zinkblech zum Schutze gegen die
Witterung bekleidet Damit die Horizontal- Kräfte in den Seilen nicht auf die Turme übertragen werden,
sind die Stfltzkissen der Seile auf je 4 gusseisernen Waisen gelagert Die Walzen ruhen auf einer guss-
eisernen Platte, welche ihrerseits mit dem Eichenblock verschraubt ist Eine seitliche Verschiebung
der Waken ist durch ihre beiderseitigen Flanschen verhindert. Die Leitfähigkeit eines Stahlseiles ent-
spricht etwa derjenigen eines Kupferdrahtes von 7 qmm. Die Zugspannung in jedem Seil zwischen den
Türmen betrügt bei — 30° C 600 kg und diejenige in dem Teil zwischen dem Turm und der Veranke-
rungsstelle 750 kg, sodass die grösste Beanspruchung etwa 12,50 kg/qcm ausmachen kann. Der Durch-
hang der Seile zwischen den Türmen betragt bei -\- 80° C. 9,0 m. Da die Seile aber in verschiedenen
Hohen liegen und ihr Abstand in der Wagereehten ungefähr 2,0 m betrügt so ist eine Berührung der
Seile ausgeschlossen. Es soll sich auch gezeigt haben, dass die Seile selbst bei starkem Sturm nur
wenig in Schwingung genton. Jedes Seil ist am Ufer im Felsen verankert. Um die stromführenden
Teile von der Erde zu isolieren, mussten besondere Spannisolatoren eingebaut werden (Abb. 430
und 4SI). Diese Isolatoren, von denen je zwei in Reihe geschaltet sind, sind für je 20000 Volt gebaut
und können nach der ausgeführten Probe in trockenem Znstande eine Spannung von 25000 Volt aus-
halten. Um die Isolatoren vor Feuchtigkeit zu schützen, sind sie ganz von Mänteln ans Zinkblech um-
hüllt Die Isolatoren bestehen aus Hartporsellan und zur besseren Auflagerung desselben ist zwischen
Porzellan und Eisen je eine Bleiplatte eingelegt
m. Ttil. 13. Bd. 71
1122 III. Theodob Koehn. Ausbau vom Wasserkraftes. Ewzelheites.
Bei der schon S. 1113 erwähnten Leitung Zogno-Brembo kommen Spannweiten
bis zu 280 m vor und der Höhenunterschied zwischen den Isolatoren zweier Muten
betragt z. B. an einer Stelle 58,85, an einer anderen 60,60 und an einer dritten aogar
101,50. Einen Teil dieser Fernleitung im Gebirge zeigt Abb. 432.
Abb. 488. Stahlturm der 1870 m weiten Ober- Abb. 434. Stfltzkiasen eine* Stahlseil« der Überfobraag Ober
" " die Qnarqninei Meerenge.
Abb. 435. Ansicht der Abspann iaolatoren zu Abb. 433.
Abb. 436. Ansicht der Holzschuppen
nun Schatze der Abspannisolatoren zu
Abb. 488.
Die grösste heute bekannte Spannweite
dürfte bei der schon S. 1085 erwähnten Linie der Bar
Counties Power Company ausgeführt sein40). Die
Hochspannungsleitungen dieser Gesellschaft müssen un-
gefähr 30,0 km nördlich von Oakland die Quarquinez-
Meerenge kreuzen, und man hat hier, nm die Betriebsunsicherheit, welche infolge Ein-
schaltung eines Kabels in eine Luftleitung durch die Kapazität (Ladung) des Kabels ent-
*») Arvid Westerberg, Stockholm, Ho chepannungsan Ordnungen bei ArbeitanbertraguageB
im Westen Amerikas. Etektr. Kraftbetr. u. Bahnen. 1905. S. 540.
Fkrhleitukgkii.
stehen kann, zn vermeiden, eine
sehr kühne Konstruktion aus-
geführt. Die Spannweite der
Üb orführungbeträgt 1570,0m.
Der niedrigste Punkt dieser
Überführung liegt 33,0 m über
der Wasserfläche.
Jede Leitung besteht ans
vier Stahlseilen von 22,0 nun Durch-
messer, von denen eines als Reserve
dient Abb. 483 zeigt den Stahlturm am
südlichen Ufer. Der Stotapunkt auf
der nördlichen Seite ist noch unge-
fähr dremml so hoch. Abb. 484 zeigt
das Stlktxkissen eines Seiles. Jedes
Stahlseil ist hinter dem Turm ver-
ankert, und um das Kabel von Eni«
zu isolieren, sind je r.wei grosse
Abspanntsolatoren") in Reihenschal-
tung zwischen der Ankerplatte und
dem Seil eingeschaltet und durch je
einen Holzschuppen geschützt. {Abb.
435 und Abb. 436) Diese Isolatoren
sollen, mit Rockeicht auf die auf
65000 Vulr. erhöhte Betriebsspannung
durch Porx eil anisul stören des .Cali-
fornia Types" ersetzt werden, welche
aus einem .Regenschirm* und 4 in-
und abereinandergreif enden Hanteln
bestehen. •=
Bei Überführung von £
Eisenbahnen und Wegen &
werden in der Schweiz nur gut |
geerdete Fangbügel verlangt, «
bei deren Berührung ein geris- 3
sener Draht sofort stromlos wird CS
(vergL Taf. LXXXIU, Fig. 3, t
5 und 5a). In Deutschland, »
Frankreich und Italien wird bei J
EiBenbahnkreuzungeQ meistens E
verlangt, dass entweder die •§
Starkstromleitungen mit einem n
Schutznetz so umgeben sind, gj
dasB kein gebrochener Draht .
herabfallen kann, wie z. B. bei ^
der Überführung der Fernlei-
tung des Kraftwerkes Avig-
nonnet über die Eisenbahn
St. Georges de Comraiers-
La Mure (Taf. LXXXIU,
Fig. 6), oder dass die Fernleitungen in einer steifen Laufbrficke überführt werden,
SP
i>) Hergestellt von der Looke-OesellschafL
71*
1124 IIL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
wie es bei der spitzwinkligen Kreuzung der Fernleitung des Kraftwerkes Avignonnet
über die Eisenbahn Paris-Lyon-Marseille geschehen ist (Taf. LXXXIH, Fig. 4).
Bei der Fernleitung der Urft-Talsperre (35000 Volt) hat man gleichfalls an
13 Stellen solche Gitterbrücken verlangt, deren Kosten sich durchschnittlich auf je
1400 Mk. gestellt haben42). Um das Durchgleiten gerissener Hochspannungsdrfthte nach
unten völlig unmöglich zu machen, musste die ganze Brückenbahn mit Brettern ver-
schall werden.
(Nach den neuen Verbandsvorschr . wurde Ausführung .mit erhöhter Sicherheit* genflgen.
vergl. Fussnoten 14, S. 1089 und 51, S. 1138.)
Eine Unterführung einer Hochspannungsleitung mittelst isolierter Kabel unter
einen Eisenbahndamm bei der Fernleitung La Goule zeigt Abb. 437.
Zum Schluss dieses Abschnittes mag noch ein Hinweis auf den eisernen Ver-
teilungstarm der Fernleitung des Lech wer ks-Gersthofen Platz finden, welcher anf
Taf. LXXXHI, Fig. 7 dargestellt ist. Die Örtlichkeit dieses Turmes lfisst sich ans
Abb. 136, S. 560 erkennen. Er enthält die Schaltapparate für die einzelnen Fern*
leitungen und die Blitzschutzvorrichtungen. Die Bodenfläche des Schaltraums misst 7,2
auf 7,0 m (vergl. S. 569 u. 570).
8. Die Isolatoren und ihre Stützen, a) Die Isolatoren. Als Material für
Hochspannnngsisolatoren wird neuerdings ausschliesslich das Hartporzellan verwendet
Es besitzt eine grosse mechanische Festigkeit und einen grossen Isolationswiderstand.
Beim Schlag mit einem harten Gegenstande kann man zwar Stücke herausschlagen,
aber es hält in der Masse zusammen, ohne rissig und splittrig zu werden. Früher,
namentlich in Amerika, wurden auch Glasisolatoren für Hochspannungsleitungen ein-
gebaut. Das Glas hat sich aber als zu spröde und sehr empfindlich gegen Temperatur-
schwankungen erwiesen. Es ist immer voller Spannung und sein Bruch daher nicht
kurz und muschlig wie bei Porzellan, sondern splittrig, sodass ein Steinwurf einen Glas-
isolator vollständig betriebsunbrauchbar machen kann. Besonders häufig sind die Glas-
isolatoren gebrochen, wenn sie nach einer kalten Nacht von der Sonne beschienen wurden.
Das Hartporzellan besteht in der Hauptsache aus Porzellanerde und aus Feld*
spat mit einer Beimengung von Quarz. Die Porzellanerde führt auch den Kamen
Kaolin nach der Halbinsel Korea (Kaoli), wo von altersher Porzellanerden gefunden und
verwendet wurden. Bei der Fabrikation wird die Masse durch Schlemmen und Mischen
vorbereitet, alsdann werden die Stücke durch Drehen, Formgiessen oder Stanzen her-
gestellt. Die aus der plastischen Masse in der beabsichtigten Form hergestellten Gegen-
stände dürfen nur in Trockenräumen ohne Zugluft und nur einem langsamen Trocken-
prozess ausgesetzt werden, durch welchen das im rohen Porzellan enthaltene Wasser
verdunstet wird. Alsdann werden die Stücke in Chamottekapseln einem Glühprozess
unter einer Temperatur von ca. 800—900° C. ausgesetzt, wodurch das Porzellan eine
solche Festigkeit erhält, dass es seine Erweichbarkeit im Wasser verliert, zugleich aber
auch so porös wird, dass es begierig Wasser aufsaugt So vorbereitet werden die
Stücke durch einen dünnen Glasurbrei langsam hindurchgezogen, wobei sie Feuchtigkeit
kräftig aufsaugen, die darin enthaltene Glasur aber auf ihrer Oberfläche zurückhalten.
Die Glasur besteht meistens aus einer Mischung von Porzellanerde und Kieselverbindungen,
wie Feldspat, Gips, Kalk etc. Sie erscheint nach dem Trocknen auf dem Porzellan ab
ein pulvriger Überzug, welcher durch den „Glattbrand" ein glasartiges Aussehen er*
halten soll. Stellen, welche nicht glasiert werden sollen, werden entweder, solange der
4«) Schwachstromschuti b. d. Hochspannungsanlage der Urft Takperren-Ges, Ardür 1 Ptoot «.
Telegraphie. Febr. 1906. S. 77 und Klektr. Zeitschr. 1906. S. 590. Die VerUndsvorschriftcn sind flr dw
Eiseobahnverw. nicht verbindlich.
S 7. FnBKUtrnnrozur. 1125
Überzog noch seine pulvrige Beschaffenheit hat, durch Abwaschen mit Hilfe einer Filzplatte
oder eines Schwammen Ton dem Überzug befreit, oder sie werden, soweit es auf einfache
Weise möglich ist, vor dem Eintauchen in den Glasurbrei abgedeckt Das Glattbrennen
geschieht in feuerfesten, fest verschlossenen Kapseln aus Chamotte und reinem Ton,
weil die Hartporzellankörper nicht von der Stichflamme berührt werden dürfen. Da die
Kapseln als schlechte Wärmeleiter nach dem Brande ihre hohe Temperatur nur langsam
abgeben, findet auch die Abkühlung der Porzellanstücke langsam statt. Die Brenndauer
ist verschieden je nach der Ofenkonstruktion und schwankt zwischen 14 und 24 Stunden.
Die Temperatur im Ofen steigt bis zu 2000° C.
Di« modernen Ofen brennen meistens mit niederschlagender Flamme, sie nutzen aber alle kaum
mehr als 15*/« des Heizwertes der Kohle aas, weil zum Ponellanbrande eine mit Kohlenstoff übersättigte
Flamme notwendig ist und ein Luftzutritt, welcher eine vollkommen» Verbrennung ermöglichen konnte,
vermieden werden musa, Abb. 488 stellt den Schnitt durch
einen dreiato^gen Porzellanofen dar. Die unterste Etage G Abb- *88. Querschnitt durch einen drei-
ist rar den Scharffenerbrand (Glattbrand) beatimmt, die atöckigen Poraellanoien.
oberste E für den Gluhbrand, die mittlere K rar das Brennen
der Kapsel (Cnamotteklsten) *»). Der Ofen ist kreisrund
und hat einen lichten Durchmesser von 4,5 bis 6,0 m. Die
Ofenwand ist süssen ans gewöhnlichen Backsteinen au'
sehr solidem Steinfundament und innen mit Chamotte
siegeln ausgekleidet, ungefähr 1 m im ganzen stark. Die
unterste Etage ist bis zum Gewölbe 2,5 bis 8,0 m, die
mittlere ca. 1,75 bis 2 m, die oberste bis zum Schornstein
ca. 5 bis 8 m hoch. Der Schornstein hat eine Hohe von
ca. 8,0 bis 10,0 m und eine lichte Weite von 0,6 bis 1,2 m.
Jede Etage hat eine turartige Öffnung, die wahrend des
Brandes mit Chamotte liegein zugemauert wird. Der oben
skizzierte Ofen mit niederschlagender Flamme hat 7 Plan-
roste von ca. 1 qm Flache (B). Die Flamme dringt durch
den Kanal c in den Ofen, steigt auf, ttberachligt sich am
Gewölbe und zieht durch eine grosse Anzahl kleiner runder
Kanäle (k) im Boden des Ofens ab. Diese Kanäle sind in
konzentrischen Kreisen angeordnet, haben ca. 15 bis 80 cm
Durchmesser und vereinigen sich unter der Ofensohle zu
grosseren Kanälen, die an der Peripherie des Ofens zusammenmQnden, und zwar so, dass die geteilte
Flamme hier wieder zusammengeführt wird, um in senkrecht aufsteigenden Kanälen von ca. 40 cm lichten
Durchmesser (F) — die Kanäle in der Ofenwand sind immer in der Mitte zwischen swei Feuerungen
angeordnet — in die zweite Etage geleitet zu werden. Aus dieser Etage steigt die Flamme durch
eine grossere Anzahl wieder in konzentrischen Kreisen angeordneter senkrechter Kanäle im Gewölbe
direkt in den Glühofen und von hier in den Schornstein. Im unteren Scharffener-Ofen herrscht eine
Temperatur von ca. 1500 bis 2000° C, in dem obersten eine solche von 600 bis 800* C.
In dieser obersten Etage müssen also die getrockneten Waren den Glnhprosess durchmachen
und zwar in sogenannten Kapseln aus Chamotteraasse. Die Kapaelmasse besteht meist aus einem fetten,
eshr plastischen, feuerfesten, einem mageren, feuerfesten Ton und aus Chamotte (gemahlene, gebrannte
Kapseln). Die Kapseln werden in Gipsformen in gleicher Weise wie dss Porzellan geformt und getrock-
net und dann in der mittleren Etage K gebrannt
Die Druckfestigkeit des guten Hartporzellans kann man im Mittel zu 4000
bis 4500 kg/qcmM) annehmen. Die Zugfestigkeit ist nicht sicher feststellbar, weil
es nicht gelingt, VeroucbssUbe bo herzustellen, dass alle Teile des Querschnitts wirklieb
nur auf Zug beansprucht werden.
«■} Joseph Hersog und Clarencn Feldmann, Die Herstellung dss Porzellsns fax die
Elektrotechnik. Elektr. Zeitschr. 1900. 8. 910.
««) Robert H. Friese, Das Porzellan als Isolier- und Konetrukäonsmateriai in der Elektro-
technik. 1904. S. 41.
1126 III- Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften.
Friese gibt dieselbe aus drei grösseren Versuchsreihen als Hittelwerte auf
1300 kg, 1700 kg und 2000 kg/qcm an.
Die BiegaRgBfestigkeit (Biegungsmoment durch Widerstandsmoment) kann zu
420—600 kg/qcm, im Mittel zu 490 kg/qcm angenommen werden. Den Elastizitätsmodul
fand Friese aus der Durchbiegang einseitig eingespannter Stäbe zu 540000 — 710000,
im Mittel somit zu 625000. Die spezifische Wärme, d. h. diejenige Wärmemenge,
welche erforderlich ist, um die Temperatur der Masseneinheit um 1° C. zu erhöben
(Wasser = 1 angenommen) beträgt 0,17.
Während es bei dem Schwacbstromisolator in erster Linie auf Oberflachen-
isolation ankommt, welche dadurch erreicht wird, dass man die isolierende Weglinge
von der Bundrille des Isolators zur Stütze lang macht (Abb. 439), kommt es bei den
Hochspannungsisolatoren noch sehr wesentlich auf Durchschlagsfestigkeit und
auf die Verhinderung von Randentladnngen an.
telegrai.hcnglocko. Die Randentladungen entstehen besonders, wenn durch
■ Sprühregen die Glocke mit einer Feuchtigkeitsschicht überzogen wird
! Beim Beginn der neueren Entwickelung der Hochspannnngsüber-
tragungen versuchte man zunächst die alten Telegraphen-Isolierglocken
(Abb. 439) durch Vergrösserung ihrer Höhe und Materialstärke für
die hohen Spannungen geeignet zu machen. Bei trockenem Wetter
genügte diese Art Glocken auch, aber bei Feuchtigkeit zeigte sich,
dass die am unteren Rande der Glocke sich bildenden Tropfen nicht
mehr der Schwerkraft folgten, sondern von der Spannongsdifferenz
zwischen der in ihnen befindlichen Elektrizität und der Stütze (Poten-
zial = 0) angezogen wurden, sodass hierdurch eine Entladung statt-
fand. Diesem Übelstand hat man abgeholfen durch die regen-
schirmartige Ausbildung verschiedener Mäntel übereinander, deren
1 Ränder auf diese Weise von der Stütze weiter abgerückt wurden.
Dadurch sollen die mit Elektrizität geladenen Wassertropfen verhindert werden, iora
äussersten Rande des Schirmes zu der Stütze zu gelangen. Solche Typen nennen die
meisten Fabrikanten Delta-Glocken (Taf. LXXXI).
Bezeichnet man die Betriebsspannung, d. h. die Spannung von dem hinführenden
Draht zu dem zurückfahrenden Draht mit E, so ist die Spannung zwischen der Stütie
(Erd- Potenzial 0) und Draht bei gewöhnlichem Wechselstrom -=■, bei Zweiphasenstrom
E E
-=, bei Drehstrom ■ = .
V2 /3
Es kann aber dadurch, dass ein Leitungsdraht ans irgend welchen Gründen auf
eine Stütze oder das Gestänge herabfällt, sodass dasselbe seine Spannung annimmt, eine
Spannung zwischen Bnndrille und Stütze eintreten, welche der Betriebsspannung gleich
ist. Infolgedessen wird für die Prüfung eines Isolators gegen Randentladnngen die
Betriebsspannung zugrunde gelegt und zwar kann man sich damit begnügen, wenn
die Spannung, bis zu welcher die Glocke gegen Randentladungen gesichert ist, das
1,6 fache der Betriebsspannung beträgt, vorausgesetzt, dass die Prüfung bei starker Be-
sprengung mit Wasser erfolgt Bei Isolatoren, welche in der Nähe von Meeresküsten
stehen, wo auch die atmosphärischen Niederschläge salzhaltig sind, muss man die Siebe-
rungen gegen Randentladungen noch erhöhen.
Die Oberflächenisolation hängt von der Beschaffenheit der Oberfläche und
der Weglänge ab, welche ein Stromfaden von der Bundrille bis zur Stütze, ohne dn
§ 7. Fkbhlbittogsv. 1127
Oberfläche zu verlassen, zurückzulegen hätte. Durch die Glasur wird die Oberflächen-
isolation sehr stark erhöht, ganz gleichgültig, welche Farbe sie besitzt. Da die Glasur
auch die Widerstandsfähigkeit gegen chemische und atmosphärische Einwirkungen sehr
erhöht, werden allgemein auch die Bänder der Isolatoren und auch die inneren Mantel-
flächen mit glasiert.
Die Stellung der Mäntel gegeneinander ist so gewählt, dass Spritzwasser, welches
von dem auf das Gestänge auffallenden Tropfen zurückgeschleudert wird, nicht in die
inneren Mantelflächen hineingelangen kann. Bei guter Glasur läuft das Wasser an der
glatten Oberfläche in einzelnen Tropfen schnell ab, ohne dass die ganze Fläche mit
einer gleichmässigen Feuchtigkeitsschicht überzogen wird. Schnee, welcher auf der
glatten Oberfläche liegen bleibt, isoliert selbst. Überdies wird die Schneedecke an der
Berührungsfläche mit dem Isolator sofort wässerig und gleitet herab, sobald sich nur
der geringste Strom auf der Isolatoroberfläche bildet.
Um zu verhindern, dass sich Insekten oder Staub im Innern der
Mantelflächen festsetzen können, sind die Mäntel zueinander so geneigt, dass der
Hohlraum sich nach aussen stark erweitert und dass das Tageslicht und auch der Wind
Zutritt hat. Erfahrungsgemäss bleiben Isolatoren des sogenannten Deltatyps fast
völlig rein.
Bei der Sicherung gegen das Durchschlagen ist zu beachten, dass sowohl
durch atmosphärische Entladungen als auch durch die sogenannten Besonanzerschei-
nungen wesentliche Überspannungen vorkommen können. Infolgedessen legt man in
Deutschland ziemlich allgemein für kleinere Spannungen bis zu 10000 Volt eine drei-
fache Prüfspannung zugrunde. Bei höheren Spannungen begnügt man sich mit der
anderthalbfachen bis doppelten Prüfspannung, sodass ein Isolator für 20000 Volt auf
Durchschlag mit 30—40000 Volt zu prüfen wäre. Übertriebene Prüfspannungen könnten
leicht im Dielektrikum Veränderungen herbeiführen, welche noch nicht genügend geklärt
sind. Manche Firmen geben allerdings für ihre Hochspannungsisolatoren höhere Prüf-
spannungen «als das Doppelte der Betriebsspannung an (Taf. LXXXI). Über die Dauer,
während welcher man den Isolator dieser Prüfspannung aussetzen soll, gehen die An-
sichten noch auseinander. In der Porzellanfabrik Hermsdorf-KIosterlausnitz z. B. sind
keine bestimmten Fristen für die Prüfungsdauer festgesetzt, vielmehr wird so lange
geprüft, bis nach Ausscheiden des letzten durchgeschlagenen Stückes noch eine weitere
Viertelstunde verstrichen ist, ohne dass sich Schäden gezeigt haben.
Ein Isolator, welcher der vorgeschriebenen hohen Durchschlagsfestigkeit genügt,
entspricht bei richtiger Auswahl des Materials und bei sorgfältiger Herstellung auch
den Ansprüchen auf mechanische Festigkeit Ein Isolator wird in der Scheitelrille
durch das Gewicht des Drahtes, vermehrt um den zusätzlichen Winddruck und die Ge-
wichtserhöhung durch Schnee oder Rauhreif, auf Druck beansprucht, dagegen in der
Halsrille auf seitlichen Zug. Die mechanischen Belastungen einer Glocke sind, wie
bereits S. 1094 erwähnt wurde, insofern von der Betriebsspannung abhängig, als der
Querschnitt der Leitungen im umgekehrten quadratischen Verhältnis zur Spannung ab-
nimmt. Meistens wird man aber danach streben, durch Verteilung des für die verlangte
Arbeitsleistung erforderlichen Gesamtquerschnitts auf mehrere Leitungssysteme
den Drahtquerschnitt so zu gestalten, dass er aus Festigkeitsgründen gerade noch ge-
nügt, und aus diesem Grunde kann man sagen, dass in der Praxis die mechanischen
Belastungen einer Glocke von der Betriebsspannung ziemlich unabhängig sind. Bei den
meisten Normalien von Hochspannungsisolatoren ergibt sich bei kleinen Betriebsspan-
nungen eine reichliche, bei hohen Spannungen eine überreichliche mechanische Druck-
1128
IIL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
festigkeit. Bei Isolatoren für niedere Spannung (etwa 10000 Volt) rechnet man
mit einer zulässigen Belastung von etwa 1000 kg, bei den grossen Glocken für hohe
Spannung etwa 3000 kg pro Glocke45).
Die Zugfestigkeit in der Halsrille ist in allen Fällen so gross, dass eher die
Stützen krumm gezogen werden, als der Isolatorkopf abgesprengt wird.
Bei guter Glasur und gutem Garbrand kann der Isolator einen sehr kräftiges
Schlag oder Steinwurf vertragen, ehe eine Verletzung eintritt. Auch sollen in solchen
Fällen nur Stücke ausbrechen aber keine weiterlaufenden Sprünge entstehen. Vielfach
wird der braunen Glasur der Vorzug vor der weissen gegeben, weil erfahrungsgemäß
der weisse Isolator einen stärkeren Anreiz bietet als Zielobjekt für Steinwürfe und weil
sich bei der braunen Glasur an der weissen Farbe der Ausbrüche Verletzungen leichter
von unten erkennen lassen.
Es ist allgemein üblich, für den Isolator auch das Gewicht anzugeben, weil mit
Rücksicht auf die geringere Belastung des Gestänges und bei der grösseren Wahrschein-
lichkeit eines ganz gleichmässigen Garbrandes bei kleinerer Masse die leichteren Glocken
bei gleicher Isolierfähigkeit den Vorzug verdienen. Bezüglich der Energieverluste in
Watt an einer Hochspannungsglocke vergl. S. 1094.
Die verschiedenen Isolatorentypen sind auf Taf. LXXXI so deutlich dargestellt,
dass eine Beschreibung überflüssig wird.
Bei den grossen aus mehreren Stücken hergestellten Isolatoren werden meistens
die Berührungsflächen der einzelnen Stücke vor dem Garbrande mit Glasur bestrichen
und dann im Garbrande selbst durch die Glasur vereinigt.
b) Die Isolatorenstützen. Die Stützen werden heute meistens aas
Eisen oder Stahl hergestellt. Das obere Ende der Stütze wird mit Hanf, welcher in
Leinöl oder in eine Mischung von Leinöl und Mennige oder Bleiglätte getaucht ist, fest
umwickelt und der Isolator aufgedreht. Bei sehr stark bean-
Abb. 440. Isolatorenstützen. Spruchten Isolatoren namentlich an grösseren Winkelpunkten
i wird auch wohl ein Kitt aus Bleiglätte und Glyzerin, welcher
*■ ^ rasch erhärtet und nicht treibt, oder auch Hanf mit einer
Schellacklösung verwendet. Vor Aufwickelung des Hanfes
wird das obere Ende etwas aufgeschlagen, sodass scharfe
Haken und Rillen entstehen, durch welche der Hanf gehalten
<0 wird. Man unterscheidet im allgemeinen hakenförmige
Stützen (Taf. LXXXI, Fig. 14 und Abb. 440), welche direkt
in den Mast eingeschraubt werden, und gerade lotrechte Stützen, welche mit
Bund und Schraubenmutter an den Querrahmen oder Querträgern verbolzt sind, (Taf.
LXXXI, Fig. 10, 11 und 12) und konsolartige Stützen (Taf. LXXXI, Fig. 13 und
Abb. 411 u. 418, S. 1106 u. 1113), welche mit wagerechten Bolzen direkt an den Masten
oder an den Querträgern befestigt werden. Bei geraden Stützen werden auch statt des vollen
Rundeisens verzinkte Röhren verwendet. Die diesbezüglichen Modelle von der Firma
Richard Ginori in Mailand schwanken zwischen 195 und 500 mm Länge mit lichten Durch-
messern von 18 bis 31 mm (*!* bis V/i Zoll). Darstellungen der Stützen mit Gewichts-
angaben befinden sich auf Taf. LXXXI, Fig. 19 46).
«6) Vergl. hierzu die Gewichtstabelle für Kupferdraht S. 1142 und die Zahlentafeln & 1151 wd
8. 1152, wonach sich die Gewichtsvennehrungen aus Eis, Schnee und Wind ergeben.
**) Per Preis einer Stutze betragt bei 195 mm Lange und 18 mm innerem Durchmesser (500 g
Gewicht) ca. 0,80 Lire; bei 300 mm Länge (900 g Gewicht) 0,80 Lire; bei 420 mm Länge und 25 na
(1 Zoll) innerem Durchmesser (1500 g Gewicht) 1,20 Lire; bei 500mm Länge und 31mm (IV« W
innerem Durchmesser (2570 g Gewicht) 1,70 Lire.
f 7. Fernleitungen. 1129
Um die Oberflächenisolation und die Sicherung gegen Randentladungen noch zu
vergrössern, werden bei einzelnen Typen fiir sehr hohe Spannungen (vergl. Taf. LXXXI,
Fig. 8, 17 und 18) die Stützen mit Porzellanhülsen umgeben, die bis auf den tragenden
Querarm reichen.
Das Gewicht einer Hakenstütze aus Vierkanteisen von 22 mm Seite beträgt
etwa 2,0 kg, das Gewicht einer geraden Stütze von 20 mm Durchmesser und 270 mm
Länge etwa 1,0 kg.
Da jeder einzelne Isolator sorgfältig auf Durchschlagfestigkeit, Sicherheit gegen
Randentladungen und Oberflächenisolierung geprüft werden muss, haben alle grösseren
Fabriken besondere Prüffelder47). Ausserdem werden die vorgeschriebenen Abmessungen
durch Nachmessen an einzelnen Exemplaren untersucht, der gute Brand und die Freiheit
von Rissen durch den Klang beim Anschlagen geprüft und die Höhe der mechanischen
Festigkeit durch Versuche an einzelnen Isolatoren festgestellt.
9. Die Verteilung der DrShte für die Kraftübertragung und den Dienstfern-
sprecher auf dem Gestänge, sowie die Schutzvorrichtungen gegen die Gefahren bei
Berührung von Hochspannungsleitungen* Den Achsenabstand der Drähte voneinander,
welcher bei Telephon- und Telegraphenleitungen zu mindestens 30,0 cm angenommen
wird, wählt man bei Hochspannungsleitungen mit mehr als 500 Volt (abgesehen von
besonderen Fällen, in welchen man besondere Wirkungen erzielen will) nie kleiner als
50,0 cm. Dieser Abstand ist bis zu 5000 Volt zulässig. Würde man den Abstand
kleiner wählen, so würden, wachsend mit der Spannung, sogenannte „dunkle Ent-
ladungen41 von Draht zu Draht stattfinden, welche zu Störungen im Betriebe und zu
Effektverlusten führen würden. Bei höheren Spannungen wählt man den Abstand ungefähr
um je 10 cm für je 5000 Volt Spannung grösser, sodass der Abstand bei 10000 Volt
60,0 cm und für 15000 Volt 70,0 cm wird und so fort.
Zur ungefähren Berechnung des zweckmässigsten Abstandes in cm gilt für höhere
Spannungen die empirische Formel
d (Achsenabstand der Drähte in cm)= 18 . 1/^^j,
worin V die Betriebsspannung in Volt bedeutet48). Diese Abstände beziehen sich auf
einen Mastenabstand von 45,0 bis 50,0 m. Wächst derselbe, sodass durch Schwingungen
je 2 Drähte näher aneinander herankommen können, so muss der Achsenabstand der
Drähte vergrößert werden.
Über den Abstand der Drähte von Hochspannungsleitungen von Erde schreiben
in § 23, ad h die alten und in § 22 ad b 1 die neuen Verbandsvorschriften vor :
Ungeschützte Freileitungen sollen mit ihren tiefsten Punkten in der Regel mindestens
6,0 m, bei befahrenen Wegflberfohrungen mindestens 7,0m von der Erde entfernt sein. Diese
Vorschrift ist besonders erlassen mit Rücksicht auf die Lebensgefahr, welche bei zufälliger Berührung,
von HochspannungsdrShten für unisoliert stehende Menschen und Tiere besteht
Was die gegenseitige Anordnung der Drähte an einem Gestänge betrifft, so muss
man nach den verschiedenen Systemen unterscheiden.
Bei Gleichstromleitungen hat man mit dem Abstand nur auf die Ver-
meidung von Entladungen von Draht zu Draht Rücksicht zu nehmen, bei Wechsel*
**) Ein solches Prüffeld der Hermsdorfer Fabrik ist in der E.T.Z. 1902. S. 471 von R. Friese
beschrieben.
«•) »Das Porzellan als Isolier- und Konstraktionsmaterial in der Elektrotechnik", herausgegeben
von Robert M. Friese, 1904. Aufsatz des Oberingenieum EL Wallern, 3. 127.
1130
IIL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
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4/
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A
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Stromleitungen dagegen kommt noch die Rücksicht auf die Selbstinduktion und
auf die gegenseitige Induktion der Leitungsdrahte in Betracht49).
Ergibt beim Einphasensystem die Querschnittsberechnung einen Querschnitt
von zusammen z. B. 30 qmm pro Draht, so ist es, sofern die mechanische Festigkeit
bei dem gewählten Mastenabstande völlig ausreicht, vorteilhaft, statt 2 Drähte von
je 30 qmm, 4 von je 15 qmm zu verlegen, weil die Induktionswirkungen durch Ver-
kleinerung der Stromstärke pro Draht
Abb. 441. Verschiedene Anordnung der Drähte bei verringert werden (veigL Formel 3,
Emphasenstrom. g 1073) Diege Ma8gregei hat auch
betriebstechnisch die ferneren Vor-
teile, dass man zwei getrennte Sys-
teme, also immer eine Reserve für
den Fall des Bruches eines Drahtes
hat und dass man Licht und Kraft
trennen kann. Die Abb. 441 a— e
gibt verschiedene Arten der Vertei-
lung der Drähte an einem Mäste, wobei a und b und a' und b' die beiden Drahte je
eines Systems bedeuten. Für eine Leitung, welche 4000 KW übertragen soll, bei
100,0 km einfacher Länge der Leitung (nicht Drahtlänge) 30000 Volt Spannung, also
140 Ampfere Einphasenstrommenge , bei co3<jp = 0,95, 50 Per./sek. , einem Gesamt-
querschnitt der Leitung (nicht Drahtquerschnitt) von 100 qmm
und einem Achsenabstand der Drähte von 80 cm voneinander
ergibt sich nach Wallern bei den verschiedenen Anordnungen
folgender induktiver Spannungsabfall:
Bei der Anordnung Abb. 441
i , A<PA tt I (ein Leiterpaar mit Drahthalbmesser
nach a) 9160 V. p r = 0,566cm),
„ b) 5186 V.
, c) 4750 V.
„ d) 5030 V.
„ e) 4690 V.
woraus sich ergibt, dass die Anordnungen von c und e die vorteil-
haftesten sind. Noch bessere Resultate (4576 V.) würde eine
Anordnung nach Abb. 441 b ergeben, wenn man die Stellungen von ai und b, vertauscht
Für 3 und 4 Leiterpaare ergeben sich als die günstigsten Drahtstellungen die-
jenigen nach Abb; 442 f und g. Durch zweimalige Vertauschung der Plätze der Drähte
und der Leiterpaare miteinander in gleichen Abständen (also nach V» der Länge
kommen oben links a, , rechts bx> auf dem zweiten Arm links b,, rechts a,, auf dem
untersten Arm links a und rechts b) würde der induktive Spannungsabfall der Anord-
nung 442 f bei 4000 KW, 30000 Volt, 100 km Leitungslänge, 100 qmm Leitungsquer-
100
schnitt, also — ^ — Drahtquerschnitt ca. 4530 Volt sein. Wenn bei der Anordnung nach f
die Drahtgruppe a b unverdrillt bleibt, die Gruppe s^ bx einmal in der Mitte der
Strecke gekreuzt wird und die Gruppe as b2 dreimal gekreuzt wird, so ist der induk-
Abb. 442. Günstigste
Anordnung der Drihte
bei Einphasenstrom und
3 bezw. 4 Leiterpaaren.
f
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• o
0 •
a
f
*
t
f
t
?'
?
»'-
V
(je 2 Leiterpaare mit r = 0,4 cm
und einer Stromstarke von nur
70 Ampere pro Draht),
*•) Näheres vergl. EL Wallern, Der theoretische Leitnngsban, Abschnitt V in .Das Por-
zellan als Isolier und Konatraktionsmaterjal in der Elektrotechnik". Herausgegeben von Robert
M. Friese, S. 128 u. ff.
§ 7.
Fernleitungen.
1181
tive Spannungsabfall beim obigen Beispiel etwa 4880 Volt. Ungefähr gleichwertig mit
der Anordnung g bei 4 Leiterpaaren würde diejenige sein, bei der man nur zwei Quer-
arme verwendete und auf jeden Arm je zwei Leitungspaare nebeneinander unterbrächte.
2. Das Zweiphasensystem. Das offene Zweiphasensystem mit
4 Drähten. Auch hier wird man, wenn es die Querschnittsberechnungen nach elek-
trischen und mechanischen Gesichtspunkten rechtfertigen, vorziehen, zwei Systeme mit
8 Drähten anstatt eines Systems mit 4 Drähten zu verlegen. Die günstigste Anordnung
ergibt sich bei einer Gruppe von Zweiphasenleitungen, also 4 Drähten, wenn man ähn-
lich wie bei Abb. 441 b die Drähte der Phase I oben, diejenigen der Phase II unten
anordnet und die eine Doppelleitung in der Mitte der Strecke kreuzt, oder wenn man nach
dem Vorbilde der Abb. 441 c die 4 Drähte auf einen Doppelarm und zwar die Doppel-
leitung der einen Phase links, der anderen Phase rechts anordnet und eine der beiden
Doppelleitungen in der Mitte der Strecke kreuzt. Bei zwei Gruppen von Zweiphasen-
leitungen, also bei zweimal 4 Drähten, ist es am vorteilhaftesten, die zwei Doppelleitungen
der Phase I % bt und V a/ auf der einen Seite des Mastes und diejenigen der Phase
II a8 b, und V a,' auf der anderen Seite des Mastes untereinander anzubringen und die
zwei Doppelleitungen der Phase II in der Mitte der Strecke zu kreuzen. Die Anordnung
der Abb. 443a50) ist weniger vorteilhaft, aber vielfach verwendet. Nach Wallern ergibt
Abb. 443. Anordnung der Drähte beim offnen
Zweiphaeensystem mit 4 Drähten.
a b
h
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Abb. 444. Verteilung der Drähte bei Drehstrom,
a b
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i
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f.
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* c
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* * P
sich bei einer Leitungslänge L = 100 km, n = 50 Per. /Sek., einem Leitungsquer-
schnitt (4 Drähte) von zus. 50 qmm und einer Stromstärke von 70 Amp. pro Draht und
30000 Volt Spannung bei der oben beschriebenen günstigsten Anordnung ein induktiver
Spannungsabfall von 4575 Volt und für die Anordnung nach Abb. 443 a (vergl. Fuss-
note 48) ein induktiver Spannungsabfall von ca. 5250 Volt, auch wenn durch Ver-
tauschung der Seite zwischen den Drahtpaaren der Phase I in der Mitte der Leitung
die induktive Wirkung der zwei Phasen aufeinander aufgehoben wird. Bei der An-
ordnung nach Abb. 443 b braucht der Abstand zwischen a^ und at nur — zu sein.
V2
Der Nachteil besteht aber darin, dass man drei Arme nötig hat, weshalb die Anordnung
selten benutzt wird.
ß) Bei dem verketteten Zweiphasensystem mit gemeinschaftlicher Rück-
leitung, also 3 Drähten, von denen der Rückleitungsdraht einen Querschnitt gleich dem.
Y2 fachen der Phasendrähte hat, ist es am günstigsten, die Drähte in den Spitzen eines
gleichseitigen Dreiecks liegend anzuordnen.
*°) In der Abbildung sind die Bezeichnungen der Isolatoren verdruckt Es m
links nach rechts am oberen Ann at bt a't b'„ am unteren Arm b* at b', a'*
von
1132 HL Theodor Kosh«. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheitek.
3. Beim Drehstrom werden bei mehreren Leitergruppen zu 3 Drahten an einem
Gestänge die Drähte häufig auch in die Spitzen je eines gleichseitigen Dreiecks
(Abb. 444 a) gelegt. Die Anordnung nach Abb. 444 a wurde z. B. bei der Kraftübertragung
der Niagara Falls Power Co. nach Buffallo (S. 545) verwendet. Bei Anordnung
der drei Leiter einer Gruppe in einer lotrechten oder wagerechten Ebene ist eine ein-
malige vollständige Verdrillung der Leitung (also sodass b [Abb. 444 b] an die Stelle
von c kommt und wieder zurück nach b) notwendig. Bei einer Anordnung mit vier
Drehstromkreisen (nach Abb. 444b) ist die gegenseitige Induktion gleich 0, wenn
Gruppe I eine vollständige Verdrillung, desgleichen Gruppe IV aber nach entgegen-
gesetzter Richtung erhält und Gruppe II und III je dreimal vollständig, aber nach
entgegengesetzten Richtungen verdrillt werden.
Um die einzelnen Stromverteilungsstellen mit dem Krafthause in Verbindung zu
bringen und um eine möglichst schnelle Meldung aller von den Leitungswärtern be-
merkten Beschädigungen der Leitungen nach dem Krafthause zu ermöglichen, werden
bei grösseren Anlagen häufig auf dem Gestänge der Hochspannungslinien Telephon-
leitungen angebracht und in Entfernungen von 5 — 10 km Sprechstellen eingerichtet.
Die Entfernung der Telephondrähte von dem untersten Starkstromdraht desselben Ge-
stänges sollte mindestens 1,50 m betragen, wird aber meist noch grösser als 2,0 m ge-
wählt. Die Entfernung der beiden Telephondrähte voneinander muss mög-
lichst klein sein und die Drähte sind möglichst in einer wagerechten Ebene
nebeneinander und symmetrisch zu den Starkstromleitungen zu verlegen,
damit die Induktionswirkungen in den beiden Drähten gleich gross werden und sich
gegenseitig aufheben. Die Schwachstromleitungen sind ferner in geeigneter Weise zo
verdrillen (vergl. § 22 i der neuen Verbandsvorschriften. Elekt. Zeitschr. 1907, S. 885).
Bei der S. 1119 schon erwähnten Krafubertragungsanlage Tofyehult-Westervik in Schwede«
wurde an demselben Gestänge unter den Hochspannungsdrahten eine Telephooleitong gezogen und auf
gewöhnlichen Telephonisolatoren befestigt. Die Telephonleitung wurde schraubenförmig derart ver-
drillt, dass sie auf einer Entfernung von je 5 Masten eine volle Umdrehung machte. Die Hochepannunge-
leitung selbst ist gleichfalls verdrillt, derart dass auf die ganze Strecke 5 Umdrehungen, also ungefähr
eine Umdrehung auf je 3000 m kommen. Beim Telephonieren ist zwar ein summender Ton bemerkbar,
der aber nicht so stark wird, dass das Gesprach erheblich gestört wird. Die Kreuzung der Telepsos-
leitung mit dem Meerbusen Värkebacksviken, welchen die Hochspannungsleitung mit der 8. 1121 hnarhrif
benen Überfahrung überschreitet, ist mittelst Seekabel ausgeführt.
Auf die Anbringung von Schatznetzen zwischen Hochspannungs- und Schwach-
stromleitungen an demselben Gestänge verzichtet man heute ganz nnd sichert vielmehr durch
entsprechende Anordnungen die Sprechstellen selber. Zu diesem Zwecke müssen die Sprech-
stellen mit Schmelzsicherungen ausgerüstet sein, ausserdem müssen die Telephon-
Apparate so eingerichtet werden, dass der Induktor des Apparates mittelst einer Gummi-
kurbel oder eines Lederriemens angetrieben wird und dass durch Isolierung des Sprech- und
Hörrohrs gegen Hochspannung eine Beschädigung der an den Apparaten befindlichen Per-
sonen nicht stattfinden kann. Die Isolierung kann z. B. durch starke Gummischläoche,
an welchen das Telephon und Mikrophon hängen, bewirkt werden. Beiläufig sei hier
bemerkt, dass jedes Krafthaus ausserdem mit den öffentlichen Fernsprechstellen in Ver-
bindung stehen muss, weil es immerhin vorkommen kann, dass gerade, wenn die wich-
tigsten Mitteilungen wegen Drahtbrüche etc. zu machen sind, der Betriebsfernsprecher
nicht benutzbar ist.
Befinden sich mehrere, vielleicht sogar fremde Leitungssysteme an einem Ge-
stänge, so kann es im Interesse der Betriebssicherheit notwendig sein, die Drähte in
zwei Gruppen voneinander so zu trennen, dass man an der einen Gruppe Reparatur-
§ 7. Febhlbttungen. 1133
arbeiten vornehmen kann, ohne die andere stromlos zu machen. Das geschieht meistens
in der Weise, dass zwischen den beiden Gruppen ein vertikales Schatznetz aus Eisen-
draht gezogen wird, welches anf die sorgfaltigste Weise zu erden ist, damit es unter
allen Umständen das Potential 0 behält (S. 1114 n. 1115). Wie ein Schutznetz der
eben erwähnten Art, sind auch alle Schutznetze51), welche bei Kreuzungen von Tele-
phonleitungen, von Wegen nnd Eisenbahnen angebracht werden, sorgfältig zu erden.
Die Längsdrähte eines Schutznetzes bestehen gewöhnlich ans 4 mm starkem verzinkten
Eisendraht, die in Abstanden von nicht mehr als 1,0 m anzuordnenden Querdrähte aus
2,5 mm starkem Eisendraht. Schntznetze können sowohl offen als auch geschlossen
sein. Es versteht sich von selbst, dass die Drähte der Schntznetze so weit von den
Hochspannungsdrähten entfernt sein müssen, dass eine zufallige Berührung bei Sturm etc.
ausgeschlossen ist. Bei offenen Schutznetzen ist ferner dafür zu sorgen, dass ein ge-
brochener Hochspannungsdraht auch bei stärkestem Winde sicher abgefangen wird. Man
sieht diese Forderung im allgemeinen als erfüllt an, wenn die offenen Schntznetze
seitlich im gehörigen Abstände bis zur Höhe des untersten Hochspannungsdrahtes
reichen. Wie S. 1106 schon erwähnt, verlangen die Sicherheitsvorschriften, dass
an allen Winkelpunkten einer Starkstromleitung Fangbügel angebracht werden,
welche beim Bruch von Isolatoren das Herabfallen der Leitungen vom Gestänge ver-
hindern.
Als weiterer Schutz gegen Unglücksfälle durch zufälliges Berühren herabgefallener
Drahte sind in einer Hochspannungsleitung Schmelzsicherungen oder besser Selbstschalter
einzubauen, welche bei Erdschluss, z. B. infolge von Drahtbrüchen, sofort durchbrennen
bezw. herausspringen und die Leitung ganz oder streckenweise stromlos machen. Diese
Schmelzsicherungen bestehen in der Regel aus Bohren von Porzellan, in welche ein Schmelz-
streifen eingeschlossen ist. Solche Sicherungen und Selbstschalter werden in der Regel
nur in bedeckten Räumen (in dem Krafthause selbst, in den Transformatoren und
Schalthäusem) untergebracht (vergl. Kap. III, § 6 B, S. 1047 u. ff.).
Um Fernleitungen streckenweise ausschalten zu können, werden in gewissen Ab-
ständen Ausschalter eingebaut. Ausserdem befinden sich stets in den Transformatoren-
häusern sowie in dem Krafthause Ausschalter.
Alle Masten von Femleitungen mit hochgespanntem Strom müssen nach den
Sicherheitsvorschriften in Deutschland einen deutlich sichtbaren roten Zick- Zack-
Pfeil tragen. In Frankreich und Italien werden meistens Schilder angeheftet, welche
•*) Gegen die Verwendung von Schutsnetzen (vergl. § 23 ad m der alten und 22 ad h nnd k
der neuen Verbandevorschriften n. 8. 1090) sind neuerdings viele beachtenswerte Stimmen lautgeworden.
So äusserte sich z. B. der Bayerische Revisionsverein in der Zeitschrift des Bayerischen Revisions-
vereins 15. X. 1905. S. 190: «Dagegen haben wir uns entschlossen, bis anf weiteres die Anbringung von
Fangnetzen bei Freileitungen, die Öffentliche Wege . berühren oder kreuzen, nicht zu verlangen, wenn
folgende Bedingungen erfüllt sind." Folgen die Bedingungen.
Vergl. Elektr. Zeitschr. 1906. S. 55 nnd S. 281.
In den «Normalien für Leitungen" gültig ab 1. I. 1908 heisst es ad III:
„Sollen durch erhöhte Sicherheit im Sinne des § 22 h und k Schutznetze vermieden
werden, so dürfen die Leitungen nur mit der Hälfte der unter I a zugelassenen Zngspannung (S. 1042)
beansprucht werden. Hierbei müssen die Masten, welche den Übergang zwischen Leitungsfeldern ver-
schiedener Zugspannung vermitteln, für den grOssten, einseitigen Zug bemessen sein. Durch be-
sondere Befestigung der Leitungen an diesen oder durch andere zweckdienliche Massnahmen ist dafür
zu sorgen, dass auch bei Zerstörung eines Isolators die zugehörige Leitung nicht herabfällt oder vor
dem Herabfallen geerdet ist.
1134 IIL Theodor Koehk. Ausbau ton Wasserkraft». EnfZELHxrrE*.
die Lebensgefahr bei Berührung bildlich (Totenkopf mit zwei gekreuzten Beinen) oder
durch eine entsprechende Inschrift anzeigen. Ausserdem sind die Masten in Höhe tob
etwa 3,5—4,0 m oft mit einem nach unten gerichteten Stachelkranz versehen (vergi.
Abb. 420, S. 1116), welche ein Heraufklettern auf den Mast verhindern sollen.
Früher hielt man die Erdung aller Holzmasten ziemlich allgemein für notwen-
dig, und es gibt auch jetzt noch zahlreiche Elektrotechniker, welche die Erdung für
ein notwendiges Schutzmittel halten. In Norwegen ist seit 1903 für Hochspannungs-
leitungen die Erdung aller Holzmasten in der Weise vorgeschrieben, dass in ca. 2,0 m
Höhe über dem Erdboden ein Metallband um den Holzmast zu legen ist, welches durch
eine Erdleitung mit einer Erdungsplatte in Verbindung steht. Die Erdleitung wird um
den im Boden steckenden Teil des Mastes spiralförmig herumgewunden **). Auch sollen
verschiedene in Amerika ausgeführte Versuche das Resultat ergeben haben, dass eine
Erdung von Nutzen sei und einen wirklichen Schutzwert besitze68). Ferner ist in der
Elektrotechnischen Zeitschrift, 1902, S. 1129, R. Wilkens für die Erdung eingetreten.
Es ist aber nicht zu leugnen, dass besonders seit den Mitteilungen des inzwischen ver-
storbenen Stadtbaurates Uppenborn aus München auf der Generalversammlung des
Verbandes deutscher Elektrotechniker in Würzburg im Jahre 1901 M), welche sich auf
eine grössere Reihe von Versuchen stützten und den Schutzwert der Erdung in Zweifel
stellten, man neuerdings doch wohl in der Mehrzahl der Fälle sowohl in Deutschland
als auch in Frankreich, Italien, Schweiz und Österreich von der Erdung absieht.
Jedenfalls ist es bemerkenswert, dass die ab 1. I. 1908 gültigen Sicherheits-
vorschriften in § 22 ad g nur die Erdung von eisernen Masten bei Hochspannungs-
leitungen mit über 1000 Volt vorschreiben. Nachdem Tausende von km Hochspannungs-
leitungen mit nicht geerdeten Holzmasten jahrelang im Betriebe sind, ohne dass sich
irgendwie beunruhigende Gefahren für die Passanten ergeben haben, wird man sich
schliesslich bei der Ausführung mehr an diese praktischen Erfahrungen als an theo-
retische Erörterungen halten.
Es ist auch wohl unzweifelhaft, dass beispielsweise die Gefahren, welche theo-
retisch durch etwaiges Herunterfallen von Strassenbahnfahrdrähten in belebten städti-
schen Strassen entstehen könnten, ungleich grösser sind als die, welche durch Berührung
von Masten einer Hochspannungsleitung denkbar wären. Die vieljährige Erfahrung hat
aber beim Strassenbahnbetriebe gezeigt, dass die Gefährdung von Menschen durch
herabfallende Fahrdrähte so verschwindend selten erfolgt ist, dass man von erschwe-
renden Sicherheitsvorschriften abgesehen hat.
Bei einer defektlosen Hochspannungsleitung ist die Berührung eines Holzmastes
unter allen Umständen ganz gefahrlos. Der Widerstand eines trocknen Holzmastes
beträgt etwa 30000 Ohm pro lfm. (vergl. Elektr. Zeitschr. 1905, S. 489). Es wird also
auf alle Fälle nur eine geringe Strommenge durch den Mast zur Erde gelangen können,
selbst wenn ein mit Hochspannung versehener Leitungsdraht auf einen eisernen Quer-
arm herunterfällt. Aber es ist zuzugeben, dass, wenn in dem gedachten Falle der Mast
durch Regen durchfeuchtet ist und alsdann ein Mensch den Mast berührt, er unter Um-
ständen einen immerhin gefährlichen elektrischen Schlag erhalten kann. Indessen ist zu
5») Mitteilungen von Norberg-Schulx, Christiania, Elektr. Zeitschr. 1905. 8. 489.
*t) Vergl. die Mitteilungen der Ingenieure 8. B. Storer, H. 0. Rockwell und B. K. Dan-
forth Aber Versuche auf der Strecke in Utica (New- York) der ütica and Mohawk Valley Raihray Co,
im Street Railway Journal vom 22. Sept 1904. Elektrotech. Zeitschr. 1905. S 239.
A«) Elektrotechn. Zeitschr 1901. S. 370.
§ 7. Fernleitungen. 1135
bedenken, dass der Fall eines Isolatorbrnches an sich bei einem gut montierten Leitungs-
netz selten vorkommen wird nnd dass, wenn er tatsächlich vorkommt, es doch immer
noch sehr unwahrscheinlich ist, dass ein Mensch einen solchen Mast gerade trotz der
Warnung berührt, wie die vieljährigen Erfahrungen beweisen. Ein derartiger Defekt
wird aber in dem Krafthause sehr bald durch die Störungen in den Instrumenten am
Schaltbrett entdeckt. Er kann auch dem Wärter, welcher die Leitung zu besichtigen hat,
nicht entgehen. Der Zweck der Erdung soll sein, dass durch die Erdleitung, wenn
ein Leitungsdraht vom Isolator herunterfällt und das Gestänge berührt, ein so starker
Stromübergang durch die Erdleitung stattfindet, dass die Schmelzsicherungen in dem
Krafthanse oder auf der Strecke augenblicklich durchschmelzen, bezw. dass die selbst-
wirkenden Ausschalter sofort herausspringen und die Strecke stromlos machen. Wenn
aber die Erdung unvollkommen ist, so kann durch die Erdleitung auf längere Zeit ein
Stromübergang stattfinden, ohne dass die Schmelzsicherungen und Selbstschalter in
Funktion treten und alsdann wird die Gefahr bei zufälliger Berührung des Mastes
erhöht.
