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Full text of "Ausbau von Wasserkräften"

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HANDBUCH 


DER 


INGEfüEÜRWISSENSCHAFTEN 


IN  FÜNF  BANDEN 


Dritter  Teil 


Der  Wasserbau 


Herausgegeben 


von 


J.  F.  Bubendey,  6.  Franzius,  A.  Frühling,  Th.  Koehn,  Fr.  Ereilter, 

Th.  Rehbock  und  Ed.  Sonne 


Dreizehnter  Band 


Leipzig 

Verlag  von   Wilhelm   Engelmann 

1906 


DER 


WASSERBAU 


HANDBUCH  DER  INGENIEURWISSENSCHAFTEN III.  TEIL 


Dreizehnter  Baad 


Ausbau  von  Wasserkräften 


und  herausgegeben  von 


Th.  Koehn 

Stadtbaurat  a.  D.  in  Berlin-Granewald 


Mit  467  Textflguren,  Sachregister  und  84  zum  Teil  lithographierten  Tafeln 


Verlag  von  Wilhelm   Engelmann 

1906 


Alle  Rechte,  insbesondere  das  Recht  der  Übersetzung,  sind  vorbehalten. 


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Vorwort. 


Der  grosse  bei  der  Ausstellung  in  Frankfurt  a.  M.  im  Jahre  1892  angestellte 
Versuch,  eine  Wasserkraft  von  Lauffen  a.  Neckar  nach  Frankfurt  a.  M.  auf  175  km 
Entfernung  in  Form  von  elektrischer  Energie  zu  übertragen,  lieferte  zum  ersten  Male 
den  unanfechtbaren  Beweis,  dass  eine  solche  Fernübertragung  mit  wirtschaftlichem  Er- 
folge möglich  sei,  und  dieser  Versuch  bildet  daher  einen  ragenden  Markstein  in  der 
Geschichte  des  Ausbaues  von  Wasserkräften.  Bis  1892  konnte  man  in  manchen  Gegenden 
eher  einen  Rückgang  als  einen  Forschritt  in  der  Ausnützung  der  Wasserkräfte  feststellen, 
weil  es  vielfach  vorteilhafter  wurde,  neue  Arbeitsstellen  in  unmittelbarer  Nähe  der  Eisen- 
bahnen zu  errichten  und  die  erforderliche  Kraft  mit  den  vervollkommneten  Wärmekraft- 
maschinen zu  erzeugen,  als  entfernt  liegende  Wasserkräfte  auszunützen. 

Die  ungefähr  gleichzeitig  angestellten  grösseren  Versuche,  Kraft  in  Form  von 
Druckwasser  oder  Druckluft  fernzuleiten  und  zu  verteilen,  haben  lediglich  den  Beweis 
erbracht,  dass  diese  beiden  Arten  von  Kraftübertragung  wegen  der  Höhe  ihrer  Kosten, 
wegen  ihres  verhältnismässig  schlechten  Wirkungsgrades  und  wegen  ihrer  beschränkten 
Fernleitungsmöglichkeit  mit  der  elektrischen  Kraftübertragung  nicht  in  einen  erfolgreichen 
Wettbewerb  treten  können. 

Deshalb  ist. die  völlige  Befreiung  der  Wasserkraft  von  der  Gebundenheit  an  den 
Ort  ihrer  Gewinnung  erst  durch  ihre  Umwandlung  in  Elektrizität  erreicht.  Mit  dieser 
Befreiung  begann  in  fast  allen  Kulturländern  ein  früher  ungeahnter  Aufschwung  in  der 
Ausnützung  der  Wasserkräfte.  Es  ist  daher  natürlich,  dass  in  der  überwiegenden  Mehr- 
zahl der  Fälle  die  Ausnützung  der  Wasserkräfte  in  Form  von  Wasserkraftelektrizitäts- 
werken erfolgt  und  dass  ein  Zusammenarbeiten  des  Bauingenieurs,  des  Turbinen- 
ingenieurs und  des  Elektroingenieurs  notwendig  ist. 

Die  Fortschritte,  welche  alle  drei  Gruppen  von  Ingenieuren  auf  ihren  Sonder- 
gebieten seit  Beginn  der  neuen  Epoche  gemacht  haben,  liegen  vor  aller  Augen.  Der 
Ausbau  eines  Wasserkraft-Elektrizitätswerkes  muss  aber  sowohl  bei  der  Projektaufstellung 
als  auch  bei  der  Ausführung  als  ein  organisch  verbundenes  Ganzes  behandelt  werden, 
wenn  ein  einwandfreies  Werk  entstehen  soll. 

Vom  Beginn  der  neuen  Epoche  an  bis  auf  den  heutigen  Tag  hat  es  aber  an  der 
nötigen  einheitlich  geleiteten  Zusammenarbeit,  sowohl  bei  den  technischen  und  wirt- 
schaftlichen Vorarbeiten,  als  auch  bei  der  Ausführung  noch  oft  gefehlt,  und  infolgedessen 
sind  bei  einer  ganzen  Reihe  von  Wasserkraftwerken  grosse  Kapitalien  unwirtschaftlich 
verwendet. 


VI  Vorwort. 

Als  Leiter  einer  deutschen  Industrie-Gesellschaft  hatte  ich  Gelegenheit,  mich  bei 
dem  Ausbau  und  der  wirtschaftlichen  Ausnützung  einer  Anzahl  grosser  und  kleinerer 
inländischer  und  ausländischer  Wasserkräfte  zu  betätigen.  Die  hierbei  gemachten  Er- 
fahrungen und  die  Erkenntnis  der  oben  erwähnten  Übelstände  haben  in  mir  den  Ge- 
danken angeregt,  zu  versuchen,  den  Ausbau  von  Wasserkräften  als  ein  zusammen- 
hängendes Ganzes  in  einem  Werke  zu  behandeln  und  neben  der  rein  technischen  auch 
die  wirtschaftliche  Seite  aller  Einzelheiten  der  Gesamtaufgabe  einer  Erörterung  zu 
unterziehen. 

Das  vorliegende  Buch  wendet  sich  in  erster  Linie  an  den  Bauingenieur,  dem 
in  der  Regel  der  grösste  Anteil  an  der  Gesamtarbeit  und  zugleich  die  Aufgabe  zufallen 
wird,  für  eine  organische  Verbindung  der  wasserbaulichen,  motorischen  und  elektrischen 
Teile  der  Gesamtanlage  Sorge  zu  tragen. 

In  Erfüllung  der  gestellten  Aufgabe  hielt  ich  es  für  nötig,  eine  grössere  Anzahl 
ausgeführter  Beispiele  eingehend  zu  behandeln.  Es  erschien  mir  am  zweckmässigsten, 
diese  Beispiele  in  Kap.  II  zunächst  im  Zusammenhange  zu  beschreiben  und  bei  Bespre- 
chung der  Einzelheiten  in  Kap.  III  alsdann  die  Vorteile  und  Nachteile  der  einzelnen 
Anordnungen  bei  den  beschriebenen  ausgeführten  Beispielen  hervorzuheben. 

Zwei  mitten  in  der  Praxis  stehende  Ingenieure,  die  Herren  N.  Baashuus  und 
J.  Lauf  er  haben  die  Freundlichkeit  gehabt,  mir  bei  Ausführung  meines  Planes  ihre 
Unterstützung  zu  leihen,  und  zwar  hat  der  erstgenannte  Herr  die  Bearbeitung  des  §  5 
Kap.  III  „Die  Turbinen",  der  zweitgenannte  die  Bearbeitung  des  §  6  B  Kap.  III 
„Der  elektrische  Teil  der  Krafthäuser"  unter  Benutzung  des  zum  Teil  bereits 
vorliegenden  Materials  an  Zeichnungen  und  Abbildungen  übernommen.  Beiden  Herren 
spreche  ich  hiermit  meinen  besten  Dank  aus. 

Herr  Professor  Philipp  Forchheimer  in  Graz  hat  die  Güte  gehabt,  mir  eine 
Abhandlung  über  die  bei  Knickpunkten  an  Druckrohrleitungen  auftretenden  Kräfte  (S.  940) 
zur  Veröffentlichung  in  diesem  Bande  zur  Verfügung  zu  stellen,  wofür  ich  ihm  an  dieser 
Stelle  meinen  verbindlichsten  Dank  sage. 

Bei  den  Verhandlungen  mit  dem  Verlage  von  Wilhelm  Engelmann  in  Leipzig 
wurde  mir  der  Vorschlag  gemacht,  die  ursprünglich  als  selbständiges  Werk  gedachte 
Arbeit  als  Band  13  des  Teiles  HI,  „Der  Wasserbau"  in  die  vierte  Auflage  des  Hand- 
buches der  Ingenieur-Wissenschaften  aufzunehmen.  Diesem  Vorschlage  habeich 
gerne  zugestimmt. 

Der  Verlag  hat  allen  meinen  Wünschen  in  bezug  auf  die  Ausstattung  des  Bandes 
mit  Tafeln  und  Abbildungen  in  der  entgegenkommendsten  Weise  entsprochen. 

Von  in-  und  ausländischen  Behörden,  Gesellschaften  und  einzelnen  Fachgenossen 
ist  mir  durch  Überlassung  von  Material  und  von  Bildstöcken  meine  Arbeit  sehr 
erleichtert  worden,  und  ich  fühle  mich  allen  Beteiligten  zu  besonderem  Danke  ver- 
pflichtet. 

Berlin-Grunewald  im  April  1908. 

Th.  Koehn. 


Handbuch  der  Ingenieurwissenschaften. 

Dritter  Teil. 


Übersicht  des  Inhaltes  der  im  Erscheinen  begriffenen  4.  Auflage : 

I.  Band.    Gewässerkunde. 

I.  Kapitel:  Regen,  Grundwasser,  Quellen  und  stehende  Gewisser« 

II.  „        messende  Gewässer. 
III.        „        Praktische  Hydraulik. 

IL  Band.    Stauwerke. 
I.  Kapitel:  Wehre. 

II.        „        Talsperren. 

III.  „        Fischwege  und  Fischteiche. 

Anhang:  Durch  Aussweite  der  Brücken  und  Durchlässe. 

III.  Band.    Wasserversorgung  der  Städte. 

I.  Kapitel:  Voruntersuchungen. 
II.        r        Allgemeine  Anordnung  der  Wasserwerke, 
m.        „        Gewinnung,  Reinigung,  Aufspeicherung  und  Förderung  des  Wassers. 

IV.  „        Wasserwerkshetrieh. 

V.         „        Ausführung  der  Rohrleitungen  und  Wasserversorgung  der  Gehäude. 

IV.  Band.    Entwässerung  der  Städte. 

I.  Kapitel:  Anlagen  cur  Abführung  der  Brauch-  und  Regenwässer. 
II.        „        Unterbringung  und  Reinigung  der  städtischen  Abfallwässer. 

V.  Band.    Binnenschiffahrt.    Schiffahrtskanäle.    Flusskanalisierung. 

I.  Kapitel:  Wasserstrassen.    Flösserei  und  Binnenschiffahrt. 
U.        „        Binnenschiffahrtskanäle. 

III.  „        Kanalisierung  der  Flüsse. 

VI.  Band.    Flussbau. 

I.  Kapitel:  Allgemeines. 
II.        ,        Verbauung  der  Wildbäche. 

III.  „        Bändigung  der  Gebirgsflüsse. 

IV.  „        Verbesserung  der  schiffbaren  Flüsse. 


Vm  Übersicht  des  Inhaltes. 

VII.  Band.    Landwirtschaftlicher  Wasserbau  einschl.  Deichbau  und 

Deichschleusen. 
I.  Kapitel:  Meliorationen« 
IL        „        Deiche. 
ID.        „        Deichschleusen  (Siele). 

VIII.  Band.    Schiffsschleusen. 

IX.  Band.    Meer.    Seeschiffahrt.    Küsten. 

I.  Kapitel:  Das  Meer. 
II.        „        Die  Seeschiffahrt. 
III.        „        Die  Küsten.    Seeuferbau. 

X.  Band.    Strommündungen.    Seekanäle. 

I.        „        Strom mündungen  mit  schwacher  Flut. 
II.         „        Strommiindungen  mit  starker  Flut. 
III.        n        Seekanäle. 

XI.  Band.    Fluss-  und  Seehäfen. 

I.  Kapitel:  Flussligfen. 
II.        „        Seehäfen. 
III.        „        Hafendämme,  Ufermauern  und  Schiffsbauanstalten. 

XII.  Band.    Seezeichen. 

XIII.  Band.    Ausbau  von  Wasserkräften. 

I.  Kapitel:  Allgemeines. 

II.        „        Ausgeführte  Beispiele  von  Wasserkraft-Anlagen. 

III.        „        Einzelheiten  über  Entwurf  und  Ausführung  der  verschiedenen  Bauteile, 

über  Tarife  und  den  Betrieb  von  Wasserkraft-Anlagen. 


Inhalts  -  Verzeichnis 

des  dreizehnten  Bandes. 


Kapitel  I. 
Allgemeines. 

Seite 

§  1.  Geschichtlicher  Überblick 1 

Die  Stauwerke,  Kanäle  und  Wasserräder  des  Altertums 1 

Die  Geschichte  der  neueren  Wasserkraftmaschinen 8 

Erste  Versuche   zur  elektrischen  Kraftübertragung  auf  weite  Entfernungen  und   die  Ent- 

wickelung  derselben 10 

Die  verwendeten  Wasserkräfte  in  den  einzelnen  Ländern  und  zwar  in  den  Vereinigten 

Staaten  von  N.-A.,  Canada,  Frankreich,  Schweiz,  Italien,  Deutschland  14 
Angaben  über  die  Beteiligung  von  Privatpersonen  und  Privatgesellschaften  einerseits  und 

von  Gemeinden  und  Staat  andererseits  am  Ausbau  von  Wasserkräften 20 

Die  Bestrebungen  zur  Vereinigung  der  Wasserkraft-Interessenten 23 

Einige  hervorragende  und  um  den  Ausbau  von  Wasserkräften  verdiente  Bauingenieure  .    .  24 

Literaturangaben  zu  Kap.  I  §  1 25 

§  2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  für  Wasserkraftanlagen  und  für  elektrische  Stark- 
stromanlagen in  verschiedenen  Ländern 26 

A.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  für  Wasserkraftanlagen 27 

I.  Allgemeine  Gesichtspunkte 27 

1.  Die  Frage  des  Eigentums  an  dem  Bette  der  Gewässer.  2.  Das  Nutzungsrecht  am 
Wasser,  8.  KonzessioDswesen,  4.  Weitere  Entwicklung  des  Wasserrechtes. 

IL  Die  gegenwärtige  Lage  des  Wasserrechtes  in  verschiedenen  europäischen  Landern 

Italien 88 

Frankreich 86 

Schweiz 41 

Österreich-Ungarn 42 

Deutschland:  a)  Preussen,  b)  Qayern.  c)  Sachsen,  d)  Württemberg, 

e)  Baden 48 

III.  Die  fttr  die  Erlangung  einer  Konzession  und  für  die  Genehmigung  der  Bauten  not- 
wendigen Unterlagen 56 


X  Inhalto-Vebzeichxis. 

Seit« 

B.  Dio  Gesetzgebung  betreffend  die  Führung  von    Starkstromleitungen  in 

Italien,  Frankreich,  Schweiz,  Deutschland 58 

Literatnrangaben  zu  Kap.  I§2 64 

Anhang  zu  Kftp.  I  §  2 65 

enthaltend  in  Anlage  I  aus  der  italienischen  Gesetzgebung 

a)  Art  5  des  Gesetzes  vom  20.  August  1884  (Legge  concernente  le  derivazioni  di  acque 
pubbliche ^,  welcher  von  der  Verlängerung  der  auf  je  30  Jahre  zu  erteilenden  Kon- 
zessionen handelt 66 

b)  und  c)  Art  36  und  37  aus  den  dazu  gehörigen  Ausführungßbestimmungen  ....        66 

d)  Art  25,  26,  27  des  Gesetzes  vom  29.  März  1903  betreffend  die  Übernahme  von 
öffentlichen  Betrieben,  wie  Wasser-  und  Elektrizitätswerken  etc.  durch  die  Gemeinden. 
(Legge  sulTassanzione  diretta  dei  pubblici  servizi  da  parte  dei  Comuni) 67 

e)  Die  Verfügung  des  Ministers  für  offen tl.  Arbeiten  vom  17.  VI.  1898,  betr.  die  Be- 
schränkung der  Eonzessionserteilung  auf  solche  Wasserkräfte,  welche  für  den 
elektrischen  Betrieb  der  Hauptbahnen  nicht  in  Betracht  kommen  können      ....        69 

Anlage  II  aus  der  französischen  Gesetzgebung: 

a)  Den  Gesetzentwurf  betreffend  Wasserkraftanlagen  an  Privatflassen  mit  voraus- 
geschickten ausfuhrlichen  Motiven  des  Ministers  für  Landwirtschaft  M.  R.  Ruau 
(Projet  de  Loi  relatif  aux  usines  hydrauliques  sur  les  cours  d'eau  non  navigables  ni 
flottables) 71 

b)  Das  Gesetz  über  die  Verteilung  elektrischer  Energie  vom  15.  Juni  1906  (Loi  du 

15  juin  1906  sur  les  disfaributions  d'energie) 84 

c)  Bericht  des  Senators  Chautemps  Aber  das  Gesetz  su  b)  und  Vorschlag  eines 
Spezialgesetzes  betr.  die  Verweodung  von  elektrischer  Energie  französischen 
Ursprungs  im  Auslande  (Rapport  fait  au  nom  de  la  Commission,  chargee  d'examiner 
Im  proposition  de  loi,  adoptee  par  la  Chambre  des  Deputes  sur  les  distributions 
d'energie) 90 

Anlage  III  aus  der  schweizerischen  Gesetzgebung 

a)  Vorlage  des  Bundesrates  vom  4.  Dezember  1905  betr.  die  Verwendung  von  elektrischer 
Energie  schweizerischen  Ursprungs  im  Auslände  und  Entwurf  zu  dem  Beschluss 
des  Nationalrates  vom  8a  März  1906 92 

Anlage  IV  aus  der  deutschen  Gesetzgebung 

Das  auf  Grund  des  Gesetzes  vom  I.  IV.  1879  und  des  Ges.  vom  19.  V.  1891  durch 
königl.  Verordnung  genehmigte  Statut  der  .Wupper-Talsperren-Genossenschaft*   .    .       94 

§  8.  Schätzung  der  Wasserkräfte  verschiedener  Länder  und  zwar:  Deutschlands,  Frank- 
reichs, der  Schwele,  Österreich-Ungarns,  Italiens,  Norwegens,  Schwedens,  Englands      100 

Allgemeine  Betrachtungen  über  den  Wert  von  Wasserkräften 112 

Angaben  über  die  in  Deutschland  und  Frankreich  verwendeten  Dampfkrtfte     .    .    .  116 

Die  Wasserkräfte  der  Wellenbewegung  und  der  Ebbe  und  Flut 116 

Literaturangaben  zu  Kap.  I§8 117 

4.  Die  technischen  Vorarbeiten 118 

1.  Das  Gefälle 118 

Betrachtungen  Aber  das  Gefälle  in  Flössen,  welches  sich  wirtschaftlich  für  Wasser- 
kraft-Anlagen noch  ausnutzen  läset.  Gefälle  in  den  Hauptströmen  Deutschlands  und 
Frankreichs.  Die  Aufnahme  von  Wasserspiegelnivellements.  Die  Feststellung  des 
Langenprofils  der  Flussohle.    Das  Auftragen  der  Querprofile. 

2.  Die  Beschaffenheit  der  Sohle 127 

3.  Die  Geschiebeführung 128 

Angaben  über  die  Geschwindigkeiten,  bei  denen  die  Flusssohle  angegriffen  wird    ...  128 

Angaben  flbrr  Sinkstoffe  und  Geschiebemengen  in  Flüssen 129 

Angaben  über  Wassergeschwindigkeiten,  bei  denen  die  Geschiebe  und  Sinkstoffe  noch 

bewegt  werden 182 

Angaben  Aber  die  Theorie  der  Geschiebebewegung 133 

(vergl.  hierzu  auch  S.  789) 


>» 


Inhalts- Verzeichnis.  XI 

Seit« 

4.  Die  Eisbildung 185 

5.  Die  sekL  Wassermengen 196 

Begriffsbestimmung  der  einzelnen  charakteristischen  sekl.  Wassennengen       137 

Darstellung  der  tagl.  sekl.  Wassermengen  und  Wasserstände 189 

Mitteilungen  aber  die  hydrometrischen  Dienste  in  Deutschland 143 

in  Österreich-Ungarn,  in  den  Vereinigten  Staaten  von  N.  A 146 

in  Italien,  in  der  Schweiz,  in  Frankreich 146 

A.  Die  indirekte  Ermittelung  der  sekl.  Wassermengen      149 

1.  Die  Niederschlagshöhen 150 

Jahrliche  Regenhohen,  monatliche  Regenhöhen,   tägliche  Regenhöhen,  Sturzregen  158 

2.  Die  Verlusthöhen  und  ihre  Ursachen       165 

a)  Die  Verdunstung      165 

Jährliche  Verdunstungshöhen,   monatliche  Verdunstungshöhen,   tagliche  Ver- 
dunstungshöhen   167 

b)  Die  Versickerung 178 

c)  Der  Pflanzenwuchs 175 

3.  Die  Abflussmengen  oder  Abflusshöhen  (Ergiebigkeit) 175 

a)  Jahrliche  Abflussmengen  und  jahrliche  Verlusthöhe 175 

b)  Abflussmengen  und  Verlusthöhe  bei  Hochfluten 177 

c)  Monatliche  Abflussmengen  und  Verlusthöhen 178 

d)  Sekl.  Abflussmengen  pro  qkm  Vorflutgebiet  bei  den  einzelnen  charakteristischen 

Wasserständen  in  den  verschiedenen  Flussgebieten 180 

Kuren   der   sekl  Wassermengen   der   Rhone   bei  St  Maurice   und    der 

Durance  bei  Bompas 185 

Gröeste  sekl.  Abflussmenge  pro  qkm 189 

B.  Direkte  Ermittelung  der  sekl.  Wassermengen  durch  Messungen 190 

Wahl  der  Messprofile,  Anbringung  der  Pegel  zur  Beobachtung  der  tagl.  Wasserstande, 

Pegellatten,  selbstschreibende  Pegel 191 

Messung  durch  künstliche  Oberfalle 194 

Gerate  zur  Geschwindigkeitsmessung 196 

a)  Schwhnmermessungen,  b)  Röhrenmessungen,  c)  Flügelmessungen 198 

Darstellung  und  Berechnung  der  mittleren  Vertikal-Geschwiadigkeit 209 

Berechnung  der  mittleren  Profilgeschwindigkeit 209 

Verweadung  der  Messresultate  zur  Feststellung  der  sekl.  Wassermengen  bei  ver- 
schiedenen Wasserstanden 210 

6.  Die  künstlicheRegelung  dersekl  Wassermengen  durch  Seeregulierungen  213 

I.  Vorarbeiten 213 

Wert  der  Gleichmassigkeit  des  Abflussvorganges.    Über  den  regulierenden  Ein- 

Anas  der  Seen.    Feststellung  der  tagl.  Abflüsse  und  Zuflüsse 214 

Untersuchungen  Ober  die  geologische  Beschaffenheit  der  Ufer  etc 218 

Vorteile,  welche  neben  der  Kraftgewinnung  durch  Seekorrektion  erzielt  werden 

können 218 

Die  Feststellung  des  Stauraumes 219 

II.  Die  baulichen  Einrichtungen 221 

IIL  Beispiele 224 

a)  Die  Regulierung  des  Genfer  Sees,  b)  Die  Regulierung  des  Lac  d'Anoecy, 
c)  Die  Regulierung  der  Masurischen  Seen,  d)  Die  Regulierung  der  Seen 
Westpreussens,  e)  Regulierung  des  Lago  Maggiore,  f)  Regulierung  der 
Lac s  de  Jouz  et  de  Brenet,  g)  Regulierung  des  Lac  de  Ghallain, 

h)  Regulierung  des  Lac  Crozet,  i)  Regulierung  des  Lac  de  la  Girotte  224 

7.  Die  Untersuchung  des  Baugrun  des 231 

Literaturangaben  zu  Kap.  I  §  4 231 

§  5.  Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten 234 

1.   Die  Anlagekosten  von  Wasserkraftanlagen 234 

Vorschlage  für  eine  einheitliche  Sammlung  von  Zahlenmaterial  für  die  Kosten  ausgeführter 

Anlagen     .  236 


XII  Inhalts  «Verzeichnis. 

Seite 

Tabelle  der  Anlagekosten  von  17  Wasserkraftanlagen 242 

Kosten  von  Wasserkraftanlagen  nach  0.  v.  Miller 249 

Tabelle  IV,  Kosten  des  wasserbaulichen  Teiles  von  Wasserkraftanlagen  bezogen  a)  anf 
die  grftsste  Leistung  in  PSe,  wofür  die  Wasserfassnng  nnd  Wasseraofflhrung  gebaut 

sind  nnd  b)  auf  die  Leistung  in  PSe,  welche  als  ständig  vorbanden  su  betrachten  ist  250 
Bewertung  von  standigen  nnd  unständigen  Wasserkräften  anf  Grundlage  der  jährlichen 

Betriebskosten 252 

Angaben  Aber  Beschaffungskosten  von  Turbinen 256 

Preisangaben  Aber  die  Kosten  der  elektrischen  Einrichtung  von  Krafthäasern    ....  260 

Überschlägliche  Kosten  von  Fernleitungen  pro  km  Länge 264 

2.  Die  Betriebskosten  von  Wasserkraftanlagen 266 

Begriffsbestimmung  für    indirekte  und  direkte  Betriebskosten 268 

Tabelle  der  Betriebskosten  bei  3000  Betriebsstunden  f&r  Wasserkraftanlagen  von  200, 

600  und  2000  PSe 272 

Tabelle  der  Betriebskosten  desgl.  bei  7200  Betriebsstuuden  jährlich 274 

Tabelle  der  Betriebskosten  bei  8520  Betriebsstunden  jährlich,  wie  oben 275 

3.  Vergleich  von  Wärmekraftanlagen. mit  Wasserkraftanlagen       ....  278 

I.  Die  Hetssdampfmaschinen 279 

A.  Die  Kolbenmascbinen,  B.  Die  Dampfturbinen,  C.  Die  Dampfkessel   ....      279—290 

Anisgekosten  von  Kolbendampfmaschinen 290 

Betriebskosten  von  Anlagen  mit  Kolbendampfmaschinen 295 

II.  Die  Abwärme-Kraftmaschinen 309 

III.  Die  Gasmotoren  und  zwar  die  Leuchtgas-,  Kraftgas-  und  Gichtgasmotoren    .    .      310—315 

Die  Benzin-  und  Dieselmotoren 815—317 

4.  Betriebskosten  von  Wasserkraftanlagen  mit  Reserve  in  Wärmekraft- 
maschinen mit  3  Tabellen 318—322 

5.  Die  Feststellung  des  Kraftbedarfs  und  die  Rentabilitätsberechnung    .      323 

a)  Die  Feststellung  des  Kraftbedarfs 323 

b)  Die  Rentabilitätsberechnung 336 

Literaturangaben  zu  Kap.  I  §  5 339 


Kapitel  IL 

Beispiele. 

Vorwort 341 

§    1.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  am  Tessin  bei  Vizzola  der  Societa  Lombards 

per  Distribnzione  di  Energia  Elettrica  in  Mailand  (Tafel  I— III) 341 

§    2.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  am  Naviglio  Grarde  bei  Turbigo  der  Societa 

Lombarda  per  Distribnzione  di  Energia  Elettrica  in  Mailand  (Tafel  IV— VII)  .  .  854 
§    8.  Das   Wasserkraft-Elektrizitätswerk   am   Brembo    der   Societa   Bergamasca    per 

Distribnzione  di  Energia  Elettrica  (Tafel  VIII  u.  IX) 360 

§    4.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Funghera  an  der  Stnra  in  der  Valle  di  Lanzo, 

Piemont,  der  Societa  Anonima  Elettricita,  Alta  Italia  (Tafel  X) 367 

§    5.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  an  der  Stnra  di  Ala  bei  Ceres,  Piemont,  Italien 

(Tafel  XI) 369 

§    6.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  an  der  Cenischia  bei  Novalesa,  Piemont,  Italien 

(Tafel  XII) 372 

§    7.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  an  der  Dora  Baltea  im  Aosta-Tale  der  Societa 

Industriale  Elettrochimica  di  Pont  Saint-Martin  (Tafel  XIII— XV) 378 

§    8.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  an  der  Adda  bei  Morbegno  der  Societa  per  la 

Trazione  Elettrica  snlle  Ferrovie  (Tafel  XVI  u.  XVII) 385 

§    9.  Das  Wasserkraft- Elektrizitätswerk  am  Doubs  der  Societe  des  Forces  Electriques 

de  la  Gonle  (Schweiz)  (Tafel  XVIII) 396 

§10.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  an  der  Orbe  in  Les  Ctees  bei  Tverdon  (Schweiz) 

(Tafel  XIX) 402 


Inhalts -Verzeichnis.  XIII 

Seit« 

§  1 1.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Kabel  bei  St.  Gallen  (Tafel  XX  u.  XXI)  ...  407 
§  12.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Wangen  a,  d.  Aare  (Tafel  XXII  u.  XXIII)  .  .  420 
§  13.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Beznau  a.  d.  Aare  (Tafel  XXIV  u.  XXV)  ...      438 

§  14.  Das  Kanderwerk  bei  Spie«  am  Thaner-See  (Tafel  XXV  n.  XXVI) 436 

§15.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  der  Stadt  Genf  bei  Chevres  an   der  Rhone 

(Tafel  XXVII  u.  XXVIII) 442 

§  16.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  an  der  Rhone  bei  St.  Maarice  der  Stadtgemeinde 

Lausanne  (Tafel  XXVIII  u.'  XXIX) 458 

§17.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  in  La  Dernier  bei  Vallorbe  der  Compagnie 

Vandoise  des  Laes  de  Joux  et  de  1  Orbe  (Schweiz)  (Tafel  XXX  u.  XXXI) 460 

§18.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  am  Lac  Tanay  bei  Vouvry 468 

§19.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  am  Aarekanal  bei  Hagneck  (Tafel  XXXII  und 

XXXIII) 473 

§  80.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  der  Aktieselskabet  Hafsland  am  Glommen  in 

Norwegen  (Tafel  XXXIH) 480 

§  21.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  bei  Kykkelsrod   am  Glommen    in  Norwegen 

(Tafel  XXXIV) 486 

§  22.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  bei  Jajce  der  Bosnischen  Elektrizitäts-Aktien- 
gesellschaft (Tafel  XXXV  u.  XXXVI) 491 

§  23.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  am  Drac  bei  Avignonnet  der  Societe*  Greno- 

bloise  de  Force  et  Lnmiere  (Tafel  XXXVII) 497 

§  24.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  an  der  Rhone  bei  Lyon  der  Societe  Lyonnaise 

des  Forces  Motrices  da  Rhone  (Tafel  XXXVIII-XLI) 507 

§  25.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  an  der  Romanche  bei  Livet  (Isere)  Frankreich 

(Tafel  XLI) 528 

§  26.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  am  Drac  bei  Champ  (Isere)  der  Societe  Hydro- 

electrique  de  Eure  et  Morge  (Tafel  XLII  u.  XLIII) 531 

§  27.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  der  Ontario  Power  Company  of  Niagara  Falls 

(Tafel  XLIV) , 542 

§  28.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  der  Niagara  Falls  Power  Co 545 

§  29.  Das   Wasserkraft-Elektrizitätswerk    der   Niagara  Falls    Hydraalic   Power    and 

Maanfactaring  Company  (Tafel  XLIV,  Fig.  7-9)  548 

§  30.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  in  Saalt  St.  Marie  (Michigan)  der  Michigan 

Lake  Saperior  Power  Co 551 

§31.  Das  Lech-EIektrizitätswerk  Gersthofen  bei  Augsburg  der  E.  A.  G.  vorm.  W.  Lah- 

meyer  &  Co.  in  Frankfurt  a.  M.  (Tafel  XLV)       555 

§  32.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  am  Neckar  bei  Marbach  für  die  Stadt  Stattgart 

(Tafel  XLVI) ". 570 

§  33.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Rheinfelden  am  Rhein  der  Kraftübertragungs- 
werke Rheinfelden  A.  G.  (Tafel  XLVII) 577 

§  34.  Die  Urft-Talsperre  bei  Gemflnd  in  der  Eifel  (Tafel  XLVIII  u.  XL1X) 585 

§  36.  Die  Talsperre  am  Queis  bei  Marklissa  (Erbaut  von  der  preussischen  Provinz  Schlesien) 

•Tafel  L) 594 

Literaturangaben   zu  Kap.  II  in  Form   einer  tabellarischen  Zusammenstellung 

von  55  weiteren  neuen  Wasserkraftanlagen 601—611 

Kapitel  III. 

Einzelheiten 

über  Entwarf  and  Ausführung  der  verschiedenen  Bauteile,  übe-*  Tarife  and  den  Betrieb 

von  Wasserkraftanlagen. 

§     1.  Stauwerke 612 

A.  Wehre  (Tafel  LI) 612 

1.  Die  Wirkungen  der  Wehre 612 

2.  Die  verschiedenen  Arten  der  Wehre 614 

8.   Die  Wahl  der  Stelle  für  das  Wehr  und  die  Anordnung  desselben  zur 

Stromrichtung 614 


XIV  Ihhaltb-Verzeichfis. 

Mte 

4.  Dia  Stauhöhe 618 

5.  Die  Berechnung  der  8tauhöhen  und  Wehrlängen,  der  Durchfluss- 
profile und  der  Stauweiten 621 

A.  Die  Berechnung  der  Stauhöhen  und  Wehrnngen 621 

Zahlen  werte  für  die  ErfahrnngsgrOesen  p  &  und  /t, 624 

Grössere  Versuche  ans  dem  Jahre  1885  zur  FeatateDnng  derartiger  Zahlenwerte 

an  einem  Wehre  im  Teaain  und  einem  Measwehr  des  Villoresikanala 

(Italien) 625 

B.  Die  Berechnung  der  DorchflnaspronJe  bei  Sehützenwehren 629 

C.  Die  Berechnung  der  Stauweite 630 

Ungleichförmige  Bewegung  des  Wassers             631 

Ermittelung  der  Staaweite  ans  der  Stauhöhe 638 

Ermittelung  der  Stauhone  ans  der  gegebenen  Stauweite 634 

Tabelle  I  zur  Berechnung  0er  Stsukarven       636 

6.  Die  festen  Wehre 638 

A.  Die  Wehre  aus  Stein  und  Beton 638 

Wahl  des  Querprafils  eines  festen  Wehres 638 

Lage  des  Wehres  im  Flusse       688 

Gestaltung  des  Abfallbodens 639 

Beispiele  für  die  Nachteile  geneigter,  glatter  Abfallboden 640 

Form  des  Abfallrftckens 643 

Wehre  mit  Wehrkörpern  in  Beton  oder  Siein,  aber  mit  AbfaUbödea  in  Holzkon- 

struktion 645 

B.  Feste  hölzerne  Wehre 645 

7.  Bewegliche  Wehre 648 

a)  Hölzerne  Schotsenwehre 649 

b)  Schtttzenwehre  in  Stein  und  Eisen 650 

c)  BoUadenwehre 651 

d)  Nadel  wehre 651 

e)  Klappen-  und  Trommerwehre 653 

f)  Walzenwehre  (siehe  Berichtigungen  und  Ergänzungen). 

&  Grundablisse  oder  Kieafreiliufe 655 

9.  Flossgassen  und  Eisschfitzen 657 

10.  Fischpisse 659 

11.  Die  statische  Berechnnag  der  Wehre 660 

a)  Die  Berechnung  eines  Griesstinders 660 

b)  Die  Berechnung  eines  Wehrpfeilers 661 

c)  Die  Berechnung  des  Wehrkörpers  eines  massiven  Wehres 665 

d)  Die  Berechnung  eines  Nadelwehres 665 

e)  Die  Berechnung  Ton  einseitig  dem  Wasserdruck  ausgesetzten  Mauern     ....  665 

f)  Die  Berechnung  von  Ufer-  und  Stützmauern  mit  einseitigem  Erddruck     ....  668 
Tabelle  II,  Abmessungen  und  Beanspruchungen  von  Stütz*  und  Kaimauern  mit 

trapezförmigen  Querschnitten *    .  671 

12.  Die  Ausführung  der  Wehre 671 

Die  Fnndierung  der  Wehre 671 

Der  Baugrund 672 

Tabelle  III,  Werte  für  die  zulässige  Belastung  bei  Yerschiedenen  Bodenarten  .    .    .  673 

Hölzerne  und  eiserne  Spundwände 674 

Das  Eintreiben  der  Pfähle 675 

Die  Wasserhaltung 677 

Der  Beton 678 

Die  DracUuftgrundungen 681 

Kosten  der  Dracklaftgrttndnngen 686 

Literaturangabe  zu  Kap.  DI  §  1,  Stauwerke,  A.  Wehre 687 

B.  Die  Talsperren  (Tafel  LH) 693 

a)  Einige  Angaben  zur  Geschichte  des  Talsperrenbaues 693 


Inhalts  -Verzeichnis.  XV 

Seite 

Indische,  spanische,  algerische  Talsperren,  Englische  Talsperren  in  Ägypten     .    .    .  694 

Die  Talsperre  der  Gfleppe  bei  Verviers  (Belgien) 698 

b)  Die  verschiedenen  Verwendungszwecke  des  aufgespeicherten 
Wassers 698 

c)  Die  Auswahl  des  Tales  für  eine  Sperre 702 

d)  Die  Wahl  der  Stelle  für  das  Stauwerk  und  Auswahl  der  Bauweise  708 

1.  Geschüttete  Dämme 704 

Französische  Bauart  der  Dämme 704 

Staudämme  mit  Dichtungskern 707 

2.  Sperrmauern  aus  Stein  oder  Beton,  oder  Stein  und  Eisen 707 

Tabelle  XI,  Angaben  über  Krümmungshalbmesser  bei  18  Sperren 709 

e)  Einige  besondere  Ausführungsarten  von  Talsperren 709 

Sperre  von  Otay  (Kalifornien) 709 

Staudamm  am  East-Canyon- Cr eek  (Kalifornien) ,  709 

Staudamm  am  Bowman  (Kalifornien) 709 

Talsperre  in  Eisen  bei  South fork  (Kalifornien)         710 

Sperre  des  Sees  Orldon  (französische  Pyrenäen) 711 

Der  Sweetwaterdam  (Kalifornien)  711 

Der  Bearvaileydam 712 

f)  Die  Feststellung  des  Fassungsvermögens  eines  Tales.  Bestimmung 
der  für  einen  verfolgten  Zweck  erforderlichen  Grösse  des  Stau- 
raumes, sowie  die  Verteilung  der  Kosten 712 

Tabelle  XH,  Angaben  über  das  Verhältnis  von  Stauinhalt  zur  mittleren  Zuflussmenge, 

sowie  über  die  Anlagekosten  von  17  Intzeschen  Talsperren 716 

g)  Die  Ausführung  von  Sperrmauern 718 

Gewinnung  des  Steinmaterials 719 

Transport  des  Materials  zur  Baustelle 720 

Hilfestauwerke 720 

Ableitung  des  Wassers 721 

Abmessung  der  Baugrube 721 

Herstellung  der  Betonsohle 722 

Abdichtung  der  Mauer 728 

Mörtelmjaehungen 725 

h)  Die  Entwässerung  des  Mauerinnern 727 

i)  Die  Beobachtung  der  Bewegungen  der  Mauer 727 

k)  Die  Überläufe  und  die  Vorrichtungen  für  die  Wasserentnahme      .    .  728 

1)  Die  Ablagerungen  innerhalb. des  Staubeckens  und  ihre  Beseitigung  729 

m)   Einige  weitere  Beispiele  ausgeführter  Talsperren 780 

Die  Ennepe •Sperrmauer       780 

Die  Staumauer  des  Furens        731 

Die  Staumauer  des  Mouche 732 

Die  Talsperre  im  Sioulef lasse,  Departement  Puy.  de  Dome  zu  Queille.  bei 

Clairemont " '  784 

Die  Talsperre  in  Vyrnwy  (England)  für  die  Wasserversorgung  von  Liverpool  784 

Die  Staubecken  im  Crotongebiet  zur  Wasserversorgung  von  New  York       .    .  786 

n)  Zerstörte  Talsperren 739 

Die  alte  Puentes  Speire  (Maicia,  Südspanien) 789 

Die  Habrasperre  in  Algier       789 

Die  Sperrmauer  von  Bouzey 740 

o)  Die  statische  Berechnung  der  Talsperren                       741 

Vorschriften  zur  Berechnung  der  Talsperren  in  Frankreich 742 

Anleitung  für  Bau  und  Betrieb  von  Sammelbecken  in  Preussen,  Ministerialerlass 
vom  24.  Mai  1907  (siehe  Berichtigungen  und  Ergänzungen). 

Literaturangaben  zu  §  1  B,  Talsperren 745 

C.  Stauweiber  nnd  Druckbecken 746 

a)   Stauweiher 746 

Grunde  für  die  Anlegung  von  Stauweihern 747 


\ 


XVI  Inhalts  -Verzeichnis. 

Seite 

Die  beste  Lage  eine«  Stauweihers 747 

Wasserverluste  durch  Verdunstung,  Eisbildung  etc 750 

Vorteile  und  Nachteile  der  geschlossenen  Stauweiher  gegenüber  den  offenen     .    .    .  751 

Rentabilität  einer  Stauweiheranlage 752 

b)   Druckbecken 754 

Druckbecken  des  Elektrizitätswerkes  Olten-Aarburg 754 

Druckbecken  beim  Kraftwerk  des  Kantone  8chaffh.au sen  a.  Rh. 756 

Projektierte  Ausnutzung  zweier  benachbarter,  in  ungleicher  Höhe  liegender  Seen  als 
Druckbecken  durch  die  Societä  Lomba-rda  per  distribuzione  di  energia 

elettrica  in  Mailand 756 

2.     Die  Werkkanäle  (Taf.  LIII) 759 

a)  Allgemeines 759 

Vorarbeiten  zum  Projekt  eines  Werkkanals 761 

Preise  für  Bodengewinnang  und  Beförderung  des  Bodens 768 

Tab.  HI,  IV  und  V,  Preise  für  verschiedene  Bauteile 770 

b)  Die  Wahl  des  Gefälles  und  des  Kanalprofils 772 

Die  Wasserbewegung  in  offenen  Kanälen 772 

Tab.  VIII,  Zusammenstellung  der  bei  15  ausgeführten  Werkkanälen  gewählten  Werte 

für  die  Geschwindigkeit 779 

Tab.  IX,  Qrösste  zulässige  Geschwindigkeiten  an  der  Sohle  für  verschiedene  Arten  des 

benetzten  Umfanges 782 

Aufsuchung  des  vorteilhaftesten  Profils  mit  Bezug  auf  die  Wasserbewegung  und  die  An- 
lagekosten (vergl.  hierzu  Nachtrag  zu  §  2)      782 

Geschiebefahrung  in  Werkkanälen 789 

Praktische  Hinweise  für  die  Wahl  der  Kanalprofile      790 

Untersuchung  des  Terrains  in  bezug  auf  Rutschungen 793 

Rutschungen  bei  der  Anlage  Wangen 798 

Verpackungen  beim  Werkkanal  der  Usine  de  la  Pombliere  (Savoien) 795 

Kanalbrücken  und  Dakeranlagen. 795 

Tunnelprofile 798 

c)  Der  Einlauf  und  die  Regulierungswerke 798 

Offene  Einlaufe 799 

Geschlossene  Einlaufe                       800 

Verschluss  der  Öffnungen  des  Regulierungswerkes 802 

Tab.  X,  Abmessungen  von  Einflussöffhungen  an  ausgeführten  Regulierungswerken    .    .  808 

Standsicherheit  eines  Regulierungswerkes                       805 

Fundierung  des  Regulierungswerkes  806 

Anschluss  an  das  Ufer , 806 

Sohlenbefestigung  hinter  dem  Regulierungswerk 807 

d)  Die  Oberläufe  und  die  Ablaufkanäle 808 

Lage  des  Überlaufe 808 

Berechnung  der  fiberfliessenden  Wassermenge 809 

Tab.  XII,  Übersicht  über  die  Höhe  des  Wasserstrahls  bei  Beginn  und  bei  voller  Aus- 
bildung der  Einschnürung  nach  Cesare  Gipolletti 811 

Die  bauliche  Einrichtung  der  Überläufe  und  Ablaufkanäle 814 

Röhrenförmige  Ablaufkanäle 817 

Berechnung  der  Ablaufkanäle 818 

e)  Die  Ablagerungsbecken 818 

Grunde  für  Anlegung  eines  Ablagerungsbeckens 818 

Entwicklung  von  Leitsätzen  für  die  Wahl  der  Abmessungen  und  die  bauliche  Einrich- 
tung von  Ablagerungsbecken 821 

Anwendung  der  entwickelten  Leitsätze  auf  ausgeführte  Beispiele  und  zwar  auf  die  An- 
lagen St  Maurice-Lausanne,  Pont  St  Martin,  La  Pombliere  (Savoie) 

bei  Moutiers,  Wangen      824 

f)  Die  Druckkammern,  die  Turbinenkammern  und  die  Rechen 827 

Die  Druckkammern 827 


Inhalts-Verzeichnis.  XVII 

StiU 

Ausmündung  der  Druckleitungen 829 

Schützen-  und  Schieberanlagen  zum  Abschluss  der  Druckkammern 829 

Filteranlagen  für  das  zur  Turbinenregulierung  erforderliche  Druck w asser  in  Verbindung 

mit  Dru  kkammern 830 

Druckkammer  der  Usine  de  Ja  Pombliere  bei  Moutiers 880 

Lage  und  bauliche  Einrichtung  der  Turbinenkammern 881 

Anlegung  des  Rechens 882 

Abhaltung  des  Eises 888 

Das  Grundeis 884 

Vorrichtung  zum  Freihalten  des  Rechens  von  Grundeis  bei  der  Anlage  Hafslund  .    .  888 

Vorschläge  zur  Einführung  liegender  Rechen  anstatt  stehender  mit  Beispielen  ....  841 

g)  Die  Ausführung  der  Werkkanäle 848 

S  3.     Schätzen  (Taf.  L1V  bis  LVII) 847 

1.  Verschlüsse,  welche  in  ebenen  Flächen  auf  und  ab  bewegt  werden    .    .  848 

a)  Hölzerne  Schützen 848 

Tafel  der  Reibungszahlen  der  gleitenden  Reibung 850 

Hölzerne  Schützen  mit  Rollen 851 

b)  Eiserne  Schützen 852 

Grundrissform  der  Schützen 858 

Eiserne  Schützen  mit  Rollen 857 

Die  Stoneysche  Walzenführung 857 

c)  Die  statische  Berechnung  der  Schützentafeln 858 

d)  Die  Aufzugsvorrichtungen  und  einige  Angaben  zu  ihrer  Berechnung  859 

Die  Auf zugsvorrichtungen 860 

Berechnung  der  Kraft  und  der  Zeit,  welche  zur  Hebung  einer  Schütze  nötig  ist  .    .  864 

2.  Glockenschützen  (Zylindercchützen) 867 

3.  Drehschützen 869 

Drehtore  mit  lotrechten  und  wagerechten  Drehachsen  .         869 

4.  Selbsttätig  wirkende  Schützen 871 

Nachtrag  so  §  2,  Werkkanäle. 

Ableitung  von  Formeln  für  die  Ermittelung  des  wirtschaftlich  günstig- 
sten Querschnittes  von  Werkkanälen  und  für  das  wirtschaftlich  gün- 
stigste Gefälle  unter  Berücksichtigung  des  Nutzwertes  der  durch  das 
Gefälle  verloren  gehenden  Kraft  und  der  in  Prozenten  der  Anlage- 
kosten auszudrückenden  Betriebskosten 872 

§  4.    Druckrohre  ^Taf.  LV1H  bis  LX) 876 

1.  Die  Bestimmung  des  lichten  Durchmessers 877 

Tabelle  I  über  sekundliche  Geschwindigkeiten  in  ausgeführten  Druckrohren 878 

Tabelle  der  sekl.  Wassermengen  Q,  welche  bei  einem  bestimmten  Durchmesser  und  eiuer 

bestimmten  Geschwindigkeit  durch  eine  Leitung  fliessen 881 

Ableitung  von  Formeln  zur  Berechnung  des  wirtschaftlich  günstigsten  Durch- 
messers unter  Berücksichtigung  des  Nutzwertes  der  durch  die  Druck  Verluste  ver- 
loren gehenden  Kraft  und  der  in  Vonhundert  der  Anlagekosten  auszudrückenden  Be- 
triebskosten     882 

Die  Druckverluste  in  einer  Druckleitung 886 

a)  Der  Verlust  an  der  Ausmündungsstelle 886 

b)  Der  Verlust  auf  einer  geraden  Strecke 886 

c)  Berechnung  der  Verluste  bei  Richtungsänderungen 887 

d)  Druckverlust  an  einem  Schieber  und  einer  Drosselklappe 887 

e)  Druckverluste  an  Stellen,  wo  Querschnittsveränderungen  stattfinden 888 

}  2.   Die     Festigkeit    zylindrischer    Rohre     und    die    Vorrichtungen    zum 

,  Schutze  der  Druckrohre  gegen  Wasserschläge. 

a)  Gleichmässig   verteilter,    der   Höhe    der   ruhenden   Wassersäule   entsprechender 

Innendruck  >  der  gleichmässig  verteilte  äussere  Druck 889 

•                                          b)  Ungleichmässig  verteilter  Innendruck 890 

I  Handbuch  dar  Ing.-WUatnwjh.    Ol.  TelL    13.  Bd.  II 


XVIII  Inhalts  -Verzeichnis. 

S*ite 

a)  Für  ein  volles  Rohr  mit  druckfreiem  Scheitel  und  einer  Auflagerung  nur  an  der 

tiefsten  Stelle 891 

ß)  Für  ein  volles  Rohr  mit  druckfreiem  Scheitel  und  einer  Auflagerung  in  ganzer 

Breite 891 

y)  Für  ein  volles  Rohr  mit  druckfreiem  Scheitel  und  einer  Auflagerung  in  be- 
liebiger Breite       892 

c)  Die  gleichmässig  verteilten  äusseren  Drücke  >  als  die  gleichmassig  verteilten 
Innendrücke 893 

d)  Die  Beanspruchung  der  leeren  Leitung  durch  eine  Einzellast 894 

e)  Beanspruchung  zylindrischer  Rohre  durch  Erddruck 895 

f)  Die  Beanspruchung  durch  Wasserschläge  und  die  Vorrichtungen  zum  Schutze  der 
Druckrohre  gegen  solche 897 

Feststellung  der  Druckerhöhungen  bei  verschiedenen  Schlusszeiton 901 

Tabelle  III,  Übersicht  über  die  Wandstärken  und  die  Art  der  Verlegung  von  Druckrohr- 
leitungen, die  Entfernung  der  Stützpfeiler  bei  offener  Verlegung  und  die  Art  der 
Sicherheitsvorrichtungen  gegen  Wasserschläge  bei  21  Anlagen 902,  908 

Von  den  Mitteln,  um  die  Wasserschläge  unschädlich  zu  machen,  wie  Windkessel,  Stand- 
rohre, Sicherheitsventile  etc 907 

Rücksichten  auf  die  Erleichterung  des  Transportes  bei  der  Wahl  des  Durchmessers  einer 

Druckleitung 912 

8.  Die  verschiedenen  Materialien  für  Druckleitungen. 

A.  Eiserne  Rohre 913 

Gusseiserne  Rohre  und  ihre  Verbindungen 918 

Tabelle  IV.  Die  Hauptabmessungen  gusseiserner  Muffenrohre  nach  den  Festsetzungen 

des  Vereins  deutscher  Ingenieure  und  des  Vereins  der  Gas-  und  Wasserfachmäner 

Deutschlands 914 

Tabelle  V.  Die  Hauptabmessungen  gusseiserner  Flanschenrohre  nach  den  Verein- 
barungen des  Vereins  deutscher  Ingenieure  und  des  Vereins  der  Gas-  und  Wasser- 
fachmänner Deutschlands 916 

Rohre  aus  Schweisseisen,  Flusseisen,  Siemens-Martin-Stahl 918 

B.  Druckrohre  aus  armiertem  Beton 920 

G.  Sonstiges  Material  für  Druckleitungen  921 

Druckrohre  aus  Holz 921 

In  den  Felsen  eingesprengte  Tunnel  als  Druckleitungen 922 

4.  Die  Verlegung  eiserner  Drnckrohre 922 

Offene  Verlegung 922 

Eisbildung  im  Druckrohr 923 

Fundierung  der  offenen  Druckleitungen 924 

Bedeckte  Verlegung 927 

Verlegungsart,  welche  die  Vorteile  der  offenen  und  bedeckten  vereinigt 927 

Transport  der  Druckrohre  an  die  Baustelle 928 

Dükeranlagen  und  Beispiele  ihrer  Ausführung 929 

5.  Die  Vorrichtungen  zum  Ausgleich  der  Längenänderungen  und  die  Ver- 
ankerungen an  den  Knickpunkten 930 

Dilatationsvorrichtungen , 930 

Entwickelang   von  Formeln   für   die  Berechnung  der  erforderlichen  Verankerung  an 

schärferen  Kniokpunkten 981 

6.  Die  Vorrichtungen  zum  Abschluss,   zur  Entleerung,   Entlüftung  und 

zur  Unterhaltung  der  Druckleitungen 942 

7.  Die  Einmündung  der  Druckrohre  in  die  Turbinen 943 

Literaturangaben  zu  Kap.  III.  §  4 945 

|  5.    Die  Turbinen  (Taf.  LXI  bis  LXXVI)  (bearbeitet  von  Ingenieur  N.  Baashuus)   ....  947 

1.  Einleitung 947 

2.  Turbinensysteme  und  Turbinencharakteristik 949 

8.  Erster  Entwurf  von  Turbinenanlagen 952 

Bestimmung  der  Hauptabmessungen  der  Turbinen 954 


Inhalts-Verzeichnis  XIX 

Salt» 

Bestimmung  der  Gewichte 956 

4.  Verwendung  der  Turbinen  bei  verschiedenen  Gefällen 958 

5.  Saugrohrwirkung  und  zulässige  Saughohe 959 

6.  Die  Francisturbinen       961 

Die  verschiedenen  Regulierungssysteme 962 

a)  Francisturbinen  im  offenen  Schacht 964 

VerUkalturbinen 964 

Horisontalturbinen 966 

b)  Francisturbinen  in  geschlossenem  Gehäuse 967 

Yertikalturbinen ,    .    .  968 

Horisontalturbinen 969 

7.  Die  Peltonturbinen 970 

8.  Radiale  Girard-  oder  Schwamkrugturbinen 972 

9.  Andere  Turbinensysteme 974 

Die  Henschel-Jonvalturbine 974 

Axiale  Girardturbine 974 

Grensturbinen 975 

Konusturbinen 975 

10.  Lagerung  und  Kuppelung  von  Turbinenwellen 976 

11.  Turbinenbremsung  und  Wassermessung 977 

12.  Geschwindigkeitsregulatoren  und  Nebenauslässe 979 

Literaturangaben  zu  Kap.  III,  §  5 982 

|  6.    Krafthäuser. 

A.  Der  bauliche  Teil  (Taf.  LXXYII) 988 

1.  Allgemeines. 

a)  Wahl  der  Stelle  für  das  Krafthaus 988 

Beispiele  von  Krafthäusern,  welche  unmittelbar  am  Fusse  der  Sperrmauer  oder  in 

Verbindung  mit  dieser  errichtet  wurden 986 

Beispiel  für  die  Lage  des  Krafthauses  in  der  Staumauer  selbst  (Wasserkraftanlage 

am  Patapsco-Fluss  bei  Ilchester) 987 

Grunde  gegen  den  Einbau  des  Krafthauses  direkt  in  die  Wehrpfeiler       ....  988 
Über  die  Versuche  bei  den  Kraftanlagen  Chevres  a,  d.  Rhone  und  Vessy 
a.  d.  Arve  betreffend  die  Benutzung  der  Ejektorwirkung  des  durch  die  Schützen 

bei  H.W.  fliessenden  Freiwassers  zur  Erholung  des  Nutzgefälles 989 

Rücksichtnahme  auf  die  Erweiterungsfähigkeit  der  Kraftanlage 991 

b)  Die  Höhe  des  Maschinenflurs 991 

c)  Die  Lichtgebung  durch  Tageslicht 992 

d)  Wände  und  Fussboden 998 

e)  Der  Laufkran  und  die  Hohe  des  Maschinensaals         998 

f)  Heizung 998 

g)  Lüftung 995 

Vorschläge  für  die  Durchführung  einer  ausreichenden  Lüftung  an  zwei  Beispielen 

und  zwar  an    dem    Krafthause  der  Vizzola-  Anlage  und    der  Mexican 

Light  and  Power  Company  Ltd.  a.  d.  Necaxafällen  bei  Mexiko  .  999 
Übersicht  über  die  verwendeten  Maschinenspannungen  nnd  über  die  Spannungen 

in  den  Fernleitungen  bei  82  von  den  im  Kap.  11  beschriebenen  Anlagen    .    .  1003 

2.  Krafthäuser  mit  liegenden  Schachtturbinen 1602 

Zwei  Beispiele  für  eine  anderweitige  Losung  der  Grundrissanordnung  beim  Lech- 

werk  Gersthofen  (Taf.  LXXVII,  Fig.  1-8) 1007 

Tabelle  III.    Übersicht  über  die   Bodenflächen   des   Maschinensaals  bei  liegenden 

Schachtturbinen 1009 

Die  Wasserkraftanlage  der  Manchester  Traction  Light  and  Power  Co.  .    .  1010 

Die  Wasserkraftanlage  der  Atlanta  Water  and  Electric  Power  Co.     .    .    .  1011 

8.  Krafthäuser  mit  stehenden  Schachtturbinen 1011 

Tabelle  IV.     Übersicht   über   die  Bodenfläche  des   Maschinensaals  bei   stehenden 

Turbinen 1012 


II 


* 


XX  Inhalts-Verzeichnis. 

Seite. 

4.  Krafthftu8er  mit  stehenden  Gehftuseturbinen 1014 

5.  Krafth&user  mit  liegenden  Gehäuseturbinen 1015 

Tabelle  V.    Übersicht  aber  die  Bodenflftche  bei  liegenden  Gehäuseturbinen  ....    1016 
Vergleich    der   zweireihigen    Aufstellung   der   Turbinen    mit   der   einreihigen    Auf- 
stellung     1015  u.  1018 

6.  Die  Kabelkanäle 1019 

Tabelle  VI.    Übersicht  über  die  Abmessungen  von  Kabelkanälen 1020 

7.  Die  Schalträume     .    .         1019 

Tabelle  VIT.    Übersicht   Ober  die  Grösse  der  Bodenfläche  für  die  Schaltanlage  bei 

16  Anlagen 1022 

8.  Die  Transformatorenräume 102? 

9.  Die  Nebenräume 1028 

10.  Die  Bedachung  des  Krafthauses 1029 

B.  Die  elektrische  Einrichtung  der  Krafthäoser  (Taf.  LXXVIII  bis  LXXX)  (bearbeitet 

von  Oberingenieur  J.  Lauf  er) 1029 

1.  Die  Generatoren .    1080 

a)  Gleichstrommaschinen 1030 

b)  Wechselstrommaschinen 1086 

Die  in  der  Praxis  für  50  periodige  Maschinen  üblichen  Tourenzahlen       ....  1086 

c)  Regulierung  und  Parallelschaltung 1041 

2.  Erregeranlagen 1043 

8.  Verbindungsleitungen  1044 

4.  Transformatoren 1044 

5.  Schaltanlagen 1047 

Angaben  Aber  die  Abmessungen  der  Schalträume  und  der  Transformatorenräume  1055 

6.  Blitz-  und  Überspannungsschutz 1060 

7.  Beleuchtung  des  Krafthauses  und  sonstige  Nebeneinrichtungen  1068 

8.  Wahl  des  Systems,  Hauptgesichtspunkte 1064 

a)  Gleichstrom .    ..  1066 

b)  Wechselstromsysteme.    Das  Einphasensystem,  das  Zweiphasensystem,  das  Dreh- 
stromsystem        1068 

c)  Wahl  der  Spannung  (Allgeroeines,  vergl.  auch  S.  1093)      1069 

9.  Leitungsberechnung  (vergl.  auch  S.  1096) 1070 

a)  Spannungsabfall 1070 

Gleichstrom       1070 

Einphasen-Wechselstrom 1071 

Drehstrom 1074 

b)  Energieverlust 1075 

c)  Feuersicherheit 1076 

Beispiele 1076 

10.  Zusammenfassung  der  Bezeichnungen  und  Formeln 1077 

11.  Preis-  und  Gewichtsangaben 1079 

Tabelle  III.    Preise   von   Drehstromgeneratoren  bezw.   Drehstrom-Synchronmotoren 

für  eine  Frequenz  von  50  Perioden  pro  Sekunde  (vergl.  die  Angaben  S.  260  u. 

261) 1079 

Tabelle  IV.    Höchste  Spannung,  für  welche  die  verschiedenen  normalen  Modelle  ge- 
baut werden  können 1079 

Tabelle  V.    Nettogewichte  der  Drehstromgeneratoren  bezw.  Synchronmotoren,  deren 

Preise  in  Tabelle  III  enthalten  sind 1080 

Tabelle  VI.    Preis-  und  Gewichtsangaben  für  Gleichstromdynamos  und  Motoren  .    .    1080 

Tabelle  VII.    Preise 'von  Drehstromtransformatoren  mit  Ölisolation 1081 

Tabelle  VIII.    Nettogewichte  der  Transformatoren,  deren  Preise  aus  Tabelle  VII  zu 
ersehen  sind 1081 

Literaturangaben  zu  Kap.  III,  §  6B 1081 

§  7.    Fernleitungen  (Tafel  LXXXI  bis  LXXXIV) 1082 


Inhalts  Verzeichnis.  XXI 

Seite 

1.  Die  Entfernung,  bis  zu  weicher  man  noch  elektrische  Energie  mit 
wirtschaftlichem  Erfolge  übertragen  kann,  mit  Hinweisen  auf  Ent- 
fernungen und  Spannungen  bei  ausgeführten  Anlagen 1082 

Tabelle  I.    Anlagen  mit  ungewöhnlich  hoher  Spannung  und  grosser  Länge  der  Fern- 
leitung   1085 

Tabelle  IL    Übersicht  über  die  angewendeten  Spannungen  und  die  vorhandenen  Längen 

bei  17  im  Kap.  II  beschriebenen  Anlagen ,    .    .    .    .  1087 

2.  Die  Wahl  der  Linie  für  die  Fernleitung 1086 

Kreuzung  von  Telephon-  und  Telegraphenleitungen 1090 

8   Das  Leitungsmaterial 1091 

Kupferleitungen 1091 

Aluminiumleitungen 1091 

Zahlentafel  über  das  spezifische  Gewicht,  den  spezifischen  Widerstand  und  die  Leit- 
fähigkeit verschiedener  Materialien 1093 

4.  Die  wirtschaftlich  günstigste  8pannung  für  die  Fernleitung.    .    .    .  1098 

5.  Der  wirtschaftlich  günstigste  Drahtquerschnitt,  abgeleitet  ans 
dem  wirtschaftlich  günstigsten  Wirkungsgrad  der  Fernleitung, 
unter  Berücksichtigung  des  Nutzwertes  der  in  der  Fernleitung  ver- 
loren gehenden  Energie  und  der  Betriebskosten 1096 

Ableitung  von  Formeln 1097 

Durchrechnung  eines  Beispiels 1100 

6.  Das  Gestänge   .    , 1102 

a)  Die  Holsmasten 1102 

Lebensdauer 1103 

Die  verschiedenen  Imprägnierungsverfahren 1104 

Doppelgestänge 1106 

Holzmasten  mit  Füssen  aus  Eisen  oder  Beton  und  Eisen 1110 

b)  Eiserne  Leitungsmasten Uli 

c)  Masten  in  armiertem  Beton             1116 

7.  Überführung  von  Hochspannungsleitungen  mit  grosseren  Spann- 
weiten über  Schluchten,  Eisenbahnen,  Flüsse  usw 1119 

Die  Überführung  der  Fernleitung  der  Anlage  Tof vehult- Weste rvik  über  einen 

Fjord 1119 

Die  Überführung  der  Fernleitung  der  Bay  Counties  Power  Company  über  die 

Qu  arquinez- Meerenge 1122 

8.  Die  Isolatoren  und  ihre  Stützen 1124 

a)  Die  Isolatoren 1124 

b)  Die  Isolatorenstützen 1128 

9.  Die  Verteilung  der  Drähte  für  die  Kraftübertragung  und  den  Dienst- 
fernsprecher auf  demGestänge,  sowie  die  Schutzvorrrichtungen  gegen 

die  Gefahren  bei  Berührung  von  Hochspannungsleitungen 1129 

Abstand  der  Drähte  voneinander  und  von  Erde 1129 

Anordnung  der  Drähte  bei  Gleichstromleitungen,  beim  Einphasensystem,  beim  Zwei- 
phasensystem, beim  Drehstrom 1129 

Schutznetze  bei  Anbringung  mehrerer  Leitungssysteme  auf  einem  Gestänge 1132 

Schutz  gegen  die  Gefahren  bei  Berührung  von  Hochspannungsleitungen  durch  Schmelz- 
sicherungen und  Ausschalter 1138 

Die  Frage,  ob  die  Erdung  der  Holzmasten  zweckdienlich  ist  oder  nicht     .             .    .    .  1134 

Die  Erdung  eiserner  Masten 1135 

10.  Die  Blitzschutz-  und  Überspannungsvorrichtungen  (vergl.  auch  S.  1060)  .  1135 

11.  Die  Festigkeitsberechnung  der  Drähte  und  des  Gestänges  mit  einigen 

Angaben  über  die  Montage  der  Leitungen 1140 

a)  Die  Festigkeitsberechnung  bei  Belastung  durch  Eigengewicht 1141 

Zahlentafel  über  das  spezifische  Gewicht,  den  Elastizitätsbeiwert  und  die  Wänne- 

dehnungszahl  von  drei  Drahtsorten 1141 

Zahlentafel  über  Gewichte  von  Kupferdrähten 1142 


XXII  Inhai/tb-Vxrzeighnib. 

S«ite 

Abbildung  (450).     Zeichnerische  Spannung*  und  Durchhangstafel   für  Kupferaraht 

von  50  kg/qmm  Festigkeit 1144 

Zahlentafel  über  die  Veränderung  der  Horizontalspannung  in  Drflhten  bei  veränder- 
licher Temperatur  und  Spannweite 1147 

Zahlentafel  fflr  die  Veränderung  des  Durchhangs  bei  veränderlicher  Temperatur  und 

Spannweite 1148 

Entwickelung  von  Formeln  zur  Festigkeitsberechnung  bei  Feldern  mit  ungleich  hohen 

Stützpunkten 1146 

Einfluss  der  Belastung  durch  Wind,  Schnee,  Eis  und  Rauhreif 1150 

b)  Die  Montage  des  Leitungsdrahtes 1158 

c)  Die  statische  Berechnung  des  Gestänges 1154 

Ein  einfacher  Mast 1154 

Einzelmaat  mit  Ankerdraht 1158 

Einzelmast  mit  Strebe 1158 

Ein  Doppelgestänge 1159 

12.  Die  unterirdischen  Hochspannungsleitungen 1159 

Preistafel  für  Beschaffungskosten  von  Leitungskabeln 1161 

Kosten  für  Kabelverbindungen 1161 

Verlegung  von  Kabeln 1162 

13.  Die  bauliche  Einrichtung  der  Transformatorenstellen  am  Ende  der 
Fernleitung 1166 

14.  Einige  allgemeine  Bemerkungen  über  das  Verteilungsnetz,  über  die 
Verwendungsarten  der  Elektrizität  und  über  die  im  Verteilungs- 
netz zu  wählenden  Spannungen 1169 

Indirekte,  direkte  und  gemischte  Stromverteilung 1169 

Verwendung  der  durch  Wasserkraft  gewonnenen  Energie  in  Form  von  Elektrizität  in 

den  elektrochemischen,  elektrolytischen  und  metallurgischen  Industrien 1170 

Verwendung  der  Energie  zur  Verteilung  von  Licht  und  Kraft 1172 

I.  Glühlampen 1172 

IL  Bogenlampen 1173 

III.  Elektromotoren 1177 

Die  Spannung  im  Verteilungsnetz 1178 

Literaturangaben  zu  Kap.  III,  §  7 1180 

§  8.    Die  Tarife  der  Wasserkraftanlagen 1181 

1.  Allgemeines 1181 

Was  ist  für  die  Bestimmung  des  Verkaufspreises  massgebend? 1181 

Tabelle  I.    Die  indirekten  und  direkten  Betriebskosten  in  ihrer  Abhängigkeit  von  der 

Betriebsdauer  und  in  ihrem  Verhältnis  zu  der  Grüße  and  den  Einheitskosten  der  Anlage  1 182 
Tabelle  IL    Zunahme  der  Betriebskosten  pro  PS«- St.  bei  kleinerer  Betriebsdauer  als 

8000  Stunden 1183 

Die  verschiedenen  Arten  der  Kraftlieferung 1184 

Verbesserung  der  Kraftleistung  vorhandener  Wasserkraftwerke  durch  Vergleichmässi- 

gung  des  Wasserabflusses 1184 

Kraftüberlassung  an  einen  oder  wenige  Abnehmer 1185 

Kraftübertragung  auf  grössere  Entfernungen  in  Form  elektrischer  Energie 1186 

Feststellung  der  Preise  für  die  abzugebende  Energie 1186 

2.  Die  Tarife  für  die  Verteilung  des  elektrischen  Stroms 1186 

a)  Pauschaltarife 1186 

Pauschaltarife  für  Licht     .    .         1187 

Pauschaltarife  für  Kraft 1190 

b)  Zählertarife 1193 

Zählertarife  mit  Grundtaxen  oder  Mindestgebübren  nnd  mit  Geld-  und  Benutzungs- 
dauerrabatten       1196 

Tarife  ohne  Grundtaxen  oder  Mindestgebühren,  aber  mit  Geld-  und  Benutzungsdauer- 
rabatten      1199 


Inha  lts  -Verzeichnis.  XX III 

Seite 

Übersicht  Aber  die  Anwendung  der  Rabattsysteme  in  Deutschland 1200 

Doppeltarife  mit  Erhob  ung  des  Preises  für  gewisse  Stunden 1199 

Tarife  mit  Höchstverbrauchszählern 1202 

3.  Bedingungen  für  die  Herstellung  der  elektrischen  Anschlüsse  und 

der  inneren  Anlagen 1206 

Literaturangaben  zu  Kap.  HI,  §  8 1206 

\  9.     Der  Betrieb  von  Wasserkraftanlagen      1207 

A.  Die  Form,  in  welcher  die  Ausnutzung  einer  Wasserkraft  gewerbsmässig 
betrieben  wird 1207 

B.  Die  Organisation  der  Betriebsführung 1208 

I.  Die  allgemeine  Verwaltung 1208 

1.  Der  Betriebsleiter 1208 

2.  Das  Personal-  und  Lohnwesen 1209 

3.  Die  Buchführung  und  die  Korrespondenz 1210 

4.  Das  Kassa-  und  Rechnungswesen 1211 

5.  Das  Lager 1211 

6.  Die  Statistik 1211 

II.  Die  Bedienung  und  Unterhaltung  des  wasserbaulichen  Teils     .    .  1214 

III.  Die  Bedienung  und  Unterhaltung  des  Krafthauses  und  seiner  ma- 
schinellen Ausrüstung 1215 

IV.  Die   Bedienung    and   Unterhaltung    der   Fernleitungen    und    der 
Transformatorenstellen 1216 

V.  Die   Bedienung    und   Unterhaltung    des   Verteilungsnetzes    ein- 
schliesslich der  Anschlüsse 1217 

Sachverzeichnis 1219 

Berichtigungen  und  Ergänzungen 1282 


Ausbau  von  Wasserkräften. 


Bearbeitet  und  herausgegeben  von 

Theodor  Koehn, 

Sttdibaartt  ».  D.  in  Bcrlta-Grunewald. 


Kapitel  I.    Allgemeines. 
§  1.    Geschichtlicher  Überblick. 

Über  grossartige  Kunstbauten  fast  aller  alten  Kulturvölker  zur  Ausnützung  des 
Wassers  für  haus-  und  landwirtschaftliche  Zwecke  weiss  die  Geschichte  viel  zu  berichten, 
dagegen  über  Wasserkraftanlagen  grösseren  Stils  fast  nichts. 

Namentlich  Ägypten  war  reich  an  Stauwerken  und  Kanälen,  welche  zur  Auf- 
speicherung des  Nilwassers  und  zu  seiner  Verwendung  für  Berieselungszwecke  dienten. 
Über    das    grossartigste    Stauwerk    des    alten    Ägyptens,    den    sogenannten    Mörissee, 

teilt  Herodot  mit1): 

.Welches  gewallige  Werk  auch  das  Labyrinth  ist,  so  stellt  sich  der  sogenannte 
.Mörissee  als  ein  noch  grösseres  Wunder  dar.  Denn  sein  Umfang  beträgt  8600  Stadien 
B(=  666  km),  gerade  soviel,  als  die  Küstenetrecke  Ägyptens  selbst  Seine  Tiefe  ist  50  Klafter 
a(=  80  m)  und  er  ist  von  Händen  gemacht.  Mitten*  im  See  sind  zwei  Pyramiden,  jede  50  Klafter 
„Aber  das  Wasser  hervorragend,  auf  deren  Spitze  sich  ein  thronender  Steinkoloss  befindet. 
„Das  Wasser  des  Sees  kommt  nicht  aus  der  Erde,  sondern  ist  durch  einen  Kanal  vom  Nil 
„aus  hingeleitet  Sechs  Monate  lang  flieset  es  landeinwärts,  sechs  Monate  lang  fliesst  es  wieder 
.heraus.  Während  es  herausfliesst ,  bringt  es  an  Fischen  taglich  ein  Silbertalent  (1  Silber- 
„talent  =  4700  Mk.),  während  es  hineinfliegst  nur  20  Minen  ein  (1  Mine  =  78,5  Mk.).  Da 
9ich  nirgends  den  aus  dem  Kanal  entfernten  Schutt  sah,  frag  ich  die  Umwohner.  Man  sagte 
«mir,  er  sei  weggeschleppt,  und  ich  konnte  das  leicht  glauben,  da  ich  bei  Ninive  Ähnliches 
»Yernommen.    Auf  diese  Weise  soll  der  See  gegraben  worden  sein." 

Herodot  schreibt  diese  Stauanlage,  welche  Milliarden  Kubikmeter  Wasser  auf- 
nehmen konnte,  dem  Könige  Amenemah  III.,  bei  den  Griechen  Möris  genannt  (nach 
Lepsius  2221—2179  v.  Christi)  zu. 

Diese  Stauanlagen  machen  es  verständlich,  dass  auf  einem  Gebiete  von  etwa 
42200  qkm  fast  8000000  Menschen,  d.  h.  etwa  190  pro  qkm2),  sich  ernähren  konnten, 
und  dass  trotzdem  noch  eine  Ausfuhr  der  Landesprodukte  stattfand.  Nach  ihrem  Ver- 
falle wurde  das  Land  im  Vergleich  zu  früher  arm  und  unfruchtbar. 


i)  Curt  Merckel:  .Die  Ingenieurtechnik  im  Altertum",  Seite  82.    Berlin,  J.  Springer  1899. 
S)  Die  Bevölkerungsdichtigkeit  Deutschlands  ist  nach  der  neuesten  Zählung  110  pro  qkm,  für 
die  prenatisehe  Rheinproyinz  208  pro  qkm. 

HaadbMh  der  Ing.-WlM«iiMh.    in.  T«U.    IS.  Bd.  1 


2  I.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

Erst  in  neuester  Zeit  ist  durch  die  Initiative  der  Engländer  die  Wasserwirtschaft 
Ägyptens  im  grossen  Stil  durch  die  Errichtung  des  Staudammes  bei  Assuan  mit  einem 
Stauinhalt  von  1065000000  cbm  und  durch  einige  andere  minder  grosse  Stauanlagen 
wieder  eingeleitet  und  ihre  günstige  Einwirkung  kann  nicht  ausbleiben. 

In  China,  dessen  Geschichte  etwa  4000  Jahre  v.  Christi  zurückreicht,  ist  durch 
die  Tributrolle  des  Kaisers  Yü*)  (2205 — 2198  v.  Christi)  die  Anlage  grosser  Staudämme 
und  Bewässerungs-Kanäle  nachgewiesen,  und  diese  Kunst  der  Wasserwirtschaft  für  land- 
wirtschaftliche Zwecke  hat  sich  durch  die  Jahrhunderte  erhalten,  woraus  sich  erklärt,  dass 
in  dem  dichtbevölkertsten  Teil  des  chinesischen  Reiches  von  etwa  73000  Quadratmeilen 
oder  rund  4020000  qkm  sich  367,5  Millionen  Menschen  ernähren  können,  d.  h.  etwa  91 
pro  Quadratkilometer. 

Es  ist  bekannt,  dass  in  Britisch-Indien,  besonders  in  den  Provinzen  Madras  un<i 
Bombay  die  uralten  Staubecken  nach  Tausenden  zählen.  Für  die  Provinz  Madras  allein 
ist  die  Zahl  auf  50000  angegeben. 

In  einem  Bericht  an  die  anthropologische  Gesellschaft  in  Berlin  beschreibt 
Dr.  W.  Belck  ausgedehnte  Stauanlagen  und  Kanäle  der  Chaldäer  in  Mesopotamien 
und  Babylon,  welche  heute  noch  nach  mehreren  Jahrtausenden  zum  Teil  im  Ge- 
brauch sind. 

Die  Überlieferungen  und  Berichte  orientalischer  Schriftsteller  erzählen  von  den 
grossen  Stauanlagen,  welche  Lokman,  König  von  Jemen,  ein  Sohn  Ads  aus  dem  Ge- 
schlechte Sabas,  in  Südarabien  anlegen  liess8).  Um  den  Oberfluss  des  Wassers  aufzu- 
bewahren und  für  das  Land  nutzbar  zu  machen,  habe  er  einen  hohen  Damm  mit 
30  Schleusen  zwischen  zwei  Bergen  erbaut,  um  nach  Belieben  dem  Wasser  Abzug  zu 
geben  und  das  Land  zu  bewässern.  Seitdem  soll  Mareb,  das  Land  der  Sabäer,  zum 
schönsten  Fruchtgarten  geworden  sein,  bewohnt  von  zahlreichen  glücklichen,  gerechten, 
gastfreien  Völkern,  deren  Gesetz  von  allen  anderen  anerkannt  war  und  die  über  alle 
ihre  Nachbarvölker  herrschten. 

Von  dem  Reichtum  der  Sabäer  berichten  auch  Diodor  und  Strabo.  Letzterer  schreibt: 

„In  ihrem  hochbeglückten  Lande  wachet  Myrrhe,  Weihrauch  und  Zimmet,  an  der  Küste 
„auch  Balsam.  So  gross  ist  der  Gewürze  Meoge,  dass  man  sieb  anstatt  des  Strau&reisigs 
„und  Brennbolzes  des  Zimmet,  des  Kassia  und  der  übrigen  Gewürzbäume  zur  Feuerung  bedient. 
, —  Durch  dessen  Handel  sind  sie  die  Reichsten  von  allen  und  besitzen  unermessliche  Vorräte 
, goldener  und  silberner  Gerate." 

Es  wird  weiter  berichtet,  dass  in  der  Zeit  ungefähr  um  150  n.  Christi  Geburt 
der  Staudamm  unterwühlt  und  gebrochen  sei«  und  dass  eine  Flut  das  Land  in  eine 
Wüste  verwandelt  habe  „zur  Strafe  für  die  Bewohner  des  Landes  wegen  ihres  gott- 
vergessenen Übermutes  und  gehäuften  Frevels. " 

Um  die  Stauanlagen  für  mechanische  Arbeitsleistung  in  grösserem 
Umfange  auszunützen,  fehlte  den  Völkern  des  Altertums  noch  die 
Kenntnis  geeigneter  Wasserkraftmaschinen. 

Man  weiss,  dass  die  aus  Bambusstäben  zusammengefügten  Wasserräder  (vergl. 
Abb.  1),  welche  man  jetzt  noch  in  China  findet,  auf  eine  mehrtausendjährige  Oberliefe- 
rung zurückblicken.  Es  ist  nachgewiesen,  dass  in  Ägypten  und  in  den  Ländern  des 
Euphrat  und  Tigris  weit  vor  Beginn  der  christlichen  Zeitrechnung  ähnliche  Wasserräder 
verwendet  sind;  aber  diese  alten  Wasserkraftmaschinen  wurden  dort  nur  zum  Wasser- 
schöpfen für  Bewässerungsanlagen  und  zum  Tränken  von  Menschen  und  Vieh  gebraucht. 


3)CurtMerekel:Die  Ingenieurtechnik  im  Altertum,  Seite  93  und  Seite  128. 


§     1.  QJBCHICMTUÜHEB    ÜBERBLICK.  3 

Der  zur  Zeit  des  Kaisers  Augustus  lebende  römische  Baumeister  Vitmvius 
schildert  die  damals  benutzten  Wasserräder  wie  folgt: 

„An  den  Stirnseiten  Ton  Rsdero  werden  Schaufeln  befestigt,  welche  von  dam  3taaaa 
„de«  fressenden  Whmii  bewegt,  die  Umdrehung  des  Rade«  bewirken,  indem  sie  so  du 
.Wasser  in  Eisten  schöpfen  nnd  mr  höchsten  Höhe  fahren,  leisten  sie  ohne  TreUrbeit, 
.rielmahr     durch    dia    Wirkung- 

,d*e    Wassere    seihet   das,     >u  Abb.  1.     Chinesisches  Schöpfrad. 

.snm  Gehrauche  nötig  tat.  Auf 
.diene  Weite  bewegen  eie  auch 
„Getriebe,  Mühlen  usw." 

Eine  grosse  Verbreitung  schei- 
nen aber  diese  Art  Wassermühlen 
nicht  gefunden  zu  haben,  vielmehr 
blieben  bei  der  damals  billigen  ani- 
malischen Arbeit  die  Hand-  und  Tret- 
mahlen in  Gebrauch. 

Zur  Zeit  des  Kaisers  Jnstinian 
besass  Rom  bereits  14  grosse  ge- 
mauerte     Wasserleitungen ,       deren 

Wasser  in  der  Stadt  ausser  für  den  Hausgebrauch  auch  zum  Betrieb  von  Wasserrädern 
benutzt  wurde.  Im  Jahre  53  n.  Christi  bei  der  Belagerung  Roms  durch  die  Ostgoten 
anter  Vitigis  half  sich  der  berühmte  Feldherr  Belisar ,  als  ihm  die  Belagerer  diese 
Wasserleitungen  abschnitten,  in  der  Weise,  dass  er  die  Mühlen  auf  Fahrzeuge  setzen 
nnd  auf  den  Tiber  bringen  Hess,  wo  sie  direkt  vom  Strom  angetrieben  wurden.  Viel- 
leicht war  das  die  erste  Anwendung  von  Schiffsmühlen. 

Die  ältesten  Nachrichten  über  Wassermühlen  in  Deutschland  stammen  aus  (fem 
Ende  des  4.  Jahrhunderts  n.  Christi.  Gross  scheint  aber  ihre  Verbreitung  mehrere 
Jahrhunderte  hindurch  nicht  gewesen  zu  sein. 

Dagegen  wird  aus  dem  11.  nnd  12.  Jahrhundert  schon  vielfach  über  Wasser- 
mühlen in  Deutschland,  Schweiz,  Italien,  Frankreich  und  anderen  Kulturländern 
berichtet. 

Gegen  Mitte  des  11.  Jahrhunderts  sollen  in  Venedig  Wasserräder  in  Benutzung 
gewesen  sein,  welche  von  dem  Flut-  nnd  Ebbstrom  des  Meeres  getrieben  wurden. 

Alle  alten,  lediglich  durch  Stoss  wirkenden  Wasserrader  nützten  naturgemäss  die 
Kraft  des  Wassers  nur  in  ganz  geringem  Masse  ans. 

In  den  nachgelassenen  Schriften  von  Leonardo  da  Vinci  (1452—1519)  finden 
sich  verschiedene  Skizzen  oberscblächtiger  Räder  mit  wagerechter  Welle,  unter  anderen 
eines  mit  Zahnradubersetzung  und  Kurbel  zum  Antriebe  einer  Steinsäge.  Ferner  Skizzen 
eines  Löffelrades  mit  doppelt  gekrümmten  Schaufeln.  Das  Wasser  sollte  bei  dieser 
Maschine  durch  eine  stehende  Röhre  fliessen,  um  dann  horizontal  auf  das  Rad  auszu- 
strömen. Es  ist  das  ein  Beweis  mehr,  wie  weit  dieser  geniale  Geist  seiner  Zeit  voraus 
war4).  Eine  praktische  Verwendung  scheinen  aber  seine  Ideen  bei  seinen  Zeitgenossen 
nicht  gefunden  zu  haben. 

Erst  seit  dem  Anfang  des  18.  Jahrhunderts  ist  das  oberscblächtige  Wasserrad 
(vergl.  Abb.  2)  in  den  verschiedenen  Ländern  Europas  in  Gebrauch.  Es  nützt  den  Stoss 
nnd  das  Gewicht  des  Wassers  zur  Arbeitsleistung  aus. 

*)  Wilhelm  H Oller:  Die  Francisturbinen  und  die  Entwicklung  dea  modernen  Torbinsnba.ua. 
Hannover  bei  Oebr.  Jinecke,  1901,  Seite  5.  —  TL  Beck:  Beitrage  iur  Geschichte  du  Haschinen  bans 
bei  Julius  Springer.  Berlin.    Z.  d.  V.  d.  I.  1906,  Seite  580. 


Abb.  2.     Oberschlficbtiges  Wassernd. 


4  L     Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

Die  Bewegung  der  Mühlsteine  bei  der  Mahlmühle  musste  zu  der  Idee  führen, 
Wasserräder  zu  entwerfen,  welche  ohne  Übersetzung  ihre  Bewegung  auf  die  Mühlsteine 
übertragen  konnten.  Es  sind  dann  auch  von  Belidor  in  seiner  Architecture  hydrau- 
lique  (1737—1753)  zahlreiche  Wasserkraft- 
anlagen in  der  Provence  und  der  Dauphine 
mit  horizontalen  Wasserrädern,  auf  deren 
stehenden  Wellen  die  Mühlsteine  festgekeilt 
waren ,  beschrieben  B).  Diese  Wasserräder 
hatten  gekrümmte  Schaufeln,  in  welche 
das  Wasser  in  der  Regel  durch  eine  stark 
geneigte,  geschlossene  Holzrinne  von  oben 
eingeführt  wurde.  Das  Wasser  wirkte  also 
beim  Eintritt  durch  den  Stoss  und  beim 
Durchmessen  der  gekrümmten  Schaufel  durch 
sein  Gewicht. 

Die     Tatsache     der     Reaktion 

eines  aus  einem  Gefässe  fliessenden 

Wasserstrahls  ist  zuerst  von  Daniel 

Bernoulli"}  in  seiner  Hydraulica  in  den 

dreissiger  Jahren  des  18.  Jahrhunderts  mitgeteilt.    Professor  Segner  in  Güttingen 

konstruierte  das  erste  Reaktionsiad  und  beschrieb  dasselbe  in  seinem  1750  erschienenen 

Werke  über  hydraulische  Maschinen.    Eine  stehende  und  unten  geschlossene  zylindrische 

Röhre,  welche  mit  einer  drehbaren  Achse  fest  verbunden  war,   hatte   am   unteren  Ende 

kreuzweis   lotrecht  zur  Achse  stehende  zylinderförmige  Ansätze.     In  diesen  wagerechten 


Abb. 8.  Reaktionsrndn.Mai 


DuryDe. 


Röhren  waren  an  der  einen  Seite  kreisförmige  Löcher, 
aus  welchen  das  Wasser  strahlenförmig  austreten 
konnte,  und  es  zeigte  sich,  dass  durch  den  Austritt 
des  Wassers  der  Zylinder  in  drehende  Bewegung 
geriet  und  zwar  im  entgegengesetzten  Sinne  zu  der 
Austrittsrichtung  des  Wassers.  Der  deutsch-schweize- 
rische Mathematiker  Euler')  hat  bald  darauf  die 
Theorie  dieser  Reaktionsräder  weiter  behandelt  und 
zuerst  ein  Rad  mit  gekrüminten  Schaufeln  und  einem 
Leitapparat  vorgeschlagen. 

Später  wurden  ausführliche  Theorien  dieser 
Räder  von  den  englischen  Gelehrten  Waring  und 
Ewart  und  noch  später  von  dem  Franzosen  Navier 
aufgestellt.  Der  Engländer  Barker  hat  ähnliche 
Konstruktionen  unter  Benutzung  der  Segnerschen  und  E  nie  r  sehen  Arbeiten  zur 
praktischen  Verwendung  gebracht.  Abb.  3  zeigt  ein  von  dem  französischen  Ingenieur 
Manoury  Decoct  erfundenes  und  an  mehreren  Kraftanlagen  in  der  Bretagne  und 
der  Normandie  von  ihm  verwendetes  Modell  eines  Reaktionsrades,  von  dem  sich  noch 
heute  ein  Exemplar  in  dem  Cabinet  des  Arts  et  Metiers  in  Paris  befindet. 


M  Moritz   Rühlmano:  Die  horizontalen  Wasserräder.     Chemnitz.  1840,  Seite  1. 

6)  Daniel  Bernoulli,  geb.  1700  in  Groningen,  Niederlande,  wo  sein  Vater  vorabergehend 
Professor  war,  später  Professor  in  Basel,  t   1750. 

f)  Leonhard  Euler,  geb.  15.  April  1707  zu  Basel,  Schüler  des  berühmten  Mathematikers 
Johann  Bernoulli,  seit  1741   in  Berlin,  t  1733  in  Petersburg. 


S    1-  Geschichtlicher  Überblick.  5 

Der  Theorie  nach  mit  den  eben  angeführten  Rädern  fast  gleich  sind  diejenigen, 
bei  welchen  das  Rad  die  Gestalt  eines  abgeschnittenen  Kegels  bat,  dessen  Grundfläche 
nach  oben  gekehrt  ist,  and  dessen  Mantelfläche  spiralförmige  Schaufeln  trägt.  Wenn 
ein  gemauerter  Ranm  ein  solches  Rad  konzentrisch  umgibt,  nötigt  das  in  diesen  Mantel 
von  oben  eintretende  und  längs  der  Spiralwindnngen  des  Rades  herablanfende  Wasser 
das  Rad  zur  Umdrehung.  Die  Theorie  dieser  Räder  ist  von  dem  französischen  Ingenieur 
Poncelet  behandelt. 

Abb.  4.    Schuitt  durch  «ine  Fourneyron- Turbine. 


Der  französische  Bergwerks-Ingenieur  Burdin  konstruierte  im 
Jahre  1824  ein  Wasserrad  mit  stehender  Welle,  welchem  er  zuerst  den 
Kamen  „Turbine1'  gab.  Burdin  stützte  sich  hierbei  auf  die  Veröffentlichungen 
des  französischen  Ingenieurs  Borda,  welcher  nachgewiesen  hatte,  dass  man  das 
Wasser  in  die  Schaufel  des  Laufrades  möglichst  tangential  zu  ihrer 
beaufschlagten  Krümmung  ohne  Stoss  eintreten  lassen  müsse,  und  dass 
man  die  Führung  des  Wassers  in  der  Schaufel  selbst  so  zu  gestalten 
habe,  dass  das  Wasser  das  Rad  mit  der  Geschwindigkeit  des  Rades 
verlässt,  d.  h.  mit  einer  relativen  Geschwindigkeit  =  0.  Borda  kam 
rechnerisch  zu  dem  Ergebnis ,  dass  der  Nutzeffekt  eines  nach  diesen  Grundsätzen 
konstruierten  Wasserrades  75  °/o  betragen  müsse.  Die  von  Burdin  konstruierten 
noch  sehr  primitiven  „Turbinen"  erreichten  diesen  rechnerisch  möglichen  Nutzeffekt  bei 
weitem  nicht. 


6  I.    Theodor  Kokhn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Die  Soctäte  d'Encouragement  in  Paris  setzte  bald  nach  dem  Erscheinen  der  Burdin- 
schen  Turbine  für  die  beste  neue  Turbinenkonstraktion  einen  Preis  von  6000  Frs.  aus. 
Die  ersten  Bewerbungen  blieben  aber  ohne  Erfolg.  Dagegen  gelang  es  im  Jahre  1833 
einem  Schäler  Burdins,  dem  französischen  Ingenieur  Fourneyron  in  Besannen, 
diesen  Preis  mit  der  nach  ihm  benannten  Turbine  zu  erringen  (vergl.  Abb.  4),  deren 
Theorie  1838  von  Poncelet  in  seiner  „Theorie  des  effets  mecaniques  de  la  Turbine 
Fourneyron"  erweitert  und  eingehender  behandelt  wurde.  Im  Jahre  1837  hatte 
Fourneyron  in  St.  Blasien  im  badischen  Schwarzwald  bereits  eine  Turbine  seines  Systems 
aufgestellt,  welcher  das  Wasser  durch  ein  Druckrohr  zugeführt  wurde  und  welche  ein 
Gefälle  von  108,0  m  ausnützte.  Moritz  Kühlmann,  der  von  der  sachsischen  Regierung 
zur  Besichtigung  dieser  Turbine  nach  St.  Blasien  gesandt  war,  schildert  in  seinem  in  der 
Fussnote  Nr.  5  bereits  erwähnten  Buche  „Die  horizontalen  Wasserräder"  den  Eindruck, 
welchen  ihm  diese  neue  Maschine  gemacht  hat,  in  folgenden  Worten: 

„Oft,  wenn  ich  aus  der  Radstube  getreten  war,  und  die  ungeheure  Höhe 
„von  aussen  ermass,  von  welcher  herab  die  Leitungsröhren  das  Aufschlagwasser 
„zum  Rade  führen,  schien  es,  als  dränge  sich  mir  der  Begriff  „unmöglich4  auf, 
rder  aber  ebenso  schnell  verschwunden  war,  trat  ich  wieder  in  jenen  Raum 
„zurück.  Fourneyron  hat  hier  zuerst  eine  Aufgabe  gelöst,  die  seinen  Namen 
„der  technischen  und  wissenschaftlichen  Welt  stets  denkwürdig  machen  wird, 
„eine  Aufgabe,  die  nicht  nur  die  grössten  Hindernisse  der  Natur,  sondern  auch 
„die  der  Missgunst  und  der  Vorurteile  in  tausend  Formen  zu  überwältigen  hatte. 
„Wer  auch  wollte  ein  anderes  Mittel  zur  Benutzung  dieser  vor- 
handenen Wasserkraft  auffinden?" 

Im  Jahre  1837  wurde  von  den  Mechanikern  Henschel&Sohn  in  Kassel  die 
achsiale  Turbine  erfunden,  bei  welcher  das  Wasser  die  Turbine  in  der  Richtung 
der  Turbinenachse  durchmesst,  während  sich  bei  der  Fourneyronschen  Turbine  das 
Wasser  durch  das  Laufrad  in  radialer  Richtung  von  innen  nach  aussen  bewegt.  War 
die  Founeyronsche  Turbine  bestimmt,  sowohl  im  Unterwasser,  als  auch  über 
demselben  zu  laufen,  so  sollte  die  Hen  sc  he  Ische  Turbine  vornehmlich  über  dem  Unter- 
wasser stehen.  Der  Leitschaufelapparat  befand  sich  über  dem  Laufrad  und  unter  dem  letz- 
teren wurde  das  Wasser  in  einem  luftdichten,  in  das  Unterwasser  eintauchenden  Saugrohre 
abgeführt.  Diese  Hen  sehe  Ische  Turbine  wurde  von  dem  Werkmeister  Jonval  der 
Maschinenfabrik  von  Andre  Köchlin  zu  Mühlhausen  i.  E.  vervollkommnet,  und  es 
gelang  ihm,  ein  französisches  Patent  darauf  zu  erhalten. 

Die  He  nschel-  Jonval  -Turbine  hat  eine  grosse  Verbreitung  gefunden,  und  es 
sind  noch  bis  in  die  neunziger  Jähre  des  vorigen  Jahrhunderts  zahlreiche  Wasserkraft- 
anlagen mit  Turbinen  dieses  Typs  ausgerüstet  worden. 

In  den  dreissiger  Jahren,  also  ungefähr  um  dieselbe  Zeit,  als  Fourneyron, 
He  nschel  und  Jonval  mit  ihren  Turbinen  hervortraten,  konstruierte  der  Ingenieur 
L.  C.  Nagel  von  der  Firma  Nagel  &  Kaemp  in  Hamburg  eine  Turbine,  bei  welcher 
das  Wasser  von  unten  in  das  Leitrad  und  von  hier  radial  in  das  von  innen  beauf- 
schlagte Laufrad  eintrat. 

Inzwischen  hatte  Poncelet  zur  Ausnützung  kleinerer  Gefalle  von  1  bis  1,5  m 
und  zur  Erreichung  verhältnismässig  grosser  Umdrehungszahlen  ein  unterschlächtiges 
Wasserrad  erfunden  (veugl.  Abb.  ö),  bei  dem  der  Boden  des  Gerinnes  nach  einer 
bestimmten  Kurve  gekrümmt  war  und  das  Wasser  durch  eine  schräge,  dem  Rande  des 
Rades  möglichst  nähe  Schütze  zugeführt  wurde.     Das  Wasser  tritt  in  dein   Po  nee- 


§    1.  GBBcmarnjCHKB  Übkrblick.  7 

letschen  Rade  ohne  Stow  zwischen  die  gekrümmten  Schaufeln,  steigt  an  diesen  in  die 
Hohe  und  überträgt  seine  lebendige  Kraft  auf  das  Rad.  Der  Nutzeffekt  bei  richtiger 
Anlage  kann  bis  zu  70°/°  steigen. 

Eine  bemerkenswerte  Weiterbildung  des  Wasserrades  knüpft  sich  an  den  Namen 
des  deutsch-schweizerischen  Maschineningenieurs  Znppinger1).  Nach  seinem  System  wer- 
den heute  noch  viele  mittel-  und  tief seh lächtige  Schaufel-Wasserräder  mit  Überfalleinlauf 
und  Durchmessern  von  4,5  bis  8,0  m  gebaut.  Die  Wasserräder  kommen  aber  nur  noch,  ent- 
weder bei  ganz  kleinen  Gefallen  oder  bei  Gefallen  bis  zn  10,0  m  bei  ganz  kleinen  Wasser- 
m.j«.n(bi.  (»!'«*.)  in  Fng*  Dm  gm»  mtal|-|,f_Jlld,„,lli 
andere  Gebiet  gehört  der  Turbine. 

Eine    ausserordentlich    grosse    Ver- 
breitung bat  die  Achsialtnrbine  des  fran- 
zösischen Ingenieurs  L.  D.  Girard  gefun- 
den, welcher  um  das  Jahr  1850  mit  ver- 
schiedenen   neuen   Konstruktionen    hervor- 
trat,  anf  welche   er   Patente  erwarb.     Im 
Jahre  1863  hat  er  eine  ausführliche  Theorie 
seiner    Turbinen     herausgegeben.      Obwohl 
die    Girard  sehen   Konstruktionen    (vergl. 
Kap.  III,  5.  Turbinen)  zum  nicht  geringen 
Teile  auf  geschickter  Verwendung  älterer 
Konstruktionen  beruhen,  so  knüpft  sich  doch 
an  seinen  Namen  ein  bemerkenswerter  Auf- 
schwang im  Turbinenbau,    und   bis  in  die  Mitte  der  neunziger  Jahre  des  vorigen  Jahr- 
hundert«  hinein  sind  eine   beträchtliche  Anzahl,   namentlich   kleinerer   Turbinen,   nach 
einem  System  gebaut,  für  welches  der  Name  Girard-Turbine  allgemein  gebräuchlich 
geworden  ist    Zu  erwähnen  wäre  dann  noch  die  Freistrahlturbine  mit  partieller  innerer 
Beaufschlagung  des  deutschen  Ingenieurs  Schwamkrug,   welche   noch  viel  gebaut  wird 
(vergl.  Kap.  III,  5.  Turbinen). 

Eine  grundlegende  und  noch  heute  zum  grössten  Teil  gültige  theoretische  Ab- 
handlung des  gesamten,  modernen  Turbinenbaues  hat  der  Karlsruher  Professor  F.  Redten- 
bacher  im  Jahre  1844  herausgegeben. 

Bereichert  wurde  ferner  die  wissenschaftliche  Behandlung  der  Turbinen  u.  a.  durch  : 

Jul.  Weissbach:  Ingenieur-  und  Maschinentechnik  1845 — 60, 

J.  B.  Francis:  Lowell  Hydraulic  Experiments*)  1855—68, 

Fr.  Carl  Herrn.  Wiebe:  Allgemeine  Theorie  der  Turbinen  1859, 

P.  v.  Rittinger:  Theorie  der  Rohrturbinen  1861, 

von  Bach:  Die  Wasserräder  1886, 

Gustav  Zeuner:  Theorie  der  Turbinen,  Leipzig  1899, 

Grasshof:  Theorie  der  Kraftmaschinen  1890, 

Ratean:  Les  Turbomoteurs,  Revue  mecanique,  Paris  1897. 

Hatton  de  la  Gouppilliere:  Moteurs  Hydrauliques  1897. 

Infolge  der  vielen,  grossen  und  neuen  Aufgaben,  welche  in  den  letzten  anderthalb 
Jahrzehnten  an   die   ausführenden  grossen  Fabriken   herantraten,   haben   diese   auch   in 

*)  Zuppinger:  Wasserkraft  and  WaBserkrsftm lagen.     ZeiUehr.  d.  V.  D.  lug,  1885. 

3)  Lowell  hydraulic  eiperimente  boiug  a  setection  from  experimenta  on  hydraulic  motora;  tba 
low  «f  water  over  weira  and  in  canals  of  uniform  reetangular  section  and  of  ahart  lengtb  müde  st 
UriU,  MaaMcamMtta.    Boaton  1865. 


8  I.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

hervorvorragender  Weise  an  der  wissenschaftlichen  Weiterbildung  des  Turbinenbaus  mit- 
gewirkt und  die  Wasserturbinen  zu  einer  früher  nicht  geahnten  Vollkommenheit  geführt 

Von  den  Männern  der  Praxis,  welche  zugleich  für  die  theoretische  und  praktische 
Weiterbildung  tätig  gewesen  und  zum  Teil  noch  sind,  mögen  nur  die  Namen  Pfarr10) 
nnd  Zodel  genannt  sein. 

Es  ist  bemerkenswert,  dass  in  neuerer  Zeit  zwei  Turbinentypen,  welche  sich  an 
die  Namen  amerikanischer  Ingenieure  knüpfen,  eine  derartige  Anerkennung  und  Ver- 
breitung gefunden  haben,  dass  durch  sie  fast  alle  anderen  Konstruktionen  in  der  Häufig- 
keit ihrer  Verwendung  überflügelt  sind.  Gemeint  sind  die  nach  J.  B.  Francis  be- 
nannten Francisturbinen11)  und  das  nach  dem  amerikanischen  Ingenieur  Pelton  genannte 
Peltonrad.  Die  Francisturbinen  sind  noch  zweckmässig  zu  verwenden  bis  zu  Druckhöhen 
von  etwa  125,0  m.  Die  Peltonräder  kommen  für  grosse  Druckhöhen  von  50,0  bis 
1000,0  m  zur  Anwendung. 

Der  europäische  Turbinenbau  hat  aber,  durch  eine  vertiefte  theoretische  Durch- 
bildung geleitet,  sowohl  seine  eigenen,  als  auch  die  herübergenommenen  amerikanischen 
Typen  so  verbessert  und  es  so  gut  verstanden,  sie  all  den  verschiedenen  Bedürfnissen 
anzupassen,  dass  er  dem  amerikanischen  überlegen  wurde.  Seit  Francis  hat  sich 
der  amerikanische  Turbinenbau  im  wesentlichen  durch  praktische  Versuche  weiter  ge- 
holfen. Die  amerikanischen  Turbinenfirmen  bauen  im  allgemeinen  je  nur  wenige  Gat- 
tungen, mit  denen  sich  die  Wasserkraftbesitzer  abfinden  müssen;  infolgedessen  sind  sie 
in  der  Lage,  Preislisten  herauszugeben,  nach  denen  sich  der  Besteller  die  am  preis- 
wertesten scheinenden  Typen  heraussuchen  kann.  Es  lässt  sich  aber  auf  diese  Weise 
auch  nicht  vermeiden,  dass  viele  Turbinen  unter  ganz  anderen  Verhältnissen  arbeiten, 
als  denjenigen,  für  welche  sie  geeignet  sind  und  daher  in  solchen  Fällen  unbefriedigende 
Nutzeffekte  zeigen.  Der  europäische  Turbinenbau  passt  sich  mit  jeder  Turbine  möglichst 
an  die  jeweiligen  Verhältnisse  an,  und  er  hat  daher  naturgemäss  eine  viel  grössere 
Mannigfaltigkeit  der  Konstruktionen,  aber  auch  eine  grössere  Sicherheit  in  der  Bewäl- 
tigung von  anssergewöhnlichen  und  schwierigen  Aufgaben.  So  ist  es  gekommen,  dass 
fast  alle  grossen  Turbinen  beim  Ausbau  der  Wasserkräfte  der  Niagarafalle  europäischen 
Firmen  zugefallen  sind,  oder  dass  doch  wenigstens  die  europäischen  Firmen  den  ameri- 
kanischen Werkstätten  die  Konstruktionszeichnungen  liefern  mussten.  Es  wurde  z.  B. 
die  erste  3000  PS6- Turbine  der  Hamilton  Gataract  Comp,  von  Riva  Monneret  in 
Mailand,  die  später  von  der  erstgenannten  Gesellschaft  aufgestellten  6100  PS*-Turbinen 
von  der  bekannten  deutschen  Firma  J.  M.  Voith  in  Heidenheim  a.  B.  geliefert.  Die 
ersten  5000  PS« -Turbinen  der  Niagara  Falls  Power  Comp,  sind  nach  den  Zeichnungen 
der  Genfer  Firma  Faesch  &  Piccard  (später  Piccard  &  Pictet)  von  J.  P.  Morris 
in  Philadelphia  ausgeführt  (vergl.  die  Beschreibung  dieser  Anlage  Kap.  H,  28),  die 
Turbinen  des  zweiten  Krafthauses  derselben  Gesellschaft  nach  den  Zeichnungen  der 
Aktiengesellschaft  der  Maschinenfabriken  von  Escher,  Wyss  &  Co.  in  Zürich;  ferner 
sind  die  Maschinen  der  Canadian  Niagara  Falls  Power  Comp,  von  Escher,  Wyss  &  Co. 
gebaut.  Die  Lieferung  der  zurzeit  grössten  Turbinen  der  Welt  für  die  Ontario  Power 
Comp,  von  11340  PS«  normaler,  und  12000  tS«  maximaler  Leistung  fiel  J.  M.  Voith 
zu,  da  sich  amerikanische  Firmen  zur  Zeit  der  Bestellung  dieser  grossartigen  Aufgabe  noch 
nicht  gewachsen  fühlten  (vergl.  die  Beschreibung  d.  Anlage  Kap.  II,  27).  Die  Turbinen 
sind  als  Francisturbinen  mit  je  zwei  Laufrädern  ausgeführt  (vergl.  Tafel  Nr.  LXXIV). 

10)  Gegenwärtig  Professor  in  Dannstadt. 

i  r  In  Europa  werden  manche  Typen  als  Francisturbinen  bezeichnet,  für  welche  man  in  Amerika 
andere  Benennungen  gebraucht   Vergl.  Prof.  Camer  er,  Zeitschr.  f.  d.  ges.  Turbinen  wesen  1906,  Seite  150. 


§  1. 


Geschichtlicher  Überblick. 


Übrigens  ist  die  Geschichte  der  Francisturbine  charakteristisch  für  die  Lang- 
samkeit, mit  welcher  sich  oft  die  besten  Erfindungen  des  Ingenieurs  Verbreitung  ver- 
schaffen. Zur  Illustration  diene  die  Tabelle  I.  Es  wurden  nämlich  von  Escher,  Wyss 
&  Co.,  der  ältesten  und  bedeutendsten  schweizerischen  Turbinen bauanstalt,  erst  im  Jahre 
1876  die  ersten  Francisturbinen  geliefert  und  dann  in  der  Zeit  bis  Ende  1893  nur  noch 
vier  weitere  gebaut.  Die  Tabelle  I  bietet  aber  auch  ein  anschauliches  Bild  von  dem 
Siegeslaufe,  den  alsdann  die  Francisturbine  angetreten  hat. 

■ 

Tabelle  I. 

Übersicht  der  von  der  Aktiengesellschaft  der  Maschinenfabriken  von  Escher,  Wyss  &  Co.  in  Zürich 

gelieferten  Turbinen. 


Jahr 

Anzahl  Turbinen  im  Durchschnitt 

Tang.-Rader 

Jonval 

Francis 

Girard 

im  ganzen 

PSe  im 
ganzen 

PSe  per 
Turbine 

1                            ' 

1892 
1898 
1894 
1895 
1896 
1897 
1898 
1899 
1900 
1901 
1902 

33 
32 
25 
46 
85 
45 
56 
50 
87 
63 
80 

35 
23 
52 
16 
27 
8 
11 
10 

6 

1 
4 

8 
13 
24 
49 
54 
95 

104 

-worunter  8  i 
10000  PSe. 

34 

39 

6 

80 

36 

12 

11 

10 

2 

5 

8 

102 

94 

84 

96 

106 

78 

102 

119 

93 

169 

187 

11187 
5  608 
29130 
12  850 
21195 
11579 
26  550 
42519 
30  204 
48  024 
83  087 

109,5 
59,7 
846,0 
134 
199,5 
148,3 
260 
358 
325 
284 
444 

Ähnliche  Bilder  haben  sich  bei  anderen  Turbinen -Bauanstalten  Europas  und 
Amerikas  ergeben. 

Erwähnt  sei  hier  noch  als  eine  andere  interessante  Erscheinung  die  wachsende 
Grösse  der  Einheit  Diese  hat  in  erster  Linie  natürlich  ihre  Ursache  in  dem  gewaltigen 
Aufschwung  der  Industrien  aller  Kulturländer  und  in  dem  Emporschnellen  ihres  Kraft- 
bedarfes. Sie  hat  aber  auch  ihre  Ursache  in  der  Erkenntnis,  dass  man 
Anlage  und  Betrieb  durch  die  Vergrösserung  der  Einheiten  verbilligen  kann. 

Die  nachstehende  Tabelle  führt  das  Anwachsen  der  Einheiten  vor  Augen: 


Ta 

belle  11. 

Firma 

GrOsste  Einheiten,  ausgeführt  in  den  Jahren: 

1892 

93 

94 

95 

96 

97 

98 

99 

1900 

01 

02 

03 

04 

05/6 

J.  M.  Voitfa,  Heiden- 

200 

400 

600 

250 

520 

618 

2000 

1000 

705 

3850 

800 

12000 

7000 

12000 

lag.'  A.  Riva,  Mon- 
tieret &  Co.,  Mai- 
land    

400 

450 

710 

750 

2200 

560 

2000 

3000 

3000 

4500 

Gans  &  Co.,  Bnda- 

700 

345 

440 

650 

1200 

360 

1813 

1730 

2000 

2300 

3500 

2500 

6000 

Bacher  Wyas  &  Co., 
Zflricb     .... 

620 

610 

1200 

1200 

1250 

700 

1500 

1500 

1500 

3000 

10250 

8200 

4300 

8700 

10  L    Thkodob  KoEHif.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Ais  ein  charakteristisches  Beispiel  mag  noch  erwähnt  werden,  dass  die  Hamilton 
Cataract  Comp.,  Kanada,  ursprünglich  Turbinen  von  1500  PS»,  beim  zweiten  Ausbau 
bereits  solche  von  3000,  und  beim  letzten  Ausbau  schliesslich  Einheiten  Ton  6100  PS» 
gewählt  hat.  Dasselbe  Bild  zeigt  sich,  wie  hier  im  grossen,  so  bei  vielen  Anlagen,  welche 
nicht  über  so  gewaltige  Wassermengen  verfugen,  im  kleinen. 

Trotz  aller  Fortschritte  im  Turbinenbau  konnte  aber  doch  der  Ausbau 
von  Wasserkräften  erst  die  grossartige  Entwickelang  nehmen,  deren 
Zeuge  wir  seit  .den  letzten  18  Jähren  gewesen  sind,  seitdem  durch 
die  Anwendung  der  elektrischen  Kraftverteilung  die  Ausnützung  der 
Wasserkraft  nicht  mehr  an  den  Erzeugungsort  gebunden  war.  Man 
kann  vielmehr  feststellen,  dass  in  den  siebziger  und  achtziger  Jahren  des  vorigen  Jahr- 
hunderts mit  der  Entwickelung  des  Eisenbahnwesens  und  der  Dampfmaschinen  vielfach 
ein  Rückschritt  in  der  Verwendung  von  Wasserkräften  eingetreten  ist.  Es  wurde 
vorteilhafter,  neue  Arbeitsstätten  an  die  Eisenbahn  heranzulegen  und  sie  dort  mit 
Dampfmaschinen  zu  betreiben,  als  die  von  den  Eisenbahnen  entfernter  liegenden  Wasser- 
kräfte auszunützen.  Eine  solche  Entwickelung  hat  sich  z.  B.  in  den  Bergischen  Landen, 
besonders  in  der  Remscheider  Gegend  gezeigt,  wo  zahlreiche  alte  Wasserkraftanlagen 
(Hammerwerke  etc.)  still  gelegt  wurden.  In  einer  Studie  über  die  Wasserkräfte  des 
Departement  L'Orne  weist  der  Ingenieur  Henry  Bresson")  nach,  dass  im  Jahre  1880 
daselbst  noch  779  Anlagen  mit  3480  PSe  ausgenützt  wurden,  während  im  Jahre  1890 
hiervon  nur  noch  512  Anlagen  mit  2400  PS6  im  Betrieb  waren,  so  dass  1000  PS» 
unbenutzt  blieben. 

Den  Vorrang,  mit  dem  ersten  Ausbau   einer  Wasserkraftanlage  zur  Erzeugung 

«  

elektrischer  Energie  und  mit  der  Fernleitung  und  Verteilung  derselben  den  Ausgangs- 
punkt der  grossen  Entwickelung  gebildet  zu  haben,  machen  sich  die  verschiedenen 
Nationen  streitig. 

In  England  wird  oft  als  erste  derartige  Anlage  die  im  Jahre  1882  in  Cragside 
(Northumberland) 1S)  ausgeführte  genannt.  Sie  bestand  aus  einer  Siemens-Gleichstrom- 
Dynamo  für  90  Volt,  welche  von  einer  8  PS« -Turbine  für  9,0  m  Druckhöhe  durch 
Riemen  angetrieben  wurde  und  durch  eine  auf  Porzellanisolatoren  verlegt»  blanke  Kupfer- 
leitung eine  1,5  km  entfernte  Werkstätte  mit  Strom  versorgte. 

Die  Franzosen  datieren  den  Aufschwung  in  der  Ausnützung  der  Wasserkräfte 
von  dem  Versuch  her,  den  der  Ingenieur  Marcel  Deprez  im  Jahre  1882/83  in  der  Nähe 
von  Grenoble  machte.  Überzeugt  von  der  Möglichkeit,  bei  Verwendung  hochgespannter 
Gleichströme  die  elektrische  Energie  mit  gutem  Nutzeffekt  auch  auf  grosse  Entfernungen 
übertragen  zu  können,  errichtete  Deprez  eine  Versuchsanlage  in  Vizille  an  der 
Romanche,  mit  welcher  er  aus  diesem  Flusse  gewonnene  Kraft  mit  3000  V.  Spannung 
auf  22,0  km  Entfernung  nach  Grenoble  übertragen  hat.  Marcel  Deprez  brachte 
ungefähr  gleichzeitig  eine  kleinere  Versuchsanlage  in  der  Nähe  von  München  zur  Aus- 
führung, mit  welcher  er  gelegentlich  der  1882er  Ausstellung,  elektrische  Energie  auf 
etwa  4,4  km  nach  München  übertrug.  Es  war  ihm  aber  nicht  vergönnt,  einen  durch- 
schlagenden Beweis  für  die  Richtigkeit  seiner  Annahme  zu  bringen,  weil  die  ihm  damals 
zur  Verfügung  stehenden  Gleichstromapparate  für  hohe  Spannungen  versagten. 

In  Italien  wird  vielfach  als  die  erste  hydroelektrische  Anlage  von  Bedeutung 
diejenige  der  Societa  degli  Aquedotti  de  Ferrari  Galliera  bei  Genua14),  welche  im  März 

is)  L'Economtste  Francis  10.  Mai  1902,  Seite  650. 
13)  E.  T.  Z.  1904,  Seite  1097. 

i*)  Ing.  G.  M.  Semenza,  Mailand:    Les  installaiions  Hydro  -  Eleetriquee  de  la  Haute  Italie, 
Extrait  des  memoirea  de  la  SocieU  des  Ingenieurs  Civilea  de  France,  Paris  1905. 


§  1. 


Geschichtlicher  Überblick. 


li 


1889  in  Betrieb  gekommen  ist,  betrachtet.  Bei  dieser  Anlage  wurden  in  drei  kaskaden- 
formig  untereinanderliegenden  Stationen  Wasserkräfte  ausgenutzt  und  die  Gleichstrom- 
generatoren der  einzelnen  Krafthäuser  wurden  nach  dem  System  Thury  in  Serie  ge- 
schaltet, um  die  hohe  Spannung  für  die  Kraftübertragung  zu  erzielen  (vergl.  auch  Kap.  III. 
6.  Krafthäuser,    b)  elektrischer  Teil). 

Aber  erst  die  im  Jahre  1891  von  Lauffen  am  Neckar  nach  Frank- 
furt am  Main  gelegentlich  der  Frankfurter  Ausstellung  ausgeführte 
und  betriebene  Kraftübertragung  hat  einen  so  entscheidenden  Erfolg 
gehabt,  dass  man  sagen  kann,  von  hier  ab  datiert  wirklich  eine  neue 
Epoche  in  der  Ausnützung  der  Wasserkräfte.  Durchgeführt  wurde  die 
Anlage  auf  Anregung  von  Oskar  von  Miller  durch  die  Allgemeine  Elektrizitäts-Gesell- 
schaft Berlin  in  Verbindung  mit  der  schweizerischen  Maschinenfabrik  Örlikon.  Es  sollten 
in  Lauffen  ca.  200  PS«  von  einer  Wasserkraft  an  die  dortige  Dreh  ström- Dynamo- 
Maschine  abgegeben  werden,  und  es  kam  darauf  an,  zu  zeigen,  dass  diese  PS«  ohne 
erheblichen  Effektverlust  auf  eine  Entfernung  von  175  km  nach  Frankfurt  übertragen 
werden  konnten.  Die  Spannung  wurde  nach  damaligen  Verhältnissen  in  ausserordentlich 
kühner  Weise  mit  15—20000  Volt  angenommen.  Die  Drehstrommaschinen  in  Lauffen  liefer- 
ten den  Strom  zu  50  Volt  und  diese  Spannung  wurde  dann  in  Transformatoren  erhöht. 
Für  die  Fernleitung  wurden  drei  blanke  Kupferdrähte  von  4  mm  Durchmesser  benutzt, 
welche  auf  Holzmasten  und  Porzellanisolatoren  montiert  wprden.  In  Frankfurt  wurde 
der  Strom  wieder  auf  100  Volt  zurück  transformiert  und  damit  1000  Glühlampen  gespeist 
und  verschiedene  Drehstrommotoren  angetrieben.  Einer  von  diesen  setzte  eine  Pumpe  in 
Bewegung,  durch  welche  ein  Wasserfall  von  10,0  m  Höhe  betrieben  wurde.  Der  durch 
Messungen  festgestellte  Effektverlust  in  der  Leitung  selbst  betrug  etwa  15°/o  und  der 
Nutzeffekt  der  ganzen  elektrischen  Kraftübertragung  von  den  Turbinenwellen  bis  zu  den 
Verbrauchsstellen  wurde  zu  73,9%  ermittelt.  Wie  ungemein  befruchtend  dieser  grosse 
Versuch  auf  die  Entwickelung  der  Wasserkraftanlagen  eingewirkt  hat,  beweist  die  Zahl 
und  Grösse  der  Kraftanlagen,  welche  seitdem  entstanden  sind.  Dasselbe  zeigen  auch 
die  Statistiken  der  grossen  Turbinenbauanstalten.  Aus  der  auf  Seite  9  gegebenen 
Tabelle  I  ist  zu  ersehen,  dass  die  Jahresleistung  in  gebauten  Turbinen  der  Firma  Escher, 
Wyss  &  Co.  von  11187  im  Jahre  1892  auf  83078  im  Jahre  1902  gestiegen  ist.  Ähn- 
lich war  auch  die  Entwickelung  bei  den  anderen  grossen  Turbinenfirmen.  Als  Beweis 
sind  in  Tabelle  III  die  Leistungen  in  PSe  in  den  Jahren  1892 — 1905  von  noch  3  Tur- 
binenbauanstalten zusammengestellt. 

Es  betrugen  die  Jahresleistungen  an  gelieferten  Wasserturbinen  in  PSe: 


Tabelle  III. 


1892 


1898 


1899 


1900 


1901 


1902 


1903 


1904 


1905 


der   deutschen   Firma  J.   M. 
Voith  in  Heidenheim  a.  B. 

der    Österreich  -  ungarischen 
Firma  Ganz  &  Co.,  Badepest 

der  italienischen  Firma  Riva, 
Monnerer  &  Co.  in  Mailand 


1059 

22000 

— 

28556 

27242 

83829 

87543 

60408 

4282 

28480 

17  879 

13411 

16  628 

21944 

15  687 

63936 

3282 

20340 

28506 

24890 

20663 

25  788 

20  339 

25135 

88868 
12906 


53341 


Diese  Zahlen  schildern  sicherlich  in  beredter  Weise,  welche  Fortschritte  der  Aus- 
bau Ton  Wasserkräften  seit  1892  gemacht  hat. 

Immer  kühner  und  grossartiger  sind  die  Konstruktionen  der  Ingenieure  geworden. 


12  I.    Theoeor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Ali/semeines. 

Während  im  Jahre  1844  Moritz  Rühlmann  die  Verwendung  eines  Wasserdrucks  von 
108,0  m  in  einer  Fourneyron-Turbine  als  „fast  unmöglich"  bewunderte,  ist  bereits  im 
Jahre  1902  in  dem  Elektrizitätswerk  Vouvry  —  unweit  der  Ausmündung  der  Rhone  in  den 
Genfer  See  — ,  welches  die  Wasserkraft  des  Lac  Tanay  ausnützt,  ein  Gefalle  von  920,0  m 
in  einer  Turbine  erreicht  und  nachgewiesen,  dass  es  keine  Bedenken  hat,  auch  noch  weiter 
zu  gehen.  Wenn  bei  den  älteren  Konstruktionen  bei  Gefällen  von  5,0 — 10,0  m  und 
grösseren  Einheiten  Umlaufzahlen  von  50 — 70  in  der  Minute  schon  als  erheblich  galten, 
baut  man  heute  mit  Vorliebe  unter  sonst  gleichen  Verhältnissen  Turbinen  mit  100 — 200 
Umläufen  in  der  Minute.  Bei  kleinen  Einheiten  von  150 — 300  PS«  und  Gefallen  von 
15,0 — 30,0  m  sind  300 — 400  Uml  /Min.  und  bei  grossen  Gefallen  und  kleinen  Einheiten 
UmL/Min.  von  500—1000  nicht  selten.  Im  Jahre  1904  hat  die  Platt  Iron  Works  Co. 
Dayton,  Ohio  an  die  California  Gas-  and  Electric-Co.  eine  Freistrahlturbine  geliefert, 
welche  bei  einem  Gefalle  von  213,0  m  in  einem  Laufrade  10000  PSe  bei  400  Ural/Min. 
entwickelt  und  dieselbe  Gesellschaft  lieferte  1905  für  die  Seattle  &  Tacoma  Power  Co. 
eine  Francis  Einradturbine,  welche  in  einem  Einzelrade  10000  PSe  bei  300  Uml. /Min. 
und  79,3  m  Gefälle  leisten  kann "). 

Andererseits  vermag  sich  heute  aber  auch  der  Turbinenbauer  den  Bedürfnissen 
anzupassen,  wenn  die  Verwendungsart  der  gewonnenen  Kraft  geringe  Tourenzahlen  bei 
grossem  Gefalle  erfordert.  So  hat  z.  B.  die  Firma  Ganz  &  Co.  in  Budapest  für  das 
Walzwerk  Jauerburg  (Krain)  ein  Peltonrad  von  1600  PSe  Leistung  geliefert,  welches  bei 
320,0  m  Gefälle  nur  70  Uml./Min.  macht. 

Auch  die  Nutzeffekte  der  Turbinen  sind  allmählich  gesteigert  worden.  Früher 
hielt  man  einen  Nutzeffekt  von  75%  schon  für  ein  gutes  Resultat.  Heute  werden 
nicht  selten  von  den  Turbinenbauanstalten  80°/o  Nutzeffekt  bei  normaler  Belastung  und 
unter  besonders  günstigen  Umständen  sogar  noch  mehr  gewährleistet  (vergl.  auch  Kap. 
III,  5.  Turbinen). 

Bezüglich  der  Höhe  der  zu  verwendenden  elektrischen  Spannung  und  der  Länge 
der  Kraftleitung  hat  man  ebenfalls  seit  dem  Versuche  von  Lauffen  gewaltige  Fort* 
schritte  gemacht. 

Wie  in  der  Grösse  der  Turbineneinheiten  und  der  einzelnen  Wasserkraftanlagen 
schreiten  auch  inbezug  auf  die  Höhe  der  verwendeten  Spannung  und  auf  die  Länge  der 
Übertragung  die  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika  an  der  Spitze.  Spannungen  von 
60000  Volt  sind  bei  mehreren  amerikanischen  Anlagen  im  Betriebe.  Die  grösste  Ent- 
fernung zwischen  Krafthaus  und  Verwendungsstelle  weist  das  Elektrizitätswerk  der  Bay 
Counties  Power-Co.  in  De  Sabla,  Kalifornien,  auf,  welches  elektrische  Energie  mit 
55000  Volt  auf  370  km  nach  San  Francisco  liefert.  Es  ist  aber  vorgekommen,  dass, 
als  einmal  die  Druckwasserleitung  des  Elektrizitätswerkes  der  Standard  Electric  Co.  in 
Electra,  welche  gleichfalls  nach  San  Francisco  Strom  liefert,  gebrochen  war,  von  de  Sabla 
aus  nach  Electra  auf  rund  580  km  Strom16)  geliefert  wurde  und  der  Betrieb 
mit  genügender  Sicherheit  durchgeführt  werden  konnte  (vergl.  Kap.  III,  7 
Leitungsanlagen  für  den  elektrischen  Strom). 

In  Europa  wird  die  Ende  1906  wahrscheinlich  in  Betrieb  kommende  Fernleitung  der 
Societa  Lombarda  per  distribuzione  di  energia  elettrica  in  Mailand  von  der  italienischen 
Grenze  bei  Brusio  nach  Vizzola  am  Tessin  (vergl.  Kap.  II,  1)  mit  155,0  km  Länge  wohl  als 
die  gegenwärtig  längste  zu  betrachten  sein.    Die  Spannung  soll  hierbei  40000  Volt  betragen. 

ia)  Die  Turbine  wurde  für  die  Snoqualmie  Falls  Kraftanlage,  56  km  Ostlich  von  Seattle.  Wank 
geliefert    Zeitschr.  f.  d.  gesamte  Turbinen wesen  1906,  S.  345. 

ic)  Elektrische  Bahnen  und  Betriebe,  1905,  Seite  539  540. 


§    1.  Geschichtlicher  Überblick.  13 

Technisch  gibt  es  für  die  Länge  der  Kraftübertragung  kaum  noch  eine  Grenze, 
sie  wird  vielmehr  durch  wirtschaftliche  Rücksichten  gezogen,  weil  bei  allzugrosser 
Entfernung  die  Kosten  der  Leitung  nicht  mehr  im  Verhältnis  zu  dem  Nutzen  stehen, 
welchen  die  Verwendung  billiger  Wasserkräfte  im  Vergleich  zu  Wärme-Kraftmaschinen 
bietet. 

• 

Wer  sich  ein  Bild  machen  will  über  die  Entwickelung,  welche  der  Ausbau  von 
Wasserkräften  inzwischen  in  verschiedenen  Ländern  gehabt  hat,  wird  bald  den  Mangel 
und  die  Dürftigkeit  des  vorhandenen  Materials  erkennen.  Nicht  allein,  dass  die  Statis- 
tiken unvollständig  sind,  sie  sind  auch  insofern  ungenau  und  nicht  vergleichbar,  weil  die 
Angaben  über  die  ausgebauten  PSe  auf  ganz  verschiedenen  Grundlagen  gemacht  sind. 
In  ein  und  derselben  Statistik  findet  man  für  einen  Teil  der  Werke  die  Gesamtleistung 
nach  vollem  Ausbau  und  für  einen  anderen  Teil  wiederum  nur  die  Leistung  des  zurzeit 
aasgebauten  Teiles  angegeben,  ohne  dass  der  grosse  Unterschied  in  der  Grundlage  der 
Zahlenangabe  kenntlich  gemacht  wäre.  Alsdann  schwanken  die  Angaben  insofern,  als 
an  einer  Stelle  die  Mindestkraft,  welche  das  ganze  Jahr  hindurch  vorhanden  ist,  an 
einer  anderen  eine  mittlere  Kraft  und  an  einer  dritten  Stelle  die  grösste  Kraft  zugrunde 
gelegt  wurde,  Zahlen,  welche  oft  sehr  erheblich  auseinanderliegen.  So  gut  es  geht,  mag 
dennoch  versucht  werden,  mit  Hilfe  des  vorhandenen  Materials  in  grossen  Zügen  ein 
Bild  zu  entwerfen. 

Die  Mehrzahl  aller  grösseren  Anlagen  verwertet  die  Wasserkraft  durch  Umwandlung 
in  elektrische  Energie.  Deshalb  bilden  die  Statistiken  der  Elektrizitätswerke  z.  Z.  noch 
das  verhältnismässig  beste  Material  für  die  Schätzung  der  vorhandenen  Wasserkraftanlagen. 

Der  englische  Ingenieur  Champbell  Swinton  gibt  in  „The  Electrica!  Reviews" 
vom  2.  September  1904  über  die  für  Elektrizitätserzeugung  ausgenützten  Wasserkräfte 
der  verschiedenen  Länder  folgende  Tabelle17): 

Übersicht  der  ausgenützten  Wasserkräfte  nach  Champbell  Swinton. 

Tabelle  IV. 

Vereinigte  Staaten  von  Nordamerika 527467  PS« 

Kanada       228225     n 

Mexiko 18470     Ä 

Venezuela 1200    „ 


n 


n 


n 


Brasilien 800 

Italien 210000 

Frankreich       161343 

Schweiz       133302  „ 

Deutschland 81077  „ 

Schweden 71000  „ 

Österreich 16000  „ 

England 11906  „ 

Russland 10000  „ 

Indien 7050  „ 

Japan 3450  „ 

Süd-Afrika 2100  „ 

Summa  1483390  PSd 
1?)  I.  T.  Z.  1904,  Smte  1097. 


71 

n 


14  I.    Theodor  Kobhn.     Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Es  wird  indessen  von  dem  genannten  Verfasser  dazu  bemerkt,  dass  nicht  von 
allen  Werken  Angaben  erhalten  werden  konnten,  auch  manche  der  berücksichtigten 
Werke  inzwischen  vergrössert  worden  seien.  Swinton  schätzt  daher  die  Gesamt- 
leistung aller  aufgeführten  Länder  an  ausgebauten  Wasserkräften  für  Elektrizitäts- 
erzeugung auf  rund  2000000  PS«.  Seine  Zahlen  sind  aber  sicherlich  inzwischen  ganz 
erheblich  überholt. 

Bezüglich  der  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika  ergibt  die  offizielle  Statistik 
über  den  Stand  der  Elektrizitätswerke  für  Licht-  und  Kraftzwecke  am  30.  Juni  1902 
an,  dass  im  ganzen  an  Wasserkraftmaschinen  zur  Erzeugung  elektrischer  Energie 
381 134  PS«  verwendet  wurden18).  Allerdings  sind  hierin  nur  die  Werke  für  öffent- 
liche Stromabgabe  enthalten,  also  alle  Privatwerke  und  Eigenwerke  der  Strassen- 
bahnen  etc.  nicht.  Dass  diese  Zahl  aber  auch  mit  dieser  Einschränkung  inzwischen 
überschritten  ist,  beweist  schon  die  nachstehende  Zusammenstellung  der  Leistungen  einer 
Anzahl  grösserer  und  bekannterer  Werke  für  öffentliche  Stromabgabe: 

1.  Niagara  Falls  Power  Co.  (vergl.  Kap.  II,  28) 110000  PS. 

2.  Niagara  Falls  Hydraulic  and  Manufacturing  Co.  (vergl.  Kap.  II,  29)      70000    „ 

3.  St.  Lawrence  Power  Co.  bei  Massena  im  Staate  New  York19)    .      70000 

4.  Wasserkraftanlage  bei  Keokuk  am  Missouri 60000 

5.  Die  Elektrizitätswerke  der  Standard  Electric  Co.  und  Bay  Counties 
Power  Co.  in  Electra  und  De  Sabla  zur  Versorgung  von  S.  Francisco 
und  Oakland  Kalifornien»0) 50000    „ 

6.  Kraftwerk  Sault  St.  Marie.  Michigan  (vergl.  Kap.  II,  30)  .     .     .       45000    „ 

7.  Elektrizitätswerk  am  Hudson  zur  Ausnützung  der  Spierfalle  etwa 
65  km  oberhalb  von  Albany21) 32000    „ 

8.  Washington  Water  Power  Co.  Spokane") 12000    „ 

9.  Kern  River  Power  Co.  Los  Angeles,  Kalifornien") 10000    „ 

10.  Missouri  River  Power  Co.  bei  Black  Canon  am  Missouri84)    .     .       10000    „ 

11.  Nothern  Power  &  California  Power  Co.  bei  Volta,  Kalifornien26)        4500    p 

12.  Elektrizitätswerk  am  Cow  Creek,  Kansas26) 4000    „ 

477500  PSe 
Die  oben  erwähnte  offizielle  Statistik  war  die  erste  ihrer  Art  und  es  ist  des- 
halb natürlich,  dass  sie  noch  recht  unvollständig  ausfiel.  Zweifellos  gibt  es  auch  noch 
eine  Menge,  meistens  wohl  kleinerer  Wasserkraftanlagen,  bei  welchen  die  gewonnene 
Kraft  nicht  in  elektrische  Energie  umgewandelt  wird.  Schätzungsweise  wird  man  die 
bis  1905  verwendeten  und  im  Bau  begriffenen  Wasserkräfte  der  Vereinigten  Staaten 
immerhin  auf  700000  bis  800000  PS«  in  Anschlag  zu  bringen  haben. 

Für  Kanada  bleibt  die  von  Champbell  Swinton  angegebene  Zahl  von 
228225  PS«  sicherlich  hinter  der  Wirklichkeit  zurück,  weil  schon  allein  die  Wasser- 
kraftanlagen auf  der  kanadischen  Seite  des  Niagara- Flusses  laut  nachstehender  Liste 

18)  Z.  d.  V.  d.  I.    1908,  Seite  1578  und  Electrica  World  and  Engineer  vom  8.  August  1903, 
Seite  212. 

i»)  Z.  d.  V.  d.  I.  1901,  Seite  500  und  Engineering  News,  21.  Febr.  1901,  Seite  1091. 

>o)  Elektrische  Bahnen  und  Betriebe  1905,  Seite  540. 

•i)  E.  T.  Z.  1903,  Seite  758,  —  Electrical  World  and  Engineer  1903,  Seite  1091. 

«)  E.  T.  Z.  1904,  Seite  1097. 

t3)  E.  T.  Z.  1904,  Seite  1097. 

»«)  E.  T.  Z.  1903,  Seit«  319,  —  The  Electrical  Times,  12.  Febr.  1908. 

")  Electrical  World,  14.  Man  1908. 

")  E.  T.  Z.  1908,  Seite  319. 


§  1.  Geschichtlicher  Oberblick.  15 

487000  installierte  PSe  ergeben,    wovon  etwa  325000  PS«   ständig  aasgenützt  werden 

können. 

1.  Ontario  Power  Co.  of  Niagara  Falls 205000  PSe 

2.  Toronto  and  Niagara  Falls  Power  Co 137000     r 

3.  Canadian  Niagara  Falls  Power  Co 100000    „ 

4.  Hamilton-  Cataract  Co. 45000    „ 

487000  PSe 

Es  ist  allerdings  zu  dieser  Zusammenstellung  zu  bemerken,  dass  die  drei  erst- 
genannten Gesellschaften  in  ihren  Krafthäusern  die  volle  verfügbare  Kraft  noch  nicht 
ganz  ausnützen.  Die  fiamilton  Cataract  Co.  entnimmt  ihr  Wasser  nicht  unmittel- 
bar an  den  Fällen,  sondern  weiter  oberhalb  durch  einen  längeren  Werkkanal. 

Für  Frankreich  gibt  der  Kommandant  Audebrand  in  G renoble27)  die  ge- 
samten im  Jahre  1905  ausgenützten  Wasserkräfte  auf  ungefähr  650000  PS«  an.  Diese 
Angabe  ist  auf  Grund  anderen,  zerstreut  gefundenen  Materials  so  gut  wie  möglich  nach- 
geprüft und  scheint  zu  stimmen,  wenn  man  die  1905  im  Ausbau  befindlichen  und  kon- 
zessionierten Wasserkräfte  mit  hinzurechnet  und  die  installierten  PS©  zugrunde  legt. 

In  dem  Compte  rendu  der  Chambre  de  Commerce  de  Lyon  für  1903  wird  ein 
Bericht  des  Vizepräsidenten  der  Handelskammer  M.  Coignet  veröffentlicht,  in  welchem 
als  Anhang  eine  Statistik  der  grösseren  Wasserkräfte  von  Süd-  und  Ostfrankreich  ent- 
halten ist.    Diese  Statistik  führt  allein  202041  PS*  auf. 

Der  Ingenieur'  V.  Turquan  gibt  in  einer  Studie98)  1896  die  ausgenützten 
Kräfte  schon  auf  1028807  PS  an.  Wenn  man  auch  diese  Ziffer  auf  PS*  an  den  Tur- 
binenwellen zurückführt  durch  Multiplikation  mit  0,75,  so  erscheint  sie  doch  noch  viel 
zu  hoch.  Die  Grösse  dieser  Zahl  ist  wahrscheinlich  daraus  zu  erklären,  dass  alle  kleinen 
Wasserkraftbesitzer  bei  Anfragen  ihre  Wasserkraft  erfahrungsgemäss  viel  zu  hoch  an- 
geben. Interessant  ist  aber  an  den  Angaben  von  Turquan,  dass  im  Jahre  1896  in 
Frankreich  bereits  69620  Wasserkraftanlagen  gezählt  wurden,  so  dass  nach  seiner  Zahl 
sich  die  durchschnittliche  Kraftleistung  zu  14  PS  berechnet  haben  würde.  In  Wirklich- 
keit dürfte  dieselbe  aber  wohl  weniger  als  7  PSe  betragen  haben. 

Nach  Audebrand  entfallen  von  den  650000  PS«  in  Gesamt-Frankreich  allein 
auf  die  Dauphine  und  Savoyen  145000  PSe.  Da  beide  Gebiete  zusammen  ungefähr 
17870  qkm  Oberfläche  haben,  so  kommt  auf  das  Quadratkilometer  die  stattliche  Zahl 
von  ungefähr  8,1  PS«. 

Für  das  gesamte  Frankreich  ergibt  sich: 

Tabelle  V. 


Verwendete  Wasserkräfte  Frankreichs  1905 


Flächeninhalt  in 
qkm 

Verwendete  Wasser- 
kräfte in  PSe 

Verwendete  Wasser- 
kräfte pro  qkm 

Einwohnerzahl 

V  er  wendete  W  asser 

kräfte   in  PSe    pro 

1000  Einwohner 

536000 

650000 

1,2 

88  900000 

16,7 

Für  die  Schwel«  bietet  die  Statistik  über  die  Starkstromanlagen  des  schweizeri- 
schen elektrotechnischen  Vereins  und  des   Verbandes  schweizerischer  Elektrizitätswerke 


t?)  Le  Commandant  Audebrand  log.:  ,La  Honille  Blanche"  Grenoble,  Alexandre  Gratier  et 
Jules  Bey  1905. 

i»)  Le  Genie  Civil  5.  12.  und  19.  September  1896. 


16 


I.    Theodor  Koshn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 


60000     . 
150000    „ 

380000  PSe 


pro  1904  einen  Anhaltspunkt    Hiernach  gab  es  im  ganzen  218  durch  Wasserkraft  be- 
triebene Werke  mit  zusammen 170000  PSe 

maximaler  und  142000  PS«  mittlerer  Leistung.  Da  die  Statistik  jeden- 
falls auch  noch  unvollständig  ist,  wird  das  Gesamtbild  bei  Annahme  der 
maximalen  Leistung  der  Wirklichkeit  am  besten  entsprechen.  Die  nicht 
für  Elektrizitätserzeugung  verwendeten  Wasserkräfte  sind  nach  anderen 

Angaben  auf  rund 

und  die  im  Bau  begriffenen  sowie  die  bereits  konzessionierten  auf  etwa 
zu  schätzen,  so  dass  sich  in  Summa,  wenn  man  aus  der  Statistik  der 
Elektrizitätswerke  die  Zahl  der  grössten  Leistung  zugrunde  legt  .  .  . 
ergeben  würden. 

Es  ist  interessant,  aus  der  schweizerischen  Statistik  zu  sehen,  dass  von  den 
insgesamt  gezählten  427  Elektrizitätswerken  147  keine  eigene  Stromerzeugung  haben, 
sondern  ihren  Strom  von  den  grossen  Wasserkraftanlagen  beziehen,  so  dass  nur  280  mit 
eigener  Stromerzeugung  bleiben.  Von  diesen  haben,  wie  gesagt,  218  Werke  Wasser- 
kraft, und  nur  62  werden  mit  Dampf  oder  Gas  betrieben.  Allerdings  muss  dabei 
bemerkt  werden,  dass  eine  ganze  Reihe  von  Wasserkraftanlagen  mehr 
oder  weniger  grosse  Dampfreserven  zur  Verfügung  halten. 

Unter  den  im  Bau  begriffenen  Wasserkraftanlagen  sei  die  Anlage  am  Poschi&vino 
bei  Brusio  mit  allein  35000  PS«  besonders  hervorgehoben,  welche  ca.  20000  PSe  über  die 
italienische  Grenze  an  die  Societä  Lombarda  per  distribuzione  di  energia  elettrica  in 
Mailand  zu  liefern  hat  (vergl.  Kap.  II,  1  u.  2). 

Das  Gesamtbild  der  Schweiz  stellt  sich  demnach  wie  folgt: 

Tabelle  VI. 


Verwendete  Wasserkräfte  in  der  Schweiz  1905 

Flächeninhalt  in 
qkm 

Verwendete  Wasser- 
kräfte in  PS« 

Verwendete  Wasser- 
kräfte p.  qkm  in  PSe 

Einwohnerzahl 

Verwendete  Wasser- 
kräfte  in    PSe    pro 
1000  Einwohner 

41000 

880000 

9,27 

3300000 

115,1 

Besonders  bemerkenswert  ist  die  Entwickelung  des  Ausbaues  von  Wasserkräften 
im  Kanton  Waadt.  Hier  sind  es  die  Gemeinde  Lausanne  und  14  Gesellschaften,  welche 
das  ganze  Gebiet  des  Kantons  von  3223  qkm  Oberfläche  derart  mit  Kraft  versorgen, 
dass  fast  keine  Gemeinde  mehr  ohne  Gelegenheit  zum  Bezüge  von  elektrischer  Energie 
für  Licht  und  Kraft  ist.  Es  stehen  nicht  weniger  als  43000  PS«  in  ausgebauten 
Wasserkräften  bereits  zur  Verfügung,  von  denen  mehr  als  die  Hälfte  1905  schon  Ver- 
wendung gefunden  hatte.  Dabei  ist  wohl  zu  bedenken,  dass  der  Kanton  verhältnis- 
mässig arm  an  Grossindustrie  ist.  Aber  die  Kleinindustrie  und  die  Land- 
wirtschaft haben  sich  die  Wohltaten  der  billigen  Kraftlieferung  in 
staunenswerter  Weise  zunutze  gemacht.  Es  kamen  1905  auf  einen  Quadrat- 
kilometer ca.  13,6  verfugbare  PS«,  und  es  wird  nicht  lange  dauern,  bis  dieselben  völlig 
ausgenützt  sind.  Am  1.  Dezember  1900  betrug  die  Einwohnerzahl  281379,  so  dass  auf 
je  1000  Einwohner  155  verfügbare  PS«  an  elektrischer,  durch  Wasserkraft  erzeugter 
Energie  entfielen. 

In  Italien  betrug  nach  der  „Statistica  Industriale"  Riassunto  delle  No- 
tizie  sulle  Condizione  Industriali  del  Regno"),  herausgegeben  von   der  Direzione  Gene- 

")  Tipografia  Nasionale  Borna,  Via  Umbris.  1905. 


§    l. 


Geschichtlicher  Überblick. 


17 


raJe  della  Statistica  des  Ministeriums   für   Landwirtschaft,   Industrie    und  Handel    im 
Jahre  1903  die  Gesamtleistung  der  verwendeten  Wasserkräfte  418248  theoretische  PS. 


(cavali  dinamici),  d.  h.  rund 

an  den  Turbinenwellen  gemessen,  wovon 

auf  Piemont   , 

auf  die  Lombardei       

auf  Venezien       


62970  PSe 
80496     „ 
26705     „ 


im  ganzen  also  auf  diese  3  Landesteile  Oberitaliens      170 171  PSe 
entfielen. 

Seit  der  Zeit  sind  nach  Auszählung  der  grösseren  und 

bekannteren  Werke  mindestens  noch 

hinzugekommen  und  es  sind  noch  etwa 

im  Bau  oder  doch  bereits  konzessioniert,  so  dass  sich  die  Gesamt- 
zahl der  bis  Ende  1905  verwendeten  und  im  Bau  oder  Vor- 
bereitung befindlichen  Wasserkräfte  auf  rund 

stellt. 

Für  Italien  ergibt  sich  demnach  folgendes  Gesamtbild: 

Tabelle  VI. 


314000  PSe 


75000 
75000 


464000 


Verwendete  Wasserkräfte  in 

Italien  1905. 

Flächeninhalt  in 
qkm 

Verwendete  Wasser- 
kräfte in  PS« 

Verwendete  Wasser- 
kräfte p.  qkm  in  PS« 

Einwohnerzahl 

Verwendete  Wasser: 

kräfte  in   P8*    pro 

1000  Einwohner 

287  000 

464000 

1,7 

82500000 

14,2 

Hiervon  fallen  auf  die  Lombardei  mit  den  Provinzen: 
Bergamo,  Brescia,  Como,  Cremona,  Mantua,  Milano,  Pavia  und 
Sondrio  ungefähr 

Die  Einwohnerzahl  des  Landesteiles  (Regione)  Lombardei 
beträgt  4 107  851,  so  dass  auf  1000  Einwohner  im  Jahre  1905 
immerhin  schon  die  beträchtliche  Zahl  von  beinahe  28  PS.  in 
Wasserkraft  entfielen. 