Die Erdplatten bestehen meistens entweder aus 2 mm dickem Kupferblech oder
aus 3 mm dickem, verzinnten Eisenblech, oder aus einem Drahtnetz mit 3,5 mm Kupfer-
draht und etwa 8 cm Maschenweite, oder aus einem Drahtnetz aus verzinktem Eisen-
draht. Die einseitige Fläche einer Erdungsplatte beträgt 1,0 bis 1,5 qm. Zum Ersatz
der Erdplatten wird auch häufiger der Erdleitungsdraht zu einem Ringe von 5—6 Spulen
übereinander aufgerollt und in die Erde gelegt. Man kann nur dann sicher sein, einen
wirklich guten Erdschluss zu haben, wenn die Erdplatte im Grundwasser oder fliessen-
dem Wasser liegt. Wo man dauernd feuchte Schichten des Erdreiches nicht erreichen
kann, ist statt der Erdplatten ein ausgebreitetes Netz von Draht oder Gitterwerk zu
verwenden, auch kann unter Umständen die Eindeckung solcher Netze mit festgestampften
Koks den Übergangswiderstand, der nicht mehr als 20 — 30 Ohm betragen sollte, herunter-
setzen. Eine gute Erdung ist daher an gewissen Stellen, wie z. B. bei trocknen oder
felsigen Bodenarten nur mit grossen Unkosten zu erzielen, und es ist besonders in
solchen Fällen wohl sicher das ratsamste, auf die Erdung überhaupt zu verzichten.
Da eiserne Mäste als gute Leiter ohnehin Erdschluss haben — wenn sie in Beton
stehen etwas weniger, wenn sie in blosser Erde stehen etwas mehr — , so sind eiserne
Mäste entweder mit Erdplatten oder wenn erforderlich durch eine parallel zur Strom-
leitung verlegte geerdete Leitung zu versehen. Die Kosten für Erdplatten fallen deshalb
nicht so sehr ins Gewicht, weil die Durchschnittsspannweite immerhin 70,0 bis 100,0 m
beträgt, die Zahl der Masten also in der Regel weniger als halb so gross ist, als sie bei
Verwendung von Holzmasten sein würde.
Wo die Erdung von eisernen Masten nicht mit genügender Sicherheit er-
reichbar ist, müssen dieselben mit einer Schutzhülle aus Holz oder Beton bis zur Höhe
von 2,0 m über dem Erdboden umgeben werden. Dass Spanndrähte und Ankerdrähte,
mit welchen Holz- oder Eisenmasten armiert werden, in Höhe von mindestens 3,0 m
vom Erdboden durch Abspannisolatoren zu isolieren sind, wurde bereits S. 1 106 erwähnt.
Über die Zweckmässigkeit der Erdung von Fangbügeln bei Holzmasten sind die
Ansichten auch noch geteilt. Ist bei Schutznetzen eine gute Erdung nicht zu erzielen,
so -müssen die Schutzdrähte jedenfalls durch Abspannisolatoren vom Gestänge isoliert
werden. Bei eisernem Gestänge werden die Schutznetze in der Begel geerdet.
10. Die Blitzschats- und Überspannumgsvorrichtungen M) (vergl. auch Kap. III
»») YergLDr. A.v. Waltenhofen, Über Blitzableiter. 1890. Dr. O. Benischke, Die Schutz-
vorrichtungen der Starkstromtechnik gegen atmosphärische Entladungen. Neesen, Die Sicherungen
1186
III. Theodor Eoehk. Ausbau von WasserkrXfteh.
§ 6B, S. 1060 n. 1062). Die Blitzschutz- und Überepannungssicherungen haben den Zweck,
atmosphärische Entladungen und Überspannungen, welche wahrend des Betriebes in den
Leitungen entstehen, möglichst unschädlich zur Erde abzuleiten. Einen absolut sicheren
Schutz gegen direkte Blitzschläge gibt es zurzeit noch nicht, und es kann trotz Blitz-
ableiter vorkommen, dass durch einen Blitzschlag die Isolatoren zerstört und ein Holz-
mast oder hölzerne Querarme in Brand gesetzt werden. Letztere Erscheinungen gehören
aber zu den Seltenheiten, trotz der vielen Tausende von km Hochspannungsleitungen, welche
bereits vorhanden sind.
Da die atmosphärischen Entladungen und die sogenannten Überspannungen mit
sehr hoher Erregung oszillatorischer Natur sind, so erzeugen sie eine starke Selbst-
induktion. Es müssen deshalb alle Leitungen zur Abführung solcher Entladungen mög-
lichst geradlinig, kurz und frei von Schärfen und Krümmungen, d. h. induktionsfrei
sein. Andererseits führt die genannte Eigenschaft der Überspannungen dazu, vor die
zu schützenden Apparate, wie Maschinen und Transformatoren, Drosselspulen ein-
zuschalten. Am einfachsten wird eine solche Induktionsspirale dadurch gebildet, dass
man die Leitung in der Nähe des zu schützenden Apparates zu einer Spule von etwa
8—12 Windungen mit einem Durchmesser von etwa 100 mm und einem Abstand von
etwa 10 mm aufwickelt und die
Abb. 445. Schema einer Blitzschutz- und Überspannungs-
Sicherung.
D = Dro&selpulen, B = Blitzableiter, W= Wasser widerstände.
Yon abrMasc7une
B
D
Xur Fernleitung
i^C
s
w
T
\hC
:~-r
i
w
T
einzelnen Doppelwindungen noch
durch isolierende Platten von-
einander trennt, um das Über-
springen von Funken zu verhindern.
Damit bei der Entladung
der Betriebsstrom nicht zur Erde
folgen kann, werden in die Erd-
leitung induktionsfreie, sogenannte
Dämpf ungs widerstände
eingeschaltet, welche für den Be-
triebsstrom ein Hindernis bilden.
Solche Dämpfungswiderstande be-
stehen entweder aus Kohlenstäben
oder aus mit Wasser oder Öl gefüllten Röhren oder Schalen. Ausserdem sind Vor-
richtungen zu treffen, welche den bei der Entladung sich bildenden Funken baldmög-
lichst zum Verlöschen bringen. Die Erdplatten, in welchen die Ableitungen der Blitz-
ableiter enden, sind ebenso wie die bereits im Abschnitt 9, S. 1135 erwähnten gebaut,
nur müssen sie grössere Flächen haben. Die Verbindung der Erdleitungen mit der
Erdplatte erfolgt am besten durch Vernietung oder Verschraubung, welche dann noch
durch eine Verlötung unterstützt werden kann. Man muss aber dafür sorgen, dass die
Verbindungsstellen durch Asphaltlack oder Diamantfarbe gegen Oxydation geschützt sind.
Zur grösseren Sicherheit werden oft für jeden Draht mehrere Blitzableiter
parallel geschaltet, damit, wenn einer nicht funktioniert, die Entladung immer noch
durch die folgenden abgeführt werden kann. Ein einfaches Schema einer Blitzschatz-
QE
rde
von Schwach- und Starkstromanlagen gegen die Gefahren der atmosphärischen Elektrizität. Brannschweig.
1899. Elektr. Zeitschr. 1896. S. 511; 1897. 8.828; 1901. S. 569, 601; 1902. 8. 456 u. 1019; 1903. S.35I.
Dr. G. L. Weber, Die Erläuterungen tu den Sicherheitsvorschriften etc. 7. Aufl. O. Otto und
E. Stechern, «Der praktische Leitungsbau* in «Das Porzellan als Isolier- und Konstruktion*
Material in der Elektrotechnik" herausgegeben von R. M. Friese 1904.
§ 7-
Fernleitungen.
1137
Morbegno.
I
und Überspannungssicherting zeigt Abb. 445. Die denkbar einfachste Art für die An-
bringung eines Hörnerblitzableiters im Freien zeigt Abb. 446.
Die Weite der zwischen den beiden Hörnern befindlichen Fankenstrecke ist abhängig
von der Spannung und so zu wählen, dass sie von der Betriebsspannung nicht über«
Sprüngen werden kann. Man macht die Funkenstrecke der Blitzableiter meistens regulier-
bar. Die höher gespannte atmosphärische Elektrizität überwindet den Voltwiderstand der
Funkenstrecke und der entstehende Flammenbogen
wird durch den Luftstrom nach oben getrieben und Abb- 446- Hö^ÄbAleiter der Anlft8e
muss abreiftsen, da die Entfernung der Hörner nach
oben schnell zunimmt. Der Betriebsstrom würde sofort
der atmospärischen Entladung folgen und es würde
ein Kurzschluss entstehen, wenn nicht die in die
Erdleitung eingeschalteten Dämpfungswiderstände
den Durchgang des Betriebsstromes verhinderten.
Um das Verlöschen des Funkens zu beschleunigen,
wird vielfach nach dem Vorschlage von Dr. Gustav
Benischke ein magnetisches Feld in Form eines
spulenumwickelten Eisens unter dem Hörnerblitz-
ableiter angeordnet, welches den Funken schnell
ausbläst. Die Funkenstrecke macht man niemals
unter 2 mm, weil sie sonst zu leicht durch In-
sekten oder Ansammlung von Staub überbrückt
wird. Im übrigen gilt als grobe Regel, dass man
pro 1000 Volt 1 mm Abstand der Hörner rechnet,
sodass bei 10000 Volt der Abstand 10 mm be-
tragen würde.
Da bei Blitzableitern im Freien die Bildung
von Brücken zwischen den Hörnern durch Staub,
Regen, wässerigen Schnee oder Gespinste von
Insekten immer zu fürchten ist, sucht man, wenn
irgend angängig, solche Blitz- und Überspannungs-
schutzvorrichtungen unter Dach aufzustellen.
Namentlich bei Aufstellung im Freien macht man
die Luftentfernung zwischen den Hörnern, bei
Spannungen unter 10000 Volt, gerne grösser als
sie nach obiger Regel sein müsste und fugt, um ihre Empfindlichkeit nicht zu beein-
trächtigen, sogenannte Relais66) hinzu.
Zu den Überspannungssicherungen, welche neuerdings in keiner Hochspannungs-
anlage fehlen, gehören die sogenannten Wasserstrahlerder. Fast stets werden solche
&*) In der Elektr. Zeitschr. 1905. S. 486 gibt der Konstrukteur eines solchen Relais, wie es z. B.
von den Siemens-Schuckertwerken, Berlin, zur Ausführung gebracht wird, Alberto Dina, eine genaue
Beschreibung mit Schaltangsschema und bildlichen Darstellungen. Es heisst daselbst n. a.:
«Um die Vergrösserung der Schlagweite eines Blitzableiters bei niedrigen Spannnngen zu
ermöglichen, ohne dass Hilfselektroden in seiner Nahe oder Zwischenelektroden angewendet werden,
ist eine Anordnung getroffen, durch welche eine Spannung an den Elektroden des Blitzableiters erzeugt
wird, welche unabhängig von der Natur der Überspannungen noch höher ist als die, bei welcher der
Blitzableiter arbeiten soll. Die Anordnung ist dabei natürlich so getroffen, dass die höhere Spannung
nur an den Hörnern entsteht und für die Anlage ganz unschädlich ist.*
Handbueli der Ing.-Wiwei»eh. III. Teil. 18. Bd. 72
1138 III Theodor Koehn. Ausbau vok Wasserkräften. Einzelheitem.
Apparate in oder ganz nahe beim Krafthause aufgestellt. Abb. 399, S. 1063, welche
untenstehend wiederholt ist, zeigt einen solchen Apparat der Anlage La Dernier-
Vallorbe.
In den oberen Kasten wird durch eine Rohrleitung Wasser eingeführt, welches ans drei Dasen
in drei metallene Napfe fliegst. Letztere sind durch Isolatoren von dem geerdeten Wssserkssten getrennt,
aber leitend mit den drei Phasen der Drehstrom- Hochspannungsleitung verbunden. Der Widerstajd
der Wasserstrahlen kann dadurch regulierbar gemacht werden , dass man die Düsen teleskopisch im-
liehbar macht.
Wasserstrahler der Anlage La Dernier-Vallorbe. &>Ub» und Ähnliche
Apparate werden im Neben-
scliluss in die Leitung ein-
geschaltet.
Ein gans ähnlicher wie
der hier erwähnte Apparat ist
i. B. auch bei der Anlage Mor
begno verwendet nnd vor dem
Maschine nhanse im Freien auf-
gestellt Die Betriebsspannung
der Fernleitung betragt dort
20000 Volt Die Wasserstrahlen
haben 15 mm Durchmesser und
man hat durch Messungen fest-
gestellt, dass die drei Strahiei
nur gani geringe Strommengen
des Betriebestromes ilnii liltamn
Der Verbrauch an Wasser be-
tragt für alle drei Strahlen da-
selbst etwa 2,5 Liter pro Sekunde
(S. 395).
Zur Abführung atmo-
phärischer Entladungen hat
man bei einigen Anlagen über
den Hochspannnngsdrähten
Blitzschutzdrähte aus Eisen
oder Stabl gespannt und
diese streckenweise mit der Erde in gnt leitende Verbindung gebracht.
So ist z. B. bei der erst 1906 in Betrieb gesetzten Fernleitung der Toronto
and Niagara Power Company auf einer längeren Strecke ein Stahlkabel Aber der
Hochspannungsleitung gespannt. Diese Art von Blitzschutzdrähten oder Kabel machen
aber auf keinen Fall die Anbringung von Blitzableitern annötig und man findet sie
deshalb verhältnismässig nur selten.
Ausser den Hörnerblitzableitern17), welche sowohl für Gleichstrom, als auch
für Wechselstrom verwendbar sind, kommen bei Wechselstrom u. a. die Rollenblitzabteiter
noch vielfach zur Verwendung, obwohl ihr Wert bezweifelt wird.
Zu letztgenannten Apparaten gehören unter anderem die häufig verwendeten
Wnrtzschen Bollenblitzableiter Sie bestehen aus Platten oder Rollen aus Zink and
Zinklegierungen, welche in geringer gegenseitiger Entfernung angebracht werden nnd die
Eigenschaft haben, den Lichtbogen zu unterdrücken.
07) Die Hornsrblitzableiter sind »erst von Siemens & Hnlske in Berlin vorgeschlagen and
in den Handel gebracht (vergl. die Abb. 897, S. 1061).
§ 7.
Fernleitungen .
1139
Die Rollen haben meistens einen Durchmesser von 50 mm und werden in einem
gegenseitigen Abstände von 1,0 bis 1,5 mm montiert. Die gesamte Funkenstrecke,
d. h. die Snmme der Zwischenräume zwischen den Rollen muss so gross sein, dass auf
je einen Zwischenraum etwa 2 — 300 Volt entfallen.
Abb. 447 zeigt ein Schema für eine durch Rollenblitzableiter gesicherte Trans-
formatorenstelle mit zwei Transformatoren für 25000/3000 Volt, von denen der eine
ausschliesslich für Kraft, der andere für Licht bestimmt ist58).
Abb. 447. Schaltangsschema einer durch Bollenblitzableiter gesicherten Transfonnatorenatelle mit zwei
Transformatoren für 25000/S000 Volt
A = Amperemeter,
a = Anaaehalter,
£ « Erdplatten,
L = IndaktionMpiüen,
R = Waeeerwideretlnde,
■ Bollenblitsableiter für die Zu-
leitungen,
rb = BoUenblitubleiter /er die Null-
punkte,
S = Sieherangen flu* 25000 und
8000 Volt,
T = Treuformatoren,
Te ss Spennungetransfonnetoren,
Tj = Stromtransformatoren,
US s= ölansschalter,
V «■ Voltmeter.
3000V6&
Für Wechselstromanlagen werden mitunter auch Hörnerblitzableiter und Wurtz-
sche Rollenblitzableiter hintereinander geschaltet. Abb. 448 zeigt das Schaltungsschema
für eine durch Hörner- und Rollenblitzableiter gesicherte Transformatorenstelle für
20000/3000 Volt der Anlage Morbegno (S. 395).
Über die Zahl der in eine Hochspannungsleitung einzuschaltenden Blitz- und
Überspannungs- Schutzvorrichtungen gehen die Ansichten noch auseinander. Meistens
sind dieselben nur in dem Krafthause, in den Transformatorenstellen, zum Schutze von
Streckenausschaltern und, sofern auch das Verteilungsnetz oberirdisch verlegt ist, vor
grösseren Anschlußstellen angebracht.
**) Carl Ferd. Holmboe, Berechnung und Ausführung der Hochspannungsleitungen. Berlin.
1905. 8. 88.
72*
1140 IU. Theodob Koehh. Ausbau vor WieBKBXZlmss. Ethzxlbkrsh.
Überschreitet eine Hochspannungsleitung einen hohen Bergrücken, so gut es
als ratsam, auf der höchsten Stelle der Leitung Blitzschntzrorrichtangen einzubauen.
Sehr eingehend hat Dr. Gustav Benischke die Frage der Erdleitungswider-
■tande bei BHtzschutzvorrichtuiigen und Überspaiunnigssicherungen in einem im Elektro-
technischen Verein Berlin am 28. November 1905 gehaltenem Vortrage (Elektr. Zeit-
Bchr., 1906, S. 486 u. ff.) behandelt, anf den hier vervriesen werden mag, da ein näheres
Abb. 448. Scheltnngsschema einer Truuformstorenstelle mit Transformatoren von 20000.3000 Volt
der Anlage Morbegno.
eichen er kltrnig:
Eingehen anf den sehr verwickelten Gegenstand hier zu weit führen würde. Er weist
besonders auf die verschiedenartigen Anforderungen hin, welche an Blitzschotzror-
richtnngen und Überspannungssicherungen zu stellen sind nnd sagt in dieser Beziehung u. a. :
,Aob diesen Überlegungen ergibt eich, dasa eine gute Blitzschutz Vorrichtung keine gute Spu-
nungsaichernng sein kann, weil sie zu unempfindlich tat nnd ohne erhebliche Verkürzung der Funken-
atrecke nicht empfindlicher gemacht werden kann. Andererseits kann eine gute Spannnngssic herauf
keine gute Blitzschutz Vorrichtung sein, weil sie zu viel Widerstand in der Erdleitung hat und die««
Widerstand nicht erheblich kleiner gewihlt werden kann, wenn man nicht Gefahr laufen will, da»
die Funkenetrecke von zu starken Lichtbogen in ihrer Empfindlichkeit beeinträchtigt oder ganz rar-
stört wird."
Im Laufe der Jahre werden sich wahrscheinlich auch für die einschlägigen
Apparate und Anordnungen bestimmte allgemein anerkannte Normen herausbilden. Vor-
läufig muss aber die Frage noch dem subjektiven Ermessen des leitenden Elektrotech-
nikers von Fall zu Fall überlassen bleiben.
11. Die Festfgkeitsbereehnung der Drahte und des Gestänges mit einiges
Angaben Über die Hontage der Leitungen, a) Die Festigkeitsberechnunp
§ 7.
Fernleitungen.
1141
der Drähte, a) Belastung nur durch Eigengewicht. Ein zwischen zwei
Punkten aufgehängtes Seil bildet eine Parabel, deren Bogenlänge (Abb. 449) angenähert
8f*
ist. Gleichung (1) kann zur Berechnung der erforderlichen Drahtlänge benützt werden.
Es sollen bezeichnen:
l die Spannweite in mm,
g die Belastung pro mm Spannweite in kg,
/ die Belastung pro mm Spannweite und 1 qmm Draht-Querschnitt in kg,
t die Temperatur in Celsiusgraden,
a = -r den Elastizitätsbeiwert = dem umgekehrten Wert des Elastizitätsmoduls
des Drahtmaterials,
f die Pfeilhöhe oder der Durchhang in mm,
H die Horizontalspannung in kg,
d die Wärmedehnungszahl des Drahtmaterials bei 1° Temperaturerhöhung,
ks die Beanspruchung des Materials auf Zug in kg pro qmm, dann ist
f.H. = ^; also f = fj und H = ?-
(2)
« ' 8H 8f
Durch Division des Zählers und Nenners mit dem Querschnitt des Drahtes ergibt sich
der Durchhang:
8 k,
(3)
oder wenn f in cm, l in m, y in kg pro mm8 und kz in kg/qmm ausgedrückt werden,
f=Wk7' {3a)
Hierbei ist die Belastung der Längeneinheit gleich der Belastung der Horizontal-
projektion gesetzt, was bei der flachen Krümmung der Drahtbögen zulässig ist.
Gebräuchliche Werte von y, a und #.
Für die Telegraphen -Bauordnung der deutschen Reichspostverwaltung gelten folgende Zahlenwerte:
Gewicht pro
cbm/mm
in kg
Elastischer
Dehnungsbeiwert
in kg/qmm
Wärme
Ausdehnungszahl
I. Bronzedraht
(Festigkeit 50 kg/qmm)
IL Bronzedraht
(Festigkeit 76 kg/qmm)
III. Eisendraht
(Festigkeit 40 kg/qmm)
8,9 . 10
-6
8,65 . 10
-6
7,79 . 10
75,5 . 10
77,4 . 10
-6
-6
52,9 . 10
-•
16,6.10
16,6 . 10
12,3 . 10
-6
-6
1142 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheitex.
übersieht über Gewichte von Kupferdrähten.
Für die deutschen Verbandsquerschnitte ergeben sich für Leitungskupfer
folgende Drahtgewichte:
Querschnitt in qmm
Gewicht auf 1 km
Drahtlänge in kg
2,5
22,28
4,0
85,65
6,0
58,48
10,0
89,13
16,0
142,6
25,0
222,8
85,0
311,9
50,0
445,6
70,0
623,9
95,0
846,7
120,0
1069,5
150,0
1386,9
185,0
1649,0
240,0
2139,0
310,0
2763,0
400,0
8565,0
500,0
4456,0
625,0
5570,0
800,0
7130,0
1000,0
8918,0
Nach den Bestimmungen der Telegraphenbauordnung für das deutsche Reich
dürfen die Spannungen bei — 25° C, wenn nur das Eigengewicht des Drahtes
in Rechnung gestellt wird, nicht mehr als 1U der Zugfestigkeit des Materials be-
tragen. Danach ergäbe sich
12,5 kg/qmm
17,5
10,0
»
als zulässige Beanspruchung
bei —0,25° C.
für Kupferbronze I
für Kupferbronze II
für Eisendraht
Die neuen deutschen Normalien für Freileitungen schreiben u. a. vor
(Elektr. Zeitschr. 1907 S. 825):
I a. Für hartgezogenen JCupferdraht darf keine höhere Beanspruchung als 12 kg, qmm an-
genommen werden, es sei denn, dass durch Prüfungsbescheinigung die Zulässigkeit einer höheren Bean-
spruchung nachgewiesen wird. In letzteren Fällen wird eine Beanspruchung bis zur Hälfte der Spannung
an der Streckgrenze zugelassen.
Bei Seilen müssen die einzelnen Drähte dieser Bedingung entsprechen.
Hartgezogene Kupferdrähte dürfen durch Lötung nur an solchen Stellen miteinander verbunden
werden, die von Zug entlastet sind.
Für Aluminiumdraht ist ein« Beanspruchung bis zu 9 kg/qmm zulässig,
b. Den Festigkeitsberechnungen ist das eine Mal eine Temperatur von — 20 o C. ohne zusätzliche
Belastung, das andere Mal eine Temperatur von — 5<> C, und eine Belastung durch Eis zugrunde i*
legen. Das Gewicht des Eises ist hierbei gleich 0,015 . q kg pro Meter einzusetzen, wobei q den Quer-
schnitt der Leitung in Quadratmillimeter bedeutet. In keinem dieser Fälle darf die Beanspruchung des
Leitungsmaterials die oben festgesetzte Höchstbeanspruchung überschreiten.
Wie die Zahlentafel S. 1147 zeigt, ist die Beanspruchung mit 12,5 kg bei — 25 •
derjenigen von 12 kg bei — 20° nahezu gleichwertig.
Wird mit l0 die Drahtlänge bei der niedrigsten Temperatur % ( — 25°) be-
zeichnet, so ist die Länge bei einer beliebigen höheren Temperatur t:
l = ^ + ^ . » . (t — g — (k^ — k.) . a . V (4 1
§ 7.
Fernleitungen.
1143
Das letzte Glied in Gleichung 4 drückt die elastische Zusammenziehung aus. Da
die Spannung k^ grösser ist als die Spannung k* bei der Temperatur t, so tritt infolge
Verringerung der Spannung eine kleine Verkürzung ein.
Wenn man nun in das zweite und dritte Glied der rechten Seite von (4) die
Spannweite Z für 2o einsetzt, weil sich die beiden Längen nur um einen sehr kleinen
Wert unterscheiden, so wird unter weiterer Einsetzung der Werte nach Gleichung (1)
l + jf^l + ^ + it-tJ.d.l-iK-ltiaJ
und ferner nach Einsetzung des Wertes für f und f0 nach (3)
24 k,* 24 k
9 + (k„— k.) . a
(5)
Diese Gleichung besteht aus der Differenz zweier Gleichungen von der Form
oder y*P k«a_f ta\
24k,«a T~V w
Gleichung (6) zeigt, dass für jede Spannung sich die Beziehungen zwischen der
Temperatur t und der Spannweite l durch Parabeln darstellen lassen, deren
k a
Scheitel um den Wert — ^ — gegeneinander verschoben sind.
Die eine Schar der Schaulinien der Abb. 450 sind die Spannungskurven für
Kupferbronze I. Führt man die in der obigen Zahlentafel gegebenen Zahlenwerte für
y, # und a ein, so wird, wenn man !inm und ks in kg/qmm ausdrückt:
P
nach Gleichung 6 für Bronze I t Ä 0,2 . ttt — 4,55 k«
Aft
für Bronze
n
t~ 0,183. ^ — 4,66 k,
(?)
für Eisendraht III tÄ 0,207 . t-j — 4,30 k.
Das erste Glied bildet mit t die Gleichung der Parabel. Das zweite Glied gibt die
Verschiebung des Scheitels der Parabel an.
In der nachstehenden Zahlentafel sind für eine Reihe von Werten für ks und l
die entsprechenden Werte für t und zwar für Draht I mit 50 kg/qmm Festigkeit zu-
sammengestellt, nach denen die eine Parabelschar der Spannungskurven (Abb. 450) auf-
getragen werden konnte59).
Werte von t für Kupfer- oder Bronzedraht von 50 kg/qmm Festigkeit.
Wenn
and wenn kE gleich
l inm
4,0
6,0
8,0
10,0
12,0
14,0 | 16,0 1 18,0 20,0 | 22,0
24,0
26,0
gleich
kg/qmm ist, so wird t in ° C. abgerundet.
0
-18,2
-273
— 86,4
-45,5
— 54,6
-68,7
-72,8
-81,9
— 91,0
— 100,0
— 109,2
— 118,8
50
— 13,0
-18,4
-28,6
— 40,5
-51,1
— 61,1
-70,8
-80,4
-89,7
— 99.0
— 108,3
— 117,6
100
106,8
28,2
- 5,2
-25,5
— 40,7
— 58,5
— 65,0
— 75,7
-86,0
— 95,9
- 105,7
— 115,8
150
—
97,7
88,9
— 0,5
— 28,4
-40,7
— 55,2
-68,0
-79,7
- 90,7
— 101,4
— 111,6
200
—
—
88,6
84,5
0,9
— 22,9
-41,6
— 57,21 — 71,0
- 88,4
— 95,3
-106,5
250
—
—
—
79,5
82,2
0
— 24,0
-48,8
— 59,8
— 74,1
— R7.5
— 99,8
800
—
—
—
—
70,4
28,1
- 2,5
- 26,4
-46,0
— 62,8
— 78,0
— 91,7
500
122,5
72,1
+ 84,0
+ 8,4
— 22,4
— 44>8
*•) Nach G. Nicolaus, Über den Durchhang von Fernleitungen. Elektrot Zeitaichr.
1907. S. 896a.ff. G. Nicolaus folgt einer von A. Blondel angegebenen Methode, vergl. Compte rendn
du Congrts de la Houille Blanche. Vol. I. p. 826 u. ff. Grenoble 1902.
1144 III. Theodor Eoehn. Ausbau von WassbrkbXften. Eihzelhettek.
Will man nun von einer Grundspannung, z. B. 12,5 kg/qmm bei — 25°,
ausgehen, so kann man von der in Abb. 450 gestrichelt dargestellten Parabellinie ans
die Spannung bei jeder anderen Temperatur finden, wenn man auf der Ordinate der
entsprechenden Spannweite soviel mm (da der Masstab 1°=1 mm gewählt wurde)
nach oben oder unten absticht, als die andere Temperatur höher oder niedriger ab
— 26 ° C. sein soll.
Beispiel: Es soll die Spannung bei 100 m Spannweite und 0° gefanden werden. Man sticht
von dem Schnittpunkt der Ordinate für 100 m mit der 12,5 kg Spannungskurre nach oben 25 mm ab
und findet als Wert für kx oo 9,3 kg/qmm oder wenn für die Spannweite von 200 m die Spannung bei
+ 25° C. — natürlich kann an Stelle der Annahme, dass bei —25° C. die Grundapannung 12,5 kg sein
soll, auch jede beliebige andere gemacht werden — gefunden werden soll, hätte man von dem betreffenden
Schnittpunkt 50 mm auf der Tafel abzustechen und wurde oo 9,5 kg/qmm finden. Rechnerisch wurden
sich die gesuchten Werte aus Gleichung (7 1) ermitteln lassen. (Für Z= 100 m und kx = 12,5 kg qmm
ergibt sich t = — 44,1°. Für eine um, wie oben, 25° höhere Temperatur also t = — 19,1 • ergibt sich
aus Gleichung (7) ksoo9,3 kg, qmm.)
Um nun ferner den Einfluss von Temperatur und Spannung auf den Durch-
hang darzustellen, ist mit Hilfe von Gleichung (3) eine zweite Kurvenschar gezeichnet,
welche für bestimmte Grössen des Durchhangs f auf den verschiedenen Spannungs-
kurven liegende Werte der Spannweite l ergibt.
Setzt man die in der Zahlentafel (S. 1141) gegebenen Werte von / in die
Gleichung (3) ein, so wird für
I Bronze (50 kg/qmm)
f = 1,112. £-. 10-*
p
II Bronze (70 kg/qmm) f = 1,081 . f- . 10~
i*
»-«
l in ■« and __
*»* (8) oder II f = 0,1081^-
kg/q» W * k«
uugtdrflckt j%
werden
oder EI f = 0,0974^-
(8a)
(9)
m Eisen (40 kg/qmm) f = 0,974 . ^ . 10
wenn man f in cm, l in m und ks in kg/qmm ausdrückt. Die Werte von l in m erhalt
man aus den Gleichungen (8 a):
Iünm =3,00 YI7VX ) , . , . . )
i — -— | wenn f in cm und kK m |
II l „ „ = 3,04 Vf.k, \ tg/qmm ausgedrückt werden f
m l „ „ -b 3,21 VTX J J
Durch Einsetzung bestimmter Zahlenwerte für kx und f ergeben sich die in nach-
stehender Zahlentafel angegebenen Werte für l bei Bronze I, wonach die Durchhangs-
kurven (Abb. 450) gezeichnet wurden. Hat man einmal eine solche Kurventafel
mit den zwei Scharen von Spannungs- und Durchhangskurven für ein
bestimmtes Material gemacht, so kann man damit alle Rechnungsauf-
gaben bezüglich der Spannung, des Durchhangs, der Temperatur und
Spannweite ohne weitere Rechnung lösen, soweit es sich um die Be-
lastung durch Eigengewicht und Stützpunkte von gleicher Höhe
handelt.
Wenn man z. B. eine Spannweite von 100 m mit einem Draht aus Bronze I zu überspannen hat,
so findet man, dass für eine Spannung von 12,5 kg/qmm der Durchgang oo 90 cm sein muss. Soll diese
Spannung bei — 25° herrschen, so findet man den Durchhang bei + 25°, indem man vom Schnittpunkt
der Spannnngskurre mit der Ordinate der Spannweite 50 mm nach oben absticht zu etwa 155 cm und
die Spannung co zu 7,2 kg/qmm.
Abb. 450. Spannung* und Durchhangstafel für Kupferbronzedraht (Festigkeit = 50 kg qmm Gewicht 8,94
►{ 7/urtMtamiflcm
~^ ~~\Sftn}tJitr"mt/r l/r /rrlS*
pro mm*; W&rme&asdehntuigs-Beiwert 16,6.10-«; Elastischer Dehnungs-Beiwert 75,5. 10-6 kg qmm.)
(
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§ 7-
Fkbnlettunoek.
1145
Werte für d
lie Spannweil
be / in
m für Kupfer
- oder
Bronzedraht
von 50 kg/qmm Fest
igkeit.
Wenn der
und wenn k* gleich
Durchhang f
4
6
8
10
12 | 14 16 18
20
22
24 26
in cm gleich
in kg/qmm ist, so wird die Spannweite l in i
in
10
19,0
28,2
26,9
80,0
82,8
85,5
88,0
40,2
42,4
44,5
463
48,4
20
26,8
82,8
87,9
42,8
46,8
50,1
58,6
56,8
59,5
62,8
65,7
68,8
40
87,8
46,4
58,6
59,8
65,6
70,8
75,8
80,8
84,7
88,8
92,8
96,6
60
46,5
57,0
65,8
78,5
80,4
86,9
98,0
98,6
108,9
109,1
118,9
118,6
80
53,4
65,4
75,5
84,8
92,8
99,8
106,8
118,2
119,4
125,8
180,8
186,0
100
60,0
78,5
84,9
95,0
104,0
112,2
120,0
127,2
184,2
141,0
147,0
158,0
200
843
108,9
120,0
184,0
146,7
158,6
169,6
179,7
189,5
198,8
207,8
216,1
800
101,0
127,4
147,2
161,4
180,0
194,5
208,0
220,6
282,5
214,0
254,9
265,2
400
—
147,0
169,8
189,6
207,7
224,4
240,0
2543
268,2
281,2
294,0
806,0
500
—
164,8
189,8
212,0
282,1
250,9
268,2
284,2
299,8
814,7
828,6
842,0
600
—
—
208,0
282,2
254,2
274,9
294,0
811,7
828,6
844,8
860,0
874,9
800
—
—
—
268,0
298,5
817,8
889,8
859,6
879,0
898,0
415,5
482,5
1000
—
—
—
—
828,0
854,5
879,0
402,0
424,0
4443
465,0
484,0
1200
884,8
411,5
486,0
459,9
482,7
506,5
524,7
1400
420,0
448,5
476,5
502,0
526,5
550,0
572,6
1600
480,0
508,7
586,0
562,8
587,7
611,8
1800
589,8
569,8
597,0
624,0
649,8
2000
568,0
598,5
628,0
656,5
688,0
Will man für eine bestimmte konstante Spannung, z.B. 123 kg/qmm, die Durchhänge
bei verschiedenen Spannweiten ermitteln, so sucht man die Spannungskurve auf und kann dann
ablesen für:
die Spannweiten von
die Durchhänge von
80,0
8
40.0
14
50,0
22
100,0
90
200,0
860
cm
Soll ein Durchhang konstant bleiben bei verschiedenen Spannweiten, so kann man auf
der entsprechenden Durchhangskurve aus ihren Schnittpunkten mit denOrdinaten der Spannweiten
und der Spannungskurven direkt die betreffenden Werte ablesen.
Wenn man also z. B. einen konstanten Durchhang von 40 cm wühlt, so hat man, wenn die
Temperatur dieselbe bleibt:
bei
10,0
59,0
123
67,0
14,0
71,0
16,0
76,0
18,0
81,0
20,0
85,0
kg/qmm Spannung
Spannweite.
m
Wie man den Einfluss der Temperatur auf die Spannung ablesen kann,
wurde schon oben gesagt. Aber auch der Einfluss der Temperatur auf den Durch-
hang lässt sich ohne weiteres ablesen.
Ist z. B. bei einer Spannweite von 100 m und einem Bronzedraht I (50 kg/qmm) der Durch-
hang 90 cm bei —25°,
so wird bei —20 —15 -10 —5 +0° C
der Durchhang 95 101 107 118 120 cm,
wie man findet, wenn man von dem Schnittpunkt der 90 cm Durchhangskurve mit der Ordinate für
100 m Spannweite auf letzterer nach oben (Temperaturabnahme) 5, 10, 15, 20 und 25 mm absticht
Den gesamten Horizontalzug eines Drahtes findet man durch
Multiplikation des Drahtquerschnitts q in qmm mit ks, also H = q.ks.
1146 III. Theodor Eoehn. Ausbau von Wasserkräften. Edtzelhbiteh.
Die Tangentialspannung ist an einer beliebigen Stelle x des Drahtes
(Abb. 449, S. 1141)
^-hVi + (£)'. m
und wenn g die Einheitsbelastong bezogen auf die Spannweite bedeutet,
* ^-g^-Mi^
oder
tx - h yr+p^)7 (12)
und die gröeste Tangentialspaiurang am Auflager
%,-n.Y^-Ä
60
)
«r- — » (13)
worin H in kg und f und / in beliebigen aber gleichen Längenmassen auszudrucken
sind und g> den ^C bedeutet, welchen die Tangente der Kettenlinie an der Stutze mit
der Wagerechten einschliesst. Bei fast allen Spannweiten und Durchhängen kann man an
Stelle der Tangentialspannung die Horizontalspannung setzen, welche ihrerseits für alle
Stellen zwischen den Auflagern konstant bleibt, ohne erheblichen Fehler.
Für den Gebrauch zum praktischen Leitungsbau auf der Baustelle eignen sich
Tabellen besser als graphische Tafeln, weil auch ungeübte Leute ans ihnen die ent-
sprechenden Zahlen ablesen können. Solche Tabellen, welche meistens von einer
Gnxndspannung, z. B. bei — 25°, ausgehen, sind vielfach berechnet und im Gebrauch'1).
Die nachstehenden Zahlentafeln A und B6f) geben in A die Spannungen in Abhängig-
keit von Spannweite und Temperatur, wenn man von einer Grundspannung bei
— 25° ausgeht. Die entsprechenden Durchhänge würden sich nach Gleichung (8a) be-
rechnen lassen. In Tafel B) ist die
Abb. 451. Abhängigkeit des Durchhangs von
der Spannweite und Temperatur
dargestellt, wenn man ebenfalls bei
einer Temperatur von — 25° Ton
einer Grundspannung ausgeht.
Nach solchen Zahlentafeln können
die Drähte mit Hilfe des Dynamometers
unter Berücksichtigung der bei der
Arbeit herrschenden Temperatur ge-
spannt werden. Gewöhnlich wird der Durchhang, wo es angeht, in der Mitte der
Spannweite mit einer Messlatte abgesteckt oder es wird der Durchhang von den Stütz-
punkten abgesteckt und der Draht nach der Visierlinie zwischen den beiden abge-
steckten Punkten gespannt
Wenn die Stützpunkte nicht in gleicher Höhe liegen, so lassen sich
Berechnungen auf Grund folgender Überlegungen durchführen (Abb. 451).
•o) Deutsches Bauhandbuch Bd. I. 1879. S. 187 und 267. Theorie der Kettenlinie.
**) Herzog, Abhandlung Ober den Durchhang weicher Kupferdrahte. E. T. Z. 1894. 8. 437.
**) Robert M. Friese, Das Porzellan als Isolier- und Konstraktionamatarial in der Elektro-
1904.
§ 7.
FEM LEITUNGEN.
1147
Zahlentafel A. Es ist die Horixon
talspannung in kg/qmm
i.
Bei einer
Temperatur von
und bei einer Spannweite in m von
0 C.
SO
40
50
60
80
100
120
150
200
L
Für Leitungen aas Kopfer- oder Bronzedraht mit
50 kg/qmm Festigkeit
-26
12,5
12£
12,5
12,5
12,5
12,5
12,5
12,5
12,5
-20
IM
11,5
11,5
11,6
11,7
11,7
11,9
12,0
12.1
— 15
10,4
10,5
10,5
10,6
10,9
11,0
11,8
11,5
11,7
— 10
9,5
9,6
9,7
9,8
10,1
10,4
10,7
11,0
11,4
— 5
8,4
8,6
8,8
9,0
9,4
9,8
10,2
10,6
IM
0
7,4
7,7
8,0
•
8,2
8,8
9,8
9,7
10,2
10,8
+ 5
6,5
6,9
7,2
7,6
8,2
8,8
. 9,2
9,8
10,5
+ 10
5,8
6,2
6,6
7,0
7,7
8,8
8,8
9,5
10,2
+ 15
5,0
5,5
6,0
6,4
7,2
7,9
8,5
9,2
10,0
+ 20
4,5
5,0
5,5
6,0
6,8
7,5
8,1
8,9
9,8
+ 25
4,0
4,5
5,0
5,5
6,4
7,2
7,8
8,6
9,5
IL
Für Leitungen aus Kupfer- oder Bronzedraht mit
70 kg/qmm Festigkeit
0
-26
17,5
17,5
17,5
17,5
17,5
17,5
17,5
17,5
17,5
-20
16,4
16,4
16,4
16,5
16,6
16,6
16,6
16,7
16,9
— 15
15,4
15,4
15,4
15,4
15,6
15,7
15,8
16,0
16,2
— 10
14,4
14,4
14,4
14,5
14,7
14,8
15,0
15,2
15,6
— 5
18,4
18,4
18,4
18,5
18,8
18,9
14,2
14,5
15,1
0
12,4
12,4
12,5
12,6
12,9
18,2
13,4
13,9
14,5
+ 5
11,4
11,4
11,5
11,6
12,1
12,4
12,7
13,2
14,0
+ 10
10,3
10,4
10,5
10,8
11,8
11,7
12,1
12,7
13,5
+ 15
9,8
9,5
9,7
9.9
10,5
11,0
11,5
12.1
13,1
+ 20
8,2
8,5
8,8
9,1
9,8
108
10,9
11,6
12,7
+ 25
7,4
7,7
8,0
8,4
9,1
9,7
10,3
11,1
12,3
IL
I. Für Leitungen aus Eisendraht mit 40 kg/qmm
Festigkeit
— 25
10,0
10,0
10,0
10,0 | 10,0
10,0
10,0
10,0
10,0
-20
8,9
9,0
9,1
9,2 I 9,8
9,4
9,5
9,6
9.8
— 15
7,9
8,1
8,8
8,4 8,7
8,9
9,1
9,3
9,5
-10
6,9
7.2
7,5
7,7
8,1
8,4
8,7
9,0
9,3
— 5
6,0
6,4
6,8
7,1
7,6
8,0
8,3
8,7
9,1
0
5,2
5,7
6,2
6,5
7,1
7,6
8,0
8,5
8,9
+ 5
4,6
5,1
5,6
6,0
6,7
7,2
7.7
8,2
8,8
+ 10
4,0
4,6
5,2
5,6
6,4
6,9
7,4
8,0
8,6
+ 15
8,7
4,2
4,8
5,2
6,0
6,6
7,2
7,8
8,4
+ 20
8,4
8,9
4,4
4,9
5,7
6,8
6,9
7,6
8,3
+ 25
8,1
8,0
4,1
4,6
5,5
6,1
6,7
7,4
8,1
1148
III. Theodor Koehn Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Zahlentafel B. Der Durchhang in cm beträgt.
Bei einer
Temperatur von
0 C.
und bei einer Spannweite in m von
80
40
50
60
80
100
120
150
200
— 25
— 20
— 15
-10
— 5
0
+ 5
+ 10
+ 15
+ 20
+ 25
— 25
— 20
— 15
— 10
— 5
0
+ 5
+ 10
+ 15
+ 20
+ 25
— 25
-20
— 15
-10
— 5
0
+ 5
+ 10
+ 15
+ 20
+ 25
8
9
11
13
15
16
18
21
28
26
6
7
7
8
8
9
11
12
13
14
15
I. Für Leitungen ans Kupfer- oder Bronzedraht mit
50 kg/qnun Festigkeit
14
22
82
57
90
128
200
16
24
35
61
95
185
209
17
26
88
66
101
142
218
19
29
41
70
107
150
227
21
32
44
76
113
158
286
23
35
48
81
•
120
166
246
26
88
53
87
127
178
255
29
42
57
92
184
181
264
82
46
62
98
141
190
274
36
51
67
105
148
198
288
40
55
72
111
155
206
292
II. Für Leitungen aus Kupfer* oder Bronzedraht mit
70 kg/qmm Festigkeit
10
16
22
40
62
89
189
11
17
24
42
65
94
145
11
18
25
44
69
99
152
12
19
27
47
78
104
160
13
20
29
50
78
110
168
14
22
31
54
82
116
176
15
24
84
57
87
122
184
17
26
86
61
98
129
192
18
28
39
66
99
186
201
20
81
48
71
105
148
210
28
34
47
76
111
151
219
III. Für Leitungen aus Eisendraht mit 40 kg/qmm
Festigkeit
879
391
402
418
424
485
446
457
468
247
257
267
277
287
820
881
842
858
9
16
24
85
62
96
140
219
890
11
17
27
88
67
104
147
228
400
13
19
80
42
72
110
154
286
409
14
22
33
46
77
116
161
244
418
16
24
86
50
82
122
168
252
427
18
27
40
54
87
129
175
260
486
21
80
43
58
93
185
182
267
445
23
84
47
63
98
141
189
275
454
25
87
51
67
108
147
196
288
462
27
40
55
71
109
154
202
290
471
80
44
59
76
114
160
209
298
479
§ 7. Fernleitungen. 1149
Wenn a und lt bekannt sind und für kz eine Annahme gemacht wird, so muss
nach (S) die Gleichnng gelten:
(<.-!'
8k, 8 k,
wobei ly lx u. a. in mm auszudrücken sind.
Sobald l gefunden ist, 'lassen sich alle anderen Berechnungen nach den früheren
Gleichungen lösen. Auch wenn a sehr gross ist, wird man bei der endgültigen Bestimmung
des Drahtquerschnitts darauf verzichten können, die nach Gleichung (13) zu berechnende
Tangentialsipannung anstatt der Horizontalspannung zugrunde zu legen.
Beispiel: Es sei ein Fluss mit 800 m Spannweite mit Bronzedraht I (50 kg/qmm) zu über-
spannen, und zwar soll die zulässige Beanspruchung 12,5 kg/qmm bei — 25° sein, a sei = 5,0 m.
Es ist 2 = 800 on\)v» q^a* ^258 m, also die Spannweite für die um 5 m erhöhte
oft . IIP . oüü
Stütze 2 U — y\ = 2 (800—126,5) = 847,0 m.
Olli Z9 Olli 9J>äs
Es ist nach (8a I) der Durchhang f in cm S£ ^^ £2 ^th^~ ^568 «*> »k* f +a^l068 cm.
Man könnte nun noch unter Annahme kleinerer Zug-Spannungen die entsprechen-
den Temperaturen nach (7) und nach (8a) die verschiedenen Durchhänge berechnen.
Aber auch aus der Kurventafel Abb. 450 liessen sich nach G. Nico laus direkt
ohne Rechnung die entsprechenden Grössen angenähert finden.
Die Gestalt der für die verschiedenen Spannungskurven gezeichneten Parabeln ist durch das
y'l1
erste Glied der Gleichung (6) ö/cta bestimmt
Der Wert von f nach Gleichung (8) ist von diesem Gliede nur durch den Faktor
3k*. #
unterschieden. Die Gleichung (6) ist diejenige der Drahtkurve für eine bestimmte Spannung und variable
Spannweite. Die Parabeln der Kurventafel Abb. 450 geben daher Bilder der durchhftngenden Leitungs-
drähte, aus denen die Durchhangsgrössen unmittelbar abgegriffen werden können, wenn man die Ordi-
naten mit dem konstanten Faktor und mit der jeweiligen Spannung multipliziert.
8* r
Der Faktor ist für die verschiedenen Materialien , bei den in der Kurventafel Abb. 450
y
gewählten Masstäben (f in cm und kz in kg/qmm) :
für Bronze I 0,56, für Bronze II 0,576 und Eisen 0,474.
Multipliziert man daher die in mm abgegriffene Ordinate der Spannungskurven mit dem
für das Drahtmaterial berechneten Faktor und mit der Spannung in kg/qmm, so zeigt das Ergebnis
den wirklichen Durchhang in cm an. Hiernach kann man den gesuchten Durchhang aus der Zeichnung
entnehmen. Soll also z.B. ein Flussübergang von 800 m Stützpunktentfernung mit Bronzedraht I überspannt
werden, derart dass ein Stützpunkt um 5 m höher liegt als der andere und dass die Spannung bei — 25°
nur V« der Festigkeit, d. h. 12,5 kg/qmm beträgt, so würde man als Umrechnungsfaktor 12,5 . 0,56 = 7
haben und ein Stützpunkts- also auch ein Durcbhangsunterschied von 500 cm -würde auf der Zeichnung
-y = 71,4 mm sein. Wenn man nun zu beiden Seiten der Ordinate für 800 m Spannweite (Abb. 452) in
gleichen Abständen Parallelen zieht» deren Schnittpunkte mit der Spannungskurve der Tafel um 71,4 mm
in der Höbe auseinanderliegen — man findet ihre Lage durch Versuche, indem man ein Stück Paus-
1150 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
panier, auf welchem die Parallelen gezeichnet sind, anf dem Kurrenblatt verschiebt, bis man die Stelle
gefunden hat — so erkennt man, dass sich die Spannweiten zusammensetzen ans 258 m (Punkt a)
und 847 m (Punkt b Abb. 452), und dass der Durchhang unter der niedrigsten Statte ca. 568 cm, unter
der obersten Stütze ca. 1068 cm beträgt. Soll die Spannung z. B. bei — 13° gefunden werden, so bat
man für die neue Spannungsknnre an dem Schnittpunkt der 800 m Ordinate mit der 12,5 kg Karre um
12 mm nach oben zu gehen (Abb. 452). Es wurde sich als Spannung etwa 12,0 kg/qmm finden. Der
Spannung von 12,0 kg/qmm entspricht ein Umrechnungsfaktor iurdieOrdinaten von 0,56.12,0=6,72.
500
Stützpunkte- und Durchhaogsunterschied von 500 cm entspricht also ^-=g = 74.4 mm Ordinatenllnge
Abb. 452 (Ausschnitt aus Abb. 450).
100 £00 3oo *"*" d
ÜTTglTi
S*
Dieser Betrag ist anf der Drahtkurve für 12,0 kg/qmm (vergL Abb. 452) wieder durch zwei in
gleichen Abstanden von der 800 m Ordinate liegende Parallelen abzuschneiden. Hieraus lassen sieh die
Spannweiten bei c angenähert zu 256 m und für die um 500 cm naher gelegene Stütze zu 844 m ablesen.
Der Durchhang würde ca. 606 cm unter der niedrigen Stütze und 1106 cm unter der höheren Stütze betragen.
ß) Belastung durch Wind, Schnee, Eis und Rauhreif. Es ist nun noch
der Einfluss der Belastungen, welche durch Wind, Schnee oder Rauhreif entstehen
können, zu berücksichtigen. Der Winddruck Pw in kg auf eine zur Bewegungsrichtung
des Windes normale Fläche F ist angenähert bestimmt aus Pw = 0,122. F .rf, wenn F
den Inhalt der Fläche in qm und v die Geschwindigkeit der Luft in m/sek. bezeichnet
Ist die getroffene Fläche nicht eben, sondern zylindrisch gewölbt, so ist der Winddruck
nach D'Aubuisson Pw = 0,085 . F1»1 . vf. Für eine Windgeschwindigkeit Ton 20 m
(Orkan) ergäbe sich hiernach ein Druck von 34 kg/qm").
•8) Robert M. Friese, Das Porzellan als Isolier- und Koostruktions-Matetial in der Elekfae-
techoik S. 189.
§ 7.
Fernleitungen.
1151
Nach den Sicherheitsvorschriften des Verbandes Deutscher Elektrotechniker ist für
die Berechnung des Gestänges ein Winddruck von 125 kg/qm senkrecht getroffener Fläche an-
zunehmen (vergl. die Bestimmungen der Normalien gültig ab 1. 1. 08. S. 1103) und in Frank-
reich, Italien, Amerika werden zum Teil noch höhere Werte für Winddruck zugrunde gelegt.
Mit Rücksicht auf die zylindrische Gestalt der Drähte wird bei der deutschen Reichspost
angenommen, dass etwa nur 2/s des Winddrucks in Rechnung zu stellen sind, d. h. bei
125 kg/qm Winddruck 0,0000833 kg/qmm. A. Blonde 1M) nimmt an, dass mit Rück-
sicht auf die zylindrisch« Gestalt der Drähte auf ein lfm Draht
nur p = 0,001 . 0,57 . Pw . d (15)
zur Wirksamkeit kommt, wenn Pv der Winddruck in kg/qm und der Durchmesser des
Drahtes d in mm ausgedrückt wird. Dieser wagerechte Winddruck setzt sich mit dem
lotrechten Gewicht des Drahtes zu einer Resultierenden r zusammen, deren Grösse
r = l/Jg . 1000)» + (0,001 X 0,ö7TPw . d)2 beträgt und deren Richtung durch
Pw 0,001 ■ 0,57 . d
gP~~ 1000. g
bestimmt ist. Dividiert man durch den Drahtquerschnitt q in qmm, so erhält man die
spezifische Belastung pro qmm Querschnitt und lfm Drahtlänge
Q=y{y. 1000)*+(— • 0,001. 0,57. Pw.d)*in kg.
Für die Berechnung der Spannung H in kg nach der Gleichung (2) würde man
also z. B. r . 10~8 statt g zu setzen haben, wenn man im übrigen die S. 1 141 angegebenen
Einheiten beibehält. Die nachfolgende Zahlentafel gibt die Werte der Drahtbelastuug
durch Eigengewicht und Wind allein und durch Eigengewicht, Wind und Glatteis an,
wenn man für letzteren Fall folgende zwei Annahmen a und b macht.
Durch-
messer des
Drahtes d
in
Winddrnek
pro lfm
Querschnitt
Draht bei
des
Pw = U5kg
Drahtes F
pro qm, also
in qmm
p = 0,001.
0,57. 125. d
in kg
Speiifisehe
Belastung
des Drehtos
Srolftn/qmm
orchEigen-
gewicbt nnd
Wind bei
125 kg/qm
Winddrnek
nachSpalt« 8
in kg
Verhältnis von
771Q0& d-n-dw
spes. Geaamtbe-
lastnng nach
Spalte4 snr spez.
Belastung durch
Elfrenwicht
(0,0089) pro ITm
Draht
Spezifische
Belastung
des Drahtes
nach
Annahme a
pro Um in
kg
Verhältnis
Ton
y.1000
bei An-
nahme a
Spezifische
Belastung
des Drahtes
nseh
Annahme b
pro Um in
kg
Verhältnis
▼on
y.1000
bei An-
nahme b
2
6
8"
9
2,0
2,5
3,0
8,5
4,0
4,5
5,0
5,5
6,0
6,5
7,0
7,5
8,0
8,5
9,0
8,1416
49067
7,0686
9,621t
12,566
15,904
19,685
28,758
28.274
88,188
88,485
44,179
50,266
56,745
68,617
0,1425
0046
0,1781
0,087
0,2187
0,081
0,2494
0.027
0.2850
0,024
0,8206
0,022
0,8562
0,020
0,8919
0,019
0,4275
0,018
0,4681
0,017
0,4987
0,016
0.5844
0,015
0,5700
0,014
0,6056
0,014
0,6412
0,013
5,188
4,198
3,588
8,076
2,785
2,474
2,269
2,104
1,907
1358
1,765
1,686
1,618
1,560
1,510
0,021
2,844
0,028
0,020
2,226
0.024
0,019
2,159
0,021
0,019
2,118
0,019
0,019
2,091
0,018
0018
2,072
0,017
0,018
2,059
0,017
0,018
2,049
0,016
0,018
2,041
0,016
0,018
2,085
0,015
0,018
2,080
0,015
0,018
2,026
0,015
0,018
2,023
0,015
0,018
2,020
0,015
0,018
2,018
0,014
3.181
2,662
2,868
2,172
2,034
1,935
1,859
1,803
1,759
1,722
1,693
1,670
1,650
1,633
1,620
g ohne
* Nach den neuen deutschen Nonnalien (S. 1142) soll bei — 59 C. nur Eisbelastun
Wind mit einer spezifischen Belastung von 0,015 kg angenommen werden.
*•) M. A. Blondel, Calcnl rapide des Conducton» aeriens au moyen d'un abaque unique.
Compte rendu du Congres de la Houille Blanche, Grenoble 1902. Vol. I, S. 835.
1152
III. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Edtzelheitcv.
Annahme a: Eine Eiskruste, welche das Gewicht des Knpferdrahtes verdoppelt
den Durchmesser verdreifacht und ein Winddruck von 10 kg/qm ebener, lotrecht aar
tung stehender Flache (0,57 . 10 kg/qm der Drahtflache). Man nimmt im allgemeinen an, daas das Glatt-
eis bei solcher Windstarke bereits zerbricht.
Annahme b: Eine Eiskruste, welche den Durchmesser verdoppelt, das Gewicht im
1,5 fache vergrösaert und dabei ein Winddruck von 90 kg/qm ebener Flache.
Hiernach lassen sich die Beanspruchungen der Drähte leicht berechnen. Genaue
gaben über die Grösse der Eisbelastungen sind aus der Praxis noch nicht veröffentlicht. Die
vorstehende Tabelle zeigt, inwieweit die Ergebnisse der Blond eischen Annahmen von
dem durch die neuen deutschen Normalien festgesetzten Höchstwert der Eisbelastung ab-
weichen. Bedeckt sich ein Draht mit einem Eismantel, so wächst sein Durchmesser von d
auf D und die spezifische Gewichtsvermehrung auf 1 cm Drahtlänge in kg bezogen auf die
Dt <jt
Querschnittseinheit des Metalldrahtes in qcm ist = innft *p wenn das spezifische Ge-
wicht des Eises der Einfachheit halber zu 1 angenommen wird. Soll die Gewichtsver-
mehrung auf 1 lfm Drahtlänge in kg, bezogen auf die Querschnittseinheit in qmn des
Metalldrahtes ausgedrückt werden, so bleibt der Ausdruck
D* — d*
d* . 10* '
D* — d*
Für den Ausdruck „ ^s ergeben sich die in der nachstehenden Zahlentafel
aufgeführten Werte bei den verschiedenen Grössen von D. Nimmt man das Gewicht in kg
pro mm8 für alle drei Drahtsorten einheitlich = 8,5 . 10~~* an, so ergeben sich für die Ver-
gösserung des Eigengewichtes die in der dritten Zeile der Zahlentafel angegebenen Werte.
Yergrössernng des Drahtgewichtes durch Eislast.
Wenn der Durchmesser
D des Eismantels =
so tritt eine spezifische
Gewichtsvermehrung
auf 1 lfm/qmm =
D* — d*
2d
d* . 10»
ein um rd.
Die Vergrtaserung des
spezifischen Eigenge-
wichtes y erfolgt rd.
um das
3d
4d
3,0.10-«
1,35
8,0.10-»
1,94
15,0.10-3
5d
2,76
24,0.10-s
6d
7d
8d
3,8
35,0.10-s
5,1
48,0.10-3
9d
6,7
10 d
I
63,0 . 10-3(80,0 . 1<M9&0 . «H
8,4
10,4
12,7 fedu.
Da in Gleichung (6) das Eigengewicht y und die Spannweite l in derselben Potenz
vorkommen, so behält die Formel ihre Richtigkeit für Spannungs- und Temperaturver-
änderungen, wenn an Stelle des veränderten Eigengewichtes die Spannweite im gleichen
Verhältnis geändert wird. Also wenn man z. B. einen Bronzedraht I bei einer Spannweite
von 80,0 m und einem Durchhang von 80 cm hat, so ist die aus der Kurventafel
Abb. 450 abzulesende Spannung 9 kg/qmm. Erfahrt dieser Draht eine Zusatzbelastung,
die einer Verdoppelung der Eigenlast gleichkommt, so würde man die Wirkung dieser
Zusatzbelastung durch Vergrösserung der Spannweite auf das Doppelte, also = 160 m
erhalten, d. h. man könnte aus der Tafel die Spannung auf ungefähr 12,4 kg/qmm ab-
lesen. Die Durchhangslinie an dieser Stelle gibt ungefähr 228 cm Durchhang an. Der
wirkliche Durchhang würde demnach, da vorher mit 2 multipliziert wurde, die Hälfte
§ 7. Fernleitungen. 1153
davon, also 114 cm betragen. Würde sich die Temperatur bei der Zusatzbelastung
gegenüber der für die erste Belastung, bei welcher nur das Eigengewicht angenommen
war, berücksichtigten Temperatur um 15° erniedrigen, so würde die Spannung gefunden
werden, indem man auf der Ordinate von 160 m Spannweite 15 mm nach unten ab-
200
stäche, also etwa zu 14,3 kg/qmm und der Drahtdurchhang würde - -g— = 100 cm sein.
Nach den obigen Angaben kann man nun leicht für alle Fälle die Wirkung von Zu*
Satzbelastungen feststellen und danach die Ergebnisse der ersten Rechnung, welche
auf Grund der Annahme einer höchst zulässigen Beanspruchung von */* der Zugfestig-
keit bei — 25 ° bezw. auf Grund der durch die neuen Normalien vorgeschriebenen An-
nahmen durchzuführen ist, gegebenenfalls korrigieren.
b) Die Montage des Leitungsdrahtes. Bei der Verlegung des Leitungs-
drahtes wird derselbe neben den Stangen an derjenigen Seite ausgelegt, von welcher er
am leichtesten auf die zugehörigen Isolatoren gebracht werden kann (vergl. Abb. 414,
S. 1109). Lässt sich bei Mehrfachgestängen und Querarmen der Draht nicht von aussen
auf die Isolatoren heben, so wird er längs des vorwärts oder rückwärts liegenden Ge-
stängeabschnitts abgerollt und von da über die zugehörigen Querarmc gezogen. Beim
Abrollen des Drahtes ist stets mit dem Ende zu beginnen, welches den Abnahmestempel
trägt. Beim Abwickeln darf der Draht weder Knicke noch Schlingen bilden, auch sich
nicht um seine Achse drehen und nicht über steinigen Boden geschleift werden. Alle
Werkzeuge, mit welchen Bronzedraht angefasst wird, müssen abgerundete Kanten haben.
Die Zangen, Feilkloben und Klemmbacken sind mit Bronze zu füttern. Vor dem Auf-
bringen des Drahtes wird derselbe ausgereckt, um in ihm alle Biegungen und Ecken zu
beseitigen und etwaige schadhafte Stellen zu entdecken. Das Ausrecken geschieht
mit Hilfe einer Drahtwinde, wobei der Draht in einer sogenannten Froschklemme oder
Kniehebelklemme festgehalten wird. Die Anspannung beim Recken darf in der Regel
den vierten Teil der Festigkeit nicht überschreiten. Zum Aufbringen des Drahtes auf
die Isolatoren benutzt man Stangen, die oben mit einem Haken oder einer Gabel ver-
sehen sind. Muss der Draht über das Gestänge hinweggezogen werden, so
sind alle scharfkantigen Eisenteile, mit denen er in Berührnng kommen
kann, mit Holz oder Packleinewand oder dergleichen zu bekleiden. Die ge-
bräuchlichste Art der Befestigung des Drahtes an den Isolatoren ist das Festbinden
mittelst Bindedrahtes. Letzterer muss aus dem gleichen Material wie der Leitungsdraht be-
stehen, um galvanische Wirkungen zwischen verschiedenen Metallen, welche zur Zerstörung
des Leitungs- oder des Bindedrahtes führen könnten, zu verhindern. Auf einer geraden
Strecke wird der Leitungsdraht in der bei grösseren Isolatoren auf dem Kopfe vorhandenen
Scheitelrille, in Krümmungen und Winkelpunkten, sowie bei Schwachstromleitungen
und bei kleineren Isolatoren in der Halsrille festgebunden. Nicht selten wird es aller-
dings bei Hochspannungsanlagen, wenn der Leitungsdraht nicht zu schwer ist, auch auf
geraden Strecken vorgezogen, den Draht in die Halsrille einzubinden und zwar auf der
dem Mäste zugewendeten Seite, damit der Draht beim Reissen einer Bindestelle nicht
frei abfallen kann, sondern nur auf die Isolatorenstütze oder den Querträger fällt. Eisen-
drahtleitungen werden mit verzinktem Eisendraht von 2 mm Stärke gebunden, Bronze-
drahtleitungen mit ausgeglühtem Bronzedraht.
Die Verbindung zweier Drahtenden erfolgt auf verschiedene Weise, und
ihre gute Ausführung ist von besonderer Wichtigkeit für die Betriebssicherheit der
Anlage. Hier seien nur kurz erwähnt:
Handbuch der Ing.-Wissensch. HL Teü. 13. Bd. 73
1154 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
a) Die Wickel lötsteile. Die beiden Drahtenden werden auf 7,5 cm Länge
gelegt und die Enden im rechten Winkel umgebogen, sodass die bis auf 2 mm abzufeilenden, aufge-
bogenen Enden (Nocken) entgegengesetzt abstehen. Alsdann wird die Lötstelle mit feinem (1,7 nun)
Bindedraht in engliegenden Windungen bewickelt und mit Lötsinn (8 Teile Blei, 2 Teile Zinn) fiber-
zogen. Der Wickeldraht muss Aber die Nocken hinaus noch jeden Draht in 7 bis 8 Windungen umgeben.
ß) Die Würgelötstelle. Zur Herstellung derselben werden die Drahtenden mittelst besonders
geformter Werkzeuge (des Löt- und Windeeisens) in 6 bis 7 Umwindangen in entgegengesetzter Richtung
gewickelt, die Verbindungsstelle durch Überziehen mit flüssigem Lötsinn verlötet und zum Schatze
gegen Besten mit Diamantfarbe überstrichen.
c) Die statische Berechnung des Gestänges, a) Ein einfacher
Mast. Wenn V die lotrechte Belastung eines Mastes in kg bedeutet, welche sich aus
dem Eigengewicht des Mastes selbst, dem Eigengewicht der an ihm direkt befestigten
oder auf ihn entfallenden Isolatoren nebst Haltern und dem auf den Mast entfallenden
Anteil an Gewicht der Leitungsdrähte einschliesslich der Reif-, Schnee- oder Eisbelastung,
zusammensetzt,
k* die zulässige Beanspruchung des Mastmaterials auf Druck in kg/qcm,
F den tragenden Querschnitt des Mastes in qcm,
so muss sein
V
kd>y. (16)
Die Beanspruchung auf Druck nach (16) wird meistens die zulässige Grenze bei
weitem nicht erreichen, auch ergibt die Untersuchung auf Knickfestigkeit bei den üb-
lichen Mastenhöhen erheblich kleinere zulässige Belastungen. Nach Abb. 453, wenn man
Bich die Horizontalkraft R' zunächst fort denkt, vermag der Mast nach der L. Eul er-
sehen Formel auszuhalten
Abb. 468. v 1 n% E.J 1 E.J
also
w 4Vknh»_ Vtnh«
W,a_ *i»7E~-- 2,467 E l1*'
wenn bedeuten:
h die Höhe der Stange in cm, d. h. den Abstand vom Angriffspunkt der
Last Ton dem als eingespannt sn betrachtenden Fnsspnnkt der Stange,
£ den Elastizitätsmodul des Materials pro qcm.
J das kleinste äquatoriale Achsen -Trägheitsmoment des Mastqoer-
Bchnittes an' der Einspannnngsstelle A in cm4.
W das kleinste Widerstandsmoment bezogen anf dieselbe Achse in cm* = .
a die Entfernung der am meisten beanspruchten Faser von der neutralen
Achse in cm.
n eine Erfahinngssahl = dem Sicherheitsgrad.
n ist fflr Nadelholz = 10, für Gusseisen = 8, für Schmiedeeisen = 5—6.
Die theoretisch kleinste Grenzhöhe h0 würde sich aus der Bedingung bestimmen
lassen, dass die zulässige Knickspannung kk gleich der zulässigen Druckspannung k* werden
muss. Die zulässige Knickspannung kk ergibt sich aus (17) durch Division mit dem
Querschnitt F in qcm und lässt sich für den obigen Belastungsfall auch ausdrücken
durch kk = Jl-i— - -, wenn x gleich dem Verhältnis -.- gesetzt wird und i den
nannten Trägheitshalbmesser bedeutet. Letzterer ist bestimmt durch die Gleichung
i-yl Also h. = i/2-^fp - i y m£.
r F ' n.F.k* ' n.kd
§ 7.
Fernleitungen.
1155
«-»V»
für die Kreisfläche i = 1 /* D » für den
Es beträgt für das Rechteck ~ f - ~,
Kreisring mit kleiner Wandstärke i = D T^/s 66).
Die Festigkeitszahlen für Hölzer sind wesentlich vom Feuchtigkeitsgehalte abhängig.
Die Festigkeit nimmt mit wachsender Feuchtigkeit erheblich ab, mit zunehmender
Trocknungszeit vergrössert sich die Druckfestigkeit bedeutend.
Nach Bauschinger und L. Tetmajer gelten folgende Werte, bezogen auf
den ganzen Querschnitt (Kernholz und Splintholz zusammen)66).
Art der
Beanspruchung
Feuchtig-
keitsgehalt
ElMtisit&ta-
modul B
kg/qem
Proportfo-
nalitito-
grenze <rp
kg/qem
Fertigkeit
K
kg/qem
Feuchtig-
keitsgehalt
%
Elaetiiittta-
modul S
kg'qem
Proportio-
nalitlU-
grense <rp
kg/qem
Festigkeit
K
kg/qcm
i
Kiefer
Eiche
4
Zug- | parallel
Druck ' z. Faser
13
90000
—
790
—
108000
475
965
18
96000
155
280
—
103 000
150
345
Biegung4')
23
108000
200
470
24
100000
215
600
Schub ••)
25
—
—
45
^_ ~
•
—
75
Fichte
Buche
Zug- \ parallel
Druck ' z. Faser
16
92000
—
750
i
180000 |
580
1340
19
99000
150
245
—
169000 '
100
320
Biegung*)
29
111 000
280
420
17
128000 1
240
670
Schub *♦)
i
38
—
—
40
■
i
i
—
85
*) Der Stammkern liegt in der Querschnittsmitte.
**) Abscherung parallel zur Faserrichtung in einer durch die Stainmachse gehenden Ebene.
K» für das Kernholz = 0,75 K» für den ganzen Querschnitt.
Hiernach wird bei obigem Belastungsfall z. B. für einen kiefernen Holzmast mit
kreisförmigem Querschnitt mit dem Durchmesser D, die zulässige Belastung nach (17)
bei zehnfacher Sicherheit, E = 108000 kg/qcm und J = 0,0491 D4
D4
Vk«öl310
h2'
(19)
Beispiel: Eine Fernleitung mit sechs Drähten von 8 mm Durchmesser soll auf Holzmasten von
0,0 m mittlerer Höhe h und einem unterem Durchmesser von 20 cm bei einer Spannweite von 35 m
montiert werden. Das Gewicht des Kupfers beträgt 35 . 50,266 . 0,0089 . 6 sg 94 kg. Die sechs Isolatoren
mit Stütze wiegen etwa 18 kg.
Die Gesamtbelastnng des Drahtes betragt nach der Tabelle auf S. 1151, Spalte 2 und 6 rund
0,018 . 50,266 ££ 0,90 kg pro lfm. Daher V = 0,90 . 35 . 6 + Isolatoren und Stützen = 207,0 kg.
6°) Worin b die kleinere Rechtecksseite und D den Kreisdurchmesser bedeuten. Hütte, des
Ingenieurs Taschenbuch. 1905. Bd. I. S. 198 u. S. 375.
66) Hütte, des Ingenieurs Taschenbuch 1905. Bd. L S. 363. In bezug auf die Bezeichnungen
der obigen Tabelle ist folgendes zu bemerken:
Das Verhältnis -5 ---=-= a= v- ist im allgemeinen abhängig von der Spannung a.
opannung o Jfi
F(ir manche Stoffe (z. B. für Seh weisse isen, Flusseisen und Stahl) ist jedoch a innerhalb gewisser
Spannungsgrenzen nahezu unveränderlich; alsdann sind also die Dehnungen £ den Spannungen 0 pro-
portional, und es ist E •= ao (Hookesches Gesetz). Die Spannung o>, bis zu der diese Proportionalität
stattfindet, heisst Proportionalitätsgrenze.
73*
1156
III. Theodor Koehn. Ausbau von WasserkbIftkn. Einzelheit«.
Die zulässige Beanspruchung des Mastes beträgt nach (19)
Vk = 1810.|j£f~257kg.
Der Mast konnte also bis auf einen Durchmesser von
D23
V
207.9001
1310
c/)18,8 cm.
durchfaulen, ohne dass die zulässige Beanspruchung auf Knicken bei lOfacher Sicherheit über-
schritten wurde.
In bezug auf die Biegungsspannungen eines Mastes durch horizontale
Kräfte kommen zunächst der Winddruck und die Resultirende der Spannungen aller.
Drähte , welche an einem Mast befestigt sind , in Betracht. Letztere wird = 0, wenn
die Drähte in zwei an den Mast anschliessenden gleichen Spannweiten einen ^Ca von 180°
bilden. Ist ^a<180°, so wird die Resultierende R (Abb. 454)
R = W + Z2* + 2 Z4 Z, cosa (20)
und wenn
Zj = Z, = Z ist, so wird R = 2 Z . cos ~-
(21)
Abb. 454.
Erinnert sei daran, dass, wenn für verschiedene Spannweiten die Drahtzuge
7jx qnd Z^ bei einer bestimmten Temperatur so ausgeglichen wären, dass sie einander
gleich gesetzt werden könnten, die Spannungen bei Veränderung der Temperatur sich
verschieden ändern, sodass doch wieder ungleiche Züge entstehen können.
Bezeichnen
1% und lx die Spannweiten in m,
\k/ XL/^\% Pw den Winddruck in kg/qm ebener, lotrechter Fläche,
>T y\ \ Pw den Gesamtwinddruck auf einen Mast.
\s \ X» \# d den Drahtdurchmesser in mm und
z die Zahl der Drähte,
so ist der auf die Stange wirkende Winddruck, welcher lotrecht auf die (grössere) Spann-
weite 2* gerichtet angenommen sein mag,
Pw = -L Pw . d . 0,57 . 0,001 . z & -f lx cos (180 — a))i7). (22)
Abb. 455.
Will man den Winddruck lotrecht sowohl auf lx als auch
auf 2, gerichtet annehmen, und bezeichnet man den Winddruck
auf lx mit Pwi und den auf 1, mit Pw» so wird der resultierende
Winddruck (Abb. 455)
R' = yp^« + pWg* + 2PWl . Pw, . cos(180-a). (23)
Die Resultierende R' ist am einfachsten graphisch durch
das Parallelogramm der Kräfte nach Lage und Grösse zu be-
stimmen.
Man wird suchen, den Mast an einem Eckpunkt möglichst
so zu stellen, dass die neutrale Achse des grössten Trägheits-
moments lotrecht zu R' steht.
Wenn nun ein einzelner Mast durch eine lotrechte Kraft V und durch eine
wagerechte Kraft R' beansprucht wird (Abb. 453), so tritt das grösste Biegungsmoment
in der Einspannungsstelle auf. Dieses Biegungsmoment darf höchstens gleich dem Wider-
standsmoment multipliziert mit der zulässigen Beanspruchung auf Biegung sein, also
R'h + V.c<W.kb. (23)
67) Nach den neuen deutschen „Normalien" würde 0,70 anstatt 0,57 zu setzen sein (vergL S. UG&
§ 7. Fernleitungen. 1157
kb wird in ungünstigstem Belastungsfalle für Kiefernholz den Wert von 50—- 70 kg,
für Flusseisen 700 — 1500 kg, für Gusseisen 300 kg nicht überschreiten dürfen.
(Die neuen deutschen „Normalien" wollen bei Gestingen ans „besonderen Materialien"
bis zn V» der vom Lieferanten zu garantierenden Festigkeit zulassen. (E.T.Z. 1907. S. 825.)
Wenn man zur Bestimmung von c annäherungsweise einen Träger mit unver-
änderlichem Querschnitt voraussetzt, so ist die Gleichung der elastischen Linie
R^/x_lx»\
y_2EJ\h 3 h»/ (Z0)
und es wird (Abb. 453)
R'h8
c «= ^~^o (Htttte 1905 l s- m- Yer*L ÄUch s- 48?) (26)
Es wird also die Beanspruchung durch Biegung
und die gesamte Beanspruchung einer äussersten Faser k = kb-f-kd, wenn k* die Be-
anspruchung auf Druck bedeutet.
Beispiel: Für eine gerade Strecke nach obigem Beispiel mit 6 Drfthten von 8 mm Dm. und
35,0 m Spannweite würde die vom grftssten Winddruck herrührende Horizontalkraft nach der Tab. S. 1151.
R' == 0,57 . 35 . 6 = 119,70 kg sein.
119 7 900*
Bei h = 9,0 m würde c sein = iaqqaa /o(uqi 20*i~3 = *** cnl» wenn man «ünächst einen mitt-
leren Mast-Durchmesser von 20 cm zugrunde legt. Also würde das Biegungsmoment sein, da das Eigen-
gewicht der Drähte = 50,266 . 0,0089 . 6 . 35 = 93,87 kg ist
119,7 . 900 + 98,87 . 34 = 107780 + 8192 =110922 kg/cm.
Das Widerstandsmoment eines kreisförmigen Querschnitts ist 0,0982. D8. Demnach muss der
Durchmesser an der Einspannungsstelle im Boden angenähert sein:
110922 ^ 25 5 cm und D ^ 27 Qm
= y 70.0,
,0982
wenn man für kb den Wert 57 kg/qcm annimmt
D* n 98 87
Der Querschnitt bei D = 27 cm ist - ^- = 572,56 qcm , also kd = ^;teä °° 0>16 kg/qcm, wenn
4 O t6tOO
man das Eigengewicht des Mastes vernachlässigt.
Es würde nun noch zu untersuchen sein, welche Beanspruchung ein-
treten kann, wenn ein Draht eines Feldes plötzlich bricht.
Im ungünstigsten Falle, nämlich bei — 25°C, sei die Spannung der Drähte zu 12,5 kg/qmm
angenommen. Dann würde, wenn ein Draht bricht, eine Horizontalspannung in der Richtung der Leitung
von 50,266.12,5 = 628 kg auftreten. Also das Biegungsmoment würde 628.900 = 565200 kg/cm sein.
Demnach würde die Beanspruchung werden ääqqo ,w> ^ 292 kg'qcm, sodass nicht mehr ganz die
doppelte Sicherheit gegen Bruch vorhanden wäre. Man müsste deshalb gegebenenfalls aus dieser Rück-
sicht den Mastquerschnitt noch etwas verstärken, oder den Durchhang vergrüssern.
Zu beachten ist aber, dass sich der Mast im Moment des Drahtbruches um ein ge-
wisses Mass c cm (vergl. Gleichung 26) verbiegen wird, wodurch die Spannweite im unver-
sehrten Felde angenähert um c kleiner, der Durchhang also grösser und die Spannung kx in
den Drähten demnach kleiner wird. Andererseits wächst die Spannung in den Drähten des
Bruchfeldes, da sich der Durchhang verkleinert. Es wird also ein teilweiser Ausgleich der
Gesamtspannungen in den beiden zunächst betroffenen Feldern herbeigeführt, und der Mast
wird wieder etwas zurückgebogen. Sobald die Spannung sich im ersten unversehrten
Felde verkleinert, wird auch der nächstfolgende Mast in gleicher Weise etwas durchge-
bogen und infolgedessen ebenso die folgenden Masten bis zu einem Punkte, bei dem der
1168 IIL Theodor Koehn. Ausbau von Wahberkräftkn. Eihzelheiten.
Spannungsunterschied in zwei benachbarten Feldern so klein wird, dass keine einseitige
Durchbiegung mehr erfolgt. Wenn sich der zweite Mast durchbiegt, so vergrößert er
wieder im ersten Felde nach der Bruchstelle die Spannweite, verringert also den
Durchhang und vergrösser t die Spannung. Demnach wird sich nach dem Bruche bei
genügender Elastizität der Masten ein Schwingen des Gestänges einstellen, welches, je
weiter von der Bruchstelle entfernt, um so kleiner wird. Die Elastizität des Gestänges
erhöht aber in der besprochenen Hinsicht für Fälle von Drahtbrächen die Sicherheit
des Gestänges.
ß) Einzelmast mit Ankerdraht (Abb. 456). Es mögen bezeichnen:
Ri die resultierende wagerechte Belastung des Mastes in kg,
h = e + c den Abstand des Angriffspunktes B der Kraft vom Fasspunkte A in cm.
9 den vom Ankerdraht und Stange gebildeten Winkel,
F den Stangenquerschnitt bei C in qcm,
W das Widerstandsmoment des Mastqaerschnittes bei C in cm8,
q den Ankerquerschnitt in qcm,
dann ist die Beanspruchung des Ankerdrahtes Z
k,=
siny . q
in kg/qcm,
(28)
Abb. 456.
Abb. 457.
Abb. 458.
wenn der Anker so gespannt wird, dass G seine lotrechte Lage über A nicht verändert
Der gefährliche Querschnitt des Mastes liegt bei C, die grösste hier auftretende Bean-
spruchung des Mastmaterials auf Druck ist
^=4^+
in kg/qcm.
W ' F
y) Einzelmast mit Strebe (Abb. 457). Der Druck auf die Strebe ist
B-(1+fc)
(28)
P =
sin y
kg.
(29)
vorausgesetzt, dass G seine Lage lotrecht über A beibehält. Die Strebe wird durch den
Druck P auf Zerknicken beansprucht. Wenn ihre beiden Enden als frei beweglich zu
betrachten sind, so beträgt die zulässige Belastung der Strebe nach Eni er
p _ ± tj^/E . J _ 1 9,868 . E . J
Fk~n" V ~n' 1* *
(30)
wenn J das kleinste äquatoriale Trägheitsmoment des Querschnitts der Strebe in cm4.
§ 7. Fernleitungen. 1159
1 die freie Länge der Strebe in cm, E den Elastizitätsmodul des Materials der Strebe
und n den Sicherheitsgrad bezeichnen.
Wenn das untere Ende der Strebe so befestigt ist, dass es als fest eingespannt
angesehen werden kann, so beträgt die zulässige Belastung
^ 2 9,868. E.J
P=a' P * (31>
Wegen der Werte von n siehe S. 1154. Der gefährliche Querschnitt des Mastes
liegt bei C und die grösste hier auftretende Beanspruchung des Mastes auf Zug ist
R e *i (* +l*J - coi&<P
k« =" ~ w + ~^ TT in kg/qCm' (32)
e) Ein Doppelgestänge (Abb. 458). Wenn in der Höhe h = e-f-c an jedem
Mast eine resultierende wagerechte Kraft Rt angreift, so wird der Querriegel mit dem
Querschnitt q auf Zug beansprucht mit
R.(1+ls)
kz = in kg/qcm. (88)
Die Strebe D wird wie diejenige des vorigen Beispiels auf Zerknicken beansprucht
durch D = 2.— « — — kg.
sin q>
Die gefährlichen Querschnitte der Masten liegen bei C und Ct. Die Bean-
spruchung bei C ist
k.o = ^f+ * p (84)
und die Beanspruchung bei Ct
W = %^ (86)
12. Die unterirdischen Hochspannungsleitungen. Zwei leitende Körper, die sich
einander gegenüber befinden und durch ein Dielektrikum getrennt sind, bilden einen
Kondensator. Wird ein Kondensator an eine Wechselstromquelle angeschlossen, so
wird er so lange geladen, als die Spannung von 0 bis zu dem positiven oder nega-
tiven Maximum zunimmt Nimmt die Spannung wieder ab, so entlädt sich der Kon-
densator. Der Ladezustrom des Kondensators ist infolgedessen = 0 in dem Moment,
wo die Spannung ihren Höchstwert erreicht. Es besteht demnach zwischen Ladestrom
und Spannung eine Verschiebung von 90° und zwar eilt der Strom der Spannung um
V« Periode voraus. Sowohl die oberirdischen als auch die unterirdischen Hochspannungs-
leitungen bilden Kondensatoren68), aber die Kapazität eines unterirdischen isolierten Kabels
ist erheblich grösser als diejenige einer Luftleitung und zwar wegen des besseren Di-
elektrikums des Kabels. Aus diesem Umstände entstehen unerwünschte Störungen, wenn
man in oberirdischen Hochspannungsleitungen unterirdische Kabelstrecken von grösserer
Länge einschaltet, und man sucht deshalb Unterbrechungen oberirdischer Leitungen
durch längere Kabel bei Wechselstrom möglichst zu vermeiden.
68) Brei s igr Über die Berechnung der elektrostatischen Kapazität oberirdischer Leitungen
Elektr. Zeitschr. 1898. S. 772 u. ff., 1899. S. 127 u. ff. und 1902. S. 1137 a. ff.
Lichtenstein, Ober die rechnerische Bestimmung der Kapazität von Luftleitern and
Kabeln. Elektr. Zeitschr. 1904. S. 106.
1160 HL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Die unterirdischen Hochspannungsleitungen werden entweder als isolierte Kabel
oder als blanke Kupferleitungen, welche in isolierendes Material eingebettet werden«
▼erlegt.
Ein Typ der letzten Art kam bei der Anlage Che vre s zur Verwendung
(Taf. LXXXI, Fig. 23).
Hier worden die vier Hochspann nngsleiter des Zweiphasenwechaelstroms (Spannung 5500 Tolti
aus je sieben blanken Kupferdrfthten von 3,6 mm Durchmesser und 10 qmm Querschnitt gebildet. Die
vier Leitungen sind zu zweien auf einem Formstflck aus Beton untergebracht und diese Formstficke
sind in I I förmigen Betonkanälen mit Zementdeckel gebettet und mit einer Mischung aus Stein-
kohlenteer und gewaschenem und getrocknetem Eies umgeben. Dem Steinkohlenteer ist
um ihn plastischer zu machen, eine Beimengung von Vaselinftl gegeben. Die Mischung mit dem Kies
wurde in Kesseln bei einer Erwärmung auf 200° auf der Baustelle vorgenommen und die Masse warm
in den Betonkasten eingebracht. Am oberen Rande des Betonkastens ist der Teerbeton mit einer
Schicht von Zementbeton abgedeckt Ungefähr alle 1000 m ist ein grosserer zugänglicher Kabelkasten
angebracht, um Defekte leichter auffinden zu können und um die Möglichkeit zu haben, Abzweigungen
zu machen.
Da die Verlegung zum Teil bei sehr regnerischem Wetter gemacht werden
mu8ste, haben sich in der ersten Zeit einige Defekte gezeigt, die aber ohne Schwierig-
keiten beseitigt werden konnten.
Die Isolation unterirdischer Kabel besteht ans Gespinsten von Jäte,
Hanf, Papier und dergleichen, welche mit Isoliermitteln imprägniert sind. Zum Schutze
dieser Isolation gegen Eindringen von Feuchtigkeit wird das Kabel mit einem Blei-
mantel geschützt. Znm Schutze des Bleimantels wird dieser wiederum mit geteertem
Hanf oder Jute umhüllt und zum Schutze gegen äussere
Abb. 450. Beschädigungen mit spiralförmig umwickelten Eisen-
[***.+ bändern armiert (Abb. 459, vergl. auch Abb. 374,
*"*" S. 1044).
Bei Gleichstromanlagen wird meistens für
Hin- und Rückleitung je ein besonderes Kabel ver-
wendet, und die Kupferseele im Innern aus einem oder
einer Anzahl von blanken Kupferdrähten hergestellt
Bei Einphasenwechselstrom werden die bei-
den Leitungsstränge in einem Kabel vereinigt, und die
Kupferseele der Hin- und Rückleitung entweder konzen-
trisch oder in zwei Drähten oder Seilen nebeneinander
angebracht.
Bei Drehstrom werden entweder dreifach konzentrische oder dreifach
verseilte Kabel verwendet (Abb. 459).
Aus der nachstehenden Preistafel lassen sich die Preise pro 1,0 m Kabellänge
verschiedener Konstruktionen angenähert ermitteln; wenn man beachtet, dass der Ge-
samtpreis pro lfm. P = a -f- b . q ist , worin q den Querschnitt des Leitungskupfers
in qmm ausdrückt. Es ist in der Tafel ein Rohkupferpreis von 60 £%%) pro t
(Elektrolytkupfer) zugrunde gelegt. Der Wert P ändert sich etwa um 0,0002 Mk. pro qmm
des gesamten Kupferquerschnittes für je 1 j£, um welches der Grundpreis höher oder
niedriger notiert. Da natürlich auch die Preise von Blei, Bandeisen, Isoliermaterial,
sowie die Herstellungskosten schwanken, so haben die nachfolgenden Angaben nur für
vorläufige Kostenüberschläge und für die allgemeine Orientierung Wert.
«») Im September 1907 war Elektrolytkupfer mit 76 j£ notiert, im Januar 1908 mit €5 £
10 Shilling. Derartige Notizen finden sich regelmässig in der Elektr.-Zeitschr.
§ 7-
Fernleitungen.
1161
Preistafel für die Beschaffungskosten von Leitungskabe)n70)
P=a + b.q
Kabelsorten
Maximale
Betriebsspannung
in Volt
Wert a für 1 m
Kabel in Mk.
Wert b für 1 m
Kabel in Mk.
Einfaches Bleikabel
anarmiert ....
armiert
Konzentrisches Doppelkabel
nnarmiert
armiert
armiert
Konzentrisches Dreileiterkabel
armiert
armiert
Verseiltes Zweileiterkabel
armiert
armiert
armiert
armiert
Verseiltes Dreileiterkabel
armiert
armiert
armiert
armiert
3000
1000
1000
1000
3000
1000
2000
1000
3000
5000
10 000
1000
3000
5000
10000
0,65
0,80
1,02
1,30
2,32
2,54
3,80
1,88
2,60
2,33
4,08
2,40
3,21
8,90
5,30
0,0240
0,0231
0,0242
0,0247
0,0255
0,0224
0,0264
0,0285
0,0358
0,0358
0,0405
0,0260
0,0281
0,0809
0,0828
(Wegen der Höchstspannung, für welche Kabel heute schon ausgeführt werden können,
vergl. S. 1090.)
Es ist zu beachten, dass bei dem Mehrleiterkabel der Wert b mit dem Gesamtkupferquer-
schnitt des Kabels (nicht etwa mit dem Querschnitt einer einzelnen Ader) zu multiplizieren ist.
Zu diesen Kosten sind jedenfalls für Kabelverbindungen oder Abzweig-
stellen noch Zuschläge zu machen, die sich ungefähr aus den folgenden Angaben er-
mitteln lassen.
Es kostet die Herstellung
1
Querschnitt der
Kupferseele '
i
1
durch Muffen
durch
Loten
einpolig
zweipolig
einpolig
zweipolig
qmm
Mk.
Mk.
Mk.
Mk.
a) einer Kabelverbindung einschl. Material und Arbeit
bis 50
15,0
22,0
7,0
12.0
, 100
20,0
30,0
8,0
15,0
, 200
25,0
40,0
10,0
18,0
, 500
40,0 50,0
12,0
20,0
b) eines Kabelabzweigs einschl. Material und Arbeit.
bis 50
20,0
28,0
8,0
15,0
, 100
25,0
85,0
9,0
17,0
. 200
35,0
45,0
10,0
19,0
• 500
i 50,0
70,0
12.0
22,0
?o) F. Uppenborn, Deutscher Kalender für Elektrotechniker. 1905, S. 266.
1162 III. Theodor Koeh>\ Ausbau ton Wasserkräften. Einzelheiten.
Für gan» Qbersrtililglich« Kosten »»schlage genügt es fllr Kabel Verbindungen bei Kupferquerseliaittea
bis zu 50 qmm, wenn die Verbindungen durch Löten hergestellt werden, etwa 4 bis 5 7«, wenn sie durch
Muffen hergestellt werden, etwa 7 bis 8*,'o des Kabelpreises Hirnschlägen: bei Kupferquernchnitten
von etwa 500 qmm worden die entsprechenden Zuschlüge für Lötstellen etwa 2 bis 3°/o, für MaSta-
verbindnngen etwa 4 bis 5" o des Kabelpreises betragen und für dazwischen liegende Knpferqaerschnrtt«
kann man eine geradlinige Abnahme der Vonhnndertsitze annehmen.
Die Verlegung eisenbandarmierter Kabel erfolgt ausserhalb städtischer
Strassen meistens in einer Bettung von reinem Sande von mindestens 20 cm Höhe.
Die Breite des Kabelgrabens richtet sich nach der Tiefe und der Zahl der zu verlegen-
den Kabel. Sie betragt bei ein bis tvrei
Abb. 460. Knbcdgraben der Fernleitung Jonage- Kabel etwa 50 — 60 cm, wenn der Graben
'" ' tiefer als 1,0 m werden muss.
Um die Kabel in städtischen Stras-
sen gegen Verletzungen durch Picken-
schläge etc. bei Aufgrabungen zu schützen,
werden dieselben über der Sandschicht mit
einer Schutzdecke abgedeckt. Die am
häufigsten verwendete Schutzdecke besteht
ans flach gelegten, hart gebrannten Ziegel-
steinen.
Bin qner gelegter Ziegelstein nach dawt-
. echera Normalformat von 25 cm Lange kann ha
' allgemeinen 3 Kabel bedecken. Anf 4 bis 5 KaW
wird eine Qner- nnd eine Ltngaschicht gelegt,
nnd die Deckschicht dadurch auf 87 cm erhöht
Bei 6, 7 nnd 8 Kabeln werden iwei Ziegelsteine
qner gelegt (Der.lt seh ichtbreite 50 cm) und bei
9 Kabel iwei Binder nnd eine Deckschicht (Sehntx-
deckenbreite 62 cm). Die Kosten dieser Abdeckung belaufen sich bei einem Preise von 35,00 Hk. pro
1000 Ziegelsteine frei Baustelle einschliesslich der Verteilung der Ziegelsteine anf der Baustelle, Ein-
fallen einer 80 cm hohen Schicht Sand nnd Abdecken des Kabels ungefähr pro lfm.:
a) bei 25 cm Deckschicht auf etwa 52 Pfennig
b) „ 87 , , , , 82 .
c) , 50 . , . . 104
d) , 62 , . , . 182
Sollen die Kabel auch noch durch je eine hochkantig gestellte Ziege Isteinsehicht seitlich ge-
sehatzt werden, so erhöhen sich die Preise ad a— d anf 94, 118, 144 und 167 Pfennig'').
Diese einfache Art der K&belverlegung ist ■/.. B. bei der Anlage Jonage-
Cudset-Lyon angewendet worden (Abb. 460).
Wenn in einem Kabelgraben gleichzeitig Hochspannungs- nnd Niederspannungs-
kabel verlegt werden sollen, so ordnet man die Hochspannungskabel unten und die
Niederspannungskabel darüber an. Die Hocbspannungskabel können, da Anschlüsse nur
an wenigen Stellen gemacht werden, in einer Ebene nebeneinander liegen. Die Nieder-
spannnngskabel werden dagegen besser nicht in derselben Horizontalebene, sondern mit
einem Höhenunterschied von ca. dem Kabeldurchmesser verlegt, damit die Kreuzung der
Anschlusskabel möglichst geradlinig erfolgen kann.
Der Nachteil der Schutzdecke ans einer einfachen Ziegelschicht besteht darin.
dass ein Pickenschlag in der Fuge zwischen zwei Ziegelsteinen durchdringen und dadurch
das Kabel verletzt werden kann. Gross ist die Gefahr nicht, wenn die Sandschicht
1 ) Elektr. Zeitschr. 1905. S. 821. Angaben von J. Schmidt, Nürnberg.
§ 7. Fernleitungen. 1163
über den Ziegelsteinen noch ca. 10—15 cm beträgt und wenn es sich um Eisenband
armierte Kabel handelt, welche ohnehin einen starken Schutz gegen Verletzungen bieten.
Bei Verlegung in solchen städtischen Strassen, in denen häufiger Aufgrabungen durch
Dritte stattfinden können, begnügt man sich aber meistens mit dem beschriebenen Schutz
nicht. Es wurden z.B. von dem Düsseldorfer Elektrizitätswerke zwei Ziegel-
schichten übereinander auf die Kabel gelegt, und es ist ausserdem eine über den Ziegel-
steinen angeordnete 0,25 m starke Schicht von gutem sandigen Boden noch mit einem
verzinnten Drahtgewebe geschützt. Bei stark säurehaltigem Boden, wie er in Städten mit
vielen Leitungen oft vorkommt, vergeht ein solches Drahtgewebe verhältnismässig schnell,
und es sind deshalb eine grosse Reihe anderer Abdeckungsarten von Kabel in Vorschlag
gebracht und verwendet worden. Hierher gehören mit Eisendraht armierte Beton-
platten, welche in Falzen übereinander greifen. Die Fugen werden durch Zement
ausgegossen.
Die Kosten von 8 cm dicken Betonplatten mit Eiseneinlage belaufen sich pro lfm. Kabellänge
auf etwa
bei 20 cm Breite Mk. 0,60
. 25 , , , 0,70
■ 30 , , „ 0,85
. 40 „ , , 1,15
Für Herstellung der Kabelgräben auf 70 cm Tiefe und 60 cm Breite, einschliesslich Aufbrechen
des Pflasters, Ausheben des Erdreiches, Einfallen einer 20 cm hohen Sandschicht, Zufallen und Fest-
stampfen mit gewohnlichem Boden, sowie Abfuhr des überflüssigen Materials sind etwa 1,50 Mk. pro lfm,
für das Einbetten der Kabel und Abdecken derselben mit Betonplatten ausschliesslich Materiallieferung
sind je nach der Breite etwa 0,05 bis 0,15 Mk. in Anschlag zu bringen.
Für die Wiederherstellung des Pflasters bei Verwendung des alten Pflastermaterials
können etwa folgende Preise beim Anschlag zugrunde gelegt werden :
a) Bei Makadam pro qm 1,20 Mk.
b) Bei gewöhnlichem Rundsteinpflaster pro qm 1,0 bis 1,50 Mk.
c) Bei Granitpflaster aus rechteckig behauenen Steinen in Sandbettung pro qm 3,0 bis 4,0 Mk.
d) Bei Granitpflaster aus rechteckig behauenen Steinen mit Schotterunterlage und Mastix-
Ausguss pro qm 6,0 bis 7,0 Mk.
e) Asphaltpflaster auf Betonunterlage 10,0 bis 12,0 Mk.
f) Asphalttrottoir pro qm 5,0 bis 6,0 Mk.
g) Mosaikpflaster in Sandbettung pro qm 0,30 bis 0,50 Mk.
h) Bei Gianitplatten in Sandbettung pro qm 1,0 bis 1,50 Mk.
i) Bei Klinker-Pflaster in Zementmörtel ohne Betonunterlage pro qm 2,0 Mk.
In der Elektr. Zeitschr. 1905, S. 923 wurde von J. Schmidt, Nürnberg auf einen
Kabelpanzer hingewiesen, welcher von dem Ingenieur OttoWilhelmi in Küsnacht
bei Zürich konstruiert ist. Dieser Kabelpanzer besteht aus einem Drahtgewebe zwischen
zwei Asphaltschichten.
Auf einen Teerpappestreifen, dessen Breite je nach der Zahl und Grosse der Kabel zu wählen
ist, wird eine Schicht aus schwerflüssiger Asphaltmasse aufgegossen« auf diese dann ein Drahtgeflecht
gelegt und dieses wiederum mit einer Asphaltschicht und schliesslich letztere mit einer Papplage ver-
sehen. Diese Panzer können au Ort und Stelle in beliebigen Längen, meistens werden solche von etwa
10,0 m gewählt, hergestellt werden. Die Enden der Panzer werden übereinander gelegt, sodass keine
Querfugen entstehen. Man kann diese Asphaltpanzerdecken entweder horizontal über dem Kabel an-
ordnen oder, falls man einen Seitenschutz wünscht, dieselben seitwärts von dem Kabel herunterbiegen
(Abb. 461). Die Gesamtdicke jeder Asphaltschicht, einschliesslich des Pappstreifens beträgt etwa 5,0 mm.
Das Drahtgeflecht wird meistens aus 1 bis 8 mm starkem Draht hergestellt, sodass die Gesamtstärke
des Panzers 10 bis 12 mm beträgt. Das Quadratmeter eines solchen Panzers soll bei Herstellung auf
der Baustelle etwa 4,10 Mk. kosten, wonach sich die Kosten pro lfm. bei den verschiedenen Schutz-
deckenbreiten berechnen lassen (vergl. Elekr. Zeitschr. 1905. S. 925).
1164 III. Theodor Koehn. Ausbau vom Wasserkräften. Einzelheiten.
Für die Verlegung von Kabeln in städtischen Strassen werden ferner
zylindrische oder halbzylindrische Abdeckungen aus gebranntem Ton, Beton oder Eisen
verwendet. Eiserne Schutzhüllen sind vielfach in Form von sogenannten Zoreseisen zur
Anwendung gekommen and zwar entweder, indem das Zoreseisen einfach über das Kabel
gelegt wurde oder indem man zwei Zoreseisen zu einer Röhre vereinigte, iu welcher
das Kabel gebettet wurde (vergl. Elektr. Zeitschr. 1903, S. 161). Erwähnenswert sind
ferner die Küster man nschen Kabelschatz-
** ^JXgtiSLäSS*** eiflen' -eiche mehrfach Verwendung gefunden haben
(Taf. LXXXI, Fig. 22a-c).
Die Kflst ermann sehe Kabelseil ntiaisen werden in
Durchmessern von 40, 52, 65 und 100 mm hergestellt. Die
Flanschen sind etwas konisch, sodass iwei aufeinandergelegte
Eiaen vermittelst Klemmen und Keilen schnell und einfach xm
festen Rohren zusammengesetzt werden können. Die Dichtung
gegen eindringende Feuchtigkeit wird durch Bestreichen dar
Flanschen mit Asphaltteer bewirkt. Die Stosafngen werden
gleichfalls mit Asphalt gedichtet und mit einem Zinkstreifen bedeckt , welcher durch Klemmen am
den Flanschen festgehalten werden kann.
Einen sehr guten Kabelschutz bieten natürlich auch alle kastenförmigen Kabel-
kanäle aus glasiertem Ton, Beton oder Eisen, welche mit Deckel nach Verlegung der
Kabel abgedeckt werden. In solche I I förmigen Kästen werden die Kabel auf Sand-
fiilluug gebettet. Die Stoss- and Deckelfugen werden mittelst Asphalt oder Zement gedichtet.
Für Kabel, welche derart geschützt sind, ist natürlich eine Eisenbandarmierang nicht
mehr erforderlich. Dagegen muss die Berührung der Bleimäntel mit Zement, durch
welchen das Blei sehr schnell an der Berührungsstelle zerstört wird, stets durch eine
Umhüllung des Kabels mit Gespinsten aus Hanf etc. verhindert werden und zum Schutze
dieser Umhüllung gegen Beschädigungen beim Transport und bei der Verlegung wird
das Bleikabel mit einer leichten Drahtarmierung ausgestattet.
Wenn in städtischen Strassen die Notwendigkeit einer baldigen Auswechslung (z. B.
stärkere Kabel anstatt der schwächeren) oder eine Vermehrung der Kabel zu erwarten
ist, wiederholte Aufgrabungen aber der Kosten oder der Verkehrsstörungen wegen ver-
mieden werden müssen, so wird häufig Gewicht darauf gelegt, die Kabel nach dem so-
genannten Einziehsystem verlegen zu können. Za diesem Zwecke werden röhren-
förmige Kabelkanäle aus glasiertem Ton oder Zement verwendet (Taf. LXXXI, Fig. 20)
Das Einziehen erfolgt von den sogenannten Kabelkästen aus. Bei den Kabelröhren au
gebranntem Ton werden die inneren Flächen glasiert, bei Röhren aus Zement müssen
die inneren Flächen entweder mit einem Asphaltüberzug oder mit einem Überzug
aus einem Gemisch von Graphit und Paraffin bekleidet werden, um jede nachteilige
Wirkung des Zementes auf den Bleimantel zu verhüten. Die Stossfugen solcher röhren-
förmiger Kabelschutzstücke greifen meistens falzartig übereinander and werden durch
Asphalt oder Zement gedichtet.
Sehr bekannt und verbreitet ist das mehrlöchrige sogenannte „Platten-
system" des Oberpostrates Zappe (Taf. LXXXI Fig. 21).
Für einzelne Kabel kommen auch häufig einfache glasierte Tonröhren mit Muffen-
dichtung zur Verwendung.
Beiläufig erwähnt sui, dasa man zum Einziehen von Kabel in Amerika auch Maschinen Ter-
wendet, wenn es sich um sehr grosse Kabellängen bandelt, was allerdings meistens wohl nur für Tele-
phon- ond Telegraphen kabel in Frage kommt. Eine selche von der Fairbanka Morse A Co.") ge-
«) Electrica! Review New-York. 28. Jan. 1905. Elektr. Zeitacfar. 1905. S. 328.
1166 IH Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
revidieren zu können, werden in gewissen Abständen in die Leitung sogenannte
Kabelschächte oder Kabelkästen (Abb. 462) eingebaut. Kabelschächte, welche
zur Revision dienen und in denen Kabelenden verlötet oder durch Kabelmuffen ver-
bunden werden sollen, haben meistens eine Breite von 1,20 m und eine Länge von 1,30 m.
Die Weite der meist kreisförmigen Einsteigöffnung beträgt 0,70 m. Kabelschächte, in
denen Kabel eingezogen werden sollen, erhalten eine Länge von 1,90 m. Die Schichte
werden meistens entweder in Beton oder in Mauerwerk hergestellt und je nach der Lage
auf die verschiedenste Weise abgedeckt.
Statt unterirdischer Kabelkästen oder Schächte werden in städtischen Strassen
auch mitunter oberirdische Kabelkästen oder Kabelschränke verwendet (Abb. 463/.
IS. Die bauliehe Einrichtung der Tramsformatorenstellen am Ende der Fern-
leitung. Die Transformatorenstellen am Ende der Fernleitung bilden bei Kraftfiber-
tragungen mit hochgespanntem Strom das Mittelglied zwischen der Hochspannung der
Fernleitung und der Niederspannung des sekundären Leitungsnetzes.
Über das Wesen, die Bauart und den Wirkungsgrad der Transformatoren ist im
Kap. III, § 6 B, S. 1044 u. ff. das Wesentlichste mitgeteilt.
Die Anzahl der Transformatorenstellen richtet sich nach der Art und Weise, wie
die Abnehmer verteilt sind, also nach der Grösse der einzelnen Anschluss-Gleichwerte, nach
der Art ihres Konsums (ob Licht oder Kraft) und nach ihrer Entfernung voneinander.
Grössere Konsumenten von mehr als 50 KW Anschlusswert erhalten meistens besondere
Unterstellen für sich.
Sehr oft wird man nach Einschätzung des Energiebedarfs mit Rucksicht auf die
Eigentümlichkeiten der Örtlichkeit von vornherein auch ohne genaue Berechnung des
Veiieilungsnetzes in der Lage sein, die Plätze und die ungefähre Grösse der einzelnen
Unterstellen zu bestimmen. Anderenfalls niuss es Sache des Elektrotechnikers sein,
Vergleichsrechnungen über die Anzahl und Grösse, sowie über die Örtlichkeit der Trans»
formatorenstellen vorzunehmen, um herauszufinden, welche Anzahl, Grösse und Ver-
teilung der Stellen technisch und wirtschaftlich die meisten Vorteile bieten. Hierbei
werden natürlich neben den Anlagekosten auch die Effektverluste in den Transformatoren-
stellen und in dem Verteilungsnetze zu berücksichtigen sein.
Nicht selten wird bei hohen Spannungen im Fernleitungsnetz am Ende desselben
in einer oder einigen Hauptstellen die Hochspannung zunächst auf eine Mittelspannung
für das Mittelspannungsnetz abgewandelt und die Abwandlung auf die Konsumspannung
alsdann erst in einer mehr oder weniger grossen Anzahl von Unterstellen besorgt.
Der Nennwert der aufzustellenden Transformatoren beträgt in der Regel das 1,1
bis 1,3 fache des zu erwartenden Anschlusswertes. Die Unterteilung in Einheiten
ist je nach der Art des Konsumgebietes ganz verschieden.
Z. B. bei der Anlage Les Clees-Yverdon schwankt die Einheit zwischen 10 und 50 KW
Es handelt sich hier im wesentlichen um Licht- und Kraftverteilung an kleine Konsumenten. Am
Schlüsse des Jahres 1903 waren bei einem Anschlusswert von 1195 KW, wobei auf licht etwa V», anf
Kraft etwa •• entfielen, zusammen 58 Transformatoren von zusammen 1354 KW Leistung aufgestellt,
sodass durchschnittlich auf je einen Transformator 23,3 KW entfielen.
Man wird aber bestrebt sein, die Zahl der Typen, welche man verwendet, nach
Möglichkeit einzuschränken.
So wurden bei der Anlage La Dernier- Vallorbe nur drei Typen von 10, 20 and 50 KW
verwendet Bei der Anlage Füre et Morge, wo die Energie fQr motorische Zwecke eine ubenriegeade
Roll« spielt, sind drei Typen von 30, 50 und 100 K.V.A. zur Verwendung gekommen, sei der An-
lage Hagneck Einheiten von 15, 20, 30 und 40 KW.
1168 IIL Theodor Koehn. Ausbau ton WubbrkrIftkk. Etkzelhxitek.
1. Die Schutzvorrichtungen gegen atmosphärische and Betriebsüberspannasgen
für jeden primären and sekundären 7I) Leitungsdraht,
2. die Schmelzsicherungen,
3. die Anaschalter,
4. sofern eine Messung des Stromes in der Unterstation stattfinden soü, die
dazu gehörigen Volt- und Ampere-Meter (vergl. die Schal tungsachemas Abb. 447, S. 1139
und Abb. 448, S. 1140).
Soli auf der Hochspannungsseite gemessen werden oder betragt die Spannung auf
der Niederspannangsseite noch mehr als etwa 750 Volt, so kommen noch die Messtrans-
formatoren hinzu.