Nach  den  „Notizie  Statistiche  sugli  Impianti  Elettrici 
Esistenti  in  Italia  alla  Fine  del  1898"*°)  des  Ministeriums  für 
Landwirtschaft,  Industrie  und  Handel  (Roma  1901)  betrug  am 
Ende  des  Jahres  1898  die  Gesamtkraft  aller  für  die  Erzeugung 
elektrischer  Energie  verwendeten  Wassermotoren  40440  Kw 
oder  rund  58000  PS., 

wovon  auf  die  Lombardei  rund 

entfielen.  Die  übrigen  nicht  für  Umwandlung  in  elektrische 
Energie  verwendeten  Wasserkräfte  sind  für  Ende  1898  etwa  auf 

zu  schätzen,  so  dass  sich  für  die  Lombardei  zusammen  .  .  . 
ergeben  würden.  Es  haben  sich  also  in  der  Lombardei 
in    dem     verhältnismässig    kurzen    Zeitraum    von 


112000  PS.. 


23000 


12000 


9 


35000  PS. 


so)  Eine  neuere  Anagabe  war  bia  zur  Drucklegung  noch  nicht  erschienen. 
Haadtoua  dar  Img.-WiiMiiM]i.    m.  Teil.    18.  Band. 


18 


L    Theodos  Koehh.    Ausbau  vojt  WakebkbIftbbt.    AixoEMEnna 


7  Jahren  die  verwendeten  Wasserkräfte  in  PS«  mehr 
als  verdreifacht. 

Für  Deutschland  hat  Frauenholz  die  in  den  acht- 
ziger Jahren  des  vorigen  Jahrhnnders  ausgenützten  Wasser- 
kräfte auf  etwa 

geschätzt91).  Diese  Zahl  erscheint  nicht  zu  hoch  gegriffen  und 
soll  deshalb  mangels  einer  besseren  Unterlage  hier  zugrunde 
gelegt  werden81).  Von  1891  an  ist  der  Ausbau  von  Wasser- 
kräften in  ganz  überwiegender  Weise  für  die  Erzeugung  elek- 
trischer Energie  durchgeführt,  so  dass  die  Statistiken  der  Ver- 
einigung deutscher  Elektrizitätswerke  und  des  Verbandes  deutscher 
Elektrotechniker  die  beste  Auskunft  erteilen.  Diese  Statistiken 
geben  nach  dem  Stande  vom  1.  April  1905*  das  folgende  Bild13): 

Es  betrug: 

1.  in  reinen  Wasserkraftanlagen  die  normale  Gesamt- 
leistung der  Maschinen  15582  Kw  oder  rund 

und  zwar  in  125  Anlagen.  Es  kommen  also  im  Durchschnitt 
rund  170  PS.  auf  eine  Anlage; 

2.  in  gemischten  Systemen  mit  Wasser  und  Dampf,  und 
zwar  das  eine  oder  andere  als  Reserve,  die  normale  Gesamt- 
leistung 61692  Kw  oder  rund  88000  PS.  in  219  Anlagen.  In 
der  letztgenannten  Summe  figuriert  allein  die  Wasserkraft  Rhein- 
felden  mit  17000  PS#,  so  dass  verbleiben  ohne  Rheinfelden 
71000  PS*.  Von  dieser  Zahl  ist  mindestens  die  Hälfte  .  .  . 
auf  Wasserkraft  zu  rechnen.  Rheinfelden  selbst  ist  aber  nicht 
mit  der  ganzen  Kraft  von   17000  PS«,   sondern  nur  mit  der 

Hälfte,  also  mit 

in  Rechnung  zu  stellen,  weil  die  Hälfte  davon  für  die  schwei- 
zerischen Werke  mitgezählt  ist; 

3.  in  gemischten  Systemen  mit  Wasser  und  Gas  die 
normale  Gesamtleitung  2200  PS,  in  18  Anlagen.  Es  wird  für 
die  Wasserkräfte  nicht  zu  hoch  gerechnet  sein,  wenn  man  ihren 

Anteil  mit  der  Hälfte,  also  zu 

in  Rechnung  setzt.  Hiernach  ergeben  sich  für  Deutschland  im 
ganzen  rund 


an  bereits  ausgenützten  Pferdestärken. 

Nach  derselben  Statistik  sind  noch  im  Bau  oder  Vor- 
bereitung : 

4.  in  75  reinen  Wasserkraftanlagen 
(also  durchschnittlich  84  PS«  pro  Anlage) 


170000  PS. 


22500 


35000 


8500 


1100 


237 100  PS. 


6300  PS.. 


'1)  Intze:  «Die  bessere  Ausnutzung  der  Gewässer  und  Wasserkräfte*.  Berlin,  Verlag  von 
Julias  Springer,  1889. 

8*)  In  den  Motiven  zum  bayrischen  Wassergesetze  vom  Februar  1904  wird  die  Zahl  der  aus- 
genutzten Wasserkräfte  Bayerns  allein  für  die  im  Staatseigentum  befindlichen  Flüsse  auf  84300  PS« 
angegeben. 

88)  E.  T.  Z.  1906,  Seite  188. 


§    1.  Geschichtlicher  Überblick. 

Übertrag : 

5.  in  15  gemischten  Werken  mit  Wasserkraft  und  Dampf 
2700  PSe,  wovon  auf  Wasser  allein  etwa  die  Hälfte  mit  .  . 
zu  rechnen  ist. 

6.  in  6  gemischten  Werken  mit   Wasser  und  Gas  von 

zusammen  rund  900  PSe,  wovon  auf  Wasser 

zu  rechnen  sind.    Hierzu  kommen 

7.  die  neuen  Wasserkraftanlagen  an  der  Isar  der  Stadt 
München  mit84) 

8.  Die  beiden  Talsperren  der  Provinz  Schlesien  bei 
Marklissa  und  Mauer  mit         

9.  Die  Talsperren  an  der  Wupper  und  ihren  Neben- 
flüssen und  an  der  Ruhr  und  ihren  Nebenflüssen  mit  rund 

10.  Die  Wasserkräfte  der  Ruhrtalsperren-Gesellschaft  in 
Heimbach  a.  d.  R.*5)  mit  zusammen 

11.  Schliesslich  kommt  noch  hinzu  die  von  den  Feiten 
&  Guillaume-Lahmeyer -Werken  geplante  grosse  Anlage  bei 
Laufenburg,  deren  Bau  binnen  kurzem  beginnen  soll.  Dieselbe 
ist  in  der  Statistik  mit  rund  40000  Kw  angegeben,  es  handelt 
sich  aber  im  ganzen  nur  um  ca.  50000  PS6.  Da  die  Hälfte  davon 
auf  die  Schweiz  entfallt,  so  sollen  hier  in  Ansatz  gebracht  werden 

Hiernach  ergeben  sich  für  Deutschland  als  im  Ausbau 

und  Vorbereitung  befindlich 

und  alles  zusammen  für  ganz  Deutschland  an  bereits  verwendeten 
Wasserkräften  294400  PS,. 

Für  Deutschland  ergiebt  sich  demnach: 

Tabelle  VII. 


19 
6300  PSe 

1350     „ 


450 


4200 


6000 


4000 


n 


10000     „ 


25000 


57300  PS. 


Verwendete  Wasserkräfte  in  De 

utschJand  1905. 

Flächeninhalt  in 
qkm 

Verwendete  Wasser- 
kräfte in  PSe 

Verwendete  Wasser- 
kräfte p.  qkm  in  PSe 

Einwohnerzahl 

Verwendete  Wasser- 
kräfte  in  P8e    pro 
1000  Einwohner 

540000 

294400 

0,54 

60000000 

4,56 

In  England  ist  der  Reichtum  an  Wasserkräften  nicht 
bedeutend.  Immerhin  ist  die  Anzahl  der  verwendeten  PS«  bereits 
erheblich  grösser,  als  sie  Cham pb eil  Swin ton  in  der  Tabelle 
Seite  13  angibt.    Bemerkenswerte  Anlagen  in  England  sind: 

Die  Anlagen  der  British-Aluminium-Werke  in  Foyers 
Schottland,  welche  1904  bereits  eine  Kraft  von  9000  PS6  aus- 


84)  E.  T.  Z.  1903,  Seite  61. 

36)  Die  grosse  Urfttalsperre  (vergl.  auch  die  Beschreibung  der  Urfttalsperre  im  Kap.  II,  84)  ist 
inzwischen  in  Betrieb  genommen,  der  Ausbau  weiterer  Wasserkräfte  ist  in  Vorbereitung.  In  der  Statistik 
ist  unter  den  in  Bau  begriffenen  Werken  die  Urfttalsperre  mit  20  000  Ew  und  ausserdem  noch  die  Ruhr- 
talsperren -  Gesellschaft  Ueimbach  a.  d.  Roer  mit  12800  Ew  in  Ansatz  gebracht,  was  nur  auf  einem 
Irrtum  beruhen  kann.  Die  hier  zum  Vergleich  in  Betracht  kommende  Leistung  dürfte  10000  PSe  nicht 
aberschreiten. 

2* 


20 


L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 


nützten,  dieselbe  aber  durch  Hinzuziehung  des  Loch  Leven  auf 
zu  bringen  beabsichtigen86). 

Die  Anlage  der  North  Wales  Electric  Power  Co.,  welche 
ihre  Betriebskraft  dem  Llydaw-See  am  Snowdon  entnimmt.  Das 
Werk  war  1904  erst  mit  4  Turbineneinheiten  ä  1000  Kw  aus- 
gerüstet, kann  aber  auf 

gebracht  werden. 

Die  Wasserkraftanlage  des  Scotch  Water  Power  Syndi- 
cates,  welche  sich  8  km  nördlich  von  Tarbet  am  Inveruglas 
Water  befindet  und  ihre  Betriebskraft  dem  Loch  Sloy  mit  .  . 
entnimmt.  Diese  drei  Werke  zusammen  ergeben  bei  vollem 
Ausbau  bereits 


17000  PSe 


8200 


6000 


31200     „ 

Wenn  auch  die  Engländer  in  ihrem  europäischen  Reiche  im  Vergleich  zu  anderen 
Ländern  keine  grosse  Gelegenheit  haben,  Wasserkräfte  auszubauen,  so  ist  ihnen  dafür 
in  ihren  Kolonien,  namentlich  in  Kanada  und  Indien  ein  um  so  grösseres  Feld  der 
Tätigkeit  zur  Verfügung  gestellt. 

In  Tabelle  VIII  sind  die  Ergebnisse  der  Tabellen  IV—  VII  noch  einmal  zu- 
sammengestellt. 

Tabelle  VIII. 


Verwendete  Wasserkräfte  1905  in  PS«. 


Bezeichnung  des  Landes 


Deutschland 
Frankreich 
Italien    .    . 
Schweiz 


im  ganzen 


294400 
650000 
464000 
880000 


0,54 
1,20 
1,70 
9,27 


pro 
1000  Emw. 


4,56 
16,7 

K» 
115,1 


Von  den   übrigen  europäischen  Staaten  fehlen  leider   genügende  Angaben,   um 
einen  einigermassen  richtigen  Überblick  zu  gewinnen. 

Die  Haupttätigkeit  beim  Ausbau  von  Wasserkräften  haben  in 
allen  Ländern  bis  jetzt  Privatpersonen  und  Privatgesellschaften 
entwickelt. 

In  Frankreich  ist  die  Beteiligung  des  Staates  und  der  Gemeinden  an  dem  Ausbau 
yon  Wasserkräften  bis  jetzt  noch  ganz  verschwindend. 

In  Italien  haben  eine  Anzahl  kleinerer  Gemeinden  Wasserkräfte  selbst  ausgebaut, 
oder  ausgebaute  Kräfte  käuflich  übernommen.  Neuerdings  plant  die  Stadt  Mailand 
eine  grosse  Wasserkraftanlage  bei  Grosola  an  der  Adda  in  der  Valtellina  von  40000  PS«, 
um  in  Konkurrenz  mit  der  Societa  Generale  Italiana  di  Elettricitä  sistema  Edison37),  welche 
bisher  die  Stadt  Mailand  für  den  öffentlichen  und  privaten  Bedarf  mit  elektrischer 
Energie  versorgt,  die  Stromlieferang  zu  übernehmen. 

Die  schon  erwähnte  Statistik  der  Amerikanischen  Elektrizitätswerke  für  Licht- 
und  Kraftzwecke  vom  30.  Juni  1902  gibt  an,   dass  von  den  zur  Erzeugung  elektrischer 


•«)  E.  T.  Z.  1904,  Seite  1098. 

37)  Die  Societa  Generale  erzeugt  ihren  Strom,  abgesehen  von  mehreren  grossen  Dampf  zentralen 
in  Mailand,  hauptsächlich  in  ihrem  Wasserkraftwerk  bei  Paderno  an  der  Adda. 


§    1.  Geschichtlicher  Überblick.  21 

Energie  verwendeten  381 134  Wasser-PSe  nur  11218  PSe,  d.  h.  etwa  3°/o  auf  städtische 
oder  staatliche  Werke,  369916  auf  private  Besitzer  entfallen. 

In  Deutschland  war  am  Ende  des  Jahres  1905  die  Zahl  der  im  Betriebe  von 
Gemeinden  oder  Staat  befindlichen  Wasserkraftwerke  mit  Umwandlung  in  elektrische 
Energie  auf  95  mit  zusammen  8800  PSe  oder  3,7%  der  Gesamtleistung  aller  bereits 
ausgebauten  und  13,1%  der  elektrisch  betriebenen  Werke  angewachsen.  Wenn  die  im 
Bau  und  Vorbereitung  befindlichen  Anlagen  hinzugerechnet  werden,  verschiebt  sich  das 
Verhältnis  noch  etwas  zugunsten  der  gemeindlichen  und  staatlichen  Werke. 

In  der  Schweiz  sind  von  den  gesamten  218  Elektrizitätswerken  mit  eigener  Kraft- 
erzeugung durch  Wasser  mit  rund  170000  PSe,  30  mit  rund  30000  PS«,  d.  h.  rund  17% 
von  den  Gemeinden  erstellt  oder  durch  diese  von  den  früheren  Konzessionsinhabern 
käuflich  erworben  worden.  Der  Rest  aber  ist  auf  private  Initiative  zurückzuführen  und 
wird  von  Privaten  betrieben.  Unter  den  gemeindlichen  Anlagen  mit  Wasserkraft  nimmt 
diejenige  der  Stadt  Genf  mit  18600  PS«  zurzeit  noch  den  ersten  Platz  ein,  dann  folgen 
St.  Maurice- Lausanne  mit  5240  PSe98)  und  andere. 

Wie  in  Amerika,  so  sind  es  auch  in  Europa  besonders  die  grossen  Elek- 
trizitäts-Gesellschaften gewesen,  welche  den  kräftigsten  Antrieb  zum  Ausbau 
von  Wasserkräften  entwickelt  haben.  Die  Erfahrung  im  eigenen  Lande  und  das  Bedürf- 
nis nach  Ausdehnung  des  Absatzgebietes  für  ihre  Fabrikate  boten  ihnen  den  Anlass, 
auch  im  Auslande  den  Ausbau  grösserer  Werke  in  die  Hand  zu  nehmen89). 


ss)  Das  Werk  kann  auf  14000  PSe  ausgebaut  werden. 

>9)  So  wurde  beispielsweise  von  der  gröasten  amerikanischen  Elektrizitätsgesellschaft  der 
GenereJ-Electric-Company  am  Rimac-Flasse  in  Peru  für  die  Versorgung  der  Hauptstadt  Lima  eine  grossere 
Wasserkraft  ausgebaut 

Im  Hochgebirge  des  Himalaja  in  Kaschmir  ist  es  dieselbe  Gesellschaft,  welche  in  Verbindung 
mit  der  Ahner  Dohle  Co.  in  San  Francisco  die  Gefalle  des  Dachihlam ,  eines  Nebenflusses  des  Indus, 
ausnützt,  um  20000  P8e  zu  gewinnen  und  neben  anderen  Verwendungszwecken  die  Hauptstadt  Srinagar 
mit  Licht  und  Kraft  zu  versorgen.    (Z.  d.  V.  d.  L  1906,  Seite  67.) 

In  Italien  haben  hei  mehreren  der  frühesten  und  jetzt  noch  grossten  Werke  amerikanische, 
deutsche,  österreichisch-ungarische  und  schweizerische  grosse  Elektrizitäts-Gesellschaften  durch  Über- 
nahme des  finanziellen  Risikos  den  Hauptanstoss  gegeben  und  dadurch  zu  dem  sehr  bemerkenswerten 
Aufschwünge  der  italienischen  Industrie  der  letzten  Jahrsehnte  beigetragen.  So  x.  B.  wurde  schon  im 
Jahre  1893  die  erste  grosse  Wasserkraftabertragung  mittelst  Wechselstrom  auf  25  km  von  Tivoli 
nach  Born  von  der  Firma  Ganz  &  Co.  in  Budapest  erbaut.  Das  bereits  kurz  erwähnte  grosse  Werk 
an  der  Adda  bei  Paderno  ist  mit  Hilfe  der  amerikanischen  Edison-Electric-Co.  ins  Leben  gerufen.  Die 
Anlagen  der  Societh  Lombards  per  Distribuzione  di  Energia  Elettrica  am  Tessin  bei  Vizzola  und  Turbigo 
(vergl.  Kap.  II,  1  u.  2),  die  Anlage  der  Societa  Bergamaska  am  Brembo  bei  Bergamo  f  vergl.  Kap.  II,  3), 
die  Anlage  Pont  8t  Martin  im  Aostatale  an  der  Dorn  Baltea  (vergl.  Kap.  II,  7)  verdanken  zum  grossen 
Teil  dem  Unternehmungsgeist  der  Nürnberger  Gesellschaften:  E.  A.  vorm.  Scbuckert  &  Co.  und  der 
Continentalen  Gesellschaft  für  elektrische  Unternehmungen  ihre  Entstehung. 

Bei  den  Anlagen  Funghera  an  der  Stura  (vergl.  Kap.  II,  4),  Ala  Ceres  an  der  Stura  (vergl. 
Kap.  II,  5)  und  mehreren  anderen  Werken,  welche  für  die  Versorgung  von  Turin  mit  elektrischer  Energie 
dienen,  war  es  die  Klektrisitäts-Gesellschaft  Siemens  &  Halske  in  Berlin,  welche  den  Hauptanstoss  gab. 
Zorn  Aushau  einer  grossen  Anlage  in  der  Nähe  von  Susa  (Piemont)  ergriff  die  mit  der  schweizerischen 
Elektriaitats- Gesellschaft  Brown  Boveri  &  Co.  eng  liierte  Aktiengesellschaft  „Motor"  die  Initiative  und 
nahm  daa  finanzielle  Risiko  auf  sich.  Es  muss  aber  hervorgehoben  werden,  daes  die  Vorarbeiten,  die  Aus- 
arbeitung des  wasserbaulichen  Teiles  der  Projekte  und  die  Ausführung  in  Italien  in  den  meisten  Fallen 
auch  dann,  wenn  ausländische  Gesellschaften  die  geschäftliche  Führung  hatten,  von  italienischen  In- 
genieuren gemacht  worden  sind,  da  deren  Geschicklichkeit  und  Erfahrung  gerade  im  Ausbau  von  Wasser- 
kräften den  Vergleich  mit  denjenigen  der  Ingenieure  anderer  Nationen  keineswegs  zu  scheuen  braucht. 

Die  Schweiz  verdankt  der  Initiative  der  bereits  erwähnten  Aktiengesellschaft  „Motor41  u.  a.  die 
grossen  Werke  bei  Spiez  fKanderwerk),  Beznau  und  bei  Hagneck  (vergl.  Beschreibungen  Kap.  II,  13,  14 


22  I.    Theodor  Koehh.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Neben  den  Elektrizitäte-Gesellschaften  ist  es  in  erster  Linie  die  chemische  In- 
dustrie, welche  zahlreiche  Wasserkraftanlagen  ins  Leben  gerufen  hat,  und  zwar  beson- 
ders fdr  die  Herstellung  von  Aluminium,  Kalziumkarbid,  Chlorkalk,  Soda  und  ganz  neuer- 
dings zur  Gewinnung  von  Stickstoff  aus  der  atmosphärischen  Luft. 

Der  Ausbau  von  Wasserkräften  macht  die  vorhandene  Industrie  durch  Ver- 
ringerung der  Betriebskosten  konkurrenzfähiger,  ruft  aber  auch  ganz  neue  Industrien  ins 
Leben.  Der  Bedarf  an  Kraft  beschränkt  sich  daher  für  eine  Gegend  nicht  auf  den 
Ersatz  der  bisherigen  teureren  Antriebsmaschinen,  sondern  das  Angebot  billiger  Kraft 
gibt  die  Anregung  zur  Erweiterung  der  vorhandenen  Betriebe  und  zur  Errichtung  ganz 
neuer  Betriebsstätten. 

In  dem  bereits  erwähnten  Compte  rendu  für  1903  der  Handelskammer  von  Lyon 
ist  mitgeteilt,  dass  sich  die  dort  aufgeführten  grösseren  Anlagen  in  Süd-  und  Ostfrank- 
reich mit  einer  Gesamtleistung  von  202041  PS«  auf  die  einzelnen  Industrien,  wie  folgt, 
verteilen : 

1.  Aluminium-Industrie 18100  PS*, 

2.  Metallurgische  Industrie 22500    n 

3.  Chlorkalk  und  Pottasche-Industrie 15500    „ 

4.  Kalziumkarbid-Industrie 19310    „ 

5.  Soda-  und  Chlor-Industrie 13500    „ 

6.  Verteilung  von  Licht  und  Kraft 81681     „ 

7.  Verschiedene  Industrien 31450     „ 

202041  PS«. 

Hierunter  sind  die  Aluminium-  und  die  Kalziumkarbid-Industrie  ganz  neu  und 
erst  durch  die  billige  Wasserkraft  möglich  gemacht.    Aber  auch  die  ad  2,  3  und  5 


and  19).  Tod  ausländischen  Gesellschaften,  welche  auf  dem  hier  interessierenden  Gebiet  in  der  Schweiz 
eine  grossere  Tätigkeit  entwickelt  haben,  sei  z.  B.  die  E.  A.  G.  vorm.  W.  Labmeyer  &  Co.  in  Frankfurt 
a.  M.  genannt,  welche  die  Anlage  Wangen  a.  d.  Aare  (vergl.  Kap.  II,  12)  und  das  sogenannte  Kabelwerk 
bei  St  Gallen  (vergl.  Kap.  II,  11)  errichtete. 

In  Norwegen  wurden  zwei  grosse  Werke  am  Glommen  bei  Hafslund  (Kap.  II,  20)  und  bei 
Kykkelsrud  (Kap.  II,  21)  von  der  E.  A.  vorm.  Schuckert  &  Co.  in  Nürnberg  erbaut 

In  Deutschland  ist  das  gröaste  bestehende  Werk  bei  Bheinfelden  (Kap.  II,  83)  von  der  Allge- 
meinen ElektriziUtsgesellschaft  ins  Leben  gerufen  und  das  Werk  bei  Laufenburg  a.  Rh.,  welches  zukünftig 
das  gröaste  in  Deutschland  sein  wird,  verdankt  seine  Entstehung  der  Initiative  der  Feiten  &  Guillaume- 
Lahmey  er-  Werke. 

Von  grösseren  ausländischen  Wasserkraftanlagen,  welche  auf  deutsche  Tatkraft  zurückzufahren 
sind,  mögen  noch  genannt  werden :  Diejenige  in  der  Nfthe  von  Valparaiso,  welche  die  Bache  des  Penelas 
und  Las  Varos,  sowie  den  Penelassee  ausnutzt,  um  ca.  8000  PS«  zu  gewinnen  und  f&r  den  Betrieb  der 
elektrischen  Strassenbahn  in  Valparaiso  und  die  Licht-  und  Kraftverteilung  in  dieser  Stadt  nutzbar  zu 
machen.  Das  Werk  verdankt  seine  Entstehung  dem  vereinigten  Vorgehen  der  Siemens-Schackert- Werke 
und  der  Allgemeinen  Elektrizitats- Gesellschaft  in  Berlin. 

Die  E.  A.  G.  vorm.  W.  Labmeyer  &,  Co.  baute  in  Rumänien  bei  Sinaja  ein  grosses  Kraftwerk, 
wobei  sie  Kraft  des  Prahovaflusses  ausnutzt. 

In  Spanien  sind  eine  ganze  Reihe  Wasserkraftanlagen  ausgeführt,  bei  denen  deutsche  Gesell- 
schaften mitgewirkt  haben,  so  z.  B.  die  Kraftanlage  bei  Flix  am  Ebro,  welche  zur  Fabrikation  von  Soda 
und  Chlorkalk  gemeinsam  von  der  Kontinentalen  Gesellschaft  für  elektrische  Unternehmungen  in  Nürn- 
berg und  der  Chemischen  Fabrik  Electron.  Griesheim,  gebaut  worden  ist 

Die  Siemens- Schuckert- Werke  errichteten  ein  grosses  Werk  in  Guatemala  in  Zentral- Amerika 
am  Ausfluß«  des  Amatitlan-Sees  und  in  Verbindung  mit  der  amerikanischen  Mexican  Light  and  Power  Co. 
in  New  York  die  gewaltige  Anlage  an  den  Necaxa-  und  Tenango-Ffillen,  in  welchen  30000  PS«  gewonnen 
werden  sollen,  um  sie  in  Form  von  elektrischer  Energie  nach  der  Hauptstadt  Mexiko  zu  leiten. 


§    1.  GE8CHICHTUCHEK   ÜBERBLICK.  23 

genannten  Kräfte  dürften  im  wesentlichen  für  ganz  neu  angelegte  Werke  Verwendung 
gefunden  haben.  Inwieweit  die  Verwendung  der  Wasserkräfte  auf  die  Erweiterung  bestehen- 
der Arbeitsstätten  für  andere  Industriezweige  eingewirkt  hat,  lässt  sich  zahlengemäss 
nicht  feststellen,  aber  erfahrungsgemäss  ist  diese  Einwirkung  sehr  bedeutend. 

In  Deutschland  ist  das  sprechendste  Beispiel  die  Anlage  Rheinfelden,  wo  am 
rechten  badischen  Rheinufer  gegenüber  der  alten  schweizerischen  Stadt  Rheinfelden  in 
wenig  Jahren  eine  ganz  neue  Industrie-Stadt  entstanden  ist. 

Unerwähnt  soll  hier  aber  nicht  bleiben,  dass  an  manchen 
Stellen  beim  Ausbau  von  Wasserkräften,  namentlich  in  den  letzten 
Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts,  eine  gewisse  Überstürzung  eintrat, 
welche  dadurch  zum  Ausdruck  kam,  dass  man  erheblich  mehr  Energie 
zur  Verfügung  stellte,  als  die  betreffende  Gegend  zu  verwenden  in  der 
Lage  war.  Besonders  sind  um  die  genannte  Zeit  für  die  chemischen  Industrien 
(Kalziumkarbid,  Soda,  Chlor  und  Pottasche)  in  Frankreich,  in  der  Schweiz,  Italien, 
Spanien  und  Norwegen  soviel  neue  Anlagen  geschaffen  worden,  dass  sie  ein  Vielfaches 
von  dem  herstellen  konnten,  was  der  Weltmarkt  aufzunehmen  imstande  war.  Infolge- 
dessen sind  eine  ganze  Reihe  von  Anlagen  zeitweise  notleidend  gewesen.  Inzwischen  hat 
sich  aber  allmählich  durch  das  Anwachsen  des  Bedarfes  ein  Ausgleich  hergestellt. 

Unerwähnt  soll  ferner  nicht  bleiben,  dass  in  manchen  Fällen  der  Ausbau  von 
Wasserkräften  insofern  Enttäuschungen  bereitet  hat,  als  die  Anlagekosten  den  An- 
schlag sehr  erheblich  überschritten  haben  und  mitunter  die  Wirklichkeit  sich  bezüglich  der 
verfügbaren  Kraft  ungünstiger  gestaltet  hat,  als  die  voraufgegangenen  Ermittelungen 
annehmen  Hessen.  In  solchen  Fällen  lag  die  Ursache  der  Enttäuschungen  immer  in  der 
mangelhaften  Sorgfalt,  mit  welcher  die  Vorarbeiten  aufgestellt  waren. 

Das  wachsende  und  immer  allgemeiner  werdende  Interesse  an  der  Verwendung 
der  Wasserkräfte,  das  Bedürfnis  zum  Austausch  der  gemachten  Erfahrungen,  die  Not- 
wendigkeit, die  gesetzlichen  Bestimmungen  den  neuen  Verhältnissen  anzupassen  und  der 
Wunsch  der  interessierten  Kreise,  den  Regierungen  und  den  gesetzgebenden  Körperschaften 
aus  der  Praxis  heraus  die  Bedürfnisse  der  Industrien,  welche  sich  der  Wasserkraft  be- 
dienen, nach  gemeinschaftlicher  Beratung  mitzuteilen,  und  so  die  Ge- 
setzgebung vor  Missgriffen  zu  bewahren,  haben  zunächst  in  Frankreich  zur 
Bildung  eines  Syndikates40)  von  Eigentümern  und  Industriellen,  welche  Wasserkräfte 
ausnützen  und  betreiben,  geführt.  Dieses  Syndikat  hat  im  September  1902  in  Grenoble 
einen  sehr  stark  besuchten  Kongress  veranstaltet,  an  welchem  hervorragende  Ingenieure 
und  Industrielle,  sowie  Deputierte  und  hohe  und  höchste  Staatsbeamte  teilgenommen 
haben«  Auf  diesem  Kongress  sind  eine  Reihe  interessanter  technischer,  wirtschaftlicher 
und  gesetzgeberischer  Fragen,  welche  den  Ausbau  und  Betrieb  von  Wasserkräften  be- 
treffen, besprochen  worden.  Der  Industrielle  Aristide  Bergfes  in  Lancey  (Dauphinä), 
welcher  selbst  als  einer  der  ersten  eine  grosse  Wasserkraft  für  seine  Fabrik  ausnützte 
und  für  di£  Erkenntnis  des  Wertes  der  Wasserkräfte  in  Wort  und  Schrift  tätig  gewesen 
ist,  hat  diesem  Kongress  den  Namen  „Congres  de  la  Houille  Blanche"  gegeben,  und  diese 
Bezeichnung  „weisse  Kohle4  für  Wasserkraft  hat  sich  in  Frankreich  eingebürgert. 
Bei  Gelegenheit  dieses  Kongresses  ist  den  Teilnehmern  auch  die  Besichtigung  zahlreicher 
ausgeführter  Anlagen  in  Frankreich  und  in  der  Schweiz  vermittelt.  Alle  Vorträge  sind 
in  2  grossen  Bänden  von  dem  genannten  Syndikat  veröffentlicht. 


«0)  8yndicAt  des  ProprMtaires  et  lndustriels  Possldant   ou  Exploitant   des  Forces  Motrices 
Hydraaliques.  Siege  Gtenoble. 


24  L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Auch  in  Deutschland  macht  sich  aus  denselben  Gründen  das  Bedürfnis  nach  einer 
Vereinigung  aller  an  dem  Ausbau  von  Wasserkräften  interessierten  Kreise  geltend,  und 
es  ist  bereits  eine  ähnliche  Vereinigung  in  der  Bildung  begriffen41). 

Ähnliche  Bestrebungen  sind  auch  in  Österreich,  in  der  Schweiz  und  in  Italien 
bemerkbar. 

Es  wäre  wohl  zu  wünschen,  dass  es  recht  bald  in  verschiedenen  Landern  zu  der- 
artigen Vereinigungen  kommen  würde,  aber  man  muss  noch  weitergehen  und  anstreben, 
dass  die  Wasserkraftbesitzer  und  Wasserkraftingenieure  sich  von  Zeit  zu  Zeit  zu  inter- 
nationalen Kongressen  nach  dem  Vorbilde  anderer  Interessengruppen  vereinigen.  Eine 
Reihe  einschlägiger  wichtiger  Fragen  kann  überhaupt  nur  im  Wege  internationaler 
Verständigung  gelöst  werden  und  andererseits  kann  der  mündliche  Austausch  der  Er- 
fahrungen nur  fordernd  auf  die  Entwickelung  dieses  für  alle  Völker  wichtigen  Arbeits- 
gebietes einwirken. 

Zum  Schlüsse  des  geschichtlichen  Überblickes  mögen  noch  einige  hervorragende 
Bau-Ingenieure  genannt  werden,  welche  sich  um  den  Ausbau  von  Wasserkräften  besondere 
Verdienste  erworben  haben. 

In  Deutschland  ragt  vor  allen  anderen  Dr.-Ing.  Otto  Intze  hervor41).  Uner- 
müdlich hat  dieser  Mann  seit  den  achtziger  Jahren  darauf  hingewiesen  und  durch 
Projekte  begründet,  wie  durch  die  Errichtung  von  Talsperren  nicht  allein  die  Millionen- 
werte verschlingenden  Hochwasserschäden  vermieden  werden  könnten,  sondern  wie  zu 
gleicher  Zeit  die  Versorgung  in  der  Nähe  liegender  Städte  mit  gutem  Trinkwasser  ge- 
fördert, der  Landesmelioration  die  grössten  Dienste  erwiesen  und  schliesslich  Kraft 
für  gewerbliche  Zwecke  gewonnen  werden  könne.  Selten  aber  ist  einem  Ingenieur 
ein  so  grosser  Erfolg  als  Frucht  seiner  Arbeit  beschieden  gewesen.  Es  war  ihm  ver- 
gönnt, in  dem  verhältnismässig  kurzen  Zeitraum  von  1889—1903  allein  in  Deutschland 
19  grosse  Talsperren  mit  über  100000000  cbm  Stauinhalt  zu  bauen.    Von  diesen  liegen: 

Im  Wuppergebiet :     7, 

im  Ruhrgebiet:         9, 

in   Schlesien:  2, 

im  Roergebiet:  1. 

Letztere,  die  Urfttalsperre  bei  Oemünd  in  der  Eifel  (vergl.  Kap.  II,  34),  gehört 
mit  45000000  cbm  Stauinhalt  zu  den  grössten  Anlagen  in  Europa.  Für  zahlreiche 
andere  Anlagen  im  In-  und  Auslande  waren  von  Intze  bereits  die  Projekte  aufgestellt, 
als  ihn  der  Tod  nur  allzu  früh  abrief. 

In  der  Schwell  sind  besonders  3  Ingenieure  beim  Ausbau  von  Wasserkräften  her- 
vorgetreten : 

Der  Ingenieur  M.  Th.  Turrettini  in  Genf  hat  die  grossen  Wasserkraftanlagen 
der  Stadt  Genf  an  der  Rhone  geschaffen  und  sich  damit  ein  unvergängliches  Denkmal 
gesetzt.  Er  hat  aber  auch  ausserdem  an  verschiedenen  anderen  Wasserkraftanlagen  der 
Schweiz  und  des  Auslandes  als  beratender  Ingenieur  mitgewirkt.  Die  von  ihm  über  die 
Anlage  der  Stadt  Genf  veröffentlichte  Schrift  führt  die  Bezeichnung:  „Usine  de  Chfevres", 
Notice  historique  et  descriptive  des  traveauz  ex6cut6s  par  la  ville  de  Geneve  1893— 994S). 


4i)  Bayr.  Handelazeitang,  4.  Nov.  1905,  Seite  641;  E.  T.  Z.  1906,  Seite  32. 
**)  Gestorben  am  28.  Dezember  1904  in  Aachen. 
*•)  Genf,  George  &  Gie.  Editeurs. 


§  1.  Gbschichtlichkb  Überblick.  25 

Der  Ingenieur  Professor  M.  A.  Palaz  in  Lausanne  hat  unier  anderen  die  Ent- 
würfe für  das  Kraftwerk  der  Stadt  Lausanne  bei  St.  Maurice  (vergl.  Kap.  II,  16)  und  für 
die  Anlage  der  Compagnie  Vaudoise  des  Forces  Motrices  des  Lacs  de  Joux  et  de  l'Orbe 
(▼ergl.  Kap.  II,  17)  gemacht  und  die  Anlagen  ausgeführt.  Er  war  ausserdem  an  zahl- 
reichen anderen  hydrotechnischen  Arbeiten  der  Schweiz  und  des  Auslandes  beteiligt. 

Der  Ingenieur  Conrad  Zschokke44)  in  Aarau  machte  unter  anderen  die  ersten 
Entwürfe  für  die  Wasserkraftanlage  Rheinfelden.  Er  war  gleichfalls  an  zahlreichen  Wasser- 
kraftanlagen der  Schweiz  und  des  Auslandes  als  beratender  oder  leitender  Ingenieur  tatig. 
Sein  grösstes  Verdienst  ist  aber  die  Ausbildung  der  Druckluftgründungen, 
welche  bei  Wasserkraftanlagen  oft  eine  so  wichtige  Rolle  spielen  und 
nicht  selten  eine  technisch  einwandsfreie  und  wirtschaftlich  vertret- 
bare Ausführung  überhaupt  erst  ermöglichen.  Von  den  in  diesem  Bande 
beschriebenen  Wasserkraftanlagen  hat  er  die  Druckluftgründungen  bei  Hagneck,  Wangen, 
Beznan,  Chbvres  und  Rheinfelden  ausgeführt.  Conrad  Zschokke  ist  gegenwärtig  in 
der  Kunst  der  Druckluftgründungen  in  Europa  unbestritten  die  erste  Autorität. 

Von  den  italienischen  Ingenieuren  verdienen  zwei  Männer  insofern  besondere 
Erwähnung,  als  sie  die  ersten  gewesen  sind,  welche  mit  gross  angelegten  Wasserkraft- 
projekten an  die  Öffentlichkeit  getreten  sind  und  ihren  Ideen  auch  die  Verwirklichung 
schaffen  konnten.  Zunächst  der  Ingenieur  Enrico  Carli45),  welcher  bereits  im  Jahre 
1888  ein  Projekt  für  die  grosse  Wasserkraft- Anlage  an  der  Adda  bei  Paderno  aufgestellt 
und  später  auch  das  endgültige,  im  Jahre  1895  durch  königliches  Dekret  genehmigte 
und  dann  von  der  Edison-Gesellschaft  zur  Versorgung  von  Mailand  ausgeführte  Projekt 
in  allen  Einzelheiten  bearbeitet  hat. 

Ferner  der  Ingenieur  Cesare  Cipoletti,  welcher  in  seiner  Schrift  „Delle  Forze 
Idrauliche  che  possono  crearsi  nelP  Alto  Milanese"  im  Jahre  1887  zuerst  die  Idee  aus- 
gesprochen und  begründet  hat,  die  wegen  des  Canale  Villoresi  im  Tessin  geschaffene 
Wehranlage  zur  Gewinnung  einer  grossen  Wasserkraft  von  30000  PS0  zu  benutzen. 
Seine  Idee  ist  später  durch  die  Anlage  bei  Vizzola  (vergl.  Kap.  II,  1),  wenn  auch  in 
etwas  veränderter  Gestalt  zur  Ausführung  gekommen. 

Unter  den  französischen  Ingenieuren  ist  M.  A.  Gotteland46)  auch  im  Aus- 
lände dadurch  bekannter  geworden,  dass  er  das  definitive  Projekt  der  Wasserkraftanlage 
der  Society  Lyonnaise  des  Forces  Motrices  du  Rhone  (vergl.  Kap.  IL  24)  verfasst  und  die 
Ausführung  geleitet  hat.  Diese  Anlage,  deren  Vorgeschichte  in  die  achtziger  Jahre 
des  vorigen  Jahrhunderts  zurückreicht,  ist,  zwar  nicht  was  die  Kraftleistung,  wohl  aber 
was  den  Umfang  und  die  Schwierigkeit  der  Arbeiten  betrifft,  unstreitig  die  z.  Z.  inter- 
essanteste und  grossartigste  in  Frankreich. 


Literaturangabe  zu  Kapitel  I,  §  1. 

Ainsworth,  Researches  in  Assyria,  Babylonia  and  Chaldaea,  forming  part  of  the  Euphratus  Expedition. 

London  1888. 
Hirt,  Die  Geschichte  der  Baukunst  bei  den  Alten. 


44)  Conrad  Zschokke  hat  im  ersten  Teil  des  Handbuches  der  Ingeaieurwissenschaften  das  Kapitel 
»Die  Druck  raftgründungen"  bearbeitet 

4&)  Inzwischen  verstorben. 

4  t)  Ingenieur  en  Chef  des  Fonts  et  Chanssees,  Chambery.  8ein  Mitarbeiter  nnd  später  sein 
Nachfolger  war  der  Ingenieur  Rena  Chauvin,  welcher  eine  glänzende  Veröffentlichung  der  Gesamtanlage 
Teranstaltet  hat.  Die  Idee  und  der  erste  Entwurf  der  Gesamtanlage  stammt  von  dem  Ingenieur  civil 
M.  J.  Badet  in  Lyon. 


26  I.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

0.  Intze,  Die  bessere  Ausnutzung  der  Gewässer  und  Wasserkräfte.  Berlin  1889. 

Coogres  de  la  Houille  Blanche,  Compte  rendu  des  travaux  da  congres,  des  visites  industrielles  et  des 

excaroions,  2  Volames.  Grenoble  1902. 
Le  Commandant  Aadebrand,  La  Houille  Blanche.  Grenoble  1905. 
M.  G.  Semenza,  Les  Installations  Hydro-Electriqaes  de  la  flaute  Italie,  extrait  des  memoires  de  la 

societe  des  Ingenieurs  civils  de  France.  Paris  1905. 
Notizie  statistiche  sogli  impianti  elettrici  esistenti  in  Italia  alla  fine  del  1898  e  cenni  solle  Industrie 

elettriche  in  Italia,  a  tutto  il  1900.  Roma  1901. 
Eyth,  Das  Agrikultur-Maschinenwesen  in  Ägypten.  —  Das  Wasser  im  alten  und  neuen  Ägypten. 
Reuleaux,  Ober  das  Wasser  in  seiner  Bedeutung  für  die  Völkerwohlfahrt. 
Hagen,  Handbuch  der  Wasserbaukunst,  I.  Bd. 
Plath,  Über  Feldwege,  Bewässerungskanäle  und  Damme  in  Alt- China  (Abhandlungen  der  Kgl.  Bayr. 

Akademie  der  Wissenschaften,  Manchen  1865.  Bd.  10). 
y.  Richthofen,  .China. 
G  an  dar,  Le  canal  imperial  China. 

Bewässerung  in  Turkestan  (Wochenschrift  des  österreichischen  Architekten-  und  Ingenieur -Vereins  1887). 
Glaser,  Reise  nach  Marib.    März,  April  1888  (Allgemeine  Zeitung  1888,  21.  Oktober  (Beilage)   und 

22.  Oktober). 
Durand-Clay,  Le  dessechement  du  Lac  Copais. 
Curtius,  Die  Deichbauten  der  Minyer  (Sitzungsbericht  der  Berliner  Akademie  der  Wissenschaften. 

Philo8.-hist.  Klasse,  Bd.  55). 
H  o  m  m  e  1 ,  Geschichte  Babylons  und  Assyriens. 
Curt  Merckel,  Die  Ingenieurtechnik  im  Altertum.  Berlin  1899. 
Moritz  Rflhlmann,  Die  horizontalen  Wasserräder.  Chemnitz  1840. 
Theodor  Beck,  Beiträge  zur  Geschichte  des  Maschinenbaues.  Berlin. 
Wilhelm  Müller,  Die  Francisturbinen  und  die  Entwickelung  des  modernen  Turbinenbaues.  Hannover 

1901. 
Statistik  ober  die  Starkstrom-Anlagen  des  Schweizerischen  elektrotechnischen  Vereins  und  des  Verbandes 

schweizerischer  Elektrotechniker,  Elektrotechnische  Zeitschrift  1906,  Seite  188. 


$  2.    Die  Läse  der  Gesetzgebung  für  Wasserkraftanlasen  und 
für  elektrische  Starkstromanlagen  in  verschiedenen  Ländern. 

Wenn  ein  Ingenieur  das  Projekt  für  eine  Wasserkraftanlage  aufstellen  soll,  so 
mus8  er  über  die  in  Betracht  kommenden  gesetzlichen  Bestimmungen  soweit  unterrichtet 
sein,  dass  er  wenigstens  in  grossen  Zügen  übersehen  kann,  welche  Schranken  das  Gesetz 
seinem  Vorhaben  zieht,  wo  es  Erleichterungen  bietet,  welche  formellen  Schritte  er  zur 
Erreichung  seines  Zweckes  zu  tun  hat  und  welcher  Aufklärung  er  von  rechtskundiger 
Seite  bedarf. 

In  neuerer  Zeit  hat  infolge  des  verallgemeinerten  Interesses  für  den  Ausbau  von 
Wasserkräften  das  Wasserrecht,  soweit  es  sich  auf  die  Wasserkraftanlagen  bezieht,  in 
verschiedenen  Ländern  bereits  eine  neue  Regelung  gefunden,  teils  ist  seine  Moderni- 
sierung noch  im  Flusse.  Der  Ingenieur  ist  aber  berufen,  an  der  Ausgestaltung  dieser 
Gesetzgebung  mitzuwirken. 

Es  scheinen  deshalb  in  diesem  Handbuche  einige  einschlägige  Mitteilungen  und 
Betrachtungen  am  Platze. 


§  2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  füb  Wasbebkbaftanlagen  usw.  27 


A.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  für  Wasserkraftanlagen. 

I.   Allgemeine  Gesichtspunkte. 

1.   Die  Frage  des  Eigentums  an  dem  Bette  der  Gewisser. 

Das  Wasserrecht  fast  aller  westeuropäischen  Staaten  unterscheidet  öffentliche 
und  private  (nicht  öffentliche)  Gewässer.  Hierbei  sind  diejenigen  Gewässer,  welche  als 
öffentliche  anzusehen  sind,  entweder,  wie  z.  B.  in  Sachsen,  einzeln  namhaft  gemacht, 
oder  man  hat  besondere  Kennzeiohen  für  die  eine  oder  die  andere  Gattung  aufgestellt, 
wonach  im  Einzelfalle  entschieden  werden  kann,  ob  das  Gewässer  zu  den  öffentlichen 
erder  zu  den  privaten  gehört.  In  den  meisten  Ländern  ist  der  letztere  Weg  gewählt. 
Hierbei  sind  als  öffentliche  Gewässer  bezeichnet,  entweder,  dem  römischen  Rechte 
folgend,  alle  ständig  fliessenden  Gewässer:  Ströme,  Flüsse,  Bäche  und  Seen  mit 
einem  offenen  Abfluss  (z.  B.  Italien,  Österreich,  Württemberg,  verschiedene  Kantone  der 
Schweiz),  oder,  der  deutschrechtlichen  Auffassung  folgend,  alle  schiff-  und  flössbaren 
Flüsse  und  die  grösseren  Seen,  welche  einen  offenen  Abfluss  haben  (z.  B.  Preussen, 
Bayern,  Baden,  Frankreich,  verschiedene  Kantone  der  Schweiz). 

Die  römisch  rechtliche  Auffassung  lässt  als  Privatgewässer  nur  ganz  geringfügige, 
nicht  ständig  fliessende  Bäche,  Quellen  und  geschlossene  Teiche  etc.  übrig,  welche  für 
unsere  Zwecke  kaum  in  Frage  kommen,  während  in  den  nach  deutschrechtlicher  Auf- 
fassung zu  den  Privatflüssen  gehörenden  Gewässern  ein  grosser  Reichtum  an  Wasser- 
kraft enthalten  ist. 

Das  Eigentum  an  dem  Bette  der  öffentlichen  Gewässer  gehört 
dem  Staate  als  dem  Vertreter  der  Allgemeinheit,  und  zwar  zwischen 
den  Uferlinien.  Der  Begriff  der  Uferlinien  ist  meistens  sehr  schwankend,  weil  die- 
selben durch  den  Fluss  selbst  verändert  werden.  Die  Gesetze  enthalten  daher  in  der 
Regel  Bestimmungen  über  das  Besitzrecht  von  Anlandungen  am  Ufer  und  über  die 
Folgen  von  Uferabbrüchen,  Inselbildungen  etc. 

An  den  Privatflüssen  ist  meistens  das  Eigentum  bis  zur  Mitte 
den  einzelnen  Anliegern  zugestanden,  so  dass  das  Flussbett  selbst  bis  zur 
Mitte  zum  anliegenden  Grundstücke  gehört,  oder  aber  das  Eigentum  ist  der  Gemeinde 
überwiesen,  in  deren  Gemarkung  das  Flussbett  liegt  (Baden,  Kanton  Graubünden). 

2.   Das  Nutzungsrecht  am  Wasser. 

Es  wird  meistens  unterschieden  zwischen 

a)  dem  Gemeingebrauch,  d.  i. :  Schöpfen  mit  Handgefässen,  Trinken,  Tränken, 
Baden,  Schwimmen,  Schwemmen,  Waschen,  Spülen,  Rudern,  Eislaufen,  Schiff- 
fahrt, Flössen  etc.,  und 

b)  den  besonderen  Nutzungsrechten. 

An  den  öffentlichen  Gewässern  steht  der  Gemeingebrauch  jedem  unentgeltlich  und 
ohne  besondere  Erlaubnis  zu,  sofern  nicht  Vorrichtungen  des  Staates  in  Frage  kommen, 
durch  welche  der  Gemeingebrauch  erleichtert  wird,  wie  z.  B.  Schleusen  für  die  Schiff- 
fahrt etc. 

Durch  polizeiliche  und  sonstige  Verordnungen  ist  der  Gemeingebrauch  geregelt, 
um  Missbräuchen  zu  wehren  und  die  Gleichheit  des  Rechtes  zu  wahren. 

Alle  übrigen  Nutzungsrechte  an  den  öffentlichen  Flüssen  sind  dem  Staate  vorbe- 


28  L    Theodor  Kokhn.    Ausbau  vom  Wasserkräften.     ALLOEMEiNEa 

halten,  und  er  allein  kann  solche  Rechte  an  einzelne  physische  oder  juristische  Personen 
übertragen. 

An  den  Privatflüssen  ist  der  Gemeingebranch  meistens  gleichfalls  jedermann 
gestattet,  sofern  die  Zugänglichkeit  zu  dem  Flusse  entweder  durch  öffentliche  Strassen 
oder  über  herrenlose  Grundstücke  oder  auf  andere  Weise  gegeben  ist,  ohne  Privatrechte 
zu  verletzen.  Schiffahrt  und  Flösserei  kommen  der  Natur  der  Privatflüsse  nach  unter 
dem  Begriff  „Gemeingebrauch"  nicht  in  Frage.  Alle  übrigen  Nutzungsrechte  sind 
meistens  den  Anliegern  überlassen,  und  zwar  entfallen  sie  auf  die  Anlieger  der  beiden 
Ufer  je  zur  Hälfte.  Wo  an  Stelle  der  einzelnen  Anlieger  die  Gemeinde  tritt,  wie  z.  B. 
in  Baden,  verfügt  diese  im  gleichen  Sinne  über  die  besonderen  Nutzungsrechte. 

Das  Nutzungsrecht  schliesst  kein  Eigentumsrecht  an  dem  Wasser  in  sich,  sondern 
es  ist  für  den  einzelnen  Anlieger  beschränkt  durch  die  Rücksicht  auf  die  Mitanlieger 
oberhalb  und  unterhalb  seines  Grundstückes. 

Da  durch  die  Vernachlässigung  eines  Privatflusses  oder  durch  Veränderung  des- 
selben nachteilige  Folgen  nicht  allein  in  privatrechtlicher,  sondern  auch  in  öffentlich 
rechtlicher  Beziehung  entstehen  können,  sofern  durch  solche  Vernachlässigungen  oder 
Veränderungen  auch  die  Zustände  in  den  öffentlichen  Wasserläufen  beeinflusst  werden, 
ist  in  der  Regel  dem  Staate  die  Befugnis  eingeräumt,  die  Anlieger  an  Privatflüssen  im 
Verordnungswege  zu  gewissen  Leistungen  anzuhalten,  welche  auf  die  Unterhaltung  der 
Ufer,  die  Freihaltung  und  Räumung  des  Flussbettes  Bezug  haben.  Es  steht  ausserdem 
dem  Staate  allgemein*  das  Recht  zu,  im  Verkehrs-,  Gewerbe-  und  Gesundheitsinteresse 
polizeiliche  Verordnungen  zu  erlassen  und  den  Anliegern  Beschränkungen  ihrer  Nutzungs- 
rechte aufzulegen,  ebenso  im  Interesse  der  allgemeinen  Landeskultur,  der  Fischerei  und 
der  Abwendung  von  Hochwassergefahren. 

3.   Kouessionswesen. 

An  öffentlichen  Flüssen  kann,  wie  bereits  erwähnt,  nur  der  Staat  im  Wege  der 
Verleihung  Nutzungsrechte  vergeben,  und  es  steht  ihm  selbstverständlich  auch  das  Recht 
zu,  bei  der  Genehmigung  der  baulichen  Anlagen  Vorschriften  zu  machen,  welche  im 
Interesse  des  Allgemeinwohls  und  zum  Schutze  privater  Interessen,  soweit  sie  übersehbar 
sind,  notwendig  und  zweckmässig  erscheinen. 

Die  Ronzessionen  werden  entweder  durch  die  Verwaltungsbehörden  direkt  oder 
im  Wege  der  Spezialgesetzgebung  erteilt.  In  der  Regel  sind  die  Konzessionen  an  öffent- 
lichen Flüssen  entweder  nur  auf  Widerruf  gegeben  oder  zeitlich  beschränkt,  und  der 
Staat  hat  es  in  der  Hand,  besondere  Bedingungen,  wie  Heimfallsrecht,  Rückkaufsrecht, 
Mitbenutzungsrecht,  Kraftlieferung  etc.  aufzuerlegen  und  eventuell  ein  Entgelt  für 
die  teilweise  Überlassung  seiner,  einen  Gewinn  versprechenden  Nutzungsrechte  zu 
verlangen. 

An  den  Privat flüssen  handelt  es  sich  nicht  mehr  um  Verleihung  von  Nutzungs- 
rechten, welche  dem  Staate  gehören,  sondern  nur  noch  um  obrigkeitliche  Genehmigung, 
damit  alle  Vorschriften  zum  Schutze  privater  Interessen  und  zur  Wahrung  der  Interessen 
des  Gemeinwohles  getroffen  werden  können.  Die  sogenannte  Konzession  des  Staates 
kann  daher  bei  Privatflüssen  im  allgemeinen  keine  zeitliche  Beschränkung  vorsehen,  auch 
keine  besonderen  Bedingungen  in  bezug  auf  Heimfallsrecht,  Rückkaufsrecht,  Kraftabgabe, 
einmalige  oder  dauernde  Abgaben  an  den  Staat  etc.  auferlegen.  Dagegen  können  natür- 
lich diesbezügliche  Abmachungen  privatrechtlich  zwischen  dem  Unternehmer  einerseits 
und  den  einzelnen  Nutzungsberechtigten,  oder  den  Genossenschaften  derselben  oder 
den  Gemeinden  andrerseits  getroffen  werden. 


f  2.  Die  Lage  dee  Gesetzgebung  für  Wasberkraftanlagen  usw.  29 

Im  Laufe  der  Jahre  sind  unter  der  Herrschaft  des  älteren  Rechtes  viele  Nutzungs- 
anlagen ohne  ausdrückliche  Genehmigung  entstanden  und  durch  Gewohnheit  rechtsgültig 
geworden,  ohne  dass  der  Umfang  des  Rechtes  feststeht.  Auch  sind  an  öffentlichen 
Flüssen  Verleihungen  (Regale)  erfolgt,  ohne  dass  dieselben  beurkundet  oder  mit  ge- 
nügender Klarheit  umschrieben  sind.  Oft  steht  auch  nicht  mal  das  Eigentumsrecht  an 
dem  Uferterrain  ausser  Zweifel. 

So  herrechte  denn  und  herrscht  noch  heute  vielfach  über  die  Eigentums-  und 
Nutzungsrechte  an  den  Flüssen  und  namentlich  an  den  Privatflüssen  grosse  Unklarheit, 
wodurch  der  Ausbau  von  Wasserkräften  erschwert  wird. 

4.   Weitere  Entwiekelmag  des  Wasserrechts. 

Als  in  der  ersten  Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts  mit  der  Erfindung  der  besseren 
Wasserkraftmaschinen  das  Wassermühlen-Gewerbe  einen  grösseren  Umfang  annahm,  sind 
in  manchen  Ländern  besondere  Mühlenrechte  entstanden. 

Später  hat  das  Wasserrecht  eine  weitere  Entwickelung  erfahren,  soweit  die 
Nutzung  des  Wassers  für  landwirtschaftliche  Zwecke  und  für  die  Wasserversorgung  von 
Ortschaften,  sowie  der  Schutz  des  Gemeinwohles  durch  Verhütung  von  Verunreini- 
gungen der  Flussläufe,  durch  Pflege  der  Fischerei,  Abwendung  von  Hochwassergefahren 
etc.  in  Frage  kamen. 

In  der  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  sind  in  vielen  Ländern  Gesetze  ent- 
standen, welche  die  bessere  Verwertung  des  Wassers  für  landwirtschaftliche  Zwecke, 
sowie  für  Wasserversorgung  durch  Bildung  von  freien  und  Zwangsgenossenschaften 
erleichtert  haben.  Die  Entwickelung  des  Wasserrechtes  in  besonderer  Rücksicht  auf 
die  industrielle  Ausnützung  des  Wassers  im  grossen  Stil  hat  aber  bis  in  die  neuere 
Zeit  fast  überall  geruht  Erst  der  grosse  Aufschwung,  welchen  der  Ausbau  von  Wasser- 
kräften genommen  hat,  machte  das  Bedürfnis  nach  Neuregelung  des  Wasserrechtes 
gerade  in  dieser  Beziehung  fühlbar,  und  es  mögen  im  nachstehenden  kurz  die  Haupt- 
punkte herausgehoben  werden,  welche  sich  aus  den  an  die  Öffentlichkeit  gelangten  Be- 
btrebungen  nach  Modernisierung  des  Wasserrechtes  erkennen  lassen. 

Fast  in  allen  westeuropäischen  Ländern  lassen  sich  drei  Richtungen  unterscheiden. 

1.  Diejenige  Richtung,  welche  davon  ausgeht,  dass  durch  den  Ausbau  von  Wasser- 
kräften, und  zwar  um  so  mehr,  je  reicher  das  Land  an  solchen  ist,  eine  wesentliche 
Verbesserung  der  wirtschaftlichen  Lage  des  Landes  herbeigeführt  werden  kann,  und 
dass  der  Vorteil  für  das  Nationalvermögen  und  das  Gemeinwohl  des  Landes  um  so 
grösser  ist,  je  schneller  der  Ausbau  erfolgt  Sie  stellt  sich  auf  den  Standpunkt,  dass, 
da  der  Staat  zu  jeder  Zeit  in  der  Lage  ist,  wenn  seine  Interessen  es  erheischen,  sich 
im  Wege  der  Zwangsenteignung  gegen  angemessene  Entschädigung  in  den  Besitz  auch 
der  ausgebauten  Wasserkräfte  zu  setzen,  es  für  die  Allgemeinheit  am  besten  ist,  wenn 
der  privaten  Unternehmung  die  Wege  zum  Ausbau  von  Wasserkräften  soweit  wie 
irgend  möglich,  geebnet  werden.  Da  die  Wasserkräfte  ein  totes  und  nutzloses  Kapital 
bilden,  solange  sie  nicht  nutzbringend  verwendet  sind,  die  Privatunternehmung  aber 
erfahrung8gemäss  am  geeignetsten  ist,  die  Nutzbarmachung  schnell  und  im  grossen 
Massstabe  durchzuführen,  so  will  sie  dorn  Staate  und  den  anderen  öffentlichen  Körper- 
schaften nur  Vorzugsrechte  einräumen,  sofern  und  insoweit  schon  vorhandene  Bedürf- 
nisse durch  den  Ausbau  von  Wasserkräften  befriedigt  werden  sollen.  Sie  will  aber 
nicht,  dass  die  Privatinitiative  dadurch  beschränkt  wird,  dass  die  Wasserkräfte  für 
Bedürfnisse  der  Öffentlichkeit,  welche  später  vielleicht  eintreten  könnten,  zurzeit  aber 


30  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

noch  Dicht  greifbar  sind,  aufbewahrt  werden.  Sie  will,  dass  alte  verbriefte  oder  durch 
Gewohnheit  entstandene  Privateigentums-  und  Nutzungsrechte  überall  geachtet  und 
geschont  werden,  und  dass  die  rechtliche  Auffassung  der  alten  Gesetze  über  öff entf- 
liehe und  private  Flüsse  zugunsten  des  Staates  nur  soweit  Einschränkungen  erfahre, 
als  es  das  Gemeinwohl  schon  gegenwärtig  notwendig  macht. 

2.  Die  andere  Richtung  erachtet  das  Wasser  aller  Flüsse  und  Seen  seiner 
Natur  nach  als  Gemeingut.  Sie  wünscht  die  möglichste  Erweiterung  der  Rechte  des 
Staates  und  die  Beschränkung  der  Privatrechte.  Sie  will,  dass  Konzessionen  nur  auf 
Zeit  gegeben  werden,  dass  möglichst  überall  ein  Heimfalls-  oder  Rückkaufsrecht  gesetz- 
lich festgelegt  und  dass  dem  Staate  mehr  oder  weniger  grosse  Gewinnanteile  an  den 
Wasserkraftanlagen  in  Form  von  Wasserzinsen,  einmaligen  oder  dauernden  Abgaben 
und  dergl.  zufallen.  Sie  wünscht  ferner  einen  grossen  Teil  der  vorhandenen  Kräfte 
überhaupt  für  öffentliche  Zwecke  zu  reservieren,  auch  wenn  ein  Bedarf  für  diese  Kräfte 
zurzeit  nicht  vorliegt  Sie  zieht  es  vor,  dass  die  Wasserkräfte  ungenutzt  bleiben, 
sofern  wirklich  unter  den  gedachten  Bedingungen  die  Privatinitiative  erlahmen  sollte, 
damit  die  öffentlichen  Körperschaften,  Gemeinden,  Kreise,  Kantone,  Departements, 
Provinzen,  Staat  etc.,  im  Bedarfsfalle  noch  die  nötigen  Wasserkräfte  vorfinden,  ohne 
Privatpersonen  gegenüber  tributpflichtig  zu  werden. 

3.  Die  dritte  Richtung  sucht  die  Lösung  auf  einer  mittleren  Linie. 

Es  verdient  zunächst  noch  hervorgehoben  zu  werden,  dass  zwar  die  Länder  mit 
neueren,  den  Ausbau  von  Wasserkräften  begünstigenden  Wasserrechten,  wie  Österreich 
und  Italien  im  Vorteil  gewesen  sind,  dass  aber  auch  die  älteren  Wasserrechte  in  Frank- 
reich, der  Schweiz  und  in  Deutschland  den  ausserordentlichen  Aufschwung  in  der  Aus- 
nützung von  Wasserkräften,  den  wir  am  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  erlebt  haben, 
nicht  verhindert  haben.  Es  drängt  sich  deshalb  die  Frage  auf,  ob  überhaupt  und  welche 
Gründe  für  eine  Neugestaltung  des  Wasserrechtes,  soweit  es  hier  in  Frage  kommt, 
sprechen  und  welche  Hauptgesichtspunkte  hierfür  aufzustellen  sind. 

Von  besonderer  Bedeutung  ist  die  Klarstellung  der  wirklich 
bestehenden  Privatrechte  an  allen  wichtigen  Gewässern.  Nichts  ist  so 
notwendig  für  die  schnelle  und  erfolgreiche  Durchführung  eines  Projektes,  als  die  Klar- 
heit über  die  bestehenden  Rechte,  bevor  grosse  Kapitalien  festgelegt  werden  müssen, 
Es  ist  deshalb  eine  Aufgabe  der  Gesetzgebung,  die  Kennzeichen  zur  Unterscheidung 
zwischen  öffentlichen  und  privaten  Gewässern  möglichst  scharf  festzustellen  oder  durch 
namentliche  Aufzählung  aller  öffentlichen  Wasserläufe  jeden  Zweifel  auszuschliessen. 
Hierbei  entspricht  es  wohl  dem  modernen  Rechtsbewusstsein,  dass  der  Begriff  der  öffent- 
lichen Gewässer  im  Interesse  des  Gemeinwohles  eine  so  weite  Auslegung  erfahrt,  als  es 
unter  voller  Berücksichtigung  der  durch  Gewohnheit,  Brief  oder  Gesetz  erworbenen  Pri- 
vatrechte angängig  erscheint.  Es  ist  ferner  dringend  erwünscht,  dass  für 
alle  in  dieser  Frage  wichtigen  Wasserläufe  auf  Grund  genauer  gesetz- 
licher Bestimmungen  sogenannte  Wasserbücher  neu  angelegt  oder  die 
bestehenden  weiter  entwickelt  werden.  In  diese  Wasserbücher  würden  alle 
Eigentums-  und  Nutzungsrechte  und  zwar  für  jeden  Wasserlauf  getrennt  einzutragen  sein. 
Es  muss  jedem,  welcher  ein  berechtigtes  Interesse  nachweisen  kann,  gestattet  sein,  jeder- 
zeit und  möglichst  gebühren-  und  sportelfrei  Einsicht  von  diesen  Büchern  zu  nehmen, 
oder  Auszüge  aus  denselben  zu  verlangen.  Bei  der  Schwierigkeit  der  Materie  wird  es 
unmöglich  sein,  neue  Wasser bücher  von  vornherein  so  auszugestalten,  dass  ihnen  öffent- 
licher Glaube  beigelegt  wird,  aber  es  sollte  das  Ziel  sein,  die  Wasserbücher  so  zu  ver- 
vollkommnen,  dass  ihnen  allmählich  öffentlicher  Glaube,   wie  den  Grundbüchern,  beige- 


§  2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  füb  Wasserkraftanlagen  usw.  31 

legt  werden  kann.  Inzwischen  muss  dahin  gestrebt  werden,  dass  die  grundbuchliche 
Eintragung  des  Privateigentums  an  Flussbetten  in  den  Grundbüchern  überall  ordnungs- 
mässig  durchgeführt  wird,  so  dass  schliesslich  jedes  Eigentumsrecht,  welches  an  einem 
Wasserlauf  nicht  grundbuchmässig  belegt  werden  kann,  als  nicht  bestehend  angesehen 
werden  darf.  Hierzu  ist  es  nötig,  dass  bei  den  öffentlichen  Flüssen  die  Uferlinien  ver- 
messen und  festgelegt  werden,  soweit  es  noch  nicht  geschehen  ist.  Auf  Grund  solcher 
Wasserbücher  ist  es  dann  leicht,  eine  genaue  Übersicht  über  die  verwendeten  Wasser- 
kräfte eines  Landes  zu  gewinnen,  und  es  wäre  sehr  erwünscht,  wenn  auch  hierüber  von 
Zeit  zu  Zeit  Veröffentlichungen  von  Amts  wegen  erfolgten. 

Im  Beginn  der  neuen  Bewegung  für  den  Ausbau  von  Wasserkräften  war  es  nicht 
schwer,    von  den  Anliegern  an  Privatflüssen  sowohl   das   nötige  Terrain,    als  auch   die 
Nutzungsrechte  zu  Preisen  zu  erwerben,  welche  ein  neues  Unternehmen  tragen  konnte. 
Mit  dem  steigenden  Interesse  an  den  Wasserkräften  und  verlockt  durch 
den  Erfolg  eines  Teiles  solcher  Unternehmungen,  haben  sich  aber  inso- 
fern,   namentlich   in   Frankreich,   Übelstände  herausgestellt,   als  von 
Spekulanten   (in   Frankreich   ist    für   sie    die   Bezeichnung   „barreurs" 
gebräuchlich  geworden)  schmale  Landstreifen  längs  der  Wasserläufe 
zu  billigen  Preisen  angekauft  wurden,  um  sie  sich  von  den  ernsthaften 
Unternehmern  zu   hohen,  zum  Teil  sehr  übertriebenen  Preisen  wieder 
abkaufen  zu  lassen.    Wenn  das  Gesetz  keine  Handhabe  bietet,  durch  Auflegung 
von  Zwangsverpflichtungen  oder  Enteignungen  solchen  Spekulanten  ihre  Rechte   gegen 
angemessene  Entschädigung  zu  entziehen  oder  zu  beschränken,   so   können  sie  für  die 
gesunde  Entwickelung  des  Ausbaues  von  Wasserkräften  ein  schweres  Hindernis  bieten. 
Aber  auch  ohne  das  erwähnte  Spekulantentum  haben  sich  die  Forderungen  der  alten 
Grundeigentümer  an  den  Gewässern  und  der  Nutzungsberechtigten  zum  Teil  ins  Unge- 
messene gesteigert,   weil  in   ihren  Köpfen  phantastische  Vorstellungen  von  dem  Werte 
einer  Wasserkraft  entstanden  sind.    Oft  sind  auch  alte  Triebwerke  so  unzweckmässig 
angelegt,  dass  sie  die  Kraft  nur  mit  7  bis  8°/0  und  noch  schlechter  ausnutzen,  füi  eine 
wirtschaftlich  bessere  Ausnützung  der  Wasserkräfte  eines  Wasserlaufes  aber  ein  schweres 
Hindernis  bilden.    Es  ist  deshalb  wünschenswert,  dass  im  Interesse  der  Allge- 
meinheit in  solchen  Fallen- das  Einzelrecht  gegen  volle  Entschädigung  be- 
seitigt oder  eingeschränkt  werden  kann.    Bei  Neugestaltung  des  Wasserrechtes 
wird  dieses  Ziel  dadurch  erreicht  werden  können,  dass  den  Verwaltungsbehörden,  mit 
den  nötigen  Kautelen  gegen  Willkür,  die  Befugnis  erteilt  wird,  im  Verordnungswege  den 
Anliegern  oder  Nutzungsberechtigten  gegen  volle  und  gerechte  Entschädigung  gewisse 
Zwangsverpflichtungen  aufzuerlegen.     Diese  Zwangsverpflichtungen  können  sich  auf  die 
Duldung  von  vorübergehenden  und  dauernden  Anlagen  auf  ihren  Grundstücken  und  auf 
die  Beschränkung  oder  Umwandlung  ihrer  Nutzungsrechte  beziehen.    Statt  der  milderen 
Form   der  Zwangsverpflichtung   kann  durch   das  Gesetz  in  besonders  wichtigen  Fällen 
auch  die  Enteignung  vorgesehen  werden. 

An  vielen  Wasserläufen  lässt  sich  die  Nutzbarkeit  des  Wassers  durch  bauliche 
Anlagen  (Talsperren,  Stauweiher,  Seeregulierungen  etc.)  wesentlich  verbessern.  Oft 
würden  aber  die  Kosten  dieser  baulichen  Anlagen  zu  gross  sein,  als  dass  sie  von  dem 
einzelnen  Unternehmer  allein  getragen  werden  könnten.  Auch  wäre  es  unbillig,  wenn 
die  Kosten  der  Verbesserung,  welche  nicht  allein  einem  Unternehmer,  sondern  allen 
unterliegenden  Nutzungsberechtigten  zugute  kommt,  allein  von  einem  Unternehmer 
getragen  werden  müssten.  Der  Weg  zur  Beseitigung  dieser  Schwierigkeit  ist 
bereits    durch   die   ältere   Gesetzgebung    betreffend    die   Bildung   von 


32  L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

freien  und  Zwangs-Genossenschaften  für  Bewässerung,  Entwässerung 
und  Wasserversorgungsanlagen  vorgezeichnet. 

Da  die  Ausnützung  des  Wasserreichtums  für  landwirtschaftliche  Zwecke,  sowie 
für  die  Wasserversorgung  von  Ortschaften  durch  kein  anderes  Mittel  ersetzt  werden 
kann,  während  für  die  Kraftgewinnung  die  Technik  überall  auch  noch  andere  Mittel, 
als  das  Wasser  zur  Verfügung  stellt,  so  ist  es  natürlich,  dass  bei  widerstreitenden 
Interessen  von  annähernd  gleicher  wirtschaftlicher  Bedeutung  die  Kraftgewinnung 
hinter  der  landwirtschaftlichen  und  hygienischen  Nutzung  des  Wassers 
zurückzustehen  hat. 

Entsprechend  der  Entwickelung  des  ganzen  modernen  Rechtslebens  werden  einer- 
seits im  allgemeinen  Interesse  die  Befugnisse  der  Staatsbehörden  zum  Erlasse  von  Ver- 
kehrs-, gewerbe-  und  gesundheitspolizeilichen  Verordnungen,  sowie  zum  Erlasse  von 
Zwangsmassregeln  zur  Förderung  der  allgemeinen  Landeskultur,  der  Fischerei  und  zor 
Abwehr  von  Hochwasserschäden,  zu  erhöhen  sein,  werden  aber  andererseits  auch  die 
nötigen  Kautelen  gegen  Willkür  durch  Öffnung  des  Beschwerdeweges,  gesetzliche  Vor- 
schriften für  schnelle  Erledigung  solcher  Beschwerden,  Heranziehung  der  Interessenten- 
kreise zur  Mitarbeit  und  Selbstverwaltung  etc.  und  durch  Offenhaltung  des  Rechtsweges 
zu  schaffen  sein. 

Der  Gesichtspunkt  der  Einnahmen  für  denStaat  aus  der  Nutzung 
der  Wasserkräfte  sollte  gegenüber  dem  allgemeinen  volkswirtschaft- 
lichen Gesichtspunkte  ganz  zurücktreten.  Tatsächlich  können  diese  Ein- 
nahmen im  allgemeinen  Staatsbudget  eine  beträchtliche  Rolle  nicht  spielen.  Wenn  man 
den  Nutzen,  welcher  sich  durch  Verwendung  einer  Wasserkraft  bei  3000  Nutzstunden 
jährlich  im  Vergleich  mit  Wärme-Antriebsmaschinen  im  Durchschnitt  erzielen  lässt,  etwa 
zu  30 — 60  Mk.  pro  PS6  annimmt,  so  bedeutet  eine  Abgabe  vop  3  Mk.  pro  PS»  und  Jahr 
schon  10  —  6%  vom  Nutzen.  Auf  alle  Fälle  wäre  es  verfehlt,  den  Wasserzins  einheitlich 
pro  PS#  und  Jahr  festzusetzen,  denn  der  Wert  einer  Wasserkraft  ist  ausserordentlich 
verschieden  je  nach  der  Beständigkeit  und  Grösse  der  Kraft,  der  Höhe  des  Gefälles  und 
der  Verwendungsgelegenheit  für  die  gewonnene  Kraft.  Es  wäre  vielmehr,  wenn  man  sich 
prinzipiell  für  Abgaben  entscheiden  will,  nach  gewissen  Grundsätzen  zu  staffeln,  wobei, 
etwa  unter  gänzlicher  Freilassung  aller  kleinen  Wasserkräfte  bis  zu  100  PS«,  der  Wasser- 
zins mit  der  Grösse  der  Kraft,  mit  der  Ständigkeit  derselben,  mit  der  Höhe  des  Gefälles 
und  mit  der  Güte  und  Nähe  des  Absatzgebietes  zu  steigern  wäre.  Massgebend  für  den 
Wasserzins  sollte  auch  nur  dasjenige  Niedrigwasser  sein,  auf  dessen  Vorhandensein 
man  das  ganze  Jahr  hindurch  rechnen  kann. 

Ebenso  sollten  Auflagen  wegen  unentgeltlichen  Heimfalles  oder  wegen 
Rückkaufes  oder  Auflagen  wegen  Herstellung  von  Anlagen,  welche  in  späterer  Zeit 
event.  einmal  notwendig  oder  wünschenswert  sein  könnten  (z.  B.  die  Berücksichtigung 
der  Schiffahrt  auf  zurzeit  noch  nicht  schiffbaren  Wasserläufen),  nur  soweit  gemacht 
werden,  als  hierdurch  die  Baukosten  pro  Einheit  nicht  wesentlich  erhöht  werden  und 
die  private  Unternehmung  keine  Entmutigung  erfahren  kann. 

Im  grossen  Durchschnitt  werden  die  Wasserkraftanlagen,  ihrer  hohen  Anlagekosten 
wegen  in  einem  kürzeren  Zeitraum  als  in  50  bis  60  Jahren,  eine  normale,  gute  Ent- 
wickelung des  Unternehmens  vorausgesetzt,  nicht  getilgt  werden  können. 

Was  schliesslich  die  formelle  Ordnung  des  Konzessionswesens  anlangt,  so  wird  es 
besonders  darauf  ankommen,  das  Verfahren  dadurch  möglichst  abzukürzen,  dass  es  von 
jeder  unnötigen  bureaukratischen  Schablone  befreit  wird,  dass  die  Kompetenzen  klar 
und  unzweideutig  festgelegt,   und  dass,  soweit  irgend  tunlich,  Fristen  gesetzt  werden, 


§  2.  Die  Laos  der  Qebbtzgbbuug  fOb  Wasskbkbaftanlaokh  usw.  88 

in  welchen  die  verschiedenen  Verfahren  ihre  Erledigung  zu  finden  haben.  Auch  sollten 
die  Unterlagen,  welche  der  Unternehmer  bei  Einreichnng  eines  Konzessionsgesuches  Tor- 
salegen hat,  auf  das  unumgänglich  Notwendige  beschränkt  werden.  Alle  auf  die  formelle 
Behandlung  des  ^Konzessions wesens  bezüglichen  Bestimmungen  werden  meistens-  nicht  im 
Wege  der  Gesetzgebung  selbst,  sondern  im  Wege  der  Verordnung  ihre  Regelung  zu 
finden  haben. 

Es  wird  im  nächsten  §  des  Kapitels  I  gezeigt  werden,  welche  grosse  Bedeutung 
die  Wasserkräfte  für  die  wirtschaftliche  Lage  der  einzelnen  Länder  haben  können.  Dar- 
aus lassen  sich  dann  Schlüsse  ziehen,  in  welch  hohem  Grade  die  wirt- 
schaftliche Entwickelung  der  einzelnen  Länder  von  dem  Geiste  ab- 
hängen wird,  aus  dem  heraus  das  neuere  Wasserrecht  in  dem  uns  hier 
interessierenden  Teile  umgestaltet  ist  oder  umgestaltet  werden  wird. 

Zur  Vervollständigung  soll  nunmehr 


D.  Die  gegeiwirtige  Lage  des  Wisserrechtes  im  verschiedenen  europäischen 

Lindern 

kurz  skizziert  werden. 

Italien. 
1.  Eigentumsverhältnisse« 

In  Italien  bildet  das  Bürgerliche  Gesetzbuch  (Codice  civile,  25.  giugno  1866)  die 

Grundlage  des  Wasserrechtes. 

Nach  dem  Vorbilde  des  römischen  Rechtes  sind  hier  (§  427)  als  öffentliche  Ge- 
wisser alle  dauernd  fliessenden  (fiumi  e  torrenti)  und  damit  sinngemäss  auch  alle  Seen, 
welche  einen  offenen  Abfluss  haben,  angesehen. 

Abgesehen  von  den  Fällen,  wo  ältere  Privatbesitztitel  (§  615)  vorliegen,  gehören 
demnach  das  Bett  und  die  Nutzungsrechte  fast  aller  Gewässer,  welche  für  Wasserkraft- 
anlagen in  Frage  kommen,  dem  Staate. 

2.  Nutzungsrechte. 

Um  die  Nutzung  des  Wassers  tunlichst  zu  fördern,  ist  das  Gesetz 
vom  10.  August  1884  über  die  Ableitung  von  Wasser  aus  öffentlichen 
Flüssen  (Legge  co nee rnente  le  derivazioni  di  acque  pubbliche)  erlassen. 
Es  beschäftigt  sich  logischerweise  nur  mit  den  öffentlichen  Gewässern.  Ergänzt  ist  das 
Gesetz  durch  eine  Reihe  von  Verordnungen  der  drei  Minister  für  öffentliche  Arbeiten, 
für  Handel  und  Gewerbe  und  Landwirtschaft,  und  für  Finanzen,  von  welchen  die  nach- 
folgenden die  wichtigsten  sind: 

a)  Regolamento  sulla  derivazione  di  acque  pubbliche  9  novembre  1885,  von  allen 
drei  genannten  Ministern  gezeichnet.  Genehmigt  und  veröffentlicht  durch  Regio  Decreto 
vom  gleichen  Tage.. 

b)  Circolare  6  febbraio  1888  ai  Signori  Prefetti  ed  Ingegneri  Capi  del  Genio 
Civile  del  Regno,  erlassen  vom  Ministero  dei  Lavori  Pubblici.     Direzione  Generale  delle 

Opere  Idrauliche. 

c)  «Regolamento  per  l1  eseeuzione  della  legge  10  agosto  1884  sulie  derivazioni  delle 
acque  pubbliche,  genehmigt  und  veröffentlicht  durch  königliches  Dekret  vom  26.  No- 
vember 1893. 

4m*  Ia*-Wi»ttscli.    III.  Teil.    18.  Bd.  S 


34  I.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

d)  Regio  Decreio  19  dicembre  1895,  welches  den  Artikel  6  des  Regolamento  vom 
26.  November  1893  abändert. 

Mit  der  Veröffentlichung  des  Regolamento  vom  26.  November  1893  ist  dasjenige 
vom  9.  November  1885  ausser  Kraft  gesetzt. 

Nach  Artikel  1  des  Gesetzes  können  neue  Nutzungen  durch  Ableitungen  des 
Wassers  (derivazioni)  nur  durch  Konzessionen  der  Verwaltungsbehörden  gegen  Zahlung 
eines  Kanons  gewährt  werden,  abgesehen  von  den  Fällen,  wo  alte  Rechtstitel  vorliegen. 
Der  jährliche  Kanon  ist  im  Art.  14  auf  3  Lire  pro  Roh-PSe  festgesetzt,  wobei  das  Ge- 
fälle am  Krafthause  selbst  zu  messen  und  eine  mittlere  Wassermenge  zugrunde  zu  legen 
ist.  Um  über  die  bestehenden  Nutzungsrechte  Klarheit  zu  schaffen,  bestimmt  Art.  24, 
dass  alle  alten  urkundlich  noch  nicht  festgelegten  Nutzungsrechte,  in  dem  bisherigen 
Umfange  als  rechtsgültig  gelten  sollen,  sofern  sie  30  Jahre  vor  Inkrafttreten  des  Ge- 
setzes bestanden  haben.  Gleichzeitig  bestimmt  Art.  25,  dass  durch  Verordnung  des 
Ministers  für  öffentliche  Arbeiten  für  alle  Flüsse  und  Seen  nach  Provinzen1)  geordnete 
Wasserbücher  (elenchi  delle  acque  pubbliche)  und  Kataster  anzulegen  sind.  Jedes  Wasser- 
buch wird  von  Zeit  zu  Zeit  veröffentlicht.  Bis  zwei  Jahre  nach  Erlass  dieser  ministe* 
riellen  Verordnung  hatten  alle  Nutzungsberechtigten  das  Recht  und  die  Pflicht,  ihre 
Rechte  nach  Ort,  Art  und  Umfang  zur  Anzeige  zu  bringen.  Säumige  Nutzniesser 
konnten  mit  einem  jährlichen  Kanon  bestraft  werden,  dessen  Höhe  so  bemessen  werden 
konnte,  als  ob  alte  Rechte  nicht  existierten.  Wer  bis  nach  Ablauf  von  3  Jahren  nach 
dem  ersten  Termin  die  vorgeschriebene  Meldung  nicht  gemacht  hatte,  konnte  seiner 
Rechte  verlustig  erklärt  werden,  und  es  konnte  ihm  untersagt  werden,  die  alte  Nutzung 
weiter  auszuüben.  Infolge  dieses  Gesetzes  ist  es  in  Italien  verhältnismässig  einfach, 
sich  über  die  an  einem  Wasserlauf  oder  See  vorliegenden  Privatrechte  ein  zuverlässiges 
Bild  zumachen. 

S.  Neue  Konzessionen. 

Alle  neuen  Nutzungsrechte  können  (Art.  2)  nur  verliehen  werden  a)  an  Seen  und 
den  ein-  und  ausfliessenden  Flussarmen,  an  den  schiffbaren  Flüssen  und  an  den  vom 
Staate  künstlich  regulierten  oder  neu  hergestellten  Wasserläufen  durch  königliches 
Dekret  auf  Grund  eines  Berichtes  des  Finanzministeriums  nach  Anhörung  des  Provin- 
zialrates  (Consiglio  Provinciale)  und  der  oberen  technischen  Behörden  (Consiglio  Supe- 
riore  dei  lavori  pubblici);  b)  an  allen  anderen  Gewässern  durch  den  Präfekten  im  Be- 
schlussverfahren (Consiglio  di  prefettura)  nach  Anhörung  des  Lokal-Bauamtes  (L'ufficio 
del  genio  civile).  Kommen  mehrere  Provinzen  in  Frage,  so  entscheidet  der  Präfekt, 
in  dessen  Bezirk  der  Einlauf  liegt.  Indessen,  wenn  in  solchem  Falle  Widerspruch  von 
den  Interessenten  auch  nur  einer  Provinz  erhoben  wird,  so  hat  der  Minister  der  öffent- 
lichen Arbeiten  direkt  die  weitere  Erledigung  zu  veranlassen  (Art.  3). 

Jede  Konzession  kann  nur  auf  30  Jahre  und  vorbehaltlich  der  Rechte  Dritter 
gegeben  werden  (Art.  2  und  ö).  Es  bestimmt  hier  aber  Art.  5,  dass  die  Konzession  auf 
Antrag  verlängert  werden  muss  auf  abermals  30  Jahre  und  so  fort,  es  sei 
denn,  dass  nach  dem  Urteil  der  Verwaltungsbehörden  entweder  Missbrauch  oder  kein 
Gebrauch  von  der  Konzession  gemacht  ist.  Das  bedeutet  in  normalen  Fällen  eine  un- 
begrenzte Konzession.  Bei  der  Erneuerung  können  die  Bedingungen  der  Konzession  ge- 
ändert werden,  wenn  die  örtlichen  Verhältnisse  dies  notwendig  machen.    Mit  Rücksicht 


*)  Der  Begriff  „Provincia*   entspricht  etwa  dem    preussiscben   Regierungsbezirk.     Der  Begriff 
„Provinz*  in  Preuaaen  deckt  sich  ungefähr  mit  dem  Begriff  „Regione",  z.  B.  Lombardei,  Venezien. 


§  2.  Die  Lage  der  Gesetzgebuno  für  Wasserkraftanlagen  usw.  »  36 

auf  die  Wichtigkeit  dieses  Artikels  ist  derselbe  im  Anhange,  Anlage  I,  wörtlich  ab- 
gedruckt und  es  sind  die  Art.  35  des  Regolamento  vom  9.  November  1885  and  Art.  37 
des  Regolamento  vom  26.  November  1893  hinzugefügt.  Die  genannten  Artikel  der  beiden 
Ausführungsverordnungen  geben  Anweisungen  für  die  Handhabung  von  Art.  5  des  Ge- 
setzes. Es  ist  nicht  zu  verkennen,  wenn  man  den  §  35  des  alten  Regolamento  mit  dem 
§  37  des  neueren  von  1893  vergleicht,  dass,  entsprechend  der  allgemeinen  Tendenz,  das 
neuere  Regolamento  den  Schutz  der  privaten  Interessen  zugunsten  der  Machtvollkommen- 
heit der  staatlichen  Organe  einschränkt.  Nach  Art.  4  ist  in  der  Konzession  ein  Termin 
anzugeben,  bis  zu  dem  die  Nutzung  begonnen  haben  muss,  widrigenfalls  die  Konzession 
als  hinfällig  erklärt  werden  kann.  Dieser  Termin  darf  durch  dieselbe  Instanz,  welche 
die  Konzession  erteilt  hat,  verlängert  werden,  wenn  die  Verzögerung  in  der  Ausführung 
ausreichend  begründet  werden  kann. 

4.  Erleichternde  gesetzliehe  Bestimmungen:  Genossenschaften,  Enteignung. 

Durch  ein  besonderes  Gesetz  (Legge  sui  consorzi  delle  acque  a  scopo  industriale 
2  febbraio  1888)  ist  die  Bildung  von  freien  und  Zwangsgenossenschaften  zur  Ausnützung 
von  Wasserkräften  geregelt,  und  es  ist  vorgesehen,  dass  Staat,  Provinzen  und  Gemeinden 
solchen  Genossenschaften  durch  Gewährung  von  Zinsgarantien  bis  zur  gewissen  Höhe 
des  Gesamtanlagekapitals  Förderung  zu  Teil  werden  lassen  können.  Durch  Verordnung 
des  Ministers  für  Landwirtschaft,  Handel  und  Industrie  vom  24.  Juni  1888  (Regolamento 
per  esecuzione  della  legge  2  febbraio  1888  sui  consorzi  di  derivazione  e  di  uso  delle  acque 
a  scopo  industriale,  genehmigt  und  veröffentlicht  durch  königliches  Dekret  von  dem- 
selben Tage)  sind  alle  Einzelheiten  des  Verfahrens  genau  geregelt.  Zwangsgenossen- 
schaften können  nur  gebildet  werden  auf  Antrag  der  Majorität  aller  Interessenten  auf 
Grund  des  Art.  659  des  Codice  civile,  und  zwar  durch  richterlichen  Beschluss,  wenn  die 
Teilung  des  Gesamtunternehmens  nicht  ohne  erhebliche  Schädigung  desselben  möglich  ist. 

Auf  Grund  der  Art.  16  und  24  des  Gesetzes:  Sülle  espropriazioni  per  causa  di 
utilita  publica  25  giugno  1865,  kann  ferner  dem  Unternehmer  einer  Wasserkraftanlage 
durch  königliches  Dekret  das  Recht  der  Enteignung  erteilt  werden,  wenn 
sein  Unternehmen  als  von  öffentlichem  Nutzen  anerkannt  wird.  Zur  Feststellung 
und  Anerkennung  des  „öffentlichen  Nutzens"  eines  Unternehmens  ist,  ein  bestimmtes  Ver- 
fahren vorgeschrieben.  S 

5.  Die  neuere  Entwickelung  der  Gesetzgebung. 

Während  die  beiden  erstgenannten  Gesetze  über  die  Nutzung  öffentlicher  Gewässer 
und  die  Bildung  von  Wassergenossenschaften  aus  der  Absicht  entsprungen  sind,  die 
Nutzung  des  Wassers  von  Seiten  privater  Interessenten  nach  Möglichkeit  zu  begün- 
stigen, macht  sich  in  neuerer  Zeit  eine  mehr  fiskalische  Richtung  geltend.  So  ist 
durch  das  sogenannte  Munizipalisationsgesetz  (Legge  sui  assunzione  diretta  dei  publici 
servizi  da  parte  dei  Comuni  29  marzo  1903)  den  Gemeinden  die  Befugnis  gegeben,  eine 
ganze  Reihe  öffentlicher  Betriebe,  wie  Wasserversorgungsanlagen,  Beleuchtungs-,  Kraft- 
Keferungs-,  Strassenbahn-,  Telephon-Anlagen,  Ausbau  von  Wasserkräften,  Bau  und  Kon- 
struktion von  Mühlen  etc.  selbst  zu  übernehmen.  Art.  22  bestimmt,  dass  sich  mehrere 
Gemeinden  zu  Konsortien  vereinigen  können,  um  den  Bau  oder  die  Übernahme  solcher 
Anlagen  im  gemeinschaftlichen  Interesse  durchzuführen.  Art.  25  gibt  den  Gemeinden 
das  Recht,  die  unter  das  Gesetz  fallenden  Anlagen,  welche  Dritten  konzessioniert  sind, 
zu  übernehmen.    Die  Übernahme  kann  erfolgen  in  allen  Fällen,  wenn  20  Jahre  von 

dem    wirklichen    Beginn    des    Betriebes,    bei    kürzeren    als    60jährigen    Kon- 

8* 


36  L    Thkodob  Kobhh.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Zessionen,  wenn  mindestens  ein  Drittel  der  Gesamtdauer  der  Konzession  vergangen* 
sind  Auf  keinen  Fall  kann  das  Recht  früher,  als  nach  Ablauf  von  10  Jahren  ton 
Beginn  des  Betriebes  der  Anlage  ausgeübt  werden.  Macht  die  Gemeinde  von  diesem 
Rechte  keinen  Gebrauch,  so  kann  sie  nur  in  Abstanden  von  5  zu  5  Jahren  wieder 
darauf  zurückkommen.  Der  Art.  25  bestimmt  dann  die  Bedingungen,  unter  denen  der 
Rückkauf  erfolgen  kann.  Der  Wichtigkeit  wegen  ist  dieser  Artikel  im  Anhange  Anlage  I 
mit  den  Art.  26  und  27  wörtlich  abgedruckt. 

Art.  26  enthält  die  Vorschriften,  welche  zu  beachten  sind,  wenn  eine  Gemeinde 
den  Ruckkauf  bewirken  will.  Die  Genehmigung  derartiger  Antrage  von  Gemeinden 
wird  von  der  Beratung  und  Beschliessung  einer  königlichen  Kommission  abhängig 
gemacht.  Art.  27  bestimmt,  dass  alle  Gemeinden,  welche  einen  der  im  Gesetze  aufge- 
führten öffentlichen  Dienste  im  Wege  der  Konzessionserteilung  Privaten  überlassen 
wollen,  sich  das  Recht  des  Rückkaufes  vorbehalten  müssen  zu  Bedingungen,  welche  für 
die  Gemeinde  nicht  ungünstiger  sein  dürfen,  als  diejenigen  des  Art.  25. 

Es  ist  wohl  anzunehmen,  dass  dieses  Gesetz  auf  Wasserkonzessionen,  welche  vom 
Staate  an  Privatunternehmer  erteilt  sind,  nicht  ohne  weiteres,  angewendet  werden  kann, 
sondern  nur  in  Fällen,  wo  die  Gemeinde  Trägerin  der  Wasserkonzession  ist*  und  den 
Ausbau  und  Betrieb  der  Anlage  einem  Privatunternehmer  durch  Vertrag  übertragen  hat. 
Immerhin  bedeutet  das  Gesetz  einen  starken  Eingriff  in  wohlerworbene  Privatrechte  zu- 
gunsten der  Allgemeinheit. 

Die  ausserordentliche  Ausdehnung,  welche  der  Ausbau  von  Wasserkräften  inzwischen 
in  Italien  genommen  hat,  verstärkte  die  Strömung,  welche  die  öffentlichen  Interessen 
noch  mehr  in  den  Vordergrund  zu  stellen  bestrebt  ist  Diese  Strömung  möchte  sowohl 
den  Kanon  von  3  Lire  jährlich  erhöhen,  als  auch  die  Dispositionen  des  Art.  5  des  Ge- 
setzes vom  10.  August  1884  zugunsten  des  Staates  verschärfen8) 

Erwähnenswert  ist  noch  eine  Verfügung  des  Ministers  der  öffentlichen  Arbeiten 
vom  18.  Juli  1890  (vergl.  Anhang  Anlage  I),  wonach  alle  Präfekten  und  die  sonst  für  die 
Konzessionserteilung  zuständigen  Behörden  angewiesen  werden,  bei  Konzessionsgesuchen  für 
Wasserkraftanlagen  grösseren  Umfangs  zunächst  durch  Nachfrage  bei  den  Zentral-Eisen- 
babnverwaltungen  festzustellen,  ob  die  betreffende  Kraft  für  die  spätere  Umwandlung  der 
Eisenbahn  in  elektrischen  Betrieb  in  Frage  kommen  könne  und  im  bejahenden  Falle  die 
Konzession  nicht  zu  erteilen.  Auf  diese  Weise  sind  eine  ganze  Anzahl  günstig  liegender 
Kräfte  für  die  spätere  Umwandlung  in  elektrischen  Betrieb  reserviert. 

Frankreich. 
1.  Eigentums  Verhältnisse  und  Nutzungsrechte. 

Die  Wasserkraftanlagen  unterliegen  in  Frankreich  bis  zur  Stunde  noch  den  Be- 
stimmungdn  des  (Art.  644)  Code  civile  (1804)  und  des  Wassergesetzes  vom  8.  April  1898. 

Als  öffentliche  Gewässer  gelten  diejenigen,  welche  schiffbar  oder  flössbar  sind 
(navigables  et  flottables),  alle  übrigen  als  private. 

Über  die  öffentlichen  Gewässer  hat,  soweit  nicht  durch  besondere  private  Rechts- 
titel andere  Verhältnisse  geschaffen  sind,  lediglich  der  Staat  oder  seine  Organe  zu  ver- 
fügen.   Er  ist  sowohl  Eigentümer  des  Bettes,  als  auch  aller  Wassernutzungsrechte. 


*)  Diese  Richtung  (in  Frankreich  hat  sich  dafür  der  Name  »Leg  Etatistes*  eingebürgert)  wird 
beton')«»  von  dem  Professor  Nitti  vertreten,  während  die  andere  Richtung,  welche  die  Privatinitiative 
nicht  gehindert  sehen  will,  besonders  der  Senator  Colombo  vertritt  L'  Elettricita  vom  22.  Januar, 
5.,  19.,  26.  Februar  1904,  Milano  Foro  Buonanarte  12. 


§    2.  Dob  Lage  der  Gesetzgebung  für  Waööerkraftanlagen  usw.  37 

Bei  den  "Privatflüssen  sind  die  Anlieger  und  zwar  jede  Seite  bis  zur  Mitte  Eigen* 
tümer  des  Bettes  und  ihnen  steht  ausschliesslich  das  Nutzungsrecht  des  Wassers  zu  (wie 
in  Preussen).  Jeder  Uferbesitzer  ist  in  Frankreich  berechtigt,  sein 
Nutzungsrecht  an  einen  Dritten  zu  cedieren,  entweder  mit  oder  ohne 
das  betreffende  Ufergrundstück. 

Für  jede  Wasserkraftanlage,  sowohl  an  öffentlichen,  als'  auch  an  privaten  Flössen 
ist  eine  behördliche  Genehmigung  erforderlich.  Für  die  öffentlichen  Flüsse  kann  die 
Genehmigung  nur  widerruflich  erteilt  und  die  Überlassang  der  Nutzungsrechte  ausser- 
dem mit  besonderen  Lasten,  Abgaben  etc.  belegt  werden.  Weil  die  Widenuflichkeit  es 
aber  den  Privaten  fast  unmöglich  macht,  grössere  Kapitalien  in  solchen  Unternehmungen 
festzulegen,  so  ist  bei  Konzessionen  an  öffentlichen  Flüssen  meistens  der  Weg  der  Spezial- 
gesetsgebung  für  den  einzelnen  Fall  beschritten  (vergl.  Kap.  II,  24).  Infolge  der  Schwierig- 
keit und  Langwierigkeit  dieses  Verfahrens  sind  in  Frankreich  Wasserkraftanlagen  an 
5ffentlichen  Flüssen  nur  wenig  zur  Ausführung  gekommen. 

Bei   den    Privatflüssen    kann   naturgemäss    die   vom   Staate    zu    erteilende   Ge- 
nehmigung nur  polizeiliche  Vorschriften  im  Iuteresse  der  Öffentlichkeit  und  Vorschriften 
zum  Schutze  anderer  Hechte  (Stauhöbe,  Zeitbestimmungen  über  den  Gebrauch  etc.)  ent- 
halten, aber  von  Staats  wegen  keine  zeitliche  Beschränkung  und  keine  anderen  Lasten. 
Es  kann  aber  auch  die  Konzession  nur  derjenige  erhalten,  welcher  das 
Nutzungsrecht  oder  das  Eigentum  an  den  anliegenden  Ufern  nachweist. 
Zwar  hat  der  Ausbau  von  Wasserkräften  an  Privatflüssen  unter  der  gegenwärtigen 
Gesetzgebung  in  Frankreich  einen  ganz  gewaltigen  Aufschwung  genommen,  es  haben  sich 
aber  doch  grosse  Schwierigkeiten  (vergl.  S.  31)  herausgestellt,   welche  auch  den  direkt 
interessierten  Privatkreisen  eine  neue  gesetzliche  Ordnung  der  Verhältnisse  wünschens- 
wert  erscheinen  lassen,   sofern  sie  sich   darauf  beschränkt,   diese  Schwierigkeiten   zu 
mildern  oder  ganz  zu  beseitigen.    Andererseits  sind  aber  auch  Bestrebungen  laut  ge- 
worden, welche  das  Interesse  der  Öffentlichkeit  in  weiterem  Masse,  als  es  die  bisherigen 
gesetzlichen  Bestimmungen  zulassen,  gewahrt  wissen  wollen.    Die  ganze  Frage   ist  in 
Frankreich  besonders  durch  den  Congrfes  de  la  Houille  Blanche  in  Grenoble  1902  in 
Fluss  gekommen,  und  das  Resultat  aller  Erörterungen  war  zunächst  der  Entschluss,  da- 
von abzusehen,  schon  jetzt  die  ganze  Materie  des  Wasserrechtes  neu 
zu  regeln,  sondern  sich  auf  die  Wasserkraftanlagen  zu  beschränken. 
Es  haben  der  von  der  Kammer  ad  hoc  für  die  Session  1905 — 1906  eingesetzten 
Kommission  nach  Ausscheidung  verschiedener  älterer  Entwürfe,  welche  durch  den  Schluss 
der  früheren  Session  hinfällig  geworden  sind,  drei  Entwürfe  vorgelegen,  von  denen  zwei 
sich  mit  allen  Wasserkraftanlagen,  der  dritte  aber  nur  mit  den  Anlagen  an  Privat- 
flüssen  (Les  coura  d'eau  non  navigables  ni  flottables)   befasst.     Die  Kommission  hat 
ihren  Bericht  unterm  12.  Februar  1906  erstattet*). 


»)  lmprin*  Nr.  2978  Chambre  des  Depntes  8**»*  Legislature  Session  de  1906,  rapporteur 
Fernand  David. 

Sa  läge«  der  Kommission  vor: 

1.  Der  Eotwmrf  das  Ministers  für  Landwirtschaft,  Mougeot,  welcher  sich  nur  auf  Wasser- 
kraitanlagen  an  Privatflüssen  bezieht. 

2.  Der  Entwurf  der  Deputierten  Pierre  Boudin  und  Millerand,  bezüglich  aller  Wasser- 
kraftanlagen. 

3.  Der  Entwurf  des  Deputierten  Guillain,  bezüglich  aller  Waaserkraftanlagen. 

Daa  Projekt  von  Boudin  und  Millerand  will  unterscheiden  zwischen  privaten  und 
öffentlichen  Wasserkraft- Anlagen.  Es  nennt  alle  Wasserkraft  -  Anlagen  Öffentliche,  deren 
Rohkraft   bei  Mittelwasser  100  PS    überschreitet,    private  Wasserkraft-Anlagen   alle    kleineren.      Die 


38  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

Sie  hat  unter  Verwerfung  der  beiden  anderen,  mehr  ans  fiskalischem  Geiste  (seos 
6tatiste)  geborenen  Entwürfe,  auf  Grand  des  Projektes  des  Ministers  für  Landwirtschaft 
einen  nenen  Entwurf  ausgearbeitet.  Die  Kommission  will  alle  bestehenden  Rechte  tun- 
lichst respektiert  wissen,  und  soweit  irgend  möglich,  den  Ausbau  von  Wasserkräften 
durch  Private  und  Körperschaften  erleichtern.  In  der  Begründung  hebt  sie  als  beson- 
deren Gesichtspunkt  hervor:  „Les  projets  6tatistes  sont  n6s  de  l'enthousiasme  proroque, 
dfcs  la  premifere  heure  par  la  decouverte  de  la  propagation  de  la  force  ä  distance. 
Mais  on  s'est  vite  apergu  que,  s'il  y  avait  dans  les  chutes  une  richesse  nationale,  cette 
richesse  ne  vaudrait  que  dans  la  mesure  ou  l'initiative  privee  saurait  en  tirer  profit.* 

Der  Gesetzentwurf4),  welcher  im  Anhange  als  Anlage  II  abgedruckt  ist,  befasst 
sich,  wie  erwähnt,  nur  mit  den  Wasserkraft- Anlagen  an  Privatflüssen,  weil  diese  in 
Frankreich  für  die  Wasserkraftanlagen  die  interessantesten  sind  und  weil  bezüglich  der 
öffentlichen  Flüsse  das  bestehende  Recht  gegenwärtig  weniger  reformbedürftig  erschien. 
So  lange  noch  ein  so  grosser  Reichtum  an  Wasserkräften  in  den  Privatflüssen  verfüg- 
bar ist,  wird  sich  die  Privatunternehmung  im  Wesentlichen  diesen  zuwenden,  da  sich 
die  Anlagekosten  beim  Ausbau  von  Wasserkräften  an  öffentlichen  Flüssen  wegen  des 
meist  schwächeren  Gefälles  derselben,  durchschnittlich  pro  Einheit  erheblich  höhei 
stellen  werden. 

2.  Erleichternde  Bestimmungen:  Zwangsverpflichtungen,  Enteignung, 

Genossenschaften. 

Der  von  der  Kommission   vorgeschlagene  Gesetzentwurf  unterscheidet  zwischen 
privilegierten    Privat-Wasserkraftanlagen   (Usines   hydrauliques   privees   privilig6es) 

letzteren  sollen  unter  der  bestehenden  Gesetzgebung  verbleiben.  Die  öffentlichen  Wasserkraftanlagen 
sollen  zukünftig  nur  errichtet  werden  können  auf  Grund  einer  Verleihung  und  einer  Genen  migungs- 
urkunde.  Für  die  Verleihung  ist  die  Anerkennung  des  öffentlichen  Nutzens  erforderlich  Jede  Verleihung 
und  Genehmigung  soll  nur  auf  Zeit  gegeben  werden  und  bei  Ablauf  soll  die  Anlage  ohne  Entschädigung 
für  den  Konzessionär  dem  Staate  anheimfallen.  Ausserdem  soll  der  Staat  nach  15  Jahren  das  Rflck- 
kaufrecht  haben.  Will  der  Staat  von  diesem  Recht  Gebrauch  machen,  so  muss  er  5  Jahre  vorher  kün- 
digen; macht  er  keinen  Gebrauch  von  dem  Rück  kaufsrecht,  so  soll  die  Konzession  erneuert  werden, 
wobei  dem  alten  Inhaber  unter  gleichen  Bedingungen  das  Vorzugsrecht  zugestanden  werden  soll.  Der 
Konzessionär  soll  an  den  Privatflüssen  nur  gehalten  sein,  diejenigen  Uferbesitzer  zu  entschädigen,  welche 
bereite  von  ihrem  Benutzungsrechte  Gebrauch  gemacht  haben. 

Das  Projekt  Guillain  unterscheidet  gleichfalls  in  öffentliche  und  private  Wasserkraftanlagen. 
Kr  bezeichnet  als  private  aber  Anlagen,  welche,  weniger  als  1000  Roh- PS  bei  mittlerem  Niedrig- 
wasser ausnützen  und  als  öffentliche  die  übrigen.  Wenn  ein  Unternehmer  im  Besitze  aller  Eigentums- 
und  Nutzungsrechte  an  der  von  ihm  in  Anspruch  genommenen  Flussstrecke  ist,  so  kann  er  unter  der 
gegenwärtig  geltenden  Gesetzgebung  verbleiben,  auch  wenn  die  Wasserkraft  mehr  als  1000  PS  hat. 
Im  übrigen  können  die  Unternehmer  privater  Wasserkraftanlagen  nach  Wahl  unter  der  gegenwärtigen 
Gesetzgebung  verbleiben,  oder  sich  unter  das  neue  Gesetz  stellen.  In  letzterem  Falle  wird  die  Kon- 
zession auf  unbeschränkte  Zeit  erteilt,  aber  der  Staat  hat  das  Kaufrecht  von  80  zu  30  Jahren. 

Bio  öffentlichen  Wasserkraftanlagen  können  nur  auf  80  Jahre  konzessioniert  werden,  und  der 
Staat  hat  am  Schlüsse  dieser  Periode  das  Rückkaufsrecht.  Der  Unternehmer  muss  alle  Nutzungsbe- 
rechtigteg,  auch  diejenigen,  welche  ihre  Rechte  noch  nicht  ausgenützt  haben,  entschädigen,  und  zwar 
unter  Vorbehalt  des  Rechtsweges,  nach  Normen,  welche  die  Verwaltungsbehörde  feststellt. 

«)  Bei  Beginn  der  Drucklegung  war  inzwischen  die  8.  Sitzungsperiode  der  französischen  Depu- 
tiertenkammer geschlossen  und  infolgedessen  der  Gesetzentwurf  der  Kommission  verfallen.  Es  hat  aber 
unterm  9.  Juni  1906  der  gegenwärtige  Minister  für  Landwirtschaft  M.  Ruau  den  Gesetzentwurf  fast 
wörtlich  in  der  Fassung  der  Kommission  wieder  eingereicht  Die  von  ihm  beigefügten  Motive  besprechen 
aber  nicht  allein  die  oben  erwähnten  zwei  anderen  Gesetzentwürfe,  sondern  geben  einen  erweiterten 
Überblick  über  alle  früheren  Gesetzvorschläge  und  es  sind  deshalb  in  der  Anlage  II  die  Motive  zum 
Entwurf  vom  9.  Juni  1906  in  ihren  wesentlichsten  Teile,  und  der  Gesetzentwurf  selber  wörtlich  abgedruckt 


§    2.  Die  Lage  beb  Gesetzgebung  füb  Wasserkraftanlagen  usw.  39 

und  Wasserkraftanlagen  von  öffentlichem  Nutzen  (Usines  hydrauliques  declarees  d'utilitö 
publique).  Jeder  Unternehmer  bat  die  Wahl,  ob  er  sich  unter  das  neue  Gesetz  stellen 
will  oder  nicht.  Im  letzteren  Falle  handelt  es  sich  um  eine  einfache  Privat- Wasserkraft- 
Anlage,  im  ersteren  Falle  um  eine  privilegierte  Privat-Wasserkraftanlage.  Der  Unter- 
nehmer, welcher  sich  nicht  unter  das  Gesetz  stellt,  muss  nach  wie  vor  Besitzer  aller 
Wasserrechte  und,  so  weit  es  für  seine  baulichen  Anlagen  notwendig  ist,  Besitzer  des 
Grundeigentums  sein.  Der  Unternehmer,  welcher  sich  unter  das  neue  Gesetz  stellen 
will,  braucht  nur  nachzuweisen,  dass  er  besitzt: 

1.  die  nötigen  Terrains,  um  das  Krafthaus  zu  errichten; 

2.  eine  Seite  des  Ufers,  an  der  Stelle,  wo  das  Wehr  errichtet  werden  soll; 

3.  die  Nutzungsrechte  auf  mindestens  V*  der  Länge  der  Flussstrecke,  welche  für 
das  Werk  in  Frage  kommt. 

Im  übrigen  hilft  ihm  das  Gesetz,  so  weit  nötig,  durch  Auflegung  der  nachstehend 
erwähnten  Zwangsverpflichtungen. 

Werden  mehrere  Gesuche  für  dieselbe  Wasserkraft  eingereicht,  so  hat  dasjenige 
den  Vorzug,  welches  die  grösste  Kraftausnützung  vorsieht.  Sind  die  Gesuche  in  dieser 
Beziehung  gleich,  so  entscheidet  der  Termin  der  Einreichung  des  Gesuches.  Das  Gesuch 
um  Verleihung  einer  Konzession  auf  Grund  des  neuen  Gesetzes  kann  auch  eingereicht 
werden  von  einer  freien  Genossenschaft  von  Uferbesitzern,  welche  gebildet  ist  auf  Grund 
des  Gesetzes  vom  21.  Juli  1865  oder  vom  22.  Dezember  1888.  Eine  solche  Genossen- 
schaft, welche  übrigens  unter  keinen  Umständen  in  eine  öffentliche 
oder  Zwangsgenossenschaft  umgewandelt  werden  kann,  ist  berechtigt,  die 
erworbene  Konzession  auf  Zeit  'oder  für  immer  an  Dritte  abzutreten  und  bei  der  Ab- 
tretung nach  freiem  Ermessen  Bedingungen  wegen  Bückerstattung  von  Kraft  in  Form 
von  Wasserkraft  oder  in  elektrischer  Kraft,  oder  wegen  Entschädigung  in  Geldwert 
zu  stellen. 

Besondere  Bücksicht  ist  genommen  auf  die  Wasserversorgung 
von  Ortschaften  und  auf  die  Bewässerung  im  landwirtschaftlichen 
Interesse.  Das  Gesetz,  Art.  6,  bestimmt,  dass  von  dem  Unternehmer 
der  Wasserkraftanlage  auf  Verlangen  der  Interessenten  das  Wasser 
für  solche  Zwecke  in  natura  reserviert,  oder  nach  Gebrauch  zurückgegeben 
werden  muss,  sofern  die  Interessenten  bereits  von  ihren  Nutzungs- 
rechten Gebrauch  gemacht  hatten.  Ist  das  nicht  der  Fall,  so  kann  auf  Antrag 
das  Gericht  erkennen,  dass  die  Nutzungsrechte  durch  Geldeswert  abgelöst  werden,  wenn 
nach  richterlichem  Ermessen  durch  die  Lieferung  des  Wassers  in  natura  dem  Unter- 
nehmer der  Wasser  kraft  anläge  ein  viel  grösserer  Schaden  entstünde,  als  der  Nutzen, 
welcher  dem  anderen  Nutzungsberechtigten  aus  der  Bewässerung  oder  Wasserversorgung 
erwachsen  kann;  alle  übrigen  Nutzungsrechte  können  prinzipiell  durch  Geldeswert  abge- 
löst werden.  Vorbehaltlich  des  Rechtsweges  werden  die  Ablösungssummen  oder  die 
Renten  gleich  beim  Verleihungsverfahren  festgesetzt. 

Ein  Wasserkraft  besitzer,  dem  im  Interesse  eines  neuen  grösseren  Unternehmens 
die  Nutzung  entzogen  wird,  kann  verlangen,  dass  ihm  die  entzogene  Kraft  in  Form  von 
elektrischer  Energie  zur  Verfügung  gestellt  wird,  und  dass  der  neue  Unternehmer  die 
Kosten  der  Umformung  seines  Betriebes  in  elektrischen  Betrieb  trägt. 

Mit  der  Zuerkennung  einer  Wassermenge  in  natura,  oder  der  Kraftlieferung  in 
Form  von  elektrischer  Energie,  oder  der  Schadenersatzsumme  in  barem  Gelde  wird  den 
Empfangern  gleichzeitig  die  Zwangsverpflichtung  auferlegt,   die  Verlegung  oberirdischer 


40  I.    Theodor  Koebjt.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

oder  unterirdischer  elektrischer  Leitungen  auf  ihren  Grundstücken  zu  dulden,  soweit 
nicht  geschlossene  Höfe  oder  bebaute  Grundstücke  in  Frage  kommen.  Auch  müssen  die 
Betreffenden  dem  Unternehmer  das  Recht  auf  Zeit  einräumen,  an  den  Mauern,  Häuser- 
wänden  oder  Dächern  Träger  für  die  oberirdischen  elektrischen  Leitungen  anzubringen, 
wobei  irgend  ein  Schaden  den  Besitzern  der  betreffenden  Grundstücke,  Mauern  oder 
Häuser  nicht  entstehen  darf.  Entsteht  ein  Schaden,  so  muss  der  Besitzer  des  betreffenden 
Grundstückes  etc.  schadlos  gehalten  werden. 

Ausserdem  gestattet  das  Gesetz  für  die  sogenannten  privilegierten  Privat-Wasser- 
kraftanlagen  (Art.  10)  die  Auferlegung  von  Servituten  auf  fremdes  Eigentum  für  die 
Anlegung  und  den  Betrieb  von  Wehranlagen,  Stauweihern  und  Talsperren,  sowie  für 
Werkkanäle  und  zwar  nach  Massgabe  der  Gesetze  vom  29.  April  1846  und  11.  Juli  1847, 
nach  welchen  solche  Servitute  nur  im  Interesse  von  Bewässerungsanlagen  auf- 
erlegt werden  konnten.  Im  Zusammenhange  damit  kann  auch  den  Uferbesitzern  die 
Servitut  auferlegt  werden,  dass  sie  sich  gegen  völlige  Schadloshaltung  die  Überstauung 
ihrer  Grundstücke  durch  Hebung  des  Wasserspiegels  bei  Stauanlagen  gefallen  lassen 
müssen.  Jeder  betroffene  Besitzer  kann  verlangen,  dass  ihm  die  unter  Wasser  gesetzten 
Terrains  käuflich  abgenommen  werden. 

Zur  Ausführung  und  Unterhaltung  von  Arbeiten,  welche  die  Verbesserung  der 
Wasserverhältnisse  eines  Wasserlaufes  im  Interesse  der  Kraftnutzung  oder  im  landwirt- 
schaftlichen Interesse  bezwecken,  können  nach  dem  Gesetzentwurf  (Art.  20)  freie  Genossen- 
schaften gebildet  werden  durch  Anwendung  der  Gesetze  vom  21.  Juni  1875  und 
22.  Dezember  188tf.  In  besonders  wichtigen  Fällen  kann  auf  Antrag  der  Mehrheit  der 
Genossen  durch  Dekret  des  Staatsrates  die  Umwandlung  in  Zwangsgenossenschaften 
(associations  autorisees)  erfolgen.  Diese  Zwangsgenossenschaften  sind  in  der  Lage,  An- 
lieger, welche  von  den  gedachten  Arbeiten  Nutzen  haben,  auch  zu  den  Anlage-  und 
Unterhaltungskosten  heranzuziehen. 

8.  Konzessionen  nach  dem  neuem  Gesetzentwurf. 

Es  folgt  aus  der  ganzen  Rechtsauffassung,  aus  welcher  der  Entwurf  hervor- 
gegangen ist,  dass  die  Konzession  (Pacte  d'autorisation  des  ouvrages  hydrauliques)  für 
eine  privilegierte  Privat- Wasserkraftanlage  (Usines  hydrauliques  priväes  priviligees)  eine 
zeitlich  unbegrenzte  sein  muss. 

Die  Konzession  wird  auf  Antrag  durch  Autorisation  des  Staatsrates  (Conseil  d'Etat) 
gegeben  oder  verweigert  (Art.  3).  Um  noch  einen  verstärkten  Schutz  gegen  Willkür  zu 
geben,  ist  die  Entscheidung  den  departementalen  Behörden  entzogen  und  dem  Staatsrat 
übertragen.  Die  Konzession  kann  nur,  sofern  sonst  die  durch  das  Gesetz  gegebenen 
Voraussetzungen  zutreffen,  verweigert  werden,  wenn  der  von  der  Neuanlage  zu  erwartende 
Nutzen  nicht  gross  genug  ist,  um  die  Auflegung  der  Zwangsverpflichtungen,  welche  das 
Gesetz  vorsieht,  zu  rechtfertigen.  Gegen  die  Entscheidung  des  Staatsrates  steht 
die  Anrufung  der  Gerichte  offen.  Es  können  weder  Heimfallsrechte,  noch  Rück- 
kaufsrechte, noch  einmalige  oder  dauernde.  Abgaben  an  den  Staat  vorgesehen  werden. 
Dagegen  legt  die  Konzession  dem  Unternehmer  4Üe  Bedingung  auf,  dass  er  bis  zum 
Ablauf  des  zehnten  Jahres  für  öffentliche  Zwecke  des  Staates,  des  Departements,  der 
Gemeinden  oder  öffentlichen  Genossenschaften  zu  bestimmten  Preisen  einen  Teil  der 
gewonnenen  Kraft,  welche  aber  ein  Viertel  der  Gesamtkraft  bei  Niedrigwasser  nicht 
überschreiten  darf,  auf  Verlangen  zur  Verfugung  stellen  muss  (Art.  6).  Zum  Schutz  des 
Unternehmers  ist  aber  bestimmt , '  dass  dieses  Verlangen  nur  auf  Grund  einer  Ermäch- 
tigung des  Staatsrates  (Conseil  d'Etat)  .gestellt  werden  kann. 


I  2.  Die  Lage  dkb  Gbbstzgebuvo  füb  Wasbkbkrajtahlagex  usw.  41 

IM©  Konzession  erlischt,  wenn  sie  innerhalb  einer  bestimmten  Frist  nicht  benutzt 
wird  (Art.  3).  Sie  kann  zurückgezogen  werden,  wenn  die  znm  Schatze  der  allgemeinen 
Interessen  in  der  Genehmigangsnrknnde  gegebenen  Vorschriften,  in  Sonderheit  diejenigen 
nach  Art  6,  vom  Unternehmer  nicht  befolgt  werden. 

Eine  besondere  Behandlung  erfahren  diejenigen  Wasserkraftan- 
lagen   Ton  Privatflüssen,   welche  als  von  „öffentlichem  Nutzen**  aner- 
kannt  sind  (üsines  hydranliqnes  däclarees  d'utilitö  publique   Art.   11 
bis  19).     Diese  Eigenschaft  kann  den  Wasserkraftanlagen  zuerkannt  werden,  wenn  ihr 
Hauptzweck,  die  Kraftlieferung  für  Staats-  oder  Departements- Verwaltungen,  für  Gemeinden 
oder  für  öffentliche  Genossenschaften  ist,  und  zwar  durch  Befechluss  des  Conseil  d'Etat 
auf  Grund  von  Berichten  des  Ministers  der  Landwirtschaft  und  der  übrigen  interessier- 
ten Ministerien.    Handelt  es  sich  um  eine  Wasserkraft,  bei  welcher  der  Werkkanal  ein- 
schliesslich der  Druckrohrleitung  vom  Einlauf  bis  zur  Ausmündung  20  km  und  länger 
ist,    so  muss  ein  Spezialgesetz  hierfür  erlassen  werden  (Art.  12).    Im  Interesse  solcher 
Wasserkraftanlagen  können  nicht  nur  alle  Zwangsverpflichtungen  auferlegt  werden,  welche 
für  die  privilegierten  Privat-Wasserkraftanlagen  vorgesehen  sind,  sondern  es  kann 
auch    die   Zwangsenteignung   der  Grundstücke  für  alle   Anlagen   und 
auch  die  Zwangsenteignung  der  privaten  Wasserrechte  erfolgen,  so- 
fern  diese  Wasserrechte  noch  nicht  tatsächlich  ausgenützt  sind.    Die 
Privat-Wasserkraftanlagen   von   öffentlichem   Nutzen   sind   unter   das   öffentliche 
Recht  gestellt,   und  das  Gesetz  sieht  Strafen  vor  für  alle  Fälle  der  böswilligen  Be- 
schädigung der  Anlage  durch  Dritte.     Die  Konzession  für  solche  wird  nur  auf  Zeit 
erteilt  und  am  Schlüsse  derselben  fällt  die  ganze  Anlage  dem  Staate  kostenlos  anheim 
(Art.  15).    Während  der  letzten  10  Jahre  kann  eine  neue  Konzession  erteilt  werden, 
sofern  der  Staat  den  Betrieb  nicht  selber  zu  übernehmen  gedenkt.     Der  alte  Kon- 
zessionär hat  unter  gleichen  Bedingungen  ein  Vorzugsrecht.    Ist  ö  Jahre  vor  Ablauf  der 
alten  Konzession  eine  neue  nicht  gegeben,  so  kann  der  alte  Konzessionär  verlangen, 
dass  ihm  die  Konzession  unter  den  alten  Bedingungen  auf  weitere   10  Jahre  verlängert 
wird.     Diese  Bedingungen  gelten  auch  für  die  weiteren  zehnjährigen  Konzessionsver- 
läogerungen. 

Die  Schweiz. 

Die  Bundesverfassung  hat  bis  in  die  allerneueste  Zeit  das  Hoheitsrecht  über 
die  Gewässer  und  die  Handhabung  der  Fluss-  und  Uferpolizei  den  Kantonen  überlassen. 

Es  hat  sich  infolgedessen  das  Recht  in  den  einzelnen  Kantonen  verschieden 
entwickelt 

Während  z.  B.  im  Kanton  Bern  als  Unterscheidungsmerkmale  zwischen  privaten 
und  öffentlichen  Wasserläufen  die  Schiff-  und  Flössbarkeit  gilt  (wie  in  Frankreich, 
Preussen,  Bayern,  Baden  u.  a.),  folgen  viele  andere  Kantonalrechte,  zumal  die  ost- 
schweizerischen, dem  Züricherischen  Privatrechte,  nach  welchem  alle  stehenden  und 
fliessenden  Gewässer,  an  denen  sich  kein  hergebrachtes  Privatrecht  Dritter  (Recht  von 
Gemeinden  und  Privaten)  nachweisen  lässt,  als  öffentliche  zu  betrachten  sind6). 

Die  Tendenz  geht  so  ziemlich  überall  dahin,  möglichst  viel  Gewässer  dem 
öffentlichen  Recht  zu  unterstellen  und  sie  dadurch  den  öffentlichen  Interessen  dienstbar 
zu  machen. 


*)  Di«  Waeseninsfrage  im  Kanton  St.  Gallen,  Berieht  des  Jastudepartements  an  den  Regierongs- 
rat  vm  22.  Min  1908. 


42  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgrmedtes. 

Am  weitesten  geht  der  Kanton  Waadt,  welcher  jeden  Wasserlauf,  sobald  er  das 
Grundstück,  auf  dem  er  entsteht,  verlassen  hat,  zu  den  öffentlichen  und  damit  zum 
Staatseigentum  rechnet. 

In  Graubünden  werden  die  nicht  schiff-  und  flössbaren  fliessenden  Gewässer  und 
Seen,  an  denen  keine  Privatrechtstitel  nachgewiesen  werden  können,  als  Eigentum  der 
Gemeinden  (wie  in  Baden)  angesehen. 

Verschiedene  Kantone  sind  neuerdings  mit  besonderen  Gesetzen  bezüglich  der 
Nutzung  des  Wassers  zu  Kraftzwecken  vorgegangen.  Die  Gesetzgebung  ist  aber  zu 
vielgestaltig,  als  dass  sie  hier  auch  nur  skizziert  werden  könnte.  Die  Kantone  sind 
meistens  bestrebt,  durch  Anlegung  von  Wasserbüchern  die  vorhandenen  Nutzungsrechte 
klar  zu  stellen  und  machen  die  neuen  Nutzungsrechte  von  Genehmigungen  abhängig, 
bei  denen  zur  Wahrung  der  öffentlichen  Interessen  eine  Reihe  Bedingungen  gestellt 
werden  können. 

Für  die  neueren  Konzessionen  sehen  die  meisten  Kantone  die  Erhebung  eines 
Wasserzinses  vor  und  zwar  stellen  sich  die  einen  hierbei  mehr  auf  den  Standpunkt  der 
polizeilichen  Aufsicht  und  Kontrolle  und  verlangen  diesen  Zins  als  Gebühr,  die  anderen 
mehr  auf  denjenigen  des  Regals  und  verlangen  den  Zins  als  privatrechtliche  Entschädigung. 
Je  nach  der  speziellen  Lage  der  Verhältnisse  wird  versucht,  diese  Zinspflichtigkeit  auch 
auf  ältere  Anlagen  auszudehnen. 

Im  Kanton  Zürich  wird  nach  dem  Wassergesetz  von  1901  ein  Wasserzins  \on 
6  Frs.  erhoben  pro  Roh-PS  bei  mittlerer  Wassermenge. 

Luzern  bezieht  einen  Wasserzins  von  1  bis  4  Frs.  für  jede  effektive  PS. 

In  Baselland  wurde  für  die  Konzession  bis  in  die  jüngste  Zeit  ein  Pauschalbetrag 
von  50  bis  1000  Frs.  erhoben.  Ganz  neuerdings  wird  aber  die  Entrichtung  einer  jähr- 
lichen Konzessionsgebühr  von  mindestens  5  Frs.  pro  Roh  PS  verlangt. 

Da  bei  vielen  Wasserkräften,  und  namentlich  bei  den  grösseren,  mehrere  Kantone 
beteiligt  sind,  haben  sich  aus  der  Mannigfaltigkeit  der  kantonalen  Gesetze  doch  grosse 
Schwierigkeiten  ergeben.  Es  befindet  sich  deshalb  auch  ein  neues  eidgenössisches  Wasser- 
recht in  Vorbereitung,  und  das  allgemeine  grosse  Interesse  daran  hat  eine  Fülle  von 
öffentlichen  Erörterungen  ausgelöst.  Auch  hier,  wie  in  anderen  Ländern,  stehen,  sich  die 
zwei  Hauptrichtungen,  d.  h.  diejenigen,  welche  die  Rechte  des  Staates  in  weitgehendem 
Masse  vergrössern  wollen  und  diejenigen,  welche  das  Wohl  des  Staates  durch  Erleich- 
terung und  Unterstützung  der  Privatinitiative  am  besten  gefördert  sehen,  schroff  gegen- 
über. Besonders  lebhaft  wird  der  Wunsch  vertreten,  dass  das  neue  Bundesgesetz  dem 
Bunde  für  den  Betrieb  der  zukünftigen  Staatseisenbahn  das  Recht  einräumen  soll,  sich 
die  Nutzung  bestimmter  für  den  Zweck  besonders  geeigneter  Wasserkräfte  vorzubehalten. 
Da  in  den  Grenzkantonen  mehrfach  Wasserkraftanlagen  konzessioniert  sind,  welche  einen 
mehr  oder  minder  grossen  Teil  der  Kraft  in  die  Nachbarländer  liefern,  hat  der  Bund 
1906  bereits  in  die  Hoheitsrechte  der  Kantone  durch  einen  Bundesbeschluss  eingegriffen, 
wonach  die  Kantone  verpflichtet  sind,  für  Wasserkraftanlagen,  bei  denen  die  Lieferung 
von  Energie  ins  Ausland   in  Frage   kommt,    die  Genehmigung    des  Bundes   einzuholen. 

Vergl.  Anhang  zn  §  2,  Anlage  IIL  Vorlage  des  Bandesrates  an  die  Bundes-Versammlung  be- 
treffend die  Verwendung  von  Wasserkräften  der  Schweiz  im  Auslände. 

Österreich-Ungarn. 

In  Österreich  wird  das  Wasserrecht  durch  das,  Reichs-Wassergesetz  von  1869 
beherrscht6).    Weil  nach  dem  Staatsgrundgesetz  vom  21.  Dezember  1867  als  Vertretungs- 

6)  E.  Peyrer,  Ritter  von  Heimstatt.  Das  österreichische  Wasserrecht  2.  Aufl.  (v.  Peyrer 
und  Gross  mann)  Wien  1886. 


§    2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  für  Wasserkraftanlaokn  usw.  43 

körper  zur  Mitwirkung  bei  der  Gesetzgebung  im  gewissen  Umfange  der  Reichsrat  und 
im  gewissen  Umfange  die  Landtage  der  einzelnen  Länder  gelten,  sind  in  dem  Reichs- 
gesetz ron  1869  nur  eine  Reihe  leitender  Grundsätze  des  Wasserrechtes  aufgestellt. 
Dagegen  wurde  den  Landtagen,  welchen  zu  diesem  Zwecke  eine  einheitliche  Vorlage 
unterbreitet  ward,  „die  Erlassung  weiterer  gesetzlicher  Bestimmungen  über  die  Benutzung, 
Leitung  und  Abwehr  der  Gewässer  mit  Ausschluss  von  Vorschriften  über  den  Betrieb 
von  Schiffahrt*  überlassen«  Auf  diese  Weise  sind  in  Österreich  17  fast  wörtlich  gleich- 
lautende Landesgesetze  aus  den  Jahren  1870  bis  73  entstanden. 

Ungarn  hat  ein  selbständiges  Wasserrecht,  welches  sich  aber  an  die  Grundsätze 
des  österreichischen  Wasserrechtes  anschliesst.  Konzessionen  zu  Wasserwerksanlagen 
an  Flüssen  werden  in  Ungarn  nur  auf  bestimmte  Zeit,  höchstens  auf  50  Jahre  erteilt. 

1.  Eigentumsverhältnisse. 

Das  Reichsgesetz  erklärt  nach  §  3  auch  die  nicht  zur  Fahrt  mit  Schiffen  oder 
gebundenen  Flössen  dienenden  Strecken  der  Flüsse  und  Ströme,  sowie  Bäche  und  Seen 
und  andere  fliessende  und  stehende  Gewässer  als  öffentliches  Gut,  soweit  sie  nicht 
infolge  besonderer  gesetzlicher  Bestimmungen  oder  besonderer  PrivatrRechtstrtel  jemanden 
zugehören. 

2.  Nutzungsrechte. 

Aus  der  eben  erwähnten  Auffassung  über  das  Eigentum  an  den  Gewässern  folgt 
schon,  dass  für  die  überwiegende  Anzahl  aller  neuen  Wasserkraftanlagen  dem  Staate 
die  Verleihung  von  Nutzungsrechten  zusteht.  Aber  auch  bezüglich  der  noch  verbleibenden 
Privatgewässer  bestimmt  das  Reichsgesetz,  dass  die  Benutzung  durch  die  aus  dem  Zu- 
sammenhange und  der  Unentbehrlichkeit  des  Wassers  hervorgehenden  öffentlichen  Rück- 
sichten beschränkt  ist. 

Zur  Feststellung  der  alten  Rechte  und  übersichtlichen  Zusammenstellung  der  neu 
verliehenen  bestimmen  die  einzelnen  Landesgesetze  ziemlich  übereinstimmend,  dass  bei 
jeder  politischen  Behörde  ein  Wasserbuch  nebst  Wasserkarten  geführt  wird,  worin 
sämtliche  im  Bezirk  bereits  bestehenden  und  die  künftig  neu  erworbenen  Wasser- 
benutzungsrechte, sowie  die  Bestimmungen  wegen  der  Höhe  des  zulässigen  Staues  ein- 
und  nachzutragen  sind. 

Auch  in  Österreich  machen  sich  Bestrebungen  geltend,  welche  eine  neuere  die 
Anrechte  der  Allgemeinheit  noch  mehr  betonende  Ausgestaltung  des  Wasserrechtes  im 
besonderen  in  bezug  auf  die  Wasserkraftanlagen  wünschen.  Durch  Verfügung  des 
Ministeriums  für  Eisenbahn  und  für  Handel  sind  Untersuchungen  angeordnet,  welche 
planmässig  diejenigen  Wasserkräfte,  und  zwar  zunächst  in  den  Alpenländern,  feststellen 
sollen,  welche  etwa  für  die  Durchführung  des  elektrischen  Betriebes  auf  den  Eisenbahnen 
in  Frage  kommen  könnten. 

Deutschland. 

Durch  das  Reichsgesetz  vom  28.  Dezember  1873  (R.6.B1.  S.  379)  ist  dem  Reiche 
die  gemeinsame  Gesetzgebung  über  das  gesamte  bürgerliche  Recht  übertragen  und  da- 
durch die  Möglichkeit  eröffnet,  dass  das  Reich  über  die  Benutzung  des  Wassers  auch 
bürgerlich  rechtliche  Grundsätze  aufstellt.  Aus  dem  neuen  bürgerlichen  Gesetzbuch  für 
das  deutsche  Reich,  welches  am  1.  Januar  1900  in  Kraft  getreten  ist,  wurde  aber  das 
Wasserrecht   vorläufig   vollständig   herausgelassen.     Nach  Artikel  65  und  66   des  Ein- 


44  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  WaäserkkIften.     Allgemeines. 

fuhrungBgesetzes  vom  18.  August  1896  bleiben  die  tandesgesetzlichen  Vorschriften,  welche 
dem  Wasserrechte  angehören,  unberührt  mit  Einschluss  des  Mühlenrechtes  und  des 
Flössereirechtes,  sowie  der  Vorschriften  zur  Bewässerung  und  Entwässerung  der  Grund- 
stücke und  der  Vorschriften  über  Anlandungen,  entstehende  Inseln  und  verlassene 
Flussbetten  etc.7). 

Infolgedessen  sind  die  einzelnen  Bundesstaaten  selbständig  vorgegangen.  In  den 
meisten  grösseren  Bundesstaaten  sind  entweder  neue  Wassergesetze  bereits  erlassen  oder 
doch  in  Vorbereitung. 

a)  Preussem. 

Die  Grundlage  des  preussischen  Wasserrechtes  bildet  das  allgemeine  Landrecht 
von  1794,  obwohl  es  das  Wasserrecht  nur  sehr  unvollkommen  und  stückweise  ge- 
regelt hat. 

Das  Gesetz  vom  15.  November  1811  wegen  des  Wasserstaues  bei  Mühlen  und 
Verschaffung  der  Vorflut  (Vorflutedikt)  ordnet  zuerst  die  Verhältnisse  für  Wasserkraft- 
anlagen. 

Wichtiger  ist  das  Gesetz  über  die  Benutzung  der  Privatflüsse  vom  28.  Februar 
1843,   welches  noch  heute  im  wesentlichen  für  die  hier  in  Frage  stehenden  Zwecke 
massgebend  ist.    Das  Gesetz  schafft  zuerst  eine  Unterscheidung  zwischen  öffentlichen 
und  privaten  Flüssen,  von  denen  die  ersteren  der  Vertretung  der  Allgemeinheit,  d.  h. 
dem  Staate  gehören,  während  sich  die  anderen  in  Privatbesitz  befinden,  wie  es  der 
Name   sagt.    Es   steht  auf  dem  Standpunkt,   dass  am  Wasser   von  Privatflüssen,    zu 
welchen  im  Sinne  des  Gesetzes  alle  nicht  schiffbaren  Flüsse,   ferner  Quellen,  Bäche, 
Fliessen  und  Seen,  welche  keinen  Abfluss  haben,  gehören,  jeder  Uferbesitzer  grundsätz- 
lich auf  die  Strecke  seiner  Anliegerschaft  an  einem  Ufer  die  Verfugung  über  das  vor- 
überfliessende  Wasser   zur  Hälfte    besitzt,   jedoch   gehalten   ist,   von   ihm    abgeleitetes 
Wasser  in  das  Flussbett  zurückzuleiten,  bevor  der  Fluss  das  Ufer  eines  fremden  Grund- 
stückes berührt.    Kein  Uferbesitzer  darf  einen  Rückstau  über  die  Grenzen  seines  Grund- 
stückes hinaus,  sowie  keine  Überschwemmung  oder  Versumpfung  fremder  Grundstücke 
verursachen.    Der  Anlieger  ist  nicht  berechtigt,  dem  Flusse  das  darin  fliessende  Wasser 
soweit  zu  entziehen,  dass  eine  erhebliche,  bleibende  Verminderung  des  Wasserschatzes 
eintritt    Auch  kann  weder  ein  Anlieger  noch  ein  Dritter  an  einem  Privatfluss  von  der 
Behörde  mit  Berechtigungen  zur  Ableitung  auf  ein  Triebwerk  beliehen  werden.    Der 
Uferbesitzer  kann  aber  die  Vermittelung  der  Verwaltungsbehörden  in  Anspruch  nehmen, 
um  sich  durch  behördliches  Aufgebotsverfahren  darüber  Sicherheit  zu  verschaffen,  welche 
Widerspruchsrechte    oder    Entschädigungsansprüche    gegen    die   von    ihm   beabsichtigte 
Verwendung  des  Wassers  erhoben  werden  können.     Das  Gesetz  von  1843  hat  auf  die 
im   Jahre   1866    zum  preussischen   Gebiet  neu   hinzugetretenen  Provinzen   noch   keine 
Anwendung  gefunden,   vielmehr  sind   die   alten   Landesgesetze   daselbst   in  Kraft  ge- 
blieben.    Ausgenommen   hiervon  sind   die  Bestimmungen   des  Gesetzes  von  1843   be- 
züglich  Zulässigkeit    der   Zwangsbildung    von   Wassergenossenschaften.     Wenn   Unter- 
nehmungen zur  Be-  oder  Entwässerung  etc.,  deren  Vorteile  einer  ganzen  Gegend  zugute 
kommen,  nur  durch  ein  gemeinsames  Wirken  zustande  zu  bringen  und  fortzuführen  sind, 
sollen  die  Beteiligten  zu  gemeinsamer  Anlegung  und  Unterhaltung  der  erforderlichen 
Werke  auch  gegen  ihren  Willen  durch  landesherrliche  Verordnung  verpflichtet  und  zu 
besonderen  Wassergenossenschaften  vereinigt  werden  können.    Dieser  Teil  des  Gesetzes 


7)  Bd.  I  des  Elbetromboches  Seite  331. 


§  2.  Die  Lage  dkr  Gesetzgebung  für  Waööerkraftanlagen  usw.  45 

ist  durch  Verordnung  vom  28.  Mai  1867  auch  in  den  1866  von  Prenssen  neu  erworbenen 
Landesteilen  eingeführt  Zu  einer  neuen  einheitlichen  Regelung  des  preußischen  Wasser- 
rechtes  ist  es  bis  jetzt  noch  nicht  gekommen,  vielmehr  hat  die  preussische  Regierung 
bisher  den  Weg  der  NoreUengesetagebung  für  einzelne  der  Ordnung  dringend  bedürftiger 
Teile  des  Wasserrechtes  beschritten. 

Von  diesen  ist  das  wichtigste  das  Gesetz  vom  1.  April  1879  (G.S.  S.  297),  welches 
die  Bildung  von  Wassergenossenschaften  neu  und  eingehender  regelt.  Nach  diesem  Ge- 
setze können  zur  Benutzung  der  Gewässer  für  Be-  und.EntwissarungB-,  sowie  Wasser- 
▼ersorgnngszwecke,  zum  Schutze  der  Ufer,  zur  Unterhaltung,  Benutzung  und  Anlegung 
von  Wh Bwer teufen  oder  Sammelbecken,  endlich  zur  Herstellung  und  Verbesserung  von 
Waaserstrassen  (Flössereien  und  anderen  Schiffahrts-Anlagen)  sowohl  freie  Genossen- 
schaften, als  auch  bei  erfolgtem  Nachweise  eines  öffentlichen  oder  gemeinschaftlichen 
Nutzens  öffentliche  Genossenschaften  gebildet  werden.  Letztere  unterstdien  staatlicher 
Aufsicht.  Ein  Zwang  zum  Eintritt  in  eine  neu  zu  bildende  Genossenschaft  kann  nur 
ausgeübt  werden,  wenn  letztere  zur  Ent-  und  Bewässerung  von  Land-  und  Grundstücken 
oder  zum  Schutze  der  Landeskultur  dienen  sollen  und  die  Mehrheit  der  Beteiligten  sich 
für  das  Unternehmen  erklärt  hat8). 

Das  erwähnte  Gesetz  von  1879  ist  insofern  für  die  hier  vorliegenden  Zwecke 
von  Bedeutung,  als  in  weiterer  Entwicklung  mit  teilweiser  Abänderung  desselben  für  die 
Wupper  (19.  Mai  1891)  und  für  die  Ruhr  je  ein  Spezialgesetz  erlassen  worden  ist,  auf 
Grund  deren  es  möglich  wurde,  Zwangsgenossenschaften  für  die  Anlegung  von  Tal* 
sperren  zu  bilden,  welche  neben  anderen  Zwecken,  auch  der  Kraftausnütznng 
dienen.  Um  ein  Bild  von  der  Organisation  solcher  Zwangsgenossenschaften  zu 
geben,  ist  im  Anhange  Anlage  IV  das  Statut  der  nWupper-Thalsperrefi-Geno88enschafttf 
abgedruckt. 

Für  die  nicht  schiffbaren  Gewässer  hat  der  Minister  für  Landwirtschaft  im 
Jahre  1892  eine  Anweisung  erlassen,  wonach  für  die  verschiedenen  Flussgebiete  von  den 
Meliorations-Bauinspektoren  Wasserbücher  und  Wasserkarten  aufzustellen  sind.  Infolge- 
dessen waren  bereits  nach  den  Mitteilungen  im  Jahrbuch  für  Gewässerkunde  Nord- 
deutschlands für  das  Abflussjahr  1901  im  Jahre  1904  42  Wasserbücher  ganz  und  42 
andere  teilweise  fertig  gestellt  Diese  Wasserbucher  enthalten  aber  doch  im  Wesent- 
lichen technische  Angaben,  da  die  einheitliche  gesetzliche  Grundlage  zur  amtlichen  Fest- 
stellung der  Rechtsverhältnisse  noch  fehlt. 

Binnen  kurzem  wird  wahrscheinlich  auch  in  Preussen  eine  Neuregelung  des  ge- 
samten WasseiTechtes  erfolgen,  da  ein  Gesetzentwurf  bereits  fertig  gestellt  und  in  den 
verschiedenen  Instanzen  der  Staatsverwaltung  durchberaten  ist. 

b)  Bayern. 

In  Bayern  waren  die  wasserrechtlichen  Fragen  bisher  durch  3  Gesetze  vom 
28.  Mai  1852 •)  geregelt  und  zwar: 

1.  durch  das  Gesetz,  die  Benutzung  des  Wassers  betreffend, 


•)  Textabdrack  sämtlicher  preusaischer  Gesetze  betreffend  Wasserrecht  und  Wasserpolizei  tod 
F.  Frank,  Brealao  1886. 

2.  Auflage  von  Frank,  systematisch  neu  bearbeitet  von  A.  Nieberdin*:  Wasserrecht  nnd 
Wasserpolizei  der  deutschen  Staaten,  Breslau  1889.  —  Die  preussische  Gesetzgebung  Ober  Vorflut  nsw. 
mit  Kommentar  von  O.  Hahn,  2.  Aufl.,  Breslau  1886. 

»)  J.  y.  Pöxl,  Die  bayerischen  Wassergesetze  Tom  28.  Mai  1862  (2.  Aufl.,  Erlangen  1880). 


46  I.     Theodor  Kokhx.     Ausbau  vok  Wasserkräften.    Allgemeines. 

2.  durch  das  Gesetz  über  die  Bewässerungs-  und  Entwässerungs-Unternehmungen 
zum  Zwecke  der  Bodenkultur, 

3.  durch  das  Gesetz  über  den  Uferschutz  und  den  Schutz  gegen  die  Über- 
schwemmungen. 

Die  Wassergesetze  vom  28.  Mai  1852  hatten,  was  die  Benützung  des  Wassers  der 
Privatflüsse  anbelangt,  die  grundlegenden  Bestimmungen  aus  dem  preussischen  Gesetze 
vom  28.  Februar  1843  übernommen  (vergl.  S.  44),  jedoch  den  Verwaltungsbehörden  einen 
etwas  weiteren  Spielraum  eingeräumt.  Unterm  15.  Februar  1904  ist  der  Kammer  der 
Abgeordneten  der  Entwurf  eines  neuen  Wassergesetzes  für  das  Königreich  Bayern  vor- 
gelegt und  in  der  Session  1905  erneut  eingereicht,  welcher  nach  dem  bisherigen  Verlaufe 
der  Kammerverhandlungen  Aussicht  hat,  angenommen  zu  werden10).  Es  sollen  deshalb 
aus  diesem  Entwurf  hier  kurz  die  Hauptpunkte  angeführt  werden,  weil  sie  auch  die 
Entwickelung  des  Rechtes  am  besten  zeigen. 

1.  Eigentumsverhältnisse. 

Der  Entwurf  unterscheidet  wie    üblich    zwischen  öffentlichen    und   privaten   Ge- 
wässern und  charakterisiert  die  öffentlichen  Gewässer  wie  folgt: 

Art.  1. 

„Öffentliche  Gewässer  sind  die  Flüsse  und  Flussteile,  welche  zur  Schiff- 
„und  Flossfahrt  dienen  (öffentliche  Flüsse),  sowie  die  Nebenarme  solcher  Flüsse, 
„selbst  wenn  sie  nicht  zur  Schiff-  oder  Flossfahrt  dienen,  dann  die  vom  Staate 
„errichteten  Kanäle,  insoweit  sie  durch  die  Staatsregierung  der  Schiff-  oder 
„Flossfahrt  eröffnet  sind." 

Abs.  2.  „Welche  Seen  und  sonstige  geschlossene  Gewässer  als  öffent- 
liche zu  betrachten  sind,  bemisst  sich  nach  den  bestehenden  Rechtsverhält- 
nissen.a 

Art.  3. 

„Flüsse  und  Flussteile  behalten  mit  ihren  Nebenarmen  die  Eigenschaft 
„öffentlicher  Flüsse,  wenn  sie  nicht  mehr  zur  Schiff-  oder  Flossfahrt  benutzt 
„  werden. u 

Die  Privatgewässer,  als  welche  alle  nicht  öffentlichen  Gewässer   anzusehen   sind, 
werden  unterschieden  in 

1.  Geschlossene  Gewässer. 

2.  Privatflüsse  und  Bäche. 

Bezüglich  des  Eigentums  bestimmen 

Art.  2. 
„Die  öffentlichen  Gewässer  stehen  im  Eigentum  des  Staates. a 

Art.  5. 
„Die  Ufer  der  öffentlichen  Flüsse  gehören  den  Eigentümern  der  anliegen- 
den Grundstücke  etc." 

Art.  6. 
„Die   Uferlinie  der  öffentlichen   Flüsse    wird  durch  die   Verwaltungsbe- 
hörde nach  den  mittleren  Wasserstand  unter  besonderer  Berücksichtigung  der 
„Vegetationsgrenze  festgesetzt  und,  wo  es  notwendig  ist,  auf  angemessene  Weise 
„bezeichnet/ 


io)  Bei  Drucklegung  hatte  der  Entwarf  in   einer  besonderen  Nachseesion  im  Spätsommer  1906 
die  Genehmigung  von  Abgeordneten-Kammer  und  Reicherat  bereits  gefunden. 


§  2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  für  Wasserkraftanlagen  usw.  47 

Für  Privat-Gewässer  bestimmen  und  zwar 
a)   für  geschlossene  Gewässer 

Art.  16. 

„Soweit  nicht  andere  Rechtsverhältnisse  bestehen,  erstreckt  sich  das 
„Eigentumsrecht  an  einem  Grundstücke,  auf  das  Wasser,  welches 

„1.  auf  das  Grundstück  in  Seen,  Weihern  (Teichen),  Zisternen,  Brunnen 
„und  anderen  Behältern,  in  künstlich  angelegten  Wasserleitungen,  Kanälen  und 
„Gräben  sich  befindet, 

„2.  auf  dem  Grundstück  unterirdisch  vorhanden  ist  (Grundwasser), 

„3.  darauf  entspringt  (Quelle)  oder  sich  natürlich  sammelt,  solange  es 
„von  dem  Grundstücke  nicht  abgeflossen  ist." 

Abs.  2.  „Hinsichtlich  der  Solquellen  und  der  Grubenwässer  finden  die 
„Bestimmungen  des  Berggesetzes  Anwendung." 

b)  Für  Privatflüsse  und  Bäche. 

Art.  23. 

„Die  Privatflüsse  und  Bäche,  die  weder  im  Eigentum  des  Staates 
„noch  anderer  Personen  stehen,  sind  Bestandteile  der  Grundstücke,  zwischen 
„denen  sie  h indurchfli essen. u 

Abs.  2.  „Gehören  die  Ufer  verschiedenen  Eigentümern,  so  wird  die 
„Eigentumsgrenze  vorbehaltlich,  etwaiger  anderweitiger  Festsetzungen  gebildet : 

1.  „In  Ansehung  der  gegenüberliegenden  Ufergrundstücke  durch  eine 
„durch  die  Mitte  des  Flusses  nach  Massgabe  des  mittleren  Wasserstandes  zu 
„ziehende  Linie; 

2.  „In  Ansehung  der  anliegenden  Ufergrundstücke  durch  eine  von  dem 
„Endpunkte  der  Landgrenze  rechtwinkelig  zu  der  in  Ziff.  1  bezeichneten  Mittel- 
„linie  des  Wasserlaufes  zu  ziehende  Linie. 

Abs.  3.  „Die  Bestimmungen  der  Art.  8,  9,  des  Art.  14  Abs.  1  und  des 
„Art.  15  finden  auf  diese  Privatflüsse  und  Bäche  entsprechende  Anwendung. u 

2.  Nutzungsrechte. 

Bezüglich  der  Benutzung  der  Gewässer  ist  unterschieden  zwischen 
dem  Gemeingebrauch  und  den  besonderen  Nutzungen. 

Der  Gemeingebrauch  ist  auf  Grund  der  hierfür  zu  erlassenden  polizeilichen 
Vorschriften  jedermann  unentgeltlich  gestattet,  soweit  nicht  besondere  Vorrichtungen 
zur  Erleichterung  desselben  in  Frage  kommen. 

Für  alle  besonderen  Nutzungsanlagen,  gleichgültig  ob  an  Privat-  oder 
öffentlichen  Gewässern,  ist  eine  behördliche  Genehmigung  notwendig. 

In  der  Abteilung  VII  des  bayerischen  Gesetzentwurfes  ist  die  Frage  der  Wasser- 
bücher geregelt: 

Art.  194. 
„Bei  jeder  Distriktsverwaltungsbehörde  ist  über  die  Stauanlagen  und 
„Triebwerke  mit  gespannter  Wasserkraft  an  öffentlichen  und  Privatgewässern, 
„dann  über  die  Anlagen  zur  Zuführung  von  Flüssigkeiten  in  solche  Gewässer, 
„ferner  über  Bewässerungs-  und  Entwässerungsanlagen,  soweit  die  sämtlichen 
„bezeichneten  Anlagen  mit  Erlaubnis  oder  Genehmigung  der  Behörde  errichtet 
„sind,  ein  Wasserbuch  zu  führen.     Das  Wasserbuch   soll   über  die   hinsichtlich 


48  I.    Thäodob  Kobhn.    Ausbau  von  Wasserkräfte».    Allgemeines. 

„dieser  Anlagen  bestehenden  Rechtsverhältnisse  die  erforderlichen  Aufschlüsse 
«enthalten/ 

Art.  195. 

„In  das  Wasserbuch  sind  von  Amts  wegen  einzutragen: 

„1.  Alle  Anlagen  der  in  Art.  194  bezeichneten  Art,  die  nach  dem 
„Inkrafttreten  dieses  Gesetzes  neu  errichtet  werden.  t 

„2.  Alle  nach  dem  Inkrafttreten  dieses  Gesetzes  mit  behördlicher  Erlaub- 
„nis  oder  Genehmigung  erfolgenden  Änderungen  an  Anlagen  der  im  Art  194 
„bezeichneten  Art,  gleichviel,  ob  die  Anlage  vor  oder  nach  dem  Inkrafttreten 
„dieses  Gesetzes  errichtet  worden  ist. 

Abs.  2.    „Solche  Eintragungen  erfolgen  gebührenfrei/ 

Art  196. 

„Auf  Antrag  eines  Berechtigten  sind  in  das  Wasserbach  auch 
„zur  Zeit  des  Inkrafttretens  dieses  Gesetzes  schon  bestehende  Anlagen  der  im 
„Art.  194  bezeichneten  Art  einzutragen/ 

Abs.  2.  „Zu  diesem  Zwecke  hat  der  Antragsteller  der  Behörde  die  zum 
„Nachweise  seiner  Berechtigung  dienenden  Belege  vorzulegen/ 

Abs.  3.  „Erachtet  die  Behörde,  soweit  erforderlich  nach  Einvernahme 
„der  ihr  bekannten  Beteiligten,  den  Nachweis  für  zweifellos  erbracht,  so  hat  sie 
„die  Eintragung  vorzunehmen.  Andernfalls  ist  der  Antrag  durch  Veröffentlichung 
„geeignet  bekannt  zu  machen.  In  der  Bekanntmachung  ist  darauf  hinzuweisen, 
„dass  Einwendungen  gegen  den  Bestand  des  angemeldeten  Rechtes  binnen  einer 
„angemessenen  Frist  bei  der  Verwaltungsbehörde  anzubringen  sind  und  dass  die 
„Eintragung,  sofern  innerhalb  der  Frist  Einwendungen  nicht  einkommen,  antrags- 
„gemäss  erfolgen  wird.  Von  der  Bekanntmachung  sind  die  der  Behörde  be» 
„kannten  Beteiligten  besonders  zu  verständigen." 

Abs.  4.  „Werden  Einwendungen  geltend  gemacht,  so  hat  die  Eintragung 
„zu  unterbleiben. u 

Abs.  5.    „Die  Kosten  des  Verfahrens  fallen  dem  Antragsteller  zur  Last4' 

Art.  197. 
„Die  näheren  Bestimmungen  über  die  Einrichtung  und  die  Fortführung 
„der  Wasserbücher  werden  durch  Ministerialvorschrift  getroffen/' 

Art.  198. 
„Die   Einsicht    in   die   Wasserbücher    und   deren   Beilagen 
«steht  jedem  frei,   der  ein  berechtigtes  Interesse  darlegt    Unter 
„der   gleichen   Voraussetzung   kann   auch   gegen    Entrichtung   der   vorschrifts- 
„  massigen  Gebühr  die  Erteilung  von  einfachen  oder  beglaubigten  Auszügen  und 
„Abschriften  aus  dem  Wasserbuch  und  seinen  Beilagen  gefordert  werden." 
Es  sei  hier  zum  Vergleich  auf  die  Bestimmungen  des  italienischen  Gesetzes   und 
des  württembergischen    Gesetzes-  hingewiesen,    welche    insofern   weiter   gehen,   als   alte 
Rechte  nicht  nur  auf  Antrag,  sondern  auch  von  Amts  wegen  eingetragen  werden. 

In  der  Begründung  zu  dem  Gesetzentwurf  ist  ausgeführt: 

„Das  Wasserbach  des  vorliegenden  Entwurfes,  wie  auch  der  neueren 
„deutschen  Gesetze  und  Gesetzentwürfe  kann  allerdings  nicht  über  die  privat 
„rechtlichen  Verhältnisse  eines  Wasserlaufes  erschöpfenden  Aufschluss  geben} 
„weil,  soweit  Eigentums-  und  Dienstbarkeitsrechte  an  den  Gewässern  begründet 
„werden,   ihre  dringliche   Wirksamkeit  in   der  Regel   von  der  Eintragung  ins 


§   2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  für  Wasserkraftanlagen  usw.  49 

„Grundbuch  abhängig  ist.  .  Dem  Wasserbuch  kann  daher  ein  öffentlicher  Glaube, 
„wie  solcher  den  Hypotheken-  und  Grundbüchern  zukommt,  nicht  zugesprochen 
„werden." 

3.  Konzessionserteilung. 

Zur  Errichtung  oder  Abänderung  von  Stauanlagen  oder  Triebwerken  an  öff  ent- 
lichen Gewässern  oder  Privatf lassen  und  Bächen  ist  nach  Art.  49  die  vor- 
gängige Genehmigung  der  Verwaltungsbehörde  erforderlich. 

Da  die  privaten  Eigentums-  und  Nutzungsrechte  an  den  Privatgewässern 
durch  das  Gesetz  neu  bestätigt  sind,  so  kann  für  Genehmigungen  von  Wasserkraftan- 
lagen an  Privatflüssen  zugunsten  des  Staates  eine  Abgabe,  soweit  sie  nicht  den 
Charakter  einer  Aufwandsentschädigung  trägt,  nicht  erhoben  werden. 
Bei  der  Erteilung  der  Genehmigung  können  vielmehr  lediglich  Vorschriften  gemacht 
werden,  welche  im  Verkehrs-,  gewerbe-  oder  gesundheitspolizeilichen  Interesse  oder  zum 
Schatze  und  zur  Förderung  der  allgemeinen  Landeskultur,  der  Fischerei  etc.  und  zur  Abwen- 
dung von  Hochwasserschäden  notwendig  sind.  Ferner  solche  Vorschriften,  welche  verhüten 
sollen,  dass  keine  einem  anderen  schädliche  Stauung,  keine  Überschwemmung  und  Ver- 
sumpfung oder  sonstige  Beschädigung  fremder  Grundstücke  und  Anlagen  verursacht  wird 
und  dass  nicht  zum  Nachteil  anderer  eine  nutzlose  Verschwendung  oder  eine  ungleich- 
massige  Ausnutzung  des  Wassers  stattfindet. 

Bezüglich  der  Erlaubnis  zur  Wasserbenützung  an  öffentlichen 
Gewässern  bestimmt  Artikel  42,  dass  die  Erlaubnis  von  der  Ver- 
waltungsbehörde in  der  Regel  auf  eine  bestimmte  Zeit  oder  in  wider- 
ruflicher Weise  erteilt  wird.  Die  Verwaltungsbehörde  ist  hierbei  befugt,  dem 
Unternehmer  weitere  Bedingungen  im  Interesse  der  Land-  und  Forstwirtschaft,  der 
Landeskultur  und  der  Fischerei,  sowie  der  Industrie  und  des  Gewerbebetriebes  aufzu- 
erlegen. Ferner  bei  dem  Zusammentreffen  mehrerer  Unternehmungen  vom  Standpunkte 
des  Gemeinwohls  die  Wahl  zu  treffen;  endlich  die  Erlaubnis  auf  gewisse  Betriebszwecke 
oder  auf  bestimmte  Unternehmer  einzuschränken. 

Art.  42,  Abs.  3  bestimmt:   „Eine  auf  Grund  unwiderruflicher  Erlaubnis 
„eingeräumte  Nutzung  kann  nur  im  Wege  der  Zwangsenteignung  nach  Massgabe 
„der  Bestimmungen  der  Art.  153  bis  155  entzogen  oder  geschmälert  werden.14 
Da  für  die  bis  1904  in  Bayern  an  öffentlichen  und  dem  Staate  gehörigen  Privat- 
flüssen ausgenützten  84000  PS6  nur   eine  jährliche    Gebühr   von  rund   9630  Mk.    als 
sogenannte  Rekognitionsgebühr  für  das  Jahr  erhoben  wurde,   und  da  nach  den  bislang 
bestehenden    gesetzlichen    Bestimmungen    eine    höhere    Gebühr   nicht   erhoben   werden 
konnte,  will  das  Gesetz  hierin  Wandel  schaffen  und  lässt  nach  Art.  71  Abs.  1  die  Auf- 
legung besonderer  Gebühren  an  den  Staat  zu.     Die  näheren  Bestimmungen   sollen  nach 
Art.  71  Abs.  2  durch  Ministerialvorschrift  getroffen  werden.  In  den  Motiven  zum  Gesetz 
ist  in  dieser  Beziehung  gesagt: 

„Eine  allgemeine  gesetzliche  Regel  für  die  Festsetzung  der  Gebühren  erscheint 
„insbesondere  bei  der  Gewährung  besonderer  Nutzungen  nicht  tunlich,  da  hier 
„im  Einzelfalle  pflichtgemäss  zu  erwägen  sein  wird,  ob  das  Unternehmen  durch 
„die  Auflage  der  Gebühr  nicht  erheblich  erschwert  oder  gar  unmöglich  gemacht 
„würde,  wie  überhaupt  bei  der  Bemessung  der  Gebühr  allgemeine  volks- 
wirtschaftliche Gesichtspunkte  gegenüber  den  fiskalischen  Er- 
„wägungen  in  den  Vordergrund  zu  treten  haben." 

Handbuch  der  Iag.-Wistenaeh.    III.  Teil.    18.  Bd.  4 


50  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

4.  Erleichternde  Bestimmungen:  Genossenschaften,  Zwangsver- 
pflichtungen, Zwangsenteignungen. 

Nach  dem  Gesetzentwurf  können  auch  für  Stau-  und  Triebwerks- Anlagen ,  sowie 
für  Sammelbecken  öffentliche  Wassergenossenschaften  gebildet  werden:  Art.  109  und  folg. 
Nach  Art.  111  ist  die  Bildung  einer  Genossenschaft  nur  zulässig,  wenn  bei  dem  Unter- 
nehmen ein  Interesse  des  Gemeinwohls  oder  doch  ein  gemeinwirtschaftlicher  Nutzen 
obwaltet.  Nach 'Art.  111,  Abs.  2,  setzt  die  Bildung  von  Genossenschaften  mit  Beitritts- 
zwang ausserdem  voraus,  dass  das  Unternehmen  in  wirtschaftlicher  oder  technisch  zweck- 
massiger Weise  nur  durch  Ausdehnung  auf  die  Grundstücke  der  Widerstrebenden  aus- 
geführt werden  kann,  und  der  voraussichtliche  Nutzen  des  Unternehmens  den  zu  erwar- 
tenden Schaden  überwiegt.  Nach  den  Motiven  kommt  aber  die  Bildung  einer  Zwangs- 
genossenschaft nur  für  die  Instandhaltung,  nicht  für  die  Benutzung  von  Gewässern  in  Frage. 

Nach  dem  Muster  des  württembergischen  Gesetzes  sieht  der  bayerische  Entwurf 
in  Abteilung  V,  Art.  156,  157,  158 — 162  gewisse  Zwangsrechte  vor,  welche  von  den 
Verwaltungsbehörden  den  Unternehmern  gegenüber  anderen  Eigentümern  oder  Berech- 
tigten verliehen  werden  können.  Diese  Zwangsrechte  beziehen  sich  auf  die  Benutzung 
von  Wasser  eines  Privatflusses,  welches  bisher  von  dem  Berechtigten  selbst  nicht  benutzt 
wurde,  oder  nach  ergangener  Aufforderung  nicht  innerhalb  einer  gesetzten  Frist  nutzbar 
verwendet  wird,  fernerauf  die  Benutzung  des  ganzen  Flassbettes  und  des  gegenüber 
liegenden  Ufers  zur  Errichtung  einer  Stauanlage  durch  den  Eigentümer  von  nur 
einem  Flussufer;  schliesslich  auf  die  Benutzung  eines  fremden  Grundstückes  zur  ober- 
oder  unterirdischen  Zu-  und  Ableitung  des  Triebwassers  etc. 

Das  Zwangsenteignungsrecht  auf  Grund  des  Gesetzes  vom  17.  November 
1837,  betreffend  die  Zwangsabtretung  von  Grundeigentum  für  öffentliche  Zwecke  kann 
für  Stau-  und  Triebwerksanlagen  und  Sammelbecken  nur  an  genossenschaftliche  Unter- 
nehmungen erteilt  werden. 

5.  Sonstige  allgemeine  Bestimmungen. 

Das  Gesetz  gibt  im  Interesse  der  Allgemeinheit  den  Verwaltungsbehörden  weit- 
gehendste Befugnisse  zum  Erlass  von  Verordnungen,  behufs  Regelung  des  Gemeinge- 
brauches der  Gewässer,  Förderung  der  allgemeinen  Landeskultur,  sowie  der  Fischerei, 
Abwehr  von  Hochwassergefahren  und  zum  Erlasse  von  gewer be-,  Verkehrs-  und  gesund- 
heitspolizeilichen Verordnungen.  Es  unterstellt  die  Unterhaltung  aller  Wasserläufe  der 
staatlichen  Aufsicht  und  regelt  die  Unterhaltungspflichten,  die  Bildung  von  Unterhaltungs- 
verbänden etc. 

c)  Sachsen. 

Für  das  Königreich  Sachsen  ist  ein  neues  Wassergesetz  bereits  soweit  vorbereitet 
dass  es  binnen  kurzer  Zeit  den  gesetzgebenden  Körperschaften  vorgelegt  werden  wird, 
und  es  kann  deshalb  hier  davon  abgesehen  werden,  über  die  alten  gesetzlichen  Bestim- 
mungen in  Sachsen  nähere  Mitteilungen  zu  machen11). 

d)  Württemberg. 

Für  das  Königreich  Württemberg  ist  ein  neues  Wassergesetz  teilweise  schon  mit 
der  Verkündigung  am  1.  Dezember  1900,  vollständig  aber  erst  seit  dem  1.  Januar  1902 
in  Kraft  getreten. 


n)  Das  Wasserrecht  im  Königreich  Sachsen  von  Dr.  K.  E.  Lenthold,  Leipzig,  Roasbergsche 
BuohhandluDg  1892. 


}  2.  Die  Laos  der  Gesetzgebung  für  Wasserkbaftahlage*  usw.  51 

1.  Eigentumsverhältnisse. 

Das  Gesetz  vom  1.  Dezember  1900  erklärt  alle  in  natürlichem  oder  künstlichem 
Bette  ständig  fliessenden  Gewässer,  sowie  diejenigen  Seen,  welche  einen  in  gleicher 
Weise  ständig  fliessenden  Ablauf  haben,  für  öffentliche  Gewässer. 

Als  Privat-Gewässer  werden  daher  nur  angesehen: 

1.  die  unterirdischen  Gewässer,  soweit  nicht  ein  öffentliches  Gewässer  in  seiner 
Fortsetzung  streckenweise  unterirdisch  fliesst, 

2.  Teiche,  Zisternen,  Brunnen,  Röhren  oder  Gräben,  welche  als  geschlossene 
Gewässer  angesehen  werden  können, 

3.  Gewässer,  welche  nur  zeitweise  fliessen1*). 

Alle  öffentlichen  Gewässer,  und  das  sind  nach  der  Definition  des  Gesetzes  ungefähr 
alle,  welche  für  Kraftzwecke  in  Frage  kommen,  gehören  dem  Staate,  sofern  nicht 
wohlerworbene  Rechte  Einzelner  an  diesen  Gewässern,  mögen  sie  auf  dem  öffentlichen 
oder  auf  dem  Privatrecht  beruhen,  vorliegen.  Diese  wohlerworbenen  Rechte  .bleiben  als 
dem  öffentlichen  Recht  angehörige  Nutzungsrechte   mit  unverändertem  Inhalt  bestehen. 

Das  Eigentum  am  Bette  der  Privatflusse  gehört  den  Anliegern. 

£.  Nutzungsrechte. 

Die  öffentlichen  Gewässer,  an  denen  wohlerworbene  Rechte  Einzelner  keinen 
Anteil  haben,  sind  nach  Massgabe  besonderer  Bestimmungen  des  Gesetzes  dem  Ge- 
meingebrauch unter  Aufsicht  der  Staatsgewalt  unentgeltlich  und  ohne  besondere 
behördliche  Erlaubnis  überlassen. 

Alle  besonderen  Nutzungsberechtigungen  insonderheit  für  Wasser- 
Kraftanlagen  sind  dagegen  in  allen  Fällen  von  einer  Genehmigung 
und,  sofern  wohlerworbene  Privatrechte  nicht  vorliegen,  auch  von 
einer  Verleihung  abhängig. 

3.  Konzessionen. 

Über  die  Verleihung  von  Wassernutzungsrechten  entscheidet  die  Kreisregierung 
und  in  der  Beschwerdeinstanz  das  Ministerium  des  Innern.  Die  gleichen  Behörden 
haben  auch  über  die  (polizeiliche)  Genehmigung  der  WasserbenutzungsanlagenT'zu  er- 
kennen. Treffen  mehrere  Anträge  auf  Verleihung  einer  Wassernutzung  zusammen, 
welche  nebeneinander  nicht  bestehen  können,  so. ist,  wenn  eine  angemessene  Ver- 
teilung der  Wassermenge,  des  Gefälles  oder  der  Gebrauchszeiten  den  wirtschaftlichen 
Interessen  nicht  entspricht,  denjenigen  Unternehmungen  der  Vorzug  einzuräumen,  von 
welchen  nach  Abwägung  sämtlicher  in  Betracht  kommender  tatsächlicher  Verhältnisse 
und  Interessen  der  überwiegende  gemeinschaftliche  Nutzen  zu  erwarten  ist.  Bei  dem 
Vorliegen  besonderer  Verhältnisse  kann  die  Verleihung  auf  einen  bestimmten  Zeitraum 
beschränkt  oder  unter  der  ausdrücklichen  Bedingung  erteilt  werden,  dass  eine  nach- 
trägliche Ergänzung  oder  Abänderung  der  gegebenen  Vorschriften  vorbehalten  bleibt. 
In  der  Regel  findet  eine  Zeitbeschränkung  bei  der  Verleihung  eines 
Waspernutzungsrechtes  nicht  statt;  dagegen  können  den  Umständen 
entsprechende  Fristen  festgesetzt  werden,  binnen  welchen  die  gesamte 
Wassernutzungsanlage  bei  Vermeidung  des  Erlöschens  des  Ver- 
leihungsrechtes begonnen,  ausgeführt  und  dem  Betriebe  übergeben 
werden  muss. 


i*)  Dm  württembergische  Waasergeseti  vom  1.  Dezember  1900  von  Rechtsanwalt  H.  Bierer 
in  Tübingen.    Vorlag  von  8.  Ebner  in  Ulm. 

4* 


52  L    Theodor  Eoehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Entsprechend  den  Grundlagen  des  Gesetzes  soll  der  Staat  keinen  direkten 
Gewinn  ans  der  Verleihung  der  Wasserrechte  ziehen,  vielmehr  erhebt  er  nur 
nach  Art.  31  einmalig: 

1.  für  die  Erteilung  der  Verleihung  des  Wasserrechtes  in  der  Regel  5  Mk.,  für 
die  rohe  PS  bis  zu  5000  Mk.; 

2.  für  die  Genehmigung  von  Wasserbenutzungsanlagen,  soweit  hiermit  eine  Ver- 
leihung von  Wasserrechten  nicht  verbunden  ist,   Gebühren  von  5 — 150  Mk. 

4,  Wasserbücher. 

Bei  jeder  Kreisregierung  ist  zur  Klarstellung  der  bestehenden  Wasserrechtsver- 
hältnisse ein  Wasserrechtsbuch  zu  führen.  Ebenso  ist  bei  jedem  Oberamt  eine  Abschrift 
des  Wasserrechtsbuches,  soweit  es  sich  auf  die  öffentlichen  Gewässer  des  Oberamtsbe- 
zirkes bezieht,  fortlaufend  zu  halten.  Die  Einsichtnahme  des  Wasserrechtsbuches  nebst 
Beilagen,  sowie  der  auf  den  Oberämtern  gehaltenen  Abschriften  ist  jedermann  gestattet, 
der  ein  berechtigtes  Interesse  darlegt.  Unter  der  gleichen  Voraussetzung  werden  auf  Ver- 
langen beglaubigte  Abschriften  gegen  Kostenersatz  ausgefertigt.  In  das  Wasserrechts- 
buch müssen  alle  die  Benutzung  der  öffentlichen  Gewässer  betreffen 
den  Rechtsverhältnisse  eingetragen  werden,  welche  nach  dem  Inkraft- 
treten des  Gesetzes  unter  der  Mitwirkung  der  Behörden  neu  begrün- 
det oder  hinsichtlich  ihres  Bestandes  oder  Umfanges  geordnet  werden. 
Auch  die  zur  Zeit  des  Inkrafttretens  des  Gesetzes  bezüglich  der  Benutzung  der 
öffentlichen  Gewässer  bestehenden  Rechtsverhältnisse,  insbesondere  der  Umfang  und 
die  Art  der  gestatteten  Wasserbenutzung,  die  zugelassene  Stauhöhe,  die  statthaften 
Weiten  der  Einlassstellen  und  die  vorgeschriebene  Beschaffenheit  der  übrigen,  für  die 
zulässige  Wasserbenutzung  massgebenden  Einrichtungen  sollen  in  das  Wasserrechts- 
buch eingetragen  werden.  Bei  denjenigen  Wassernutzungsrechten,  über  deren  Be- 
stand und  Umfang  öffentliche  Urkunden,  namentlich  Konzessionsurkunden  bei  den 
Kreisregierungen  vorliegen,  hat  der  Eintrag  nach  vorhergegangener  Vernehmung  der 
Beteiligten  von  Amts  wegen  zu  erfolgen.  Wenn  öffentliche  Urkunden  nicht  vorliegen, 
wird  die  Eintragung  nur  auf  Antrag  eines  Beteiligten  bewirkt,  nachdem  der  bezüg- 
liche Beweis  erbracht  ist.  Dem  Verordnungswege  bleibt  die  Festsetzung  von 
Fristen  vorbehalten,  innerhalb  deren  sämtliche  zur  Zeit  des  Inkraft- 
tretens des  Gesetzes  bezüglich  der  Benutzung  der  öffentlichen  Gewässer 
bestehenden  Rechtsverhältnisse  in  die  Wasserbücher  eingetragen 
werden  sollen.     Inzwischen  sind  erlassen: 

Eine  Verfügung  des  Justizministeriums  vom  18.  Oktober  1901  (Amtsblatt  des 
Justizministeriums  S.  99),  betreffend . den  Vollzug  des  Wassergesetzes; 

eine  Verfügung  des  Ministeriums  des  Innern  vom  4.  November  1901  wegen  der 
grundbuchmäs8igen  Behandlung  der  öffentlichen  Gewässer  (Amtsblatt  des  Justizministeriums 
S.  101)  und 

eine  Verfügung  des  Finanzministeriums  vom  14.  November  1901  (Amtsblatt  des 
Justizministeriums  S.  103).  Die  letzten  beiden  Verfügungen  enthalten  Anweisungen  an 
die  zuständigen  Amtsstellen  wegen  Prüfung  und  Ergänzung  der  privatrechtlichen  Ein- 
tragungen und  Löschung  derjenigen  Eintragungen  im  Grundbuch,  welche  nichts  anderes, 
als  den  öffentlichen  Charakter  des  Wasserlaufes  nachweisen. 

Für  den  Nachweis  des  Privat-Eigentums  an  einem  öffentlichen  Gewässer  bleibt 
also  das  Grundbuch  und,  bis  zur  völligen  Neuordnung  desselben,  der  Nachweis  der 
wohlerworbenen   Rechte   massgebend.    Für  den  Bestand   und  Umfang   der  besonderen 


§  2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  für  Wasserkraftanlagen  usw.  53 

Wassernutzungsrechte  ist  bis  auf  weiteres  der  Eintrag  im  Wasserrechtsbach  noch  nicht 
allein  massgebend,  sondern  der  Rechtsgrund,  auf  welchen  der  Erwerb  des  Nutzungsrechts 
sich  stützt. 

Nach  den  getroffenen  Verfügungen  müssen  aber  in  Württemberg 
in  absehbarer  Zeit  die  Wasserrechtsbücher  eine  vollkommen  sichere 
Unterlage  für  die  Beurteilung  aller  Wasserrechtsverhältnisse  an 
einem  Wasserlauf  geben.  Die  Eintragungen  in  das  Wasserbuch  erfolgen  gebühren- 
nnd  8portelfrei. 

5.  Erleichternde  Bestimmungen:  Zwangsverpflichtungen,  Genossen- 
schaften, Enteignung. 

Durch  die  ortspolizeiliche  Behörde  kann  einem  Besitzer  eines  Wassergrundstückes 
die  Zwangsverpflichtung  auferlegt  werden,  gegen  vollen  Ersatz  des  eventuell  be- 
wirkten Schadens  die  Vornahme  von  Vermessungen,  Nivellierungen  oder  Grundunter- 
suchungen auf  seinem  Grundstücke  zu  dulden. 

Wenn  für  eine  Stauanlage,  welche  der  Ufereigentümer  in  einem  öffentlichen 
Gewässer  herzustellen  beabsichtigt,  die  Benutzung  des  gegenüberliegenden  Ufers  notwendig 
wird,  so  kann  dem  Eigentümer  des  letzteren  auf  Antrag  des  Unternehmers  im  Verwaltungs- 
wege die  Auflage  gemacht  werden,  die  Benutzung  seines  Grundstückes  gegen  vorgängige 
volle  Entschädigung  insoweit  zu  gestatten,  als  eine  solche  Benutzung  zur  Ausführung 
und  zum  Gebrauch  der  Stauanlage  erforderlich'  ist.  Auch  kann  im  Verwaltungswege 
dem  Besitzer  einer  Stauanlage  aufgelegt  werden,  die  Mitbenutzung  anderen  Unternehmern, 
welche  gleichfalls  eine  Wasserkraftanlage  auszuführen  beabsichtigen,  zu  gestatten,  wenn 
dadurch  die  Wassernutzung  des  Besitzers  der  Stauanlage  nicht  geschmälert  oder  erheblich 
erschwert  wird.  Hierbei  ist  dem  neuen  Unternehmer  aufzulegen,  volle  Entschädigung 
zu  gewähren,  und  einen,  dem  Masse  der  Mitbenutzung  entsprechenden  Anteil  an  den 
Kosten  der  Anlage  sowie  der  künftigen  Unterhaltung  mit  zu  übernehmen.  Ebenso 
können  für  die  Bauzeit  einer  neuen  Wasserkraftanlage  oberhalb  und  unterhalb  liegenden 
Wasserkraftbesitzern  gewisse  Beschränkungen  des  Betriebes  gegen  volle  Entschädigungen 
auferlegt  werden.  Schliesslich  kann  auch  einem  Besitzer  von  Terrain,  dessen  Benutzung 
für  die  Ausführung  einer  Wasserkraftanlage  unbedingt  notwendig  ist,  die  Zwangsver- 
pflichtung auferlegt  werden,  die  Anlage  von  Zu-  und  Ableitungen  gegen  volle  Entschädigung 
zu  gestatten.  Die  Zwangsverpflichtungen  werden  in  geordnetem  Verfahren  von  der  Kreis- 
regierung auferlegt.  Gegen  die  Verfügung  der  letzteren  ist  die  sofortige  Beschwerde  an 
das  Ministerium  des  Innern  zulässig,  welches  endgültig  entscheidet.  Innerhalb  einer 
Ausschlussfrist  von  6  Monaten  kann  sowohl  der  Unternehmer,  als  auch  der  für  ver- 
pflichtet Erklärte  bei  den  bürgerlichen  Gerichten  Klage  auf  anderweitige  Feststellung 
des  Schadenersatzes  und  Kostenanteiles  erheben. 

Zur  Errichtung  von  Wasserkraftanlagen  etc.  können  Wasserge- 
nossenschaften gebildet  werden.  Die  Wassergenossenschaft  als  solche  hat  selb- 
ständige Rechte  und  Pflichten.  Sie  kann  Eigentum  und  andere  dingliche  Rechte  an 
Grundstücken  erwerben  und  vor  Gericht  klagen  und  verklagt  werden. 

Für  die  Verbindlichkeit  der  Genossenschaft  haftet  das  Vermögen  derselben. 

Wenn  es  sich  um  ein  Unternehmen  handelt,  welches  einen  erheblichen  volkswirt- 
schaftlichen Nutzen  vermittelt,  kann  auf  Ansuchen  durch  königliche  Entschliessung  eine 
Genossenschaft  als  öffentliche  anerkannt  werden. 

Die  öffentliche  Wassergenossenschaft  gilt  als  ein  körperschaftlicher  Verband  des 
öffentlichen   Rechtes.     Ein   Beitrittszwang  findet  aber   bei   Wassergenossenschaften  nur 


54  L    Theodob  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

statt,  wenn  es  sich  um  die  Ausführung  einer  Bewässerungs-  and  Entwässerungs-Anlage 
für  die  Zwecke  der  Bodenkultur  oder  Torfgewinnung  bandelt.  Da  aber  solche  Anlagen 
oft  gleichzeitig  auch  zur  Gewinnung  von  Wasserkraft  dienen,  so  hat  diese  Bestimmung 
auch  für  unsere  Zwecke  grosse  Bedeutung. 

Ein  Enteignungsrecht  kann  für  Wasserkraftanlagen  nur  in  ganz 
besonderen  Fällen  und  wenn  es  sich  um  ein  Unternehmen  im  direkten 
Interesse  des  Staates  oder  anderer  öffentlicher  Korporationen  handelt, 
auf  Grund  des  allgemeinen  Zwangsenteignungsgesetzes  erteilt  werden. 

6.  Sonstige  allgemeine  Bestimmungen. 

Das  Gesetz  wahrt  den  Verwaltungsbehörden  natürlich  das  Recht,  Privatbesitztitel 
an  Wasserläufen  durch  einschlägige  Verordnungen  zu  beschränken,  soweit  es  im  Interesse 
der  Allgemeinheit  erforderlich  erscheint 

Es  genügt  hier  auf  die  bezüglichen  kurzen  Mitteilungen  aus  dem  bayerischen 
Gesetzentwurf  zu  verweisen  (vergl.  Seite  50  ad  5). 

e)  Baden. 

Für  das  Grossherzogtum  Baden  ist  ein  neues  Wassergesetz  vom  26.  Juni  1899 
erlassen18).     Vom  gleichen  Tage  datiert  ein  neues  Enteignungsgesetz14). 

Daß  Wassergesetz  ist  ergänzt  durch  eine  Verordnung  des  Ministeriums  des  Innern 
vom  8.  Dezember  1899 lß). 

1.  Eigentumsverhältnisse. 

Als  öffentliche  Gewässer  sind  nach  §  1  des  neuen  Wassergesetzes,  alle  ihrer 
Natur  nach  oder  durch  künstliche  Veranstaltungen  schiff*  und  flöss- 
baren Flüsse,  Kanäle  und  Seen  betrachtet.  Als  Bestandteil  der  öffentlichen 
Gewässer  gelten  auch  die  Nebenarme,  welche  bei  den  gewöhnlichen  Anschwellungen  des 
Hauptgewässers  zur  Abführung  der  Wassermasse  dienen,  die  Sammelbecken,  Zu-  und 
Ableitungen,  worin  Wasser  für  die  Zwecke  des  öffentlichen  Gewässers  gesammelt,  zu-  und 
abgeleitet  wird  etc. 

Das  Eigentum  an  allen  öffentlichen  Gewässern  steht  dem  Staate  zu. 

Seen,  an  denen  Eigentumsrechte  anderer  nicht  nachweisbar  sind,  stehen  gleich- 
falls im  Eigentum  des  Staates. 

Es  steht  dem  Staate  jederzeit  zu,  ein  Gewässer  oder  eine  Strecke  desselben  durch 
künstliche  Veranstaltungen  schiffbar  oder  flössbar  zu  machen  oder  durch  einen  dritten 
machen  zu  lassen  und  dem  Gewässer  so  die  Eigenschaft  als  öffentliches  zu  verleihen. 
Den  an  dem  Gewässer  Eigentums-  oder  Nutzungsberechtigten  ist  der  aus  dieser  Mass- 
nahme entstehende  Schaden  vom  Staate  oder  von  dem  durch  den  Staat  berechtigten 
Unternehmer  zu  ersetzen. 

Im  Gegensatz  zum  bayerischen  Gesetzentwurf  spricht  das  badische  Gesetz  nicht 
von  „privaten",  sondern  von  „nicht  öffentlichen"  Gewässern,  und  es  bestimmt  der  §  2: 

„Alle  natürlichen,  nicht  öffentlichen  Wasserläufe  (Flüsse,  Bäche)  stehen 
„im  Eigentum  der  Gemeinden,  soweit  sich  das  Bett  innerhalb  ihrer  Gemarkung 
„befindet.    Bildet  der  Wasserlauf  die  Grenze  zwischen  zwei   inländischen  Ge- 


is) Gesetzes-  und  Verordnungsblatt  für  das  Groasherzogtum  Baden  1899,  XX  VL,  Saite  309. 
Wiener,  Geh.  Regiernngarat :  Daa  badische  Wassergesetz  vom  26.  Juni  1899  usw.  Karlsruhe  1900. 
Verlag  der  G.  Braunseben  Hofbuchdruckerei. 

n)  Gesetzes-  und  Verordnungsblatt  XXVII.,  Seite  859. 

16)  Desgl.  Nr.  III,  Seite  897. 


S    2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  für  Wasserkraftanulgbx  usw.  55 

„markungen,  so  ist  im  Zweifel  die  Mittellinie  des  Wasserlaufes  die  Eigentums- 
„grenze.* 

Es  kommen  nach  dem  badischen  Gesetz  für  Wasserkraft-Anlagen  also  nur  Gewässer 
in  Frage,  welche  entweder  dem  Staate  oder  den  Gemeinden  gehören,  da  die  künstlichen, 
nicht  öffentlichen  Wasserläufe  (§  3)  und  die  geschlossenen  Gewässer  (§  4),  welche  dem 
Privateigentum  überlassen  sind,  für  Wasserkraftanlagen  nur  in  seltenen  Ausnahmefällen 
in  Frage  kommen  können.  Bei  allen  Gewässern  bilden  die  Uferlinien  die  Grenze  zwischen 
dem  Privatbesitz  und  dem  Gewässer.  Die  Uferlinien  bestimmen  sich  im  Zweifel  nach 
dem  normalen  mittleren  Wasserstande;  sie  können  unter  Aufsicht  der  technischen  Behörde 
vermarkt  werden. 

Das  dem  Staate  an  den  öffentlichen  und  den  Gemeinden  an  den  natürlichen, 
nicht  öffentlichen  Wasserläufen  zustehende  Eigentum  kann  im  Wege  privatrechtlicher 
Abmachungen  weder  auf  andere  übertragen,  noch  mit  Rechten  belastet 
werden  (§  5). 

2.  Nutzungsrechte. 

Der  Gemeingebrauch  an  den  Gewässern  ist  jedermann  unentgeltlich  und  ohne  be- 
sondere Erlaubnis  nach  Massgabe  des  hierfür  zu  erlassenden  Verordnungen  gestattet  (§  12). 

Die  anderweitige  Benutzung  eines  Wasserlaufes  hat  derart  zu  erfolgen,  dass  in 
die  am  gleichen  Wasserlaufe  bestehenden  Nutzungsrechte  und  in  die  Eigentumsrechte 
anderer  nicht  eingegriffen  wird,  und  dass  es  sämtlichen  Nutzungsberechtigten  möglich 
ist,  für  ihre  Grundstücke  den  tunlichsten  Vorteil  aus  dem  Wasser  zu  ziehen.  Die  Ver- 
leihung von  besonderen  Nutzungsrechten  aller  Art  steht  allein  dem  Staate  zu.  An  den 
natürlichen,  nicht  öffentlichen  Wasserläufen,  welche  sich  im  Besitze  der  Gemeinden  be- 
finden, steht  den  Anliegern  unentgeltlich  aber  nach  Massgabe  polizeilicher  Verordnungen 
die  Entnahme  von  Eis,  Sand,  Kies,  Schlamm,  Steinen,  Pflanzen  und  sonstigen  festen 
Stoffen  zu.  Die  Gemeinden  können  an  den  nicht  öffentlichen  Wasserläufen,  soweit  ältere 
Rechte  Dritter  nicht  entgegenstehen,  die  besonderen  Nutzungsrechte  selber  ausüben  oder 
durch  Verträge  an  Dritte  verpachten.  Der  Pachtvertrag  kann  für  eine  Zeit  bis  zu 
60  Jahre*  unkündbar  geschlossen  werden.  Bei  Verpachtung  über  die  Dauer  von 
30  Jahren  ist  die  Zustimmung  der  Staatsbehörden  erforderlich. 

3.  Wasserbücher. 

Die  einschlägigen  Bestimmungen  des  Gesetzes  sind  ganz  ähnlich  wie  die  des 
württembergischen  Gesetzes,  welchem  das  badische  Wassergesetz  wohl  als  Vorbild  ge- 
dient hat. 

4,  Konzessionserteilung. 

Für  alle  Wasserkraftanlagen  ist  eine  staatliche  Genehmigung  notwendig.  Bei  den 
öffentlichen  Wasserläufen  kann  für  das  mit  der  Genehmigung  zu  erteilende  Nutzungs- 
recht vorbehalten  werden  (§  41): 

1.  „dass  als  Gegenleistung  ein  angemessenes,  einmaliges  oder  periodisches  Ent- 
gelt zu  entrichten  sei; 

2.  „dass  im  Falle  des  Erlöschens  der  Genehmigung  die  Benutzungsanlagen  unter 
„Wiederherstellung  des  früheren  Zustand  es  zu  beseitigen  sind  oder  unent- 
„geltlich  oder  gegen  eine  die  Anlagekosten  nicht  übersteigende  Vergütung  in 
„das  Eigentum  des  Staates  oder  der  Gemeinde  übernommen  werden  können; 

3.  „dass  zur  Verhütung  unbilliger  oder  ungleichmässiger  Behandlung  der  Be- 
teiligten behördliche  Bestimmungen  über  die  Preise  getroffen  werden  können, 


56  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

„welche  für  die  Darbietung  der  durch  die  Anlage  erzielten  Nutzwirkungen   an 
r  einen  grösseren  Kreis  von  Beteiligten  zu  stellen  sind,  insbesondere  hinsicht- 
lich des  unter  gleichen  Verhältnissen  zu  stellenden  Höchstbetrages. 
Die   Genehmigung   kann   mit   Beschränkung    auf  eine   bestimmte   Dauer   erteilt 

werden.    Bei  der  Genehmigung  wird  eine  Frist  gestellt,  innerhalb  derer,  von  der  Zustellung 

der  Genehmigung  an  gerechnet,  die  Anlagen  auszuführen  sind. 

5.  Erleichternde  Bestimmungen:  Zwangsverpflichtung,  Genossen- 

schafteü,  Enteignung. 

Die  Zwangsverpflichtungen,  welche  im  Interesse  der  leichteren  Durch- 
führung von  Wasserkraftanlagen  nach  dem  Gesetz  von  den  Verwaltungsbehörden  auf- 
erlegt werden  können,  sind  im  grossen  und  ganzen  ähnlich  denjenigen  des  bayerischen 
Entwurfes  und  württembergischen  Gesetzes  und  brauchen  deshalb  hier  nicht  besonders 
hervorgehoben  zu  werden. 

Ausser  zur  gemeinsamen  Anlage  von  Be-  und  Entwässerungen,  Wasserschutz, 
Wasserversorgung  und  Abführung  von  Abwässern  und  Abgängen  durch  fliessendes  Wasser. 
§  50,  Abs.  1,  2,  4  und  5  ist  auch  nach  Abs.  3  zur  Errichtung,  Benutzung  und  Unter- 
haltung von  gemeinsamen  Stauwerken,  Sammelbecken  und  zugehörigen  Zu-  und  Ableitungs- 
anlagen die  Bildung  von  Wassergenossenschaften  zulässig.  Es  ist  auch  gestattet,  mehrere 
Zwecke,  für  welche  die  Bildung  von  Wassergenossenschaften  erlaubt  ist,  in  einem  Unter- 
nehmen zu  vereinigen.  Einer  Genossenschaft  sollen  mindestens  drei  Mitglieder  ange- 
hören. Die  Wassergenossenschaft  erhält  dadurch  Bechtsfähigkeit  als  eine  juristische 
Person  des  öffentlichen  Rechtes,  dass  zu  ihrer  Bildung  von  der  zuständigen  Zentral- 
behörde die  Genehmigung  erteilt  wird. 

Kann  ein  dem  öffentlichen  Interesse  oder  einem  überwiegenden  Interesse  der 
Landeskultur  dienendes  Unternehmen  nur  unter  Mitwirkung  mehrerer  Eigentümer,  deren 
Grundstücke  davon  Vorteil  ziehen,  zweckmässig  ausgeführt  werden,  und  sprechen  sich 
mindestens  zwei  Drittel  der  beteiligten  Eigentümer  nach  dem  massgebenden  Stimmgewicht 
§  73)  für  die  Ausführung  unter  Bildung  einer  Genossenschaft  aus,  so  können  die  betei- 
ligten Eigentümer,  welche  die  Teilnahme  verweigern,  als  verpflichtet  erklärt  werden, 
einer  zur  Ausführung  der  gemeinsamen  Anlagen  zu  bildenden  Genossenschaft  mit  ihrem 
daran  beteiligten  Grundeigentum  als  Mitglieder  beizutreten.  Es  sind  aber  im  Gesetze 
zahlreiche  Kautelen  geschaffen,  dass  von  dem  Beitrittszwang  nur  ganz  ausnahmsweise 
und  unter  weitgehendem  Schutze  der  Privatinteressen   Gebrauch  gemacht  werden  kann. 

Das  Enteignungsrecht  auf  Grund  des  im  Eingange  erwähnten  Gesetzes  (vergl. 
S.  54)  vom  26.  Juni  1899  kann  bei  Wasserkraftanlagen  nur  dann  zur  Geltung  kommen, 
wenn  das  Unternehmen  als  von  öffentlichem  Nutzen  erklärt  ist. 

6.  Sonstige  allgemeine  Bestimmungen. 

Das  Gesetz  enthält  natürlich  auch  alle  Bestimmungen  zur  Wahrung  der  allge- 
meinen öffentlichen  Interessen.  Es  dürfte  genügen,  hier  auf  die  kurzen,  bei  Besprechung 
des  bayerischen  Gesetzentwurfs  gemachten  Mitteilungen  hinzuweisen  (vergl.  Seite  50). 


III.  Die  für  die  Erlangung  einer  Konzession  nnd  für  die  Genehmigung  der 

Bauten  notwendigen  Unterlagen. 

Die  einschlägigen  Vorschriften   sind   naturgemäss   in  den   verschiedenen  Landein 
verschieden,   und  der  projektierende  Ingenieur  muss  sich  daher  den  Wortlaut  derselben 


§  2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  für  Wasserkraftanlagen  usw.  57 

beschaffen,  bevor  er  sein  Gesuch  abgehen  lässt.  Im  grossen  und  ganzen  sind  diese  Vor- 
schriften in  den  verschiedenen  Staaten  zwar  einander  ähnlich,  weichen  aber  doch  in 
manchen  Einzelheiten  und  besonders  in  bezug  auf  die  vorgeschriebenen  Masstäbe  erheblich 
von  einander  ab,  so  dass  schon  deshalb  die  Kenntnis  des  genauen  Wortlauts  im  Einzelfalle 
unentbehrlich  wird.  Um  hier  über  die  üblichen  Anforderungen  im  grossen  und  ganzen 
zu  orientieren,  mögen  nachstehend  eine  deutsche  und  zwar  die  badische  und  eine 
ausländische  und  zwar  die  italienische  Verordnung  im  Einzelnen  mitgeteilt  werden. 

1-  Die  Verordnung  vom  8.  Dezember  1899  zum  Vollzuge  des  badischen 
Wassergesetzes  vom  26.  Juni  1899  schreibt  in  §  16  und  17  vor,  dass  mit 
dem  Gesuche  einzureichen  sind: 

a)  Eine  Beschreibung  der  zu  errichtenden  Anlagen  oder  der  an  einer  schon 
bestehenden  Anlage  beabsichtigten  Veränderungen  samt  den  rechnerischen  Begründungen 
und  Nachweisen  über  die  Einwirkung  des  Unternehmens  auf  den  Zustand  und  das 
Verhalten  des  Gewässers  (Stauwirkung,  Wasserverbrauch  und  dergleichen),  sowie  zutref- 
fendenfalls auf  den  Betrieb  bereits  vorhandener  Wasserbenutzungsanlagen. 

b)  Ein  Lageplan,  welcher  die  für  die  Errichtung  der  Anlage  in  Aussicht  genom- 
menen  Grundstücke  und  zutreffendenfalls  die  Anlage,  deren  Änderung  beabsichtigt  ist, 
den  Lauf  des  Gewässers  und  dessen  seitliche  Zuflüsse,  soweit  sie  durch  das  Unternehmen 
berührt  werden,  die  benachbarten  Grundstücke  und  Anlagen,  auf  welche  das  Unter- 
nehmen voraussichtlich  eine  Einwirkung  ausüben  kann,  unter  geeigneter  Angabe  der 
Eigenschaft  (Namen  und  Grundstücksnammer)  darstellt  und  in  welchen  die  beabsichtigte 
Anlage  unterscheidbar  (in  der  Kegel  mit  einfachen  roten  Linien)  einzuzeichnen  ist. 
(Mastab  1 :  1000). 

c)  Längenprofile  der  unter  b)  bezeichneten  Gewässer,  soweit  das  Unternehmen 
auf  deren  Zustand  und  Verhalten,  sowie  auf  bestehende  Anlagen  an  denselben  voraus- 
sichtlich eine  Einwirkung  ausüben  kann  oder  die  Kenntnis  der  Gefällsverhältnisse 
der  Gewässer  zur  Beurteilung  des  Unternehmens  sonst  erforderlich  ist,  ferner  Längen- 
profile der  Zu-  und  Ableitungskanäle.    (Längen  1 :  1000,  Höhen  1 :  100). 

d)  Querprofile  im  Anschluss  an  die  unter  c)  genannten  Längenprofile  mit  Ein- 
zeichnung  der  für  die  Beurteilung  des  Unternehmens   wichtigen  Wasserstände  (1 :  100). 

e)  Bauzeichnungen  über  die  im  Gewässer  zu  errichtenden  Stauanlagen  und  deren 
Zubehör,  sowie  über  sonstige  bauliche  Herstellungen,  welche  für  die  Einwirkung  des 
Unternehmens  auf  das  Gewässer  von  Bedeutung  sind  oder  welche  nach  §§91  und  92 
des  Gesetzes  der  Genehmigung  bedürfen,  zutreffendenfalls  Bauzeichnungen  über  die  an 
solchen  Bauten  beabsichtigten  Veränderungen ;  (1 :  100  oder  1 :  50). 

f)  bei  Wassertriebwerken,  Bauzeichnungen  über  das  Triebwerk  mit  allen  für  die 
Verwendung  des  Wassers  wichtigen  Zubehören,  wie  Leerläufen,  Ablässen  und  der- 
gleichen, zutreffendenfalles  über  die  an  solchen  Anlagen  beabsichtigten  Veränderungen; 
(1  :  100  oder  1 :  50). 

g)  Wenn  zugleich  Bauten  vorgenommen  werden  sollen,  welche  einer  polizeilichen 
Genehmigung  oder  Anzeige  bedürfen,  die  erforderlichen  Bau-  und  Lagepläne. 

Die  vorbenannten  Beilagen  des  Genehmigungsgesuches  müssen  in  dreifacher  Aus- 
fertigung eingereicht  und  derart  beschaffen  sein,  dass  aus  ihnen  das  beabsichtigte  Unter- 
nehmen in  allen  wesentlichen  Bestandteilen  und  Einzelheiten,  die  Art  der  Ausführung 
und  des  Betriebes,  sowie  die  voraussichtliche  Einwirkung  desselben  auf  die  in  Frage 
kommenden  Gewässer,  auf  die  Ufergrundstücke  und  auf  bereits  bestehende  Anlagen 
klar  zu  erkennen  ist. 


58  I.    Theodor  Kosh*.     Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Die  in  Klammern  beigefügten  Angaben  über  die  Masstäbe  sollen  nach  §  17  der 
Verordnung  „in  der  Regel"  gewählt  werden.  Es  ist  wohl  anzunehmen,  dass  bei  grossen 
Anlagen  für  die  Lagepläne  und  Längenprofile  auch  kleinere  Masstäbe  wie  1 :  100O  und 
für  die  Querprofile  kleinere  wie  1 :  100  als  zulässig  erachtet  werden. 

2.  Das  Regolamento  vom  26.  November  1893  zum  italienischen 
Gesetz  vom  10.  August  1884 

unterscheidet  zwischen  dem  generellen  Projekt,  welches  für  die  Erlangung  der  Konzession 
einzureichen  ist  und  dem  speziellen  Projekt,  auf  Grund  dessen  die  Baugenehmigung 
erteilt  wird. 

Zur  Erlangung  der  Konzession  sind  erforderlich: 

1.  Ein  Erläuterungsbericht  nebst  Angaben  und  Berechnungen  über  den  beab- 
sichtigen Stau,  die  Mengen  des  abzuleitenden  Wassers,  über  die  Leitung  des- 
selben, über  die  Eigentumsverhältnisse  der  Grundstücke,  welche  benutzt 
werden  sollen  etc. 

2.  Ein  Lageplan  im  Masstabe  von  mindestens  1 :  10000. 

3.  Ein  Längsprofil  des  Flusses  und  des  Kanales  in  einem  Längenmasstab  von 
mindestens  1 :  10000  und  einem  Höhenmasstab  von  mindestens  1  :  500. 

4.  Querprofile  des  Flusses  und  des  Werkkanales  1 :  200. 

5*  Zeichnungen  aller  Bauwerke  mit  den  Hauptmaassen,  im  Masstabe  von  1 :200 

bis  1:500. 
6.  Ein  überschlägiger  Kostenanschlag. 

Für  das  spezielle  Projekt,   welches  der  Baugenehmigung  zugrunde  gelegt  werden 
soll,  werden  verlangt: 

1.  Ein  ausführlicher  Erläuterungsbericht  mit  allen  statischen  und  hydraulischen 
Berechnungen. 

2.  Ein  Lageplan  im  Masstabe  von  1 :  1000  bis  1 :  2000,  sowie  Einzellagepläne 
für  spezielle  Bauwerke  im  grösseren  Masstabe  (1:500)  nach  den  Vorschriften 
der  Präfektur. 

3.  Längenprofile  im  Masstabe  für  die  Längen  von  1 :  1000  bis  1 :  2000.  für  die 
Höhen  von  1  :  100  bis  1:?00. 

4.  Querprofile  in  ausreichender  Zahl,  um  die  Bodenbewegung  und  den  Umfang 
der  übrigen  Bauarbeiten  danach  ermitteln  zu  können  (1 :  200). 

5.  Zeichnungen  aller  Bauwerke  im  Masstabe  von  mindestens  1 :  200. 

6.  Massenberechnungen. 

7.  Kostenanschlag. 

8.  Beschreibung  der  Bauausführung  mit  Angabe  der  Bauzeit,  sowie  der  Art  und 
der  Bedingungen  der  Arbeitsvergebung. 


B.  Die  Gesetzgebung  betreffend  die  Führung  von  Starkstromleitungen. 

Da  die  Ausnützung  der  Wasserkräfte  in  den  weitaus  häufigsten  Fällen  durch 
Umwandlung  in  elektrische  Energie  erfolgt,  welche  auf  mehr  oder  weniger  weite 
Strecken  zu  leiten  ist  und  hierbei  die  Benutzung  von  Privatterrain  und  von  öffentlichen 
Wegen,  und  zwar  oft  verschiedener  Gemeinden,  unumgänglich  notwendig  ist,  sind  in 
einigen  Ländern  gesetzliche  Bestimmungen  bereits  getroffen  worden,  in  andern  Ländern 
in  Vorbereitung,   welche  die  Verlegung  von  elektrischen  Starkstromleitungen  erleichtern 


§  2.  Die  Lage  der  Gesetzgebuno  für  Wasserkraftanlagen  usw.  59 

sollen.  Es  kann  hier  nur  auf  eine  allgemeine  Orientierung  ankommen  und  für  diesen 
Zweck  wird  es  genügen,  wenn  über  den  Stand  der  einschlägigen  Gesetzgebung  nur 
einiger  Staaten  kurz  berichtet  wird. 

Italien. 

Für  Italien  ist  bereits  im  Jahre  1894  ein  einschlägiges  Gesetz  erlassen  worden 
(Legge  sulla  trasmissione  a  distanza  delle  correnti  elettriche  destinate  al  trasporto  ed 
alla  distribuzione  delle  energie  per  uso  industriale  7  giugno  1894). 

Zu  diesem  Gesetz  gehört  eine  durch  königliches  Dekret  genehmigte  ministerielle 
Ausführungsverordnung  (Regolamento  per  1'  esecuzione  della  legge  7  giugno  1894  n.  232, 
sulla  trasmissione  a  distanza  delP  energia  per  mezzo  di  correnti  elettriche  del  25  ottobre 
1895,  publicato  nella  gazetta  ufficiale  del  12  novembre  1895). 

Das  Gesetz  bestimmt,  dass  jedem  Privatgrundeigentümer  sowohl,  als  auch  Ge- 
meinden, abgesehen  von  bebauten  Grundstücken,  Höfen,  Gärten  etc.,  die  Zwangsver- 
pflichtung auferlegt  werden  kann,  die  Führung,  Unterhaltung  und  Bedienung  von  ober- 
und  unterirdischen  Stromleitungen  auf  ihren  Grundstücken  zu  dulden,  wenn  der  Unter- 
nehmer^ nachweisen  kann,  dass  das  betreffende  Grundstück  oder  der  Weg  oder  die 
Strasse  notwendig  sind,  um  das  Unternehmen  in  zweckmässiger  Weise  auszuführen,  und 
wenn  das  Unternehmen  selbst  für  die  Allgemeinheit  eine  solche  Bedeutung  hat,  dass 
nach  dem  Urteil  der  zuständigen  Verwaltungsbehörden  die  Auferlegung  einer  solchen 
Zwangsverpflichtung  gerechtfertigt  erscheint. 

Es  kann  auch  den  Eigentümern  von  Gebäuden  und  Mauern  etc.,  welche  an 
öffentlichen  Strassen  liegen,  die  Zwangsverpflichtung  auferlegt  werden,  an  den  nach  den 
öffentlichen  Strassen  zu  gelegenen  Teilen  der  Gebäude  oder  Mauern  etc.  die  Anbringung 
von  Leitungsträgern  zu  dulden.  Der  Unternehmer  ist  verpflichtet,  dem  betreffenden 
Grundeigentümer  eine  angemessene  Entschädigung  zu  gewähren,  welche  von  den  Ver- 
waltungsbehörden festgesetzt  wird,  vorbehaltlich  des  beiden  Teilen  offenen  Rechtsweges. 
Nach  Art.  2  des  Gesetzes  ist  der  Unternehmer  gehalten,  alle  erforderlichen 
Massregeln  zu  treffen,  um  Gefahren  für  Leib  und  Leben  von  Personen  zu  vermeiden, 
und  er  hat  sich  allen  Vorschriften  zu  unterwerfen,  welche  diesbezüglich  von  den  Behörden 
erlassen  werden. 

Nach  Art.  1  des  Regolamento  kann  den  Eigentümern  von  Grundstücken,  welche 
für  die  Führung  einer  elektrischen  Starkstromleitung  in  Frage  kommen,  auf  Antrag  des 
Unternehmers  durch  den  Präfekten  die  Zwangsverpflichtung  auferlegt  werden,  vorüber- 
gehend das  Betreten  ihrer  Grundstücke  durch  den  Unternehmer  oder  seine  Angestellten 
gegen  Schadenersatz  zu  dulden. 

Nach  Art.  6  des  Regolamento  ist  für  die  Auferlegung  der  nach  dem  Gesetze  zu- 
lassigen Zwangsverpflichtungen  der  Präfekt  zuständig,  wenn  sich  die  betreffenden 
Leitungen  des  Unternehmens  nur  auf  den  einen  Bezirk  (Provincia)  beziehen  und  wenn 
keine  öffentlichen  Anlagen  des  Staates  davon  berührt  werden,  in  allen  anderen  Fällen 
das  Ministerium  für  Landwirtschaft,  Handel  und  Industrie. 

Nach  Art.  14  des  Regolamento  darf  der  Zwangs  verpflichtete  keine  Massregel 
ergreifen,  welche  den  Bau,  den  Betrieb  und  die  Unterhaltung  der  Leitungsanlagen  zum 
Schaden  des  Unternehmers  zu  erschweren  geeignet  sind.  Nur  in  besonderen  Fällen 
kann  der  Zwangsverpflichtete  verlangen,  dass  die  Leitungen  von  der  in  der  Konzession 
genehmigten  Stelle  verlegt  werden,  wie  andererseits  auch  der  Unternehmer  nur  die 
genehmigten  Stellen  zur  Ausübung  seiner  Rechte  benutzen  darf.     Bei  Auferlegung  der 


60  L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Zwangsverpflichtung  wird  festgelegt,  welche  grösste  Anzahl  und  welchem  grössten 
Querschnitt  von  Leitungen  der  Zwangsverpflichtete  auf  seinem  Grundstück  zu  dulden 
hat.  Der  Unternehmer  hat  ohne  besondere  Erlaubnis  das  Recht,  seine  Leitungsanlagen 
bis  zu  dieser  Grenze  nach  und  nach  zu  verstärken. 

Im  Art.  12  des  Regoiamento  ist  hervorgehoben,  dass  es  möglichst  vermieden 
werden  soll,  elektrische  Hochspannungsleitungen  längs  der  Eisenbahn  und  längs  von 
solchen  öffentlichen  Strassen,  Flüssen  und  Kanälen  zu  verlegen,  an  welchen  sich  dem 
öffentlichen  Dienst  gewidmete  Telegraphen-  oder  Telephonlinien  befinden. 

Ferner  enthält  das  Regoiamento  eine  ganze  Reihe  von  Bestimmungen  mehr 
technischer  Natur  über  die  Mindesthöhe  der  oberirdischen  Leitungen  über  dem  Erdboden 
(bei  öffentlichen  Strassen  6,0  m),  über  die  Kreuzungen  von  Eisenbahnen  (möglichst  recht- 
winklig und  mit  der  untersten  Hochspannungsleitung  mindestens  7,0  m  über  den  Schienen), 
über  die  Kreuzungen  von  Flüssen,  Kanälen,  öffentlichen  Strassen,  über  die  Schutznetze 
und  andere  Massregeln,  welche  verhindern  sollen,  dass  Personen  mit  stromführenden 
Teilen  der  Anlage  in  Berührung  kommen,  über  die  Rechte  und  Pflichten  des  Unter- 
nehmers und  der  zwangsverpflichteten  Grundeigentümer,  über  die  Dienststellen,  welche 
die  Überwachung  zu  leiten  haben  und  anderes  mehr. 

Erläutert  sind  das  Gesetz  und  das  Regoiamento: 

a)  Durch  das  Circolare  del  Ministero  delle  Finanze,  luglio  1897,  n.  80.  —  Con- 
cessioni  di  servitu  per  passaggio  di  condutture  elettriche  per  uso  industriale  sopra 
stabili  del  Demanio  antico,  dell'  Asse  ecclesiastico  e  del  patrimonio  amministrato  per 
conto  della  pubblica  istruzione. 

b)  Durch  das  Circolare  del  Ministero  delle  Finanze  1  settembre  1897  n.  66527 
—  6327.  —  Concessioni  di  forze  motrici  dai  corsi  d'acque  pubbliche  da  trasportarsi  a 
grandi  distanze  per  mezzo  dell'  energia  elettrica. 

c)  Durch  das  Circolare  del  Ministero  delle  finanze,  31  ottobre  1900.  n.  63426  — 
11246.  —  Atti  di  abbonamento  all'  uso  dei  telefoni  e  convenzioni  per  somministrazione 
di  gas,  di  luce  o  di  energia  elettrica. 

Frankreich. 

In  Frankreich  hatte  man  sich  schon  seit  längerer  Zeit  mit  dem  Erlass  eines  ähn- 
lichen Gesetzes  befasst.  Schon  im  Jahre  1894  hatte  eine  staatliche  Kommission  Vor- 
schläge ausgearbeitet,  welche  sich  schliesslich  zu  einem  im  Juli  1897  der  Kammer 
vorgelegten  Gesetzentwurf  verdichteten.  Dieser  Entwurf,  ebenso  wie  verschiedene  spätere 
wurden  durch  Schluss  der  Kainmersessionen  hinfällig. 

Auf  Grund  eines  Entwurfes  des  Abgeordneten  M.  L.  Janet  hat  endlich  die 
Kammer  am  27.  Februar  1906  ein  Gesetz  (Loi  sur  la  distribution  d' Energie)  angenommen, 
welches  im  Mai  1906  die  Genehmigung  des  Senates  fand  und  unter  dem  15.  Juni  1906 
ve  röifen  tl  icl 1 1  w u rde 1 6) . 

Dieses  Gesetz  hi^tMiuiit,  dass  ein  Unternehmen  zur  Verteilung  elektrischer  Energie 
überhaupt  keine  Erlaubnis  ncitig  hat,  wenn  es  an  keinem  Punkte  öffentliche  Wege  be- 
rührt, ausgenommen  den  Fall,  wo  eine  Starkstromleitung  sich  auf  mehr  als  10,0  m  einer 
öffentlichen  Telegraphen-  oder  Telephonlinie  niiliert.  ßerührt  ein  solches  Unternehmen 
öffentliche  Wege,  so  sind  die  zuständigen  Behörden  befugt,   entweder  eine  einfache  Er- 


i£)  Das  Gesetz  ist  im  Anhange  Anlage  II  Seite  84  u.  folg.  wörtlich  mit  abgedruckt,  ebenso  wie 
der  zugehörige  Bericht  der  Senatskommission,  verfasst  vom  Senateur  N.  Chautemps. 


§   2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  fük  Wasserkraftanlagen  usw.  61 

l&ntmis  zur  Benutzung  der  Wege  oder  eine  Konzession   zu   erteilen.     Die   einfache   Er- 
laubnis wird  nicht  an  eine  bestimmte  Zeit  gebunden,  unterliegt  den  allgemeinen  Bestim- 
mungen und  ist  deshalb  auch  widerruflich.    Sie  verleiht  auch  dem  Unternehmer  keinerlei 
besondere  Hechte.    Bei  Verleihung  einer  Konzession  dürfen  Monopole  für  die  Verteilung 
von  elektrischer  Energie  für  Kraft  zwecke  überhaupt  nicht  eingeräumt  werden,  dagegen 
kann  eine  Gemeinde  oder  ein  Syndikat  von  Gemeinden  bei  Vergebung    der   Konzession 
einem  Unternehmer  ein  ausschliessliches  Recht  auf  Stromlieferung  für  öffentliche  und 
private  Beleuchtung  einräumen.    Solche  Vorzugsrechte  sind  bei  Konzessionen,  welche 
der   Staat  später  erteilen  sollte,  zu  berücksichtigen.    Sie    dürfen   aber  auf  keinen   Fall 
für    länger  als  30  Jahre  erteilt  werden.    Für  die   Erteilung   einer   einfachen  Erlaubnis 
dürfen  keinerlei  besondere  Bedingungen  gestellt   werden,   welche   einen  Vorteil  für  die 
Gemeinden  oder  den  Staat  bedeuten.    Bei  Erteilung  von  Konzessionen  können  sich  die 
Gemeinden  Vorzugspreise  für   die  Stromlieferung   für   öffentliche   Zwecke   ausbedingen. 
Im    übrigen  dürfen  nur  bestimmte  vom  Conseil  d'Etat  in  einer  Aus- 
führungsverordnung   festgesetzte   Gebühren    für   die    Benutzung   der 
Wege  und  Strassen  erhoben  werden,   während  alle  anderen  etwaigen 
Lasten   in   Geldeswert  (charges  pecuniaires)   zugunsten  der   die   Kon- 
zession   erteilenden    Körperschaften    ausgeschlossen    sind.     Nach   den 
Motiven  des  Gesetzes    soll  die  Gebühr   für    die  Benutzung  der  Wege  nur  eine   Ent- 
schädigung für  Mehrkosten  darstellen,  welche  den  Gemeinden  durch  das  Vorhandensein 
der  Starkstromleitungen  entstehen  können.     Dadurch,  dass  vom  Conseil  d'Etat  ein  Ein- 
heitstarif für  diese  Gebühren  aufgestellt   wird,   soll   verhindert  werden,   dass  die  Ent- 
wickelung  solcher  Unternehmungen  durch  die  Fiskalität  einzelner  Gemeinden  gefährdet 
oder  behindert  wird. 

• 

Liegt  ein  Unternehmen  ausschliesslich  in  einer  Gemeinde,  so  ist  der  Maire  sowohl 
für  die  Erteilung  der  Erlaubnis,  als  auch  für  die  Vergebung  einer  Konzession  nach  An- 
hörung des  Gemeinderates  zuständig. 

Mehrere  Gemeinden  können  sich  zu  einem  Syndikat  vereinigen  und  in  diesem 
Falle  ist  der  präsidierende  Bürgermeister  des  Syndikates  zuständig  nach  Beschlussfassung 
sämtlicher  Gemeinderäte. 

Alle  auf  solchem  Wege  von  Gemeinden  erteilten  Konzessionen  bedürfen  der  Ge- 
nehmigung des  Präfekten. 

Überschreitet  ein  Unternehmen  die  Grenzen  einer  Gemeinde  oder  eines  Syndikats 
von  Gemeinden,  so  wird  die  Konzession  von  den  Organen  des  Staates  erteilt  und  zwar, 
wenn  das  Unternehmen  die  Grenze  eines  Departements  nicht  überschreitet,  vom  Prä- 
fekten, anderenfalles  vom  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten  nach  Anhörung  des  Ministers 
des  Innern. 

Alle  Konzessionen,  gleichgültig  von  welcher  Behörde  sie  erteilt  werden,  müssen 
nach  einem  Muster-Lastenheft  gegeben  werden,  welches  der  Conseil  d'Etat  aufzu- 
stellen hat.  Soll  von  dem  Muster-Lastenheft  abgewichen  werden,  so  kann  dies  nur  mit 
Genehmigung  des  Conseil  d'Etat  geschehen.  Das  Muster-Lastenheft  enthält  einen  Tarif 
für  die  Energieabgaben,  dessen  Preise  vom  Unternehmer  nicht  überschritten  werden 
dürfen. 

Keine  Erlaubnis  oder  Konzession  kann  ein  Hindernis  für  andere  Erlaubnisse  oder 
Konzessionen  bilden.  Ausgenommen  hiervon  ist  nur  der  oben  bereits  erwähnte  Fall, 
dass  eine  Gemeinde  oder  ein  Syndikat  von  Gemeinden  ein  ausschliessliches  Recht  auf 
Stromlieferung  für  öffentliche  und  private  Beleuchtung  erteilt  hat.    Im  letztgedachten 


62  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Falle  darf  anderen  Unternehmern  die  Benutzung  derselben  öffentlichen  Strassen  für  die 
Verteilung  von  Energie  für  Beleuchtungszwecke  während  der  Dauer  des  Monopols 
nicht  gestattet  werden.  Ausgenommen  hiervon  sind  wiederum  alle  Fälle,  in  welchen  ein 
Konsument,  der  im  wesentlichen  Strom  für  Eraftzwecke  abnimmt,  auch  seine  Arbeits- 
stätten mit  demselben  Strom  beleuchtet. 

Jedem  Unternehmer  steht  es  frei,  ob  er  nur  eine  einfache  Erlaubnis  für  die 
Verlegung  von  Leitungen  auf  öffentlichen  Wegen  und  Strassen,  oder  eine  Konzession 
beantragen  will. 

Wenn  ein  Unternehmen  von  grösserer  wirtschaftlicher  Bedeutung  ist,  so  kann  ihm 
auf  Antrag  die  Eigenschaft  des  öffentlichen  Nutzens  zuerkannt  werden.  Die 
Zuerkennung  erfolgt  durch  einen  Beschluss  des  Conseil  d'Etat.  Gleichzeitig  können  den 
Grundeigentümern,  deren  Besitztum  für  die  Führung  der  Starkstromleitungen  benutzt 
werden  muss,  Zwangsverpflichtungen  auferlegt  werden,  diese  Starkstromleitungen  während 
der  Zeitdauer  der  Konzession  zu  dulden,  und  zwar  kann  sich  diese  Zwangsverpflichtung 
nicht  nur  auf  Grund  und  Boden  beziehen,  sondern  es  kann  einem  Eigentümer  von  Ge- 
bäuden auch  auferlegt  werden,  dass  er  an  den  nach  einer  öffentlichen  Strasse  zu  liegen- 
den Bauteilen  die  Anbringung  von  Leitungsträgern  gestattet,  ferner  dass  er  Bäume,  deren 
Zweige  der  Starkstromleitung  hinderlich  oder  gefährlich  werden  können,  ausschneidet. 
Durch  diese  Zwangsverpflichtungen  findet  eine  Eigentumsentziehung  nicht  statt,  vielmehr 
bleibt  der  Eigentümer  befugt,  wenn  er  zum  Beispiel  den  benutzten  Boden  bebauen  will, 
oder  wenn  er  seine  Gebäude  verändern  will,  die  Beseitigung  der  Starkstromleitungen  zu 
verlangen.  Die  Auflegung  einer  Zwangsverpflichtung  für  eine  andere  Linienführung  bleibt 
dann  vorbehalten.  Die  für  die  Auferlegung  der  Zwangsverpflichtung  vom  Unternehmer  zu 
zahlenden  Schadenersatzbeträge  werden  von  Friedensrichter  (Juge  de  paiz)  vorbehaltlich 
des  beiden  Teilen  offenen  Rechtsweges  festgesetzt.  Erachtet  der  Friedensrichter  ein  sach- 
verständiges Gutachten  für  notwendig,  so  darf  nur  ein  Gutachter  ernannt  werden. 

Für  ein  Unternehmen,  welchem  die  Eigenschaft  des  öffentlichen  Nutzens  zuer- 
kannt ist,  kann  auch  das  Enteignungsrecht  auf  Grund  des  Gesetzes  vom  3.  Mai  1841 
erteilt  werden. 

Eine  vom  Conseil  d'Etat  auf  Grund  eines  Berichtes  der  Minister  für  öffentliche 
Arbeiten  und  des  Innern  zu  erlassende  Ausführungsverordnung  regelt: 

Das  Verfahren  beim  Nachsuchen  und  Erteilen  von  Konzessionen,  wobei  aut  schnelle 
Erledigung  von  Anträgen  die  weitgehendste  Rücksicht  zu  nehmen  ist. 

Die  allgemeinen  und  speziellen  Vorschriften  für  den  Bau  und  Betrieb  von  Anlagen. 

Die  Art  der  staatlichen  Überwachung  dieser  Anlagen.  Die  hieraus  entstehenden 
Kosten  fallen  dem  Unternehmer  zur  Last. 

Die  Tarife  für  die  oben  mehrfach  genannten  Gebühren. 

Durch  Verordnung  der  Minister  für  öffentliche  Arbeiten,  für  Handel  und  Industrie, 
der  Posten  und  Telegraphen  sind  alle  technischen,  Bestimmungen  zu  treffen,  denen 
Starkstromleitungen  im  Interesse  der  Sicherheit  und  im  Interesse  aller  öffentlichen 
Dienste  entsprechen  müssen. 

Auf  Grund  des  Gesetzes  wird  ein  Comitö  d'electricite  aus  29  Mitgliedern  gebildet, 
bestehend  aus  15  Vertretern  der  verschiedenen  Ministerien  und  aus  14  Vertretern  der 
beteiligten  Industrien.  Dieses  Comite  dient  als  beratende  Körperschaft  zur  Vorberatung 
und  Prüfung  der  vorgenannten  Verordnungen,  welche  alljährlich  einer  Revision  zu  unter- 
ziehen sind.  Das  Gesetz  enthält  dann  noch  Strafbestimmungen  für  solche  Fälle,  in 
denen  von  selten  des  Unternehmers  gegen  die  Vorschriften  des  Gesetzes  oder  der  Aus- 


§  2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  für  Wabserkkutanlagen  usw.  63 

fühnmgsverordnungen  Verstössen  wird,  oder  wo  durch  Handlangen  Dritter  eine  böswillige 
Beschädigung  oder  Gefährdung  solcher  Anlagen  stattfindet. 

Das  Gesetz  ist  von  einem  Geiste  durchdrungen,  welcher  es  dem 
allgemeinen  Interesse  am  meisten  entsprechend  erachtet,  allen  Unter- 
nehmungen zur  Verteilung  elektrischer  Energie  die  möglichste  För- 
derung angedeihen  zu  lassen. 

Im  Juni  1906  ist  vom  Senator  Emile  Chautemps  der  in  dem  Kommissions- 
bericht (vergl.  Fussnote  16)  bereits  angekündigte  Gesetzentwurf  vorgelegt ,  welcher  die 
Verwendung  französischer  Wasserkräfte  im  Auslande  mittelst  elektrischer  Fernleitung 
von  der  Genehmigung  des  Conseil  d'Etat  abhängig  machen  und  eine  solche  Verwendung 
für  alle  Fälle  auf  20  Jahre  beschränken  soll.  Der  Gesetzentwurf  enthält  im  Wesent- 
lichen dieselben  Bestimmungen  wie  der  dem  analogen  Zweck  dienende  schweizerische 
Bundesbeschluss 17). 


Für  die  Schweiz  ist  ein  besonderes  Bundesgesetz  vom  24.  Juni  1902  erlassen, 
betreffend  die  elektrischen  Stark-  und  Schwachstromanlagen.     Es  bestimmen: 

Art.  1:  Die  Errichtung  und  der  Betrieb  aller  Stark-  und  Schwachstromanlagen, 
soweit  es  sich  nicht  um  innere  Installationen,  oder  um  isolierte  Leitungen  innerhalb  des 
Grundstückes  eines  Unternehmens  handelt,  unterliegen  der  Überwachung  des  Bundes, 
welcher  hierfür  besondere  Vorschriften  erlässt.  (Vorschriften  betreffend  die  Unterlagen, 
welche  für  die  Genehmigung  von  Starkstromanlagen  einzureichen  sind,  vom  13.  Novenr 
ber  1903). 

Art.  19:  Die  allgemeine  Aufsicht  führt  im  Auftrage  des  Bundes  eine  von  ihm  zu 
bildende  Kommission  aus  7  fachverständigen  Mitgliedern ,  worunter  Vertreter  der  elek- 
trischen Wissenschaft  und  Technik  sein  müssen. 

Art.  21,  Abs.  3:  Die  spezielle  Kontrolle  der  Starkstromanlagen,  ausschliesslich 
derjenigen  für  elektrische  Eisenbahnen,  ist  einem  Inspektorat  übertragen. 

Art.  27:  Der  Betriebsunternehmer  ist  für  den  Schaden  verantwortlich,  wenn 
Personen  durch  elektrische  Starkstromanlagen  getötet  oder  verletzt  werden,  ausgenommen 
die  Fälle: 

a)  dass  er  das  Vorliegen  von  höherer  Gewalt  nachweisen  kann,  welche  abzuwenden 
er  nicht  die  Möglichkeit  hatte; 

b)  dass  der  Unfall  durch  die  Nachlässigkeit  Dritter  verursacht  worden  ist. 

c)  dass  eine  schwere  Schuld  den  Getöteten  oder  Verletzten  selber  trifft,  siehe 
auch  Art.  35. 

Art.  34:  Der  Unternehmer  ist  für  die  Handlungen  seiner  Angestellten  verant- 
wortlich; ihm  bleibt  aber  das  Rückgriffsrecht  gegen  diese,  wenn  ein  Verschulden  der- 
selben vorliegt. 

Art.  36:  Der  von  dem  Unternehmer  zu  zahlende  Schadenersatz  wird  von  den 
ordentlichen  Gerichten  festgesetzt. 

Art.  37:  Schadenersatzansprüche  müssen  mindestens  2  Jahre  nach  dem  Unfall  bei 
Gericht  angemeldet  sein.^ 

Art  43  und  45:  Der  Bundesrat  kann  für  den  Bau  und  Betrieb  ober- 
und  unterirdischer  Starkstromleitungen,  sowie  für  Transformatoren- 
Btationen  das  Enteignungsrecht  verleihen. 

Art.  44:  Dem  Eigentümer  von  Bäumen,  welche  einer  elektrischen  oberirdischen 

17)  VergL  Seite  41  and  den  Anhang  Anlage  III»  Seite  92. 


64  L    Theodor*  Koehv.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

Starkstromleitung  hinderlich  oder  gefahrlich  werden  können,  kann  die  Zwangsverpflich- 
tung auferlegt  werden,  die  Bäume  auszuschneiden. 

Art.  55  bis  57  enthalten  Strafbestimmungen  gegen  diejenigen,  welche  konzessio- 
nierte Starkstromanlagen  verletzen  oder  beschädigen,  oder  welche  für  sich  oder  andere 
einen  unberechtigten  Vorteil  dadurch  herbeiführen,  dass  sie  Strom  für  sich  oder  andere 
ableiten,  schliesslich  Strafbestimmungen  wegen  Unterlassung  der  Vorschriften  des  In- 
spektorats. 

Deutschland. 

In  den  meisten  Bundesstaaten  existieren  spezielle  Gesetze,  welche  in  ähnlicher 
Weise,  wie  die  oben  angeführten  Gesetze,  die  Durchführung  elektrischer  Fernleitungen 
zu  erleichtern  bestimmt  sind,  noch  nicht. 

Das  Enteignungsgesetz  vom  26.  Juni  1899  des  Grossherzogtums  Baden  bestimmt 
allgemein,  dass  für  ein  dem  öffentlichen  Nutzen  dienendes  Unternehmen  das  Enteig- 
nungsgesetz verliehen  werden  kann.'  Auf  Grund  dieses  Gesetzes  kann  auch  ein  Unter- 
nehmer, welcher  eine  elektrische  Kraftverteilung  vornehmen  will,  dessen  Art,  Umfang 
und  Bedeutung  so  gross  ist,  dass  ihm  die  öffentliche  Nützlichkeit  zuerkannt  ist,  das 
Enteignungsrecht  erhalten. 

Im  Königreich  Sachsen  ist  ein  neues  Enteignungsgesetz  vom » 24.  Juni  1902  (Ge- 
setz- und  Verordnungsblatt  S.  153)  erlassen,  nach  welchem  im  Einzelfalle  das  Gesamt- 
ministerium entscheiden  kann,  ob  ein  Unternehmen  für  Übertragung  elektrischer  Energie 
dem  öffentlichen  Nutzen  gewidmet  ist,  und  ob  die  Enteignung  zu  seiner  Durch- 
führung notwendig  erscheint.  Beispielsweise  würde  eine  Überland-Zentrale,  die  einer 
grösseren  Anzahl  von  Ortschaften  dient,  insbesondere  auch  zur  Beleuchtung  von  Strassen, 
Plätzen  und  öffentlichen  Gebäuden,  sowie  Kraft  nicht  nur  für  einzelne  Grossbetriebe, 
sondern  auch  für  eine  beträchtliche  Anzahl  von  Kleinbetrieben  liefert,  als  ein  dem 
öffentlichen  Nutzen  gewidmetes  Unternehmen  anerkannt  werden  und  —  soweit  dies  zur 
Durchführung  desselben  notwendig  erscheint  —  mit  dem  Enteignungsrecht  ausgestattet 
werden  können. 

Die  Vereinigung  der  deutschen  Elektrizitäts- Werke  und  der  Verband  deutscher 
Elektrotechniker,  als  die  berufensten  und  bewährten  Vertreter  der  Interessenten,  und  als 
die  beste  Verkörperung  der  erforderlichen  Sachkenntnis  haben  eine  Kommission  gebildet, 
welche  „Leitsätze  für  die  einheitliche  Regelung  der  den  öffentlichen  Starkstromanlagen  ein- 
zuräumenden Rechte  inbezug  auf  die  Benutzung  von  Verkehrswegen  und  privatem  Eigentum u 
ausarbeiten  soll.  Diese  Kommission  hat  der  XIV.  Jahresversammlung  des  Verbandes 
deutscher  Elektrotechniker,  welche  in  Stuttgart  am  24.-27.  Mai  1906  gehalten  wurde, 
einen  Entwurf  für  solche  Leitsätze  vorgelegt.  (Vergl.  Elektrotechnische  Zeitschrift  1906, 
Heft  20,  S.  480).  Die  Jahresversammlung  hat  aber  die  Beschlussfassung  noch  auf  ein 
Jahr  zurückgestellt  und  die  Leitsätze  an  die  Kommission  zurückverwiesen.  Es  kann 
daher  davon  abgesehen  werden,  hier  Einzelheiten  aus  diesen  Leitsätzen  mitzuteilen. 


Literaturangabe  zu  Kapitel  I,  §  2. 

Hahn,  Die  preussische  Gesetzgebung  Qber  die  Vorflat,  die  Ent-  und  Bewässerung  und  das  Deich  wesen. 

2.  Aufl.,  Breslau  1886. 
F.  Frank,   Textabdruck   sämtlicher  preußischer  Gesetze  betreffend  Wasserrecht  und  Wasserpolizei, 

Breslau  1888. 
A.  Nieberding,  Systematische  Darstellung  sämtlicher  preussischer  Gesetze  betreffend  Wasserrecht  und 

Wasserpolizei,  2.  Aufl.  (von  F.  Frank),  Berlin  1889. 


§   2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  pur  Wasserkraftanlagen  ubw.     Anhang.         65 

Heimbach,  Wasserrecht  in  Weiskes  Rechtslexikon. 

K.   K.  Leu t hold,  Das  Wasserrecht  im  Königreich  Sachsen,  Leipzig  1892. 

J.  v.  Pöxl,  Die  bayrischen  Wassergesetze  vom  28.  Mai  1852,  2.  Aufl.,  Erlangen  1880. 

Neubauer,  Zusammenstellung  des  in  Deutschland  geltenden  Wasserrechtes,  einschliesslich  des  Mühlen-, 
Flösserei-  und  Flötzrechtes,  Berlin  1881. 

S.   Haber,  Die  Wassergesetze  Klsass -  Lothringens r  zusammengestellt  und  erläutert.     Mannheim  und 
Strasburg  1877. 

P.  Peyrer,   Ritter  von  Heimstatt,  Das  österreichische  Wasserrecht,  2.  Aufl.  (von  Peyrer  &  Gross- 
mann, Wien  1886. 

H.  Bier  er,  Das  württembergische  Wassergesetz  vom   1.  Dezember  1900  mit  den  Ausfuhrungsbestim- 
mungen, Ulm  1902. 

A.   Wiener,  Das  badische  Wassergesetz  vom  26.  Juni  1899,  Karlsruhe  1900. 

I>er  Eibstrom,  sein  Stromgebiet  und  seine  wichtigsten  Nebenflüsse;  eine  hydrologische,  wasserwirtschaft- 
liche und  wasserrechtliche  Darstellung  im  Auftrage  der  deutschen  Eibufer -Staaten  und  unter  Be- 
teiligung des  preuesischen  Wasserausschusses,  herausgegeben  von  der  Königlichen  Eibstrom-Bauver- 
waltung zu  Magdeburg,  Berlin  1898. 
Congres  de  la  houille  blanche,   compte  rendu  des  travauz  du  congres,  des  visites  Industriales  et  des 

excursions.    Deuz  volumes.  Grenoble  1902. 
Jahrbach  für  die  Gewässerkunde  Nord-Deutschlands,  herausgegeben  von  der  preussischen  Landesanstalt 

für  Gewässerkunde,  Abfluasjahr  1901,  Allgemeiner  Teil,  Berlin  1904. 
Edouard  Payen,  La  houille  blanche,  sa  legislation.  L'e"conomiste  francais,  5  Septembre  1908. 


Anhang  zu  Kapitel  I.  §  2,  Seite  65 — 100  enthaltend: 


In  Anlage  I  aus  der  italienischen  Gesetzgebung. 

a)  Artikel  5  des  Gesetzes  vom  20.  August  1884,  betreffend  Ausnützung  der  Wasser- 
kräfte; welcher  von  der  Verlängerung  der  je  auf  30  Jahre  zu  erteilenden  Konzessionen  handelt. 

b)  Artikel  35  der  zu  a)  gehörigen  Verordnung  vom  9.  November  1885,  welcher  genaue 
Anweisungen  über  die  Handhabung  von  Artikel  5  des  Oesetzes  gibt. 

c)  Artikel  37  der  Verordnung  vom  26.  November  1893,  welcher  an  Stelle  der  Ver- 
ordnung ad  b)  getreten  ist. 

i)  Artikel  25,  26,  27  des  Gesetzes  vom  29.  März  1908,  betreffend  die  Übernahme 
von  öffentlichen  Betrieben,  wie  Wasserwerke,  Beleuchtungswerke,  Mühlen,  Strassen  bahnen, 
Telephone,  Apotheken,  öffentliche  Reinigung,  Begräbnis  wesen,  Schlachthäuser,  Badeanstalten, 
Markthallen,  Eisfabriken,  Nachtasyle,  Verkehrsanstalten  durch  Omnibusse  und  Automobile, 
Wasserkraftanlagen,  öffentliche  Anschlagswesen,  Trockenböden  und  Speicher  für  Mais,  Ver- 
kauf von  Lebensmitteln. 

e)  die  Verfügung  des  Ministers  für  öffentliche  Arbeiten  vom  17.  Januar  1898,  betreffend 
die  Beschränkung  der  Konzessionserteilung  auf  solche  Wasserkräfte,  welche  tür  den  elektrischen 
Betrieb  der  Hauptbahn  Italiens  nicht  in  Frage  kommen  können. 

In  Anlage  II  aus  der  französischen  Gesetzgebung. 

a)  den  Gesetzentwurf  betreffend  Wasserkraftanlagen  an  Privatflüssen  mit  vorange- 
schickten ausfuhrlichen  Motiven  des  Ministers  für  Landwirtschaft  M.  R.  Ruau. 

b)  das  Gesetz  über  die  Verteilung  elektrischer  Energie  vom  15.  Juni  1906. 

c)  Bericht  des  Senators  Chautemps  über  das  Gesetz  zu  b)  und  Vorschlag  eines 
Spezialgesetzes  betreffend  die  Verwendung  von  elektrischer  Energie  französischen  Ursprungs 
im  Auslande. 

Handbuch  der  Ing.  Witsensch.    III.  Teil.    13.  Bd.  5 


66  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

In  Anlage  m  aus  der  schweizerischen  Gesetzgebung. 

a)  Vorlage  des  Bundesrats  om  4.  Dezember  1905  betreffend  die  Verwendung  von 
elektrischer  Energie  schweizerischen  Ursprungs  im  Auslande  und  Entwurf  zu  dem  Beschluas 
des  Nationalrates  vom  30.  März  1906. 

In  Anlage  IV  aus  der  deutschen  Gesetzgebung. 

Das  auf  Grund  des  Gesetzes  vom  1.  April  1879  und  des  Gesetzes  vom  19.  Mai  1891 
durch  königliche  Verordnung  genehmigte  Statut  der  „Wupper-Tbalsperren-Genossenschaft". 


Anlage  I: 
a)  Legge  concernente  le  derivazioni  di  acque  pubbliche. 

10  agosto  1884. 

Art.  518). 

Le  conoessioni  temporarie  si  fanno  per  un  termine  non  maggiore  di  anni-  trenta;  ma 
spirato  quel  termine,  il  concessionario  ha  diritto  ad  ottenere  il  rinnovamento  della  ooncessione 
per  un  altro  trentennio,  e  cosi  successivamente,  salvo  quelle  modificazioni,  che  per  le  variate 
eondizioni  dei  luoghi  o  del  coreo  d'acqua  si  rendessero  necessarie  nel  capitolato  della  oonces- 
sione. U  rinnovamento  della  ooncessione  potra  essere  negato,  quando  nel  preoedente  tren- 
tennio, sia  per  non  uso,  sia  per  abuso,  il  concessionario  abbia,  a  giudizio  dell'  amministraziooe, 
reso  frustraneo  il  fine  per  cui  fu  data  la  conoessione  stessa. 


b)  Regio  Decreto  che  approva  il  regolamento  per  esecuzione  della  legge  10  agosto 
1884  n.  2644  (serie  3a)  sulla  derivazione  di  acque  pubbliche. 

Monza,  9  novembre  1885. 

Regolamento18) 
sulla  derivazione  di  acque  pubbliche. 

Art.  35.  Chi  desidera  ottenere  il  rinnovamento  di  una  ooncessione  deve,  sei  mesi 
almeno  avanti  la  sua  scadenza,  presentare  la  relativa  domanda  al  prefetto. 

Questa  deve  essere  corredata  di  una  copia  degli  atti  della  prima  ooncessione,  cioe  del 
decreto,  dell'atto  di  obbligazione  e  dei  documenti  ad  essi  allegati,  di  una  copia  degli  atti  che 
abbiano  autorizsato  variazioni,  e  di  una  relazione  sullo  stato  della  derivazione,  ovvero  delPo- 
pificio  stabilito  sull'acqua  pubblica,  di  fronte  alle  eondizioni  della  ooncessione  cessante,  e  sulle 
variazioni  che  si  volessero  introdurre. 

Questa  relazione  sara  aecompagnata  dai  tipi  e  documenti  che  sieno,  secondo  le  circoe- 
tanze,  necessarii  ai  sensi  degli  articoli  2  al  5  del  presente  regolamento. 

II  prefetto  sentira  l'ufficio  del  genio  civile,  il  quäle  riferirä,  se  per  non  uso  od  abuso 
della  ooncessione  sia  stato  in  tutto  od  in  parte  reso  frustraneo  il  fine  della  ooncessione  me- 
desima;  e  se  e  quali  modifieazioni  debbano  in  essa  introdursi  per  mutaraenti  avveuuti  nelle 
eondizioni  dei  luoghi  e  dell'acqua  pubblica, 

II  prefetto  provvedera  quindi  sulla  domanda  se  si  tratta  di  ooncessione  contemplata 
dalla  prima  parte  dell'articolo  3  della  legge  10  agosto  1884,  n.  2644  (serie  3*),  e  in  ogni 
altro  caso  trasmetterä  gli  atti,  con  motivato  parere,  al  ministero  dei  lavori  pubblici,  dal  quäle 
ultimo  saranno  passati  con  le  proprie  osservazioni  a  quello  delle  finanze,  cui  spetteri  di . 
prendere  gli  opportuni  prowedimenti.  Nel  caso  che  in  yirtü  dell'articolo  5  della  legge 
10  agosto  1884,  la  rinnoyazione  dovesse  essere  negata,  dovranno  essere  sentit!  pre- 
viamente  il  ministero  d'agriooltura,  industria  e  commercio,  il  cousiglio  superiore  dei 
lavori  pubblici  e  il  consiglio  di  Stato. 

Se  le  mutazioni  avvenute  nell'aoqua  pubblica  lo  oonsigliano,  il  prefetto,  o  rispettiva- 
mente  il  ministero  dei  lavori  pubblici,  potra  ordinäre  che  si  proceda  oome  per  le  domande  di 

i«)  Vergl.  Seite  34. 


§   2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  fük  Wasserkraftanlagen  usw.    Anhang.         67 

nouve  conceasioni,  aU'effetto  perö  soltanto  di  determinare  da  quali  condizioni  debba  essere 
acoompagnata  la  chiesta  rinnovazione. 

Dovra  essere  seguito  a  tutti  gli  efletti  il  prooedimento  stabilito  per  le  nouve  conceasioni, 
quando  sia  domandata  alcuna  fra  le  modificazioni  indicate  nell*  articolo  31  del  presente 
regola*nento. 

Potra  essere  prescritto  in  tutto  od  in  parte  il  detto  pröcedimendo  quando  sono  chieete 
modificazioni  di  qualsiasi  altra  specie  nelle  condizioni  della  oonoessione. 


e)  Regio  Decreto  ehe  approva  il  regolamento  sulle  derivazioni  di  aque  pubbliche  in 

esecuzione  della  legge  10  agosto  1884,  n.  2644  (serie  3*). 

Roma,  26  novembre  1893. 

Regolamento19). 

Art  37. 

Chi  desidera  ottenere  il  rinnovamento  di  una  concessione  deve,  almeno  sei  mesi  avanti 
la  sua  scadenza,  presentare  la  relativa  domanda  al  prefetto. 

II  prefetto  integrando,  ove  occorra,  la  domanda  con  gli  atti  della  prima  oonoessione, 
aentira  l'ufficio  del  genio  civile,  il  quäle  riferira  se  per  non  uso  od  abuso  della  oonoessione 
aia  stato,  in  tutto  od  in  parte,  reso  frustraneo  il  fine  della  concessione  medesima,  e  se  abbia 
recato  nocumento  ad  interessi  pubblici  privati,  e  infine  se  e  quali  modificazioni  debbano  in 
esea  introdursi  per  mutamenti  awenuti  nelle  condizioni  dei  luoghi  e  dell'acqua  pubblica. 

II  prefetto  provvederä  quindi  aulla  domanda,  se  si  tratta  di  concessione  contemplata 
dalla  prima  parte  dell'art  3  della  legge  10  agosto  1884,  n.  2644  (serie  3*)  e  in  ogni  altro 
easo  trasmetterä  gli  atti,  con  motivato  parere,  al  Ministero  di  agriooltura,  per  l'ulteriore  pro- 
cedimento  a'sensi  degli  articoli  16  e  seguenti  del  presente  regolamento. 

Se  le  mutazioni  avvenute  nell'acqua  pubblica  lo  consigliano,  il  prefetto  o  rispettiva- 
mente  il  Ministero  dei  lavori  pubblici  potra  disporre  che  si  proceda  come  per  le  domande  di 
nuove  conceasioni,  allo  effetto  perö  soltanto  di  determinare  da  quali  condizioni  debba  essere 
acoompagnata  la  chiesta  rinnovazione. 

Dovra  essere  seguito,  a  tutti  gli  effetti,  il  prooedimento  stabilito  per  le  nuove  con- 
ceasioni, quando  sia  domandata  alcuna  fra  le  modificazoni  indicate  nell'art.  33  del  presente 
regolamento. 

Potra  essere  prescritto  in  tutto  od  in  parte  il  detto  prooedimento  quando  siano  chieete 
modificazioni  di  qualsiasi  altra  specie  nelle  condizioni  della  oonoessione. 


d)  Legge  sull9  assunzione  diretta  dei  pubblici  serrizi  da  parte  dei  Comuni  *°), 

Roma,  29  marzo  1903. 

Art  25. 

II  Comuni  possono  valersi  delle  facoltä  consentite  dall'articolo  1°  pei  servizi  che  siano 
gia  affidati  all'induBtria  privata,  quando  dall'effettivo  cominciamento  dell'esercizio  sia  trascorso 
un  terzo  della  durata  oomplessiva  del  tempo  per  cui  la  concessione  fu  fatta.  Tuttavia  i 
Comuni  hanno  sempre  diritto  al  riscatto  quando  sieno  passati  20  anni  dall'effettivo  comin- 
ciamento dell'esercizio;  ma  in  ogni  caso  non  possono  esercitarlo  prima  che  ne  siano 
passati  dieoi. 

Qualora  i  Comuni  non  facciano  uso  delle  facoltä  di  riscatto  nelle  epoche  sopra  deter- 
minate,  non  possono  valersene  se  non  trascorso  un  quinquennio,  e  cosi  in  seguito  di  cinque 
in  cinque  anni. 

II  riscatto  deve  essere  sempre  preceduto  dal  preawiso  di  un  anno. 

Quando  i  Comuni  procedono  al  riscatto,  debbono  pa  gare  ai  conoessionari  un'equa  in« 
dennita  nella  quäle  si  tenga  conto  dei  seguenti  termini: 


1»)  Vergl.  8eite  84. 

*o)  Aus  der  Qazetta  Uffiziale  del  Regno  d'Italia.  Anno  1908.  Roma,  venerdi  3  aprile,  vergL  S.  86. 

5* 


68  L    Theodor  Koehh.    Ausbau  von  Wasserkräfte*.    Allgemeiher 

a)  velore  industriale  delllmpianto  e  del  relativo  materiale  mobile  ed  immobile,  tennto 
conto  del  lempo  traacorao  dall'eftettivo  eominciameoto  deU'eaercizio  e  dagli  eventuali  riprislini 
aweanti  nelTinipianto  o  Del  materiale  ed  iooltre  eonsiderate  le  clanaole  che  Del  contratto  di 
eoaceasione  siano  contenute  circa  U  proprieta  di  detto  materiale,  allo  spirare  della  conccaoiooe 
medesima; 

b)  aoticipaxioni  o  auasidi  dati  dai  Comuni  noncbe  importo  delle  taase  proporzionali  di 
regtatro  anticipate  dai  conceaaionari  e  premi  ereotualmente  pagati  ai  Comuni  concedenti,  setnpre 
tenuto  conto  degli  elementi  indicati  oella  lettera  precedente; 

c)  profitto  che  al  concessionario  viene  a  maocare  a  causa  del  riscatto  e  che  si  valota 
al  valore  attuale  che  avrebbero,  nel  giorno  del  riscatto  steaso  al  aagpio  dell'interesse  legale, 
taste  annualita  eguali  alla  media  dei  profitti  indnatriali  deirultimo  quinquennio,  quanti  aooo 
gli  anni  pei  quali  dovrebbe  aneora  durare  la  conoessione,  purche  od  .tale  oumero  di  anni  non 
superi  mai  quello  di  venti. 

L'importo  di  tali  annualita  ai  calcola  aulla  media  dei  redditi  netti  accertati  ai  fini 
deirimpoata  di  riccbezza  mobile  deUfulÜDio  quinquennio,  tolti  dal  medeaimo  l'anno  di  maggiore 
e  di  minore  profitto  e  depurato  deü'interesse  del  capitata,  rappresentato  da  cid  che  ai  corri- 
aponde  ai  concessionario  per  i  titoli  di  cui  alle  lettere  a)  e  b)  di  queato  articolo. 

Lvammontare  delTindeifoita  pu&  esaere  determinato  di  accordo  fra  le  parti,  con  l'ap- 
provazione  della  Giunta  provinciale  amministrativa  e  della  Commiasione  Reale. 

In  maacanza  deiraocordo  decide  in  primo  grado,  con  decisione  motivata,  un  collegio 
arbitrale  compoato  di  tre  arbitri,  di  cui  uno  e  nominato  dal  Consiglio  comunale,  uno  dal 
coDceaaionario  ed  uno  dal  presidente  de)  tribunale  nella  cui  giurisdizione  e  poeto  il  Comune. 

Avverso  la  deciaione  di  tale  collegio,  cosi  il  Comune  come  il  concessionario  poasono 
appellarai  ad  un  altro  collegio  di  tre  arbitri,  i  quali  aaranno  nominati  dal  primo  presidente 
della  Corte  d'appello  e  decideranno  come  amichevoli  compositori. 

I  Comuni  che  esercitano  la  facolta  del  riscatto,  debbono  sostituirai,  nei  contratti  attivi 
e  paasivi  del  concessionario,  in  corso  coi  terzi,  per  l'eaecuzione  dell'industria  o  del  scrvizk),  e 
col  personale  addetto  al  servizio  stesso,  purche  i  contratti  siano  stati  stipulati  ed  il  personale 
aia  atato  asaunto  prima  del  preavviso  di  cui  al  terzo  alinea  del  presente  articolo.  Tuttavia 
degli  oneri  derivantt  dai  detti  contratti  sara  tenuto  conto  nella  determinazione  dell'indennita 
di  riscatto. 

Le  disposizioni  di  questo  articolo,  salvo  cio  che  si  riferisce  ai  termini  del  riscatto,  non 
aooo  applicabili  quando  le  condizioni  del  riscatto  medesimo  o  della  revoca  della  conceesione 
sieno  stabilite  da  contratto,  purche  stipulato  sei  mesi  prima  della  promulgazione .  della 
presente  legge. 

Art  26. 

Quando  i  Comuni  vogliano  far  uso  della  facolta,  di  riscatto,  la  deliberazione  dei 
Consiglio  comunale  e  il  progetto  di  massima  di  cui  aH'art.  10  devono  indicare  esattamente, 
oltre  ai  mezzi  con  cui  ruolsi  provvedere  alla  gestione  del  servizio,  la  consistenza  dell'im- 
pianto  che  intendesi  rilevare  e  l'ammontare  presumibile  dell'indennita  da  corrispondersi  ai 
coneessionari. 

Qualora,  osservate  le  disposizioni  degli  articoli  11  e  12,  la  Commissione  Reale  abbia 
dato  parere  favorevole  sul  progetto  di  riscatto,  l'indenuita  dev'essere  determinata  o  d'accordo 
fra  le  parti  o  per  decisione  arbitrale  nei  modi  stabil iti  dall'articolo  precedente,  prima  che  il 
progetto  di  riscatto  venga  sottoposto  al  voto  degli  elettori  del  Comune,  agli  effetti  degli  articoli 
13  e  seguenti. 

Art  27. 

I  Comuni,  che  intendano  concedere  all'industria  privata  qualcuno  dei  servizi  indicati 
airarticolo  1,  debbono  sempre  nel  relativo  contratto  di  concessione  riserbarsi  la  facolta  del 
riscatto,  con  tali  condizioni  e  termini  che  non  sieno,.  pei  Comuni  medesimi,  piü  onerosi  di 
quelli  contenuti  nel  precedente  articolo. 


Die  Lage  der  Gesetzgebung  für  Wasserkraftanlagen  usw.     Anhang.         69 

e)  Ministero  dei  Lavori  Pubbliei*1). 
Direz.  generale  delle  opere  idrauliche* 

Divisione  5».  —  N.  4497. 

Oggetto. 

Derivazione*  di  acque  pubbliche. 

Applicazione  di    föne  idrauliche   alla   trazione 

elettrica  delle  ferrovie. 

Ai  signori  Prefetti. 

Alle  Direz.  Comp,  del  Genio  Civile. 

Alle  Intendenze  di  Finanz* 

Roma»  17  giugno  1898. 

Con  circulare  1°  settembre  1897,  Direzione  Generale  Demanio  e  Tasse,  N.  76327 — 6662, 
il  Ministero  delle  Finanze,  preoccupatö  della  necessitä  d'impedire  che  nelle  concessioni  per 
derivazione  di  acque  pubbliche  ad  uso  di  forza  motrice,  e  specialmente  in  quelle  lasciate  per 
legge  alla  competenza  dei  Signori  Prefetti  del  Regno,  si  rendono  possibili  accaparramenti  e 
monopoli  col  concentrare  nelle  mani  di  pochi  capitalisti  speculatori  l'ingente  tesoro  di  forze 
idrauliche  esistenti  in  ltalia,  richiamava  Patten  zione  dei  Signori  Prefetti  medesimi,  dei  Signori 
Intendenti  di  Finanza  e  dei  Signori  Ingegneri  Capi  del  Genio  Civile  sul  grave  argomento, 
invitandoli  ad  applicare  con  severita  le  disposizioni  della  legge  10  Agosto  1884  No.  2644  e 
del  Regolamento  26  Novembre  1893  No.  710,  in  modo  da  poter  conseguire  lo  scopo,  special- 
mente  desiderato,  di  ripartire  equamente  fra  il  maggior  numero  d'industriali  veri  e  propri  un 
cespite  tanto  produttivo  di  (tabblica  ricchezza. 

Con  tali  efficaci  norme  l'Amministrazione  del  Demanio  provvidamente  intese  atutelare 
gli  interessi  deU'indu9tria  nazionale,  in  momenti  nei  quali  cosi  largo  sviluppo  va  assumendo 
il  trasporto  e  impiego  delle  forze  idrauliche  esistenti  nei  nostri  corsi  d 'acque  pubbliche  a  grandi 
distanze  dai  punü  di  presa. 

Ma  un  altro  e  non  meno  grande  interesse  pubblico  ha  oggi  richiamato  lo  studio  del 
Governo,  e  in  particolare  quello  del  Ministero  dei  Lavori  Pubblici,  sempft  in  rapporto  alla 
utilizzazione  di  quelle  forze.  Perocche  di  rccente  sono  stati  disposti  in  diverse  localis  del 
Regno,  e  in  taluna  iniziati,  esperiraenti  comparativi  per  la  scelta  del  sistema  di  trazione 
elettrica  meglio  opportuno  all'esercizio  delle  ferrovie;  avvalendosi,  per  Poggetto,  della  forza 
motrice  ricavabile  dai  corsi  d'acqua  prossimi  o  a  conveniente  distanza  dalle  linee  ferroviarie, 
di  cui  si  ravvisi  utile  la  transformazione. 

Or  non  e  chi  non  veda  quali  e  quanti  sensibili  vantaggi  alla  economia  nazionale 
potrebbero  ottenerai  da  una  ben  intesa  applicazione  di  quel  sistema  che  fosse  riconosciuto  pre- 
feribile  per  tale  scopo;  particolarmente  pel  considerevole  risparraio  della  spesa,  cui  attualmente 
si  e  soggetti,  deH'acquisto  di  carbon  fossile.  Si  eviterebbe  infatti  l'esodo  airestero  di  ingenti 
somme,  che  meglio  potrebbero  dedicarsi  a  imprese  industriali  e  agricole  nei  confini  del  Regno, 
e  in  pari  tempo  non  andrebbe  negletto  un  importante  coefficiente  di  pubblica  ricchezza,  quäle 
£  Pimpiego  della  forza  motrice,  non  solo  localmedte  utilizzabile,  ma  eziandio,  pei  moderni 
trovati  della  scienza,  trasportabile  a  distanza. 

Interessa  quindi  al  Governo,  ed  e  mio  intendimento  ottenere  che,  pur  rispettando  le 
esigenze  dello  sviluppo  industriale  della  Nazione,  in  quanto  possa  quest'ultimo  avvantaggiarsi 
del  ricco  patrimonio  di  forza  motrice  ricavabile  dai  fiumi  e  torrenti,  non  debba  lo  Stato  un 
giorno  trovarsi  in  condizione  di  aver  ceduto  altrui  tutto  quel  patrimonio,  nulla  serbaiuione 
per  se,  e  vedendosi  obbligato  o  a  rinunciare  aH'applicazione  della  trazione  elettrica  sulle  fer- 
rovie, o  a  farvi  luogo  solo  contro  adeguati  corapensi  alle  Imprese  che,  piü  preveggenti,  avessero 
in  precedenza  ottenuto  ed  effettuato  un  fruttifero  impiego  delle  forze  idrauliche  che  allo  Stato 
medesimo  occorresse  utilizzare. 

La  Legge  in  vigore  del  1884  ed  il  Regolamento  relativo  (i  quali  certamente  non 
potettero  che  provvedere  a  bisogni  e  rispondere  ai  criteri  del  momento,  non  and  venire  fatti  e 
ciroostanze  allora  non  prevedibili),  non  agevolano  al  Governo  il  compito  di  conseguire  lo> 
scopo  öuesposto.  Con  nuove  disposizioni  legislative,  in  corso  avanzato  di  studio,  sarä  supplito 
al  difetto  oggi  lamentato;  ma  l'urgenza  della  cosa  non  consente  luoga  attesa. 


21)  Yergl.  Seite  35. 


70  L    Theodor  Kosh*.    Ausbau  von  WasserkbIftek.    Allgemeines. 

Nondimeno,  ae  malagevole,  come  diaai,   i  il  oonaeguimento  di  quello  scopo,   non  certo 
deve  riconoecerai  impoeaibile. 

II  Regolamento  gia  ricordato  del  26  novembre  1893,  No.  710,  attribuiace  facolta-  ai 
Prefetti  od  airAmministrazione  Centrale,  aecondo  la  riapettiva  competenza,  di  respingere 
senz'altro  le  domande  per  derivazione  d'acqua,  ove  ritengano  oatare  al  loro  aocoglimento  grravi 
motivi  di  intereaae  pubblico.  Gome  pure  consente  agli  uni  ed  all'altra,  di  indagare,  fra  piü 
domande  concorrenti,  ae  a  favore  di  una  di  eaae  müitano  prevalenti  motivi  d'interesse  pub- 
blico;  aocertati  i  quali,  debba  la  medeaima  venir  preferita  alle  altre,  anche  ae  anteriormente 
preaentata. 

Ora,  pel  oompleaao  ed  in  analogia  di  tali  diapoeizioni,  e  di  altre  che  torna  inutile  qui 
richiamare,  rieeoe  evidente  che  alla  Autorita  governativa  e  aenza  limiti  attribuito  di  far  luogo, 
o  pur  no,  alle  oonceaaioni  d'acqua,  a  aeconda  che  l'accordarle  poaaa,  o  meno,  riuacire  di  pre- 
giudizio  a  pubblici  intereaai.  Ed  in  tale  diaanima  il  Miniatero  dei  Lavori  Pubblici  ha  parte 
preponderante,  apettando  ad  eaao  (art  17  del  Regolamento)  nei  oaai  che  la  conoeaaione  aia  di 
competensa  dell'Amminiatrazione  Centrale,  di  dichiarare  ae,  tenuto  conto  delTinteresse  idraulico 
e  di  ogni  altro  interease  riguardante  le  opere  pubbliche,  la  conoeaaione 
medeaima  poaaa  farai. 

Non  puö  revocarai  in  dubbio,  ci6  staute,  che  l'applicabilita  alla  trasione  elettrica  delle 
ferrovie  della  fona  motrice  rieavabile  da  un  oorao  d'acqua  coatituiaca  un  alto  interesse  riguar- 
dante le  opere  pubbliche.  E  di  conaeguensa  chiaro  ne  deriva  che  ben  poaaa,  anii  debba» 
questo  Miniatero  opporai  ad  una  conoeaaione,  ove  riaulti  che,  coll'accordarla,  potrebbe  quel- 
Kntereaae  aoffrire  nocumento  o  impedimento  alcuno. 

Tuttavia  Tindagine  relativa  puo  eaeere  facile  pel  Miniatero  dei  Lavori  Pubblici,  quando 
la  conceaaione  aia  di-  competenia  della  Amminiatrasione  Central«  Ma  quando  ooropete  al 
Prefetti  di  aocordarla,  il  caao  e  diverao,  e  ben  potrebbe  l'Autoritä  prefettizia  atatuire  in  oppo- 
aizione  alle  vedute  deJFAmministrasione  Centrale 

E'  quindi  opportuno  che  in  primo  luogo  dagli  Uffici  del  Oenio  Civile,  quäle  che  aia 
la  domanda  di  derivazione  aottopoata  al  loro  eaame,  a  forma  del  Regolamento,  aia  rivolto  lo 
studio  aul  punto  »ae  la  fona  motrice  che  dai  richiedenti  si  intende  ricavare  poaaa  essere, 
attualmente  o  piü  tardi,  utilizxata  a  acopo  di  trazione  elettrica  aulle  ferrovie  della  regiooe 
cirooetante,  fin  dove  1'energia  poaaa  traanortarai«.  E  di  tale  circoatanza  dovra  farai  eapreaaa 
menzione  ooai  nella  relazione  preliminare  di  cui  all'articolo  7  del  Regolamento  come  in  quella 
di  cui  al  auooeaaivo  artioolo  13. 

Uguale  indagine  sara  da  compierei  dal  competente  Iapettore  coropartimentale  del  Oenio 
Civile,   nei  caai  in  cui  egli  e  dal  ripetuto  Regolamento  chiamato  a  manifestare  il  aüo  parere 
n  propoeito. 

Dopo  di  che,  ae  lo  atatuire  aulla  domanda  e  di  competenza  dell'Amministrazione 
Centrale,  sarä  la  queatione  eaaminata  direttamente  da  questo  Ministero,  che  non  manchera 
tener  preaente  le  oaaervazioni  degli  Uffici  locali,  sentito  il  Consiglio  Superiore  dei  lavori  pub- 
blici. ße  invede  e  di  competenza  del  Prefetto,  dovra  queati,  prima  di  erneuere  il  decreto 
relativo,  chiedere  al  Miniatero  dei  Lavori  Pubblici  ae  nulla  oati,  negli  apeciali  riguardi  della 
trazione  elettrica  applicabile  al  aervizio  ferroviario  locale,  a  che  la  conceasione  abbia  luogo, 
e  la  deciaione  dovrä  essere  conforme  alle  iatruzioni  che  dal  Miniatero  verranno  impartite. 

8i  gradira  dalla  8.  V.  un  cenno  di  ricevuta  della  preaente,  colPaaaicurazione  che  al 
diapoato  di  eaaa  sarä  acrupoloaamente  ottemperato. 

II  Mini8tro. 
fto:   Afan  de  Rivera. 


§   2.         Die  Lage  der  Gesetzgebung  für  Wasserkraftanlagen  usw.    Anhang.        71 


Anlage  IL 

a)   Projet  de  Loi  relatif  aux  usines  hydrauliques  sur  les  cours  d'eau  non  navigables 

ni  flottables"). 

Presente  au  nom  de  M.  Armand  Fallieres,  President " de  la  Republique  fran9aise, 

par  M.  Ruau,  Ministre  de  l'Agrieulture. 

Expose  des  Motifs. 

Messieurs, 

Le  developpement  considerable  pria  par  l'industrie  hydro-electrique  dans  ces  dernieres 
annees  grftce  aux  transports  de  foroe  et  k  l'amenagement  des  grandes  chutes,  la  gravite  des 
int&gts  que  represente  cette  industrie  et  l'importance  de  ses  besoins,  ont  appel6  Pattention 
publique  sur  les  obstacles  que  la  legislation  actuelle  des  oours  d'eau  oppose  aux  progres  que 
l'avenir  reaerve  encore  k  oe  nouvel  emploi  de  l'aciivite  nationale  et  qui  importent  aux  Services 
publica  autant  qu'aux  entreprises  privees. 

Les  discussions  qui  se  sont  elevees  k  ce  sujet,  les  nombreux  projets  de  reformes  qui 
ont  ete  soumis  k  l'opinion  ou  deposes  au  Parlement,  indiquent  qu'on  est  entre,  relativement 
a  cette  mattere,  dana  une  crise  legislative  qui  ne  peut  se  terminer  que  par  Tadoption  d'une 
loi  nouvelle  satisfaisante. 

Les  veritables  difßcultes  que  souleve  la  legislation  en  vigueur  se  präsenten  t  sur  les 
oours  d'eau  non  navigables;  c'est  donc  d'eux  qu'il  convient  de  s'occnper  tout  d'abord.  Les 
rggimee  legaux  des  deux  categoriea  dana  lesquelles  sont  cJassees  les  rivieres  sont,  d'ailleurs, 
tout  k  fait  diflerenta.  Les  reformes  k  apporter  aux  deux  legislations  doivent  donc  etre  elles- 
m&nea  diflerentes;  et  il  y  a  tout  a  van  tage  k  les  separer. 

Defenseur  des  interdts  agricoles,  mais  en  meine  temps  charge  de  diriger  vers  un  but 
d'utilite  generale  toutes  les  eaux  qui  ne  fönt  pas  partie  du  domaine  public,  le  Ministre  de 
l'Agrieulture  avait  le  devoir  de  demander  au  Parlement  de  lui  fournir  les  raoyena  de  repartir 
entre  les  divers  inteieis  en  concurrence  les  eaux  des  rivieres  dont  la  gestion  lui  est  confiee, 
de  maniere  k  leur  faire  produire  la  plus  grande  somme  d'utilite  possible. 

Cest  dans  ce  but  qu'un  projet  de  loi  a  ete  depose  le  15  janvier  1904,  par  M.  Leon 
Mougeot,  Ministre  de  l'Agrieulture,  sur  le  bureau  de  la  Chambre  des  Deputes,  au  oours  de  la 
huitieme  legialature. 

Ce  projet  de  loi  differait  sous  un  rapport  essen  Hei  de  ceux  dont  le  Parlement  avait 
ete  anterieurement  saisi.  Tandis  que  ces  pr&edents  projets  visaient  tous  les  oours  d'eau  en 
geoeral,  il  ne  s'appliquait  qu'aux  oours  d'eau  non  navigables  ni  flottables  qui  relevant  exclusi- 
vement  du  Departement  de  l'Agrieulture.  Cest  pour  cette  raison  qu'il  n'etait  contreaigne  que 
par  le  Ministre  de  l'Agrieulture. 

Les  disposition8  de  ce  projet  etaient  le  fruit  des  travaux  d'une  commission  insiituee 
par  arretä  ministeriel  du  7  avril  1903  «  k  l'effet  d'etudier  les  mesures  k  prendre  en  vue  d'as- 
surer  une  meilleure  utilisation  des  forces  hydrauliques  provenant  des  oours  d'eau  non  navi- 
gables ni  flottables  >. 

Cette  Commission  avait  ete  constituee  de  teile  sorte  que  tous  les  interets  en  preeence, 
ceux  des  Services  publica  comme  ceux  de  l'agriculture  et  de  l'industrie,  tous  les  Systeme* 
soutenus,  etaient  representes  dans  son  sein.  A  cöte  des  membres  du  Conseil  d'£tat,  eile  oom- 
prenait  les  ingenieurs  les  plus  comp&tents  et  d'eminents  professeurs  de  nos  Facultas  de  droit 
8es  conclusions  mürement  elaborees,  empruntaient  donc  k  sa  composition  une  autorite  toute 
particuliere. 

Le  projet  de  loi,  base  sur  ces  conclusions,  a  ete  renvoye  par  la  derniere  Chambre  k 
une  Commission  speciale,  en  mime  temps  que  deux  propositions  de  loi  ayant  un  objet  ana- 
logue,  mais  s'appliquant  k  tous  les  cours  d'eau  et  deposees,  l'une  par  MM  Baudin  et  Mille« 
rud,  et  l'autre,  jkr  M.  Guillain13). 

Le  Systeme  propose  par  le  Gouvernement  a  paru  k  la  Commission  bien  preTerable, 
dans  son  ensemble,  k  ceux  que  preconisaient»  en  ce  qui  concerne  les  usines  sur  cours  d'eau 
non  navigables,  MM.  Baudin  et  Millerand  et  M.  Guillain.     Cet  honorable  depute  s'est,  d'ail- 

»»)  VergL  Seite  88. 
>s)  VergL  Seite  37. 


72  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

leim,  rallie"  sans  reserves  au  projet  du  Gouvernement,  que  la  Commission  a  pris  pour  base  de 
ses  resolutions,  en  se  bornant  &  y  apporter  quelques  modifications  de  detail,  auxquelles  le 
Ministre  de  l'Agriculture  a  souscrit. 

Le  12  ferner  1906«  M.  Fernand  David  a  d6pos£,  au  nom  de  la  Commission,  son 
rapport,  concluant,  sou9  la  reserve  des  dites  modifications,  ä  l'adoption  du  projet  de  loi.  Mais 
la  huitieme  legislature  est  arrivee  ä  son  terme  sans  que  la  Chambre  ait  pu  deliberer  sur  cette 
proposition. 

Le  projet  de  loi  depose1  le  1 5  janvier  1904  est  ainsi  devenu  caduc,  et  il  est»  des  lora, 
necessaire,  pour  que  la  Chambre  issue  des  elections  de  1906  puisse  examiner  les  disposittons 
qu'il  comportait,  que  le  Gouvernement  Ten  saisisse  par  le  dep6t  d*un  nouveau  projet. 

Cest  ce  projet  que  nous  avons  Thonneur  de  presenter  aujourd'hui  a  la  Chambre. 

Nous  avons  cru  devoir  le  lui  soumettre,  au  d£but  de  la  neuvieme  legislature,  paroe 
que  les  reformes  qu'il  a  pour  but  de  realiser  presentent  un  reel  caractere  d'urgence. 

En  l'&at  actuel  de  la  legislation,  en  effet,  l'exploitation  de  nos  foroes  bydrauliques  ne 
prend  pas  tout  le  developpement  qu'on  pourrait  en  esperer  pour  la  richesse  publique;  seules, 
les  soci6tes  financieres  puissantes  peuvent  triompher  des  obstaeles  qui  s'opposent  frequem- 
ment  ä  l'amenagement  des  cours  d'eau,  et  elles  etablissent  leurs  usines  sans  sauvegarder 
suffisamment  les  interets  de  la  collectivite,  comme  le  projet  de  loi  präsente*  permettra  de 
l'obtenir. 

Ce  projet  repose  sur  les  m&nes  principe«  que  celui  du  15  janvier  1904,  et  n'en  differe 
que  par  les  changements  d'importance  secondaire  sur  lesquels  la  Commission  de  la  derniere 
Chambre  et  le  Gouvernement  se  sont  mis  d'accord.  Ses  dispositions  sont  done  la  repro- 
duotion  textuelle  de  edles  dont  le  rmpport  de  M.  Fernand  David  demandait  l'adoption. 

Objet  du  projet  de  loi. 

Avant  d'entrer  dans  le  detail  de  ces  dispositions,  nous  devons,  tout  d'abord,  indiquer 
avec  plus  de  precision  l'objet  de  la  loi  qui  vous  est  soumise,  et  delimiter  le  champ  des 
reiormes  qu'elle  a  en  vue. 

Le  projet  actuel,  de  meme  que  celui  qu'il  remplace,  laisse  en  debors  de  ses  dispoeitions 
les  usines  sur  cours  d'eau  navigables,  et  ne  vise  que  les  usines  sur  cours  d'eau  non  navi- 
gables  etc. 

Examen  critique  de  la  lägislation  existante  et  des  räclamations  auxquelles 

eile  a  donne*  Heu. 

Avant  d'aborder  l'examen  detaillä  des  reiormes  qui  vous  sont  aujourd'hui  proposees,  il 
est  necessaire  de  faire  ici  la  synthese  de  la  legislation  actuelle  sur  regime  des  eaux. 

Cette  legislation  a  depuis  longterops  pris  parti  pour  un  Systeme  de  partage  des  richesses 
bydrauliques  entre  l'fitat  et  les  riverains,  suivant  la  nature  des  cours  d'eau. 

Par  la  distinction  des  cours  d'eau  en  navigables  et  flottables  qui  sont  verses  dans  le 
domaine  public,  et  en  non  navigables  ni  flottables,  qui  n'y  sont  pas  verses,  la  loi  fait  une 
part  a  la  collectivitö  et  une  autre  ä  l'activite*  privee.  Ce  dualisme,  eet  equilibre  entre 
l'action  collective  et  Hnitiative  individuelle,  constitue  une  tradition  trop  enracinee 
dans  nos  moeurs  pour  qu'il  soit  possible  de  rompre  avec  eile,  en  attribuant  a  l'utat 
des  droits  exclusifs  sur  l'energie  recelee  dans  les  cours  d'eau  non  navigables  ni 
lottables.  II  serait  imprudent  de  toucher,  soit  a  la  distinction  des  cours  d'eau  en 
navigables,  et  non  navigables  soit  k  la  Situation  des  riverains,  teile  que  l'a  flute 
un  siecle  de  jurisprudence  et  de  pratique  sur  la  base  de  cette  distinction. 

En  ce  qui  concerne  particulierement  les  cours  d'eau  non  navigables,  la  loi  existante 
peut  se  resumer  dans  des  termes  tres  simples. 

Leur  lit  est  la  proprio  des  riverains,  depuis  la  loi  du  8  avril  1898  qui  a  tranche  en 
faveur  de  ces  derniers  une  vieille  et  classique  oontroverse.  Mais  l'eau  elle-m£me  ne  peut  pas 
6tre  soumise  ä  la  meme  regle;  l'eau  courante,  qui  passe  successivement  sur  les  fonds  des 
divers  riverains,  ne  peut  pas  ä  son  passage  ötre  consideiee,  par  chaeun  d'eux,  comme  sa  pro- 
pri&e*  individuelle;  autrement,  chaeun  aurait  le  droit  de  la  dötourner  ä  son  profit  et  de 
modifier  par  la  meme  la  Situation  naturelle  de  ses  coriverains,  consequence  evidemment  inad- 
missible.  Aussi,  1'article  644  du  Code  civil,  maintenu  par  la  loi  de  1898  ne  prononoe-t-il 
pas,    a  l'egard  de  l'eau,   le  mot  de  proprio;   le  droit  qu'il  reconnait  aux  t  verains  est  seule- 


§    2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  für  Wasberkraftanlaqen  usw.     Anhang.         73 

raent  un  droit  d'usage;  le  propri&aire  d'une  rive  peut  se  servir  de  l'eau  a  son  passage 
pour  l'irrigation  de  ses  propri&fo;  le  propn&aire  des  deux  rives  peut  en  user  dans  l'inter- 
ralle  qu'elle  paroourt  aar  son  fonds  mais  ä  la  Charge  de  la  rendre  a  la  sortie  ä  son  coura 
ordinaire. 

Le  droit  d'user  des  eaux  dans  les  limites  ainsi  d6termin6es  est  un  acoessoire  de  la 
propri6t£  riveraine.  II  n'est  autre  cfrose  que  Tun  des  avantages  r&ultant  pour  le  propri&aire 
de  la  aituation  mgme  de  son  fonds  et  oet  avantage  ne  pourrait  lui  6tre  refusä  sans  quelque 
injustiee,  car  le  voisinage  de  la  rivifere  entraiae  pour  lui  des  dangers  et  des  frais  de  toute 
sorte   dont  le  droit  d'user  de  l'eau  n'est  qu'une  6quitable  oompensation. 

La  jurisprudenee  a  depuis  longtemps  pr£cis6  la  portäe  de  oe  droit.  Elle  admet  notam- 
ment  que  le  propri&aire  d'une  seule  rive,  peut,  aussi  bien  que  eelui  dont  le  fonds  est  traverse 
per  la  riv&re,  se  servir  de  l'eau,  noo  seulement  en  vue  de  l'irrigation,  mais  aussi  en  vue 
d'une  'utilisation  industrielle,  a  condition  toutefois  qu'il  ne  d6tourne  pas  une  quantit6  d'eau 
sup4rieure  ä  celle  dont  il  pourrait  user  pour  l'irrigation. 

D'autre  part,  et  bien  que  des  doutes  se  soient  frlquemment  manifestes  sur  ce  point, 
od  a  admis  en  pratique  la  cessibilit£  de  oe  droit  d'usage  et  la  possibilirä  de  le  söparer  de  la 
propri6i6  du  fonds.  Thäoriquement,  on  est  oblig£  d'admettre  comme  valable  tout  au  moins  la 
renonciation  qu'un  ri verain  ferait  de  son  droit  au  profit  d'un  autre  ri verain,  et  il  est  Evident 
que  oette  Convention  äquivaut,  en  fait,  a  une  v6ri  table  oession  des  droits  de  riverainetö.  Dans 
oes  dernidres  an  nies,  de  trfcs  nombreuses  oessions  de  ce  genre  ont  eu  lieu,  dans  les  r6gions 
montagneuses,  en  vue  des  utilisations  industrielles. 

Le  droit  des  riverains,  tel  qu'il  vient  d'gtre  däfini,  est  subordonnä  dans  son  exercioe  ä 
une  autorisation  administrative.  D'aprfes  l'article  11  de  la  loi  de  1898,  cette  autorisation  est 
näceasaire  toutes  les  fois  qu'il  s'agit  de  construire  un  barrage  ou  un  ouvrage  destinä  ä  l'äta- 
blisaement  d'une  prise  d'eau,  d'un  moulin,  d'une  usine.  Elle  est  donnäe  par  le  prüfet.  On 
doil  remarquer  que  l'Administration  n'intervient  ici  qua  titre  de  pouvoir  de  police,  pour  la 
defense  des  intärdts  g6n6raux  dont  eile  a  la  garde;  eile  ne  doit  se  däcider  que  par  des  motifs 
tirts  de  l'int&öt  public,  tels  que  la  näoessitg  de  prävenir  les  inondations,  de  oonserver  aux 
eaux  leur  fooulement  naturel,  d'assurer  la  salubritä  publique  ou  de  diriger  les  eaux  vers  un 
but  d'utilitä  g£n6rale.  Elle  n'a  pas  le  droit  de  soumettre  l'autorisation  a  des  oonditions  arbi- 
traires,  ni  d'exiger  une  redevance,  ni  d'impo^er  ä  l'industriel  qui  demande  a  s'&ablir  sur  le 
coura  d'eau  tel  emploi  de  sa  force  piutftt  que  tel  autre.  Elle  n'a  pas  non  plus  ä  se  prononcer 
sur  les  droits  respectifs  des  riverains  les  uns  ä  l'ägard  des  autres. 

L'autorisation,  une  fois  aocordöe,  ne  peut  ötre  retirte  ou  modifita  sans  indemnitö.  que 
pour  des  motifs  du  mdme  ordre  que  ceuz  qui  auraient  pu  servir  de  base  a  un  refus. 

iyaprte  l'article  14  de  la  loi  de  1898,  ces  motifs  sont  seulement:  I'int6r6t  de  la  salu- 
brit6  publique,  la  n6cessit6  de  prävenir  ou  de  faire  cesser  les  inondations,  enfio  la  r&glemen- 
tation  g^n^rale  faite,  dans  les  oonditions  dätermiofos  par  l'article  9,  en  vue  de  fixer  le  regime 
genfeal  du  cours  d'eau,  «de  mani&re  a  ooncilier  les  intär&s  de  l'agriculture  et  de  l'industrie 
avec  le  respect  du  ä  la  propri&e  et  les  droits  et  usages  antärieurement  6tablis». 

II  est  possible,  en  vertu  des  rfegles  meines  que  nous  venons  d'analyser,  qu'un  riverain 
rtigulförement  autorisä  empidte  en  fait  sur  les  droits  de  ses  coriverains.  Mais  ceux-ci  ont  alors 
la  reesource  d'agir  oontre  lui  en  reglement  d'eau  judiciaire,  et  le  tribunal  saisi  de  la  demande 
peut  aller  jusqu'ä  ordonner  la  destruction  des  ouvrages  autorises,  l'autorisation  6tant  toujours 
donnle,  sauf  les  droits  des  tiers.  Si  d'ailleurs  les  tribunaux  doivent,  quand  ils  sont 
saisis  de  ces  questions,  ooncilier,  comme  le  dit  l'article  645,  les  int6r£ts  de  la  propri6i£  avec 
ceux  de  l'agriculture,  aucun  texte  ne  leur  donne  ce  röie  de  conciliateur  lorsqu'il  s'agit  des 
interta  de  l'industrie.  Ils  ne  peuvent  donc  pas  invoquer  l'article  645  pour  s'abstenir  d'or- 
donner  la  destruction  d'un  barrage  industriel  qui  ferait  grief  ä  certains  riverains. 

Teiles  sont  les  seules  dispositions  que  puisse  invoquer  l'industriel  qui  cherche  ä  am6- 
nager  une  chute  d'eau  sur  une  rivi&re  non  navigable  ni  flottable.  Ce  sont  aussi  Celles  qui 
rägissent  les  prises  d'eau  en  faveur  des  irrigations.  Mais,  sur  ce  dernier  point,  certaines  faci- 
litee  particulieres  ont  6t£  aooordäes  aux  riverains.  En  vertu  des  lois  des  29  avril  1845  et 
11  juillet  1847,  les  riverains  peuvent,  en  vue  de  l'arrosage  de  leurs  terrains:  1°  conduire 
sur  leurs  fonds  non  riverains  les  eaux  dont  ils  ont  le  droit  de  disposer,  en  obtenant,  moyen- 
nant  une  indemnite,  le  passage  des  dites  eaux  ä  travers  les  fonds  interm6diaires ;  2°  acquärir 
la  facultä  d'appuyer,  sur  la  propri6te  du  riverain  oppoeä,  les  ouvrages  näeessaires  k  leur  prise 


74  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

d'eau.    Aucun  texte,  jusqu'ici,   n'a  6tendu  k  l'industrie  les  facultas  aocordfes  par  ces   deox 
lob  2t  ragriculture. 

Cette  lägislation  est,  en  soi,  tr&s  individualiste  et  a  permis,  en  fait,  la  constroction 
d'usines  hydrauliques  considärables  qui  sont  la  propri6t£  complöte  des  industriels.  II  sufBt 
de  parcourir  les  principales  vallöes  de  nos  montagnes  pour  se  rendre  compte  que  oeux-ci  out 
.  pu,  sous  l'empire  de  oes  dispoeitions, .  gtablir  des  ouvrages  grandioses  et  cr$er  des  eourees 
d'änergie  capables  d'alimenter  de  puissantes  indtistries  et  d'importants  servioes  publica.  Elle 
offre  pourtant  des  lacuoes  qui  out  &6  d6jk  pour  eux  la  cause  de  difficultäs  nombreuses,  ei  il 
est  k  craindre  que  ces  difficultls  ne  deviennent  de  jour  en  jour  plus  genantes. 

La  premi&re  choee  que  doit  faire  un  industriel  qui  veut  s'ätablir  sur   un   oours   d'eau 
est  de   s'assurer   le   consentement  de  tous   les,  riverains  dont  les  droits  pourraient  se  trouver 
oompromis,  soit  par  le  remous  du  barrage,   soit  par  les  d£rivations  usiniöres  projetles.     II  "lui 
faut  acquärir,  bien  entendu,   les  terrains  näcessaires  pour  l'installation  de  l'usine.     II  lui  faut 
aussi,   puisqu'il  ne  peut  invoquer  les  servitudes  des  lois  de  1845  et  de  1847,   se   procurar  k 
l'amiable  de  droit  de  faire' passer  ses  dgrivations  sur  le  terrain  d'autrui  et  d'appuyer  son  bar- 
rage sur  la   rive  opposfe  k  la  sienne.     II   doit  6galement  obtenir  le  consentement  des   pro- 
pri6taires  supärieurs  dont  les  fonds  pourront  se  trouver  submergta  par  la  retenue  de  son  bar- 
rage.    Enfin»   il  doit  traiter  avec  tous  les  riverains  auxquels  le  rempus  et   la  d&ivation  vont 
enlever  en  tout  ou  en  partie  le  droit  d'usage  de  l'eau,   et  pour  oela  se  faire  c6der  par  eux, 
ou  leurs  droits  de  riverainetä,   ou  les  terrains  mdme  auxquels  ces  droits  se  trouvent  attachäs. 
Dans   tous   les   cas,    lorsqu'il   s'agit  de   cr6er   une   usine   importante,    d&rivant   l'eau   sur   un 
parcours  considärable,   il  lui  faut  rlunir  les  consentements  amiables  d'un  tr&s  grand  nombre 
d'int£ress&.  . 

Au  däbut  du  grand  mouvement  d'utilisation  de  la  houille  blanche,  ce  consentement 
s'obtenait  d'ordinaire  sans  trop  de  diffioultäs,  paroe  que  l'industriel  avait  affaire  aux  riverains 
originales  et  v&itables.  Mais,  au  bout  d'un  certain  temps,  les  spfculateurs  sentirent  l'avan- 
tage  qu'il  y  aurait  k  faire  de  Pobstrucüon  et  ils  acquirent  des  parcelles  riveraines,  uniquement 
pour  se  faire  barreurs,  c'est-&-dire  pour  obliger  les  industriels  k  leur  racheter  chörement  leur 
riverainet6. 

Si  l'industriel  passait  outre,  corome  quelques-uns  Tont  fait  en  pr&ence  de  r&ietanoes 
isoläes  et  irräductibles,  il  6tait  menac6  de  demandes  en  rtglement  d'eau  qui  pouvaient  amener 
la  destruction  de  ses  travaux. 

La  t&che  des  industriels  devenait  donc  difBcile  par  suite  de  cette  enträe  en  sc&ne  de 
la  sp6culation.  D'autre  part,  dans  les  pays  montagneux,  sur  le  bord  des  torrents  aux  rives 
inaccessibles,  la  propri&6  mdme  est  fröquemment  incertaine;  la  matrice  cadastrale  n'exprime 
pas  toujours  son  6tat  actuel,  souvent  compliqu6,  d'ailleurs,  par  des  indivisions,  par  l'existence 
de  coproprtetaires  incapables  ou  absents.  Apr&s  avoir  traitä  avec  ceux  qu'ils  jugeaient  en 
Possession  rtiguli&re,  les  industriels  se  trouvaient  exposds  aprea  coup  k  des  demandes  mat- 
tend uea,  provenant  de  tiers  dont  ils  avaient  ignorä  l'existence,  aboutissant  k  des  proc&s  ruineux 
et  aux  exigences  de  nouveaux  accapareurs.  II  n'eet  pas  6tonnant  qu'aux  prises  avec  ces  dif- 
ficultäs,  les  industriels  aient  demandä  une  r&brme  de  la  16gislation  qui  leur  permit,  moyennaat 
indemnitä,  de  vaincre  les  r&istanoes  des  barreurs  et  de  purger  des  droits  incertaina. 

Ils  demandaient  encore  l'extension  k  leur  profit  des  servitudes  d'aqueduc  et  d'appui 
de  barrage,  que  les  lois  de  1845  et  de  1847  avaient  cr&es  au  profit  de  ragriculture,  qui  leur 
6taient  nfoessaires  pour  l'&ablissement  de  leurs  ouvrages  et  qu'il  6tait  bien  legitime  de  leur 
accorder,  puisque  la  proep6rit6  g6n£rale  du  pays  6tait  li6e  au  däveloppement  de  l'industrie, 
aussi  bien  qu'£  celui  des  irrigations. 

L'Administration,  de  son  c6t£,  en  eesayant  de  faire  contribuer  k  l'alimentatiou  de  ses 
Services  publica  l'änergie  de  la  houille  blanche,  trouvait  dans  la  llgislation  exis  taute,  k  la 
fois  des  ressources  et  des  insuffisanoes.  Elle  puisait  dans  cette  llgislation,  oiitre  la  beulte  de 
passer  avec  les  usines  priv6es  produetrices  d'6nergie  des  traitös  de  fourniture  librement  d6battus, 
celle  de  erfer  elle-m6me  des  usines  publiques  en  se  servant  de  la  däclaration  d'utilitä  publique 
et  de  l'expropriation.  Mais,  d'aprös  les  prineipes  g6n£raux  du  droit  en  mati^re  d'expropriation, 
Tusine  ^tablie  par  ce  proc6d£  doit  avoir  pour  objet  l'alimentation  exclusive  des  Services  publica; 
d'oü  il  r6sulte  que  la  livraison  k  l'industrie  priv6e  d'une  partie  de  son  Energie  ou  de  ses  pro- 
duits  ne  va  pas  sans  difficult^s.  II  importe  cependant  que  Tusine  publique  ait,  comme  l'usine 
privöe,  une  enti&re  libert6  d'exploitation,  car  il  lui  sera  presque  toujours  impossible  d'employer 


§  2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  für  Wasserkraft  anlagen  usw.    Anhang.        75 

aa  servioe  public  en  vue  daquel  eile  a  ete  cr&e,  l'integralite  de  son  eoergie;  eile  aura  des 
exo6dente  provenant  des  variatione  qui  se  produiront,  soit  dans  le  d6bit  des  rivieres,  soit  dans 
lea  besoins  du  service.  II  serait  absurde  de  condamuer  ces  exc&lents  ä  la  sterilite,  uniquement 
paroe   qu'ils  proviennent  d'une  usine  cr£ee  par  declaration  d'utilitä  publique. 

L' Administration  demande  donc  la  libert6  d'emploi  pour  les  exenden ts  et  les  residus 
d*6nergie;  eile  entrevoit  la  n&essit6  de  constituer  des  usines  qui  puissent  etre  mix  les  et 
travailler  a  la  fois  pour  des  Bervices  publice  et  pour  l'industrie  privee. 

Ainsi,  la  legislation  existante  fournit  des  moyens  d'aetion  a  la  fois  &  l'industrie  privee 
et  k  lf Administration;  en  realite,  toutes  les  deux  en  ont  deja  use;  ces  moyens  d'aetion 
reapectent  la  destination  generale  des  cours  d'eau  non  navigables  ni  flottables;  les  usines  pri- 
▼6ea  se  eräent  par  des  modes  volontaires  de  cession  des  droits  de  riverainete,  les  usines 
publiques,  par  des  expropriations  qui  sont  un  moyen  connu  de  cession  forcee  des  proprieies. 
I>es  deux  efttea,  on  demande  des  facilites  nouvelles,  des  simplifications,  des  ameiiorations,  mais 
<m  ne  proteste  ni  contre  la  coexistence  des  deux  types  d'usines,  ni  contre  les  bases  funda- 
mentales de  la  legislation. 

Teile  est  la  Situation  cr$ee  par  les  insuffisances  de  la  loi  et  par  les  reclamations  des 
int&resses. 

Rappel  et  examen  des  systemes  proposes  pour  la  rMorme  de  la  legislation. 

Divers  systemes  de   reformes   ont  ete  proposes   a  l'effet  d'y  rem6dier.     II  convient  de 
lea  passer  ici  en  revue. 

Projet  Jouart  et  projet  du  Gouvernement  du  6  juillet  1900. 

On  erat  d'abord  donner  satisfaction  ä  la  fois  aux  voeux  des  industriels  et  ä  ceux  de 
1* Administration,  en  introduisant  dans  la  mattere  le  principe  de  la  concession,  applique  d'une 
maniere  obligatoire  a  toute  usine  hydraulique  developpant  une  certaine  force.  Ce  fut  la  Solu- 
tion prfoonisee  par  M.  Jouart,  dans  la  proposition  presentee  par  lui  a  la  Chambre  des  D6- 
put&s,  le  3  mars  1898,  et,  un  peu  plus  tard,  par  le  Gouvernement  dans  le  projet  deposä  le 
6  juillet  1900,  sous  la  signature  de  MM.  Pierre  Baudin  et  Jean  Dupuy,  projet  repris  a  titre 
de  proposition,  le  30  mai  1903,  par  MM.  Baudin  et  Millerand M).  Le  principe  de  la  concession 
en  supposait  un  autre,  a  savoir  que  la  force  motrice  des  cours  d'eau  non  navigables  ni  flot- 
tables, n'appartenant  a  personne,  pouvait  etre  librement  concedee  par  l'Administration,  sans 
que  celle-ci  eüt  a  tenir  compte  des  droits  que  Tarticle  644  du  Code  civil  reconnait  aux  rive- 
rains,  du  moins,  s'ils  n'avaient  pas  encore  et6  utilises.  D'apres  le  projet  du  Gouvernement,  il 
subeistait  bien  des  usines  priväes,  mais  il  n'y  avait  pas  la  une  Option  pour  les  industriels  ni 
mötne  pour  1' Administration.  Les  usines  cr66es  dans  l'avenir  avec  une  puissance  brüte,  en 
eaux  moyennes,  d'au  moins  100  chevaux-vapeur,  devaient  necessairement  Ätre  conc6d6es  comme 
usines  publiques  et  il  devait  en  6tre  de  m6me  des  usines  anterieurement  existantes  doot  la 
puissance  serait  porteo  ä  plus  de  100  chevaux.  Le  type  de  concession  choisi  etait  celui  de 
la  concession  de  travaux  publice;  eile  etait  donc  donnee  a  titre  temporaire,  et,  ä  son  expira- 
tion,  l'usine  faisait  retour  a  TEtat  sans  aueune  indemnite  etc. 

Ce  projet  suscita  dans  les  milieux  industriels  et  parmi  les  proprietaires  riverains  des 
reclamations  tres  vives.  On  lui  reprocha  tout  ä  la  fois,  de  sacrifier  les  droits  des  riverains 
et  de  ne  pas  donner  a  l'industrie  les  garanties  de  liberte  et  de  securitö  qui  lui  sont 
näoessaires. 

Premier  projet  Guillain. 

La  Commission  parlementaire  qui  avait  ete  saisie  de  la  proposition  Jouart,  adopta,  de 
son  cöte,  en  premiere  lecture,  sur  le  rapport  de  M.  Guillain,  un  projet  base  sur  les  m&nes 
idecs  fondamentales  que  le  precedent,  mais  modifie  de  maniere  a  lui  enlever  une  partie  de  ses 
dangers  etc.  (Guillain  schlug  vor,  dass  nur  die  Anlagen  von  mehr  als  200  PS  unter  das 
Gesetz  falleu  sollten.) 

Enfin,  on  remaniait  avec  plus  de  soin  les  clauses  de  rachat  et  de  dächeance  du  projet 
du  Gouvernement,  de  maniere  a  les  rendre  moins  redoutables  pour  le  concession naire. 

Cependant,  beaueoup  d'esprits  inclinaient  a  penser  qu'il  etait  inutile  et  dangereux  de 
faire  du  regime  de  la  concession,   quelque  attenue  qu'il  füt,   le  regime  general   de  l'industrie 

")  Yergl  Seit«  87,  Fossnote  S. 