Die bauliche Einrichtung der Transformatorenstellen erfolgt auf die verschiedenste
"Weise. Bei der Anlage Lechwerk-Gersthofen sind z.B. die Transformatoren zum
Teil in eisernen Gehäusen untergebracht, welche ans einem eisernen Gerüst mit Well-
blechbekleidung bestehen. Auf den TransformatorengehäuBen befinden sich die Gitter-
masten für die primären und sekundären oberirdischen Leitungssysteme (Taf. LXXXIÜ,
Fig. 8, 9 n. 9 a). In städtischen Strassen, in welchen Mittelspannungs- und Nieder-
spannnngsleitungen durch Kabel gebildet werden, sind die Schmelzsicherungen und
Schalter häufig in runden Anschlagsäulen aus Eisenblech und die Transformatoren
darunter in Gruben untergebracht, wie z. B. in Augsburg für die Anlage Lechwerk-
Gersthofen. Anstatt der runden Anschlagsaulen sind daselbst auch an einzelnen
Stellen flache 'Wandschränke zur Ausführung gekommen (Abb. 464). Die Grube ist
durch einen wasserdicht verschlossenen eisernen Topf, welcher auf einem Betonfundament
fest gelagert ist, gebildet und durch grosse Rohrleitungen nach dem Wandschrank hin
gelüftet.
") Blitwchnti Vorrichtungen sind für unteriidiscbe aekuudire Leitungssystem«
jj 7. Fernleitungen. 1169
Nicht selten finden sich auch geeignete Plätze in Kellern oder ähnlichen Räumen,
welche mietweise zur Unterbringung von Transformatoren genommen werden können.
Eine Unterstelle für 2 — 4 Transformatoren von 15—40 KW, wie sie bei der
Anlage Hagneck verwendet wurde, zeigt Taf. LXXXIV, Fig. 5. Die Ein- und Aus-
führung der primären und sekundären Leitungsdrähte erfolgt durch einen eisernen Turm,
welcher auf dem Dache eines Betonhänschens verankert ist. Das Häuschen selbst ist
durch ein Eisengerüst und Stampfbeton gebildet.
Taf. LXXXIV, Fig. 1, 2 u. 3 zeigen den Typ eines ans Monierplatten zu-
sammengesetzten Transformatorenhäuschens der Anlage La Dernier-Vallorbe.
Fig. 6 derselben Tafel stellt die äussere und Fig. 2, Taf. LXXIX die innere Ansicht
einer Unterstation der Anlage Champ (Füre et Morge) in Voiron dar.
Abb. 465. Trans forma torpnhans der Societa Lombards per DistribnzioDe dl Energia Elettrica (8. 358).
Abb. 465 zeigt ein Transformatorenhaas der mehrfach erwähnten Societä
Lombarda, Taf. LXXXIV, Fig 4 und 7 massive Transformatoren liäuser der Anlagen
Morbegno und des Kanderwerkes, welche einer näheren Erläuterung nicht be-
dürfen. Die Haupttransformatorenstelle der Anlage Marbach-Stut tgart
ist auf S. 575 beschrieben und in Abb. 145 S. 576 bildlich dargestellt.
Wegen der Lüftungsanlagen in Transformatorenräumen kann auf Kap. III, §6A,
S. 995 u. ff. verwiesen werden.
14. Einige allgemeine Bemerkungen über das Verteilungsnetz, über die Ver-
wendungsarten der Elektrizität und über die im Verteilungsnetz zi wählenden
Spannungen. Der Entwurf des Verteilungsnetzes gehört ausschliesslich zu den
Aufgaben des Elektrotechnikers. Es können daher hier nur einige wenige allgemeine
Gesichtspunkte hervorgehoben und einige allgemeine einschlägige Angaben gemacht werden.
A. Man kann direkte, indirekte und gemischte Stromverteilungs-
systeme unterscheiden. Bei dem direkten Stromverteilungssystem liegen
die Stromerzenger und die Abnehmer in ein und demselben elektrischen Stromkreis, bei
dem indirekten Verteilnngssystem sind zwischen die getrennten Stromkreise
r Ing.- Wfmonieb, III. hfl. 18. Bd. 74
1170 III. Theodor Koehk. Ausbau ton Wasserkräfte». Edizelheitev.
der Stromerzeuger einerseits und der Abnehmer andererseits Transformatoren, Umformer
oder Akkumulatoren geschaltet, welche beiden Stromkreisen angehören. Bei dem ge-
mischten Verteilungssystem kommen beide vorgenannten Systeme entweder abwechselnd
oder gleichzeitig zur Anwendung.
Wenn das Krafthaus in unmittelbarer Nähe des Verteilungsgebietes liegt, so kann
sich das direkte Stromverteilungssystem als das wirtschaftlichste ergeben. Ist das Ver-
teilungsgebiet aber gross oder ist der Konsum sehr wechselnd, so wird oft ein gemischtes
System von direkter und indirekter Stromverteilung vorteilhaft, indem z. B. bei Wechsel-
strom die Verteilung für Kraftzwecke direkt mit der Maschinenspannung erfolgt, wahrend
für die Lichtverteilung eine Umformung durch Transformatoren in eine niedrigere Span-
nung vorgenommen wird oder indem bei Gleichstrom z. B. während der Tagesstunden
ganz oder zum Teil die Stromerzeuger auf eine Akkumulatorenbatterie arbeiten und am
Abend die Parallelschaltung, von Akkumulatoren und Stromerzeugern erfolgt.
Für Kraftübertragungsanlagen auf grössere Entfernungen kommt das direkte Ver-
teilungssystem deshalb nicht in Frage, weil wegen der Anlagekosten für die Fernleitung
eine höhere Spannung notwendig ist als man im Verteilungsnetze anwenden kann. Bei
grösseren Verteilungsnetzen werden oft zwischen die Fernleitung und das eigentliche
Abnehmernetz noch Verteilungsnetze gelegt, durch welche der Strom von den Haupt-
transformatoren- oder Akkumulatorenstellen mit höherer Spannung zu den sogenannten
Unterverteilungspunkten geführt wird, um hier in die für das Abnehmernetz erforder-
liche Spannung umgewandelt, oder um bei Gleichstrom in Akkumulatorenbatterien mit
der Spannung des Abnehmernetzes aufgespeichert zu werden. Zweck solcher zwischen-
geschalteter Netze ist die Ersparnis an Kupferkosten für die langen Leitungen. Akku-
mulatorenbatterien finden bekanntlich bis heute nur für Gleichstrom und im allgemeinen
auch nur für Spannungen bis zu 5 — 600 Volt Anwendung. Bei grösseren Spannungen
würden die Anlagekosten wegen der erforderlichen Zahl der Zellen zu gross werden.
Die sogenannten Uniformer finden Verwendung, wenn man hochgespannten Gleich-
strom in niedriggespannten verwandeln will und sie bestehen dann aus je einem znsammen-
gekuppelten Motor und Stromerzeuger. Soll Wechselstrom in Gleichstrom verwandelt
werden, so kann man entweder mit einem Wechselstrommotor eine Gleichstromdynamo
kuppeln, oder man kann auch einen sogenannten synchronen Motor mit einem Gleich-
stromerzeuger in einer Maschine vereinigen, indem man die Ankerwickelungen an einen
Komutator führt und durch dieselben die Gleichrichtung des Stromes bewirkt. Man
pflegt solche Maschinen als „rotierende Umformer" zu bezeichnen. Wenn die
Maschine auf der Wechselstromseite durch richtige Regulierung der Erregung ohne
Phasenverschiebung, d. h. mit dem Leistungsfaktor 1 arbeitet, so muss, abgesehen von den
Reibungsverlusten in den Lagern und den Verlusten durch Joule sehe Wärme und durch
Hysteresis die Gleichstromleistung = der eingeleiteten Wechselstromleistung sein. Daraus
folgt, dass rotierende Umformer wirtschaftlich günstiger arbeiten als solche, welche aus
einem mechanisch mit einer Dynamomaschine gekuppelten Motor bestehen. Wie bereits
S. 1167 erwähnt, kann man durch Transformatoren nicht allein die Spannung des
Wechselstroms beliebig herauf- und heruntertransformieren, sondern man kann auch
Mehrphasenstrom in Einphasenstrom verwandeln.
B. Eine ungeahnte Ausdehnung hat die Verwendung der in Elektrizität verwandelten
Wasserkraft in den elektrochemischen, elektrolytischen und metallurgi-
schen Industrien im Laufe der letzten 10 Jahre erfahren, und es stehen hier noch
ausserordentlich erweiterungsfähige Gebiete offen. Meistens wird der Bedarf derartiger
Fabrikationsarten an elektrischer Energie so gross sein, dass sie entweder die ganze
§ 7. Fernleitungen. 1171
Wasserkraft für sich verwenden oder dass sie doch einer besonderen, von dem übrigen
Verteilungsnetz getrennten Stromzuführungsleitung bedürfen. Während für die elektro-
chemische und die elektrolytische Industrie im wesentlichen der Gleichstrom benutzt
wird, findet in der metallurgischen Industrie hauptsächlich der Wechselstrom Anwendung.
Die Spannung, welche bei der Mehrzahl der gedachten Prozesse benutzt wird, ist eine
niedrigere, als in den Verteilungsnetzen für Licht und Kraft zur Anwendung zu
kommen pflegt.
Aus den Gebieten der elektrochemischen und elektrolytischen In-
dustrien mögen hier kurz die folgenden Verwendungszwecke angeführt werden74).
a) Die Verfeinerung von Kupfer, Nickel, Zink, Gold, Antimon etc. auf elektro-
ly tischen* Wege oder die Bildung von feinen Überzügen aus den genannten Metallen (Galvano-Plastik),
wobei meistens Spannungen von 2 bis 7,5 Volt verwendet werden.
b) Die Fabrikation von Chlor und verwandten Chemikalien (Verfahren von Castner
& Kellner, Haas & Oettel, Schuckert etc.) mit Spannungen von 5 bis 110 Volt.
c) Die Fabrikation von Soda (Verfahren von Jablochkof, Höpner, Grabau etc.)
Spannung 4 bis 8 Volt.
d) Die Fabrikation von Pottasche (Verfahren von Liebig, Electron-Griesheim,
Gall & Montlaur, Blumenberg, Franchot & Gibbs) Spannung ca. 5 Volt.
e) Die Gewinnung von Stickstoff aus der Luft für industrielle und beson ders land-
wirtschaftliche Z weck e zum Ersatz von Chi lisalp e t er. Von letzterem werden jährlich ca. 1 500000 1
im Werte von ca. 300000000 Mk. in Europa eingeführt Verfahren von Franck & Caro, Bradley
& Lovejoy, Birkeland & Eyde) Wechselstrom mit Spannungen bis 5000 Volt.
f) Gewinnung von Ozon aus der Luft zur Verwendung beim Bleichen von Leinwand und
Wolle, Altmachen von Holz für die Möbelindustrie, Behandlung von alkoholischen Getränken etc. (Ver-
fahren von Siemens & Halske, Arnold & Otto, Schneller & Wite, Marnier & Abraham).
g) Fabrikation von Kalcium-Karbid aus Kalk und Kohle (Ofen nach B ullier, Schuckert
& Co., Soci^te* des Carbures Mätalliques, Siemens & Halske, Electro-Gas-Company
(Niagara Falls) etc.) Wechselstrom mit Spannungen von 45 bis 100 Volt. Die Weltproduktion von
Kalcium-Karbid betrug 1905 etwa schon 125 000 t, von denen Deutschland im Inlande selbst ca. 6000 t
herstellte und ca. 20000 t einführte, und zwar meistens aus Werken, welche mit vorwiegend deutschem
Kapital in Norwegen, in der Schweiz und in Österreich errichtet sind7*»).
Bei der metallurgischen Industrie werden Öfen verwendet, deren Kon-
struktionen ausserordentlich verschieden sind und zum Teil noch geheim gehalten werden.
Von den bekanntesten Konstruktionen seien genannt die der E.-A. vorm. Schuckert&Co.,
Siemens & Halske, Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft, Schneider
& Cie, Keller, Heroult, Kjellin, Härmet, Girod etc.
Man unterscheidet im wesentlichen: 1. Lichtbogenöfen, 2. Widerstandsöfen, S.Glüh-
öfen und 4. Induktionsöfen. Bei den erstgenannten Öfen findet die Schmelzung in den
Flammenbogen der Elektroden statt, bei den zweitgenannten bildet der Boden des Ofens die eine
Elektrode. Die obere Elektrode taucht in die zu schmelzende Masse ein und die Schmelztemperatur wird
durch den Widerstand erzeugt.
Bei der dritten A rt ist das Prinzip ähnlich, nur dass der Strom zum Teil in lotrechter Richtung,
zum Teil in der Querrichtung des Ofens die Materialien durchströmt.
Bei den Induktionsöfen bildet die im Ofen zu schmelzende Metallmasse gewissennassen
die sekundäre Spule eines Transformators und die Erwärmung erfolgt nicht durch den Stromdurchfluss
von einer Elektrode zur anderen, sondern durch Induktion.
Aus der metallurgischen Industrie mögen folgende Verwendungszwecke hervor-
gehoben werden:
h) Die Fabrikation von Aluminium, wofür 1907 im ganzen ungefähr 100000 PS« ver-
wendet wurden. Spannung meistens ca. 60 Volt. Während das Aluminium im Anfang der 80er Jahre
74) E. Pacoret, La Technique de la Houille Blanche. Paris. 1908. S. 701 u. ff.; ferner Jean
Es card, Les fours e*lectriques et Ieurs applications industrielles, Paris (Dunot et Pinat) und von dem-
selben Verfasser: Les industries llectro-chimiques. Paris (Beranger).
7») z. B. in Jajce, Hafslund und Lonza.
74*
1172 III. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Eikzelheitev.
der Torigen Jahrhunderts noch etwa 45 bis 50 Mlu kostete, ist der Preis heute auf 2 bis 8 Mk. pro kg
gesunken.
i) Die Fabrikation von Stahl und Eisen und deren Verbindungen, wie Chromeises
und NickelstahL Spannungen von 25—400 Volt.
k) Die Fabrikation von Silicium, Coupro-Silicium und Ferro-Silicium* Die
letztgenannten Verbindungen werden hergestellt durch Mischung von flüssigen Eisen- oder Knpfc
mit flüssigem Quarz und Verbrennungsprodukten von Koks. Sie finden Verwendung für die Herstel-
lung besonderer Eisen- und Kupfersorten.
1) Die Herstellung von Carborundum (kohlenstoffreiches Silicium), welches wegen seiner
an die des Diamanten heranreichenden Härte besonders für die Politur von Metall gebraucht wird. Die
Herstellung erfolgt aus Quarzsand, Seesalz, pulverisiertem Koks- und Sägespänen unter Verwendung von
Spannungen von 120 bis 250 Volt.
m) Die Herstellung von Graphit- Kohle zur Fabrikation von Bogenlampen-Kohlen and
Elektroden für elektrochemische und metallurgische Ofen.
n) Die Herstellung von Kupfer, Nickel und Zink in elektrischen Ofen. Spannimg
ca. 120 Volt
o) Die Herstellung von Barium, Strontium und Quecksilber.
p) Die Herstellung von Glas in elektrischen Ofen (Verfahren nach Voelker, Jobann
Leihne, Brown etc.).
Für die Verwendung der Elektrizität in den genannten Industriegebieten ist
mit Rücksicht auf die Konkurrenz auf dem Weltmarkte und weil die einschlägige
Grossindustrie meistens schon sehr billige Wasserkräfte verwendet, eine so billige Strom-
lieferung Voraussetzung, dass im Grossbetriebe die Stromkosten von Mk. 80. —
pro KW und Jahr bereits die obere Grenze bilden. Hieraus folgt, dass nur
grosse und von der Natur sehr günstig gestaltete Wasserkräfte für diese Industrien in
Frage kommen können, oder dass nur derjenige Teil der erzeugten elektrischen Energie
eines Wasserkraft-Elektrizitätswerkes in diesen Industrien zu verwenden ist, welcher in
dem Verteilungsnetz für Licht und Kraft nicht mehr untergebracht werden kann.
C. Das wertvollste und wichtigste Gebiet bleibt daher für Wasser-
kraftanlagen die Verteilung von Licht durch Glühlampen und Bogen-
lampen und von Kraft durch Elektromotoren.
I. Glühlampen. Der zur Zeit noch am meisten verbreitete Beleuchtungskörper ist die zuerst
von Edison in einer praktisch verwendbaren Form hergestellte Kohlenfaden-Glühlampe, in
welcher etwa 5% der ihr zugeführten Energie in Licht umgewandelt wird. Bis heute wird die Kohle
als unschmelzbar angesehen, andererseits verbrennt sie sehr schnell bei Hinzutritt von 8*uerstoff. Des-
halb mueste man das Glühen des Kohlenfadens in einem luftleeren Glasbehälter bewirken. Der Licht-
effekt einer Normalkerze oder HE. (Hefner Einheit) erfordert etwa 8,3 Watt Die Lebensdauer einer
guten Glühlampe beträgt etwa 600—1000 Stunden. Nach 600 Stunden nimmt die Leuchtkraft stark ah.
Ist das Vakuum in einer Birne schlecht, so geht die Glühlampe viel schneller zugrunde. Auch sind
diese Lampen gegen Spannungsänderungen sehr empfindlich. Bei einer Überschreitung der Spannung um
mehr als 8°/o nimmt die Lebensdauer bereits um die Hälfte ab. Es werden daher in einem
Lichtverteilungsnetze meistens nur Spannungsschwankungen von 2°/° zugelassen.
Der oben angegebene Wattverbrauch bezieht sich für Kohlenglühlampen auf eine Spannung
von 110—125 Volt, Bei Verwendung von 220 bis 250 Volt, wofür gleichfalls in Massen-
fabrikation Lampen hergestellt werden, ist der Stromverbranch 15 bis 20°/o hoher
und die Lebensdauer kleiner. Für grössere Spannungen werden Kohlenfadenglühlampen bis jetzt
in Massenfabrikation nicht hergestellt.
Dem Bedürfnis nach einer sparsam brennenden Lampe für Spannungen von 220 bis 250 Volt
ist die sogenannte Nernst-Lampe entgegengekommen, bei welcher nicht Kohlenfäden, sondern un-
schmelzbare Oxyde von Erden, z. B. Magnesium Oxyd verwendet werden. Da diese Stoffe feuerbeständig
sind, können sie in offenen Lampen zum Glühen gebracht werden. Es sind also keine luft-
leeren Birnen nötig. Ein Mangel ist nur, dass diese Erden in kaltem Zustande Nichtleiter sind
und deshalb erst bis zur Rotglut vorgewärmt werden müssen. Deshalb sind die Magnesiumstäbe der
Nernstlampe mit einer Heizspirale umgeben, welche durch einen im Lampensockel befindliches
§ 7.
Fernleitungen.
1173
Elektro-Magneten automatisch ausgeschaltet wird, sobald der Leocbtkörper für den Stromdurchgang
genügend vorgewärmt worden ist Es vergeht deshalb immer eine gewisse Zeit nach dem Einschalten,
bis die Lampe leuchtet Der Effektverbrauch variiert pro H.E. zwischen 1,8—1,5 Watt. Die Nernst-
lampe hat für Spannungen von 220 bis 250 Volt in Gleichstromnetzen sehr grosse Verbreitung gefunden,
während sie sich in Wechselstromnetzen weniger bewährt hat. Ihre Lebensdauer ist 600 bis 800 Stunden.
Bedeutungsvoller als die Nernstlampe für die Ausbreitung der elektrischen Beleuchtung
scheinen die M e t a 1 1 f a d e n - G 1 ü h ] a ro p en werd en zu sollen. Hierzu werden Glühfäden aus den seh werst-
schmelzbaren Metallen der Platingruppe verwendet Die bekanntesten sind bis heute die Osmium-
lampe (erfunden von Auer von Welsbach), die Osramlarape und die Tantallampe. Bei der
Osmiumlampe wird der Effektverbrauch etwa zu 1,5 Watt pro H.E. und die Lebensdauer zu 800 bis
1000 Stunden angegeben, während bei der Osramlampe und der Tantallampe der Effektverbrauch nur
1,1 Watt pro H.E. sein soll. Die Osmiumlampe wird zur Zeit für Spannungen bis zu 45 Volt, die
beiden anderen genannten Lampen für Spannongen bis 110 Volt hergestellt Ihre Lebensdauer beträgt
800 bis 1000 Benutzung8stunden und mehr. Während die Helligkeit der Kohlenfadenlampen nach etwa
600 Brennstunden bereits erheblich abnimmt, steigt dieselbe bei den Metallfadenlampen vom Beginn
nach 200 bis 300 Stunden um etwa 5 bis 8% und sinkt oft erst nach 1000 Stunden auf den Anfangs-
wert zurück. Auch der Stromverbrauch bleibt ziemlich konstant und die Empfindlichkeit der Lampen
gegen Spannungsveränderungen ist geringer als bei Kohlenfadenlampen, infolgedessen es möglich sein
wird, einen grosseren Spannungsabfall, von den Punkten konstanter Spannung an gerechnet, in den
Verteilungsnetzen zuzulassen und dadurch dasselbe billiger zu gestalten als es bisher bei Kohlenfaden-
lampen (2 °/o) üblich war. Die Metallfadenlampen werden heute allerdings nur für maxi-
mal HO Volt in Massenfabrikation hergestellt und kosten noch etwa 3,— Mk. pro Stück,
es ist aber anzunehmen, dass in nicht zu langer Zeit auch Lampen für 220 Volt ebenso wie die Kohlen-
fadenlampen anf den Markt gebracht werden und dass der Preis ganz erheblich zurückgehen wird.
II. Die Bogenlampe. Für grössere Lichtstärken waren bisher ausschliesslich die elektrischen
Bogenlampen in Gebrauch, bei denen etwa 10% der zugeführten Energie in Licht umgesetzt werden.
Bei den Bogenlampen älterer Konstruktion muss man Gleichstrom- und Wechselstrom-Bogen-
lampen unterscheiden.
Bei Gleichstrom-Bogenlampen beträgt die Spannung zwischen den Kohlenspitzen min-
destens 40 Volt und nimmt je nach der Stromstärke zu. Bei grossen Lampen (40- Ampere-Lampen)
werden Spannungen von 50 bis 52 Volt angewandt. In der Regel ist die Spannung 45 bis 46 Volt
Stets ist die obere Kohle bei Gleichstromlampen mit dem positiven Pol der Stromquelle, die untere
mit dem negativen verbunden. Der Abstand der beiden Kohlen muss immer ein bestimmter, der Span-
nung genau entsprechender sein. Er bedarf deshalb der dauernden Regulierung, da die Kohlenenden
abbrennen. Bei der oberen Kohle bildet sich bei Gleichstrom bald eine vertiefte Öffnung (Krater), bei
der unteren bleibt die Spitze. Die obere Kohle verbrennt etwa noch einmal so schnell wie
die untere, wenn beide Kohlenstifte gleiche Dicke haben. Deshalb macht man bei Gleich-
stromlampen die obere Kohle doppelt so dick. Die Temperatur an der positiven Kohle ist etwa 3500°,
an der negativen 2500° C. Infolge der Kraterbildung an der oberen Kohle werden alle
Lichtstrahlen der glühenden Kohle bei Gleichstrombogenlampen nach unten ge-
worfen, und der Lichteffekt ist deshalb besonders nach unten verstärkt. Folgende
Tabelle gibt einen Überblick über zusammengehörige Werte von Stromstärke, Klemmenspan-
nung und Lichtbogenlänge (Kohlenabstand) '«):
Stromstärke :
Klemmenspannung :
Lichtbogenlänge :
8
6
9
12
15
20
30
40
41
43,5
44,8
46
47
48
50
52
i
1.9
2,8
3,5
8,9
4,7
5,4
6
Ampere
Volt
mm
Wird der Kohlenabstand grösser, so wird die Stromstärke schwächer, also auch der Lichteffekt
schwächer; und wenn der Kohlenabstand zu gross wird, erlischt die Lampe. Man unterscheidet Haupt-
strom-, Nebenstrom- und Differenzial-Lampen. Bei allen wird die Regulierung des Kohlen-
abstand ea durch Elektromagneten in einer Spule in Verbindung mit mechanischen Vorrichtungen (Federn,
?6) L. Grat z, Die Elektrizität und ihre Anwendungen. Stuttgart 1908. S. 438.
1174
III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Seile, Stangen und Zahnräder etc.) bewirkt. Nähern sich die Kohlenstifte, so wird der Widerstand
kleiner, die Stromstärke also grösser, sodass die Elektromagneten in die Spulen gezogen werde« and
der Kohlenabstand dnreh entsprechende Übertragung vergrössert wird bis zwischen der Federspannmng
und der elektromagnetischen Spannung des Ankers Gleichgewicht herrscht, das ist, bis die normale
Entfernung wieder hergestellt ist. Das Prinzip des elektromagnetischen Bewegungsantriebes ist fast t*i
allen Bogenlampen dasselbe, während die mechanischen Vorrichtungen zur Übertragung und Regulierung
der Bewegung ausserordentlich verschieden sind.
Bei den Hauptstrora-B ogenlampen ist der Elektromagnet in den Hauptstrom einge-
schaltet. Infolgedessen müsste eine Störung an einer Lampe, wenn mehrere hintereinander geschaltet
werdeo, sich sofort auf die übrigen Lampen übertragen nnd beim Erlöschen einer Lampe müaaten auch
dio übrigen erlöschen. Die Hauptstromlampe wird deshalb nur noch äusserst selten verwendet
und kommt nur noch vor, wenn es sich um Einzelbogenlampen handelt
Häufigere Verwendung findet
' Abb. 466. Schema einer Differenzial-Bogenlampe die Nebenschluss-Bogenlampe.
KK die Kohlen, RR, Drosselpulen mit Elektromagneten, bei welcher die elektromagnetische
M Maschine. Regulierung in den Nebenachluss gelegt
ist Man verwendet sie besonders bei
Parallelschaltung von Lampen, auch
funktioniert sie noch ausreichend sicher
bei zwei hintereinandergeschalteten Lam-
pen. Sie reguliert auf konstante
Spannung. Bei weitem am häufigsten
ist aber die Di fferenzial- Bogen-
lampe, welche auf konstanten
Widerstand reguliert (Abb. 466). Die regulierenden Elektromagneten sind sowohl in den Haupt-
ström als auch in den Nebenscbluss gelegt. Die Differenzial-Bogenlampen eignen sich
ders für Hintereinander-Schaltung von Bogenlampen , werden aber auch für Parallelschaltung viel
wendet Da die Klemmenspannung einer Gleichstrom - Bogenlampe im Mittel 45 Volt ist, so muas
durch Drahtwiderstände die Differenz zwischen der Netzspannung und der Klemmenspannung der Bogen-
lampen vernichten, wenn man nur eine Lampe brennen will, sodass ein nicht unbeträchtlicher Teil des
Effektes nutzlos verloren geht. Deshalb schaltet man meistens mehrere Bogenlampen hintereinander.
Bei 110 Volt Netzspannung könnte man also zwei Bogenlampen hintereinander schalten und müsste
ca. 18 bis 20 Volt vernichten. Handelt es sich um 12 Ampere-Lampen, so würden ca. 12. 18 = 216 Watt
in Draht-Widerständen aufgenommen werden müssen.
Man misst meistens nur den hemisphärischen Lichteffekt der Bogenlampen, d. h. den
Lichteffekt auf die untere Hälfte einer um die Lichtquelle beschriebenen Kugel. Über das Verhältnis
von Energieverbrauch und Lichteffekt von Gleichstrom-Bogenlampen gibt folgende Zahlentafel einigt
Auskunft
Verhältnis von Stromstärke, Spannung, Lichtstärke und Energieverbranch bei
Gleichstrom-Bogenlampen.
Stromstärke in Ampere | Spannung in Volt
Energieverbrauch in
Watt pro H.E.
5-6
8
10
12
Grössere Stromstärken
40
41
42
48
45-50
320
515
700
920
0,75
0,62
0,60
0.55
0,50
Bei Wechselstrom-Bogenlampen ist die Klemmenspannung meistens etwa 80 Volt Da
sich die Stromrichtung fortwährend ändert, so brennen die beiden Kohlen gleich-
massig ab und es bilden sich an beiden Kohlenenden kleine Krater. Die Temperatur des
Wechselstrom-Lichtbogens ist an beiden Kohlenenden dieselbe und schwankt etwa zwischen 8750* nnd
4200° C. Die Folge der doppelten Kraterbildung ist aber, dass dieHälfte des Gesamt-
lichteffektes nach oben geworfen wird, und deshalb ist der hemisphärische Nutz-
§ 7.
Fernleitungen.
1176
effekt einer Wechselstrom-Bogenlampe um etwa 80°/o schlechter als derjenige
einer Gleichstrom-Bogenlampe. Man verbessert den Effekt, indem man Aber dem Lichtbogen
einen Reflektor anbringt, welcher die Strahlen nach unten wirft Aber die Reflektoren vermögen doch
nur einen Teil des von der Kohle nach oben geworfenen Lichtes nach unten zurückzuwerfen.
Die Regulierung der Kohlenentfernung erfolgt nach demselben Prinzip wie bei Gleichstrom-
Bogenlampen, da die Wirkungen auf den Elektromotor dieselben sind, gleichgültig, ob die StromrichtuDg
in den Regulierungsspulen sich ändert oder dieselbe bleibt Es werden die Elektromagneten nur nicht
aus einem Stück gemacht, sondern aus unterteilten Eisenstücken mit Papierzwischenlagen, um die
Foucaultschen Ströme zu verhindern. Auch bei den Wechselstrom-Bogenlampen stehen natürlich
Stromstärke, Spannung und Lichtbogenlänge in einer bestimmten Beziehung.
Hierüber gibt für Wechselstrom-Bogenlampen die nachstehende Zahlentafel einen Überblick.
Stromstärke
Spannung . .
Lichtbogenlänge
1
1
6
10
16
20
8
30
27
28
29
80
32
! 1,5
■
1,7
2
2,3
2,5
Ampere
Volt
mm
Allerdings schwanken diese Beziehungen je nach der Art des Wechselstroms.
Die Differenz zwischen der Klemmenspannung einer Wechselstrom-Bogen-
lampe und der Netzspannung muss bei Einzelbogenlampen durch besondere Appa-
rate aufgenommen werden. Bei Einzelbogenlampen ist es am wirtschaftlichsten, einen
kleinen Transformator zu verwenden, durch welchen die Spannung berabtransformiert wird.
Bei mehreren hintereinandergeschalteten Lampen wird die verbleibende Spannungsdifferenz mit der Netz-
spannung durch Drosselspulen aufgenommen. Eine Drosselspule besteht aus einem Elektromagnet
mit kleinem Ohmseben Widerstand der Bewickelung. Durch den Eisenkern wird die Selbstinduktion
der Bewickelung sehr gross gemacht, sodass in ihr sehr starke elektromotorische Gegenkräfte (Reaktanz)
entstehen, welche den scheinbaren Widerstand vergrößern und die Spannung verringern. Da aber die
Phasenverschiebung zwischen Reaktanz und Strom 90° beträgt, d. h. da die Reaktanz ihre Amplitude
hat, wenn die Phase des Betriebsstroms durch 0 geht, so kostet der Induktionsverlust in der Drossel-
spule selbst keine Kohlen- oder Wasserkraft, vielmehr entsteht der wirkliche Effektverlust in der
Drosselspule nur durch don Verlust an Joulescher Warme und durch die Hysteresis des Eisenkerns.
Beide Energieverluste sind viel geringer, als wenn der Spannungsverlust durch Drahtwiderstände be-
wirkt würde. Kleinere Wechselstrombogenlampen bis zu 8 Ampere haben einen verhältnismässig
schlechten Lichteffekt. Der Energieverbrauch einer 8 Ampere-Bogenlampe beträgt ca.
1 Watt pro H.E.. also ungefähr ebensoviel wie die neusten und besten Metallfaden-
Glühlampen. Bei grosseren Stromstärken wird der Effekt aber günstiger wie nachstehende Zahlen*
tafel zeigt:
Verhältnis von Stromstärke, Spannung, Lichtstärke und Energieverbrauch bei
Reflektor- Wechselstrom- Bogenlampen.
!
Stromstärke in Ampere | Spannung in Volt
Hemisph. Lichtstärke
in HE.
Energieverbrauch in Watt
pro H.E.
12
16
20
25
80
29
29
80
80
80
860
580
730
970
1360
0,96
0,88
0,82
0,77
0,67
Durch die Einschaltung der Drosselspule bei Wechselstrombogenlampen
wird die Belastung des Netzes durch letztere eine induktive, und Stromstärke und
Spannung erleiden daher eine Phasenverschiebung (S. 1072), weshalb die Leistung in Watt im
Gegensatz zu der induktionsfreien Glühlichtbeleuchtung nicht durch das Produkt E.J,
sondern durch E.J. cos 9? ausgedrückt wird. <p bedeutet den Winkel der Phasenverschiebung, und der
Leistungsfaktor cos 9 wird bei Wechselstrombogenlampen im allgemeinen zu 0,85 angenommen.
.1
1176 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Die Brenndauer einer Bogenlampe hangt natürlich von der Länge und Dicke der Kofalec-
8tifte ab. Sie schwankt im allgemeinen zwischen 5 nnd 20 Stunden. Man rechnet dnrebschnittliclL
dass in einer Stunde 20 mm abbrennen. Die Lange der Kohlenstifte schwankt zwischen 200 mm bei
kleinen Lampen und 500 mm bei grossen Lampen. Die Dicke des Kohlenstiftes richtet sich nach der
Stromstärke.
Um die Brenndauer der Bogenlampen zu vergrößern, hat man die -sogenannten Dauerbrand-
Lampen mit Brenndauer von 120 bis 160 Stunden konstruiert und* an den Markt gebracht, bei welchen
der Lichtbogen durch eine dichtschliessende Glocke ganz von der Luft abgeschlossen ist Der hemi-
sphäriscbe Lichteffekt dieser Lampe ist aber erheblich geringer.
Besondere Beachtung finden neuerdings die sogenannten Effekt- oder Intensivlampen,
bei denen Kohlen verwendet werden, denen etwa 5% Fluor, Strontium und Barium-Salze oder ähnliche
Stoffe zugemischt sind. Hierdurch wird der Lichteffekt sehr erhöht, aber auch die Schlackenbildung
sehr begünstigt und säurehaltige Dämpfe erzeugt, sodass die Lampen für Innenbeleuchtung noch nicht in
Betracht kommen. Sehr bekannt sind die Bremerschen Intensiv-Bogenlampen geworden. Bei
denselben stehen die Kohlen stifte in spitzem Winkel nebenein ander, sodass der gesamte
Lichteffekt nach unten wirkt. DasLicht istgelblich, die Klemmenspannung beträgt
45—47 Volt und zwar gleichmässig für Wechsel- und Gleichstrom-Bogenlampen.
Auch ist bei Verwendung beider Stromarten die heinisphärische Lichtansbeate
gleich, da die Kraterbildung hierbei keine Rolle mehr spielt In neuster Zeit ist es gelungen, Kohlen-
stifte für Intensiv-Bogenlampen zu erzeugen, welche bei nur wenig vermindeter Lichtausbeate ein an-
nähernd weisses, wohltuendes und warm wirkendes Licht geben.
Man kann mit solchen Bogenlampen, welche auch Flammen bogen lampen genannt werden,
bei nur 4 Ampere Stromstärke hemisphärische Lichteffekte von 500 H.E. erzielen. Bei grosseren
Lichtstärken (5000 H.E.) wird ein Energie-Verbrauch von 0,33—0,43 Watt pro H.E. angegeben.
Dem Bedürfnis nach Bogenlampen mit kleineren Lichtstärken für Innen- and
Aussenbeleachtung hat die Industrie in zahlreichen besonderen Konstruktionen entsprochen.
G. K H n g e n b e r g 7 7) äussert sich zu diesem Punkte in einem „Die Zukunft der elektrischen
Beleuchtung" betitelten Aufsatze wie folgt:
„In den letzten Jahren hat die Bogenlampentechnik eine Reihe von Lampenkon-
struktionen für kleine Stromstärken hervorgebracht Den Anfang hat die Allgemeine
Elektrizitäts-Gesellschaft mit ihrer auf den Namen des Erfinders getauften »Rignon-Lampe*
gemacht. Andere Firmen folgten mit Typen, deren Namen schon die Kleinheit bezeichnen
sollten wie Lilliput-, Mignon-, Baby-Lampe usw. Diese Lampen waren meist für eine Strom-
stärke von 2 Ampere bestimmt und erforderten eine Betriebsspannung von ca. 110 Volt
Ursprünglich wurden nur Lampen für Gleichstrom gebaut, späterhin auch solche für Wechsel-
strom. Alle basierten auf dem Prinzip der „beschränkten Luftzufuhr-, wodurch gegenüber
eigentlichen Dauerbrand-Lampen eine bessere Lichtausbeute und Ruhe des Lichtes gewahr-
leistet wird, allerdings mit verminderter Brenndauer; letztere betrug bei den meisten der
neuen Lampen zwischen 12 und 20 Stunden. Die Lampen bürgerten sich rasch ein und
wurden für Innenbeleuchtung von Wohn- und Arbeitsräumen, Schaufenstern und Schau-
kästen, Beleuchtung von Bahnsteigen, ja selbst für Strassenbeleuchtung kleinerer Städte
in ziemlich grossem Umfange angewandt. Was leistet nun eine solche Lampe? Eine
Gleichstromlampe dieser Type verbraucht bei 110 Volt Netzspannung 2 Ampere nnd gibt
eine Lichtstärke von ungefähr 200 H.K. Ihr Energiebedarf ist also 1,1 Watt pro Kerze.
Wechselstromlampen von 2 Ampere haben zu ungünstigen Verbrauch; selbst die 3,5 Ampere-
Lampe gibt nur eine mittlere hemisphärische Lichtstärke von etwa 100 bis 120 HJL, der
spezifische Energiebedarf beträgt also 3 bis 4 Watt pro Kerze. 8ogar die Gleichstrom-
Bogenlampe ist also weniger ökonomisch als die Metallfadenlampe, die Wechselstromlampe
ist ihr noch wesentlich unterlegen. Wenn man ferner berücksichtigt, dass Metallfaden-
lampen ganz bequem in Einheiten von 100 HJL hergestellt werden können, also als Licht-
quellen fast dieselbe Grftssenordnung haben wie die kleinsten Bogenlampen, dass letztere
Wartang und Bedienung erfordern und Kohlenstifte verbrauchen, femer einen subtilen
Mechanismus besitzen, welcher bekanntlich ein sehr wunder Punkt aller dieser Konstrak-
tionen ist, so kann man mit Sicherheit voraussehen, dass mit der weiteren Ausbildung der
Metallfadenlampe diese kleinsten Bogenlampen -Konstruktionen vollkommen verschwinden
77) Elektrot. Zeitschr. 1907. S. 805 u. ff.
§ 7. Febnleitüngen. 1177
müssen. Ais unterste Grenze dürfte sich die Herstellung möglichst sparsamer Lampen
mit einer Lichtstärke von 500 H.K. ergeben, wie sie neuerdings durch die Spar -Bogen-
lampe für Gleichstrom, 4 Amp. verwirklicht sind. Das Gebiet unterhalb dieser Grenze
wird an die Metallfadenlampe abgetreten werden müssen."
Man könnte nun die Befürchtung haben, dass durch die Verringerung des Watt-
verbrauches für eine bestimmte Helligkeit bei den neueren Beleuchtungskörpern eine
erhebliche Abnahme des Stromverbrauchs der Elektrizitätswerke eintreten könnte, und
dass infolgedessen die im Kap. I, § 5, S. 323—336 gemachten Angaben über den
Kraftbedarf für die Zukunft nicht mehr zuträfen. Voraussichtlich wird aber das Gegen-
teil der Fall sein, denn es ist zu beachten, dass bei einem einzelnen Konsumenten in
der Regel nicht eine bestimmte Helligkeit, sondern eine bestimmte Anzahl Lampen ge-
braucht wird und dass besonders die langfristige Beleuchtung, welche heute noch meistens
durch Gas bewirkt wird, wegen der Verbilligung der Beleuchtung gleichfalls der Elek-
trizität zufallen dürfte. Ebenso werden viele Konsumenten zutreten, die früher wegen
des hohen Preises für elektrische Beleuchtung nicht zu gewinnen waren. Es ist bekannt,
dass bisher das elektrische Licht, wenn man die Kosten einer Kerzenstunde miteinander
vergleicht, sich meistens teurer stellt als Gasbeleuchtung, aber wie wenig dieser Gesichts-
punkt allein ausschlaggebend gewesen ist, beweist die ausserordentliche Verbreitung,
welche in der Schwachlichtbeleuchtung die elektrische Glühlampe gefunden hat. Die
bequemere Fernzündbarkeit, die angenehme Farbe, die leichtere Beweglichkeit, die ge-
ringe Wärmeausstrahlung, die Erzielung schönerer Effekte, die Möglichkeit der Auf-
teilung in kleinere Kerzenstärken, die bessere Ausnützung des Lichtes durch Anbringung
unter beliebigem Winkel, die Möglichkeit aus derselben Installation Strom für andere
Zwecke (Heizung, Motoren, Ventilatoren) entnehmen zu können, die grössere Sicherheit
sind Vorteile, welche bisher das Gaslicht trotz aller Verbesserungen nicht erzielen konnte.
III. Die zur Arbeitsleistung durch elektrische Energie verwendeten Elektro-
motoren sind zu unterscheiden in: a) Gleichstrommotoren, b) asynchrone Wechsel-
strommotoren, c) synchrone Wechselstrommotoren.
a) Gleichstrom-Motoren. Während bei Stromerzeugern mechanische in elektrische Energie
▼erwandelt wird, geschieht das Umgekehrte beim Motor. Bei den Gleichstrom-Elektromotoren ist ein
Unterschied mit den Stromerzeugern prinzipiell nicht vorhanden. Man unterscheidet auch hier Neben-
schlussmotoren, Hauptstrommotoren und Motoren mit gemischter Schaltung (vergl.
S. 1035).
b) Asynchrone Wechselstrommotoren. Unter den Wechselstrommotoren sind für die
Kraftverteilung die Drehstrommotoren die bei weitem häufigsten, weil sie ein starkes Drehfeld
erzeugen, infolgedessen sicher unter Last anlaufen und weil ihre Konstruktion am einfachsten sein kann.
Die asynchronen Dreiphasen-Wechselstrom-Motoren sind von einer besonderen Ein-
fachheit. Wenn man den Drehstrom des äusseren Stromkreises in entsprechend gewickelte Spulen des
Magnetfeldes eines Drehstrommotors einfuhrt, so entsteht im Innern des Ringes ein magnetisches Dreh-
feld; und wenn man in diesen Magnetring einen drehbaren Eisenkern hineinschöbe, so müsste sich
derselbe infolge der fortwährenden Veränderung der Pole drehen. Meistens wird ein spulenbewickelter
Ring oder Trommelanker verwendet, der in sich kurz geschlossen ist und an sich weder Kommutator
noch Schleifringe gebrauchte. Solche Motore mit Kurzschlussanker sind die denkbar einfachsten Maschinen.
Die Strome im Anker werden also nur durch Induktion erzeugt und nicht von aussen zugeleitet, und
man bezeichnet deshalb diese Motore auch allgemein als Induktionsmotoren. Infolge der Selbstinduktion
bleibt die Phase der Spannung zurück, und es bilden deshalb asynchrone Motoren eine induktive Be-
lastung des äusseren Stromkreises, sodass die Leistung J.E.cosqp wird. Beim Anlaufen, wenn
der Motor noch still steht, wird aber eine sehr grosse Stromstärke verbraucht, teils
deswegen, weil der Ohmsche Widerstand und die Selbstinduktion der festen Wicklung klein sind, teils
deswegen, weil der Strom sofort in den Ankerwicklungen die starken Induktionsströme erzeugt 78). Zur
78) L. Grat z, Die Elektrizität und ihre Anwendungen. 1903. S. 479.
1178 III- Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Verminderung der Stromstärke beim Anlaufen, ohne die Zugkraft des Motors zu stören, schaltet man in die
Ankerwicke) nng einen Widerstand ein. Um das aber pridetisch ausführen zu können, rousa man die Anker-
wicklung zu Schleifringen fahren, welche auf der Achse befestigt werden. Auf diesen Schleifringen laast
man Barsten schleifen, welche durch Stufenschaltung mit Widerstanden in Verbindung gesetzt werden können
f Abb. 40V). Man kann dasselbe aber auch dadurch erreichen , dass man zunächst beim Anlassen die
einzelnen Drähte des Ankers, die ja induziert werden, gegen einander schaltet, sodass der gesamte Strom
in dem Anker gering ist. Ein solcher Motor lauft mit Kraft an: sobald er eine gewinne Geschwindig-
keit erreicht hat, werden selbsttätig die Ankerwickelungen wieder normal geschaltet.
b) Die Synchron-Motoren. Die sogenannten synchronen Motoren sind iden-
tisch mit den Wechsels tromerzeugern (S. 1036 n. ff). Sie erfordern wie diese eine be-
sondere Gleichstrom erregu n g. Ihre Umdrehungszahl ist bei gegebener Pol zahl von der Perioden-
zahl des zugeführten Wechselstroms abhängig. Hat der synchrone Motor P Pole und ist die Periodenzahl
des eingeleiteten Wechselstroms pro S e k u n d o — p, so ist die einsig mögliche Umlaufzahl pro Minute
120 p
Diese Umlaufzahl hält der Motor unbedingt bei allen Belastungen ein. überlastet n
i Drehstrommotors
Motor stark, so lauft er auch
dann nicht langsamer, Bondem
fallt plötzlich ans dem Gang und
bleibt stehen. Durch die Er-
regung des Feldmagneten
hat man es in der Hand,
Pha
nng ai
synchr,
chiebung
idSpa
nheben, eodas
Phase bleiben, be
i synchroner Motor daht
asynchronen Motor, nachdem er einmal augel
Der synchrone Motor kann sowohl für gewohnlichen Wechselstrom (Einpbi
Mehrphasen-Strom gebaut werden.
dnktionsfrei gelten. Um-
gekehrt wie bei den Stroms-
zeugern wirkt beim synchronen
Motor ein die Ankerspulen durch-
fliessender Strom, welcher der
Spannung seitlich vorläuft, end-
- magnetisierend auf das Feld
Magnet-System.
Da es mit Hilfe der
Gleichstromerregnng erzielt wird,
dass Strom and Spannung in
der Bedienung, während man einen
fen ist, ohne Wartung lassen kann.
-Strom) als auch for
D. Für die Spannung im Vorteilungsnetz kommen für den Fall, dass ans
ein und demselben Netz gleichzeitig Strom für Licht and Kraft verteilt werden soll, im
wesentlichen 'nur zwei Spannnngsstufen in Frage, nämlich 110 bis 125 Volt oder 220
bis 250 Volt. Ein Verteilungsnetz mit 220 Volt wird im allgemeinen nur 7* so
teuer wie das mit 110 Volt, und man hat deshalb in Europa im Gegensatz zur amerika-
nischen Praxis in den letzten 10 Jahren besonders bei Gleichstromanlagen einer
Konsumspannung von 220 Volt den Vorzug gegeben. Wenngleich der Stromver-
brauch sowohl wie die Lebensdauer der Kohlen- und Metallfaden- Lampen bei 220 Volt
um 15—20% schlechter sind als bei 110 Volt, so wird doch durch die Ersparnis
an Verzinsung nnd Amortisation der Netze die Möglichkeit gegeben, diesen Verlust durch
billige Strompreise auszugleichen. Nach der Statistik der Deutschen Elektrizitätswerke
hatten bis 1902 von 473 Werken, darunter allerdings viele kleine, SM eine Betriebs-
spannung von 110 Volt und 127 eine solche von 220 Volt, darunter hatten 243 Werke
§ 7. Fernleitungen. 1179
Dreileitersysteme mit 2 X HO Volt und 57 mit 2 X 220 Volt, sodass auf 1,3 der
Werke Zweileitersysteme entfielen79).
Nach der Statistik der Elektrizitätswerke *°) für 1906 hatten von 1295 Werken
520 Werke mit 161193 KW 110 Volt, 491 Werke mit 113425 KW 220 Volt und
284 Werke mit 334504 KW (darunter Berlin) gemischte Netze, d. h. solche mit 110 Volt
und solche mit 220 Volt oder Netze mit einer von den beiden Spannungen und einer
noch höheren Spannung oder nur Netze mit einer noch höheren Spannung. Während
sich also nach Hoppe für 1902, der Anzahl nach, das Verhältnis der Netze mit 110 Volt
zu denen mit 220 Volt noch wie 2,72 : 1 stellte, verschob sich das Verhältnis zu gunsten
der Netze mit 220 Volt bis 1906 schon bis auf 1,06 : 1.
Mit Rücksicht darauf, dass die Massenfabrikation der Metallfadenlampen bisher
nur für 110 Volt-Lampen erfolgt und dass nach den eignen Angaben der Fabrikanten
die 220 Volt-Metallfadenlampen jedenfalls um 15 — 20% mehr Strom verbrauchen und
ausserdem eine kürzere Lebensdauer haben werden, ferner mit Rücksicht darauf, dass
für alle Bogenlampen wegen der niedrigen Spannung, mit welcher sie brennen, eine
niedrigere Netzspannung an sich vorteilhaft ist, weil weniger Lampen hintereinander
geschaltet zu werden brauchen, beziehungsweise weniger Spannung in den Widerständen
oder Drosselspulen abgedrosselt zu werden braucht, hat sich neuerdings die Zahl der
Befürworter einer Spannung von 2 X HO bis 125 Volt bezw. 3 X HO bis 125 Volt für
Netze mit überwiegender Lichtlieferung vermehrt. In dieser Beziehung sei
z. B. auf die Abhandlung von £. Wikander, betitelt „Die Wahl der Verbrauchs-
spannung für neu anzulegende Elektrizitätswerke"81), verwiesen.
Indessen bei der ausserordentlichen Ersparnis an Anlagekosten bei Wahl der
höheren Spannung wird immer zu überlegen bleiben, ob nicht die grösseren wirtschaft-
lichen Vorteile dennoch auf Seiten der letzteren liegen.
Bei einer wirtschaftlichen Rechnung wird besonders die vorauszusetzende Brenn-
dauer und der erzielbare Strompreis von ausschlaggebender Bedeutung sein. Je kleiner
die voraussichtliche durchschnittliche Brenndauer und je niedriger der erzielbare Preis
wird, um so mehr wird sich die Entscheidung zu gunsten der höheren Spannung neigen.
G. Klingenberg äussert sich in der oben zitierten Abhandlung wie folgt:
,Man wird also gegebenenfalls zu überlegen haben, ob durch die niedrigeren Strom-
erzeugungskosten nnd durch den zu erwartenden grösseren Anschluss die Nachteile der
schlechteren Ökonomie der Lampen aufgehoben werden können.
Liegen die Verhältnisse bei den Metallfadenlampen ähnlich wie bei den Kohlen-
faden-Glühlampen, so zeigen von mir angestellte Rechnungen, dass die Verbilligung der
Erzeugungskosten des Stromes grösser ist als die Verschlechterung der Ökonomie der
Lampen, und ich bin deshalb abweichend von vorstehend **) wiedergegebener Ansicht der
Meinung, dass auch neue Anlagen mit 2 X 220 Volt projektiert werden sollten.
Bei Drehstrom-Anlagen bringt das Vierleitersystem, das sich mehr und mehr
einbürgert, gegenüber dem Dreileitersystem schon so wesentliche Vorteile, daas hierbei die
Frage der Erhöhung der Spannung keine so wesentliche Rolle spielt; ich glaube daher, dass
79) Fritz Hoppe, Was lehren die Statistiken der Elektrizitätswerke. Darmstadt -Leipzig.
1903. S. 110.
so) Elektr. Zeitschr. 1907. S. 863-417. In der Gruppe mit 110 Volt sind alle Werke mit HO
bis 125 Volt, mit 2x110 bezw. 2x 125 Volt und mit Mehrleitersystemen dieser Spannung gezählt; in
demselben Sinne sind die Zahlen für 220 Volt zu verstehen und zur dritten Gruppe sind alle Werke
gezählt, welche gemischte Netze mit beiden vorgenannten Spannungen oder noch höhere Spannungen haben.
8i) Elektr. Zeitschr. 1905. S. 947.
s>) Das Wort , vorstehend" bezieht sich auf die Klingenberg sehe Abhandlung selbst
1180 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
man Drehstroinanlagen mit 3 X 120 Volt in Sternschaltung mit neutralem Leiter
sollte, unisomehr als es keine Schwierigkeiten macht, in neu hinzukommenden Bezirke»
gegebenenfalls später einen Wechsel der Konsumspannung eintreten zu lassen/
Für reine Kraftnetze wird stets die höhere Spannung den Vorzug verdienen und
bei Wechselstrom werden nicht selten die Kraftverteilungsnetze mit Spannungen im
Zweileitersystem von 1000 Volt oder im Dreileitersystem mit 2 X 500 Volt betrieben.
Bei den Netzen, welche zugleich für Licht und Kraft dienen sollen, wird gleich-
falls nur eine sorgfältige wirtschaftliche Rechnung die Entscheidung herbeiführen können.
ob die niedrige oder die höhere Spannung die grössten Vorteile bietet.
Literaturangaben zu § 7, Fernleitungen.
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Institute of Electrical Engineers. Dec. 1904. — Auszugsweise mitgeteilt Eiektr. Zeitschr. 1905.
S. 169.
Heinke, Handb. d. Elektrotechnik. Bd. 12. Telegraphie und Telephonie.
Gra winkel und Strecker, Hilfsbuch für Elektrotechnik.
Steinmetz, Theorie und Berechnung der Wechselstromerscheinungen 1900.
E. Arnold, Die Wechselstromtechnik. Karlsruhe. In 5 Bänden.
L. Grätz, Die Elektrizität und ihre Anwendungen. Zehnte Auflage. 1903.
A. Wen gier, Elektrizität und Recht im Deutschen Reiche. Leipzig 1900.
Prof. F. Meili, Die elektrischen Stark- und Schwachstromanlagen und die Gesetzgebung. Zürich 1899.
A. Pf log hart, Die Elektrizität als Rechtsobjekt. Strassburg 1901.
Prof. U. Pipia, L'Elettricita nel Diritto. Mailand 1900.
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Jos. H e r z og und Clarence Feld mann, Die Berechnung elektrischer Leitungsnetze in Theorie und
Praxis. Berlin 1903 n. 1905.
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Kennelly El World Vol. XXXI.
Robert M. Friese (unter Mitwirkung von O. Arke, A. Gobanz, C. Leichtenschlag, O. Otto,
R. S kutsch, E. Stechern, IL Wallern), Das Porzellan als Isolier- und Konstruktionsmaterial
in der Elektrotechnik. Porzellan fabrik Hermsdorf-Elosterlausnitz S. A. 1904.
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ladungen.
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Neesen, Die Sicherungen von Schwach- und Starkstromaulagen gegen die Gefahren der atmosphäri-
schen Elektrizität.
G. Nico laus, Über den Durchhang von Fernleitungen. Eiektr. Zeitschr. 1907. S. 896 u. ff.
M. A. Blondel, Calcul rapide des condueteurs aeriens au moyen d'un abaque unique. Compte rendu
de la Congres de la Houille Blanche. Grenoble 1902. Vol. I.
R. V. Picou, Canalisations electriques, lignes aeriennes industrielles (Encyclopedie Leaute^)Gautluer-
VTllars, Maason, Paris.
E. Pilrard, La pose des lignes en bronze, en cuivre et aluminium. Abaques generales des tensions et
des fleches. 1904. V" Danod. Paris.
§ 8. Die Tarife beb Wasserkbaftanlaoek. 1181
§ 8. Die Tarife der Wasserkraftanlasen.
1. Allgemeines.
2. Die Tarife für den elektrischen Strom.
a) Panschaltarife
a) für Licht,
ß) für Kraft.
b) Zählertarife.
y) Zählertarife mit Grandtaxe oder Mindestgebühr und mit Geld- und
Benntznng8daner-Rabatten.
<J) desgl. ohne Mindestgebühr oder Grundtaxe,
e) Doppeltarife mit Erhöhung des Preises für gewisse Stunden,
rj) Tarife mit Hööhstverbrauchszählern (Wrightsche und Wilkans-
sche Tarife).
c) Bedingungen für die Herstellung elektrischer Anschlüsse
und Anlagen.
1. Allgemeines. Der wirtschaftliche Erfolg einer Wasserkraftanlage hängt
in oft ausschlaggebender Weise von einem richtig gewählten Tarif für
den Verkauf der erzeugten Kraft ab. Deshalb muss der leitende Ingenieur dieser Frage
seine volle Aufmerksamkeit zuwenden und erst nach gründlicher Klarstellung aller ein-
schlägigen Verhältnisse die Entscheidung herbeiführen.
Für die Bestimmung des Verkaufspreises der gewonnenen Energie sind massgebend :
1. Die direkten und indirekten Erzeugungskosten der Energie
mittelst der beabsichtigten Wasserkraftanlage in ihrer Abhängigkeit
von der Jahres- und Tageszeit und der jährlichen und täglichen
Benutz ungsdau er.
2. Der Vergleich mit den Erzeugungs- beziehungsweise Liefe-
rungskosten der Kraft, sei es durch konkurrierende Wasserkräfte, sei
es durch Kraftwerke mit Wärmekraftmaschinen.
3. Die Grösse des vorhandenen Bedarfes an Energie und der Grad
der Entwickelungsfähigkeit des Bedarfes in einem gewissen, der
Grösse der Anlage entsprechenden Aktionskreise um die Wasserkraft
herum im Vergleich zu der verfügbaren Wasserkraft. Die Grösse des
Bedarfs und ihre Entwickelungsfähigkeit sind wiederum nicht allein
als ganzes, sondern in ihrer Abhängigkeit von der Jahres- und Tages-
zeit und der jährlichen und täglichen Benutzungsdauer zu betrachten.
Wie in Kap. I, § 5, S. 266 u. ff. gezeigt wurde, hängen die indirekten Be-
triebskosten von der Grösse des Anlagekapitals ab und stellen die in Prozenten
desselben auszudrückenden Kosten für Verzinsung, Tilgung und Erneuerung der
Anlage dar. Während die Verzinsung und auch die Tilgung bei gegebener Kon-
zessionsdauer von der jährlichen und täglichen Benutzungsdauer des Werkes
unabhängig sind, hängt die Quote der Erneuerung in gewissem Grade von
der Benutzungsdauer ab.
Die direkten Betriebskosten entstehen aus der Unterhai tung und der
Bedienung der Anlage, sowie aus der allgemeinen Verwaltung (S. 268).
Nach den Tabellen XI bis XIII, S. 272 — 275 betragen unter Voraussetzung der
dort zugrunde gelegten Anlagekosten: Tabelle I.
1182
III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Tabelle I.
Die indirekten und direkten Betriebskosten in ihrer Abhängigkeit toi
1
Bezeichnung
der
2
Gesamtanlage-
kosten einschl.
Fernleitung pro
PS« der im Kraft-
hause aufge-
stellten Leistung
io Mk.
3
Die indirekten Betriebskosten im Ganzes und
in °/o der Gesamtbetriebskosten bei
3000 1 7200 8520
Anlage
Betriehsstunden jährlich
im Ganzen 0 / 1 hn Ganzen
in Mk. /0 in Mk.
1 i
0. limGanxen •
0 1 in Mk. *
a) Bei einer Wasserkraftan-
lage von 200 P8« Leistung
und mit 8 X 100 PS« auf-
gestellten Einheiten, also
Vi Reserve
b) Bei einer Anlage Ton 600
PS* Leistung und mitj
3 X 300 PS« aufgestellten
Einheiten, also Vt Reserve
c) Bei einer Anlage von 2000
PS« Leistung und mit'
3 X 1000 PS« aufgestellten !
Einheiten, also V» Reserve !
i
1383,2
1004,6
736,7
16908,3
36004,1
88737,9
64,9
71,6
77,4
18201,8
38056,1
93561,4
52,6
60,1
68,1
1
i
■
<
•
•
> 18744.3
i
1
!
i
38893,1 i
95483,4 1
•
49,6
57,1
«5,4
Hieraus geht hervor:
1. Die starke Abhängigkeit der Erzeugungkosten von den Anlagekosten pro
Einheit und von der Betriebsdauer im allgemeinen;
2: dass die indirekten Betriebskosten, deren Jahresbeträge nur un-
wesentlich (wegen der Rücklagen für Erneuerung) von der Betriebsdauer ab-
hängen, pro Einheit der Leistung (PS«-Stunde oder KW-Stunde) berechnet,
stärker durch die Länge der Betriebsdauer als durch die Anlagekosten
pro Einheit beeinflusst werden;
3. dass dagegen die direkten Betriebskosten (vergl. ad 4, Tab. I), deren
Jahresbeträge nur dann wesentlich von der Betriebsdauer beeinflusst
werden, wenn ein Schichtwechsel nötig wird, pro PS«-Stunde oder KW-Stunde
berechnet, in stärkerem Masse von den Anlagekosten pro Einheit als
von der Betriebsdauer abhängen.
Aus den Tabellen XIX bis XXIX (S. 296—317) ist die Abhängigkeit der Er-
zeugungskosten bei Wärmekraftmaschinen von der Betriebsdauer und von der
Grösse der Anlage und aus den Tabellen XXX und XXXI (S. 318—321) dieselbe Ab-
hängigkeit bei gemischtem Betrieb von Wasserkraft und Wärmekraft
erkennbar. In nachstehender Tabelle II ist die Zunahme der Betriebekosten pro PS,-
Stunde bei kleinerer Betriebsdauer als 3000 Stunden noch weiter zur Anschauung
gebracht l).
i) Die Betriebskosten sind nach Tabelle XI, 8. 272/73 so berechnet, dass angenommen wurde,
die indirekten Betriebskosten blieben dem Jahresbetrage nach und die direkten Betriebskosten dem
Einheitssätze nach, unabhängig von der Betriebsdauer, dieselben, was allerdings nur angenähert
zutrifft, für die Veranschaulichung, welche die Tabelle bezweckt, aber genau genug ist Es ist hierbei
zu erwägen, dass sich die Löhne bei einer Betriebsdauer von weniger als 3000 Stunden im Jahre nicht
sehr wesentlich verringern lassen.
§ 8.
Die Tarife der Wa88erkraftanlaoeit.
1183
Tabelle I.
der Betriebsdauer und in ihrem Verhältnis zu den Gesamtbetriebskosten.
4
Die direkten Betriebskosten (ohne die Kosten der allgemeinen
Verwaltung) im Ganzen und pro elektrische PSe- Stunde in Pfg. bei
5
Die Gesamtbetriebakoaten (wie ad 4
ohne die Kosten der allgemeinen Ver-
waltung) am Ende der Fernleitnng pro
elektrische PSe-Stnndo .bei
3000 7200 i 8520
8000 ! 7200 8520
Betriebsstunden jahrlich
Betriebsstunden jährlich
im Ganzen
in Mk.
pro PSe- im Ganzen 1 pro PSe- 1 im Ganzen
St in Pfg. | in Mk. | St in Pfg. j in Mk.
nro P8e-
St. in Pfg.
Pfe.
Pfg. 1 Pfg.
1
9 115,0
1,77
16 359,0
1,82
19 019,4
1,80
5,07
2,80
2,59
14222,5
0,92
25 168,5
0,68
29 147,6
0,67
8,28
1,72
1,56
25 840,0
0,55
48 692,5
0,88
50 508,0
0,87
2,42
1,81
1,08
Tabe
He IL
•
Grösse
Lange der
Fern-
leitung
in km
j
Verlust
in der
Fernleitung
v. H.
Kosten der PS« -Stunde (ohne die Kosten der allgemeinen
Verwaltung) am Ende der Fernleitung bei
der
Wasserkraft-Anlage
3000
in Pfg.
2000
in Pfg.
1000
in Pfg.
500
in Pfg.
300
in Pfg.
200
in Pfg.
100
in Pfg.
Betriebs-
stunden
200 PSe, aufgestellt
5
5,0
5,07
6,71
11,67
21,67
34,77
51,17
100,77
3 X 100 PSe, also
V» Reserve
600 PSe, aufgestellt
10
5,5
3,28
4.45
7,97
15,02
24,52
45,42
71,42
3X300 PSe, also
Vi Reserve
2000 PSe, aufge-
stellt 3 X 1000 PS« ,
also ' s Reserve
20
t
i
10,6
einseht, der Ver-
luste in den
Transformato-
ren am Ende der
Fernleitnng
2,42
3,35
6,19
11,83
19,25
28,55
62,45
.
Mit solchen zahlenmässigen Erwägungen vor Augen erkennt man schon deutlich,
dass in der Tariffrage nicht schabionisiert werden darf, indem man etwa einen Tarif,
welcher für eine Anlage A sich bewährt haben mag, ohne weiteres und unverändert auf
die Anlage B übernehmen darf, sondern dass man sich mit dem Tarif den besonderen
Verhältnissen des Falles anzupassen hat.
Wenn man die Kraftmenge, welche man jährlich erzeugen kann und zwar klar
gestaffelt nach der Jahres- und Tageszeit, sowie die Erzeugungskosten im
Ganzen und pro Einheit festgestellt hat, so fragt es sich, ob und inwieweit die Aus-
1184 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
sieht besteht, für diese Kraft Abnehmer zu finden. Bei Kraftwerken, welche Licht und
Kraft verteilen, liegt die Sache meistens so, dass zu gewissen Stunden des grössten Licht«
bedarfes der Konsum im graphischen Bilde mit starken Spitzen zu sehr hoben Werten
anschwillt. Da ein solcher kurzer Maximalbedarf, so unerwünscht er vom betriebstech-
nischen und wirtschaftlichen Standpunkt auch sein mag, vom Werke gedeckt werden
muss, so ist er für die Grösse der Maschinenleistung im Krafthause mass-
gebend. Je mehr sich die Spitze des Maximalbedarfes über den durchschnittlichen
Bedarf erhebt und um so kürzer die Dauer des Maximalbedarfes ist, desto ungünstiger
wird die Ausnützung des Kraftwerkes. Daraus folgt, dass es vom betriebstechnischen
Standpunkte aus prinzipiell richtig ist, die Kraft, welche in Stunden des Maximalbedarfes
abgegeben wird, höher im Preise zu stellen als diejenige, welche zu Zeiten kleineren
Bedarfes geliefert wird. Hat man den zu erwartenden Anschlusswert in PS# oder KW,
so muss man den zu erwartenden Maximalbedarf der einzelnen Anschlussobjekte fest-
stellen (vergl. die Angaben S. 323 u. ff.) und ferner die ungefähre Benutzungsdauer der
einzelnen Anschlussobjekte, staffelmässig verteilt auf die Jahres- und Tageszeiten. Mit
Hilfe solcher Zusammenstellungen gewinnt man dann einen klaren Überblick über die
Möglichkeit der Gesamtkraftlieferung und ihrer Verteilung auf die einzelnen Zeiten. Da
sich die Grösse der Betriebsausgaben mit ziemlicher Sicherheit auf Grund derartiger
Vorarbeiten im voraus berechnen lässt, kann man nunmehr auch den Preis feststellen,
welchen die einzelnen Kraftlieferungen bringen müssen, um eine Rentabilität der Unter-
nehmung zu gewährleisten.
Bezüglich der verschiedenen Arten der Kraftlieferung sind etwa folgende vier
Fälle zu unterscheiden:
1. Der Fall, wo durch die Vergleichmässigung des Wasserabflusses die Kraft-
leistung vorhandener Wasserkraftwerke an einer Flusstrecke verbessert wird.
2. Der Fall, wo die Kraftleistung an einen oder wenige Kraftabnehmer
überlassen werden soll.
3. Der Fall, wo die Kraft in elektrische Energie verwandelt auf
grössere Entfernung übertragen und im einzelnen für Licht- und
Kraftzwecke verteilt werden soll, und zwar
a) Preisfeststellung auf genossenschaftlicher Grundlage,
b) Preisfeststellung von dem Gesichtspunkt eines werbenden Unternehmers aus.
4. Die Kombinationen der Fälle 1 — 3.
Der erstgenannte Fall kann nur da auftreten, wo es sich um Wasseraufspeiche-
rungsanlagen handelt, durch welche das Zuviel der einzelnen Jahreszeiten oder Tages-
zeiten ganz oder zum Teil zurückgehalten wird, um den Abflussvorgang zu vergleich-
mässigen. Ein Beispiel hierfür bilden die Talsperren der Wupper-Talsperren-Genossenschaft
(Be ver-Talsperre mit 3,3 Millionen und Lingese-Sperre mit 2,6 Millionen cbm
Stauininhalt und mehreren Ausgleichsweihern). Das Statut dieser Genossenschaft ist
auf S. 94—100 abgedruckt.
Die Hauptbeteiligten sind die Stftdte Barmen und Elberfeld, deren Hauptinteresse in der
hygienischen Verbesserung des Wupperwassers und der Vermehrung des Zuflusses für ihre Fabriken
lag. Ferner sind ca. 143 einzelne kleinere Kraftwerke und Fabriken an der Wupper-) beteiligt Auf der
Flusstrecke, welche die Genossenschaft umfasst, liegt ein Wasserspiegelgefälle von 201,64 m. Die von den
kleinen Kraftwerken ausgenützte Kraft betrag vor Errichtung der Talsperren ungefähr 8243 PSe wahrend
3000 Stunden jährlich. Sie ist bei Benutzung der vorhandenen Kraftwerke durch die Vergleichmasaigong
2) O. Intze, Die geschichtliche Entwickelung, die Zwecke und der Bau der Talsperren, ver-
öffentlicht von Link. Zeitschr. d. Ter. Deutscher Ing. 1906. S. 674 u. ff.
§8. Die Tarife der Wasserkraftanlagen. 1185
des Abflussrorganges auf 4058 PS», also am 810 PSe gesteigert; sie k&nnte aber noch erheblich mehr ge-
steigert werden, wenn alle Werke zweckentsprechend umgebaut würden. Ausserdem können, an
800 Tagen durchschnittlich 52235 cbm») Wasser ans der Wupper für Färbereien, Waschanstalten, Kon-
densationen etc. entnommen werden. Die statuteninässigen Beitrage, abgesehen von den grossen Bei-
tragen der Städte Barmen nnd Elberfeld, sind pro gewonnene Jahrc9wasserkraft bei 3000 Stunden jähr-
lich Mk. 80,— und Mk. 0,50 pro 1 cbm Wasser, welches je an 300 Tagen entnommen werden darf.
Eine Kombination von Fall 1 nnd 3 bietet die Ennepe-Talsperre
(Taf. LH, Fig. 9—14 und S. 730) des Kreises Schwelm.
Für diese Talsperre hat allein der Ruhrtalsperrenverein sein Interesse an der Vergleichmässi-
gung des Abflussvorganges durch eine jährliche Beisteuer von 100000 Mk. bekundet und die unter-
liegenden Kraftwerksbesitzer haben sich zu der Ennepe Talsperren-Genossenschaft zu-
sammengeschlossen und steuern jährlich etwa 12000 Mk. bei. Jeder Genosse hat für jede durch das
Talsperrenwasser unter Verwendung der vorhandenen motorischen Einrichtungen zu gewinnende
Nutz-PS« während 3000 Stunden einen Satz von Mk. 30. — zu zahlen nnd ausserdem einen jährlichen
Pauschalzuschlag zu leisten, der sich nach der Grosse der vorhandenen Motoren richtet und beträgt für
0— 5 PSe Mk. 30,- 20-30 PSe Mk. 80,—
5—10 „ , 40,— 30-50 „ „ 100,—
10—15 9 „ 50,— über 50 „ , 120,—
15—20 „ ,60,-
Ein Beispiel für den zweiten Fall bietet die Rnr-Talsperren- Ge-
sellschaft G. m. b. H. (S. 587), welche die Urft-Talsperre (Eifel) erbaute nnd
deren Gesellschafter der Stadtkreis Aachen nnd die Kreise Aachen, Düren, Heins-
berg, Jülich, Montjoie nnd Schieiden bilden.
Von diesen Gesellschaftern sind der Stadtkreis Aachen, der Landkreis Aachen, der Land-
kreis Düren und der Landkreis Schieiden bezugsberechtigt, und es haben die erstgenannten
drei Abnehmer für den Strom 4,1 Pfg., der vierte 3,7 Pfg. für die KW-Stunde zu zahlen und eine
Ermässigung bis zu 10 v. H. zu beanspruchen, wenn die Dividende der Gesellschaft 5 v. H. übersteigt.
Dagegen haben sie eine bestimmte Jahreskraftmenge, welche aus der Talsperre sicher geliefert werden
kann, unter allen Umständen zu zahlen, auch wenn sie keine Verwendung dafür haben sollten. Auf
diese Weise ist die Rentabilität des Talsperrenunternehmens selbst in gewissen Grenzen gesichert und
die Stromverteilung im einzelnen den Gesellschaftern als Sonderunternehmern auf eignes Risiko überlassen
Zn Fall 2 gehören anch alle grossen industriellen Unternehmungen, welche für
ihre eignen Zwecke eine Kraftanlage anlegen, wie es z. B. die badische Anilin- und
Sodafabrik in Ludwigshafen durch den Ausbau einer grossen bayerischen
Wasserkraftanlage von 45000 PS« an der Alz, sofern ihr die Konzession vom baye-
rischen Staate erteilt werden wird, beabsichtigt4).
Kombinationen von den Fällen 2 und 3 stellen u. a. dar die Anlagen:
1. Das Lechwerk Gersthofen, welches den grösstea Teü seiner Kraft zu festen Preisen
an die Zweigfabriken der Farbwerke vorm. Meister, Lucius & Brüning in Höchst a. M. verkauft
(S. 555) und den Rest für die Kraftversorgung in Augsburg und Umgebung verwendet.
2. D i e A n 1 age L i v e t a. d Romanche(S. 528), welche hauptsächlich Kraft für eine chemische
Fabrik liefert, einen Teil der gewonnenen Kraft aber nach Grenoble überträgt.
8. Die Anlage Hafslund (S. 480), welche den grössten Teü ihrer Energie an eine Kalzium-
Karbid-Fabrik in Hafslund liefert und nur einen kleineren Teil der Kraft nach der 15 km entfernten
Stadt Frederikstad überträgt
In § 7, S. 1172 ist bereits hervorgehoben, dass die chemischen und metallurgischen
Fabriken, um sich auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu erhalten, meistens nur sehr
kleine Preise (höchstens etwa Mk. 80, pro KW für 3000 Stunden jährlich) zahlen können,
weil die hauptsächlichsten Fabriken dieser Art bereits über grosse und billige Wasser-
kräfte verfügen.
3) Mattern, Der Talsperrenbau und die deutsche Wasserwirtschaft. Berlin 1902.
*) Die Wasserkräfte Bayerns. Im Auftrage des Kgl. Ministerium des Innern bearbeitet
von der obersten Baubehörde, München 1907. 8. 498.
Handbuch dar Ing.-WisMnaeh. III. Teü. IS. Bd. 75
1186 III. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften; Einzelheiten.
Der Fall 3 ist naturgemäss der bei weitem häufigste. Für die Fernleitung von
Energie kommt nach dem heutigen Stande der Technik nur noch die Elektrizität in
Frage. Die Kraftübertragung durch Druckluft, wie sie in Paris nach dem System Poppe in
grossem Masstabe versucht ist und durch Druckwasser, wie sie z. B. in kleinerem Mass-
stabe in Antwerpen (System van Rysselberg) und in grösserem Massstabe in Genf im
Zusammenhang mit der Kraftanlage La Coulouvrenifere (S. 443) noch im Betrieb ist«
haben sich als nicht konkurrenzfähig gegenüber der elektrischen Kraftübertragung er-
wiesen. Bis heute erfolgt die Übertragung elektrischer Energie ausschliesslich mit Hilfe
von Metalldrähten. Darüber, ob es im Bereich der Wahrscheinlichkeit liegt oder nicht,
dass nach dem Vorbilde der Telegraphie ohne Draht dereinst auch grosse Energiemengen
drahtlos übertragen werden können, Betrachtungen anzustellen, wird am besten den
Spezialingenieuren dieses Gebietes überlassen.
Bei der Feststellung der Preise für die abzugebende Energie wird es natürlich
darauf ankommen
a) ob die Kapitalaufbringung für das Werk auf genossenschaftlicher Grundlage
etwa derart erfolgt ist, dass die Genossen ihren Vorteil in dem billigen Bezüge der
Energie sehen, das Werk selbst also, ausser vielleicht einer massigen Verzinsung, keinen
Gewinn abwerfen soll, oder ob
b) die Preisstaffelung von den Gesichtspunkten einer werbenden Gesellschaft aus
aufgestellt werden muss.
Als Beispiel für den Fall a sei auf die Beschreibung der Anlage Füre et Morge
(S* 532) verwiesen. Auch die G. m. b. H. der Rur- Talsperren- Gesellschaft (S. 1185)
bietet insofern ein Beispiel, als die vier Kreise den Strom zu billigen Preisen beziehen,
aber auch zur Sicherstellung einer massigen Verzinsung in gewisser Menge abnehmen
müssen.
2. Die Tarife für die Verteilung des elektrischen Stromes. Diese Tarife
lassen sich einteilen in
a) Pauschaltarife und b) Zählertarife.
a) Pauschaltarife. Die Pauschaltarife bezwecken eine möglichste Vereir-
fachung der Abrechnung sowohl für den Abnehmer wie für den Lieferanten und sie
bestehen in Preisen, welche für Licht pro nominelle Kerzenstärke und Zeiteinheit, bezw.
umgerechnet pro Lampe und Zeiteinheit und für Kraft pro nominelle Motorleistung
(PS« oder KW) und Zeiteinheit aufgestellt werden. Obwohl man bei Zählertarifen nur
nach KW misst, hat sich bei dem Pauschalverkauf von Motorstrom in Europa, mit
Ausnahme von Italien, die Preisangabe nach PS« doch ziemlich allgemein eingebürgert
Es wird von manchen Seiten dagegen angekämpft und die Einführung des KW als
Einheit verlangt, aber es ist im Grunde genommen doch gleichgiltig, ob man die nomi-
nelle Leistung des Motors nach PS« oder KW bezeichnet.
Die Sicherheit des Abnehmers über die Höhe der ihm für seinen Bedarf an Elek-
trizität entstehenden jährlichen Kosten hat sich als eine ausserordentlich starke werbende
Kraft erwiesen, und es haben deshalb die meisten Wasserkraft-Elektrizitätswerke ent-
weder allein mit Pauschaltarifen bei der Betriebseröffnung den Anfang gemacht, oder aber
Pauschaltarife neben Zählertarifen angeboten. Meistens wird als Zeiteinheit das Jakr ge-
nommen. Hat man eine Wasserkraft an fliessendem Wasser ohne hydraulische Aufspeiche-
rungsanlage, sodass also das Wasser in den Nachtstunden, wenn der Betrieb im Krafthause
eingestellt wird, nutzlos abfliessen würde, so ist es natürlich, dass man suchen muss,
durch besonders billige Preise auch eine Ausnützung der Wasserkraft während dieser
Zeit zu erreichen. Anders liegt die Sache selbstverständlich bei Anlagen mit Aufspeiche-
§ 8. Dib Tarife der Wasserkbaftahlagbh. 1187
rungsbecken, weil man alsdann, abgesehen von dem sekündlichen Wasserquantum, welches
man mit Rücksicht auf untenliegende Interessenten abfliessen zu lassen gezwungen ist»
die Kraft aufspeichern und während der gewöhnlichen Betriebszeit verwenden kann.
Im Gebirge wird (vergl. S. 178 u. ff.) meistens das N.W. im Winter eintreten, da-
gegen im Sommer wegen der Schneeschmelze reichlich Wasser vorhanden sein. Deshalb ist
es bei Gebirgswasserkräften meistens zweckmässig, für Sommerkraft besonders
billige Preise zu stellen. Die Zeitdauer, während welcher man unter Umständen solche
Sommerkraft oder im Hügel- und Flachlande eventuell umgekehrt Winter-
kraft billiger abgeben kann, muss sich aus den Wassermengenkurven der technischen
Vorarbeiten (S. 140) ergeben. Liegen gründliche technische Vorarbeiten vor und hat
man ebenso in sorgfältiger Weise den zu erwartenden Energiebedarf eingeschätzt, so
kann man sich auf Grund von ausschliesslichen Pauschaltarifen das verhältnismässig
sicherste Bild von den zu erwartenden Einnahmen machen.
a) Pauschaltarife für Licht. Nach dem Stande von 1903 hatten von
115 Schweizer Elektrizitätswerken 36 Werke (31 °/o) für den Lichtstrom nur Pauschal-
tarife, 66 Werke, d. h. also die überwiegende Mehrzahl sowohl Pauschal- als
auch Zählertarife und nur 13 Werke verkauften lediglich nach Zählern6).
Es ist nicht zweckmässig, die Einfachheit der Pauschaltarife so weit zu treiben,
dass ohne Rücksicht auf die Zeitdauer der Benutzung ein und derselbe Preis für
ein gewisses Anschlussobjekt verlangt wird. Von 115 schweizerischen Werken verwenden
nur 14 Werke (mit Ausnahme eines städtischen Werkes meistens ganz kleine Werke)
einen ungestaffelten Einheitstarif. In den weitaus meisten Fällen findet bei den
Pauschaltarifen für Licht eine Staffelung nach der Benutzungsdauer derart statt, dass
die verschiedenen Lokalitäten, in welchen die Beleuchtungskörper hängen, auf eine ge-
wisse Brenndauer eingeschätzt und deshalb in bestimmte Preisstaffeln eingewiesen werden.
Die Zahl der Staffeln schwankte bei den schweizerischen Werken 1905 zwischen einer
und zehn. Nach der Zahl der Staffeln gruppiert ergibt sich folgendes Bild8). Es hatten:
Staffeln 123456789 10
Werke 14 15 26 21 11 5 5 1 2 1
In manchen Fällen ist für jeden Preis die maximale Benutzungsdauer eines Be-
leuchtungskörpers im Tarif mit angegeben, und die Werke behalten sich vor, gegebenen-
falls durch Einschaltung von Zählern eine Kontrolle auszuüben. Meistens wird aber von
solchen Brennstundenangaben und Kontrollen abgesehen, weil die Abnehmer durch die
damit verknüpften Scherereien abgeschreckt werden. Da es dein Konsumenten oft
erwünscht ist, sogenannte Umschaltlampen zu haben, welche die Möglichkeit der
Installierung mehrerer, nicht gleichzeitig brennender, also eine Erhöhung der Maximal-
belastung vermeidender Lampen um billigen Preis bieten sollen, haben sich verschiedene
Methoden zur Regelung dieser Frage herausgebildet.
Es rechnen 13 schweizerische Werke die zweite umschaltbare Lampe gar
nicht, sondern nur die Hauptlampe (als welche natürlich überall die stärkere an-
genommen ist), 18 Werke rechnen sie nur zu einem gewissen Prozentsatz des Vollpreises,
der von 20 — 80°/o variiert, 10 Werke erheben den Preis als prozentualen Zuschlag zum
Hauptlampenpreis, der zwischen 10—40% schwankt, 41 Werke endlich haben direkt
feste ermässigte Pauschalpreise für die Umschaltlampen, welche etwa 20—50% der
*) Dr. W. Wyssling, Die Tarife schweizerischer Elektrizitätswerke für den Verkauf elek-
trischer Energie. Zürich 1904. 8. 9.
e) Dr. W. Wyssling, Die Tarife schweizerischer Elektrizitätswerke etc. S. 11.
75»
1188 III. Theodor Kokhn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheitex.
Normalpreise betragen. 28 Werke von 102 mit Pauschalpreisen geben überhaupt keine
ermässigten Preise für Umschaltlampen. Oft wird an die Gestattung der Umschalt-
lampen die Bedingung geknüpft, dass sich dieselben in dem gleichen Raum wie die
Hauptlampe befinden müssen7).
Jede Veränderung in der Installation muss natürlich angezeigt werden.
Wie bereits erwähnt, erfolgt die Preisberechnung für den Strom durchweg nach
nomineller Kerzenstärke der Lampe ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Watt-
verbrauch. Letzteren berechnen sich die Werke für die Feststellung ihrer Selbstkosten
meistens auf Grundlage des Wattverbrauchs der Kohlenfadenglühlampen nach festen
Skalen (S. 1190). Seitdem die Nernstlampen und die Metallfadenglühlampen (S. 1172) mehr
und mehr in Gebrauch gekommen sind, hat man entweder die Pauschaltarife für diese
neuen Lampen ergänzt, oder die neueren Lampenarten in die Tarife für die Kohlenfaden-
glühlampen derart eingewiesen, dass für denselben Pauschalpreis ungefähr der Strom-
verbrauch der gleiche bleibt, man also für dasselbe Geld mehr Licht liefert
Es ist natürlich von Bedeutung für den Kraftwerksbesitzer, die Pauschalpreise der neueren
Lampen mit geringerem Wattverbrauch so zu regeln, dass die Einnahme im ganzen nicht
zurückgeht. Im übrigen bestätigt die Erfahrung mit den neuen Lampenarten, dass ihre
grössere Helligkeit das Bedürfnis nach mehr Licht vergrössert und deshalb ein Zurück-
gehen des Stromverbrauchs — abgesehen von vorübergehenden Erscheinungen — im
allgemeinen nicht zu befürchten ist.
Die meisten Werke behalten sich für die Anschlüsse nach Pauschaltarifen die
Lampenlieferung quasi als ein Monopol allein vor. Kann man diese Massregel mit Rück-
sicht auf die kaum entbehrliche Kontrolle auch als zweckdienlich bezeichnen, so sollte
doch jedenfalls von Seiten des Stromlieferanten ein weitgehendes Entgegenkommen in
bezug auf den Lampenpreis Platz greifen. Von einem nennenswerten
Verdienst aus dieser Lieferung sollte man im Interesse des Stromumsatzes und
der Konkurrenz mit anderen Beleuchtungsarten absehen. Da der Kraftwerksbesitzer die
Lampen im Massenbezuge stets erheblich billiger einkaufen kann als der einzelne Ab-
nehmer, so lässt sich ein passender Weg, welcher den Kraftwerksbesitzer völlig schadlos
hält, leicht finden.
Unter Zugrundelegung von Kohlenfadenglühlampen haben sich nach Wyssling
in der Schweiz etwa folgende Pauschalpreise für die nominelle Kerze und Jahr bezw.
für die 16kerzige Kohlenfadenglühlampe und Jahr ergeben:
1
2 1
1 •
RrAnndAiiAr
Preis pro nominelle Kerze and Jahr
Pauschalpreis fnr
eine loaersige
Lampe im Mittel
in Fr.
io Standen
höchster Preis
in IV.
kleinster Preis
in Fr.
Mittelpreis
in Fr.
100-200
ca. 500
, 1000
, 1500
0,81
1,56
2,80
2,80
0.28
0,635
0,80
0,80
0,458
1,08
1,80
1.545
7,88
17,28
20,80
24,72
Die nachstehend abgedruckten drei Pauschaltarife für Licht geben einige An-
haltspunkte für die üblichen Preise und ihre Staffelung nach der Brenndauer.
7) Dr. W. Wyssling etc. S. 40.
§ 8.
Die Tarife der Wasserkraftaklaoem.
1189
1. Pauschaltarif für Licht des Wasserkraft-Elektrizitätswerkes Wangen a. d. Aare
(Schweiz). 1902. (S. 420.)
Kategorie I. Gastschlafzimmer, Salons and andere nur ausser-
gewöhnlich benutzte Räume
Kategorie II. Fabriken und deren Bureaus, in denen nicht
länger als bis 7 Uhr abends gearbeitet wird
Kategorie III. Keller, Schlafzimmer, Aborte
Kategorie IV. Stallungen, Scheunen
Kategorie V. Verkaufslokale, Bureaus
Kategorie VI. Wohnzimmer, Kflchen, Korridore, Treppenhäuser
Kategorie VE. Wirtschaftslokalitäten und froh gelöschte
Strassenlampen
Kategorie VIII. Strassenlaternen, welche die ganze Nacht
brennen
Normalkerzen
8er
Fr.
4,-
6,50
7,50
8,-
10,-
11,50
18,-
16,-
10er
Fr.
5,-
8,-
9,-
10,-
12,-
14-
16,-
20,-
16 er
Fr.
25 er
Fr.
82 er
Fr.
8-
12,50
12,50
20,—
14,-
22,-
16,-
25,-
19,-
80,-
22,—
85,-
25,-
40,-
82,-
50,-
16,-
25,-
28,-
82,-
87,-
44,-
W,-
64,-
2. Pauschaltarif für Licht der Gompagnie Vaudoise desLacs de Jouxet de l'Orbe 1905
(Schweiz). (8. 460.)
Der Tarif ist begründet auf 8 8taffeln :
Staffel I: Brenndauer 0 — 400 Stunden, umfassend Schlafzimmer, Salons, Keller, Waschküchen,
Ställe, Scheunen und dergL
Staffel II: 401— 800 Stunden, umfassend Esszimmer, Wohnzimmer, Bureaus, Magazine, Werk-
stätten, welche zur regelmässigen Stunde schliessen (7 Uhr abends).
Staffel HI: Über 800 Stunden jährlich, umfassend z. B. Cafes, Klubs, Küchen, Korridore,
Treppenflure, mit einem Wort Lokalitäten, welche dauernd bis in eine späte Abendstunde beleuchtet zu
sein pflegen.
Nominelle
Jährlicher Preis der Steffel in Fr.
Kersenstiike
I 1 11
iii
5
5,-
7,-
».-
10
9,—
12.-
15,-
16
18,50
18,-
22,-
25
20,—
25,-
80,-
82
24,-
2»,-
84,-
3. Pauschaltarif für Licht, vorgeschlagen vom Verfasser für die Kraftübertragung
der Talsperren am Queiss bei Marklissa und am Bober bei Mauer in Schlesien.
1. a) In Wohnungen u. Fremdenzimmern
in Gasthöfen, sowie PriYatstallungen
und Priratkellern
b) Auf Floren und Treppen
e ) Wenn die Lampen auf den letzteren
nie langer als bia 10 Uhr abend*
brennen nnd in der in Frage kom-
menden Wohnung, benr. dem Hause
die Flur- benr. freppenbeleuehtung.
in NIL ausgedrückt, höchstens 10%
des angeschlossenen Gesamtkonsums
betragt
Jahrespreise für die Stromlieferung pro installierte
Glühlampe von NK
10 16
3,75
7,80
3,75
7,50
15,60
7,50
12,
25,
12,-
25
Bogenlampe von Ampere
6
18,75
89,—
18,75
24,-
50,
24,-
52,—
110,-
52,70
8
10 12
70,-
147,-
87,-
87,-
188,—
104,-
104,
220,
180,-
15
180,
280,
1190 III. Theodor Koehw. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
| Jahrespreise für die Stromlieferung pro installierte
Glühlampe von "SK
Bogenlampe voi
i Ampere
; 12 15
5
10 ! 16
1
25
82
6
8
10
2. In Baatanranta, Cafaa, GaathMan ain-
aehliesalieh der Stallungen, Flore und
Treppen
a) falle daa betreffende Lokal konzea-
aionamlaaig bia höehatena 11 Uhr
abend« geöffnet aein darf
1
i
1
i
i
.
6,25
12,50
20,-
32,50
40,-
90,-
125,-
156,—
180,—
2».-
b) bei Konzessionen, die lftngeren Be-
trieb snlaaaen
7,80
15,60
25,—
89,-
50,-
110,-
150,-
189,-
220,—
280,-
8. In Fabriken, gewerblichen Betrieben,
Werkstatten, in Bureaus. Coxnptoirs,
Laden und den damit zusammen-
hangenden Geschäfts- und Betriebs-
r&nnien bei Benutzung von Sonnen-
untergang an
a) bia Ilngsiens 6 Uhr
8,10
6,20
10,-
15,50
20,-
45,-
«2,-
78,-
90,—
•
i
i
115,-
b) bia längstens 7 Uhr abends
8,75
7,50
12,-
18,75
24,-
52,-
70,— 87,-
104,-
180,-
e) Mb längstens 8 Uhr abends
4,10
8,20
18,-
20,50
26,-
55,-
78,-
100-
110,—
145-
d) bia längstens 9 Uhr abends
4,40
8,80
w,-
22,—
28,-
58,-
82,-
106,—
116,—
158.-
e) bia lingsteue 10 Uhr abends
4,70
9,40
15,-
28,50
80,-
66,-
88,-
111-
132,—
1«.-
f) während der gansen tfaebt
7,80
15,60
25,-
89,—
50,-
110-
150,-
189,-
22a—
280.-
NB. Pauscballampen dürfen nur in demselben Raum einmal umgeschaltet werden.
Die Elektrizitätswerke behalten sich vor, bei den Konsumenten auf ihre Kosten einen
anzeiger einzubauen, um festzustellen, ob eventuell der Konsument zeitweise mehr Strom verbraucht hat
als er nach der Anmeldung berechtigt war. Hierbei wird der Anschlusswert der Lampen nach folgen
den Sätzen festgestellt:
A. Glühlampen
B. Bogenlampen
1. mit Kohlenfaden
Nominelle
Amperestarke
Stromverbrauch
Kerzenstärke
Wattverbrauch
bei 86 Volt
bei 55 Volt
5
20
5
0,175
0,260
8
80
8
0,275
0,425
10
85
10
0,350
0,585
16
50
12
0,400
0,640
25
80
15
0,525
0,800
32
100
16
0,550
0,870
2. Nernstlampen verbrauchen für jede
NK. 1,8 Wait
3. Oemiumlampen verbrauchen für jede
20
25
80
0,700
0,875
1,050
1,070
NK. 1,5 Watt.
•
4. Metallfadenlampen verbrauchen
für jede NK. 1,2 V
Fatt
ß) Pauschaltarife für Kraft. Von 88 schweizerischen Werken * benutzten
31 Werke ausschliesslich den Pauschaltarif, 39 sowohl Pauschal- als Zahlertarife und
18 Werke ausschliesslich Zählertarife8).
Da man bei den Motoren in der Regel eine Benutzung während der regelmässigen
Arbeitszeit, d. h. während 10—12 Tagesstunden, bezw. 10 — 12 Nachtstunden voraussetzt,
so findet im allgemeinen eine Staffelung der Preise nach der Benutzungsdauer
nur insofern statt, als man in 12stündige und 24stündige Kraftlieferung unter-
scheidet und in der Regel für die 24 stund ige Kraft nur Zuschläge zu der 12 stündigen
') W. Wyssling etc. S. 56.
§ 8.
Dik Tarife der Wasserkraftanlaoek.
1191
von 30 bis höchstens 60°/0 macht. Bei 16 schweizerischen Werken hat der Zuschlag
für 24stündige Kraft die nachfolgenden Grössen :
Bei je 16 15 3 Werken beträgt
der Zuschlag für 24 stündige Kraft % 12 30 35 40 50
Im übrigen erfolgt die Staffelung nach der Grösse des Motors. Diese Mass-
regel hat einen rein kommerziellen Grund, nämlich in dem Vergleich der Herstellungs-
kosten der Energie durch konkurrierende Wärmekraftmaschinen. Die Herstellungskosten
des Stromes des Kraft werksbesitzers sind natürlich ganz dieselben, gleichgültig ob
der Strom in einem V* PSe-Motor oder in einem 500 PSe-Motor gebraucht wird. Aber
man kann für den V« PS6-Motor einen viel höheren Pauschalpreis pro Jahr verlangen,
weil sich der Abnehmer die kleine Kraft eben nur mit ungleich grösseren Kosten mittelst
einer eigenen Wärmekraftmaschine beschaffen kann.
Dass es zweckmässig sei, bei entsprechenden Zuflussverhältnissen der Wasserkraft
während Zeiten des reichlicheren Wassers billigere Kraft abzugeben, wurde schon oben
hervorgehoben.
Oft haben die Kraftwerksbesitzer sich das Recht vorbehalten, Maximalzähler
(S. 1205) einzuschalten, welche anzeigen sollen, ob und inwieweit der Abnehmer seinen
Motor über die Nennleistung überlastet hat, und in den Tarifen findet sich häufig die
Bestimmung, dass die Abnehmer die Pauschalgebühren bei Überlastungen nicht nach
den Nennleistungen der Motoren, sondern nach der festgestellten Überlastung zu
zahlen haben.
Die Einziehung der Pauschalbeträge erfolgt sowohl bei Licht wie bei Kraft in
der Regel monatlich.
Über die verlangten Pauschalpreise für motorische Kraft in der Schweiz gibt
nachfolgende, nach den Angaben Wysslings zusammengestellte Zahlentafel einige
Auskunft :
Grösse des
Pauschalpreis pro PS« und Jahr in IV.
Motors
höchster Preis
kleinster Preis
Mittelpröis
3 !
15
50
420
325
I 323
135
105
110
289
202
180
Im übrigen können die nachstehend gegebenen drei Tarife als Beispiele aus der
Praxis Anhaltspunkte für die Aufstellung eines Tarifes bieten.
1. Pauschaltarif für Motorenstrom des Elektrizitätswerkes
Wangenan der
Aare (1902).
Tarif A. Für regelmässig benützte Kraft (10—11 betriebsstnnden pro Tag)
Grösse des Motors
Preis pro 1 PS«
Panschal-
Grösse des Motors
Preis pro 1 PS«
Panschal-
in PS«
in Fr.
preis in Fr.
in PS«
in Fr.
preis in Fr.
>/4
300
75
bis 20
190
V'
275
137,50
, 30
185
1
2
8
bis 5
. 7,5
250
240
230
220
210
ans den
Spalten 1 n. 2
rechnerisch
festzustellen.
• 40
, 50
. 65
. 80
. 100
180
175
170
165
160
. 10
200
, 125
155
, 15
195
. 150
150
1192
III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Tarif B. Nur Ober die Tageszeit benutzte Kraft.
Motoreo, die nur am Tage benutzt werden (zwischen Tagesanbruch und Abenddämmerung) er-
halten auf nebenstehende Preise einen Rabatt von 40°/©.
Dieser Tarif findet im allgemeinen nur Anwendung für Motoren bis zu 10 PSe und nur dann,
wenn die schon vorhandene Lichtleistung hierfür genügt.
Wird der Anschluss von grösseren Motoren ebenfalls nach diesem Tarif gewünscht, so bleiben
besondere Vereinbarungen vorbehalten.
Die tagliche Betriebszeit von Motoren, die nach Tarif B angeschlossen werden, hat sich nad>
folgender Tabelle zu richten:
Monat
-i
I
--
II
<
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX | X
~ ... i ■
XI j XII
■ 1 —
von morgens
bis abends
9
41/*
8
5
7
6
6
7
6
71 •*
6
7»;i
6
7«-.|
6
6
6
7
8 ! 9 Uhr
4V. | 8» « .
2. Tarif der Societa Lombarda per Distribuzion« di Energia Elettrica (lb9S).
Tarif a) Für kleinere Mctoren bis höchstens
100 KW. Die elektrische Energie wird geliefert Tarif b) Für Installationen von mehr als
mit Spannungen von 120 oder 500 oder 3600 Volt. 100 KW bei einer Spannung von 3600 VolL
Für eine Installation
von
1 — 1,5 KW
1,5- 4 „
4-8 .
8-12 „
12—24 ,
24-40 „
40-75 ,
75 -100 .
Preis pro Jahr und
KW in Lire
475
430
380
330
280
250
230
210
Fflr eine Installation
Preis
pro Jahr und
von
KW in Lire
100-150 KW
200
150—250 ,
190
250-400 „
180
400-700 .
170
über 700 .
160
Diese Tarife gelten nur für eine Benutzungsdauer von 12 Stunden pro Tag und zwar für alle
Tage des Jahres mit Ausnahme der Festtage (ungefähr 3600 Stunden pro Jahr).
Der Preis ffir die elektrische Energie für eine Lieferung während 24 Stunden wird von Fall zu
Fall vereinbart (Zuschlag meistens ca. 40°. '©)■).
3. Pauschaltarif für Motorenstrom, welcher für die Wasserkraft-Elektrizitäts-
werke bei Marklissa und am Bober bei Mauer vom Verfasser vorgeschlagen wurde.
„Für Motoren kostet die elektrische Energie ohne Messung durch Elektrizitätszfihler (hierbei ist
vorausgesetzt, dass der Tagesbetrieb nicht länger als von 6 Uhr früh bis 7 Uhr abends dauert) pro Jahr:
Für einen Motor
von
PS«
X.'4
1 9
1,-
1,5
2,-
3-
5-
in Mk.
36,-
G0,—
110.—
215-
325.-
880,-
570,-
920,-
Preis pro PS«
und Jahr
288
240
220
215
213
190
190
184
Für einen Motor
in Mk.
Preis pro PS«
von
und Jahr
7,5 PS.
1350,—
180
10.- .
1750,-
175
15- ,
2560,-
171
20,- , 1
3400,— |
170
25,- ,
4180,-
167
80- ,
5000,- !
166
40,- ,
6600,-
165
50,- , !
1
1
8200,-
164
Bei den obigen Pauschalpreisen für Motorenstrom ist vorausgesetzt, dass der Tagesbetrieb
nicht länger als von 6 Uhr früh bis 7 Uhr abends dauert. Konsumenten, welche den Strom während
24 Stunden ununterbrochen haben wollen, müssen einen Preis zahlen, welcher um 40°/o höher ist als
9) Die jährliche Durchschnittseinnahme pro angeschlossenes KW ist von rd. 210 Lire im Jahre
1900 auf rd. 180 Lire im Jahre 1907 gesunken, da die grossen Anschlüsse überwiegen.
§ 8.
Die Tarife der Wasserkkaftajtlageh.
1193
die obigen Einheitspreise. Bei Motorenanlagen Aber 50 PSe bleiben besondere Vereinbarungen vorbe-
halten. Für elektrisch betriebene Zimraerventilatoren mit ca. 75 Watt Energieverbraach wird ohne
Einschränkung der Betriebsdauer der Jahrespreis mit 20 Mk. berechnet.
Wird durch den Maximalanzeiger, den die Elektrizitätswerke das Recht haben, einzubauen,
ein höherer Verbrauch als der der Nennleistung entsprechende, wenn auch nur auf kurze Zeit, fest-
gestellt, so unterwirft sich der Abnehmer der Bedingung, dass er den dem Maximalverbrauch ent-
sprechenden Jahrespauachalsatz zahlt. Hierbei wird der tarifmässige Wattverbrauch der Elektro-
motoren nach folgender Skala festgestellt:
Grösse des Motors
Stromverbrauch
Grösse des Motors
Stromverbrauch
in PS«
in KW
in PS«
in KW
V*
0,22 4
3,9
7«
0,320
5
4,85
>/i
0,60
V/t
7,25
1
1,0
10
9,65
1,5
1,50
15
14,2
2
2,00
20
18,5
3
8,00
Bei grösseren Motoren wird der KW-Verhrauch für die Nennleistung in PS« mit 80°/o Wir-
kungsgrad berechnet.*
Alle Werke pflegen sich vorzubehalten, and zwar nicht nur bei Pauschaltarifen,
sondern wie hier gleich erwähnt werden mag, auch für Zählertarife, dass sie für Strom-
Unterbrechungen, welche auf Umstände zurückzuführen sind, die abzuwenden das Werk
ausserstande war, nicht haftbar gemacht werden können10).
Wegen Berechnung des erforderlichen Pauschalpreises bei einem beabsichtigten
bestimmten Gewinn s. S. 1197.
B. Zählertarife. Es ist bei den gewöhnlichen Zählertarifen noch ziemlich all-
gemein üblich, für Licht und Kraft verschiedene Grundpreise zur Anwendung zu
bringen. Der in Deutschland immer noch am meisten verbreitete Grundpreis für Licht ist
60 Pfg., derjenige für Kraft 20 Pfg. Bei den Wasserkraftanlagen tritt aber die an
sich richtige Tendenz hervor, den obigen Grundpreis für Licht herabzusetzen und dafür
den Grundpreis für Kraft nötigenfalls etwas zu erhöhen.
io) Im Tarif der Stuttgarter Elektrizitätswerke lautet die betreifende Bestimmung:
• »Die Lieferung elektrischer Energie erfolgt, soweit dies die technischen Einrich-
tungen des städtischen Elektrizitätswerkes gestatten, ohne Unterbrechung bei Tag und
Nacht in genügender Menge und Spannung. Eine Beschränkung oder Unterbrechung der Stromabgabe
findet nur statt, wenn die Erzeugung oder die Abgabe elektrischer Energie durch Krieg, Streik,
elementare Ereignisse oder sonstige Umstände, welche vom städtischen Elek-
trizitätswerk nicht verhindert werden können, beschränkt oder eingestellt werden
muss oder unmöglich ist
Im Tarif der Sociltl Hydro-ßlectrique de Füre et Morge heisst es im Artikel 7:
Arrets: „La Socilte* Hydro-lillectrique aura droit, chaque annee, a vingt jours d'arret de 24 heures, soit
au total ä 480 heures d'arret payees par les abonnes, les arre'ts de moins de deuz heures n'ltant
point comptees.
Antant que faire se pourra, les arrets devront avoir lieu les dimanches ou les jours de feie.
II reste entendu que les Syndicataires supporteront les arrets extraordinaires dus aux accidents
de force majeure et independants de bon etat d'entretien du materiel. Reciproquement,
qnand un abonnä aura son exploitation arrdtee pour cas de force majeure, la location na sera pas dne.
En cas de necessitl ou d'accident, la Sociltt previendra Fabonn^ par visite, telephone, t£16-
gramme ou lettre, et ce dernier, sous sa responsabilitä, devra faire immecliatement les manoeuvres, qui
lai seraient indiquees pour isoler son installation et eviter ainsi tont danger."
1194 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
So enthält der Tarif des Landkreises Aachen, welcher den Strom ans dem Kraftwerk «1er
Urft-Talsperre bezieht, für Kraftlieferung nach Zählern einen Grandpreis von 25 Pfg. bei Beeng
von Strom zu 5000 Volt und 50 Perioden und von -85 Pfg. bei Bezug von Strom mit* weniger als
5000 Volt Spannung und 50 Perioden.
Für Beleuchtungszwecke werden für Drehstrom mit CO Per.
a) bei weniger als 5000 Volt Spannung ohne Rücksicht auf die Grosse einer Anlage für
die ersten 5000 KW- Stunden je 40 Pfg,
für jede weitere K W-Stunde je 25 Pfg. ;
b) bei 5000 Volt werden um 20°/o geringere Sätze verlangt.
Abnehmer, welche Einrichtungen zur Aufspeicherung der elektrischen Energie besitzen, werden
wie Kraftabnehmer behandelt, sofern die vorhandene Akkumulatorenbatterie mindestens so gross
ist, dass sie Vs der Anlage während 4 Stunden allein versorgen kann.
Nach den Erhebungen von Fritz Hoppe11) hat sich für das Jahr 1904 bei den
deutschen Elektrizitätswerken folgendes Bild der Grundpreise ergeben:
Tabelle III.
Grundpreise für den elektrischen Strom in Deutschland.
Für Lichtzwecke
Grosse der
Gesamt-
leistungsfähig-
keit des Kraft-
werkes in KW
Ge-
samt-
zahl
der
Werke
Anzahl der Werke mit Preisen pro
KW-Stunde
S.
von mehr als 60 Pfg.
\
ron 60 Pfg.
von weniger als 60 Pfg.
2
o
Insge-
samt
davon entfallen
auf
Insge-
samt
davon entfallen
auf
i
■
Insge-
samt
davon entfallen
auf
private
Werke
städtische
Werke
private
Werke
städtische
Werke
private : städtische
Werke) Werke
1
2
| 8 | 4
5
6
7
» 8
9
' 10
11
12
I
über 5000
11
, „
^^^
^^^^
5
1
1
4
1 •
4 2
II
von 2000—5000
15
4
1
3
7
4
3
4
2
2
III
, 1000-2000
23
6
2
4
14
5
9
8
2
1
IV
, 500-1000
29
4
3
1
12
7
5
13
9
4
V
, 250— 500
30
3
2
1
19
13
6
8
2
6
VI
„ 100- 250
33
2
1
1
19
19
—
12
8
4
VII
unter 100
16
—
—
—
12
12
—
4
3
1
Summa
157
19
9
10 |
88
61 ;
27
50
30
20
Für Kraftzwecke
Gesamtzahl
der Werke
Anzahl der Werke mit Preisen pro KW-Stunde
0*
04
mehr als 20
Pfe.
20 Pfg.
weniger als 20 Pfe.
2
Insge-
samt
davon entfallen auf
Insge-
samt
davon entfallen auf
Insge-
samt
davon entfallen auf
private
Werke
städtische
Werke
private
Werke
städtische
Werke
private
Werke
städtische
Werke
13
! "
15
16
17
18
19
20
21
22
23
I
10
1
1
MWM
6
4
2
3
■
1
2
II
16
4
3
1
9
5
4
3
—
S
III
25
4
2
2
10
6
4
11
2
9
IV
29
8
5
8
11
7
4
10
5
5
V
28
3
1
2
11
9
2
14
5
9
VI
34
10
10
—
9
8
1
15
12
8
vn
18
8
3
—
8
7
1
7
7
—
Sa.
| 160
33
25
8
64
46
18
63
| 32
$i
") Fritz Hoppe, Karlsruhe in Baden, Finanzielle Ergebnisse von Elektrizitätswerken.
Elektrot. Zeitschr. 1905. S. 673 u. ff.
§ 8.
Die Tarife der Wasserkraftanlaoen.
1195
Für die Schweiz ergab sich pro 1904 nach Wyssling (S. 19) folgendes Bild:
Es hatten
für Licht einen Grandpreis pro
KV von
4
40
1
42
45
14
50
1
52,5
55
19
60
18 Werke
mehr als 00 Cts.