76  L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

hydraulique  fraocaise;  et,  de  divers  cötes,  on  se  mit  &  l'oauvre  pour  rechercher  s'il  n'6tait  pas 
poesible,  sans  entrer  dans  cette  voie,  de  combiner  une  legislation  donnant  satisfaction  aux 
divers  intär&s  en  presence. 

Proposition  Michoud. 

Le  premier  Systeme  proposä  daus  cet  ordre  d'idees  fut  oelui  de  la  licitation  des  droits 
de  riverainete,  formulä  daus  une  proposition  redigee  par  M.  Micboud.  Ge  Systeme  maintenait, 
en  principe,  pour  l'6tablissement  des  usines  sur  les  cours  d'eau  noo  navigables  ni  flottables, 
le  regime  de  l'autorisation,  tel  qu'il  est  regle  par  l'article  12  de  la  loi  de  1898  et  par  les 
reglements  existants.  Mais  il  permettait  k  chaque  riverain  du  cours  d'eau  de  demander  la 
licitation  des  droits  appartenant  aux  riverains  sur  la  seciion  du  cours  d'eau  qu'il  determinait 
lui-meme.  Ces  droits  etaient  adjuges  au  plus  offrant,  et  le  prix  distribue  entre  les  riverains. 
Le  resultat  etait,  d'une  part,  que  ceux-ci  se  trouvaient,  par  lk,  indemnises  de  la  perte  de  leurs 
droits  aussi  equitablement  que  possible,  d'autre  part,  que  l'adjudicataire  pouvait  desormais, 
apres  avoir  obtenu  l'autorisation  administrative,  executer  les  travaux  sans  crainte  d'opposi- 
tk)n  future  etc. 

Proposition  Hauriou  et  Ader. 

Delix  autres  Systeme»  furent  proposes,  dans  le  but  de  concilier  les  divers  interets  en 
presence,  sans  imposer  le  regime  de  la  concession.  Celui  que  MM.  Hauriou  et  Ader  expo- 
serent  dans  le  Bulletin  de  la  Sociäte  d'etudes  legislatives  utilise  une  Organisation  dejfc 
connue  et  eprouvee,  celle  des  associations  syndicales  autorisees,  et  arrive,  par  lk,  k  substituer 
k  la  licitation  judiciaire  du  prec&Jent  Systeme,  une  sorte  de  licitation  administrative.  D'apres 
ce  projet,  les  riverains  pouvaient  se  grouper  en  associations  syndicales  autorisees,  avec  pou- 
voir  coercitif  de  la  majoritä  sur  la  minorit£,  dans  des  conditions  analogues  k  Celles  qui  sont 
determinees  "par  la  loi  des  21  juin  1865  et  22  decembre  1888.  Le  groupement  ainsi  forme) 
intervenait,  non  pour  mettre  en  valeur  ou  exploiter  la  chute,  mais  uniquement  pour  tirer  parti 
des  droits  de  riverainetä.  II  pouvait  vendre  aux  encheres  la  chute  projetee  ou  la  mettre  en 
location, ,  le  produit  servant  k  indemniser  les  riverains  ä  la  suite  d'une  liquid  ation  confiee  au 
syndicat  de  l'association. 

Proposition  Coignet  (systeme  de  l'Act  Torrens). 

Enfin,  M.  Coignet,  dans  un  rapport  adresse  k  la  Chambre  de  commerce  de  Lyon  et 
adopt6  par  eile,  proposa  d'arriver  k  un  resultat  analogue  par  une  voie  plus  simple  encore, 
suggeiee  par  les  dispositions  de  «l'Act  Torrens».  L'autorisation,  donnee  en  principe 
d'apres  les  regles  actuelles,  ne  serait  accordee  k  l'industriel  qu'ä  la  suite  d'une  publicite) 
serieuse  de  la  demande.  Pendant  un  an  k  partir  de  cette  publicum,  tout  cpriverain  aurait  le 
droit  de  demander,  lui  aussi,  l'autorisation  de  faire  une  prise  d'eau;  il  devrait,  en  formant 
cette  demande,  assigner  le  premier  demandeur  en  reglement  d'eau,  et  le  partage  de  l'eau  entre 
eux  serait  fait  par  le  tribunal,  conformement  au  Code  civil.  Les  riverains  n'ayant  pas  fait 
cette  demande  dans  1 'an  nee  ne  perdraient  pas  leur  droit  eventuel ;  mais,  en  cas  de  reclamation 
ultärieure  de  leur  part,  le  tribunal,  pour  6viter  la  d£raolition  des  ouvrages  qui  auraient  6t6 
construits,  aurait  la  facult6  de  transformer  ce  droit  en  une  indemnite*  etc 

Second  projet  Guillain. 

M.  Guillain,  notamment,  en  deposant  k  la  Chambre,  k  la  date  du  23  juin  1903,  le 
projet  dont  il  avait  eie*  le  rapporteur  au  nom  de  la  Commission  parlementaire,  y  avait  intro- 
duit  des  modifications   importantes*5)  etc 

Critique  et  Elimination  des  systemes  proposäs. 

L'examen  des  divers  systemes  qui  viennent  d'Ätre  analyges  a  conduit  k  penser  qu'ils 
devaient  6tre  abandonnes  ou  ecartes. 

En  ce  qui  concerne  le  Systeme  de  la  concession  temporaire  des  chutes  et  des  usines, 
modele1  e  sur  la  concession  de  travaux  publics,  nous  avons  ete"  amenes  k  reconnaitre  qu'il  aurait 
le  grand  inconvenient  de  rompre  l'equilibre  traditionnel  entre  la  part  de  l'^tat  et  celle  de 
l'individu,  dans  la  propi-ieie*  des  cours  d'eau  non  navigables  ni  flottables.     Les   chutes  et  le" 


25)  Vergl.  Seite  37,  Fnssnot»  3. 


§   2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  fOä  Wasserkraftanlagen  usw.    Anhang.        77 

usines  deviendraient  domaniales  k  l'expiration  de  la  premiere  concession,   de   teile   sorte  que 

des  categories  de  biens  qui,  jusque-lä*  avaient  ete*  le  domaine  de  la  propriete  privee,  paaseraient 

dans    la   propriete  collective.     Gette  extension   de   la  domanialite  publique   provoquerait  des 

Opposition  passionnees,  qui  se  sont  dej&  fait  jour  au  Congres  de  La  houille  blau  che 

de  Orenoble.     D'un  autre  cöte,  il  est  k  craindre  que  le  regime  de  la  oonoession  considere  en 

lui-mgine,  ne  soit,  k  bien  des  egards,  dangereux  pour  le  developpement  de  l'industrie  hydrau- 

lique.    Cette  Industrie,  comme  toutes  les  autres,  a  besoin,  avaot  tout,  de  liberie  et  de  securite; 

an   controle  administratif  trop  etroit»   l'eventualite  perpetuelle  d'un  rachat  ou  d'une  decheance, 

le   caractere  temporaire  du  droit,   toutes  oes  consequences  forcees  du  Systeme  de  la  concession, 

constituent  pour  eile  une  menace  d'autant   plus  redoutable  qu'il  .s'agit  d'une  Industrie  jeune 

ei\core,  peu  connue,  sujette  ä  des  surprises  et  k  des  mecouiptes,  et  que  les  calculs  d'amortisse* 

menty  en  ce  qui  la  conrerne,  ne  peuvent  offrir  encore  une  entiere  certitude.    On  peut  apprehen- 

der  en  outre  que  le  choix   du  concessionnaire,   laisse  &  1* Administration ,   autre  oorollaire  du 

Systeme,  n'expoee  celle-ci  ä  des  difficultes  soulevees  par  des  questions  de  personnes. 

D'ailleurs,  et  ceci  est  capita),  il  faut  remarquer  que  la  question  n'est  plus  entiere;   de 
nonibreu8es  usines   bydro-electriques    se  sont  dejä  Stabiles  sous  le  regime  du  droit  actuel; 
d'autres,  dont  les  chutes  sont  juridiquement  oonstituees,  vont  sortir  de  terre.     Ces  usines  sont 
la   propriete  perpetuelle  de  leurs  fondateurs,   elles  echappent  ä  la  precarite  et  aux  entraves 
administratives;  leur  credit  en  beneficie;   elles  ont  choisi,  en  fait,  les  baasins  bydrauliques  les 
plus  avantageux,  soit  au  point  de  vue  des  depenses  d'etablissement,  soit  au  point  de  vue  des 
d6bouches.     Elles  constituent  donc  comme  un  premier  räseau  privilegie  auquel  on  ne  pourrait 
toncher  que   par  une  coüteuse  Operation   de  rachat    Cömment  les   usines  nouvelles  etablies 
sous  le  regime  de  la  concession,  et  qui  constitueraient  comme  un  second  reseau,  moins  avan- 
tageux au  point   de  vue  economique,   pourraient-elles  lutter  contreldes  premieres,   si  on  Jeur 
imposait  par  lä-dessus  un  cahier  des  charges  onereux?     II»  *convient  de   remarquer  qu'on    ne 
leur  conflrerait  aucun  av  an  tage  d'exploitation,  mais  seulement  des  charges.    Dans 
la  plupart  des  concessions  de  travaux  public?,  le  concessionnaire  beneficie  d'un  monopole  dont 
il  est  possible  de  calculer  approximativement  le  ren  dement,  et  si  ce  ren  dement  est  in  süffisant 
un  concours  nuancier  du  concedant  y  supplee.     Ici,  aucun  monopole. confere^   ni   aucun   con- 
cours fioancier  organise,  pas  m£me  la  clieutele  des  Services  pu blies  assuree. 

Ce  ne  serait  pas  la  concession  de  travaux  publice  dans  sa  realiu§  financiere  et  econo- 
mique; ce  n'en  serait  que  l'apparence  juridique. 

Ou  bien  l'on  ne  trouverait  pas  de  concessionnaire,  ou  bien  ceux  que  Pon  trouverait 
auraient  1'arriere  pensee  d'obtenir  plus  tard  le  concours  financier  de  l'administration.  On 
serait  ainsi  amene,  si  Ton  ne  voulait  pas  faire  courir  tot  ou  tard  aux  financee  de  l'Etat  le 
risque  d'entreprises  hydro-electriques  etablies  dans  de  mauvaises  conditions  au  point  de  vue 
de  la  coneurrence,  ou  bien  a  envisager  le  rachat  immediat  de  toutes  les  grandes  usines  privees 
dej&  oonstituees,  ou  bien  k  restreindre  l'application  du  Systeme  de  la  concession  aux  seules 
usines  franebement  publiques  et  administratives,  'creees  pour  l'alimentation  des  Services  publios. 
Sans  doute,  il  eüt  fallu  passer  par  dessus  ces  objeetions  si  un  regime  de  concession  obliga- 
toire  avait  ete  le  seul  moyen  d'assurer  le  bon  ameuagement  de  l'energie  hydraulique  et  d'en 
empecher  dans  l'avenir  l'accaparement;  mais  les  travaux  acoomplis  par  l'industrie  privee,  sous 
l'empire  de  la  legislation  actuelle,  pouriant  peu  favorable,  suffisaient  k  demontrer  que  Ton 
pouvait  avoir  confiance  en  eile  et  qu'elle  saurait  se  montrer  capable  de  tirer  des  forces  natu- 
relies  le  meilleur  parti  possible.  Et  il  suffisait  pour  ecarter  toute  crainte  d'aecaparement,  de 
maintenir  la  concession  &  titre  facultatif,  toutes  les  fois  que  l'alimentation  d'un  Service  public 
se  trouvait  en  cause,  et  de  classer,  d'ailleurs,  expressement,  parmi  les  Services  publics,  les 
entreprises  publiques  de  distribution  d'energie.  U  Administration  se  trouvait  ainsi,  pour  l'avenir, 
suffisamment  armee  contre  une  coalition  des  detenteurs  de  forces  bydrauliques,  a  supposer 
qu'une  pareille  coalition  füt  possible,  sans  assumer  les  responsabüites  morales  et  financiere* 
auxquelles  l'exposerait  le  regime  de  la  concession  obligatoire. 

Toutes  ces  considerations  conduisaieut  k  abandonner  ce  regime,  et  la  plupart  d'entrc 
elles  pouvaient  eire  opposees  non  seulement  au  Systeme  de  la  concession  temporaire,  mais  aussi, 
bien  qua  un  degre  moindre,  au  Systeme  de  la  concession  perpetuelle,  analogue  aux  concessions 
des  mines  (projet  Guillain).  Lui  aussi  tendait  k  creer  une  categorie  d'usines  qui  seraient 
moins  libres  dallures  que  les  usines  privees  dejfc  existantes  et  qui  cependant  ne  seraient  pas 
soutenues  d'une  maniere  efficaoe  par  1' Administration ;   lui   aussi,   par  consequent,  risquait  de 


78  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

determiner  la  Constitution  d'entraprises  non  visbles.  On  retrouvait,  dans  oe  Systeme,  et  la 
difficult6  touchant  au  choiz  des  concessionnaires,  et  les  clauses  de  rachat  et  de  decheance,  et 
le  cou träte  adrainistratif  etroit:  en  un  mot,  toutes  les  clauses  qui  fönt  le  danger  du  regime 
de  la  concession  temporaire.  On  y  retrouvait,  d'ailleurs,  le  principe  meme  de  la  concession, 
c'est  a-dire  l'idee  que  l'&at  a  le  droit  de  disposer  des  eaux,  fut-ce  au  detriment  des  riveraina, 
et  que  les  rivieres  non  navigables  ni  flottables  doivent  devenir  domaniales  comme  les  grands 
cours  d'eau,  idee  qui  introduirait  dans  notre  droit  une  de  ces  modifications  profondes  qu'il  est 
dangereux  de  tenter.  Sans  doute,  dans  le  dernier  projet  deposä  par  M.  Guillain,  ces  incon- 
venients  se  trouvaient  attenues  par  cela  seul  que  le  Systeme  se  trouvait  reserve  aux  usinea 
de  plus  de  1,000  cbevaux;  mais,  en  l'appliquant  &  toutes  les  grandes  usines,  on  l'aurait  feit 
precisement  fonctionner  dans  les  cas  oü  son  application  aurait  et6  le  plus  dommageable  a 
l'avenir  de  Finduatrie  hydro  electrique,  et  en  meme  temps  on  n'aurait  fourni  aux  difBcultes 
soulevees  par  la  legislation  existante  qu'une  Solution  partielle,  et  on  n'aurait  facilite  d'aucune 
maniere  la  creation  des  usines  de  moyenne  importanoe. 

Le  Systeme  de  la  licitation  aurait  l'avantage  de  fonder  les  usines  nouvelles,  comme 
les  anciennes,  sur  la  propriete  privee,  de  leur  laisser  meme  liberte  et  meme  credit.  Mais  on 
peut  lui  reprocher  d'employer  pour  leur  creation  une  procedura  qui  accentuerait,  peut-elre  plus 
que  de  raison,  le  caractere  civiliste  des  droits  de  riverainete,  qui  d'ailleurs  sentit  trop  coro- 
pliquee,  trop  lente  &  mouvoir  et  qui,  cependant,  contiendratt  une  part  d'inconnu,  laiseeraH 
l*industriel  expose  a  des  surprises,  par  cela  meme  que  la  licitation  pourrait  toujours  etre  suivie 
d'une  surlicitation. 

Quant  au  Systeme  de  l'association  syndicale  autorisee,  il  ne  fournirait  que  rarement  la 
Solution  des  difßcult&s,  les  associations  de  ce  genre  etant  pratiquement  malaisees  &  constituer. 
Autant  il  paralt  desirable  d'enoourager  les  associations  volontaires  de  riverains  ä  s'organiser, 
et  de  les  admettre  au  benefice  de  la  loi,  autant  il  semble  inutile  d'adopter,  comme  moyen  de 
contrainte,  le  mecanisme  complique  de  l'association  syndicale  autorisee. 

Enfin,  le  Systeme  de  l'Act  Torrens,  bien  que  plus  simple  que  tous  les  precedents, 
est  cependant  defectueux  en  tant  que  Systeme.  II  faut  en  retenir  l'idee  fondamentale  qui  est 
de  developper  les  pouvoirs  du  juge  dans  le  reglement  d*eau  et  de  lui  permettre  en  certains 
cas  de  transformer  les  droits  en  une  indemnite,  mais  la  procedura  de  purge,  imitee  de  l'Act 
Torrens.,  avec  ses  mesures  de  publicite  et  ses  delais,  serait  dangerause  en  ce  qu'elle  pous- 
serait  les  Interesses  a  exercer  leurs  droits,  par  consequent,  en  ce  qu'elle  amenerait  la  multi* 
plication  et  la  fragmentation  des  chutes,  au  lieu  de  fa*oriser  leur  concentration,  resultat  tres 
f&cheux  au  point  de  vue  d'un  bon  amenagement  general  des  forces  bydrauliques. 

Tous  ces  systemes  ecartea,  on  se  retrouve  en  presence  des  realites  tres  simples  que 
nous  avons  signalees,  savoir:  d'un  cöie  les  lacunes  de  la  legislation  actuelle;  de  l'autre  les 
remedes  demandes,  soit  par  l'industrie  privee  en  faveur  d'usines  qui  resteraient  privees,  tout 
en  acquerant  des  facilites  de  creation,  soit  par  l'Administration  en  faveur  d'usines  qui  acquer- 
raient  une  certaine  autonomie  industrielle,  tout  en  restant  publiques.  II  n'y  a  qu'ä  donner 
satisfaction  a  ces  desiderata  en  touchant  le  moins  possible  au  regime  legal  existant  et  en  le 
completant  dans  la  mesure  strictement  necessaire. 

C'est  en  nous  placant  dans  cet  ordre  d'idees  que  nous  avons  arrgte  les  tennes  du 
präsent  projet  de  loi. 

Economic  generale  du  projet  de  loi. 

Ce  projet  se  caracterise  par  les  traits  suivants: 

1°  II  se  borne  a  creer  deux  nouvelles  categories  d'usines:  les  usines  privees 
privilegiees  et  les  usines  d'utilite  publique  autonomes;  ces  nouvelles  categories 
ne  detruisent  pas  les  anciennes,  elies  s'y  superposent  et  leur  emploi  est  facultatif. 

Die  weiteren  allgemeinen  Motive  und  diejenigen  zu  den  einzelnen  Gesetzespara- 
graphen sind  fortgelassen  und  es  folgt  hier  gleich  der  Abdruck  des  Gesetzentwurfes  selber. 

Projet   de   loi. 

Le  President  de  la  Republique  francaise 

Decrete: 
Le  projet  de  loi  dont  la  teneur  suit   sera  presente  ä  la  Chambre  des  Deputes  par  le 
Ministre  de  l'Agriculture,  qui  est  charge  d'en  exposer  les  motifs  et  d'en  soutenir  la  discussion. 


§   2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  für  Wasserkraftanlagen  usw.     Anhang.         79 

Chapitre  premier. 
Des  usines  hydrauliques  priväes. 

Article  premier. 

Lee  usines  hydrauliques  priväes  sur  les  cours  d'eau  non  navigables  ni  flottables  sont 
divisäes  en  deux  catägories. 

La  premi&re  catägorie  comprend  oelles  qui  sont  uniquement  soumises  a  la  lägislation 
anl&rieure  a  la  präsente  loi. 

La  seconde  catägorie  comprend  Celles  qui  ont  obtenu  le  bänäfice  des  dispositions  de  la 
präsente  loi,  dans  les  formes  prävues  aux  articles  2  et  3  ci-apräs. 

Les  usiniers  pourront,  ä  leur  choix,  soit  demeurer  sous  le  regime  de  la  lägislation 
actuelle,  soit  demander  a  bänäficier  des  dispositions  de  la  präsente  loi. 

Art  2. 

Pour  qu'une  usine  bänäficie  des  dispositions  de  la  präsente  loi,  il  est  näcessaire  qu'une 
demande  erpresse  ait  ätä  formuläe  ä  cet  effet,  soit  dans  la  demande  en  autorisation  des 
onvrages,  soit  poetärieurement,  s'il  s'agit  d'une  usine  ezistante. 

Le  demandeur  doit  indiquer  les  sections  de  rivee  intäressäes,  soit  par  la  retenue  des 
soit  par  les  därivations  usiniäres  projetäes. 

II  doit  ägalement  justifier  qu'il  dispose: 

1°  Des  terrains  näcessaires  a  l'ätablisseinent  de  l'usine; 

2°  De  l'une  des  rives  a  l'emplacement  du  barrage  projetä; 

3°  Des  droits  appartenant  aus  riverains  sur  le  quart  au  moins  de  la  longueur  des 
rives,  dans  la  section  intäressäe. 

Art  3. 

La  demande  est  soumise  ä  une  enquäte,  dont  les  formes  sont  les  mämes  que  Celles  de 
l'enquäte  prescrite  par  Particle  12  de  la  loi  du  8  avril  1898. 

II  est  statuä  par  un  däcret  en  Conseil  d'fitat,  soit  pour  .admettre  la  demande,  soit 
pour  la  rejeter,  si  les  conditions  näcessaires  pour  obtenir  l'autorisation  prävue  par  la  loi  du 
8  avril  1898  et  Celles  qui  räsultent  de  la  präsente  loi  ne  sont  pas  remplies,  ou  s'il  ressort  de 
Ifenquäte  des  oppositions  que  le  Conseil  d'£tat  aura  jugäes  däcisives. 

L'autori&atioi*  est  pärimäe  si  une  partie  des  travaux  hydrauliques,  däterminäe  par  le 
däcret,  n'est  pas  exäcutäe  dans  un  dälai  de  trois'ans  a  dater  de  ce  däcret  Elle  pourra  tou- 
jours  ätre  retiräe  par  däcret  en  Conseil  dTfiiat,  si  les  conditions  prescrites  dans  l'acte  d'autori- 
sation,  par  application  de  Particle  6  ci-apr&s,  pour  la  sauvegarde  des  intäräts  gänäraux  ne 
sont  pas  remplies  ou  cessent  de  l'ätre. 

Art.  4. 

Lorsqu'une  demande  en  ätablissement  d*usine  nouvelle  a  ätä  däposäe,  des  demandes  en 
concurrence,  comprenant  en  tout  ou  en  partie,  la  section  du  cours  d'eau  intäressäe  par  la 
demande  primitive,  peuvent  ätre  formäes  au  cours  de  l'instruction  ä  laquelle  eile  est 
soumise.  Elles  doivent  ätre  notifiäes  par  les  soins  des  demandeurs,  ä  tous  les  demandeurs 
antärieurs. 

Lorsque  plusieura  demandes  se  trouvent  en  concurrence  pour  une  mäme  chute,  la  prä- 
färence  est  donnäe  ä  celui  des  demandeurs  qui  peut  justifier  qu'il  dispose  de  la  fraction  la 
plus  importante  des  droits  appartenant  aux  riverains. 

Lorsque  les  demandes  portant  sur  des  sections  diförentes  d'un  mäme  cours  d'eau  sont 
partiellement  concurrentes,  la  präfärence  est  donnäe  &  celle  qui  a  pour  objet  la  plus  grande 
production  d'änergie,  a  la  condition  que  l'äcart  en  sa  faveur,  dans  les  conditions  moyennes 
d'utilisation  des  ouvrages  ä  ätablir  dans  le  dälai  de  trois  ans  prävu  par  Particle  präcädent, 
soit  d'au  moins  un  cinquifeme. 

Lorsque,  le  droit  de  präfärence  ne  peut  ätre  däterminä  d'apräs  les  rfegles  präcädentes, 
il  räsulte  de  la  prioritä  de  la  demande. 

Art  5. 

La  demande  en  autorisation  prävue  par  les  articles  präcädents  peut  ätre  formäe  par 
tone  association  libre  de  riverains,  constituäe  sous  le  rägime  de  la  loi  des  21  juin  1865- 
22  däcembre  1888;  cette  association  n'est  pas  susceptible  d'ätre  transformäe  en  association 
autorieäe. 


80  I.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

L'association  syndicale  ainsi  constituee  peut  ceder,  2t  titre  temporaire  ou  deÜnitivement, 
ses  droits  aar  la  chute  ou  sur  l'usine. 

Son  syndicat  a  mandat  de  fixer,  entre  les  associes,  les  reserves  d'eau  en  nature,  les 
restitutions  de  forces  motriees  et  les  indemnites  en  argent»  en  observant  les  regles  posees  aux 
article8  8  et  suivants  de  la  präsente  loi;  il  repartit  entre  les  interesses  tous  les  produits  pro- 
venant  des  cessions  prevues  &  l'alinea  precedent»  le  tout  sauf  recours  au  tribunal  civil. 

Les  Statuts  deierminent  les  conditioDS  dans  lesquelles  il  est  proeede'  ä  ees  diverses 
Operations. 

Art.  6. 

L'acte  d'autorisatioii  des  ouvrages  hydrauliques  determine  les  conditions  ä  remplir 
pour  la  sauvegarde  des  intärets  geneVaux,  notamment  en  ce  qui  concerne  la  salubrit6 
publique,  la  protection  contre  les  itiondations,  l'alimentation  des  populatiöns  riveraines,  les 
necessites  de  l'irrigation,  la  conservation  et  la  libre  circulation  du  poisson  et  la  protection  des 
paysages. 

II  peut  contenir  des  reserves  imposant  la  restitution  d'eau,  en  nature,  sur  des  points 
deiermines  de  la  scction,  en  vue  d'entreprises  ayant  pour  objet,  soit  l'alimentation  d'agglo- 
meVations  non  riveraines,  soit  des  irrigations  collect!  ves.  Ces  reserves  seront  non  avenues  si, 
dans  un  delai  de  deux  ans  ä  partir  de  l'acte  d'autorisation,  le  projet  qui  les  a  motivees  n'a 
pas  6i^  approuve,  ou  si,  apres  avoir  eie  approuve,  il  n'a  pas  &6  ex6cut£  dans  un  delai  de 
trois  ans,  ä  partir  de  la  dale  de  l'approbation. 

Pendant  les  dix  premieres  annees,  a  compter  de  la  mise  en  exploitation  de  l'usine, 
tonte  administration  publique  peut  requisitionner,  pour  les  Services  publica  qu'elle  gere,  une 
quote-part  de  l'energie  qui  n'excede  pas  le  quart  en  eaux  basses.  %Cette  requisition  est 
autorisee  par  un  decret  motive  rendu  en  Conseil  d'£tat  sur  le  rapport  du  Ministre  de  l'Agri- 
culture  et  des  Ministres  aux  Departements  desquels  ressortissent  {es  Services  interesses.  La 
requisition  n'est  executoire  que  moyennant  remboursement  prealable  d'une  quote-part  correspon- 
dante  dans  les  frais  d'etablissement  de  l'usine,  ou  moyennant  payement  d'un  droit  de  location 
correspondant,  si  la  requisition  est  temporaire.  En  cas  de  litige,  la  somme  ä  rembourser,  ou 
le  droit  de  location,  est  fixe*  par  le  tribunal  civil  a  dire  d'experts. 

L' Administration  aura  la  facultä  de  requisitionner,  dans  les  m&nes  conditions,  une 
quote-part  de  l'augmentation  d'6nergie  en  eaux  basses,  produite  par  des  travaux  executes,  par 
application  de  la  presente  loi,  ä  l'effet  de  developper  la  puissance  d'une  usine  cr&e  anteneurement 
ä  sa  Promulgation. 

Art  7. 

L'autorisation  est  donnee  sous  la  reserve  des  droits  des  tiers. 

Les  interesses  peuvent  saisir  le  tribunal  civil  de  leurs  demandes  en  reserve  ou 
en  restitution  d'eau  en  natura,  en  restitution  de  foroe  motrioe,  ou  en  indemnit6.  Le  juge, 
en  prononcant,  doit  concilier  les  intereis  de  la  proprio  avec  ceux  de  l'agrioulture  et  de 
l'industrie. 

II  peut  ordonner  qu'une  inderanitä  provisionnelle  sera  payee  par  l'usinier,  avant  tont 
commencement  d'execution  des  travaux  prejudiciables. 

II  s'inspire,  en  outre,  des  regles  suivantes: 

Art.  8. 

Peur  les  irrigations  ou  les  prises  d'eau  d'alimentation  preexistantes,  la  restitution  en 
nature  et  gratuite  de  IVau  peut  £tre  exigee  par  les  inteVesses;  reciproquement,  l'usinier  a  le 
droit  de  se  liberal  ä  leur  egard  en  operant  cette  restitution  et  en  indemnisant,  le  cas  echeaot, 
chacun  d'eux  des  frais  qui  ]ui  seraient  imposes  par  les  modifications  apportees  aux  conditions 
de  l'uülisation  de  cette  eau. 

Par  exception,  et  lorsqu'il  n'aura  pas  6t6  pre*vu  dans  le  decret  d'autorisation  de 
reserves  formelles  en  ce  qui  concerne  les  necessites  de  l'irrigation,  le  juge  peut  prononcer,  a 
charge  d'rodemnite',  lä  diminution  ou  la  suppression  de  Celles  des  irrigations  existaotes 
dont  le  maintien  comporterait  des  dirficultes  excessives,  s'il  reconnait  que  la  creation  des 
ouvrages  projetes  presente  un  interet  notablement  plus  grand  que  celui  des  ouvrages  particu- 
liers  emp6ch6s. 

Pour  les  droits  d'irrigarion  et  d'alimentation  dont  il  n'aurait  pas  6t£  fait  usage  ante» 
rieurement  ä  la  demande  en  autorisation   des  ouvrages,    le  juge  apprecie  si  et  dans  quelle 


§   2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  für  Wasberkraftanlagen  usw.    Anhang.        81 


iure  la  räclamation  individuelle  a  fin  de  räserve  en  nature  qui  lui  est  adressäe  doit  6tre 
avceueillie,  ou  ei  les  droits  invoquäs  doivent  Ätre  r6gl&,  en  tout  ou  en  partie,  par  une  in- 
damnit^  en  argent  L'usinier  peut  toujours  se  lib&rer  vis-a-vis  des  titulaires  de  ces  droits,  en 
leur  fournissant  en  nature  l'eaa  ntoessaire  a  leurs  fonds  bordant  le  coors  d'eau,  dans  les 
oonditions  et  prix  de  revient  qu'ils  auraient  pu  eux-mgmes  räaliser  antörieurement  par  des 
ouvrages  n'utilisant  que  Im  simple  gravitä;  oes  oonditions  et  prix  de  revient  seront,  en  cas  de 
contestation,  fixäs  par  experts. 

Art.  9. 

Le  droit  des  riverains  a  l'usage  des  eaux  a  d'autres  fins  que  l'irrigation  ou  l'alimen- 
tation,  est  transfonnä  en  droit  ä  indemnit& 

Toutefois,  quand  il  se  trouve,  dans  les  sections  de  oours  d'eau  int6ress6es  par  la 
cr£ation  de  la  cbute  projetäe,  des  forces  rootrices  prgexistantes,  l'usinier  doit  restituer  aux 
ayants  droit,  si  oeux-ci  lVxigent,  toute  l'gnergie  dont  ils  dispoeent  La  restitution  peut  6tre 
faite  Sons  forme  d'6nergie  6lectrique,  avec  indemnit£  de  transformation  s'il  y  a  lieu. 

Les  ayante  droit  peuvent,  s'ils  le  präförent,  abandonner  leurs  droitB  a  restitution  de 
l'6nergie  en  nature  moyennant  indemnitä. 

Pour  la  restitution  de  l'änergie  en  nature  prävue  ci-dessus,  l'usinier  aura  le  droit: 
1°  D'6tablir  a  demeure  des  supports  et  ancrages  pour  eonducteurs  a£riens  d'älectricite, 
soit  ä  l'ext&ieur  des  murs  ou  fa9ades   donnant  sur  la   voie  publique,  ,soit   sur   les   toits   ou 
terrasaes  des  batiments,  a  oondition  qu'on  puisse  y  accäder  par  l'ext&rieur; 

2°  De  faire  passer  les  eonducteurs  d'6lectricit£  au-dessus  des  propri6t£s  priväes; 
3°  D'ötablir  a  demeure  des  canalisadons  souterraines  ou  des  supports  pour  eonducteurs 
Syriens  d'6lectricit£,  sur  des  terrains  privfo  non  batis  et  non  fermäs  de  murs  ou  autres  clötures 
äquivalentes ; 

4°  De  couper  les  branebes  d'arbres  qui,  se  trouvant  a  proximitä  des  eonducteurs 
aäriens  d'&ectricitd,  pourraient,  par  leur  mouvement  ou  leur  cbute,  occasionner  des  eourts- 
cireuits  ou  des  avaries  aux  ouvrages. 

Les  droits  prtvus  aux  aliuäas  1  et  2  ci-dessus  ne  pourront  ätre  exercäs  que  sous  les 
oonditions  prescrites,  tant  au  point  de  vue  de  la  säcuritä  qu'au  point  de  vue  de  la  commodite 
des  habitants,  par  un  rfeglement  d'administration  publique.  Ce  rfegiement  devra  limiter 
l'exercioe  de  oes  droits  au  cas  de  couranU  61ectriques  tels  que  la  pr&ence  des  eonducteurs 
d'61ectricit6  ä  proximal  des  batiments  ne  soit  pas  de  nature  ä  präsenter,  nonobstant  les  pr6- 
caution8  priaes  conformöment  aux  röglements,  des  dangers  graves  pour  les  personnes  ou  les 
batiments. 

L'exäcution  des  travaux  prävus  aux  alinSaa  1,  2,  3  et  4  ci-dessus  doit  6tre  pr6c6d6e 
d'une  notification  directe  aux  int6ress6s  et  d'une  enqu&e  speciale  dans  chaque  commune;  eile 
ne  peut  avoir  lieu  qu'apr&s  approbation  du  projet  de  detail  des  traeäs  par  ie  prüfet. 

Elle  n'eutraine  aueune  d£possession ;  la  pose  d'appuis  sur  les  murs  ou  fagades  ou  sur 
les  toits  ou  terrasses  des  batiments  ne  peut  faire  obstacle  au  droit  du  propriätaire  de  d&nolir, 
rlparer  ou  surtlever.  La  pose  des  canalisations  ou  supports  dans  un  terrain  ouvert  et  non 
bau,  ne  fait  pas  non  plus  obstacle  au  droit  du  propri&aire  de  se  clore  ou  de  batir.  Le  pro- 
pri&aire  devra,  un  mois  avant  d'entreprendre  les  travaux  de  d6molition,  räparation,  sur616va- 
tion,  clftture  ou  baiiment,  prävenir  l'usinier  par  lettre  recommandäe,  adressäe  au  domicile 
du  dit  usinier. 

Les  indemnitäs  aui  pourraient  Ätre  dues  ä  raison  des  servitudes  d'appui,  de  passage 
ou  d'gbrancbage,  prgvues  aux  alin£as  1,  2,  3  et  4  ci-dessus,  sont  rägläes  conform6ment  aux 
lois  des  29  avril  1845  et  11  juillet  1847. 

Art.  10.    m 

Les  usines  ttablies  dans  les  oonditions  de  la  präsente  loi  ont  le  b£n6fice  des  servi- 
tudes d'aqueduc  et  d'appui  de'  barrages,  telles  qu'elles  sont  r6gl6es  par  les  lois  des  29  avril 
1846  et  11  juillet  1847.  Elles  ont  6galement,  moyennant  une  juste  et  pr6alable  indemnitä, 
la  faculil  d'oecoper  le  lit  du  oours  d'eau  et  de  submerger  les  berges  par  le  rel&vement  du 
plan  d'eau. 

Toutefois,  les  propri&aires  des  fonds  gravis  de  ces  servitudes  ont'la  faculte  d'exiger 
que  l'usinier  fasse  l'acquisition  des  terrains  submerggs,  ainsi  que  des  emplacements  occup£s 
par  les  ouvrages  ou  par  les  canaux  ä  ciel  ouvert. 

H*n4boch  der  In*.-WiMenseh     III.  Teil.    IS.  Bd.  6 


82  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

Le  propri&aire  peut  obliger  l'usinier  ä  effectuer  tous  lea  ouvragee  neoessaires  pour 
Maurer  la  communication  des  paroellea  traversees. 

Toutea  lea  difficultes  aoulevees  par  l'application  du  preaent  artiole  aont  de  la  comp&ence 
du  tribunal  civil. 

Chapitre   II. 
Des  uaine8  hydrauliquea  däclaräea  d'utilite  publique. 

Art  11. 

Lea  usines  hydrauliquea  peuvent  £tre  6tablies  en  vertu  d'une  declaration  d'utilit6 
publique  et  faire  Pobjet  d'une  eonceaaion  speciale,  lorsqu'ellea  ont  pour  objet  principal 
d'assurer  lea  fournitures  d'energie  neceasairea  &  des  aervicea  publica  de  ITßtal,  des  departe- 
ments,  des  communea  ou  des  syndicats  de  commune*  ou  des  associations  syndicales  autorisecs. 

Art  13. 

La  declaration  d'utilite  publique  est  prononcee  et  la  eonceaaion  eat  approuvee,  apres 
enquete,  par  decret  deiib6r6  en  Cooaeil  d'&at,  aur  le  rapport  du  Miniatre  de  l'Agriculture  et 
des  Miniatres  aux  Departements  deaquels  reaaortiaaent  lea  aervicea  inuSreaaea. 

Toutefois  la  declaration  d'utilite'  publique  eat  prononcee  par  une  loi  rendue  apres  en- 
qugte  et  avis  du  Conaeil  d'&at,  quand  les  travaux  comportent  le  detournement  des  eaux  de 
leur  lit  naturel,  sur  un  parcoura  d'au  moins  20  kilometrea  mesurä  suivant  ce  lit 

La  concession  peut  ötre  accordee,  avec  facultä  de  rätrocession,  aux  departements,  com- 
munea et  syndicats  de  communea. 

Art  13. 

Le  cabier  des  chargea  de  la  eonceaaion  detarmine: 

1°  lea  Services  en  vue  desquels  l'usine  eat  etablie  et  les  conditiona  dana  lesquelles  ila 
seront  desservis; 

2°  la  duree  de  la  concession; 

3°  les  ouvrages,  terraina,  b&timenta  et  engina  de  toute  nature  qui  conatituent  lea  depen- 
dancea  immobilieres  de  la  eonceaaion ; 

4°  le  reglement  d'eau  de  l'ueine,  et  notaroment  lea  mesurea  interessant  la  salubrite 
publique,  la  protection  contre  lea  inondations,  l'alimentation  des  populations  riverainea,  les 
neceaaites  de  l'irrigation,  la  conaervation  et  la  libre  circulation  du  poiaaon  et  la  protection 
des  paysagea; 

5°  lea  droits  et  obligationa  du  concessionnaire,  tant  pendant  la  duree  de  la  conces- 
sion qu'&  8on  expiration,  et  lea  reglea  relatives  au  raebat  de  la  eonceaaion  et  a  la  decheance, 
a'il  y  a  lieu. 

Le  cabier  des  cbarges  doit  etre  conforme  k  un  cabier  des  chargea  type  approuve*  par 
decret  de1ibe>6  en  Gonseil  d'Etat  Toute  derogation  qui  y  aerait  apportee  doit  6m  expressed 
ment  mentionnee  dans  l'acte  de  concession. 

Art.  14. 

Des  modificationa  peuvent  6tre  apportees,  aur  la  demande  du  concesaionnaire  et  en 
vertu  de  decreta  rendua  en  Conaeil  d'Etat  apres  enqultes  et  motivea,  &  raffeetation  de  l'energie, 
teile  qu'elle  eat  prevue  par  le  cabier  dea  cbarges. 

Ein  outre,  ä  toute  epoque,  il  y  a  liberte*  de  vente  et  d'emploi  dea  excedents  d'energie 
et  des  reaidua  d'exploitation. 

Les  traites  passes  par  application  du  paragraphe  precedent  reateront  valables,  en  caa 
de  retour  de  l'uaine  h  l'autorite"  concedarite,  pour  quelque  cause  que  ce  seit»  pendant  un  delai 
d&enninl  au  cabier  des  cbarges. 

Art  15. 

A  l'expiration  du  terme  fixe,  la  eonceaaion  avec  toutea  ses  dependanoes,  tellea  qu'ellea 
aont  delerminees  au  cabier  des  cbarges,  fait  retour  &  lOStat  aana  aueune  indemnitg. 

Dana-  lea  dix  ans  qui  precedent  l'expiration  de  la  concession,  une  conceasion  nou- 
velle  peut  6tre  instituee.  Le  concessionnaire  actuel  a  un  droit  de  preference,  &  conditions 
äquivalentes. 


§   2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  für  Wasserkbaftanlagex  usw.     Anhang.        83 

8i,  cinq  ans  avant  l'expiration  aucune  concession  nouvelle  n'a  6t6  instituee,  le  conces- 
sionnaire  peut  exiger  la  Prorogation  de  sa  concession  ponr  une  nouvelle  duree  de  dix  ans, 
aux  conditionB  anteneures. 

II  en  est  de  m6me  cinq  ans  avant  l'expiration  de  chaque  nouvelle  penode  de 
dix  annfes. 

Art.  16. 

Lee  usines  declarees  d'utilite1  publique  ont  le  b&ieÜce  des  servitudes  mentionnees  a 
l'article   10  de  la  präsente  loi. 

Elles  bengficient  egalement,  d'une  maniere  generale,  des  servitudes  d'appni,  de'passage 
et  d96branchage  qui  sont  accordees  par  l'article  9  aux  usines  privees  privilegiees,  pour  la 
restitution  de  l'energie  en  natura. 

Lee  exprophaiions  necessaires  pour  l'&ablissement  des  usines  d'utilitä  publique  sont 
effectuäes  dans  les  conditions  prevues  par  les  cinq  derniers  paragraphes  de  l'article  16  de  la 
loi  du  21  raai  1836.  Toutefois,  s'il  s'agit  d'exproprier  des  terrains  batis,  la  loi  du  3  mai  1841 
est  seole  applicable. 

Art.  17. 

Le  decret  de  concession  fixe  les  indemnites  qui  peuvent  6tre  allouees,  s'il  y  a  Heu, 
pour  la  privation  des  droits  que  les  riverains  tiennent  de  l'article  644  du  Code  civil,  dans 
les  cas  oü  il  n'en  aurait  pas  encore  6t£  fait  un  usage  effectif. 

Art.  18. 

Les  usines  declarees  d'utilite*  publique  et  leurs  dependances  immobil  i eres,  dtfnies  par 
le  cahler  des  charges,  sont  classees  dans  le  domaine  public. 

Leurs  ouvrages  sont  assimiles  aux  ouvrages  dependant  de  la  grande  voirie,  notamment 
au  point  de  vue  de  la  repreeaion  des  contraventions. 

Les  contraventions  sont  passables  d'une  amende  de  16  francs  ä  300  francs. 

Art.  19. 

Les  usines  qui  fönt  partie  integrante  d  entreprises  declarees  d'utilite  publique,  telles  que 
chemins  de  fer,  tramways,  distributions  publiques  de  lumiere  ou  de  force,  etc.,  bengfictent  des 
dispositions  des  articles  10,  14  et  18  ci-dessus. 

Les  autres  dispositions  de  la  presente  loi  ne  peuvent  leur  Ätre  rendues  applicables 
que  par  une  modification  de  l'acte  de  concession,  approuvee  dans  les  mdmes  formes  que  celui-ci. 

A  ddfaut  de  modification  approuvee  sous  cette  forme,  elles  restent  soumises  au  nieme 
regime  que  l'ensemble  de  l'entreprise  dont  elles  dependent 

Chapitre    III. 
Des  travaux  collectifs  d'amelioration  du  regime  des  cours  d'eau. 

Art.  20. 

L'execution  et  Ten  treuen,  des  travaux  ayant  pour  objet  l'amelioration  du  regime  den 
cours  d'eau  au  point  de  vue  industriel  et  agricole,  peuvent  donner  lieu  a  la  constitutios 
d'associations  syndicales  libres.  Cea  associations  peuvent  se  transformer  en  associations  auto- 
risess,  par  application  de  l'article  8  de  la  loi  des  21  juin  1875-22  decembre  1888,  dans  les 
conditions  de  majorii6  d&erminees  par  les  Statuts. 

Art.  21. 

Les  proprietaires  de  terrains  et  d'usines  qui  ne  feraient  pas  partie  de  l'association, 
mm  qui  auraient  profitl  directement  des  ameliorations  apportees  au  regime  des  cours  d'eau, 
pourront  etre  tenus  de  payer  a  l'association,  lorsqu'elle  aura  6t6  con verde  en  association 
»utoriiee,  des  indemnites  qui  seront  reglees  par  le  conseil  de  pr6fecture,  sauf  recours  au 
Conseil  d'fitat. 

Les  actions  en  indemnites  de  plus-value  ne  peuvent  ötre  exereees  qu'en  vertu  d'une 
autoriaation  prealable  accordee  par  decret  rendu  en  Conseil  d'fitat 

Le  decret  peut  decider  que  les  indemnites  seront  payables  par  annuites,  en  tenant 
compte  chaque  annee  de  l'utilisation  effective  du  Supplement  d'eau  ou  de  force  motrice  resultant 
des  travaux. 

6* 


84  I.    Theodor  Koehn.     Ausbau  vok  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Chapitre   IV. 
Disposition   gEnErale. 

Art.  22. 

Un  rEglement  d'administration  publique  dEterminera  les  mesures  nEoessaires  ä  l'eacäcu- 
tion  de  la  präsente  loi,  et  notamment: 

1°  les  pieces  ä  joindre  ä  la  demande  prEvue  a  l'article  2,  ainsi  que  les  regle*  a  survre 
pour  constater  le  dEpät  de  la  demande  et  pour  en  fixer  la  date; 

2°  le  mode  de  constatation  de  1'exEcution  des  travaux  dans  le  dElai  fixE  a  l'article  3, 
ainsi  que  les  formes  dans  lesquelles  oe  dElai  pourra  Etre  prorogE  en  cas  de  retard  rEsultant 
de  foroe  majeure; 

3°  le  mode  de  notification  et  d'instruction  des  demandes  en  concurrenoe,  les  d£lais 
dans  lesquels  ces  demandes  seront  recevables  et  oeux  dans  lesquels  les  modifications  apportees 
aux  diverses  demandes  en  cours  d'instruction  pourront  Etre  prises  en  considEration  pour 
l'exeroice  du  droit  de  prEfErence; 

4°  le  mode  de  constatation  de  la  prescription  prEvue  au  deuxieme  paragraphe  de 
Particle  6; 

5°  les  conditions  auxqueiles  sera  subordonnE,  ainsi  qu'il  est  prEvu  ä  l'article  9,  l'Etablia- 
sement  des  Supports  pour  condueteure  d'ElectricitE ; 

6°  les  formes  des  enquEtes  auxqueiles  sera  soumiae  la  modification  de  l'affectation  de 
l'Energie  des  usines  d'utilitE  publique  par  application  de  l'article  14; 

7°  les  formes  dans  lesquelles  les  intEressEs  seront  admis  a  faire  valoir  leurs  titres  aux 
indemnitEs  prEvues  par  l'article  17. 

Fait  a  Paris,  le  9  juin   1906. 

8ignE:  A.  Fallieres. 

Par  le  Präsident  de  la  Republique: 

Le  Ministre  de  l'Agriculture, 

Signe:   Ruau. 


b)  Loi  du  15  juin  1906,  s«  les  Distribution»  d'energie. 

Le  SEnat  et  la  Chambre  des  dEputEs  ont  adopte, 

Le  PrEsident  de  la  Republique  promulgue  la  loi  dont  la  teneur  suit: 

Titre  Ier 
Classification  des  Distributions  d'Energie  electrique. 

Article  premier.  —  Les  distributions  d'Energie  Electrique  qui  ne  sont  pas  desttnees 
a  la  transmission  des  signaux  et  de  la  parole  et  auxqueiles  le  dEcret-loi  du  27  dEcembre  1851 
n'eat  pas  d&s  lors  applicable,  sont  soumises  pour  leur  Etablissement  et  leur  fonctionnement 
aux  conditions  generales  ci-aprös. 

Art.  2.  —  Une  distribution  d'Energie  Electrique  n'empruntant  en  aucun  point  de  son 
parcours  des  voies  publiques  peut  Etre  Etablie  et  exploitee,  soit  sans  autorisation  ni  declara- 
tion,  soit  lorsque  ses  conducteurs  doivent  Etre  Etablie,  en  un  point  quelconque,  ä  moins  de 
10  metres  de  distance  horizontale  d'une  ligne  telegraphique  ou*  tElEpbonique  prEexistante,  en 
vertu  d'une  autorisation  dElivrEe  dans  les  conditions  spEcifiees  au   titre  II  de  la  presente  loi. 

Art.  3.  —  Une  distribution  d'energie  Electrique  empruntant  sur  tout  ou  partie  de  son 
parcours  les  voies  publiques  peut  Etre  exploitEe.  soit  en  vertu  de  permissions  de  voirie,  sans 
durEe  dEtermiuEe,  dans  les  conditions  spEcifiEes  au  titre  III  de  la  prEsente  loi,  soit  en  vertu 
de  concessions  d'une  durEe  dEtertninEe,  avec  cahier  des  charges  et  tarif  maximum,  dans'  les 
conditions  speciales  'au  titre  IV,  s'il  n'j  •  pas  dEclaration  d'utilitE  publique,  ou  dans  Celles 
spEcifiEes  au  titre  V,  s'il  y  a  dEclaration  d'utilitE  publique. 

Elle  peut,  suivant  la  demande  de  l'entrepreneur,  Etre  soumise  simultanEment  dans  des 
communes  difiErentes  a  des  rEgimee  diffErents,  soit  oelui  des  permissions  de  voirie  sur  une 
partie  de  son  rEseau,  soit  oelui  de  la  concession  simple  ou  oelui  de  la  conoession  dEclarEe 
d'utilitE  publique  dans  d'autres  parties. 


§   2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  für  Wasberkraftanlagen  usw.     Anhang.         85 

Titre    IL 

Des  ouvrages  de  Iransport  et  de  distribution  d'energie  electrique  etablis 
exclusi vement  sur  des  terrains  prives  sous  le  regime  des  autori- 
sations. 

Art.  4.  —  Les  aatorisations  prevues  par  l'article  2  sont  delivrees  par  le  prüfet,  en 
conformit£  de  l'avis  6mis  par  radministration  des  postes  et  telegrapbes  et  dans  un  delai  de 
trois  mois  ä  partir  de  la  demande. 

Lies  installalions  visees  dans  ees  autorisations  devront  satisfaire  aux  conditioDS  tech- 
niquea  cteterminees  par  les  arr&es  prävus  &  l'article  19  de  la  präsente  loi. 

Elles  devront  etre  exploitees  et  entretennes  de  maniere  a  n'apporter  par  induction, 
derivation  oo  autrement,  aucun  trouble  dans  les  transmissions  telegraphiques  et  teiepboniques 
par  lea  lignes  preexistantes. 

Lorsque,  pour  prevenir  ou  faire  cesser  ce  trouble,  il  sera  necessaire  d'exiger  le  deplaoe- 
ment  oo  la  modification  des  lignes  preexistantes  et  en  cas  de  non-entente  avec  Fexploitant,  la 
nature  des  travaux  2t  exequier  sera  determinee  par  le  ministre  da  commerce,  de  l'industrie,  des 
postes  et  des  telegraphes,  apres  avis  du  comite  d'electricite  vise  par  l'article  20.  Dans  tous 
les  cas,  les  frais  necessites  par  ces  deplacements  ou  modifications  seront  k  la  charge  de 
Vexploitant. 

Titre  III. 

Des  ouvrages  de  transport  et  de  distribution  d'energie  electrique  etablis 
sous  le  regime  des  permissions  de  voirie. 

Art.  5.  —  Les  permissions  de  voirie  sont  dälivrees  par  le  prüfet  ou  par  le  maire, 
suivant  que  la  voie  empruntäe  rentre  dans  les  attributions  de  Tun  ou  de  l'autre,  sous  les  con- 
ditions  ordinaires  des  arrdtls  reglementaires  relatifs  ä  ces  permissions,  et  en  outre  sous  les 
conditions  stipulees  par  les  reglements  d'administration  publique  vises  &  l'article  18  de  la 
präsente  loi. 

Elles  ne  peuvent  prescrire  aucune  disposition  relative  aux  conditions  commerciales  de 
l'exploitation. 

EUes  ne  peuvent  imposer  au  permissionnaire  aucune  charge  pecuniaire  autre  que  les 
redevaoces  pr6vues  au  paragraphe  7  de  l'article  18. 

Aucune  permission  de  voirie  ne  peut  faire  obstacle  ä  ce  qu'il  soit  accorde  sur  les 
meines  voies  des  permissions  ou  concessions  concurrentes. 

Titre  IV. 

Regime  des  concessions  simples  sans  declaration  d'utilite  publique. 

Art.  6.  —  La  concession  d'une  distribution  publique  d'energie  est  donnee,  apres 
enqoete,  soit  par  la  commune  ou  par  le  syndicat  forme  entre  plusieurs  commune»,  si  la  de- 
mande de  concession  ne  vise  que  le  territoire  de  la  commune  ou  du  syndicat,  soit  par  l'Etat 
dans  les  autres  cas. 

Toute  concession  et  soumise  aux  clauses  d'un  cahier  des  cbarges  conforme  ä  Tun 
deB  types  approuves  par  decret  delibere  en  Conseil  d'Etat,  sauf  les  derogationB  ou  modifi- 
cations qui  seraient  expressement  formulees  dans  les  Conventions  passees  au  sujet  de  la  dite 
concession. 

Art.  7.  —  Lorsque  la  concession  est  de  la  compe'tence  de  l'Etat,  Facte  de  concession 
est  passg  par  le  prüfet,  si  eile  ne  s'etend  que  sur  des  communes  situees  dans  le  territoire  du 
<tepartement,  ou  par  le  ministre  des  travaux  publica,  apres  avis  du  ministre  de  Fint£rieur,  si 
die  s'etend  sur  des  communes  situees  dans  plusieurs  d€partements. 

Lorsque  la  concession  est  de  la  comp&enoe  de  la  commune,  Facte  de  concession  est 
passe1  par  le  maire,  en  execution  d'une  deliberation  du  conseil  municipal. 

Si  la  concession  est  de  la  competeoce  d'un  syndicat  de  communes,  Facte  de  concession 
*t  pasee  par  le  pr&ident  du  comite  du  syndicat,  en  execution  d'une  deliberation  de  ce 
comite,  homologuee  par  des  delib&aüons  des  conseil  s  municipaux  de  toutes  les  communes 
»yndiquees. 

La  .concession  donnee  au  nom*  de  la  commuue  ou  du  syndicat  de  communes  n'est 
definitive  qu'apres  avoir  6t£  approuvee  par  le  prüfet. 


86  L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Toutefois,  ei  l'acte  de  conoession  pass6  par  le  ministre,  le  prüfet,  le  maire  ou  le  Pre- 
sident du  comit6  du  syndicat  de  communes  comporte  des  de>ogations  ou  modifications  au  cahier 
des  cbarges  type,  il  ne  devient  dlfinitif  qu'apres  avoir  ei6  approuv6  par  un  deoret  delibere  en 
Conseil  d'Etat 

Art.  8.  —  Aucüne  conoession  ne  peut  faire  obstacle  a  oe  qu'ü  soit  accordä  des  per- 
missions  de  voirie  ou  une  conoession  ä  une  entreprise  concurrente,  sous  la  reserve  que  celle-ci 
n'aura  pas  des  conditions  plus  avantageuses. 

Toutefois,  l'acte  par  lequel  une  commune  ou  un  syndicat  de  communes  donne  la  con- 
cession  de  l'eclairage  public  et  priv6  sur  tout  ou  partie  de  son  territoire  peut  stipuler  que  le 
conoessionnaire  aura  seul  le  droit  d'utiliser  les  voies  publiques  dependant  de  la  commune  ou 
des  communes  syndiquees  dans  les  limites  de  sa  concession,  en  vue  de  pourvoir  a  l'eclairage 
priv6  par  une  distribution  publique  d'energie,  sans  que  cependant  oe  privilege  puisse  s'eteodre 
a  l'emploi  de  l'energie  a  tous  usages  autres  que  l'eclairage,  ni  ä  son  emploi  acoessoire  poar 
l'eclairage  des  locaux  dans  Iesquels  l'energie  est  ainsi  utilisee. 

Pendant  la  duree  du  privilege  ainsi  institue,  les  permissions  de  voirie  delivrees  per  le 
prüfet  et  les  actes  de  concession  passes  au  nom  de  l'Etat  devront  tenir  compte  de  ce  privi- 
lege dans  les  obligations  imposees  aux  permissionnaires  et  concession naires. 

Art.  9.  —  L'acte  de  concession  ne  peut  imposer  au  conoessionnaire  une  cbarge  pecu- 
niaire  autre  que  les  redevances  prevues  au  paragrapbe  7  de  l'article  18,  ni  attribuer  a  l'Etat 
ou  ä  la  commune  des  avantages  particuliers  autres  que  les  prix  reduits  d'abonnements  qui 
seraient  accordes  aux  Services  publice  pour  des  fournitures  äquivalentes. 

Art  10.  —  La  concession  oonfere  a  l'entrepreneur  le  droit  d'executer  sur  les  voies 
publiques  et  leurs  dependances  tous  travaux  neoessaires  ä  l'&ablissement  et  a  Pentretien  des 
ouvrages  en  se  conformant  aux  conditions  du  cahier  des  cbarges,  des  reglements  de  voirie  et 
des  reglements  d'administration  publique  prSvus  &  l'article  18  ci-apres. 

L'autoritS  qui  a  fait  la  concession  a  toujoura  le  droit,  pour  un  motif  d'intäret  public, 
d'exiger  la  suppression  d'une  partie  quelconque  des  ouvrages  d'une  conoession  ou  d'en  faire 
modifier  les  dispositions  et  le  trac6. 

L'indemnite  qui  peut  6tre  due  dans  ce  cas  au  conoessionnaire  est  fixee  par  los  tribunaux 
competents  si  les  obligations  et  droits  de  celui-ci  ne  sont  pas  regles  soit  par  le  cahier  des 
cbarges,  soit  par  une  Convention  posterieure. 

Titre   V. 
Regime  des  concessions  döclarees  d'utilite1    publique. 

Art.  11.  —  Sont  applicables  aux  concessions  declarees  d'utilite  publique  l'article  6> 
les  paragraphe8  1er,  2  et  3  de  l'article  7  et  les  articles  8,  9  et  10  de  la  präsente  loi. 

La  declaration  d'utilitä  publique  est  prononcee,  apres  enquäte,  par  un  decret  delibere 
en  Conseil  d'Etat,  sur  le  rapport  des  ministres  des  travaux  publica  et  de  l'inteneur,  apres  avis 
du  ministre  du  commerce,  de  l'industrie,  des  postes  et  des  telegrapbes  et  du  ministre  de  l'agriculture. 

L'acte  de  concession  ne  devient  däfinitif  qu'apres  avoir  ete  approuvä  par  ce  deoret. 

Art  12.  —  La  delaration  d'utililä  publique  investit  le  concessionnaire,  pour  Fexecu- 
tion  des  travaux  dependant  de  la  conoession,  de  tous  les  droits  que  les  lois  et  reglements 
conferent  a  l'administration  en  matiere  de  travaux  publica.  Le  ooncessionnaire  demeure  en 
meroe  temps  soumis  a  toutes  les  obligations  qui  dement,  pour  l'administration,  de  oes  lois  et 
reglements. 

Sil  y  a  lieu  ä  expropriation,  il  y  est  proc6d6  conformement  a  la  loi  du  3  mai  1841, 
au  nom  de  l'autoritä  concedante  et  aux  frais  du  conoessionnaire. 

La  declaration  d'utilite1  publique  d'une  distribution  d'energie  oonfere,  en  outre,  au  oon- 
cessionnaire le  droit: 

1°  LVetablir  ä  demeure  des  Supports  et  ancrages  pour  conduoteurs  aeriens  d'eiectrieite, 
soit  a  l'exterieur  des  murs  ou  facades  donnant  sur  la  voie  publique,  soit  sur  les  toits  et  ter- 
rasse8  des  b&timents,  ä  la  condiüon  qu'on  y  puisse  acceder  par  l'exterieur,  6taut  specific  que 
ce  droit  ne  pourra  etre  exerce  que  sous  les  conditions  prescrites,  tant  au  point  de  vue  de  la 
securitä  qu'au  point  de  vue  de  la  commodite  des  babitants,  par  les  reglements  d'administration 
publique  prevus  ä  l'article  18,  lesdits  reglements  devant  limiter  Fexercioe  de  ce  droit  au  cas 
de  courants  electriques  tels  que  la  presenee  desdits  conducteurs  d'electricite  a  proximite  des 
bfttiroents  ne  soit  pas  de  natura  a  presenter,  nonobstant  les  precautions  prises  conformement 
aux  reglements,  des  dangers  graves  pour  les  personnes  ou  les  b&tiroents; 


§    2.         Die  Lage  der  Gesetzgebung  pöb  Wasberkbaftanlagen  usw.    Anhang.        87 

2°  De  faire  passer  les  conducteurs  d'dectrioite  au-dessus  des  propri&es  privees,  sous 
les   mgmes  conditions  et  r&erves  que  Celles  spfciBees  &  Talinea  1°  ci-dessus; 

3°  D'&ablir  a  demeure  des  canalisations  souterraines,  ou  des  Supports  pour  conducteurs 
a6riena,  äur  des  terrains  priv&  non  batis,  qui  ne  sont  pas  ferm£s  de  murs  ou  autres  clfttures 
äquivalentes; 

4°  De  oouper  les  branches  d'arbre  qui,  se  trouvant  a  proximitö  des  conducteurs  aeriens 
d'6lectrieit6,  pourraient,  par  leur  mouvement  ou  leur  chute,  oocasionner  des  courts-circuits  ou 
des  avaries  auz  ouvrages. 

L'ex&ution  des  travaux  prävus  aux  alinäas  1°  et  4°  ci-dessus  doit  6tre  prfeedee  d'une 
notification  directe  aux  inteiessäs  et  d'une  enqu&e  speciale  dans  chaque  commune;  eile  ne 
peut  avoir  lieu  qu'apres  approbation  du  projet  de  detail  des  traces  par  le  prüfet. 

Elle  n'entralne  aucune  däpossession ;  la  pose  d'appuis  sur  les  murs  ou  facades  ou  sur 
les  toito  ou  terrasses  des  batiments  ne  peut  faire  obstacle  au  droit  du  propri&atre  de  dlmolir, 
räparer  ou  surelever.  La  pose  des  canalisations  ou  supports  dans  un  terrain  ouvert  et  non 
b&ti  ne  fait  pas  non  plus  obstacle  au  droit  du  proprieiaire  de  se  clore  ou  de  bfttir.  Le  pro- 
priätaire  devra,  un  mois  avant  d'entrepreudre  les  travaux  de  d&nolition,  rgparation,  suräleva- 
Uod,  ctöture  ou  bätiment,  pr6venir  le  concessionnaire  par  lettre  recommandee  adressee  au  do- 
micile  6Iu  par  ledit  concessionnaire. 

Les  indemnitäs  qui  pourraient  etre  dues  a  raison  des  servitudes  d'apptri,  de  passage 
ou  d'6branchage,  prevues  aux  alinöas  1°,  2°,  3°  et  4°  ci-dessus,  sont  rgglees  en  premier  ressort 
par  le  juge  de  paix:  s'il  y  a  expertise,  le  juge  ne  peut  nommer  qu'un  seul  expert 

Titre  VI. 

Conditions  communes  &  l'6tablissement  et  ä  l'exploit ation  des  disfribu- 
tions  sous  le  räginve  des  permissions  de  voirie  ou  des  concessions. 

Art.  13.  —  L'&ablissement  et  exploitation  des  lignes  de  transport  d'energie  electrique 
plaoäes  sous  le  regime,  soit  du  titre  III,  soit  du  titre  IV,  soit  du  titre  V  de  la  präsente  loi, 
aont  soumises  aux  conditions  ci-apres. 

Art  14.  —  Les  projets  sont  examinäs  par  les  representants  des  Services  interesses 
dans  une  oonftreuoe  a  laquelle  prennent  part,  dans  tous  les  cas,  les  representants  de  Padmi- 
nistration  des  poeter  et  des  t616graphes.  8i  l'accord  en  vue  de  l'execution  des  projets  n'inter- 
▼ient  pas  au  cours  de  la  Conference,  Faffaire  est  soumise  au  comit£  d'electricitä.  8i  tous  les 
ministres  intereesäs  n'adherent  pas  ä  Favis  du  comitä,  il  est  Statut  par  decret  en  conseil  des 
ministres. 

Art.  16.  —  La  mise  en  Service  d'une  distribution  d'energie  älectrique  ne  peut  avoir 
lieu  qu'a  la  suite  des  essais  faits  en  pr&ence  du  Service  du  controle  et  des  representants 
des  Services  int&essäs,  et  apres  delivrance,  par  le  prüfet,  d'une  autorisation  de  circulation 
du  courant 

Art.  16.  —  Le  conträle  de  la  construotion  et  de  Fexploitation  est  exerc6  sous 
l'autoritö  du  ministre  des  travaux  publies,  soit  par  les  agents  qu'U  aura  delegues  ä  cet  effet 
lorsqull  s'agit  de  coueeesions  donness  par  l'Etat  ou  de  permissions  pour  des  distributions 
empruntant  en  tout  ou  en  partie  la  grande  voirie,  soit  par  les  agents  deleguta  par  les  muni- 
dpalites  lorsqu'il  s'agit  de  concessions  donnees  par  les  communes  ou  les  syndicats  de 
communes  ou  de  permissions  pour  les  distributions  n'empruntant  que  les  voies  vicinales 
ou  urbaines. 

Art.  17.  —  L'administration  des  postes  et  des  telägraphes  peut  adresser  au  service  du 
centrale,  oonstiträ  comme  il  est  dit  &  l'artide  16,  une  requisition  ä  1'efFet  de  prendre  toutes 
les  mesurss  neoessaires  pour  pr&renir  ou  faire  cesser  toute  perturbation  nuisible  aux  trans- 
misaions  par  les  lignes  tällgraphiques  ou  telephoniques  actuellement  existantes  dans  le  rayon 
d'influence  des  conducteurs  d'energie  electrique. 

8emblable  requisition  peut  Ätre  adressee  au  service  du  contröle  par  les  fonctionnaires 
ehargäs  de  la  survefllance  de  tout  service  public  dont  la  marche  subirait  une  atteinte  du  fait 
du  fonctionnement  d'une  distribution  d'energie. 

Le  service  du  contrftle  est  tenu  de  prendre  les  mesures  neoessaires  pour  qu'U  soit  im- 
m6diatea>ent  däf&ne  a  la  requisition. 

En  cas  de  oontestation,  il  est  ensuite  procedä  comme  il  est  dit  &  l'article  14. 

Art  18.   —   Des    reglementa   d'administration    publique,   rendus    sur   le   rapport   du 


88  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

ministre  de  Pinterieur,  du  ministre  dee  travaux  publica,  du  ministre  du  commerce,  de  Pindustrie, 
des  postes  et  des  telegraphes,  du  ministre  de  Pagriculture  et,  en  outre,  sur  Je  rapport  du 
ministre  des  finances  pour  les  reglements  de  Palinea  7°,  deWmioent: 

1°  La  forme  des  enqudtes  prävues  aux  articles  6,  11  et  12,  Staat  stipull  que  Pavis 
des  coDseils  municipaux  int§resses  devra  £tre  demande'  au  eours  de  oes  enqudtes; 

2°  Les  forme»  de  l'instruction  des  projets  et  de  leur  approbation; 

3d  L'organisation  du  oontrole  de  la  constractioo  et  de  Pexp^oitation  dout  les  frais  soot 
ä  la  charge  du  concessionnaire  ou  du  permissionnaire ; 

4°  Les  conditions  g£n6rale8  et  d'int^rdt  public  auxquelles  deyront  satisfaire  les  ouvrages 
servant  a  la  distribution  d'6nergie,  soit  en  vertu  de  concessions,  soit  en  vertu  de  pennissions 
de  voirie; 

5°  La  forme  des  requisitions  ä  adresser  en  exeeution  de  Particle  17; 

6°  Les  mesures  relatives  a  la  polioe  et  a  la  securit&  de  Pexploitatkra  des  distributions 
d'energie ; 

7°  Les  tarifs  des  redevances  dues  a  PEtat,  aux  departements  et  aux  communes,  en 
raison  de  Poecupation  du  domaine  public  par  les  ouvrages  des  entreprises  concedees  ou  munies 
de  pennissions  de  voirie; 

8°  Et,  en  ggneral,  toutes  les  mesures  necessaires  a  Pexecution  de  la  presente  loi. 

Les  reglements  visäs  par  les  alineas  2°,  4°  et  6°  seront  pris  apres  avis  du  eomit£ 
d'electriche. 

Art.  19.  — Des  arretes  pris  par  le  ministre  des  travaux  publice  et  le  ministre  du 
commerce,  de  Pindustrie,  des  poetes  et  des  telegraphes,  apres  avis  du  comitS  d'6lectricite, 
determinent  les  conditions  techniques  auxquelles  devront  satisfaire  les  distributions  d'energie 
au  point  de  vue  de  la  securite*  des  personnes  et  des  Services .  publica  interesses,  ainsi  qu'an 
point  de  vue  de  la  protection  des  paysages.  Ces  conditions  seront  soumises  a  une  revision 
annuelle. 

Titre  VIL 
Dispositions  diverses. 

Art  20.  —  II  sera  forme  un  comite1  d'electpcitä,  composeV  pour  une  moitie  de  repre- 
sentant8  professionnels  francais  des  grandes  industries  älectriques  et,  pour  Pautre  moitie,  de 
membres  pris  dans  les  administrations  de  Pinterieur,  des  travaux  publics,  du  commerce,  de 
Pindustrie,  des  postes  et  des  telegraphes,  de  la  guerre  et  de  Pagriculture. 

Les  fonctionnaires,  membres  de  ce  comite,  au  nombre  de  quinze,  seront  nommes  par 
decret  sur  les  propositions  que  les  ministres  de  Pinterieur,  des  travaux  publice,  du  commerce, 
de  Pindustrie,  des  postes  et  des  telegraphes,  de  la  guerre  et  de  l'agriculture  ffresenteront»  chacun 
en  ce  qui  le  concerne,  ä  raison  de  trois  par  ministere. 

Les  representants  professionnels  des  grandes  industries  electriques,  au  nombre  de  quinze, 
seront  nommes  par  decret,  sur  les  propositions  du  ministre  des  travaux  publics  et  du  ministre 
du  commerce,  de  Pindustrie,  des  postes  et  des  telegraphes. 

Le  comite  donnera  son  avis  dans  les  cas  prevus  par  la  presente  loi  et  sur  toutes  les 
questions  dont  les  ministres  interesses  le  saisiront. 

Le  mode  de  son  fonctionnement  sera  determine  par  un  reglement  d'administration 
publique. 

Art.  21.  —  La  dedaration  d'utilitä  publique  d'ouvrages  ä  ex£cuter  par  PEtat,  un 
departement,  une  commune  ou  une  association  syndicale  de  la  loi  du  26  juin  1866,  modifiee 
par  celle  du  22  decembre  1888,  ou  par  leur  concessionnaire,  confere  a  Padministration  ou  au 
concessionnaire  pour  Pätablissement  ou  le  fonctionnement  des  conducteurs  d'energie  employes 
a  Pexploitation  de  ces  ouvrages,  les  droits  de  passage,  d'appui  et  d'ebrancbage  specifies  a 
Particle  12  ci-dessus,  avec  application  des  dispositions  speciales  edictees  a  cet  effet  par  les 
reglements  d'administration  publique  prävus  ä  Particle  18. 

Le  benefice  de  ces  droits  restera  acquis  a  Padministration  ou  au  concessionnaire,  meine 
dans  le  cas  oü  P€nergie  serait  fournie  aux  conducteurs  par  une  usine  privee  ou  par  une  entre- 
prise  de  distribution  publique  d'energie  non  declaree  d'utilite  publique,  et  aussi  dans  le  cas 
oü  les  ouvrages  serviraient  simultan^ment  ä  un  transport  d'energie  destine*  ä  des  usages  autres 
que  le  service  public  ou  le  service  de  Passociation  syndicale. 

Art.  22.  —  Les  contestations  et  reclamations  auxquelles  peut  donner  lieu  Papplication 


§    2.  Die  Lage  der  Gesetzgebung  füb  Wasserkraftanlagen  usw.    Anhang.        89 


iree  prises  an  vue  de  la  protection  des  transmissions  telegraphiques  et  telephoniques, 
et,  en  gäneral,  de  la  marche  de  tout  servioe  public,  sont  jugees  par  le  Conseil  de  preiecture, 
sauf  reeours  au  Conseil  d'Etat,   comme  eu   matiere  de  dommages  causes  par  l'execution  des 


Art  23.  —  Toiite  eontravention  aux  arretes  d'autorisation  pris  en  conformitä  des 
diapoaitioos  da  titre  II  de  la  präsente  loi  sera,  apres  une  mise  en  demeure  non  suivie  d'effet, 
pania  des  penalites  portees  a  l'article  2  da  decret-loi  da  27  deoembre  1851.  Elle  sera  con- 
atatfe,  poursuivie  et  reprimee  dans  les  formes  deierroinees  au  titre  V  dudit  decret. 

Art.  24.  —  Lorsque  le  permissionDaire  ou  le  conoessionnaire  d'une  distribudon  d'energie 
eootraTiefidra  aox  danses  de  la  peraission  de  voirie  ou  da  cahier  des  charges  de  la  eonceasion 
oa  tax  deetsions  rendues  en  execution  de  ees  claases,  en  oe  qai  concerne  le  servioe  de  la 
navigation  ou  des  cbemins  de  fer  ou  tramways,  la  viabilitö  des  voies  nationales,  departemen- 
tale*  ou  oommunales,  le  libre  ecoulement  des  eaux,  le  fonctionnement  des  Communications 
ttittgnphiqaes  oa  telephoniques,  proces-verbal  sera  dresse*  de  la  eontravention  par  les  agents 
da  servioe  interesee  dument  assermentes. 

Gas  contraventions  seront  poursuivies  et  jugees  comme  en  matiere  de  grande  voirie  et 
punies  d'une  amende  de  seile  francs  (16  fr.)  a  trois  cents  francs  (300  fr.),  sans  prejudice  de 
la.  reparation  da  dommage  caus6. 

Le  servioe  du  centrale  pourra  prendre  imm&liatement  toutes  les  mesures  provisoires 
pour  faire  cesser  le  dommage,  comme  il  est  procede  en  matiere  de  voirie.  Les  frais 
qa'entralnera  l'execution  de  oes  mesures,'  ainsi  que  ceux  des  travaux  que  les  administrations 
inlemaaees  auraient  6t6  amenees  a  faire  comme  suite  ä  la  requisition  visee  ä  rarticle  17, 
seront  a  la  charge  du  permissionnaire  ou  du  conoessionnaire.  II  en  sera  de  mime  pour 
les   frais   avances  par   l'Etat  pour  la  modification   des  installations  des  Services  publica  pre- 


Art  25.  —  Toute  infraction  aux  disposidons  eclictees  dans  Tinteret  de  la  securitä  des 
peraonnes,  soit  par  des  regleinents  d'administration  publique,  soit  par  les  arr&es  vises  ä 
l'article  19,  sera  poursuivie  devant  les  tribunaux  correcdonnels  et  punie  d'une  amende  de 
seile  francs  (16  fr.)  a  trois  mille  francs  (3.000  fr.),  sans  prejudice  de  l'application  des  pena- 
lites prevues  au  Code  penal,  en  cas  d'aeeident  resultant  de  l'infraetion. 

Les  delits  et  contraventions  pourront  6tre  constates  par  des  proees-verbaux  dresses  par 
las  officio»  de  police  judiciaire,  les  Ingenieurs  et  agents  des  ponts  et  chaussees  et  des  mines, 
les  ingenieurs  et  agents  du  servioe  des  tälegraphes,  les  agents  voyers,  les  agents  munieipaux 
chargee  de  la  surveillance  ou  du  contröle  et  les  gardes  particuliera  du  conoessionnaire  agr&s 
par  l'administration  et  dütnent  assermentes. 

Obs  proees-verbaux  feront  foi  jusqu'a  preuve  du  contraire. 

Us  seront  vises  pour  timbre  et  enregistres  en  de'bet. 

Oeux  qui  seront  dresses  par  des  gardes  particuliera  assermentes  devront  6tre  affirmes 
dans  les  trois  jours,  ä  peine  de  nullite,  devant  le  juge  de  paix  ou  le  maire,  soit  du  lieu  du 
delit  ou  de  la  eontravention,  soit  de  la  residence  de  l'agent 

Art  26.  —  Sont  maintenues  dans  leur  forme  et  teneur  les  concessions  et  permissions 
aooordees  par  des  actes  anteneurs  ä  la  presente  loi» 

Art  27.  —  Sont  abrogees  la  loi  du  25  juin  1895  et  toutes  les  disposidons  oontraires 
a  la  presente  loi. 

La  presente  loi,  deliberee  et  adoptee  par  le  Senat  et  par  la  Ghambre  des  deputes,  sera 
executee  comme  loi  d'Etat 

Fait  a  Paris,  le  15  juin  1906. 


A.  Fallieres. 


Par  le  President  de  la  Republique: 
Le  ministre  de  travaux  publica,  des  postes 
et  des  telegrapnes. 

Louis  Barthou. 


Le  ministre  de  l'int&ieur, 
O.  Clemenceau. 


90  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  vom  Wasserkräften.    Allgemeines. 

e)  Rapport  fait  au  nom  de  la  Commission  **)  chargee  d'examiner  la  propositioa  de 
loi,  adoptee  par  la  Chambre  des  Deputes,  sur  les  Distributions  d'energie. 

par  M,  Chautemps, 

Senateur. 

Messieurs, 

Dans  sa  seance  da  27  ftvrier  1906,  la  Chambre  des  Deputes  a  adopted  sur  le  rapport 
de  M.  Leon  Janet,  une  proposition  de  loi  concernant  les  distributions  d'energie  electrique  non 
destinees  ä  la  telegraphie  ni  ä  la  teJepbonie. 

Cette  question  etait  pendante  devant  la  Chambre  des  Deputes  depuis  le  12  juillet 
1897,  jour  oü  fut  depos6  le  projet  de  loi  qu'avait  Labore  une  Commission  presidee  par  M. 
Armand  Rousseau,  conseiller  d'Etat  (1894),  et  qui  avait  6t6  adopt£  plus  tard  (1896)  par  le 
Conseil  d'Etat 

Elle  avait  donn6  Heu  a  un  rapport  de  M.  Guillain  (8  fevrier  1898),  puis,  sous  la 
legislature  suivante,  de  M.  Andrö  Berthelot. 

Les  premiers  projets  de  lois  (rapports  Guillain  et  Berthelot)  s'appliquaient  aux  divers 
modes  de  transport  de  l'energie,  aux  conduites  d'eau  &  haute-pression  et  aux  eonduites  d'air 
comprime  oomme  aux  condueteurs  d'electricite ;  celul  qui  a  &6  finalement  adopte  par  la 
Chambre  des  Deputes,  sur  le  rapport  de  M.  Leon  Janet,  ne  vise  que  les  distributions  d'energie 
electrique. 

Une  autre  dissemblance  separe  encore  le  texte  adopte  par  la  Chambre  des  Deputes  de 
oelui  qui  eiait  annexe  au  rapport  de  M.  Andre  Berthelot,  e'est  que  ce  dernier  s'appliquait 
seulement  aux  entreprraes  ayant  pour  objet  la  distribution  de  l'energie  electrique  au  public, 
tandis  que  le  texte  presente  ä  la  Chambre  des  Deputes  par  M.  Leon  Janet  s'applique  egale- 
ment  aux  distributions  n'interessant  que  les  particuiiers. 

Le  texte  adoptl  presente  enfin,  sur  le  projet  Berthelot,  cet  autre  avantage  tres  precieux 
qu'on  j  a  incorporä  les  dispositions  de  la  loi  du  25  juin  1895  qui  restent  en  vigueur,  et 
qu'ainsi,  la  loi  de  1895  pouvant  Atre  abrogee,  la  loi  nouvelle  sera  une  codification  en  un  seul 
texte  de  toutes  les  dispositions  legales  concernant  les  distributions  d'energie  electrique. 

Insuffisance  de  la  legislation  actuelle. 

Dans  l'&at  actuel  de  la  legislation,  les  entreprises  de  distribution  d'energie  sont  regies 
par  la  loi  du  25  juin  1895,  «concernant  l'eiablisseraent  des  condueteurs  d'energie  electrique 
amres  que  les  condueteurs  telegraphiques  et  tglephoniques  »,  et  par  les  dispositions  de  la  loi 
municipale  de  1884  qui  autorisent,  d'une  maniere  generale,  les  maires  a  conceder  l'usage  des 
voies  publiques  communalea. 

La  loi  du  25  juin  1895  ne  prevoit  que  trois  regimes,  la  liberte  absolue,  l'autorisation 
et  la  permission  de  voirie  etc. 

Tarif  maximum.  —  Redevances-  —  Monopole. 

Tarif  maximum.  —  Tonte  coneeesion,  qu'elle  soit  donnee  par  la  commune,  par  un 
syndicat  de  commune«  ou  par  l'Etat,  est  soumise  a  un  cahier  des  charges  conforme  a  Tun 
des  types  approuves  par  decret  delibere  en  Conseil  d'Etat,  et  il  est  dit  ä  l'article  3  que  « les 
ooncessions  d'une  duree  d&erminee,  qu'elles  soient  ou  non  d'utüit£  publique,  seront  soumises 
ä  un  cahier  des  charges,  avec  tarif  maximum». 

Le  rapport  de  M.  Leon  Janet  nous  apprend  que  la  proposition  d'un  tarif  maximum 
a  6te  vivement  com  battue  par  les  industriels  qui  ont  et6  entendus  devant  la  Commission  de 
la  Chambre  des  Deputes;  tous  ont  reclanae  la  plus  grande  liberte  pour  la  fixation  des  prix 
des  courants,  faisant  valoir  que  les  prix  de  revient  dependaient  de  circonstances  diverses, 
telles  que  Fheure  de  la  livraison,  la  quantite  demandee,  la  regularite"  exigee,  etc.;  ils  ont 
demande,  pour  ce  motu,  que  la  plus  grande  liberte  füt  laissee  aux  autoriuSs  concedantes; 
mais  la  Chambre  des  Deputes  a  estiroe,  dÜaccord  avec  sa  Commission,  qu'il  n'etait  pas  possible 
d'aller  jusqu'ä  la  liberte  absolue  des  tarifs,  et  que  rintroduetion   d'un   tarif  maximum   dans 

t*)  Diese  Kommission  ist  zusammengesetzt  ans:  de  MM.  Berthelot,  President;  Genet, 
8ecr6taire;  Fougeirol,  Paul  le  Roax,  Chantemps,  Charles  Prevet,  Goutant,  Pedebidon, 
Francoz. 


§  2.        Die  Lage  der  Gesetzgebung  für  Wassebkraftanlagen  uenfr.    Anhang.        91 

*• 

les  cahiers  des  charges  types  aurait  l'avantage  de  prevenir  certains  abus.    La  Commission  du 
S€nat>  poar  ne  paa  retarder  le  vote  de  la  loi,  s'est  ralltee  ä  cette  manifere  de  voir. 

Redevances.  —  L'article  18   stipule  que   des    rfeglements   d'adrainistration    publique 
d&ermineront: 


•••  •  ••••••••i 


7*  Lee  tarife  des  redevaocee  dues  ä  l'Etat,  aux  departements  et  aux  commune«,  ä 
raison  de  l'oocupation  du  domaine  public  par  lee  ouvrages  des  entreprises  conc6d6es  ou  munies 
de  permissions  de  voirie. 

Lee  tarifs  des  redevances  ont  fait  l'objet  d'un  commentaire  interessant  dans  le  rapport 
präsente  ä  la  Chambre  des  D6put&  par  M.  Andre  Berthelot  (n+  1054  de  la  7#  legislature, 
p.  36);  nous  croyons  utile  de  reproduire  ici  oes  quelques  lignes: 

«Getto  redevance  doit  tenir  compte  pour  les  canalisations  souterraines,  du  Supplement 
des  frais  d'entretien  que  la  presence  de  oes  canalisations  impose  necessairement  au  service 
de  la  voirie,  quelque  imperatives  que  soient  les  prescriptions  qui  mettent  &  la  cbarge  des 
ooncessionnaires  les  frais  de  r6fection  et  d'entretien  temporaire  des  chauss^es  k  la  suite  de 
ees  travaux.  En  oe  qui  ooncerne  les  conducteurs  Syriens,  la  redevance  est  plut6t  une  rede- 
vance nominale,  destinäe  iL  affirmer  les  droits  du  domaine  public.  11  est  n^cessaire  de  faire 
en  sorte  que  les  redevances  qui  seront  impos6es  aux  concessionnaires  oonservent  ces 
caracteres,  et  que  le  däveloppement  des  distributions  ne  soit  paa  entravä  par  1'esprit  de 
fiscalite  des  administrations.  Cest  pourquoi  le  Gouvernement  et  la  Commission  propoaent 
de  faire  fixer  par  un  reglement  d'administration  publique  un  tarif  uniforme,  qui  liera  iL  la 
fots  rAdministration  des  domaines  pour  l'Etat  et  les  Administrations  däpartementales  et 
oommunales.  » 

La  Commission  de  la  Chambre  avait  adopte,  dans   un   m£me  esprit,   une  disposition 
fixant  le  maximum  de  la  redevance  fiscale  par  kilometae,   mais   eile  a  finalement   abandonne 
\  cette  disposition. 

La  Commission  du  Senat  eftt  volontiere  adopte  un  texte  mettant  un  freio  k  l'esprit  de 
fiscalite  excessif  de  certaines  municipalites»  mais  eile  en  a  et6  61oign£e  par  son  desir  de  ne 
pas  modifier,  si  peu  que  oe  füt,  le  texte  adopte  par  la  Chambre  des  D6put6s,  et  eile  s'est 
born6e  iL  prier  son  rapporteur  d'insister  fortement  sur  la  necessite  de  ne  pas  oonsidörer  les 
redevances  de  l'article  18  comme  un  impftt,  mais  comme  l'indemmte  justement  dne  pour  le 
Supplement  de  depenses  d'entretien  que  la  presence  des  canalisations  peut  occasionner  a  la 
charge  des  Services  de  voirie. 

Monopole.  —  Le  texte  adopte  par  la  Chambre  ne  permet,  en  aucun  cas,  que  l'energie 
destin6e  iL  la  foroe  motrice  puisse  faire  l'objet  d'un  monopole;  eile  autorise  les  monopoles  d'une 
duree  maxima  de  trente  ans  pour  Feclairage  eiectrique,  estimant  que  l'interdiction  ou  la  limi- 
tation  trop  etroite  du  monopole  empecherait  beaucoup  de  petites  communes  de  trouver  des 
concessionn  aires. 

La  Commission  du  Senat  s'est  rang£e  iL  cette  maniere  de  voir. 

Organisation  du  contrAle  des  distributions  d'energie. 

La  loi  de  1895  ne  donne  pas  l'unite  de  contrdle.  Les  conflits  sont  frequenta  entre 
les  agents  des  Postes  et  Teiegraphes  et  ceux  des  Travaux  pu blies. 

La  nouvelle  loi  cree  cette  unite  en  faisant  intervenir  les  Conferences  mixtes  des  Services 
Interesses, 

Elle  reorganise  le  oomite  superieur  d'electricite,  dans  lequel  eile  fait  entrer  pour  moitie 
les  representants  professionnels  des  grandes  industries  eiectriques. 

Du  transfert  de  l'energie  eiectrique  iL  l'etranger. 

La  Commission  avait  termine  l'examen  de  la  präsente  proposition  de  loi  et  adopte, 
sans  changement,  le  texte  vote  dejiL  par  la  Chambre,  lorsque,  oecupe  iL  corriger  les  epreuves 
de  ce  travail,  le  rapporteur  soussigue,  qui  represente  un  pays  de  houille  blanche  et  en  m£me 
tempe  un  pays  frontfere,  eut  son  attention  appeiee  sur  la  poesibilite  du  transfert  hors  de 
France  de  l'energie  eiectrique  produite  par  des  forces  hydrauliques  francaises. 


92  I.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Le  Cooseil  national  de  la  Confederation  helvetique  a  pris,  en  effet,  nn  airtte*  en 
du  31  mars  1906,  en  vertu  duquel  <  la  derivation,  ä  l'etranger,  d'energie  electrique  provenant 
de  forees  hydrauliques  suisses  ne  peut  avoir  lieu  sans  l'autori&ation  du  Conseil  föderal  >;  et 
eette  autorisation,  qui  n'est  accordee  qu'«en  iant  que  la  force  hydraulique  ne  trouve  pas 
d'emploi  en  Suisse»,  est  donnee  pour  un  temps  limited  dont  la  duree  ne  peut  exender  vingt 
ans;  eile  peut  etre  retiree  en  tout  temps,  moyennant  indemnitä,  pour  des  raisons  d'utilit£ 
publique. 

La  neoessite'  d'une  disposition  de  loi  analogue  s'impose  evidemment  pour  la  France; 
mais  allions-nous  provoquer  une  nouvelle  reunion  de  la  Commission  senatoriale  pour  )ui  pro- 
poeer  l'addition  d'un  texte,  ou  bien  n'etait-il  pas  preTerable,  vu  l'impatience,  avec  laquelle  est 
attendu  le  vote  deÜnitif  de  la  loi  sur  les  distributions  d'änergie,  de  ne  rien  changer  au  texte 
de  la  Cbambre  et  de  demander  a  une  propoeition  de  loi  speciale  le  reglement  de  la  question 
soulevee  par  le  recent  arrete  föderal? 

Nous  nous  sommes  deeides  pour  cette  derniere  procedura*'). 

Nous  avons  dono  l'honneur  de  proposer  au  Senat  l'adoption  du  projet  de  loi  auivant, 
qui  est  identique  au  texte  vot£  par  la  Cbambre  des  D6putes. 


Anlage  III. 

a)  Message  du  Conseil  föderal  a  l'Assemblee  föderale  concernant  un  projet  d'arrete 
föderal  sur  l'utilisation  des  forees  hydrauliques  de  la  Suisse  a  Fetranger88). 

(Du  4  decembre  1905.) 

Monsieur  le  President  et  Messieurs, 

La  Suisse  possede,  comme  pays  de  montagnes,  une  r&erve  de  forees  hydrauliques 
d'une  utilisation  relativement  facile;  c'est  un  capital  qui  constitue  une  partie  importante  de  la 
richesse  nationale  et  la  valeur  en  a  ete  considerablement  augmentee  ä  partir  du  jour  oü, 
l'electricitl  inaugurant  sa  marche  triomphale  ä  travers  le  monde,  la  teebnique  de  la  trans- 
formation  des  fbroes  hydrauliques  en  eoergie  electrique  a  pris  un  essor  qui  tient  du  prodige. 
Grftce  aux  progres  realises  dans  ce  domaine,  la  Suisse,  jusqu'ici  tributaire  de  l'etranger  pour 
la  bouille  destinee  ä  la  produetion  de  la  force  mecanique,  peut  remplacer  desormais  ce  com- 
busüble,  dans  une  tres  forte  mesure,  par  la  force  hydraulique  indigene.  Or,  s'il  est  vrai  que 
nous  dependons  de  l'&ranger  pour  Pecoulement  de  nos  produits  industriell  nous  devons,  en 
revanche,  saluer  avec  joie  la  reduetion  du  tribut  que  nous  payons  au  dehors  pour  la  plus 
importante  des  matieres  premiere»  necessaires  a  notre  Industrie.  Aussi  le  peuple  suisse  a-t-il 
dejä  le  sentiment  que  nos  forees  hydrauliques  constituent  une  ressource  inappreciabie,  sur 
laquelle  il  doit  veiller  plus  soigneusement  qu'il  ne  l'a  fait  jusqu'ici.  D'oü  la  neoessite,  pour 
les  autorites  du  pays,  de  se  preoecuper  de  la  question  et  d'y  vouer  une  plus  grande  attention 
que  jusqu'a  ce  jour.  Nous  avons  ä  veiller  en  premiere  ligne  ä  ce  que  la  Suisse  puisse  dis- 
poser  des  forees  hydrauliques  necessaires  lorsqu'elle  voudra  exploiter  par  l'^lectricite  ses  voies 
ferrees,  dont  la  plupart  sout  dejä  nationalisees.  Nous  avons  a  travailler,  en  second  lieu,  a 
assurer  lemploi  de  nos  chutes  d'eau  au  profit  de  la  produetion  et  de  la  consommation  indi- 
genes.  Enfin,  nous  devons  aviser  aux  voies  e  moyens  d'utiliser  les  forees  hydrauliques  du 
pays  d'une  maniere  rationelle  et  dans  l'int£ret  de  l'ensemble  de  la  population,  de  prevenir  la 
dilapidation  de  ce  bien  commun  et  d'eviter,  en  troisieme  lieu,  que  l'Etat  ne  soit  un  jour  oblige 
de  recourir  exclusivement  au  moyen  tres  onereux  de  l'expropriation  pour  le  rachat  de  ce  qui 
est  dejä  concede  ou  le  sera  encore. 

Comme  vous  le  savez,  nous  aecordons,  depuis  un  certain  temps  deja,  toute  notre  atten- 
tion ä  la  premiere  de  ces  taches. 

Nous  nous  oecupons  de  la  deuxieme  dans  Texpose  et  les  propositions  qui  vont  suivre. 

La   realisation  du   troisieme    et    du    plus    important    des   buts   a  poursuivre   offre  de 


27)  Die  Kommission  hat  dann  einen  Gesetzentwurf  vorgelegt,  welcher  fast  identisch  ist  mit 
dem  Entwurf  des  schweizerischen  Bandesrats,  welcher  am  31.  März  1906  von  der  Bundes- Versammlung 
angenommen  wurde  und  dessen  Wortlaut  nebst  Motiven  in  Anlage  III  abgedruckt  ist 
*»)  Ein  deutscher  Text  stand  leider  für  den  Abdruck  nicht  zur  Vertagung. 


§  2.  Die  Laos  dbr  Gesetzgebung  für  Wasberkraftaiilagen  usw.    Anhang.        93 


difficultes,  en  tant  que  la  tache  incombe  ä  la  Confed  Gration.  La  principale 
difficolt^  reside  dans  le  fait  que  la  ConfSderation  doit  prealablement  s'entendre  avec  les  can- 
tons  et  irouver  le  mayen  de  tenir  suffisamment  compte  de  leurs  interets  legitimes.  Nous 
▼oaerone  a  cette  troisieme  tache  toute  la  sollicitude  qu'elle  merite. 

£xaminons  aujourd'bui  de  plus  prfcs  le  deuxieme  but  ä  atteindre. 
L»a  charge  ou  pente  de  dos  coure  d'eau  et  des  affluents  de  nos  lacs  est  une  proprio 
publique,  au  sens  strict  du  mot,  et,  dans  une  acception  plus  etendue,  un  bien  national.  Les 
eommoDes,  les  cantons  et  la  Confederation  s'efforoent  de  regulariser  le  oours  des  fleuves, 
rivieres  ou  torrents,  d'empecher  la  destruction  des  installations  hydrauliquee  qui  existent  deja 
ei  de  prevenir  les  degats  auzqueis  sont  exposees  ces  installations  ou  auxquels  pourraient  l'etre 
Celles  qui  seront  creess  plus  tard.  Le  pays  a  deja  depens£  dans  ce  but  plusieurs  oentaines 
de  millions  de  franes.  Or,  bien  que  la  cooreetion  de  nos  oours  d'eau  profite  egalement  dans 
une  large  mesure  aux  Etats  voisins  sitae*  en  aval,  la  Suisse  a  toujours  pris  la  depense  ex- 
clusivement  ä  sa  Charge. 

Cest  une  raison  de  plus  pour  nous  d'envisager  comme  notre  droit  et,  a  l'egard  du 
peuple,  comme  notre  devoir,  d'assurer  au  pays,  dans  Finteret  national,  l'utilisation  des  cbutes 
d'eau  qui  existent  sur  le  territoire  suisse.  Aussi  longtempe  et  en  tant  que  ces  dernieres  ne 
sont  pas  utilisees  en  Suisse,  rien  n'empeche  d'en  conceder  la  jouissance  dans  les  Etats  voisins. 
Mais  des  qu'elles  trouvent  cbez  nous  leur  emploi,  c'est  ä  cet  emploi  dans  l'interieur  du 
pays  qu'elles  doivent  6tre  affectees  en  toute  premiere  ligne.  Et  si  nos  forces  hydrauliques 
devaieDt  contribuer  ä  assurer  In  victoire  coutre  nous  ä  l'industrie  etrangere,  qui  travaille  deja 
dans  des  conditions  plus  favorables  que  la  n6tre  au  double  point  de  vue  des  salaires  et  de 
l'ecoulement  des  produits,  nous  voulons  pouvoir  retirer  des  mains  de  nos  concurrents  des 
armes  qui  sont  ä  nous. 

Nous  vous  proposons  en  consequence  un  arr&e  qui  nous  permette  de  conserver  a  notre 
pays  ce  qui  lui  appartient. 

Pour  des  raisons  qu'il  serait  superflu  de  discuter,  nous  avons  la  conviction  que  les 
mesures  necessaires  doivent  etre  prises  par  la  Confederation  et  doivent  rentrer  dans  ses 
attributions. 

Nous  estimons  que  la  compeieuce  de  la  Confederation  derive  de  son  but  d'accroftre  la 
prosperitg  commune  des  confederes  (article  2  de  la  Constitution  federale). 

La  question  revet  un  caractere  d'urgence,  particulierement  ä  parür  du  moment  oü 
Ton  apprend  que  l'autoritä  föderale  s'en  occupe.  Nous  proposons  des  lors  d'ajouter  a 
rarretä  föderal  la  clause  d'urgence,  d'autant  plus  justitiee  que  nous  •  sommes  tout  ä  fait 
sürs  que  les  mesures  que  nous  proposons  repondent  aux  vc&ux  de  la  grande  majorite  du 
peuple  suisse. 

Nous  nous  permettons,  en  terra inant,  d'insister  pour  que  cet  objet  soit  liquide  deÜni- 
tivement  pendant  la  session  de  l'Asseroblee  föderale  qui  s'ouvre  aujourd'hui.  Cette  demande 
est  motivee  par  les  memes  raisons  qui  militent  en  faveur  de  la  clause  d'urgence. 

Veuillez  agreer,  monsieur  le  President  et  Messieurs,  l'assurance  de  notre  haute  con- 
sideration. 

Berne,  le  4  decembre  1905. 

Au  nom  du  Conseil  federal  suisse: 
Le  predident  de  la  Confederation, 
Ruche  t. 

Le  I"  vice  chancelier. 
Schatzmann. 

Projet  d'arr£t£  federal  concernant  l'utilisation  des  forces   hydrauliques 

de  la  Suisse  ä  l'etranger. 

L'assemblee  federale  de  la  confederation  Suisse. 

Vu  le  message  du  Conseil  föderal  du  4  decembre  1905; 
En  execution  de  Farticle  2  de  la  Constitution  federale, 

Arr6te: 

Art.  1er  —  La  derivation,  ä  l'etranger,  d'energie  electrique  provenant  en  tolalite  ou 
en  partie  de  forces  hydrauliques  suisses  ne  peut  avoir  Heu  sans  l'autorisation  du  Conseil 
federal.     Les  traites  intemationaux  demeurent  reserves. 


94  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines.. 

Art  2.  —  La  demande  d'autorisation  doit  6tre  adresse«  au  Conseil  föderal  par 
l'entremise  des  gouvernements  cantonaux,  qoi  preavisent  en  ro^me  temps  aar  l'objet  de  la 
rcqudte. 

Art  3.  —  Le  Conseil  f6de>al  acoorde  l'autorisation  en  tant  que  la  force  hydraulique 
ne  trouve  pas  d'emploi  en  Suisse,  et  dans  )a  mesure  seulement  oü  l'utilisation  qui  en  est  faifce 
&  Fetranger  ne  lese  aucun  int6r6t  Baisse. 

Art  4.  —  L'autorisation  est  aceordee  pour  un  temps  limited  dont  la  duree  ne  pent 
excäder  vingt  ans,  et  eile  petit  6tre  renouvelee  oa  modifiee  une  ou  plusieurs  fois,  &  la  requ6te 
du  propri&aire.  La  disposition  de  l'article  2  est  egalement  applicable  aus  demandes  de 
renouvel  lernen  t  ou  de  modification. 

Art  5.  —  Moyennant  indemnitä,  le  Gonseil  föderal  peut  retirer  en  tout  temps  son 
autorisation  pendant  la  periode  pour  laquelle  eile  a  &£  aceordee.  Le  Tribunal  fecteral  jage 
les  cas  de  contestation  sur  le  chiffre  de  l'indemnitä. 

Art  6.  —  La  souverainäte*  cantonale  en  matiere  d'impöt  et  la  legislation  des  cantons 
sur  les  cours  d'eau  demeurent  garanties  dans  les  limites  de  la  Constitution  föderale  et  du 
präsent  arr6t£. 

Art.  7.  —  Le  Gonseil  föderal  est  charge*  d'exöcuter  le  präsent  aristo. 

Art  8.  —  Vu  Particle  89,  2°  alinea,  de  la  Constitution  f ödende,  le  present  arr&6 
est  döclarö  d'urgence  et  entre  immödiatement  en  vigueur. 


Anlage  IV. 
Statut  der  „Wupper-Thalsp^nren- Genossenschaft", 

Wir  Wilhelm,-  von  Gottes  Gnaden  König  von  Preussen  etc.  verordnen  auf  Grund  des 
§  57  des  Gesetzes  vom  1.  April  1879  (Gesetzsammlung  8.  297)  und  des  Artikels  1  des  Ge- 
setzes vom  19.  Mai  1891  (Gesetzsammlung  8.  97)  nach  Anhörung  der  Betheiligten  was  folgt: 

§  1. 

Die  Eigen  thümer  der  in  den  Plänen  des  Professors  Intze  zu  Aachen  vom  April  1894 
beziehungsweise  vom  Oktober  1896  enthaltenen  gewerblichen  Anlagen  im  Gebiete  der  Wupper 
und  ihrer  Nebenflüsse  werden  zu  einer  Genossenschaft  vereinigt,  welche  die  Anlegung,  Benutzung 
und  Unterhaltung  von  Sammelbecken  für  die  Wupper  und  ihre  Nebenflüsse  zur  besseren  Aus« 
nutzüng  der  gewerblichen  Triebkraft  und  zur  besseren  Benutzung  des  Wassers  zu  sonstigen 
gewerblichen  Zwecken  beabsichtigt. 

Die  zunäebt  in  Angriff  zu  nehmenden  Sammelbecken  im  Brucher-  und  im  Beverthale 
sind  auf  Lageplaoen,  die  ein  Zubehör  der  zu  Grunde  liegenden  oben  angeführten  Pläne  bilden, 
mit  Höhen-Curven  der  für  die  Anlage  der  beiden  Thalsperren  bestimmten  Terrains  in  den  ge- 
nannten Thalern,  im  Mai  1888  angefertigt  durch  den  Kataster-Controlleur  8teffen,  dargestellt 
und  werden  daselbst  nach  Nordwest  im  Brucherthale,  nach  Süden  im  Beverthale  durch  den  roth 
angelegten  Grundriss  der  Sperrmauer,  im  Übrigen  durch  die  Höhen- Cur ve  362,55  m  über  N.  N. 
für  das  Brucherthal  und  durch  die  Höhen-Curve  286,43  m  über  N.  N.  für  das  Bevertbal 
begrenzt 

Die  sur  Herstellung,  Unterhaltung  und  Ausnutzung  der  Sammelbecken,  sowie  zum 
Schutze  der  unterhalb  derselben  liegenden  Grundstücke  und  Gebäuhchkeiten  zu  erbauenden 
8perrmauern  sind  auf  den  ebenfalls  ein  Zubehör  der  Pläne  bildenden  „Project- Zeichnungen  zu 
der  Thalsperre  im  Brucherthale  für  750000  cbm  Inhalt  und  zu  der  Thalsperre  im  Beverthale  für 
3000000cbm  Inhalt,  entworfen  und  berechnet  durch  O.  Intze,  Professor/'  in  Vorderansicht, 
Grundriss  und  Querschnitt  dargestellt  und  mit  einer  graphischen  Festigkeitsberechnung  versehen. 

Die  bei  dem  Unternehmen  betheiligten  gewerblichen  Anlagen  sind  in  den  ein  weiteres 
Zubehör  der  Pläne  bildenden  Lagezeichnungen  mit  rother  Farbe  kenntlich  gemacht.  Auch  sind 
diese  Anlagen  in  den  zugehörigen  Verzeichnissen  unter  Angabe  ihrer  Eigenthümer  und  des  in 
den  Voranschlägen  ermittelten  Vortheils  speoiell  nachgewiesen. 

Karten  und  Register  werden  mit  einem  auf  das  Datum  des  genehmigten  Statuts  Bezug 
nehmenden  Beglaubigungsvermerke  versehen  und  bei  der  Aufsichtsbehörde  der  Genossenschaft 
niedergelegt. 


§   2.  Die  Lage  deb  Gesetzgebung  für  Wabsebxraftanlagen  usw.    Anhang.        95 

Abänderungen  der  Projecte,  die  im  Laufe  der  Ausfabrang  sich  als  erforderlich  heraus- 
stellen, können  vom  Genossenschaftsvorstande  beschlossen  werden.  Der  Besohl  uss  bedarf  jedoch 
der  Genehmigung  der  staatlichen  Aufsichtsbehörde. 

Vor  Ertheilung  der  Genehmigung  sind  diejenigen  Genossen  zu  hören/  deren  Grundstücke 
Atilagen  durch  die  Veränderungen  direkt  in  Mitleidenschaft  gezogen  werden. 


§2. 

Die  Genossenschaft  fuhrt  den  Namen  „Wupper-Thalsperren-Genossenschaft"  und  hat  ihren 
Sitx    in  der  Gemeinde  Neuhückeswagen. 

Die  Verlegung  des  Sitzes  an  einen  anderen  im  Gebiete  der  Wupper  oder  ihrer  Neben- 
flüsse belegenen  Ort  kann  von  der  Generalversammlung  der  Genossenschaft  beschlossen  werden 
und   bedarf  der  Genehmigung  der  staatlichen  Aufsichtsbehörde. 

§  3. 

Die  Kosten  der  Herstellung  und  Unterhaltung  der  gemeinschaftlichen  Anlagen  werden 
von  der  Genossenschaft  getragen.  Dagegen  bleiben  die  nach  den  Zwecken  der  Thalsperren- 
anlagen an  den  einzelnen  Betriebswerken  erforderlichen  Einrichtungen  den  betreffenden  Genossen 
überlassen. 

Die  Genossen  sind  gehalten,  den  im  Interesse  des  ganzen  Unternehmens  getroffenen 
Anordnungen  des  Vorstehers  Folge  zu  leisten. 

§  4. 

Ausser  der  Herstellung  der  im  Projecte  vorgesehenen  Anlagen  liegt  dem  Vorstande 
ob,  Anlagen,  welche  im  besonderen  Interesse  mehrerer  Betheiligter  zur  besseren  Ausnutzung 
der  gewerblichen  Triebkraft  oder  zur  besseren  Benutzung  des  Wassers  der  Sammelbecken  und 
der  dazu  gehörigen  Wasserläufe  zu  sonstigen  gewerblichen  Zwecken  dienen  sollen,  einzurichten 
und  auf  Rosten  der  dabei  Betheiligten  ausführen  zu  lassen. 

Die  Absiebt  des  Vorstandes  ist  unter  Auflegung  der  Pläne  und  Kostenanschläge  sowie 
der  Kosten vertheilung  bei  dem  Vorsteher  nach  Vorschrift  des  §  8  dieses  Statuts  bekannt  zu 
machen.  Einsprüche  sind  bei  dem  Vorsteher  innerhalb  4  Wochen  nach  der  Offenlegung  schriftlich 
unter  Angabe  der  Gründe  anzubringen.  Über  dieselben  entscheidet  endgiltig  die  Aufsichts- 
behörde. 

Die  Unterhaltung  derartiger  Anlagen  untersteht  der  Aufsicht  des  Vorstehers. 

Die  Generalversammlung  kann  die  Ausführung  und  Unterhaltung  solcher  Anlagen  auf 
Kosten  der  Genossenschaft  beschliessen.  Ebenso  kann  die  Generalversammlung  die  Neuanlage 
von  Bammelbecken  im  Gebiete  der  Wupper  und  deren  Nebenflüsse  zur  reichlicheren  Versorgung 
der  Genossenschaft  mit  Wasser  beschliessen.  In  beiden  Fällen  bedürfen  die  Beschlüsse  der 
Generalversammlung  der  Genehmigung  der  staatlichen  Aufsichtsbehörde.  Der  gleichen  Genehmigung 
bedürfen  die  auf  diese  Anlagen  bezüglichen  Projecte  sowie  —  in  Ermangelung  einer  Einigung 
der  Betheiligten  —  das  Kostenbeitragsverhältniss. 

§  5. 

Der  Vorstand  ist  befugt,  das  Wasser  der  Sammelbecken  und  der  dazu  gehörigen  Wasserläufe 
über  die  eigentlichen  Genossenschaftszwecke  hinaus  mit  der  Massgabe  nutzbar  zu  machen,  dass 
für  die  Sicherstellung  der  eigentlichen  Genossenschaftszwecke  die  notwendigen  Vorkehrungen 
getroffen  werden. 

Namentlich  darf  er: 

1.  das  Wasser  für  Landes-Meliorationen  abgeben,  auch  mit  Genehmigung  der  General- 
versammlung und  der  Aufsichtsbehörde  solche  auf  Rechnung  der  Genossenschaft 
einrichten; 

2.  das  Wasser  gegen  Entgelt  insbesondere  auch  für  'Wasserleitungen  abgeben ; 

3.  die  Fischerei  auf  dem  Becken  verpachten; 

4.  die  sonstige  Benutzung  des  Beckens  gegen  .Entgelt  gestatten. 

Alle  für  solche  Nutzbarmachung  des  Beckens  und  des  Wassers  erforderlichen  Anlagen 
unterstehen  der'  Aufsicht  des  Vorstandes. 

§  6. 
Die   gemeinschaftlichen  Anlagen   werden   unter  Leitung  des   oder   der  vom  Vorstande 
hierzu  angenommenen  Personen  ausgeführt  und   unterhalten.     Der  Vorstand   hat  dafür  Sorge 


Q6  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeine*. 

zu  tragen,  dass  die  Sammelbecken  im  Bracher-  und  Beverthale,  entsprechend  den  angeschh 
Planen  des  Professors  Intze,  so  construiert  werden,  und  dass  der  Betrieb  derselben  danermi 
so  eingerichtet  wird,  dass  die  zur  Hochwasserzeit  abfliessenden  Wassermengen  zur  Vermeidung 
von  Überschwemmungen  möglichst  zurückgebalten  werden. 

§  7- 

Die  Städte  Barmen  und  Elberfeld  zahlen  zu  den  aufzubringenden  Ausgaben  der  Ge- 
nossenschaft für  Verzinsung,  Amortisation,  Unterhaltung  und  Verwaltung  der  Brucher-  und 
Bever-Thalsperren  jede  Stadt  den  festen  Jahresbeitrag  von  10000  Mark.  Nach  Tilgung  des 
Anlagekapitals  fallen  die  vorgenannten  Beitrage  der  beiden  8tädte  für  die  laufenden  Unfcer- 
haltungs-  und  Verwaltungskosten  der  Genossenschaft  fort. 

In  welchem  Masse  bei  etwa  wachsenden  Einnahmen  der  Genossenschaft  im  Falle  des 
Artikels  3,  §§  1  und  2  des  Gesetzes  vom  19.  Mai  1891  die  Beitrage  der  beiden  Städte  eine 
vorzugsweise  Ermässigung  erfahren  sollen,  bleibt  der  Vereinbarung  des  Vorstandes  der  Ge- 
nossenschaft mit  den  Vertretungen  der  beiden  Städte  überlassen. 

Im  Uebrigen  wird  nach  Begründung  der  Genossenschaft  das  Verhältnis*,  in  welchem  die 
einzelnen  Genossen  zu  den  Genossenschaftslasten  beizutragen  haben,  nach  Massgabe  des  für 
dieselben  aus  den  Genossenschaftsanlagen  erwachsenden  Vortheils  in  dem  im  §  8  dieses  Statute 
bezeichneten  Verfahren  festgesetzt,  wobei  als  Vertheilungsmassstab  für  das  Jahr  Vi««  der  durah 
das  Thalsperren wasser  gewonnenen  Nutzpferdekraft  dreihundert  Cubikmetern  des  zu  sonstigen 
gewerblichen  Zwecken  aus  der  Wupper  entnommenen  Wassers  gleichzustellen  ist.  Hierbei  sollen 
die  Kosten  pro  Nutzpferdekraft  auf  ganze  Mark  und  die  Kosten  pro  Cubikmeter  sonstigen 
Nutzwassers  auf  ganze  Pfennige  abgerundet  werden  und  zwar  bis  einschliesslich  1/t  Mark 
bezw  1/s  Pfennig  nach  unten;  über  1/t  Mark  bezw.  7*  Pfennig  nach  oben.  Eine  Änderung 
dieses  Vertheilungs- Massstabes,  soweit  er  das  Beitragsverhältniss  der  Genossen  unter  einander 
betrifft,  kann  nur  durch  Beschluss  der  Generalversammlung,  welcher  der  Bestätigung  der  Auf- 
sichtsbehörde bedarf,  erfolgen. 

Das  nach  Vorstehendem  aufzustellende  Register  hat  die  einzelnen  Genossen  und  das 
Beitragsverhältniss  zu  den  Genosseuschaftslasten  zu  enthalten. 

§  8. 

Nach  Ablauf  von  zwei  Jahren  nach  Inbetriebsetzung  der  Anlagen  sowie  ferner  auf 
Antrag  von  einem  Drittheile  der  Genossen,  wenn  seit  der  letzten  Revision  zwei  Jahre  verflossen 
sind,  hat  eine  Revision  des  Vertheilungsmassstabee,  beziehungsweise  des  Registers  durch  zwei 
vom  Vorstande  zu  wählende  Sachverständige  unter  Leitung  des  Vorstehers  zu  erfolgen,  welcher 
bei  Meinungsverschiedenheiten  den  Ausschlag  gibt.  Sowohl  ein  nach  der  Zahl  der  gewerb- 
lichen Anlagen  wie  ein  nach  der  Beitragspflicht  berechnetes  Dritttheil  der  Genossen  ist  zur 
Stellung  einjBS  Antrags  berechtigt. 

Nach  vorgängiger  Bekanntmachung  in  den  amtlichen  Kreisblättern  derjenigen  Kreise,  deren 
Bezirken  das  Genossenschaftsgebiet  ganz  oder  theil weise  angehört,  wird  das  revidierte  Genossen- 
8chaft8register  vier  Wochen  lang  zur  Einsicht  der  Genossen  in  der  Wohnung  des  Vorstehers 
ausgelegt.  Auch  kann  jeder  Genosse  Abschrift  des  Verzeichnisses  gegen  Erstattung  der  Schreib* 
gebühren  vom  Vorsteher  verlangen.  Abänderungsanträge  müssen  innerhalb  der  vierwöchent- 
lichen Frist  schriftlich  bei  dem  Vorsteher  angebracht  werden. 

Nach  Ablauf  dieser  Frist  hat  der  Vorsteher  die  bei  ihm  schriftlich  eingegangenen  Ab- 
änderungsanträge der  Aufsichtsbehörde  vorzulegen.  Die  letztere  oder  deren  Commissar  läset 
unter  Zuziehung  der  Beschwerdeführer  und  eines  Vertreters  des  Vorstandes  die  erhobenen 
Reklamationen  durch  einen  Sachverständigen  untersuchen. 

Einigt  sich  der  Vorstand  und  der  Beschwerdeführer  über  die  Person  des  Sachverstän- 
digen, so  ist  dieser  zu  nehmen,  andernfalls  wird  der  Sachverständige  von  der  Aufsichtsbehörde 
ernannt.  Mit  dem  Ergebniss  der  Untersuchung  werden  die  Beschwerdeführer  und  der  Vertreter 
des  Vorstandes  von  dem  Commissar  bekannt  gemacht.  Sind  beide  Theile  mit  dem  Gutachten 
einverstanden,  so  wird  das  Register  demgemäss  festgestellt;  andernfalls  sind  die  Verhandlungen 
der  Aufsichtsbehörde  zur  Entscheidung  einzureichen. 

Der  Aufsichtsbehörde  ist  es  unbenommen,  vor  ihrer  Entscheidung  andere  ihr  geeignet 
scheinende  Sachverständige  zu  hören. 

Die  bis   zur  Mittheilung  des  Ergebnisses  der  Untersuchung  entstandenen  Kosten   sind 


§>    g.        Die  Lage  dkr  Gsbbteosbdko  fOb  Wasserkraftaklagkn  usw.    Anhang.        97 

in  jedem  Falle  von  der  Genossenschaft  zu  tragen.  Wird  eine  Entscheidung  erforderlieh,  so 
sind  'die  weiter  erwachsenden  Kosten  dem  unterliegenden  Theile  aufzuerlegen. 

Ausserdem  kann  jederzeit  im  Bedürfnisfalle  eine  in  gleicher  Weise  vorzunehmende 
Revision  des  Vertheilungsmassstabes  beziehungsweise  des  Registers  vom  Vorstande  beschlossen 
oder  von  der  staatlichen) Aufsichtsbehörde  angeordnet  werden. 

In  den  Fällen  des  Artikels  3  des  Gesetzes  vom  19.  Mai  1891  findet  die  Neuregelung 
des  BeitragBverhältnisses  jederzeit  von  Amtswegen  durch  den  Vorstand  statt. 

Den  von  der  Aufsichtsbehörde*  von  dem  Vorstande  und  auf  Vereinbarung  mit  den 
Interessenten  ernannten  Sachverstandigen  ist  Seitens  der  Genossen  die  erforderliche  Auskunft 
su  geben  und  der  Zutritt  zu  den  gewerblichen  Anlagen  zu  gestatten. 

Aus  diesem  Anläse  entstehende  Streitigkeiten  entscheidet  endgültig  die  Aufsichtsbehörde. 

i  9. 
Die  Genossen  sind  verpflichtet,  die  Beitrage  in  den  von  dem  Vorstande  festzusetzenden 
Terminen  zur  Genossenschaftskasse  abzuführen. 

Bei  versäumter  Zahlung  hat  der  Vorsteher  die  fälligen  Beitrage  beizutreiben. 


§  10. 
Im  Falle  des  Artikels  3,  §§  1  und  2  des  Gesetzes  vom  19.  Mai  1891  sind  Genossen, 
welche  durch  Erweiterung  oder  Verbesserung  ihrer  gewerblichen  Anlagen  eine  grössere  Aus- 
nutzung des  Wassers  der  Sammelbecken  oder  der  aus  denselben  fliessenden  Wasserliufe  be- 
zwecken, verpflichtet,  vor  Benutzung  dieser  Einrichtungen  dem  Vorsteher  von  ihrem  Vorhaben 
Anzeige  zu  erstatten. 

§  11. 

Jeder  Genosse  bat  sich  die  Einrichtung  der  genossenschaftlichen  Anlagen,  diese  Anlagen 
selbst»  sowie  deren  Unterhaltung,  soweit  sein  Eigentum  davon  vorübergehend  oder  dauernd  be- 
troffen wird,  gefallen  zu  lassen. 

Darüber,  ob  und  su  welchem  Betrage  dem  einzelnen  Genossen  unter  Berücksichtigung 
der  ihm  aus  der  Anlage  erwachsenden  Vorteile  eine  Entschädigung  gebührt»  entscheidet»  falls 
zieh  ein  Genosse  mit  dem  Vorsteher  nicht  gütlich  verst&ndigen  sollte,  das  nach  Vorschrift 
dieses  Statuts  zu  bildende  Sehiedsgerieht  mit  Ausschluss  des  Rechtsweges. 

§  12. 

Das  Stimmenverhältnis  richtet  sich  nach  der  Theilnahme  an  den  Genossenschaftslasten 
und  zwar  derart,  dass  für  jede  gewerbliche  Anlage  bei  einer  Betheiligung  bis  zu  10  Mark  eine 
Stimme  gerechnet  wird,  während  bei  grösserer  Betheiligung  soviel  weitere  Stimmen  hinzukommen, 
als  die  Zahl  10  in  der  überschiessenden  8umme  von  Mark  enthalten  ist.  Bruchtheile  von  10 
werden  bei  der  Berechnung  der  Mehrstimmen  nicht  berücksichtigt. 

Die  Stimmliste  ist  demgemäss  von  dem  Vorstande  zu  entwerfen  und  nach  vorgängiger 
öffentlicher  Bekanntmachung  der  Auslegung  vier  Wochen  lang  zur  Einsicht  der  Genossen  in 
der  Wohnung  des  Vorstehers  auszulegen.  Jeder  Genoase  kann  Abschrift  der  Stimmliste  gegeu 
Erstattung  der  Schreibgebühren  verlangen. 

Antrage  auf  Berichtigung  der  Stimmliste  sind  an  keine  Frist  gebunden. 

§  13. 

Miteigentümer  einer  an  der  Genossenschaft  betheiligten  gewerblichen  Anlage  haben  auf 
Erfordern  des  Vorstandes  zur  Wahrnehmung  ihres  gemeinschaftlichen  Interesses  einen  Bevoll- 
mächtigten su  bestellen. 

§  14. 
Der  Genossenschaftsbund  besteht  aus: 

a)  einem  Vorsteher, 

b)  sechs  Beisitzern. 

Die  Vorstandsmitglieder  bekleiden  ein  Ehrenamt  Als  Ersatz  für  Auslagen  und  Zeit- 
versäumni8  erhält  jedoch  der  Vorsteher,  erforderlichen  Falls  auch  der  Stellvertreter  desselben, 
eine  jährliche  von  dem  Vorstande  festzusetzende  Entschädigung,  welche  der  Genehmigung  der 
Aufsichtsbehörde  bedarf. 

Handbuch  dar  Ing.-Wistcntrh.    UI.  Teil.    13.  Bd.  7 


96  L    Theodor  Kobhn.     Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Die  Stadtvertretungen  von  Burtnen  und  Elberfeld  haben  dafür,  dass  die  beiden  Städte 
nach  Massgabe  des  aufgestellten  Vertheilungsmassstabes  einen  Jahresbeitrag  von  je  lOOOO  Mark 
zahlen,  das  Recht,  jede  einen  von  den  sechs  Beisitzern,  sowie  je  einen  Stellvertreter  za  be- 
stimmen. Die  übrigen  vier  Beisitzer  des  Vorstandes  nebst  vier  Stellvertretern  werden  von  der 
Generalversammlung  auf  4  Jahre   nach  absoluter  Mehrheit  der  abgegebenen  8rimmen  gewählt. 

Alle  2  Jahre  scheidet  die  Baute  der  von  der  Genossenschaft  gewählten  Beisitzer  und  Stell- 
vertreter aus.  Die  das  erste  mal  Ausscheidenden  werden  durch  das  vom  Vorsteher  in  einer 
Vorstandssitzung  zu  ziehende  Loos  bestimmt 

Wählbar  ist  jeder  Genosse,  welcher  den  Besitz  der  bürgerlichen  Ehrenrechte  nicht  durch 
rechtskräftiges  Erkenntnis  verloren  hat 

Der  Vorsteher,  sowie  der  Stellvertreter  desselben  werden  gleichfalls  von  der  General- 
versammlung nach  absoluter  Stimmenmehrheit  auf  4  Jahre  gewählt.  Die  Wahl  derselben  kann 
auf  andere,  der  Genossenschaft  nicht  angehörige  Persönlichkeiten  gerichtet  werden  und  bedarf 
der  Genehmigung  der  Aufsichtsbehörde. 

Der  Stellvertreter  des  Vorstehers  kann  auch  aus  den  Beisitzern  gewählt  werden. 

Die  Wahl  der  von  der  Generalversammlung  zu  wählenden  Vorstandsmitglieder  wie  der 
Stellvertreter  erfolgt  in  getrennten  Wahlhandlungen  für  jedes  Mitglied.  Wird  im  ersten  Wahl- 
gange eine  absolute  Stimmenmehrheit  nicht  erreicht  so  erfolgt  eine  engere  Wahl  zwischen  den- 
jenigen beiden  Personen,  welche  die  meisten  Stimmen  erhalten  haben.  Bei  Stimmengleichheit 
entscheidet  das  vom  Vorsitzenden  zu  ziehende  Loos.  Die  Mitgliedschaft  im  Vorstande  dauert 
bei  Ablauf  der  Wahlperiode  bis  zur  Wahl  des  Nachfolgers  fort  Die  Ausscheidenden  sind 
wieder  wählbar. 

Im  übrigen  finden  die  Vorschriften  für  Gemeindewahlen  in  den  Landgemeinden  der 
Rheinprovinz  sinngemässe  Anwendung. 

Wenn  kein  Widerspruch  erfolgt,  kann  Wahl  durch  Acclamation  erfolgen. 

§  15. 

Die  Mitglieder  des  Vorstandes  werden  von  der  Aufsichtsbehörde  durch  Handschlag  an 
Eidesstatt  verpflichtet. 

Zur  Legitimation  der  Vorstandsmitglieder  und  ihrer  Stellvertreter  dient  das  von  der 
Aufsichtsbehörde  aufgenommene  Verpflichtungsprotokoll. 

Soll  der  Stellvertreter  sich  darüber  ausweisen,  dass  der  Fall  der  Stellvertretung  ein- 
getreten ist  so  dient  dazu  ein  Zeugnis  der  Aufsichtsbehörde. 

Der  Vorstand  hält  seine  Sitzungen  unter  dein  Vorsitze  des  Vorstehers,  der  gleiches 
Stimmrecht  hat  wie  die  Beisitzer,  und  dessen  Stimme  im  Falle  der  Stimmengleichheit  ent- 
scheidet. 

Zur  Gültigkeit  der  gefassten  Beschlüsse  ist  es  erforderlich,  dass  die  Beisitzer  unter  Angabe 
der  Gegenstände  der  Verhandlung  geladen  und  dass  mit  Eiuschluss  des  Vorstehers  mindestens 
drei  der  Vorstandsmitglieder  anwesend  sind. 

Wer  am  Erscheinen  verhindert  ist  hat  dies  unverzüglich  dem  Vorsteher  anzuzeigen. 
Dieser  hat  alsdann  den  für  das  betreffende  Mitglied  gewählten  Stellvertreter  oder  wenn  auch 
dieser  verhindert  ist  den  an  Lebenszeit  ältesten  Stellvertreter  zu  laden. 

§  16. 

Soweit  nicht  in  diesem  Statute  einzelne  Verwaltungsbefugnisse  dem  Vorstande  oder  der 
Generalversammlung  vorbehalten  sind,  hat  der  Vorsteher  die  selbständige  Leitung  und  Ver- 
waltung aller  Angelegenheiten  der  Genossenschaft. 

Zeit  und  Art  der  Wasserabgabe  aus  der  Thalsperre  bestimmt  der  Vorstand. 

§  17. 
Die  Verwaltung  der  Kasse  führt  ein  Rechner,  welcher  von  dem  Vorstande  auf  2  Jahre 
gewählt  und  dessen  Remuneration  sowie  zu  stellende  Kaution  vom  Vorstande  festgestellt  wird. 
Die  Aufsichtsbehörde  kann  jederzeit  die  Entlassung  des  Rechners  wegen  mangelhafter  Dienst- 
führung anordnen. 

§  18. 
Zur  Bewachung  und  Bedienung  der  genossenschaftlichen  Anlagen  stellt  der  Vorsteher 
auf  Beschluss   des  "Vorstandes  zwei  oder   im  Bedarfsfalle  mehrere  Wärter   an   und  stellt  den 
Lohn  für  dieselben  fest. 


§•2.        Die  Lage  i>kr  Gesetzgebung  für  Wassebkraftaklagen  usw.     Anhang.         99 

Die  Wirter  sind  allein  befugt,  die  genossenschaftlichen  Schleusen  zu  öffnen. 
Die  Wirter  müssen  den  Anordnungen  des  Vorstehers  pünktlich  Folge  leisten. 

§  19. 

Der  gemeinsamen  Beschlußfassung  der  Genossen  (Generalversammlung)  unterliegen: 

1.  die  Wahl  der  Vorstandsmitglieder  und  deren  Stellvertreter; 

2.  die  Wahl  der  Schiedsrichter  und  deren  Stellvertreter; 

3.  die  Abänderung  des  Statuts; 

4.  die  in   den  Paragraphen  2,   4  und   7  dieses  Statuts   der  Generalversammlung  vor- 
behaltene Entscheidung. 

f 

§  20. 

Die  erste  rar  Bestellung  des  Vorstandes  erforderliche  Generalversammlung  beruft  die 
Aufsichtsbehörde,  welche  auch  xu  den  in  dieser  Versammlung  erforderlichen  Abstimmungen  eine 
vorlaufige  Stimmliste   nach   dem  vorläufig  festgestellten  Verteilungsmassstabe  aufzustellen   hat. 

Die  weiteren  Generalversammlungen  sind  in  den  gesetzlich  vorgeschriebenen  Fällen 
(§  60  des  Gesetzes  vom  1.  April  1879)»  mindestens  aber  alle  zwei  Jahre  durch  den  Vorsteher 
zusammenzuberufen. 

Die  Einladung  erfolgt  unter  Angabe  der  Gegenstande  der  Verhandlung  durch  ein 
öffentlich  bekannt  zu  machendes  Ausschreiben  der  Genossenschaft  und  ausserdem  durch  Einzel- 
ladung an  die  Mitglieder  der  Genossenschaft,  beziehungsweise  an  die  von  denselben  gemäss 
§  13  des  Statuts  bestellten  Bevollmächtigten. 

Zwischen  der  Einladung  und  der  Versammlung  muss  ein  Zeitraum  von  mindestens 
zwei  Wochen  liegen. 

Die  Versammlung  ist  ohne  Rücksicht  auf  die  Zahl  der  Erschienenen  beschlussfahig. 
Die  Mitglieder  der  Genossenschaft  können  sich  in  der  Generalversammlung  durch  andere  stimm- 
berechtigte Mitglieder  oder  durch  einen  bevollmächtigten  Leiter  ihres  Betriebes  vertreten  lassen. 

Der  Vorsteher  führt  den  Vorsitz. 

Die  Generalversammlung  kann  auch  von  der  Aufsichtsbehörde  zusammen  berufen  werden. 
In  diesem  Falle  führt  diese  oder  der  von  ihr  ernannte  Kommissar  den  Vorsitz. 

§  21. 

Die  Streitigkeiten,  welche  zwischen  Mitgliedern  der  Genossenschaft  über  das  Eigentum 
an  Grundstücken,  über  das  Vorbandensein  oder  den  Umfang  von  Grundgerechtigkeiten  oder 
anderen  Nutzungsrechten  oder  über  besondere,  auf  speciellen  Rechtstiteln  beruhende  Rechte 
und  Verbindlichkeiten  der  Parteien  entstehen,  gehören  zur  Entscheidung  der  ordentlichen 
Gerichte. 

Dagegen  werden  alle  anderen  Beschwerden,  welche  die  gemeinsamen  Angelegenheiten 
der  Genossenschaft  oder  die  vorgebliche  Beeinträchtigung  einzelner  Genossen  in  ihren  durch 
das  Statut  begründeten  Rechten  betreffen,  von  dem  Vorsteher  untersucht  und  entschieden,  soweit 
nicht  nach  Massgahe  dieses  Statuts  oder  nach  gesetzlicher  Vorschrift  eine  andere  Instanz  zur 
Entscheidung  berufen  ist. 

Gegen  die  Entscheidung  des  Vorstehers  steht,  sofern  es  sich  nicht  um  eine,  der  aus- 
schliesslichen Zuständigkeit  anderer  Behörden  unterliegende  Angelegenheit  handelt,  jedem  Theile 
die  Anrufung  der  Entscheidung  eines  Schiedsgerichts  frei,  welche  binnen  zwei  Wochen,  von 
der  Bekanntmachung  des  Bescheides  an  gerechnet,  bei  dem  Vorsteher  angemeldet  werden  muss. 
Die  Kosten  des  Verfahrens  sind  dem  unterliegenden  Theile  aufzuerlegen. 

Das  Schiedsgericht  besteht  aus  einem  Vorsitzenden,  welchen  die  Aufsichtsbehörde  ernennt, 
und  zwei  Beisitzern. 

Die  Beisitzer  werden  nebet  swei  Stellvertretern  von  der  Generalversammlung  nach  Massgabe 
der  Vorschriften  dieses  StatntB  gewählt.  Wählbar  ist  jeder,  der  in  der  Gemeinde  seines  Wohn- 
ortes zu  den  öffentlichen  Gemeindeamtern  wahlbar  und  nicht  Mitglied  oder  Nebeninteressent 
der  Genossenschaft  ist 

Wird  ein  Schiedsrichter  mit  Erfolg  abgelehnt,  so  ist  der  Ersatzmann  aus  den  gewählten 
Stellvertretern  oder  erforderlichen  Falles  aus  den  wählbaren  Personen  durch  die 
zu  bestimmen. 


100  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  ton  Wambbkbäften.    Allgemkoisb. 

§  22. 

Die  von  der  Genossenschaft  ausgehenden  Bekanntmachungen  sind  unter  der  Bsaeiehnirag 
„Wupper-Thalsperren-Genossenschaft"  au  erlassen  und  vom  Vorsteher  au  unteraeiehnen. 

Die  für  die  Öffentlichkeit  bestimmten  Bekanntmachungen   der  Genossenschaft 
in  das  Kreisblatt  aufgenommen,   welches  als  amtliches  Kreisblatt  für  den  .Ort  des  Sitses 
Genossenschaft  gilt. 

§  23. 

Soweit  die  Aufnahme  neuer  Genossen  nicht  auf  einer,  dem  §  69  des  Q Sectios 
1.  April  1879  oder  dem  Art  3  §  2  des  Gesetaes  vom  19.  Mai  1891  entsprechenden  recht- 
lichen Verpflichtung  beruht,  kann  sie  auch  als  ein  Akt  der  Vereinbarung  auf  den  Antrag  dem 
Aufsunehmenden  durch  einen  der  Zustimmung  der  Aufsichtsbehörde  bedürftigen  Vorstandst 
beschluss  erfolgen. 

Gegeben  Neues  Palais,  den  29.  April  1896. 
[L.  &]  gei.:  Wilhelm  R. 

Zugleich  für  den  Minister  für  Landwirtschaft*  Domänen  und  Forsten. 

gea:  Freiherr  von  Berlepsch.    Thielen. 


Es  wird  hiermit  bescheinigt»  dass  vorstehendes  Statut  von  der  am  29.  November  1895 
stattgehabten  Versammlung  der  Interessenten  mr  Bildung  der  Wupper-Thalsperren-Gcnossensohaft 
in  der  in  dem  Protokoll  über  diese  Versammlung  angegebenen  Weise  beraten  und  angenommen 
worden  ist. 

Lennep,  den  1.  Dezember  1895. 

[L.  8.]  Der  Kommissar 

aur  Bildung  der  Wupper-ThaLsperren-Genossenschaf  t 

gei.:  Koenigs,  Landrath. 
[L  HL  3829.] 


§  3.  Schätzung  der  Wasserkräfte  einiger  Länder  Europas  und 
allgemeine  Betrachtungen  über  den  Wert  von  Wasserkräften. 

Nachdem  an  den  Beispielen  einiger  Länder  gezeigt  ist,  was  der  Unternehmungs- 
geist und  die  Kunst  des  Ingenieurs  bereits  an  Wasserkraftanlagen  geschaffen  haben  und 
wie  die  Gesetzgebung  den  Bedürfhissen  dieses  Arbeitsgebietes  gefolgt  ist,  würde  die 
Schätzung  der  in  den  verschiedenen  Ländern  überhaupt  verfügbaren  Wasserkräfte 
interessant  sein,  um  die  Bedeutung  dieses  Arbeitsgebietes  für  die  Volkswirtschaft  im 
allgemeinen  und  für  den  Ingenieur  im  besonderen  beurteilen  zu  können. 

Leider  ist  das  Material,  welches  in  dieser  Beziehung  bereits  gesammelt  und 
bekannt  geworden  ist,  ausserordentlich  dürftig.  Auch  wird  der  Vergleich  dadurch  er- 
schwert, dass  bei  den  vorhandenen  Angaben  der  Begriff  der  PS  ganz  verschieden  auf- 
gefas8t  ist,  ohne  dass  überall  eine  eindeutige  Erläuterung  dazu  gegeben  wäre.  Je  nach- 
dem man  die  niedrigste  sekl.  Wassermenge,  welche  während  des  ganzen  Jahres  zur  Ver- 
fügung steht  oder  eine  mittlere  sekl.  Jahres- Wassermenge  zugrunde  legt,  können  sich 
Unterschiede  von  dem  Zwei-,  Drei-  und  Mehrfachen  ergeben.  Auch  schwankt  die  Aus* 
nützbarkeit  der  theoretischen  Wasserkraft  in  sehr  weiten  Grenzen  und  zwar  wächst  sie 
mit  der  Grösse  des  Gefälles  im  Wasserlauf.  Wahrend  man  zum  Beispiel  bei  einem 
Wasserfall  nur  mit  den  kleinen  Gefällverlusten  in  den  Druckrohren  zu  rechnen  hat,  so 


5  8.  Schätzung  der  Wasserkräfte  einiger  Länder  Europas  usw.  101 

dass  die  theoretische  Kraft  mit  der  Nutzkraft  ungefähr  zusammenfallt,  d.  h.  fast  100% 
ananfitebar  sind,  gibt  es  eine  Grenze  für  das  Gefalle,  bei  welcher  die  Ausnfitzbarkeit 
der  vorhandenen  Roh-PS  gleich  0  wird.  Diepe  Grenze  liegt  ungefähr  bei  einem  Gefälle 
Ton  1 :  1500  oder  0,0066.  im  Wasserlanf,  wie  in  §  4  dieses'  Kapitels  Seite  118  gezeigt 
werden  wird.  Deshalb  müssen  die  mittleren  und  unteren  Strecken  der  grösseren  Ströme 
mit  Gef&Uen  von  weniger  als  1 : 1 600  trotz  der  theoretisch  gewaltigen  Roh- Wasserkräfte, 
Welche  sie  darbieten,  für  die  Nutzbarkeit»  im  wesentlichen  doch  ausser  Betracht  bleiben. 
Es  mag  nun  eine  Schätzung  des  Reichtums  an  Wasserkräften  für  einige  Länder 
versucht  werden,  obwohl  dieselbe  bei  der  Dürftigkeit  des  verfügbaren  Materials  nur  ganz 
oberflächlich  ausfallen  kann.  Vielleicht  kann  sie  aber  die  Anregung  zu  eingehenderen 
weiteren  Studien  auf  diesem  Gebiete  geben.  Hierbei  möge  als  Rohwasserkraft  eines 
Wasserlaufe8  in  PS  diejenige  bezeichnet  werden,  welche  sich  ergibt  aus  der  Formel: 

R  =  cbm/sek. .  H  (i.  m) .     7fi  , 

wobei  H  das  Gesamtgefälle  einer  beobachteten  Flusstrecke  bedeutet. 

Für  die  cbm/sek.  soll  diejenige  mittlere  Wassermenge  zugrunde  gelegt  werden, 

welche  etwa  neun  Monate  des  Jahres  vorhanden  ist.     Wird  angenommen ,    dass  der 

Nutzeffekt  bis  zur  Turbinenwelle  im  Durchschnitt  etwa  76%  beträgt,  so  ergeben  sieh 

die  effektiven  Nutzpferdekräfte  aus  der  Formel 

VT        cbm/sek. .  H'  (i.  m)  1000      76        -Ä     ,     ,    i     «, 
N  « -j^J '- .  —?r  =  10 .  cbm/sek. .  H' 

wobei  H'  das  nutzbare  Gefälle  einer  Flusstrecke  bedeutet. 

1.  Deutschland. 

Auf  Grund  der  'von  dem  König],  bayerischen  bydrometrischen  Bureau  veran- 
lassten Beobachtungen  und  Messungen  hat  Oskar  von  Miller1)  eine  sehr  interessante 
Studie  über  die  Wasserkräfte  am  Nordabhange  der  Alpen  gemacht  und  in  der  Zeitschr. 
der  Ver.  deutscher  Ing.  veröffentlicht  Er  hat  hierbei  für  den  Begriff  der  Roh- Wasser- 
kraft dieselbe  Deutung  angenommen,  welche  oben  gegeben  ist,  und  als  Grundlage  für 
die  sekundliche  Wassermenge  dasjenige  Wasser,  welches  an  270  Tagen  im  Jahre  vor- 
handen ist.  Die  Nutzbarkeit  der  Roh- Wasserkraft  eines  Wasserlaufes  ermittelt  er  der- 
art, dass  er  als  das  Mindestgefälle,  welches  für  den  Werkkanal  einschliesslich  aller  Ver- 
luste in  ihm  pro  1  km  notwendig  ist,  0,6 %o  annimmt.  Nach  dieser  Annahme  lässt 
also  ein  Wasserlauf  mit  einem  Wasserspiegelgctfalle  von  0,6  pro  Mille  überhaupt  keine 
Nutzbarkeit  mehr  zu ,  und  die  letztere  vergrössert  sich  mit  dem  steigenden  Gefälle  im 
Wasser  lauf  geradlinig.    Es  verhält  sich  demnach: 

ausnützbare  Wasserkraft       vorhandenes  Gefälle  pro  km  —  Kanalgefalle  pro  km 
Roh- Wasserkraft  vorhandenes  Gefälle  pro  km 

Mit  diesen  Annahmen  hat  der  genannte  Autor  eine  Zahlentafel  aufgestellt,  welche  in 
§  4  (siehe  S.  120)  wiedergegeben  wird.  Danach  würde  also  die  Ausnützbarkeit  bei  einem 
Gefälle  von  1:100,  40%;  bei  einem  Gefälle  von  1:1000,  4,0 °/o  betragen.  Bei  der 
v.Mi  11  ersehen  Schätzung  ist  insofern  etwas  zu  ungünstig  gerechnet,  als  für  jede  Fluss- 
strecke die  sekundlichen  Wassermengen  am  oberen  Ende  zugrunde  gelegt  wurden,  so  dass 
die  unteren  Zuflüsse  bis  zur  nächsten  Grenze  unberücksichtigt  geblieben  sind,  und  dann 
insofern,  als  die  Flusstrecken  meistens  stark  gewunden  sind,  die  Kanalstrecken  dagegen, 
meistens  weniger  gekrümmt  oder  geradlinig  sein  können,  so  dass  das  pro  Kilometer  zu 


i)  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1908,  Saite  1002. 


102 


L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Alloemeixes. 


gewinnende  Gefalle  grösser  werden  kann.  v.  Miller  kommt  zu  dem  Schlnss,  daas  für 
die  30000  qkm  des  bayerischen  Teiles  des  Gesamt -Niederschlagsgebietes  am  Nordab- 
hange  der  Alpen  1900000  Roh -PS»  vorhanden  sind  und  dass  sich  37%  hiervon  also 
700000  PS«,  d.  h.  ungefähr  23,3  pro  qkm  ausnützen  lassen.  Hieraus  wurde  sich  eine 
effektive  Nute  Wasserkraft  an  den  Turbinen  wellen  von  525000  PS«  oder  von  17,5  PS. 
pro  qkm  ergeben. 

Die  Gesamtflache  des  Königreichs  Bayern  betragt  76000  qkm.  Der  noch 
nicht  betrachtete  Teil  von  46000  qkm  hat  wegen  seiner  flacheren  Beschaffenheit 
erheblich  weniger  ausnutzbare  Wasserkräfte  und  es  dürfte  nach  den  vom  Verfasser 
gestellten  überschlaglichen  Rechnungen  und  Vergleichen  für  dieses  Gebiet  kaum  mehr 
als  3  PS»  pro  Quadratkilometer  zu  rechnen  sein,  so  dass  sich  für  Bayern  im  ganzen 
663000  PS,  ergeben  würden2). 

Für  das  Königreich  Württemberg  sind  seit  1889  durch  das  dortige  hydro- 
graphische Bureau  gleichfalls  systematische  Beobachtungen  und  Messungen  veröffentlicht 
und  unter  Berücksichtigung  derselben  hat  der  Ingenieur  Gugenhan  eine  Studie  über 
die  Wasserkräfte  der  Donau,  des  Neckars,  Enz  und  Nagold  gemacht*).  Nachfolgende 
Tabelle  gibt  die  Zahl  der  bereits  ausgenützten  und  noch  verfugbaren  Wasserkräfte  an 
den  4  Flüssen  auf  Grund  fünfjähriger  Messungen  von  1891  bis  95: 


Tabelle  I: 

Name  de«  Flueaes 

Ausgenutzte  Wasser- 
triebkrftfte 

Verfügbare  Wasser - 
triebkrftfte 

Anzahl  der 
Betriebe 

Leistung  in 

PSe 

Anzahl  der 
Flusstellen 

Leistung  in 
PS« 

Neckar    

Edz 

Nagold 

122 
22 
54 
55 

9160 
1280 
3966 
1425 

46 
22 
24 
30 

15661 
6303 
3  378 
2298 

zusammen    1 

1        258 

15831 

122 

27640 

Als  sekundliche  Wassermenge  für  die  noch  verfügbaren  Kräfte  ist  hierbei  die- 
jenige des  „gemittelten  niedrigsten4'  Wasserstandes  zugrunde  gelegt.  „Der  gemittelte 
niedrigte"  Wasserstand  ist  eine  von  denjenigen  Angaben,  welche  für  Wasserkraftanlagen 
nicht  genügen,  weil  man  daraus  halbwegs  sichere  Schlüsse  auf  die  Dauer  dieses  Wasser- 
standes nicht  ziehn  kann.  Um  aber  bei  der  Schätzung  möglichst  auf  der  sicheren  Seite 
zu  bleiben,  mag  angenommen  werden,  dass  der  bezeichnete  Wasserstand  der  neunmonat- 
lichen sekl.  Wassermenge  entspricht.  Es  würden  sich  deshalb  an  den  4  Flüssen  43471 
PS«  ergeben. 

Das  Vorflutgebiet  der  vier  Flüsse  schliesst  etwa  zwei  Drittel  der  Gesamtfläche 
Württembergs  in  sich.  Rechnet  man  für  das  noch  nicht  betrachtete  Gebiet  etwa  ein 
Drittel  der  oben  ermittelten  Gesamtkraft  mit  rund  15000  PS«  hinzu,  so  würde  sich 
für  ganz  Württemberg  rund  58500  PS«  oder  bei  19500  qkm  rund  3  PS«  pro  Quadrat- 
kilometer ergeben. 

Für  das  Grossherzogtum  Baden   wird  man,   abgesehen   von   den  Wasser- 

*)  In  den  Motiven  zum  neuen  bayrischen  Wassergesetzentwnrf  sind  die  gesamten  ausoützbaren 
Wasserkräfte  allein  an  den  im  Staatseigentum   befindlichen  Waseerlänfen  mit  442200  PS«  angegeben. 
S)  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1899,  Seite  1070. 


§  3.  Schätzung  der  WahrebkrAftb  einiger  IAstder  Europas  usw.  108 

kraften  des  Rheins  etwa  dieselbe  Zahl  von  3  PSe  pro  Quadratkilometer  zugrunde  legen 
können.  Danach  würden  sich  für  15000  qkm  45000  PS«  ergeben.  Am  Rhein  selbst 
sind  bereits  zwischen  Schaflhansen  und  Basel  ca  70000  PS6  ausgenützt  oder  zur  Aus- 
nützung vergeben,  wovon  auf  Baden  rund  35000  PS«  entfallen.  Nach  überschläglicher 
Berechnung  bleiben  aber  noch  für  die  badische  Seite  des  Rheins  weitere  20000  PS« 
ausnützbar,  so  dass  im  ganzen  auf  Baden  rund  100000  PS«  entfallen  würden,  d.  h. 
6,7  PS«  pro  1  qkm. 

Für  Preussen  liegen  in  den  Berichten  von  O.  Intze  über  die  Wasserverh&lt- 
nisse  Ostpreussens  und  Schlesiens4)  und  in  Berichten  von  Professor  Holz  in  Aachen 
über  die  Wasserverhältnisse  der  Provinz  Westpreussen6)  gute  Unterlagen  vor. 