Der Grundpreis für Kraft schwankte ungefähr zwischen 25 und 20 Cts.
Die Berechtigung dieser Preisunterschiede zwischen Licht- und Kraftstrom (vergl.
Unterabschnitt e, Doppeltarife, S. 1199) ist zum kleineren Teil in betriebstechnischen,
vielmehr hauptsächlich in kommerziellen Gründen zu suchen. Während beim Verkauf
nach Zählern die durchschnittliche Benutzungsdauer einer Glühlampe etwa 300 bis
400 Stunden jährlich beträgt, wird diejenige eines Motors durchschnittlich erheblich
höher liegen (S. 332). Der hierin liegende betriebstechnische Grund, würde aber allein
zur Begründung eines so grossen Preisunterschiedes nicht ausreichen. Ausschlaggebend
ist vielmehr, dass man mit dem Motorstrompreis gegen die Erzeugungskosten durch
Wärmekraftmaschinen direkt konkurrieren muss, während bei der Beleuchtung die Vor-
züge des elektrischen Lichtes (S. 1177) erfahrungsgemäss vom Publikum als so gross an-
gesehen werden, dass eine gleiche Billigkeit wie z. B. bei der Gasbeleuchtung nicht
verlangt wird. Allerdings bildet natürlich die möglichste Billigkeit des Stromes für seine
Verwendung zu Beleuchtungszwecken gleichfalls das stärkste Anreizmittel.
Im Kap. I, § 5: Die wirtschaftlichen Vorarbeiten, S. 332 sind zwei Zahlentafeln
über die durchschnittliche Benutzungsdauer für Strassenbeleuchtung, Bahnhöfe und andere
aussergewöhnliche Anschlussobjekte gegeben , wonach entsprechende Preise berechnet
werden können.
F'ir Strassenbahnen werden wegen der Grösse des Konsums und der langen
Benutzungsdauer in Deutschland, und in ähnlicher Weise auch in anderen Ländern, bei
Erzeugung der Energie durch Dampfmaschinen meistens Grundpreise von etwa 9 bis
12,5 Pfg. pro KW- Stunde zur Anwendung gebracht und für den Konsum über eine
gewisse Energiemenge hinaus Rabatte gewährt. Die Messung des Stromes erfolgt in
der Kegel entweder am Schaltbrett sei es des Krafthauses, sei es der Transforma-
toren- bezw. Umforraerstelle oder an den Speisepunkten des Fahrdrahtes. Je nach-
dem die eine oder die andere Messteile gewählt wird, ergibt sich betriebstechnisch
natürlich wegen des Verlustes in den Speiseleitungen ein verschiedener Preis und beson-
ders dann, wenn der Stromlieferant auch noch die Kabelkosten bis zu den Speisepunkten
zu tragen hat.
Des Beispiels wegen sei erwähnt, dass das Elektrizitätswerk in Strassburg im Elsass
12 Pfg. für die KW-Stnnde, an den Speisepunkten gemessen, bis zu einem Lieferungswert von 200000 Mk.
an die Strassenbahn berechnet und von 200000—300000 Mk. 5%, von 3—400000 Mk. 10%>, von
400000 Mk. und mehr 15°,o Rabatt gewährt. Das städtische Elektrizitätswerk Magdeburg berechnet
der Strassenbahn 9 Pfg. pro KW-Stunde, am Schaltbrett des Krafthauses gemessen.
Bei Lieferung ans Wasserkraftwerken für Strassenbahnen schwankt der Preis in weiteren
Grenzen und ist in der Regel niedriger als die oben angegebenen Grundpreise. Das ist aus kaufmänni
sehen Gründen besonders dann der Fall, wenn die Strassenbahn bereits eine vollständige Dampf zentrale
besitzt, welche sie als Reserve betriebsfähig erhalten muss und deren Anlagekosten sie noch zu tilgen hat.
Erwähnt sei hier gleich, dass manche Werke auch besondere Tarife für Wärme-
zwecke aufstellen. Die Hälfte aller schweizerischen Werke gibt Strom für diese Zwecke
nur mit bedeutenden Beschränkungen oder überhaupt nicht ab. 28 Werke wenden ein-
fach den Motorstromtarif an, 8 Werke ohne weiteres den Lichtstrom tarif, 23 Werke
1196 III. Theodor Eoehn. Ausbau ton Wasserkräften. Einzelheiten.
haben einen besonderen Tarif, welcher sich im grossen und ganzen an die Preise des
Mötorstromes anlehnt. Der Stromverrerbranch für diese Zwecke ist bis heute noch so
unbedeutend und das Bild, welches die verschiedenen Tarife bieten, ist noch ein so
buntscheckiges, dass hier nicht näher darauf eingegangen werden soll11).
Die Zähler, durch welche der Strom gemessen wird, werden vom Elektrizitätswerk
geliefert und in Stand gehalten, wofür meistens eine monatlich zahlbare Miete erhoben
wird, wenn der Abnehmer es nicht vorzieht, den Zähler zu kaufen. Da geeichte
Messgeräte sonst im Handel von dem Verkäufer unentgeltlich vorgehalten zu werden
pflegen, so dürfte es grundsätzlich falsch sein, wenn einige Werke an der Zählermiete
oder an dem Verkauf von Zahlern verdienen wollen 9 vielmehr sollten die Mietspreise
bezw. die Verkaufspreise nicht höher gestellt werden, als zur völligen Schadlos-
haltung des Werkes erforderlich ist.
In den Bedingungen des Landkreises Aachen (Strombezug aus der Urft-Tal-
sperre) findet sich bezüglich der Zählermiete folgende Bestimmung:
„Die monatliche Miete für einen Elektrizit&tszfihler beträgt
bis zu 1 eingerichtetem KW 0,50 Mk.
, . 2 „ , 1,20 .
' - , 3 , 1,70 ,
„ , 6 „ „ 2,50 „
über 6 , , 3,50 ,
Die Miete -wird vom Tage der Inbetriebsetzung des Zählers an bis zn dessen Wiederenifemong
berechnet und ist auch für die Zeit zu bezahlen, während welcher der Zähler zufolge ausgesetzten
Stromverbrauchs nicht in Tätigkeit war. Bruchteile eines Monats, während welcher das MietsverhAltnis
dauert, werden als ganze Monate berechnet.
Die Kosten der Unterhaltung der Zähler, der durch die gewohnliche Abnutzung erforderlichen
Ausbesserungen, sowie der Wiederherstellung aller Schäden, die durch das Personal des Kreises Ter-
ursacht wurden, trägt der Kreis, die Kosten für andere Ausbesserungen der Abnehmei."
* _
Weitere Zahlenbeispiele hier zu geben wäre überflüssig, da sich jeder Ingenieur
leicht Tarife von verschiedenen Elektrizitätswerken besorgen und sich die Preise der
Elektrizitätszahler aus den Preislisten oder durch direkte Anfragen bei den Elektritäts-
gesellschaften in kürzester Frist beschaffen kann. .
/) Zählertarife mit Grundtaxe bezw. Mindestgebühren nnd mit
Geld- und Benutzungsdauer- Rabatten. Da, wie bereits erwähnt, die wirt-
schaftlichen Ergebnisse eines Elektrizitätswerkes sehr wesentlich von dem sogenannten
„Belastungsfaktor", d. h. von dem Verhältnis des Höchstverbrauchs —
von diesem sind die Grösse der Anlage und deshalb auch die Anlagekosten
abhängig — zur durchschnittlichen Jahresbelastung — von dieser sind beim
Zählertarif die Jahreseinnahmen in erster Linie abhängig — beeinflußt werden, so
ist die Forderung berechtigt, dass von jedem Anschluss ein entsprechender und möglichst
gerechter Anteil an den Kosten für Verzinsung, Tilgung und Erneuerung des Anlage-
kapitals und an den Kosten der allgemeinen Verwaltung von vornherein und unter allen
Umständen sichergestellt werde. Zuerst scheint Hopkinson (im Jahre 1882) 1S) darauf
hingewiesen zu haben, dass die ideelle Berechnungsmethode des Entgelts für Stromliefe-
rung in einer festen Summe pro Quartal, welche der Grösse der Anlage des Konsumenten
proportional sei, und ausserdem ergänzend in der Bezahlung für den durch den Elek-
trizitätszähler gemessenen tatsächlichen Verbrauch bestehe. Aus dieser Erwägung heraus
12) Dr. W. Wyssling, Die Tarife schweizerischer Elektrizitätswerke für den Verkauf elek-
trischer Energie. Zürich 1904. S. 46.
13) Elektr. Zeitschr. 1692. S. 708.
§ 8. Die Tarife der Wasserkraftanlagen. 1197
sind die sogenannten Grandtaxen entstanden. Bei der Berechnung der Grandtaxen
geht man von der Anzahl der angeschlossenen KW in Licht und Kraft aas und
pflegt als Forderung zu stellen, dass durch die Grandtaxen die durchschnittlichen
indirekten Betriebsausgaben ganz, sowie die Kosten der allgemeinen Verwaltung
ganz oder zam Teil gedeckt werden14).
Bezeichnet man den Anschlnsswert, für welchen ein Kraftwerk ausgebaut
werden soll, mit A in KW und rechnet mit einem gleichzeitigen Höchstbedarf
A . ff
bei den Konsumenten von g°/o, so beträgt letzterer -r~ KW. Bei einem Gesamt-
verlust in der Stromverteilung von v% der in dem Krafthause erzeugten Leistung
muss ohne Reserve die Leistungsfähigkeit der im Krafthause aufzustellenden Maschinen
A.ff
betragen tt^v-Jj- und wenn r% als Reserve aufgestellt werden sollen, wird die im
Krafthause aufzustellende Maschinenleistung TT^r^j*" (^"^"Toö") in KW sein.
Wenn auf das KW der im Krafthause aufzustellenden Leistung k Mk. ent-
fallen, so sind die Anlagekosten = ^ _ > . ( 1 -}- -ttst ) «^ und wenn für Verzinsung,
Tilgung und Erneuerung in °/o der Anlagekosten s°/o und für die Unkosten der allge-
meinen Verwaltung (vergl. S. 276) t% entfallen, so ergeben sich die durch die Grund-
taxe zu deckenden Betriebskosten zu= , ^ _ , . ( 1 + -tjvtt) • k ( . ^ ). (1)
Soll noch ein kleiner Gewinn eingerechnet werden, so wäre t entsprechend zu
vergrössern. So lange tatsächlich zunächst der Anschlusswert nur B in KW beträgt,
muss sich die Grundtaxe G ergeben aus
r 100 -vV^1" 100/ V 100 / . „. vw , T . ,9>
G = =r in Mk. pro KW und Jahr. (2)
Beispiel : A = 4000 KW, g = 50, v = 10,
r = 33,3f k = 750Mk.f (a + t) = 10, B = 3000KW,
dann wird die Grundtaxe pro KW und Jahr des Anachlass wertes
° — «ff — « ™ **■
oder pro 16 kenige Kohlenfadenglahlampe (50 Watt) an 3,7 Mk. pro Jahr.
Diese Grnndtaxe wurde nach Zählertarif erreicht sein bei einem Grundpreis für Licht von
50 Pfg. mit einer Mindestbreundauer von ca. 148 Stunden und bei einem Grundpreis für Kraft von
20 Pfg. bei 370 Stunden.
In der Schweiz liegt die Grundtaxe meistens zwischen 70 und 90 Fr. pro KW
und Jahr. Die Preise, welche ausser der Grundtaxe noch pro KW-Stunde erforderlich
sind, um die direkten Betriebskosten zu decken und einen weiteren Gewinn abzuwerfen,
ergeben sich aus einer Berechnung nach dem Muster der Tabellen XI — XIII, S. 272
und Tab. II, S. 1183. Wie die obige Rechnung zeigt, kann die Grundtaxe um so kleiner
werden, je grösser der tatsächliche Gesamtanschluss (B) wird; und infolgedessen haben
auch viele Werke, welche zunächst Tarife mit Grundtaxe eingeführt hatten, letztere
allmählich immer mehr und mehr verkleinert und zum Teil ganz verschwinden, lassen.
n) Dr. W. Kalimann, Die Stromtarife bei Elektriiitätswerken und die Konkurrenz der
Blockstationen. Elektr. Zeitschr. 1897. S. 239.
1198 IIL Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Auch hat man aus kaufmännischen Rücksichten bei manchen Werken die Grnndtaxe
nicht einheitlich sondern mit der Grösse des Anschlusses fallend aufgestellt Bei den
Abonnenten haben sich diese Grundtaxen niemals einer Beliebtheit erfreut. Viele Ab-
nehmer bleiben trotz aller Belehrungen des Glaubens, dass sie bei Anwendung einer
Grundtaxe und eines Strompreises pro KW den Strom doppelt bezahlen. Die Grund-
taxe wird tarifmässig entweder nach der nominellen Kerzenstarke der Lampen und
nach der nominellen PS#- Stärke des Motors oder nach dem umgerechneten Anschluss-
gleichwert in KW berechnet Für den Werkbesitzer sowohl wie für die Abnehmer ist
die Grundtaxe insofern lästig, als mindestens einmal im Jahre eine Revision des An-
schlusses zur Kontrolle und zur Berechnung der Grundtaxe für jeden Abonnenten not-
wendig ist. Dem Abonnenten wird es in unbequemer Weise erschwert, Änderungen an
seiner Anlage zur beliebigen Zeit vorzunehmen.
Um das Misstrauen der Abnehmer wegen der vermeintlichen doppelten Bezahlung
des Stromes zu beseitigen, haben es eine grössere Anzahl von Werken vorgezogen, statt
der Grundtaxe Mindestgebühren einzuführen, welche nicht als runde Summe vor-
weg berechnet werden, sondern nur dann zur Wirkung kommen, wenn die tarifmässige
Stromrechnung für jedes angeschlossen^ KW die Mindestgebühr nicht erreichen sollte.
Die Gesichtspunkte für die Berechnung einer solchen Mindestgebühr ergeben sich nach
obigem von selbst. Von 76 schweizerischen Werken mit Zählertarifen wenden 26 die
Mindestgebühren an. Der Nachteil, dass jährlich einmal eine Kontrolle des Anschlusses
notwendig ist, bleibt aber auch bei den Mindestgebühren bestehen.
Einige deutsche Werke bieten neben einem einfachen Zählertarif ohne
Grundtaxe oder Mindestgebühren einen etwas billigeren Tarif mit Mindestgebühr
an, gewähren also damit gewissennassen für die vom Abnehmer freiwillig geleistete
Sicherheit eines Mindestkonsums als Gegenleistung eine Prämie auf den Preis.
Die Rabatte auf den Strompreis werden gewährt:
1. als Benutzungsdauerrabatte oder
2. als Geldrabatte oder
3. in einer Kombination von beiden.
Beim Geldrabatt werden auf die Summe der Jahresrechnung, je nach ihrer
Höhe, Rabatte mit steigender Skala gewährt. Die Geldrabatte begünstigen also nur die
grossen Anschlüsse, ohne auf die Benutzungsdauer besondere Rücksicht zu nehmen.
Ihre Berechtigung ist aus rein kommerziellen Gesichtspunkten abgeleitet. Wenn z. B.
ein Abnehmer mit 10 KW Anschlags jährlich 1000 Benutzungsstunden hat und ein
zweiter Abonnent mit 20 KW Anschluss nur 500 Benutzungsstunden, so würden beide
den gleichen Rabatt erhalten, obwohl für die wirtschaftliche Ausnützung der Anlage der
erstgenannte Abnehmer ungleich wertvoller ist Eine- Kontrolle des Anschluss-
wertes bei den Abnehmern ist für diese Art des Rabattes nicht nötig,
was die Verwaltung vereinfacht und was von den Abnehmern sehr geschätzt wird. Der
Nachteil ist, dass erst am Jahresschluss bei der letzten Monatsrechnung der Rabatt
tatsächlich berechnet werden kann. Hierdurch wird das Rechnungswesen insofern
erschwert, als sich die grosse Arbeit der Rabattberechnung und die Erledigung der sich
daran anknüpfenden etwaigen Einsprüche der Abnehmer auf eine kurze Zeit zu-
sammendrängen.
Der Benutzungsdauerrabatt dagegen wird so berechnet, dass von einer
gewissen Benutzungsdauer an auf die Grundpreise Rabatte mit steigender Skala zur
Berechnung kommen. Der reine Benutzungsrabatt würde also die Grösse des Anschlusses
§ 8. Die Tarife dek Wasserkraftanlagen. 1199
an sich nicht berücksichtigen und vom betriebstechnischen Standpunkt für das Werk
der richtigere sein. Er bat aber den Nachteil, dass eine Kontrolle des Anschlusswertes
nötig ist, dagegen wiederum den Vorteil, dass die Abrechnung endgültig für jeden Ab-
nehmer monatlich erfolgen kann. Bei dem reinen Benutzungsdauerrabatt würde also
der grössere Abnehmer gegenüber dem kleinen nicht begünstigt. Weil nun die grösseren
Abnehmer nach den allgemein herrschenden Gewohnheiten meistens eine besondere Preis-
stellung verlangen, und überdies bei einer grösseren Eigenanlage (Blockstation) der Strom
billiger erzeugt werden kann als in einer kleineren, so findet man vielfach sowohl
den Benutzungsdauerrabatt als auch den Geldrabatt in Kombination und
diese Lösung der Tariffrage gewinnt noch an Boden.
Jeder projektierende Ingenieur kann sich auf leichte Weise die Tarife benach-
barter oder solcher Werke beschaffen, bei welchen ähnliche Verhältnisse wie bei dem
von ihm projektierten Werke vorliegen. Es kann deshalb hier davon Abstand genommen
werden, ausführliche Beispiele für die besprochenen Zählertarife wiederzugeben.
d) Tarife ohne Grundtaxe oder Mindestgebühr, aber mit Geld- und
Benutzungsdauerrabatten. Wenn sich auf Grund der Vorarbeiten mit einiger
Sicherheit annehmen lässt, dass der grosse Durchschnitt der Anschlüsse die im vorigen
Unterabschnitt gekennzeichnete Mindestbenutzungsdauer erreicht, so ist es zur Ver-
einfachung des Tarifs zu empfehlen, auf Grundtaxen oder Mindestgebühren
von vornherein zu verzichten und das um so mehr, wenn, was sich bei
Wasserkraftanlagen meistens empfehlen dürfte, neben den Zählertarifen
auch Pauschaltarife angeboten werden.
Bezüglich der oben besprochenen drei verschiedenen Rabattarten gibt Fritz
Hoppe die in nachfolgender Tabelle zusammengestellte Übersicht15).
Zu erwähnen wäre nur noch, dass es nötig ist, die Preisstaffel in der Pauschaltarife
und der Zählertarife so miteinander abzustimmen, dass Leistung und Gegenleistung
bei beiden Tarifen nicht allzu stark voneinander abweichen. Da der Zählertarif an
sich betriebstechnisch für das Werk der gesündere ist, so ist es zweckwidrig, wenn,
wie man es oft findet, der Abnehmer nach Zähler messung tatsächlich sehr viel mehr
zahlen muss, als er nach dem Pauschaltarif zu zahlen gehabt hätte. Der Pauschaltarif
baut sich in Deutschland für Licht etwa auf einer durchschnittlichen Benutzungsdauer
von 4 — 500 Stunden und einen Grundpreis pro KW-Stunde von 50—60 Pfg. auf. Wie
der Pauschaltarif für Kraft berechnet wird, ist beispielsweise aus den S. 1191/92 gegebenen
Tarifen zu entnehmen. Wenn es nun auch durchaus gerechtfertigt ist, dass der Abnehmer,
welcher dem Werke die Sicherheit einer einen angemessenen Gewinn abwerfenden
Einnahme gewährt, etwas begünstigt wird, so sollte man die Rabatte bei Zählertarifen
doch 60 einrichten, dass, wenn ein Zählerabnehmer die dem Pauschaltarif zugrunde
liegenden Benutzungsstunden erreicht hat, die Preise für den Mehrverbrauch so stark
heruntergesetzt werden, dass die Spannungen zwischen den Jahresbeträgen nach Pauschal-
tarifen und Zählertarifen nicht mehr als 10 bis höchsens 20% betragen.
e) Doppeltarife mit Erhöhung des Preises für gewisse Stunden.
Gisbert Kapp hat auf dem Verbandstage der Elektrotechniker 1894 in einem Vor-
trage darauf hingewiesen, dass man in England damals schon, z. B. in Ipswich, die
Strompreise unterschiedlich je nach der Jahres- und Tageszeit festsetzte und die Zweck-
mässigkeit dieser Massregel eingehend begründet.
i&) Elektr. Zeitschr. 1905. 8. 676.
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IIL Theodor Kobbk. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
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| 8. Die Tarife dbb Wabserkraftaiculoek. 1201
Rasch16) hat dann in einem längeren Aufsatz nachgewiesen, dass es vom
betriebstechnischen Standpunkt überhaupt unrichtig sei, zu fragen, zu welchem
Zwecke der elektrische Strom verbraucht wird, dass man vielmehr bei Be-
messung des Tarifs nur zu fragen habe: Zu welcher Zeit erfolgt die Strom-
entnahme? Den Interessen des Werkes vom betriebstechnischen Standpunkt aus wird
man in der Tat am meisten gerecht werden können, wenn man den Strom zu gewissen
Stunden des Höchstverbrauchs zu einem hohen und in allen übrigen Zeiten zu einem
bedeutend ermüssigten Einheitssatz verkauft und die Frage nach dem Zwecke des
Stromverbrauchs wenn möglich vollständig fallen lässt. Eine nähere Begründung dieser
Auffassung ist nach dem, was bereits mitgeteilt ist, entbehrlich. In der Tat sind diesem
Vorschlage in neuerer Zeit bereits eine ganze Reihe von grösseren Elektrizitätswerken
gefolgt. Nach Hoppe (Elektr. Zeitschr. 1905. S. 676) hatten 1904 von 135 deutschen
Elektrizitätswerken 4 Werke für licht und von 121 Werken 6 für Kraft den Doppeltarif
eingeführt. Als typisch kann folgender seit 1902 in Elberfeld eingeführter Tarif
betrachtet werden:
Doppeltarif des Elektrizitätswerkes der Stadt Elberfeld.
,Die Stromabgabe erfolgt nach einem I. Abend- und IL Tages- und Nachttarif. Der Preis für
die KW-Stunde beträgt:
I. Nach dem Abend tarif :
für 1—10 000 KW-Stunden ä 55 Pfg.
, 10000-15 000 , „ , 50 „
Ober 15000 „ „ , 45 ,
Dieser Tarif gilt für folgende Abendstunden:
im Januar von 41/* bis 10 Uhr im August von 81/* bis 10 Ubr
„ Februar „ 5Vi , 10 „ , September , 61/« » 10 ,,
, März , 67* „ 10 , , Oktober „ 5 7* , 10 ,
, April , 7l/t , 10 „ , November , 5 , 10 „
, Mai , 8V« , 10 . „ Dezember , 41/« , 10 „
In den Monaten Juni und Juli wird nur der im Tarif II festgesetzte Preis in Ansatz gebracht.
II. Nach dem Tages- und Nachttarif für die verbrauchten KW-Stunden von:
0—1000 KW-Stunden ä 20 Pfg. 6000- 7000 KW-Stunden a 14 Pfg.
1000-2000
»
*
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7000— 8000
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2000—8000
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8000— 9000
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3000-4000
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9000— 10000
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4000-5000
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10000—260000
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5000—6000
*
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. 1& .
Aber 250000
»
II
. »
Für die Anwendung des vorstehenden Tarif es gelten noch die nachstehenden näheren Be-
stimmungen :
1. Die betreffenden Konsumenten haben die doppelte Zählermiete zu zahlen, da für diesen Tarif
ein neuer Doppeltarifzähler beschafft werden muss.
2. Motorenbesitzer, welche einen Dauerbetrieb dabin garantieren, dass sie ihre Motoren min-
destens 200 Stunden im Monat im Betrieb erhalten, was durch einen besonderen kleinen Zeitmesser
festgestellt wird, erhalten den Strom durchweg — also auch während der Abendstunden — zu dem
billigen Tarif berechnet
3. Motorenbesitzer, welche den vorstehend bezeichneten Dauerbetrieb nicht haben, erhalten ohne
weiteres Doppeltarifzähler and zahlen ihren Verbrauch nach dem Tages- bezw. Abendtarif."
Unter anderen Städten sind später Stattgart und Köln gefolgt. Das Werk der
Stadt Stattgart unterscheidet aber noch zwischen Licht und Kraft.
") Dr. Rasch, Ein Beitrag zur Herabsetzung der Stromtarife. Elektr. Zeitschr. 1895.
Heft 47. S. 739.
Handbuch der In*.-Wi*s«n»eA. m. TeiL IS. Bd. 76
1202 IIL Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Tarif für Stromabgabe des städtischen Elektrizitätswerkes Stuttgart-Marbaeh
„Der Strompreis für Liebt beträgt für die KW- Stunden
a) im Sommerhalbjahr (t April bis 30. September) 40 Pfg.
b) im Winterhalbjahr (1. Oktober bis 31. März) in der Zeit von nachmittags 4 Uhr
bis abends 8 Uhr 60 ,
in der übrigen Zeit 40 .
Der Strompreis für Kraft- und Heiz zwecke beträgt für die KW-Stunde :
a) im Sommerhalbjahr (1. April bis 30. September) 20 Pfg.
b) im Winterhalbjahr (1. Oktober bis 31. März) in der Zeit von nachmittags 5 Uhr
bis abends 7 Uhr 40 .
in der übrigen Zeit 20,
Bei Vorhandensein von einem oder mehreren Motoren von 1 PS« und darüber ist die Eis-
schaltung einer 10 kerzigen Glühlampe in die Motorenleitung gestattet,, wenn die hierfür besonders aas-
gegebenen Bedingungen eingehalten werden."
Was die technischen Apparate für die Doppelzählung betrifft, so kommen im
wesentlichen zwei verschiedene Einrichtungen in Frage:
Die eine Einrichtung besteht ans einem normalen Zähler, welcher mit einer Ton dem-
selben getrennten Kontaktuhr und einem ebenfalls für sieh abgeschlossenen Tarifapparat kom-
biniert wird. Letzterer enthält ein Zählwerk mit springenden Zahlen und kleine elektromagnetische
Relais und gibt den Wattverbrauch innerhalb der Zeit des hohen Tarifes an. Die Kontaktuhr
dient dazu, den Tarifapparat innerhalb dieser Zeit, welche auf dem Zifferblatt der Uhr eingestellt
wird, einzuschalten. Die Berechnung des Stromverbrauchs findet also in der Weise statt, daas die
KW -Stunden des eigentlichen Zählers, welcher den ganzen Verbrauch anzeigt, zu dem niedrigeren
Satz in Anrechnung gebracht werden, während die Angaben des Tarif apparates dazu dienen, den Zu-
schlag während der Sperrzeit in Rechnung zu stellen. Der Tarif apparat wird durch einen an
dem Zählwerk des Hauptzählers angebrachten Eontakt betätigt, welcher nach einer gewissen
Anzahl von Umdrehungen des Hauptzäblers den durch Eontaktuhr und Relais des Tarifapparates
hindurchgehenden Stromkreis schliesst bezw. öffnet und dadurch das Zählwerk des Tarifapparates
zwingt, mit dem Hauptzählwerk asynchron zu gehen. Wenn z. B. die KW-Stunden am Tage und in
der Nacht zu den billigeren Preisen von Mk. 0,40 pro KW-Stunde und in den Abendstunden aber zu
Mk. 0,60 abgegeben werden, so sind sämtliche KW-Stunden des Hauptzählers mit Mk. 0,40 in Rechnung
zu stellen, diejenigen des Tarifapparates mit Mk. 0,20.
Die zweite Einrichtung benutzt neben der bereits beschriebenen Kontaktuhr einen
einzigen Zähler, welcher aber nicht normal ausgeführt, sondern mit einem Doppeliählwerk
versehen ist und eine kleine elektromagnetische, selbsttätig wirkende Umschaltvorrichtung besitzt .
Sobald der Stromkreis, in welchem die Wicklung eines kleinen Relais liegt, durch die Kontaktuhr ge-
schlossen wird, überträgt sich mittelst eioes kleinen Relais und einer Spitzenkuppelung die Be-
wegung der Achse von dem ersten auf das zweite Zählwerk, sodass das erste ausser Kraft tritt
und nur das zweite registriert. Bei dieser Einrichtung zeigt also jedes von beiden Zählwerken getrennt
den Verbrauch während je einer der beiden täglichen Tarifperioden an, und es würde bei dem oben
angeführten Beispiel die KW-Stunden des einen Zählwerks mit Mk. 0,40, diejenigen des anderen mk
Mk. 0,60 in Rechnung zu stellen sein.
Die letztbeschriebene Doppeltarifeinrichtung (Zähler mit Doppelzählwerk und Kontaktuhr} kann
von den Zählerfabriken auch in einer Ausführung geliefert werden, bei welcher wie bei der zuerst be-
schriebenen Doppeltarifeinrichtung Uhrwerk I den gesamten Verbrauch (lt. Beispiel mit Mk. 0,40 pro
KW-Stunde zu berechnen), Uhrwerk II den Verbrauch während der Sperrzeit (lt. Beispiel mit Mk. 0,20
pro KW-Stunde zuschläglich zu berechnen) anzeigt.
rj) Tarife mit Höchstverbrauchszählern [Wrightsche17) und Wilkens-
sche18) Tarife]. Diese Tarife gehen von dem Satze aus, dass jeder Abnehmer seinen
17) Arthur Wright, Grundsätze für eine nutzbringende Stromabgabe bei Elektrizitätswerken
(nach einem Vortrage des genannten Verfassers vor der Institution of Electrical Engineera. 12. De-
zember 1901). Elektr. Zeitschr. 1902. Heft 5. S. 90 u. ff.
18) K. Wilkena, Die Bemessung des Strompreises bei Elektrizitätswerken. Elektr. Zeitschr.
1901. Heft 6. S. 116 u. ff.
§ 8. j/ie Tarife der Wasserkhaftanlagen. 1203
richtig berechneten Teil zum Gesamtergebnis beitragen müsse. Das soll dadurch er-
reicht werden, dass mindestens die indirekten Betriebskosten des Werkes sowie die
Kosten der allgemeinen Verwaltung d. h. die sogenannten Bereitstellungskosten in dem
Verhältnis auf die einzelnen Abnehmer verteilt werden, in welchem dieselben an dem
Strommaximum des Krafthauses Anteil nehmen und dadurch die Grösse des Werkes
bestimmen, Nimmt man an, dass ein Abnehmer am Strommaximum mit — beteiligt ist
a
und dass die gesamten Bereitstellungs-Kosten des Werkes Z Mk. jährlich betragen,
2
so würde der auf den Abnehmer entfallende Betrag- ausmachen. Beträgt der Jahres-
verbrauch eines Abnehmers A KW -Stunden, so würde sein Anteil an den Bereit-
stellungskosten pro KW- Stunde
s = — r- in Mk. sein. (3)
a . a
Bezeichnet man die Summe der Stromwerte bei sämtlichen Abnehmern zu-
sammengenommen während der Zeit der höchsten Belastung im Krafthause mit
M in KW und den Stromwert eines einzelnen Abnehmers während derselben Zeit mit m,
M
so ist — = a und man kann Gleichung (3) auch schreiben
m
s=mTä (4>
Zur Deckung der übrigen direkten Betriebskosten und eines beabsichtigten
Gewinnes würde der Konsument dann noch a . A in Mk. zu zahlen haben und der Ge-
samtstrompreis für einen bestimmten Konsumenten müsste betragen:
7 m
* === \T~T 4" a "* Mk. pro KW-Stunde. (5)
Zu beachten ist noch bei Berechnung des Wertes von m, dass die Strommaxima
bei allen Abnehmern keineswegs zeitlich zusammenzufallen brauchen. Bei einer Anlage
mit vorwiegend Lichtlieferung wird die Summe aller Einzelmaxima etwa das 1,5 fache
des Höchstverbrauchs im Krafthause betragen.
Es kann nun z. B. die Preisberechnung in der Weise stattfinden, dass man den Höchst-
verbrauch an elektrischer Energie während einer Stunde oder Viertelstunde des Kalender-
jahres festsetzt und einen n fachen Betrag dieses Höchstverbrauches pro Zeiteinheit
(Stunde) in jedem Kalenderjahr mit einem Grundpreis pro KW-Stunde bezahlen lässt,
während der übrige Stromverbrauch im Kalenderjahr dann nur noch mit einer kleineren
Gebühr pro KW-Stunde in Rechnung gestellt wird.
Ein Beispiel hierfür bietet der Tarif der Oberschlesischen Elektrizitäts-
werke, dessen einschlägige Bestimmungen untenstehend abgedruckt sind.
Bezeichnet wieder Z in Mk. die Summe derjenigen Bereitstellungskosten, welche
nach dem Masstab des Höchstverbrauchs auf die Abnehmer verteilt werden
sollen und M die Summe der Stromwerte bei sämtlichen Abnehmern während der
Zeiteinheit des höchsten Verbrauchs in KW, xx den Stromgründpreis in Mk. , n die
Anzahl der Stunden, während welcher der Grundpreis von jedem Abnehmer gezahlt
werden soll, so ist Z = xt . M . n, also
x, = -^ in Mk. (6)
M . n '
Beispiel: Nach Tabelle XI. S. 272 betragen die Gesamtbetriebskosten (ohne die Kosten der all-
gemeinen Verwaltung, aber einschliesslich 4,5 °/o Verzinsung der Anlagekosten der hydraulisch-elektri-
76*
1204 III. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. EnrzELHEnor.
sehen Anlage bis zum Ende der Fernleitung) einer 600 PS* Wasserkraft bei 8000sttadigesn
50226,6 Mk. Zar Deckung der Kosten der allgemeinen Verwaltung, sowie der ükUrekteei Be-
triebskosten für das Verteilungsnetz seien 80278,4 als nötig angenommen» also die hier im erweiterten
Sinne aufgefaasten Bereitstellungskosten mögen rd. 80500,0 Mk. betragen. Der Qanamthachsiimhianch
bei allen Abnehmern möge zu 865 KW angenommen werden nnd n zu 500 Stunden* dann wird nach (6>
_ 80MM) _UV9m
*l~~ 865.500 ""** "*
Bezeichnet ferner E das Gesamtanlagekapital (einschliesslich Verteilungsnetx) und
e denjenigen Prozentsatz desselben, welcher zur Deckung der durch den Grandpreis «,
noch nicht gedeckten Betriebskosten und zur Verteilung eines über die normale
Verzinsung hinausgehenden Gewinnes auf das Kapital nötig ist, A die Ge-
samtanzahl der jährlich abzugebenden KW-Stunden und x, den Preis pro
K W-Stunde , welcher für die den Wert M X n übersteigende Energielieferung gezahlt
werden soll, so muss sein:
= (A — M.n).»%, also x, ~ tAA/A * w — ; (7)
100 v~ -.-#.-■, «~-« 100(A — M.n)
Fortsetzung des obigen Beispiels: Das Anlagekapital des Wasserimft-Eletorisitats-
werkes bis zum Eode der Fernleitung sei (nach Tab. XI, 8. 272) 602800 Mk., die Anlagekosten Ar das
Verteilungsnetz . = 247 200 Mk.
Summa: K = 850000 Mk.
Es sei ferner « = 8, A = 800 000 KW Standen also
(A — M . n) = (800000 — 865 X 500) = 617 500 KW-Stunden.
Demnach *, = m.Tl^O =°m Mk-*1 **
Die diesbezüglichen Bedingungen des auf dem Prinzip des Höchstverbrauchs auf-
gebauten Tarifs des Oberschlesischen Elektrizitätswerks Gleiwitz lauten:
,Die Messung des elektrischen Stromes erfolgt unter Benutzung eines von der Physikalisch-
Technischen Reichsanstalt in Charlottenburg als zuverlässig anerkannten Elektrixitätsxählers
in Verbindung mit einem Höchstverbrauchsmesser, welcher von den Elektrizitätswerken als
Ergänzung des Elektrizitätszählers ohne Aufschlag geliefert wird.
Der Höchstverbrnuchsmesser zeigt an, welcher Höchstverbrauch in elektrischer Energie wahrend
einer Viertelstunde des Kalenderjahres stattgehabt hat Dieser Höchstverbrauch ist mass-
gebend für die Preisbestimmung der abzulassenden elektrischen Energie in folgen-
der Weise:
Der ermittelte viertelstundige Höchstverbrauch wird mit 4 multipliziert und jeder Abnehmer
unterwirft sich der Annahme, dass der also ermittelte Höchstverbrauch den Höchstverbrauch pro
Stunde darstellt
Der 500fache Betrag dieses Höchstverbrauches pro Stunde wird in jedem Kalender
jähr mit 40 Pfg. pro KW-Stunde bezahlt Die übrige Stromentnahme im Kalenderjahr kostet alsdann
nur 4 Pfg. pro KW-Stunde.
Auf die für das ganze Jahr in obiger Weise berechneten und bezahlten Beträge werden folgende
Rabatte gewahrt:
Von 0-1000Mk. 0°/o
„ 1000-10000 , 10°/o
„ 10000-20000 „ 20°/o
„ 20000-80000 , 30°/o
, 80 000 Mk. und darüber 40 °/o
Diese Rabattsatze beziehen sich nicht auf die ganze in einem Kalenderjahr
bezahlte Summe, sondern nur auf die zwischen zwei der obigen Grenzen liegenden
Beträge der Jahressumme und werden für jede Anlage, bezw. wenn mehrere Zähler in derselben
vorhanden sind, für jeden mit einem Zähler versehenen Teil der Anlage besonders berechnet.
Besitzer grösserer Lokale, welche die Elektrizität auch in vom HaupÜokal getrennten Räumen
benutzen, können die Aufstellung mehrerer Messapparate verlangen, es finden alsdann die Berechnungen
der zu zahlenden Beträge sowohl als auch der zu vergütenden Rabatte nach Anzeige der einzelnen
Messapparate getrennt statt.
§ 8. Die Tarife der Wasserkraftanlagen. 1206
Die Oberschlesischen Elektrizitätswerke werden in einseinen Fällen die Elektrizität
auch zu Pauschalpreisen abgeben.
Auf Bezog der elektrischen Energie zum Satze von 4 Pfg. pro KW-Stunde hat
ein Abnehmer in jedem Falle nur dann ein Recht, wenn die Zahlung für die mit
40 Pfg. pro KW-Stunde zu entlohnende Strommenge voll geleistet ist. Ist solche
Zahlung infolge eines beliebigen Umstandes, z. B. im Falle des Konkurses des Abnehmers, nicht in
voller Hohe erfolgt, so bleibt das Bezugsrecht auf die billige Stromabgabe solange aufgeschoben, bis
die 500 Stunden, welche mit 40 Pfg. zu entlohnen sind, nicht bloss verbraucht, sondern effektiv be-
zahlt sind."
Der Tarif nach Höchstverbrauchszählern ist starkem Widerspruch begegnet,
welcher sich in der Hauptsache dagegen richtet, dass die Bereitstellungskosten ganz
und gar auf diejenigen Abnehmer abgewälzt werden, die an der Höchstbelastung des
Krafthauses teilnehmen. Man wendet ein, dass bei dieser Anteilnahme auch Zufällig-
keiten eine grosse Rolle spielen können. Ferner wird dem Tarif zum Vorwurf gemacht,
dass durch die Vermehrung und Komplikation der Messapparate dem Abnehmer der
Strom unnötig verteuert und die Berechnung der Stromkosten sowohl für die Verwaltung
als auch für den Abnehmer zu verwickelt und unsicher wird19).
Da diejenigen Konsumenten, welche z. B. während des Höchstverbrauchs im Kraft-
hause keinerlei oder nur geringen Strombedarf haben, die Höhe der Bereitstellungskosten
nicht oder nur in geringem Masse beeinflussen, auch wenn sie z. B. in demselben Monat
ein hohes Einzelmaximum erreichen, so müssten bei konsequenter Durchführung des
Betriebs die Höchstverbrauchmesser noch mit Zeitschaltern versehen werden, welche eine
besondere Messung des Strommaximums der einzelnen Abnehmer während der voraus-
sichtlichen Zeit des Höchstverbrauchs im Krafthause gestatten. Dadurch würde
das System der Messapparate abermals kompliziert.
Nach Hoppe20) hatten von 135 deutschen Werken 1904 erst zwei für Licht
und von 121 Werken eins für Kraft den Tarif mit Höchstverbrauchszählern eingeführt.
Es sind verschiedene Arten von technischen Einrichtungen zur Feststellung des
Höchstverbrauchs erdacht und ausgeführt worden.
Die von der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft in Berlin gelieferten Höchst-
verbrauchszähler Type T.M.A. haben z. B. folgende Einrichtung:
Der Maximalanzeiger Type T.M.A. der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft besteht ans
einem Uhrwerk von etwa 35tägiger Gangdauer, in welches ein kleines Relais eingebaut ist,
und ans einer auf das Zählwerk des Zählers aufgesetzten Kontaktvorrichtuog, welche dieses
Relais von Zeit zu Zeit betätigt Der Apparat funktioniert in folgender Weise:
Nach je 30 Umdrehungen des Zählers wird einmal am Zählwerk Eontakt gemacht und dadurch
in dem in den Spannungsstromkreis geschaltetem Relais des Zusatzaggregates ein Stromstoss hervor-
gebracht. Dieser erteilt dem Anker des Relais eine kurze Bewegung und schiebt einen damit in Ver-
bindung stehenden Zeiger durch ein Anschlagstack um eine bestimmte kleine Strecke auf einer Skala
vorwärts. Diese Bewegung geht stossweise während 15 Minuten vor sich; nach Ablauf derselben stellt
das Uhrwerk das erwähnte Anschlagstück in die Nullstellung zurück, ohne aber den Zeiger mitzunehmen.
Letzterer gibt also an, wieviel Umdrehungen in den 15 Minuten von der Zählerachse gemacht worden
sind, und da bekanntlich die Umdrehungszahl des Zählers pro Minute den durch den Zähler durch-
geflossenen Watts proportional ist, so zeigt indirekt der Apparat auch an, mit wieviel Watt (nicht
Wattstunden) im Mittel während der Periode von 15 Minuten das zu kontrollierende Netz belastet war.
Das Spiel beginnt nun von neuem und das Anschlagstück wird unter Umständen in derselben
Weise in den zweiten 15 Minuten um ein bestimmtes Stück vorwärts gebracht. Ging in dieser Zeit
der Zähler langsamer als zuvor, wird das Anscblagstück den Zeiger gar nicht erreichen und dieser bleibt
in seiner ersten Stellung stehen. Sobald aber in einer späteren Viertelstunde die Belastung des Zählers
19) Etienne de Fodor (Budapest), Zur Tariffrage. Elektr. Zeitschr. 1901. Heft a S. 184.
so) Elektr. Zeitschr. 1905. S. 676.
1206 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
gewachsen ist, wird auch das Anschlagstück weiter vorrücken and den Zeiger entsprechend «*-it
mitnehmen. Derselbe gibt also, wie ersichtlich, das jeweilige Maximum innerhalb einer bestimmten
Ableseperiode, z. B. im Laufe eines Monats an und zwar genau in Watt und unabhängig davon. <>b
das Verteilungssystem dem Gleich-, Wechsel- oder Drehstrom und Zwei- oder Dreileiternetz angehört,
und ferner unabhängig von der Konstruktion des Zählers selbst, da der Apparat nur mit dem Zählwerk
nicht aber mit dem Zähler in Verbindung steht. Es ist ferner gleichgiltig, für wieviel Ampere <i«-r
Zahler selbst eingerichtet ist.
Nach Ablauf der Ableseperiode wird der Zeiger von Hand wieder auf 0 gestellt und beginnt
dann von neuem zu funktionieren.
3. Bedingungen für die Herstellung der elektrischen Anschlüsse und der
inneren Anlagen. Für jedes Elektrizitätswerk ist es nötig, neben den Zählertarifen
oder mit diesen vereinigt, noch besondere Bedingungen für die Ausführung
der Anschlüsse und für die Herstellung und Unterhaltung der elektrischen Anlagen
in den einzelnen Räumen aufzustellen. Da es für jeden Ingenieur leicht ist, sich Ab-
drücke solcher Vorschriften von einem oder mehreren Elektrizitätswerken zu beschaffen
soll hier nicht näher darauf eingegangen werden.
Viele Elektrizitätswerke suchen die Anschlussbewegung dadurch zu fordern, dass sie
nicht allein den Anschluss bis zum Zähler unentgeltlich, sondern auch bei grösseren An-
schlüssen und wenn sich der Abnehmer auf eine längere Reihe von Jahren (5 — 10 Jahre)
zu einem Mindestkonsum verpflichtet, einen Teil der inneren Einrichtung, sei
es ganz unentgeltlich, sei es zu besonders billigen Tarifen, herstellen.
Von den schweizerischen Werken übernahmen 73 Werke nach dem Stande von
1904 die Kosten normaler Zuleitungen, darunter eine Anzahl Werke mit der Be-
dingung der NichtÜberschreitung einer gewissen Länge, bei 15 Werken dagegen hat der
Abnehmer unter allen Umständen auch die Kosten der Zuleitung selbst zu tragen.
Literaturangaben zu § 8, Tarife der Wasserkraftanlagen.
Dr. W. Wyssling, Die Tarife schweizerischer Elektrizitätswerke für den Verkauf elektrischer Energie.
Zürich 1904.
Fritz Hoppe, Zur Tariffrage der Elektrizitätswerke. Elektr. Zeitschr. 1904, Heft 37. S. 783 n. ff.
Fritz Hoppe, Finanzielle Ergebnisse städtischer Elekrizi täte werke. Elektr. Zeitschr. 1905. Heft 29.
S. 678 u. ff.
E. Wilkena, Die Bemessung des Strompreises bei Elektrizitätswerken. Elektr. Zeitschr. 1901. Heft 6.
S. 116 u. ff.
Etienne de Fodor (Budapest), Zur Tariftrage. Elektr. Zeitschr. 1901. Heft 8. S. 184.
Dr. Rasch , Aachen, Ein Beitrag zur Herabsetzung des Stromtarifs (Bezugnahme auf einen Vortrag von
Guisbert Kapp auf dem Verbandstage der Elektrotechniker 1892). Elektr. Zeitschr. 1895. Heft 47
S. 739 u. ff.
Arthur Wright, Grundsätze für eine nutzbringende Stromabgabe bei Elektrizitätswerken (nach einem
Vortrage von demselben Verfasser vor der Institution of Electrical Engineers, 12. Dezember 1901 u
Elektr. Zeitschr. 1902. Heft 5. 8. 90 u. ff.
Dr. W. Kall mann, Die Stromtarife bei Elektrizitätswerken und die Konkurrenz der Blockstatioi
Elektr. Zeitechr. 1897. S. 239.
| 9. Der Betrieb von Wasserkraftanlagen. 1207
§ 9. Der Betrieb von Wasserkraftanlagen,
Die Besprechungen dieses Paragraphen sind wie folgt gegliedert:
A. Einige Bemerkungen über die gesetzliche Form, in weicher die
Ausnützung einer Wasserkraft gewerbsmässig betrieben wird.
B. Die Organisation der Betriebsführung.
I. Die allgemeine Verwaltung.
1. Der Betriebsleiter, 4. Das Kassen- und Rechnungswesen.
2. Das Personal- und das Lohnwesen, 5. Das Lager,
3. Die Buchführung und die Korrespondenz, 6. Die Statistik.
II. Die Bedienung und Unterhaltung des wasserbaulichen Teiles,
III. Die Bedienung und Unterhaltung des Krafthauses und seiner maschinellen Aus-
rüstung,
IV. Die Bedienung und Unterhaltung der Fernleitung und der Transformatorenstellen,
V. Die Bedienung und Unterhaltung des Verteflungsnetzes einschliesslich der An-
schlüsse.
A. Billige Bemerkungen über die gesetzliche Form, in welcher die Ausnutzung
einer Wasserkraft gewerbsmässig betrieben wird. Die Höhe der zu den direkten
Betriebskosten gehörigen Kosten der allgemeinen Verwaltung (vergl. S. 276 u. ff.)
hängen recht wesentlich von der gesetzlichen Form ab, unter welcher ein Wasserkraft-
unternehmen geführt wird. Eine einfache Handelsfirma oder eine- offene Handelsgesellschaft
oder G. m. b. H. kann an sich die sogenannte „allgemeine Verwaltung* mit erheblich
geringeren Kosten führen, als es bei der zumeist gewählten Form der Aktiengesellschaft
möglich ist. Der Vorzug der letzteren besteht hauptsächlich in der durch die weit-
gehende Teilbarkeit der Beteiligung ausserordentlich erleichterten Geldbeschaffung, und
dieser Vorzug hat sich in der Praxis doch als so gross erwiesen, dass die grossen
Bedenken, welche sich sowohl im allgemeinen gegen die ganze Form der Aktiengesell-
schaft, als auch im speziellen in bezug auf die Höhe der allgemeinen Unkosten anführen
lassen, zurückgetreten sind1). Um bezüglich der hohen allgemeinen Verwaltungskosten
nur ein Beispiel zu geben, sei erwähnt, dass bei einer grossen italienischen Wasser-
kraft-Elektrizitäts-Gesellschaft mit einem aufgewendeten Kapital von ca. 28000000 Lire
und bei direkten und indirekten Betriebsausgaben in Höhe von 2 450 000 Lire (diese Aus-
gaben sind einschliesslich der sogenannten „Abschreibungen", aber ausschliesslich der
Verzinsung von ca. 18000000 Lire zu verstehen, welche durch Ausgabe von Aktien
beschafft wurden) sich die Kosten der allgemeinen Verwaltung — ohne Wasserzins und
Bankzinsen — ungefähr wie folgt gestellt haben:
1. Für Post, Telegraph und Telephon 7800 Lire
2. Für Bureaumiete, Beleuchtung und Heizung 10700 *
3. Für Bureaubedflrfnisse 6 700
4. Für Reisen des Personals und des Aufsichtsrats 23 700
5. Versicherungen 29 500
6. Steuern .. 291 000
7. Gehälter der Beamten und des sonstigen Personals der allgemeinen Verwaltung . 50000
8. Kosten für Prozesse, Rechtsbeistände, Generalversammlungen etc. 26000
9. Stempelkosten und Insgemeines 1 100
446 500 Lire.
i) Gel). Justizrat Riesser, Die Neuerungen im deutschen Aktienrecht nebst Entwürfen
für neue Statuten und Statutenänderungen. Berlin 1899. Verl von Otto Liebmann.
1208 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzel
Die hier aufgeführten Ausgaben der allgemeinen Verwaltung haben allein mehr
als 10°/0 der Einnahmen und ca. 1,6% des Anlagekapitals (vergl. S. 277) ausgemacht
Unberücksichtigt geblieben sind hierbei noch die Vergütungen an den Aufsichtsrat,
welche bei den Aktiengesellschaften und den Gesellschaften verwandter Art durch das
Statut festgesetzt zu werden pflegen.
Bei einer Handelsfirma, offenen Handelsgesellschaft oder G. m. b. H. wurden sich
die Kosten ad 2, 3, 4, 5, 6, 8 und 9 recht erheblich einschränken lassen. Es ist
ferner noch zu bedenken, dass bei der Form der Aktiengesellschaft eine doppelte Be-
steuerung insofern nicht zu vermeiden ist, als zunächst die Aktiengesellschaft selbst
den eine Mindestverzinsung übersteigenden Gewinn und alsdann auch der Aktionär
nochmals seine Dividende zu versteuern hat. In manchen Ländern, wie z. B. in
Italien und Frankreich existieren ausserdem noch sogenannte „Taxes de Circnlation*
auf Aktien und Obligationen, durch welche abermals eine Erhöhung der Unkosten
herbeigeführt wird. Näher auf diesen Gegenstand einzugehen, läge ausserhalb der Auf-
gabe dieses Bandes. Es genügt auf die Wichtigkeit dieser Frage hingewiesen zu haben.
Gegebenenfalls wird sich der leitende Ingenieur, sofern ihm auch in dieser Beziehung
eine Verantwortlichkeit zufällt, über die gesetzlichen Bestimmungen des betreffenden
Landes bezüglich Handelsrecht und Steuerrecht bei Rechtsverständigen und Kaufleuten
genauestens zu informieren haben.
B. Die Organisation der Betriebsführung.
I. Die allgemeine Verwaltung.
Die jährlichen Gehälter und Löhne für das gesamte Personal der allge-
meinen Verwaltung einschliesslich des Betriebsleiters sollten in der Regel bei
kleinen Werken 1,5 bis 2%» bei mittleren Werken 0,6 bis 1,5%, bei grossen Anlagen
0,2 bis 0,5% des Anlagekapitals nicht übersteigen, wenn man für kleine Werke ein An-
lagekapital (einschliesslich Fernleitung»- und Verteilungsnetz) von 1000 bis 1250 Mark,
für die mittleren Werke von 800 bis 1000 Mark und für die grossen Werke von
600 bis 750 Mark pro PS9 der im Krafthause aufgestellten Leistung als Durchschnitts-
zahlen zugrunde legt. Diese Zahlen können natürlich nur als allgemeine Anhaltspunkte
dienen. Durch besondere Verhältnisse können sehr erhebliche Abweichungen betriebs-
technisch und wirtschaftlich durchaus gerechtfertigt sein.
1. Der Betriebsleiter. Die Betriebsleitung wird bei mittleren und grösseren
Werken meistens einem Ingenieur anzuvertrauen sein. Für kleine Werke würde es
natürlich zu teuer werden, wenn man für die Betriebsleitung einen Ingenieur im Haupt*
amt anstellen wollte. Bei Vereinigung mehrerer kleinerer Werke unter einer, von
einem Ingenieur zu leitenden Hauptverwaltung wird man die örtliche Leitung in den
einzelnen Werken geschulten Handwerkern anvertrauen können. Ist eine solche Lösung
nicht möglich, so wird man sich bei einem kleinen Werke meistens damit begnügen
müssen, für eine nebenamtliche Aufsicht des zur Betriebsführung bestellten Hand-
werkers durch einen beratenden Ingenieur zu sorgen. Erfolgt die örtliche Betriebs-
führung durch untergeordnete Kräfte, so ist von Zeit zu Zeit auch die Revision des
kaufmännischen Teiles der Einzelverwaltungen durch einen erfahrenen Kauf-
mann durchaus geboten, und es werden sich die Kosten hierfür fast immer bezahlt
machen.
Der Betriebsleiter hat den Betrieb in technischer und wirtschaftlicher Beziehung
zu überwachen und für die gewissenhafte Berücksichtigung der einschlägigen Gesetze,
Verfügungen und behördlichen Vorschriften, sowie der privatrechtlichen Vereinbarungen
zu sorgen. Der Betriebsleiter ist naturgemäss der direkte Vorgesetzte des technischen
§ 9. Der Bbhobb ton WaHHinantArrAifLAcaar. 1209
und kaufmännischen Personals, er ist verantwortlich für die gute, fach- und sach-
gemäße Instandhaltung aller Anlagen, er hat die Betriebsansgaben dauernd einer
kritischen Prüfung zu unterziehen, unermüdlich danach zu streben, durch bestmöglichste
Betriebsmassnahmen und wirtschaftlichsten Einkauf der für den Betrieb erforderlichen
Waren die Betriebsausgaben auf einen Mindestwert zurückzufuhren. Andererseits gehört
es zu seinen wichtigsten Aufgaben, durch eine rührige Propaganda, verständnisvolle
Erforschung der Bedürfnisse des Konsumgebietes, Entwickelung und Verbesserung des
Tarif wesens etc., die Zahl, die Grösse und den Nutzwert der Anschlüsse zu vermehren.
2. Das Personal- und Lohnwesen. Man unterscheidet das gesamte Per-
sonal meistens in Beamte, Angestellte und Arbeiter. Allgemein gültige Normen haben
sich in der Privatpraxis hierfür noch nicht herausgebildet.
Zu den Betriebsbeamten werden meistens ausser dem Betriebsleiter und dessen
Stellvertreter die sonstigen Ingenieure und Techniker, die Buchhalter und Korrespon-
denten, die Lagerverwalter, Maschinenmeister, Werkmeister, Zähler- und Fernleitungs-
kontrolleure gezählt.
Zu der Gruppe der Angestellten rechnet man meistens die Schreiber, Steno-
graphen, die Monteure, die ständig beschäftigten Maschinisten und Schaltbrettwärter,
die Streckenwärter der Fernleitung und des Verteilungsnetzes, die Wehr- und Kanal-
wärter.
Zu den Arbeitern gehören alle nicht ständig beschäftigten, in den Lohnlisten ge-
führten Personen.
Die Beamten sind in der Regel auf Grund besonderer Verträge mit einer Kün-
digungsfrist von nicht unter einem Vierteljahr verpflichtet, die Angestellten vertraglich
mit vierwöchentlicher, die Arbeiter mit achttägiger oder auch täglicher Kündigung,
soweit nicht gesetzliche Bestimmungen in dem betreffenden Lande eine andere Ordnung
vorschreiben, angestellt. Die Bezahlung der Beamten und Angestellten erfolgt meistens
monatlich, diejenige der Arbeiter 8- oder 14 tägig auf Grund von Lohnlisten und einem
vereinbarten Lohnsatz pro Stunde. Für die Dauer, während welcher die Angestellten
und Arbeiter ohne längere Ruhepausen beschäftigt werden dürfen, ist in Deutschland
die Reichsgewerbeordnung massgebend. Im Auslande muss man sich bei Aufstellung des
Personaletats für den Betrieb einer Wasserkraftanlage die Kenntnis der analogen Be-
stimmungen verschaffen. Die tägliche Dienstdauer der Angestellten und Arbeiter wird
im monatlichen Durchschnitt überall nicht mehr als 12 Stunden, die gewöhnlichen Ar-
beitspausen eingerechnet, betragen dürfen.
Die Dienstführung der Beamten (abgesehen von den leitenden Oberbeamten) er-
folgt auf Grund einer Dienstordnung, diejenige der Angestellten und Arbeiter meistens
auf Grund einer Arbeitsordnung. Letztere enthält die Bestimmungen
a) Über die Annahme und Entlassung,
b) » die Arbeitszeit,
e) „ allgemeine Vexfcaltaiigsinassregeln,
d) „ allgemeine Albeitevorschriften,
e) „ die Berechnung und Auszahlung der Löhne und Gehälter,
f) „ Strafbeatunmnngen.
Die Zahlung der Löhne und Gehälter erfolgt auf Grund einer Anweisung
des Betriebsleiters, welche für die Beamten und Angestellten einmalig bis auf Widerruf
gegeben und für die Arbeiter auf Grund der jedesmaligen Lohnlisten erteilt wird. Für
letztere sind die Unterlagen von den direkten Vorgesetzten der einzelnen Arbeiter-
gruppen in das Verwaltungsbüro zu liefern , woselbst die Lohnlisten dann anzu-
fertigen sind.
1210 HL Theodor Eoehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
Derjenigen Dienststelle, welche in dem Verwaltungsbüro das Personal- und
Lohnwesen behandelt, liegt auch das Versicherungswesen, soweit es sich auf die
Kranken-, Alters- und Invaliden- und Unfall- Versicherung aller versicherungspflichtigen
Personen bezieht, ob. Meistens wird auch die Unfall-Versicherung dritter und die Feuer-
versicherung an derselben Stelle erledigt.
3. Die Buchführung und die Korrespondenz. Nach den Prinzipien der
deutschen doppelten Buchführung, welche auch wohl als „italienische Buchführung4
bezeichnet wird sind zu führen:
a) ein Kassabuch, b) ein Memorial (Merkbuch), c) ein Sammelbuch (Journal'.
d) das Hauptbuch.
In das Kassabuch werden alle Bargeschäfte mit Bezeichnung des Gegenkontos
eingetragen. Auf die Sollseite werden die Bareinnahmen, auf die Habenseite die Bar-
ausgaben gebucht9).
In das Memorial8) werden alle Buchungen aufgenommen, die ausserhalb des
Bargeschäftes wegen Zeit- und Tauschgeschäften notwendig werden, z. B. die Gutschrift
einer Rechnung, die zu einem späteren Zeitpunkt bezahlt werden soll, oder Zahlung
durch Wechsel, Check ä conto des Bankguthabens etc.
In dem Sammelbuch werden die Buchungen aus dem Kassabuch und dem Me-
morial zwecks Übertragung in das Hauptbuch auf eine Reihe von Konten zusammen-
gezogen, d. h. also gesammelt. Würden sie aus den beiden obengenannten Grundbüchern
direkt in das Hauptbuch übertragen, so entständen in ihm so viel Einzelposten ab
Buchungen in den Grundbüchern enthalten sind, was schon der Übersichtlichkeit des
Hauptbuches wegen zu vermeiden ist.
Nach der im Sammelbuch vorgenommenen Ordnung werden alle Geschäftsvorfalle
aus dem Kassabuch und Memorial ins Hauptbuch übertragen.
Eine andere Art der Buchführung hat sich in der „amerikanischen Buch-
führung* herausgebildet, bei welcher nur zwei Bücher in Betracht kommen und zwar
a) das sogenannte amerikanische Sammeltagebuch (Prima nota) und b) das
Hauptbuch. Bei dieser Buchführung umfasst also das Sammeltagebuch die Aufgabe
des Kassabuches, Memorials und Sammelbuches der deutschen Buchführung, indem die
für den Geschäftsbetrieb erforderlichen Konten schon bei der ersten Eintragung Berück-
sichtigung finden. Zwecks sofortiger Einreihung der einzelnen Buchungsposten enthält das
Sammeltagebuch einen vorgedruckten Kopf mit soviel Spalten als man Konten einrichten
will. Wie aber die Buchführung auch eingerichtet werden mag, jedenfalls ist dafür zu
sorgen, dass monatlich eine Rohbilanz ohne Schwierigkeit gezogen werden kann, damit
die Betriebsleitung über den jeweiligen Stand des Geschäftes rechtzeitig und zuverlässig
unterrichtet ist.
Erwähnt sei noch, dass man zweckmässigerweise die Beträge für „Abschreibungen*
nicht von den Anlagekosten in der Bilanz tatsächlich absehreibt,
sondern dass man besser die Anlagekosten, wie sie jeweils sind, ungekürzt sichtbar
lässt und statt der Abschreibungen je einen Tilgungs- und Erneuerungsfonds anlegt und
auf diesen Fonds diejenigen Beträge in Effekten oder buchmässig sammelt, welche zur
Tilgung des Anlagekapitals der einzelnen Konten nach Massgabe der Konzessionsdauer
t) Max Bert hold, .Verwaltungspraxis bei Elektrizitätswerken und elektrischen
bahnen und Kleinbahnen". 1906. S. 86. VerL v. Julius Springer.
*) Dieses Fremdwort ist nach Wissen der Verfasser» in der Praxis bis heute noch iMMhVfc
allgemein in Gebrauch.
§9. Der Betrieb von Wasserkbaftanlagen. 1211
und welche für die Erneuerung nach den üblichen Erfahrungssätzen anderer Werke
nötig sind. Auf diese Weise geben die ursprünglichen Anlagekonten in der Bilanz stets
ein genaues Bild der aufgewendeten Mittel und andererseits erleichtert der Bestand der
Tilgungs- und Erneuerungsfonds mit einem Blick die Beurteilung, ob in ausreichender
Weise Rücklagen gemacht sind. Wegen der Yonhundertsätze des Anlagekapitals, mit
welchen ein Erneuerungsfonds jährlich zu dotieren sein wird, kann auf die Tabellen
XI— XIII, S. 272 bis 275 und die Tabellen XIX bis XXVI S. 296 bis 307 verwiesen
werden.
Bezüglich der Organisation der Korrespondenz ist hier nichts besonders zu er-
wähnen.
4. Das Kassa- und Rechnungswesen. Die Kasse ist täglich abzuschliessen.
Grössere Beträge sollten niemals in den Betriebsräumen aufbewahrt, sondern es sollten
die Überschüsse der Bareinnahmen über die Barausgaben täglich an eine Bank oder
ein öffentliches Geldinstitut abgeführt werden. Von Zeit zu Zeit ist eine unerwartete
Revision der Kasse erforderlich. Die Bezahlung für die gelieferte Energie erfolgt sowohl
bei Pauschaltarifen als auch bei Zählertarifen monatlich. In der Stammrolle werden
alle Anschlüsse aufgeführt, und diese Stammrolle muss sowohl die Grösse des An-
schlusses, den Zählerstand von Monat zu Monat, die nutzbar abgegebenen KW-Stunden,
die Rechnungsbeträge, die gezahlten Beträge sowie die jeweilig noch schuldigen Beträge
ohne weiteres erkennen lassen. Durch geschulte Angestellte erfolgt die Ablesung jedes
Zählers innerhalb der letzten Tage de» Rechnungsmonats und der ersten des folgenden
Monats. Der gefundene Stand des Zählers ist in ein Zählerablesebuch einzutragen.
Die Zählerbücher werden für grössere Städte nach Strassen, sonst nach Ortschaften
getrennt. In der Regel wird es nötig, jeden aufgestellten Zähler im Jahre mindestens
einmal auf die Richtigkeit seines Ganges zu kontrollieren. Bei auf fall igen Differenzen
in den Ablesungen ist eine Neueichung zu veranlassen.
5. Das Lager. Eine ordentliche, gut organisierte Lagerverwaltung ist für die c
Wirtschaftsergebnisse des Betriebes von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Durch
zu reichliche, über den laufenden Bedarf hinausgehende Vorräte erwachsen Zinsverluste,
die nicht zu rechtfertigen sind, sofern und insoweit sie nicht durch die bei grossen Ab-
schlüssen erzielbaren Preisermässigungen mehr als gedeckt erscheinen. Bei der schnell fort-
schreitenden Vervollkommnung in der technischen Herstellung und in der Konstruktion der
Betriebsmaterialien führen zu grosse Lagerbestände sehr leicht zu „Lagerhütern", die
unverwendbar werden und der gänzlichen Abschreibung bedürfen. In einem Lager sind
zu führen : Ein Wareneingangs- und ein Ausgangsbuch und ein Lagerbewegungsbuch. In
ersteres werden alle eingehenden und in das zweite alle ausgehenden Waren eingetragen,
während das drittgenannte Buch über den jeweiligen Bestand der einzelnen Gattungen der
Waren Auskunft geben, sowie, nach Monaten eines Betriebsjahres geordnet, die Angaben über
den Zugang und Abgang enthalten muss. Letzteres Buch ist besonders wichtig für die
Kontrolle des Betriebsleiters, damit er auf Grund desselben die erforderlichen Neu-
bestellungen verfugen, etwa unnötige Bestellungen aber, welche von den ihm nach-
geordneten Organen beabsichtigt sein sollten, verhindern kann. Es versteht sich von
selbst, dass in dem Lager die gröeste Sauberkeit und eine einfache, klare Übersicht
nötig ist. Über jedem einseinen Lagerplatz in dem Regal oder den Fächern etc. sollte
eine aus fester Pappe hergestellte Karte hangen, welche den Gegenstand, die Zahl der
Einheiten und die Notizen über Eingang und Ausgang enthält.
6. Die Statistik. Neben der Buchführung und dem Rechnungswesen ist die
Statistik wohl die wichtigste Aufgabe der allgemeinen Verwaltung. Zunächst und vor
1212
m. Thbodok Koehn. Ausbau ton WasserkbIfte*. Einzelheiten.
AufEeichnungen über die Lage der Visi
Datum der
Beobachtung
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Jahre
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3. Aug. 1901
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Endlagen.
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21. Mai 1907
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allen Dingen ist ein genaues Verzeichnis der Betriebsanlagen, als z. B. der Grösse des
Grundbesitzes, der Länge, Breite, Stauhöhe des Wehres und seiner einzelnen
Öffnungen, der Länge des Werkkanals, der Grösse seiner benetzten Profile
bei verschiedenen Wasserständen, der Hauptabmessungen des Kraftwerkes,
der Anzahl, Grösse, Umlaufzahl der Turbinen, der Spannung, Polzahl und Leistung
der Generatoren, der Länge der Fernleitung, der Anzahl und der Art der
Masten, der Anzahl, der Örtlichkeit und der Grösse der Transformatorenstellen,
der Länge und der Querschnitte der Leitungen des Verteilungsnetzes, der Anzahl
und des Gleichwertes der Anschlüsse etc. zu führen und auf dem Laufenden zu
halten. Beim Studium der bis jetzt veröffentlichten Statistiken fallt auf, dass besonders
bei kleinen Werken nur sehr unvollständige bezügliche Angaben gemacht wurden. Der
Grund hierfür dürfte in dem Mangel einer ordentlichen Betriebsbuchführung liegen.
Neben einem solchen Verzeichnis der Betriebsanlagen ist es nötig, dass die Be-
triebsbuchfuhrung monatliche Übersichten über die Ergebnisse des Betriebes im
ganzen und im einzelnen liefert. Die Grundlage für diese Übersichten bieten die Tages-
berichte, welche von den einzelnen Angestellten und Arbeitern für den von ihnen be-
dienten Teil der Gesamtanlage zu liefern sind.
Was zunächst den wasserbaulichen Teil betrifft, so ist der durchschnittliche
sekundliche Zufluss im Wasserlauf nach cbm/sek und die durchschnittliche tagliche
sekundliche Wassermenge, welche in den Werkkanal eintritt, festzustellen. Das geschieht
in der Weise, dass der Wehrwärter drei- bis viermal am Tage zu bestimmten Stunden
die Pegel am Ober- und Unterwasser des Wehres und Einlaufe abliest und sowohl den
Stand der Wehrschützen als auch aller Schützen des Einlaufs zum Werkkanal notiert
Mit Hilfe von Tabellen oder graphischen Masstäben kann man ans diesen Ablesungen
leicht die sekundlichen Wassermengen feststellen. Da aus der Belastung und der
Betriebsdauer der Turbinen, aus dem Wasserstande an den Überlaufen und ans dem
Stande der Freilaufschützen diejenige Wassermenge ebenso festgestellt werden kann,
welche am Krafthause ins Unterwasser fliesst, so wird man auch in der Lage sein, fest-
§ ••
Der Betrieb von WAwmaciiAJTANLAQgK.
1213
zu den Nullpunkten der Bevertal sperre.
Beckeninhalt
gefüllt
in cbm
sar Zeit
der Be-
obachtung
in cbm
Lage der Visierachse zu den
Nullpunkten
Ablesung
m nun
A
B
Bemerkungen
8900000
95000
1W
14
Endlagen.
8800000
2890000
»f
8285000
»»
240000
»»
♦♦
»I
21,5
22,5
28,0
24
15
14
Ergibt die Ablesung in den
Beobachtungspunkten
der Mauer weniger als
12,5 resp. 14 mm, so
steht die Mauer nach der
Wasserseite zu geneigt,
ergibt die Ablesung dar
gegen mehr als 12,5 mm
resp. 14 mm, so steht
die Mauer nach der Luft-
seite zu geneigt gegen
die Normallage.
zustellen, welche Wassermengen durchschnittlich im Werkkanal verloren gehen« Bei einer
guten Anlage müssen diese Verluste verschwindend sein.
Für Talsperren und Stauweiher sind ausser der Feststellung des Zuflusses,
des Abflusses über Überläufe und durch Freilaufschützen und des verbrauchten Betriebs-
wassers noch der jeweilige Stand des Stauinhaltes und ferner die Zuschüsse festzustellen,
welche zu der natürlich zufliessenden Wassermenge aus dem Staubecken zur Erzielung
einer gewissen Betriebsleistung zu machen waren. Tafel LXXVII Fig. 4 gibt ein Schau-
bild derartiger Angaben für die Bever- und Lingese Talsperre des Jahres 1907, welches
einer weiteren Erläuterung nicht bedarf4).
Notwendig ist ferner bei einer Talsperre die dauernde Beobachtung der Bewegungen
in der Mauer mit Hilfe der Visierlinie (S. 727).
Bei der Bever-Talsperre werden die diesbezüglichen Notizen z. B. nach dem oben
wiedergegebenen Formular gemacht. Der Einfachheit halber sind hier nur einige Beob-
achtungsresultate wiedergegeben.
Bezüglich der Kraftabgabe sind folgende 5 Übersichten sehr erwünscht, welche
auf Grund der Tagesberichte im Büro nach besonderen Formularen in monatlichen
Zahlenbildern zu verarbeiten sind und daneben zweckmässigerweise von einem Zeichner
in Schaubildern dargestellt werden. Letztere sind besonders für die Übersicht des
Betriebsleiters von Wert:
a) Eine nach Monaten geordnete Übersicht über die Einnahmen und Aus-
gaben im ganzen nebst vergleichenden Angaben aus einem oder mehreren der
voraufgegangenen Betriebsjahre (vergl. Tai. LXXVII Fig. 5).
b) Eine Übersicht über die Einnahmen und Ausgaben pro PSe- oder
KW-Stunde (Messung wie zu c), sonst im übrigen wie ad a (vergl. Taf. LXXVII
Fig 6).
«) Die Talsperre. Zeitschrift Ar Wasserwirschaft etc. 1908. Heft 14.
1214 III. Theodor Koehn. Ausbau von Wasserkräften. Einzelheiten.
c) Eine Übersicht über die am Schaltbrett des Kraftwerkes abge-
gebenen täglichen Energiemengen (Taf. LXXVII Fig. 7).
d) Eine Übersicht über die taglichen Höchstwerte der am Schalt-
brett des Krafthauses in KW oder in Ampfere (im letzteren Falle wird die
Maschinenspannung mit angegeben) gemessenen Stromlieferung (Taf. LXXVII
Fig. 8).
e) Vergleichende Übersichten darüber, wie die einzelnen Kategorien der
Abnehmer an dem Gesamtkonsum teilnehmen und wie sie zu den
Gesamteinnahmen beitragen (Taf. LXXVII Fig. 9).
Ausserdem ist es erwünscht, die zum Eigenbetriebe des Werkes verwendeten
Energiemengen dauernd zu kontrollieren und bei Abgabe nach Zählern eine vergleichend?
Übersicht über die monatlich an das Schaltbrett abgegebenen und die tatsächlich bei den
Abnehmern gemessenen Energiemengen darzustellen, wodurch eine Feststellung der Ver-
luste in dem Fernleitungs- und. VerCeilungs-Netz ermöglicht wird.
Da es leicht ist, sich für tabellarische Monatsberichte entsprechende Formulare
aus bestehenden Werken zu beschaffen, so kann davon abgesehen werden, an dieser
Stelle ein Formular als Beispiel abzudrucken.
Bezüglich der in den Fig. 4 — 9 der Taf. LXXVII mit Rücksicht auf die Raum-
ersparnis in sehr kleinem Masstabe wiedergegebenen Schaubilder wäre zu bemerken,
dass sie zweckmässigerweise etwa in vierfacher Grösse dargestellt und dass an Stelle
der hier wegen der Vereinfachung des Drucks gewählten Signaturen besser verschieden-
farbige Linien und Flächen verwendet werden.
II. Die Bedienung und Unterhaltung des wasserbauliehen Teils. Wenn die
wasserbaulichen Arbeiten gut und sachgemäss ausgeführt sind, so werden die Aufwen-
dungen für ihre Unterhaltung nur ganz geringfügige sein. Die Unterhaltungskosten
der Talsperren der Wupper-Talsperren-Genossenschaft (Bever-Talsperre, Lingese-
Talsperre und Ausgleichweiher Dahlhausen) haben im Durchschnitt weniger als 1/t v. H.
der Anlagekosten ausgemacht. Im Jahre 1907 beliefen sich die Gesamtunterhaltungs-
kosten der Bever -Talsperre (einschliesslich der Ausgaben für Wegeunterhaltung und
für Unterhaltung der Dienstwohnung des Wärters) auf 1147 Mk. bei 1440000 Mk.
Anlagekosten5). Die Unterhaltungskosten der Lingese Sperre beliefen sich 1907
nur auf 563 Mk. bei 1 070 000 Mk. Anlagekosten.
Für die Unterhaltung des Werkkanals der Anlage Vizzola wurden im Jahre 1907
bei 4519300 Mk. Anlagekapital etwa 0,25 v. H. und für die Unterhaltung des Werk-
kanals der Anlage Turbigo bei 2 452 000 Mk. Anlagekapital etwa 0,3 v. H. aufgewendet
Bei der Anlage Marbach-Stuttgart,wo der wasserbauliche Teil rd. 350000 Mk
gekostet hat (S. 242) sind für die Unterhaltung desselben durchschnittlich nur rd.
Mk. 200 jährlich aufgewendet.
Die Höhe der Kosten für die Bedienung hängt naturgemäss von der Anzahl der
zu bedienenden und zu bewachenden beweglichen Teile des Stauwerkes und des Werk-
kanals ab. Ferner ist sie abhängig von der Geschwindigkeit, mit welcher die einzelnen
beweglichen Teile mit Rücksicht auf die Schnelligkeit des Eintritts und des Ablaufs von
Hochwasser und mit Rücksicht auf die Schwankungen des Bedarfs im Krafthause zu
heben und zu senken sind und sie ist abhängig von den mechanischen Einrichtungen,
welche für die Hebung und Senkung, beziehungsweise Öffnung und Schliessung dieser
5) Die Talsperre. Zeitschrift für Wasserwirtschaft, Wasserrecht, Meliorationswesen und allge-
meine Landeskultur. 1908. Heft 14.
§ 0. Der Betrieb ton Wasserkbaftahiagen. 1215
Teile getroffen sind. Bei grosseren Anlagen wird man bestrebt sein, durch Einbau
motorischer Hebemechanismen die erforderliche Menschenkraft auf das Mindestmass zu
verringern.
Es können aber die Bedienungskosten des wasserbaulichen Teils durch unzweck-
mässig gewählte Anlagen ganz erheblich wachsen. Wenn, wie z. B. bei der Anlage
Jonage-Cusset-Lyon, (S. 799) nicht in ausreichender Weise dafür gesorgt ist, Kies
und Sand vom Werkkanal abzuhalten, so wird von Zeit zu Zeit eine Baggerung der
Sohle nötig, oder wenn, wie z. B. bei der Anlage Pont Saint Martin, das Becken
vor den Turbinenkammern den Mangel hat (S. 820), dass der abgelagerte Sand sich nicht
durch das Wasser herausspülen lässt, vielmehr von Zeit zu Zeit in den Betriebspanden
von Hand herausgenommen werden muss, so können sehr empfindliche Erhöhungen der
Betriebskosten die Folge sein. Wenn schliesslich bei Anlage des Rechens nicht in ge-
nügender Weise auf die Zurückhaltung der schwimmenden Teile und des Kieses
Rücksicht genommen ist, wie bei der Anlage Chevres (vergl. S. 840), so werden zeitweise
sehr viel Hilfsmannschaften erforderlich sein, die unnötigerweise das Betriebskonto
belasten. Im grossen und ganzen wird sich bei mittleren und grösseren Anlagen der
Betrieb so einrichten lassen, dass man für die Bedienung nicht mehr als 0,5 °/0 der
Anlagekosten aufzuwenden haben wird. Bei der Anlage Vizzola haben sich durch-
schnittlich die Bedienungskosten nur auf 0,20 °/0, bei der Turb i go Anlage nur auf 0,25 %
belaufen. Bei der Anlage Marbach-Stuttgart (S. 570) ist der Einlauf offen und
das Wehr ein festes, sodass hieraus Bedienungskosten nicht erwachsen. Die Bedienung
des Rechens wird in der Regel vom Maschinenpersonal mit besorgt; nur bei Laubfall
im Herbst, bei Hochwasser und bei Grundeis müssen Hilfsmannschaften vorübergehend
eingestellt werden.
Da die Kosten der Unterhaltung immerhin in den einzelnen Jahren grösseren
Schwankungen unterliegen können, ist es für grosse Anlagen zweckmässig, die Betriebs-
kosten jedes Jahres mit einem bestimmten Vonhundertssatz zu belasten und die tat-
sächlich nicht aufgewendeten Summen in der Bilanz in einem Dispositionsfonds zurück-
zustellen, damit bei etwa ausnahmsweise notwendig werdenden grösseren Aufwendungen
hieraus Zuschüsse genommen werden können, ohne das Jahresergebnis zu beinträchtigen.
III. Die Bedienung und Unterhaltung des Krafthauses und seiner maschinellen
Ausrüstung. Da die meisten modernen Turbinen mit selbsttätiger Regulierung versehen
sind und die elektrischen Maschinen, besonders wenn es sich um Drebstrommaschineii
handelt, bei guter Anlage gleichfalls nur einer geringen Bedienung bedürfen, so ist der
Dienst im Krafthause körperlich kein schwerer. Die körperliche Anstrengung kann
allerdings dann sehr erhöht werden, wenn durch unzulängliche Lüftungsanlagen die
Temperatur im Krafthause im Sommer eine zu hohe wird. In solchen Fällen wird im
Interesse der Betriebssicherheit eine häufigere Ablösung der Mannschaften nötig. Es sei'
deshalb an dieser Stelle auf die Ausführungen im Kap. HI, § 6 A, Der bauliche Teil
der Krafthäuser S. 995 u. ff. verwiesen.
Es hat keine Bedenken, dass ein gut geschulter und erfahrener Maschinist vier
bis fünf Maschinen gleichzeitig bedient. Bei grösseren Anlagen muss mindestens ein
Mann ständig am Schaltbrett sein, und damit der Maschinist oder der Schaltbrettwärter
jederzeit abgelöst werden kann, ist mindestens ein Hilfsmann erforderlich. Wieviel
Leute in der Reparaturanstalt zu beschäftigen sind, hängt davon ab, welche Repara-
turen im Werke selbst ausgeführt werden sollen. Grössere Werke werden die Ein-
richtungen häufig so treffen, dass auch die Wickelungen an den elektrischen Generatoren
durch eigene Kräfte repariert und erneuert werden können. Kleine und mittlere Werke
1216 III. Theodor Koehk. Ausbau von Wasserkräften. Eihzelheitrm.
werden hierfür meistens die liefernde Elektrizitätsfinca heranziehen. Bei grossere:
Elektrizitätswerken ist ein Aufsicht führender Werkmeister unbedingt erforderten
Der Dienst der einzelnen Angestellten wird durch einen am besten graphisch dar-
stellenden Stundenplan geregelt, wobei darauf Rücksicht zu nehmen ist, dasB niemand
länger als 12 Standen ununterbrochen im Dienste sein darf.6).
Die gesamten Lohne für Bedienung im Krafthanse Viszola (8. 244. ad 11 n. 8. S51) befangen
1905 ca. 50000 Lire jährlich hei einer Jahresleitung von ca. 71 Millionen KW-Stunden. Es fand 84rtflnd«er
Betrieb statt und zwar wahrend der 12 Tagesstunden hei anareichend verfügbarer Wassermenge mit 8 bä
10 Hanptmaschinensitzen, wahrend der Nachtschichten entsprechend dem geringeren Kraftbedarf mit 4 bis
5 Maschinen. Das standige Personal bestand aus einem Werkmeister (chef d'usin*), 5 elektrotechnisch
und 4 maschinenbaulich geschulten Angestellten und 10 Hflmarbeitern, Für besondere Hilfe worden ca.
40000 Arbeitsstunden aufgewendet, wofür 14000 Lire verausgabt wurden,
Die Löhne für das ständige Personal im Krafthanse Turbigo (S. 242 ad 8 und 8. 858) bei
gleichartigen Betriebsverhiltnissen wie in Viszola beliefen sich 1905 auf 24000 Lire. Anoaerdea
wurden durch Hilfekräfte 20000 Stunden geleistet, wofür 7000 Lire su verausgaben waren.
Im Marbacher Krafthause (8 242 ad 1 und 8. 578) sind in der Regel wihread einer 8cfck»
zwei Mann an den Maschinen und am Schaltbrett beschäftigt, welche auch die Reinhaltung des Tnibimi
rechens su besorget) haben (vergl. 8. 1215). Ein Schlosser und ein Arbeiter dienen als Hüfakrifte.
Zusammen wurden für Bediennag im Krafthause 5x1600+1900 = 9900 Mk. im Jahre 1907 bei 24 stän-
digem Betriebe ausgegeben. Zu dieser Summe kam noch das Jahresgehalt eines Maschinenmeisters mit
8400 Mk., welcher zugleich auch die Fernleitung zu beaufsichtigen hatte.
Die Unterhaltung des baulichen, sowie des motorischen und elektrischen Teils
wird im Betriebskostenanschlag am besten mit Vonhundertsätzen der Anlagekosten
berücksichtigt. Anhaltspunkte hierfür geben die Tabellen XI bis XIII, S. 272 bis 275.
IT« Die Bedienung und Unterhaltung der Fernleitung und der Transformatores»
stellen. Die Aufwendungen, welche für den Ersatz des Gestänges und der Isolatoren der
Fernleitungen und für die Erneuerung der Transformatoren in den Fernstellen zu
machen sind, werden aus den regelmässig beim Jahresabschlüsse zu dotierenden Erneue-
rungsfonds zu entnehmen sein. Die laufende Unterhaltung wird durch das Bedienungs-
personal mitbesorgt (vergl. S. 269).
Die Transformatoren bedürfen keiner ständigen Bedienung, vielmehr genügen im
allgemeinen Revisionen, welche je nach den Umständen täglich oder in grosseren Zeit-
intervallen vorzunehmen sind. Dagegen muss eine oberirdische Fernleitung dauernd
beobachtet und bewacht werden und zu diesem Zwecke müssen Streckenwärter bei längeren
Leitungen die ganze Fernleitungsstrecke wenn möglich täglich besichtigen. Es ist durch
entsprechende Dienstformulare, Fernsprecher u. dergl. dafür zu sorgen, dass- jeder
Streckenwärter selbsttätig kontrolliert wird, ob er seine ihm vorgeschriebene Strecke
tatsächlich besichtigt hat. Etwaige von ihm gefundene Defekte hat er durch den
Dienstfernsprecher sofort an das Krafthaus zu melden und in seinem Tagesbericht in die
entsprechende Spalte des Formulars einzutragen. Die Zahl der Streckenwärter hangt
von der Wegsamkeit der zu überwachenden Linie ab. Es wurde bereits S. 1086 gesagt,
dass ein Wärter, der den ganzen Weg zu Fuss gehen muss, täglich höchstens 10 — 12 km,
dass aber ein Wärter, welcher ein Bad benutzen kann, 20 und selbst 30 km zu bewachen
in der Lage ist. Bei der ca. 20 km langen Fernleitung der Anlage Marbach-
Stuttgart (S. 575 und Abb. 412, S. 1107) genügt z. B. ein Streckenwärter, welcher
•) Ein solcher graphischer Stundenplan ist zun Beispiel in der Veröffentlichung von Ch. Lepine
„Les Installation* hydro-electriqnes de la 8octet6 de Füre et Morge" dargestellt, wobei die Rnhepaasen.
die Dienste am Schaltbrett, an den Turbinen, an dem elektrischen Material und bei der aDgemeiaen
Überwachung durch verschiedene Farben gekennzeichnet sind.
§ 8. Der Betrieb von Wasserkraftanlagen. 1217
jährlich 1500 Mk. erhält. Da die Formulare, welche sich für die Tagesberichte und die
Kontrolle der Streckenwärter herausgebildet haben, von den einzelnen Werken leicht zu
erhalten sind, so kann von der Wiedergabe eines Beispiels hier abgesehen werden.
T. Die Bedienung und Unterhaltung des Verteilungsnetzes einschliesslich der
Aasehlüsse. Ist das Verteilungsnetz oberirdisch, so ist gleichfalls eine möglichst regel-
i massige Besichtigung durch Streckenwärter erforderlich. Bei unterirdischen Netzen be-
i dürfen die Leitungen an sich keiner Bedienung, sondern es sind nur von Zeit zu Zeit die
Kabelabzweige und Kabelanschlüsse, soweit sie in zugänglichen Schächten oder Kästen
untergebracht sind, einer Revision zu unterziehen. Die inneren Anlagen der einzelnen
Abnehmer und die Zähler werden durch besonders ausgebildete Kontrolleure von Zeit zu
Zeit auf ihren vorschriftsmässigen Zustand geprüft. Wie bereits S. 1211 gesagt, werden
die Ablesungen der Zählerstände behufs Aufstellung der Rechnungen monatlich einmal
ausgeführt und, wenn die gewählte Tarifform es erforderlich macht (S. 1198), ist min-
destens einmal im Jaht festzustellen, ob die Anschlussgleichwerte der einzelnen An-
schlüsse mit den Angaben der Stammrolle übereinstimmen.
Bei der ausserordentlichen Verschiedenheit der Verteilungsnetze und der Anschlüsse
nach Grösse und Art lassen sich allgemein gültige Angaben über das für die Bedienung
und Unterhaltung erforderliche Personal und über die Höhe der Bedienungs- und Unter-
haltungskosten von Verteilungsnetzen kaum aufstellen. Jedoch unter Berücksichtigung
dessen, was im Kap. I, § 5 (vergl. besonders S. 264 u. 265 und 277 u. 278) und im
Kap. in, § 7 ad 17 (S. 1169 u. ff.) mitgeteilt ist, wird es dem Bauingenieur möglich
sein, für jeden bestimmten Fall die erforderlichen Kosten in einer für die Rentabilitäts-
berechnung des generellen Projektes genügend genauen Weise zu veranschlagen.
Die Aufstellung eines genauen Betriebsplanes für das Verteilungsnetz und die
Veranschlagung der bezüglichen Betriebs- und Unterhaltungskosten im Einzelnen muss
Sache des Elektroingenieurs bleiben.
Handbuefa 4«r Ing.-WIaMiiMb. IIL TiO. U. Bd. 77
Sachverzeichnis.
(Di« Ziffern betonten die Selten. Wenn» ein Gegenstand auf mehreren unmittelbar aufeinander folgenden Seiten behandelt
wird, ee ist in der Regel nur die erste Seite angegeben.)
Aachen, Stadt- und Landkreis
(ürfttalaperre) 587, 1185, 1196.
Aare-Flusa, 8chweia420, 488, 478,
474, 577.
Aare-Kanal (Kraftwerk Hagneck)
473-475.
Abbiategraaso bei Mailand (Kraft-
werk Torbigo) 854.
Abdampf-Maschinen aar Arbeite-
gewinnung (Wirtschaftl. Tor-
arbeiten) 809.
Abflussmengen, Vorschläge für
eine gleichartige Bezeichnung*
der — 186.
— die jährlichen — 175.
— bei Hochfluten 177.
— die monatlichen — 178.
— sekundL pro qkm 180.
Abkühlungsverlust, Der — eines
Kessels (Wirtschaftl. Torar-
beiten) 808.
Ablagerungsbecken, Die — in
Werkkanilen 818.
Ablaufkanäle 816.'
Abschreibungen, Die — (Wirt-
schaftl. Torarbeiten) 266.
Abwftnnekraftmasehinen, Die —
(Wirtschaftl. Torarbeiten) 809.
Adda, Flass 385, 886, 606, 1113.
— Wsaserkrafc Elektrizitätswerk
Paderno an der — 606.
Adriatica, Societa Italiana delle
StradeFerrate Meridionali Eser-
cente la Bete Adriatica 885.
Aegypten, Stauanlagen in — 1,
697.
Ahlbruck an der Alb im attdl.
Schwanwald, Waaserkraft-
BlektrizitäUwerk Hohenfeis der
Papierfabrik — 601.
Akkumulatoren, die elektrischen
- 885, 1068, 1170, 1194.
Alleghani-Mountains (Quellgebiet
des die Morganfalle bildenden
Chattahocheeflusaes) 1010.
Allgemeine Elektrizitätsgesell-
schsft, Berlin, Maschinen der —
577. 583, 1171, 1176, 1205.
Allgemeinen Verwaltung, Kosten
der — 268, 276, 1181, 1207.
Alts Italia, Societh Anonima
Elettricitä — (Strombesug der
— aus den Wasserkraftwerken
Funghera und Ceres Als) 367,
369.
Aluminiumindustrie, Die — 115,
1171.
AmenemahUI. (Erbauer der Stau-
anlage des Mdrisaees) 1.
Amerikanische Kraftwerke mit
deutschen Turbinen 8.
Ampere, Einheit für die Messung
der Stromstärke 1084.
Animas-River, Wasserkraft-Elek-
trizitätswerk am — bei Bock-
wood, Colorado 609.
Anker, Die —der Generat orenl080.
Ankerbleche, Die — 1084.
Ankerrfickwirkung 1038.
Anlagekosten, Die — (Die wirt-
schaftlichen Vorarbeiten) 284.
— Die — von Wasserkraftanlagen
242, 249, 250.
— von Wasserkraftanlagen mit
Dampfreserve 818, 820.
— von Turbinenanlagen 256.
Anlagekosten von elektrischen
Einrichtungen der Krafthäuser
(vergl. auch 1079) 260.
— von Transformatorenanlagen
(vergl. auch 3. 1081) 261.
— von Fernleitungen 262, 264.
— vonVerteilnngsnetsen 264, 265.
Auspuff-Ma-
— von
290.
— von
achinen 291.
— von Kondensations-Dampfma-
schinen 292.
— von Dampfturbinen 287.
— von Ruckkuhlanlagen 292, 298.
— von Leuchtgasmotoren 313.
— von Kraftgasanlagen 814.
— von Dieselmotoren 817.
Anschlusswerte, Ermittlung der—
826.
Anthrazit, Preise von — 318.
Aosta-Tal (Anlage Pont St Martin
in Oberitalien) 378.
Are, Wasserkraft - Elektrizitäts-
werk am — bei Saint Michel
de Maurienne der Sociele* d'
tiiectro-Chimie 605.
Arve (Nebenfluss der Bhone) 448,
444.
— Wasserkraft-Elektrizifätewerke
Servos und Chavants an der —
(Haute Savoie) für den Betrieb
des Cbemin de fer du Fayet
a Cbamonix 604.
Aifsuan Staumauer von — 2.
Ateliers des construotions mecani-
ques in Vevey (Schweiz) Tur-
binen der — 472.
Atlanta Water and Electric Power
Co., Kraftwerk der — 609, 1007,
1010.
Auftrieb, Der — 807.
— Berücksichtigung des. — bei
Berechnung von Sperrmauern
742.
Augsburg 555, 556, 562, 565, 570,
986.
— Wasserkraftanlage der Spinne-
rei am Stadtbach in — 602.
Ausgenutzte Wasserkräfte in ver-
schiedenen Ländern 18.
Auspuffmaschinen 280.
Auswahl der sekL Wassermenge,
für welche die Wasserbauten
auszuführen sind 251.
Avignonnet am Drac, Isere, Frank-
reich, Kraftwerk in — 497, 505,
507, 855, 980, 948, 985, 1128.
Bachsche Formeln zur Berechnung
der Wandstärken zvlinderiecher
Gefssse 889, 894.
Barattieri'scher Stabschwimmer
199.
Baugrund, Der — 281, 672.
Bauleitung, Kosten der — 265.
Bauschingersehe Festigksita»
zahlen für Hölzer 1155.
77*
1220
Sachverzeichnis.
Bauzinsen, Die — 265.
Bay Coaoties Power Company,
Fernleitung der, — (Amerika)
12, 1085, 1122.
Bazinsche Formel für Wasser-
geschwindigkeiten 874, 778, 775,
779.
Bedachung, Die — derKrafthäuser
1029.
Bedienungskosten, Die — 269.
— der Fernleitung 269, 1216.
— in den Krafthäusern 272 -275,
296-307, 318, 814, 317, 818—
821, 1215.
Beharrungsznstand im Wasser-
stand 128.
Behrendsche Eisenbohlen und
Stahlspundwände 674.
Belastung der Drähte durchEigen-
gewicht 1140.
— der Drähte durch Wind, Schnee
und Eis 1150.
Belastung, grOsste, gleichzeitige
— eines Kraftwerkes 330, 1196.
Beleuchtung, künstliche — des
Krafthauses 1068.
— Tages — der Krafthäuser 992.
Bell, Theodor — & Co. in Krienz
(Schweiz) Turbinen etc. von —
485, 477, 869, 919.
Bellegarde (Ain) an der Rhone,
Wasserkraft - Elektrizitätswerk
605.
Benutzungsdauer 881.
Benutzungsdauerrabatte. 1198.
Benzinmotoren 310, 315.
Beobachtungen des Wasserstan-
des 140.
Bergamasca, Societä — per Distri-
buzione di Energia Elettrica,
Kraftwerk der — 360, 930, 984.
Berieselung (im Altertum) 1.
— Wasserreinigung durch — 781.
Beteiligung des Staates und der
Gemeinden am Ausbau von
Wasserkräften in verschiedenen
Ländern 20, 21.
Beton, Der — (Herstellung und
Mischung) 678.
— Talsperren aus armiertem —
712, 987.
— Werkkanäle aus Armiertem —
796.
— Druckrohre aus armiertem —
920.
— Freileitungsmaste aus armier-
tem - 1116.
Betrieb, Der — von Wasserkraft-
anlagen 1207.
Betriebsdauer, Einfloss der —
auf die Erzeugungskosten 822,
1181—1184.
Betriebskosten 266, 872. 882, 1096
—1102, 1181 u.ff., 1212-1217.
Betriebskosten t>ei Wasser- und
Wärme-Kraftanlagen 272-821.
Betriebsleiter, Der — 1208.
Betriebsspannung 1069.
Betriebszuschüsse 266, 888.
Be ver • Talsperre (Rheinprovinz )
721, 1184, 1218.
Beznau a. d. Aare Kraftwerk —
488, 808, 966, 1012, 1014, 1019,
1025.
Bianchi, System — (Bedachung
des Krafthauses Vizzola) 852.
Bieler See 478.
Biella (Aostatal) 878.
Blitzableiter, Die - 1061, H35u.ff.
Blitzrelais, Das — 1061, 1137.
BlitzschutzTorrichtungen (siehe
Blitzableiter)
Bogenlampen, Elektrische — 1173.
— Brenndauer der — 1176.
Borstendorf in Sachsen, Kraft-
werk in — 602, 966.
Bosnische Elektrizitäts-Aktienge-
sellschaft, Kraftwerk der — in
Jajce 491, 492.
Bourgeat, Masten in armierten
Beton von — in Yoiron 1116,
1117, 1116.
Bouzey, Sperrmauer in — 740.
Brembilla, Fluss (Italien) Wehr
im — 860, 363, 641.
Brembo , Wasserkraft - Elektrizi-
tätswerk am — der Societä
Conti per Iroprese Elettriche
607, 1113, 1121.
— Wehr im — 860.
Brenet Lac, Ausnutzung des —
für das Kraftwerk La Dernier-
Vallorbe 460, 463.
Bremersche Intensiv - Bogenlam-
pen 1176.
Bremsregulatoren 981.
Brennstoffverbrauch für Dampf-
maschinen 295.
Brixsche Formel für die Trag-
fähigkeit eines Pfahls 677.
Brown Boveri A Co., A.-G. Baden
(Schweiz), Maschinen von —
485, 489, 452, 472, 473, 478,
524, 540, 755.
Brown - Boveri - Persona sehe
Dampfturbine 287.
Brflckenkanal, Der — des Kraft-
werks Viszoia 344, 846, 796.
— Der — in Borgone 797.
Brusio, Kraftwerk der Sodete* des
Forces motrices de — 359, 912,
919, 940, 1028.
BruttogefäUe einer Wasserkraft-
anlage 100, 97a
Buchführung, Die — 1209.
Budau, A., Formel von — rar
Berechnung der Druckerhtthun-
gen bei Wasserschlägen 897,
909, 912.
Buffalo 545.
Bnrdin, Wasserrad mit stehender
Welle von — (Erste Turbine) 5.
Burgdorf, Elektrisch betriebene
Bahn Thun — (Kanderwerk)
436.
Borsten zur Stromabnahme 1085.
Cabeoscher 8tabschwimmer 199.
Caffaro-Brescia (Italien) Doppel-
gestänge bei der Kraftüber-
tragung — des Wasserkraft-
Elektrizitätswerkes am Caffaro-
Fluss 607, 1107, IUI.
California Gas and Electric Corpo-
ration 1085.
California Missouri River Power
Co., bei Black Canon am Mis-
souri (Kalifornien) 610.
California Power Co., Wasser-
kraft-Elektrizitätswerke der
Northern — bei Volta und Ktlnrc.
610.
Canadian Niagarafalls Power Co.
Kraftwerk der — 547. 968.
Carro, Klappenwehr von — 654.
Castellanza, Dampfzentrale in —
des Kraftwerkes Vizzola 853.
Castel-Novate, Tiefer Emnehnitt
bei — des Werkkanala der An-
lage Vizzola 344, 846.
Catawba-River 8Ad Kalifornien,
Kraftwerke am — 609, 986.
Cellina, Kraftübertragung vom
Kraftwerk a. d. — nach Vene-
dig 607, 1108, 1116.
Cenischia, Kraftwerk a. d. —
Italien 872, 874, 876.
Ceres Ala, Kraftwerk — (Italien;
869, 945. 981, 1028.
Champ, (Kraftwerk bei — , leere,
Frankreich) 581, 588, 585, 589.
945, 1105, 1114, 1169.
Sachverzeichnis.
1221
Chanoine, Klappenwcbr nach —
654, 871.
Charakteristische sekundl. Was-
sermengen. Vorschlag für ein-
heitlicheBezeiohnungder — 187.
Chattahoochee Flues, Kraftanlage
an den Morganfällen des —
N. A. 609, 1010.
Chedde, Wasserkraft - Elektrizi-
tätswerk an der Arve bei —
(Hante Savoie) 604.
Chevenos, Wasserkraft-Elektrizi-
tätswerk bei Evian Les Bains
in — (Hante Savoie) 605.
Chevres, Kraftwerk in — 442,
444, 806, 842, 857, 863, 870,
975, 989, 998, 1011, 1013, 1014,
1024, 1028, 1063, 1160.
Chesy-Eytelweinsche Geschwin-
digkeitsformel 773.
Chinesisches Schöpfrad 3.
Cipolletti Cesare, Versuche von —
am Tessinwehr etc. 625, 811.
Clees-Socifttf Anonyme de l'Usine
Electriqne des — in Yverdon,
8chweiz 402.
Clenesso, Kraftwerk in — am
Brembo 860.
Colico-Sondrio (Elektr. betriebene
Bahnlinie, Oberitalien) 889, 896.
Compagnie de l'Industrie filectri-
qoe Genf. Maschioen der —
451. 458, 472, 581.
Compagnie Vaudoise des Laos de
Joux et de l'Orbe, Kraftwerk
der — 460.
Compound-Dampfmaschine 279.
Compounddynamo 1085.
Consolidated Lake Saperior Co.,
Kraftwerke der — 551.
Coulouvreniere, Kraftwerk a. d.
Rhone bei — a. Genfer See
442, 443.
Croton-Gebiet, Talsperren für die
Wasserversorgung von New-
York im - 736.
Croton-Stauwerk. Neues — 737.
Curtis, Dampfturbine von — 286.
Cusset, Krafthaus a. d. Rhone in
— (Frankreich) 526.
Dale, Wasserfälle am Glommen
bei — Norwegen 486.
Dämme,Herstellnngsartder — 704.
Dammkrone Breite und Höhenlage
der — 706.
Dammprofile beiWerkkanälen 790.
Dampfkessel 288.
Dampfmaschinen 279.
Dampfreserve 822.
Dampfspannung 280.
Dampfturbinen 282,
Dämpfungswiderstände (als Siche-
rungen bei Fernleitungen) 1136.
Dampfverbrauch 289, 295.
DaroyscheVerauche auf der Pump-
station Chaillot bei Paris 775.
Dauerlinien der sekl. Wasser-
mengen 141.
Dawsongas 812.
Delta-Glocken (Isolatoren) 1126.
Desfontaines, Trommel wehr von
— 654.
Dienstpläne für das Personal 269,
1216.
Dieselmotoren 310, 315, 316.
Differenzial-Bogenlampen 1174.
Düatationsvorrichtuogen in Rohr-
leitungen 928.
Dillinger Hüttenwerke, A. G.,
Rohrverbindung der — 919.
Dina, Alberto, Blitzableiter Relais
von — 1187.
Direkt* Betriebskosten 268, 1181.
Disposizioni sul lavore delle donne
e dei fanciulli negli opifici in-
dustriali etc. 842.
Doell, Klappenwehr von — 654.
Doppeltarif 1198.
Dora Baltea,.Kraftwerk an der —
(Pont St Martin) 878.
Doron, Wasserkraft-Elektrizitäts-
werk am — bei Bozel (Savoie)
605.
Dottingen Konstruktionswerk-
statt (C. Zschokke) in — 483.
Doubs, Kraftwerk La Goule am
— Schweiz 896.
Drac, Kraftwerk Avignonnet am
— (Frankreich) 497/99, 503,
506, 528, 581, 582, 588/40.
Drahtbelastungstabelle 1151.
Drahtgewichte 1142.
Drahtquerschnitt, Der wirtschaft-
lich günstigste — bei Fernlei-
tungen 1095.
— Kleinster zulässiger — bei
Fernleitungen 1096.
Drehschatzen 869.
Drehstrom 1087, 1088.
Drehstromdynamo 1089.
Drehstromleitungen, Berechnung
derselben 1074.
Drehstromsystem 1068, 1069.
Drehstrom-Vierleitersystem 1069,
1179.
Dreieckschaltung 1089.
Dreileitersystem 1066.
Dreiphasen - Wechselstrom • Moto-
ren. Asynchrone — 1177.
— synchrone — 1178.
Drosselspulen zum Sehutz vor
Überspannungen 1062.
— bei Bogenlampen 1175.
Druckbecken 754.
Druckgas 312.
Druckkammern 827.
Druckleitungen aus Eisen 918.
— aus Holz 921.
— aus armierten Beton 920.
Druckluftgrundung 681.
Druckrohre, Die — 876.
— Schutz der — vor Wasser-
schlagen 897.
— Transport der — 928.
— Einmündung der — in die
Turbinen 948.
Diuokturbinen' 284, 949.
Druckverlust inRohrleitungen 886.
Du Buat, Versuche von — zur
Feststellung der Wasaerge-
schwindigkeiten , welche zur
Fortbewegung von Körpern ver-
schiedener Grösse erforderlich
sind 132.
Docker 929, 980.
Durance, Fluss (Frankreich), Kur-
ven der Wassermengen in der —
bei Bompas 187.
Durcbflussprofile, Berechnung der
— bei Wehren 621, 629.
Durchhang der Drähte 1144.
Durchhaogstabellen 1148.
Duvillard , Lausanne , Turbinen
von — 472.
Dynamomaschinen, Beschreibung
der — 1034.
Dynamospannung , Regulierung
der — 1041.
East-Canyon Creek, Staudamm
im — (Kalifornien) 709.
Effektverinste in den Fernlei-
tungen 263, 1075, 1096.
Egerscher Integrier-Flugel 208.
Eigenbedarf an Energie im Kraft-
hause 334, 1214.
Eigentum am Bette der Gewässer
27.
Ejektorwirkuog, Ausnutzung der
— an Freilaufschfitzen zur Ge-
winnung von Gefälle bei Hoch-
wasser 989.
1222
ftlOHTl
:m:h n:i, i;
Einlaof, Dar — bei Werkkanilen
796.
Einnahmen, Berechnung der —
(Wirtschaftl. Vorarbeiten) 886.
Einnahmen fflr den Staat aus der
Nutzung des Wassers 82.
Einphasensystem 1068.
Einstufige Druckdampfturbinen
284.
Einteilung der Gefallstufen, Vor-
schlag fflr die'— bei Sammlung
von Zahlenmaterial fflr Anlage-
kosten 287.
Einziehsystem , Verlegung von
unterirdischen Kabeln nach
dem — 1168.
Einsylinderinaschinen 279.
Eisbildung 185.
— Einfluss der — bei Seeregu-
lierungen 220.
— desgL bei Stauweihern 750.
— in Druckleitungen 928.
— in Wsrkkanllen 766.
Eisschlitten 657, 802.
Elektra-Dampfturbine 284.
Elektrochemische Industrie, Die —
1171.
Elektrolytische Industrie, Die —
1171.
Elektrometallurgiscbe Industrie,
Die - 1172.
Elektromotoren, Die — 1177.
Energieabgabe, Die — auf dem
platten Lande 829.
888.
is, Wasserkraft. Elektrizität*
werk am Furon bei — 605.
Englischer Staudamm 707.
Ennepe-Talsperre (a. d. Ruhr) 780,
815, 1187.
Enteignung, Gesetsliche — 81,
85, 88, 51, 58, 56.
Entfernung, Die — , bis zu welcher
man noch elektrische Energie
mit wirtschaftlichem Erfolge
Obertragen kann 1082.
Entlfiftungsrohre in Druckleitun-
gen 827, 878, 898, 948.
Eppersoher Flügel 204.
Erddruck, Berechnung des — 668,
744.
ErdleitungswidersUnde 1189.
Erdung von Masten bei Fernlei-
tungen 1138.
Eriesee (Amerika) 542, 548.
Erneuerung (vergl. auch Betriebs-
kosten) 266, 1181.
Erregeranlagen 1048.
Eecher, Wyss A Co., A.-G. der
Maschinenfabriken von — Zürich
9, 389, 415, 480, 489, 448, 465,
488, 523, 524, 546, 547, 577,
582, 1001.
Etsch werke Meran-Bosen 580, 922.
Eulersche Theorie der Reaktions-
räder 4.
— Formeln der Knickfestigkeit
1158, 1157.
Expansions-Maschinen 279.
Explosionsmotors 315.
Eytelwein-Chezysche Formel 183,
773.
Fairbanks, Morse A Co., Amerika,
Einsiehsysteme der — für Kabel
1168.
Focht, Annahmen für den Auf-
trieb nach — bei Berechnung
von Staumauern 662, 742.
Feinrechen 805.
Feldmagnete 1080.
Fernleitungen, Die — 1082.
Fernleitung, Kosten der — 264.
— Wahl der Linie für die - 1066.
Fernleitungen, Tabelle der — mit
grossen Langen und hohen Span-
nungen 1085.
Ferraris-Instrumente sur Messung
von Wechselströmen 1054.