Holz  berechnet  die  gesamten  Wasserkräfte  Westpreussens  zu  54360  PS«,  wovon 
5030  bereits  ausgenützt  sind.  Diese  Leistung  wird  als  kleinste  Nutzleistung  angegeben. 
Mit  Rücksicht-  aber  auf  die  Unsicherheit,  welche  mangels  ganz  zuverlässiger  Unterlagen 
bei  dieser  Bearbeitung  trotz  ihrer  Sorgfalt  noch  bestehen  bleiben  musste,  mag  diese 
Zahl  als  der  neunmonatlichen  Kraft  entsprechend  angenommen  werden.  Hiernach  er- 
geben sich  auf  ein  Gesamtgebiet  der  Provinz  von  25500  qkm  rund  2,13  PS«  pro  qkm. 
Die  verhältnismässig  hohe  Zahl  der  verfugbaren  Kraft  erklärt  sich  aus  der  regulierenden 
Wirkung  der  reichlich  vorhandenen  Seen,  welche  auf  einer  zum  Teil  mehr  als  100,0  m 
über  dem  Meere  befindlichen  Platte  liegen. 

Für  Ostpreussen  hat  Intze  die  nutzbaren  Wasserkräfte  auf  47373  PS«  ange- 
geben und  es  können  diese  ebenfalls  als  neunmonatliche  Kraft  angesehen  werden,  weil 
die  Mehrzahl  der  beobachteten  Wasserläufe  aus  grösseren  Seebecken,  unter  denen  die 
grossen  Massurischen  Seen  besonders  hervorzuheben  sind,  gespeist  werden.  Bei  37000  qkm 
der  Provinz  ergeben  sich  danach  1,28  PS«  pro  Quadratkilometer. 

In  der  Provinz  Schlesien  wird  am  Queiss  durch  die  nach  In  tz eschen  Plänen  aus- 
geführte Talsperre  bei  Marklissa  eine  neunmonatlirhe  Kraft  von  etwa  2000  PS«  ge- 
wonnen, durch  die  am  Bober  bei  Mauer  in  Ausführung  begriffene  Talsperre  etwa 
4000  PS«,  zusammen  an  beiden  Flüssen  demnach  6000  PS«.  Infolge  der  regulierenden 
Wirkung  der  Talsperren,  welche  natürlich  auch  allen  unterhalb  liegenden  Wasserkräften 
zugute  kommt,  kann  man  die  unterhalb  der  beiden  Talsperren  an  den  genannten 
Flüssen  noch  vorhandenen  Wasserkräfte  auf  etwa  1000  PS«  schätzen.  Das  Nieder- 
schlagsgebiet der  beiden  Flüsse  beträgt  4164  qkm,  so  dass  auf  das  Quadratkilometer 
nach  unten  abgerundet  etwa  1,6  PS»  entfallen.  Hierbei  ist  zu  berücksichtigen,  dass 
diese  Talsperren  Anlagen  sind,  welche  in  erster  Linie  zur  Beseitigung  der  Hochwasser- 
gefahr angelegt  wurden,  und  dass  ihre  Anlage-Kosten,  allein  zu  ihrem  Kraftwerte  nicht 
mehr  in  richtigem  wirtschaftlichen  Verhältnis  stehen  würden.  Wenngleich  Schlesien  an 
der  ganzen  böhmisch-mährisch-schlesischen  Grenze  Österreichs  entlang  reich  an  Wasser- 
läufen mit  verhältnismässig  grossem  Gefalle  ist,  so  fallt  doch  das  ganze  untere  Odergebiet 
von  Breslau  abwärts  für  Kraftzwecke  wegen  mangelnden  Gefälles  so  ziemlich  ganz  aus. 
Es  soll  deshalb  für  den  übrigen  Teil  der  Provinz  Schlesien  an  nutzbarer  Wasserkraft  auch 


*)  O.  Intze:  Bericht  Aber  die  Wasserrerhaltnisse  Ostpreussens  und  deren  Ausnutzung  zu  ge- 
werblichen Zwecken,  Berlin,  Karl  Heymanne  Verlag  1898.  —  Bericht  Ober  die  Wasserverhältnisse  der  Gebirga- 
flfltin  Schlesiens  im  Buber  und  Queissgebiete,  sowie  im  Gebiete  der  Glatzer  Nrisse  nnd  deren  Verbesserung 
zor  Ausnutzung  der  Wasserkräfte,  sowie  zur  Verminderung  der  Hochwasserschäden  durch  Anlege  von 
Sammelbecken,  erstattet  im  Dezember  1897  und  September  1898  Berlin,  K.  Heymanns  Verlag  1899. 

*)  Bericht  des  Professors  Holz  in  Aachen  Aber  die  Wasserverhältnisse  der  Provinz  West- 
preussens hinsichtlich  der  Benutzung  für  gewerbliche  Zwecke,  erstattet  dem  Minister  für  Handel  und 
Gewerbe  in  Berlin,  15.  Mai  1902. 


104 


I.    Theodor  Koehh.    Ausbau  von  WassebkbAftek.    Allgemeines. 


Tabellen. 

Di«  Wasserkräfte  Deutschlands. 


Länder 


Fliehen-. 

inhalt  in 

qkm 


im 
einseL 


Gesamte  nuts- 
hexe  Wasser- 
kraft  in  P8. 


im 

•iaseL 


kraft  pro 
qkm 

in  P8. 


im 
ein- 

Ml 


Einwohnerzahl 


Im 
einseL 


Preneeen: 

Westpreaasen    .... 

Ostpreoaaen 

Schlesien 

Schleswig-Holstein      .    . 

Sachsen  and  Westfalen. 

Rheinprovins    und    Hohen 
zollern 

Hessen-Nassau  .... 

Brandenbarg 

Posen 

Pommern 

Hannover 

gans  Prenssen   .    , 


40000 
29000 
80000 
88500 


25  500 
87000 
40800 
18800 
45400 

28000 
15  700 

187  500 


54860 
47878 
64500 

118750 

70000 
89500 

68750 


Bayern 

Königreich  Sachsen 
Württemberg  .    .    . 
Baden        


Elsass  Lothringen .  .  , 
Grossherzogtum  Hessen 
8aehsen  Heiningen  .  , 
Sachsen-Coburg-Gotha  , 
SacbsenAltenbarg  .  , 
Seh  wsrzbarg-Rudolstadt 
Schwarzburg-Sondershausen 
Fürstentum  Reass 

Lippe 

Sachsen  Weimap  . 


Braunschweig   .    . 
Anhalt      .... 
Waldock  .... 
Schaumburg-Lippe 
Mecklenburg-Schwerin 
MecklenborgStrelitz 


Oldenburg 
Hamburg  . 
Lübeck  . 
Bremen 


848200 
76000 
15000 
19500 
15000 


145001 

7  700 
2500 
2000 
1800 

940 

860 

1150 

1200 

8600. 

8  700) 
2800 
1100 

840 

18100 

8000 


85  750 


28540 


7  875 


gans  Deutschland 


rund 


540000 


2,18 
1,28 
1,6 

2,5 

2,5 
2,5 


0,5 

458288 
668000 

45000  - 

58500 
100000 


89875 


11770 


rund 


1425900 


1568  0Q0 
1994000 
4668000 
1888000 
6021000 

5826000 
1897000 

11108000 


1,8 

8,7 

8 

8,0 

6,7 


84465000 
6200000 
4900000 
2170000 
1870000 


2£ 


0,5 


1720000 

1120000 

250000 

280000 

195000 

95000 

80000 

210000 

140000 

865000 

465000 
815000 
60000 
45000 
610000 
105000 

400000 

770000 

95000 

225000 


4405000 


1600000 


1490000 


72 
24 
14 

19 

12 

20 


14 
107 
11 
27 
58 


2,6 


rund 


57600000«) 


84,5 


«)  Nach  der  neuesten  für  einzelne  Gebiete  aber  noch  nicht  völlig  abgeschlossenen  Volkszlkhmg 
des  Jahres  1905  beträgt  die  Einwohnerzahl  Deutschlands  rund  60000000. 


§  S.  Schätzung  der  Wasserkräfte  einiger  Lander  Europas  usw.  105 

nur  1,6  PS«  im  Durchschnitt  angenommen  werden.  Die  Provinz  hat  einen  Flächeninhalt 
von  40  300  qkm,  es  bleiben  also  ausser  dem  Queiss-  und  Bobergebiet  noch  36 136  q km. 
Zusammen  würden  sich  demnach  für  die  Provinz  Schlesien  rund  64500  PS«  ergeben. 

Von  den  übrigen  Teilen  Prenssens  würde  die  Provinz  Schleswig-Holstein  für 
unsere  Betrachtung  wegen  des  zu  kleinen  Gefälles  in  den  Wasserläufen  ganz  aus- 
scheiden, obwohl,  besonders  in  der  Gegend  von  Kiel,  bereits  einige  recht  beträchtliche 
Wasserkräfte  ausgenutzt  sind.  Ihre  Berücksichtigung  würde  aber  das  Gesamtbild,  auf 
welches  es  hier  ankommt,  nicht  nennenswert  verändern. 

Die  Provinzen  Sachsen  mit  25200  qkm7)  und  Westfalen  mit  20200  qkm8)  können 
mit  je  2,5  PS»  in  Ansatz  gebracht  werden,  weil  in  der  Provinz  Sachsen  besonders  der 
Harz  reich  an  Wasserkräften  ist,  und  weil  in  Westfalen  allein  in  der  oberen  Ruhr  und 
ihren  Nebenflüssen  durch  die  zahlreichen  Talsperren  bereits  sehr  beträchtliche  Wasser- 
kräfte ausgebaut  sind. 

Ahnlich  liegen  die  Verhältnisse  für  die  Rheinprovinz,  Hessen-Nassau  und  Hohenzollern. 

Dagegen  wird  man  für  Brandenburg,  Pommern,  Posen  und  Hannover  trotz  des 
Reichtums  an  Seen  wegen  des  verhältnismässig  geringen  Gefälles  kaum  mehr  als  0,5  PS« 
pro  Quadratkilometer  annehmen  dürfen. 

Auf  Grund  zerstreut  gefundenen  Materials  sind  die  übrigen  Gebiete  Deutsch- 
lands, so  gut  es  ging,  eingeschätzt,  und  es  ist  für  ganz  Deutschland  die  nebenstehende 
Tabelle  II  aufgestellt. 

Aus  den  Mitteilungen  in  §  1  Seite  19  ergibt  sich,  dass  von  den  verfügbaren 
Wasserkräften  Deutschlands  etwa  20%  verwendet  sind. 

2.  Frankreich. 

In  Frankreich  ist  durch  einen  Erlass  des  Ministers  für  Landwirtschaft  vom  25.  März 
1908  eine  besondere  technische  Dienststelle  eingerichtet,  welche  unter  anderen  die  Aufgabe 
hat,  alle  die  in  den  französischen  Alpenländern  vorhandenen  Wasserkräfte  zu  ermitteln. 

Von  dieser  Dienststelle  ist  in  den  „Annales  de  la  directum  de  l'hydraulique  et 
des  amöliorations  agricoles",  fascicule  30,  Paris,  Imprim6rie  National  1904  ein  Bericht 
erstattet  und  hierin  eine  Schätzung  der  Wasserkräfte  in  dem  von  ihr  zunächst  bear- 
beiteten Alpengebiete  wiedergegeben.  Wie  die  Verfasser9)  selber  hervorheben,  kann  diese 
Schätzung  auf  Geoauigkeit  keinen  Anspruch  machen,  aber  sie  geben  der  Meinung  Aus- 
druck, dass  die  späteren,  auf  genaueren  Grundlagen  erneut  anzustellenden  Ermittelungen 
ihre  Schätzungen  übertreffen  werden. 


7)  Die  Gewinnung  und  Verwertung  der  Wasserkräfte  im  Oberbau  von  Haberland,  Zeitscbr. 
4  Ver.  deutscher  in*,  Seite  709»  1901. 

«)  Die  bessere  Ansntttsung  der  Gewisser  and  Wasserkräfte  von  O.  Intse,  Verlag  von  Julias 
8f*ioger,  Berlin  1899. 

•)  Die  Verfasser  und  die  Ingenieure  R.  Tavernier  and  R.  de  In  Brosse. 


106  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allobmuheb. 

Die  nachstehende  Tabelle  zeigt  das  Ergebnis: 

Tabelle  III. 

Schätzung  der  Wasserkräfte  im  sddSstlichen  Alpengebiet  Frankreich«. 


Departements 

Oberfliehe  in 
ha 

Vormalige  Sehitsana  der  Wasser- 
kräfte in  PSe   an  der  Torbmen- 

welle 

Bemeiknnajera 

bei  Niedrig- 
waseer 

bei  Mittel- 

Haute-Savoie 

8aveie 

459801 
618  791 
828658 
564311 

100000 
820000 
850000 
800000 

875000 
650000 
800000 

500000 

Die  Zahlen    ge- 
nügen wahr- 
scheinlich 
nicht 

zusammen   für  die  4  betrachteten 

2466561 

1070000 

2825000 

— 

1000000 

2800000 

! 

Hierbei  ist  unter  Niedrig- Wasser  dasjenige  verstanden,  welches  an 
365  Tagen  des  Jahres  Torhanden  ist,  unter  Mittelwasser  dasjenige,  welches  an  nicht 
mehr  als  180  Tagen  unterschritten  wird,  d.  h.  an  mindestens  185  Tagen  im  Jahre  vor- 
handen  ist. 

Da  nun  bei  den  bisherigen  Schätzungen  die  nennmonatlichen  Wassermengen  zu- 
grunde gelegt  sind,   so  müssen,   nm  einen  Vergleich  zu  ermöglichen,   die  Zahlen  der 
Tabelle  entsprechend  reduziert  werden.    Es  ist  sehr  schwer,  hierfür  einen  richtigen  Mass- 
stab zu  finden.    Im  nächsten  Paragraph  wird  gezeigt  werden,  dass  sich  die  neunmonat- 
liche durchschnittliche  Wassermenge  z.  B.  an  der  oberen  Rhone  bei  St.  Maurice  zu  der 
sechsmonatlichen  durchschnittlichen  Wassermenge  verhält  wie  40:73  cbm/sek.,  während 
an  der  Durance  bei  Bompas  sich  die  neunmonatliche  Wassermenge  zu  der  sechsmonat- 
lichen nur  verhält  wie  200:255.     Mangels  der  Möglichkeit  einer  genaueren  Schätzung 
soll  deshalb  für   unseren  Vergleich  das  sechsmonatliche  Wasser  der  Tabelle  auf  das 
neunmonatliche  im  Verhältnis  der  Tage ,  d.  h.  im  Verhältnis  von   185  :  270  reduziert 
werden,   so  dass  die  Zahl  von  2300000  PS«  mit  0,68  zu  multiplizieren  ist  und  sich 
als  Gesamtwasserkraft  der  vier  Departemente  bei  neunmonatlichem  Wasser  1564000  PS, 
ergibt  und  zwar  an  den  Turbinenwellen  gemessen. 

Die  Oberfläche  der  vier  Departements  beträgt  24666  qkm,  so  dass  sich  eins 
neunmonatliche  Nutzwasserkraft  von  63,0  PS#  pro  Quadratkilometer  ergeben  würde. 
Diese  Zahl  könnte  auf  dem  ersten  Blick  hoch  erscheinen.  Sie  erklärt  sich  aber  aus  der 
Grösse  der  Gletscher,  welche  die  Flüsse  der  vier  Departements  speisen  und  die  Wasser- 
kräfte jener  Gegend  so  wertvoll  machen,  weil  während  des  ganzen  Jahres  auf  eine  ver- 
hältnismässig hohe  Mindestwasserrtenge  zu  rechnen  ist. 

Der  Ingenieur  Henri  Bresson  hat  in  einer  Studie  über  die  Wasserkräfte  der 
sieben  Departements:  la  Manche,  le  Calvados,  l'Orne,  l'Eure,  l'Eure  et  Loire,  la  Sarthe, 
la  Mayenne,  welche  er  unter  den  Namen  der  „Suisse  Normande"  zusammenfasst,  ermittelt, 
dass  die  ausnützbaren  Wasserkräfte  bei  Mittelwasser  etwa  82  300  PS«  betragen  für  eine 
Oberfläche  von  42000  qkm,  d.  h.  rund  2  PS«  pro  Quadratkilometer.  Der  bekannte 
National-Ökonom  Pierre  Leroy-Beaulieu  hat  die  Arbeiten  der  oben  genannten 
staatlichen  Dienststelle  und  diejenige  Bressons  zu  einer  in  L'Economiste  francais 
am  20.  Januar  1906  veröffentlichten  Studie  benutzt,   und  er  kommt  hier  zu  folgenden 


§  3. 


ßcalnuHo  dbb  Wasserkräfte  einiger  Länder  Europas  usw. 


107 


weiteren  Schätzungen:  Er  schlägt  vor,  die  anderen  sechs  Departements  des  Süd-Ostens 
(Drome,  ^tnclnse,  Bouches  du  Rhone,  Var,  Bassee-Alpes,' Alpes-Naritimes)  und  die  sechs 
Departements  der  pyrenaischen  Grenze  (Basses-Pyrenees,  Hautes-Pyränäes,  Haute-Garonne, 
Ariftga,  Aude  and  Pjränäes-Qrientales)  mit  einer  Oberfläche  von  zusammen  63166  qkm 
mit  einem  Koeffizienten  von  ungefähr  der  halben  Grösse  desjenigen  für  die  oben  ge- 
nannten Tier  Departements  der  hohen  Alpen  in  Ansatz  zu  bringen.  Diesem  Vorschlage 
folgend,  sollen  dieselben  für  unsere  Berechnung  mit  30  PS,  für  das  nennmonatlicbe  Wasser 
angesetzt  werden,  so  dass  sich  63166  mal  30  =  rund  1900000  PS«  ergeben  würden. 

Eine  dritte  Gruppe  umfasst  die  elf  Departements  von  Zentralfrankreich  und  die 
sechs  Departements  des  Ostens.  Für  diese  wird  ein  Koeffizient  gleich  da*  Hälfte  der 
vorgenannten  Gruppe  in  Vorschlag  gebracht.  Das  würde  für  unsere  Berechnung  15  PS« 
pro  Quadratkilometer  sein  und  bei  91000  qkm  Oberfläche  1365000  PS«  ausmachen. 

Ausser  den  7  schon  genannten  Departements  der  sogenannten  Suisse  Romande 
bleiben  noch  46  Departements  übrig  mit  zusammen  315000  qkm.    In  dem  Rapport  der 
staatlichen  Dienststelle  werden  diese  53  Departements  zusammengefasst,  und  es  wird 
vorgeschlagen  sie  mit  Vi©  des  Koeffizienten  der  vier  Departements  der  hohen  Alpen 
in   Ansatz    zu    bringen.      Das  würden    für  das   neunmonatliche  Wasser    6,3   PS*  pro 
Quadratkilometer  sein,   was  erheblich  zu  hoch  sein  dürfte,  obwohl  einige  von  diesen 
Departements  Höhenrücken  haben,  welche  800, 1000  und  selbst  1200  m  über  dem  Meeres- 
spiegel liegen.    Da  aber  eine  grössere  Anzahl  Departements  wie  la  Marne,  l'Aube,  les 
Landes  und  la  Gironde,  Seine,  Loire-et-Cher  u.  a.  so  flach  sind,  dass  sie  wie  Schleswig- 
Holstein  nur  geringe  ausnützbare  Wasserkräfte  besitzen,   so  soll  die  Gesamtheit  der 
46  Departements  hier  nur  durchschnittlich  mit  3  PS»  in  Ansatz  gebracht  werden,  oder 
zusammen  mit  945000  PS». 

In  der  Seite  15  bereits  erwähnten  Studie  von  V.  Turquan  findet  sich  noch  die 
interessante  Angabe,  dass  die  Länge  der  für  Wasserkräfte  ausnutzbaren  Privatflüsse 
(cours  d'eau  non  navigables  ni  flottables)  in  Frankreich  285574  km  beträgt,  so  dass 
bei  535000  qkm  Oberfläche  anf  das  Quadratkilometer  etwa  0,53  km  Länge  zur 
Wasserkraft  ausnutzbarer  Privatwasserläufe  entfallen.  Rechnet  man  von  den  in  nach- 
folgender Tabelle  IV  ermittelten  5857300  PS»  »/«  auf  die  Privatdüsse,  so  würden  etwa 
15,3  PS»  auf  das  Kilometer  Flusslänge  fallen.  Des  Vergleichs  wegen  sei  noch  erwähnt, 
dass  nach  der  v.  Millerschen  Studie  auf  die  1730  km  Flusslänge  des  betrachteten 
bayerischen  Gebietes  am  Nordabhange  der  Alpen  rund  30  PS»  auf  das  Kilometer 
entfallen. 


Tabelle  IV. 

Schätzung  der  Wasserkräfte  Frankreichs. 


Departements 


Fläcnen- 

grosse  in 

qkm 


Gesamte  Wasser* 
kräfte  in  PS»  bei 
9  monatl.  Wasser 


Wasser- 
kräfte 

pro  qkm 
in  PS» 


Einwohner- 
zahl 


Wasserkräfte 
pro  1000  Ein- 
wohner 
in  PS» 


.1.  Gruppe. 

Biate>8aToie,  8avoie,  Hautes- Alpes, 
leere 

IL  Gruppe. 

&  Departemente  des  80d-Ostens  und 
6  Departements  der  pyronäiachen 
Grenze 


24666 


1564  000 


63 


63166 


1900000 


30 


106 


I.      TltBODOB  KOBHN.      AUSBAU  VOR   WASSBBKRiFTBir.      ALLOBMEDTBa, 


Departements 

Flächen- 

grOeee  in 

qkm 

Gesamte  Wasser- 
kräfte in  PS«  bei 
9  monatl.  Wasser 

Wasser- 
kräfte 

pro  qkm 
in  PS* 

Einwohner- 
sabi 

Wasserkräfte 
pro  lOOOBim- 

wobaer 

in  PS« 

Übertrag: 

III.  Gruppe. 

11    Departements    Zentral -Frank- 
reichs and  6  Departements  des 

IV.  Gruppe. 

7  Departements    der  sogenannten 

V.  Gruppe. 

die  übrigen  46  Departements     .    . 

87882 

91000 

42000 
815  000 

8464000 

1865000 

82800 
945000 

98 

15 

2 
8 

— 

585000 

5857  800 

10,9 

88900000 

150 

Von   diesen  Kräften  sind  nach   den   in   §   1    Seite  15   gemachten  Mitteilungen 
«60000  PS«  oder  rund  ll°/o  ausgenützt. 


3.  Die  Schweiz. 

bietet  die  y.  Mill ersehe  Studie  für  die  30000  qkm  des  Vorfiutgebietes  des 
Rheins  eine  gute  Unterlage.  Er  gibt  an,  dass  da  die  Höhenunterschiede  zwischen  den 
Ursprungsstellen  der  Flüsse  und  dem  Flachlande  in  Österreich  und  in  der  Schweiz  an 
dem  Nordabhange  der  Alpen  um  rund  60°/o  grosser  sind  als  in  Bayern,  auch  die  Ausnütx- 
barkeit  der  Flüsse  entsprechend  grösser  sein  müsse.  Nach  dieser  Scb&tzung- würden  auf  das 
Quadratkilometer  etwa  35—36  Nutz-PS  d.  h.  von  26,5  PS«  an  den  Turbinenachsen  entfallen. 
Das  Vorflutgebiet  des  Rheins  in  der  Schweiz  beträgt  rund  30000  qkm,  und  es 
würden  in  demselben  demnach  675000  PS#  vorhanden  sein.  Die  restlichen  11000  qkm 
des  Vorfiutgebietes  der  Rhone  und  des  Tessins  werden  nach  dem  Vorbilde  der  ersten 
Gruppe  des  franzosischen  Alpengebietes  mit  ca.  63  PSe  in  Ansatz  gebracht  werden 
können,  da  hier  die  Verhältnisse  ähnlich  wie  dort  liegen.  Das  ergäbe  für  den  zweiten 
Teil  der  Schweiz  rund  700000  PS#  und  zusammen  1 365000.  Die  nachstehende  Tabelle 
ergibt  die  Übersicht: 

Tabelle  V. 

Schätzung  der  Wasserkräfte  in  der  8ohweU. 


Flächen- 
grosse in 
qkm 

6  eeamte  Wasser- 
kräfte in  PS«  bei 
9  monatl.  Wasser 

Waseer- 
krifte 

Einwohner- 
sahl 

Wasserkräfte 
pro  10001m- 

wohaer 

in  PS» 

Vorflutgebiet  des  Rheins   .... 
,           der  Khonen.d.  Tessins 

80000 
11000 

795000 
700000 

26,5 
63 

: 

— 

41000 

rd.  1500000 

86,6 

3300000 

454,5 

Von  diesen  Kräften  sind  nach  den  Seite  16  gemachten  Mitteilungen  380000  PS» 
oder  rund  25,3%  ausgenützt. 


§    3. 


SOHlTZUKO  DBB   WASSERKRÄFTE  EINIGER  LiXDEK  EUBOPAS  USW. 


109 


4.  Österreich-Ungarn. 

Von  den  gleichen  Gesichtspunkten  ausgehend  ist  in  der  Tabelle  VI  eine  Schätzung 
Österreich-Ungarn  vorgenommen. 

Tabelle  VI. 

Schätzung  der  Wasserkräfte  in  Österreich-Ungarn. 


Linder 

.  Flachen- 
grosse  in 
qkm 

Gesamte  Wasser- 
kräfte in  PS«  bei 
9monatl.  Wasser 

Wasser- 
kraft« 

pro  qkm 
in  P8« 

Einwohner- 
sahl 

Wasserkräfte 
pro  1000  Ein- 
wohner 
in  PS* 

Salzburg 

20000 
12000 
7000 
18000 
18000 

1750000 
2700000 

524000 

451200 
195000 
510000 

2660000 
785000 
175  OUO 

1200000 
525000 

Dalmatiaii 

mummw 

70000 

22000 
10000 
28000 

25 

5845000 

2280000 
860000 
980000 

892 

nssamen 
Böhmen 

60000 

52000 
22ÖO0 
5000 
10000 
42000 

45 

8570000 

5840000 

2270000 

605000 

645000 

2200000 

756 

Mlkren 

Schlesien 

Bukowina 

taiimmeo 

Ungarn  nnd  Siebenbürgen      .    .    . 
Gatiiieaio) 

181000 

282000 
78000 
51000 

4 

1,6 
2,5 
10 

11560000 

15200000 
6600000 
1700000 

45 

80 
80 

Bosnien  nnd  Herzegowina     .    .    . 

800 

ganz  Österreich-Ungarn     .... 

676000 

6180200 

04 

47000000 

180 

5.  Italien. 

In  einer  umfangreichen  Studie  hat  der  Ingenieur  Torquato  Perdoni11)  die 
Wasserkräfte  Italiens  abgeschätzt  und  zwar  bei  niedrigstem  Jahreswasser  und  bei 
Mittelwasser.  Unter  Mittelwasser  versteht  er  dasjenige,  welches  mindestens  an  270  Tagen 
im  Jahre  vorhanden  ist.  Hierbei  sind  eine  ganze  Reihe  kleinerer  Flüsse,  wo  Angaben 
ganz  fehlten,  überhaupt  fortgelassen,  bei  anderen  sind  die  Wasserkräfte  geschätzt. 
Perdoni  kommt  zu  dem  Schlüsse,  dass  in  dem  kontinentalen  Italien,  also  abgesehen 
von  den  Inseln,  19710013  theoretische  Roh-PSe  bei  Mittelwasser  und  4655863  bei 
niedrigstem  Wasser  vorbanden  sind.  Er  berücksichtigt  aber  nicht  die  Aus- 
nutzbarkeit.   Würde  man  für  die  italienischen  Flüsse    denselben  Koeffizienten  der 


10)  Die  von  der  Landesverwaltung  angestellten  Ermittelungen  haben  allein  für  das  Dunajec- 
uad  Popradgebiet  77000  PSe  ergeben  (vergl.  Österreich.  Wochenschrift  f.  d.  Offentl.  Baud.  1906,  S.  154). 

ii)  log.  Torquato  Perdoni,  Le  Forze  Idrauliche  dell'  Italia  Continentale  ed  ü  Loro  Impiego 
ülrice  Hoepli,  Editore  Libraio.  Milano  1902. 


110 


L    Theodor  Koehh.    Ausbau  von  Wasserkräften.    AljjOemeine8. 


Au8ntitzbarkeit  tob  37°/o,  welchen  v.  Miller  bei  den  bayerischen  Wasserkräften  am 
Nordabhange  der  Alpen  ermittelt  hat,  annehmen  und  dann  durch  Multiplikation  mit 
0,75  die  Reduktion  auf  die  PS0  an  den  Turbinenwellen  vornehmen,  so  wurden  sich 
für  Italien  bei  Mittelwasser  rund  5500000  PS«  ergeben: 


Tabelle  VII. 

Sch&trong  der  Wasserkräfte  des  Festlandes  tob  Italien. 


Land 


ilachen- 

grosse  in 

qkm 


Gesamte  Wasser- 
kräfte in  PS«  bei 
9mooatl.  Wasser 


Wi 

krafte 
pro  qkm 

in  PS« 


Einwohner* 
zahl 


pro  1000 

WO«  IM 

in  PSe 


Italien 


287000 


5500000 


19 


88500000 


Aus  den  Mitteilungen  Seite  17  ergibt  sich,  dass  von  diesem  grossen 
an  Wasserkräften  zurzeit  etwa  erst  463000  PS»,  also  8,4%  ausgenutzt  sind. 


169 


6*  Norwegen. 

Ganz  ausserordentlich  günstig  liegen  in  bezug  auf  die  Wasserkräfte  die  Verhalt- 
nisse für  Norwegen.    Grosse  Wassermengen  vereinigen  sich  hier  mit  grossen  Gefallen. 
Durch  die  Regulierung  des  Mjösen-Sees,   welcher  aliein  eine  Oberfläche  von  359  qkm 
hat,  kann  die  Niedrigwassermenge  des  Glommen,  des  grössten  Flusses  Norwegens  auf 
330  cbm/sek.  und  die  neunmonatliche  Mittelwassermenge  auf  ca.  400  cbm/sek.  gebracht 
werden.     Das  wirklich  ausnützbare  Gefälle  dieses  Flusses  unterhalb  des  genannten  Sees 
betragt  etwa  100  m,  so  dass  allein  im  Unterlauf  des  Glommen  vom  Mjösen-See  bis  zum 
Meere  400000  PS#  zu  gewinnen  sind.    Professor  Holz  hat  auf  Grund  einer  Studien- 
reise  in  einem  im  Aachener  Ingenieurverein  am  ö.  März  1902  gehaltenen  Vortrage11) 
die    Gesamtwasserkräfte    Norwegens    bei    Mittelwasser    auf    30000000    PS    geschätzt 
Nimmt  man  die  Ausnützbarkeits-  Koeffizienten  wie  für  das  bayerische  Alpengebiet  zu  37*/# 
an,  so  ergeben  sich  rund  11000000  ausnützbare  PS  und  demnach  bei  75%  Nutzeffekt 
an  den  Turbinenwellen  8325000  PSe.     Es  soll  hier  für  das  Gesamtgebiet  mit  einem 
durchschnittlichen  Koeffizienten   von  20  PS«   pro  Quadratkilometer   gerechnet   werden, 
woraus  sich  7500000  PS»  ergeben  würden. 

Tabelle  VIII. 

Schätzung  der  Wasserkräfte  Norwegens. 


Land 


Fliehen- 

grosse  in 

qkm 


Gesamte  Wasser 
krifte  in  PS«  bei 
9  monatl.  Wasser 


Wasser- 
kräfte 

pro  qkm 
in  PS« 


Einwohner- 
sah! 


Wasserkräfte 

pro  1000  lin- 

wohosr 

in  PS. 


Norwegen 


825000 


7500000 


20 


2200000 


3409 


ii)  Z.  d.  V.  D.  L  1902.  Seite  1194. 


3. 


Schätzung  der  Wasserkräfte  einiger  Länder  Europas  usw. 


111 


7.  Schweden. 

Für  Schweden  kommt  der  ungeheuere  Seenreich  tum  in  Betracht,  dafür  ist  aber 
das  nutzbare  Gefälle  nicht  so  gross. 

Es  soll  deshalb  das  460000  qkm  betragende  Gesamtgebiet  mit  durchschnittlich 
15  PS©  pro  Quadratkilometer  in  Ansatz  gebracht  werden. 

TabellelX. 

Schätzung  der  Wasserkräfte  Schwedens. 


Land 

Flächen- 

grosse  in 

qkm 

Gesamte  Wasser- 
kräfte in  PS«  bei 
9monatl.  Wasser 

Wasser- 
kräfte 

pro  qkm 
in  PSe 

Einwohner- 
zahl 

Wasserkräfte 
pro  1000  Ein- 
wohner 
in  PS« 

Schweden 

450000 

6750000 

i 

i 

15 

5200000 

1290 

8.  GrossbritannieiL 

Für  Grossbritannien  wird  zu  unterscheiden  sein  zwischen  England  mit  Wales 
151000  qkm,  Irland  84000  qkm,  Schottland*  mit  79000  qkm.  In  England  selbst  kommen 
für  Wasserkraftanlagen  besonders  das  gebirgige  Wales,  die  Abhänge  der  Pennine  Chaine 
Nordenglands  und  der  Seendistrikt  Gumberlands  und  Westmorelands  in  Betracht.  Dieses 
Gebiet  mit  zusammen  etwa  36 000  qkm  dürfte  mit  etwa  3  PSe  pro  Quadratkilometer 
einzuschätzen  sein.  Das  übrige  England  ist  verhältnismässig  flach,  so  dass  es  den 
Wasserlänfen  an  ausreichendem  Gefälle  fehlt.  Es  mag  deshalb  das  restierende  Gebiet 
Englands  mit  0,5  PSe  pro  Quadratkilometer  in  Ansatz  gebracht  werden.  Für  Irland, 
welches  zu  zwei  Fünftel  auch  eben  ist,  sind  etwa  2  und  für  Schottland  etwa  8  PS« 
pro  Quadratkilometer  anzunehmen.    Hiernach  ergibt  sich: 

Tabelle  X. 

Schätzung  der  Wasserkräfte  Englands. 


Linder 


Flächen- 

gröese  in 

qkm 


Gesamte  Wasser- 
kräfte in  PSe  bei 
9monatL  Wasser 


Wasser- 
kräfte 

pro  qkm 
in  PSe 


Einwohner- 
zahl 


Wasserkräfte 
pro  1000  Ein- 
wohner 
in  PS« 


Bogland  mit  Wales  ...... 

Irland 

Schottland    ......... 

gm  England 


151000 
84000 
79000 


163000 
168000 
682000 


1,08 
2 

8 


32  500000 
4500000 
4500000 


5,0 
87,8 
140 


315000 


968000 


3,06 


41600000 


23,1 


Wenn  auch  die  Zahlen  dieser  oberflächlichen  Schätzung  mehr 
oder  weniger  von  der  Wirklichkeit  abweichen  mögen»  so  ergibt  sich 
dennoch  soviel  mit  Sicherheit  aus  den  Zusammenstellungen,  dass  dem 
Ingenieur  noch  ganz  gewaltige  Aufgaben  auf  dem  Gebiete  des  Aus- 
baues von  Wasserkräften  allein  in  den  westeuropäischen  Ländern 
geboten  sind,  ganz  zu  schweigen  von  den  Wasserkräften  des  östlichen 
Europas  and  der  übrigen  Erdteile. 


112 


I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräfte.    Allgemeines. 


In  der  nachfolgenden  Tabelle  XI  sind  die  Ergebnisse  der  Schätzungen  noch  ein- 
mal übersichtlich  geordnet  und  zwar: 

a)  nach  der  Anzahl  der  überhaupt  vorhandenen  nutzbaren  Wasserkräfte  in  PS». 

b)  nach  der  Anzahl  der  vorhandenen  PS«    pro  Quadratkilometer  Oberfläche    des 
Landes. 

c)  nach  der  Anzahl  der  vorhandenen  PSe  pro  1000  Einwohner. 


Tabelle 

XI. 

1 

i 

b 

c 

Bezeichnung  des 

Verfügbar* 

Wasserkräfte 

bei  •  monatL 

WmmMäk* 

Bezeichnung  des 

Verfügbare 

Waaaerkriffce 

bei  •monatL 

Bezeichnung  den 

Varfttbava 
WaeeertrllU 
beiSasaaelL 

Landet 

**  •■MF 

an  den  Tur- 

bineuwellen 

in  PSe 

Tiindon 

Wasser 

in  PSe  pro  qkm 

Oharaic*» 

Landen 

in  PSe  sc* 
1000  IIa  ■■!■■ 

Großbritannien 

968000 

Deutschland 

2,6 

Grosabritannien 

28,1 

Deutschland 

1425900 

Groaabritannien 

8,06 

Deatacbland 

«4,5 

Schweiz 

1500000 

Österreich-Ungarn 

9,1 

Österreich  Ungarn 

180 

Italien 

5500000 

Frankreich 

10,9 

Frankreich 

150 

Frankreich 

5857  000 

Schweden 

15,0 

Italien 

169 

Österreich-Ungarn 

6180200 

Italien 

19.0 

8chweiz 

454,5 

Schweden 

6750000 

Norwegen 

20,0 

Schweden 

1290 

Norwegen 

7500000 

Schweiz 

86,6 

Norwegen 

8409 

Allgemeine  Betrachtungen  Aber  den  Wert  Tom  Wasserkräften.  Der  Wert  einer 
Wasserkraft  pro  PS  ist  natürlich  nicht  überall  derselbe,  sondern  schwankt  in  sehr 
weiten  Grenzen.  Der  erste  und  wichtigste  Wertmesser  für  eine  Wasserkraft  ist  der 
Bedarfan  Kraft  in  einem  gewissen  Umkreis.  Ist  der  Bedarf  gross  im  Vergleich  rar 
verfügbaren  Kraft,  so  findet  der  Absatz  schnell  und  zu  guten  Preisen  statt;  ist  aber  der 
Bedarf  klein  im  Verhältnis  zur  verfügbaren  Kraft,  so  muss  der  Preis  sinken.  Es  ist 
auch  sehr  wesentlich  für  die  Wertschätzung  einer  Wasserkraft,  ob  der  Kraftbedarf  durch 
Verwendung  von  Warme- Antriebsmaschinen,  und  durch  Gewöhnung  an  reichliche  Be- 
leuchtung schon  stark  entwickelt  ist,  oder  ob  nur  gute  Vorbedingungen  für  eine 
zukünftige  Entwickelung  des  Kraftbedarfes,  z.  B.  durch  zahlreiche  und  wohl- 
habende Bevölkerung,  gute  Land-  und  Wasserwege,  Eisenbahnen,  intelligentes,  tüchtiges 
Arbeiterpersonal  etc.  gegeben  sind.  Im  ersteren  Falle  hat  der  Besitzer  die  Wasser- 
kraft nur  so  billig  abzugeben,  dass  der  Betrieb  den  Abnehmern  billiger  wird,  als  mit 
den  bisherigen  Kraftquellen.  Im  letzteren  Falle  muss  der  Besitzer  der 
Wasserkraft  durch  die  Billigkeit  seiner  Preise  erst  den  Anstoss  zur 
Einrichtung  neuer  Arbeitsstätten  und  Beleuchtungsanlagen  geben 
und  eine  starke  Anziehungskraft  für  neue  industrielle  Nieder- 
lassungen ausüben. 

Eine  wichtige  Rolle  für  die  Beurteilung  des  Wertes  einer  Wasserkraft  spielt  auch 
die  Entfernung  derselben  von  dem  Schwerpunkt  des  Verwendungsgebietes,  da  mit  jedem 
Kilometer  Mehrlänge  für  die  Leitung  nicht  allein  die  Anlage-  und  Betriebskosten,  sondern 
auch  die  Energieverluste  in  der  Leitung  wachsen.  Es  wird  im  §  5  dieses  Kapitels  gezeigt 
werden,  welchen  Einfluss  die  Betriebskosten  der  Fernleitungen  auf  die  Gesamt- Betriebs- 
kosten einer  Wasserkraftanlage  haben.  Der  Einfiuss  der  Energieverluste  in  den  Lei- 
tungen springt  ohne  weiteres  in  die  Augen.  Wenn  z.  B.  für  eine  Pferdekraft  und  Jahr 
bei  dem  Abnehmer  eine  Einnahme  von  Mk.  100  erzielt  wird,  so  beträgt  bei  5°/o 


§  3.  Schätzung  der  Wasserkräfte  einiger  Länder  Europas  usw.  113 

Verlust  in  der  Fernleitung  die  Einnahme  pro  PSe  am  Anfang  der  Leitung  Mk.  95 
bei  15°/o  Verlust  aber  nur  noch  Mk.  85. 

Es  ist  klar,  dass  eine  von  der  Natur  gebotene  Wasserkraft  um 
so  wertvoller  ist,  je  billiger  sie  sich  ausbauen  lässt.    Im  allgemeinen  wird 
eine  Wasserkraft  in  der  Anlage  um  so  billiger  pro  Einheit,  je  grösser  das  Gefalle  und 
je   grösser  die  sekundliche  Wassermenge  ist,  und  zwar  ist  der  Einfluss  des  Gefälles 
grösser,    als  derjenige  der  sekundlichen  Wassermenge.    Es  sind  deshalb  im  allgemeinen 
die  Wasserkräfte  im  Gebirge  pro  Einheit  billiger,  als  im  Flachlande;  und  an  Flüssen, 
welche  aus  grossen  Seen  kommen,  billiger,  als  an  Flüssen  ohne  solche  Sammelbecken. 
Eilien  in  allgemeinerer  Weise  gültigen  Wertmesser  für  Wasser- 
kräfte   bildet  heute  noch  der  Preis  der  Kohle,    weil  dieselbe  fast  die 
einzige  wettbewerbende  Kraftquelle  darstellt.    Es  ist  deshalb  die  Wasser- 
kraft in  Italien,  wo  eine  Kohle  von  der  Güte  der  Ruhrkohle  infolge  der  höheren  Trans- 
portkosten durchschnittlich  etwa  Mk.  30,0  pro  1000  kg  kostet,  mehr  wert,  als  in  Bayern, 
wo    der  Preis   für  dieselbe  Kohle  etwa  Mk.  25,0  ausmacht,  und  hier  ist  wiederum  die 
Wasserkraft  pro  PS«  mehr  wert,  als  im  Ruhrgebiet  selbst,  wo  die  Kphle  pro  1000  kg 
nur  Mk,  15,0  und  weniger  kostet.     Nimmt   man    an,  dass  durchschnittlich  eine  PS« 
während  3000  Stunden  im  Jahre  ausgenützt  wird  und  veranschlagt  den  Verbrauch  an 
Kohle  pro  Pferdekraftstunde  nur  mit  dem  geringen  Satz  von  1  kg,  so  würde  sich  der 
Jahresverbrauch  für  eine  PS6  auf  3000  kg  stellen.     Die  Ersparnis  an  diesem  Kohlen- 
verbrauch würde  in  Italien  Mk.  90,0,  in  Bayern  Mk.  75,0  und  im  Ruhrgebiet  Mk.  45,0 
pro  Jahr  und  PS«  ausmachen. 

Es  ist  ferner  einleuchtend,  dass  eine  Wasserkraft  um  so  wert- 
voller wird,  je  ständiger  ihre  sekl.  Wassermenge  ist.    Der  Mehrwert  der 
Ständigkeit  einer  Wasserkraft  hängt  naturgemäss  von  dem  Preise  ab,   zu  dem  man 
sich  an  einer  bestimmten  örtlichkeit  die  zur  Ergänzung  notwendige  Kraft  während  des 
Wassermangels  durch  Wärmekraftmaschinen  beschaffen  kann.    Wenn  z.  B.  eine  Wasser- 
kraft für  die  Ausnützung  des  neunmonatlichen  Wassers  eingerichtet  ist,  und  für  die 
dem  neunmonatlichem  Wasser  entsprechende  Kraft  das  ganze  Jahr  hindurch  Bedarf  vor- 
liegt, der  Wasserzufluss  dagegen  während  dreier  Monate  auf  die  Hälfte  der  neunmonat- 
lichen sekl.  Wassermenge  sinkt,  so  muss  man  zur  Ergänzung  für  die  andere  Hälfte  eine 
Reserve  in  Wärme- Antriebsmaschinen  einrichten.     Es  sind  also  in  solchem  Falle  die 
durchschnittlichen  Betriebskosten  der  Gesamtanlage  einerseits  von  dem  Preise  der 
Kohlen  abhängig  und  sie  werden  andererseits  von  den  Kosten  für  Verzinsung,  Tilgung, 
Erneuerung  und  Unterhaltung  der  Wärmekraft-Reserve,  welche  nur  während  90  Tagen 
benutzt  wird,  empfindlich  erhöht.     Will  man  die  Errichtung  einer  Wärmekraft-Reserve 
vermeiden,  so  kann  man  an  ständiger  Kraft  nur  das  verkanten,  was  während  des  ganzen 
Jahres  ununterbrochen  an  Wasserkraft  verfügbar  ist,  und  man  muss  sich  für  die  un- 
ständige Kraft  in  den  weitaus  häufigsten  Fällen  mit  einem  erheblich  geringeren  Preise 
pro  Einheit  begnügen. 

Die  Wasserkräfte  an  fliessenden  Gewässern  schwanken  in  ihrer  Leistung  während 
eines  Jahres  oft  in  weiten  Grenzen,  stehen  dagegen  mit  der  jeweilig  vorhandenen  sekund- 
lichen Leistung  ununterbrochen  während  der  24  Stunden  des  Tages  zur  Verfügung. 
Betriebskosten  für  den  24  stündigen  Betrieb  wachsen  gegenüber  dem 
128tündigen  im  wesentlichen  nur  durch  die  Löhne  für  das  Personal, 
durch  die  Kosten  für  Schmier-  und  Putzmaterial  und  im  geringeren 
Masse  durch  die  Vermehrung  der  Unterhaltungskosten  des  maschi- 
nellen Teiles  und  durch  die  grösseren  Rücklagen  für  Erneuerungen. 

Handbuch  der  Ing.-WisMMeh.    III.  Teil.    13.  Bd.  8 


114  I.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

Bei  allen  Wärmeantriebsmaschinen  wird  der  24stündige  Betrieb  da- 
gegen  auch  durch  den  Verbrauch  an  Brennmaterial  mehr  belastet.  Hier- 
aus folgt,  dass  der  Wert  einer  Wasserkraft  um  so  grösser  sein  mnss, 
je  länger  sie  im  Jahre  ausgenützt  werden  kann  und  dass  der  Wert  im 
stärkeren,   als  dem  einfachen  Verhältnis  der  Betriebsstunden  wächst. 

Aus  diesen  Betrachtungen  erkennt  man  auch,  dass  eine  vergleichende  Schätzung 
des  Reichtums  an  Wasserkräften  verschiedener  Länder,  in  Geldeswert  ausgedrückt,  schwer 
durchzuführen  ist  In  Grossbritannien  und  Deutschland  zum  Beispiel  ist  der  Bedarf  an 
Kraft  fast  in  allen  Landesteilen  ein  grosser  und  deshalb  kann  die  durchschnittliche  Ein- 
nahme pro  PS«  im  Durchschnitt  auch  eine  verhältnismässig  hohe  sein,  im  Durchschnitt 
werden  aber  auch  die  Anlagekosten  in  diesen  beiden  Ländern  pro  Einheit  hohe  sein,  weil 
Gefälle  und  sekundliche  Wassermenge  im  Durchschnitt  klein  sind.  Dagegen  wird  z.  B. 
in  Norwegen,  wo  es  noch  an  Bedarf  fehlt,  die  erzielbare  Einnahme  pro  PS6  verhältnis- 
mässig gering  sein,  dagegen  im  Durchschnitt  die  Anlagekosten  pro  Einheit  klein  ausfallen, 
weil  Gefälle  und  Wassermenge  gross  sind.  Verhältnismässig  am  höchsten  ist  deshalb  der 
Wert  von  Wasserkräften  in  einem  Lande  wie  die  Schweiz  zu  bemessen,  welches  keine 
eigenen  Kohlenlager  besitzt  und  wo  sowohl  der  Bedarf  ein  grosser,  als  auch  die  Anlage- 
kosten im  Durchschnitt  verhältnismässig  klein  sind. 

Sicher  ist,  dass  wie  der  Reichtum  an  Kohle  die  industrielle  Entwickelung  z.  B. 
Englands,  Deutschlands,  Amerikas  und  Belgiens  im  19.  Jahrhundert  in  starker  Weise 
begünstigt  hat,  die  Länder  mit  grossem  Reichtum  an  Wasserkräften,  wenn  sie  den 
Ausbau  durch  verfehlte  Gesetzgebung  nicht  künstlich  zurückhalten, 
im  Wettkampf  der  Nationen  aus  diesen  für  Handel  und  Industrie  grossen  Nutzen  ziehen 
können.  Wie  sehr  das  z.  B.  für  Italien  bereits  zutrifft,  beweist  der  Umstand,  dass  in 
übereinstimmender  Weise  sowohl  in  den  Berichten  der  staatlichen  Organe,  als  in  denen 
verschiedener  Handelskammern,  als  schliesslich  in  den  Jahresberichten  der  grossen  Banken 
unter  den  Faktoren  für  die  wesentliche  Verbesserung  der  wirtschaftlichen  Lage  des  Landes 
der  Ausbau  von  Wasserkräften  stets  Erwähnung  findet. 

Wenn  in  Italien  z.  B.  weitere  1000000  PS«  ausgebaut  sein  werden,  so  muss 
sich  die  Handelsbilanz  um  wenigstens  90000000  Mk.  oder  110000000  Lire  jährlich 
dadurch  verbessern,  dass  um  diesen  Betrag  weniger  Kohle  vom  Auslande  gekauft  zu 
werden  braucht.  Wenn  aber  1000000  PSe  an  Wasserkräften  ausgebaut  werden  sollen, 
so  werden  im  Durchschnitt  pro  PS6  einschliesslich  aller  elektrischen  Leitungen  rund 
1000  Lire  oder  im  ganzen  eine  Milliarde  Lire  aufzuwenden  sein.  Soweit  diese  Beträge 
aus  dem  Auslande  kommen,  wird  der  nationale  Reichtum  direkt  durch  diese  Geldein- 
fuhr gehoben,  soweit  die  Beträge  im  Lande  selbst  aufgebracht  werden,  wird  die  Rente 
aus  dem  Kapital  den  Nationalwohlstand  vergrössern,  weil  durch  die  Verwendung  der 
Wasserkraft  auf  den  verschiedenen  Arbeitsgebieten  neue  Werte  geschaffen  werden. 

Hervorzuheben  ist  noch,  dass  die  Natur  in  ihrem  grossen  Kreis- 
lauf die  Wasserkraft  stets  erneuert,  so  dass  sie  unerschöpflich  ist, 
wogegen  man  sich  vorstellen  kann,  dass  die  bis  jetzt  bekannten  Kohlen- 
vorräte der  Erde  in  einem  fernen  Zeitpunkte  erschöpft  sein  können. 

Wenn  dieser  Gesichtspunkt  gewiss  in  absehbarer  Zeit  keine  Rolle  zu  spielen  ver- 
mag, so  ist  jedenfalls  derjenige,  von  aktueller  Bedeutung,  dass  nach  Tilgung  der  grossen 
Anlagekosten  für  den  baulichen  Teil  der  Wasserkraft- Anlagen  durch  Wegfall  der  Beträge 
für  Verzinsung  und  Tilgung  des  Anlage-Kapitals  die  Selbstkosten  pro  PS«  und  Jahr  sich 
ganz  erheblich  verkleinern  müssen.  Man  kann  annehmen,  dass  bei  guter  Ausführung  die 
baulichen  Anlagen  und  namentlich  die  kostspieligen  Wasserbauten  von  praktich  unbe- 


3.  Schätzung  der  Wasserkräfte  einiger  Länder  Europas  usw.  115 

schränkter  Lebensdauer  sind.     Legt  man  Kosten   von  650  bis  700  Mk.  pro  PS«  zu- 
grunde und  rechnet  für  Verzinsung  und  Tilgung  zusammen  5  Va  %>,  so  würden  die  Betriebs- 
kosten nach  erfolgter  Tilgung  pro  PS«  und  Jahr  um  35,75  bis  38,50  Mk.  sinken  müssen. 
Billige  Wasserkräfte  bieten  für  die  Industrien  eine  starke  Anziehungskraft  und 
besonders  für  solche,   welche  aus  Wärme-Kraftquellen  überhaupt  nicht  billig  genug  ihre 
Energie  beziehen  können,  um  konkurrenzfähig  zu  bleiben.    Das'  trift  besonders  zu  für 
die  Aluminiumindustrie,  für   die  Herstellung  von  Stahl  auf  elektrischem  Wege,  für  die 
Fabrikation    von  Kalzium-Karbid,    Chlorkalk,*   Barium,    Ferro-Silizium  etc.     Neuerdings 
scheinen  für  die  Praxis  brauchbare  Verfahren  gefunden  zu  sein,   um  auf  elektrischem 
Wege  den  Stickstoff  aus  der  Luft  für  landwirtschaftliche  Zwecke  zu  gewinnen18).    Für  alle 
diese  Industriezweige  und  für  manche  andere  liegt  bei  der  internatio- 
nalen Konkurrenz  ein  direkter  Zwang  vor,   sich  dort  anzusiedeln,  wo 
grosse  und  billige  Wasserkräfte  zur  Verfügung  stehen.    Einem  Lande  wie 
Norwegen  bietet  deshalb  sein  Wasserreichtum  eine  grosse  Zukunftschance.    Heute  ist  das 
weite  Gebiet  nur  mit  etwa  2200000  Menschen  bevölkert  und  die  Einwanderung  ist  noch 
verhältnismässig  gering,   weil   es  an  Arbeitsgelegenheit  fehlt.     Wenn  auch  nur  erstmal 
20°/o  des  Wasserreichtums  benutzt  sein  wird,  muss  sich  notwendig  eine  vermehrte  Arbeits- 
gelegenheit und  ein  starker  Zustrom  von  Intelligenz  und  Arbeitern  entwickeln. 

Zu  gedenken   wäre   noch    des  Umstandes,    dass   in   vielen  Fällen   sich   mit  der 
Gewinnung  der  Wasserkräfte  andere  Interessen  der  allgemeinen  Landeskultur  verbinden 
assen. 

Bekannt  ist,  wie  durch  Anlage  von  Talsperren  der  Hochwassergefahr  dadurch 
vorgebeugt  werden  kann,  dass  durch  den  Aufstau  des  Wassers  in  einem  grossen  Becken 
der  Abfluss  der  Hochflut  auf  eine  längere  Zeit  verteilt  und  dadurch  unschädlich  ge- 
macht wird. 

In  einem  Wasserlauf  mit  starkem  Gefälle  und  grosser  Geschiebeführung  kann 
durch  die  Errichtung  von  Wasserkraftanlagen  die  Geschwindigkeit  in  der  Sohle 
so  gemässigt  werden,  dass  die  Geschiebeführung,  wenn  auch  nicht  aufgehoben,  so  doch 
sehr  stark  eingeschränkt  wird.  Hieraus  ergeben  sich  grosse  Erleichterungen  für  die 
bauliche  Unterhaltung  der  Flüsse  und  die  Einschränkung  der  Gefahr,  dass  durch  Ver- 
sandung und  Verkiesung  bei  Hochwasser  Kulturland  vernichtet  wird. 

Es  wird  sich  oft  Gelegenheit  finden,  mit  Stauwerken  für  Wasserkraftgewinnung 
auch  Berieselungsanlagen  zu  verbinden.  Es  kann  aber  auch  der  Kreis  der 
landwirtschaftlichen  Verwendung  des  Wassers  dadurch  ganz  erheb- 
lich erweitert  werden,  dass  die  gewonnene  Energie  in  Form  von  elek- 
trischem Strom  auf  grössere  Entfernungen  geleitet  und  zur  Hebung 
des  Wassers  aus  Gerinnen  oder  dem  Untergrunde  verwendet  und  zur 
Anlegung  von  Berieselungsanlagen  nutzbar  gemacht  wird.  Diese  Ver- 
wendung wird  überall  dort  ernstlich  in  Frage  kommen  können,  wo  für 
die  Verwertung  der  Kraft  bei  Nacht  sich  andere  ausreichende  Gelegen- 
heit nicht  findet. 

Interessant  ist  nun  noch  die  Frage,  wie  sich  die  verfügbaren  Wassserkräfte  zu 
dem  gegenwärtigen  Kraftbedarf  verhalten.  Letzterer  lässt  sich  im  grossen  und  ganzen 
nach  der  vorhandenen  Dampfkraft  ermessen.  Es  möge  deshalb  noch  zum  Schlüsse  dieser 
Vergleich  für  zwei  Länder,  Deutschland  und  Frankreich,  gezogen  werden. 

13)  W  Mathmann,  Technische  Methoden  zur  Verarbeitung  des  atmosphärischen  Stickstoffes. 
Vortrag  in  der  47.  Hauptversammlung  des  Vereins  deutscher  Ingenieure  am  15.  Juni  1906  zu  Berlin. 
Zeitechr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1906.  S.  1169  n.  ff. 

8* 


116  I.    Theodor  Kobhk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Aus  den  Mitteilungen  der  statistischen  Korrespondenz  für  das  Königreich  Preussen 
ergibt  sich,  dass  am  1.  April  1904  in  Preussen,  —  ausschliesslich  der  Kessel  und  Maschinen 
der  Verwaltung  des  Landheeres  und  der  Kriegsflotte,  sowie  der  Lokomotiven,  —  Dampf- 
maschinen mit  zusammen  5138991  PS«  vorhanden  waren14),  wovon  86°/o  mit  rund 
4360000  auf  ortsfeste  Maschinen  entfallen.  Die  Zunahme  in  dem  Jahre  1903 — 1904 
hat  241465  PS«,  also  ca.  47°/o  betragen,  wovon  auf  ortsfeste  Dampfmaschinen  212169,  auf 
Lokomobilen  11733  und  auf  Schiffsmaschinen  17563  PS«  entfallen.  Auf  das  Quadrat- 
kilometer ergibt  sich  für  Preussen  bei  350000  qkm  Bodenfläche  eine  Maschinenleistnng 
der  ortsfesten  Dampfmaschinen  von  12,5  PS«.  Rechnet  man  auf  den  Rest  des  deutschen 
Reiches  mit  190000  qkm  rund  10  PSe  pro  Quadratkilometer,  so  ergeben  sich  noch 
1900000  PS«  ortsfester  Dampfmaschinen  und  zusammen  für  das  Deutsche  Reich 
6260000  PS«,  oder  rund  11,6  PS«  pro  qkm  gegen  0.54  PS,  in  Wasserkraftanlagen  (vgl.  S.  19). 

Die  Gesamtzahl   der   in  Deutschland   im  April  1902  vorhandenen   Lokomotiven 
lässt  sich  nach  den  statistischen  Mitteilungen   in   der  Zeitschr.  d.  V.  D.  Eisenbahnen 
auf  rund  30000  Stück  berechnen  mit  einer  Leistung  von  etwa  6000ÖÜ0  PS«.    Berück- 
sichtigt man,  dass  von  den  Lokomotiven  mehr  als  die  Hälfte  jeweilig  ausser  Dienst  ist, 
die  im  Dienst  befindlichen  aber  bei  weitem  nicht  alle  gleichzeitig  ihre  ganze  Kraft  herzugeben 
haben,  so  wird  der  gleichzeitige  Kraftbedarf  für  die  Eisenbahn-Lokomotiven  Deutsch- 
lands etwa  mit  1500000  PS«  zu  veranschlagen  sein.    Denjenigen  für  die  ortsfesten  Dampf- 
maschinen kann  man  etwa  mit  3000000  PS«  in  Ansatz  bringen.    Es  würde  sich  dem 
nach  für  Deutschland  ein  gleichzeitiger  Kraftbedarf,  —  abgesehen  von  den  Lokomobilen, 
von  den  Schiffsdampfmaschinen  und  den  Maschinen  des  Landheeres  und  der  Kriegsflotte  — 
von  4500000  PS«,  und  wenn  man  rund  20°/o  für  Verluste  durch  .Umwandlung  in  andere 
Energieformen  und  durch  Leitungsverluste  hinzurechnet  5400000  PS«  ergeben. 

Wir  haben  im  geschichtlichen  Überblick  §  1  gesehen,  dass  in  Deutschland  bereits 
294400  PS«  an  Wasserkräften  ausgenützt  sind  und  in  diesem  Abschnitte,  dass  etwa 
1425900  PS«,  im  ganzen  an  Wasserkräften  Vorhanden  sind.  Im  grossen  Durchschnitt  kann 
man  also  einerseits  annehmen,  dass  in  Deutschland  für  die  vorhandenen  Wasser- 
kräfte sich  eine  reichliche  und  lohnende  Verwendung  bieten  wird,  dass  aber 
andererseits  die  Wärme-Kraftquelle  stets  bei  weitem  die  Hauptrolle 
spielen  muss. 

In  Frankreich  beträgt  nach  einer  Mitteilung  von  Pierre  Leroy-Beaulieu 
im  L'Economiste  fran^ais  vom  20.  Januar  1906  die  Leistung  der  ortsfesten  Dampf- 
maschinen, abgesehen  von  denen  des  Landheeres  und  der  Marine,  1900000  PS«,  die- 
jenige der  Lokomotiven  der  Eisenbahn  und  der  Tramways  6200000.  Der  gesamte 
gleichzeitige  Kraftbedarf  für  die  beiden  Arten  von  Dampfmaschinen  lässt  sich  etwa  auf 
2500000  PS«  und  unter  Berücksichtigung  von  20%  Verlust  für  Umwandlung  in  andere 
Energieformen  und  in  Leitungen  etwa  3120000  PS«  einschätzen.  Demgegenüber  sind  in 
Frankreich  bereits  an  Wasserkräften  ausgenützt  650000  PS«  (vergl.  S.  15)  und  im  ganzen  ver- 
fügbar 5857300  PS«  (vergl.  S.  101.)  In  Frankreich  würde  also  zurzeit  noch  kein 
Bedarf  für  den  gesamten  Reichtum  an  Wasserkräften  vorliegen,  dagegen 
wäre  es  denkbar,  dass  über  kurz  oder  lang  die  Wasserkraft  als  Kraftquelle 
an  die  erste  Stelle  rückte  jind  damit  Frankreich  von  dem  Tribut  von 
mehreren  Hundert  Millionen  Francs,  den  es  jährlich  für  Brennmaterial  an 
das  Ausland  zu  zahlen  hat,  zum  beträchtlichen  Teil  befreite. 

Es  ist  bisher  noch  nicht  die  Rede  gewesen  von  den  Wasserkräften,  welche  ans 
den  Erscheinungen  von  Ebbe  und  Flut  und  aus  der  Wellenbewegung  des  Meeres  ge- 

i«)  Zeitachr.  d.  Ver.  deutscher  Lag.  1905,  Seite  107. 


§  3.  Schätzung  der  Wasserkräfte  einiger  Länder  Europas  usw.  117 

wonnen  werden  könnten.  Hier  handelt  es  sich  sicherlich  um  unermessliche  Kräfte. 
Es  ist  anch  die  Berechnung  und  Gewinnung  derselben  schon  oft  der  Gegenstand  von 
wissenschaftlichen  Studien  gewesen16). 

Allein  erst  wenn  es  gelungen  sein  wird,  Akkumulatoren  für  elektrische  Energie 
zu  bauen,  welche  in  der  Anlage  um  ein  vielfaches  billiger  und  in  ihrem  Nutzeffekt 
bedeutend  besser  sind,  als  die  zurzeit  bekannten  Bleiakkumulatoren,  wird  es  verlohnen, 
sich  diesen  Aufgaben  mit  Aussicht  auf  praktischen  Erfolg  zuzuwenden.  Deshalb  kann 
es  unterbleiben,  zurzeit  auf  diesen  Gegenstand  näher  einzugehen. 

Literaturangabe  zum  Kap.  I,  §  3. 

Oskar  von  Miller,  Die  Wasserkräfte  am  NordabhaDge  der  Alpen.  Zeitscbr.  d.  Ver.  deutscher  Ing. 
1903.  Seite  1002. 

Gagenhan,  Die  hydrologischen  Beobachtungen  und  Messungen  in  Württemberg.  Wttrttembergische 
Monatsschrift  für  Baukunde.  1899,  —  Zeitscbr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1899,  Seite  1070. 

Holz  (Aachen),  Bericht  über  die  Wasserverhältniase  der  Provinzen  Westpreussen  hinsichtlich  der  Be- 
nutzung für  gewerbliche  Zwecke,  erstattet  dem  Minister  für  Handel  und  Gewerbe.  Berlin,  15.  Mai 
1902. 

Holz  (Aachen),  Neuere  Wasserkraft- Elektrizitätswerke  in  Norwegen  (insbesondere  die  Ergebnisse  des 
Wettbewerbes  zur  Erlangung  von  Planen  zu  einem  Werk  von  20000  PSe  für  die  Stadt  Ohristiania). 
Zeitscbr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1902,  Seite  1194. 

O.  Intze,  Bericht  über  die  Wasserverhältnisse  Ostpreussens  und  deren  Ausnutzung  zu  gewerblichen 
Zwecken.  Berlin  1893. 

O.  Intze,  Bericht  über  die  Wasserverhältnisse  der  Gebirgsflttsse  Schlesiens  im  Bober-  und  Queissgebiete, 
sowie  im  Gebiete  der  Glatzer  Neisse  und  deren  Verbesserung  zur  Ausnützung  der  Wasserkräfte, 
sowie  zur  Verminderung  der  Hochwasserschaden  durch  Anlage  von  Sammelbecken,  erstattet  im 
Dezember  1897  und  September  1898.  Berlin  1899. 

O.  Intze,  Die  bessere  Ausnützung  der  Gewässer  und  Wasserkräfte.  Berlin  1899. 

Haberland,  Die  Gewinnung  und  Verwertung  der  Wasserkräfte  im  Oberharz.  Zeitschr.  d.  Ver.  deut- 
scher Ing.  1901,  Seite  709. 

L.  Thäobald,  Les  chutes  d'eaux  en  France,  Leur  utilisation.  Leur  Situation  actuelle.  Leur  avenir. 
L'Information,  8  Juillet,  16  et  80  Septembre. 

R.  Tavernier  et  R.  d*e  la  B rosse,  Service  d'ätudes  des  grandes  forces  hydrauiiquea  dans  la  region 
des  Alpes.  Compte  rendu  des  travaux  exäcutes  ä  la  fin  de  l'annee  1903.  Annales  de  la  Direction 
de  rhydraulique  et  des  ameliorations  agricoles.  Fascicule  80.  Paris  1904. 

Pierre  Leroy-Beaulieu,  La  mise  en  valeur  des  forces  hydro-electriques  et  les  modifications  legis- 
latives. L'economiste  francais,  14.  Mai  1904. 

Pierre  Leroy-Beaulieu,  La  mise  en  valeur  des  forces  hydrauliques  de  la  France.  Houille  blanche 
et  houille  verte.  L'Economiste  francais,  20  Janvier  1906. 

Wilhelm,  Ingenieur  des  Ponte  et  Chaussees,  L'utilisation  des  forces  naturelles.  L'economiste  francais, 
12  Janvier  1901. 

Henri  Bresson,  L'inventaire  des  chutes  d'eau  dans  le  departement  de  POrne.  Paris  1902 und  L'econo- 
miste francais,  10  Mai  1902. 

Edouard  Payen,  La  houille  blanche.  See  plus  recentes  utilisations  L'economiste  francais.  29  Aofit 
1903. 

Congres  de  la  houille  blanche  vom  7.— 13.  September  1902.  Compte  rendu  des  travaux  du  congres,  des 
viaites  industrielles  et  des  ezcursions.    Deux  volumes.    Grenoble  1902. 

V.  Tnrquan,  Les  forces  hydrauliques  de  la  France.  La  genie  Civile.  5,  12,  19  Septembre  1896. 

Torquato  Perdoni,  Le  force  idrauliche  dell'  Italia  continentale  ed  il  loro  impiego.  Ulrico  Hoepli, 
Editore-Libraio,  Milano  1902» 

Direzione  Generale  Della  Statistica  Industriale.  Riassunto  delle  notizie  sulle  condizioni  industriell  del 
regne  Roma  1905. 

i&)  T.  Perdoni,  Sulla  Teoria  dell'  onda  di  Thomas  Graige  sulT  utilita  pratica  de'  suoi  con- 

cetti.    Bologna  1902. 

Gaetano  Bruno,  Considerazioni  e  note  riguardanti  gli  effetti  dovuti  all'  azione  del  mare  sul 

lütorale  di  Gbiaia  (Napoli)  in  rapporto  alle  opere  della  nuova  riviera.  Torino  1885. 
J.  Diamant,  Utilisation  de  la  force  motrice  des  maräes,  Paris  1890. 


118  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeine*. 


§  4.  Die  technischen  Vorarbeiten. 

Man  kann  die  Vorarbeiten  für  den  Ausbau  einer  Wasserkraft  am  besten  ein- 
teilen in: 

a)  technische  und 

b)  wirtschaftliche  Vorarbeiten. 

Die  technischen  Vorarbeiten  erstrecken  sich  auf  die  Eigenschaften  des  fliessen- 
den oder  stehenden  Wassers,  an  welchem  man  eine  Wasserkraftanlage  errichten  will, 
und  zwar: 

1.  auf  das  Gefälle, 

2.  auf  die  Beschaffenheit  der  Flusssohle, 
S.  auf  die  Geschiebeführung, 

4.  auf  die  Eisbildung, 

5.  auf  die  sekundliche  Wassermenge,  welche  von  der  Grösse  und  Art  des 
Vorflutgebietes,  sowie  von  den  klimatischen  Verhältnissen,  insonderheit  von 
der  Niederschlagsmenge  abhängig  ist, 

6.  auf  die  Möglichkeit,  die  sekundliche  Wassermenge  künstlich  zu 
regeln, 

7.  auf  den  Baugrund  für  die  Bauwerke. 

In  fast  allen  Kulturländern  werden  seit  längerer  Zeit  die  Wasserläufe  beobachtet, 
ihre  Gefalle  und  Wasserstände  festgestellt  und  aufgezeichnet,  die  Grösse  ihres  Vorflut- 
gebietes nach  seiner  verschiedenen  Beschaffenheit  ausgemessen  und  in  Karten  wieder- 
gegeben, die  klimatischen  Verhältnisse  beobachtet  und  Niederschlagsmessungen  vorge- 
nommen. Dennoch  ist  das  Material,  welches  bis  zur  Gegenwart,  von  Einzelfällen  abge- 
sehen, für  die  Beurteilung  der  Gewässer  als  Kraftquellen  zur  Verfügung  steht, 
noch  sehr  lückenhaft  und  unzureichend. 

1.  Das  Gefälle. 

Die  Druckhöhe  des  Wassers  an  den  Turbinen  wird  gewonnen  durch  Werk- 
kanäle und  durch  Stauwerke. 

Als  kleinstes  Gefälle,  welches  an  einen  Wasserlauf  noch  unter  sonst  günstigen 
Umständen  ohne  künstlichen  Stau  ausnutzbar  ist,  kann  1 :  1500  angesehen  werden,  was 
durch  folgende  Betrachtungen  bewiesen  werden  mag. 

Als  kleinstes  Gefälle  in  einem  Werkkanal  gilt  1  :  10000,  weil  sonst  die  sekund- 
liche Geschwindigkeit  zu  gering,  Ablagerungen  und  Eisbildung  störend  und  die  Quer- 
schnitte des  Kanalsprofils  im  Verhältnis  zur  Leistung  in  cbm/sek.  zu  gross  werden. 
Wenn  man  sich  begnügen  wollte,  als  kleinste  Nutzdruckhöhe,  welche  man  pro  Kilometer 
durch  einen  Werkkanal  erzielen  muss,  0,50  m  anzunehmen,  also,  da  man  bei  kurzen 
Werkkanälen  0,05  m  Druckverluste  pro  Kilometer  für  Einlaufschützen,  Regulierungs- 
schützen, Druckkammer  etc.  etwa  hinzuzurechnen  hat,  einen  Mindestgewinn  an  Brutto- 
Druckhöhe  pro  Kilometer  Werkkanal  von  0,55  m,  so  müsste  die  Gleichung  bestehen: 

iooo  (J  —  0,0001)  ;>  0,55 


8   4. 


Die  technischen  Vorarbeiten. 


119 


worin  J  das  Wasserspiegelgefälle  im  Flusse  bedeutet.     Hieraus  ergibt  sich  J  zu  0,0065 
oder  abgerundet  zu  1  :  1500. 

Um  2,0  m  Gesamtdruckhöhe  zu  gewinnen,  müsste  der  'Werkkanal  bei  obiger  An- 
nahme   bereits   4.0  km   lang   sein.    Nimmt    man   den   selten   günstigen   Fall   an,    dass 
100  cbm/sek.  zur   Verfügung  stünden,   so  würde   man  eine  Nutzleistung  von  2000  PSe 
erzielen.     Bei   einem   Gefälle  im  Werkkanal  von   1 :  10000,    dessen  Profil  in  normaler 
Weise  trapezförmig  in  Erde  hergestellt  und  an  den  Böschungen  mit  Tonschlag  gedichtet 
und  mit  Kies  befestigt,  angenommen  sei.  würde  sich  eine  Geschwindigkeit  von  ungefähr 
0,3  mfsek.   ergeben  und  ein  wasserberührter  Querschnitt  von  333,3  qm.     Ein  solcher 
Kanal    würde  durchschnittlich  etwa  2,5  Mark  pro  Quadratmeter  wasserberührtr  Quer- 
schnittsfläche  und  laufenden  Meter,   d.  h.  rund  833,3  Mark  pro  lfm.    Kanal   kosten. 
Danach  würden  sich  die  Kosten  eines  4  km  Kanals  auf  3333000  Mark  belaufen  so  dass 
allein   schon  auf  die  Anlagekosten  des  Werkkanals   1666  Mark  pro  PS©  der- 
jenigen Leistung  entfielen,  für  welche  der  Kanal  auszubauen  wäre.    Das  ist 
eine    Ziffer,    welche,    wie  in  §  5   gezeigt   wird,    nur   bei  ungewöhnlich  günstiger   Ver- 
wendungsgelegenheit der  Kraft  noch  wirtschaftlich  vertretbar  ist.    Fast  immer  ist  die 
Sek./Leistung,   für  welche  man  den  Kanal  auszubauen  hat,    erheblich  grösser,  als 
diejenige,   welche  ständig  vorhanden  ist.    Legt  man  die  letztere  zugrunde,   so  müssen 
auch  die  allein  auf  den  Werkkacnal  entfallenden  Einheitskosten  pro  PS*  erheblich  höher 
als  1666  Mark  ausfallen.    Bei  demselben  Gefälle  würden   aber  alle  Wasserkraftanlagen 
mit  kleineren  sekundl.  Wassermengen,  also  kleineren  Leistungen  teurer  werden.    Aller- 
dings kann  ein  Gefälle  von  1:1500  noch  recht  gut  ausnutzbar  sein,  wenn 
der  Fluss  sehr  starke  Windungen  macht  und  man,  wie  z.  B.   bei  der  An- 
lage Beznau,    den   Werkkanal    erheblich  kürzer  machen  kann,    als  die 
Länge  des  Flusslaufes  zwischen  Einlauf  und  Auslauf  des  Werkkanales 
beträgt.    Wenn  man  das  Wasser  aus  einem  Flusse  entnehmen  und  es  in 
einen  tiefer  gelegenen  See  oder  Fluss  abfliessen  lassen  kann  (vergl.  die 
Anlagen  Kanderwerk  und  Hagneck,  Kap.  II,  14  und  19)  ist  man  unter  Umständen 
von  dem  Gefälle  im  Fluss  auf  der  für  die  Wasserkraft  in  Betracht  kom- 
menden Strecke  ganz  unabhängig. 

Um  nun  zunächst  einen  Überblick  über  die  Gefallverhältnisse  bei  ausgeführten 
Beispielen  zu  geben,  sind  in  nachstehender  Tabelle  I  für  eine  Anzahl  Wasserkraftan- 
lagen, welche  in  diesem  Bande  beschrieben  werden  sollen,  die  Gefälle,  in  den  Flussläufen 
und  Werkkanälen  zusammengestellt. 


Tabelle  I. 

Gefälle 

in  FJusslaufen  und  Werkkan&len. 

Bezeichnung  der  Anlage 

Name  des 
Waaserlanfs 

Gefälle  des 
Waaserlanfs 

Gefalle  des 
Werkkanal» 

'■      ii.  — _______  ___^__ 

1.  Novalesa 



Cenischia 

1:7-1:10 

1:370 

2.  Ala-Cerea 

Stora 

1 :  15—1 :  20 

9 

3.  La  Goule 

Doubs 

1:30 

1:1300 

4.  Liret 

Romanche 

1:40 

9 

• 

5.  Pont  St  Martin 

Dora  Baltea 

1:70 

,1:1500 
l  1 :  837 

6.  Bergamaaca 

Brembo 

1:70 

r  1:1000 
11:2000 

7.  Fanghera 

Stur» 

1:70 

? 

120 


I.    Theodor  Kokhh.    Ausbau  tok  WasbebkbAfisn.    Aixobmedieb. 


Bezeichnung  der  Anlage 

Name  des 
Waaserlaafs 

Gefälle  das 
Wasserlaufs 

Gefalle  des 
Werkkanals 

8.  Les  Clees-Yverdon 

Orbe 

1:80 

1:3400 

9.  St.  Maurice-Lausanne 

Rhone 

1:100 

1:2128 

10.  Morbegno 

Adda 

1:150-1:170 

1:1000 

11.  Kabelwerk 

Urnisch 

1 :  150-180 

1:1333 

12.  Fare  et  lforge 

Drae 

1:170 

1:2000 

13.  Rheinfelden 

Rhein 

1:820-350 

1:1666 

14.  Stattgart 

Neckar 

1:500 

1:2500 

15.  Vizzola 

Tessin 

1:500 

1:6666 

16.  Wangen 

Aare 

1:900 

1:8000 

17.  Tarbigo 

Naviglio  Grande 

1:970 

1:8370 

18.  Jonage-Ctwset-Lyon 

Rhftne 

1:1400 

1:10000 

19.  Beznan 

Aare 

1:1500 

1:6000 

Die  Nutzbarkeit  einer  Flusstrecke  ist  um  so  grösser,  je  grösser  das  Re- 
lativgefälle  ist.  Ganz  abgesehen  von  der  Kostenfrage,  würde  es  unmöglich  sein,  die 
Rohwasserkraft  in  einer  angenähert  geraden  Flusstrecke  mit  einem  Gefälle  von  1 :  10000 
auszunützen,  da  man  das  Gefalle  des  WerkkanaJes  nicht  kleiner  machen  kann.  Das  Ver- 
hältnis der  ausnutzbaren  Wasserkraft  zur  Rohwasserkraft  würde  in  einem  solchen  Falle 
null  sein.  Andererseits  kann  man  die  Rohwasserkraft  eines  Wasserfalles  fast  vollkommen 
ausnützen,  abgesehen  von  den  kleinen  Verlusten  in  der  Druckrohrleitung,  so  dass  das  Ver- 
hältnis der  ausnützbaren  Kraft  zur  Rohkraft  hier  fast  =  1,0  wird.  In  der  bereits  erwähnten 
Studie  über  die  Wasserkräfte  am  Nordabhange  der  Alpen  hat  Oskar  von  Miller  die 
nachfolgende  Zahlentafel  gegeben,  bei  welcher  das  Verhältnis  der  ausnutzbaren  Ge- 
fälle zum  vorhandenen  Gefälle  dargestellt  ist.  Hierbei  ist  insofern  zu  ungünstig  ge- 
rechnet, als  von  Miller  als  schwächstes  Kanalgefalle  0,6  °/oo  =  1 :  1666  annimmt, 
während,  wie  die  Tabelle  I  zeigt,  in  •  der  Praxis  doch  sehr  erheblich  schwächere  Gefalle 
vorkommen,  andererseits  aber  wieder  ein  wenig  zu  günstig,  weil  wie  wir  gesehen  haben, 
bei  schwächeren  Gefällen  im  Flusse  als  1 :  1500  die  Anlagekosten  pro  PS«  zu  gross 
werden,  als  dass  sich  in  den  weitaus  meisten  Fällen  der  Ausbau  noch  lohnen  könnte. 

Tabelle  II1). 

Verhältnis  des  ansntttzbaren  Gefälles  zum  vorhandenen  Gefälle  nach  O.  von  Miller. 


VorhondencsGe  falle 
auf  1  km 

Vorhandenes  Gefall« 
auf  1  km,  abzüglich 
dea  KattalgefaTles 
von  0,6  auf  1  km ; 
d  i  ausnutxbares 
Gefalle  auf  1  km 

Verhältnis  dea  aus- 
nutzbaren  Gefälles  ' 
zum  vorh  Gefälle 
bezw.  der  ansnutz- 
baren  Wasserkraft 
zur  rohen  Wasser- 
kraft rd 

VorhandenesGefäUe 
auf  1  km 

Vorhand«nesGefll1e 

auf  1  km,  absQgtieh 

des  Kanalgefalle« 

Ton  0,o  auf  1  km; 

d.  i.  ausnutzbares 

Gefille  auf  1  km 

Verhältnis  des  sus- 
nuizbexen  Gefille« 
zum  Torh.  Gefalle 
besw.  der  aasnutz- 
baren  Wasserkraft 
zur  rohen  Wasser- 
kraft rd 

Ul 

m 

•<• 

m 

m 

\ 

0,6 

0,0 

0,0 

1,85 

0,75 

55,0 

0,65 

0,05 

7,5 

1,5 

0,9 

60,0 

0,7 

0.1 

15,0 

1,7 

1,1 

65,0 

0,75 

0,15 

20,0 

8,0 

1,4 

70,0 

0,8 

0,2 

25,0 

8,4 

1,8 

75,0 

0,85 

0,25 

80,0 

8,0 

2.4 

80,0 

0,9 

0,8 

85,0 

4,0 

3,4 

85,0 

1.0 

0,4 

40,0 

6,0 

5,4 

90,0 

1,1 

0,5 

45,0 

12,0 

11,4 

95,0 

1,2 

0,6 

50,0 

84,0 

28,4 

97,5 

i)  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  log.  1904,  Seite  1004. 


§    4.  Die  technischen  Vorarbeiten.  121 


Wasserkraft  ist  um  so  wertvoller,  je  grösser  das  durch  die  Natur  zur  Ver- 
fügung gestellte  Rohgefälle  ist.  Da  sich  der  Rohwert  einer  Wasserkraft  in  PS  durch 
die  Formel 

Q  (cbm/Sek.) .  H  (in  m) .  1000 

75 

ausdrückt,  so  kann  bei  gleicher  Leistung  die  Wassermenge  um  so  kleiner  sein,  je 
grosser  das  Gefälle  wird.  Die  Anlagekosten  hängen  aber  in  wesentlichster  Weise 
von  der  Grösse  der  sekl.  Wassermenge  ab,  welche  durch  die  Kaftäle,  Druckrohre 
und  Turbinen  fliessen  muss. 

Schwieriger  ist  schon  die  Frage,  inwieweit  sich  das  Nutzgefälle  durch  Aufstau 
oder  durch  Vertiefung  des  Flussbettes  unterhalb  der  Staustelle  vergrössern  und  wie  sich 
durch   die  Ausführung  solcher  Bauarbeiten  das  Verhältnis  zwischen  Anlagekosten  und 
Nutzen  verbessern  lässt    Zweifellos  ist  man,  wenn  die  Nutzdruckhöhe  durch  ein  Stau- 
werk gewonnen  werden  kann,  vom  Gefälle  im  Flusse  unabhängiger,  als  wenn  man  das# 
Nutzgefälle   durch  einen  Werkkanal   gewinnen  will.    Aber   auch   in  dem  er  st  ge- 
dachten  Falle  wird  praktisch    die   Ausnutzbarkeitsgrenze   einer  Fluss- 
strecke nicht  sehr  weit  von  dem  Gefälle  1 :  1500  entfernt  liegen  und  etwa 
bis  1 :  2000  reichen..   Nur  unter  sehr  günstigen  Umständen,  d.  h.  wenn  an  der  Wehr- 
steile  sehr  guter  Baugrund  und  flussauf-  und   flussabwärts  hohe  Ufer  vorhanden  sind, 
kurz,  bei  Örtlichkeiten,  wie  sie  für  den  Talsperrenbau  vorhanden  sein  müssen,  wird  sich 
bei  schwächerem  Gefälle  als  ungefähr  1 :  1500  bis  1 :  2000  eine  wirtschaftlich  günstige 
Wasserkraftanlage  durch  ein  Stauwerk  noch  erzielen  lassen,    denn  bei   kleinem    Stau 
würden  die  Kosten  für  die  Einheit  zu  gross,  bei  hohem  Stau  die  Stauweiten  flussaufwärts  zu 
ausgedehnt  und  die  Einwirkung  desselben  auf  die  anliegenden  Uferländereien  zu  bedeutend, 
als  dass  das  Unternehmen  die  Summe  der  Schadenersatzansprüche  noch  tragen  könnte.    Es 
kommt  hinzu,  dass  bei  einer  Stauanlage  in  einem  Flusse  mit  schwächerem  Gefälle .  als 
1 :  1500  bis  1:2000,  bei  welchem  man,  wie  gezeigt  wurde,  in  des  Regel  zur  Gewinnung 
von  Gefälle  der  Kosten  wegen  Werkkanäle  nicht  mehr  bauen  kann,   das  Druckgefälle 
sich  stark  verringert,  oder  wohl  ganz  verschwindet ,  sobald  höhere  Wasserstände   ein- 
treten, was  dann  meistens  zur  Anlage  von  Dampfreserven  und  damit  zu  weiterer  Steige- 
rung der  Anlagekosten  nötigen  würde. 

Diese  Fragen  werden  übrigens  in  dem  Kap.  III,  1  Stauwerke  und  Kap.  HE,  2  Werk- 
kanäle noch  weiter  behandelt  werden  und  es  mag  deshalb  an  dieser  Stelle  darauf  hin- 
gewiesen sein. 

Da  das  Gefälle  in  den  Hauptströmen  Nord-  und  Westdeutschlands  von  der' Mün- 
dung ins  Meer  bis  700  km  und  mehr  aufwärts  durchschnittlich  geringer  ist  als  0,65  bib 
0,5°/oo  oder  1  :  1500  bis  1 :  2000,  so  sind  dieselben  auf  diesen  Strecken  für  die  Kraft- 
gewinnung  praktisch  nur  an  einigen  wenigen  Stellen,  wo  durch  die  Natur  Gefällstufen  - 
gebildet  sind,  geeignet,  obwohl  sie  theoretisch  eine  ganz  gewaltige  Wasserkraft  darstellen. 
Es  gibt  zwar  auf  diesen  Flugstrecken  noch  viele  alte  Kraftanlagen,  aber  diese  sind  in 
einer  Zeit  entstanden,  wo  die  Wärmeantriebsmaschinen  noch  bei  weitem  nicht  so  kon- 
kurrenzfähig  waren  wie  jetzt,  und  wo  der  billige  Transport  noch  nicht  die  heutige  Bolle 
spielte. 

Es  soll  hier  abgesehen  werden  von  den  Fällen,  wo  durch  Kanalisierung 
der  Flüsse  für  Schiffahrtszwecke  Staustufen  künstlich  geschaffen  werden 
und  sich  infolgedessen  auch  Wasserkräfte  gewinnen  lassen;  denn  hierbei 
werden  in  der  Regel  die   Kosten   für   die  Schaffung   der  Staustufen   durch 


122 


L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 


das  Interesse  an  der  Schiffahrt  bereits  gedeckt  und  die  Kraftquelle  ge- 
wisserm&ssen  nur  als  willkommenes  Nebenprodukt  mitgewonnen *). 

An  der  Memel  steigt  auf  den  ganzen  Verlauf  des  Flusses  innerhalb  der  deutschen 
Grenzen  das  Gefälle  nicht  über  0,238 %>o;  an  der  Weichsel  nicht  über  0,20 °/oo. 

Die  Oder  hat  von  der  Mündung  bis  zur  Einmündung  der  Glatzer  Neisse  überall 
erheblich  weniger  Gefalle  als  0.5°/oo.  Erst  auf  der  oberen  Strecke,  von  ca.  181, 0  km 
Lange,  beginnend  ungefähr  bei  der  Einmündung  der  Glatzer  Neisse,  wächst  das  Gefalle 
stellenweise  so  an,  namentlich  bei  Ratibor,  und  zwischen  Cosel  und  der  Oppamündung 
(Landesgrenze),  dass  der  Ausbau  von  Wasserkräften  mit  Aussicht  auf  wirtschaftlichen  Er- 
folg unternommen  werden  kann. 

Über  die  Gefall  Verhältnisse  der  Elbe  gibt  die  nachfolgende,  dem  Eibstrom  buche 
entnommene  Tabelle  III  Auskunft. 


Tabelle  in. 

Durchschnittliche  Gefalle  der  Elbe. 


Flugstrecke 

Höhenlage 

Fallhohe 

Entfernung 

• 

Mittleres  Gefalle 

in  m 

in  m 

km 

°/oo 

l:x 

Von  der  Quelle  bis  zur  Moldaumündung 

155,4 

1234 

309,0 

3,99 

251 

Moldaumfindung— Egermündung 

143,5 

11.9 

44,2 

0,269 

3714 

EgermünduDg— Böhmisch-Sächsische  Grenze 

119,5 

24,0 

61,6 

0,890 

2567 

Bfthmische-S&ehsische  Grenze— Pirna 

110,9 

8,6 

34,4 

0,250 

40OO 

Pirna— Alt  Hirsenstein 

93,7 

17,2 

63,1 

0,278 

3665 

Alt  Hirschstein  S&chsisch-Preussische  Grenze 

87,3 

6,4 

24,3 

0,263 

3797 

Sachsiscb-Preussische  Grenze — Torgan 

78,4 

8,9 

38,8 

0.263 

3800 

Torgau — E  Isterm  Qnde 

69,0 

9,4 

44,0 

0,214 

4670 

Elstermdnde — Anhaltische  Grenze 

63,0 

6,0 

25,7 

0,233 

4290 

Anhaltische  Grenze — Muldemündung 

55,9 

7,10 

35,3 

0,201 

4972 

Muldemündung—  Saalemündnng 

49,72 

6,18 

31,1 

0,199 

5032 

Saalemttnd  ung — Ehlemttndung 

40.50 

9,22 

45,8 

0,201 

4967 

Ehlemündung— TangermQndnng 

30,63 

9,87 

51,7 

0,191 

5288 

Tangermündung— Havelmündung 

23,00 

7,63 

48,1 

0,177 

5649 

In  der  unteren  Stromstrecke  nehmen  die  Gefälle  allmählich  bis  zur  Seevemündung 
auf  1 :  10722  ab.  Unterhalb  dieser  beginnt  dann  schon  bald  der  EinHuss  von  Ebbe  und 
Flut,  so  dass  das  Gefalle  bald  nach  dem  Meere  zu,  bald  umgekehrt,  vom  Meere  land- 
einwärts gerichtet  ist. 

Aus  der  Tabelle  III  erkennt  man,  dass  der  Hauptwert  der  Elbe  als  Kraftquelle 
von  der  Moldaumündung  an  aufwärts  liegt.  Auf  der  unteren  Strecke  gibt  es  gewiss 
noch  einige  Stellen,  an  denen  sich  ein  ausnützbares  Gefälle  konzentriert  findet,  im 
grossen  Durchschnitt  kann  man  aber  auch  von  der  Elbe  sagen,  dass  sie  innerhalb  der 
deutschen  Landesgrenzen  für  die  Gewinnung  von  Wasserkräften  nicht  in  erheblichem 
Masse  in  Frage  kommt,  es  sei  denn,  dass  man  den  oberen  Lauf  kanalisieren  und  damit 
als  Nebenprodukt  auch  Wasserkräfte  gewinnen  würde. 

Die  Weser  hat  gleichfalls  nur  in  ihrem  oberen  Laufe,  etwa  zwischen  Höxter  und 
Münden  einige  Stellen,  wo  sich  ihr  Gefalle  über  0,50 °/oo  soweit  erhebt,  dass  ein  Aus- 
bau von  Wasserkräften  einen  wirtschaftlichen  Erfolg  verspricht.  Der  ganze  untere  Fluss- 
lauf hat  im  grossen  und  ganzen  ein  zu  schwaches  Gefälle. 

*)  Prüsmann,  Ausnutzung  der  Wasserkräfte  an  Wehren  kanalisierter  Flusse.  Internatl. 
Schiffahrtskongress  1902. 


§  4.  Die  technischen  Vorarbeiten.  123 

Der  Rhein  hat  von  der  Mündung  bis  Strassbnrg  im  Durchschnitt  ein  geringeres 
Gefälle  als  0,50  °/oo.  Zwischen  Strassbnrg  and  Basel  wächst  das  durchschnittliche  Gefälle 
bis  1,0%^.  Erst  oberhalb  Basels  beginnt  die  für  Kraftzwecke  in  günstiger  Weise  aus- 
nützbare Strecke  des  Rheines,  welche,  wie  in  §§  1  und  3  dieses  Kapitels  erwähnt  wurde, 
auch  eine  ausgedehnte  Ausnützung  bereits  erfahren  hat. 

Viele  von  den  Nebenflüssen  der  genannten  Ströme  haben  dagegen  Gefälle,  welche 
gut  ausnützbar  sind  und  es  liegt  daher  in  Nord-  und  Westdeutschland  die  beste 
und  grösste  nutzbare  Wasserkraft  in  den  Oberläufen  der  Hauptströme,  und  in 
ihren  Nebenflüssen  und  in  diesen  gleichfalls  besonders  in  den  oberen  Strecken. 

Für  Frankreich  und  Italien  liegen  die  Verhältnisse  in  den  Hauptflüssen  günstiger, 
weil  diese  erheblich  stärkere  Gefälle  haben.  So  erreichen  die  Höhe  von  100,0  m  über 
dem  Meere: 

die  Seine,  bei  der  Aubemündung,  d.  h:  547  km  oberhalb  der  Mündung  in  das  Meer, 
die  Loire  bei  Orleans,  370  km  oberhalb  der  Mündung, 
die  Garonne  bei  Toulouse,  380  km  oberhalb  der  Mündung, 
die  Rhone  bei  Valence,  220  km  oberhalb  der  Mündung, 
während  von  den  deutschen  Strömen  dieselbe  Höhe  erst  erreichen: 
die  Elbe  bei  Dresden,  d.  h.  662  km  oberhalb  der  Mündung, 
der  Rhein  bei  Karlsruhe,  d.  h.  621  km  oberhalb  der  Mündung, 
die  Oder  bei  Breslau,  d.  h.  524  km  oberhalb  der  Mündung, 
die  Weser  bei  Carlshafen,  d.  h.  399  km  oberhalb  der  Mündung. 

Aber  die  wertvollsten  und  grössten  Kräfte  liegen  auch  in  Frankreich  und  ebenso 
in  Italien  in  den  Oberläufen  der  Hauptströme  und  den  Nebenflüssen  und  kleineren  Privat- 
gewässern. 

Für  die  erste  Auswahl  einer  passenden  Stelle  zur  Errichtung  einer  Kraftanlage 
reichen  in  der  Regel  die  Nivellementaufnahmen  der  öffentlichen  Kartenwerke  und  die  bei 
den  behördlichen  Wasserbauverwaltungen  erhältlichen  Längs-  und  Querprofile  aus.  Aufgabe 
der  Vorarbeiten  ist  es  dann,  das  Längenprofil  und  eine  genügende  Anzahl 
von  Querprofilen  der  Flußsohle  auf  der  zunächst  ausgewählten  Strecke, 
sowie  die  Wasserspiegelgefälle  bei  Niedrig wasser,  bei  mindestens  2  charak- 
teristischen Mittelwasserständen  und  bei  Hochwasser  feststellen  (vgl.  S. 
137  u.  139).  Auch  über  die  Wasserspiegelgefälle  geben  die  Wasserstandsbeobachtungen 
der  behördlichen  Wasserbauverwaltungen  oder  der  Anlieger  und  Nutzniesser  oft  genügenden 
Aufschlass.  Überdies  ist  die  Aufnahme  von  Wasserspiegelnivellements  und  einiger  Quer- 
profile "einer  Flusstrecke  und  die  Ermittelung  der  Wasserspiegelgefälle  bei  den  genannten 
Wasserständen  eine  einfache  und  wenig  kostspielige  Arbeit.  Nur  ausnahmsweise  wird 
es  sich  für  den  Einzelfall  um  eine  Flussstrecke  von  mehr  als  20  km  Länge  handeln, 
auch  werden  selten  auf  der  Strecke  erhebliche  Zuflüsse  einmünden,  denn  man  wird  den 
Einlauf  naturgemäss  unterhalb  einer  grösseren  Einmündungssteile  zu  verlegen  haben. 

Weil  sich  beim  Wechsel  der  sekl.  Wassermengen  auch  die  Gefälle  ändern, 
so  muss  man  für  die  Spiegelnivellements  der  einzelnen  wichtigen  Wasserstandshöhen 
einen  Beharrungszustand  abwarten.  Allgemein  kann  man  sagen,  däss  das  Ge- 
fälle einer  Flusstrecke  bei  steigendem  Wasser  grösser  und  bei  fallendem 
Wasser  kleiner  wird.  Folgen  auf  die  untersuchte  Flusstrecke  ein  schwächeres  Sohlen- 
gefälle oder  kleinere  Querprofile,  so  nehmen  die  Wasserspiegelgefälle  des  Beharrungs- 
zustandes in  der  Regel  bei  höheren  Wasserständen  ab.  Liegt  dagegen  abwärts  der 
untersuchten  Strecke  ein  stärkeres  Sohlengefälle,  oder  vergrössern  sich  die  Querprofile, 


124  L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

so  treten  bei  höheren  Wasserstanden  im  Beharrnngsznstande  stärkere  Gefalle,  als  bei 
Niedrigwasser  auf.  Aussergewöhnljche  Spiegelgefalle  werden  durch  sogenannte  Flut- 
wellen verursacht.  Lokale  starke  Niederschläge  im  Vorflutgebiet  des  untersuchte*!  Flusses 
oder  seiner  Nebenflüsse  verursachen  das  Auftreten  solcher  Flutwellen  mit  meist  klar  -er- 
kennbarem Scheitel  und  mit  einem  steilen  vorderen  und  einem  flachen,  hinteren  Ab- 
hänge. Braucht  eine  Flutwelle  des  Hauptflusses  längere  Zeit,  um  an  eine  beobachtete 
Stelle  zu  kommen,  als  diejenige  eines  Seitenzuflusses,  so  treten  zwei  oder  mehr  Auf- 
einander folgende  Flutwellen  in  die  Erscheinung. 

Der  Beharrungszustand  dauert  in  der  Regel  nicht  lange  und  daher 
müssen  die  Wasserspiegelaufnahmen  gut  vorbereitet  und  schnell  durchge- 
führt werden. 

Zur  Aufnahme  von  Wasserspiegelnivellements  schlägt  man  bei  breiteren 
Wasserläufen  auf  beiden  Seiten  des  Flusses,  bei  schmäleren  auf  einer  Seite,  in  Stations- 
weiten  von  etwa  100,0  m  am  Wasserrande,  aber  so,   dass  der  Pfahl   noch  im  Wasser 
steht,  Pfähle  von  etwa  10 — 15  cm   Dicke  und   1,0 — 1,5  m  Länge   ein  und   treibt   quer 
in  jeden  Pfahl  etwas  oberhalb  des  Wasserspiegels  einen  10 — 15  cm  langen  Nagel   so 
weit  ein,   dass  noch  etwa  5  cm   vorstehen.     Das  vorstehende  Ende  des  Nagels  mass 
wagerecht  sein,  was   durch  Lot  und  Winkel  zu  kontrollieren  ist.     Alle  Pfahle  sind  der 
Reihenfolge  nach  zu  numerieren.     Gleich  nach   dem  Einschlagen  des  Nagels  wird    die 
Differenz  zwischen  Oberkante  Nagel   und  Wasserspiegel  gemessen   und  aufgeschrieben 
und   schliesslich   werden   alle  Nägel   mit  Anschluss  an    eine  Höhenmarke  der  Landes- 
aufnahme oder  an  einem  sonstigen  Fixpunkt  einnivelliert.     Das  Einschlagen  der  Pfähle 
und   das  Einmessen  der  Nageloberkanten  rauss  an  beiden  Ufern  möglichst  gleichzeitig 
geschehen.     Die  Wasserspiegel  an  beiden  Ufern  werden  bei  breiteren  Flüssen  je  nach  der 
Gestalt  der  Ufer  und  der  Lage  des  Stromstriches  in  ein  und  demselben  Beharrungszu- 
stande immerhin  so  verschiedene  Höhen  zeigen,  dass  ihre  Berücksichtigung  wünschens- 
wert ist.     Das  Mittel  aus  den  Höhenmessungen  an  beiden  Ufern  wird  als  die  Spiegel- 
höhe der  Flussachse  angenommen.     Bei  kleinen  und  schmalen  Flüssen  genügt,  wie  gesagt, 
eine  Pfahlreihe  an  einem  Ufer. 

Um  das  höchste  Hochwasser  zu  finden,  muss  man,  wenn  zuverlässige.  Aufzeichnungen 
nicht  zu  erhalten  sind,  die  Flusstrecke  untersuchen,  ob  nicht  Spuren  der  höchsten 
Hochwasserstände  an  dem  Ufer,  wie  kleine  Schlammkrusten  an  Baumstämmen  oder 
Brücken  und  dergi.,  zu  finden  sind,  mit  deren  Hilfe  man  sich  eine  höchste  Wasserspiegel- 
linie herstellen  kann. 

Die- Feststellung  des  Län'genprofils  der  Flussohle  erfolgt  durch 
die  Aufnahme  der  Quer.profile. 

Fast  in  allen  Gebirgsfiüssen  und  auch  in  den  oberen  Läufen  der  Flüsse  des  Flach- 
landes wechseln  schwächere  Einzelfalle  mit  stärkeren  Gefallestufen  ab.  Letztere  bieten 
natürlich  für  die  Anlage  von  Wasserkraftanlagen  die  günstigsten  Verhälthisse. 

Je  nachdem  die  Flusstrecke  gerade  oder  gekrümmt  ist  und  je  nach  der  Be- 
schaffenheit der  Flussohle  bilden  sich  die  Querprofile  in  der  verschiedensten  Weise  aus. 
Besteht  die  Flussohle  aus  felsigem  Gestein,  so  ändert  sich  die  Gestalt  des  Querpiofils 
nur  langsam  und  kann  für  unsere  Zwecke  als  unveränderlich  angenommen  werden.  Be- 
steht dagegen  die  Flussohle  aus  Geschiebe,  so  ist  die  Form  der  Querprofile  einem 
steten  Wechsel  unterworfen.  Bei  den  verhältnismässig  grossen  Gefällen  in  den  Fluss- 
strecken, welche  für  Kraftzwecke  in  Frage  kommen,  finden  auch  bei  N.  W.,  je  nach  der 
Korngrösse  des  Geschiebes,  kleinere  Veränderungen  der  Sohlenform  eines  Querpiofils 
statt.    Aber  fast  mit  Sicherheit  kann  man  nach  jedem  Hochwasser  eine   mehr  oder 


§  4.  Die  technischen  Vorarbeiten.  125 

weniger  erhebliche  Veränderung  eines  an  einer  bestimmten  Stelle  aufgenommenen  Quer- 
profils Toraussetzen  and  zwar  ändert  sich  hierbei  weniger 'das  Gesamtmass  des  wasser- 
berührten Querschnittes,  als  seine  Gestalt. 

Bei  graden  und  wenig  gekrümmten  Flusstrecken  serpentiniert  die  Stromrinne 
von  einem  Ufer  zum  andern  und  zwar  wird  im  allgemeinen  die  Wellenform  der  Schlangen- 
linie um  so  flacher,  je  grösser  die  mittlere  Wassergeschwindigkeit  und  je  feiner  das 
Korn  des  Geschiebes  ist.  Indem  der  Fluss  das  Geschiebe  talwärts  führt,  häuft  er  es 
stellenweise  zu  Inseln  auf,  welche  seine  Stromrichtung  schliesslich  ablenken.  Solche 
Sand-,  Kies-  oder  Schotterinseln  wandern  stetig  talwärts.  Das  Wasser  reisst  an  dem 
oberen  Ende  die  Geschiebemassen  ab  und  führt  sie  weiter  talwärts  zu  neuen  Inseln  zu- 
sammen. So  erklärt  es  sich,  dass  an  geraden  und  an  wenig  gekrümmten  Flusstrecken  die 
Stromrinne  sich  einmal  an  dem  linken  und  nach  einiger  Zeit  an  dem  gegenüberliegenden 
Ufer  befinden  kann. 

In  stark  gekrümmten  Flusstrecken  bleibt  die  Stromrinne  in  der  Regel  an  der 
konkaven  Seite,  während  sich  an  der  konvexen  Kiesinseln  ausbilden.  Nach  jedem 
Hochwasser  verändert  sich  in  der  Regel  aber  auch  hier  die  Profilform  einer  beobachteten 
Stelle,  weil,  je  nach  der  Höhe  und  Dauer  des  Hochwassers,  Auffüllungen,  Vertiefungen 
oder  Verbreiterungen  stattfinden. 

Zur  Aufnahme   von  Querprofilen    setzt   man   zweckmässigerweise,  bei    breiteren 
Flüssen  an  beiden  Ufern,   bei  schmäleren  an  einem  Ufer  Profilsteine,  welche  trigono- 
metrisch in  der  Flusskarte  festgelegt  und  in  deren  Oberkanten  einnivelliert  werden.    Wenn 
es  ohne  grösseren  Zeitaufwand  möglich  ist,  wird  man  an  das  gegebene  öffentliche  Fix- 
punktnetz anschliessen   und  kann  dann  bei  der  Peilung  sofort   die  Beziehung  auf 
N.  N.  erhalten.     Die  Aufnahme  der  Querprofile  erfolgt  stets  lotrecht  zur  Stromrichtung 
und  es  werden  deshalb  die  Profilsteine,  wenn  auf  beiden  Seiten  solche  gesetzt  werden, 
so  angebracht,  dass  ihre  Verbindungslinie   lotrecht  zur  Stromrichtung  steht.     Die  Ent- 
fernung der  aufzunehmenden  Querprofile  richtet  sich  nach  der  Örtlichkeit  und  den  ver- 
fugbaren Mitteln  und  kann  100,0  bis  300,0  m  betragen.    Man  kann  sich  meistens  nach 
der  Flusskarte  und  auf  Grund  einer  Ortsbesichtigung,  welche  am  besten  bei  N.  W.  vor- 
zunehmen ist,  schon  ein  ungefähres  Bild  über  den  Ort  und  die  Zahl  der  aufzunehmen- 
den Querprofile  machen,  und  man  entwirft  zweckmässig  vorher  auf  der  Karte  das  Netz 
der  festen  Profilsteine  und  die  Entfernung  der  Zwischenpunkte,  an  denen  Querprofile 
aufgenommen  werden  sollen.    An  jeder  Stelle,  wo,  ausser  an  den  Profilsteinen,  Querprofile 
aufzunehmen  sind,  werden  am  Ufer  Zwischenpfähle  geschlagen  und  zwar  bei  schmalen 
Flüssen  nur  an  einer  Seite,   bei  breiteren  an  beiden.     Oft   wird  die  Möglichkeit  vor- 
liegen, mit  der  Aufnahme  der  Spiegelgefälle  auch  die  Peilung  der  Querprofile  zu  ver- 
binden und  die  für  den  erstgenannten  Zweck  zu  schlagenden  Pfahle  für  die  Peilung  mit 
zu  verwenden.     Alle  Zwischenpfähle   werden  gleichfalls  trigonometrisch  festgelegt  und 
mit  Bolzen  oder  Nägeln  versehen,   welche  durch  Nivellement  an  die  Profilsteine  anzu-> 
sehliessen  sind. 

An  den  Stellen,  welche  für  die  Errichtung  des  Wehres,  des  Einlaufes ,  der  Aus- 
nrandung  des  Werkkanales,  der  Errichtung  des  Kraft hauses  oder  sonstiger  wichtiger  Bau- 
werke in  Frage  kommen,  muss  man  die  Querprofile  enger  aneinander,  etwa  in  Abständen 
von  10—25,0  m,  legen.  Auf  den  dazwischen  liegenden  Strecken  genügen  die  oben  ge- 
nannten Profilentfernungen,  es  sei  denn,  dass  man  an  dem  Flusse  selbst  noch  Regulie- 
rangsarbeiten  vorzunehmen  hat,  deren  Notwendigkeit  schon  bei  den  Vorarbeiten  in  die 
Augen  springt.  In  solchem  Falle  wird  man  je  nach  Umständen  die  Entfernung  der 
Qnerprofile  auf  der  freien  Flusstrecke  zu  bemessen  haben. 


126  I.    Theodor  Koebn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

Die  Profilsteine  werden,  wenn  irgend  möglich,  hochwasserfrei  gesetzt,  die  Zwischen- 
pfähle  je  nach  der  Örtlichkeit  und  je  nachdem  ihre  Verwendung  auch  zur  Aufnahme  von 
Spiegelgefällen  mit  in  Frage  kommt,  an  passender  Stelle.  In  der  Regel  verbindet  man 
mit  der  Aufnahme  der  Querprofile  auch  die  Aufnahme  je  eines  50,0  bis  100,0  m  breiten 
Uferstreifens  auf  beiden  Seiten  des  Flusses,  wobei  die  besondere  Beschaffenheit  des  Ufer- 
geländes, seine  Nutzungsart,  die  vorhandenen  Wege,  Strassen,  Eisenbahnen  oder  Bau- 
werke mit  aufzunehmen  sind. 

Zur  Vornahme  der  Querprofilpeilungen  bedient  man  sich  neuerdings  fast  allgemein 
eines  Peildrahtes.     Solche  Peildrähte  werden  von  Kabelfabriken   als  geseilte  Drähte  von 
4—6  mm  Stärke  geliefert  und  sind  in   der  Regel  in  Abständen   von  5,0  m  mit  kleinen 
Metallplatten  versehen,   auf  denen   die   entsprechenden   Zahlen  angebracht  sind.     Hanf- 
leinen  sind   zur  Peilung  nicht  gut  verwendbar,  weil  sie  ihre  Länge  zu  stark  verändern, 
je  nachdem   sie  nass  oder  trocken  sind.    Der  Peildraht  wird  auf  einer  leichten,   aber 
fest  gebauten  Holztrommel  an  Ort  und  Stelle  gebracht.     Er  muss  mindestens  an  einem 
losen  Ende  eine  Öse   haben,   an  welcher  er  am  Ufer  durch  Draht  oder  Taue  an  einem 
Anker  oder  einem  besonders  festen  Pfahl  möglichst  dicht  über  dem  Wasserspiegel    be- 
festigt  wird.     Die  Entfernung   des  Nullpunktes  von   dem  Profilpfahl   oder  Stein   wird 
sorgfältig   eingemessen ,   ebenso  die  Entfernung  des  Wasserrandes  von   dem  Nullpunkt. 
Zweckmässigerweise  strebt  man  an,  von  vornherein   den  Nullpunkt  des  Peildrahtes   mit 
dem  Wasserrande  zusammenfallen  zu  lassen.     Die  Drahttrommel  wird  alsdann  mittelst 
eines  Kahnes  aqf  das  andere  Ufer  gebracht,  indem  der  Peildraht  sich  abwickelt.  Durch 
Pfahle  oder  in  sonst  geeigneter  Weise  wird  die  Drahttrommel  möglichst  dicht  über  dem 
Wasser  festgemacht   und   alsdann   der  Peildraht  mit  der  Winde  straff  gespannt.    Das 
Straffspannen  des  Drahtes  gelingt  noch  bis  zu  Profilbreiten   von   120,0—130,0  m.     Ist 
der  Fluss  breiter,  so  muss  man  die  Drahttrommel  auf  einem  festen,  schweren  Kahn  gut 
befestigen  und  den  letzteren  so  verankern,  dass  der  Peildraht  in  die  Profillinie  gebracht 
und  daselbst  gespannt  werden  kann.    Die  Peilung  erfolgt  bei  kleineren  Wasserläufen  in  der 
Regel  von  m  zu  m.  Bei  sehr  unregelmässiger  Sohlengestaltung  und  ganz  kleinen  Bächen,  auch 
wohl  noch  an  Zwischenstellen  und  zwar  entweder  direkt  durch  Aufstellen  von  Nivellier- 
latten  auf  die  Flussohle,   so  dass  man  die  Höhe  <ler  Sohle  mit  dem   Instrument  direkt 
abliest,  oder  durch  das  Peilen  mit  Peillatten,  indem  man  die  Wassertiefe  misst.    Nivel- 
liert man  den  Wasserspiegel  ein,   so  kann  man  aus  der  Peilung  die  Sohlenhöhe,  bezogen 
auf  den  Nullpunkt,  berechnen.    In  beiden  Fällen  bedient  man  sich  eines  möglichst  leicht 
beweglichen  Kahnes,  in  welchem  man  sich  an  dem  Peildraht  entlangzieht.    Es  ist  nfttig 
die  Peilung  mindestens  doppelt  (rück-   und  vorwärts)   vorzunehmen,   um  eine   Kontroll- 
messung zu  haben,   da  irrtümliche  Ablesungen  sehr  leicht  vorkommen.    Aber  auch  bei 
richtigen  Ablesungen  bekommt  man  bei  der  Kontrollpeilung  recht  erhebliche  Abweichungen 
und  man  muss  dann  eine  mittlere  Zahl  als  die  richtige  für  jede  Stelle  annehmen. 

Die  Peillatten  werden  zweckmässig  unten  mit  einem  breiten,  eisernen  Bing  ver- 
sehen, damit  sie  beim  Herunterstossen  nicht  so  leicht  abtreiben  und  bequem  in  die  lot- 
rechte Lage  zu  bringen  sind.  Auch  ist  es  zu  empfehlen,  an  der  Peilstange  mittelst  einer 
Öse  ein  Lot  zu  befestigen,  damit  die  lotrechte  Stellung  der  Stange  bei  der  Ablesung 
kontrolliert  werden  kann.  Bei  sehr  loser  Sohle  empfiehlt  es  sich,  das  untere  Ende  der 
Stange  mit  einem  Teller  zu  versehen,  weil  sonst  die  Stange  sehr  verschieden  tief  in  den 
Grund  eindringt  und  die  Abweichungen  bei  mehrfachen  Peilungen  an  ein  und  derselben 
Stelle  zu. gross  werden. 

Das  Auftragen  der  Querprofile  geschieht  meistens  im  Masstab  von  1 :  100  bis 
1  :  250.     Verzerrte  Masstäbe  anzuwenden  empfiehlt  sich  nicht ,  weil   es  besser  ist ,  für 


§  4.  Die  technischen  Vorarbeiten.  127 

das  Projektieren  der  Bauwerke  die  Neigungen  der  Böschungen  im  richtigen  Verhältnis 
vor  Augen  zu  haben. 

Das  Längsprofil  der  Flussohle  wird  dagegen    stets  in  verzerrtem  Masstabe  auf- 
getragen und  zwar  die  Längen  je  nach  dem  Umfang  der  -darzustellenden  Strecke    im 
Masstabe    von    1 :  1000  bis  1  :  10000,   die  Höhen  im  Masstabe  von   1 :  50  bis  1:  100. 
Meistens    wird  man  sich  bei  Wahl  des  Längsmasstabes  nach  den   verfügbaren  Fluss- 
karten richten.     Im  übrigen  sind  die  Vorschriften  des  betreffenden  Landes  für  die  Ein- 
reichung von  Konzessionsanträgen  etc.  zu  beachten  (vergl.  S.  56).  Als  Längen  werden,  wenn  nur 
ein  Ufer  mit  Profilsteinen  bezw.  Pfählen  versehen  ist,  die  nach  diesem  Ufernetz  ermittelten 
Längen  aufgetragen.   Wenn  beide  Ufer  vermessen  sind,  so  wird  nach  der  Flusskarte  die 
Flussmitte  bei  M.W.  stationiert  und  hiernach  die  Längen  aufgetragen.    Als  Höhen  der 
Flussohle   trägt  man  die  aus  den  Querprofilen  zu   entnehmenden  Masse  in   der  Mittel- 
linie des  Wasserspiegels  bei  einem  Mittelwasserstande  auf,   wobei  auf  den  Zeichnungen 
die  Höhenzahl    dieses   Mittelwasserstandes   angegeben   werden  muss.1     Nach   dem  Auf- 
tragen der  Flussohle  werden  auf  Grund  der  früheren  Wasserspiegelaufnahmen  die  Wasser- 
spiegellinien  der  charakteristischen  Wasserstände  eingetragen  und  schliesslich  die  Ufer- 
höhen hinzugefügt, 

Hat  man  in  das  Längenprofil  der  Flussohle  die  Wasserspiegellinien  eingetragen, 
so  lässt  sich  daraus  leicht  das  verfügbare  Rohgefälle  ermitteln,  wenn  man  vorläufige 
Annahmen  für  die  Einlauf-  und  Ausmündungsstelle  des  Werkkanales  macht.  Schätzt 
man  dann  so  gut  es  geht,  die  charakteristischen,  sekundlichen  Wassermengen,  welche  für 
den  Werkkanal  zur  Verfügung  stehen,  so  kann  man  sich  ein  erstes  überschlägliches  Bild 
über  die  erzielbare  Leistung  der  Wasserkraft  machen.  D&  aufgestellte  Längenprofil 
bildet  aber  auch  die  endgültige  Unterlage  für  den  Entwurf  der  Bauwerke  (Wehr,  Kanal, 
Krafthaus  etc.). 

Alle  Fragen,  welche  sich  auf  das  Gefalle  beziehen,  lassen  sich  in  verhältnismässig 
kurzer  Zeit  und  unter  Aufwendung  geringer  Mittel  mit  ausreichender  Sicherheit  aufklären. 


2.  Die  Beschaffenheit  der  Sohle. 

Die  Beschaffenheit  der  Sohle  muss  bekannt  sein,  nicht  nur,  um  daraus  Schlüsse 
auf  die  Ausführbarkeit  und  die  Kosten  der  Bauwerke  zu  ziehen,  sondern  vor  allem  auch 
deshalb,  um  zu  wissen,  ob  sich  und  in  weichem  Sinne  die  Höhenlage  der  Flussohle  ver- 
ändert, oder  ob  mit  einem  angenähert  unveränderlichen  Zustand  gerechnet  werden  kann. 
Es  gibt  Flusstrecken,  bei  denen  sich  eine  dauernde  Vertiefung  feststellen  lässt, 
wie  es  andererseits  Flusstrecken  gibt,  bei  denen  sich  die  Sohle  durch  Geschiebeab- 
lagerungen  fortwährend  erhöht  und  schliesslich  Flusstrecken,  bei  denen  Vertiefungen 
und  Erhöhungen  abwechselnd  im  steten  Wandel  auftreten. 

So  hat  man  z.  B.  beobachtet,  dass  der  Lech  bei  Gersthofen  sein  Bett  jährlich 
um  etwa  15—20  cm  vertiefte,  während  der  Drac  in  der  Nähe  von  Champ  bei  Grenoble 
sein  Bett  durch  die  grossen,  von  ihm  mitgeführten  Kiesmassen  fortwährend  auffüllt. 
Bei  Gebirgsflüssen,  wie  der  obere  Tessin  und  die  obere  Adda  verschieben  sich  die  Kies- 
bänke und  die  Kolke  fast  nach  jedem  Hochwasser.  Es  ist  deshalb  klar,  dass  bei  solchen 
Flüssen  Wasserstandsbeobachtungen  allein  nicht  geniigen,  um  daraus  einen  Schluss  auf 
die  sekl.  Wassermengen  zu  ziehen,  weil  je  nachdem,  ob  sich  das  Querprofil  vergrössert 
°der  verkleinert,  auch  den  einzelnen  Wasserständen  verschiedene  sekl.  Wassermengen 
entsprechen.    So  hatte  an  der  Durance  (Frankreich)  der  Dienst  zur  Anzeige  von  Hoch-- 


128  I.    Theodor  Kosh*.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

wasser  in  den  Jahren  1897  bis  1901  eine  lange  Reihe  von  Wassermengenberechmiiigen 
ans  Wasserstandsbeobachtnngen  vorgenommen,  sie  aber  im  Jahre  1902  aufgegeben,  nach- 
dem festgestellt  war,  dass  bei  ein  und  derselben  Wasserhöhe,  je  nach  dem  Znstande  des 
Flussbettes,  die  Abflußsmengen  in  ausserordentlich  weiten  Grenzen  schwankten9). 

Sind  stärkere  Veränderungen  der  Flussohle  zu  erwarten,  so  sind  dieselben  so- 
wohl bei  der  Ermittelung  des  erzielbaren  Druckgefälles  zu  berücksichtigen,  als  auch  be- 
sonders bei  Festlegung  der  Höhenzahlen  für  die  Ein-  und  Auslaufschwellen  des  Werk- 
kanals, der  Höhe  der  Wehrkrone  und  der  Tiefe  der  Fundierung  aller  Bauwerke. 


3.  Die  Geschiebeföhrung. 

Die  Frage  der  Gescbiebefuhrung  wird  zum  Teil  schon  bei  dem  Studium  der  Fluss- 
sohle mit  erörtert.  Es  ist  zweckmässig,  die  festen  Stoffe,  welche  ein  Fluss  mit  sich 
führt,  zu  unterscheiden  in  solche,  welche  an  der  Flussohle  rollend  und  rutschend  be- 
wegt und  solche,  welche  freischwebend  fortgeführt  werden,  und  man  bezeichnet  im  all- 
gemeinen die  letzteren  als  Sinkstoffe  und  die  erstgenannten  als  Geschiebe. 

Die  Menge  der  Sinkstoffe  und  Geschiebe,  welche  das  Flusswasser  pro  Volumen- 
einheit mit  sich  führt,  hängt  ab  von  der  Beschaffenheit  der  wasserberührten  Ufer  und 
der  Flussohle,  sowie  von  der  Geschwindigkeit  des  Wassers,  d.  h.  also  von  dem  Gefalle 
und  von  der  Gestalt  der  Querprofile. 

Nach  den  bekannten  Untersuchungen  von  Telford  wird  das  Flussbett  je  nach 
seiner  Natur  bei  ganz  bestimmten  Geschwindigkeiten  angegriffen,  wofür  der  genannte 
Autor  folgende  Zahlen4)  gibt: 

Geschwindigkeit  des  Wassers 


Bodenart  des  Flnsebettes 

an  der  Sohle 

Schlammige  Erde 

0,076  m 

Weicher  Ton 

0,152  „ 

Sand 

0,305  „ 

Kies 

0,609  „ 

Kieselsteine 

0.941  „ 

Gebrochene  Steine 

1,220  „ 

Trümmer-Gestein  und  weicher  Schiefer 

1,520  „ 

Lagerhafter  Felsen 

1,830  „ 

Harter  Felsen 

3,050  „ 

Wenn  also  das  Wasser  mit  einer  gewissen  Geschwindigkeit  über  eine  Flussohle 
mit  beweglicheren,  weicheren  Bodenarten  fliesst,  so  wird  es  sehr  viel  mehr  von 
ihnen  mit  sich  fortreissen,  als  wenn  die  Flussohle  aus  festeren  Bodenarten  gebildet  ist. 

Für  unsere  Betrachtungen  kommen  im  wesentlichen  die  fünf  ersten  Bodenarten  in 
Frage,  von  denen  der  Schlamm  und  der  weiche  Ton  und  Lehm,  sowie  die  feineren 
Sandarten  zu  den  Sinkstoffen,  die  gröberen  Sandarten,  sowie  der  Kies  und  die  Kiesel- 
steine zu  den  Geschieben  gehören.    Obwohl  das  Flusswasser  eine  gewisse  Sortierung  der 


3)  R.  Tavernier  et  R.  de  la  Broate,  Compte  rendu  des  travaox,  execntee  a  la  fin  de 
l'annee  1908  du  aervice  d'ttndes  des  grandes  forces  bydrauliqnee  dana  la  rigion  dee  Alpes  (Paris  1904). 

*)  Der  Wert  dieaer  Zahlen  wird  vielfach  angezweifelt.  Indesaen  existiert  noch  kein  einwand*- 
freier  Ersatz.  Die  Schwierigkeit,  solche  Zahlen  einwandfrei  zu  finden,  liegt  z.  T.  auch  darin,  daaa  man 
mit  den  gewöhnlichen  Mitteln  die  Geschwindigkeit  an  der  Sohle  direkt  nicht  messen  kann. 


§   4- 


Die  technischen  Vorarbeiten. 


129 


Geschiebemassen  vornimmt,  so  ist  das  Geschiebe  doch  noch  meistens  mit  Sinkstoffen 
reichlich  untermischt.  Der  Sand  findet  sich  in  der  Zusammensetzung  aller  Sinkstoffe 
und  Geschiebe,  denn  er  entsteht  als  Verwitterungsprodukt  sowohl  der  vulkanischen,  als 
auch  der  weicheren  Gesteinarten.  Seine  zerstörende  Wirkung  in  den  Turbinen  wächst 
mit  der  Schärfe  und  Harte  seines  Kornes.  Die  Beimischung  von  Schlamm  und  weicheren 
Ton-  und  Lehmarten  ist  in  Flüssen,  deren  Ursprung  in  Gebirgsgruppen  aus  Sand- 
stein, Kalkstein,  Molasse  etc.  liegt,  grösser  als  in  den  Flüssen,  deren  Quellgebiet  aus 
vulkanischen  Gesteinsarten,  wie  Granit,  Porphyr,  Gneis  und  Basalt  etc.  besteht  und  sie 
wächst  natürlich  gewaltig,  wenn  ein  schnellfliessendes  Wasser  durch  weichere  Alluvial- 
schichten fliesst  und  von  ungeschützten,  steilen  Ufern  grössere  Massen  abreissen  kann, 
oder  wenn  alte  Schlickmassen,  welche  bei  niedrigem  Wasserstande  zum  Teil  zur  Ruhe 
gekommen  sind,  bei  wachsenden  Wasserständen  wieder  in  Bewegung  geraten.  Im  all- 
gemeinen nimmt  die  Menge  des  Sinkstoffgehaltes  bei  wachsendem  Wasser  zu  und  bei 
fallendem  Wasser  ab.  Die  schwebenden  Sinkstoffe  nehmen  allmählich  bis  zum  Be- 
harrungszustande die  Geschwindigkeit  der  Wasserschichten  an,  in  welchen  sie  sich  be- 
finden, indem  sie  bei  wachsender  Geschwindigkeit  allmählich  in  die  oberen  Schichten 
emporgewirbelt  werden  und  bei  abnehmender  Geschwindigkeit  wieder  in  die  unteren 
Schichten  zurücksinken.  Trotzdem  die  Sinkstoffe  ungefähr  noch  einmal  so  schwer  sind 
wie  das  Wasser,  können  sie  sich  dennoch  bei  grösseren  Geschwindigkeiten  in  allen 
Schichten  der  Vertikalen  halten,  woraus  folgt,  dass  nach  oben  gerichtete  Eraftkom- 
ponenten  zur  Äusserung  kommen  müssen. 

Das  bis  jetzt  veröffentlichte  Beobachtungsmaterial  über  die  Menge  der  Geschiebe 
und  Sinkstoffe,  welche  ein  Fluss  mit  sich  fuhren  kann,  ist  noch  sehr  gering.  Über  die 
Menge  der  Sinkstoffe  kann  man  sich  im  Einzelfalle  durch  Entnahme  von  Proben  ein 
ungefähres  Bild  machen,  indem  man  das  Gewicht  der  Beimischung  an  Sinkstoffen  für 
die  Raumeinheit  Wasser  feststellt  und  nach  dem  spezifischen  Gewicht  der  Sinkstoffe  den 
prozentualen  Raumgehalt  derselben  berechnet. 

Man  hat  z.  B.  bei  einem  Hochwasser  am  3.  Oktober  1888  an  der  Arve  festge- 
stellt, dass  dieser  Fluss  5  kg  pro  cbm  Wasser  an  Sinkstoffen  mit  sich  führte.  Bei 
einem  Gewicht  von  2000  kg  pro  cbm  würde  das  2,5°/00  des  Raumgehaltes  ausmachen0). 

Toi k mit t  gibt  in  seinen  „Grundlagen  der  Wasserbaukunst"  S.  259  folgende 
Zahlen  über  den  Sinkstoffgehalt  einiger  Flüsse: 


Name  des  Flusses 

Sinkstoffgehalt  in  1  cbm 
Wasser  in  kg 

Raumgehalt  in  °/oo  bei  An- 
nahme eines  Gewichtes  von 
2000  kg  pro  cbm 

durch- 
schnittlich 

bei 
Hochwasser 

durch- 
schnittlich 

bei 
Hochwasser 

der  Yar  bei  Nisza 

die  Marne 

die  Seine 

die  Dnrance 

der  Ganges 

der  Miasiasippi 

die  Donau  bei  Wien 

8,577 
0,074 
0,040 
1,45 

0,67 
0,11 

86,6 
0,52 
2,74 
8,63 
1,W 

1,79 
0,087 
0,02 
0,78 

0,885 
0,055 

18,5 
0,26 
1,87 
1,82 
0,97 

5)  M.  Th.  Tnrrettini,  Usine  de  Chevres.   Notice  historiqne  et  descriptive  des  travaox  execntes 
ptr  la  Vüle  de  Geneve  de  1898  a  1899.  S.  18. 

Handbuch  der  Intv-WiMeaseh.    HL  ML    18.  Bd.  9 


130  L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

Nach  Partiot6)  betrag  auf  Grund  von  300  Proben,  welche  bei  Hochwasser  in 
der  Loire  im  Jahre  1856  gemacht  wurden,  der  Gehalt,  trotz  des  schwachen  Gefälles, 
allein  an  tonigen  und  lehmigen  Sinkstoffen  (Argiles)  pro  cbm  Wasser 


in  g  pro  cbm 

ui  Raumgehalt  in  */•* 

300 

0,15 

bei  Feurs 

242 

0.121 

„    Roanne 

210 

0,105 

„    Nevers 

237 

0,117 

„    Orleans 

212 

0,106 

,    Tours 

117 

0,089 

„    Saumnr 

150 

0,075 

„    Nantes 

Nach  den  Mitteilungen  des  Ingenieurs  M.  A.  Boucher  auf  dem  Congres  de  1& 
Houille  Blanche7)  im  September  1902  hat  man  an  den  Alpenflüssen  sehr  oft  4 — 5% 
schwebenden  Sandes  bei  Hochwasser  beobachtet.  Mit  Rücksicht  auf  das  grosse  Gefalle, 
welches  in  den  für  Wasserkraftanlagen  besonders  in  Frage  kommenden  Flüssen  vorhanden 
ist,  muss  man  damit  rechnen,  dass  auch  bei  allen  mittleren  Wasserständen  grössere  Sink- 
stoffmengen yom  Wasser  mitgeführt  werden.  Bei  der  Grössenbestimmung  der  Ablage- 
rungsbecken wird  man  immer  gut  tun,  ungünstige  Annahmen  zu  machen,  und  so  lange 
nicht  durch  eine  ausreichende  Anzahl  von  Proben  ein  anderer  Zustand  nachgewiesen 
ist,  bei  Hochwasser  mit  1— 4°/o  und  bei  mittleren  Wasserständen  mit  1 — 2°/oo  des 
Raumgehaltes  zu  rechnen  haben. 

Der  Raumgehalt  der  Geschiebeführung  pro  Volumeneinheit  Wasser  kann  unter 
Umständen  sehr  viel  grösser  sein«  als  derjenige  der  Sinkstoffe.  In  den  weitaus  meisten 
Fällen  ist  aber  das  Umgekehrte  der  Fall.  Zuverlässiges  Beobachtungsmaterial  fehlt  in 
dieser  Beziehung  leider  gleichfalls  noch  sehr.  Es  lassen  sich  zwar  aus  der  Wanderung 
der  Kies-  und  Sandinseln,  wie  überhaupt  aus  der  Veränderung  der  Flussohle  bei  höheren 
Wasserständen  Schlüsse  auf  die  Mengen  der  Geschiebeführung  ziehen,  aber  unsicher 
werden  die  Resultate  immer  bleiben  müssen.  Die  verhältnismässig  zuver- 
lässigsten Schlüsse  Hessen  sich  aus  der  Auffüllung  der  Flussohle  vor 
bestehenden  Stauanlagen  ziehen,  und  es  wäre  sehr  zu  wünschen,  wenn 
solche  Untersuchungen  systematisch  an  möglichst  vielen  Stellen 
vorgenommen  und   die  Resultate  veröffentlicht  würden. 

Während  sich  die  Sinkstoffe  ungefähr  mit  der  Geschwindigkeit  der  Wasserteilchen 
vorwärts  bewegen,  setzen  die  Geschiebe  dem  Wasser  einen  viel  grösseren  Widerstand 
entgegen  und  wandern  nur  langsam  talwärts.  Am  Oberrhein  zwischen  Basel  und  Brei- 
sach hat  man  festgestellt,  dass  durch  den  Querschnitt  eines  Profils  während  eines  Jahres 
durchschnittlich  nur  etwa  220000  cbm  Geschiebe  wandern8).  Wenn  man  als  sekl. 
Wassermenge  bei  M.W.  nur  diejenige  bei  Basel  mit  865  cbm/sek.  zugrunde  legt,  so 
ergibt  sich  eine  durchschnittliche  Gescbiebefuhrung  von  nur  0,0087  °/eo. 

Der  französische  Ingenieur  Wilhelm9)  teilte  auf  dem  Congres  de  la  Houille 
Blanche  1902  in  Grenoble  mit,  dass  nach  seinen  Untersuchungen  an  dem  Verdon  (einem 

•)  Partiot,  Memoirea  nur  les  aablee  de  Im  Loire.  Ann.  des  ponts  et  eh.  1871.  I.  S.  238. 

7)  Compte  renda  dee  traveaax  da  Congres  de  )a  Hoaüle  Blanche  etc.,  Premier  Volume  S.  285, 
Grenoble  1902. 

S)  R.  Jaemond,  Handbuch  der  lng.-Wiaaenseh.  III.  Teil  Wasserbau.  4.  Aufl.  Bd.  I.  8.  853. 

0)  J.  Wilhelm,  Climatologie  et  Hydrologie.  Compte  rendo  des  travaux  da  Congres  de  1* 
Houille  Blanche.  Premier  Volume.  S.  160—164.  Grenoble.  1902. 


§    4.  DlB  TECHNISCHEN   VORAKBEOTN.  181 

Nebenfluss   der  Durance)    bei    Sainte   Croix    oberhalb   Qninson    die    Jahresmenge    der 
Geschiebeführung  44430  cbm  betragen  habe,    d.  h.  bei   18  cbm/sek.   durchschnittlich 
0,078  %o  des  Raumgehaltes  des  Wassers.    An  der  genannten  Stelle  wurde  im  Jahre  1869 
eine  Talsperre  von  13,0  m  Höhe  errichtet  und  Wilhelm  konnte   auf  Grundlage  von 
alten,  genauen  Peilungen  aus  dem  Jahre  1878  und  Peilungen,  welche  von  ihm  selbst 
im  Jahre  1899   vorgenommen  *  wurden,   feststellen,    dass    während   dieser   Periode  von 
21  Jahren  sich  im  Staubecken  der  Talsperre  933000  cbm  Geschiebe  abgelagert  hatten 
und  zwar  abgesehen  von  den  Sinkstoffen.     Die  Menge  der  abgelagerten  Sinkstoffe  war 
viel  grösser  und  sie  füllten   den  der  Sperrmauer  zunächst   gelegenen   Stauraum  zum 
grossen  Teil  aus.    Die  Flußsohle  des  Verdons   ist  wie  diejenige  vieler  Gebirgsflüsse  mit 
Geschiebe  ganz  bedeckt.    Da  nun  die  Geschiebeführung  von  der  Schleppkraft,  diese  aber 
wiederum  von  dem  Gefälle  und  der  Wassertiefe  des  Flusses  abhängt,  so  kann  ein  Fluss 
auf  einer  gewissen  Strecke  bei  einem  bestimmten  Wasserstand  immer  nur  eine  bestimmte 
und  beschränkte  Geschiebemenge  mit  sich  fort  führen.    Man   nennt   den  Zustand  der 
maximalen  Geschiebeführung  bei  einer  bestimmten  Wassertiefe  und  einem  bestimmten 
Gefalle  den  der  „Sättigung".    Wenn  deshalb  die  Sohle  einer  längeren  Flugstrecke  so  stark 
mit  Geschiebe  bedeckt  ist,  dass  der  Zustand  der  Sättigung  des  Wassers  eintreten  kann, 
so  macht  es,  nach  Wilhelm,  auf  die  Gesamtschiebeführung  keinen  Unterschied  mehr, 
ob  dem  Flusse  aus  seinen  Nebenflüssen  Geschiebemengen  zugeführt  werden  oder  nicht. 
Wilhelm  hat  es  deshalb  versucht  aus  dem  am  Verdon  festgestellten  Verhältnis  zwischen 
der  mittleren  sekl.  Wassermenge  und  der  Geschiebeführung  eines  Jahres  Vergleichszahlen 
für  andere  Gebirgsflüsse   mit  ähnlicher  Sohlenbeschaffenheit  aufzustellen.    Er  ist  sich 
dabei  vollkommen  bewpsst  gewesen  und  hebt  das  auch  entsprechend  hervor,  dass  diese 
Beziehung  insofern  grundsätzlich  unzutreffend  ist,   weil   sie  auf  der  Annahme   beruht, 
dass   jeder   sekl.  Wassermenge   dieselbe    verhältnismässige   Geschiebeführung   zukäme, 
während  tatsächlich  bei  den  kleinen  sekl.  Wassermengen  die  Geschiebeführung  fast  auf- 
hört, dafür  aber  bei  den  hohen  Wasserständen  um  so  lebhafter  eintritt.    Es  kann  des- 
halb die  nachstehend  angegebene  Gleichung  selbstverständlich  nur   für  die  Gewinnung 
überschläglicher  Zahlen  bei  ähnlichen  Verhältnissen  Verwendung  finden.     Bezeichnet: 
q  die  gesuchte  jährliche  Geschiebemenge  an  einem  Flusse, 
Q  die  sekl.  Wassermenge  bei  M.W.  in  cbm, 
J  das  Gefälle  in  mm  für  einen  Meter,  dagegen 
q'  die  gemessene  Geschiebeführung  eines  Jahres  am  Verdon, 
Q'  und  J'  die  entsprechenden  Werte  für  den  genannten  Fluss,  so  würde  folgende 
Gleichung  als  bestehend  angenommen  werden  können: 

3  —  _9' 
QJ  ~~  Q'  J'~ 

und  daraus  würde  sich  ergeben: 

,   QJ 

q  =  q    q,:j, 

Da  q'  =  44430  cbm, 
Q'=        18    „     und 

J/=         4,72  mm  für  einen  Meter  ist,  so  würde  die  Gleichung  lauten: 
q  =     523  Q  .  J,  wobei  Q  in  cbm    und    J    in  mm  pro  ein  Meter  auszu- 
drücken wäre.  — 
Über  die  Geschwindigkeit,  welche  zur  Fortbewegung  der  Sinkstoffe  und  Geschiebe 
mindestens  notwendig  ist,  werden  von  den    verschiedenen  Autoren  folgende  Angaben 
gemacht : 

9* 


132  L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Nach  älteren  Versuchen  von  Du  Buat10): 

Brauner  Töpferlehm  0,081  m 

Sand,  welcher  aus  solchem  Lehm  ausgeschieden  wird    0,162 
Grober  Sand  0,216 

Eies  in  der  Grösse  eines  Aniskornes  0,108 

Eies  in  der  Grösse  einer  Erbse  0,189 

Eies  in  der  Grösse  einer  Bohne  0,325 

Runde  Kieselsteine  von  0,027  m  Durchmesser  0,650 

Eckige  Eieselsteine  in  der  Grösse  eines  Hühnereies       0,975 
Die  Versuche  von  Du  Buat  wurden  an  kleinen  Versuchsrinnen  gemacht  und  ihr 
Wert  wird  vielfach  angezweifelt. 

Franzi us11)  nimmt  an,  dass  in  offenen  unbefestigten  Gräben  in  Bewegung  ge- 
setzt werden: 

Bei  einer  mittleren  Geschwindigkeit  von: 
0,5  m  feiner  Sand  und  Schlamm 

1,0  „  gewöhnlicher  Sand,  Mauersand  und  fester  Moorboden, 
1,5  „  gebundener  toniger  oder  sehr  grober  Sand  und  feiner  Eies. 
2,0  „  grober  Eies  und  fester  Elaiboden. 
Nach  Versuchen,   die  Such i er  1874  am  Oberrhein  bei  Alt-Breisach lf)  vornahm, 
setzte  sich  beim  Aufrühren  durch  Stangen  in  Bewegung: 

Bei  einer  Geschwindigkeit,  etwa  5  cm  über  der  Sohle  gemessen,  von: 

0,897  m  Eies  bis  zur  Bohnengrösse 
0,923  „  Eies  bis  zur  Haselnussgrösse 
1,123  „  Eies  bis  zur  Taubeneigrösse 
1,589  „  Steine  bis  zu  1000  g  Gewicht 
1,800  „   Steine  bis  zu  2500  g  Gewicht 
und  es  war  sämtliches  Geschiebe  bei  2,063  m  Geschwindigkeit  in  Bewegung. 

M.  Partiot18)  gibt  an,  dass  bei  folgenden  Geschwindigkeiten  die  darunter  an- 
gegebenen Eies-  und  Steingrössen  noch  in  Bewegung  gesetzt  werden: 

Mittlere  Geschwindigkeit 

im  Vertikalprofil  .  .  0,36  m  0,70  m  1,43  m  2,14  m  2,86  m  4,29  m  5,21  m 
Geschwindigkeit  an   der 

Sohle 0,25      „     0,50  „     1,00  „     1,50  „     2,00  „     8,00  „     4,00  „ 

Durchmesser  des  Eieses 

und  der  Steine  .    .     .    0,0025  „     0,01  „     0,04  „     0,10  „     0,17  „     0,38  „     0,67  „ 

Man  sieht  aus  diesen  Angaben,  so  sehr  auch  die  einzelnen  Autoren  voneinander 
abweichen,  dass  Sinkstoffe  schon  bei  verhältnismässig  kleinen  Geschwindigkeiten  bewegt 
werden  und  man  kann  daraus  schliessen,  dass  bei  entsprechender  Beschaffenheit  der 
Flußsohle  mit  Rücksicht  anf  das  grosse  Gefälle  auch  bei  N.  W.  ziemlich  reichliche  Sink- 
stoffe  im  Wasser  enthalten  sein  müssen,  was  auch  mit  den  Erfahrungen  an  ausgeführten 
Wasserkraft- Anlagen  übereinstimmt. 

Bezüglich  der  Wassergeschwindigkeit  an  der  Sohle  bestehen  nach  Bazin  (vergl. 
S.  196  und  Eap.  III,  2,  Werkkanäle),  wenn  man 

mit  vB  die  grösste  Geschwindigkeit  in  einer  Vertikalen, 


10)  A.  Flamant,  Bydranlique.  Paris  1900.  S.  298. 

ii)  Handbach  der  Baukunde.  Teil  II.  S.  162. 

i»)  Doli,  Deutsche  Bauz.  1883.  S.  832. 

13)  Partiot,  Mlmoires  aar  les  sables  de  la  Loire.  Ann.  des  ponts  et  eh.  I.  1876.  S.  259. 


§   4.  Die  technischen  Vorarbeiten.  183 

mit  ym  die  mittlere  Geschwindigkeit  und 

mit  v8   die    Geschwindigkeit    an  der  Sohle   bezeichnet,  annäherungsweise 
folgende  Beziehungen: 

vm  =  0,785  v,  v8  =  0,75  vm. 

Der  französische  Ingenieur  Sainjon  u)  hat  durch  Messungen  mit  dem  Wolt- 
manschen  Flügel  in  der  Loire  gefunden,  dass  die  Sohlengeschwindigkeit  etwa  dem 
0,70  fachen  der  mittleren  Vertikalgeschwindigkeit  einer  Lotrechten  entsprach. 

Die  Bewegung  des  Geschiebes 1&)  erfolgt  durch  den  Stoss  des  Wassers  auf  der  zur 
Strömung  senkrechten  Projektion  der  Querschnittsfläche  F  des  einzelnen  Kornes. 

v2 
Dieser  Stoss  ist  P  =  s  F  v .  rt   ,  wenn 

2g' 

y  das  spezifische  Gewicht  des  Wassers, 
v  die  Geschwindigkeit  des  Wassers, 
g  die  Erdbeschleunigung  =  9,81  m  und 
e  einen  Beiwert  bedeuten. 

Letzterer  ist  nach  Eytelwein  für  die  Kugelform  6  =  0,7886  und  nach  Stern- 
berg16) für  die  Form  des  Ellipsoids,  dessen  kleine  Halbachse  b  halb  so  gross  ist,  als  die 
halbe  Längsachse  a,  «  =  0,8. 

Soll  das  Geschiebekorn  bewegt  werden,  so  muss  P>  sein  als  der  Widerstand 

des  Kornes  W 

W  =  r  .  V .  (y0  —  y),  wenn 

V  das  Volumen  des  Kornes, 
y0  sein  spezifisches  Gewicht  und 

r   den  Beibungsbeiwert  bedeuten.    Letzterer  wird  meistens  zu  7*  ange- 
nommen. 

Es  muss  also  sein: 

0,8  F. y.^>J(y0-y) 

4 
Für  ein  Ellipsoid  ist  F  =  a .  b .  n  und  V  =  «  n .  a  b2  und  wenn  y0  =  2200  kg  an- 
genommen wird,  muss  sein 

v  >  ■  /*  »  Ä  b2 12200  —  1000)9,81 


y-g*ab*(2ä 


a  b .  1000 

woraus  sich  v  >  4,43  }/b  ergibt. 

Wir  haben  gesehen,  dass  der  Widerstand  eines  Geschiebekornes  seinem  Volumen, 
d.  h.  der  dritten  Potenz  seiner  Seite,  Würfelform  angenommen,  proportional  ist :  W  =  k(*. 
Dementsprechend  ist  auch  der  ganze  Sohlenwiderstand  von  der  Korngrösse  und  dem 
spezifischen  Gewicht  des  Geschiebes  abhängig,  aus  welchem  die  Sohle  besteht17). 

14)  Ann.  des  ponto  et  cb.  1871.  S.  260. 

i&)  Lechalas,  Sur  les  rtvieres  a  fand  de  eable.  Ann.  des  ponts  et  eh.  1871.  S.  381. 
16)  Sternberg,  Untersuchungen  über  Längen  und  Qaerprofile  geschiebeführender  Flüsse.    Zeit- 
schrift f.  Bauw.  1875.  S.  485  und  ff. 

1?)  Du  Boys,  Ann.  des  Ponts  et  eh.  1879.  II.  S.  149  u.  ff. 


134  L    Theodor  Koehn.    Aushau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Die  Schleppkraft  des  Wassers  hängt  von  seiner  Geschwindigkeit,  also  toq  dem 

Gefälle  and  der  Wassertiefe  ab.    Setzt  man  die  Schleppkraft  S  gleich  der  Zunahme  an 

lebendiger  Kraft,  so  ist  für  einen  Wasserfaden  von  der  Masse  m 

c  dv  T 

d  =  m .  -5 —  =  m  .  g«j. 

Die  Masse  m  einer  Wassersaule  von  1,0  qm  Grundfläche  und  von  der  Tiefe  t  ist 

_1000.t 

•^_» ...  ^ 

g 

Demnach  ist  die  Schleppkraft  auf  1,0  qm  Sohlenfläche  St  =  1000  .  t .  J  tmd  es 
wäre  S  z.  B.  bei  einer  Wassertiefe  von  3,0  m  und  einem  Gefälle  von  1:1000 

S  =  1000.3.0,001  =  3kg, 

bei  einem  Gefalle  1 :  100  und  2,0  m  Tiefe  20  kg,  und  bei  einem  Gefalle  1 :  10  und  1,0  m 
Tiefe  schon  100  kg  pro  qm. 

Es  ist  also  die  Schleppkraft  auf  der  ganzen  Sohlenbreite  S»  =  2  &  b.t.lOOO.J 
oder  angenähert  =  1000 .  F .  J,  wenn  F  den  wasserberührten  Querschnitt  bedeutet. 

Bei  gleichförmiger  Bewegung  des  Wassers  muss  der  Zuwachs  an  lebendiger  Kraft 
vollkommen  durch  die  im  Sohlenwiderstand  geleistete  Arbeit  aufgezehrt  werden. 

Der  Sohlenwiderstand  eines  Kornes  war  k$s,  die  Schleppkraft  auf  der  von  dem 
Korn  bedeckten  Sohlenfläohe 

ist  =  1000  t.  J.$f, 
also  kf«=1000.t.  J.p«    % 

1000t. J  .    T 

Q  =• =- =  C  .  t  .  J. 

Also  wenn  J  konstant  wäre,  so  entspräche  jeder  verschiedenen  Tiefe  t  eine  be- 
stimmte Geschiebekorngrösse,  welche  noch  bewegt  wurde,  und  es  müsste  die  Korngrösse 
in  einem  Gerinne  der  Tiefe  entsprechend  sortiert  werden.  Umgekehrt  müsste,  wenn  t 
an  einer  bestimmten  Stelle  konstant  wäre,  die  Sortierung  auch  dem  wechselnden  Ge- 
fälle entsprechend  erfolgen.  Allerdings  verhält  sich  ein  von  freiem  Wasser  umgebenes 
Geschiebekorn  ganz  anders,  als  wenn  es  sich  in  der  Masse  anderer  Körner  befindet  und 
es  wächst  der  Widerstand  mit  der  Dichtigkeit,  mit  welcher  die  Geschiebekörner  ver- 
schiedener Grösse  zusammengelagert  sind.  Denkt  man  sich  an  einer  Flusstelle  einen 
Beharrungszustand  eingetreten,  so  muss  derselbe  gestört  werden  und  erneute  Bewegung 
des  Geschiebes  eintreten,  wenn  das  Gefälle  oder  die  Wassertiefe  oder  beide  sich  ver- 
grössern. 

Aus  dem  Obigen  folgt,  dass  eine  Sortierung  des  Geschiebes  in  der  Lotrechten 
eintreten  muss  und  die  Erfahrung  lehrt  auch,  dass  das  kleinste  Geschiebe  in  den 
höheren  Wasserschichten,  das  gröbste  in  den  tieferen  treibt 18).  Wenn  man  bei  höherem 
Wasser  in  Geschiebe  führenden  Flüssen  mit  einer  Stange  in  die  Sohle  stösst,  so  dringt 
die  Stange  in  die  lockere  Sohle  mehr  oder  weniger  tief  hinein,  während  man  an  der- 
selben Stelle  bei  niedrigem  Wasser  bemerkt,  dass  die  Oberfläche  festliegt.  Die  lockere 
Schicht  ist  um  so  starker,  je  höher  der  Wasserstand  und  je  gleichmässiger  das  Ge- 
schiebe ist. 

Da  die  Zusammensetzung  des  Geschiebes  eine  ausserordentliche  Verschiedenheit 
zeigt,  ist  man  bei  dem  Mangel  an  genauem  Beobachtungsmaterial  heute  noch  nicht  in 


>•)  Wang,  Bewegung  des  Geschiebes.    Österr.  Monatssehr.  Ar  den  Öffentlichen  Bmdieaet  1897. 
8.  75  n.  ff. 


§  4.  Die  technischen  Vorarbeiten.  135 

der  Lage,  theoretisch  die  Masse  der  Geschiebeführung  eines  Gewässers  mit  einiger  Ge- 
nauigkeit zu  bestimmen,  vielmehr  ist  man  bis  auf  weiteres  noch  auf  Schätzungen  an- 
gewiesen, wobei  anderweitig  gewonnene  Erfahrungszahlen,  die  Wassertiefe,  das  Gefälle, 
die  Wassermenge  und  die  durchschnittliche  Korngrösse  zu  berücksichtigen  sind  und 
weitere  Anhaltspunkte  aus  den  Peilungen  und  den  daraus  zu  erkennenden  Veränderungen 
der  Querprofile  gewonnen  werden  müssen. 

Bei  dem  Entwurf  des  Wehres  und  des  Einlaufs  hat  man  dafür  zu  sorgen,  dass 
möglichst  alles  Geschiebe  von  dem  Eintritt  in  den  Werkkanal  zurückgehalten  wird  und 
dass  die  Geschiebemengen,  welche  sich  vor  dem  Wehr  ablagern,  durch  Grundablässe 
ins  Unterwasser  gespült  werden  können. 

Da  die  Sinkstoffe  in  allen  Schichten  des  benetzten  Profils  bei  grösseren  Geschwindig- 
keiten treiben,  so  ist  es  nicht  möglich,  auch  diese  von  dem  Eintritt  in  den  Werkkanal  gänz- 
lich auasnschliessen.  Die  Menge  der  Sinkstoffe  nimmt  aber  mit  der  Wassertiefe  zu  und  des- 
halb werden  die  Einrichtungen  am  Einlauf  so  zu  treffen  sein,  dass  man  bei  höheren 
Wasserständen  das  in  den  Werkkanal  einzuführende  Wasser  aus  den  oberen  Schichten 
entnehmen  kann.  Kommen  Schlick,  Sand  oder  gar  Kies  in  grösseren  Mengen  in  die 
Turbinen,  so  ist  der  Verschleiss  derselben  ein  sehr  grosser  und  es  treten  häufig  Be- 
triebsstörungen ein.  Man  muss  deshalb  bei  Flüssen  mit  starker  Sinkstoff-  und  Ge- 
schiebefährung  für  entsprechende  Ablagerungsbecken  Sorge  tragen. 

Näheres  über  diese  Massregeln  wird  im  Kapitel  III,  2,  Werkkanäle  mitgeteilt 
werden,  so  dass  an  dieser  Stelle  darauf  verwiesen  werden  kann. 

4.  Die  Eisbildung. 

Der  Einfluss,  welchen  die  Eisbildung  auf  die  sekl.  Wassermenge  im  Flusse  selbst 
hat,  wird  bereite  bei  den  Messungen  zur  Feststellung  dieser  Wassermenge  berück- 
sichtigt. Auch  in  offenen  Werkkanälen  verringert  die  Eisbildung  noch  die  an  den 
Turbinen  verfügbare  sekl.  Wassermenge;  indessen  ist  dieser  Einfluss  meistens  nicht  so 
bedeutend,  dass  seine  Berücksichtigung  nötig  wäre. 

Bei  Geschwindigkeiten  im  Werkkanal  von  1,50  m  und  mehr  findet  eine  Eis- 
bildung, welche  die  Oberfläche  überspannt,  bei  den  klimatischen  Verhältnissen  West- 
Europas  nicht  mehr  statt.  In  Italien  und  in  Süd-Frankreich  hat  man,  abgesehen  von 
den  höheren  Lagen  über  dem  Meere  in  den  Alpenländern,  auch  bei  geringeren  Ge- 
schwindigkeiten von  dem  Eise  Schwierigkeiten  nicht  mehr  zu  erwarten.  In  den  nörd- 
lichen Gegenden  Norwegens  und  Schwedens,  sowie  im  nörd-östlichen  Russland  liegt  die 
Grenze  der  Geschwindigkeit,  bei  welchen  offene  Werkkanäle  nicht  mehr  zufrieren  höher 
als  bei  1,50  m. 

Die  mehr  oder  weniger  leichte  Eisbildung  in  einem  Werkkanal  hängt  ausser  von 
der  Geschwindigkeit  auch  von  der  Wassertiefe  und  der  Rauhigkeit  seiner  Ufer  ab.  Die 
nahen  Böschungen  begünstigen  das  Ansetzen  der  Eiskristalle  und  geben  ihnen  einen 
festeren  Halt,  so  dass  sie  weniger  leicht  von  dem  Stoss  des  fliessenden  Wassers  abge- 
rissen werden  können.  Das  Zufrieren  einer  Kanalstrecke  kann  erst  erfolgen,  wenn 
alle  Wasserteilchen  auf  0°  abgekühlt  sind,  denn  es  findet  bei  schnellfliessendem  Wasser 
eine  fortwährende  Mischung  und  ein  Auf-  und  Absteigen  der  einzelnen  Wasserfaden 
statt.  Dieser  Zustand  der  Abkühlung  wird  bei  schnell  fliessendem  Wasser  und  grösserer 
Wassertiefe  schwer  erreicht,  überdies  werden  auch  die  sich  bildenden  Eiskristalle  durch 
die  Bewegung  immer  wieder  durcheinander  gewirbelt,  so  dass  sich  Eisflächen  nicht  bilden 
können. 


136  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

Wenn  ein  Zufrieren  eines  Werkkanals  zu  erwarten  ist,  so  muss  man  bei  der  Aus- 
bildung des  Profils  darauf  Rücksicht  nehmen,  dass  die  Uferbefestigung  den  zerstörenden 
Wirkungen  der  Eisbildung  Widerstand  leisten  kann. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  ist  es  aber,  dafür  zu  sorgen,  dass  beim  Aufbruch 
des  Eises  im  Flusse  durch  entsprechende  Massregel  am  Wehr  und  am  Einlauf  das 
schwimmende  Eis  von  dem  Eintritt  in  den  Werkkanal  zurückgehalten  und  in  das  Unter- 
wasser abgeführt  wird.  Findet  Eisbildung  auch  im  Werkkanal  selber  statt,  so  ist  be- 
sonders bei  der  Aufstellung  des  Rechens  vor  den  Druckkammern  oder  Turbinenkammern 
darauf  Bedacht  zu  nehmen,  dass  Verstopfungen  der  freien  Durchflussflächen  in  grosserem 
Umfange  nicht  vorkommen  können. 

Ebenso  wichtig  als  die  Beseitigung  des  schwimmenden  Stückeises,  ist  diejenige  des 
Grundeises.  Bildet  sich  Grundeis  im  Flusse,  so  ist  es  meistens  nicht  möglich,  dasselbe 
von  dem  Eintritt  in  den  Kanal  vollständig  zurückzuhalten.  Um  so  wichtiger  ist  es 
darum  aber,  entsprechende  Vorrichtungen  an  den  Druckkammern  oder  Turbinenkammern 
zu  treffen.  Mit  Rücksicht  auf  die  Eisbildung  kann  unter  Umständen  ein  teuereres 
Kanalprofil  im  Tunnel  oder  mit  einer  künstlichen  Decke  dem  billigeren  offenen  Profil 
vorzuziehen  sein.  Auch  wird  man,  wo  Eisbildung  zu  befürchten  ist,  schmale,  glatt- 
wandige  und  tiefe  Kanalprofile  den  breiten,  rauhen  und  flachen  vorziehen.  (VergL 
Kap.  III,  2,  Werkkanäle.) 

5.  Die  sekündliche  Wassermenge. 

Ungleich  schwieriger,  als  die  bisher  besprochenen  Vorarbeiten  ist  die  Feststellung 
der  sekl.  Wassermenge.  Die  meisten  älteren  hydrometrischen  Beobachtungen  waren 
wesentlich  von  den  Gesichtspunkten  der  landwirtschaftlichen  Interessen,  der  bau- 
lichen Unterhaltung  und  der  Verhütung  von  Hochwasserschäden  gemacht.  Es  kam  hier 
vielmehr  darauf  an,  die  gemittelten  Niedrigwasserstände,  die  Mittelwasserstände  im  Durch- 
schnitt eines  Jahres  oder  einer  Pentade  oder  Dekade  und  schliesslich  die  höchsten  Wasser- 
stände kennen  zu  lernen,  aber  weniger  auf  die  Zeitdauer,  während  welcher  die  einzelnen 
Wasserstände  vorhanden  gewesen  waren.  Bei  der  heutigen  Entwickelung  des  Verkehrs 
und  des  Konkurrenzkampfes  muss  aber  ein  Gewerbetreibender,  welcher  sich  eine  Wasser- 
kraft für  seinen  Betrieb  ausbauen,  oder  von  einer  grösseren  Anlage  seine  Kraft  beziehen 
will,  mit  möglichster  Sicherheit  wissen,  auf  wieviel  Kraft  und  für  welche  Zeit  er  darauf 
rechnen  kann.  Wenn  man  mit  genügender  Genauigkeit  den  Umfang  und  die  Dauer 
eines  Kraftmangels  vorausbestimmen  kann,  so  lassen  sich  Mittel  und  Wege  finden,  um 
dem  Übelstand,  der  in  dem  Kräftmangel  liegt,  die  Schärfe  zu  nehmen;  wenn  aber  ein 
Gewerbetreibender  oder  Industrieller  grössere  Bestellungen  auszuführen  bat  und  ihm 
unerwartet  die  Kraft  fehlt,  so  können  ihm  Schädigungen  entstehen,  welche  viel  grösser 
sind,  als  der  Gewinn  durcb  die  billigere  Wasserkraft.  Es  ist  deshalb  anzustreben, 
dass  eingehende  hydrometrische  Messungen  an  allen  Wasserläufen,  welche  für  Kraft* 
zwecke  in  Frage  kommen,  möglichst  von  Staats  wegen  gemacht  werden  und  dass  feste 
Grundsätze,  sowohl  für  die  Beobachtungen,  als  auch  für  die  Veröffentlichung  der  gewon- 
nenen Ergebnisse,  aufgestellt  werden,  nach  denen  möglichst  einheitlich  für  alle  Beobach- 
tungsstellen eines  Staates  vorzugehen  ist.  Aber  nicht  allein  das:  wenn  irgend 
möglich  sollte  auch  eine  internationale  Verständigung  über  eine  gleich- 
massige  Bezeichnung  der  einzelnen  charakteristischen  sekl.  Wassermengen, 
sowie  über  die  Methode  der  Beobachtungen  und  über  die  Veröffentlichungen 
ihrer  Ergebnisse  erstrebt  werden.  Es  verlohnt  sich  auch  sehr  der  Mühe,  alle 
Privatinteressenten  zur  Mitarbeit  heranzuziehen. 


4.  Die  technischen  Vorarbeiten.  137 

Die  Zahl   der  ausgebauten   Wasserkräfte    in  Deutschland,    Frankreich,   Italien, 
Österreich-Ungarn,  Schweiz,   Schweden  und  Norwegen  ist  zusammen  bereits  eine  sehr 
grosse   und  wächst  von  Jahr  zu  Jahr.    Wenn  man  auch  nur  von    10%  der  Wasser- 
kraftanlagen dieser  Länder  nach  denselben   Gesichtspunkten   vorgenommene    Beobach- 
tungen in  einer  gleichmässigen  Form  veröffentlichte,  so  müsste  es  gelingen,  daraus  mit 
ungleich  grösserer  Sicherheit,  als  es  aus  dem  bis  heute  bereits  vorliegenden  dürftigen 
Material  möglich  ist,  Schlüsse  auf  die  jährlichen  Abflussmengen  und  auf  die  sekl.  Wasser 
mengen    pro  qkm   Yorflutgebiet  für  neu   zu   projektierende   Anlagen   zu   ziehen.     Die 
Begriffe    „Niedrigwasser"    (N.W.),   „Mittelwasser"   (M.W.),   „Hochwasser"  (H.W.)  sind  in 
ihrer  Bedeutung  meistens  nicht  scharf  genug  charakterisiert.     Mit  der  am   häufigsten 
angegebenen,    durchschnittlichen    mittleren    sekl.   Jahreswassermenge   allein    kann    der 
Ingenieur,  welcher  die  Vorarbeiten  für  eine  Wasserkraft  zu  machen  hat,  noch  wenig 
anfangen.    Gewiss,  wenn  er  Talsperren  anlegen,  oder  vorhandene  Seen  regulieren  will, 
um   darin  Wasser  aufzuspeichern,  so  muss  er  u.   a.  auch  die   mittlere  sekl.  Wasser- 
menge, welche  ihm  die  Jahreswassermenge  gibt,  kennen.     Aber  in  den  meisten  Fällen 
handelt  es  sich  um  die  Ausnützung  von  fliessendem  Wasser,   und  in  der  Mehrzahl 
der  Flüsse  wird  die   mittlere   sekl.  Wassermenge,  welche  den  Jahres- 
durchschnitt darstellt,  in  zwei  Drittel  des  Jahres  nicht  erreicht,  da- 
gegen in  einem  Drittel  des  Jahres  erheblich  überschritten  werden. 

Eine  kurze  Unterbrechung  oder  Einschränkung  der  Kraftlieferung  wird  in  vielen 
gewerblichen  und  industriellen  Unternehmungen  erträglich  sein  und  desto  mehr,   mit  je 
mehr  Sicherheit  man  den  Eintritt   des  Wassermangels,  oder   den  Eintritt  derjenigen 
höheren  Wasserstände,  welche  das  durch  den  Stau  gewonnene  Gefälle  ganz  oder  zum 
Teil  aufheben,  kennt.    Man  braucht  also  mit    der   allerkleinsten  Kraftmenge  nicht   zu 
rechnen;  aber  man  wird  die  Zahl  der  Tage  festzusetzen   haben,   an  welchen 
eine  gewisse  verfügbare  Kraft  nicht  unterschritten  werden  soll.  Es  ist 
natürlich,  dass  diese  Zahl  je  nach  der  Art  der  Verwendung  der  gewonnenen  Kraft  ver- 
schieden bemessen  werden  kann;   indessen   im  Durchschnitt  kann  man  nach   den   vor- 
liegenden Erfahrungen  sagen,  dass  eine  zehntägige  Unterbrechung  oder  vielmehr 
Einschränkung  der  Kraftlieferung  im  Jahre,  als  ein  Zustand  angesehen  wird,  mit  welchem 
sich  die  Kraftabnehmer  ohne  Schwierigkeiten  abzufinden  vermögen.    Es  kann  bekannt- 
lich der  Kraftmangel  eintreten   durch  starke  Gefällabnahme  bei  H.W.  oder  durch  Ver- 
ringerung  der  Wassermenge  bei  N.W.    In  der    grossen  Mehrzahl    der  Fälle  wird  es 
an  solchen  Neuanlagen,  bei  denen  die  durch  Stau  zu  gewinnende  Druckhöhe  bei  H.W. 
stark   abnimmt,    auf   Grund   richtiger   und   gründlicher   Vorarbeiten    möglich  sein, 
das  Projekt  so  aufzustellen,   dass   durch   Vermehrung  der  sekl.   Wassermenge   in  den 
Turbinen  bei  H.W.  noch  diejenige  Kraftmenge   gewonnen  wird,   welche  bei  kleinster 
sekL  Wassermenge  zur  Verfügung  steht.    Es  genügt   daher  in   der   Regel   für  die 
Ermittelung  der  ständig  verfügbaren  Kraftmenge  die  Kenntnis  der  kleinsten  sekl.  Wasser- 
menge und  es  wird  nach  dem  oben  Gesagten  zweckmässig  sein,  möglichst  einheitlich  für 
alle  Vorarbeiten  zur  Kraftgewinnung : 

1.  als  kleinste  sekl.  Wassermenge  eines  Jahres  diejenige  zu  be- 
zeichnen, welche  an  nicht  mehr  als  10  Tagen  unterschritten,  also  an 
355  Tagen  des  Jahres  vorhanden  ist  und  als  kleinste  sekl.  Wassermenge 
für  die  Wasserkraft  überhaupt,  die  355tägige  sekl.  Wassermenge  des 
trockensten  Jahres  der  Beobachtungsperiode. 

Bei  den  meisten  Wasserkräften  des  Flach-  und  Berglandes,  also  z.  B.  bei  den 
meisten  Wasserkräften  Nord-  und  Westdeutschlands,  selbst  auch  bei  denen,  welche  durch 


138  L    Theodor  Kokhn.    Ausbau  von  Wasserkräfte*.    Allgemeines. 

Seen  oder  künstliche  Stauanlagen  reguliert  werden,  wird  zur  wirtschaftlich  günstigsten 
Ausnützung  der  Wasserkräfte  eine  Reserve  in  Wärmekraftmaschinen  unentbehrlich  oder 
doch  zweckmässig  sein,  weil  auf  mehrere  Monate  das  Wasser  stark  zurückgeht,  die  Ab- 
nehmer aber  meistens  ständige  Kraft  verlangen  und  dafür  auch  höhere   Preise  pro 
Einheit  zahlen  können,  als  wenn  ihnen  ein  längerer  und  womöglich  nicht  einmal  in  zu- 
sammenhängenden Perioden,    sondern   wiederholt   im  Jahre    auftretender  Kraftausfall 
zugemutet  wird.   Es  würden  aber  im  Durchschnitt  der  Fälle  die  Anlagekosten  und  Be- 
triebskosten zu  gross  werden,  wenn  man  diese  Reserve  für  mehr  als  den  90tägigen  Wasser- 
mangel einrichten  und  länger  als  3  Monate  oder  90  Tage  im  Jahre  mitlaufen  lassen 
müsste.    Deshalb  werden  die  Reserven  in  Wärmeantriebmaschinen  meistens  so  einzu- 
richten sein,  dass  man  die  355  tagige  Wasserkraft   auf   die  neunmonatliche  ergänzen 
kann,  und  es  empfiehlt  sich  daher  als  eine  weitere  charakteristische  Wasser- 
menge  diejenige  anzusehen,  welche  an  mindestens  275  Tagen  eines  Jahres  vorhanden 
ist.    Es  möge  dieselbe 

2.  als  neunmonatliche  sekl.  Wassermenge  bezeichnet  werden. 

Nicht  selten  gibt  es  aber  auch  Industrien  oder  sonstige  Abnehmer,  welche  die  nur 
6  Monate  im  Jahre  vorhandenen  Wasserkräfte  noch  mit  wirtschaftlichem  Nutzen  ver- 
wenden können,  wie  z.  B.  Holzschleifereien  etc.  Wenn,  um  ein  anderes  Beispiel  zu 
nennen,  die  höheren  Wasserstände  regelmässig  im  Herbst  und  Winter  von  Oktober  bis 
April  eintreten,  wo  besonders  der  Lichtbedarf  stärker  ansteigt,  so  kann  unter  Um- 
ständen eine  sechsmonatüchp  Kraft  hierfür  noch  nutzbringend  verwendet  werden,  ohne 
dass  man  für  dieselbe  eine  Dampfreserve  nötig  hätte.  Deshalb  würde  als  eine  dritte 
charakteristische  Wassermenge  in  cbm/sek.  ausgedrückt,  diejenige  anzusehen  sein,  welche 
an  mindestens  180  Tagen  vorhanden  ist.    Hierfür  soll  die  Bezeichnung  gewählt  werden: 

3.  sechsmonatliche  sekl.  Wassermenge. 

Schliesslich  versteht  es  sich  von  selbst,  dass  man  zwar  nicht  für  die  Ermittelang 
der  Kraftleistung,  wohl  aber  für  den  Entwurf  aller  Bauwerke 

4.  die  grösste  sekl.  Wassermenge 

mit  möglichster  Sicherheit  zu  ermitteln  hat. 

Vorgreifend  sei  hier  bemerkt,  dass,  wenn  man  den  Wert  einer  ständigen  Wasser- 
kraft, d.  h.  einer  solchen,  welche  an  mindestens  365  Tagen  des  Jahres  verfügbar  ist, 
pro  PS»  mit  a  bezeichnet,  die  neunmonatliche  Kraft  im  Durchschnitt  nur  den  Wert 
von  V>  a  und  die  sechsmonatliche  Kraft  den  Wert  von  1U  a  besitzt,  denn  abgesehen 
davon,  dass  die  Jahresleistung  pro  Einheit  um  V««,  bezw.  Vi  abnimmt,  verteilen  sich  auch 
die  Kosten  für  Verzinsung  und  Tilgung  der  Anlage,  welche  unabhängig  von  der  Be- 
nutzungsdauer  sind,  und  die  Aufwendung  für  Unterhaltung  und  Erneuerung,  welche  nur 
zum  Teil  abhängig  von  der  Benutzungsdauer  sind,  auf  eine  kürzere  Zeit,  fallen  also  pro 
Einheit  und  Jahr  höher  aus  (vergl.  §  5  Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten). 

Der  Wert  einer  Wasserkraft  wächst  auch  mit  der  Zuverlässigkeit  der  zur  Ver- 
fügung stehenden  Wasserbeobachtungen.  Wenngleich  sich  für  die  meisten  Wasserläufe 
eine  charakteristische  Jahreskurve  der  sekl.  Wassermengen  feststellen  lässt,  so  kommen 
doch  in  den  einzelnen  Jahren  sehr  erhebliche  Schwankungen  vor  und  das  Beobachtungs- 
material wird  deshalb  um  so  wertvoller,  je  mehr  Jahre  es  umfasst  Je  sicherer  man 
den  Eintritt  der  verschiedenen  sekl.  Wassermengen  voraussagen  kann,  um  so  mehr 
können  sich  die  Konsumenten  darauf  einrichten  und  um  so  leichter  ist  es,  überhaupt 
Konsumenten  zu  finden  und  angemessene  Preise  zu  erzielen.    Nichts  wirkt  so  hindernd 


§  4.  Die  techhi8CHen  Vorarbeiten.  139 

beim  Anwerben  von  Abnehmern  and  beim  Heranziehen  neuer  Industrien,  als  die  Un- 
sicherheit über  die  Zeit  und  Grösse  der  verfügbaren  Kraft.  Dm  diese  Unsicherheit  aus- 
zuschalten, muss  man  deshalb  oft  zu  dem  Notbehelf  der  Reserve  von  Wärmekraft- 
maschinen greifen. 

Der  Wert  einer  Wasserkraft  steigt  ferner  mit  der  Regelmassigkeit,  mit  welcher 
die  Perioden  von  niedrigen  und  höheren  Wasserstanden  aufeinander  folgen  und  mit  der 
Seltenheit  des  Wechsels  zwischen  höheren  und  niedrigeren  Wasserständen.  In  den 
Flüssen  der  Alpenländer,  soweit  sie  aus  den  Gletscher-  und  Schneeregionen  gespeist 
werden,  tritt  in  der  Regel  N.W.  nur  im  Winter  und  zwar  in  ganz  bestimmten  Monaten 
auf,  während  man  für  den  ganzen  Rest  des  Jahres,  der  Regel  nach,  auf  höhere  Wasser- 
stande rechnen  kann. 

Bei  den  Wasserläufen  des  Flach-  und  Berglandes  sind  die  Schwankungen  häufiger 
und  man  muss  im  allgemeinen  sowohl  im  Winter,  als  auch  ein-  oder  mehrmals  im 
Sommer  oder  Herbst  mit  niedrigen  Wasserständen  rechnen,  was  natürlich  den  Betrieb 
erschwert. 


die  Ordnung  und  Darstellung  des  gewonnenen  Beobachtungsmaterials  ist  es 
zweckmassig,  das  trockenste  Jahr,  das  nasseste  Jahr   und   das  Mittel   aus   allen   be- 
obachteten Jahren  während  der  Zeitdauer  der  Beobachtungen  graphisch  oder  tabellarisch 
darzustellen.    Nun  könnte  ein  Zweifel  entstehen,  welches  Jahr  von  einer  Reihe  von  Ver- 
glftichungsjahren  als  das  nasseste  oder  trockenste  zu  bezeichnen  ist.    Das  einfachste  und 
eindeutigste  Unterscheidungsmerkmal  wäre  die  Jahreswassermenge.    Aber  es  kann  recht 
gut  ein   Jahr  eine  grosse  Jahreswassermenge  aufweisen  und  doch  kleinere  355  tägige 
und  neunmonatliche  sekl.  Wassermengen  zeigen,   als  ein   anderes   Vergleichsjahr   mit 
kleinerer  Jahreswassermenge.    Für  unsere  Zwecke  sind  aber  die  charakteristischen  sekl. 
Wassennengen  viel  wichtiger,  als  die  Jahreswassermengen  und  deshalb  empfiehlt  es  sich, 
die  ersteren  als  Merkmale  zur  Bestimmung  des  nassesten  und  trockensten  Jahres  zu 
wählen  und  zwar  in  erster  Linie  die  355  tägige  und  die  neunmonatliche  sekl.  Wasser- 
menge, weil  diese  die  wichtigsten  sind.    Kommt  der  Fall  vor,  dass  ein  Jahr  zwar  das 
kleinste  355  tägige  Wasser  hat,  aber  nicht  das  kleinste  neunmonatliche  Wasser,  so  würde 
man  am  zweckmässigsten  doch  das  Jahr  mit  dem  kleinsten  355  tägigen  Wasser  als  das 
trockenste   auftragen   und  die  absolut  kleinsten  Werte  anderer  Jahre  für'  das  neun- 
monatliche oder  sechsmonatliche  sekl.  Wasser  mit  Zahlen  in  das  Wassermengenprofil 
dieses  Jahres  einschreiben. 

Sind  kleinste  oder  grösste  sekl.  Wassermengen  aus  früherer  Zeit  bekannt,  welche 
nach  Zahl  der  cbm/sek.  und  der  Zeitdauer  die  gewonnenen  Beobachtungsresultate  unter- 
oder  überschreiten,  so  sind  auch  diese  Daten  mit  einzuschreiben.  Bei  graphischer  Dar- 
stellung erreicht  man  die  grösste  Deutlichkeit,  wenn  man  die  Wasserstände  und 
die  ihnen  entsprechenden  sekl.  Wassermengen  nicht  in  ein  und  demselben  Profil, 
sondern  in  getrennten  Profilen  aufträgt  und  die  einzelnen  Jahre  durch  verschiedene 
Farben  oder  Schraffur  oder  auf  andere  Weise  kenntlich  macht  Es  empfiehlt  sich  aber 
jedenfalls  die  Masstäbe  für  die  Zeit  (Tage)  gleich  zu  wählen  und  die  Profile  der  leichteren 
Übersicht  wegen  untereinander  anzuordnen.  Die  Horizontale  wird  entsprechend 
der  Zahl  der  Jahrestage  mit  0  beginnend  in  365  Teile  eingeteilt,  die  366  Vertikalen 
in  passenden,  nicht  zu  kleinen  Masstaben  in  cbm/sek.  für  die  Wassermengen  und  in 
m  oder  cm  für  die  Wasserstände. 


140 


I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 


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Je    kleiner   das  Vorflutgebiet    der 
beobachteten    Flusstrecke    ist,     um     so 
grössere   Schwankungen   in   den  Wasser- 
ständen   und    den    sekl.    Wassermengen 
ein  es  Tages  sind  zu  erwarten.    Anderer- 
seits handelt  es  sich  bei  kleinen  Vorflut- 
gebieten,  von  Hochfluten  abgesehen,  auch 
immer    nur    um    verhältnismässig   kleine 
sekl.  Wassermengen  und  man  muss  des- 
halb auch  kleinere  Unterschiede  mit  be- 
rücksichtigen.    Es  empfiehlt  sich  daher, 
den  Masstab  der  Längen  (Zeit)  und  der 
Höhen  (Wasserstände  und  sekl.  Wasser- 
mengen)  um   so   grösser  zu  wählen,   je 
kleiner  das  Vorflutgebiet  ist.     Auf  aus- 
nahmsweise hohe  Spitzen  bei  Hochfluten 
braucht  man  bei  der  Wahl  des  Masstabes 
keine  Rücksicht  zu  nehmen;  man  kann 
vielmehr  die  Spitzen  abbrechen    und  die 
Höchstzahl  der  cbm/sek.  sowohl,  als  der 
Gesamtabflussmenge  der  betreffenden  Hoch- 
flut, soweit  sie  im  Profil  nicht  zur  Dar- 
stellung   kommen,    in    Zahlen    daneben 
schreiben.  Für  beobachtete  Hochfluten 
wird  man  überdies  immer  besondere 
Profile  in  passendem  Masstabe  aufzu- 
tragen haben.    Bei  kleineren  Yorflutge- 
bieten  ist  es  ferner  ratsam,  den  Tag  in 
acht,  sechs  oder  drei  Teile  zu  zerlegen  und 
stärkere  Schwankungen  des  Wasserstandes 
eines  Tages  an  den  entsprechenden  Tei- 
lungslinien aufzutragen.    Man  gewinnt  die 
Kenntnis  dieser  Schwankungen  durch  selbst- 
zeichnende Wasserstandsmesser. 

Bei  grösseren  Vorflutgebieten  genügt 
es  dagegen  meistens,  die  einmaligen  Be- 
obachtungen des  Wasserstandes  eines 
Tages  in  der  Mittellinie  desselben  auf- 
zutragen und  die  so  gewonnenen  Punkte 
gradlinig  zu  verbinden.  Bei  Verwendung 
selbstzeichnender  Wasserstandsmesser  wur- 
de man  das  gerechnete  Mittel  auftragen. 
Auf  diese  Weise  stellen  die  Wasser- 
standsprofile Zickzack -Linien 
dar.  Die  sekl.  Wassermenge  trägt  man 
am  besten  als  Tagesmittel  in  der  vertika- 
len Mittellinie  des  betreffenden  Tages  auf 
und   verbindet  je   zwei   Tagesver- 


Hri^'n^iw^uun  nm  i  rn  5i 


4.  Die  technischen  Vorarbeiten.  141 

tikalen  durch  eine  Horizontale.  Auf  diese  Weise  erscheinen  die  sekl.  Wasser- 
mengenprotile  als  treppenförmige  Linien.  Ans  einer  solchen  graphischen  Darstellung  der 
sekl.  Wassermengen  (vergl.  Abb.  6)  läset  sich  auch  die  Gesamtwassermenge  eines  Jahres 
oder  einer  kürzeren  Zeitperiode  ermitteln,  welche  man  u.  A.  für  Sammelbecken  kennen  mnss. 
Wenn  man  z.  B.  den  Tag  mit  3  mm  und  den  cbm/sek.  mit  2  mm  aufträgt,  so  ent- 
sprechen 6  qmm  einer  Gesamtabflussmenge  von  86400  cbm.  Durch  Planimetrierung  der 
gesamten  Fläche  des  Wassermengenprofils  eines  Jahres  in  qmm  und  Multiplikation  mit 
14400  würde  man  demnach  die  Jahreswasser  menge  in  cbm  erhalten. 

Ans  einer  solchen  Tafel  ist  dann  zweckmässigerweise  eine  zweite  Tafel,  nämlich 
die  der  Dauerlinien  der  verschiedenen  sekl.  Wassermengen  zu  ermitteln  und 
aufzutragen  (vergl.  Abb.  7)  und  zwar  gleichfalls  für  das  trockenste,  für  das  nasseste  und 
för  das  mittlere  Jahr.  Die  Horizontale  ist  bei  dieser  Tafel  wiederum  in  365  Teile,  den 
Tagen  entsprechend  einzuteilen,  die  Vertikalen  in  cbm/sek. 

Auf  Grund  solcher  graphischen  Darstellungen   lassen  sich    dann   die   gesamten 
Wasserzofluss-Verhältnisse  schnell   und  klar   übersehen,    und    man   kann  unter 
Berücksichtigung  der  besonderen  Umstände  des  für  die  zu  gewinnende 
Kraft     in    Betracht    kommenden    Verwendungsgebietes    diejenige    sekl. 
Waseermenge  auswählen,  für  welche  man  zweckmässigerweise  den  Aus- 
bau vorzunehmen  bat.    In  der  Regel  wird  es,   der  Kosten  wegen,  nicht  verlohnen, 
eine  grössere  Wassermenge  als  das  sechsmonatliche  sekl.  Wasser  zugrunde  zu  legen. 
Aus    der   Dauerlinientafel    Iässt    sich   schliesslich  auch   unter   Berück- 
sichtigung der  bei  den  verschiedenen  sekl.  Wassermengen  festgestellten 
Druckhöhen,die  Jahresleistung  der  Wasserkraft  für  die  Rentabilitäts- 
berechnung ermitteln.     Vergl.  §  5.  Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten. 

Nachdem  so  die  Ziele  gekennzeichnet  sind,  welche  durch  die  technischen  Vorar- 
beiten erreicht  werden  sollen,  fragt  es  sich  nun,  wie  man  zu  ihnen  gelangt. 

In  allen  Kulturländern  werden  schon  seit  längerer  Zeit  an  den  Wasserläufen, 
welche  für  Kraftzwecke  in  Frage  kommen,  Beobachtungen  der  Wasserstande  gemacht. 
Es  hat  sich  aber  doch  oft  herausgestellt,  dass  die  älteren  Beobachtungen  für  unsere 
Zwecke  nicht  genügend  zuverlässiges  Material  darbieten.  Erst  als  im  Anfang  der  neun- 
ziger Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts  das  Interesse  an  der  wirtschaftlichen  Ausnützung 
der  Wasserkräfte  reger  und  allgemeiner  wurde,  ist  bei  den  Wasserbeobachtungen  dieser 
Gesichtspunkt  mehr  berücksichtigt  worden. 

In  Preussen  sind  zusammenhängende  Darstellungen  herausgegeben: 

1.  der  Oder  mit  allen  Nebenflüssen  von  dem  Bureau  des  Wasserausschusses19), 

2.  der  Memel,  des  Pregel  und  der  Weichsel  mit  allen  Nebenflüssen  vom  Geh. 
Baurat  Keller  im  Auftrage  des  Wasserausschusses, 

3.  des  Rheins  von  einer  besonders  hierfür  gebildeten  Kommission, 

4.  der  Elbe  von  der  Elbstrombauverwaltung  unter  Mitwirkung  des  Wasseraus- 
schusses und  der  beteiligten  Uferstaaten, 

5.  der  Weser  und  der  Ems  vom  Geh.  Baurat  Keller  im  Auftrage  des  Wasser- 
ausschusses. 

Die  einzelnen  Strombücher  umfassen  jedes  mehrere  Bände  und  Kartenwerke,  so- 
wie Tabellen  und  es  werden  in  ihnen  sehr  gute  und  brauchbare  Angaben  über  Grösse, 
Höhenlage,  Bodenarten,  Bedeckung  der  Bodenflächen,   Klima  und  Regenhöhe  des  Vor- 

*9)  Das  technische  Bureau  des  sogenannten  Wasserausscbuases  wurde  fttr  Preussen  besonders 
aua  Anlass  der  verschiedenen  Hochwasserkatastrophen  eingerichtet  und  mit  dem  speziellen  Studium  der 
Ursachen  und  der  Mittel  zur  Verhütung  derselben  beauftragt 


142 


I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 


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•0)  In  vielen  Fällen  beginnen  und  endigen  die  Danerlinien  mit  scharfem  Richtungswechsel  mehr 
tangential  an  den 


§  4.  Die  technischen  Vorarbeiten.  143 


flutgebietes ,   Längen-  und  Querprofile  der  Wasserläufe,  sowie  der  Wasserstände   und 
Wassermengen  mit  besonderer  Berücksichtigung  der  Hochfluten,  gegeben. 

Gewiss  enthalten  die  Strombücher  bereits  sehr  wertvolle  Angaben  über  Wasser- 
stände und  sekl.  Wassermengen  und  auch  über  die  Dauer,  während  welcher  die  einzelnen 
Wasserstände  angehalten  haben,  aber  sie  beziehen  sich  hauptsächlich  auf  den  Hauptstrom 
und  die  grösseren  Nebenflüsse.  Das  älteste  Strombuch  ist  dasjenige  der  Oder,  das  neueste 
dasjenige  der  Weser  und  Ems  und  in  letzterem  findet  man  für  Wasserkraftanlagen  schon 
erheblich  mehr  Auskünfte,  als  in  den  älteren  Werken.  Immerhin  wird  der  Ingenieur,  welcher 
die  Vorarbeiten  für  eine  Wasserkraft  zu  machen  hat,  für  die  kleineren  Nebenflüsse,  auf 
-welche  es  hier  besonders  ankommt,  aus  den  bisher  erschienenen  Strombüchern  nur  selten 
ein  genügend  genaues  Bild  der  Wasserverhältnisse  seines  Einzelfalles  entnehmen  können. 

Seit  dem  1.  April  1902  ist  der  frühere  Wasserausschuss  für  Preussen  in  eine 
„Landesanstalt  für  Gewässerkunde"  umgewandelt  worden,  welche  u.  A.  die  Auf- 
gabe hat,  die  Lücken  in  den  bisher  vorliegenden  Angaben  über  die  Wasserverhältnisse 
der  Flüsse  auszufüllen*1). 


*i)  Die  Denkschrift,  welche  eis  Anlage  des  Haushaltsentwurfs  der  Bau  Verwaltung  1902  dem 
preussischen  Landtage  mitgeteilt  wurde  und  welche  die  Aufgaben  dieser  Landesanstalt  festlegt,  hat 
folgenden  Wortlaut: 

Eine  zuverlässige  und  erschöpfende  Gewässerkunde  ist  die  notwendige  Grundlage  für  die  Ein- 
richtung einer  zweckmässigen,  sowohl  die  Wassernützung,  als  auch  die  Wasserabwehr  umfassenden 
Wasserwirtschaft.  Es  müssen  deshalb  die  für  den  Abflussvorgang  der  Ströme,  Flüsse  und  Bäche 
massgebenden  Verhältnisse  genau,  und  zwar  nach  einheitliehen  Grundsätzen  erforscht  werden. 

In  dieser  Erkenntnis  sind  sowohl  in  anderen  Bundeestsaten ,  nämlich  in  Baden,  Württemberg 
und  Bayern,  als  auch  im  Auslande,  wie  in  Österreich -Ungarn,  Italien,  entsprechende  Einrichtungen 
getroffen  worden.  In  Preussen  sind  bisher  die  Arbeiten  zur  Förderung  der  Gewässerkunde  durch  die 
Beamten  der  allgemeinen  Bau  Verwaltung  und  Meliorations  -  Bauverwaltung  ausgeführt  worden.  An  den 
schiffbaren  Flüssen  sind  schon  seit  vielen  Jahren  durch  Einrichtung  der  erforderlichen  Pegel  und  ihre 
Beobachtung,  durch  Aufnahme  von  Stromkarten,  sowie  durch  nivellitische  und  hydrometrische  Arbeiten 
wertvolle  Unterlagen  für  die  Gewässerkunde  beschafft  worden.  Auch  hat  die  zur  allgemeinen  Verfügung 
des  Ministers  der  öffentlichen  Arbeiten  und  des  Ministers  für  Landwirtschaft  vom  22.  Januar  1880 
den  8trombauverwaltungeo ,  denen  hierdurch  u.  a.  die  Beobachtung  und  Untersuchung  der  Hochwasser- 
Verhältnisse  übertragen  ist,  Anises  zur  sorgfältigen  Bearbeitung  jener  Unterlagen  als  Hilfsmittel  zur 
Kenntnis  des  Abflussvorganges  und  zur  Voraussage  der  Wasserstände  geboten.  So  enthalten  z.  B.  die 
Ton  der  Elbstromverwaltung  in  Gemeinschaft  mit  den  Eibuferstaaten  herausgegebenen  hydrologischen 
Jahrbücher  wichtige  Beiträge  für  die  Gewässerkunde  des  ganzen  Eibstromgebietes.  Für  die  nicht  schiff- 
baren Gewässsr  war  bei  den  bisherigen  Arbeiten  eine  vom  Minister  für  Landwirtschaft  im  Jahre  1892 
erlassene  Anweisung,  wonach  für  die  verschiedenen  Flussgebiete  Wasserbücher  und  Wasserkarten  auf- 
zustellen sind,  massgebend.  Hiernach  sind  bisher  42  Wasserbücher  ganz  und  42  andere  teilweise  fertig- 
gestellt worden. 

Es  fehlte  aber  an  einer  Zentrale  für  die  einheitliche  Leitung,  Sammlung  und  Bearbeitung  der 
von  den  beiden  Beamtengruppen  gelieferten  Arbeiten.  Dieser  Msngel  wurde  bis  jetzt  noch  wenig  fühl- 
bar,  weil  das  Bureau  des  Wasserausschusses,  der  durch  Allerhöchsten  Erlass  vom  28.  Februar  1892 
zur  Untersuchung  der  Wasserverhältnisse  in  den  der  Überschwemmung  ausgesetzten  Flussgebieten  ein- 
gesetzt worden  ist,  einen  Teil  der  Aufgaben  erfüllt  hat,  für  welche  eine  Zentralstelle  notwendig  ist 

Da  aber  der  Wasserausschuss  seine  eigentlichen,  ihm  durch  den  Allerhöchsten  Erlass  über- 
tragenen Arbeiten  im  Laufe  des  nächsten  Jahres  vollenden  wird,  steht  seine  Auflösung  im  kommenden* 
Etatsjahre  voraussichtlich  bevor.  Es  wird  deshalb  jetzt  die  Einrichtung  einer  Zentralstelle  von  der 
Staatsregierung  für  dringend  notwendig  erachtet  und  es  ist  in  Aussicht  genommen,  sie  unter  der  Be- 
zeichnung „Landesanstalt  für  Gewässerkunde"  zum  1.  April  1902  zu  eröffnen. 

Die  nächste  Aufgabe  dieser  Landesanstslt  wird  bestehen  in  der  Sammlung,  einheitlichen  Be- 
arbeitung und  Ergänzung  der  Beobachtungen  über  den  Abflussvorgang  bei  schiffbaren  und  nicht  schiff- 
baren Gewässern,  sowie  Ermittlung  der  dafür  maasgebenden  Verhältnisse  (Wasserstand,  Abflossmengen, 
Eis-  und  Hochwassererscheinungen,  Znsammenhang  von  Niederschlag,  Verdunstung,  Versickerung  und 


144  I.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

Räumlich  dehnt  sich  das  Arbeitsgebiet  auf  alle  Gewässer  Norddeutschlands  ans, 
was  dadurch  ermöglicht  ist,  dass  die  beteiligten  Bundesstaaten  sich  bereit  erklärt  haben, 
ihrerseits  der  Landesanstalt  alle  erforderlichen  Unterlagen  zur  Verfügung  zu  stellen  und 
sich  an  den  Kosten  der  Landesanstalt  zu  beteiligen. 

Durch  den  Runderlass  vom  26.  Oktober  1902  ist  den  Provinzialbehörden  eine 
Geschäftsanweisung  der  Landesanstalt  mitgeteilt  und  verfügt  worden,  dass  der  Leiter 
der  Anstalt  zur  Erleichterung  und  Vereinfachung  des  Geschäftsverkehrs  wegen  Mit- 
teilungen von  Pegelbeobachtungen,  Wassermengen  und  sonstigen  Angaben  aus  dem  Ge- 
biete der  Gewässerkunde  mit  den  in  Frage  kommenden  Provinzial-  bezw.  Lokalbehörden 
der  allgemeinen  Bauverwaltung  und  der  Meliorations-Bauverwaltung  in  unmittelbare  Ver- 
bindung treten,  sowie  alle  zur  etwaigen  Aufklärung  über  die  vorgenannten  Gegenstände 
notwendigen  Rückfragen  gleichfalls  durch  unmittelbaren  Verkehr  mit  den  beteiligten 
Dienststellen  direkt  erledigen  kann. 


offenen  Abflugs,  Grundwasserbewegung  und  Qaellenbildung,  Durchlässigkeitsverhältnisse,  Einwirkung  der 
Bodenbedeckung,  Geschiebe  und  SinkstoffÜhrung  u.  a.  m.). 

Von  gleicher  Bedeutung  ist  die  zweite  Aufgabe  der  Landesanatalt  für  Gewässerkunde,  nämlich 
die  Verwertung  der  Untersuchungsergebnisse  durch  Veröffentlichung  und  durch  Mitwirkung  bei  der 
Lösung  wasserwirtschaftlicher  Fragen  aller  Art.  Die  kritisch  bearbeiteten  Ergebnisse  der  Unter- 
suchungen sollen  in  Jahrbüchern  veröffentlicht  werden,  die  ausserdem  in  Tabellen  und  bildlichen  Dar- 
stellungen mitgeteilten,  regelmässigen  Beobachtnngsergebnisse  zusammenfassende,  von  den  Beamten 
der  Landesanstalt  bearbeitete  Abhandlungen  aus  dem  Bereiche  der  Gewässerkunde  bringen.  Es  erstrecken 
sich  diese  Abhandlungen  auf  aJle  Fragen,  die  in  dem  bereits  erschienenen,  hydrographisch- wasserwirt- 
schaftlichen Darstellungen  der  preuesischen  Ströme  berührt  worden  sind  und  bilden  somit  eine  stetige 
Ergänzung  dieser  Werke.  Im  Zusammenhange  mit  ihnen  sollen  die  Jahrbücher  als  zuverlässige,  tod 
jedem  Sachverständigen  zu  verwertende  Quelle  für  die  Bearbeitung  wasserwirtschaftlicher  Aufgaben 
aller  Art  dienen. 

Die  Landesanstalt  soll  den  Ressorts  der  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten  und  für  Landwirt- 
schaft, Domänen  und  Forsten  zur  Verfügung  stehen,  sodann  aber  auch  bei  wasserwirtschaftlichen  Fragen 
anderer  Ressorts  durch  Abgabe  von  Gutachten  mitwirken,  besonders  bei  den  Fragen  der  Ausnützung 
von  Wasserkräften  durch  Talsperren  und  Sammelbecken,  der  Zulässigkeit  des  Einlassens  von  Scbmutz- 
wasser  in  fliessende  Wasserläufe  usw.  Aufträge  zur  Erstattung  von  Gutachten  werden  von  den  Ministem 
der  öffentlichen  Arbeiten  und  für  Landwirtschaft,  Domänen  und  Forsten  gemeinsam  erteilt 

Die  Landesanstalt  ist  keine  besondere  Behörde,  sie  bildet  vielmehr  ein  Bureau  im  Ministerium 
der  öffentlichen  Arbeiten,  in  dessen  Etat  die  erforderlichen  Mittel  aufgebracht  werden,  und  ist  ein* 
gemeinschaftliche  Einrichtung  dieses  Ministeriums  und  des  Ministeriums  für  Landwirtschaft,  Domänen 
und  Forsten.    Von  diesen  ^beiden  Ministerien  ressortiert  ihre  gesamte  Verwaltung. 

Die  Leitung  der  Anstalt  soll  einem  wasserbautechnischen,  vortragenden  Rate  des  Ministeriums 
der  öffentlichen  Arbeiten  übertragen  werden,  dem  als  Abteilungsvorsteher  zwei  Regterungs-  und  Bauräte 
des  Wasserbaufachs  und  als  weitere  Mitarbeiter  zwei  —  im  Stellen-  und  Besoldungsrange  der  Bauin- 
spektoren stehende  —  wissenschaftliche  Hilfsarbeiter  zugeteilt  werden. 

Ferner  sind  ein  expedierender  Sekretär  und  Kalkulator  und  für  die  technischen  Arbeiten 
mehrere  besonders  geschulte,  mittlere  technische  Beamte  erforderlich.  Zunächst  sollen  als  ständige 
Beamte  zwei  technische  Revisoren  angestellt  werden.  Die  übrigen  technischen  Hilfskräfte  sind  von  den 
Provinzialbehörden  der  allgemeinen  Bauverwaltung  und  der  Meliorations-Bauverwaltung  heranzuziehen 
und  kommissarisch  zu  beschäftigen. 

Die  Berufung  zur  Leitung  der  Landesanstalt  erfolgt  gemeinschaftlich  durch  die  Minister  der 
Öffentlichen  Arbeiten  und  für  Landwirtschaft,  Domänen  und  Forsten.  Ebenso  wird  von  ihnen  über  die 
Besetzung  der  sonstigen  etatmässigen  Stellen  und  die  Heranziehung  von  Provinzialbeamten  als  Hilfs- 
arbeiter gemeinschaftlich  Verfügung  getroffen. 

(Folgen  Mitteilungen  über  die  Verteilung  der  Kosten  auf  die  in  Betracht  kommenden  Titel 
des  Haushaltsplanes,) 

Für  die  ausserhalb  Deutschlands  gelegenen  Teile  des  Memel-,  Weichsel-,  Oder-  und  des  Elbe- 
gebietes werden  voraussichtlich  die  von  den  Nachbarstaaten  gemachten  Beobachtungen  zur  Verfügung 
gestellt  und  jedenfalls    die    einschlägigen    Veröffentlichungen    des   Auslandes    benutzt   werden.     Kine 


§  4.  Die  technischen  Vorarbeiten.  145 

Im  Jahre  1904  wurde  das  erste  Jahrbuch  für  die  Gewässerkunde  Norddeutschlands 
von  der  preussischen  Landesanstalt  und  zwar  über  das  Abflussjahr  1901  herausgegeben, 
und  voraussichtlich  werden  bis  Schluss  des  Jahres  1906  bereits  die  Jahrbücher  für  die 
Abflnssjahre  1902  und  1903  folgen.    Das  erste  Jahrbuch  enthält: 

1.  Allgemeine  Übersichten  über  die  Witterungs-  und  Wasserstands  Verhältnisse 
aller  Stromgebiete. 

2.  Mitteilungen  über  Grösse,  Witterungs-,  Niederschlags-  und  Eisverhältnisse  der 
einzelnen  Vorflutgebiete. 

3.  Verzeichnis  der  Pegelstellen. 

4.  Wasserstandsbeobachtungen  und  zwar: 

Tägliche  Wasserstände, 
Hauptzahl  der  Wasserstände, 
Häufigkeit  der  Wasserstände. 

5.  Wassermengenmessungen. 

6.  Gefallaufnahmen. 

7.  Nach  Weisung  von  Querschnittsaufnahmen, 

Beobachtung  der  Wassertemperatur  und 
Grundwasserstandsbeobachtungen. 

Dem  grossen  Bande  des  Jahrbuches  sollen  einzelne  Veröffentlichungen  in  zwangloser 
Reihe    folgen.     Diese    er$te    Veröffentlichung   stellt  jedenfalls    bereits   gegenüber    den 
früheren  Mitteilungen  in  den  Strombüchern  für  unsere  Zwecke  einen  grossen  Fortschritt 
dar.    Was  die  Messungen  der  sekl.  Wassermengen  betrifft,   so  beziehen  sich   die  Mit- 
teilungen auf  alles  verfügbare  Material  der  Vorjahre,  soweit  es  nicht  schon  in  den  Strom- 
büchern gesammelt  vorlag.    Es  ist  zweifellos  sehr  wertvoll,  dasselbe    in  übersichtlicher 
Weise  geordnet  zu  haben.     Aber  für  die  meisten  Wasserläufe,  welche  für  Kraftzwecke 
hauptsächlich  in  Frage  kommen,  genügt  ebensowenig  wie  die  Zahl  der  Messteilen,  die- 
jenige der  mitgeteilten  direkten  Wassermengenmessungen,  da  diese  sich  hauptsächlich  auf 
die  grösseren  Wasserläufe  beziehen.     Der  Einfluss  der  Landesanstalt  auf  die 
Methode    und    Anzahl    der    Wasserbeobachtungen    konnte    sich    noch 
nicht    geltend    machen.     Es    ist   aber   beabsichtigt,    dass   die   Landesanstalt   auf 
methodische  Verteilung  der  Messtellen  und  die  einheitliche  Ausführung  der  Messungen 
nach  bestimmten  Grundsätzen  hinwirkt.     Man  darf  daher  hoffen,  dass  man  in  Preussen 
nach  einem  Zeitraum  von  etwa  weiteren  zehn  Jahren  für  viele  Wasserläufe,  welche  für 
unsere  Zwecke  in  Frage  kommen,   vollständige  Auskünfte  aus  den  Veröffentlichungen 
der  Landesanstalt  für  Gewässerkunde  wird  holen  können. 

inderang  der  fttr  die  Bearbeitung  der  Hochwasserbeobachtungen  im  Rheingebiet  getroffenen  Anord- 
nungen (Bearbeitung  durch  das  badische  Zentralbureau  fUr  Hydrographie)  wird  einstweilen  nicht  beab- 
sichtigt Nach  dem  Vorgange  dieser  Anordnungen  sind  aber  für  die  auaeerpreuasiachen  Teile  der  Elbe 
und  Weser  (einschliesslich  der  Werra)  mit  den  beteiligten  Bundesstaaten  Verhandlungen  darüber  einge- 
leitet, dass  die  wesentlichen  Beobachtungen  nach  gleichen  Grundsätzen  wie  in  Preussen  vorgenommen 
und  der  Landesanstalt  fttr  Gewasserkunde  zur  Bearbeitung  Überwiesen  werden. 

Alle  beteiligten  Bundesstaaten  haben  sieb  hierzu  bereit  erklärt  und  werden  die  durch  die  Be- 
obachtungen in  ihrem  Gebiet  entstehenden  Kosten  tragen.  Ausserdem  werden  diejenigen  Bundesstaaten, 
welche  ein  grosseres  Interesse  an  der  Tätigkeit  der  Anstalt  haben,  auch  einen  Teil  der  allgemeinen 
Kosten  Übernehmen. 

Die  Leitung  der  Anstalt  wurde  dem  vortragenden  Rat  im  Ministerium  der  Öffentlichen  Arbeiten, 
Geheimen  Baurat  H.  Keller,  Übertragen,  der  seit  Einsetzung  des  technischen  Bureaus  des  Wasseraus- 
acaostes  dessen  Arbeiten  geleitet  hatte. 

HaifaM*  der  lDg.-Wlee«aaeh.   DL  TeU.    13.  Bd.  10 


146  I.    Thbodob  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

In  Bayern  werden  schon  seit  langer  Zeit  Wassermessungen  an  den  verschie- 
denen öffentlichen  Wasserläufen  vorgenommen  und  es  existieren  darüber  auch  zahl- 
reiche Veröffentlichungen.  Als  aber  in  dem  Anfang  der  neunziger  Jahre  des  vorigen 
Jahrhunderts  das  Interesse  an  der  wirtschaftlichen  Ausnutzung  der  Wasserkräfte  reger 
und  allgemeiner  wurde,  .stellte  sich  doch  heraus,  dass  die  bisher  vorgenommenen  Mes- 
sungen der  Einheitlichkeit  entbehrten  und  ein  genügend  sicheres  Material  für  die  Be- 
wertung der  Wasserkräfte  und  ihre  wirtschaftliche  Ausnützung  nicht  hoten.  Infolgedessen 
ist  seit  1898  ein  spezieller  Dienst  „das  hydrotechnische  Bureau"  in  München  einge- 
richtet88). Dieses  Bureau  hat  von  1899  an  in  dem  „Jahrbuch  des  hydrotechnischen 
Bureaus"28)  vierteljährliche  interessante  Veröffentlichungen  über  seine  Arbeiten  er- 
scheinen lassen. 

Das  Gesamtgebiet  Bayerns  von  76000  qkm  ist  geteilt  in  das  Vortiutgebiet  der 
Donau  und  in  dasjenige  des  Rheins.  Im  Jahre  1902  existierten  bereits  283  hydro- 
metrische  Messtationen  und  zwar  131  an  öffentlichen  Flüssen  und  162  an  Privatflüssen, 
d.  h.  0,37  pro  100  qkm.  10  Messtationen  waren  mit  selbstschreibenden  Messapparaten 
versehen.  Im  Jahre  1902  sind  allein  230  genaue  Messungen  vorgenommen  worden  und 
ausserdem,  stellenweise  täglich,  an  anderen  Stationen  in  grösseren  Zeitabschnitten. 
Wasserstandsablesungen.  In  der  Veröffentlichung  vom  April  1903  konnte  das  Bureau 
bereits  ziemlich  genaue  graphische  Darstellungen  der  sekL  Wassermenge  und  der  Dauer 
der  einzelnen  Wasserstände  für  73  Hauptmesstationen  machen.  Ausser  den  direkten 
Messungen  überwacht  das  Bureau  auch  die  zahlreichen  hydrologischen  Regenmess- 
stationen, von  denen  304  bereits  im  Jahre  1903  eingerichtet  waren,  d.  h.  also  0,40 
pro  100  qkm.  98  von  diesen  Stationen  hängen  direkt  von  dem  meteorologischen  Zentral- 
bureau ab  und  6  waren  mit  selbstschreibenden  Apparaten  versehen. 

Ahnliche  Organisationen  besitzen  auch  Sachsen,  Württemberg  und  Baden. 

Für  Österreich -Ungarn  führt  die  entsprechende  Organisation  die  Bezeich- 
nung: „K.  K.  hydrographisches  Zentral- Bureau",  dessen  Veröffentlichungen  seit  1893 
regelmässig  in  15  Heften  erscheinen. 

In  den  Vereinigten  Staaten  von  Amerika  werden  die  Beobachtungen  und 
Veröffentlichungen  von  dem  „U.  S.  Geological  Survey"  veranlasst. 

In  Italien  ist  seit  1890  von  Seiten  des  Ministeriums  für  Landwirtschaft  ein 
spezieller  Dienst  für  methodische,  hydrometrische  Messungen  eingerichtet,  und  es  sind 
von  dieser  Stelle  aus  eine  ganze  Anzahl  hydrographischer  Karten,  Tabellen  und  graphische 
Darstellungen  von  Wasserständen  und  Wassermengen,  namentlich  der  Flüsse  Mittelitaliens, 
deren  Verhältnisse  bisher  noch  ziemlich  unbekannt  waren ,  veröffentlicht.  Die  bis  jetzt 
erzielten  Resultate  sind  allerdings  -nicht  hinreichend,  um  über  die  Mehrzahl  der  italie- 
nischen oberen  Flussläufe  ein  wirklich  zuverlässiges  Bild  geben  zu  können. 

In  der  Schweiz  ist  durch  Bundesbeschluss  vom  17.  August  1895  gleichfalls  ein 
spezieller  hydrometrischer  Dienst14)  eingerichtet.  In  der  Vorlage  der  Bundesregierung 
vom  4.  Juni  1895  ist  das  Programm  für  diesen  Spezialdienst  dahin  festgelegt,  dass  das 
zu  beobachtende  Vorflutgebiet  auf  57700  qkm  bemessen  wurde,  wovon  16300  qkm 
ausserhalb  und  41 000  qkm  innerhalb  der  Schweiz  liegen.  Das  Gesamtniederschlagsgebiet 
ist  in  14  Teile  von  verschiedener  Flächengrösse,  schwankend  zwischen  2200  und  6700  qkm 


*8)  Chef  dieses  Bureaus  ist  der  Baurat  M.  He n sei. 

2  3)  München,  König).  Hof-  und  Universität*  Buchdruckerei  Dr.  Wolf  &  Sohn. 

**)  Derselbe  wurde  dem  Chefingenieur  Epper  unterstellt. 


§  4.  Die  technischen  Vorarbeiten.  147 

geteilt,  derart,  dass  immer  in  sich  abgeschlossene  Vorflutbecken  zu  betrachten  sind.  Für 
jedes  dieser  Becken  sollen  drei  verschiedene  Arten  von  Tafeln  mit  den  nötigen  Tabellen 
aufgestellt  werden: 

1 .  Die  Tafeln ,  welche  die  Grösse  des  Vorflutbeckens  und  seine  Beschaffenheit 
ergeben.  Letztere  ist  in  verschiedene  charakteristische  Arten  eingeteilt  und  zwar  nach 
der  Bedeckung  der  Oberfläche,  nach  der  Durchlässigkeit,  nach  der  Neigung 
und  nach  der  Regenhöhe. 

2.  Die  Tafeln  der  Längenprofile  der  einzelnen  Wasserläufe  mit  Angabe  der  Sohlen- 
neigung und  der  Gefälle  bei  den  verschiedenen  charakteristischen  Wasserständen. 

3.  Die  Tafeln  des  Kleinstwassers  für  die  einzelnen  Wasserläufe. 

Der  hydrometrische   Dienst   hat  bereits   sehr  wertvolles  Material  veröffentlicht. 
Auf    den    41000  qkm    der  Schweiz   selbst  waren  im  Jahre   1903  287  direkte   Mess- 
stationen  an  Flössen,  d.  h.  0,70  auf  100  qkm  eingerichtet,  wovon  20  Stationen  mit 
selbstzeichnenden  Messapparaten  versehen  waren!    Ausserdem  existierten  246  Regenmess- 
stationen, d.  h.  0,60  auf  100  qkm  als  Ergänzung  derjenigen  des  meteorologischen  Insti- 
tutes.    Die  direkten  Wassermessungen  werden  mit  besonderer  Sorgfalt  und  vollkommen 
einheitlich  mit  besonders  guten  Instrumenten  durchgeführt.    Das  Ziel  ist,   für  jede 
Messteile    die   richtige,    durch   eine  Formel    ausdrückbare  Beziehung 
zwischen  Wasserstand   und   sekl.    Durchflussmenge    zu    finden   und    zu 
kontrolieren,    so    dass    nach    den    für    diese    Beziehung    aufgestellten 
Formeln    oder    graphischen    Masstäben    aus    den    täglichen    Ablesungen 
der  Wasserstände  mit  genügender  Genauigkeit  die  sekl.  Wassermengen 
festgestellt  werden  können.     Die  bisher  von  dem  hydrometrischen  Bureau  ver- 
öffentlichten Tafeln*6),  welche  sich  besonders  auf  den  Rhein,  die  Rhone  und  die  Reuss 
bezieben,    lassen    die  grosse   Sorgfalt   der    schweizerischen   Arbeiten    und    den  Erfolg 
der  dort  eingerichteten  Organisation  erkennen.     Bei  den  Mitteilungen  über  die 
einzelnen  Beobachtungsstellen  sind  auch  die  Namen  der  Beobachter 
genannt. 

In  Frankreich  sind  zwar  schon  seit  langer  Zeit  regelmässige,   hydrometrische 
Arbeiten  an  verschiedenen  Flüssen  gemacht,  aber  die  gewonnenen  älteren  Resultate  sollen  im 
allgemeinen  noch  sehr  an  Genauigkeit  und  Zuverlässigkeit  zu  wünschen  übrig  lassen.  Von  den 
Flüssen  Frankreichs,  für  welche  älteres,  für  unsere  Zwecke  einigermassen  brauchbares  Material 
existiert,  sind  zu  nennen  die  Rhone,  Isere,  Drac,  Are  und  Durance.    Die  für  Fragen  der 
Kraftgewinnung  brauchbaren  Messungen  in  diesen  Flüssen  gehen  bis  zum  Ende  der  achtziger 
Jahre  des   vorigen  Jahrhunderts  zurück.    Der   bereits   im  §  1  erwähnte  Congres  de  la 
Rouille  Blanche  im  September  1902  in  Grenoble  hat  der  französischen  Regierung  erneut 
die  Anregung  gegeben,  einen  speziellen  Dienst  für  die  hydrometrischen  Messungen  zur 
Feststellung  yon  Art  und  Grösse  der  verfügbaren  Wasserkräfte  Frankreichs  einzurichten. 
Das  Bureau  ist  durch  einen  Erlass  des  Ministeriums  für  Landwirtschaft  vom  29.  März 
1903  ins  Leben  gerufen 26).    Es  hat  zunächst  die  Aufgabe,  die  Wasserkräfte  der  Alpen- 
gegend Frankreichs  zu  ermitteln  und  die  Fragen,  welche  sich  an  die  wirtschaftliche  Ver- 
wendung dieser  Wasserkräfte  knüpfen,  zu  erörtern.  Die  Veröffentlichungen  dieses  Bureaus 
erfolgen  in  den  von  dem  Ministerium  für  Landwirtschaft  herausgegebenen   „  Annales  de 
la  Direction  de  L'Hydraulique  et  des  Ameliorations  Agricoles"     Mit  Rücksicht  auf  die 


**)  Die  erste  Serie  ist  1901  erschienen. 

*•)  Das  Bureau  ist  den  Chefingenieuren  R.  Tavernier  und  B.  de  la  B rosse  unterstellt. 

10* 


148  I.    Theodor  Kokhn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Kurze  der  Zeit,  während  welcher  das  Bureau  erst  besteht,  sind  natürlich  die  bisher 
erfolgten  Veröffentlichungen  noch  nicht  sehr  umfangreich.  Es  sind  aber  schon  eine 
grosse  Anzahl  Messtellen  für  direkte  Wassermessungen  in  den  Flüssen  und  ebenso  Mess- 
stellen für  Regen  und  Schnee  etc.  eingerichtet  Die  von  dem  meteorologischen  Institute 
Frankreichs  vorgenommenen  Regenmessungen  etc.  werden  von  dem  Bureau  entsprechend 
mit  verwendet.  Das  Bureau  hat  die  Grundsätze  für  die  vorzunehmenden  Messungen 
ausgearbeitet  und  eine  einheitliche  Begriffsfeststellung  und  Bezeichnung  für  die  charak- 
teristischen sekundlichen  Wassermengen  vorgeschlagen.  Es  stellt  die  Messinstrumente 
entweder  selbst  zur  Verfügung,  oder  sorgt  doch  dafür,  dass  dieselben  einheitlich  geaicht 
und  verwendet  werden.  Es  macht  Angaben  über  die  zu  verwendenden  Geschwindigkeits- 
formeln und  den  Zahlenwert  der  Koeffizienten ;  es  übersendet  einheitliche  Formulare  für 
die  Eintragung  der  Beobachtungsresultate,  kurz  es  tut  alles,  damit  die  Messungen  überall 
im  gleichen  Sinne  und  nach  möglichst  gleicher  Methode  ausgeführt  werden,  um  auf 
diese  Weise  mit  möglichster  Wahrscheinlichkeit  vergleichbares  Material  zu  erzielen. 

Die  zunächst  von  dem  Bureau  zu  beobachtende  Gegend  ist  bereits  reich  an  alten 
und  neuen  Wasserkraftanlagen,  und  das  Bureau  hat  es  verstanden,  viele  Besitzer  solcher 
Anlagen  für  seine  Zwecke  zu  interessieren,  so  dass  sie  es  übernommen   haben,   regel- 
mässige Ablesungen  an   den  Messteilen,  welche  an  ihren  Wehren  oder  Kanaleinläufen 
angebracht  sind,  auszuführen  und  dem  Bureau  einzusenden.    Im  übrigen  bestimmt  das 
Bureau  die  Anzahl  der  für  die  einzelnen  Vorflutgebiete  zu  beobachtenden  Messtellen  und 
zwar  sowohl  für  die   täglichen  Wasserstandsbeobachtungen,   als  auch  für  die  direkten 
Wassermengenmessungen.    Soweit  eine  Ergänzung  der  von  dem  meteorologischen  Institut 
beobachteten  Regenmesstellen  notwendig  wird,  bestimmt  das  Bureau  auch  die  Zahl  und 
die  Örtlichkeit  der  zur  Ergänzung  aufzustellenden  Regenmesser.     Die   Ausführung   der 
Messungen  selbst  und  ihre  spezielle  Organisation  an  Ort  und  Stelle  wird  natürlich  dem 
Lokal-Baubeamten   der  Departements   überlassen.    Alle  Organe   aber  müssen  ihre  Auf- 
schreibungen nach  einheitlichen  Formularen  machen  und  sie  an  die  Zentralstelle  abliefern. 
Es  sind  auch  die  Land-  und  Stadtgemeinden,  die  Eisenbahnverwaltungen,  Bewässerungs- 
genossenschaften,    die   Organe   der  allgemeinen   Vermessungsbureaus   Frankreichs,    die 
Dienststellen  der  Berg-  und  Forst  Verwaltung  etc.,  soweit  nötig,  mit  in  die  Organisation 
eingeschaltet.    Für  die  Messteilen  an  der  schweizerischen  und  italienischen  Alpengrenze 
sind  die  betreffenden  militärischen  Posten   mit  herangezogen.    In  dem  zunächst   in  An- 
griff genommenen  Gebiet  waren  200  direkte  Messtellen  für  Wassermessungen  an  Flüssen 
oder  0,30  pro  100  qkm  Vorflutgebiet  im  Jahre   1904   vorgesehen.     Wie  oft   direkte 
Wassermessungen  gemacht  werden  müssen,  hängt  natürlich  von  der   charakteristischen 
Jahreskurve  der  Wasserstände,  sowie  von  der    Beschaffenheit  der  Flussohle  und  des 
Qaerprofils  an  der  Messtelle  ab.    Das  Bureau  trifft  deshalb  von  Fall  zu  Fall  seine  be- 
züglichen Anordnungen.  Die  beiden  Chefingenieure  haben  sich  das  zunächst  zu  beobachtende 
Gebiet  so  geteilt,  dass  einer  den  nördlichen  und  der  andere  den  südlichen  Teil  bearbeitet, 
derart  indessen,   dass  jeder  vollkommen  iti  sich  abgeschlossene  Vorflutgebiete  hat.    Die 
Beobachtungsresultate    sollen  jährlich    veröffentlicht   werden    und   zwar  getrennt   nach 
5  Kapiteln  nämlich: 

1.  Resultate  der  direkten  Wassermessungen, 

2.  Resultate  der  Regen-  und  Schneemessungen, 

3.  Resultate  der  Flächenmessungen, 

4.  Resultate  der  Höhenmessungen  und  des  Längsprofils  der  Wasserläufe, 

5.  Schlussfolgerungen. 


§   -4.  Die  technischen  Vorakbeitex.  149 

Bei  den  Veröffentlichungen  für  die  einzelnen  Wasserläufe  und 
Messteilen  sollen  die  Namen  der  Ingenieure,  Industriellen  etc.  ge- 
nannt werden,  welche  die  Verantwortung  für  die  Richtigkeit  des  Be- 
obachtungsmaterials übernehmen.  Man  hofft  wohl  mit  Recht,  durch  diese 
Massregel  das  Interesse  an  diesen  zum  Teil  recht  mühsamen  Arbeiten  zu  erhöhen. 

Solange  als  das  bereite,  hydrometrische  Material  noch  unzureichend  ist,  bleibt 
man  darauf  angewiesen,  sowohl  die  jährlichen  Gesamtwassermengen,  als  auch  die 
täglichen  Wassermengen  und  die  charakteristischen,  sekl.  Wassermengen  selbst  zu 
ermitteln.    Das  kann  geschehen: 

A.  auf  indirektem  Wege    durch  Schlüsse  aus  der  Grösse  und  Art 
des  Vorflutgebietes  und  seiner  Niederschlagsmenge, 

B.  durch  direkte  Messungen. 

A.  Die  indirekte  Ermittelung  der  sekl.  Wassermengen. 

Fast  in  allen  Kulturländern  gibt  es  Karten,  aus  welchen  man  mit  genügender  Ge- 
nauigkeit die  Grösse  des  Vorflutgebietes  ermitteln  kann»  Auch  über  die  Neigung, 
Bodenbedeckung,  Durchlässigkeit  der  einzelnen  Teile  des  Vorflutgebietes  sind  meistens 
ausreichende  Angaben  vorhanden.  Wo  das  nicht  der  Fall  ist,  ergeben  sich  die  Arbeiten, 
welche  nötig  sind,  von  selbst. 

Über  den  Grad  der  Durchlässigkeit  des  Bodens  wird  der  Ingenieur  den  Berufs- 
geologen zu  Rate  zu  ziehen  haben. 

Die  meisten  Kulturländer  besitzen  meteorologische  Institute,  welche  schon  seit 
langen  Jahren  und  in  methodischer  Weise  Beobachtungen  über  Regenhöhe,  allgemeine 
Witterungsverhältnisse  etc.  angestellt  und  veröffentlicht  haben,  da  das  Bedürfnis  hierzu 
sich  im  Interesse  der  Landwirtschaft  und  für  die  Vorhersage  von  Hochfluten  und  die 
Verhütung  von  Wasserschaden  geltend  gemacht  hat,  lange  bevor  man  den  wirtschaft- 
lichen Wert  des  Ausbaues  von  Wasserkräften  erkannt  hatte. 

Jede  Wasserkraft  bildet  einen  Teil  des  grossen  Kreislaufes,  welchen  die  Bewegung 
des  Wassers  von  der  Quelle  bis  zum  Meere,  das  Aufsteigen  des  verdunsteten  Wassers 
in  Form  von  Wasserdampf  (Wolken)  und  ihre  Niederschläge  in  Form  von  Regen,  Schnee, 
Hagel,  Tau  und  Nebel  darstellen.  Die  Sonne,  als  Urquelle  aller  Kraft,  veranlasst  die 
Verdunstungen  der  Meeresoberfläche  und  erzeugt  die  Winde,  welche  die  verdunsteten 
Wassermassen  auf  das  Land  treiben,  woselbst  sie  infolge  von  Abkühlung  in  Form  von 
Regen,  Schnee,  Hagel  etc.  zur  Erdoberfläche  herunterfallen.  Von  der  Regen-  und 
Schneemenge,  welche  auf  die  Erde  fällt,  wird  ein  Teil  im  Boden  festgehalten,  ein  anderer 
Teil  von  den  Pflanzen  aufgenommen,  ein  weiterer  verdunstet  abermals  und  nur  ein 
Bruchteil  gelangt  in  die  Wasserläufe.  Es  ist  das  Bestreben  aller  hydrometrischen  Be- 
obachtungen, für  jedes  Vorflutbecken  und  seine  einzelnen  Teile  die  Verlusthöhen 
festzustellen,  welche  zwischen  Regenhöhe  und  Abflussmenge  sich  ergeben. 

Hierbei  liegt  aber  die  grosse  Schwierigkeit  darin,  als  tertium  comparationis,  die 
Zeit  in  richtiger  Weise  einzufügen.  Vielfach  festgestellt  und  veröffentlicht  sind  solche 
Verlusthöhen  als  Durchschnittszahlen  für  den  Zeitabschnitt  eines  oder  mehrerer  Jahre 
und  für  ausserordentliche  Regenfälle  und  die  von  ihnen  verursachten  Hochfluten.  Im 
Jahresdurchschnitt  gleichen  sich  die  verschiedenen  Ursachen,  von  welchen  Verlusthöhen 
abhängen,  zeitlich  einigermassen  aus.  Bei  Hochfluten  kann  man  den  Beginn  und  das 
Aufhören  der  stärkeren  Niederschläge,  welche  als  Ursache  der  Hochfluten  anzusehen 


160  I.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von   Wasserkräften.     Allgemeines. 

sind,  mit  einiger  Genauigkeit  zeitlich  feststellen,  auch  kann,  man  an  dem  starken  An- 
steigen und  Abfallen  der  Flutwellen  und '  durch  den  Vergleich  mit  dem  Wasserstande 
vor  Beginn  der  Hochflut,  wenn  auch  gewiss  nicht  genau,  so  doch  angenähert  die  Zeit 
ermitteln,  während  welcher  der  stärkere  Abfluss  durch  die  stärkeren  Niederschlage 
beeinflusst  wurde.  Es  ist  in  solchem  Falle  also  möglich,  eine  direkte  Beziehung 
zwischen  Gesamtabflussmenge  and  Gesamtniederschlagsmenge  zu  finden.  Aach  lässt  sich 
ungefähr  erkennen,  welche  Zeit  die  gefallenen  Regenmengen  gebraucht  haben,  um  in 
den  Fluss  zu  gelangen. 

Sobald  man  aber  für  den  gewöhnlichen  Verlauf  der  Niederschläge  die  Verlust- 
hohen  für  kürzere  Zeitperioden  als  ein  Jahr  ermitteln  will,  ergeben  sich  die  ver- 
wickeltsten  Verhältnisse  und  so  stark  schwankende  Ergebnisse,  dass  es  ausserordentlich 
schwierig,  wenn  nicht  unmöglich  erscheint,  eine  bestimmte,  einfach  ausdrückbare  Ge- 
setzmässigkeit der  Verlusthöhe  festzustellen,  welche  man  auch  für  andere  Verhältnisse, 
wie  die  speziell  untersuchten,  als  gältig  ansehen  könnt«.  Die  Ursachen  dieser  Schwierig- 
keit werden  sich  aus  den  nachstehenden  Betrachtungen  ergeben. 

1.  Die  Niederschlagshifhen. 

Die  Messung  der  Niederschlagshöhen  erfolgt  durch  sogenannte  Regenmesser 
(Ombrometer,  Udometer,  Pluviometer).  Abb.  8  stellt  das  für  die  Stationen  des  preussi- 
schen  meteorologischen  Instituts  eingeführte  Modell  1886  nach  dem  System  Hell- 
mann17) dar. 

Abb.  8.    Eegenmener  System  Hellm tau    Modell  1886. 


^5*^   «- 


A  ist  das  Aoffangegefäss  mit  trichterförmigen  Boden,  B  dient  als  Behälter  für 
die  Sammelflache  C.  Die  Anffangefläche  des  Sammelgefasses  betragt  200  qcm.  Die 
SammelSäcbe  C  wird  zwischen  Führungsstäben  auf  drei  darunter  gestellte  Korken  der- 
artig eingesetzt,  dass  eine  3  cm  starke  Luftschicht  die  Sammelfläche  vor  direkter  Be- 
strahlung durch  die  Sonne  and  damit  das  Wasser  vor  Verdunstung  schützt. 

«■')  Uindbnch  der  lug.- Wi wonach.  III.  Teil  Der  Wasserbau.  Enter  Band.  Die  QewfsMikiwd«. 
3.  11,  Fi«.  2  u.  3. 


§   4- 


Die  technischen  Vorarbeiten. 


151 


Die  Messung  der  Regenhöhen  geschieht  an  den  preussischen  Stationen  regelmässig 
um  7  Uhr  morgens. 

Nachweislich  geben  zwei  nebeneinander  aufgestellte  Regenmesser  verschiedene 
Itesoltate,  je  nachdem  sie  dem  Erdboden  näher  oder  entfernter  aufgestellt  werden.  Es 
ist  daher  zu  empfehlen,  alle  Regenmesser  eines  Beobachtungsgebietes  ganz  gleichmässig 
weit  vom  Erdboden  aufzustellen.  In  Deutschland  wird  allgemein  hierfür  das  Mass  von 
1,0  m  gewählt.  Im  allgemeinen  nimmt  die  gemessene  Regenhöhe  bei  kleinerer  Ent- 
fernung des  Regenmessers  vom  Erdboden  ab.  Auch  die  Winde  haben  einen  grossen 
Einfluss  auf  das  Resultat  der  Messung  und  es  ist  deshalb  nötig,  den  Regenmesser  mög- 
lichst an  einer  geschützten,  aber  sonst  freien  Stelle  aufzustellen  oder  ihn  mit  einem 
Windschutz  in  Form  einer  Holzwand  oder  eines  Schutztrichters  aus  Eisenblech  zu  ver- 
sehen. Bei  der  Aufstellung  solcher  Schutzvorrichtungen  gegen  den  Wind  ist  aber  zu 
beachten,  dass  der  Regenmesser  nicht  in  den  Regenschatten  kommt,  denn  würde  man 
z.  B.  den  Regenmesser  zu  nahe  hinter  eine  gegen  die  herrschende  Windrichtung  stehende 
Wand  stellen,  so  würde  ein  beträchtlicher  Teil  der  schräg  herabfallenden  Regenstrahlen 
von  der  Wand  aufgefangen  und  nicht  zur  Messung  kommen  können.  Schwieriger  als  die 
Feststellung  der  Regenmenge  ist  die  Messung  der  Schnee-  und  Hagelmenge,  weil  die 
Zahl  der  in  einem  kleinen  Gefisse  aufzufangenden  Flocken  und  Körner  von  dem  Winde 
noch  stärker  abhängt.  Es  ist  auch  der  Wasserwert  einer  Schneedecke  sehr  verschieden, 
je  nachdem  es  sich  um  Neuschnee  oder  Altschnee  handelt.  Während  bei  frisch  gefallenem 
Schnee  ungefähr  12  mm  Schneehöhe  einer  Wasserhöhe  von  1  mm  entsprechen,  ver- 
dichtet sich  der  Schnee  nach  einiger  Zeit  fast  auf  die  Hälfte  dieses  Masses,  so  dass  sein 
Wasserwert  sich  verdoppelt 

In  dem  Eibstrombuche  werden  die  in  der  Tabelle  Nr.  IV  angegebenen  Werte 
mitgeteilt: 

Tabelle  IV. 
Wassergehalt  von  1  cm  Schneedecke  in  mm. 


Ort 


Klanataal  . 
Nordbaasen  . 
Brandenburg 

Celle    .   \    . 


Zeit 


1891/94 
1891/94 
1892,94 
1892/94 


Neuschnee 


Zahl  der 
Messungen 


14 
19 
10 
10 


mm 


Max. 

mm 


Min. 
mm 


1,2 
1,3 
1,5 
1,3 


2,8 
8,9 
8,4 
3,4 


0,5 
0,4 
0,4 
0,6 


Lagerschnee 


Zahl  der 
Messungen 


Mittel 
mm 


Max. 

mm 


mm 


88 
27 
41 
70 


2,5 

4.7 

1.8 

6.9 

1.7 

4,8 

1.7 

1 

8.» 

0,6 
0,4 
0,4 
0,8 


Für  10  mm  frisch  gefallenen  Schnee  -ergibt  sich  danach  eine  Niederschlagshöhe 
▼on  1,2  bis  1,5  mm  Wasser,  für  10  mm  Altschnee  dagegen  1,7  bis  2,5  mm  Wasser- 
höhe. Als  Höchstwert  dürfte  bei  sogenanntem  „Wasserschnee"  5  mm  Wasserhöhe  für 
10  mm  Schneehöhe  anzusehen  sein. 

Es  gilt  allgemein  als  die  zuverlässigste  Methode,  den  aufgefangenen  Schnee  und 
Hagel  zu  schmelzen  und  die  Wassermenge  festzustellen. 

Obwohl  die  tägliche  Ablesung  der  gefallenen  Niederschlagshöhen  im  allgemeinen 
als  ausreichend  erscheint,  ist  es  dennoch  sehr  erwünscht,  um  einen  tieferen  Einblick  in 
das  Verhältnis  zwischen  Regenhöhe  und  Abfluss  unter  Berücksichtigung  der  Zeit  zu  ge- 
winnen, durch  selbstschreibende  Apparate  festzustellen,  wie  sich  die   gesamten  Regen- 


152  I.     Theodor  Koehn.     Ausbau  vom  Wasserkräften.     Allgkmeihu. 

hohen  innerhalb   24  Stunden   auf  die   einzelnen  Zeitabschnitte   verteilen.     Abb.  9  zeigt 
einen  solchen  Regenmesser  von  Prof.  Hellmann  und  R.  Foess"). 

...    a    „  ...  .  „   ,  Die  genauere  Beschreibung  wird  stets  mit  dem 

Abb.  9.    Regenschreiber  nach  Professor     ,     ,  ..... 

Hellmann  und  R-.  Fuess.  Instrument  geliefert. 

In  Deutschland  haben  alle  Bundesstaaten 
meteorologische  Institute,  so  weit  ihre  Gebiete  nicht 
von  dem  preuss Sachen  meteorologischen  Institut 
mit  beobachtet  werden.  Nach  dem  Bericht  über  die 
Tätigkeit  des  königlich  preussischen  Institutes  im 
Jahre  1904  (Seite  12)  sind  im  ganzen  Niederschlags- 
beobachtungen aus  2621  Orten  mitgeteilt,  so  dass 
etwa  auf  100  qkm  0,48  Mees teilen  entfallen,  während 
in  den  dem  norddeutschen  Flachlande  angehörigen 
Provinzen  eine  Station  auf  etwa  250  bis  350  qkm 
entfällt,  da  die  Dichtigkeit  des  Beobachtungsnetzes 
in  den  Landesteilen  mit  starker  vertikaler  Gliederung 
3  bis  8  mal  so  gross  ist.  Am  dichtesten  ist  natur- 
lich das  Netz  in  den  eigentlichen  Berglandschaften 
(Riesengebirge,  Harz,  Thüringer  Waid,  Taunus,  Wester- 
wald,  Sauerland),  wo  eine  Regenstation  schon  auf  30 
bis  50  qkm  kommt.  Das  preussisch  meteorologische 
Institut  hat  auch  bereits  für  fast  alle  Provinzen 
Regenkarten  veröffentlicht,  aus  denen  man  sich  über 
die  jährlichen  durchschnittlichen  Regenmengen  in  den 
einzelnen  Teilen  der  Provinzen  ein  Bild  machen  kann. 
In  ähnlicher  Weise  wurden  auch  in  Österreich, 
Ungarn,  Frankreich,  England,  der  Schweiz,  Italien 
und  anderen  Landern  die  Niederschläge  gemessen 
_  und  die  Resultate  veröffentlicht. 

*8)  Handbach  der  Ing.<Wissensch.  III.  Teil.  4.  Aufl.  Band  I.  Gewässerkunde.  S.  11.  —  G.  Hell- 
mann, Ein  neuer  registrierender  Regenmesser.  —  Meteorol.  Zeitschr.  Febr.  1897. 

Das  Auffangegefasa  hat  dieselbe  Gestalt  und  Grosse,  nie  bei  dem  Modell  1886  (Abb.  8). 
Das  Regenwasser  flieset  durch  eine  gebogene  Metallrohre  in  das  zylindrische  Qefasa  G.  In  diesem  be- 
findet sich  ein  Schwimmer,  an  dessen  Achse  8  ein  Hebelarm  mit  der  Schreibfeder  befestigt  ist.  So 
übertragt  sich  die  Bewegung  des  Schwimmers  aof  den  Fapieratrsifen  einer  Trommel  T,  die  durch  ein 
in  ihrem  Innern  befindliches  Uhrwerk  in  24  Stunden  einmal  um  sich  selbst  gedreht  wird.  Das  Papier 
der  Trommel  ist  durch  lotrechte  Linien  in  Zeitabschnitte  von  10  Minuten  geteilt  und  durch  horiiontals 
Linien  in  Entfernungen,  die  einer  KegenbOhe  von  0,1  mm  entsprechen.  Bei  einer  bestimmten 
Wassennenge  von  etwa  6  cm  Höhe  im  Gefass  G  steht  der  Schreibstift-,  snf  der  Null-Linie.  Ist  das 
Geftas  G  mit  200  cem  Wasser  Ober  der  Anfangsstsllung  gefallt,  d.  b.  sind  10  mm  Regenhohe  ge- 
fallen, so  steht  der  Schreibstift  suf  der  10  mm  Linie.  Dann  entleert  sich  das  Gefass  G  plötzlich 
durch  einen  Gissheber  in  eine  am  Boden  stehende  Sammelkanna.  Die  Wassermsnge  im  Gefass  G  fallt 
snf  6  cm  Hohe  zurück,  der  Schreibstift  führt  einen  geraden  lotrechten  Strich  bis  zur  Null-Linie  aus 
und  die  Aufzeichnung  beginnt  hier  von  neuem.  Die  in  G  dauernd  bleibende  Wassermenge  von  6  cm 
Hohe  kann  nur  in  verschwindend  geringem  Masse  verdunsten  ,  weil  sie  von  der  Ausssnlnft  ginilkb 
abgeschlossen  ist.  Nur  in  seltenen  Zeiträumen  ist  eine  Ergänzung  dieses  Wasssrs  erforderlich.  Zur 
genauen  Einstellung  des  Schreibstiftes  snf  Null  ist  die  Auffüllung  nicht  jedesmal  nötig;  diese  Einstellung 
erfolgt  vielmehr  gewöhnlich  durch  Lüftung  der  am  anderen  Hebelende  befindlichen  Schraube.  In  der 
Sammelkanne  kann  man  zur  Prüfung  der  go zeichneten  Angaben  die  Gesamtregen menge  nachmessen. 
Bei  eintretendem  Frost  muss,  da  die  Messung  von  Schnee  ausgeschlossen  ist,  der  Regenschreiber  ausser 
Betrieb  gesetzt  werden.  Der  Regenschreiber  kostet  176  Mk.;  er  wiegt  nur  15  kg  und  kann  laicht  «n 
jeder  Stelle  aufgestellt  werden,  weil  alle  Teile  sich  in  einein  geschlossenen  Gehäuse  befinden. 


§   4.  Die  technischen  .Vorarbeiten.  153 

Das  von  den  meteorologischen  Instituten  veröffentlichte  Material  wird  aber 
namentlich  bei  kleineren  Vorflntgebieten  oft  noch  nicht  ausreichen,  weil  eine  genauere 
Kenntnis  der  Niederschlagshohen  auf  den  einzelnen  Teilen  des  Beckens  sehr  erwünscht 
ist,  um  die  Abflussverhältnisse  genauer  zu  übersehen.  Deshalb  wird  es  oft  nötig,  bei 
Beginn  der  Vorarbeiten  weitere  Regenmesser  im  Vorflutgebiet  aufzustellen,  um  mit  ihrer 
Hilfe  das  Beobachtungsmaterial  zu  ergänzen.  Wegen  näherer  Mitteilungen  über  die 
mannigfachen  Umstände,  welche  bei  Aufstellung  der  Regenmesser  zu  berücksichtigen 
sind,  um  vollwertiges  und  vergleichbares  Beobachtungsmaterial  zu  erhalten,  sei  auf  die 
in  der  Fussnote*9)  angegebene  Literatur  verwiesen. 

Jährliche  RegenhQhen.  Zieht  man  zunächst  die  Gesamtniederschläge  des  Erd- 
körpers in  Betracht,  so  kann  als  feststehend  gelten,  dass  die  jährlichen  Regenhöhen  vom 
Äquator  nach  den  Polen  zu  abnehmen  und  dass  ungefähr  zwei  Drittel  aller  Regenmengen 
auf  denjenigen  Teil  des  Erdkörpers  fallen,  welcher  zwischen  dem  30.  Grad  nördlicher 
und  dem  30.  Grad  südlicher  Breite  gelegen  ist.  Denkt  man  sich  die  jährlichen  Gesamt- 
niederschläge auf  die  Festländer  der  Erde  gleichmässig  verteilt,  so  würden  dieselben  mit 
einer  0,844  m  hohen  Wasserschicht  bedeckt  werden.  Es  steht  auch  fest,  dass  zwischen 
den  mittleren  Regenhöhen  der  einzelnen  Jahre  ausserordentlich  grosse  Schwankungen 
vorkommen  und  dass  periodenweise  trockene  Jahre  mit  nassen  abwechseln. 

Die  grössten  jährlichen  Niederschläge  finden  überall  da  statt,  wo  der  Regenwind 
gezwungen  ist,  ein  Gebirge  zu  überschreiten.     Da  die  Luft  auf  dem  Meere  selbst  am 
meisten  mit  Wasser  geschwängert  ist,  so  ergeben  sich  die  grössten  Niederschläge  dort, 
wo  sieb  an  der  Küste  der  häufigsten  Windrichtung  bereits  grössere  Bergmassen  entgegen- 
stellen.   So  fallen  bei  Bergen  in  Norwegen  2253  mm,   in  Christiania  dagegen  auf  der 
Schutzseite  des  Windes  nur  538  mm,    Die  durchschnittliche  Regenhöhe  des   östlichen 
Teiles  von  Schweden  beträgt  nur  700  mm.    Die  durchschnittliche  Regenhöhe  in  Seath- 
waite  in  Cumberland  beträgt  3687  mm,  diejenige  am  Sty-Heade-Pass  (488,0  m  über  dem 
Meere)   bereits  4812  mm,   während    als   durchschnittliche   Regenhöhe   in  England   nur 
ca.  860  mm  gelten.    Als  durchschnittliche  Regenhöhe  Schottlands  wird  2000  mm  ange- 
geben.    In  dem  südlichen  und  mittleren  Chile,  wo  die  feuchten  Seewinde  von  der  hohen 
Küste  aufgehalten  werden,  sind  Regenhöhen  von  2400  bis  3350  mm  gemessen  worden, 
während  in  Buenos-Ayres  an  der  Ostküste  nur  1340  mm  als  Mittel  gelten.    In  Nord- 
Amerika  beträgt  an  dem  flachen  Teil  der  kalifornischen  Westküste  die  mittlere  Regen- 
menge 600  mm,  dagegen  in  dem  nördlichen  und  nordöstlichen  Hochlande  bereits  1500  bis 
2000  mm.     Die  jährliche  Regenhöhe  zu  Phönix  in  Arizona  beträgt  durchschnittlich  nur 
168  mm.   Diejenige  in  den  Hochebenen  von  Utah  durchschnittlich  nur  300  mm,  diejenige 
in  Colorado  durchschnittlich  425  mm80). 

Die  grösste  bekannte  Regenmenge  soll  am  Südabhange  des  Himalaya  mit  15000  mm 


*•)  KOnigl .  Preuas.  Meteorolog.  Institut.  —  Anleitung  zur  Aufzeichnung  und  Messung  dar 
Niederschläge.    Berlin.  4.  Aufl.  1899. 

Wild,  Einfluss  der  Qualität  und  Aufstellung  des  Regenmessers  auf  die  Angaben  der  Regen- 
messer. Repertor.  f.  Meteorologie.  IX.  Nr.  9. 

Wollny,  Agrikulturphysik.  1866.  S.  445. 

Schmidts  Meteorologie.  S.  692. 

Zeitschr.  d.  österr.  Gesellsch.  f.  Meteorol.  1870.  S.  272. 

Zeitschr.  f.  Bauw.  1890.  S.  504. 

Zeitschr.  f.  Instrumentenkunde.  1888.  S.  180  u.  1889.  S.  95. 

* 

30). Emil  Krüger,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Wasserwirtschaft  in  den  Vereinigten  Staaten 
von  Amerika.  1906.  S.  25—29. 


154  J.    Theodor  Eoehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

beobachtet  worden  sein.  Zu  Maranhäo  in  Brasilien,  2 7*  Grad  südlich  vom  Äquator  soll 
die  jährliche  Regenhöhe  7110,  an  der  Westküste  von  Afrika  in  Sierra  Leone  4800,  za 
Vera  Cruz  in  Mexiko  4600,  zu  Havana  3301  mm  betragen. 

Von  den  Regenhöhen  Europas  interessieren  zunächst  diejenigen  in  den  Alpen- 
ländern. An  dem  Nordabhange  der  französischen  Alpen  soll  in  einer  Höhe  von  1500,0  m 
eine  durchschnittliche  Regenhöhe  von  1500  mm  beobachtet  worden  sein  und  man  nimmt 
an,  dass  sich  dort  im  grossen  Durchschnitt  die  Niederschläge  in  den  Gebieten  über 
1500,0  m  auf  je  100,0  m  Mehrhöhe  um  150 — 200  mm  steigern.  Für  einzelne  kleinere 
Beobachtungsgebiete  können  natürlich  die  Beobachtungsresultate  von  dieser  groben 
Regel  erheblich  abweichen.  Am  See  De  la  Girotte  (Savoie),  welcher  1736,0  m  über 
dem  Meere  liegt,  wurde  eine  jährliche  Regenhöhe  von  2000  mm  festgestellt,  am  See 
Crozet  (bfere)  welcher  in  einer  Höhe  von  1168,0  m  über  dem  Meere  liegt,  eine  Regen- 
höhe von  1650  mm,  am  See  d'Annecy  (Haute  Savoie),  welcher  nur  446,52  m  über 
dem  Meere  liegt,  eine  durchschnittliche  Regenhöhe  in  30 jähriger  Beobachtungsperiode 
von  1278  mm.  Die  Regenhöhe  von  Lyon  beträgt  777,  von  Toulouse  626,  von  Nancy  880. 
von  Rouen  838,  von  Paris  550,  von  Ghälons  sur  Marne  585  mm.  Ungleich  höher  als 
an  dem  Nordabhange  der  französischen  Alpen  sind  die  Regenhöhen  an  dem  Südabhange 
der  italienischen  Alpen.  So  beträgt  die  Regenhöhe  in  Lugano  bereits  1618  mm,  obwohl 
es  nur  275,0  m  über  dem  Meere  liegt.  Auf  der  italienischen  Seite  des  Bernina-Passes 
und  des  Stilfser  Jochs  betragen  die  Regenhöhen  2500  bis  3000  mm.  Für  Mailand 
werden  966,  für  Florenz  931,  für  Rom  700  mm  angegeben. 

Die  mittlere  jährliche  Regenhöhe  in  Zürich  beträgt  890,  diejenige  in  Genf  770  mm, 
diejenige  bei  St  Maurice  im  oberen  Rhonetal  (etwa  80,0  m  höher  als  Genf)  1050  nun. 

In  Deutschland  sind  die  regenreichsten  Gebiete  diejenigen  der  Yogesen  und  des 
Schwarzwaldes,  und  es  nehmen  hier,  der  allgemeinen  Erfahrung  entsprechend,  die  Regen- 
höhen talaufwärts  zu.  Es  betrugen  im  Jahre  1880  die  Regenhöhen  im  Thur-Tale  der 
Südvogesen  ") : 

in  Sennheim  275,0  m  hoch    820  mm 

„  Thann  335,0  „      „       970    „ 

„  Weiler  385,0  „      „      1420    „ 

„  St.  Amarin  403,0  „      „     1450    „ 

„  Wesserling  427,0  „      „      1630    „ 

„  Odern  460,0  „      „'     1930    „ 

„  Wildenstein  570,0  „      „      2520    „ 

Die  Zunahme  der  Regenhöhe  mit  dem  Wachsen  der  örtlichen  Lage  über  dem 
Meere  wird  auch  durch  alle  anderen  Beobachtungen  bestätigt.  Während  in  Osterode  a.  H. 
die  Regenhöhe  nur  796  mm  beträgt,  ist  dieselbe  bei  dem  nur  11  km  entfernten,  aber 
354,0  m  höher,  an  der  Regenseite  des  Harzes  gelegenen  Klausthal  mit  1491  mm  beobachtet 
worden.  Die  mittlere  Niederschlagshöhe  des  Harzes  betragt  833  mm.  Teilt  man  den 
Harz  nach  der  Linie  Wernigerode/Ilfeld,  so  entfallen  auf  den  Westharz  1030,  auf  den 
Ostharz  633  mm. 

Nach  15  jährigen  Beobachtungen  betrug  in  Remscheid  (378,6  m  über  dem  Meeres- 
spiegel) die  durchschnittliche  jährliche  Regenhöhe  1267  mm,  während  sich  nach  23  jährigen 


si)  G.  Hell  mann,  Ober  die  Niederschlagsverhlltnisse  Deutschlands.  Meteorol.  Zettsdr.  1886. 
Heft  10  u.  11. 

6.  Hellmann,  Der  Naturforscher.  1887.  8.  50. 


§  4-  Die  technischen  Vorarbeiten.  155 

Beobachtungen  für  Köln  (67,0  m  über  dem  Meeresspiegel  und  in  der  Luftlinie  gemessen 
30  km   von  Remscheid  entfernt)  596  mm  ergaben82). 

Die  mittlere  Niederschlagshöhe  in  Württemberg  beträgt  nach  20jährigem  Durch- 
schnitt etwa  850  mm.  Die  Niederschlagsverteilung  hat  sich  in  diesem  Zeitraum  so  ge- 
staltet, da88  im  westlichen  Teil  des  Landes  auf  der  Hornisgrinde  und  dem  Ruhestein, 
das  Maximum  der  Jahresniederschläge  mit  etwa  2200  mm  eintritt;  ein  zweites  schwächeres 
Maximum  von  etwa  1500  mm  wird  im  Südosten  des  Landes,  am  schwarzen  Grat'  bei 
Isny,  beobachtet.  Teilmaxima  von  1000  und  1100  mm  treten  an  allen  höheren  Punkten 
des  Nordrandes  der  Alb  und  des  Albuches,  des  Mainhardter  Waldes  und  des  Stromberges 
auf,  während  sich  die  Minima  der  Niederschläge  ungefähr  in  Jahreshöhen  von  500  bis 
600  mm  neckar-  und  donauabwärts  weit  ins  Land  herein  erstrecken88). 

Zu  den  trockeneren  Gebieten  Westeuropas  mit  550  mm  und  weniger  Regenhöhe 
jährlich  gehören  die  Umgegend  von  Paris,  die  Rheinebene  nördlich  von  Mannheim,  das 
nördliche  Böhmen  und  die  ganze  ungarische  Tiefebene.  Bei  den  beiden  letztgenannten 
Gebieten  erklärt  sich  diese  Erscheinung  durch  die  sie  rings  umgebenden  Gebirgszüge84). 

Nach  den  Mitteilungen  von  Professor  He  11  mann85)   über  die  Niederschlagsver- 
hältnisse Deutschlands  ergeben  sieh  für  die  verschiedenen  Gebiete  folgende  Zahlen: 

Provinz  Posen  513  mm 

„  Westpreussen  541  „ 

„  Brandenburg  .  556  „ 

„  Sachsen  und  Thüringen  593  „ 

„  Pommern  599  „ 

„  Ostpreussen  600  „ 

*  ,,  Mecklenburg-Schwerin  und  Strelitz  602  „ 

„  Schlesien  680  „ 

„  Hannover  mit  Oldenburg,  Braunschweig  und  Bremen  690  „ 

„  Oberhessen  690  ,, 

,,  Hessen-Nassau  692  „ 

„  Schleswig-Holstein  mit  Hamburg  und  Lübeck  718  „ 

„  Rheinprovinz  754  „ 

„  Hohenzollernsche  Lande  785  „ 

,,  Westfalen  mit  Waldeck  und  Lippe  804  „ 


Im  grossen  Durchschnitt  beträgt  die  Höhe  der  jährlichen  Niederschläge  in  Deutsch- 
land 660  mm. 

Von  diesen  durchschnittlichen  jährlichen  Regenhöhen  weichen  naturgemäss  die 
kleinsten  jährlichen  Regenhöhen  mehr  oder  weniger  erheblich  ab.  Diese  Abweichungen 
fallen  im  allgemeinen  um  so  stärker  aus,  je  kleiner  das  Vorflutgebiet  ist,  weil  sich  in 
grossen  Vorflutgebieten  die  Verhältnisse  besser  ausgleichen.  So  haben  sich  an  ver- 
schiedenen Flussgebieten  Westpreussens,  für  deren  ganzes  Gebiet  die  mittleren  jährlichen 

»*)  Karl  Borchardt,  Die  Remscheider  SUoweiber- Anlage. 

•3)  Gagenhan,  Hydrologische  Beobachtungen  and  Meesailgen  in  Württemberg.  Zeitschr.  d.  Ver. 
deutscher  Ing.  1899.  8.  1070. 

34)  O.  Krümm el,  Die  Verteilung  der  Regen  in  Europa.  Wollny,  Agrikulturpbysik.  1879. 
Seite  116. 

»*)  6.  Hell  mann,  Regenkarte  Ton  Hessen-Nassaa,  Rheinland,  Hohenzollern  und  Oberhessen. 
1903.  Seite  19. 


156 


I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 


Regenhöhen  nach  He  11  mann  541  mm  betragen  in   den  Beobachtungsjahren   1896  bis 
1900  folgende  Verhältnisse  ergeben86). 

Tabelle  V. 

Grösste,  mittlere  und  kleinste  Regenhöhen  in  einseinen  Flussgebieten  Westpreussens. 


Grösse  der 

Nieder- 

schlagsflftche 

in  qkm 

Zahl  der  Be- 
obachtungs- 
jahre 

Grösste  jfihrl. 

Regenhöhe 

in  mm 

Mittlere 

Regenhöhe 

in  mm 

Kleinste  Regenhöhe 

Bezeichnung  des 
Flussgebietes 

in  mm 

in  •/• 
der  mutieren 

1 

2           i             8 

4           >           5 

6           |          7 

Radaune  .    .    . 
Ferse    .... 

758 
1632 
2202 
4526 
4490 
5515 
1440 

501 

4  (1896-99) 
4      , 
4      . 

4  . 

5  (1896-1900) 
5     . 

673 
588 
575 
547 
514 
610 
537 
567 

600 
517 

550 
500 

91,7 
96,7 

H4 
92,8 
98,6 
90,1 

74,8 
75,5 

Schwarzwasser 
Brahe  . 

540 
528 
495 
555 
468 
510  n. 

510 
490 
463 
500 
etwa  850 
*          38* 

Kaddow    .     . 
Drewenz  .    .    . 

Liebe    . 

Hellmann    1 

1 

Die  in  Spalte  6  und  7  für  die  Flussgebiete  der  Ossa  und  Liebe  angegebenen 
Zahlen  können  wohl  als  kleinste  Regenhöhen  überhaupt  gelten,  weil  sie  sich  auf  das 
Jahr  1900  beziehen,  welches  für  die  beiden  Gebiete  als  ausnahmsweise  trockenes  Jahr 
anzusehen  ist. 

Monatliche  Regenhöhen:  Nach  den  Ermittelungen  des  preussischen  meteoro- 
logischen Instituts  entfallen  von  den  mittleren,  jährlichen  Niederschlagsmengen  in  Deutsch- 
land durchschnittlich  auf  den  Winter  18,1%,  auf  den  Frühling  22,4  °/o,  auf  den 
Sommer  36,0%,  auf  den  Herbst  23,5  %87). 

Über  die  durchschnittlichen  monatlichen  Niederschläge  in  verschiedenen  Stromge- 
bieten gibt  die  nachstehende  Tabelle  einige  Auskunft. 

Tabelle  VI. 

Mittlere  monatliche  Niederschlage  nach  Stromgebieten  geordnet. 


Stromgebiete 


Küsten  der  Nordsee: 
Im  Mittel  nach  v.  Möllendorff 
Helgoland  und  Meldorf    .... 

Küsten  der  Ostsee: 
Im  Mittel  nach  v.  Möllendorff 
Pommersche  Küste  bis  Heia    .    • 

Stromgebiet  des  Rheins: 

Maingebiet  .    .         

Moselgebiet 

Von  der  Mosel  bis  Emmerich  .     . 


Stromgebiet  der  Ems 


Regenhöhen  in  mm 


u 

«8 

0 


U 

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0 
U 


39 
51 

34 
88 

65 
51 

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18 
42 

22 

28 

36 
30 
41 


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51     42 


32 

47 

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32 

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33 

34 

33 

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45 

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71 
68 


36 
53 

48 
60 

66 
64 
74 


93 

74 


59 
91 


52  '  37     53  ,  66 


67  |  69 
86  '  71 


73 
68 
79 


71 
65 

77 


46 

83 

48 
64 

44 
50 
52 


32 

96 

36 
62 

53 
55 
52 


43 
80 

37 
45 

57 
50 
54 


42 
66 

35 
41 

75 
43 
46 


511 
762 

495 
603 

697 
629 

681 


82  '  77     56  !  61      63  I  62  ,!   714 


36)  Prof.  Holz,  Aachen.     Bericht  über  die  Wasserverhältnisse  der  Provinz  Westprenssen  1902. 

37)  G.  Hellmann,  Über  die  Niederschlags  Verhältnisse  Deutschlands.  Meteorol.  Zeitschr.  1886. 
Heft  10  u.  11.  —  Der  Naturforscher.  1887.  S.  50. 


§  *. 


Die  technischen  Vorarbeiten. 


157 


Stromgebiete 


Reg  od  ho  heu  in  mm 


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• 

Bei 


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«8 

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a 


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Stromgebiet  der  Weser: 

Werragebiet 

Fuldagebiet 

Okergebiet  .    .    .  m 

Leinegebiet 

Weser  bis  Bremen 

Stromgebiet  der  Elbe: 

Im  Mittel  nach  v.  MOllendorff 

Sgergebiet 

Mnldegebiet 

Saalegebiet 

Spree-  und  Havelgebiet    .... 
Untere  Elbe:  Hambnrg-Qlflckstadt 

Stromgebiet  der  Oder: 

Im  Mittel  nach  ▼.  MOllendorff 

Ostrawitzagebiet 

Glatser-Neissegebiet 

Weistritzgebiet 

Bobergebiet 

Lanaitser-Neissegebiet 

Warthegebiet 

Untere  Oder:  KOstrin-Stettin   .    . 

8tromgebiet  der  Weichsel: 

Brahegebiet 

Weichsel :    Klaussen,    Karwien, 

Thorn 

Untere  Weichsel:   Marienwerder- 

Danzig 

Stromgebiet  der  Donau: 
Im  Mittel  nach  v.  MOllendorff 


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85 
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48 
49 

48 

48 
31 
48 
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40 
41 

82 
55 
87 
26 
59 
29 
29 
28 

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29 
26 

48 


34 
87 
39 

48 
41 


54 
49 
61 
64 
49 


42 

42 

25 

32 

36 

68 

48 

86 

88 

36 

86 

45 

27 

28 

41 

72 

27 

50 

26 

87 

42 

86 

84 

42 

26 

84 

27 

37 

27 

34 

28 

38 

26 

27 

46 

48 

85 
37 
42 
45 
34 

55- 

88 

58 

52 

49 

87 

88 
67 
54 
47 
69 
47 
87 
33 

35 
84 
84 

65 


57 
55 
57 
59 
58 

71 
72 
68 
67 
54 
54 

55 
111 
69 
67 
90 
61 
54 
48 

47 
53 
43 

92 


74 
70 
78 
86 
71 

90 
84 
84 
106 
61 
65 

70 

154 

108 

88 

118 

75 

64 

57 

62 
64 
56 

98 


91 
88 

87 

100 

87 

97 
93 
97 
91 
76 
82 

87 

150 

107 

79 

137 

88 

92 

76 

71 

83 
68 

115 


69 
79 
70 
82 
78 

86 
79 
88 
78 
74 
76 

82 
181 
86 
77 
116 
73 
59 
56 

67 
76 
66 

100 


45 
44 
45 
48 
51 

57 
68 
63 
58 
88 
63 

41 
114 
74 
62 
102 
49 
89 
87 

45 
51 
52 

78 


71 
62 
68 
68 
68 

29 
64 
45 
52 
38 
70 

87 
99 
61 
37 
99 
47 
53 
48 

41 
49 

48 

87 


59 

56 
58 
67 
56 

55 
52 
64 
48 
51 
54 

89 
81 
54 
46 
80 
45 
34 
36 

36 
87 
44 

68 


B 

• 

N 

• 

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62 
52 
58 
66 
49 

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44 
46 
56 

36 
68 
48 
85 
73 
42 
33 
86 

85 
34 
85 

52 


Jahr 


755 
681 
776 
939 
677 

720 
670 
788 
705 
591 
679 

572 
1144 
723 
630 
995 
598 
543 
519 

528 
571 
525 

892 


Nach  dem  15  jährigen  Durchschnitt  fielen  in  Remscheid  von  den  jährlichen  Regen- 
höhen von  1267  mm  auf  die  Monate 

Dezember,  Januar,  Februar        27,6  °/o 
März,  April  Mai  18,2% 

Juni,  Juli,  August  26,1  °/o 

September,  Oktober,  November  28,1  °/o. 

Hier  weichen  also  die  Ergebnisse  von  den  allgemeineren  Erfahrungen  insofern  ab, 
als  die  Regenhöhen  des  Winters  grösser  waren,  als  die  des  Sommers. 

Dagegen  wurden  für  Köln  nach  23jährigen  Beobachtungen  ermittelt: 
Die  Regenhöhen  des  Winters    mit  130  mm, 

des  Frühlings  „     133 
des  Sommers    „     191 
des  Herbstes    „    142 
im  ganzen 


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1» 


» 


596  mm. 


158 


L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 


Auf  Veranlassung  von  Intze  wurden  als  Vorarbeiten  zum  Bau  von  Talsperren 
in  Lennep,  sowie  im  Uelfe-  und  Bevertale  während  der  Jahre  1889  bis  1892  Regen- 
messungen vorgenommen,  deren  Resultate  in  der  nachfolgenden  Tabelle  wiedergegeben 
sind.  Die  Beobachtungspunkte  lagen  auf  den  Ecken  eines  gleichseitigen  Dreiecks  in 
ungefähr  8  km  Entfernung.  Lennep  liegt  westlich  von  den  beiden  anderen  Beobach- 
tungspunkten und  340,0  m  über  N.N.,  die  beiden  anderen  Beobachtungspunkte  liegen 
ca.  70,0  m  tiefer. 

Tabelle  VII. M) 

Monatliche  Niederschlagsh&hen  in  drei  benachbarten  Talern  in  mm  and  a/a  der  jfthrlicheD 

Niederschlagshöhe. 


Lennep 

üelfetal 

Bevertal 

Niederschlag 

in  °/o  des 
Jahresnieder- 

Niederschlag 

in  °/o  des 
Jahresnieder- 

Niederschlag 

in  •/•  de« 
JahreSDieder- 

in  mm 

schlags 

in  mm 

schläge 

in  mm 

•ehlaga 

188» 

Januar     

54*6 

4,8 

45.4 

4,6 

88,6 

43 

Februar   . 

112,9 

10,0 

76,7 

7,8 

60,0 

6,7 

Marx   .    . 

78,6 

6,5 

67,9 

6,9 

55,5 

6,2 

April   .    . 

89,5 

8,5 

36,7 

8,7 

29,1 

3,8 

Mai      .    . 

77,9 

6,9 

53,0 

5,4 

58,9 

e.o 

Juni     . 

81,1 

7,2      % 

55,6 

5,6 

82,9 

9.8 

Jali     .    .    . 

158,0 

18,5 

171,0 

17,3 

149,3                 16,7 

August 

165,9 

14,7 

153,1 

15,5 

142,5 

16.0 

September 

126,8 

11,2 

120,2 

12,1 

105,0 

11,7 

Oktober  . 

54,0 

4,8 

42,1 

4,2 

29,0 

3,2 

November 

54,15 

4,8 

52,5 

5.3 

87,85 

4,2 

Dezember 

186,5 

12,1 

115,2 

11,6 

110.6 

12,4 

im  ganzen  J 

ahr    .    . 

| 

1129,4 

100,0 

989.4 

i 

100,0 

— 

893,7 

100,0 

1890 

Janaar     

192,5 

14,8 

197,0 

16,3 

158,4 

14.5 

Februar   . 

6,0 

0,5 

— 

t 

— 



Marx  .    .    . 

61,0 

4,7 

58,3 

4,9 

55,2 

5,1 

April   .    .    . 

98,86 

7,6 

89,2 

7,4 

79,2 

7.8 

Mai      .    . 

76,95 

6,0 

77,2 

6.4 

68,7 

6.8 

Juni     .    . 

93,5 

7,2 

86.6 

7,2 

71,4 

6,6 

Juli      ... 

149,0 

11,5 

161.4 

18,4 

134,5 

12,4 

August    .     . 

162,7 

12,6 

144,6 

12,1 

146,2 

13,4 

September    . 

16,8 

X3 

12.6 

1,0 

13,0 

1.2 

Oktober   .     . 

166,5 

12,9 

144,4 

12,0 

141,0 

12,9 

November 

264,85 

20,4 

232.5 

19,3 

221,4 

20.8 

Dezember 

5,6 

05 

t 



— 

— 

m  ganzen  J 

ah 

r 

• 

• 

i 

,     1293,25 

i 
i 

100,0 

1203,8 

100,0 

1089,0 

i 

100,0 

38)    Zusammengestellt  nach  P.  Ziegler.     Der  Talsperrenbau.    Berlin  1900.  S.  19. 


4. 


Die  technischen  Vorarbeiten. 


159 


Lennep 

Uelfetal 

Bevertal 

Niederschlag 

in  %  des 
Jabreenieder- 

Niederschlag 

in  °/o  dee 
Jahresnieder- 

Niederschlag 

in  %  des 
Jahresnieder- 

in mm 

Schlags 

in  mm 

schläge 

in  mm 

schläge 

1891 

Januar 

155,65 

12,7 

135,0 

11,5 

127,0 

12,6 

Fetaraar   . 

8,7 

0,7 

— 

— 

— 

— 

M&rx    .    . 

160,2 

13,0 

144,8 

12,3 

92,7 

9,2 

April    .     . 

86,0 

7,0 

100,7 

8,6 

73,1 

7,8 

Mai       .    . 

77,3 

6,3 

90,9 

7,8 

65,5 

6,5 

Jani      .    . 

181,0 

14,6 

172,7 

14,7 

172,2 

17,1 

Juli      .    . 

101,8 

8,3 

111,9 

9,6 

91,0 

fl,l 

August    . 

112,0 

9,1 

78,6 

6,7 

73,6 

7.2 

September    . 

44,2 

3,6 

43,1 

3,8 

85.2 

3.5 

Oktober  . 

61,2 

5,0 

68,7 

5,8 

46,6 

4,7 

November 

48,6 

4,0 

48,6 

4,1 

46.0 

4.6 

£tasember 

192,6 

15,7 

177,0 

15,1 

182,6 

18,2 

im  ganzen  J 

ahr    .    . 

1229,25 

100,0 

1171,5 

100,0 

1005,5 

100,0 

1892 

Januar 

102,4 

10,1 

72,2 

8,8 

60,5 

7.8 

Februar  . 

79,1 

7,7 

64,7 

7,5 

54,2 

7,0 

Mars   . 

43,1 

4,2 

25,5 

3,0 

34,0 

4.8 

April  . 

44,2 

4,8 

30,5 

3,5 

34,1 

4.4 

Mai     . 

72,2 

7,1 

55,4 

6,4 

52,1 

6,7 

Jnni 

85,9 

8,4 

85,3 

9,9 

65,5 

8,4 

Juli     : 

68,85 

6,7 

78,0 

8,4 

44,7 

5,8 

August 

84,41 

8,3 

75,75 

8,8 

70,8 

9.1 

September 

144.35 

14,1 

115,3 

13,3 

99,3 

12,7 

Oktober  . 

100,6 

9,9 

86,7 

10,6 

88,6 

11.4 

November 

66,7 

6,5 

53,0 

6,1 

47,0 

6,0 

Dezember 

180,0 

12,7 

128,0 

14,8 

127,0 

16,4 

im  ganzen  J 

ak 

r 

• 

» 

1021,31 

100,0 

865,35 

100,0 

777,8 

100,0 

Interessant  ist  es,   neben  den  durchschnittlichen   monatlichen  Regen- 
höhen auch  die  grössten  monatlichen  Regenhöhen  kennen  zu  lernen. 

Tabelle  VIII. 

Grosete  monatliche  Regenhohen  in  mm  3»). 


Ort 

Zahl  der 

Beobaehtangs- 
j»hre 

Grftaste  monatL  Regenhone 

während  der  Monate 

Oktober  bis  Mftrz 

Groaste  monatL  RegenhOhe 
während  der  Monate 
April  bis  September 

Aachen 

23 
27 
37 
53 

151  Februar 
162  Dezember. 
221  Dezember 
134  März 

162  September 
181  Juli 
222  Juli 
229  Juli 

Altona 

*•)  P.  Gerhardt,  Handbuch  der  Ing.-Wiasensch.  Hl.  Teil.  Der  Wasserbau.  4.  Aufl.  1.  Band. 
S.  24.  —  Meteorol.  Zeitschr.  1898.  S.  263.     Siehe  daselbst  S.  23  auch  wegen  der  Angaben  in  Tab.  VI 


160 


L    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 


Ort 


Zehl  der 
Beobachtung« 
jähre 


_   i 


GrOsste  moüAtl.  Regeaholie 

wihreod  der  Monate 

Oktober  bis  Min 


Grfteete  monsU. 
wihreiid  der 
April  bis 


Birkenfeld  .  . 
Bonn  .... 
Boppard  .  .  . 
Bremen  .  .  . 
Bromberg  .  . 
Breslau  .  .  . 
Cftln  .... 
Dansig .... 
Emden  .... 
Erfurt  .... 
Frankfurt  a.  M. 
Fulda  .... 
Giessen  .  .  . 
Görlitz  .... 
Gotha  .... 
Göttingen  .  .  . 
Halle  a.  S.  .  . 
Hanau  .... 
Hannover  .  .  . 
Jena  .... 
Jever     .... 

Kiel 

Klausthal  .  .  . 
Königsberg  in  Pr. 
Koslin  .... 
Krefeld  .  .  . 
Kreuznach 
Lingen  .... 
Lüneburg  .  .  . 
Mainz  .... 
Monster  i.  W.  . 
Oldenburg  .  . 
Posen  .... 
Ratibor  .  .  . 
Rostock  .  .  . 
Stettin  .... 
Tilsit  .... 
Trier  .... 
Wiesbaden     .    . 


42 
55 
56 
47 
89 
36 
55 
80 
52 
53 
67 
36 
52 
36 
41 
46 
50 
31 
46 
61 
46 
33 
47 
50 
53 
55 
35 
47 
48 
40 
64 
27 
52 
85 
82 
53 
79 
79 
36 


312  Dezember 
123  Dezember 
145  Oktober 
185  Dezember 
107  Oktober 
93  November 
152  März 
187  Oktober 

152  Oktob./Novemb. 
109  September 

153  November 
152  Marx 

159  Oktober 
128  M&rz 

127  Oktober 

128  Dezember 
148  November 
143  Oktober 
135  Dezember 

116  Oktober 
169  Oktober 

152  Oktober 
456  Dezember 
179  Oktober 
169  Oktober 
178  Dezember 

90  Oktober 
148  Dezember 

128  Dezember 

129  Oktob./Novemb. 
175  Dezember 

153  Dezember 
112  November 

96  November 
143  Oktober 

117  Oktober 
172  Oktober 
181  November 
141  November 


210  Juli 
204  Juli 
182  August 
235  Juli 

206  Juli 
229  August 
187  August 

207  Juli 
174  August 
202  Juli 

208  Juli 
243  Juli 
224  Juli 

204  Juli 
214  Juni 
186  Juli 
206  Juli 
259  Juli 
161  Juli 
186  Juli 

221  September 

161  Juli 
861  Juni 
186  Juli 
210  August 
157  August 
153  Juni 
178  Juli 
200  Juni 
167  August 
202  Juli 
190  Juli 
180  August 
218  Juli 
189  Juli 

205  August 

206  Juni 

239  September 

162  Juli 


Die  Tabelle  lehrt,  dass  der  Monat  der  grössten  Niederschläge  im  Sommerhalbjahr 
der  Juli  ist,  während  für  das  Winterhalbjahr  der  Dezember  diese  Stelle  einnimmt. 

Da  unter  Umständen  Niederschläge  während  eines  Monats  ganz  ausfallen  können, 
so  muss  als  kleinste  monatliche  Regenhöhe  die  Zahl  0  gelten. 

Tägliche  Niederschlüge.  Für  die  Erforschung  der  Beziehungen  zwischen  Nieder- 
schlag und  Abfluss  bietet  die  Aufschreibung  der  täglichen  Niederschläge  die  grösste  Aus- 
sicht auf  Erfolg.  Wenn  man  in  die  Seite  140  und  141  gekennzeichnete  Profiltafeln  der  täg- 
lichen Wasserstände  und  sekl.  Wassermengen  auch  die  täglichen  Regenhöhen  eines  Vorflut- 
gebietes  einträgt,  so  kann  man  mit  einem  Blicke  die  Verhältnisse  im  grossen  und  ganzen 
übersehen  und  man  wird  unter  Umständen  in  der  Lage  sein,  aus  vieljährigem  Beobach- 


§  * 


Die  technischen  Vorarbeiten. 


161 


tungsmaterial  die  Abflusszeit,  d.  h.  die  Zeit,  welche  zwischen  dem  Fall  des  Regens  und 
dem  Erscheinen  im  Flusslauf  durchschnittlich  vergeht,  zu  erkennen.  Ist  das  im  Einzel- 
falle möglich,  so  wird  man  auch  für  ein  bestimmtes  Vorf  lutgebiet  durchschnitt- 
liche monatliche  Yerlusthöhen  berechnen  können.  Aber  diese  monatlichen  Ver- 
lusthöhen werden  immer  nur  für  ein  und  dasselbe  Vorflutgebiet  Gültigkeit  haben  und 
es  mus8  vorläufig  noch  weiterer  Forschung  überlassen  bleiben,  festzustellen,  ob  und  in 
wie  weit  es  möglich  sein  wird,  aus  dergleichen  Beobachtungen  zuverlässige  Schlüsse 
auf  die  monatlichen  Verlusthöhen  eines  anderen  Vorflutgebietes  zu  ziehen. 

In  der  nachstehenden  Tabelle  sind  für  eine  Reihe  von  Orten  die  grössten 
täglichen  Regenhöhen  während  einer  längeren  Beobachtungsperiode  angegeben  und 
die  Monate  hinzugefügt,  in  denen  sie  beobachtet  wurden. 

Tabelle  IX. 

Gröeste  tägliche  Regenhöhen. 


Ort 


Zahl  der  Be 

obachtunge- 

jahre 


Aachen 

Berlin 

Breslau 

Coln 

Danzig 

Erfurt 

Frankfurt  a.  0 

Halle  .......... 

Hamburg 

Hannover 

Heiligenatadt 

Kiel     .    .    .    .    : 

KlauathaJ 

Königsberg  i.  Pr. 

Liegnitz 

Poeen  

Schneekoppe     

Schreibern  an 

Stettin 

Thorn 

Trier 

9 

Weimar  .    .         

Zwickau 


28 
44 
40 
86 
81 
36 
36 
40 
15 
29 
36 
18 
36 
42 

? 
40 

? 

? 

86 
19 
86 
10 
27 


Groaate 

RegenhOhe 

in  24  Stunden 


im  Monat 


75 
76 

112 
63 
46 
82 
94 
89 
86 
62 
58 
57 

116 
69 
49 
88 

178 
81 
&> 
52 
73 
54 
72 


Juni 

Juli 

August 

August 

August 

Juli 

Juli 

Juli 

Juni 

Juni 

Juli 

Juli 

Juni 

September 

Juli 

Juli 

Juli 

Auguat 

August 

Juli 

Juni 

Juli 

Oktober 


Bei  den  Vorarbeiten  für  die  Remscheider  Talsperre  wurden  in  den  Jahren  1888 
bis  1896  als  grösste  Niederschlagsmengen  innerhalb  von  24  Stunden  diejenigen  am 
28.  Juli  1888  mit  95  mm  beobachtet40). 

Eine  der  grössten  in  Norddeutschland  bekannt  gewordenen  Regenmengen  eines 
Tages  ist  mit  238  mm  bei  einem  Wolkenbruche  am  22.  Juli  1885  auf  dem  Büchenberge 
zwischen  Werningerode  und  Elbingerode  in  nicht  ganz  24  Stunden  beobachtet. 

Bei  dem  Wolkenbruch  am  30.  Juli  1897  in  dem  Vorflutgebiet  der  Lomnitz, 
ies  Bobers  und  des  Zackens,  Schlesien,  sind  auf  der  Schneekoppe  232  mm   festgestellt. 

Über  die  in  den  kritischen  Tagen  vom  27.  bis  31.  Juli  1897  in  dem  Vorflut- 
gebiet des  Queis  gefallenen  Regenmengen  gibt  die  nachstehende  Tabelle  Auskunft41): 

*0)  Karl  Borchardt,  Die  Remecbeider  Stauweiher- Anlage.  Manchen  1897. 

4i)  Bachmann,  „Die  Talsperrenanlage  bei  Marklissa  am  Queis".  Dezember  1903. 

Handbaeh  dar  Inff.-WiaMnsch.    in.  Teil.    13.  Bd.  11 


162 


L    Theodok  Koehn.    Ausbau  von  WasberkrIftk*.    Allgbmbines. 


Tabelle  X. 

Der  BegenhOheii  and  Bagwunuigaii  im  Vorflutgekiete 


Fischeninhalt,  Regenhöhe  und  Meng« 

Datum 

Flinsberg 
68,94  qkm 

Greif  fenberg 
106,28  qkm 

Wiegsndstal 
46,01  qkm 

mm 

cbm 

mm 

cbm 

mm 

cbm          1 

-  -     .  .        *■ 

27.  Juli 

28.  Joli 

29.  Joli 

29.  Juli 

30.  Joli 
81.  Joli 

1.  August 

2.  August 

14,4 
40,6 
81,0 
127,0 
14,0 
13,0 
29,4 
18,9 

1100000 

2  799 114 

2 187  140 

8755380 

965160 

896220 

2026  836 

958266 

9.0 
28,1 
19,4 
79,0 

6,4 
18,5 
20,0 

9,1 

956070 
2985068 
2060860 
8892170 

679  872 
1965255 
2124600 

966  698 

11,1 
82,6 
28,25 
95,25 

8.1 
19,2 

28,8 

11,0 

510  711 
1499986 
1069788 
4882453 

872681 

888892     1 

1325068     1 

i 
i 

506110 

r 

i 
I 

( 

1 
i 

Zu  dieser  Tabelle  sei  erwähnt,  dass  Flinsberg  auf  etwa  600,0  m  über  N.  N.  liegt 
mit  Erhebungen  in  der  Umgebung,  welche  bis  über  1000,0  m  emporsteigen.  Wiegancb- 
tal  auf  440,0  m,  Greiffenberg  auf  320,0  m,  Liebental  auf  400,0  m. 

Über  die  im  Juli  1903  im  Quellgebiet  der  Oder  beobachteten  grössten  Regen- 
hohen  macht  die  preussische  Landesanstalt  für  Gewässerkunde  in  ihrem  Bericht  über 
das  Hochwasser  für  einige  hochgelegene  Regenmesstellen  folgende  Angaben: 


Tabelle  XL 

Grftsete  Regenbögen  im  Odergebiet  am  9.— 11.  Juli  1903"). 


Ort 

Seehöbe 
in  m 

Flussgebiet 

24  8tflndige  Mengen 
in  mm 

48stttndig6 
Gesamt- 

9./10. 

10./11. 

menge  in  mm 

Westlicher  Teil. 

Nea-Röihwaaser    .    .    . 
Alt-Reihwiesen      .    .    . 

810 
757 
559 
625 
695 

Weidenauer  Wasser 
Oppa 

Freiwaldaoer  Biele 
Freiwaldauer  Biele 
Landecker  ßiele 

240,2 
221,0 
217,0 
200,0 
178,5 

77,8 
91,7 
85,1 
89,2 
65,0 

318,0 
312,7 
302,8 
289,2 
243,5 

*i)  Denkschrift  der  Landeaanstalt  fttr  Gewässerkunde  über  das  Hochwasser  hn  Oder-  antf 
Weichselgebiet  vom  Juli  1903.  Vorlage  Nr.  175  der  Königl.  Prenasischen  Regierung  an  das  Abgeord- 
neten-Hans. 20.  Legislaturperiode.  I.  Session  1904.  Seite  8. 


§  4. 


DlE  TBCHK1BCHBH   VORARBEITEN. 


163 


Queia  vom  27.  Jali  bw  2.  August  1897. 


da»  Nied 

erschlagsg 

;ebietes 

Gesamt- 
Regenmenge 

ebm 

Zeitdauer  des  Regenfalls 
Stunden 

8eknndl. 

Ltiebental 
60,69  qkm 

Beerberg 
24,56  qkm 

Regen- 
menge 

mm 

ebm 

mm 

cbm 

cbm 

16,9 

1025  661 

10,2 

250512 

3842954 

4  Uhr  nachm.  bis 

7    ,     morg.  =  14  Std. 

70,12 

34,1 

2069529 

22,8 

559968 

9  913  600 

7  Uhr  morg.  bis 

7    „        ,       =  24  Std. 

114,7 

15,06 

913091 

26,5 

650840 

6832564 

7  Uhr  morg.  bis 

7    ,     nachm.  =  12  Std. 

158,1 

61,74 

3  747  006 

108,8 

2  659848 

27  986  857 

7  Uhr  nachm.  bis 

7    ,     morg.  =  12  Std. 

644,4 

6,9 

418  761 

3,1 

75636 

2512110 
61698085 

7  Uhr  morg.  bis 

7    „        „       =  24  Std. 

29,8 

|        5.9 

358071 

2,8 

68768 

4 171 706 

7  Uhr  morg.  bis 

7    ,        ,       =  24  Std. 

48,2 

9,6 

582624 

82,4 

795  744 

6854892 

7  Uhr  morg.  bis 

7    ,        ,       =  24  Std. 

79,8 

11,8 

716 142 

8,2 

201392 

8  848603 

7  Uhr  morg.  bis 

7    ,        „       =  24  Std. 

38,8 

Fortsetsang  von  Tabelle  XL 


Ort 


Östlicher  Teil. 

Lysahora .... 
Podolanki  .  .  . 
Mornwka  .... 
Tyra 


Seehfthe 
in  m 


1325 
686 
450 
470 


Flussgebiet 


24  ständige  Mengen 
in  mm 


9./10. 


10/11. 


Ostrawitsa 
Ostra  witsa 
Ostrawitsa 
Olsa 


71,5 
41,5 
42,9 
88,1 


192,0 
175,7 
126,8 
126,2 


48  stundige 
Gesamt- 
menge m  mm 


268,5 
217,2 
169,7 
164,3 


Im  Osten  blieb  die  Fläche  mit  mehr  als  200  mm  Regenfall  in  jenen  zwei  Tagen 
auf  das  QueUgebiet  der  Ostrawitza  beschränkt  und  der  Höohstbetrag,  der  auf  der  Lysa- 
hora gemessen  wurde,  belief  sich  hier  auf  263,5  mm,  war  also  geringer  als  beim  west- 
lichen Niederscblagsherde.  Ein  fernerer  Unterschied  besteht  darin,  dass  im  östlichen 
Regenherde  die  grösste  Starke  des  Niederschlags  sich  auf  den  10.  bis  11.  Juli  verschob. 

Solche  gewaltige  Niederschlagshöhen  von  mehr  als  100  mm  in  24  Stunden  be- 
schränken sich  im  europäischen  Berg-  und  Flachlande  fast  immer  auf  kleine  Gebiete 
und  auf  die  Zeit  von  ein  bis  zwei  Tagen.  Auch  ist  ihr  Eintritt  für  ein  und  denselben 
Ort  kaum  häufiger  als  2  bis  3  mal  im  Jahrhundert  zu  erwarten. 

Stündliche  Regenhöhen.  Da  sich  bei  kleinen  Vorflutgebieten  der  Einfluss  starker 
Niederschläge  oft  schon  nach  Stunden  durch  Flutwellen  bemerkbar  macht,  so  ist  es, 
wie  bereits   erwähnt,  von  Interesse,   durch   selbstschreibende  Regenmesser   den  stund« 

11» 


164 


L    Theodor  Eoehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 


liehen  Verlauf  der  Niederschläge  festzustellen.  Man  pflegt  die  stärksten  Regengüsse, 
welche  mindestens  18  mm  in  der  Stunde  oder  0,3  mm  in  der  Minute  ergeben,  als  Sturz- 
regen zu  bezeichnen.  Derartige  Sturzregen  bilden  meistens  einen  Teil  eines  längeren 
Regenfalls.  Nach  P.  Gerhardt  kommen  die  meisten  Sturzregen  in  den  Nachmittags- 
stunden vor,  während  in  der  Nacht  Sturzregen  seltener  und  die  Morgenstunden  ganz 
frei  von  ihnen  sind.  Sturzregen  sind  Erscheinungen,  welche  sich  fast  immer  nur  auf 
sehr  kleine  Gebiete  ausdehnen,  im  Gegensatz  zu  den  Landregen,  welche  sich  gleich- 
zeitig über  sehr  grosse  Flächen  erstrecken  können.  In  der  nachfolgenden  Tabelle  sind 
einzelne  Angaben  aus  einer  umfangreichen  Tabelle  im  ersten  Bande  des  dritten  Teils 
des  Handbuches  der  Ingenieurwissenschaften  zusammengestellt. 


Tabelle  XII. 

• 

Sturzregen. 

• 

Regen  von  mehr  als  einer  Stunde  Daner 

Regen  von  60  Minuten  und 
geringerer  Daner 

Ort 

Tag 

Regen« 
höhe 

* 

Dauer 

Ifocwi- 

hfth« 

*.d.8t& 

Tag 

!  Regen 
höhe 

nun 

Dauer 

Min. 

kök* 

Gotha 

3.  Juni  1895 

54,5 

1  Std.  35  M. 

34,4 

19.  Jnni  1895 

22,5 

20 

1.13 

Braunschweig 

5.  Juni  1897 

25,0 

1  8td.'   4  M. 

23,4 

27.  Juli  1895 

6,0 

2 

3.00 

Darmstadt 

— 

— 

— 

— 

2a  Juli  1902 

6,3 

4 

1,58 

Schwerin 

11.  Mai  1890 

111,0 

1  Std.  35  M. 

70.1 

— 

— 

— 

— 

Oldenburg 

18.  Juli  1899 

108,0 

4  Std. 

27,0 

— 

-■- 

— 

— 

Berlin 

11.  Juli  1858 

67,0 

11  Std. 

6,0 

80.  Mai  1861 

43,0 

60 

0,72 

Berlin 

14.  April  1902 

166,0 

5  Std.  45  M. 

28,8 

22.  Jnni  1891 

18,9 

14 

1.85 

Berlin 

— 

— 

— 

— 

22.  Juli  1893 

34,3 

26 

1,32 

Hannover 

— 

— 

^^^M                  ' 

— 

20.  Juli  1901 

19,8 

20 

0,99 

Blankenbaeh    \ 
Kr.  Rotenburg' 

— 

— 



— 

13.  Juli  1899 

53,0 

30 

1,77 

Fulda 

— 

— 



— 

8.  Aug.  1899 

41,0 

60 

0,68 

Kassel 

25. 26.  Juli  1894 

84,6 

7  Std.  88  M. 

11,1 

— 

— 

— 

— 

8igmaringen 

6.  Juni  1895 

48,8 

1  Std.  50  M. 

26,6 

— 

— 

— 

— 

Königsberg  i.  Pr. 

27.  Aug.  1867 

58,0 

2  Std. 

29,0 

16.  Juni  1864 

55,0 

45 

1,22 

Kolberg 

7.  Sept.  1880 

102,0 

7  Std. 

14,6 

7.  Sept  1880 

28,0 

30 

0,94 

Stralsund 

— 

— 

— 

— 

31.  Aug.  1899 

7,9 

8 

0,99 

Meaerits 

30.  Juli  1897 

75,6 

8  Std. 

9.4 

20.  Mai  1899 

9,9 

3 

3,30 

Aachen 

30.  Juni  1901 

37,5 

1  Std.  40  M. 

22,5 

4.  Juni  1896 

26,0 

52 

0,50 

Cöln 

— 

— 

— 



27.  Aug.  1894 

28,6 

60 

0,48 

Trier 

— 

— 

— 



30  Juni  1897 

39,4 

55 

0,72 

Eisleben 

— 

— 

— 



16.  Aug.  1893 

17,6 

5 

3,52 

Naumburg  a.  S. 

9.  Juli  1898 

41,2 

1  Std.  55  M. 

22,5 

— 

! 

— 

— 

Bunzlau 

21.  Juli  1893 

54,5 

1  Std.  47  M. 

30,6 

— 

_       1 
1 

— 

— 

Flrasberg(8.162) 

29. 30.  Juli  1897 

127,0 

10  Std. 

12,7 

— 

| 

— 

— 

Görlitz 

4.  Juli  1891 

58,9 

2  Std.  50  M.   i 

20,8 

— 

__    I 

— 

Ratibor 

26.  Juni  1881 

68,0 

1  Std.  30  M.  ; 

45,3 

5.  Sept.  1892 

32,0 

46 

0,70 

Kiel 

14.  Aug.  1859 

89,0 

5  8td. 

17,8 

8.  Okt.  1879 

24,0 

20 

1.20 

Plön 

23.  Mai  1893 

40,5 

1  Std.  30  M. 

27,0 

• 

— 

— 

— 

Bochum 

20.  Aug.  1900 

63,0 

1  Std.  21  M. 

46,7 

— 

i 

— 

— 

Paderborn 

7.  Aug.  1894 

26,2 

1  Std.    5  M. 

24,2 

— 

—    1 

— 

— 

Dansig 

27.  Juni  1891 

63,4 

2  Std.  40  M. 

23,8 

— 

— 

— 

— 

Pollum    Kr.   Pr.    I 

8Urgard 

— 

— 

— 

— 

22.  Mai  1898 

71,7 

45    | 

1,59 

Dresden 

29.  Juni  1874 

75,0- 

1  Std.  80  M. 

50,0 

18.  Juni  1876 

41,0 

80    | 

1,37 

§  4- 


Die  TncHtnscBEH  Vorarbeiten. 


165 


Regen  von  mehr  eis  einer  Stande  Duner 

Regen  von  60  Minuten  und 
geringerer  Daner 

Ort 

Tag 

Regen- 
hohe 

mm 

Daner 

Rogon- 

böhe 

s.d.  Std. 

mm 

Tag 

Regen- 
hOhe 

Dauer 
Min. 

Begon- 

hfthe 

a.dJfin. 

mm 

Basel 

Bern 

Budapest 

Genf 

Maraeille 

Palermo 

Paria 

Wien 

Zürich 

80.  Mai  1827 
15.  8ept  1872 
21.  Okt  1867 

162,0 

240,0 

76,0 

8  8td. 
2  Std. 
1  Std.  15  M. 

54,0 

120,0 

60,8 

5.  Ang.  1889 

19.  Jani  1877 
26.  Jani  1875 

20.  SepL  1867 
8.  Jali  1895 
1.  Sept.  1894 

18,4 
66,0 
66,0 

41,0 
26,5 
17,0 

8 
45 
60 

20 
20 

7 

2,80 
1.46 
1,10 

2,05 
1,88 
2,43 

Soviel  über  Regenhöhen.    Nunmehr  kommt  die  Frage  nach 

2»  Verlusthöhe  und  ihre  Ursachen« 

Die  Hauptursachen  für  die  Yerlusthöhe  sind: 
die  Verdunstung, 
die  Versickernng,  und 
der  Pflanzenwuchs. 

a)  Die  Verdunstung. 

Die  Verdunstung  hängt  ab  von  der  Lufttemperatur,  dem  Feuchtigkeitsgrad  und 
der  Bewegung  der  Luft;  sie  nimmt  mit  der  Temperatur  zu  und  zwar  vermag  die  Luft 
bei  einem  Barometerstande  von  760  mm  an  Feuchtigkeit  (Wasserdampf)  aufzunehmen43): 

Bei—  20      —15      —10—5  0         +5        10  15  20  25  80  Celaina 

0,94        1,84       2,15       8,16       4,57       6,31        9,14       12,67        17,67       28.52      81,51  g  in  1  ebm 
0,77        1,19        1,76       2,69       8,75       5,84       7,51        10,48       14,88       19,47      26,18  g  in  1  kg 

Man  sieht  aus  dieser  Zahlenreihe,  dass  die  Zunahme  der  Verdunstung  mit  wachsender 
Temperatur  in  einem  stärkeren  Verhältnis,  als  dem  geradlinigen  steigt.  Hieraus  erklärt 
sich  die  verhältnismässig  kleine  Verdunstung  im  Winter  und  die  grossen  Verdunstungs- 
böhen  an  heissen  Sommertagen,  ebenso  erklärt  sich  daraus  der  Umstand,  dass  die  Ver- 
dunstung am  Tage  um  ein  vielfaches  grösser  ist,  als  in  der  Nacht. 

Je  weniger  mit  Feuchtigkeit  gesättigt  eine  Luftschicht  ist,  um  so  mehr  kann  sie 
noch  aufnehmen.  Ist  keine  Bewegung  in  der.  Luft,  so  sättigt  sich  die  über  einer 
grösseren,  freien  Wasserfläche  oder  über  durchfeuchteten  Bodenflächen  liegende  Luft- 
schicht allmählich  mit  Wasserdampf  und  die  Verdunstung  hört  auf.  Werden  aber  durch 
Wind  immer  neue  ungesättigte  Luftschichten  auf  die  Verdunstungsfläche  hingeführt,  tfo 
findet  eine  lebhaftere  und  dauernde  Verdunstung  statt. 

Da  nun  die  Luft  um  so  mehr  mit  Wasserdampf  gesättigt  wird,  je  länger  sie 
über  einer  wasserreichen  Verdunstungsfläche  hinwegstreicht,  so  ist  die  Verdunstung  im 
allgemeinen  bei  Wind  an  der  zugekehrten  Seite  am  stärksten  und  nimmt  nach  der 
dem  Wind  abgekehrten  Seite  hin  ab.    Hieraus  erkennt  man  die  Gründe,  weswegen  die 


")  R.  BOrnstein,  Leitfaden  der  Wetterkunde.  1901.  8.  80, 


166  L    Theodor  Koehn.    Ausbau  vom  Wasserkräften.    Allgemeines. 

mittlere  Verdunstung  einer  kleinen  Wasseroberfläche,  z.  B.  derjenigen 
eines  auf  dem  Lande  aufgestellten  Gefösses,  grösser  sein  muss,  als  die  mittlere  Ver- 
dunstung einer  grossen  Wasserfläche  und  auch  grösser  als  diejenige  einer  gleich 
kleinen  Gefössoberfläche,  welche  statt  auf  dem  Lande,  mitten  in  einem  See  in  der  Höhe 
des  Seespiegels  aufgestellt  würde. 

Es  haben  die  Untersuchungen  ergeben,  dass  die  Verdunstung  einer  mit  Wasser 
gesättigten  Bodenfläche,  welche  mit  Pflanzenwuchs  bedeckt  ist,  erheblich  grösser  ist,  als 
die  Verdunstung  einer  gleich  grossen,  freien  Wasserfläche.  Umgekehrt  verdunstet  in 
der  Zeiteinheit  auf  einer  freien  Wasserfläche  durchschnittlich  mehr  Wasser,  als  auf 
einer  gleich  grossen  von  Pflanzen  unbedeckten  Bodenfläche.  Diese  Erscheinungen  er- 
klären sich  daraus,  dass  die  Gesamtheit  der  wasserhaltenden  Flächen,  welche  der  Sonne 
und  dem  Winde  ausgesetzt  werden,  bei  der  mit  Pflanzenwuchs  bedeckten  Boden- 
fläche grösser,  bei  einer  von  Pflanzen  unbedeckten  Bodenfläche  aber  kleiner  ist, 
als  bei  einer  Wasserfläche  von  gleicher  Grundfläche44).  In  diese  Gedankenreihe  passt 
auch  die  Beobachtung,  dass  auf  einer  Waldfläche  nur  etwa  0,33°/©  bis  0,40%  von  der- 
jenigen Wassermenge  verdunstet,  welche  bei  einer  gleich  grossen  mit  Gras  oder  Getreide 
bestandenen  Fläche  an  die  Luft  abgegeben  wird,  dass  aber  andererseits  eine  Waldfläche 
erheblich  mehr  verdunstet,  als  eine  kahle  Bodenfläche ;  ferner  die  Beobachtung,  dass  die 
Form  der  Oberfläche  und  ihr  Rauhigkeitsgrad  die  Verdunstungshohe  beeinflussen,  in- 
sofern, als  bewegte  und  rauhe  Oberflächen  der  Luft  und  der  Sonne  mehr  Angriffspunkte 
bieten,  als  ebene  und  glatte45). 