Finksche Zungenregulierung für
Turbinen 850, 858, 884, 480,
490, 495, 524, 565, 592. 962.
Fischpisse 659.
Fitsner, in Laurahfltte, O.-Schl.,
Geschweiftste Rohre von — 919.
Flamant A., Formel von — fflr
die Berechnung von Rohrdurcb*
messen 882, 886.
Flammrohrkessel 288.
Flanschenrohre 915, 919.
Fliegner, Formel nach — zur Be-
rechnung des Druckverlustes in
Rohrleitungen 888.
Flossgassen 657.
Flügel von Amsler-Laffon 202, 208.
— nach Eger von Amsler-Laffon
208.
— nach Epper von A. Ott 204.
Flügel nach Harlacber 203.
Flugelmessung 201.
Flut* und Ebbstrom, Benutzung
des — sur Kraftnutzung 8, 117.
Flutwellen, Die — 124.
Folsom , Wasserkraft - Elektrizi-
tätswerk bei — am American-
flösse (Kalifornien) 610.
Forces Motrices du Rhone, Kraft
werk der SodeM des — 975.
Forchheimerscbe Formeln ftraÜe
FestigkeiU- Berechnung vom
Druckleitungen mit dnickfrasssm
Scheitel 891.
— — für die Berechnung von
Druckerhöhungen in Rohrlei-
tungen 901.
Fossem (Norwegen), Wasserfall
des Glommen bei — 486» 487.
Fourneyron-Turbinen 6.
Francisturbinen 8, 961.
Franzius, Zahlen von — für die
Wassergeschwindigkeit, bei
• welcher Körper verschiedesier
Korngrösse in Bewegung gesetzt
werden 182.
— Zahlen von — für die Ergiebig-
keit von Flössen 180.
— Zahlen von — fflr die Lei-
stungsfähigkeit von Rammen
675.
Frederickstad a. Glommen (Nor-
wegen) 480, 481, 485.
Friese, Robert M., Zahlen von —
fflr die Verluste durch Rand-
entladungen 1094.
Frühling A., Zahlen von — für
die Erddrücke auf zylinderischem
Rohrleitungen bei verschiede-
nen Oberschüttnngsböhen 895.
Fanghera (Italien), Kraftanlage
in — 872, 927, 945, 981, 992,
1018, 1111.
Funkenstrecken 1061, 1137.
Füre et Morge, Anlage bei Chaaap
0
der Socioie* Hydro • Electrique
de — (Frankreich) 581, 532,
537, 589, 802, 911, 920, 928,
929, 948, 969, 970, 986, 1028,
1166.
Furens, Staumauer im — Frank-
reich 781.
Futtermauern, Die Berechnung
der - 667.
Gadda & Co. in Mailand , Maschinen
von — 858, 384.
Gallesche Kette 858, 384, 438,
515.
Ganguillet & Kutter, Formel von
- 844, 856, 776, 778.
Ganz & Co., Budapest, Maschinen
von — 885, 898, 495.
Gasmotoren 810, 315.
Gefalle, Das — (Technische Vor-
arbeiten) 118.
Sagbvebzbj
1223
Gefalle, Wahl des — bei Werk-
kanalen 772, 872.
Qeftlle in Flussliufen und sus-
gefthrien Wsrkkanilen (Ta-
belle V) 119.
Gefälle in 15 für Kraftwerke be-
nutzen Floaten (Tab.) 248.
Geldrabatte bei Stromtarifea 119a
Generatoren 1080.
G enfer See, Regulierung des — 224.
Geratbofen (Bayern), Lech-Elek-
triaititawerk in — 555, 556,
557, 688, 689, 804, 809, 966,
986, 1002, 1006, 1007, 1009,
1018, 1024, 1028, 1092, 1124.
Geschiebefohrung, Die — 128,
789, 877.
— Vergleichszahlen für die —
aufgestellt von J. Wilhelm 181.
Geschwindigkeit , Die — des
Wassers 196, 772.
Geschwindigkeitsmessnng 196.
Geschwindjgkeitsregalaioren 979.
Gesetzgebung, Lage der — für
Wasserkraftanlagen 27.
— Die — betreffend Führung von
Starkstromleitungen 5a
Gesets über das Telegraphen-
wesen des Deutschen Reiches
Tom 6. April 1892, 1090.
Gesntige für Hochspannnngsfern-
leitnngen 1102.
— statische Berechnung des — -
1158.
— Veranschlagung des — 264.
Gewisserkunde, Landesanstalt für
- 148.
— Jahrbuch für — 145.
Gewichtsangabe von Maschinen
und Transformatoren 1080, 1081.
Gichtgasmotoren 810, 815.
Gileppe, Talsperre der — bei
Verriers 698.
Ginori Richard, Mailand, Isola
toren von — 1126, 1128.
Girard, L. D., Turbinen von —
7, 654, 972, 974.
Glattfelden, Kraftwerke in — 966,
1002.
Gleichstrom-Bogenlampen 1178.
Gleichstrommaschinen 1080.
Gleichstrommotoren 1177.
Gleichstrom- und Wechselstrom-
System, Unterschied der beiden
1064.
Gleichstrom-Systems 1066.
Glommen (Flosa in Norwegen)
80 4-488, 486-487.
Glühlampen 1172.
Gonle, Sociote* des Forces £lec-
triqae de 1s — Kraftwerk der
— Schwell 896, 975, 1018, 1106,
1128.
Gradlerwerke 280.
Grande-Eao, Societd des Forces
Motrices de la — 468.
Graphische Darstellung der sekl.
Wassermengen 187, 140.
Grenobloiss de Force et Lumiere,
Societ* — 497.
Grenstorbinen axiale 975.
Grossgasmaschinen 815.
Grandeis, Das — 186, 884.
Gronderwerbskosten 246.
Gaadalantinfloss (Sttdspanien)Tal-
sperre im — 789.
Gübsenmoos (Kabelwerk) 8tau-
weiher im - 407, 410.
Habrasperre (Algier), Die — 789.
Häseler, S., Formeln von — für
die Berechnung von 8tüts- and
Futtermauern 667.
Hafslond, Kraftwerk in — (Nor-
wegen) 480/81, 888, 9?7, 945,
1014, 1185:
Hagen, G., Vertikalgeschwindig-
keitakurve von — 197, 774.
Hagneck, Kraftwerk bei —
(Sehweis) 478» 478, 640, 809,
869, 965, 976, 984, 991, 1018,
1014, 1054, 1092, 1115, 1169.
Halfred Wasserfalle des Glom-
meos bei — Norwegen 486.
Haielager 976.
Hamilton Bisetrio Light and Ca-
taract Power Ca Ltd. Kraft-
werk der — am Niagara 457,
548, 611.
Harlacher, Messflflgsl nach —
208.
Hartporzellan für Hochspannungs-
isolatoren 1124.
Hartangscher Pendelregler 894.
Hartzig, Zahlen nach — für den
Widerstand Ton Pfählen gegen
Ausziehen 677.
HauptstronvBogenlampen 1174.
Hauptstromdynamo 1085.
Hebervorrichtung in den Stau-
dämmen Ton Mittershsim und
8t. Christophe 728.
Heissdampfmaschinen 279, 809.
Heizflache 289.
Heizrohrkessel 288.
Heizwert der verschiedenen
Brennmaterialien 289, 816.
Hellmann, Zahlen für Regenhdhen
von — 152, 154, 155, 282.
Heoschel & Sohn, Turbine von
— 6.
Henachel-Jonvaltarbine 944.
Hermsdorf, Porzellanfabrik. —
Isolatoren der — 1127.
Hersog in Logelbaoh i. E., Druck-
leitungen aas Holz von — 921.
Hirschaa, Kraftwerk bei — an
einem Arm der Iaar 602.
Hirsch-Wilking, Elektro-Ingenieur-
Kalender von — 1092.
Hitzdrahtinstrumente zur Mes-
sung von Wechselströmen 1051.
Hochspannungsleitungen, Berech-
nung und Ausfahrung der —
1074, 1076, 1094.
Hochspannungsleitungen, unter-
irdische — 1159.
Hochstverbranchs-Zfthlsr 1205.
Hochwasssrmsngen 189.
Hohenfels, Kraftwerk der Papier'
fabrik Ahlbrack a. d. Alb bei
— (Sttdl. Schwarzwald) 604.
Hohenfurt, Boomen, Kraftwerk a.
d. Moldau bei - 602, 912.
Holzmasten 1102.
Horizontalturbinen 966, 969.
Hörnerblitzableiter 1061, 1187.
Horseshos-Fall (KauadaschcrTeü
der Niagara*Fälle) 548.
Hudson, Ausnutzung der Spier-
fälle am — (Albaav N. T.) 609
Homphrevs <fc Abbot, Horisontal*
geschwindigkeitskurve von —
775.
Huron~8ee (Michigan, Amerika)
551.
Jahresleistung, Anwachsen der —
in gelieferten Turbinen einiger
Turbinennrmen 11.
Jsjce (Bosnien), Kraftwerk in —
491, 492, 924, 981, 945» 969,
980, 992, 1068.
Janijflnss (Bosnien) 491.
Jauerburg, Wasserkraftanlage des
Walzwerkes — (Krain) 603.
Jecerosee (Bosnien) 491 92.
Ilchester, Kraftwerk bei — im
Patapsco-Fluss 987.
Imier 3t. (Schweiz), Dampfreserve
des Wasserkraftwerks La Gonle
in - 899, 402.
1224
Sachverzeichnis.
Imprägnierangsverfahren von
Holzmasten 1104.
Indirekte Betriebskosten 266,1182,
1197.
Indirekte Ermittelang der sekl.
Wassermengen 149.
Induktion 1080.
Innsbruck, Kraftwerk der Stadt —
an der Sill 602.
Intze, Otto, Tabelle Aber 17 von —
gebaute Talsperren 716.
Jonage - Casset - Lyon (Kraftwerk
a. d. Rhone) 507, 510, 770, 804,
815, 861, 867, 980, 985, 993,
1014, 1019, 1029, 1162.
Jon val- Turbinen 6, 944.
Jonz Lac, de — (Schweiz) 460,
463.
Joya (in Grenoble), Ausführung
einer pneumatischen Fundie-
rung durch — 536, (929).
bar , Wasserkraft - Elektrizitäts-
werk a. d. — der Stadt München
bei Moosbarg 601.
Isolation unterirdischer Kabel
1160.
Isolatoren für Hochspannungen
1124.
Isolatorenstützen für Hochspan-
nungen 1128.
Isotacheen in einem Flussprofil
211.
Italienische Gesetzgebung für
Wasserkraftanlagen 83, 58, 65,
66—69,
betr. die Führung von Stark-
stromleitungen 59.
Kabel, eisenbandarmierte. Ver-
legung von — 1160.
Kabelkaoäle 1019.
— Tabelle der Abmessungen der
— bei 11 Anlagen 1020.
Kabelkästen , unterirdische —
1165.
Kabelpanzer 1163.
Kaltdainpfmaschinen 809.
Kammlager für Turbinenwellen
976.
Kanalbrücken 796.
Kanäle im Altertum 1.
Kanalprofile, Wahl der — 778,
782, 872.
Kanderwerk (Kraftwerk, Schweiz)
945, 1114, 1169.
Kander- and Hagneckwerke, Akt-
Ges. Bern, Kraftwerke der —
436, 490.
Kapazität der Leitungen 1076,
1158.
Kapitalbeschaffung. Kosten der —
265.
Kardaun , Wasserkraft-Elektrizi-
tätswerk — bei Bozen 603.
Karlsbader Kaolin-Industrie-Ges.
in Merkelsgrün (Böhmen), Iso-
latoren der — 1126(Taf .LXXXI).
Kassenwesen 1211.
Kastler M., Zürich, Mastfuss aus
Beton und Eisen von — 1110.
Kerntransformatoren 1045.
Kesselfeuerung durch Hochofen-
gase 315.
Klappenwehre 363, 653, 871.
Klausthal, Kraftwerk der Berg-
inspektion — 601.
Kohlenfaden , Glühlampen von
Edison 1172.
Kohlenpreis als Wertmesser für
Wasserkräfte 118.
Kohlenpreise 295.
Kolbenmaschinen 279.
Kombinierung einer Abwärme-
kraftmaschine mit einer Dampf-
maschine 811.
Kommutator (bei Gleichstrom-
dynamos) 1081.
Kondensationsdampfmaachinen
280.
Kondensator bei elektrischen
Leitungen 1076, 1158.
Kontinentale Gesellschaft für
elektrische Unternehmungen in
Nürnberg, Kraftwerke der —
343, 885, 481.
Kontrollpegel 193.
Konusturbine 975.
Konzessionsdauer, Einfluss der —
auf die Tilgung 266, 277.
Konftssionswesen 28» 38, 84, 40,
42, 49, 51, 55, 56.
Kosten (vergL Anlagekosten, Be-
triebskosten and Preise).
Kostenanschlag für eine Wasser-
kraftanlage 285.
Kotka, Wasserkraft Elektrizitäts-
werk Stockf ors - Traesliberi
(Finnland) 608.
Kraftbedarf, Ermittelung des —
828.
Krafthäuser. A. Der bauliche
Teil 983.
— B. Der elektrische Teil 1029.
— mit liegenden Schachtturbinen
1002.
Krafthäuser mit stehenden
Schachtturbinen 1011.
— mit stehenden Gehäasetnr-
binen 1014.
— mit liegenden Gehäosetnr-
binen 1015.
Kraftlieferung, Arten der — bei
Wasserkraftanlagen 1184.
Krantz, Klappen wehr von — 654,
871.
Kreislauf des Wassers 149.
Kreuterscbe Formel zur Bestim-
mung der Geschiebefahrang 789.
Kreuzung von Telephon- und
Telegraphenleitungen bei Fern-
leitungslinien 1090.
Kristiania 460, 486, 491.
Kubelwerk, Kraftwerk bei 8t.
Gallen (Schweiz) 407, 639. 88S,
884, 924, 930, 981, 936, 948,
945, 956, 972, 980. 981, 1024.
Ktkhlwasaerverbrauch bei Gas-
maschinen 312, 813.
Kühlwasser für Abwärmekraft-
maschinen 310.
Kappelang, Die — von Wetten
und Maschinen 48, 976, 104a
Kurven der sekL Wassermengen
185.
Küstermannsches Kabelschntz-
eisen 1164.
Kykkelsrad, Kraftwerk in —
(Anlage Norwegen) 486, 915,
961, 968, 976, 978, 981, 992,
1014, 1027, 1046.
Labyrinthdichtangen (bei Dampf-
turbinen) 286.
La Dernier, Vallorbe (Kraftwerk
in — Schweiz) 460, 461, 468,
817, 912, 924, 931, 1025, 1028,
1063, 1114, 1166, 1169.
Lage desWasserrechts inBaden 54.
— des Wasserrechts in Bayern 45.
— des Wasserrechtes in Deutsch
land 43.
— Lage des Wasserrechts in
Frankreich 86.
— des Wasserrechts in Italien 83.
— des Wasserrechts inösterreieh-
Ungarn 42.
— des Waaserrechts in Preuseen
44.
— desWasserrechts in Sachsen 50.
— des Wasserrechts in der
Schweiz 41.
— des Wasserrechts in Württem-
berg 50.
Sachvekzeichnis.
1225
Lagerwesen, Das — 1211.
Lago Maggiore.,341.
Lahmeyer & Co., W., — Frank-
fort a. M. Maschinen von —
407, 417, 420, 430, 555, 568,
821.
— Wasserkraftwerk am Potenz*
fluss der Societa ltaliana — 607.
Landesanstalt für Gewässerkunde
148.
Lange, Die — von Fernleitungen
1085, 1087.
Längenprofil, Feststellung des —
io Flüssen 128.
Lanzo, Valle di (Piemont) 868.
La Pombliere (Kraftwerk — in
8avoyen) 825.
Laufenburg, Kraftwerk a. Rhein
bei — 19, 602.
Laufkran, Der — 998, 994.
Lavalturbinen 288, 284.
Lecco-Cbiavenna (Elektr. betrieb.
Bahnlinie Oberitalien) 896.
Lech-Elektrizitätswerk Oersthofen
bei Augsburg 242, 555, 689,
1168, 1185.
Leerlaufs Verluste der Transfor-
matoren 1047.
Leifel & Co. (Sprengfield Nord-
amerika), James, Turbinen von
— 550.
Leistungsfaktor, Der — 1072.
Leitungsberechnung Die — einer
elektrischen Fernleitung 1070.
— Zusammenstellung der Bezeich-
nungen, und Formeln für die —
1078.
Leitungskabel, Preistafel für —
1161.
Leitungskupfer bei Fernleitungen
1091.
Leitungsmasten, hölzerne 1102.
— eiserne 1111.
Leitungsmaterial, Das — 1091.
Lengers (Kraftwerk in — ) 1011.
Lenoir, Graskraftmaschinen von —
811.
Lerf os, Kraftwerk am — für Tront-
jem (Norwegen) 607.
Les Clavaux, Wasserkraftwerk
in — a. d. Romanche (Isere)
604.
Les Clees (Kraftwerk in —Schweiz)
402, 801, 975, 980, 991, 1024,
1166.
Leuchtgasmotoren 810.
Liegende Dampfmaschinen 280.
Lingese-Sperre 709, 716, 1184.
Liezdamm (Frankreich) 705.
Livet (Kraftwerk in — Isere
Frankreich) 528, 580, 689, 922,
1185.
Livet-Grenoble, Hochspannungs-
leitung 1116.
Locomobilen 279.
Löffelrad bei Löffelturbinen 972.
Lohnwesen 1208.
Lombarda, Societa per distribu-
zione di energia elettrica in Mai-
land, Kraftwerke der — 841,
848, 854, 756.
— Fernleitung der - 1084, 1169.
Luftkühlung der Transformatoren
1027, 1046.
Lüftung, Die — der Krafthfluser
995.
Lüftungsrohre, Die — in Druck-
leitungen 827, 898, 948.
Luzern-Engelberg (Wasserkraft-
anlage — ) 942.
Manchester Traction, Light &
Power Co., Kraftwerk der —
609, 991, 1002, 1006, 1007, 1010.
Mannesmannrohre 920, 1108.
Manteltransformatoren 1045.
Marbach-Stuttgart, Kraftwerk —
am Neckar 570-576, 1011, 1018,
1106.
— Haupttransformatorenstelle des
Kraftwerks — 1169.
Maschinenflur, Höhenlage des —
991.
Maschinensaal, Höhe des — 993.
— Heizung des — 998.
— Lüftung des — 995.
Maschinenspannungen 1008.
Massenn a N. Y., St Lawrence
Power Co. bei — 609.
Masten, siehe Leitungsmasten.
Masut Verwendung von — bei
Dieselmotoren 316«
Maurice, St. — Lausanne, Kraft-
werk a. d. Rhone 453, 459, 720,
824, 911, 930, 956, 980, 984,
1019, 1085, 1041, 1054, 1064.
Meran-Bozen, Etschwerke — 602,
603.
Messprofil für Wassermengen 191.
Messung der Regenhöhen 151.
— der Verdunstung 167.
Metallfadenglühlampen 1173.
Meteorologische Institute 152.
Michigan Lake Superior Power
Co., Kraftwerk der — 551.
Mjösen (See in Norwegen) 480/81,
486.
Mittelwasser (M.-W.) 137.
Mohr, Trommelwehr nach — 654,
851.
Moldau , Wasserkraftwerk der
Firma Ignatz Spiro & Sühne
an der — bei den sogenannten
Teufel 8mauern 602.
Moncenisio, Societa d. Forze Idrau-
liehe del - 372.
Montage des Leitungsdrahtes
1152.
Montbovon, Kraftwerk in — a. d.
Sarine (Schweiz) 606, 945, 975,
981.
Morbegno, Kraftwerk a. d. Adda,
Italien, in — 385, 821, 980,
945, 969, 992, 1024, 1028, 1044,
1095, 1106, 1169.
Morgan fallen (Amerika) , Kraft-
werk an den — 987, 1010.
Mörissee, Der — 1.
Morris J. P., in Philadelphia, Tur-
binen von — 545.
Moosburg, Kraftwerk der Stadt
München a. d. Isar bei — 601.
Mouche, Staumauer der — (Frank-
reich) 732.
Muffen, bei eisernen Rohren 915.
Muffenverbindung bei elektrischen
Kabeln 1161.
Münch8ches Bedachungs- System
465.
Mutha, Distrikt Manipur-(Indien),
Staubecken von — 694.
Nadel wehre 651.
Nagelturbine 6.
Naviglio Grande (AlterSchiffabrts-
und Bewässerungskanal am
Tessin) 341, 842, 854.
Nebenauslässe für Turbinen 979.
Nebenräume der Krafthäuser 1028.
Neben schluss-Bogenlampe 1174.
Nebenschlussdynamo 1085.
Necaza, Kraftwerk am — Mexiko
611, 970, 1001.
Nernst Lampe, Die — 1172.
Neyret, Bremer <fcCo., in Grenoble,
Turbinen von — 581, 540.
Niagara Falls Hydraulic Power
and Manufacturing Company,
Kraftwerk der — 547, 549.
Niagara Falls Power Company,
Kraftwerk der — 545, 547, 782,
980, 986, 1015, 1132.
Niagarafälle 542, 548, 549, 550-
1226
Sachverzeichnis.
Niederschlagshöhen 150.
Niederschlagsverhältnisse
Deutschlands 154.
Niedrijgwasser 187
Northern California Power Co.
Wasserkraftwerk der — hei
Kilarc 600, 912.
Notodden, Wasserkraftwerk der
Karbidfabrik — 608.
Novaleea, Kraftwerk in — Pie-
mont Italien 872, 875, 815, 888.
928, 948, 944, 974, IUI.
Nutzeffekt moderner Turbinen 258,
952.
— yon Generatoren 1040.
Nutzgefalle 121.
Nutzungsrecht an Gewässern 27,
88, 86, 48, 47, 51, 55.
Nutzwert einer Wasserkraft 82,
248.
Oherflächenisolstion hei Isola-
toren 1126.
Oherschlächtiges Wasserrad 8.
Oelachalter 1048.
Oelverbrauch hei Ab Wärmekraft-
maschinen 810.
Oerlikon, Maschinenfabrik in Oer-
likon-Zflrich Maschinen der —
896, 399, 402, 405, 467, 577.
Ohmseher Widerstand 1070, 1092
1098; 1175.
Ohmsches Gesetz 1084, 1070.
Olten-Aarburg, Elektrizitätswerk
hei — , Schweiz 754, 919, 928,
Ontario Power Company of Nia-
gara Falls, Wasserkraftwerk
der — 542, 928, 969, 1024.
Ontario-See 548, 549.
Orbe (Flosa Schweiz) 402, 460,
461, 468, 465, 468.
Orädon, Sperre des Sees — in den
franzfts. Pyrenäen 711.
Organisation, Die — der Betriebs-
ftthrung 277, 1208 .
Otay, Sperre von — (Kalifornien)
709.
Ott, A., Selbstregistrierender Pegel
von — 198.
— Messflflgel von — 208.
Paderno a. d. Adda, Wasserkraft-
werk in — 60«, 869, 961, 969,
981.
Palazzolo, Hydraul. Kalk aus —
(Italien) 845.
Parallelschaltung von Gleich-
strom-Nebenschlussdynamos
1041.
— von Wechsel- und Drehstrom-
maschinen 1041.
Parsonsturhine 288, 286.
Partiotsche Zahlenwerte für die
Wassergeschwindigkeit, bei
welcher Körper verschiedener
Kongresse noch bewegt werden
182.
— — fttr den Gehalt an Sink-
stoffen der Loire bei Hochwasser
130.
Passiano, Kraftwerk in - 967, 1002.
Patapsco-Flass, Kraftanlage, im —
bei Baltimore 987.
Pauschaltarife 1185.
Pegel 191, 192.
Peildrähte 126.
Pelton-Aktions-Turbinen 8, 415,466
472, 970.
Peltonschaufeln "971.
Personal, Das — 1209.
Perronetsche Zahlen fttr die Trag-
fähigkeit eines Pfahles 677.
Petroleummotoren 810.
Phasenlampe 1042.
Phasenverschiebung bei Wechsel-
Strommaschinen 1087.
Piccard-Pictet & Co. in Genf,
Turbinen von — 876, 405, 504,
545, 755.
Pitotsche Rohre 199, 978.
Pitot-Darcysche Röhre 200.
Plattensystem des Oberpostrats
Zappe für elektr. Kabel 1164.
Pliva (Flosa in Bosnien) 491-498.
Poireesches Nsdelwehr 357.
Polonceau-Träger 405.
Ponceletsches Rad 5, 6.
Ponsonnas (Projektierte Talsperre
im Drac bei — leere) 507.
Ponte Canale siehe BrOckenkanal.
Punt Saint-Martin, Kraftwerk der
Societa Industriale Elettrochi-
mica di - 878, 984, 1002, 1006,
1008, 1009, 1028.
Porzellanfabrik Hennsdorf. Klo-
sterlausnitz. Isolatoren der —
1127.
Posohiavino, Kraftwerk am — be!
Brusio (8chweiz) 859.
Potenzafluss, Kraftwerk am —
(Italien) 607.
Präzisions-Instrumente zur Mes-
sung des elektrischen Stroms
1050.
Preise der Ai>wännekrafbiia*cbi-
nen 810.
— von Dieselmoloren 817.
— von Dampfmaschinen und
Kesseln 291, 292.
— der Generatoren 1080.
— von elektrischen Einrichtungen
der Krafthäuser 259.
— von Transformatoren 261, 1061.
— von Turbinen 256.
— von Zählern 1196.
Pretzien Wehr bei Magdeburg 649.
Privatgewässer 27.
Profil, Wahl des — bei Werk-
kanälen 772, 872.
Profilinstrumente für Schalttafel»
1054.
Profilsteine 125.
Puentes Sperre (Marcia, Süd-
Spanien) 789.
Puyallup River, Kraftwerk am —
bei Tacoma Washington 610-
Quarquinez Meerenge, Überfüh-
rung einer Fernleitung Aber
die — bei Oakland 1121.
Queistalsperre, Die — bei Mark«
lissa 818.
Querprofile, Aufnahme der — in
Flüssen 128, 126.
Quintana-Martingalindez, Wasser
kraftwerk — 78 km Ton Bilbao
(Spanien) 608.
Bandentladungen bei Hocawf*s>
nungsisolatoren 1125.
Raschscher Doppeltarif 1057.
Rateau-Turbtne 284.
Rauris Wasserkraftwerk — an der
Rauriser Acne 608.
Reaktionsrad 4.
Rechen 805, 888.
— Vorschläge für die Verwen-
dung von liegenden — n an Stelle
stehender 840.
— Mechanische Vorrichtungen zur
Freibaitang des — 839.
Rechnungswesen, Das — 1210.
Reflektor - Wechselstrom • Bogen-
lampen 1175.
Regenhöben 151.
— durchschnittliche 155.
— jährliche 158.
— monatliche 156.
— tägliche 160.
Saghvebubichuw.
1227
Regenhfthen, stündliche 168.
Regenmesser 150, 152.
Regenmessung in- verschiedenen
Ländern 152.
Regnlatoren, Die — von Tur-
binen 982.
Regulierung von Gleich- und
Wechseletromdynamos 1041.
Regulierang des Genfer Sees 224.
— des Luc d'Annecy 224.
— der westpreussischen Seen 225.
— der ostpreossischen Seen 225.
— - des Lago Maggiore 226.
— der Lses de Joox et de Brennet
226.
— des Lac Crozet 229.
— des Lac de la Girotte 280.
Regulierender Einfluss der Seen
auf den gleichmassigen Abfluss
214.
Regulierungswerk, Lage des — s
in Werkkanälen — 804.
— Standsicherheit des — s 805.
Reinigung der Hochofengase 815.
Reinüberschuss 888.
Rentabilität. Einfluss der Elek-
trizitätswerke auf die — der
Gasanstalten 825.
Rentabilitätsberechnung 886.
Reparaturwerkstatt, Die — 102a
Reservefond 388.
Reserve bei Wärmekraftanlagen
294.
Rheinfelden, Kraftwerk in — am
Rhein 436, 577, 585, 642, 869,
966, 998, 1011, 1018, 1024.
Rhone, Fluss 442, 458, 456, 468,
469, 509.
Riedlersche Rohrverbindung mit
Lederstulpe 917.
Riedler - Stumpf sehe Dampf- Tur-
bine 284.
Riemenantrieb — 1040.
Rieter <fe Co., A.-G. vorm. Joh.
Jak. — , Winterthur, Turbinen
von — 488, 487.
Ringspurlager 976.
Riouperoux, Wasserkraftwerk in
— a. d. Romanche 604.
Riva»Monneret <fc Co. in Mailand,
Turbinen von — 850, 857, 869,
371, 384.
Rohgefälle 121.
Robnaphtha, Verwendung von —
bei Dieselmotoren 316.
Rohre, eiserne 918.
— aus armiertem Beton 913.
Rohre aus Holz 921.
Röhrenmessung 200.
Rohwert einer Wasserkraft 120.
Rollenblitsableiter 1188.
Kolische Werke, in Ghoindez
Rohre von den v. — 915.
Romanche, Fluss in Frankreich,
528, 529, 589.
Romanche, Societe Elektro-Cbimi-
que de la — Kraftwerk der —
528.
Rosignol <k Detamanche, Vorrich-
tung zur Ausführung eisenar-
mierter Druckleitungen von —
920.
Rostfläche, Erforderliche Grösse
der - 290.
Rotierende Umformer 1170.
Rflckkfiblanlsgen 280, 294.
Rur (Roer) Fluss 585—587.
Rurtalsperren G. m. b. H. 585
1185.
Sammlung, Vorschläge für die —
von Zahlenmaterial für Anlage-
kosten ausgeführter Anlagen
259.
Sarpsborg (Norwegen) 480, 481.
Sarpsfos (Fall des Glommen, Nor-
wegen) 480, 481.
Satzturbinen 954.
Saugbottich, Der — für die Ent-
wässerung des unter H. W.
liegenden Maschinenflures im
Kraftwerk der Manchester
Traction Light and Power Co.
1010.
Sauggas 315.
Saughöhe, Die zulässige — bei
Turbinen 959.
Saugrohre, Ausmündung der —
in die Turbinenksnäle 1018.
Saugrohrwirkung bei Turbinen
959.
Saugventilatoren für die Lüftung
von Krafthäusern 999.
Sault St. Marie, Kraftwerk in —
(Michigan) 551-554 1002, 1006,
1007, 1008.
Saut Mortier, Wasserkraftwerk
bei — am Ainfluss (Jura) 606.
Save (Fluss) 491.
Schaad, Leitschaufelsystem von
— 435, 968.
Schaltanlagen 1047.
Schallanlagen , Überschlägliche
Veranschlagung der — 259.
Schaltpulte 1025.
Schalträume 1019.
— Grosse der Bodenfläche für —
1022.
Schaltsäulen 1025, 1059.
Schalttafeln, ausfahrbare — 1059.
Schaltungsschema 1052, 1054,
1189, 1140.
Schätzung der Wasserkräfte in
verschiedenen Ländern 101.
— der Wasserkräfte (Verglei-
chende Tabelle) 112.
— des gesamten Anschlusswertes
828, 829.
Schaufelräder 7.
Schieber-Dampfmaschinen 280.
Schiffsmühlen. Erste Anwendung
der — 8.
Schirmmessung der Wassermenge
bei Turbinen 978.
Schleppkraft, Die — des Was-
sers 181, 788.
Schluckfähigkeit der Turbinen 951 .
Schmelzsicherungen 1182, 1188.
Schmier- und Putzmaterialver-
brauch 270.
Schneedecke, Wasserwert einer —
151.
Schneider & Co., Creusot, Elek-
trische Einrichtungen von —
506.
8chomburg, H. Söhne. A. G. — in
Merks i. 8. und Bossla in A.
Isolatoren von — Taf. LXXXT
Schornsteindimensionen 290.
Schuckert <fc Co., E. A. vorm., —
Nürnberg, Maschinen von —
850, 884. 894, 481, 488, 486,
490, 492, 575.
Schulz, Knaud & Co. in Essen
a. d. Ruhr Turbinen von — 919.
Schätzen, hölzerne 808, 888.
— eiserne 852.
— mit Rollen 851, 857.
Schützentafeln, statische Berech-
nung der — 858.
Schützenwehre 648.
SchutsneUe 268, 1089, 1090, 1188.
Schutzvorrichtungen gegen die Ge-
fahren bei Berührung von Hoch-
spannungsleitungen 1129, 1183.
Schwamkrugturbine 7, 972.
Schwankungen in der Leistung
der Wasserkräfte 113.
Schwankung der Wassermenge
in den Flüssen 180—190.
Schwankungendes Wasserstandes
in unregulierten Seen 222.
1228
Sachvebzeichnh.
Schweflige Stare bei Abwärme-
kraftmascbinen 810.
Schwimmermessung 199.
Seeregulierangen 218.
Seetiefen 221.
8egnersches Reaktionsrad 4.
Selbstinduktion 1082, 1071.
Selbstregistrierender Kontroll-
pegel 198.
Serpentinierungen der Stromrinne
125.
Servomotoren, hydraulische, me-
chanische und elektrische —
980.
Servoz, Wasserkraftwerk in —
a. d. Arve (Haute Saroie) 604.
Shawanegan Water Power Co,
bei Quebec Canada 611.
Sicherheitsscheiben in Druck-
leitungen 912.
Sicherheitsventile in Drucklei-
tungen 911. .
Sicherheitsvorschriften für die
Errichtung elektrischer Stark-
stromanlagen 1086, 1089.
Sicherheitsvorschriften, Erläute-
rungen an den — betr. die Unter-
haltung von Holsmasten bei
Fernleitungen 1105.
Sicherungen von Schaltanlagen
1047.
Siemens scher Blitzableiter 852,
1187/88.
Siemens & Halske, A. G. Berlin
Maschinen und Apparate von
— 867, 869, 879, 1188.
Siemens-Schuckertwerke, Maschi-
nen und Apparate von den —
480. 608, 1001, 1057.
Sillwerke, Kraftwerk der Stadt
Innsbruck 602.
Sinkstoffe 128.
Sinkstoffgehalt der Flflsse 129.
Sioulefluss, Talsperre im— (Frank-
reich) 784, 986.
Siphon zur Überschreitung der
Urnäach. mit dem Werkkanal
des Kraftwerks Kubel-Herisau
420.
— als Überlauf in den Stau-
dämmen von Mittersheim und
St Christophe 728.
Sitter, Fluss (Kubelwerk) 407.
Skotfos, Kraftwerk am — bei
Skien (Norwegen) 607.
8krubber oder Wäscher bei Kraft-
gasmotoren 818
Sohle, Beschaffenheit der Fluss —
127.
Soblengesch windigkeit, Die —
197, 774, 782.
Sonne E.'sche Formel forden Wert
o in der Geschwindigkeitsfor-
mel v=c VRJ bei Rohrlei-
tungen 877.
Soo - Stromschnellen (Michigan,
Amerika) 551.
Sortierung des Geschiebes in
einem Flusse 184.
Southfork, Sperre aus Eisen bei —
(Kalifornien) 710.
Spaltschieberegulierung bei Fran-
cisturbinen 968.
Spannungsabfall, Die Berechnung
des — 1070.
Spannung, Wahl der — im Ver-
teilungsnetz 1178.
8pannung, Wirtschaftlich günstige
— für Fernleitungen 1098.
— Die zulässige mechanische in
Leitungsdrähten 1141.
Spannweite der Drähte 1144.
Sperrdämme 704.
Sperrmauern aus Stein 707.
— aus armiertem Beton 712, 987.
— aus Eisen 710.
— Ausführung von — - 718.
Spiegelgefälle 124.
8pierftlle, Kraftwerk a. d. — des
Hudson oberhalb Albany 609.
Spiez, Kraftwerk in — am Thuner
See 486.
Spiralgehäuse bei Francisturbinen
967.
Spiritusmotoren 810.
8purlager zum Tragen von Tur-
binenwellen bei Vertikaltur-
binen 964, ^76.
Srinagar (Kaschmir) Wasserkraft-
Elektrizitätswerk ffir — 921.
Stabschwimmermessung 195.
Stammrolle der Anschlösse 1211.
Standard ElectricCompany, Ameri-
ka, Fernleitung der — 1085,
1092.
Ständigkeit der Wasserkraft 118.
Stand röhre zum Schutz gegen
Wassersohläge 908.
SUnley-Eleotric ManufacturingCo.
in Pittsfeld, Mass. Elektrische
Maschinen der — 554, 1085.
Starkstromleitungen, Gesetzge-
bung zur Führung von — in
verschiedenen Ländern 58.
Stationäre Maschinen 279.
Statistik der deutschen Klektrizi
tätswerke 18, 322.
— die erforderliche — f&r den
Betrieb 1211.
Statut der Wuppertalsperrenge-
nossenschaft 94.
Staubecken (Geschichtliche) 2.
Stauhöhe 618, 618.
— Berechnung der — 621.
Staukurve bei Wehren 613.
Staumarke 618.
Stauraum, Feststellung des er-
forderlichen — s bei Sammel-
becken 219, 712, 774.
Stauweiher 746.
— geschlossene 749.
— offene 751.
Stauweite, bei Wehren 613.
— Berechnung der — 621. 630.
Stauwerke im Altertum 1.
— Einzelheiten der — 612.
Stehende Dampfmaschinen 280.
— Turbinen 950, 964, 968, 1012.
Steigerung der Nutzeffekte in den
Turbinen 12.
Sternschaltung bei Weehsehrtrom-
maschinen 1089.
St Lawrence Power Co. bei Maa-
sena N. T. Kraftwerk der —
609.
8t. Michel de Maurienne, Wasser-
kraftwerk bei — am Are 605.
Stockfors Traealiberi, Kraftwerk
in Kotka Finnland der — 608,
991.
Stoney — Schützen 438, 446, 501,
579.
Stopfbüchsen bei Druckrohren 930.
Streulinien bei Generatoren 1088.
Strombücher, Die —der deutschen
Ströme 141, 148.
Stromsystem , Wahl des — 268,
1064.
StrOmsnäsbruk, Wasserkraftwerk
der StrOmsnäs-ßroksAktiebolag
in — 608.
Strom Verteilungssysteme 1169.
Sulzer, Gebr. in Winterthur, Hoch-
druckpumpen von — 755.
8weeiwaterdanun (Kalifornien),
Der — 711.
Synchronmotoren, Die — 1177/78.
Synchronismus - 8pannnngszeigsr,
Die - 1042.
Syndikatbildung von Industriellen
in Frankreich 26»
Sachverzeichnis.
1229
Talsperren, Di« — 698.
— Statische Berechnung der —741.
Tamagawa, Wasserkraftwerk am
— für Tokio (Japan) 606.
Tanay, Lac — Kraftwerk am —
(Schweis) 468.
Tandem-Maschinen 279.
Tangentialspannung, Die — der
Drahte 1146.
Tansa, Staumauer too — (Indien)
695.
Tantiemen,Beträgeder- 888, 1208.
Tarife, Die — der Wasserkraft-
anlagen 825, 1181.
Taucherglocke 682.
Telegraphenwege Gesetz vom
18. Dezember 1899. 1090.
Telephonleitnngen auf dem Ge-
stänge der Hochspannungslinien
1182.
Telf ordsche Zahlen för die Wasser-
geschwindigkeit, bei welcher
die verschiedenen Bodenarten
angegriffen werden 128, 782.
Temperaturkontakt für Ventila-
toren 999.
Tennessee -River, Wasserkraft-
werk bei Cbattanoga am — 610.
Tetmajer, L.t Festigkeitszahlen
von — für Hftlzer 1155.
ThunBurgdorf (Elektrische Voll-
bahn) 441.
Thury-Regler 458.
Thury, System von — fflr Gleich-
stromkraftabertraguugen 454,
1064.
Tbury, Versuche von — mit Hoch-
spannungsleitungen mit 120000
Volt 1098.
Tilgung 266, 295.
Tobler, Leo, Elektrischer Kontakt
spparat von — zur Anzeige
von Wasserständen 417.
Tofvehult-Westervik, (Schweden)
Kraftübertragungsanlege —
1119, 1182.
Tolkmitt, G., Zahlenwerte von —
zur Berechnung von Überfallen,
für die Beiwerte p, & p, 624,
680, 682, und für den Stoss-
druck 984.
— desgl. über den Sinkstoffgehalt
in Flossen 129.
Torcy-Neuf, Becken von — Frank-
reich 705.
Toronto and Niagara Power Co.
Kraftwerk der - 544, 548, 1015,
1115.
Toronto and Niagara Power Co.,
Fernleitung der — 1119.
Toulouse, Wasserkraft-Elektrizi-
tätswerk für — 604, 948.
Tourenzahlen, übliche bei 50 perio-
digen Wechselstrommaschinen
1086.
Traglager bei horizontalen Wellen
876.
Transformatoren, Prinzip der —
1044
Transformatorenriume 1027, 1056.
Transformatorenstellen am finde
der Fernleitungen, bauliche Ein-
richtung der — 1166.
— Aniagekosten von — " 264.
Trentonfälle, Wasserkraftanlage
an den — ü. S. 921.
Trezzo a. d. Adds, Kraftübertra-
gung von — nach Monza und
Mailand 1118.
Triger'sche Gründungsart mit
verlorner Arbeitskammer 682.
Trockenreiniger bei Kraftgas-
maschinen 818.
Trollhättan-Fälle, Kraftwerk a. d.
— (Schweden) 608.
Turbigo, Kraftwerk in — (Italien)
554, 771,801,961, 967. 984, 1002,
1006, 1007, 1009, 1013, 1029, 1115.
Turbinenanlagen, Erster Entwurf
von — 952.
Turbinenbremsung 977.
Turbinenkammern 881.
Turbinenkanäle 1018*
Turbinenpreise 256.
Torbinensysteme 949.
Turbinen, Verwendung derselben
bei verschiedenen Gefällen 958.
Turbinenwellen, Lagerung und
Kuppelung von — 976.
Überfallmessung 194.
bei Turbinen 948.
Überführung von Hochspannungs-
leitungen mit grösseren Spann-
weiten 1119.
Überhitzer 281.
Überläufe bei Werkkanälen 808.
Überspannungsschutz einer Hoch-
spann ungsanlage 1060.
Überspannungssicherungen 1185.
Uferanschlflsse bei Wehren 619.
Umformer 264, 885, 1170.
Umlaufrohre bei Druckleitungen
948.
Umschaltlampen, Tarife für —
1187.
Unica Gas- and Electric Company
N. A., Kraftwerk der — bei
Trenton 921.
Unständige Kraft 888.
Unterhaltungskosten, Die — 268,
269, 295, 1214.
Unterlagen, Erforderliche — bei
Einreichung von Konzessions-
gesuchen 56.
Uppenborn, Kalender von — für
Elektrotechniker 1068, 1073,
1092, 1161.
Urft- Talsperre bei Gemünd in der
Eifel 585, 587, 922, 927, 998,
1024, 1028, 1029, 1056, 1057,
1091, 1185.
Usine de Cnevres, Veröffent-
lichung Über die — der 8tadt
Genf 442.
Usine de Premont der Socieie*
dlClectro-Chimie, Einlauf bei
bei dem Kraftwerk der — 807.
Vektordiagramm 1088.
Verankerung von Druckleitungen
an Knickpunkten 931.
Verbandsvorschriften Über die
Herstellung und Unterhaltung
von Holzgesläogen für elek-
trische Starkstromanlagen 1103.
Verbesserung der Handelsbilanz
durch den Ausbau von Wasser-
kräften 114.
Verbindungsleitungen zwischen
Dynamomaschinen und Schalt-
anlage 1044.
Verbindung zweier Drahtenden
1153.
Verbrauch von Wasser und Kohle
zur Erzeugung des Dampfes
280.
Verbundmaschinen 279.
Verdampfer für Abwärmemaschi-
nen 310.
Verdunstung 165.
Verdunstungshöhen 167—178.
Vereinigte Maschinenfabrik Augs-
burg und Maschinenbaugesell-
schaft Nürnberg A.-G., Turbinen
und Schützen der — 569, 861.
Vergasung des Petroleums bei
Dieselmotoren 816.
Vergleich der Betriebskosten von
Wasserkraft- Anlagen mit
Dampfreserve und reinen Dampf-
anlagen 828.
1
1230
Sachverzeichnis.
Vergleichende Zusammenstellung
von Betriebskosten bei Wasser-
kraftanlagen mit und ohne
Dampfreeerve 252.
Vergleicbsreehnung zur Bestim-
mung der Dampfreeerve 322.
Vergleich von Wärmekraftanlagen
mit Wasserkraftanlagen 278.
— zwischen Wasserkraft und
Hochofengaskraft 815.
Verhältnis der erzeugten znr nutz-
bar abgegebenen Energie 885.
— des ansnfltzbaren zum vor-
handenen Gefälle 120.
Verketten von Leitungen 1088.
Verlegung eiserner Druckrohre 922.
Verlusthöhen 149, 165.
Vernayaz, Kraftwerk in — im
Rhonetal a. d. Pisse vachef allen
606, 944, 974. 980.
Versickerung , Wasserverlust
durch — 173, 765.
Verteilung, Die — der Drähte
auf dem Gestänge 1129.
Verteilungsnetze, Anlagekosten
von — n 264, 265, 1083, 1179.
— Betriebskosten von — n 277,
1217.
— Spannung in den — n 1178.
Vertikalgeschwindigkeits-Kurve
209, 774.
Vertikal turbinen (vergl. stehende
Turbinen) 950, 964, 968, 1012.
Verwaltung, Organisation der all-
gemeinen — 1206.
— Kosten der allgemeinen 277,
1208.
Viertaktmotoren 311.
Villar, Sperre von — Spanien 696.
Villoresi-Kanal (Anlage Vizzola)
341, 342, 349, 625.
Vinci Leonardo da, Oberschläch-
tige Wasserräder von — 8.
Viutal, Kraftwerk im — (Italien)
369.
Vizzola, Kraftwerk in — (Italien)
841, 625, 801, 815, 924, 980,
931, 948, 984, 992, 1024, 1029,
1068, HU.
Voit, J. M. in Heidenheim a. d.
Brenz, Turbinen von — 350,
866, 890, 490, 544, 572.
Volt, Einbeitsmass 1084.
Vorarbeiten für Seeregulierun
213.
— Die technischen — 118.
— Die wirtschaftlichen — 284.
Vouvry , Kraftwerk bei —
(Schweiz) vergl. Lac Tanay.
Vyrnwy, Talsperre bei — in Eng-
land 734.
Wandt, Kraftverteilung im Kan-
ton — (Schweiz) 16, 462.
Walzenkesse), Die — 288.
Walzen wehre, Die — (vergl. Be-
richtigungen and Ergänzungen).
Wangen, Kraftwerk a. d. Aare
bei — (8chweiz) 420, 786, 802,
827, 965, 967, 991, 1002, 1006,
1007, 1009, 1019.
Wärmeeinheiten der Hochofen-
gase 315.
Wärmeenergie, Die — in den
Brennstoffen 289, 311, 315, 316.
Wärmedurchgangswerte, Die —
für die Berechnung von Lüf-
tungsanlagen 996.
Wärmekraftmaschineq,Die — 279.
Wärmeüberführung, Die stünd-
liche — einer Druckleitung 928.
Wärmeverluste, Die — in den
Dampfrohrleitungen 281.
Washington Water Power Com-
pany in Spokane (Washington),
Kraftwerk der — 1084, 1090,
1109.
Wasserbücher, Anlegung von — n
30, 48, 52, 55.
Wasserkühlung der Oeltransfor-
matoren 1027.
Wassermenge, für welche ein
Kraftwerk einzurichten ist 234.
Wassermessung in Flüssen 191.
— bei Turbinen 977.
Wassermühlen (die ersten — in
Deutschland, Schweiz, Italien,
Frankreich) 3.
Wasserräder (geschichtliche) 2.
Wasserrohrkessel, Die — 289.
Wasserschläge, Berechnung der
Druckerhühungen bei — n 897.
Wasserspiegellinien 125, 127.
Wasserstandmessungen 146.
Wasserstandsprofile 140.
Wasserstrahlerder snm Schutz
gegenÜberspannungen 895,1063,
1138.
Wasserlinse 32, 42, 49, 276.
Watt, Einheitsmaas 1084.
Wattverlust in Hochspannungs-
glocken durch Randentladungen
bei strümendem Regen 1094.
Webster Camp Laue Co., Akron
(Ohio), Turbinen von der — 553.
Wechselstrom 1036 u. ff.
Wechselstromsysteme 1068.
Wechselstrombogenlampen 1174.
Wechselstrommotoren, asynch-
rone 1177.
— synchrone 1178.
Wehre, Die — (siehe Inhaltsver-
zeichnis) 612.
— Die festen — 638.
— Die beweglichen — 648.
— Ausführung der — 671.
— Statische Berechnung der —
660.
Wehrlänge, Berechnung der —
621.
Weissbachsche Formeln für die
Berechnung der Druckverlnste
in Rohrlaitangen 886.
— für die Tragfähigkeit eines
Pfahles 677.
Werkkanäle, Die — (stehe In-
haltsverzeichnis} 759.
— Ausführung der — 843.
— Linienführung der — 762.
— Schiffbarkejt der — 760.
Westinghouse Company, Elektr.
Maschinen der — 544, 554.
White, Josiah, Klappen wehr von
— 654.
Wickellötstelle, Die — zur Ver-
bindung von Drahtenden 1154.
Wilkens, R„ Tarif nach — 1202.
Windkessel, Die — als Mittel
gegen Wasserschläge in Druck-
leitungen 908.
Wintershall-Lengers, Gewerk-
schaft, Kraftwerk der — 965,
1011.
Wipphebel für Schützentafeln 860.
Wirbelströme (Foocaultsche
Strüme) Die — 1083, 1175.
Wirkungsgrad von Turbinen 952.
— von Generatoren 1040.
— Der wirtschaftlich günstigste
— von Fernleitungen 1096.
Wirtschaftliche Vorarbeiten, Die
— 284.
Woltmanscher Flügel znr Wasser-
messung 199, 626, 627, 978.
Wright, Tarif nach — 1202.
W uppertalsperrengenossenschaft,
Die — 94, 1184, 1214.
Würgeloteteile, Die — zur Ver-
bindung von Drahtenden 1154.
Wurtzscher Blitzableiter 852;
1188/39.
Sachverzeichnis.
1231
Yverdon (Schweiz) 402, 404.
Zihler (fflrden elektrischen Strom)
278, 1050, 1196, 1202, 1205.
Zähler, Höchstverbrauchs- 1202,
1205.
Zahlertarife, Die — 1186, 1198.
Zeitrelais bei Selbstschaltern 1049.
Zinsfuss für das zu beschaffende
Kapital 266.
Zodelscher Gitterschieber 458, 962,
969.
Zoelly-Dampfturbine 284.
Zogno am Brembo, Kraftwerk bei
— (Italien) 1113.
Zogno-Brembo, Fernleitung des
Kraftwerkes bei - Uli, 1121.
Zschokke C, Ausgeführte pneu-
matische Fundierungen von —
25, 488, 447, 478, 577.
— Zahlenangaben von — Aber
die Kosten von Druckluftgrfin-
dungen 685.
Zufrieren eines Werkkanals 136,
885.
Zündung bei Gaskraftmaschinen
312.
Zündung bei Dieselmotoren 316.
— bei Motoren mit flüssigem
Brennstoff 815.
Zuppingersches Rad 7.
Zwangsenteignung, Die — (siehe
Enteignung) 81, 85, 38, 50, 53, 56.
Zwangsgenossenschaften, Die —
32. 50, 54, 56.
Zwangsverpflichtung, Die — zur
Duldung von Anlagen 31.
Zweitaktmotoren, Die — 311.
Zylinderschützen, Die — • 867.
1232 Berichtigungen und Ergänzungen.
Berichtigungen und Ergänzungen.
S 25. Es ma88 heissen Cipolletti anstatt Cipoletti.
S. 102—104. Das Resultat der Schätzung der verfügbaren Wasserkräfte für das Grossherzogtam
ist nach den im zwölften Heft der „Beiträge zur Hydrographie de» Grossher-
zogtums Baden" — herausgegeben von dem Zentralbureau f Qr Meteorologie und Hydrographie
— veröffentlichten Mitteilungen zn klein. Aof Baden werden vielmehr bei neunmonatlichejn
Wasser einschliesslich der Rhein Wasserkräfte ca. 250000 PS« zn rechnen sein.
S. 242. In den Kosten ad 5 Spalte 7 sind ca. 725 000 Mk. enthalten für Erwerb von Terrain, welche»
zum Wiederverkauf bestimmt ist.
S. 591. Es mnss heissen Taf. XLIX Fig. 8, 4 und 6 und Taf. XL VIII Fig. 7 anstatt Taf. XLIX Fig. 3. 4. 6. 7.
S. 648. In den letzten Jahren haben die Walzenwehre, wie sie von der Brflckenbauanstalt
Gustavsburg b. Mainz z. B. im Main bei Schweinfurt (1903), in der Mangfall bei Kolbermoor
in Oberbayern (J905), in der Brahe zu Brahnau bei Bromberg (1905), in der Becwa bei Troubek
in Mähren (1905) erbaut sind, viel Beachtung gefunden, da sie sich im Betrieb bewährt
haben.
8. 742. Für Prenssen gibt ein Ministerial-Erlass vom 24. Mai 1907 Anleitungen für den Bas
und Betrieb von Sammelbecken, Zeitschr. f. d. ges. Wasserwirtschaft 1907, S. 218.
S. 872. In der Ableitung von Näherungs-Formeln für den wirtschaftlich günstigsten Querschnitt F
eines Werkkanals sind zur Vereinfachung der Rechnung der Beiwert c und der hydraulisch«
Halbmesser R, obwohl beide vom Querschnitt F abhängig sind, zunächst als konstant Ange-
nommen weil die Bestimmung des Wertes c an sich unsicher bleibt und sich R bei einer
gewählten Profilart immer nur um kleine Werte ändert, selbst wenn es sich am gross«
Änderungen der Zahlenwerte für F handelt.
S. 885. Die Näherungsformel (9) muss lauten D = f/gii^8 ' a ' 100Q '? - * ' k* _ wobei an-
* l K 15*sc*.yi.p.e[%' + isa(D'-D)]
näherungsweise für D im Nenner des Ausdruckes unter der siebenten Wurzel der zuerst für D
nach (8) ermittelte Näherungswert einzusetzen ist.
S. 1100. Es muss im Beispiel der Wert für y, = 0,0089 anstatt 0,0098 heissen, wodurch sich das zahlen-
massige Ergebnis etwas ändert.
S. 1179. Es ist zu beachten, dass beim Drehstrom-Vierleitersystem die Spannung zwischen den Aussen-
leitern |/^3x 120 Volt beträgt, wenn die Spannung zwischen einem Anssenleiter und dem
Null-Leiter 120 Volt ist (vergl. S. 1069).
Äicnosaaibfl
B89090623168A
T
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mm m ■ mm
1
■
fi^OlOSEBlbfi
B89090523168A