Durch  die  Versuche  von  C.  E  s  e  r  und  anderen  ist  festgestellt,  dass  die  Verdunstung 
einer  Bodenfläche  abnimmt,  sobald  die  oberste  Schicht  ausgetrocknet  ist  und  ferner, 
dass  diejenigen  Bodenarten  unter  sonst  gleichen  Umstanden  eine  grössere  Verdunstung 
nach  Austrocknung  der  Oberfläche  zeigen,  welche  eine  grosse  Kapillarität  besitzen  — 
also  alle  sandigen  Bodenarten  —  und  welche  infolgedessen  die  Feuchtigkeit  der  tieferen 
Schichten  schneller  an  die  Oberfläche  steigen  lassen46).  Schon  ein  Austrocknen  des 
Bodens  bis  2  cm  Tiefe  ermässigt  die  Verdunstung  nach  Esers  Versuchen  unter  sonst 
gleichen  Verhältnissen  in  den  Monaten  Mai  und  Juni  bei  Quarzsand  auf  ungefähr  34*/«, 
bei  Kalksand  auf  66*/o. 

Auch  die  Farbe  des  Bodens  ist  von  Einfluss,  indem  die  Gelände  mit  dunkler 
Oberfläche  mehr  Wasser  an  die  Luft  abgeben,  als  solche  mit  heller  Oberfläche44)  und 
zwar  nach  den  Abstufungen  schwarz,  grau,  braun,  gelb,  weiss47). 

Wenn  auch  nach  den  obigen  Mitteilungen  die  Verdunstung  pro  Zeiteinheit 
bei  pflanzenbedecktem  Gelände  grösser  sein  kann,  als  bei  einer  Seefläche,  so  muss  doch 
die  Gesamtverdunstung  des  Sommers  oder  des  ganzen  Jahres  bei  einer  See- 
fläche grösser  werden  und  besonders  in  trocknen  Jahren,  als  diejenige  des  Geländes, 
weil  hier  in  regenloser  Zeit  allmählich  durch  Sonne  und  Wind  eine  Anstrock- 
nung  stattfindet,  während  auf  der  Seefläche  das  Wasser  stets  den  verdunsten- 
den Wirkungen  von  Wärme  und  Wind  ausgesetzt  bleibt.  Flache  Seen,  welche 
durch  offene  Zuflüsse  oder  unterirdische  aus  dem  Grundwasser  nicht  gespeist  werden, 

«)  Versuche  von  Th.  Hart  ig,  Allgem.  Font-  and  Jagd-Zeitung.  1878.  S.  8. 

4*)  Versuche  von  F.  Mssure,  Ann.  agronomiques  1882.  8.  161.  Untersuchungen  tob  Risler, 
mitgeteilt  in  Biedermanne  Zentralblatt  für  Agrikulturchemie.  1872.  S.  160.  —  M.  Fautrat,  Oheer- 
vationa  mtterologiquea  faites  de  1874  a  1878.  Paris  1878. 

*•)  E.  Ebermayer,  Die  physikalische  Einwirkung  des  Waldes  auf  Luft  und  Boden  und  seine 
klünatologiache  und  hygienische  Bedeutung.  Berlin  1873.  8.  17. 

47)  Versuche  von  C.  Eser,  Forschungen  aus  dem  Gebiete  der  Agrikulturphysik  von  Wollny. 
1884.  S.  1. 


§  4. 


Die  technischen  Vorarbeiten. 


167 


trocknen  daher  in  heissen  Sommern,  besonders  in  den  wärmeren  Klimaten,  gänzlich  aas. 
Im  allgemeinen  ist  also  die  Jahresverdunstungshöhe  eines  Seespiegels  höher,  als  die  durch- 
schnittliche Jahresverdunstung  auf  dem  Gelände  seines  Vorflutgebietes.  Daraus  erklärt 
es  sich,  dass  die  jährliche  Verlusthöhe  in  Gebieten  mit  grossen  Seeoberflächen 
grösser  ist,  als  in  solchen  ohne  Seen  oder  mit  kleinen  Seeoberflächen. 

Die  Messung  der  Verdunstung  erfolgt  durch  sogenannte  Verdunstungsmesser 
(Atmometer  oder  Evaporimeter).  Diese  bestehen  aus  Schalen  oder  kastenförmigen 
Gefässen4*),  welche  mit  Wasser  oder  mit  durchfeuchtetem  Boden49)  gefüllt  sind.  Natur- 
gemäss  kann  die  Verdunstungsfläche  der  Messer  nur  klein  sein  und  es  ist  deshalb 
ganz  unmöglich,  durch  derartige  Apparate  Verhältnisse  zu  schaffen,  welche  die 
ausserordentliche  Mannigfaltigkeit  der  für  ein  ganzes  Vorflutgebiet  tatsächlich  bestehen- 
den Umstände  auch  nur  angenähert  berücksichtigen.  Verhältnismässig  am  nächsten 
der  Wirklichkeit  können  die  Resultate  der  schwimmenden  Verdunstungsmesser  auf  offenen 
Seen  kommen,  weil  hier  die  Verhältnisse  des  Messers  im  kleinen  den  grossen  Verhält- 
nissen der  Wasseroberfläche  immerhin  ähnlich  werden.  Aber  diese  Beobachtungen  sind 
schwierig  und  kostspielig  durchzuführen  und  es  fehlt  infolgedessen  z.  Z.  zuverlässiges 
Beobachtungsmaterial  für  Binnenseen  fast  noch  gänzlich. 

Die  Beobachtungen  der  Höhe  des  Wasserspiegels  toq  grösseren  Seeflächen  in 
regenfreier  Zeit  lassen  sichere  Schlüsse  auf  die  Verdunstung  deshalb  nur  ausnahmsweise 
zu ,  weil  ausser  der  Verdunstung  und  den  messbaren  offnen  Abflüssen ,  auch  die  Ver- 
sickerung eine  grosse  Rolle  spielt.  Letztere  aber  ist  der  Menge  nach  genau  genug  fest- 
zustellen ungemein  schwierig,  wenn  nicht  unmöglich. 

Mit  den  sich  aus  Obigem  ergebenden  Vorbehalten  sind  daher  alle  Angaben  über 
Verdunstungshöhen  zu  betrachten. 

JUurliehe  Verdunstungshöhen.  Es  wird  die  jährliche  Verdunstungshöhe  unter 
dem  Äquator  in  Gumana,  Süd-Amerika  mit  3520  mm  angegeben,  diejenige  von  Ober- 
ägypten mit  1825  mm60).  Nach  Th.  Rehbock61)  sind  in  der  Kapkolonie  folgende  Ver- 
dunstungshöhen festgestellt. 


Tabelle  XIII. 

Verdunstungsmessungen  in  der  Kapkolonie. 


Ort 

Meereshohe 
in  m 

Anzahl  der 
Beob.-Jahre 

Jährliche  VerdunstnngshOben 
in  m 

mittlere 

grösete 

kleinste 

Dunbrody  bei  Port  Elizabeth 

Van  8taaiena  Rivier  bei  Port  Elisabeth  .    . 

60 
100 
280 
870 

4 
7 
9 
8 

1,470 
1,540 
1,200 
2,670 

1,500 
1,690 
1,780 
2,910 

1380 
1,880 
0,800 
2,410 

In  dem  Eibstrombuch  werden  im  ersten  Bande,  Seite  92  die  nachfolgenden  An- 
gaben gemacht: 

**)  H.  Wild,  Verdunstungsmesser  auf  freier  Wasserfläche.  Wollny,  Forschungen  auf  dem 
Gabiete  der  Agrikulturphysik.  1882.  8.  868. 

*•)  P.  Gerhardt,  Verdunstungsmesser  für  durchtränkten  Boden.  Handbuch  der  Ing.-Wissenseh.- 
m.  Teil  Wasserbau.  S.  49  und  folgende. 

*o)  R.  Jasmund,  Handbuch  der  Ing.-Wissensch.  Dritter  Teil.  Wasserbau.  4.  Aufl.  1.  Bd.  S.  273. 

fti)  Th.  Rehbock,  Deutsch  -Sud  -West  -Afrika,  seine  wirtschaftliche  Erschliessung  etc.  Berlin 
1898  Seite  44. 


168 


I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 


Tabelle  XIV. 

VerdanstongshOhen  im  Eibgebiet. 


Verdunstung  in  mm 

• 

7 

NM 

• 

> 
i 

VL-VIIL 

* 

1  *4 

Ort,  Zeit 
und  Autor 

• 

t 

► 
O 

• 

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0 

a 

«8 

ä 

9 

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3 

"3 

0 
<*1 

• 

S 
& 

e 
00 

1 

M 

o 

u 

•s 

i 
1  xs 

« 

Prag  1876/90 
Penck 

18,8 

14,6 

15,8 

18,5 

33,1 

55,8 

83,5 

95,0  96,6 

85,6 

54,4 

81,6 

603,8 

48 

172 

277 

105 

Dresden  1883/93 

15,4 

13,2 

10,7 

14,4 

28,1 

48,6  55,5 

47,9 

44,1 

47,9 

33,6 

21,2 

380,6 

88 

132 

140  j|    70 

Lindemann 

Chemnitz  1888/93 

16,5 

15,3 

13,0 

15,7 

25,0 

38,6 

50,6 

43,1 

44,1 

43,7 

85,0 

26,8 

366,9 

44 

114 

131 

78 

Lindemann 

Magdeburg  1881/92 
GrQtsmacher 

14,4 

9,2 

9,7 

11,0 

24,2 

48,4 

71,5 

82,1 

82,6 

70,0 

55,6 

24,1 

502,8 

1 

30 

144 

235 

i 

1 

M 

Co  Hin62)  fand  mittelst  Verdunstungsmessern  von  6  qm  Oberfläche: 


JahrL  Verdunstungsb&hen 


Dijon 
667 


Bar-le-duc 
581 


Agen 
838 


Cardillac 
848 


Montrejean 
1231 


Auxerre 

577 


Sana 
808 


Montbaxd 

589 


Nach  den  14  Jahre  lang  von  Stark  angestellten  Versuchen  in  Augsburg  betrug 
die  Verdunstung  des  Wassers  unter  Einwirkung  des  Sonnenlichtes: 


Min 

113 


April 
174 

Mai 
200 

Juni 
205 

Jali 
221 

August 
223 

September 
198 


Oktober 
115 


November 
76 


Weil  das  Gerät  durch  das  Gefrieren  des  Wassers  beschädigt  wurde,  sind  die  Be- 
obachtungen während  der  Frostmonate  ausgesetzt  worden. 

Sowohl  die  Beobachtungen  von  Co  Hin,  als  auch  die  von  Stark  zeigen,  dass  die 
durch  die  Messer  festgestellten  Verdunstungshöhen  des  Jahres  zum  Teil  nicht  nur  die 
Regenhöhen  erreichen,  sondern  erheblich  grösser  sind,  als  diese.  Solche  Beobachtungs- 
resultate dürften  z.  T.  darin  ihren  Grund  haben,  dass  man  in  kleinen  Gefassen  dauernd  Wasser- 
flächen der  Verdunstung  aussetzte  und  diese  Verdunstungen  mass,  also  Verhältnisse  schuf, 
welche  höchstens  ausnahmsweise  für  eine  Seeoberfläche,  keinesfalls  aber  im  Durchschnitt 
für  ein  Vorflutgebiet  zutreffen  können.  Schon  die  Versuche  von  Delaporte6*),  welche  er 
1839  bis  1845  bei  Dijon  und  an  anderen  Stellen  in  der  Nähe  des  Kanals  von  Bonrgogne  an- 
stellte, habennachgewiesen,  dass  die  Verdunstungshöhen,  welche  an  6qm  grossen  gemauerten 
und  mit  Zink  ausgekleideten  1,2  m  tiefen  Verdunstungsgruben  beobachtet  wurden,  um 
etwa  1/s  kleiner  waren,  als  diejenige  der  unmittelbar  daneben  aufgestellten  Geräte  von 
0,1  qm  Fläche.  Aus  diesen  Beobachtungen  folgt,  dass  man  den  Anteil  der  Ver- 
dunstung an  der  Verlusthöhe  zu  hoch  rechnen  würde,  wenn  man  die  in  kleinen 
Messgefässen  festgestellten  Höhen  einfach  auf  ein  grosses  Vorflutgebiet  über- 
tragen wollte. 


•»)  Collin,  Comptei  rendos  de  l'Academie  des  aieocea  1865.  S.  250;  erwähnt  in  der  Zeitsear. 
der  Oaterr.  Gesellschaft  für  Meteorologie.  VII.  S.  121. 

fr»)  Ann.  dea  ponU  et  chanaa^  1850.  IL  8.  383. 


§     4. 


Die  technischen  Vorarbeiten. 


169 


Für  England  beträgt  nach  Humber  die  jährliche  Verdunstungshöhe  540  mm, 
wovon  die  Hälfte  auf  die  4  Monate  Juli  bis  Oktober  entfallen  sollen. 

Die  jährliche  Verdunstungshöhe  für  Kopenhagen  wird  mit  209  mm  angegeben. 

Die  jährliche  Verdunstungshöhe  im  Königreich  Sachsen  soll  im  Durchschnitt  374  mm 
betragen.  Nach  den  Beobachtungen  von  Professor  Müttrich  in  Eberswalde54)  haben 
sich  in  den  5  Beobachtungsjahren  1875 — 1879  die  jährlichen  Verdunstungen  bei  13  Mess- 
stationen im  Wa)de  zu  125  mnij 

,  im  Freien  zu  303  mm 

ergeben. 

Die  Beobachtungen  zur  Bestimmung  der  Speisewassermenge  des  Marnekanals  er- 
gaben Tom  1.  Juli  1844  bis  zum  Juli  1845  eine  Verdunstungshöhe  von  436  mm,  vom 
1.  Juli  1845  bis  1.  Juli  1846  eine  Verdunstungshöhe  von  625  mm. 

Für  die  Anlage  von  Talsperren  sind  von  Intze*5)  in  Lennep,  im  Uelfe-  und  im 
Berertale  während  der  Jahre  1889 — 1892  gleichzeitig  mit  den  bereits  erwähnten  Be- 
obachtungen über  Niederschlagshöhen  (vergl.  Tab.  VII,  S.  158/159)  auch  Beobachtungen 
über  Verdunstungshöhen  gemacht  worden,  welche  in  der  nachfolgenden  Tabelle  wieder- 
gegeben sind. 


Tabelle  XV. 

Niederschlags-  and  Verdunstungen  Oben  in  drei  benachbarten  Tfilern. 


Lennep 

Uelfetal 

Berertal 

Niederschlag 

Verdunstung 

Niederschlag 

Verdunstung 

Niederschlag  Verdunstung 

188» 

Januar     

54,6 

25 

45.4 

85 

38,6 

27 

Februar  . 

112,9 

— 

76,7 

— 

60,0 

— 

Man  .    . 

73,6 

70 

67,9 

90 

55,5 

60 

Aprü  .    . 

39,5 

58 

86,7 

107 

29,1 

97 

Mai     .    . 

77,9 

98 

58,0 

182 

53,9 

134 

Juni    .    , 

81,1 

124 

55,6 

166 

82,9 

154 

Juli     .    , 

158,0 

HO 

171,0 

114 

149,3 

168 

August    , 

165,9 

115 

158,1 

95 

142,5 

135 

8ftptember 

126,8 

102 

120,2 

85 

105,0 

102 

Oktober  . 

54,0 

83 

42,1 

67 

29,0 

75 

November    . 

54,15 

50 

52.5 

30 

37,35 

33 

Deiember 

186,5 

20 

115.2 

15 

110,6 

— 

im  ganzen  J 

ab 

r 

• 

• 

1129,4 

855 

989,4 

936 

893,7 

985 

Es  betrug  die  Verdunstung  in  den  Monaten  April — September  in  %  der  Jahres- 

yerdunstung : 

1889  1890  1891  1892 

in  Lennep 71,0°/o  80,0°/o  78,0 °/o  82.0°/o 

im  uelfetal 75,0  °/o  79,0  °/o  68,0  °/o  81,0  °/o 

imBevertal 80,0%  82,0  °/o  80,0  °/o  82,0  °/o 

durchschnittlich    .    .    .    .    75,3  °/o  80,3  °/o  75,3  °/o  81,7  •/• 

**)  Mut  trieb,  Beobachtungsergebnisae  der  forstlichen  Versuchsanstalten  nsw.  Berlin. 
**)  P.  Ziegler,  Der  Talsperrenbau.  8.  19. 


170 


L    Thkodob  Kokhh.    Ausbau  von  Waj88Ebkbäften.    Allgemeinm. 


Len 

nep 

Uelfetal 

Bevc 

»rtal 

Niederschlag 

Verdunstung 

Niederschlag 

Verdunstung 

Niederschlag 

Verdunstung 

1800 

Januar     

192,5 

40 

197,0 

36 

158,4 

2d 

Febraar  . 

• 

6,0 



— 

— 

— 

— 

Min  .    . 

61,0 

60 

58,3 

63 

55,2 

62 

April  .    . 

98,35 

95 

89,2 

71 

79,2 

90 

Mai     .    . 

76,95 

100 

77,2 

120 

68,7 

154 

Juni     .    , 

98,5 

94 

86,6 

99 

71,4 

107 

Juli     . 

149,0 

89 

161,4 

107 

134,5 

118 

August    . 

162,7 

83 

144,6 

89 

146,2 

115 

September   . 

16.3 

65 

12,6 

64 

13,0 

67 

Oktober  .    . 

166,5 

88 

144,4 

36 

141,0 

32 

November    , 

264,85 

10 

282,5 

10 

221,4 

20 

Dezember 

5,6 

— 

— 

— 

— 

— 

im  gansen  J 

ahr   .    . 

1297,5 

629 

1103,8 

704 

1089,0 

799 

1001 

Januar     

155,65 

— 

185,0 

— 

127,0 

— 

Februar 

8,7 

— 

— 

— 

— 

— 

Min  . 

160,2 

50 

144,8 

50 

92,7 

50 

April  . 

86,0 

60 

100,7 

55 

73,1 

60 

Mai     . 

77,8 

110 

90,9 

107 

65,5 

120 

Juni 

181,0 

90 

172,7 

82 

172,7 

105 

Juli     . 

101,8 

110 

111,9 

110 

91,0 

125 

August 

112,0 

90 

78,6 

86 

78,6 

100 

September    . 

44,2 

80 

48,1 

82 

35,2 

85 

Oktober  . 

61,2 

68 

68,7 

66 

46,6 

70 

November 

48,6 

26 

48,6 

88 

46,0 

34 

Desember 

192,6 

— 

177,0                   4 

182,6 

— 

im  gansen  J 

ahr   .    . 

1229,2 

684 

1170,0 

781 

1005,5 

749 

1002 

Januar    

102,4 

— 

72.2 

— 

00,5 

— 

Februar 

79,1 

20 

64,7 

22 

54,2 

22 

Min  . 

48,1 

58 

25.5 

68 

34,0 

58 

April  . 

44,2 

79 

80,5 

106 

84,1 

80 

Mai     .    . 

72,2 

160 

55,4 

100 

52,1 

157 

Juni 

85,9 

118 

85,3 

113 

65,5 

125 

Juli     .    , 

68,85 

124 

73,0 

123 

44,7 

137 

August    , 

84,41 

118 

75,75 

118 

70,8 

125 

September    . 

144,85 

52 

115,3 

55 

99,8 

59 

Oktober  . 

100,6 

45 

86,7 

48 

88,6 

51 

November    . 

66,7 

22 

58,0 

22 

47,0 

22 

Desember 

180,0 

— 

128,0 

— 

127,0 

— 

im  gansen  J 

sb 

r 

■ 

> 

1017,8 

792 

865,4 

835 

777,8 

836 

§    4. 


Die  technischen  Vorarbeiten. 


171 


Dass  die  Jahresverdunstungshöhen  der  Tabelle  XV  zum  Teil  höber  sind,  als  die 
Niederschlagshöhen  dürfte  gleichfalls  darauf  zurückzuführen  sein,  dass  in  den  kleinen 
Verdunstungsmessern  die  Verdunstung  grösser  war,  als  die  wirkliche  im  ganzen  Vor- 
flutgebiet,  da  man  dauernd  in  den  Schalen  Wasser  der  Verdunstung  aussetzte, 
-während  in  Wirklichkeit  bei  fehlenden  oder  geringen  Niederschlägen  durch  die  Abtrock- 
nung  der  Oberfläche  die  Verdunstung  stark  zurückgegangen  ist. 

Auch  wenn  nach  den  mit  kleinen  Schalen  gewonnenen  Messresultaten  durchschnitt- 
lich 50— 70°/o  und  mehr  der  Regenmenge  verdunsten  sollen,  kann  man  in  Gebirgs- 
flüssen  und  zwar  auch  an  solchen,  welche  nicht  von  Gletschern  gespeist  werden,  mitunter 
feststellen,  daro  die  jährliche  Abflussmenge  die  jährliche  Niederschlagsmenge 
fast  erreicht,  oder  wohl  sogar  überschreitet.  Das  hat  seinen  Grund  erstens  darin, 
dass  die  Abflüsse  im  Gebirge  wegen  der  Schnee-  und  fasschmelze  ebenso  von  der  Tem- 
peratur, als  Ton  den  Niederschlägen  abhängen  und  ferner  darin,  dass  die  in  den  Tälern 
Terdunsteten  Wassermengen  durch  die  Sonnenwärme  in  Form  von  Wolken  aufsteigen  und 
sich  nach  den  kühleren  Bergspitzen  hinziehen.  Man  kann  oft  im  Gebirge  beobachten, 
wie  einige  Stunden  nach  Sonnenaufgang  aus  allen  Tälern  Wolken  aufsteigen,  welche  sich 
mm  Nachmittag  um  die  Bergspitzen  sammeln  und  dort  bis  zum  Abend  hängen  bleiben. 
Bei  untergehender  Sonne  werden  die  Spitzen  wieder  klar,  weil  der  Wassergehalt  der 
Wolken  sich  in  Form  von  Schnee  oder  Nebel  niederschlägt  und  dann  später  wieder  zu 
Tal  fliegst.  Auf  diese  Weise  wird  durch  die  Sonne  ein  kleiner  Kreislauf  erzeugt,  welcher 
Teile  der  in  Ombrometern  messbaren  Niederschläge  eines  Jahres  mehrfach  an 
ein  und  derselben  Stelle  eines  Flusses  erscheinen  lässt.  Derselbe  Vorgang  findet 
gleichfalls  in  den  Tälern  des  Berglandes  statt,  wenn  auch  in  kleinerem  Masstabe.  Auch 
die  Länge  der  Beobachtungsperiode  spielt  bei  den  Feststellungen  der  Verlusthöhen,  be- 
sonders im  Gebirge,  insofern  oft  eine  grosse  Bolle,  als  z.  B.  Schnee,  der  im  Jahre  vorher 
gefallen  war,  erst  in  einem  folgenden  Beobachtungsjahr  zur  Schmelze  und  zum  Abfluss 
kommen  kann,  und  damit  mehr  oder  weniger  stark  die  Verlusthöhe  eines  Jahres  beeinflusst. 

Monatliche  Verdmmstungshöhen.  Aus  der  S.  168  gegebenen,  dem  Eibstrombuch 
entnommenen  Tabelle  XIV,  wenn  man  nur  die  Angaben  von  Dresden  und  Chemnitz  ins 
Auge  fasst,  sieht  man,  dass  das  Verdunstungsvermögen  in  den  Monaten  April  bis  Sep- 
tember 2,3 — 2,7  mal  so  gross  war,  als  in  der  Zeit  von  September  bis  März.  Für  Prag 
und  Magdeburg  ergibt  sich,  dass  das  Maximum  im  Juli  fast  sieben-  bezw.  neunmal  so 
gross  war,  wie  das  Minimum  im  Dezember.  Für  die  Monate  April  bis  September  und 
ferner  für  den  Monat  der  grössten  Verdunstung  ergeben  sich  folgende  Verhältniszahlen: 


Tabelle  XVI. 

Verdunstungen  in  •/©  der  Jahresverdunstong. 


Ort 

Verdunstung  während  der 
Monate  April— September 

Durchschnittliche 

monatl.Verduastang 

von  April— Sept. 

in  mm 

Grosste  Verdunstung  eines 
Monate 

mm 

°/o  der 
Jahresverdunstung 

.  mm 

•/•  der 
Jahresveidunstung 

Chemnitz     .... 
Magdsbuig  .... 

470,9 
277,6 
255,1 
410,2 

78 
78 
69 
81 

78,8 
46,8 
42,5 
68,8 

96,6 
55,5 
50,6, 
82,6 

(Juli)       20,6 
(Mai)       20,0 
(April)      19,0 
(Juli)        20,0 

172 


I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 


Wenn  man  die  höchsten  Verbältniszahlen  der  obigen  Tabelle  auf  die  Beobach- 
tnngen  beim  Marnekanal  anwenden  wollte,  so  wurden  sich  folgende  Verdunstungshöhen 
ergeben : 


Für  die  Beobachtungszeit  vom 

für  die  Monate 
April— September 

für  den  Monat  der 
höchsten  Verdunstung 

1.  Juli  1844  bis  1.  Juli  1845 
1.  Juli  1845  bis  1.  Juli  1846 

358  mm 
506     , 

89,8    mm 
128,25    , 

Aus  der  Tabelle  der  Beobachtungen  in  Lennep,  im  Uelfe-  und  Bevertale  ergibt 
sich  als  höchste  Verdunstungshöhe  eines  Monates  diejenige  im  Bevertale  im  Monat  Juli 
1898  mit  168  mm.  Auch  die  grössten  monatlichen  Verdunstungshöhen  der  übrigen  Mess- 
stellen und  Jahre,  sowie  ferner  die  Jahresverdunstungshöhen  sind  z.  T.  recht  erheblich 
höher,  als  die  aus  Tabelle  XIV. 

Wenn  auch  der  Wert  aller  dieser  Zahlen  absolut  betrachtet,  zweifelhaft  erscheinen 
mag,  so  geben  dieselben  doch  ein  gutes  Bild  über  das  Verhältnis  der  Verdunstungen 
in  den  einzelnen  Monaten,  indem  sie  u.  a.  zeigen,  dass  die  Verdunstung  durchschnittlich 

in  den  Monaten  April  bis  September  73 — 83°/0  der  Jahresverdunstung  ausmacht. 

» 

Auf  diese  Erscheinung  ist  es,  —  neben  dem  Umstände,  dass  im  Winter  die  Ver- 
sickerung im  Durchschnitt  klein  ist  und  die  Wasseraufnahme  durch  die  Pflanzen  ganz 
aufhört  —  zurückzuführen,  dass  wir  in  den  meisten  Flüssen  des  Hügel-  und  Flachlandes 
Nordwesteuropas  in  den  Monaten  Oktober  bis  April  meist  höhere  Wasserstände  haben, 
als  in  den  Monaten  Mai  bis  September,  obwohl  die  Regenhöhe  gerade  in  den  letztge- 
nannten Monaten  die  grössten  sind. 

Tägliche  Verdunstungshöhen :  Die  Kenntnis  der  taglichen  Verdunstungshöhen  hat 
besonders  Interesse  für  Talsperren,  Seeregulierungen  und  namentlich  für  kleinere  Stau- 
weiher,  welche  zum  Ausgleich  der  sekl.  Wassermenge  während  einer  kürzeren  Zeitdauer 
bestimmt  sind. 

Durchschnittliche  tägliche  Verdunstungshöhen  ergeben  sich  aus*  den  Mit- 
teilungen der  monatlichen  Verdunstungen. 

Th.  Reh  bock  hat  vom  5.  Januar  bis  zum  31.  August  1897  an  216  Tagen  Ver- 
dunstungsmessungen zu  Windhoek  vorgenommen  und  die  in  Tabelle  XVII  mitgeteilten 
Resultate  erhalten  *•). 

Tabelle  XVII. 

Verdunstnngsmesaungen  in  Windhoek. 


Schale  I 

Schale  II 

Mittlere  Verdunstungshöhe  für  die  ganze  Beobachtungszeit  pro  Tag  .    .     . 
Grösste  mittlere  Verdunstungshöhe  in  einem  Monat  (Januar)  pro  Tag   .    . 
Kleinste  mittlere  Verdunstungshöhe  in  einem  Monat  (August)  pro  Tag  .     . 

Kleinste  Verdunstungshöhe  für  einen  Tag  (5.  März) 

12.5  mm 

14,2    , 

10.6  „ 
17,4    , 

4,0    „ 

9,1  mm 

10.0    . 

8.0    . 
13,2    . 

8,0    . 

w,v            f 

**)  Tb.  Reh  bock,    Deutsch -Südwest- Afrika,  seine  wirtschaftliche  Erschliessung  etc,     Berlin 
1898.  Seite  43. 


§  4.  Die  technischen  Vorarbeiten.  173 

Ein  schwimmender  Verdunstungsmesser  in  Neuchatel,  welcher  am  Rande  des  Sees 
aufgestellt  war,  zeigte  als  grösste  Verdunstungshöhe  eines  Tages  10  mm  (August  1856) 
bei  trockenem  Nordwestwinde. 

H.  Dufour67)  Lausanne  hat  nie  mehr  als  10  mm  Verdunstungshöhe  in  zwölf 
Tagesstunden  beobachtet,  in  den  Nachtstunden  war  die  Verdunstung  häufig  =  0  und 
sie  betrug  im  Juni  und  Juli  noch  nicht  2  mm. 

In  den  Entwürfen  für  die  preussischen  Kanäle  wurde  früher  mit  4  mm  täglicher 
Verdunstung  in  den  heissen  Sommermonaten  gerechnet.  Auf  einer  Versuchsstrecke  des 
Dortmund-Ems-Kanale8  wurde  aber  nach  Beobachtungen  vom  Oktober  1892  bis  Juni  1894 
als  grösste  Verdunstung  eines  Tages  7,5  mm  festgestellt  Für  den  preussischen  Mittel- 
landkanal wurde  aus  besonderer  Vorsicht  1901  die  Annahme  einer  grössten  täglichen 
Verdunstung  von  11  mm  gemacht68). 

Wenn  man  berücksichtigt,  was  schon  mehrfach  hervorgehoben  wurde,  dass  die 
Messungsergebnisse  mit  kleinen  Gefässen  nicht  ohne  weiteres  für  grössere  Wasserflächen 
massgebend  sein  können,  wenn  man  weiter  berücksichtigt,  dass  der  Wind,  welcher 
z.  B.  quer  über  einen  Schiffahrtskanal  streicht,  einen  grösseren  Einfluss  auf  die  Ver- 
dunstung haben  muss,  als  derselbe  Wind  auf  einem  grösseren  See  oder  Staubecken,  weil 
hier  allmählich  eine  stärkere  Schwängerung  der  Luft  mit  Wasserdampf  stattfindet  und 
daher  die  Verdunstung  vom  Ufer  nach  dem  offenen  Wasser  zu  abnehmen  muss,  so  dürfte 
es  ausreichend  sein  —  die  durchschnittlichen  klimatischen  Verbältnisse  von  Deutschland 
zugrunde  gelegt  —  als  höchste  durchschnittliche  monatliche  Verdunstungs- 
höhe für  mittlere  Seen  und  Staubecken  50 — 60  mm  und  als  grösste  Ver- 
dunstungshöhe eines  Ausnahme- Monates  70—  80  mm  anzunehmen.  Hieraus 
würden  sich  dann  auch  die  entsprechenden  durchschnittlichen  täglichen  Verdunstungs- 
höhen ergeben.  Für  kleinere  Stauweiher  kann  man  als  höchste  tägliche  Ver- 
dunstungshöhe, welche  ausnahmsweise  an  einem,  oder  wenigen  aufeinander  folgenden 
Tagen  vorkommen  kann,  10  mm  zugrunde  legen. 

b)  Die  Versickerung. 

Beim  Rückblick  auf  die  zu  dem  Abschnitt  „Verdunstung"  gemachten  Angaben 
erkennt  man,  wie  schwierig  und  in  den  Ergebnissen  unsicher  es  ist,  den  Einfluss  der 
Verdunstung  auf  die  Verlusthöhen  eines  ganzen  Vorflutgebiets  zahlenmässig  festzulegen 
und  das  je  mehr,  um  desto  kürzere  Zeitabschnitte  es  sich  handelt. 

Das  gleiche  gilt,  nur  noch  im  verstärkten  Masse,  von  der  Versickerung.  Es  sind 
zwar  vielfach,  unter  anderen  von  Wollnyw),  Ebermayer00),  G.  v.  Möllendorff81), 
von  E.  Bisler6i)  Versuche  über  Versickerungen  mit  kleinen  Gruben  und  Kästen  ange- 
stellt und  es  sind  zahlenmässige  Feststellungen  für  verschiedene  Bodenarten  und  Boden- 
tiefen und  für  verschiedene  Zustände  ein  und  derselben  Bodenart  (ob  mit  Pflanzenwuchs 
bedeckt  oder  kahl)  gemacht,  aber  diese  Resultate,  so  wertvoll  sie  für  die  Land-  und 
Forstwirtschaft  sein  mögen,  beweisen  noch  nichts  für  den  Anteil  der  Versickerung  an 
der  Verlusthöhe,  welche  zwischen  Niederschlagsmengen  und  Abflussmengen  entsteht.    Es 


&7)  Handb.  der  Ing.-Wissensch.  III.  Teü.  Der  Wasserbau.  4.  Aufl.  I.  Bd.  S.  50. 

**)  Vergl.  Denkschrift  von  Prflssmann.  8.  54. 

6»)  Wollny,  Forschungen  auf  dem  Gebiete  der  Agrikulturphysik.  1888.  S.  61. 

•■>)  E.  Eberinayer,  Die  physikalischen  Einwirkungen  des  Waldes  auf  Luft  nnd  Boden.  Berlin 
1873.  8eite  215. 

•i)  G.  von  MOllendorff,  Die  Regenverhiltnisse  Deutschland«.  Görlitz  1862. 

**)  E.  Risler,  Archiven  des  Siences  de  la  Bibliotbeqne  Universelle.  Jonrn.  d'Agr.  prat  1869. 
Seite  865. 


174 


I.    Theodor  Koehx.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 


leuchtet  ein,  dass  die  Versickerung  um  so  grösser  ist.  je  weniger  dicht  die  einzelnen 
Bodenteilcben  sich  berühren  und  je  kahler  eine  Gel&ndefläche  ist.  Eine  mit  Gras  oder 
anderen  Pflanzen  dicht  bestandene  Fläche  wird  weniger  Wasser  versickern  lassen,  ab 
ein  blankes  Sandfeld.  Wenn  eine  Bodenfläche  durch  längere  Dörre  ausgetrocknet  ist, 
so  wird  die  Versickerung  bei  Beginn  von  Niederschlägen  gross  sein  und  allmählich  ab- 
nehmen, je  mehr  sich  der  Boden  mit  Feuchtigkeit  sättigt.  Hieraus  erklärt  es  ach, 
dass,  wenn  Sturzregen  nach  längeren  reichlichen  Niederschlägen  eintreten,  die  Abfluss- 
menge ungefähr  gleich  der  Niederschlagsmenge  wird,  d.  h.  die  Verlusthöbe  ganz  ver- 
schwindet. Es  bedarf  ferner  keiner  besonderen  Begründung,  dass  die  Versickerung  bei 
stärker  geneigten  Flächen,  im  ganzen  genommen,  kleiner  ist,  als  bei  schwach  geneigten 
oder  wagerechten  Flächen,  weil  auf  den  erst  genannten  ein  grösserer  Teil  der  Nieder- 
schläge oberirdisch  zum  Abfluss  gelangt. 

Wenn  die  Oberfläche  des  Bodens  im  Winter  mit  Feuchtigkeit  gesättigt  und  dann 
gefroren  ist,  so  wird  bei  Regenfällen  und  bei  Wasserschnee  erheblich  weniger  versickern, 
als  im  Sommer. 

Es  ist  vielfach  versucht  worden,  die  Vorflutgebiete  nach  dem  Grade  ihrer  Durch- 
lässigkeit zu  zerlegen.  So  soll  z.  B.  das  Niederschlagsgebiet  des  Neckars6*)  bei  13965  qkm 
Gesamtgrösse  29°/o  undurchlässige,  56%  durchlässige  und  15°/o  sehr  durchlässige  Boden- 
flächen enthalten. 

Nach  dem  Programm  des  bydro-technischen  Dienstes  der  Schweiz  sollen  die  unter- 
suchten Vorflutgebiete  nach  der  Bedeckung  der  Oberfläche,  nach  der  Durchlässig- 
keit und  nach  der  Neigung  eingeteilt  werden. 

Das  französische  bydrometrische  Bureau  will  jedes  Vorflutgebiet  einteilen: 

1.  in  Höhenzonen, 

2.  nach  Bodenarten 

und  zwar  für  die  Höhenzonen  wie  folgt:  unter  500  m,  von  500 — 1000  m,  von  1000  bis 
1500  m,  von  1500—2000  m,  von  2000-2500  m,  von  2500—3000  m,  über  3000  m. 
Einteilung  nach  Bodenarten: 


Sehr  diirehliaaice,  aufnahme- 
fähige Bodenarten 

Mittel  durchlässige  aufnahme- 
fähige Bodenarten 

Undurchlässige  Bodenarten 

Bewaldeta  Fliehen  tiefer  riaaiger 
Kalkfelsen  etc. 

Dünnere  Knltarbodenachicht,  alte 
Allnvionen,  verschiedene  Kulturen 

etc. 

Kompakter  dichter  Felsen,  dichte 
nnd  undurchlässige  TonacHcfaten 

etc. 

Im  allgemeinen  müssen  die  Vorflutgebiete  mit  starker  Bewaldung  und  reichlicher 
landwirtschaftlicher  Kultur  einen  gleichmässigeren  Abfluss  zeigen,  weil  die  Niederschläge 
länger  festgehalten  werden.  Die  Entwaldung,  die  Umlegung  von  Wiesen  und  die  Ver- 
ödung von  Äckern  wirkt  jedenfalls  auf  einen  schnelleren  Abfluss  hin  und  die  vielen 
Hochwasserschäden,  welche  namentlich  um  die  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  an  vielen 
französischen  Flüssen  zu  beklagen  waren,  beruhten  zum  grössten  Teil  auf  die  Entwaldung 
der  Gebirge. 

Das  versickerte  Wasser  geht  den  Flüssen  schliesslich  nicht  verloren,  sondern  dient 
zum  beträchtlichen  Teil  dennoch  zu  ihrer  Speisung,  indem  es  auf  dem  Wege  des  Grund- 
wassers in  die  Flüsse  gelangt  oder  in  Quellen  wieder  zutage  tritt.  Diese  unterirdischen 
Wege  des  Wassers  lassen  sich  aber  aus  der  Beschaffenheit  der  Oberfläche  nicht  ohne 


••)  Der  Rhein  nnd  seine  wichtigeten  Nebenflüsse.  3.  188. 


§  4.  Die  technische^  Vorarbeiten.  175 

^weiteres  erkennen  nnd  wenn  man  an  einer  bestimmten  Flnsstelle  die  Abflussmenge  fest- 
stellt, so  kann  man  nicht  genau  bestimmen,  welche  Teile  des  Vorflutgebietes  im  Wege 
des  Grundwassers  zur  Speisung  des  oberen  Flusslaufes  beigetragen  haben.  Namentlich 
im  Gebirge  kommt  es  sehr  oft  vor,  dass  unterirdische  Rinnsale  und  selbst  Sammelbecken 
vorhanden  sind,  welche  erst  ziemlich  weit  unterhalb  desjenigen  Gebietes,  aus  welchem 
sie  bei  Niederschlagen  gespeist  werden,  sich  in  den  Wasserlauf  ergiessen.  Bei  Niedrig- 
wasserständen nach  längerer  Trockenheit  erfolgt  die  Speisung  der  Wasserläufe  oft 
lediglich  aus  dem  Grundwasser  und  es  hängt  von  der  Durchlässigkeit  des  Bodens  ab, 
ob  sich  die  sekl.  Wassermengen  längere  Zeit  auf  einem  Werte  halten  oder  schnell  ab- 
nehmen. Bei  fallendem  Wasser  ist  die  Speisung  aus  dem  Grundwasser  in  der  Regel 
kräftiger,  weil  das  Gefälle  des  Grundwasserstroms  grösser  ist.  Wenn  nach  trockener 
Zeit  das  Wasser  im  Flusse  steigt,  so  kann  umgekehrt  eine  Speisung  des  Grundwasser- 
beckens aus  dem  Flusse  stattfinden.  Alle  diese  einzelnen  Umstände  muss  man  beim 
Studium  eines  Wasserlaufs  beobachten,  ihren  Einfluss  auf  die  Verlusthöhe  aber  Zahlen- 
massig  im  einzelnen  oder  im  ganzen  zuverlässig  festzustellen,  ist  bis  heute  noch  nicht 
möglich. 

c)  Der  Pflanzenwuchs. 

Da  die  Pflanzen  zu  ihrer  Ernährung  und  zu  ihrem  Aufbau  .reichlich  Wasser  not- 
wendig haben,  so  wird  von  den  Niederschlägen  durch  die  Pflanzen  ein  grösserer  Prozent- 
satz zurückgehalten.  Zahlenmässig  lässt  sich  der  Anteil,  welchen  der  Pflanzenwuchs 
an  der  Verlusthöhe  hat,  gleichfalls  kaum  feststellen.  Die  Wasseraufnahme  der  Pflanzen 
tragt  aber  sicherlich  nicht  unwesentlich  dazu  bei,  dass  die  Verlusthöhe  zwischen  Nieder- 
schlag und  Abflugs  namentlich  in  den  Flüssen  des  Hügel-  und  Flachlandes  in  den 
Sommermonaten  grösser  ist,  als  im  Winter. 

Nachdem  wir  die  Ursachen  der  Verlusthöhen  kennen  gelernt  haben,  kommen 
wir  nun  zu  der  Ergiebigkeit,  durch  welche  die  Verlusthöhen  zahlenmässig  festgestellt 
werden.    Die  Ergiebigkeit  wird  ausgedrückt  durch 

3.  Abflussmengen  oder  Abflusshöhen. 

a)  Jährliche  Abflussmengen  und  jährliche  Verlusthöhen. 

Aus  dem,  was  über  die  Ursachen  der  Verlusthöhen  mitgeteilt  ist,  wird  es  jetzt 
einleuchtend  sein  —  von  Hochfluten  zunächst  abgesehen  —  weshalb  man  zu  Zahlen  von 
allgemeinerer  Gültigkeit  für  die  Verlusthöhen  und  Abflusshöhen  nur  bei  Betrachtung 
yon  Zeitabschnitten  von  mindestens  einem  Jahre  kommen  kann. 

Nach  von  Möllendorff64)  sollen  in  Deutschland  durchschnittlich  47,4%  der 
Jahresniederschläge  frei  abfliessen,  wobei  die  Abflussverhältnisse  an  den  einzelnen  Flüssen 
zwischen  28,1  und  71,6  °/o  schwanken. 

Es  nimmt  im  allgemeinen  die  Verlusthöhe  mit  der  Grösse  des  Vorflutgebietes 
zu,  da  man  dasselbe  von  der  Quelle  aus  misst  und  die  Verlusthöhen  im  Hochgebirge 
kleiner  sind,  ab  im  Hügellande  und  im  Hügellande  kleiner  als  in  der  Ebene.  Für  die 
norddeutsche  Tiefebene  darf  man  daher  mit  der  Durchschnittszahl  von  47,4  °/o  keines- 
falls rechnen. 

Ebenso  wächst  auch  die  Gleichmässigkeit  des  Abflussvorganges  mit  der  Grösse 
des  Vorflutgebietes  d.  h.  die  Unterschiede  zwischen  N.W.  und  H.W.  werden  kleiner. 


«)  6.  von  Möllendorff,  Die  RegenverhSltnisae  Deutschlands.  1862. 


176 


I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    Aiagemeines. 


Nach  Gräve65)  sollen  die  deutschen  Ströme  im  Durchschnitt  31,4%  der  jähr- 
lichen Regenmenge  abführen  und  zwar: 

der  Rhein  bei  KobLnz  38,5% 

die  Weser  bei  Minden  37,0% 

die  Memel  bei  Tilsit  32,5% 

die  Elbe  bei  Torgau  30,0% 
die  Weichsel  an  der  Montauer  Spitze    29,0% 

die  Oder  bei  Steinau  27,0% 

die  Warthe  an  der  Mündung  21,0% 

Für  die  Elbe  innerhalb  Böhmens  wurde  im  Jahre  1885  die  jährliche  Abflvss- 
menge  auf  29,2%  der  jährlichen  Niederschlagsmenge  festgestellt. 

Prof.  Holz  macht  in  seinem  Bericht  über  die  Wasserverhältnisse  der  Provinz 
Westpreussen,  Mai  1902  Mitteilungen,  welche  in  nachstehender  Tabelle  zusammengestellt 
sind  und  zwar  gelten  diese  Zahlen  für  ein  mittleres  Jahr  von  vier-,  beziehungsweise 
fünfjährigen  Beobachtungen. 

Tabelle  XVIII. 

Mittlere  Regen-,  Abflugs-  and  Verlusthöhen  in  den  Fitisagebieten  Westpreussens  (vergL  Tab.  V  8.  156). 


Bezeichnung  des 
Flussgebietes 

1 

Badaune     

Ferse 

8chwarzwAsser 

Brabe     

Köddow 

Drewenz 

Gesa 

Liebe 


Mittlere 

RegenhOhe 

in  mm  nach 

Hellmann 


2 


Abflusshöhe 
M.  W. 
in  mm 


3 


entsprechende  Verloethtthe 


in  •/•  der  mittl. 
Regenhöhe 


in  mm 


608 

564 
549 
548 

587 
527 
488 
510 


820 

(262) 

189 
270 
181 
233 
151 
97 
114 


52,4 

24,6 
49,2 
33,3 
40,0 
26,7 
20,0 
22,0 


>  288 
(346) 

<  425 

>  279 


854 
376 
891 
396 


Man  sieht  aus  dieser  Tabelle,  dass  in  absoluten  Zahlen  betrachtet,  die  Verlust- 
höhen zwischen  den  einzelnen  Vorflutgebieten  weniger  schwanken,  als  die  Ab- 
flusshöhen. Auch  die  Schwankungen  der  Verlusthöhen  in  den  einzelnen  Jahren  ein  und 
desselben  Vorflutgebietes  haben  sich  kleiner  ergeben,  als  die  Schwankungen  der  Abfluss- 
menge. Wenn  daher  ungewöhnlich  niedrige  Regenhöhen  in  einem  Gebiete  eintreten,  so 
kann  unter  Umständen  die  Verlusthöhe  die  Regenhöhe  erreichen  und  der  Fluss  versiegen. 

Die  Schwankungen  in  den  Jahreswerien  der  Verlusthöhe  eines  bestimmten  Ge- 
bietes sind  im  grossen  und  ganzen  den  Schwankungen  der  Niederschlagshöhen  ähnlich 
und  die  Unterschiede  werden  vornehmlich  durch  die  Verschiedenheit  der  Temperatur 
in  den  einzelnen  Jahren  verursacht. 

Prof.  Dr.  Schreiber66)  hat  die  Niederschlagshöhen,  Abflusshöhen  und  Verlust- 
höhen für  die  Elbe  bei  Schandau  in  den  Jahren  1877  bis  1893  zusammengestellt  und 
es  ergibt  sich  daraus  folgendes  Bild: 

66)  Gräve,  Wasserreichtum  der  deutschen  Ströme.  Zivüiugenieur.  Bd.  XXV.  Heft  8. 

•6)  Schreiber,  Beiträge  zur  meteorologischen  Hydrologie  der  Elbe.    Zivil.-Ing.  1896.  S.  W4. 


§    4- 


Die  technjschen  Vorabbetten. 


177 


1 .  Gröbste  jährliche  Niederschlags- 

höhe  (1890) 
850  mm 

2.  Grtaste  jährliche  Verlusthöhe 
(1882)  617  mm  n.  598  mm  im 
J&fare  1890,  also  70  °/o  von  1. 

3.  Grftaste  jährliche  Abflosshöhe 

(1890)  257  mm 

oder  30,37*  von  1. 


Kleinste  jährliche  Niederschlags* 

höhe  (1887) 

541  mm 

Kleinste  jährliche  Verlusthöhe 

(1887)  898  mm 

also  73°/o  von  1. 

Kleinste  jährliche  Abflusshöhe 

(1887)  148  mm 

oder  26,4*/o  von  1. 


Kleinste  Niederschlagshöhe  in 

°/o  der  grössten 

63,6% 

Kleinste  Verlusthöhe  in  °/°  der 

grössten 

67,1> 

Kleinste  Abflusshöhe  in  °/o  der 

grössten 

55,8  °/o 


1895  65,8°/o 

1896  62,5°/o 


Es  wurde  bereits  gesagt,  dass  die  Abflusshöhen  im  Hügel-  und  Gebirgs- 
lande  im  allgemeinen  weit  grösser  sind,  als  im  Tieflande. 

An  der  Mulde  bei  Duben   beträgt  die  Abflusshöhe  bereits  42%  der  Nieder- 
schlagshöhe. 

Im  Eschbachtal  bei  Remscheid  betrugen  die  Abflusshöhen 
im  Jahre  1888  67,8%         im  Jahre  1891  67,5%         im  Jahre  1894  70,5°/o 

„       „      1889  66,5o/o  „       „      1892  71,2%  „       „ 

„       „      1890  69,4°/o  „       „      1893  65,3%  n       „ 

im  9  jährigen  Durchschnitt  67,4°/o"). 

Für  das  Niederschlagsgebiet  des  Füren s  werden  64,1  °/o,  für  das  Becken  des 
Bodensees  60,0 — 70,0%  angegeben. 

Nach  Fecht  betragen  die  Abflussmengen  am  Abhänge  der  Yogesen  60  bis  80%, 
nach  P.  Ziegler  das  Abflussverhältnis  für  das  Wuppergebiet  70%. 

Bei  den  Vorarbeiten  für  die  Urft-Talsperre  bei  Gemünd  hat  Intze  im  Jahre  1897 
ein  Abflussverhältnis  von  61,2%  beobachtet68). 

An  der  Rhone  bei  St.  Maurice  (vergL  Kap.  II,  16)  beträgt  bei  einer  mittleren 
Regenhöhe  von  1050  mm  das  Abflussverhältnis  91%.  Die  Oberfläche  des  Niederschlags- 
gebietes der  Rhone  bei  St.  Maurice  beträgt  4692  qkm  und  %  dieser  Oberfläche  unge- 
fähr ist  von  Gletschern  eingenommen,  ein  Verhältnis,  welches  in  solcher  Erheblichkeit 
nicht  oft  vorkommt.  Hier  steuert  der  Gletscher  in  erheblichem  Masse  zu  der  jährlichen 
mittleren  Abflussmenge  bei.  Ausserdem  tritt  im  Rhonetal  auch  der  oben,  Seite  171,  be- 
sprochene kleine  Kreislauf  auf,  indem  grosse  Feuchtigkeitsmengen  während  des  Tages 
verdunsten,  in  Wolkenform  nach  dem  Rhonegletscher  ziehen  und  dort  niedergeschlagen 
werden. 

An  der  Durance  bei  Bompas  in  der  Nähe  von  Avignon  beträgt  bei  einem  Vor- 
flutgebiet  von  14800  qkm  nnd  einer  durchschnittlichen  jährlichen  Regenhöbe  von  700  mm 
die  durchschnittliche  Abflussmenge  70%. 

b)  Abflussmengen  und  Verlusthöhen  bei  Hochfluten. 

Bei  Hochfluten,  welche  bekanntlich  einzutreten  pflegen,  wenn  nach 
einer  längeren  Periode  stärkerer  Niederschläge  Sturzregen  fallen,  kann 
unter  Umständen  die  Verlusthöhe  ganz  verschwinden,  weil  die  Verdunstung 
bei  der  Kürze  der  Zeit,  in  welcher  die  Niederschläge  fallen  und  wegen  der 
Schwängerung  der  Luft  mit  Feuchtigkeit,  nicht  von  Bedeutung  ist,  und  weil 
eine  Versickerung  wegen  der  Sättigung  des  Bodens  durch  die  voraufge- 
gangenen Niederschläge  nicht  mehr  stattfindet. 


*?)  Karl  Borchardt,  Die  Remscheider  Stauweiher- Anlage.  S.  11  u.  12. 
«•)  Zeitacbr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1868.  S.  1224. 
Handbuch  der  Ing.-WisMnach.    m.  Teil.    18.  Bd. 


12 


178  L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräfte*.    Allgemeines. 

Bei  der  Hochflut  am  Queis  sind  nach  den  Schätzungen  Bachmanns*9)  von  den 
vom  27.  Juli  nachmittags,  bis  zum  31.  Juli  7  Uhr  morgens  gefallenen  Regenmengen  tob 
51038085  cbm  (vergl.  S.  163)  bei  einem  Vorflntgebiet  von  306  qkm  bis  zum  31.  JuJi 
abends  rund  49192000  oder  96,39 °/o  zum  Abfluss  gekommen. 

Bei  den  winterlichen  Regenfluten  im  Januar  1841,  welche  an  der  Wupper    und 
Emscher  bei  gefrorenem  Boden  fielen,   sind  Abflusshöhen  von  70—90%    nachgi 
worden. 

Nach  der  Denkschrift  der  preussischen  Landesanstalt  für  Gewässerkunde 
das  Hochwasser  an  der  Oder  und  Weichsel  im  Juli  1903  sind  an  dem  Goldbach  bei 
Arnoldsdorf  mit  einem  Vorflutgebiet  von  51,1  qkm  in  24  Stunden  Abflussmengen  be- 
obachtet, welche  einer  Regenhöhe  von  250  mm  entsprechen,  wenn  diese  ohne 
Rest  zum  Abfluss  gekommen  wäre.  Es  hatte  sich  hier  also  für  eine  24 stündige 
Beobachtungszeit  eine  Abflusshöhe  ergeben,  welche  wahrscheinlich  höher  war,  als  die 
grösste  beobachtete  Regenhöhe  in  24  Stunden  (vergl.  Tab  XI,  S.  163). 

In  dein  Vorflutgebiet  der  gesamten  oberen  Oder  von  22640  qkm  hat  der  Abfluss 
dagegen  nur  51  %  der  bei  der  Hochflut  beobachteten  Regenhöhe  betragen. 

c)  Monatliche  Abflussmengen  und  Verlusthöhen. 

Die  Erfahrung  lehrt,  dass  im  allgemeinen  für  das  Hügel-  und  Flach- 
land die  Verlusthöhen  im  Sommer  grösser  sind,  als  im  Winter,  was  ohne 
weiteres  aus  den  obigen  Betrachtungen  über  die  Ursachen  der  Verlusthöhen  einleuchtet. 
Wir  sehen  auch,  wie  schon  mehrfach  hervorgehoben  wurde,  dass  im  Durchschnitt  die 
deutschen  Flüsse  im  Winter  mehr  Wasser  abführen,  als  im  Sommer. 

Nach  den  Ermittelungen  des  Wasserausschusses  ist  das  Abflussverhältnis 
der  Memel  bei  Tilsit  im  Sommer  20,6,  im  Winter  56,2  °/0 

der  Weser  an  der  Allermündung  „         „       21,1,   „        „       52,5% 

der  Ems  bei  der  Hasemündung  „         „        16,3,    „        „       65,5  °/0 

der  Weichsel  an  der  Montauer-Spitze   „         .,        16,1,   „        „       42,8  °/0 
der  Brahe  „         „       22,2,  „        „        50,7% 

Im  Gebirgslande  ist  meist  das  Umgekehrte  der  Fall,  weil  hier  die 
Niederschläge  im  Winter  wegen  der  höheren  Lage  grösstenteils  in  Form 
von  Schnee  fallen  und  deshalb  erst  bei  Beginn  der  wärmeren  Jahreszeit 
zum  Abfluss  kommen. 

Wenn  man  die  monatlichen  Abflussverhältnisse  mit  den  monatlichen  Regenhöhen 
in  direkte  Beziehung  bringt,  müssen  sich  naturgemäss  sehr  grosse  Schwankungen  ergeben. 
Man  kann  nicht  beurteilen,  bis  wann  die  Regenhöhe  eines  Monats  zum  Ab- 
fluss gelangt.  Alle  bisherigen  Versuche  wenigstens,  in  dieser  Beziehung,  eine  Gesetz- 
mässigkeit festzustellen,  haben  noch  kein  einwandfreies  Material  ergeben.  Rein  zahlen- 
massig  ergibt  sich  natürlich  eine  monatliche  Verlusthöhe,  wenn  man  die  monatliche  Ab- 
flussmenge auf  die  Fläche  des  Niederschlagsgebietes  gleichmässig  verteilt  denkt  und  ihre 
Höhe  in  mm  mit  der  Niederschlagsmenge  in  mm  vergleicht. 

Für  die  Oder  sind  von  Sasse70)  und  für  die  Elbe  bei  Schandau  von  Schreiber 
derartige  Zahlen  zusammengestellt,  welche  in  nachfolgender  Tabelle  wiedergegeben  werden. 


••)  Bachmann,  Die  Talaperrenanlage  bei  Markliesa  am  Qoeis.  Dezember.  1908. 
70)  Sasse,  Ober  die  Wasserabnahme  in  den  Strömen  and  Bienen  Deutschlands.  Halls  1880.— 
Schreiber,  Beiträge  sor  meteorologischen  Hydrologie  der  Elbe.  1897. 


§  4. 


Die  technischen  Vorabbeiten. 


179 


Tabelle  XIX"). 

Die  monatlichen  AbftaMwh&ltnuM  der  Oder  bei  Oppeln  and  der  Elbe  bei  Schanden. 


Oder  bei  Oppeln 

Elbe  bei  Schänden 

Abfluss- 
verhältnis 

Abfluss- 

Monat 

Niederschlag 

Abflusshohe 

Niederschlag 

Abflusshöhe 

Verhältnis 

1850  65 

1850/65 

1876/94 

1874/95 

mm 

mm 

•/. 

mm 

mm 

°/o 

November    .... 

82 

15 

45 

41,4 

12.6 

31 

Dezember     .    , 

29 

28 

77 

44,9 

15,3 

34 

Januar      .    .    . 

82 

28 

86 

88,8 

15,0 

45 

Februar    . 

88 

88 

100 

88f5 

18,4 

55 

Mar«    .     , 

85 

43 

121 

48,5 

80,5 

68 

April    .     . 

38 

44 

116 

48,6 

24,0 

55 

Mai      .     . 

60 

23 

89 

65,2 

18,8 

28 

Juni 

82 

19 

28 

86,2 

14,0 

16 

Juli      .     , 

92 

22 

28 

»1.1 

IV 

18 

August 

115 

24 

21 

77,5 

11,6 

15 

September   .    . 

59 

16 

26 

64,3 

12,0 

19 

Oktober   . 
m  ganzen 

>        •        * 

41 

12 

29 

53,6 

, 

12,9 

24 

Jak 

r 

• 

• 

648 

802 

47 

683,1 

196,1 

29 

Die  Abflussverhältnisse  schwanken  demnach  in  den  einzelnen  Monatsmittelwerten 
an  der  Oder  zwischen  21  und  121  °/o  und  an  der  Elbe  zwischen  13  und63°/o,  d.  h.  um 
das  fünf-  bis  sechsfache  des  kleinsten  Wertes. 

In  dem  Eschbach  bei  Remscheid  sank  im  August  1893  die  Abflusshöhe  auf  5,1  °/o 
der  monatlichen  Regenhöhe71). 

Bei  den  von   Schmidt  im  Auftrage   Intzes  bei  Dahlhausen  an  der  Wupper 
(Vorflutgebiet  213,4  qkm)  gemachten  Wassermessungen  wurden  die  in  Lennep  beobach- 
teten Regenhöhen  als  mittlere  Werte  für  das  ganze  Vorflutgebiet  angesehen  und  daraus 
folgende  monatliche  Prozentsätze  des  Abflusses  im  fünfjährigen  Mittel  herechnet 7B). 
Januar        84°/0  Februar  78°/0  März  60°/0  April  62°/0 

Mai  40%  Juni        45%  Juli  48%  August       46% 

September  61  %         Oktober  74%         November  86%  Dezember  86% 

Noch  viel  schwankender,  als  die  zahlenmässigen  Beziehungen  zwischen  monat- 
lichen Niederschlagshöhen  und  Abflusshöhen  müssen  naturgemäss  —  abgesehen  von 
ausserordentlichen  Niederschlägen  und  Hochfluten  —  die  gleichen  rechnerischen  Fest- 
stellungen für  einzelne  Tage  ausfallen.  Es  ist  deshalb  zweckmässig,  von  diesen  Fest- 
stellungen ganz  abzusehen. 

Wenn  die  Vorarbeiten  ihr  Endziel  (vergl.  S.  136 — 141)  voll  erreichen  sollen,  so 
mu8s  man  die  Kenntnis  der  sekl.  Wassermengen  in  einer  Flusstrecke  an  allen 
einzelnen  Tagen  für  eine  längere  Reihe  von  Jahren  erlangen.  Bei  kleineren  Ver- 
lostgebieten ist  auch  noch  der  stündliche  Verlauf  von  Flutwellen  festzustellen.  Dieses  Ziel 
tast  sich  auf  indirektem  Wege  durch  Ermittlung  der  Regen-  und  Verlusthöhen  und  mit 
Hülfe  von  Vergleichszahlen  aus  anderen,  genauer  untersuchten  Vorflutgebieten  nicht  er- 

7i)  R.  Jasmund,  Handbuch  der  Ing.-Wissenscb.  III.  Teil.  Wasserbau.  4.  Aufl.  I.  Bd.  S.  279. 
?*)  Karl  Borchardt,  Die  Remscheider  Stau-Weiher-Anlage.  S.  12. 
73)  P.  Ziegler,  Der  Talsperrenbau.  Berlin  1900.  S.  21. 

12* 


180 


L    Theodor  Kobhk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 


reichen.  Indessen  genügt  auch  oft,  wenigstens  für  den  technischen  Entwurf  einer  Wasser- 
kraftanlage,  die  Kenntnis  der  charakteristischen  sekl.  Wassermengen.  Ferner  ist 
es  sehr  wertvoll,  wenn  die  Zeit  fehlt,  eingehende  Vorarbeiten  während  einer  längeren  Reihe 
Ton  Jahren  durchzuführen,  die  direkt  ermittelten  täglichen  sekl.  Wassermengen  durch 
die  auf  Grund  von  Vergleichen  gewonnenen  Zahlen  für  die  charakteristischen  sekl. 
Wassermengen  kontrollieren  zu  können.  Solche  Zahlenwerte  für  die  charakteristischen  sekl. 
Wassermengen  eines  Flusses  lassen  sich  am  besten  dadurch  auffinden,  dass  man 

d)  die  sekl.  Abflussmengen  pro  qkm  Vorflutgebiet 

feststellt.  In  diesen  Zahlenwerten  werden  die  Einflüsse  von  Grösse  und  Art  des  Vor- 
flutgebietes,  der  Niederschläge  und  der  klimatischen  Verhältnisse  in  einfacher  und  über- 
sichtlicher Weise  zum  Ausdruck  gebracht. 

Wenn  nach  Verlauf  eines  Jahrzehntes  umfangreicheres  Material  durch  die  z.  Z.  teil- 
weise erst  in  der  Entwickelung  begriffenen  hydrologischen  und  hydrometrischen  Dienste 
der  einzelnen  Länder  veröffentlicht  sein  wird,  und  wenn  es  gelingen  würde,  die 
Beobachtungssysteme  und  die  Begriffe  für  die  einzelnen  charakteristischen 
sekl.  Wassermengen,  sowie  die  Art  der  Veröffentlichung,  möglichst  inter- 
national einheitlich  zu  gestalten,  so  müsste  es  gelingen,  aus  Karten  eines  Vorflutge- 
bieles,  welche  etwa  nach  dem  Muster  der  schweizerischen  auszuführen  wären  und  aus  den 
Regenkarten  für  irgend  eine  Flusstelle  auch  ohne  direkte  Wassermessungen,  also  auf  in- 
direktem Wege,  zuverlässige  Werte  für  die  charakteristischen  sekl.  Wassermengen  herzu- 
leiten. Es  sind  nach  letztgedachter  Richtung  hin  schon  vielfach  Versuche  gemacht  worden. 
So  hat  Lauterburg74)  versucht,  eine  Methode  festzustellen,  um  die  kleinste,  mittlere 
und  grösste  sekl.  Abflussmenge  eines  Wasserlaufes  an  jeder  beliebigen  Stelle  desselben 
aus  der  Grösse,  der  Beschaffenheit  und  der  Niederschlagsmenge  des  betreffenden  Fluss- 
gebietes zu  bestimmen.    Michaelis79)  versuchte  für  die  kleineren  Flüsse  Norddeutsch- 

Tabelle  XX. 

Ergiebigkeit  bei  N.W.  and  H.W.  nach  Fr  ans  ins. 


Deutsche  Flosse  fahren  in  der 
Sekunde  and  für  das  qkm  Zufluss- 

gebiet 


Bei  kleinstem 
Wasser 

1 


Beigrosstem 
Wasser 

1 


Verhältnis 
beider 


Bemerkungen 


Nabe  bei  den  Quellen,  in  gebirgiger 
Gegend  (ohne  Gletscher)  .    .    . 

In  bergiger  oder  Steuer,  hügeliger 
Gegend 

In  nicht  steiler  hügeliger  Gegend 

In  flacher  Gegend 

In  flacher,  sandiger  oder  mooriger 
Gegend    


2—4 

2 
1,8 

1,6 


350-600 

180-280 
120-180 

60-120 


1:150 

1:90 
1:75 

1:50 


1,2-1,5 


85-60 


1:35 


grosser  Niederschlag, 
rascher  o.  voller  Abflust. 

massiger  Niederschlag, 
rascher  Abfluss. 

massiger  Niederschlag, 
langsamer  unvollkom- 
mener Abfluss. 

kleiner  Niederschlag,  lang- 
samer unvollkommene; 
Abfluss 

kleiner  Niederschlag, 
grossenteüs 


n)  Lauterburg,  Versuche  sur  Aufstellung  einer  allgemeinen  Obersicht  der  aus  Grosse  und 
Beschaffenheit  der  Flussgebiete  abgeleiteten  schweizerischen  Stromabflussmengeo.  Bern  1876  und  An- 
leitung sur  Berechnung  der  Quellen  und  Stromabflussmengen.  All  gem.  Bauz.  1887.  S.  9,  17  und  27. 

7&)  Zeitschr.  für  Bauw.  1865. 


§    4. 


Die  technischen  Vorarbeiten. 


181 


lands,  wie  für  die  Lippe,  die  Ems  und  die  Emscher,  allgemeinere  Regeln  zur  Feststellung 
der  sekl.  Wassermenge  pro  qkm  herzuleiten.  Auch  Franzi us76)  hat  versucht,  allgemein 
gültige  Regeln  für  die  Berechnung  der  kleinsten  und  grössten  sekl.  Abflussmengen  auf- 
zustellen, welche  in  nebenstehender  Tabelle  wiedergegeben  sind; 

Bei  der  Sammlung  von  Zahlenmaterial  stösst  man  zunächst  dadurch 
auf  Schwierigkeiten,  dass  meistens  die  Angaben  sich  auf  N.W.,  M.W.  und 
H.W.  beziehen,  während  für  unsere  Zwecke  die  Kenntnis  eines  ganz  be- 
stimmten, N.W.  nämlich  des  355tägigen  und  — ausser  dem  M.W.,  welches  für 
Stauweiher  und  Talsperren,  sowie  für  Seeregulierungen  gebraucht  wird,  für 
Was8erkraftanlagen  an  fliessenden  Gewässern  aber  entbehrt  werden  könnte, 
—  die  Kenntnis  der  neunmonatlichen  und  sechsmonatlichen  sekl.  Wasser- 
menge notwendig  wäre. 

R.  Jasmund  hat,  insbesondere  nach  den  Veröffentlichungen  des  Wasserausschusses, 
für  einzelne  Stromgebiete  im  Handbuch  der  Ingenieurwissenschaften,  III.  Teil,  4.  Aufl. 
I.  Bd.  S.  285  einige  Werte  für  N.W.,  M.W.  und  H.W.  zusammengestellt.  Aus  dieser 
Zusammenstellung  sind  in  nachstehender  Tabelle  einige  Werte  für  Flusstrecken  wieder- 
gegeben, welche  für  den  Ausbau  von  Wasserkraftanlagen  in  Frage  kommen  können. 


Tabelle  XXI. 

Sekunden-Abfluesmengen  in  1  pro  qkm  Vorflntgebiet. 


Ort  and  Fluee 


Oder  bei  Ratibor 

Oder  bei  Cosel 

Elbe  bei  Melnik 

Elbe  bei  Teteehen 

Saale  bei  Rothenburg 

Mulde  bei  Dflben 

Fulda  an  der  Mündung  ...... 

Weser  bei  Karlehafen 

Weser  bei  Hoya 

Ems  bei  Meppen 

Neckar  bei  Heidelberg 

Rhein  bei  Basel 

Rhone  bei  Genf 

Rhone  oberhalb  Lyon 

Rhone  an  der  Mflndung  der  Saftne 
Rhone  an  der  Mflndung  der  leere   .    . 
Rhone  an  der  Mflndung  der  Durance  . 

Donau  bei  Wien 

Inn  bei  Passen 


Vorflutgebiet 
in  qkm 


6  698 

9103 

41810 

51000 

18841 

5984 

7000 

18100 

22300 

8205 

13965 

36400 

6901 

19267 

47  815 

63  564 

91150 

101600 

26000 


Abfluaa  in  1/eek.  pro  qkm 


1,6 
0,9 
0,9 
1,2 

1,7 

0,7 
2,1 
0,9 
2,8 

10,1 
'6,8 
3,1 
3,9 
4,1 


6,6 

6,1 
5,6 
5,8 
8,4 

6,3 

7,8 

8,7 

13,6 


18.8 
18,6 


232 
154 
103 

92 

90 
184 
280 
172 
184 

92 
340 
165 

83 
291 
146 
151 
152 
103 
190 


Für  die  Flüsse  Westprenssens  ergeben  sich,  nach  dem  schon  mehrfach  erwähnten 
Bericht  von  Holz:  „Über  die  Wasserverhältnisse  der  Provinz  Westpreussen"  Zahlen,  die 
in  der  nachstehenden  Tabelle  zusammengestellt  sind  (vergl.  S.  156  Tab.  V  n.  S.  176 
Tab.  XVIII): 


7«)  Handbuch  der  Banknnde.  Teil  VI.  2.  Heft.  S.  159. 


182 


I.    Theodor  Kobhk.    Ausbau  von  WasserkrIften.    AxLOEMEiKEa. 


Tabelle  XXII. 

Ober  die  eekL.  AbAoeamengen  der  Hauptflllsee 


Nr. 


Flnssgebiet 


Geländeverhältnisse 


Fluaetrecke  L 
▼on  A  bia  B 


Aber 

N.N. 


B 


ttber 

N.N. 


Länge 

der 

8treeke 

L 

km 


Wertvollee 

Rohgeftlle 

der  Strecke 

L 


NiederschlAgs- 

gebiet  an  den 

Endpunkten  der 

8trecke  L 


bei  A 


;i 


bei  B 
F,inqk» 


2 


3 


6 


8 


9 


löZl 


Westlich 


1. 

2. 
3. 
4. 
5. 


Radaane 

Ferse 
Seh 
Brake 
Küddow 


Semlin 

152 

Fietsemfln- 

104 

dung 

(185) 

Weitseeaas- 

188 

lauf 

Müblhofer 

119 

8eblenae 

8  km  unter- 

halb dea 

Vilmaeea 

130 

Praiiet  bezw. 

Daaiig 

0 

— 

152 

280 

Weichsel 

9 

^^^ 

95 

841 

Weichsel 

22 

— 

106 

509 

Bromberg 

82 

— 

87 

1889 

oberhalb 

Sehneide- 

mflhl 

56 

86 

« 

|     MO 

758  bei 


1682 
2202 

4526 


■ 


4490 


östlich 


6. 


7. 


& 


Drewenz 


Oesa 


Liebe 


Wellemao- 
duog 

84 

Traapelaee- 
analanf 

88 

Scbloaaee 

81 

Weichsel 

Elodtken 
bezw. 
Grandenz 

Bialken 


87 

HO 

41 

2713 

5515 

20 

— 

68 

295 

1440  bei 
Klodtken 

16 

81 

65 

291 

501 

Es  ist  möglich,  dass  die  Angaben  in  Spalte  16  Tabelle  XXII  über  das  Niedrig- 
wasser durch  das  ungewöhnlich  trockene  Jahr  1904  noch  eine  Korrektur  nach  unten  ge- 
funden haben,  entsprechend  den  Erfahrungen  an  anderen  Flussläufen.  Sehr  deutlich 
ist  der  regulierende  Einfluss,  welchen  die  Seen  gehabt  haben,  in  der  verhältnismässig 
kleinen  Differenz  zwischen  Niedrigwasser  und  Hochwasser  zu  erkennen.  Wollte  man 
versuchen,  die  neunmonatliche  sekl.  Wassermenge  zu  schätzen,  so  dürfte  dieselbe  nicht 
wesentlich  höher  als  die  grössten  Zahlen  in  der  Spalte  16  anzunehmen  sein. 

Für  das  kleine  Vorflutgebiet  des  Eschbachtales  bei  Remscheid  von  4,5  qkm  Grösse 
mit  2,3  qkm  Niederwald  gibt  Intze77)  das  kleinste  anhaltende  Sommerwasser  zu 
0,44  l/sek./qkm  an,  während  die  grösste  Hochwassermenge  auf  mehr  als  1000  1/sek.  pro 
qkm  anzunehmen  ist,  so  dass  sich  hier  kleinstes  Wasser  zum  grösstem  Wasser  etwa 
schon  wie  1 :  2300  verhält.  Nach  Intze*  soll  die  kleinste  Abflussmenge  in  den  Neben- 
flüssen des  Rheins  häufig  auf  1 — 2  l/sek./qkm  heruntersinken. 


?7)  Intze,  Die  bessere  Aasnutzung  der  Gewässer  und  Wasserkräfte.  Berlin  1889. 


i- 


DlE  TECHNISCHEN   VOBAKBEITEN. 


183 


Tabelle  XXII. 

Weeftprenssens  in  den  Jahren  von  1896  bis  1900. 


Abflug  8  Verhältnisse 

Grossere  Seen 

Abflasswerte  im  Unterlauf  der  Strecke  L 

Durch  Regulierung  der  Seen 
möglicher  Ausgleich,  d.  h. 
erreichbares  Kleinstwasser 
an  Stelle  von  N.W.  nach  16 

SeeJUche 
bei  A 

Seeflache 
bei  B 

Verhältnis 

Höchste 

Hochwasser- 

menge 

Mittel- 
wasser 

Niedrig- 
wasser 

qkm 

s, 

H.W.  etwa 

L'sek/qkm 

M.W.  etwa 

lsekjqkm 

N.W.  etwa 

Lsek^qkm 

bei  A 
LsekJqkm 

bei  B 
I/Mkjqkm 

_ 

« 

12 

13 

14 

15 

16 

17 

18 

Weichsel. 


21,65 

15,a 
27,6 

75,8 


32,3 


der  Weichsel. 


28 

20 

47 

100 


112 


8,7 

1.2 
2,1 

2,2 


2,5 


114,0 

19,0 
21,0 

26,2 


<  10,0  (8,2) 
5,7  (5,1) 


52,0 


7,4 


2-8 

2—3 
2,9-8,6 

2-2,7 


3-4 


9,6 

5,9 
9,5 

7,0 


6,0 


5,4 

8,74 
6,0 

4,8 


4,0 


19,3 


150  in 

Preussen 

82 

2,2 

20 

4,0 

20,0 


26,0 


? 


4,8 


2,5—3,1 


8,6 


2,7 


0,4-0,8 


1,0 


3,8 


1.8 


8,2 


8,0 


1,5 
8,2 


Für  die  Urft  und  die  Wupper  macht  Intze  folgende  Angaben78). 


Tabelle  XXffl. 

Abfiussmengen  an  der  Urft,  Olef  und  Wupper. 


Wasser- 
lauf 

WNM  ÖjOS 

sefclaage- 

Htfi« 

Mittler» 

Rsgenhshe 

Im  Jahre 

Kleinste  Ab- 

fiassmenge 

in 

Mittlere  Ab- 

flusemengen 

in 

Grösete  Hoebwssser- 
mengen  in 

Bemerkungen 

ekst 

mm 

1/sek.  jnro  qkm 

1/sek.  pro  qkm 

1/sek.  pro  qkm 

Olef  1897 

200 

863 

2,5 

17 

200  gemessen 

Urft  mit 
Olef 1897 

375 

789 

2,7 

15 

160  gemessen,  270  nach  älteren 
Hochwassermarken  geschätzt 
and  500  1  zur  Vorsicht  ange- 
nommen. 

Wupper 
1890/98 

bis  zu  300 

1000  bis 
1100 

1,5-2,0 

22-25 

1000  gemessen 

seit  Menschengedenken 
grosstes  Hochwasser  im 
Not ember  1890,  in  meh- 
reren Tilern  gemessen. 

78)  Zeitschr.  des  Ver.  deutscher  Ing.  1898.  S.  1224. 


184 


I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 


Die  in  obiger  Tabelle  für  dieUrft  angegebene  kleinste  Abilassmenge  von  2,7  L/sek./qkm 
ist  in  dem  trockenen  Jahre  von  1904  während  mehrerer  Monate  sehr  erheblich  unter- 
schritten worden  (1,3—1,5  1/sek.). 

Bei  den  Vorarbeiten  für  die  Talsperre  bei  Lennep  sind  die  in  nachfolgender 
Tabelle  aufgestellten  Zahlenwerte  ermittelt: 


Tab« 

eile  XXIV ™) 

Jahreszahl 

<  Niederechlags- 
höhe  im  Jahre 

Anzahl  der  Tage  mit  einen 

i  sekundlichen  Abfloaa  von 

Ober  i    zn- 
6  com  i  sanuneB 

* 

in  Lennep 

unter  1 

1-2 

2-3 

3-4 

4-5 

5—6 

1882      ! 

1602,0 

0 

16 

28 

99 

81 

25 

i 

116  !  365  Tage 

1883      i 

1310.0 

50 

60 

35 

35 

25 

22 

138  |   .   . 

1884 

1273,0 

92 

52 

47 

26 

22 

28 

98  !  , 

1885 

1090,0 

82 

58 

70 

22 

50 

23 

60  !  , 

1886 

1228,0 

53 

106 

35 

34 

80 

32 

75  !  , 

1887 

924,0 

70 

110 

44 

27 

45 

19 

50 

1888 

1323,0 

26 

52 

48 

24 

25 

49 

142 

1889 

1134,0 

49 

38 

48 

54 

48 

25 

103 

1890 

1293,0 

25 

56 

54 

50 

40 

40 

1  100 

1891 

1229,0 

37 

63 

28 

48 

63 

58 

68 

1892 

1021,0 

80 

78 

57 

32 

80 

24 

'  61 

1893 

1110,0 

186 

53 

26 

10 

10 

17 

113 

1894 

1361,5 

40 

75 

35 

26 

21 

29 

139 

1895 

1325,0 

41 

62 

56 

40 

32 

21 

110  l  , 

1896 

965,0 

63 

45  i  45 

82 

45 

42 

94  1  , 

im  15  jähr.  Mittel 

1216,7 

|   56 

63 

,  44 

i 

1  87 

37 

;  30 

98 

1 

i  365  Tag» 

i 

Das  Vortiutgebiet   der  Wapper  bei  Dahlhausen,  wo  die  Wassermessungen  vorge- 
nommen wurden,   beträgt  213,4  qkm.    Aus   der  Tabelle    sieht  man  zunächst,   dass  die 
kleinste  jährliche  Regenhöhe  rund  76°/0  der  mittleren  und  56°/0  der  grössten  betragen 
hat.     Man  sieht  ferner,  dass  die  sekl.  Wassermenge  auf  unter  1  cbm,  also  auf  weniger 
als  4,68  1/qkm  gefallen  ist  im  trockensten  Jahre  an  136  Tagen,  im  nassesten  Jahre  an 
0  Tagen,  im  Durchschnitt  an  56  Tagen.     Während   des  trockensten  Jahres  (1893) 
wird  die  355tägige  sekl.  Wassermenge   vermutlich,  entsprechend  anderen  Erfahrungen, 
nicht  mehr  als  1  bis  höchstens  2  1/qkm  betragen    haben  und   auch  das  neunmonatliche 
Wasser  hat  noch  unter  4,68  1/sek. /qkm,  vielleicht  auf  3—4  1/qkm  gelegen.    Im  Durch- 
schnittsjahr kann  das  355  tägige  Wasser  gleichfalls  den  niedrigsten  Stand  vom  trockensten 
Jahre  erreicht  haben,  aber  das  neunmonatliche  Wasser  lag  schon  zwischen  1 — 2  cbm/sek., 
also,  wenn  wir  es  auf  1,5  cbm/sek.  schätzen,   auf  7,3  l/sek./qkm.    Im  nassesten  Jahr 
(1882)  hat   das  neunmonatliche   Wasser  zwischen  3—4  cbm/sek.  gelegen,    also  etwa  anf 
16,4  l/sek./qkm.    Die  sechsmonatliche  sekl.  Wassermenge  hat  im  trockensten  Jahre  etwa 
2  cbm/sek.«  im  durchschnittlichen  Jahre  etwa  3,75  cbm/sek.,  im  nassesten  Jahre  (1882) 
etwa  4,5  cbm/sek.  betragen.    Die  durchschnittliche  sekl.  Wassermenge    d.  h.  M.W.,  be- 
trug 5,81  cbm/sek.   und  es  bestätigt  sich  auch  hier,   dass  die  sekl.   Wassermenge 
des   sogenannten  M.W.    in  drei  Viertel   des   Jahres  nicht   erreicht,    in 
einem  Viertel  des  Jahres  aber  erheblich  überschritten  wurde.    Die  höchste 
sekl.  Wassermenge  wurde  auf  186  cbm  gemessen  und  wenn  man  1,5  1  als  kleinste  sekl. 


19)  p.  Ziegler,  Der  Talsperrenbau.  S.  21. 


§    4. 


Die  technischen  Vorarbeiten. 


185 


Waasermenge  pro  qkm  annimmt,  oder  0,320  cbm/sek.,  so  würde  das  höchste  Hochwasser 
das  584  fache  des  niedrigsten  Wassers  betragen  haben.  Aus  dem  Bilde  der  sekl.  Wasser- 
meuge,  welches  die  obige  Tabelle  bietet,  erkennt  man  ohne  weiteres,  wie  hier  durch 
die  Aufspeicherung  des  Wassers  die  Ausnutzbarkeit  der  Wasserkraft  verbessert  werden 
konnte.  Hätte  man  die  Kraft  ohne  Talsperren  am  fliessenden  Wasser  ausnützen  wollen, 
so  würde  es  kaum  anders  möglich  gewesen  sein,  als  dadurch,  dass  man  die  355tägige 
Kraft  des  trockensten  Jahres  durch  eine  Reserve  in  Wärmekraftmaschinen  mindestens 
auf  die  neunmonatliche  Kraft  des  Durchschnittsjahres  ergänzt  hätte. 

Abb.  10.    Kurven  der  sekl.  Waaaermeogen  der  Rhone  bei  8t  Maurice. 


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68 

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56 

Hl 

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U 

Für  die  Wasserläufe  der  Alpenländer,  deren  Wasserzufuhr  stark  durch 
die  Schnee-  und  Gletscherschmelze  beeinflusst  wird,  ist  der  Verlauf  der 
Kurve  der  monatlichen  mittleren  Wassermengen  meistens  der  in  Abb.  10*°) 
dargestellte.  Das  Profil  stellt  das  Resultat  der  Beobachtungen  an  der  oberen  Rhone 
in  der  Nähe  von  St.  Maurice  dar,  welche  während  der  Jahre  1890 — 1899  zum  Zwecke 
der  Errichtung  der  Wasserkraftanlage  St.  Maurice -Lausanne  gemacht  wurden  (vergl. 
Kap.  II,  16).  Man  sieht,  dass  sich  die  Kurven  der  Wassermengen  des  trockensten  und 
des  nassesten,  sowie  des  durchschnittlichen  Jahres  ähnlich  sind,  und  dass  die  niedrigen 
Wasserstände  regelmässig  in  d«n  Monaten  November  bis  März,  die  höheren  Wasserstände 
regelmässig  in  den  anderen  Monaten,  April  bis  Oktober,  eintreten.  Diese  Regelmässigkeit 
erhöht  natürlich  sehr  erheblich  den  Wert  der  Kraft,  denn  wenn  sich  der  Konsument  mit 

•0)  R*d6  Tavernier,  Inflnence  des  neige«  et  des  glaciera  aar  le  regime  des  cours  d'eaa.  Congrea 
dt  la  Honüle  Blanche,  Compte  rendu  des  travaox  da  Congrea  etc.  Grenoble.  Premier  Volume.  8. 186 


186  I.    Theodor  Korar.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Alloemedteb. 

einiger  Sicherheit  auf  die  Zeiten  der  grösseren  Wassermeoge  einrichten  kann,  so  ist  er 
eher  in  der  Lage,  sie  nutzbringend  zu  verwenden.  Das  Niederschlagsgebiet  der  Rhone  bei 
St.  Maurice  beträgt,  wie  schon  einmal  erwähnt,  4692  qkm.  Die  niedrigste  sekl.  Wasser- 
menge, welche  an  nicht  mehr  als  10  Tagen  unterschritten  wurde ,  betrug  18,7  cbm/sek. 
oder  4  1/sek.  pro  qkm.  Die  neunmonatliche  kleinste  sekl.  Wassermenge  des  Jahres 
1894,  welche  mindestens  275  Tage  vorhanden  war,  betrug  ca.  30  cbm/sek.  oder  rund 
6,4  l/sek./qkm.  Die  kleinste  sechsmonatliche  sekl.  Wassermenge  während  der  Be- 
obachtungsjahre betrug  (1894)  rund  44  cbm/sek.  oder  9,4  l/sek./qkm,  das  sogenannte  M.  W. 
fuhrt  133  cbm/sek  oder  30,4  l/sek./qkm.  Im  Durchschnitt  der  beobachteten  Jahre  be- 
trug dagegen  die  sechsmonatliche  sekl.  Wassermenge  73 cbm/sek.  oder  15,5 1/sek. /qkm, 
die  neunmonatliche  sekl.  Wassermenge  40  cbm/sek.  oder  9  l/sek./qkm.  Diese  letzt- 
genannte Einheit  ist  für  die  Wasserkraftanlage  zugrunde  gelegt,  was  um  so  mehr  gerecht- 
fertigt erscheint,  als  das  sechsmonatliche  sekl.  Wasser  des  trockensten  Jahres  nicht  sehr 
erheblich  von  dem  neunmon&tlichen  des  durchschnittlichen  abweicht  und  die  höheren 
Wasserstände  stets  in  einer  Reihe  ununterbrochen  aufeinander  folgender  Monate  vor- 
handen sind,  also  —  auch  ohne  Dampf reserve  —  recht  gut  für  besondere  gewerbliche 
Zwecke  ausgenützt  werden  können. 

Ähnliche  Bilder  geben  die  Kurven  an  der  Dora  Baltea  im  Aostatale,  Italien 
für  die  Wasserkraftanlage  Pont  St.  Martin  (vergl.  Kap.  II,  7).  In  Pont  St.  Martin 
beträgt  die  Oberfläche  des  Vorflütbeckens  der  Dora  rund  3000  qkm.  Nach  fünfjährigen 
Beobachtungen  hat  das  kleinste  Winterwasser,  welches  an  nicht  mehr  als  10  Tagen 
im  Jahre  unterschritten  wurde,  18  cbm/sek  oder  6  l/sek./qkm  betragen,  die  kleinste 
neunmonatliche  sekl.  Wassermenge  37,5  cbm/sek.  oder  12,5  l/sek./qkm,  das  neun- 
monatliche durchschnittliche  sekl.  Wasser  42  cbm/sek.  oder  rund  14  l/sek./qkm,  die 
kleinste  sechsmonatliche  sekl.  Wassermenge  54  cbm/sek.  oder  18  l/sek./qkm.  Dife 
sechsmonatliche  durchschnittliche  sekl.  Wassermenge  60  cbm/sek.,  oder  rund 
20  l/sek./qkm.  Dato  höchste  sekl.  Hochwasser  betrug  etwa  das  60  fache  des  niedrigsten 
Wassers.  Der  Ausbau  der  Wasserkraft  erfolgte  zunächst  für  30  cbm/sek.  jedoch  so, 
dass  ohne  grössere  Veränderung  am  Wehre  und  Werkkanal  die  Betriebswassermenge 
leicht  auf  40  cbm/sek.  zu  bringen  war. 

In  Morbegno  in  der  Valtellina  (vergl.  Kap.  II,  8)  betrug  bei  einem  Niederschlags- 
gebiet der  Adda  von  2550  qkm  die  niedrigste '  Wassermenge,  welche  an  nicht  mehr  als 
10  Tagen  unterschritten  wurde,  ca.  16  cbm/sek.,  also  ebenfalls  6  1/sek.  /qkm.  Die  übrigen 
Zahlen  sind  ähnlich  wie  bei  Pont  St.  Martin. 

In  den  Kurven  der  Abb.  10  sind  die  Endpunkte  der  auf  den  Tageslotrechten  abge- 
tragenen täglichen  sekl.  Wassermengen  miteinander  verbunden,  so  dass  anstatt  der  treppen- 
förmigen  Linien  in  Abb.  6  S.  140  hier  die  kontinuierlichen  Wassermengenlinien  erscheinen. 
Dass  die  sekl.  Wassermengen  pro  qkm  in  Pont  St.  Martin  und  Morbegno  grösser  sind, 
als  an  der  Rhone,  erklärt  sich  zwanglos  aus  der  grösseren  Niederschlagsmenge  an  dem 
Südabhang  der  italienischen  Alpen. 

Ein  anderes  Bild  geben  die  Flüsse,  deren  Quellgebiet  zwar  auch  in 
den  hohen  Alpen  liegt,  welche  aber  nicht  von  grossen  Gletschermassen  ge- 
speist werden  und  deren  Vorflutgebiet  grösstenteils  Gebirgsgruppen  von 
geringer  Höhe  und  weite,  flache  Täler  bilden,  wie  z.  B.  die  Durance  (Frank- 
reich).   Die  nachstehende  Abb.  II81)  gibt  ein  Bild  der  sekl.  Wassermengen  in  der  Zeit 


ii)  Ren*  Tarernier,  Inflaenee  des  neiges  et  des  glacie»  sur  le  regime  des  coors  d'eao. 
Compte  rendu  des  travaux  du  Congres  de  la  Houille  Blanche.  VoL  I.  Grenoble  1902.  p.  187. 


Die  technischen  Vorabbeiten. 


187 


1882  bis  1888  an  der  Durance  bei  Bompas  in  der  Nähe  von  Avignon.  Die 
Z&hlen  unter  den  Abb.  10  u.  11  bezeichnen  die  Monatsmittel.  Das  Vorflutgebiet  der  Durance 
beträgt  daselbst  14800  qkm,  die  durchschnittliche  Regenhöhe  700  mm,  die  durchschnitt- 
liche sekl.  Abflussmenge,  d.  h.  also  M.W.,  266  cbm/sek.  oder  18  l/sek./qkm,  so  dass, 
bereits  erwähnt,  ca.  70%  der  Niederschlagsmengen  zum  Abflüsse  gelangen.  Auch 
spielen  die  Schnee-  und  Eismassen  der  oberen  Quellgebiete  noch  eine  erhebliche  Rolle 
die  durchschnittlichen  Abflussmengen;  ebenso  der  kleine  Kreislauf  der  Verdunstung 
den  Tälern  und  der  abendlichen  und  nächtlichen  Kondensation  in  den  höheren  Lagen. 


Abb.  11.    Kurven  der  sekl.  Wassermengen  der  Durance  bei  Bompas. 


Aus  der  Abb.  11  ersieht  man,  dass  auch  hier  noch  mit  ziemlicher  Regelmässigkeit 
höhere  Wasserstände  in  den  Monaten  April  bis  Juni  infolge  der  Schneeschmelze  eintreten. 
Diese  Wirkung  hält  aber  während  des  Augusts  nicht  mehr  an  und  so  treten  neben  den 
Winter-Niedrigwasser  auch  Sommer-Niedrigwasser  ein,  welchen  in  der  Regel  Hochwasser- 
perioden folgen,  weil  während  Ende  September  bis  November  grössere  Niederschläge 
stattzufinden  pflegen.  Sind  aber  der  Sommer  und  Herbst  trocken,  so  tritt  statt  des 
Herbsthochwassers  ein  Herbstniedrigwasser  ein,  welches  dasjenige  des  Winters  und 
Sommers  noch  unterschreiten  kann. 

Für  die  Durance  bei  Bompas  war  das  niedrigste  Wasser,  welches  im  trocken- 
sten Jahre  1884  an  nicht  mehr  als  10  Tagen  unterschritten  wurde,   80  cbm/sek,  oder 


188  L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

6,34  l/sek./qkm.  Die  neunmonatliche  aekl.  Wassermenge  im  trockensten  Jahre 
betrug  etwa  110  cbm  oder  7,5  l/sek./qkm.  Aber  es  bilden  hier  die  3  Monate 
des  geringeren  Wassers  nicht  mehr  eine  zusammenhängende  Zeitperiode, 
vielmehr  treten  hier  zwei  Intervalle  auf.  Das  ist  für  die  Beurteilung  einer 
Wasserkraft,  wie  schon  mehrfach  hervorgehoben  wurde,  von  grosser  Wichtigkeit,  weil 
der  Betrieb  dadurch  naturgemäss  erschwert  und  verteuert  wird.  Bei  den  meisten 
Flüssen  des  Hügel-  und  Berglandes  treten  die  Unterbrechungen  noch 
häufiger  ein.  Die  sechsmonatliche  sekl.  Wassermenge  im  trockensten  Jahre  be- 
trug an  der  Durance  etwa  120  cbm  oder  8,1  l/sek./qkm.  Dagegen  war  die  sechsmonat- 
liche sekl.  Wassermenge  des  durchschnittlichen  Jahres  bereits  um  135  cbm  grösser 
und  betrug  255  cbm  oder  17,2  l/sek./qkm.  Dieser  grosse  Unterschied  ist  verursacht 
durch  die  ungewöhnliche  Ergiebigkeit  des  nassesten  Jahres  (1886),  welche  den  Durchschnitt 
der  kurzen  Zeitperiode  (1882—88)  so  stark  hob,  dass  sich  ihre  durchschnittliche. 
8 echs monatliche  sekl.  Wassermenge  dem  M.W.  aus  einer  längeren  Beobachtungsperiode 
(266  cbm  vergl.  S.  187)  näherte.  Das  höchste  Wasser  betrug  6000  cbm/sek.  oder 
rund  400,5  l/sek./qkm,  das  ist  das  75 fache  des  niedrigsten  Wassers.  Aus  den  obigen 
Zahlen  für  die  Durance  erkennt  man  die  Schwierigkeit,  die  richtige  Auswahl  derjenigen 
sekl.  Wassermenge  zu  treffen,  welche  man  in  einem  solchen  Falle  für  ein  Wasserkraft- 
Projekt  zugrunde  zu  legen  hat.  Ohne  vergleichende  Rechnungen  wird  man  schwerlich 
zu  einer  richtigen  Wahl  kommen.  Wollte  man  z.  B.  einem  Projekt  die  neunmonatliche 
durchschnittliche  sekl.  Wassermenge  zugrunde  legen,  welche  mit  200  cbm/sek. 
um  90  cbm/sek.  höher  liegt,  als  die  des  trockensten  Jahres,  so  müsste  man  in  der  Rentabili- 
tätsberechnung jedenfalls  eine  Reserve  in  Wärmeantriebstnaschinen  mit  in  Anschlag  bringen. 

Nach  den  Messungen  der  k.  k.  Landes-Anstalt  in  Innsbruck  führt  die 
Sill,  welche  ihren  Ursprung  im  Brennersee  nimmt,  ihre  Hauptzuflüsse  aus  dem  Obern- 
berg-, Gschnitz-,  Valser-,  Schmiern-,  Navis-,  Ruetztale  (Stubaitale)  erhält  und  bei  Inns- 
bruck in  den  Inn  mündet,  bei  einem  Niederschlagsgebiet  von  854,4  qkm  eine  kleinste 
Wassermenge  von  etwa  4  cbm/sek.,  d.  h.  rund  4,7  l/sek./qkm81).  Die  höchste  Hoch- 
wassermenge wird  auf  etwa  90  cbm/sek.,  d.  h.  auf  das  22,5 fache  des  niedrigsten 
Wassers  angegeben.  Die  verhältnismässig  kleine  Hochwassermenge  erklärt  sich  aus  der 
reichen  Bewaldung  des  Vorflutgebietes. 

An  der  Urnäsch,  Kanton  St.  Gallen,  Schweiz  (vergl.  die  Beschreibung  der  Wasser- 
kraftanlage Kubelwerk  an  der  Urnäsch,  Kap.  U,  11),  deren  Quellen  auf  dem  Säntis  bis 
zu  Höhen  von  1200,0  m  emporgehen,  hat  die  kleinste  sekl.  Abflussmenge  bei  einem 
Yorflutbecken  von  77,7  qkm  6,4  1/qkm  betragen.  Diese  Zahl  deckt  sich  ungefähr  mit 
den  Feststellungen  Von  M.  Ep,per,  Chef  des  eidgenössischen  hydrometrischen  Amtes, 
wonach  die  kleinsten  Abflussmengen  in  dem  schweizerischen  Vorflütbecken  des  Rheins 
6,0  1/qkm,  für  dasjenige  der  Rhone  4,0»l/qkm  betragen.  Das  höchste  Wasser  betrug  in 
der  Urnäsch  an  der  Wehrstelle  des  Kabelwerkes  130  cbm/sek.  oder  1670  l/sek./qkm. 
d.  h.  das  260 fache  des  niedrigsten  Wassers.  Die  durchschnittliche  neunmonatliche 
sekl.  Wassermenge  kann  nach  den  von  der  St.  Gallenschen  Baudirektion  an  der  Goldach 
während  der  Jahre  1890  bis  1898  durchgeführten  Wassermessungen  für  die  Urnärfch  zu 
etwa  1,5  cbm/sek.  oder  rund  19,2  l/sek./qkm  angenommen  werden. 

Am  Queis  in  Schlesien  war  auf  Grund  der  in  den  Jahren  1901  bis  1903  ge- 
machten Beobachtungen  für  die  Talsperre  bei  Marklissa  bei  einem  Vorflutgebiet  von 
306  qkm  die  geringste  Abflussmenge  auf  1  cbm/sek.  oder  3  3  l/sek./qkm  angenommen. 


•t)  Josef  Riehl,  Die  Sillwtrke  bei  InnuWnick.  ZeiUchr.  d.  Ver.  deutscher  lag.  1906.  &  758. 


§   4. 


Die  technischen  Vorarbeiten. 


189 


Im  Jahre  1904  ist  aber  im  Durchschnitt  der  fünf  Monate  von  Mitte  Mai  bis 
Okiober  die  Wassermenge  auf  0,95  cbm/sek.  oder  3,14  l/sek./qkm  zurückgegangen  und 
sie  hat  -wahrend  einiger  Zeit  in  dieser  fünfmonatlichen  Periode  nur  0,50  cbm/sek.  oder 
1,63  l/sek./qkm  betragen.  Die  neunmonatliche,  durchschnittliche  Mindestwassermenge 
wird    dagegen  auf  etwa  2,5  cbm/sek.,  d.  h.  rund  8  l/sek./qkm  anzunehmen  sein. 

In  den  Tagen  vom  27.  bis  31.  Juli  1897  haben  in  dem  Vdrflutgebiet  des  Queis 
(vergl.  S.  162)  ganz  ungewöhnliche  Regenfölle  stattgefunden.    Das  höchste  Hochwasser  be- 
trag bei  Marklissa  am  30.  Juli  780  cbm/sek.  oder  2581  l/selc/qkm,  d.  h.  das  1585  fache 
der  niedrigsten  sekl.  Wassermenge.  Diese  Hochflut  hat  allerdings  nur  wenige  Stunden 
gewährt.    Die  Wassermenge  ist  von  10  cbm/sek.  am  28.  Juli  während  des  29.  auf  180  cbm/sek. 
und  dann  ganz  steil  ansteigend  am  30.  Juli  während  einiger  Stunden  auf  780  cbm  an- 
geschwollen, um  dann  wieder,  ebenso  schnell  abfallend,  schon  während  des  31.  Juli 
auf   unter  110  cbm  herunterzugeben.     Aber  die  Gewalt  dieser  kurzen  Flutwelle   hat 
genügt,    um  einen  Schaden  anzurichten,  der  sich   in  Geldeswert  nach  Millionen  Mark 
bezifferte. 

Es  hat  sich  bei  der  Beobachtung  dieses  Hochwassers  ergeben,  dass  die  grösste 
sekl.  Abflussmenge  Während  12  Stunden  des  30.  Juli  erheblich  grösser 
war,  als  die  grösste,  mittlere  sekl.  Regenmenge  in  den  12  Stunden  des 
stärksten  Regenfalles  am  29.  Juli.  Das  erklärt  sich  zum  Teil  aus  der  Cnge- 
nauigkeit  der  Beobachtungen,  zum  anderen  Teil  auch  aus  der  wegen  der  starken  An- 
schwellung in  der  oberen  Flusstrecke  entstandenen  grösseren  Geschwindigkeit,  infolge- 
deren  sich  die  Flutwelle  am  30..  in  das  bei  Marklissa  bereits  am  29.  vorhandene  Hoch- 
wasser hineinschob  und  so  die  ungeheure  Gesamtfluthöhe  erzeugte. 

Über  die  grössten  sekl.  Abflussmengen  im  Odergebiet  macht  die  preussische  Landes- 
anstalt für  Gewässerkunde  in  ihrem  schon  mehrfach  erwähnten  Bericht  vom  1.  April 
1904  über  das  Hochwasser  im  Oder-  und  Weichselgebiet  vom  Juli  1903  die  in  nach- 
stehender Tabelle  zusammengestellten  Angaben: 

Tabelle  XXV. 


Bezeichnung  der  Messtellen 

Grosse  des  Vor- 

flntgebietea  in 

qkm 

Grösste  Abflnaa- 

menge  am  20./21.Jnli 

1903  in  cbm/sek.  im 

ganzen 

Grösste  Abflnaa- 

menge  in  1/aek. 

pro  qkm 

1.  An  der  Oder  bei  Hohensaaten  .... 

S,  An  der  Glatzer  Neisae  bei  der  Mündung 
in  die  Oder 

107  870 
47  000 

4555 

1016 
51,1 

2040 
1788 

1230 

854 
150 

19 
87 

270 

4.  An  der  Hotzenplotz   bei  der  Mündung 
in  die  Oder 

840 

5.  An  dem  Goldbach  bei  Arnoldsdorf    .    . 

2900 

In  dieser  Zahlenreihe  tritt  der  Erfahrungssatz,  dass  die  sekl.  Hochwassermenge 
pro  qkm  um  so  grösser  wird,  je  kleiner  das  betrachtete  Vorflutgebiet  ist,  d.  h.  je 
näher  es  den  Quellen  liegt,  so  recht  deutlich  hervor. 

Die  im  vorstehenden  einzeln  mitgeteilten  Zahlen  über  sekundliche  Abflussmengen 
pro  qkm  sind  in  Tabelle  XXVI  noch  einmal  übersichtlich  zusammengestellt  und  ergänzt 
worden. 


190 


L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Tabelle  XXVI. 

Sekl.  Abflusamengen  pro  qkm. 


Bezeichnung  des 
FlaMgebietes 


Eschbachtal  (Rem- 
scheid) 

Ose*  bei  Klodtken 
(Weetpreussen) 

Wupper  bei  Dahl- 
hansen 

Urft    bei   Gemfind 

(Eifel) 

Queis  bei  Marklissa 
(Schlesien) 

Goldbach  bei  Ar- 
noldsdorf (Oder- 
gebiet) 

Rhone  bei  St.  Maa- 
rice 

Dora    Baltea    im 
Aostatale  (Südab- 
hang  der  italieni- 
schen Alpen) 

Adda  bei  Morbegno 
in  der  Valteüina 
(SOdabhang  d.  ita- 
lienischen Alpen) 

Dnrance  bei  Bom- 
pas  (Frankreich) 

8ill  bei  Innsbruck 
(Tirol) 

Urnasch,  St  Gallen 
(Schweis) 


Grösse 

des  Vor- 

flntge- 

biets  in 

qkm 


im 

brocken' 

sUn 

Jahr 


4,5 
14*0,0 

218,4 

875,0 

806,0 

51,1 

4692,0 
8000,0 


2550,0 


14800,0 

854,4 

77,7 


855  tag.  Ab- 
flugs in 
l/selc/qkra 


0,44 
0,40 
1,50 
1,30 
1,65 


im 
Durch- 
sehnitt 


4,0 
6,0 


6,o 


5,34 
4,70 
6,4 


9monatl.  Abflnas 
in  l/sek./qkm 


im 
fcroeken 
aten 
Jahr 


3-4 


im 
Durch- 
sehnitt 


7,8 


—        8,0 


im 


•ton 
Jahr 


16,4 


M 
12,5 


7,5 


9,0 
14,0 


18,5 


6monatl.  Abflnss 
in  l/sek*/qkm 


im 

Itroekan- 
■ton 
Jahr 


im 
Durch- 

schnitt 


■ton 
Jahr 


9,3 


19,2 


9,4 
18,0 


17,6 


M 


15,5 
20,0 


21,0 


17,2 


Grosste  Afaflass- 


in 
UbekJqkm 


im 


27,2 


1000,0 

2300 

26,0 

65 

1000,0 

666 

270,0 

208 

2581,0 

1585 

2900,0 

— 

208,0 

52 

360,0 

60 

400,5 
105,75 
1670,0 


75 
22,5 
260 


8«  Direkte  Ermittelung  der  sekL  'Wassermengen  durch  direkte 

Messungen* 

Bis  zu  dem  Zeitpunkt,  wo  ein  umfangreicheres  und  einheitliches  Vergleichs- 
material vorliegt,  wird  in  den  meisten  Fällen  die  indirekte  Ermittelung  der  charakteri- 
stischen sekl.  Wasser  mengen  noch  keine  genügend  sichere  Unterlage  für  Projekte  ton 
Wasserkraftanlagen  liefern,  sondern  man  wird  diese  indirekten  Ermittelungen  durch 
direkte  Messungen  meistens  zu  ergänzen  haben. 

Die  Grundlagen  für  die  Bestimmung  der  sekl.  Wassermengen  müssen,  wie  gesagt, 
für  unsere  Zwecke  täglich  während  einer  Zeitperiode  von  möglichst  vielen  Jahren  ge- 
wonnen werden,  denn  nur  auf  diese  Weise  kann  man  einen  genügend  klaren  Einblick 
in  den  Wert  einer  Wasserkraft  und  in  die  mit  ihr  zu  erzielenden  Kraftleistungen 
erreichen.  Wenn  stärkere  Schwankungen  des  Wasserstandes  an  einem  Tage  zu  er- 
warten sind,  muss  bei  kleineren  Wasserläufen  mehr  als  einmal  am  Tage  abgelesen 
werden.     Die  sekl.  Wassermenge  Q,   welche  durch  ein  bestimmtes  benetztes  Querprofil 


§  4.  Die  technischen  Vobabbetten.  191 

F  flieest,  ist  Q  =  F.v.  Die  Geschwindigkeit  v  ist  nach  der  bekannten  Chezy-Eytel- 
w  ein  sehen  Grundformel88)  v  ■»  c  }/R.  J.  (vergl.  Kap.  1H,  2,  Werkkan&le),  worin  be- 
deuten: c  einen  Beiwert,  welcher  von  der  Rauhigkeit  des  benetzten  Umfanges,  von  der 
Grösse   des  hydraulischen  Radius  und  von  der  Geschwindigkeit  selbst  abhängt  R  den 

sogenannten  hydraulischen  Radius,   d.  h.  den  Quotienten   ^^^^^tt  =Hr~»  ün(*  ' 
das  Gefälle.   Wäre  die  Gestalt  des  Querprofils  einer  Flusstrecke  bekannt  und  unveränder- 
lich und  hätte  man  für  das  Profil  bei  verschiedenen  Wasserständen  und  Gefallen  den 
Beiwert  c  bestimmt,  so  könnte  man  aus  täglichen  Ablesungen  an  drei  Pegeln  die  Spiegel- 
gef&Ue   J,  die  Querschnitte  F  und  die  hydraulichen  Radien  R  bestimmen  und  daraus 
also  die  Geschwindigkeiten  v  und  daher  auch  die  täglichen  sekl.  Wassermengen  Q  be- 
rechnen.   Aber  die  ausreichend  genaue  Bestimmung  des  Beiwertes  c  ist  nur  durch  eine 
grössere  Anzahl  von  direkten  Wassermessungen  möglich  und  dann  ist  in  Flüssen,  welche 
für  unsere  Zwecke  in  Frage  kommen,  der  Fall  nicht  häufig,  dass  man  ein  natürliches 
Qnerprofil  als  unveränderlich  ansehen  könnte.    Es  müssen  deshalb  während  der  Be- 
obachtungsperiode   für    einige    charakteristische  Wasserstände    durch    direkte  Wasser- 
messungen die  Zahlenwerte  von  c  bestimmt  und  durch  gleichzeitige  Peilungen  die  Ver- 
änderungen des  Sohlenprofils  festgestellt  werden,  damit  aus  den  täglichen  Wasserstands- 
ablesungen  die  sekl.  Wassermengen  ermittelt  werden  können. 

Für  ein  bestimmtes  Projekt  genügt  es  immer,  die  sekl.  Wassermengen  an  einem 
Messprofil  festzustellen,  welches  man  möglichst  in  die  Nähe  des  zukünftigen  Einlaufes 
zu  verlegen  suchen  wird,  sofern  man  sich  diesbezüglich  schon  bei  Beginn  der  Vorar- 
beiten ein  ungefähres  Bild  machen  kann.  Wenn  irgend  möglich,  wählt  man  anderer- 
seits für  das  Messprofil  eine  gradlinige  Flusstrecke  und  eine  solche  mit  möglichst  regel- 
mässigen Ufern  und  dem  Stromstrich  in  der  Mitte. 

Liegt  eine  für  das  Messprofil  günstige  Stelle  erheblich  ober*  oder  unterhalb  des 
zukünftigen  Einlaufes,  so  muss  man  später  die  für  die  einzelnen  charakteristischen  sekl. 
Wassermengen  gewonnenen  Resultate  nach  Massgabe  der  Differenz  zwischen  dem  wirk- 
lichen Vorflutgebiet  an  der  Einlaufstelle  und  dem  berechneten  Vorflutgebiet  an  dem 
Messprofil  berichtigen,  indem  man  die  qkm  dieser  Differenz  mit  dem  gefundenen  Wert 
für  die  1/sek.  pro  qkm  multipliziert  und  das  Produkt  entweder  abzieht  oder  zuzählt. 
In  vielen  Fällen  wird  diese  Differenz  belanglos  sein. 

Ist  die  Stelle  des  Messprofils  gewählt  —  aus  der  nachfolgenden  Beschreibung 
einzelner  Messmethoden  werden  sich  noch  weitere  Gesichtspunkte  für  die  Auswahl  er- 
geben —  so  müssen  zunächst  die  Pegel  zur  Beobachtung  der  täglichen  Wasserstände 
angebracht  werden  und  zwar  einer  am  Messprofil  selbst  und  je  ein  Hilfspegel 
oberhalb  und  unterhalb. 

Die  Pegellatten  mit  der  Masseinteilung  müssen  an  Orten  angebracht  werden, 
welche  gegen  Strömung,  Eisgang  und  Wellenschlag*  tunlichst  geschützt  sind,  anderer- 
seits natürlich  auch  so,  dass  am  Pegel  der  Wasserspiegel  der  betreffenden  Flusstelle 
noch  sicher  zur  Geltung  kommt.  Man  darf  z.  B.  die  Pegellatten  nicht  an  dem  talwärts 
gerichteten  runden  Kopfe  eines  Brückenpfeilers  anbringen,  weil  sich,  hier  durch  die 
Strömung  Vertiefungen  des  Wasserspiegels  bilden.  Die  Entfernung  der  Hilfspegel  vom 
Hauptpegel  am  Messprofil  selbst  hängt  ganz  von  der  örtlichkeit  und  dem  Wasserspiegel- 
gefalle ab,  wird  in  der  Regel  aber  nicht  mehr  als  je  250,0  m  betragen  und  kann  bei  sehr 
steilem  Gefalle  erheblich  kleiner  sein. 


88)  In  Frankreich  and  Italien  wird  diese  Formel  häufig  Tadini  zugeschrieben,  vergl.  A  Flamant 
Hydranliqoe.  Paris  1900.  8.  189. 


I.     Theodor  Koehn.     Aushau  i 


'    WaBSEBKRIITEH.       AlXQEHEDtES. 


Die  Entfernung  yod  zusammen  500,0  m  gibt  bei  einem  Wasserspiegeige  falle  von 

:  1500  schon  eine  Höhendifferenz  zwischen  oberstem  und  unterstem  Pegel  von  0,333  m. 

Liegt  eine  Brücke,  welche  das  Profil  einengt,  oberhalb  oder  unterhalb   des  Mess- 


Abb.18.  PegelmitinPorielli»  »uageJegtorFeinteilong  YonSeibt-Foea».      Abb.  13.  Pegel  an« 


profils,  so  empfiehlt  es  sich,  die  Hilfspegel  so   anzubringen,   dass  die  kleine  Gefällstnfe. 

welche  an  der  Bracke  im  Wasserspiegel  entsteht,  nicht  mitgemessen  wird,  d.  h.  also, 

die  Brücke  ausserhalb  der  beobachteten  Strecke  zu  lassen. 

.  .    eg*      nng.    j^  gDrjgen   gin)j  Brücken    und    namentlich   Hängebrücken, 

:£=  sehr  geeignete  Stellen  für  das  Hessprofil  selbst. 

Die  Ablesung  der  Wasserstande  am  Pegel  wird  um 

-  so  zuverlässiger,  je  näher  der  Beobachter  sich  dem  Pegel 
gegenüber  aufstellen  kann  und  je  mehr  der  Sehwinkel  sich 
einem  rechten  nähert.  Am  besten  ist  es,  wenn  man  die 
Pegel   am  Flussufer  in  Nischen   unterbringen   kann,   welche 

-  durch  Treppen  gut  zugänglich  sind. 
Es   gibt   im  Handel  eiserne   und   hölzerne  Pegellatten 

von  meistens  20  cm  Breite.    Bei  den  hölzernen  Pegellatten 
ist  die  Teilung  meistens  in  ÖlfarbenanBtrich  aufgetragen,  bei 
1      den  eisernen  in  Emaille,  oder  in  einzelnen  Porzellanplatten. 
L  Je  nachdem  die  Pegellatten  lotrecht  oder  schräg  rar 

Aufstellung  gelangen,  ist  die  Einteilung  natürlich  verschieden. 
Abb.  12,  13  und  14  zeigen  verschiedene  Pegelanordnungen. 
Den  Nullpunkt  der  Pegellatten  legt  man  in  der  Regel 
gleichmäsBig  für  alle  '  30 — 50  cm  unter  den  niedrigsten 
Wasserspiegel  am  Messprofil  und  schliesst  den  Nullpunkt  an  bekannte  Festpunkte 
an,  So  dass  man  aus  der  Ablesung  auf  einfache  Weise  die  Beziehungen  zu  dem  Null- 
punkt des  Fixpunktnetzes  herstellen  kann. 

Für  kleinere  Wasserläufe,  bei  denen  die  Einwirkungen  von  Niederschlägen  sieb 
schnell  /eigen  und  kleinere,  innerhalb  einiger  Stunden  verlaufende  Flutwellen  erzengen, 
ist  die  dauernde  Abschreibung  der  Wasserstände  durch  selbstschreibende  Pegel  not- 
wendig.   Aber  auch  sonst  ist   die  Verwendung  derartiger  Apparate  zu  empfehlen,   wenn 


§    *■  Diu  TBCmnSCREH  VOBAHBEITEK.  193 

die  nötigen  Mittel  zur  Beschaffung  verfügbar  sind.  Es  tritt  immerhin  durch  die  An- 
wendung eelbstregistrierender  Pegel  insofern  eine  Ersparnis  ein,  als  die  Beobachtung 
derselben   nicht  alle  Tage  nötig  ist. 

Eine  in  Praussen  viel  verwendete  Eonstraktion  ist  der  in  Abbildung  16  darge- 
stellte Apparat  von  Seibt-Fuess8*). 

Als  Schwimmer  dient  ein  mit  Bleischrot  beschwert««  Kupfer-  oder  Eisengefas*  8,  welche! 
mittelst  eines  Stauldrabtes  an  einer  Bolle  8r  aufgehängt  ist.  Ein  Gegengewicht  N  spannt  diesen  Draht 
und  dreht  die  Rolle  bei  steigendem  Wasser.  Die  Drehung  der  Rolle  wird  mittelst  Zahnstange  T  auf 
«inen    Schreibstift  e   übertragen,   welcher   die    Kurven    anf  einer  Papiertrommel    zeichnet    Die  Papier- 

Abb.  15.  Abb.  16. 

Selbatstchreibender  Kontrollpegel  von  Seibt-Fueas.  Selbstachreibender  Pegel  von  A.  Ott,  Kempten. 


trommel  wird  durch  ein  besonderes  Uhrwerk  mittelst  Zahntrieb  Z  regelmassig,  meistens  wöchentlich 
einmal  um  ihre  Achse  gedreht.  Die  mit  dem  Schreibstift  anf  der  Trommel  gezeichnete  fortlaufende 
Linie  nennt  man  die  Wasserstau  dskurve.  Durch  iwei  weitere  Schreibstifte  b  und  b  werden  im  festen 
Abstände  voneinander  und  in  bestimmter  Hohe  horizontale  Linien  auf  die  Trommel  Obertragen.  Der 
Hammer  H  zeichnet  durch  Schlage  in  bestimmten  Zeitabatlnden  (alle  Tier  Stunden)  Zeitmerken  an  den 
horizontalen  Linien  anf.  Hierdurch  werden  Irrtümer  in  bezog  anf  die  Zeit  leichter  ausgeschlossen  und 
es  wird  auch  die  Veränderung,  welche  das  während  der  Aufzeichnung  meistens  feuchte  Pspier  sp&ter 
erleidet,  kontrollierbar.  Ein  am  Apparate  angebrachter  Hasstab  M  ermöglicht  die  Ablesung  des  Wasser- 
standes unmittelbar  in  Beciehung  auf  den  Nullpunkt  des  Pegels.  Ebenso  kann  durch  eine  besondere 
Lotrorrichtung  L,  durch  welche  mittelst  der  Kurve  K  ein  Stahlband  mit  dem  Gewichte  P  bis  auf  den 
Schwimmer  S  herabgelassen  werden  kann,  die  direkte  Feststellung  des  Wasserstandes  erfolgen. 

Abb.  16  stellt  den  selbstregistrierenden  Pegel  von  A.  Ott  dar91).     Die  Apparate 
sind  für  7  V«  tägige  Umlaufszeit  eingerichtet.     Die  nutzbare  Höhe  der  Papiertrommel 


")  Seibt,  Der  Kurven  widmende  Kontroll pegel.  Zentralbl.  d.  Bau-Terw.  1898.  S.  542. 
at)  A.  Ott,  Matb.-wiech.  Institut  Kempten  in  Bayern. 

Hwdtneh  An  Int,-WlHu»ch.     ID.  Toll.    IB.  Bd.  IS 


194  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgeheines. 

beträgt  350  mm,  die  Länge  der  Stande  2  7*  nun.  Die  Aufzeichnung  erfolgt  je  nach  der 
Grösse  der  zu  -erwartenden  Wasserstandsunterschiede  im  Verhältnis  1:1  bis  1:20.  Der 
Preis  eines  Apparates  schwankt  zwischen  210 — 325  Mark,  je  nach  der  Ausrüstung  und 
dem  Aufzeichnungsverhältnis. 

Derartige  selbstschreibende  Apparate  müssen  über  einen  gemauerten  oder  hölzernen 
oder  eisernen  Brunnenschacht  von  ca.  1,0  m  lichter  Weite  aufgestellt  werden,  welcher 
durch  einen  Seitenkanal  von  mindestens  0,15  m  lichter  Weite  mit  dem  Flusswasser  in 
Verbindung  steht.  Der  Apparat  selbst  ist  durch  ein  kleines  Pegelhäuschen  in  Holz  oder 
Eisen  oder  Mauerwerk  zu  schützen. 

Die  verschiedenen  Bedürfnisse  bei  Einzelfallen  haben  ihre  Befriedigung  durch 
eine  ganze  Reihe  von  Verbesserungen  und  Vervollkommnungen  dieser  Apparate  ge- 
funden, deren  Besprechung  hier  aber  zu  weit  führen  würde.  Erwähnt  sei  nur  kurz  der 
Druckluftpegel  von  Seibt-Fuess86),  ferner  der  elektrische  Fernpegel  von  Seibt- 
Fuess87),  bei  welchem  auf  elektrischem  Wege  der  Wasserstand  an  einer  entfernten  Stelle 
angezeigt  wird.  Namentlich  die  letztgenannten  Apparate  haben  für  Wasserkraft-Anlagen 
mit  einem  Stauweiher  oder  einer  Talsperre  insofern  Bedeutung,  als  durch  den  Apparat 
in  einem  entfernt  gelegenen  Krafthause  der  Wasserstand  im  Sammelbecken  angezeigt 
werden  kann. 

Über  das  Auftragen  der  Wasserstandsablesungen  ist  bereits  Seite  140  und  141 
das  Nötige  mitgeteilt  worden. 

Das  Ziel  der  direkten  Wassermengen-Messungen  ist  nun,  für 
das  beobachtete  Messprofil  eine  möglichst  einfache,  aber  sichere 
Methode  zu  finden,  aus  der  iqan  mit  Hilfe  der  täglich  gemessenen  oder 
durch  den  Selbstschreiber  dauernd  registrierten  Wasserstände  die 
sekl.  Wassermengen  bestimmen  katin.  Es  müssen  zu  diesem  Zwecke  für  je  ein 
Beobachtungsjahr  mindestens  bei  einem  niedrigen  Wasserstande,  bei  zwei  weiteren 
mittleren  Wasserständen,  sowie  bei  einem  Hochwasserstande  direkte 
Wassermessungen  stattfinden  und  zwar  ist  jede  Wassermessung  mindestens  doppelt 
am  besten  dreifach  zu  machen,  damit  eine  Kontrolle  vorhanden  ist,  da  Irrtümer  leicht 
vorkommen.  Auf  Genauigkeit  muss  besonders  bei  der  Messung  des  N.W., 
aber  auch  der  zwei  mittleren  Wasserstände  geachtet  werden,  weil  ihre 
Werte  für  die  Wasserkraft  am  wichtigsten  sind,  während  bei  den  höheren 
Wasserständen,  soweit  es  sich  ausschliesslich  um  Ausnutzung  der  Wasser- 
kraft handelt,  grössere  Fehlergrenzen  zulässig  erscheinen. 

Uberfallmessung:  In  kleineren  Bächen  und  auch  noch  in  breiteren  Wasserlaufen, 
welche  ein  gleichmässiges  Sohlenprofil  haben,  ist  die  Messung  durch  Überfälle  die 
sicherste  Methode.  Allerdings  erfordert  eine  solche  Messung  die  Anlage  eines  festen 
Überfalls  im  Flussprofil,  was  immerhin  mit  erheblichen  Unkosten  verknüpft  ist.  Die 
Wassermenge,  welche  durch  einen  solchen  Überfall  fliesst,  ist  bestimmt  durch  die  Formel 


Q  =  */sjub.h1.V2gh1  =  8/3iMbi/2gh1S 

worin  fi  einen  von  der  Form  und  der  Höhe  des  Überfalls  abhängigen  Beiwert,  ht  die  Höhe 
und  b  die  Breite  des  überfallenden  Wasserstrahls,  g  die  Erdbeschleunigung  =  9,81  be- 
deuten.   Die  Bestimmung  des  Beiwerts  /4  ist  am  sichersten,  wenn  vollkommene  Ein- 


86)  Zentral  Bl.  d.  Bau-Verw.  1896.  S.  202.    Seibt,  Selbstochreibeiider  Drnckluftpegd. 
8?)  Zenlral-BI.  d.  Bau-Verw.  1900.  8.  69. 


§    4. 


Die 


Vorarbeiten. 


195 


schnürung  am  ganzen  Umfange  stattfindet  und  man  wird  deshalb  derartige  Messaber- 
falle am  besten  ans  Holz  herstellen  und  sie  mit  einem  scharfen  Rande  aus  Eisen 
versehen. 

Die  Angaben  über  die  Werte  für  fi  sind  bis  heute  noch  ziemlich  schwankend. 
Bis  zn  Überfallhöhen  von  0,60  m  kann  bei  vollkommener  Einschnürung  ft  zu  0,623  an- 
genommen werden.  Für  grössere  Überfallhöhen  wachst  dieser  Wert;  man  würde  also 
zu  kleine  sekl.  Wassermengen  bei  Beibehaltung  des  genannten  Beiwortes  bekommen. 
Wenn  man  sicher  gehen  will,  bleibt  deshalb  nichts  anderes  übrig,  als  den  Beiwert  /* 
durch  direkte  Flügelmessung  im  Profil  für  einige  Werte  von  h,  an  dem  errichteten 
Messüberfall  festzustellen. 

Abb.    17.     Einbau  oines  MessUborfalla  mit  sBlbstochroibendem  Pegel   für  den  vereinigten  Wweeriauf  des 
Wipiierbacbe»  und  Brnoherbacbw  bei  Marienheide. 


Oft  ist  die  Geschwindigkeit  des  ankommenden  Wassers  so  gross,   dass  man  sie 
nicht   vernachlässigen  kann.     Man  würde  ohne  Berücksichtigung  dieser  ankommenden 
Geschwindigkeit  zu  kleine  Werte  für  Q  erhalten.    In  der  nachstehenden  Formel 
Q  =  »/•  (i  b  V2l  [(h,  +  k)  •/■  -  k  */.] 

ict  die  Geschwindigkeit  des  ankommenden  Wassers  durch  k  berücksichtigt.  Die  Ge- 
schwindigkeit v0  des  ankommenden  Wassers  wird  man  meistens  durch  Stab-Schwimmer- 
messungen  feststellen  und  aus  der  Beziehung  v0  =  y'2g  k  den  Wert  für  k  ermitteln. 

Im  Kap.  III,  §  2,  Werkkanäle,  wird  über  die  Theorie  der  Überfalle  Näheres  mit- 
geteilt, so  dass  hier  darauf  verwiesen  werden  kann. 

Die  Höhe  des  überfallenden  Wasserstrahls  ist  ca.  1,0  m  von  dem  Überfall  selbst  zu 
messen  und  es  ist  deshalb  die  Pegellatte  ca.  1,0  m  vor  dem  Überfall  aufzustellen  und  zwar 
am  besten  so,  dass  der  Nullpunkt  auf  gleicher  Höhe  mit  der  Krone  des  Überfalls  liegt. 

Derartige  Überfälle  werden  häufig  mit  selbstschreibenden  Pegeln  verbunden. 
Eine   solche   Anlage   wurde  im  Dezember  1887  von  Intze  im  Esehbachtale  bei  Rera- 

18« 


196  I.    Theodor  Koehx.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

scheid  für  ein  Vorflutgebiet  von  4,5  qkm  und  später  für  den  vereinigten  Wasserlauf 
des  Wipperbaches  und  des  Brncherbaches  bei  Marienheide,  ausreichend  für  8  qkm 
Niederschlagsgebiet  aufgestellt.  Abb.  17  zeigt  Grundriss  und  2  Querschnitte  einer  solchen 
Einrichtung.    Für  diese  Überfälle  wurde  fi  konstant  zu  0,63  angenommen. 

Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  man  alte  Triebwerksanlagen  oder  feste  Bracken 
und  Durchlässe  benutzen  wird,  ohne  sich  die  Kosten  eines  besonderen  Überfaümeas- 
profiles  aufzuerlegen,  wenn  man  an  ihnen  zuverlässige  Messprofile  gewinnen  kann. 
Meistens  wird  allerdings  die  Auswahl  eines  Zahlenwertes  für  fi  aus  den  Angaben  der 
verschiedenen  Autoren  dann  noch  schwieriger,  weil  eine  vollkommene  Einschnürung  selten 
vorausgesetzt  werden  darf,  es  auch  nicht  leicht  zu  entscheiden  ist,  bei  welcher  Über- 
fallhöhe ht  sich  die  Sohleneinschnürung  ganz  oder  teilweise  ausbildet,  welchen  F.rnflnsa 
man  der  Gestalt  der  aufwärts  gelegenen  Überfallswand  beimessen  muss  und  anderes 
mehr.  Bei  Brücken  und  Durchlässen  kann  der  Fall  des  unvollkommenen  Überfalles  in 
Betracht  kommen,  und  man  hat  dann  2  Beiwerte  /u,  und  p2  zu  bestimmen  (vergl.  Kap. 
III,  §  1,  Wehre).  Wenn  man  sicher  gehen  will,  muss  man  auch  in  solchem  Falle  durch 
Flügelmessungen  bei  verschiedenen  Werten  von  ht  entsprechende  Werte  von  (i  ermitteln, 
welche  dann  solange  ihre  Gültigkeit  behalten,  als  das  Messprofil  unverändert  bleibt. 

Uesch windigkeitsmessungen :  Bei  grösseren  Flussläufen  würde  die  Herstellung 
eines  Überfallprofils  zu  Messzwecken  zu  kostspielig  werden.  Man  muss  deshalb  die 
Wassergeschwindigkeit  in  dem  Profil  direkt  messen. 

Vorarbeit  für  jede  Geschwindigkeitsmessung  ist  die  Peilung  des  Flussprofils, 
welche  möglichst  unmittelbar  vor  Beginn  der  Messung  vorzunehmen  ist.  Erst  aus  der 
Gestalt  der  Flussohle  kann  man  Schlüsse  ziehen  über  die  Anzahl  der  Vertikalen,  in 
denen  man  Geschwindigkeitsmessungen  vorzunehmen  hat.  Ausgehend  von  den  Knick- 
punkten in  dem  Querprofil  der  Sohle  wird  man  an  den  steileren  Böschungen  die  Lot- 
rechten im  Abstand  von  2 — 5  m  wählen,  auf  Strecken  aber,  wo  die  Wassertiefe  un- 
gefähr dieselbe  bleibt,  sich,  namentlich  bei  Hochwasser,  mit  Lotrechten  im  Abstand  ion 
10,0—20,0  m  begnügen.  Zeigt  z.  B.  das  Niedrigwasserprofil  von  der  Stromrinne  aus  eine 
nach  beiden  Seiten  gleichmässig  ansteigende  Sohlenlinie,  so  wählt  man  am  besten  die 
Lotrechten  in  gleichem  Abstand  von  2— 5  m  über  das  ganze  Profil. 

Die  Wassergeschwindigkeit  in  einer  Lotrechten  ändert  sich  nach  Dupuit88), 
Boileau89),  Humphreys  und  Abbot90),  Darcy,  Bazin  u.  a.  nach  einer  Parabel  mit 
horizontaler  Achse  und  nach  Humphreys  und  Abbot  liegt  diese  Achse,  also  die  maxi- 
male Geschwindigkeit  vs,  0,297  m  unter  dem  Wasserspiegel  (vergl.  Abb.  18).  Nach 
Hagen91)  ist  die  Kurve  der  Geschwindigkeiten  in  einer  Lotrechten  eine  Parabel  mit 
stehender  Achse  (vergl.  Abb.  19).  Nach  R.  Jasmund")  ist  die  vertikale  Geschwindig- 
keitskurve eine  logarithmische  Linie.    Sowohl  nach  Hagen,  als  nach  Jasmund  liegt 


88)  Dupuit,  Etudes  theoriques  et  pratiques  sur  les  mouvements  des  eaux  eourantee  etc. 
Paris.  1848. 

88)  Boileau,  Tratte*  de  Ia  mesure  des  eaux  courantes  etc.  Paris  1854. 

80)  Humphreys  u.  Abbot,  Report  upon  tbe  physics  and  hydraulica  of  the  Mississippi.  Phila- 
delphia 1861.    Obersetzt  von  Grebenau. 

•i)  G.  Hagen,  Über  Bewegung  des  Wassers  in  Strömen.  Berlin  1868.  —  Ober  das  Gesetz, 
wonach  die  Geschwindigkeit  des  strömenden  Wassers  mit  der  Entfernung  vom  Boden  sich  vergrossert 
Berlin  1871. 

88)  R.  Jasmund,  Die  Einwirkung  der  Flussohle  auf  die  Geschwindigkeit  des  niessenden 
Wassers.  Zeil  sehr.  f.  Bauw.  1893.  —  Handbuch  der  Ingenieurwissenschaften.  HL  Teil  Der  Wasserbau. 
4.  Aufl.  I.  Bd.  S.  462  ff. 


§  4. 


Die  technischen  Vorarbeiten. 


197 


die  Maximalgeschwindigkeit  in  der  Oberfläche.  Letzteres  kann  theoretisch  richtig  sein, 
praktisch  wird  es  aber  nur  bei  ruhiger  Luft  zutreffen,  denn  bei  stromaufwärts  gerichteter 
Luftbewegung  muss  eine  Verzögerang  der  Wasserteilchen  im  Wasserspiegel  stattfinden. 

Bei  der  Messung  an  der  Isere  vom  20.  und  21.  März  1894  bei  N.W.  wurde 
z.  B.  die  grösste  Geschwindigkeit  nicht  in  der  Oberfläche,  sondern  ungefähr  0,50  m 
darnnter  gefunden"). 

Für  die  Berechnung  der  seid.  Wassermengen  braucht  man  die  mittlere  Geschwin- 
digkeit in  jeder  Lotrechten. 

Man  kann  nun  diese  gewünschte  mittlere  Geschwindigkeit  in  einer  Lotrechten  so 
finden,  dass  man  die  Geschwindigkeit  an  der  Oberfläche,  an  der  Sohle  und  in  verschie- 


Abb.  18.    Vertikalgeschwindigkeitskanre 
nach  Hnmphreys  u.  Abbot, 


Hfi 


Abb.  19.    Vertikalgesohwindigkeitskurve 
nach  Hagen. 


denen  Tiefen  dazwischen  misst,  alsdann  die  gewonnenen  Geschwindigkeiten    in  einem 

Profil  aufträgt  und  die  Profilfläche  f  (vergl.  Abb.  18  und  Abb.  19)  durch  die  Wassertiefe  t 

f 
dividiert,  also  vm  =  j. 

V 

Anstatt  die  Parabelfläche  zu  berechnen  wird  es  meistens  genügen,  sich  die  Fläche 
in  Trapeze  zerlegt  zu  denken. 

Will  man  grössere  Fehlergrenzen  zulassen,  so  kann  man  entweder  die  mittlere 
Vertikalprofilgeschwindigkeit  direkt  messen  oder  die  mittlere  Geschwindigkeit  aus  der 
Oberflächengeschwindigkeit,  bezw.  aus  der  Maximalgeschwindigkeit  herleiten. 

Die  mittlere  Vertikalgeschwindigkeit  liegt  nach  R.  J  asm  und  0,368  t  über  der 
Sohle,  also  0,632  t  unter  dem  Wasserspiegel.  Nach  v.  Wagner94)  liegt  der  Mittel- 
wert der  Vertikalgeschwindigkeit  auf  0,5966  t,  nach  Hagen  auf  0,555  t,  nach  Schlich- 
tung 0,577  t,  nach  Humphreys  und  Abbot  auf  0,66  t. 

Wie  bereits  S.  133  erwähnt,  kann  die  mittlere  Geschwindigkeit  nach  B  a  z  i  n  an- 
genähert zu  0,785  v„  nach  Hagen  =  0,86  v0  =  v„  nach  v.  Wagner  0.838  v0  ange- 
nommen werden. 


")  B.  delaBrosse,  Etüde  nydrologiqne  d'on  bassin  de  montagne.    Compte  rendn  des  traveanx 
fa  coogres  de  la  Honille  Blanche.  Grenoble  1902.    Premier  volnme  8.  172. 

94)  von  Wagner,  Hydrologische  Untersuchungen.  Brannschweig  1881*.  S.  37. 


198  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Baumgart en  empfahl  den  Ausdruck  vm  =  0,8  -^-jp-«- .  v0 

«    .  • .   ,A.         ,       A     ,      ,  1+  0,2676  y  t  bei  Geschwindigkeiten 

Schhchting   den  Ausdruck   vm:=h      A^rV-'V  »l      h*     ,    , 

°  2  +  0,4014  yt      °  über  1,5  m/sek. 

Wenn  man  sich  also  mit  der  Genauigkeit  begnügen  will,  welche  sich  aus  der  An- 
wendung dieser  immerhin  unsicheren  Beiwerte  ergibt,  so  würde  es  z.  B.  genügen,  die 
Oberflächengeschwindigkeit  oder  die  Maximalgeschwindigkeit  in  den  einzelnen  Lotrechten 
zu  messen  und  daraus  die  mittlere  Geschwindigkeit  durch  Multiplikation  mit  einem  der 
angegebenen  Beiwerte  zu  berechnen  oder  die  mittlere  Geschwindigkeit  direkt  in  der 
Tiefe,  in  welcher  man  dieselbe  nach  einem  der  Autoren  annehmen  will,  zu  messen. 

Für  die  direkte  Messung  der  mittleren  Geschwindigkeit  eines  Vertikalprofils  gibt 
es  noch  andere  Methoden,  von  denen  noch  die  Rede  sein  wird. 

Ist  das  Messprofil  gewählt,  so  wird  es  durch  je  einen' Profilstein  am  linken  und 
rechten  Ufer  markiert,  derart,  dass  die  Profillinie  lotrecht  zum  Stromstrich  liegt 

Jeder  Messung  muss,  wie  bereits  erwähnt,  eine  Sohlenpeilung  vorausgehen,  damit 
die  Fläche  des  benetzten  Profils  sicher  berechnet  werden  kann.  Fehler  in  der  Berech- 
nung der  Querschnittsfläche  haben  nach  der  Formel  Q  =  F .  v  den  gleichen  Einfluss  auf 
die  sekl.  Wassermenge  wie  gleiche  grosse  Fehler  in  der  Geschwindigkeitsmessung. 

Während  der  Geschwindigkeitsmessungen  werden  stündlich  die  Wasserstände  an 
den  3  Pegelstellen  abgelesen  und  zwar  bei  breiteren  Flüssen,  bei  welchen  sich  an  beiden 
Ufern  verschiedene  Höhen  ergeben  können,  an  beiden  Ufern  möglichst  gleichzeitig.  Diese 
Pegelablesungen  sind  notwendig,  um  das  Wasserspiegelgefalle  festzustellen  und  um,  wenn 
sich  der  Wasserstand  während  der  ganzen  Messung  ändert,  einen  mittleren  Wasserstand 
rechnerisch  zu  finden. 

Geräte  cur  Geschwindigkeitsmessung,  a)  Schwimmermessungen.  Man  unter- 
scheidet Oberflächen-Schwimmer,  Schwimmer  mit  geringer  Eintauchung  und  Stabschwimmer. 
Als  Oberflächenschwimmer  kommen  kleine  Holzscheibchen,  auf  denen  an  weissen 
Stäben  Fähnchen  befestigt  sind,  oder  hohle  Blechkugeln  von  10 — 50  cm  Durchmesser  zur 

avv  M    o  i.  .  -i.     Verwendung.    Da  die  Oberflächenschwimmer  aber  vom  Winde 

add«  29U«    öcnwiromer  mit 

geringer  Eintanehong.        stärker  beeinflusst  werden,  bevorzugt  man  kleinere  Holzstäbe 

oder  Blechröhren,  welche  durch  Blei  oder  kleine  Kieselsteine 
an  einem  Ende  so  beschwert  sind,  dass  sie  etwa  0,25— 0,30  cm 
in  das  Wasser  eintauchen  und  nahezu  lotrecht  stehen.  Das 
herausstehende  Ende  wird  zweckmässig  mit  Kalk  oder  Farbe 
weiss  gemacht  (vergl.  Abb.  20).  Statt  der  Stäbe  kann  man 
auch  leere  Glasflaschen  von  0,26—0,30  cm  Länge  verwenden. 
Man  darf  annehmen,  dass  diese  Schwimmer  die  Maximalgeschwindigkeit  v-«»  oo  v0  messen. 
Zur  Ausführung  einer  Schwimmermessung  wird  in  gleichem  Abstände  vom  Mess- 
profil aufwärts  und  abwärts  je  ein  weiteres  Profil  abgesteckt  und,  sofern  es  sich  um 
eine  längere  Reihe  von  Messungen  handelt,  durch  Steine  festgelegt.  Man  setzt  die 
Steine  so,  dass  sie  mit  dem  Steine  des  Messprofils  eine  Gerade  bilden  und  dass  diese 
Geraden  an  beiden  Ufern  einander  parallel  sind,  d.  h.  die  Entfernung  der  Steine  von 
Ufer  zu  Ufer  in  jedem  Profil  die  gleiche  wird.  Alle  Profilsteine  werden  trigonometrisch 
festgelegt.  Den  Abstand  der  3  Profile  wählt  man  je  nach  der  Geschwindigkeit  im  Flosse 
verschieden,  jedoch  so,  dass  der  Schwimmer  in  der  Strommitte  nicht  mehr  als  2  Minuten 
vom  obersten  bis  zum  untersten  Profil  braucht. 

Für  die  Messung  selbst  werden  in  jedem  Profil  zwei  Signalstangen  aufgestellt,  an 
denen  der  Durchgang  der  Schwimmer  beobachtet  werden  kann.    In  dem  Messprofil  und 


§    4.  Die  technischen  Vorabbeiten.  199 

e&wa  10  Meter  oberhalb  der  obersten  beiden  Signalstangen  spannt  man  je  einen  Peil- 
clraht  qner  über  den  Fluss,  deren  Nullpunkte  in  gleichem  Abstand  von  der  Geraden  der 
Pxofilsteine  festgemacht  werden  und  an  welchen  die  Lotrechten  durch  verschiedenfarbige 
Zeuglappen  gekennzeichnet  sind. 

An  dem  oberen  Peildraht  stellt  man  sich  alsdann  in  einem  leichten  Kahn  in  den  ein- 
zelnen Lotrechten  ein  und  setzt  jedesmal  nacheinander  3 — 6  Schwimmer  aus.    Die  Zeitbe- 
stimmung des  Durchganges  der  Schwimmer  durch  die  drei  Profile  kann  in  der  Regel  von 
einem  Beobachter  wahrgenommen  werden,  welcher  möglichst  mit  zwei  Chronoskopen,  d.  h. 
Uliren  mit  Hemmungsvorrichtungen,  versehen  ist.    Die  Tageszeit  der  Messung  an  jeder 
Lotrechten   wird  notiert,  damit  man  nach  den  stündlichen  Pegel  beobachtungen  den  ge- 
nauen Wasserstand,  bezogen  auf  den  Nullpunkt  des  Fixpunktnetzes  kennt  und  damit  man 
die   gemessenen  Geschwindigkeiten  für  alle  Lotrechten  bei  schwankendem  Wasserstande 
später  auf  einen  mittleren  Wasserstand  reduzieren  kann.    Es  ist  notwendig,   an  jeder 
Lotrechten  eine  grössere  Anzahl  von  Schwimmern  auszusetzen,  weil  die  Schwimmer  oft 
abtreiben  und  die  Messungsresultate  sonst  zu  ungenau  werden.    Wenn  es  ihr  Wert  ver- 
lohnt, werden  die  Schwimmer  durch  einen  zweiten  Kahn  unten  wieder  aufgefangen. 

Abb.  21.    Der  Stabschwimmer.  Abb.  22  Pi  tot  »che  Röhre. 


Als  Stabschwimmer  werden  meistens  hohle,  unten  geschlossene  Blech- 
röhren von  3—4  cm  Durchmesser  verwendet,  welche  aus  einzelnen  Stücken  zusammenge- 
schraubt und  mit  Bleischrot  soweit  beschwert  werden,  dass  ihr  Ende  eben  noch  über 
der  Sohle  bleibt. 

Ein  Stabschwimmer  wurde  zuerst  von  dem  Jesuitenpater  und  Mathematiker  Cabeo 
(geboren  1585  zu  Ferrara,  gestorben  1650  zu  Genua)  im  Jahre  1646  benutzt  und  von 
dessen  Zeitgenossen  Barattieri  verbessert96).  Der  Stab  nimmt  beim  Schwimmen  eine 
geneigte  Stellung  ein,  entsprechend  der  nach  der  Sohle  zu  abnehmenden  Geschwindig- 
keit. Man  nimmt  an,  dass  sich  ein  solcher  Stab  mit  der  mittleren  Ge- 
schwindigkeit der  Lotrechten,  in  welcher  er  sich  befindet,  bewegt, 
so  dassdie  Messung  direkt  die  mittlere  Vertikalprofilgeschwindigkeit 
ergibt. 

Die  Ansichten  über  den  Wert  solcher  Stabschwimmermessungen  schwanken. 
Hagen**)  war  der  Meinung,  dass  der  Cabeo  sehe  Stab  eine  viel  häufigere  Anwendung 
verdiene,  als  er  gefunden  habe. 

Bei  den  Rheinstrommessungen  Grebenans  wurden  sehr  erhebliche  Differenzen 
zwischen  den  Resultaten  mit  Stabschwimmern  und  mit  Wolt  manschen  Flügeln  festge- 
stellt. Die  Theorie  der  Stabschwimmer  ist  in  verschiedenen  Abhandlungen  von  Legier, 
Fliegner,  Amsler-Laffon  u.  a.  in  der  Schweiz.  Bauzeitung  1888,  S.  70,  83,  92, 
108,  152  behandelt. 


•*)  Brüning,  Über  die  Geschwindigkeit  dm  fließenden  Warnn.  8.  99. 
••)  Handbmch  der  Wasserbaukunst.  II.  Teü.  1.  Bd.  8.  250. 


Abb.  28. 

Pitot-Dsrcysche  Röhre. 


■  \  ',  >',\«  Ko*BS.      AüSIUU   VON   WaBBEBKBIFTEN.      ALLGEMEINES. 

*  ■-    trbciten  bei  Waoserkraftanlagen  können  die  Messungen 
»»mmern  bei  beschränkten  Mitteln  nnd  beschränkter  Zeit 
,  i.v  %«hl  empfohlen  werden. 
\   cj^Arenmessangen.     Die   älteste   Messröhre   wurde  im   Jahre   1732  von    dem 
u..,v->t>n  Ingenieur  Pitot  in  Form  einer  einfachen,  an  beiden  Enden  offenen,  recbt- 
>.-i£  gebogenen  Glasröhre  (vergl.  Abb.  22)   der  Akademie  der  Wissenschaften  ro 
tfe'fc  xvrgelegt.    Die  Geschwindigkeit  v  sollte  nach  Pitot  sich  aus  der  Höhe  h  direkt 
„toh  «l*r  Formel  v  =  V  2gh  ermitteln  lassen.    Eine  genauere  Ablesung  war  aber  wegen 
(tut  Schwankungen  des  Wassers  in  der  Röhre  nicht  möglich.    Es  sind  deshalb  im  Laufe 
der  Zeit    zahlreiche   Verbesserungen   vorgeschlagen ,    von 
denen  nur  diejenigen  Ton  Duchemin")  und  yon  Reichen- 
bach'8) erwähnt  sein  mögen. 

Die  grösste  Verbreitung  fand  die  von  DarcyHi 
vorgeschlagene  Anordnung  nnd  der  von  dem  genannten 
Ingenieur  konstruierte  Apparat  ist  unter  der  Bezeichnung 
Pitot-Darcyscbe  Röhre  (vergl.  Abb.  23)  in  allen  Län- 
dern bekannt  und  viel  gebraucht,  worden. 

Zw«  Glasröhren  C  and  D  stehen  im  oberen  Ende  durch 
•ine  mstsllsoe  Fassung  E  in  Verbindung.  In  dieser  Fleming  be- 
findet sich  ein  luftdicht  schli  essend  er  Hahn,  hu  welchen  skn  eil 
Gumroischlsuch  mit  MundstOek  anschlissst  Die  beiden  Glasröhre« 
sind  in  einer  eichenen  Tafel  AB  eingelassen  nnd  am  unteren  Ende 
in  ein  kupfernes  Stock  F  eingekittet  Ton  F  abwkrts  eetien  eich 
die  Gltsr&bren  als  kupferne  Rohren  fort  nnd  es  endigt  C  in  einer 
öffnnng  mit  lotrechtem  Querschnitt,  welche  bei  der  Messung  gsges 
die  Stromriehtnng  gekehrt  wird.  Das  Ende  der  kupfernen  Röhre  D 
ist  nach  unten  umgebogen.  Durch  einen  mit  Drabtiug  versehenen 
Huhn  bei  F  können  beide  Rohren  C  und  D  geöffnet  und  gsichlnsses 
werden.  Ein  Steuer  H  soll  die  Einstellung  dss  Apparats*  in  der 
Stromriehtnng  erleichtern.  Bei  der  Messung  wird  dss  Bohrende  C 
in  diejenige  Wssserschicht  gebracht,  deren  Geschwindigkeit  man 
messen  will.  Dsr  ganze  Apparat,  dessen  Hohe  etwa  1.25— 1, SO  n 
betragt,  kann  an  einem  Eisenhohlstsb  auf-  nnd  abbewegt  nnd  dnres 
Stellschrauben  sn  bestimmten  Stellen  fest  gemacht  werden.  Ds  die 
Wssssrgssch windigkeit  auf  die  Wsssersflnle  in  C  direkt  einwirkt, 
und  iwar  natürlich  am  so  mehr,  je  grosser  die  Geschwindigkeit  ist, 
so  mnss  der  Wasserspiegel  in  dsn  beiden  Rohren  C  und  D  ver- 
schieden sein.  Aus  dieser  Höhendifferenz  h  berechnet  sich  die  Ge- 
schwindigkeit v  =  ft  .  l'b. 

Am  besten  misst  man  mit  der  Pitot-Darcyschen  Röhre  von  festen  Brücken 
aus,  aber  man  kann  auch  recht  gut  von  einem  Kahn  aus  die  Messung  vornehmen.  Haben 
die  Wasserspiegel  sich  in  den  beiden  Röhren  einigermasBen  konstant  eingestellt,  so  sangt 
man  die  Luft  bei  m  so  weit  an,  bis  der  Wasserstand  in  beiden  Röhren  zu  einer  für 
die  Ablesung  passenden  Höhe  emporgestiegen  ist  und  schliesst  dann  den  Hahn  bei  E 


»')  Duchsmin,  Rechsrches  expenmentales  cur  lee  lois  de  1s  resistsnes  ds  fluide«.  1841 
Deutsch  von  Schnuss.  Brsunachweig  1844. 

»*)  C.  H.  v.  Bsnsrnfeiad,  Die  Elemente  der  Vermessungskunde.  5.  Aufl.  Hauchen  1870. 
1.  Bd.  8.  449. 

••)  Dsrcy,  Note  relative  k  quelques  modiflcstions  k  introduire  dann  la  tube  de  Pitot  Ann. 
des  ponts  et  chaussece.  1858.  I.  S.  851. 


§    4.  Dds  technischen  Vorarbeiten.  201 

xw<3,  sobald  eine  gewisse  Beharrung  eingetreten  ist,  auch  den  Hahn  bei  F  luftdicht  ab. 

Ist  die  Wassertiefe  so  gross,  dass  der  ganze  Apparat  untertaucht,  so  bläst  man  in 

das  Mundstück  m  Luft  hinein  und  schliesst  dann  die  beiden  Hähne.    Zur  Ablesung  ist 
im  letzteren  Falle  das  Herausnehmen  des  Apparates  aus  dem  Wasser  notwendig. 

Der  Beiwert  fi  in  der  obigen  Formel  muss  für  jedes  Instrument  besonders  be- 
stimmt und  von  Zeit  zu  Zeit  kontrolliert  werden,  indem  man  im  stehenden  Wasser  das 
Instrument  mit  verschiedenen  bekannten  Geschwindigkeiten  bewegt,  h  abliest  und  /* 
daraus  ermittelt. 

Der  Nachteil  der  Darcy  sehen  Röhre  ist,   dass  man  schwer  genaue  Ablesungen 
machen  kann,  weil  der  Wasserspiegel  in  den  Röhren  fortwährend  schwankt.    Diese  Er- 
scheinung hat  ihre  Ursache  zum  Teil  in  dem  Umstände,  dass  meistens  in  dem  Wasser 
viel  Luft  enthalten  ist,  was  die  Wassersäule  elastisch  macht  und  ferner  besonders  darin, 
dass,  wie  zuerst  1847  von  Baumgarten  gefunden  und  später  von  Harlacher  nach- 
gewiesen wurde,   sich  das  Wasser  nicht  völlig  gleichmässig   bewegt,    sondern  pulsiert. 
Diese  Pulsationen  sind  in  der  Sohle  am  stärksten  und  nehmen  nach  der  Oberfläche  zu 
ab.  —  Dennoch  wird  die  Pitot-Darcysche  Röhre  viel  verwandt,  besonders  bei  Mes- 
sungen in  wenig  tiefem  Wasser  und  gerade  zur  Feststellung  der  Geschwindigkeit  an  der 
Sohle  und  den  Böschungen,  weil  man  mit   den  Messflügeln  der  Sohle  nicht   so  nahe 
kommen  kann,  als  mit  der  Röhre.     Die  Darcy  sehe  Röhre  hat  noch  verschiedene  Ver- 
vollkommnungen erfahren,  welche  zu  beschreiben  hier  aber  zu  weit  führen  würde100). 

e)  Flügelmessungen.  Das  vollkommenste  Messinstrument  ist  bis  heute  der 
Messflügel,  meistens  nach  seinem  Erfinder  Woltm anscher  Flügel  genannt101).  Das  erste 
Instrument,  welches  Woltm  an  verwandte,  und  dessen  Kenntnis  hier  vorausgesetzt 
werden  mag,  hat  bis  heute  eine  sehr  grosse  Reihe  von  Veränderungen  und  Verbesserungen 
erfahren.  Der  hydrometrische  Messflügel  wird  heute,  je  nach  dem  besonderen  Zwecke,  in 
den  verschiedensten  Grössen  und  in  der  verschiedensten  Ausrüstung  geliefert.  Von  den 
mechanischen  Verbesserungen  sind  besonders  hervorzuheben :  Jeder  neuere  Flügel  wird 
mit  einem  Steuer  versehen,  um  ein  Gegengewicht  gegen  das  Flügelgewicht  zu  bieten 
und  so  ein  Festklemmen  beim  Aufziehen  und  Herablassen  des  Flügels  an  der  Führungs- 
stange zu  verhindern.  Das  Steuer  bewirkt  auch  ferner,  dass  der  Flügel  sich  mit  den 
Schaufeln  nach  vorne  in  der  Stromrichtung  einstellt. 

Das  Führungsseil  beim  Bewegen  des  Flügels  an  der  Stange  wird  neuerdings  viel- 
fach in  das  Innere  der  Führungsstange  gelegt,  damit  dasselbe  nicht  durch  die  Strömung 
in  Vibration  versetzt  wird  und  den  Flügel  beeinflusst. 

Die  Führungsstange  wird  unten  mit  einer  Scheibe  versehen,  damit  sie  auf  der 
Sohle  fest  aufruht  und  nicht  zu  tief  einsinkt  und  es  wird  auch  wohl  die  Hülse,  mit 
welcher  der  Flügel  die  Führungsstange  umfasst,  mit  einer  Scheibe  versehen,  welche 
verhindert,  dass  der  Flügel  der  Sohle  zu  nahe  kommt  und  Schaden  leidet. 

Die  Achse  des  Flügels  wird  mit  Stahlspitzen  in  Achatlagern  geführt,  um  die 
Empfindlichkeit  des  Instrumentes  zu  steigern. 

Die  Form  der  Flügel  wird  so  gewählt,  dass  sich  treibende  Pflanzen  nicht  leicht 
an  den  Flügelschaufeln  festsetzen  können.  Anstatt  die  Flügelschaufeln  aus  Bronze  zu 
machen,  werden  sie  zum  Teil  heute  aus  Aluminium  hergestellt.    Allerdings  sind  die  An- 


ioo)  Ann.  des  ponts  et  chaussees.  1885.  IL  S.  697—724  und  Deutsche  Banz.  1887.  S.  249—251. 
ioi)  Woltman,  Theorie  and  Gebrauch  des  hydrometrischen  Flögeis.  Hamburg  1790. 


21)2 


I.     Theodob  Koehm.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeine«. 


sichten  über   den  Wert  dieser   Anordnung  sehr   verschieden.     Schmidt101)  fand,    das 
der  mittlere  Fehler  eines  Flügels  mit  Aluminiumschaufeln  grösser  war,  als   bei    Bronze- 
Schaufeln. 
Abb.  21.   Elektrischer  Flügel  von  Amalor-Laffon.  Die  wichtigste   Verbesaerang 

a.  euthvmagnt  h.    ¥trtiKiUfknl(L  an  dem  Woltmanschen  Flügel   war 

und  hatlene.  _  ftDer  die,   dass  man   das  Instrument 

mit  einem  elektrischen  Zähl-  oder 
Signal  -  Apparat  versah,  so  dass  es 
nicht  mehr  nötig  war,  den  Flügel 
behufs  Ablesung  ans  dem  Wasser 
herauszunehmen.  Farrand-Hay. 
welcher  18C7  und  1868  mit  zahl- 
reichen hydrometrischen  Arbeiten  an 
den  Great  Lakes  (Nordamerika)  be- 
schäftigt war,  bat  zuerst  einen  Flügel 
mit  elektrischer  Zählvorrichtung  ver- 
wandt. In  Europa  baute  Arne  ler- 
Laffon  in  Schaffhausen  den  ersten 
elektrischen  Flügel  (vergl.  Abb.  24). 

Ein  kleiner,  im  Durchmesser  etwa 
12  cm  grosser  schraubenförmiger  Flügel  f 
treibt  ein  Zahnrad  s  derart,  das*  das  letz- 
tere bei  100  Flügelumlliifeu  eine  ein  Dg« 
Umdrehung  macht.  Bei  jeder  solchen  Um- 
drehung berührt  eine  Naae  z  eine  Kan- 
taktfeder u  and  echlieest  einen  galvani- 
schen Strom.  Die  Feder  u  ist  in  ihrer 
Verlängerung  t  mit  dem  einen  Stromleiter 
verbunden,  welcher  iu  der  Batterie  fahrt. 
Der  andere  Leiter  c  iat  an  die  Hfilae  B 
an  geschlossen,  in  welcher  der  eine  Leitung» 
draht  isoliert  untergebracht  iat  und  welche 
gleichzeitig  data  dient,  des  Instrument  an 
einer  viereckigen  Uoiiatange  d  xu  fahren. 
Indem  bei  dem  Eontakt  bei  x  der  Strom  die 
Magnetspule  durchlauft,  wird  eine  Fader  an- 
gesogen und  bringt  in  dem  Dache!  g  des  Elek- 
tromagneten eine  rate  Scheibe  iur  Erschei- 
nung oder  lisst  sin  Qlocbensignsl  ertönen. 

Dieser  erste  europäische  Apparat  wurde  Anfang  der  70er  Jahre  gebaut101).  Seit 
der  Zeit  sind  noch  viele  und  wesentliche  Verbesserungen  an  dem  Messflügel  vorgenommen. 
U.  a.  hat  Harlacher  einen  Messllügel  konstruiert  —  vergl.  Abb.  25  —  dessen  Füh- 
rungshülse entweder  durch  einen  Arm  in  einen  Schlitz  der  FübrungssUmge  greift  oder 
durch  einen  an  der  stromabwärts  gekehrten  Seite  der  Stange  befindlichen  Wulst  und 
entsprechender  Nute  geführt  wird.  Der  Flügel  kann  durch  eine  Windetrommel  E 
mittelst  des  Kabels  C  leicht  auf-  und  abbewegt    werden.    An  der  Windetrommel  be- 


ioi)  Schmidt,  Die  Gleichung  des  Woltmanschen  Flugeis.    Zeitsehr.  des  Vereins  Deutscher 
Ingenieare.  1805.  &  9SS. 

101)  HOhlmenn,     Ober    Ameler-Laffon- Wo!  tmanncbcn    Flügel    mit   elektrischem    Zlbl- 
htitt.  des  Gewerbe- Vereins  für  Hannover.  1878.  S.  12 


§    -4- 


Die  technischen  Vorarbeiten. 


203 


findet  sieh  eine  Scheibe  mit  Skala  und  Zeiger,  an  welcher  man  die  Stellung  des  Flügels  jederzeit 
ablesen  kann.  Die  Flügelwelle  trägt  eine  mit  einem  radiden  Metallstreifen  versehene  Elfenbein- 
scheibe  auf  welcher  eine   Metall- 
Abk.  25.    D«  H.rL.h.r-rlmri.  feder  schleift,  wihrend  eraeweite 

Feder,  isoliert  von  der  ersten,  auf 
der  Flügelwelle  schleift.  Beide 
Federn  liegen  in  einem  Strom- 
kreise, der  jedesmal  geschlossen 
wird,  wenn  die  Feder  auf  der 
Elfenbeinscheibe  den  Metallstreifen 
berührt.  Durch  den  Stromschiusa 
wird  ein  H  i  p  p  scher  Tourenzähler 
so  bewegt,  dass  ein  Zeiger  bei 
jeder  Flügelumdrehung  um  eine 
Ziffer  weiter  springt.  Wenn  man 
die  Beobachtungszeit  durch  ein 
Chronoskop  misst  und  den  Touren- 
zähler gleichzeitig  mit  dem  Chro- 
noskop ein-  und  abstellt,  so  hat 
man  durch  die  Division  der  Touren 
durch  die  Sekunden-Zahl  direkt  die 
mittlere  Tourenzahl  pro  Zeitein- 
heit und  daraus  die  mittlere 
Wassergeschwindigkeit.  Es  werden  auch  Uhren  zu  den 
Instrumenten  der  elektrischen  Leitung  mit  selbsttätiger 
Unterbrechung  des  Tourenzählers  nach  einer  bestimmten 
Zeitdauer  mitgeliefert.  Wenn  man  die  Uhr  und  gleichzeitig 
den  Tourenzähler  mit  der  Hand  einrückt,  so  wird  im 
übrigen  die  Messung  ganz  automatisch  vollzogen.  Bei 
grösseren  Messungen  und  für  solche  von  längerer  Dauer 
werden  auch  oft  noch  sogen.  Chronographen  verwandt, 
welche  auf  einem  Papierstreifen  die  Zahl  der  Umdre- 
hnngen  markieren  und  auf  demselben  Streifen  daneben 
mit  Hilfe  eines  in  besonderem  Stromkreise  liegenden  Uhr- 
werkes die  Sekunden  aufzeichnen. 

Ganz  neuerdings  wird  beim  hydrographischen  Zen- 
tralbureau in  Wien  statt  des  Tourenanzeigers  der  Indi- 
kator von  Lauda104)  verwandt,  bei  welchem  die  Wasser- 
geschwindigkeit direkt  auf  dem  Zifferblatt  abzulesen  ist. 

Anstatt  des  an  der  Führungsstange  auf  und  ab  beweglichen  Flügels,  wird  von 
A.  Ott  in  Kempten  nach  dem  Vorschlage  von  Epper  ein  Flügelmesser  mit  beweg* 
lieber  Stange  und  festem  Flügel  geliefert105),  vergl.  Abb.  26,  27,  28,  29.  Die  Einrichtung 
soll  sich  mit  8,0  m  langer,  vollständig  tief  gesenkter  Stange  bei  5.0  m  Wassertiefe  und 
2,5  m/sek.  Geschwindigkeit  gut  bewährt  haben. 


104)  Wochenschrift  für  den  öffentliche»  Baudwnst.  1902.  Heft  18. 

10»)  Schreibung  dea  Instrumentes  nach  A.  Ott,  Kempten.    Der  in  Abb.  26- 

ond    baaehriolMD«  hjdmm  et  rieche    Flügel   gehört    in   den  Instrumenten 


-29  abgebildet«  and 
Gattung.     Er 


SIM  I-    TfewoDOR  KoehH.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

D»  Messung  mit  Flügeln  kann  von  Brücken  aus   erfolgen    oder  von  gekoppelten 
Kftfcam,  «wischen  denen  der  Flügel  und  zwar  möglichst  weit  nach  vorn,  aufgestellt  wird. 

MM*  uf  NB»  fmhlngende,  spitz  eiförmige  Stange   von   nahtlosem  Stahlrohr  von  54  X  27  X  3  mm  Qaer- 
•MBHII  *»i  bssitat  eine  tweiteilige,  schragkantige  Schaufel  von  25  cm  Steigung  und  18  cm  DuiiIjuiimm. 

Abb.  W.     Hydrometrischer  Flüge),    Vit    nat.  Grösse  Abb.  28.    Vorrichtung  tarn  Anzeigen   de«  Etek 

mit  neuartigen  Kontaktanordnungen  und  Halter  nach  wirtslaufens  oder  Scbankslns  der  Schaufel. 

Epper  von  A.  Ott,  Kempten. 


Abb.  29.    Tablesu  in  Abb.  26,  '/>  n»t  Grfs». 


Der  FlÜgelkorper  besteht  in  äusserst  solider  Weise  aus  einem  einzigen  Rotgnas- Stock  und  i»t  au/  dir 
Stange  nicht  verschiebbar.  Hierdurch  wird  ea  ermöglicht,  die  sogen.  Kontaktkammer  auf  die  bist*" 
Seite  der  Stange  tu  verlegen  und  den  der  Strömung  zugekehrten  Teil  des  Flugela  volLrtlndig  glatt  in 
halten.  In  Verbindung  mit  der  sehr  ig  kantigen  Schaufel  wird  auf  die««  Weise  du  ao  listige  Anhing** 
von  kleinem  Treibeeng  an  das  Instrument  auf  das  erreichbar  geringste  Haas  beschränkt. 

Die  Kontsk  Unordnung  (durch  2  in  der  Abbildung    weggelassene    Klsppdeckel   geschfltat)  ist  •* 
eingerichtet,    dsss    sowohl    mit    Glockenaignalen   nach  einer  grosseren  Tourenzahl,    als  auch  mit  Susi* 


§  4.  Die  technischen  Vorarbeiten.  206 

Am    einfachsten  ist  es    stich   bei   I'lügelmessungen    zur  Auffindung    der  Lotrechten    im 
offenen    Flosa   einen  Peildraht  zu   spannen,    an  welchem    die  Lotrechten  markiert  sind 


am dr »hon gen  beobachtet  werden   kann.     Ausserdem    ist    sin    Kontakt   für   A eisige   der  etwa  rückwärts 
laufenden   oder  schaukelnden  Schaufel,  wie  sich  dies  bei  Turin  nenmesson  gen  häufig  gibt,  vorhanden. 

Des  gross«  Zahnrad  Z  für  Gloekensiguftle  hat  100  Zahne  und  trlgt  4  Kontaktstift«  0,  deren 
eine  Hälfte  ans  isolierendom  Material  (Elfenbein)  besteht.  Die  Kontaktstifte  lassen  eich  von  hinten 
leicht  drehen  und  werden  durch  eine,  in  der  Figur  nicht  sichtbare  Plattenfeder  in  ihrer  Stellang  fest- 
gehalten. Sind  alle  Stifte  so  gedreht,  daas  der  Kontaktheb«!  k  Ober  sämtliche  leitende  Umfangshftlften 
gleitet,  ho  gibt  die  mit  dem  Flügel  verbundene  Glocke  nach  je  25  Umdrehungen  der  Achse  ein  Signal. 
Dreht  man  bei  2  gegenüberliegenden  Stiften  die  isoliert«  Seite  nach  ansäen,  so  klingelt  es  nach  j«  50  Um- 
drehungen und  kehrt  man  schliesslich  8  Isolierungen  nach  aussen,  so  erfolgt  nach  100  Tonren  ein  Signal. 
Man    bat    es   mithin  in  der  Hand,   die  Zeiten   iwiscben  2  Signalen  den  jeweils  herrschenden  Wasser- 

Abb.  27.    Einzelheit  des  Meeeflugels  nach  Epper  von  A.  Ott.  '/•  nat.  Grosse. 


gesch windigkeiten  und  der  beabsichtigten  Beobaohtungsdaner  anzupassen.    Dadurch  werden  bei  geringen 

Geschwindigkeiten  zu  lange  Zeiten,  bei   grossen  zu  rasches  Aufeinanderfolgen  der  Signale  vermieden. 

Es  wird  ausserdem  der  oft  befolgte  Modus  entbehrlich,   für  grossere  Geschwindigkeiten  ein«  Schaufel 

tob  grosserer  Ganghöhe  an  benutzen. 

EJne  auf  der  Achse  sitzende  Nase  berührt  bei  jeder  Umdrehung  eine  Feder  f  nnd  schlisset  so  den 

Stromkreis,  der  den  Tourenzähler  betätigt. 

Das  Anzeigen  des  Rückwärtslaufens  oder  Schenkeln«  der  Schaufel  wird  durch  die  beiden  runden 
Scheiben  B  n.  B  bewirkt  (Abb.  27  and  28). 

R  sitzt  auf  der  Achse  fest,  8  ist  lose  nnd  drehbar  in  einem  Bügel  gelagert,  liegt  mit*  ihrem 
Kigni gewicht  am  Umfang  von  R  anf  nnd  enthalt  an  2  gegenüberliegenden  Stellen  Elfenbeineinlagen  J. 
Sie  beiden  Stifte  I  u.  s,  begrenzen  die  Drehung  der  Scheibe  S  derart,  dass  bei  Vorwärtelsof  der  Achse 
die  Isolierung  i  auf  R  schleift  (Stellung  I),  wahrend  bei  Rücklauf  der  leitende  Teil  von  S  anf  R  zo 
stehen  kommt  (II).  In  letzterer  Stellung  wird  ein  Stromkreis  geschlossen,  der  auf  ein  optisches  Signal 
wirkt,  das  in  einem  kleinen  Tableau  (Abb.  29),  ähnlich  denjenigen  von  Haus-  oder  Bahntelegraphen,  be- 
steht Läuft  der  Pingel  normal,  so  zeigt  sich  im  Ausschnitt  des  Kästchens  ein  schwarzes  Feld;  bei 
Rücklauf  erscheint  «in  rotes. 


206  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

and  sich  wenn  möglich,  auch  an  diesem  Draht  bei  den  einzelnen  Lotrechten  mit  dem 
gekoppelten  Kähnen  einzustellen.    Findet  aber  auf  dem  Flusse  Schiffahrt  statt,  ein  FalL 


Es  ist  nicht  beabsichtigt,  die  rückläufigen  Touren  zu  zlhlen,  was  sich  ohne  Schwierigkeiten 
machen  liesse,  sondern  sie  lediglich  zu  konstatieren.  Wollte  man  sie  zahlen  und  rechnerisch  verwerte!, 
so  müsste  der  Flügel  auch  für  Rücklauf  tariert  sein. 

Bei  der  nur  geringen  Drehung,  die  S  ausführeu  kann,  lässt  sich  auch  jede  hin-  und  herscbwingende 
Bewegung  der  8chaufel  erkennen,  solange  sie  wenigstens  7«o  Umdrehung  betragt. 

Die  elektrischen  Verbindungen  des  Flügels  mit  den  Zähl-  und  Signal- Apparaten  gestalten  akfc 
sehr  einfach  (s.  Abb.  27  u.  29). 

Die  isolierten  Klemmen  25-1 -R  entsprechen  den  Verbindungen  von  Glocke  (Signal  nach  25,  50 
oder  100  Umdrehungen),  Tourenzähler  (Einzelumdrehungen)  und  Tableau  für  Rücklauf. 

Die  Klemme  0  ist  vom  Flügelkörper  nicht  isoliert  und  dient  für  die  gemeinsame  Rttckleitung 
obiger  Verbindungen.  Als  Leitung  dient  ein  Kabel  mit  4  isolierten,  an  ihren  Enden  gezeichneten  Drahten, 
das  im  Innern  der  Stange  entlang  und  durch  eine  seitliche  Öffnung  in  dieser  dem  Flügel  zugeführt 
wird.  Auf  diese  Weise  werden  alle  Störungen,  die  durch  lose,  ausserhalb  der  Stange  zum  Instrument 
fahrende  Drähte  so  gerne  entstehen,  vermieden. 

Der  Flügel  ist  schliesslich  noch  mit  einem  abnehmbaren  sogen.  Grundtaster  versehen,  der  mit 
Jer  elektrischen  Glocke  in  Verbindung  gebracht,  diese  zum  Ertönen  bringt,  sobald  das  Instrument  am 
Grund  aufstösst  Hierdurch  ist  eine  vollständig  zuverlässige  Feststellung  der  jeweiligen  Wassertiefe 
ermöglicht 

Die  zum  FlOgel  gehörige  Stange  von  eiförmigem  Querschnitt  kann  bis  6  m  Länge  in  einem 
Rohrstack  geliefert  werden.  Grössere  Längen  werden  aus  zwei  Röhren  zusammengesetzt.  Der  Ver- 
bindungsbolzen ist  dann  durchbohrt,  um  dem  Leitungskabel  Durchgang  zu  gestatten.  Die  Stange  ist  in 
cm  geteilt,  von  dem  zu  dem  mit  tiefgravierter,  deutlicher  Bezifferung  versehen  und  ausserdem  von  5  zo 
5  cm  gebohrt.  Für  Verschiebung  und  Feststellung  der  Stange  in  den  erwünschten  Tauchtiefen  fftr  den 
Flügel  dient  ein  besonderer,  auf  einem  kräftigen  Brett  montierter  Halter,  dessen  Einrichtung  aus  Abb.  26 
deutlich  ersichtlich  ist 

Auf  dem  Rahmen  C  ist  umlegbar  und  mittelst  Dosenlibelle  einstellbar  der  Ständer  D  befestigt 
auf  dessen  Kopf  platte  sich  der  Aufsatz  A  einschieben  und  durch  einen  Stift  befestigen  lässt.  R,  D  ond 
A  besitzen  an  ihren  übereinanderliegenden  Vorderkanten  Vertiefungen,  in  die  sich  die  Flügelstange  legt 
Diese  Vertiefungen  und  die  ebenfalls  dem  Querschnitt  der  Stange  entsprechend  geformten  Riegel  r,  r 
geben  dieser  die  nötige  Führung.  Auf  die  Stange  festklemmbar  sind  zwei  kräftige,  mit  Scharnieren  ver- 
sehene und  mit  starkem  Kernleder  gefütterte  Muffen  M  u.  Mt,  von  denen  jede,  wenn  richtig  angesogen, 
die  hängende  Stange  zu  tragen  vermag.  Mt  trägt  ausserdem  ein  dem  grossen  Rohr  parallel  laufendes 
Stahlrohr  von  20  mm  Durchmesser  und  ca.  21/«  m  Länge,  das  gleichfalls  in  entsprechenden  Ausschnitten 
von  C,  D  u.  A  gleitet.  Am  unteren  Ende  dieses  Rohres  ist  eine  Öse  einschraubbar,  in  der  ein  4  mm 
starkes  Drahtseilchen  befestigt  ist,  das  hinter  der  Stange  entlang  (in  der  Abbildung  nicht  sichtbar)  zu 
einer  von  der  Kurbel  K  angetriebenen,  mit  Sperr- Rad  versehenen  Welle  führt.  Es  kann  also  das  dünne 
Rohr  mittelst  der  Kurbel  gehoben  und  gesenkt  werden  und  mit  ihm,  wenn  Mt  fest  gezogen  ist,  das 
grosse  mit  dem  Flügel.  Ober  dem  Flügel  ist  noch  eine  Hülse  H  auf  die  Stange  gesteckt,  die  seitlich 
2  Ösen  für  dünne  Seile  trägt,  mittelst  welcher  die  tiefgesenkte  Stange  von  zwei  Messgehilfen  mit 
Leichtigkeit  von  seitlichen  Ausbiegungen  gewahrt  werden  kann. 

Die  Handhabung  der  ganzen  Einrichtung  ist  ungefähr  folgende: 

Nachdem  das  Leitungskabel  durch  die  Stangen  gezogen  und  diese  zusammengesetzt  sind,  werden 
Seilhülse  und  Flügel  aufgesteckt  und  befestigt  die  Stange  in  den  zurecht  gestellten  Halter  gebracht, 
durch  einen  Sicherungsstift  am  Tiefgleiten  gehindert  und  die  Riegel  geschlossen.  Nun  wird  Muffe  M 
über  die  Stange  gelegt  und  festgeklemmt;  alsdann  das  Drahtseil  am  unteren  Ende  der  kleinen  8tange 
befestigt  diese  (bei  geöffneten  Riegeln)  in  ihre  Führung,  M,  um  die  grosse  Stange  gelegt  und  beides 
versichert  Ist  das  Ganze  in  die  vorher  bezeichnete  Messtelle  gerückt,  das  Halterbrett  noch  etwas  be- 
schwert und  sind  die  nötigen  Verbindungen  mit  der  Batterie  hergestellt  worden,  so  kann  die  Messung 
beginnen.  Mu.M,  werden  gerade  soviel  gelöst,  dass  das  Gestänge  durch  sein  Gewicht  sinken  kann, 
nachdem  der  oben  erwähnte  Sicherungsstift  gezogen  worden  ist,  M  sitzt  nun  oben  auf  A,  M,  auf  M 
auf.  Die  Stange  gleitet  langsam  weiter,  bis  sie  am  Grund  aufstösst,  was  sich  durch  Ertönen  der  Glocke 
kund  gibt  Mt  wird  nun  festgeklemmt  und  die  Stange  mittelst  Kurbel  eben  soviel  gehoben,  bis  dw 
Glocke  verstammt  (ca.  0,5  cm).  Der  Flügel  befindet  sich  nun  im  ersten  Messpunkt,  dessen  Lage  an  der 
Stangenleitung  abgelesen  wird. 


§  4.  Die  technischen  Vorarbeiten.  207 

der  für  Wasserkraft-Anlagen  selten  in  Frage  kommt,  so  mnss  man  an  einem  oder  beiden 
Ufern  feste  Fluchtpunkte '  aufstellen,  nach  denen  sich  der  die  Messung  ausführende 
Ingenieur  auf  dem  Messfahrzeuge  in  der  Profillinie  einfluchten  kann106). 

Man  misst  in  jeder  Lotrechten  die  Geschwindigkeit  an  der  Oberfläche  derart, 
dass  die  Achse  des  Flügels  ca.  0,15  m  unter  der  Oberfläche  liegt  und  an  der  Sohle  so, 
dass  sich  die  Flügelachse  ca.  0,15  m  über   der  Sohle   befindet     Die  Einteilung   der 
zwischen  diesen  beiden  Lagen  befindlichen  Wassertiefe  t   wird   auf  Grund  der  Profil- 
peilung für  jede  Lotrechte  vorher  bestimmt  und  zwar  möglichst  so,  dass  man  von  der 
Sohle  beginnend,  eine  weitere  Ablesung  im  Abstand  von  0,30,  0,60,   1,00,   1,50,   2,00, 
3,00    m    usw.   macht.     Jede   Messung   in   einer   Lotrechten   muss  mindestens  zweimal 
gemacht  werden,  weil  sonst  Fehler  zu  leicht  übersehen  werden  können.    Man  misst  des- 
halb in  der  Regel  einmal  abwärts  und  einmal  aufwärts.    In  jeder  Höhenlage  wird  die 
Umdrehungszahl  des  Flügels  während  ca.  2—3  Minuten  gezählt.    Als  Eontrolle  wird 
man   meistens,  bevor  man  die  Lotrechte  verlässt,  noch  die   mittlere  Geschwindigkeit 
direkt  messen  und  zwar  in  der  hierfür  massgebend   erachteten  Höhe  über   der  Sohle 
(0,368  t).    Da  auch  bei  Doppelmessungen  noch  erhebliche  Fehler  vorkommen  können, 
ist  es  sehr  zu  empfehlen,  am  folgenden  Tage  zwei  weitere   Kontrollmessungen  vorzu- 
nehmen.   Es  ist  natürlich  sehr  zeitraubend  und  auch  sehr  kostspielig,   diese  Einzel- 
messung in  jeder  Lotrechten  durchzuführen.    Ausserdem  ist  die  Wahrscheinlichkeit  bei 
lange   dauernden  Messungen  grösser,   dass  sich  die  Wasserstands-  und  .Gefällsverhält- 
nisse während  der  Messung  ändern  und  dadurch  die  Verwertung  der  gewonnenen  Resul- 
tate sehr  erschweren.    Es  wird  deshalb  nicht  selten  anstatt  der  Einzelmessung  die  so- 
genannte mechanische  Integration  vorgenommen,  indem  man  den  Flügel  vom  Wasser- 
spiegel bis  zur  Sohle  ganz  gleichmässig  hinabgleiten  lässt  und  alsdann  zur  Kontrolle 
den  Flügel  mit  derselben   Geschwindigkeit  wieder  hebt.     Hierbei  wird  erwartet,  dass 
die  mittlere  Tourenzahl  des  Messers  in  der  Zeiteinheit,   der  mittleren  Geschwindigkeit 
in  der  Lotrechten  entspricht.     Die  für  solche  Messungen  bestimmten  Flügel  (Integrier- 
instrumente) sind  mit  besonderen  Aufzugsvorrichtungen  —  vergl.  Abb.  30  —  versehen, 
welche  die  Gleichmässigkeit  der  Senkung  und  Hebung  gewährleisten.    Amsler-Laffon 
bauen  z.  B.  einen  solchen  Flügel  nach  dem  System  Eger  bei  welchem  die  an  einer 
Seite  aufgeschlitzte,  hohle  Führungsstange  im  Innern  eine  Schraubenspindel  aus  Messing 
mit  flachem  Gewinde  trägt,  in  welches  einige,  an  der  Gleithülse  des  Flügels  befestigte 
Zähne    eingreifen.     Durch  jede   volle   Drehung  der  Schraubenspindel  wird  der  Flügel 
um  1  cm  gehoben  oder  gesenkt. 

« 

Ist  diese  Messung  durchgeführt,  so  wird  zum  nächsten  Punkt  hochgezogen.  Das  Mass  der  Ver- 
schiebung, die  mit  einemmal  bis  1,2  m  betragen  kann,  wird  an  einer  cm-Teilung  der  kleinen  Stange 
abgelesen  und  an  derjenigen  der  grossen  kontrolliert.  Ist  die  Messung  im  zweiten  Punkt  beendet,  so 
wird  M  festgeklemmt,  um  die  Stange  am  Tiefgleiten  zu  hindern,  bis  Mi  gelöst,  niedergeschoben  und  zn 
neuem  Hochzug  befestigt  ist.  In  dieser  Weise  wird  die  Vertikale  durchmessen,  bis  im  letzten  Punkt 
die  Flügelschaofel  eben  noch  unter  der  Wasseroberfläche  steht.  Hierauf  wird  die  ganze  Einrichtung  in 
die  nächste  Vertikale  verschoben  und  das  Verfahren  in  der  gleichen  Weise  wiederholt. 

Selbstredend  kann  auch  von  der  Oberfläche  aus  nach  der  Tiefe  gemessen  werden.  In  diesem 
falle  wird  die  Muffe  Mt  mit  dem  kleinen  Rohr  je  um  die  gewünschten  Abstände  lose  hochgezogen, 
dann  festgeklemmt  und  gesenkt,  bis  sie  auf  M  aufsitzt.  M  bleibt  während  des  jeweiligen  Hochzuges 
von  Mi  angezogen. 

Durch  Einstecken  eines  Sicherungsstiries  Ober  den  beiden  Muffen  vor  dem  Heben  und  Senken 
der  Stange  wird  jedes  zufällige  Tiefgleiten  derselben  verhindert.  Vergl.  auch  Schweiz.  Bauz.  1906. 
Heft  14  und  15. 

1^6)  R,  Jasmund,  Handbuch  der  Ingenieurwissenschaften.  III.  Teil.  Der  Wasserbau.  4.  Aufl. 
1.  Bd.  3.  444  ff. 


208  I.     Theodor  Koehh.     Ausbau  von  Wasserkräften,     Axlgemeines. 

Über  den    Genauigkeitswert  der   mechanischen   Integration    schwanken    die   An- 
sichten noch.    Harlacher  hat  sie  empfohlen.    R.  Jasmund107)  ist  der  Meinung,  dass 
.     .    .  _     .  „  .       die       Ergebnisse       derselben 

Abb.  SO.    Integrierflngol,  Syetem  Eger  von  J.  Amsler-Laffon  4  Sohn,     _  ,_.  _  , 

BcbaShuMi  iSeiwrä).  meistens  zu  gross  werden. 

Es  ergibt  sieb  aus  der 
Natur  des  Flügels,  dass  jedes 
Instrument  besonders  tariert 
werden  muss  und  dass  föi 
jedes  Instrument  besondere 
Formeln  aufzustellen  sind,  nach 
denen  man  aus  der  Umdre- 
hungszahl die  WasBergeschwin- 
digk'eit  berechnet.  Von  den 
Lieferanten  wird  jedes  Instru- 
ment tariert  und  die  Formel 
nebst  den  Zahlwerten  mitge- 
liefert. Nach  längerem  Ge- 
brauch oder  nach  einer  Be- 
schädigung und  Reparatur  mnss 
das  Instrument  von  neuem 
tariert  werden. 

Die  Formel  für  die  Be- 
ziehung zwischen  Wasserge- 
schwindigkeit und  Umdrehungs- 
zahl wird  verschieden  angegeben. 

Harlacher108)  rechnete 
meistens  mit  der  Formel 
v  =  a  +  bn,  worin  n  die  Um- 
drehungszahl und  a  und  b  be- 
stimmte Zahlenwerte  bedeuten. 
—  Lahmeyer108)  legte  von 
vornherein  die  Formel  v  =  a 
4-  bn  +  cn*  zu  Grunde.  Die 
gleiche  Grundform  empfiehlt 
Rate  au.  Hörne  mann110), 
Weisbach111)  und  Baum- 
garten befürworten  als  Grund- 
iormel  v  =  bn  -j-  /as  +  ch*. 

10!)   Handbuch     der    Inge- 
nieur Wissenschaften.    III.  Teil.    Der 
Wasserbau.   4.  Aufl.    I.  Bd.    S.  428. 
loa)  Harlacher,  Die  Messungen  in  der  Elbe  und  Dur.au.  Leipsig  1881.  S.  24. 
109)  Lshmsyer,  Erfahr  iwgoresultato  über  die    Bewegung   des  Wassere  in  Flnesbetten  und 
Kanälen.  BrsanBcnweig  1645.  S.  53. 

no)  Bornemann,  Hydrometrie.  Freiberg  1349.  S.  104. 

ul)  Weisbach,    Lehrbuch   der  Ing,  und  Maschinen- Mechanik.  I.  Teil,   5.  AiiH.   Leipiig  1870. 
S.  1147. 


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|  4.  Die  tjbchdibchkn  Vorabbeitbn.  309 

R.  de  la  Brosse1")  spricht  sich  für  die  lineare  Gleichung  nach  Har- 
lacher  ans. 

Neuerdings  hat  Epper  durch  Versuche  der  Prüfungsanstalt  in  Bern  festgestellt, 
dass  die  Flägelkurven  nur  bei  kleineren  Wassergeschwindigkeiten  von  0,50  m/sek.  und 
weniger  und  bei  Geschwindigkeiten  von  etwa  3,0  m/sek.  und  mehr,  Unregelmässig- 
keiten zeigen  und  von  der  linearen  Gleichung  abweichen.  Die  Abweichung  bei  der 
kleinen  Geschwindigkeit  beruht  wohl  auf  dem  Einfluss  der  Trägheit  der  Hassen  und 
der  Reibung  in  der  Ruhe.  Worauf  die  Abweichungen  bei  den  grossen  Geschwindigkeiten 
zurückzuführen  sind,  ist  noch  nicht  vollkommen  klargestellt. 

Meistens  tragt  man  die  Tarierungsergebnisse  graphisch  derartig  auf,  dass  man 
die  bekannten  Geschwindigkeiten  als  Ordinalen  nnd  die  festgestellten  Umdrehungen  in 
der  Sekunde  als  Abszissen  auftragt  und  zwischen  den  erzielten  Punkten  eine  Mittellinie 
zieht,  nach  welchen  man  bei  den  Flügelmessungen  im  Flusse  die  Wassergeschwindig- 
keiten aus  der  Umdrehungszahl  direkt  ablesen  kann.  Die  Tarierung  der  Fliigelmesser 
erfolgt  in  stehendem  oder  wenig  bewegtem  Wasser,  indem  man  das  Instrument  an  ge- 
eigneten Vorrichtungen  mit  bekannter  Geschwindigkeit  durch  das  Wasser  zieht  und 
die  Umdrehungszahl  des  Flügels  in  der  Zeiteinheit  feststellt.  Steht  das  Wasser  nicht 
ganz  still,  sondern  fliesst  ein  wenig,  so  ist,  wenn  man  das  zu  tarierende  Instrument  in 
der  Stromrichtung  bewegt,  die  Geschwindigkeit  des  Wassers  von  der  Geschwindigkeit 
der  Bewegung  abzuziehen,  umgekehrt  zuzuzahlen,  wenn  man  den  Messer  gegen  die 
Stromricntong  bewegt. 

Ist  der  Wasserstand  während  der  Messung  in  einem  Messprofil  derselbe  geblieben, 
so  ist  die  Errechnung  der  mittleren  Geschwindigkeiten  in  den  einzelnen  Lotrechten  aus 
den  Kurven  der  Vertikalgeschwindigkeiten  verhältnismässig  einfach  und  schnell  durch 
Division  der  Fläche  f  der  Vertikalgeschwindigkeitskurve  mit  der  Afcb  „  Knrren  der  mittl 
Wassertiefe  t  zu  finden;  »»=-•   Wenn  man  sich,  wie  bereits    Vertikdgeschwindisk.it«!. 

oben  erwähnt,  damit  begnügt,  die  von  einer  Parabel  oder  loga- 
rithmischen Linie  begrenzte  Vertikalgeschwindigkeits -Fläche 
in  Trapeze  zu  zerlegen,  so  ist  es  wohl  zweckmässig,  bei  Flügel- 
messnngen,  die  in  Höhe  von  15  cm  unter  dem  Spiegel  und  in 
15  cm  über  der  Sohle  gemessenen  Geschwindigkeiten  derart 
als  mittlere  anzusehen,  dass  man  die  Fläche  in  Höhe  von  0,15  m 
vom  Spiegel  und  in  Höhe  von  0,30  m  von  der  Sohle  ans  als  ' 
Rechtecke  misst  Nach  Berechnung  aller  mittleren  Vertikal- 
geschwindigkeiten trägt  man  dieselben  an  der  Wasserspiegellinie 
des  Querprofils  in  den  einzelnen  Lotrechten  nach  oben  auf  und 
verbindet  die  Endpunkte  durch  eine  Kurve,  welche  eine  Ähn- 
lichkeit mit  der  Gestalt  der  Sohle  haben  wird  (vergl.  Abb.  31). 

Planimetriert  man  die  Fläche,  welche  von  der  Kurve  der  mittleren 
Vertikalgeschwindigkeiten  eingeschlossen  wird,  und  dividiert  sie  durch 
die  Spiegelbreite  B  des  Messprofils,  so  erhält  man  die  mittlere  Profil- 
geschwindigkeit und  kann  nunmehr  die  sekl.  Wassermenge  aus  Q  =  F.v 
berechnen,  worin  F  die  Fläche  des  Flussprofils  an  der  Messtelle,  v  die 
mittlere  Geschwindigkeit  in  dem  Messquerschnitt  bedeuten. 

u»)  De  la  ßroaie,  fondea  bydrologiquee  d'un  baaein  de  moatagne.  Cumpte  rendu  des  travanx 
da  eoDgree  de  U  Honüle  blanche.  Granobil»  1902.     Premier  Volume  8.  171. 

HaaihKfc  d«  Ins  -Wluauth.    in.  Teil.    i*.  Bd.  14 


210  I.    Theodor  Koehh.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allg 


Man  kann  aber  auch  die  Entfernungen  zwischen  den  einzelnen  Lotrechten  des 
Messquerschnittes,  in  denen  Geschwindigkeitsmessungen  ausgeführt  wurden,  halbieren,  fir 
jede  Lotrechte  die  zwischen  den  beiden  nächstgelegenen  Halbierungslinien  befindliche 
Teililfiche  des  Querschnitts  berechnen  und  mit  der  mittleren  Geschwindigkeit  dar  be- 
treffenden Lotrechten  multiplizieren.    Man  erh&lt  dann 

und  es  ist  die  mittlere  Geschwindigkeit  im  Messquerschnitt,  welche  man  meistens  ab 

„mittlere  Profilgeschwindigkeit"  bezeichnet':  v  =  ^— r. 

• 
Die  Berechnung  der  mittleren  Vertikalgeschwindigkeiten  stösst 

aber  auf  Schwierigkeiten,   wenn   der  Wasserstand  sich   während    der 

Messung  erheblich  ändert.    In  Gebirgsflüssen  mit  Speisung  aus  Gletschern   und 

aus  Schneemassen  schwankt  an  sonnigen  Tagen  der  Wasserstand  innerhalb  24  Stunden 

nicht  unerheblich,   weil  sich  in  der  Nacht  die  Schmelze  von  Schnee  •  und  Eis  und  der 

sich  daraus  ergebende  Wasserzufluss  stark  verringern.     Wenn  vor   und   während    der 

Messung  grössere  Niederschläge  gefallen  sind,  so  kann  gleichfalls  während  einer  Messung 

in  einem  Messprofil  der  Wasserstand  recht  erheblich  schwanken. 

Um  nun  im  Falle  einer  Messung  bei  schwankendem  Wasserstande 
die  sekl.  Wassermenge  des  Messprofils  bezogen  auf  einen  gemittelten 
Wasserstand  zu  erhalten,  kann  man  entweder  aus  den  ständlichen  Pegelablesungen  den 
mittleren  Wasserstand  für  die  Zeit  der  Messung  ermitteln  und  diesen  in  den  Querschnitt 
der  Messteile  eintragen,  oder  man  bildet  zunächst,  wie  für  den  Fall  des  unveränderten 
Wasserstandes  beschrieben,  die  2(fvm),  indem  man  für  die  Berechnung  der  Teilflächen 
f'n  lv2,  P8  usw.  den   wirklichen  Wasserstand   in  der   betreffenden  Lot- 
rechten bei  der  Messung  und  ebenso  die  sich  aus  der  Messung  direkt 
ergebenden  Werte  für  die  mittleren  Vertikalgeschwindigkeiten  jeder 
Lotrechten  zugrunde  legt.     Auf  diese  Weise  erhält  man  zunächst  einen  Annähe 
rungswert  für  die  sekl.  Wassermenge  Qm  =  2  (f  v'm ).     Wenn  man  dann  jedes  einzelne 
Produkt  i\ .  v'm ;  f8 .  v'^  etc.  mit  seiner  bei  der  Messung  festgestellten,  auf  den  Null- 
punkt  bezogenen  Wasserstandshöhe,   h\,  h't,  h'8  usw.    in   m   multipliziert   und  dann 
2  (P  v'm  hO  mit  Q»  dividiert,  so  erhält  man  die  mittlere  Wasserstandshöhe  h  für  die  Ge- 
samtmessung. 

Die  letztbeschriebene  Ermittelung  des  mittleren  Wasserstandes  ist  insofern  ge- 
nauer, als  dem  Wasserstande  der  einzelnen  Lotrechten,  das  ihm  zukommende  Gewicht 
für  die  Berechnung  der  Gesamtwassermenge  gegeben  wird.  Für  die  Feststellung  der 
mittleren  Profilgeschwindigkeit  des  Messquerschnittes  hätte  man  nunmehr  auf  der  mittleren, 
dem  Werte  von  h  entsprechenden  Wasserspiegellinie  nach  oben  in  den  einzelnen  Lot- 
rechten die  mittleren  Vertikalgeschwindigkeiten  aufzutragen  und  daraus  die  Kurve  der 
mittleren  Vertikalgeschwindigkeiten  zu  konstruieren.  Hier  stellt  sich  nun  aber 
noch  die  weitere  Schwierigkeit  heraus,  dass  die  aus  der  Messung  ge- 
fundenen mittleren  Vertikalgeschwindigkeiten  zunächst  noch  auf  den 
mittleren  Wasserspiegel  der  Messung  reduziert  werden  müssen.  Da 
sich  die  Vertikalgeschwindigkeitskurven  in  ein  und  derselben  Lotrechten  bei  verschiedenen 
Wasserständen  nach  dem  Ergebnis  zahlreicher  Messungen  nicht  ähnlich  zu  sein  brauchen, 
ist  eine  genaue  Reduktion  der  mittleren  Vertikalgeschwindigkeit  schwer  durchführbar. 


§  4- 


Dm 


•  :r  it.  fr  :i  -k 


VOBABBBTTBN. 


211 


Bezeichnet  (v'J  die  gesuchte  mittlere  Vertikalgeschwindigkeit  beim  umgerechneten 
Wasserstande,  v'»  die  gemessene  mittlere  Yertikalgeschwindigkeit,  t'  die  gemessene 
Wassertiefe,  (tf)  die  umgerechnete  Wassertiefe}  so  kann  man  nach  Harlacher  setzen: 

Der  Beiwert  a  muss  durch  den  Vergleich  mit  den  mittleren  Vertikalgeschwindig- 
keiten ans  Messungen  bei  anderen  Wasserstanden  in  derselben  Lotrechten  hergeleitet  werden. 
Da  man  für  die  Zwecke  von  Vorarbeiten  eine  ganze  Anzahl  Wassermessungen  in  ein 
und  demselben  Messquerschnitt  zu  machen  hat,  so  ergibt  sich  das  hierfür  nötige  Be- 
obachtxmgsmaterial  von  selbst.  Da  man  ferner  in  der  Regel  die  an  einem  Tage  vor- 
genommene Messung  wenn  irgend  möglich  am  anderen  Tage  zur  Kontrolle  wiederholt, 
so  wird  man,  sofern  man  den  Verlauf  der  Wasserstandsschwankungen  einigermassen  im 
voraus  übersehen  kann,  tunlichst  die  Reihenfolge  der  Messungen  in  den  einzelnen  Lot- 
rechten der  Zeit  nach  so  vornehmen,  dass  man  das  gewünschte  Vergleichsmaterial  erhält 


Abb.  32.    Darstellung  der  Isotaeheen  in  einem  Fluasprofil. 

i  w  m  w  r 


i 


/ 


i 

/ 


Am  besten  ist  es  natürlich,  wenn  man  zur  Vermeidung  derartiger,  immerhin  unsicherer 
Umrechnungen  die  Messungen  und  Eontrollmessungen  bei  ein  und  demselben  Wasser- 
stande durchführen  kann. 

Die  grosse  Erschwerung  in  der  Verwertung  der  Messresultate  bei  starker  schwan- 
kendem Wasserstande  während  der  Messung  haben  dazu  geführt,  dass  man  in  solchen 
Fallen  Messmethoden  bevorzugt,  mit  welchen  sich  die  Messung  eines  ganzen  Messquer- 
echnittes  in  kürzerer  Zeit  durchfuhren  lässt,  als  es  bei  Einzelmessungen  mit  dem  Flügel 
möglich  wäre.  Besonders  werden  Messungen  mit  Schwimmern  mit  geringer  Eintauchung 
zur  Feststellung  von  vs  resp.  v«  und  die  Reduktion  dieses  Wertes  auf  die  mittlere  Vertikal- 
geechwindigkeit  vm,  sowie  die  direkte  Messung  von  vm  durch  Stabschwimmer  und  mit 
Integrierflügeln  bevorzugt  (vergl.  S.  196,  197  und  207). 

Erwähnt  sei  noch,  dass  man  aus  der  Kurve  der  mittleren  Vertikalgeschwindigkeiten 
vergl.  Abb.  31)  auch  eine  Wassermengenkurve  graphisch  darstellen  kann.  Aus  der 
Kurve  der  mittleren  Geschwindigkeiten  lässt  sich  für  jede  Tiefe  t  die  zugehörige  mittlere 
Vertikalgeschwindigkeit  va  abgreifen.  Werden  die  Produkte  von  t  und  vm  für  die  einzelnen 
vertikalen  Teillinien  des  Messquerschnittes  gebildet  und  nach  unten  von  der  mittleren 
Wasserspiegellinie  in  einem  passenden,  aber  natürlich  für  alle  Vertikalen  gleichen  Mass- 

14* 


212 


L    Theodob  Kosh*.    Ausbau  von  WABsmntlFTKN.    Al&qeiieinbb. 


stabe  aufgetragen,    so  ergibt  die  Verbindungslinie  der  Endpunkte  die  Wassermenge»- 
kurve,  deren  Flächeninhalt  die  Grösse  der  seid.  Wassermenge  Q  darstellt. 

Zar  anschaulichen  Darstellung  der  Geschwindigkeiten  in  einem  Querprofil  ver- 
bindet man  durch  Kurven  die  Punkte  gleicher  Geschwindigkeit  in  den  einzelnen  Verti- 
kalen,   Auf  diese  Weise  entstehen  Bilder  nach  Abb.  32  und  man  bezeichnet  die  Kurven 

gleicher  Geschwindigkeit  als  Isotacheen. 
Abb.  88  ii»).   Abfliissmengenkurre  der  Isere  bei  ^fr  haben  uns  nun  zu  erinnern,  das 

GwnoUe,  g^ichaet  weh  16  Flügeltüren.        der  ^^  ^  Wa8germe88angen  ^  ^ 

Beziehung  zwischen  dem  Wasserstande  und 
den  sekl.  Wassermengen  für  den  Mess- 
querschnitt  zu  finden,  damit  man  aus  den 
Wasserstandsablesungen  direkt  die  cbm/sek. 
nach  einem  graphischen  Masstab  oder 
nach  einer  Tabelle  bestimmen  kann.  Das 
Einfachste  ist  die  graphische  Dar- 
stellung einer  Abflussmengen- 
kurve.  Wenn  man  die  Wasserstände 
als  Abszissen  und  als  Ordinaten  die  er- 
mittelten cbm/sek.  aufträgt  und  zwischen 
den  so  erhaltenen  Punkten  eine  Mittellinie 
hindurebzeichnet  (vergl.  Abb.  33),  so  kann 
man  mit  Hilfe  dieser  Linie  für  jede  be- 
liebige Wasserstandshöhe  h  die  entsprechen- 
den cbm/sek.  ablesen.  Solche  Abfluss- 
mengenkurven  haben  ihre  konvexe  Seite 
immer  nach  der  Achse  der  Wasserstände  zu, 
zeigen  aber  bei  plötzlichem  Profilwechsel 
an  breiten  Bermen  und  in  Ausuferungshöhe  s-förmige  Knicke.  Einige  Autoren  nehmen 
an,  dass  die  Abflussmengenkurve  einer  Gleichung  von  folgender  Form  entspricht 

Q  =  a  +  bh  +  ch*u*) 
und  entwickelten  nach  der  Methode  der  kleinsten  Quadrate  unter  Einsetzung  aller  für  Q 
und  h  aus  den  Messungen  gewonnenen  Werte  die  Zahlenwerte  für  a,  b  und  c. 

In  der  Regel  kann  man  aber  für  diejenigen  Wasserstandshöhen,  deren  Wassermengen 
von  besonderem  Interesse  sind,  die  Gleichung  der  Abflussmengenkurve  als  linear  be- 
trachten und  setzen:  Q  =  a-f-b, h  (vergl.  die  gestrichelte  Linie  d  in  Abb.  33). 

Sowohl  nach  der  quadratischen,  als  nach  der  linearen  Gleichungsform  sind  für 
eine  ganze  Reihe  von  Messteilen,  u.  a.  an  deutschen  und  französischen  Flüssen,  die  Zahlen- 


WassersimcUkoßtt  ov  m*hm 


"*)  R.  de  la  Brosse.  fitude  hydrologique  d'un  bassin  de  montagne.  Compte  rendu  des 
traraux  du  congres  de  la  Honille  blanche.    Premier  volume  8.  178.  Grenoble  1902. 

u*)  Statt  der  oben  genannten  Gleichungsform  wird  auch  die  Formel  Q  =  C .  (h  ±  i)' ange- 
wendet, indem  man  annimmt,  daas  das  Messprofil  sich  als  Parabel  mit  lotrechter  Achse  darstellen  laset» 
deren  Scheitel  um  %  über  oder  unter  dem  Nullpunkt  des  Pegels  liegt 

Oder  die  Form  Q  =  B.t'v  indem  angenommen  wird,  dass  das  Messprofil  sich  als  Rechteck 
darstellen  laset  t  bedeutet  die  Wassertiefe.  Diese  Form  ist  von  Boussinesq  in  seiner  „Theorie  des 
eaux  coarrantes"  und  auch  von  Tolkmltt  in  seiner  „Wasserbaukunst"  empfohlen. 

Oder  die  Form  Q  =  C(h±z)nf  wenn  nach  Harlacher  (Die  hydrometrischen  Arbeiten  in  der 
Elbe  bei  Tetschen.  Prag  1888)  die  allgemeine  parabolische  Kurve  nter  Ordnung  zugrunde  gelegt  wird. 

Näheres  Aber  die  theoretische  Begründung  dieser  Formeln  siehe  R.  Jasmund,  Gewässerkunde, 
Handb.  der  lngenieurw.  8.  Teil.  Wasserbau.  4.  Aufl.  Bd.  L  S.  298. 


§  4.  Die  technischen  Vorahbetten.  213 

werte  von  a  und  b  beziehungsweise  a,  b  und  c  ermittelt.  So  z.  B.  für  die  Isere  bei 
Grenoble  in  den  Formeln:  Q  «=  72  +  202,5h  +  7,6  hf  und  Q  =  29  -f  250h;  nnd  für  den 
Rhein  bei  Düsseldorf  bei  +3,50  m  am  Pegel  Q  =  301,8  +  120,18 h  +  41,698h». 

Man  kann  aber  auch  noch  init  för  unsere  Zwecke  ausreichender  Genauigkeit  nach 
der  Grundformel  Q  =  F .  c .  VR J  für  die  verschiedenen  Werte  von  h  die  Werte  von  Q 
ermitteln  nnd  tabellarisch  zusammenstellen,  so  dass  man  mit  Hilfe  einer  solchen  Tabelle 
für  jede  Wasserstandsablesung  sofort  die  seid.  Wassermenge  erkennen  kann.  In  der 
Formel  bedeuten  bekanntlich: 

F  den  wasserberührten  Querschnitt  in  qm, 

c  einen  Beiwert, 

F 
R  den   hydraulischen   Radius  =  -  ,  wenn  p  den  benetzten  Umfang  in  m  be- 
deutet nnd  J  das  Gefälle  auf  einen  Meter  in  m. 

Es  werden  zunächst  aus  den  Peilungen  des  Messquerschnittes  die  verschiedenen 
Werte  Ton  F  und  R  für  die  verschiedenen  Werte  von  h  berechnet  und  man  nimmt 
dann  an,  dass  innerhalb  gewisser  Stufen  von  h  die  aus  den  Spiegelnivellements,  und  aus 
den  Pegelablesungen  bei  den  Wassermengenmessungen  selbst  gewonnenen  Werte  von  J 
unveränderlich  bleiben.  Ebenso  nimmt  man  an,  dass  die  aus  den  Wassermengenmes- 
sungen ermittelten  Zahlenwerte  von  c  innerhalb  derselben  Stufen  von  h  die  gleichen 
bleiben. 

Die  graphische  Methode  führt   aber  bei  weitem  am  schnellsten  zum  Ziel  und 
liefert  so  sichere  Resultate,  dass  man  ihr  fast  immer  den  Vorzug  gibt. 

Über  die  Darstellung  der  taglichen  sekl.  Wassermengen  eines  Beobachtungsjahres 
ist  bereit*  das  Erforderliche  S.  140  und  141  mitgeteilt  Man  sucht  in  der  Kurve 
der  sekl.  Wassermengen  eines  Jahres  die  horizontalen  Linien  der 
355tägigen,  der  neunmonatlichen  und  der  sechsmonatlichen  Wasser- 
menge auf,  bestimmt  dadurch  ihre  Zahlenwerte  und  übersieht  dann 
zugleich,  wenn  es  sich  um  Aufspeicherungsanlagen  bandelt,  welchen 
Bedarf  zur  Auffüllung  der  niedrigen  Wasserstände  man  hat  und  über 
welche  Zuflussmengen  man  für  die  Aufspeicherung  verfügen  kann  (verl. 
Kap.  IQ,  1.  B.  Talsperren). 

Es  sei  hier  nur  noch  kurz  wiederholt,  dass  aus  den  Kurven  der  täglichen  sekl. 
Wassermengen  die  Dauerlinien  herzuleiten  und  darzustellen  sind. 

Zum  Schluss  mag  noch  erwähnt  sein,  dass  wiederholt  versucht  worden  ist,  die 
sekl.  Wassermenge  durch  quantitative  Analysen  festzustellen.  So  schlugen  die  fran- 
zösischen Ingenieure  Detienne  "und  Leclerq  vor,  eine  bestimmte  Menge  Kalk  in 
Lösung  dem  Wasser  zuzusetzen  und  alsdann  an  einer  unteren  Stelle,  bis  zu  welcher 
man  eine  vollkommene  Vermischung  des  Flusswassers  mit  der  Lösung  voraussetzen 
könne,  Proben  zu  schöpfen  und  aus  dem  Grade  der  Verdünnung  auf  die  Wassermenge 
zu  schliessen.  Praktisch  brauchbare  Resultate  scheinen  aber  diese  und  ähnliche  Methoden 
bis  jetzt  noch  nicht  gegeben  zu  haben. 

6.  Die  künstliche  Regelung  der  sekL  Wassermengen  durch 

Seeregulierungen. 

I.  Vorarbeiten. 

Wir  haben  in  dem  vorigen  Abschnitt  gesehen,  dass  die  sekL  Mengen  des  M.W. 
d.  h.  diejenigen,  welche  das  ganze  Jahr  hindurch  im  Durchschnitt  fliessen  müssten,  um 


214  L    Theodor  Koehn.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    Allgemeines. 

die  Jabresabflussmenge  zu  ergeben,  in  4er  Regel  während  zwei  Drittel  des  Jahres  nicht 
erreicht  während  ein  Drittel  des  Jahres  aber  erheblich  überschritten  werden. 

Die  sekl.  Mittelwassermenge  schwankt  etwa  zwischen  dem  Zweifachen  und 
12  fachen  der  Niedrigwassermenge,  während  die  sekl.  Hochwassermengen,  namentlich 
kleinen  Yorflntgebieten ,  bis  zu  dem  2300  fachen  der  sekl.  Niedrigwassermengen  empor- 
schnellen können.  Bei  allen  Flüssen  wechselt  Wassermangel  mit  Wasserüberflnss  jüb. 
Es  liegt  deshalb  anf  der  Hand,  dass  es  wünschenswert  ist,  den  Über- 
flnss  zur  Beseitigung  des  Wassermangels  zu  verwenden.  Je  unregelmässiger 
sich  dieser  Wechsel  durchschnittlich  während  eines  Jahres  abspielt,  um  so  weniger  ist 
die  Wasserkraft  wert  und  um  so  schwieriger  wird  der  Betrieb.  Die  Schwankung  zwischen 
der  356  tagigen,  der  neunmonatlichen  und  sechsmonatlichen  sekl.  Wassermenge  ist  daher, 
wie  bereits  mehrfach  hervorgehoben  wurde,  ein  wichtiger  Masstab  für  die  Beurteilung 
einer  Wasserkraft  Die  Interessen  der  Eraftgewinnung  verlangen  einen 
möglichst  gleichmässigen  Abflussvorgang. 

Die  Gleichmäßigkeit  des  Abflusses  wächst  im  allgemeinen  mit  der  Grosse  der 
bewaldeten  und  in  landwirtschaftlicher  Kultur  befindlichen  Flächen  des  Vorflutgebietee. 
Der  mit  Moos  und  Waldstreu  bedeckte  Boden  der  Wälder  und  die  in  Kultur  befind- 
lichen Flächen  der  Äcker  wirken  als  grosse  Schwämme,  welche  die  Niederschläge  fest- 
halten und  nur  allmählich  abgeben. 

Die  verheerenden  Hochwasser,  welche  besonders  um  die  Mitte  des  vorigen  Jahr- 
hunderts an  den  französischen  Gebirgsflüssen  oft  zu  beklagen  waren,  hatten  jedenfalls 
z.  T.  ihre  Ursache  in  der  systemlosen  Entwaldung  ihrer  Vorflutgebiete. 

Es  liegt  ausserhalb  des  Bereiches  der  Aufgaben  des  Ingenieurs,  auf  diesem  Ge- 
biete aktiv  mitzuwirken,  auch  handelt  es  sich  um  weit  ausschauende  Massregeln,  welche 
nur  im  Laufe  von  Jahrzehnten  Erfolg  versprechen. 

Die  Gleichmä8sigkeit  des  Abflusses  hängt  ferner  ab  von  der  Art  der  Verteilung 
der  Niederschläge  auf  die  einzelnen  Monate,  sowie  von  der  Neigung  des  Vorflutgebietea 
gegen  den  Flusslauf.  Die  beiden  letztgenannten  Umstände  bedürfen  nur  der  tatsäch- 
lichen Feststellung,  entziehen  sich  aber  naturgemäss  jeder  merkbaren  Einwirkung  durch 
menschliche  Tätigkeit. 

Die  Gleichmässigkeit  des  Abflusses  wächst  aber  ganz  besonders  mit  der  Grösse 
der  im  Yorflutgebiet  vorhandenen  Gletscher  und  Seen.  Die  Natur  hat  bisher  dem 
Menschen  nicht  gestattet,  auf  das  Wachsen  und  Abnehmen  der  Gletscher  Einfluss  zu 
gewinnen,  dagegen  kann  der  Ingenieur  die  ausgleichende  Wirkung  vor- 
handener Seen  künstlich  vergrössern  und  neue  Sammelbecken  schaffen. 

Aus  der  Grösse  der  Oberfläche  eines  Sammelbeckens  ergibt  sich  ohne  weiteres, 
wieviel  Wasser  man  in  cbm  bei  einer  gewissen  Stauhöhe  aufspeichern  könnte  und  aus 
der  Division  dieser  Wassermenge  mit  der  Zeit  in  Sek.  erkennt  man  überschläglich  den 
Zuwachs,  welchen  man  für  die  sekl.  Niedrigwassermenge  gewinnen  kann.  Liegt  ober- 
halb einer  Flusstrecke,  welche  für  eine  Wasserkraftanlage  in  Aussicht 
genommen  ist,  eine  grössere  Seefläche,  so  ist  jedesmal  die  Frage,  in- 
wieweit die  Abflussverhältnisse  durch  den  See  künstlich  zu  regeln  sind, 
mit  in  den  Bereich  der  Vorarbeiten  zu  ziehen. 

Alle  Fragen,  welche  künstliche  Sammelbecken  wie  Talsperren  und  Stauweiher  be- 
treffen, werden  in  Kap.  HI,  1  B  und  C  besonders  behandelt  und  es  kann  hier  darauf 
verwiesen  werden.  Beschäftigen  soll  uns  hier  vielmehr  nur  die  Regelung  der  Abfluss- 
verhältnisse durch  künstliche  Anlagen  an  vorhandenen  Seen. 


§  4.  Die  technischen  Vorarbeiten.  215 

Für  den  regulierenden  Einfluss  der  Seen  ist  das  grossartigste  Beispiel  der  Welt 
dar  Niagarafluss,  welcher  bei  M.W.  etwa  11000  cbm/sek.  führt115).  Er  wird  gespeist  fcus 
dem  Erie-,  Huron-,  Michigan-  und  Snperior-See  mit  zusammen  231 880  qkm  Oberfläche, 
so  dass  etwa  47,4 1/sek.  pro  qkm  Seefläche  bei  M.W.  abfliessen.  Das  Vorflutgebiet  der 
4  Seen  misst  etwa  das  Vierfache  der  Seeoberfläche,  so  dass  der  Abfluss  bei  M.W.  etwa 
11,85  l/sek./qkm  beträgt.  Von  dieser  sekl.  'Wassermenge  weichen  die  N.W.-  und  H.W.- 
Menge nur  so  wenig  ab,  dass*  die  H.W.-Menge  nur  etwa  das  Zweifache  der  N.W.-Menge 
ausmacht.  Aus  dem  Saperiorsee  mit  88630  qkm  fliessen  durch  den  St.  Marystrom  in 
den  Hnronsee  bei  N.W.  1400  cbm/sek.  oder  16,7  l'sek.  pro  qkm  Seeoberfläche,  bei 
H.W.  3300  cbm/sek.  oder  rund  40  I/sek.  pro  qkm  Seeoberfläche,  so  dass  hier  der 
Unterschied  zwischen  N.W.  und  H.W.  auch  nur  das  2,4 fache  beträgt. 

Während  die  Rhone  bei  H.W.  im  Jahre  1888  zeitweise  2200  cbm/sek.  dem  Genfer 
See  mit  582,36  qkm  Oberfläche  zuführte,  sind  nie  mehr  als  700  cbm/sek.  aus  dem  See 
bei  Genf  abgeflossen. 

In  den  LagoMaggiore  sollen  beim  höchsten  beobachteten  H.W.  etwa  10000  cbm/sek. 
geflossen  sein.  Die  grösste  Abflussmenge  soll  aber  nie  mehr  als  5000  cbm/sek.  be- 
tragen haben. 

Die  sekl.  Wassermenge  der  Aare  bei  Wangen  wird  durch  den  Thuner-,  Brienzer- 
trad  Bieler-See  so  ausgeglichen,  dass  während  der  Jahre  1893 — 1898  als  kleinste  sekl.  Wasser- 
menge 75,0  cbm,  als  neunmonatliche  100  cbm,  als  höchste  etwa  1464  cbm  gemessen  wurden, 
so  dass   die  höchste  Hochwassermenge  noch   nicht  ganz  das  20 fache  des   niedrigsten 
Wassers  betrug,  eine  für  einen  Gebirgsfluss  niedrige  Zahl. 

Für  eine  Seekorrektion  zu  Zwecken  von  Kraftgewinnung  sind  im 
wesentlichen  dieselben  technischen  Vorarbeiten  nötig,  wie  für  eine 
Wasserkraftanlage  an  fliessendem  Wasser,  nur  dass  sie  noch  umfang- 
reicher werden. 

Zunächst  sind  die  Eigentumsverhältnisse  des  Sees  und  seiner  Ufer 
festzustellen,  damit  man  übersehen  kann,  ob  eine  Regulierung  des  Wasserspiegels  nicht 
von  vornherein  auf  unüberwindliche  Schwierigkeiten  stösst. 

Die  Grösse  des  Sees  und  seines  Vorflntgebietes  wird  man  meistens  für  die  Vor- 
arbeiten aus  vorhandenen  Karten  mit  ausreichender  Genauigkeit  ermitteln  können.  Sel- 
tener findet  man  schon  genauere  Peilungen  der  Seesohle.  Die  Höhe  des  Niedrigwassers 
an  der  Ausmündung  des  tiefst  gelegenen  Abflussgerinnes  gibt  meistens  die  Marke  an, 
bis  zu  welcher  man  äusserstenfalls  die  Wassermenge  des  Sees  ausnützen  kann,  und  es  hat 
deshalb  in  solchen  Fällen  für  die  Zwecke  der  Kraftgewinnung  auch  nur  die  genauere  Peilung 
der  Seesohle  bis  etwa  zu  dieser  Marke  ein  spezielles  Interesse,  während  für  die  Er- 
mittelung der  Seetiefen  unterhalb  dieser  Marke  man  sich  mit  verhältnismässig  wenig 
Peilstichen  begnügen  kann.  Später  wird  allerdings  noch  von  Fällen  die  Rede  sein,  wo 
die  beste  Lösung  in  der  Vergrösserung  des  Stauraumes  durch  Senkung  des  N.W.- 
Spiegels gefunden  wird. 

Alle  Seen  erleiden  in  ihrer  Sohle  im  Laufe  der  Jahre  Veränderungen.  Die  haupt- 
sächlichste Ursache  dieser  Veränderungen  ist  die  Ablagerung  des  Geschiebes  und  der 
Sinkstoffe,  welche  die  Zuflüsse  mit  sich  führen.  An  der  Einmündung  grösserer  geschiebe- 
führender Zuflüsse  wird  man  immer  in  der  Seesohle  haldenförmige  Ablagerungen  mit 
einer  Rinne  in  der  Verlängerung  des  Stromstriches  des  einmündenden  Flusses  feststellen 


116)  Professor  Fritz,  Zürich.     Die  5  grossen  Seen  Kanadas.     Petermanns   Mitteilungen. 
Bd.  28.  Jahrgang  1882.  8.  57. 


216  L    Theodor  Eoehv.    Ausbau  von  WabbbrkbAftkx.    Allgemeines. 

• 

können  und  es  gehört  mit  zu  den  Vorarbeiten,  das  Wachsen  dieser  Halden  durch  j£ 
liehe  Peilungen  festzustellen.  In  der  Regel  wird  allerdings  die  jahrliche  Sohlen* 
Veränderung  infolge  von  Geschiebe  nnd  Sinkstoff-Ablagerungen  nicht 
so  erheblich  sein,  dass  sie  bei  den  Zeitabschnitten,  mit  welchen  bei 
Anlage  von  Wasserkräften  gerechnet  wird,  eine  Bolle  spielt. 

Eine  weitere  Ursache  der  Veränderung  der  Seesohle  kann  der  Pflanzenwuchs  an 
den  Ufern  sein.  Aber  auch  aus  dieser  Ursache  treten  wesentliche  Veränderungen  nur  im 
Laufe  von  vielen  Dezennien  oder  vielmehr  Jahrhunderten  auf,  so  dass  man  für  unsere 
Zwecke  mit  ihnen  in  der  Regel  kaum  zu  rechnen  braucht. 

Von  grösster  Wichtigkeit  ist  die  Feststellung  des  Gefälles,  welches 
in  dem  aus  dem  See  ausmündenden  Wasserlauf  nutzbar  zur  Verfügung 
steht,  denn  jedes  cbm  Wasser,  welches  man  in  dem  See  aufspeichern 
kann,  hat  einen  um  so  grösseren  Eraftwert,  je  grösser  das  Gesamt- 
Nutzgefälle  ist. 

Die  schwierigste  und  zeitraubendste  Aufgabe  bleibt  auch  bei  einer  Seekorrektion 
die  Feststellung  der  Zuflüsse  und  Abflüsse.  Was  die  Zuflüsse  betrifft,  so  wird  man  zu- 
nächst versuchen,  aus  der  bekannten  Regenhöhe  und  aus  der  Grösse  und  Beschaffen- 
heit des  Vorflutgebietes  Schlüsse  auf  die  l/sek./qkm  zu  ziehen,  welche  bei  dem  356  tägigem 
N.W.,  bei  M.W.  und  beim  höchsten  Wasser  in  den  See  fliessen,  um  die  erste  Übersicht 
über  die  erreichbaren  Kraftwirkungen  und  den  Umfang  der  Bauwerke  zu  gewinnen. 
Die  355tägige  sekl.  Wassermenge  ist  die  Grundzahl,  wie  bei  Kraftanlagen  an 
fliessendem  Wasser.  Je  grösser  diese  Zahl  ist,  desto  wertvoller  ist  an  sich  schon  die  natür- 
lich vorhandene  Kraft,  aber  es  wird  auch  die  Wirkung  der  zur  Regulierung  des  Seespiegels 
erforderlichen  Stauwerke  in  gewonnenen  PS»  ausgedrückt,  desto  grösser  und  infolge- 
dessen die  Anlagekosten  pro  Einheit  desto  kleiner.  Die  l/sek./qkm  bei  M.W.  muss  man 
kennen,  um  zu  wissen,  welche  Wassermenge  überhaupt  im  Jahresdurchschnitt  für  die 
Aufspeicherung  verfügbar  ist.  Die  Kenntnis  der  l/sek./qkm  bei  höchstem  Wasser 
ist  notwendig,  um  daraus  die  höchste  Ordinate  des  Wasserspiegels  zu  finden. 

Die  genauere  Kenntnis  der  Ab fluss Verhältnisse  des  Sees  müssen  dagegen 
durch  tägliche  Beobachtungen  während  einer  mehrjährigen  Periode  gewonnen 
werden,  sofern  nicht  ausreichendes  Beobachtungsmaterial  zur  Verfügung  steht  Gleich- 
zeitig damit  sind  die  täglichen  Schwankungen  des  Wasserstandes  im  Seespiegel  selbst 
durch  Pegelbeobachtungen  festzustellen.  Wenn  man  Annahmen  für  Verdunstung  und 
Versickerung  macht,  kann  man  aus  der  Abflussmenge  eines  Tages  und  aus  der  Wasser- 
spiegeldifferenz des  Sees  während  derselben  Zeit  auch  auf  die  Zuflüsse  schliessen  und 
damit  die  aus  den  Regenhöhen  schätzungsweise  ermittelten  Zahlen  kontrollieren.  Über 
die  technische  Ausfuhrung  dieser  Vorarbeiten  ist  bereits  das  Erforderliche  im  voran- 
gehenden Abschnitt  mitgeteilt. 

Bei  Auswahl  der  Messtelle  für  die  sekl.  Abflussmenge  muss  man  insofern  beson- 
dere Sorgfalt  walten  lassen,  als  man  sich  zu  überzeugen  hat,  ob  nicht  unterirdische  Ab- 
flüsse von  Erheblichkeit  bestehen,  welche  erst  mehr  oder  weniger  weiter  unterhalb  in 
den  Abflusswasserlauf  eintreten.  Sind  solche  unterirdischen  Abflüsse  festgestellt,  so  ist 
zu  ermitteln,  ob  und  inwieweit  man  in  der  Lage  ist,  sie  zu  schliessen  oder  ob  es  mög- 
lich ist,  die  Wasserfassung  so  zu  legen,  dass  man  ihre  Ergiebigkeit  für  Kraftzwecke 
noch  mitbenutzen  kann. 

Hat  man  die  Zuflussverhältnisse  eines  Sees  in  den  Hauptziffern,  die  Abflussver- 
hältnisse und  ebenso   die  Schwankungen   des   Seespiegels  aber  täglich  festgestellt,  so 


§   4-  Die  technischen  Vorarbeiten.  217 


man  zunächst  entscheiden,  welche  Auffüllung  der  355tägigen  kleinsten 
sekl  Abflussmenge  des  trockensten  Jahres  man  aus  dem  künstlich  regu- 
lierten Staninhalte  des  Sees  erzielen  kann.    Bedeuten: 

H  in  m  die  Höhe  des  Wasserspiegels  im  See  beim  kleinsten  sekl.  Abfluss. 

Hx  in  m  die  Höhe,  bis  zu  welcher  man  den  See  normal  stauen  will, 

Z   den  durchschnittlichen  sekl.  Zufluss  in  cbm  während  der  Zeit  t, 

t    die  Zeit,  während  welcher  man  die  kleinste  sekl.  Abflussmenge  aufzufüllen  hat, 

in  Sek., 
h'  in  m  die  Verdunstungs-  und  Versickerungshöhe  während  dieser  Zeit  t, 
O  in  qm  die  mittlere  Oberfläche  des  Sees, 

so   ist  die  aufgefüllte  sekl.  Wassermenge,  welche  sich  beim  (kleinsten)  Zufluss  Z  erzielen 

l&sst,  in  cbm 

Qa=0    |H,-(H+h').jfZ 

Diese  Formel  trifft  allerdings  nur  zu,  wenn  während  der  ganzen  Niedrigwasser- 
periode aus  dem  See  ein  ganz  gleichmässig  grosser  Zuschuss  gegeben  wird.  Dieser  Fall 
-wird  meistens  da  zutreffen,  wo  das  Druckgefälle  an  den  Turbinen  von  dem  Wasserspiegel 
im  See  nicht  abhängig  ist,  wie  z.  B.  bei  der  Anlage  Chfevres  (vergl.  Kap.  H,  15). 
Andernfalls,  wie  z.  B.  meistens  bei  Talsperren  mit  dem  Kraftwerk  in  der  Nähe  der 
Sperre,  wird  Q  variabel  und  muss  auf  andere  Weise  ermittelt  werden  (vergl.  Kap.  III, 
1,  B.  Talsperren). 

Die  Unterlagen  zur  Feststellung  von  Ht  ergeben  sich  am  besten  aus  dem  Profil  der 
taglichen  sekl.  Abflussmengen  (vergl.  Abb.  10.  S.  140).  Wenn  man  z.  B.  die  355tägige 
sekl.  Wassermenge  eines  Jahres  auf  die  sechsmonatliche  auffüllen  wollte ,  so  würden  die 
Flächen  der  betreffenden  Jahreskurve,  welche  von  der  sechsmonatlichen  Horizontalen 
nach  oben  abgeschnitten  werden,  multipliziert  mit  dem  Koeffizienten  des  Flächenwertes 
in  cbm/qmm,  die  zum  Aufstau  verfügbaren  Wassermengen  und  die  unter 
der  gedachten  Horizontalen  von  ihr  und  der  Wassermengenkurve  eingeschlossenen  Flächen, 
die  für  die  Auffüllung  notwendigen  Wassermengen  ergeben.  Gleichzeitig 
kann  man  aus  dem  Profil  die  Zeit  t  bestimmen,  während  welcher  man  aus  dem  Stau- 
raum auffüllen  muss.  Es  ist  bei  Seeregulierungen  zweckmässig,  anstatt  der  Zufluss- 
mengen die  täglichen  sekl.  Abfluss  mengen  in  Jahreskurven  darzustellen,  weil 
in  ihnen  bereits  die  Abzüge  für  Verdunstung  und  Versickerung,  die  immerhin  nur  un- 
sicher festgestellt  werden  können,  gemacht  sind.  Die  denkbar  grösste  gleichmässige 
sekl.  Wassermenge  ist  natürlich  das  sogenannte  Mittelwasser,  d.  h.  diejenige  sekl.  Wasser- 
menge, welche  unausgesetzt  während  des  ganzen  Jahres  abfliessen  müsste,  um  die  ge- 
samte Jahresabflussmenge  zu  erhalten.  Diesen  ideellen  Grenzwert  kann  man  aber  prak- 
tisch nie  erreichen,  einmal  weil  die  Stauhöhe  meistens  zu  gross  werden  würde  und  dann, 
weil  die  Verluste  durch  Verdunstung  und  Versickerung  grösser  werden  müssten,  als  sie 
beim  alten  Zustande  des  Sees  waren;  denn  durch  den  Stau  werden  grössere  Flächen 
für  längere  Zeit  der  Verdunstung  ausgesetzt  und  ebenso  findet  in  der  Regel  auch  bei 
höherem  Wasserstande  eine  stärkere  Versickerung  statt. 

Bei  Feststellung  der  normalen  Stauhöhe  hat  man  ferner: 

a)  die  geologische  Beschaffenheit  der  Ufer, 

b)  ihre  landwirtschaftliche  Kultur, 

c)  die  hygienischen  Verhältnisse,  und 

d)  die  Kostenfrage  der  Seekorrektion 


218  L    Thkodob  Eoehk.    Ausbau  voh  Wasserkräften.    Allgemeiwes. 

zu  berücksichtigen.  Es  können  natürlich  bei  Einzelfallen  noch  andere  besondere  Rück- 
sichten ausschlaggebend  sein,  aber  es  ist  unmöglich  und  unnötig,  diese  hier  alle  auf- 
zuführen. 

a)  Die  geologische  Beschaffenheit  der  Ufer  muss  besonders  vom  Gesichts- 
punkte der  Durchlässigkeit  untersucht  werden,  um  festzustellen,  ob  die  Wasserverlofl&e 
durch  Versickerung  oder  direkte  unterirdische  Abflüsse  bei  höheren  Wasserständen  nicht 
erheblich  wachsen«  Undichtigkeiten  der  Ufer  können  unter  Umständen  alle  Rechnungen 
illusorisch  machen.  Die  örtliche  Feststellung  solcher  Undichtigkeiten  ist  meistens  sehr 
schwierig,  sofern  sie  nicht  so  stark  sind,  dass  man  in  der  Bewegung  der  Wasserober- 
fläche ihre  Wirkung  erkennt. 

Das  sicherste  Mittel  zur  tatsächlichen  und  quantitativen  Feststellung  der  Undich- 
tigkeiten ist  die  provisorische  Schliessung  der  offenen  Abflussteilen  und  Anstauung  des 
Seespiegels  auf  die  projektierte  Höhe.  Durch  die  Beobachtung  des  Seespiegels,  durch 
die  Messung  der  Abflüsse  mittelst  genauer  Schützenöffnungen,  welche  in  dem  provisori- 
schen Abflusswerk  anzulegen  sind,  sowie  durch  die  Messung  der  Zuflüsse  und  Ver- 
dunstungen kann  man  dann  die  Undichtigkeiten  feststellen.  Aber  dieses  Mittel  wird  der 
Kosten  wegen  nur  selten  und  zwar  bei  kleineren  Verhältnissen  anwendbar  sein.  Es  ge- 
nügt aber  auch,  möglichst  bei  regenfreier  Zeit,  die  möglichst  genaue  Messung  der  offenen 
Abflüsse  und  Zuflüsse  und  die  Beobachtung  des  Wasserspiegels  im  See  vorzunehmen, 
wenn  der  Seespiegel  sich  auf  natürliche  Weise  infolge  stärkerer  Zuflüsse  in  der  beab- 
sichtigten Stauhöhe  befindet.  Die  direkten  unterirdischen  Zuflüsse  durch 
das  Grundwasser  sind  im  allgemeinen  nicht  so  bedeutend,  dass  sie  nicht  vernach- 
lässigt werden  könnten.  Findet  die  Senkung  des  Wasserspiegels  schneller  statt,  ab  dem 
Abfluss  +  Verdunstung  —  Zufluss  entsprechen  würde,  so  wprd  man  auf  Undichtigkeiten 
schliessen  und  auch  den  Einfluss  derselben  in  cbm  ungefähr  ermitteln  können. 

Ein  weiteres  Mittel  ist  die  Beobachtung  aller  kleinen  Rinnsale  in  der  Umgebung 
des  Sees,  deren  Speisung  durch  Sickerwasser  aus  dem  See,  ihrer  Höhenlage  nach  mög- 
lich ist.  Tritt  bei  höheren  Wasserständen  im  See  ein  vermehrter  Abfluss  in  solchen 
Rinnsalen  auf,  so  ist  zunächst  die  Möglichkeit  ihrer  Speisung  durch  Seewasser  gegeben. 
Die  Tatsache  der  Speisung  kann  man  dann  unter  Umständen  durch  Temperaturmessungen 
des  Wassers  und  Vergleiche  mit  der  Seetemperatur  oder  durch  Färbung  des  Seewassers 
an  verdächtigen  Stellen  konstatieren.  Ist  die  Tatsache  zweifellos  festgestellt,  so  kann 
man  durch  vergleichende  Wassermengenmessungen  auch  Schlüsse  auf  die  sekL  Menge 
des  Seewassers  ziehen,  welches  den  festgestellten  unterirdischen  Weg  nimmt.  Die  genaue 
Nachfrage  bei  ortskundigen  Leuten  und  die  Mitarbeit  eines  Geologen  ist  hierbei  unent- 
behrlich. 

b)Die  landwirtschaftliche  Kultur  der  Ufer  kann,  um  nur  ein  Beispiel  zu 
nennen,  in  der  Weise  eine  Rolle  spielen,  dass  während  der  sommerlichen  Niedrigwasserstände 
im  See  auf  den  trocken  gelegten  Uferflächen  unter  Umständen  Grasbau  getrieben  wird, 
welcher  durch  die  Seekorrektion  unmöglich  gemacht  werden  würde.  Es  wird  sich  also 
unter  Umständen  um  Schadenersatzansprüche  oder  um  die  Vergrösserung  des  Grund- 
erwerbs handeln. 

c)  Sehr  wichtig  können  die  hygienischen  Vorteile  einer  Seeregulierung  werden, 
besonders  wenn  grössere  bewohnte  Ortschaften  sich  in  der  Nähe  des  Seeufers  befinden. 
Es  gilt  allgemein  ab  anerkannt,  dass  eine  möglichst  kleine  Schwankung  im  Grundwasser- 
stande für  die  gesundheitlichen  Verhältnisse  eines  Ortes  am  vorteilhaftesten  ist.  Man 
wird  deshalb,  wenn  die  Umstände  es  wünschenswert  erscheinen  lassen,  bestrebt  sein, 


S    4.  Die  technibcheh  Vorarbeiten.  219 

d«?n  höchsten  Wasserstand  des  Sees  zu  erniedrigen  und  den  niedrigsten  Wasserstand  zu 
erhöhen,  um  die  Amplitude  der  Schwankung  im  Grundwasserstand  zu  verkleinern. 

d)  Da  es  schliesslich  stets  darauf  ankommt,  eine  Seekorrektion  mit  Geldmitteln  durch- 
zuführen, welche  noch  mit  dem  wirtschaftlichen  Nutzen  des  Unternehmens  in  einem 
richtigen  Verhältnis  stehen,  so  wird  man  die  Stauhöhe  schon  aus  diesem  Grund  so  zu 
wählen  haben,  dass  möglichst  geringe  bauliche  Veränderungen  am  Seeufer  nötig  sind 
und  die  Kosten  der  Abschlusswerke  in  vertretbaren  Grenzen  bleiben. 

Wenn  weder  die  hygienischen  Rücksichten  noch  die  Rücksicht  auf  die  Uferge- 
lände und  deren  Nutzung  bei  einer  Seeregulierung  mitsprechen,  kann  die  beste  Lösung 
stach  in  der  künstlichen  Vergrösserung  der  Differenz  zwischen  H.W.  und 
U.W.  gefunden  werden,  indem  man  entweder  durch  Errichtung  einer  Staumauer  oder 
eines  Staudammes  an  der  Austinssmündung  den  alten,  höchsten  Stauspiegel  noch  erhöht, 
oder  indem  man  umgekehrt  den  Ausfluss  niedriger  legt,  also  den  niedrigsten  Wasser- 
stand vertieft,  oder  schliesslich,  indem  man  beide  Massregeln  vereinigt.  Sowohl  die  Er- 
höhung, als  auch  die  Erniedrigung  des  Wasserspiegels  über  die  natürliche  Grenze,  welche 
sich  im  Laufe  der  Zeit  herausgebildet  hat,  erfordern  aber  ein  sehr  gründliches  Studium 
der  Seeufer. 

Von  den  Untersuchungen  wegen  der  Durchlässigkeit  der  Ufer  oei  Erhöhung  des 
Seespiegels  war  schon  die  Rede.  Ebenso  wichtig  ist  die  Feststellung,  ob  und  wieweit 
Rutschungen  und  Uferabbrüche  durch  die  zeitweise  Veränderung  des  Wasserstandes  im 
See  und  infolge  deren  des  Grundwasserspiegels  zu  befürchten  sind.  Namentlich  bei 
Spiegelsenkungen  können  sich  durch  die  Vergrösserung  des  Gefälles  im  Grundwasser 
Ratschflächen  bilden  und  Uferteile,  welche  bei  dem  alten  N.W.  noch  im  Gleichgewicht 
waren,  ins  Rutschen  geraten. 

Meistens  werden  sich  mit  den  Seekorrektionen  neben  der  Kraftgewinnung  auch 
noch  andere  wesentliche  Vorteile  erzielen  lassen. 

Von  dem  hygienischen  Vorteil  der  Regulierung  des  Grundwasserstandes  war  schon 
die  Rede. 

Durch  die  Herabsetzung  des  höchsten  Wasserstandes  wird  man  nicht 
selten  grössere  Flächen  der  dauernden  wirtschaftlichen  Benutzung  zuführen  können  und 
damit  Vorteile  für  die  Uferbesitzer  erzielen,  welche  unter  Umständen  die  Nachteile  des 
höheren  normalen  Staus  mehr  als  aufwiegen. 

Mit  der  Aufspeicherung  des  Wassers  für  Kraftzwecke  lassen  sich  meistens  auch 
Wassermengen  für  Berieselungszwecke  und  für  Wasserversorgungen  etc  gewinnen.  — 

Bei  der  Feststellung  des  Stauraumes,  den  man  für  die  Auffüllung 
der  nutzbaren  sekl.  Wassermenge  bei  N.W.  zu  einer  gewünschten  Zahl 
in  cbm/sek.  gebraucht,  sind  weiter  noch  zwei  Gesichtspunkte  zu  be- 
achten, von  denen  bis  jetzt  noch  nicht  die  Rede  war. 

In  erster  Linie  ist  hier  hervorzuheben,  dass  man  meistens  gezwungen  sein  wird, 
im  Interesse  der  Fischerei  und  aus  Rücksicht  auf  Wassernutzungsrechte  Dritter,  sei  es 
im  landwirtschaftlichen  Betriebe,  sei  es  für  Triebwerke,  eine  minimale  sekl.  Wassermenge 
ständig  abfliessen  zu  lassen,  gleichgültig  ob  bei  einem  projektierten  Werke  ein  ständiger  Kraft- 
bedarf vorliegt  oder  nicht.  Für  die  Bestimmung  dieser  minimalen  sekl.  Wassermenge  werden 
die  aus  den  Wassermengenmessungen  und  Wasserstandsbeobachtungen  gewonnenen  und  aut- 
getragenen Kurven  der  täglichen  durchschnittlichen  sekl.  Abflussmengen  die  nötigen  und 
sicheren  Anhaltspunkte  geben,  insoweit  es  sich  um  Durchschnittswerte  handelt.  Hierbei  wird 
man  aus  praktischen  Gründen  nicht  alle  täglichen  Veränderungen  berücksichtigen  können, 


220  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

sondern  Durchschnittswerte  für  die  verschiedenen  Monate  ermitteln.  Aber  es  kommt 
hierbei  auch  auf  die  Verteilung  dieser  durchschnittlichen  täglichen 
sekl.  Wassermenge  auf  die  einzelnen  Tagesstunden  an. 

Wenn  man  z.  B.  in  einem  Kraftwerk  nur  Tagesbetrieb  hätte  und  Hesse  wahrend 
der  12  Tagesstunden  die  doppelte  sekl.  Wassermenge  derjenigen,  welche  als  die  durch- 
schnittliche eines  Tages  der  betreffenden  Zeitperiode  vor  Regulierung  des  Sees  ermittelt 
wurde,  ab,  so  dass,  wenn  man  während   der  Nachtstunden  den  Abfluss  absperrte,  in 
24  Stunden   doch   ebenso  viel  Wasser  abfliessen  würde,   wie  vor   der  Regulierung,    so 
würde  dennoch  den  Unterliegern  nicht  mit  einer  derartigen  Regelung  gedient  sein  und 
sie  könnten   Schadenersatzansprüche  erheben.    Hätte  das  Kraftwerk  z.  B.  seinen   Be- 
trieb zwischen  6  Uhr  morgens  und   6  Uhr  abends,   so  könnten  unter  Umstanden   an 
einem  unterliegenden  Triebwerk  die  abgeflossenen  Wassermengen  erst  zwischen  12  Uhr 
mittags  und  12  Uhr  nachts  eintreffen,  der  Unterlieger  also  behindert  sein,  mit  seinem  Betriebe 
auch  um  6  Uhr  früh  zu  beginnen.  Es  sind  daher  bei  dem  Verbrauch  des  aufgespeicherten 
Seewassers  nicht  allein  der  Betrieb  des  Kraftwerkes,  sondern  auch  die  Rücksichten  auf 
die  unterliegenden  Nutzungsberechtigten  zu  beachten.    Oft  kann  sich  als  beste  Lösung 
ergeben,  in  dem  Kostenanschlage  des  Projektes  kleine  Stauweiheranlagen  für  die  unter- 
liegenden Nutzungsberechtigten  vorzusehen,  in  denen  der  zeitliche  Ausgleich  der  Wasser- 
mengen stattfinden  kann.    Auf  diese  Weise  würde  man  dann  die  höchste  Ökonomie  in 
der  Ausnützung  des  Stauinhalts  erzielen.    Wenn  z.  B.   ein  Unterlieger  einen  Anspruch 
auf  mindestens  1  cbm/sek.   während   der  Tagesstunden  hätte,   das  Betriebswasser  des 
Tagesbetriebes  des  Kraftwerkes  aber  erst  mit  6  Stunden  Verspätung  zu  diesem  Unter- 
lieger käme,  so  müsste  der  Stauweiher  mindestens  1  cbm  .  6 .  3600  -f-  A  =  21600  cbm  + 
Verluste  durch  Versickerung  und  Verdunstung  fassen  können.  In  der  Praxis  werden  sich 
allerdings  selten  Fälle  finden,  wo  die  völlige  Absperrung  des  Abflusses  während  der  Nacht 
statthaft  ist 

Der  zweite  hier  noch  zu  besprechende  Gesichtspunkt  ist  die  Eisbildung.  Die 
Temperatur  des  Seewassers  nimmt  im  Sommer  von  der  Oberfläche  nach  der  Sohle  zu 
ab,  steigt  dagegen  im  Winter  bei  starkem  Frost  von  dem  Spiegel  nach  der  Sohle  zu. 
In  Schichten  von  60,0  m  Tiefe  und  mehr  bleibt  Winter  und  Sommer  die  Temperatur 
des  See wassers  ungefähr  dieselbe,  nämlich  etwa  4°  C.  Das  ist  die  Temperatur,  bei 
welcher  das  Wasser  die   grösste  Dichtigkeit  und  das  grösste  spezifische  Gewicht  hat. 

So  wurden  z.  B.  im  Attersee  in  Ober-Österreich  am  18.  September  1891  bei  einer 
Lufttemperatur  von  18,4°  C  folgende  Temperaturen  gemessen116): 

in    5,0  m  Tiefe  18,3°  C;   in  10,0  m  Tiefe  17,7°  C 


„  12,0  m     „ 

17,6°  C;    „   14,0  m     „ 

15,8«  C 

„  15,0  m     „ 

12,0°  C;    „  16,0  m     „ 

11,4°  C 

„  20,0  m     „ 

7,8  °  C ;    „  30,0  m     „ 

4,9°  C 

„  40,0  m     „ 

4,5°  C;    „  60,0  m     „ 

4,1»  C 

und  in  grösseren  Tiefen  etwa  4,0°  C. 

Umgekehrt  wurde  im  Traunsee  bei  Gmunden  am  7.  März  1895  an  der  Ober- 
fläche 0,3°  C;  in  10  m  Tiefe  0,8°  C;  in  30,0  m  Tiefe  1,0°  C;  in  40,0  m  Tiefe 
1,2°  C;  in  60,0  m  Tiefe  3,8°  C  und  darunter  etwa  4,0°  C  festgestellt. 

Im  Sommer  hegen  also  die  wärmeren  Schichten,  weil  sie  leichter  sind,  über  den 
klüteren.    Wenn  aber  die  Lufttemperatur  unter  4°  C  fällt,  so  kühlen  sich  zunächst  die 


ii«)  P.  Gerhardt,  Handb.  d«r  lag.- Wissenschaften.  HI.  Teü.  Wasserbau.  4.  Aufl.  1.  Bd.  3.112. 


§  4. 


Die  technischen  Vorabbetten. 


221 


Abb.  84.    Schema  einer  Hochflutkurve. 


oberen  Schichten  ab  und  sinken  unter,  bis  alle  Wasserschichten  auf  etwa  4,0°  abge- 
kühlt sind.  .Findet  dann  eine  weitere  Abkühlung  an  der  Oberfläche  statt,  so  werden 
kahleren  Schichten  leichter  und  bleiben  oben.  Auf  diese  Weise  wird  das  Zufrieren 
ruhender  Wasserflächen  erklärlich.  Auch  die  Beobachtung  erklärt  sich  daraus, 
dass  das  Zufrieren  von  Seeflächen  am  Ufer  beginnt  und  allmählich  nach  den  tieferen 
Wasserstellen  fortschreitet.  Ist  die  Wassertiefe  eines  Sees  grösser  als  60,0  m,  so  hat 
die  Mehrtiefe  auf  die  Eisbildung  an  der  Seeoberfläche  keinen  Einfluss  mehr117). 

In  der  Regel  werden  in  unseren  deutschen  Seen  die  winterlichen  sekl.  Zuflüsse 
so  grosse  sein,  dass  die  Ausnützung  des  Stauinhaltes  zu  ihrer  Auffüllung  nicht  in  Frage 
kommt.    Es  wird  deshalb   die  Frage  der  Eisbildung  nicht   so  sehr  in  bezug  auf  die 
sekl.  Wassermenge  von  Interesse  sein,  als  vielmehr  wegen  des  Schutzes  der  Bauwerke 
gegen   Eisschiebungen.     Im   Gebirge    da- 
gegen, wo  der  Wassermangel  mit  der  Zeit 
des  Frostes  zusammenfallt,  wird  man  bei 
Berechnung  des  verfügbaren  Stauinhaltes 
eine  Höhe  abzuziehen  haben,  welche  etwa 
der    stärksten    bekannten    Eisdecke    ent- 
spricht. 

Über  denhöchsten  normalen 
Stau  wird  sich  der  Seespiegel  not- 
wendigerweise    bei    allen    Hoch- 
wasserzuflüssen  erheben,  'sofern 
sie  eintreten,  wenn  der  Seespiegel 
im  höchsten  normalen  Stau  liegt. 
Eis  ist  an  sich  nicht  nötig,  diese  Voraus- 
setzung   bei    der    Projektaufstellung    zu 
machen,  weil  Hochfluten  nur  stattfinden, 
wenn  nach  mehrtägigen  Regenperioden  noch 
sturzregenartige    Niederschläge    eintreten. 
Man  wird  auch  stets  mit  derartigen  Wasser- 
kraftwerken einen  Regenmessdienst  verbinden  oder  sich  die  rechtzeitige  Kenntnis  der 
Regenhöhen  des  Yorflutgebietes   von   öffentlichen   oder  privaten  anderen  Messdiensten 
verschaffen,  so  dass  man  auf  den  Eintritt  von  Hochfluten  stets  vorbereitet  sein  und 
eine  entsprechende  Entleerung  des  Stauinhaltes  rechtzeitig  vorbereiten  kann.    Trotzdem 
wird  zur  grösseren  Sicherheit   behördlicherseits   oft   verlangt   werden,    dass   man  den 
höchsten  normalen  Stau  bei  Eintritt   der  höchsten  Hochflut   als  vorhanden  annimmt. 
Zur  Feststellung  des  denkbar  grössten  Zuflusses  muss  man  aus  dem  alten,  oder  neu  ge- 


t  •  3  Tagt  /*Ji  «.  ttJhn 


117)  An  dieser  Stelle  mögen  einige  Zahlen  Aber  Seetiefen  eingefügt  werden: 


Es  betragen  die  grössten  Tiefen: 
im  Gardasee 630,0  m 


im  Neuenbarger-See 


» 


* 


Lsgo  Maggiore 865,0 

Genfer-See 310,0 

Lugano-See 288,0 

Brientzer-See 261,0 

Thuner-See 217,0 

Yierwaldstitter-See 214,0 

Zoger-See 198,0 


,  Züricher- See  , 

„  Superior-See  . 

v  Horon-See 

,  Ontario-See   . 

,  Michigan-See 

.  Erie-See    .    . 


153,0 
143,0 
810,0 
300,0 
220,0 
200,0 
85,0 


m 

* 


P.  Gerhardt,  Handbach  d.  Ing.-Wissensch.  Dritter  Teil.  Wasserbau.  4.  Aufl.  1.  Bd.  S.  106. 


222  I.    Theodor  Kobhk.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    Allgemeines. 

wonnenen  Beobachtungsmaterial  eine  höchste  Wassermengenknrre  des  Zuflusses  (vergL 
Abb.  34)  darstellen  mit  der  Zeit  t  als  Abszissen  und  mit  1/sek.  oder  cbm/sek.  als  Ordi- 
naton  nnd  danach  die  höchstmögliche  Anschwellong  des  Sees  berechnen,  indem 
gleichzeitig  eine  höchste  durchschnittliche  sekl.  Abflussmenge  während 
Zeit  zugrunde  legt. 

Zur  Erleichterung  der  Übersicht  mögen  an  dieser  Stelle  einige  Angaben  über  die 
Schwankungen  des  Wasserstandes  in  einigen  unregulierten  Seen  Platz  finden. 

Im  Bodensee  war  die  grösste  Schwankung  des  Seespiegels  in  einem  Jahre  3,30  m 
und  zwar  im  Jahre  1821,  die  geringste  im  Jahre  1870  1,24  m.  In  dem  60  jibrigeo  Zeit- 
raum von  1817—1876  hat  die  durchschnittliche  Jahresschwankung  2,12  m,  die  grösste 
Schwankung  überhaupt  3,90  m  betragen118). 

Im  Züricher  See  betrug  die  grösste  Schwankung  2,52 119),  110). 

Für  den  Lago  Maggiore  betragen  die  gewöhnlichen  Schwankungen  4,0  m,  in  sel- 
tenen Fällen  6,0  m.    Die  höchste  beobachtete  Schwankung  betrug  8,11  m. 

Im  Comersee  beträgt  die  jährliche  Schwankung  gewöhnlich  3,0  m,  ausnahms- 
weise 4,0  m. 

In  den  5  grossen  amerikanisch-kanadischen  Seen  sind  die  Schwankungen!  mit 
Bücksicht  auf  ihre  gewaltige  Wasseroberfläche  erheblich  geringer  und  betragen  im  Durch- 
schnitt im 

Superiorsee  0,39  m, 

Michigan-  und  Huronsee  0,32  m, 

Eriesee  0,40  m  und 

Ontariosee  0,48  m. 

Diese  Seen  haben  aber  auch  zusammen  eine  Oberfläche  von  251700  qkm,  d.  h. 
beinahe  halb  soviel,  wie  das  deutsche  Reich,  so  dass  eine  Erbebung  des  Wasserspiegels 
von  0,30  m  schon  eine  aufgespeicherte  Wassermenge  von  75510  Millionen  cbm  ergibt. 

Bezeichnet  man: 

die   höchste   durchschnittliche   sekl.  Abflussmenge   während  einer 

Hochflut  mit  Qm*x  in  cbm 

die  aus  der  Wassermengenkurve  der  Hochflut  berechnete  durchschnitt- 
liche sekl.  Zuflussmenge  mit  Z       in  cbm 
die  Spiegelhöhe  über  dem  Nullpunkt  am  Pegel  des  höchsten  nor- 
malen Staus,  welche  bei  Eintritt  des  Hochwassers  als  vorhanden 
angenommen  wird  mit  Ht     in      m 
die  höchste  zulässige  Stauhöhe  mit                                                                  Hg      in      m 
die  mittlere  Seeoberfläche  über  dem  normalen  Stau  mit                                0         in  qm 
und  die  Zeit,  während  welcher  die  höchste  Hochflut  verläuft  mit                 t        in  Sek. 

so  muss  sein 

Z .  t  =i=  (H,  — HJ .  0  +  Qm« .  t . 


alsoH,  =  H t  +  (Z~^mJL)  . t. 


i>8)  P.  Gerhardt,  Handbuch  d. Ing.-Wissenscb.  Dritter  Teil.  Wasserbau.  4.  Aufl.  1.  Bd.  R  HO. 
M9)  Wetli,  Die  Bewegung  des  Wasserstandes  im  Züricher  See. 

uo)  Beutel i,  Die  Niveauaehwankungen  in  den  13  grosseren  Schweizer  Seen  von  J 867— 1886. 
Mitteilungen  der  naturforecbenden  Gesellschaft  in  Bern.  1888. 


§    4.  Die  technischen  Vorarbeiten.  223 


i  einer  Gestalt  der  Hochflut-Wassermengenkurve  nach  Abb.  34  würde  die  Zeit  t, 
e   jn  der  Figur  gekennzeichnet,  zu  wählen  sein.    In  der  obigen  Formel  ist  voraus- 
gesetzt,  dass  die  baulichen  Einrichtungen    eine   derartige  Regelung  des  Abflusses  zu- 
n,   dass  von  Beginn  der   Hochflut  an  bis    zum  Ablauf  derselben  durchschnittlich 
sekl.  zum  Abflugs  gebracht  werden  kann. 


IL  Die  baulichen  Einrichtungen. 

Die  baulichen  Einrichtungen  zur  Regelung  des  Stauinhaltes  eines  Sees  bestehen 
wesentlichen  darin,  dass  man  alle  erkennbaren  Abflüsse  so  weit  als  möglich  durch 
Dämme  oder  Mauern  schliesst.  Ferner  darin,  dass  man  an  einer  oder  mehreren  Stellen 
durch  Anbringung  von  Schützen  oder  Schiebern,  sowie  von  selbstätigen  Überläufen  in 
und  auf  den  Abschluss werken  die  sekl.  Abflussmengen  regelbar  macht,  schliesslich  darin, 
datss  man  den  Abflusswasserlauf  entsprechend  der  grössten  sekl.  Wassermenge  korrigiert. 

Die  Grösse  der  Schützenöffnungen  ist  so  zu  wählen,  dass  die  grösste  für  das 
Projekt  zugrunde  gelegte  sekl.  Abflussmenge  bei  dem  normalen  Stau  noch  hindurch- 
fliessen  kann.  (Über  die  Berechnung  von  Schützenöffnungen,  vergl.  Kap.  III,  1  A,  „Wehre" 
und  Kap.  III,  3,  „Schützen".) 

Die  Krone  der  neben  den  Regulierungsschützen  stets  vorzusehenden  Überläufe 
wird  in  der  Regel  auf  den  normalen  Stauspiegel  zu  legen  sein.  Ist  man  in  der  Wahl 
der  Höhe  H8,  bis  zu  welcher  der  höchste  Wasserspiegel  über  den  normalen  Stau  an- 
steigen darf,  gebunden,  H,  also  gegeben,  dagegen  in  der  Wahl  der  grössten  sekl. 
Abflussmenge  mit  Rücksicht  auf  die  Verhältnisse  im  Unterlauf  frei,  so  wird  man  die 
letztere  gleich  der  grössten  sekl.  Zuflussmenge  wählen191)  und  daraus  die  Überlaufbreite 

3  Z 
b  berechnen.    Setzt  man  für  Ho  —  H,  =h,  so  ist  b  =  - — —  ™^.-_=r=.     Diese  grösste  sekl. 

2  n  h  V2  g  h  ° 

Menge  Zm^  braucht  man  aber  nicht  gleich  der  Scheitelgrösse,  sondern  etwa  gleich  der 

durchschnittlichen  eines  Tages  während  der  höchsten  Zuflüsse  oder  wenn  das  Seebecken 

verhältnismässig  klein  ist,  gleich  der  durchschnittlichen  einer  kleineren  Zeitperiode,,  z.  B. 

von  12  oder  6  Stunden  anzunehmen.    Man  hat  dann  die  absolute  Sicherheit,  dass  der 

Wasserspiegel  die  gewollte  höchste  Stauhöhe  nur  um  kleine  Werte  übersteigen  kann, 

welche  leicht  zu  übersehen  sind  und  meistens  vernachlässigt  werden  dürfen. 

Ist  man  dagegen  in  der  Wahl  der  grössten  Stauhöhe  H,  frei,  aber  in  bezug  auf 
die  grösste  Abflussmenge  Qnax,  gebunden,  Qmax  also  gegeben,  so  wird  man  zunächst  die 
Stauhöhe  H,  und  die  Überfallhöhe  h  aus  den  Formeln 

Hf  =  H1  +  ^^n^)j^  und  h  =  Ho— Et 

ermitteln  und  dann  die  Breite  des  Überfalls  b  mit  Berücksichtigung  von  Q».~  berechnen. 
Dabei  muss  allerdings  eine  Bedienung  der  Schützen  in  der  Weise  vorausgesetzt  werden, 
dass  von  Beginn  der  Hochflut  an  Qmmx  abgelassen  wird  und  dass  während  des  Ansteigens 
des  Sees  die  Schützen  gedrosselt  werden,  bis  sie  endlich  beim  höchsten  Stauspiegel 
vollständig  geschlossen  sind. 

Wegen  der  baulichen  Einrichtung  von  Überfallen  wird  auf  Beispiele  in  Kap.  II, 
sowie  wegen  der  Bestimmung  des  Beiwertes  ju  zur  Berechnung  der  Überfallbreite 
auf  Kap.  III,  1  A  „Wehre"  und  auf  Kap.  III,  2  „Werkkanäle"  verwiesen. 


i*i)  Dieselbe  iat  aus  der  Waseermengenkurve  der  höchsten  Fiat  zu  entnehmen,  vgl.  Abb.  34. 


224  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Man  hat  vielfach  versucht,  die  Schützen  an  solchen  Regulierungswerken 
nisch  selbstwirkend  einzurichten.  Alle  derartigen  Vorrichtungen  sind  aber  nicht  sicher 
genug  und  es  wird  deshalb  empfohlen,  die  Hebung  und  Senkung  der  Schieber  und 
Schützentafeln  entweder  von  Hand  oder  auf  elektrisch-mechanischem  Wege  vorzusehen. 
Im  letzteren  Falle  können  auch  selbstwirkende  Einrichtungen  mit  Erfolg  verwendet 
werden,  vergl.  Kap.  EI,  3  „Schützen". 

Da  eine  Seereguüerung  einerseits  meistens  nicht  allein  für  ein  bestimmtes  Kraft- 
werk, sondern  auch  für  alle  ober-  und  unterliegenden  Triebwerke  die  Vorteile  besseren 
Ausgleichs  der  sekl.  Wassermengen  bietet  und  ferner  in  der  Regel  mit  derselben  See- 
regulierung zahlreiche  andere  Verbesserungen,  sei  es  in  hygienischer  Beziehung  oder  für 
landwirtschaftliche  Zwecke  oder  für  die  Verminderung  der  Hochwassergefahren  etc.  ver- 
bunden sind  und  da  andererseits  die  Kosten  oft  so  beträchtliche  werden,  dass   sie  ein 
Interessent  allein  nicht  tragen  kann,  so  entsteht  die  Aufgabe,  alle  diese  Vorteile  mög- 
lichst zahlenmäßig  darzustellen  und  auf  die  einzelnen  Interessenten  in  angemessener 
Weise  zu  verteilen.    Die  Heranziehung  der  Interessenten  zu  der  Anteilnahme   an   den 
Kosten  macht  aber  meistens  die  grössten  Schwierigkeiten  und  erfordert  ausserordentlich 
viel  Zeit.    Als  bester  Weg  zum  Ziele  zu  gelangen,  bietet  sich  meist  die  Bildung  von 
freien  und,  sofern  die  gesetzlichen  Bestimmungen  es  erlauben,  von  Zwangsgenossenschaften, 
in  welcher  Beziehung  auf  §  2  dieses  Kapitels  verwiesen  werden  kann. 

III.  Beispiele. 

Nachdem  nun  die  Vorarbeiten  und  die  baulichen  Einrichtungen  bei  Seeregulie- 
rungen besprochen  sind,  mögen  noch  einige  speziell  hierher  gehörige  Beispiele  kurz 
skizziert  werden: 

a)  Die  Regulierung  des  Genfer  Sees  ist  von  der  Stadt  Genf  im  Anfang 
der  achtziger  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts  unternommen  worden,  weil  die  Höhe  der 
Niveaudifferenz  von  2,60  m  zu  schweren  hygienischen  Nachteilen  für  die  Stadt  und  ihre 
Umgebung  geführt   hatte   (vergl.  Kap.  II,   15,  Beschreibung   der  Wasserkraft -Anlage 
Chevres).    Der  Genfer  See  liegt  etwa  372,0  m  über  dem  Meere  und  hat  eine  Oberfläche 
von  582,36  qkm.    Durch  die  Regulierung  ist  die  grösste  Niveaudifferenz  auf  0,60  m  be- 
schränkt.   In  dieser  können  noch  rund  349500000  cbra  zum  Ausgleich  der  sekL  Ab- 
flussmenge aufgespeichert  werden  und  es  ist  dadurch   erreicht,   dass  man  die  frühere 
sekl.  Wassermenge  bei  N.W.  von  50  cbm  auf  100  cbm  gehoben  hat     Durch  diesen 
ausserordentlich  wirksamen  Ausgleich  hat  nicht  allein  die  Stadt  Genf  bei   ihren  Kraft- 
anlagen in  Coulouvreniere    und  Chevres    gewonnen,   sondern   auch   alle   weiter  unten 
liegenden  schweizerischen  und  französischen  Kraftwerke,  aber  die  Kosten  hat  die  Stadt 
Genf  im  wesentlichen  allein  getragen,  da  die  direkten  Vorteile  aus  der  Regulierung  für 
sie  allein  gross  genug  waren,  um  die  Ausgabe  zu  rechtfertigen. 

b)  Der  Lac  d'Annecy18*)  (Haute  Savoie,  Frankreich),  welcher  446,52  m  über 
dem  Meere  liegt  und  dessen  Oberfläche  ca.  2  700  ha  misst,  wurde  bereits  in  den  sieb- 
ziger Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts  nach  einem  Projekt  des  Ingenieurs  Carnot 
(späteren  Präsidenten  der  Republik)  reguliert.  Bei  dieser  Regulierung  hatte  man  aber 
zu  grosse  Zuflüsse  angenommen  und  die  Regulierungs-Bauwerke  auf  zu  grosse  sekl.  Ab- 
flüsse eingerichtet,  so  dass  der  beabsichtigte  Ausgleich  nicht  erzielt  wurde. 


i")  Albert  Crolard,   Lm  regulisation  du  d6bit  des  cours  d'eau  par  le  moyen  dee  bei  etc. 
Compte  rendu  des  travaux  du  Congres  de  )a  Hoaille  Blanche,  Premier  Volume  S.  196,  Grenoble  1902. 


§  4.  Die  technischen  Vorabbetten.  225 

^Nach  neueren  Projektstudien,  welche  von  einem  Syndikat  von  Interessenten 
während  der  Jahre  1899 — 1901  vorgenommen  wurden,  stellte  man  die  mittlere  Jahres- 
Regenhöhe  der  drei  Jahre  auf  dem  27040  ha  grossen  Vorflutgebiet  auf  1355  mm  fest128). 
Von  diesen  Niederschlägen  gelangten  im  Durchschnitt  etwa  58%  in  den  See.  Es  ergab 
sich  daraus  eine  mittlere  sekl.  Zuflussmenge  von  6,9  cbm  oder  25,5  1/qkm.  Die  kleinste 
Znflnssmenge  wurde  auf  1,5  cbm  oder  5,54  1/sek.  pro  qkm  ermittelt.  Während  vor  der 
ersten  Regulierung  die  grösste  Niveaudifferenz  des  Sees  1,06  m  betragen  hatte,  sieht 
das  Projekt  eine  höchste  Differenz  von  0,80  m  vor,  von  welcher  0,65  m  als  Ausgleich- 
raum  für  die  Auffüllung  der  Niedrig-Wassermenge  und  0,15  m  für  die  Aufnahme  grösster 
Flutwellen  des  Zuflusses  dienen  sollen.  Nach  den  Kurven  der  täglichen  sekl.  Zuflüsse 
kann  man  durch  den  Ausgleichsraum  von  17550000  cbm  die  sekl.  Wassermenge  bei 
N.W.  von  1,5  cbm  während  einer  Periode  von  80  Tagen  auf  5  cbm  bringen. 

c)  In  seinem  „Bericht  über  die  Wasserverhältnisse  Ostpreussens 
und  deren  Ausnützung  zu  gewerblichen  Zwecken"   weist  O.  Intze  nach, 
dass  man  aus  der  mit  dem  Mauer-  und   dem  Spirding-See  in  gleicher  Höhe  liegenden 
Seengruppe  der  Masurischen  Seen,  welche  unter  sich  durch  Kanäle  verbunden  ist  und 
eine  Oberfläche  von  319  qkm  hat,  bei  einer  mittleren  jährlichen  Regenhöhe  von  575  mm 
in   dem  trockensten  Jahre  noch  12  cbm/sek.  während  3600.  Arbeitsstunden  im  Jahre  er- 
zielen kann,  nachdem  alle  für  die  vorhandenen  Triebwerke  notwendigen  Wassermengen 
abgezogen  sind.    Durch  Messungen  ist  festgestellt,  dass  aus  den  Seen  von  der  mittleren 
Regenhöhe   im  Jahresdurchschnitt  30°/o  zum  Abfluss  kommen.    Bei   dem  Intzeschen 
Projekt  ist  es  noch  möglich,   die  höchste  Fluthöhe  der  Seen,  welche  für  die  anliegenden 
Ländereien  erhebliche  Nachteile  im  Gefolge  hat,  um  0,20  bis  0,30  m  tiefer  zu  halten. 
Als  günstigste  Lösung  für  die  Errichtung  eines  Kraftwerkes  fand  Intze  die  Verlegung 
desselben   an   den  Engelsteiner    See,   welcher  35,0  m   tiefer  liegt,   als   der  Mauer  See. 
Rechnet  man  mit  einem  Nutzgefälle  von  33,0  m,   so  würde  man  mit   12  cbm/sek.   für 
3600  Arbeitsstunden  im  Jahre  rund  4000  PSe  gewinnen   können.     Die  Kosten  sind   auf 
2600000  Mk.  veranschlagt,  d.  h.  auf  Mk.  650,0  für  die  effektive  PS,  bezogen  auf  3600 
Arbeitsstunden  jährlich. 

d)  Aus  der  auf  Seite  182/183  gegebenen  Tabelle  Nr.  XXII,  welche  dem  Bericht  von 
Prof.  Holz  „Über  die  Wasserverhältnisse  der  Provinz  Westpreussen*  ent- 
nommen und  durch  die  gleichfalls  aus  dem  Bericht  entnommenen  Hochwassermengen 
vom  Verfasser  ergänzt  ist,  erkennt  man  zunächst  aus  dem  verhältnismässig  kleinen 
Schwankungen  zwischen  der  N.W.-Menge  und  H.W.-Menge  die  ausgleichende  Wirkung 
der  Seen  in  ihrem  natürlichen  Zustande.  Man  sieht  ferner,  wie  durch  die  Regulierung 
der  Seen  diese  ausgleichende  Wirkung  noch  erheblich  gesteigert  werden  kann  Je  nach 
der  Grösse  der  Seen  im  Verhältnis  zum  Gesamt-Vorflutgebiet  kann  die  N.W.-Menge  in 
l/sek./qkm  um  das  1,14  fache  bis  zu  dem  3,2  fachen  gesteigert  werden.  Die  Zahlen  in  den 
Spalten  17  und  18  der  erwähnten  Tabelle  beziehen  sich  auf  24 stündigen  Abfluss,  was 
noch  besonders  hervorgehoben  werden  muss.  Es  ist  aber  gerade  der  grosse  Vorteil 
solcher  Sammelbecken  mit  regulierbaren  Abflüssen,  dass  man  die  grösste  Wasserökonomie 
durchführen  kann  und  das  Wasser  nicht  gleichmässig  während  der  24  Stunden  ablaufen 
zu  lassen  braucht.  Man  kann  sich  vielmehr,  abgesehen  von  einer  gewissen  minimalen 
sekl.  Wassermenge,  welche  meistens  mit  Rücksicht  auf  .die  Hechte  Dritter  immer  ab- 
gelassen werden  muss,  ganz  nach  dem  Betriebe  richten  und  z.  B.  für  einige  Stunden  des 


123)  Die  mittlere  Regenhohe  aus  30jfthrigen  Beobachtungen  war  früher  in  1278  mm  ermittelt 

Handbuch  der  Ing.-WiMenfloh.    HI.  Tefl.    13.  Bd.  15 


326  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Tages  w&hrend  des  grössten  Kraftbedarfes  ein  mehrfaches  der  durchschnittlichen 
an  Kraft  abgeben. 

e)  Die  beiden  grossen  Wasserkraftanlagen  bei  Vizzola  und    Tur- 
bigo   der  Societa  Lombarda  per  Distribuzione   di  Energia  Elettrica, 
welche   im  Kap.   II,    1  nnd  2    beschrieben   werden,    verdanken    ihr   verhall 
grosses  nnd  gleichmässiges  sekl.  Wasser  der  regulierenden  Wirkung  des  Lago 
Beiläufig  bemerkt  liegen  ähnlich  günstige  Verhältnisse  auch  für  das  bekannte 
Werk  der  Mailänder  Edison- Gesellschaft  bei  Paderno  an  der  Adda  vor,  weil  die  seid. 
Wassermenge  der  Adda  durch  den  Lago  di  Gomo  ausgeglichen  wird.    Schon  seit  An- 
fang der  neunziger  Jahre  ist  von  der  Besitzerin  des  sogenannten  Villoresi-Kanals,   der 
Societa  Italiana  per  Gondotte  d'Aqua,  projektiert,  den  Lago  Maggiore  mit  einer    Ober- 
fläche von  212,0  qkm  durch  Errichtung  eines  Wehres  an  seinem  Ausflusse  zu  regulieren 
und  zum  Ausgleich  der  regelmässig  im  Winter  eintretenden  niedrigen  Wassennengen 
einen  nutzbaren  Stauraum  von  0,60  m  Höhe  zu  schaffen.  Durch  denselben  könnte  wahrend 
90  Tagen  die  bisherige  kleinste  Abflussmenge  um  ca.  15,5  cbm/sek.  nach  Abzug  aller  Ver- 
luste ffir  Verdunstung  etc.  vergrössert  werden.  Da  die  Periode  des  N.W.  immer  im  Winter 
eintritt,  so  spielt  die  Verdunstung  keine  erhebliche  Rolle.    Nimmt  man  an,  dass  von  den 
obengenannten  15,5  cbm/sek.  etwa  5,5  cbm  für  den  Villoresi-Kanal  und  sonstige  landwirt- 
schaftliche Zwecke  und  10,0  cbm  für  Kraftzwecke  verwendet  würden,  so  könnte  mit  diesen 
10  cbm  die  ständige  Leistung  der  unterhalb  der  Wehrstelle  bereits  ausgeführten  oder  projek- 
tierten Wasserkraftanlagen  im  ganzen  um  etwa  7000  PS«  erhöht  werden,  weil  das  ge- 
samte Nutzgefalle,  wenn  man  die  einzelnen  Gefällstufen  addiert,  etwa  70,0  m  ausmacht. 
Die  Begulierungskosten  des  Sees  sind  auf  etwa  2,5  Millionen  Lire  veranschlagt,  so  dass 
auf  die  PS,  rund  360  Lire  entfallen  wurden.   Das  ist  ein  verhältnismässig  geringer  Preis, 
wenn  man  bedenkt,  dass  es  sich  um  eine  ständige  Wasserkraft  handelt.    Ausserdem 
könnten,  wie  gesagt,  der  Villoresikanal  und  andere  Bewässerungsanlagen  am  Tessin  ans 
der  Regulierung  Vorteil  ziehen,  weil  sich  der  jetzige  winterliche  Wassermangel  sehr  oft 
noch  bis  in  den  Monat  März  ausdehnt,  wo  eine  Bewässerung  der  Wiesen  und  Felder 
besonders  erwünscht  ist.    Es  könnte  natürlich  auch  die  für  Bewässerungszwecke  ver- 
füg bare  sekl.  Wassermenge  von  5,5  auf  16,5  cbm  erhöht  werden,  wenn  man  anstatt 
90  Tage  nur  30  Tage  Zuschüsse  aus  dem  Stauraum  entnimmt.    Die  grosse  Schwierig- 
keit, dieses  Projekt  zur  Ausführung  zu  bringen,  liegt  zum  Teil  darin,  dass  zwei  Staaten, 
die  Schweiz  und  Italien,  interessiert  sind,  aber  noch  mehr  in  dem  Umstände,  dass    es 
noch  immer  nicht  gelingen  will,  die  verschiedenen  Interessenten,  zu  denen  auch  die 
Provinz  Mailand  und  eine  ganze  Reihe  von  einzelnen  am  Tessinufer  gelegenen  Gemeinden 
gehören,  zu  einer  ihren  Vorteilen  entsprechenden  Anteilnahme  an  den  Kosten  heran- 
zuziehen.   Das  Projekt,  welches  wie  bereits  erwähnt,  seit  Anfang  der  neunziger  Jahre 
des  vorigen  Jahrhunderts  fertig  ist,  könnte  leicht  in  zwei  Jahren  ausgeführt  werden,  die 
Verhandlungen  aber  über  den  Ausführungsplan  und  besonders  über  die  Kostenverteilung 
werden  wohl  das  Zehnfache  und  mehr  der  voraussichtlichen  Bauzeit  erfordern. 

f)  Durch  die  Regulierung  der  Lacs  de  Joux  et  Brennet,  Kanton 
Waadt,  Schweiz  (vergl.  Kap.  II,  17)  konnte  nicht  allein  die  6,10  m  betragende  Schwan- 
kung des  Seespiegels  auf  3,50  m  ermässigt,  sondern  es  konnte  auch  ein  für  die  Regu- 
lierung der  sekl.  Wassermenge  verwendbarer  Stauraum  von  30000000  cbm  geschaffen 
werden.  Die  Oberfläche  der  beiden  Seen,  welche  hauptsächlich  durch  die  Zuflüsse  der 
Orbe  gespeist  werden,  beträgt  ungefähr  10,0  qkm  und  liegt  etwas  mehr  als  1000,0  m 
über  dem  Meere.  Die  grösste  Tiefe  der  Seen  beträgt  34,0  m,  das  Yorflutgebiet  211,0  qkm. 
Die  beiden  Seen  haben  die  Eigentümlichkeit,  dass  das  Wasser  nicht  in  einem  offnen 


§  4.  Die  technischen  Vorabbbtten.  227 

Flosse  abfliesst,  sondern  zum  Teil  seinen  Weg  unterseeisch,  zum  Teil  durch  13  natür- 
liche Überläufe  (Entonnoirs),   deren  Wasser  alsbald  in  den  Spalten  der  umgebenden 
Felsen  verschwindet,  nimmt.    Erst  3—11  km  unterhalb  tritt  es  wieder  aus  dem  Felsen 
jus    Quellen  hervor  und  vereinigt  sich  zu   dem  Qrbeflusse.    Als  kleinste  Zuflussmenge 
wurde  auf  Grund  der  Vorarbeiten  460  1  oder  2,14  l/sek./qkm  angenommen.    Die  grösste 
Hochflut  veranlasste  eine  Hebung  des  Seespiegels  um  1,80  m  innerhalb  von  10  Tagen 
und  zwar  im  Oktober  1865.    Es  sind  daher  in  diesen  Tagen  18000000  cbm  oder  durch- 
schnittlich 21  cbm/sek.  oder  rund  99  l/sek./qkm  zugeflossen.    Die  Beobachtung  des  See- 
w&sserspiegels  hat  gezeigt,  dass  ziemlich  regelmässig  während  eines  Jahres  zwei  Niedrig- 
wasser-Perioden eintreten  und  zwar  am  Ende  des  Winters  zwischen  Anfang  Januar  und 
Anfang  April  und  im  Herbst  zwischen  Ende  September  und  Mitte  Dezember.     Ganz 
regelmässig  treten  reichlichere  Zuflüsse  in  den  Monaten  von  Mitte  April  bis  Mitte  August 
infolge  der  Schneeschmelze  ein.     Die  sekl.  Abflüsse  konnte  man  in  den  sogenannten 
Entonnoirs  durch  Messung  einigermassen  feststellen,  die  unterirdischen,  nicht  sichtbaren 
Abflüsse  aber  nur  aus  den  Beobachtungen  des  Seespiegels  und  den  Vergleich  mit  den 
zum  Teil  geschätzten  Zuflüssen  und  den  gemessenen,   sichtbaren  Abflüssen  schätzen. 
Während  früher  der  See  zwischen  den  Höhenkoten  1011,0  und  1004,90  schwankte,  hat 
man  jetzt  das  höchste  Niveau  auf  1008,60  und  das  niedrigste  auf  1005,0  festgelegt. 
Wenn  bei  Eintritt  einer  Trockenperiode  der  ganze  Stauraum  von  30000000  cbm  gefüllt 
ist,  so  kann  man  während  120  Tagen  2,9  cbm/sek.  zur  Auffüllung  des  Wassers  der  Orbe 
verwenden,  in  der  Annahme,  dass  der  geringste  Zufluss  von  0,450  cbm/sek.  durch  unter- 
irdische Abflüsse  und  Verdunstung  verloren  geht.    Der  Stauraum  der  Seen  stellt  sich 
bei  den  einzelnen  Stauspiegeln  wie  folgt: 

Hohe  des  Wasserspiegels  Über  N.N.  Inhalt  des  Stauraames  in  cbm. 

1005,0  0 

1006,0  8200000 

1007,0  16900000 

1007,5  21500000 

1008,0  25200000 

1008,5  30000000. 

Wenn  der  Stauspiegel  bei  Eintritt  einer  Trockenheit  auf  1007,0  läge,  so  würde 
aus  dem  Stauinhalt  von  16900000  cbm  noch  ein  Zuschuss  zum  Wasser  der  Orbe  von 
1,6  cbm/sek.  während  120  Tagen  gegeben  werden  können.  Die  Beobachtungen  des  See- 
Wasserspiegels  und  der  Zu-  und  Abflüsse  haben  gezeigt,  dass  man  während  des  Betriebes 
bei  richtiger  Bedienung  der  Schützen  in  der  Lage  sein  wird,  den  Wasserspiegel  bei  Ein* 
tritt  der  Trockenheit  ungefähr  auf  1008,0  zu  halten.  Das  Nutzgefälle  zwischen  dem  See- 
sptegel  und  der  Orbe  unweit  ihres  Austritts  aus  dem  Felsen  beträgt  234,0  m,  wenn 
der  Stauspiegel  des  Sees  bei  Beginn  der  Trockenperiode  auf  1008,50  liegt,  so  dass  man 
bei  24  stündigem  Betriebe  während  120  Tagen  allein  aus  dem  Stauinhalt  noch  rund 
6700  PS«  leisten  kann.  Da  man  in  Wirklichkeit  keinen  gleichmäßigen  24  stündigen 
Betrieb  hat,  erhöht  sich  die  Leistung  entsprechend  einer  kürzeren  Betriebsdauer.  Die 
Benutzung  des  Sees  als  Sammelbecken  gestattet  überdies  beliebige  Schwankungen  in 
der  Kraftmenge  während  eines  Tages  ohne  alle  Wasservergeudung.  Die  Regulierung 
ist  so  durchgeführt,  dass  man  den  Werkkanal  für  21  cbm/sek.,  d.  h.  für  den  durch- 
schnittlichen Zufluss  während  einer  höchsten  Flutperiode  eingerichtet  hat.  Die  Schützen- 
anlage am  Einlauf  des  Werkkanals  liegt  mit  der  Sohle  1,50  m  unter  dem  tiefsten 
Wasserspiegel.   (Näheres  vergl.  Kap.  II,  17.)    Alle  13  natürlichen  Überläufe  sind  durch 

15* 


218  L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

zu  berücksichtigen.  Es  können  naturlich  bei  Einzelfällen  noch  andere  besondere  Rück- 
sichten ausschlaggebend  sein,  aber  es  ist  unmöglich  und  unnötig,  diese  hier  alle  Auf- 
zuführen. 

a)  Die  geologische  Beschaffenheit  der  Ufer  muss  besonders  todi  Gesichts- 
punkte der  Durchlässigkeit  untersucht  werden,  um  festzustellen,  ob  die  Wasserverlaste 
durch  Versickerung  oder  direkte  unterirdische  Abflüsse  bei  höheren  Wasserständen  nicht 
erheblich  wachsen.  Undichtigkeiten  der  Ufer  können  unter  Umständen  alle  Rechnungen 
illusorisch  machen.  Die  örtliche  Feststellung  solcher  Undichtigkeiten  ist  meistens  sehr 
schwierig,  sofern  sie  nicht  so  stark  sind,  dass  man  in  der  Bewegung  der  Wasserober- 
fläche ihre  Wirkung  erkennt. 

Das  sicherste  Mittel  zur  tatsächlichen  und  quantitativen  Feststellung  der  Undich- 
tigkeiten ist  die  provisorische  Schliessung  der  offenen  Abflussteilen  und  Anstauung  des 
Seespiegels  auf  die  projektierte  Höhe.    Durch  die  Beobachtung  des  Seespiegels,  durch 
die  Messung  der  Abflüsse  mittelst  genauer  Schützenöffnungen,  welche  in  dem  provisori- 
schen Abflusswerk   anzulegen   sind,   sowie  durch  die  Messung   der  Zuflüsse  und   Ver- 
dunstungen kann  man  dann  die  Undichtigkeiten  feststellen.  Aber  dieses  Mittel  wird  der 
Kosten  wegen  nur  selten  und  zwar  bei  kleineren  Verhältnissen  anwendbar  sein.    Es  ge- 
nügt aber  auch,  möglichst  bei  regenfreier  Zeit,  die  möglichst  genaue  Messung  der  offenen 
Abflüsse  und  Zuflüsse  und  die  Beobachtung  des  Wasserspiegels  im  See  vorzunehmen, 
wenn  der  Seespiegel  sich  auf  natürliche  Weise  infolge  stärkerer  Zuflüsse  in  der  beab- 
sichtigten Stauhöhe   befindet.     Die   direkten   unterirdischen   Zuflüsse   durch 
das  Grundwasser  sind  im  allgemeinen  nicht  so  bedeutend,  dass  sie  nicht  vernach- 
lässigt werden  könnten.   Findet  die  Senkung  des  Wasserspiegels  schneller  statt,  als  dem 
Abfluss  +  Verdunstung  —  Zufluss  entsprechen  würde,  so  wird  man  auf  Undichtigkeiten 
schliessen  und  auch  den  Einfluss  derselben  in  cbm  ungefähr  ermitteln  können. 

Ein  weiteres  Mittel  ist  die  Beobachtung  aller  kleinen  Rinnsale  in  der  Umgebung 
des  Sees,  deren  Speisung  durch  Sickerwasser  aus  dem  See,  ihrer  Höhenlage  nach  mög- 
lich ist.  Tritt  bei  höheren  Wasserständen  im  See  ein  vermehrter  Abfluss  in  solchen 
Rinnsalen  auf,  so  ist  zunächst  die  Möglichkeit  ihrer  Speisung  durch  Seewasser  gegeben. 
Die  Tatsache  der  Speisung  kann  man  dann  unter  Umständen  durch  Temperaturmessungen 
des  Wassers  und  Vergleiche  mit  der  Seetemperatur  oder  durch  Färbung  des  Seewassers 
an  verdächtigen  Stellen  konstatieren.  Ist  die  Tatsache  zweifellos  festgestellt,  so  kann 
man  durch  vergleichende  Wassermengenmessungen  auch  Schlüsse  auf  die  sekL  Menge 
des  Seewassers  ziehen,  welches  den  festgestellten  unterirdischen  Weg  nimmt.  Die  genaue 
Nachfrage  bei  ortskundigen  Leuten  und  die  Mitarbeit  eines  Geologen  ist  hierbei  unent- 
behrlich. 

b)"Die  landwirtschaftliche  Kultur  der  Ufer  kann,  um  nur  ein  Beispiel  zu 
nennen,  in  der  Weise  eine  Rolle  spielen,  dass  während  der  sommerlichen  Niedrigwasserstände 
im  See  auf  den  trocken  gelegten  Uferflachen  unter  Umständen  Grasbau  getrieben  wird, 
welcher  durch  die  Seekorrektion  unmöglich  gemacht  werden  würde.  Es  wird  sich  also 
unter  Umständen  um  Schadenersatzansprüche  oder  um  die  Vergrösserung  des  Grund- 
erwerbs handeln. 

c)  Sehr  wichtig  können  die  hygienischen  Vorteile  einer  Seeregulierung  werden, 
besonders  wenn  grössere  bewohnte  Ortschaften  sich  in  der  Nähe  des  Seeufers  befinden. 
Es  gilt  allgemein  als  anerkannt,  dass  eine  möglichst  kleine  Schwankung  im  Grundwasser- 
stande für  die  gesundheitlichen  Verhältnisse  eines  Ortes  am  vorteilhaftesten  ist.  Man 
wird  deshalb,  wenn  die  Umstände  es  wünschenswert  erscheinen  lassen,  bestrebt  sein, 


§  4.  Die  technische»  Vorarbeiten.  219 

den  höchsten  Wasserstand  des  Sees  zu  erniedrigen  und  den  niedrigsten  Wasserstand  zu 
erhöhen,  um  die  Amplitude  der  Schwankung  im  Grundwasserstand  zu  verkleinern. 

d)  Da  es  schliesslich  stets  darauf  ankommt,  eine  Seekorrektion  mit  Geldmitteln  durch- 
zuführen, welche  noch  mit  dem  wirtschaftlichen  Nutzen  des  Unternehmens  in  einem 
richtigen  Verhältnis  stehen,  so  wird  man  die  Stauhöhe  schon  aus  diesem  Grund  so  zu 
wählen  haben,  dass  möglichst  geringe  bauliche  Veränderungen  am  Seeufer  nötig  sind 
und  die  Kosten  der  Abschlusswerke  in  vertretbaren  Grenzen  bleiben. 

Wenn  weder  die  hygienischen  Rücksichten  noch  die  Rücksicht  auf  die  Uferge- 
lände und  deren  Nutzung  bei  einer  Seeregulierung  mitsprechen,  kann  die  beste  Lösung 
auch  in  der  künstlichen  Vergrösserung  der  Differenz  zwischen  H.W.  und 
N.W.  gefunden  werden,  indem  man  entweder  durch  Errichtung  einer  Staumauer  oder 
eines  Staudammes  an  der  Ausflussmündung  den  alten,  höchsten  Stauspiegel  noch  erhöht, 
oder  indem  man  umgekehrt  den  Ausfluss  niedriger  legt,  also  den  niedrigsten  Wasser- 
stand vertieft,  oder  schliesslich,  indem  man  beide  Massregeln  vereinigt.  Sowohl  die  Er- 
höhung, als  auch  die  Erniedrigung  des  Wasserspiegels  über  die  natürliche  Grenze,  welche 
sich  im  Laufe  der  Zeit  herausgebildet  hat,  erfordern  aber  ein  sehr  gründliches  Studium 
der  Seeufer. 

Von  den  Untersuchungen  wegen  der  Durchlässigkeit  der  Ufer  oei  Erhöhung  des 
Seespiegels  war  schon  die  Rede.  Ebenso  wichtig  ist  die  Feststellung,  ob  und  wieweit 
Rutschungen  und  Uferabbrüche  durch  die  zeitweise  Veränderung  des  Wasserstandes  im 
See  und  infolge  deren  des  Grundwasserspiegels  zu  befürchten  sind.  Namentlich  bei 
Spiegelsenkungen  können  sich  durch  die  Vergrösserung  des  Gefälles  im  Grundwasser 
Rutschflächen  bilden  und  Uferteile,  welche  bei  dem  alten  N.W.  noch  im  Gleichgewicht 
waren,  ins  Rutschen  geraten. 

Meistens  werden  sich  mit  den  Seekorrektionen  neben  der  Kraftgewinnung  auch 
noch  andere  wesentliche  Vorteile  erzielen  lassen. 

Von  dem  hygienischen  Vorteil  der  Regulierung  des  Grundwasserstandes  war  schon 
die  Rede. 

Durch  die  Herabsetzung  des  höchsten  Wasserstandes  wird  man  nicht 
selten  grössere  Flächen  der  dauernden  wirtschaftlichen  Benutzung  zuführen  können  und 
damit  Vorteile  für  die  Uferbesitzer  erzielen,  welche  unter  Umständen  die  Nachteile  des 
höheren  normalen  Staus  mehr  als  aufwiegen. 

Mit  der  Aufspeicherung  des  Wassers  für  Kraftzwecke  lassen  sich  meistens  auch 
Wassermengen  für  Berieselungszwecke  und  für  Wasserversorgungen  eto  gewinnen.  — 

Bei  der  Feststellung  des  Stauraumes,  den  man  für  die  Auffüllung 
der  nutzbaren  sekl.  Wassermenge  bei  N.W.  zu  einer  gewünschten  Zahl 
in  cbm/sek.  gebraucht,  sind  weiter  noch  zwei  Gesichtspunkte  zu  be- 
achten, von  denen  bis  jetzt  noch  nicht  die  Rede  war. 

In  erster  Linie  ist  hier  hervorzuheben,  dass  man  meistens  gezwungen  sein  wird, 
im  Interesse  der  Fischerei  und  aus  Rücksicht  auf  Wassernutzungsrechte  Dritter,  sei  es 
im  landwirtschaftlichen  Betriebe,  sei  es  für  Triebwerke,  eine  minimale  sekl.  Wassermenge 
standig  abfliessen  zu  lassen,  gleichgültig  ob  bei  einem  projektierten  Werke  ein  ständiger  Kraft- 
bedarf vorliegt  oder  nicht.  Für  die  Bestimmung  dieser  minimalen  sekl.  Wassermenge  werden 
die  aus  den  Wassermengenmessungen  und  Wasserstandsbeobachtungen  gewonnenen  und  aut- 
getragenen Kurven  der  täglichen  durchschnittlichen  sekl.  Abflussmengen  die  nötigen  und 
sicheren  Anhaltspunkte  geben,  insoweit  es  sich  um  Durchschnittswerte  handelt.  Hierbei  wird 
man  aus  praktischen  Gründen  nicht  alle  täglichen  Veränderungen  berücksichtigen  können, 


230  L    Theodor  Kobhn.     Ausbau  ton  Wasserkräften.     Alloeheikes. 

sprechend  zwei  Dritte)  nach  Domene  geführt  werden.  In  der  Nähe  des  Lac  Cimet 
liegt  der  Lac  Blanc,  welcher  durch  einen  Tunnel  mit  dem  Lac  Crozet  verbanden  werden 
soll.  Das  Projekt"  für  die  Regulierung  des  Lac  Crozet  besteht  darin,  den  natürlichen 
Abflass  dnrch  eine  Mauer  zu  sperren  and  dadurch  den  Wasserspiegel  um  7,0  m  über 
seine  jetzige  Höhe  zn  erheben.  Schon  1897  war  für  eine  Wasserkraftanlage  in  Lancer 
ein  Tunnel  angelegt,  welcher  24,8  m  unter  dem  bisherigen  höchsten  Niveau  des  Sees 
ausmündet  und  die  Verwendung  des  Seeinhaltes  für  Kraftzwecke  gestattet.  Dnrch  den 
Stau  von  7,0  m  glaubt  mau  wahrend  der  drei  Wintermonate,  in  denen  bisher  Kraft- 
mangel  eintrat;  die  geringste  sekl.  Wassermenge  auf  300  1/sek.  bringen  za  können '"). 
Bis  1902  war  die  gewonnene  Kraft  nur  in  dem  Kraftwerk  von  Lancey  mit  einem  Nutz- 
gefälle  von  500,0  m  ausgenützt.  Das  Projekt  sieht  aber  zwei  weitere  KrafthJwiser 
(vergl.  Abb.  35  u.  36)  mit  425,0  nnd  750,0  m  Nutzgefälle  vor.  Mit  300  1/sek.  konnte 
man  in  allen  drei  Krafthäusern  rund  5000  PS.  erzeugen.  Aach  hier  sind  vor  den 
beiden  unteren  Kraftanlagen  kleinere  Ausgleichsbecken  vorgesehen,  damit  dieselben  ohne 
Wasservergeudnng  bei  Beginn  des  Tagesbetriebes  die  nötige  Wasserreserve  so  lange  vor- 
finden, bis  das  Wasser  aus  dem  obersten  Krafthause  zu  ihnen  gelangt. 

i)  Zum  Schlüsse  mag  noch  kurz  das  Projekt  der  Regulierung   des 
Lac  de  la  Girotte  erwähnt  werden,  welches  wegen  der  vorgeschlagenen 
Art  der  Ausführung  von  Interesse  ist.    Der  Doron  ist  ein  kleiner  Nebenfloss 
des  Arly,    welcher  an  dem  Abhänge  des  Mont 
Blanc  entspringt  und  unweit  von  Albertville  in 
die   Isere    einmündet.      Das   Vorflutgebiet    des 
Doron  bis  zum  Arly  beträgt  etwa  280  qkm, 
die  durchschnittliche  jährliche  Regenhöhe  etwa. 
1750  mm.     Der  Doron  durchfliegst  in  seinem 
oberen  Laufe  den  Lac  de  la  Girotte,  welcher 
auf  einer  Höhe  von  1736,0  m  über  dem  Heere 
liegt  and  eine  Oberfläche  von  568000  qm  bat. 
Die  regulierende  Wirkung  dieses  Sees  zeigt  sich 
bereits  darin,    dass  der  Doron  bei  kleinstem 
Wasser  noch  etwa  4  cbm  oder  rund  14  l/sek./qkm  fuhrt.     Das  Vorflutgebiet  des  Sees 
selbst  beträgt  etwa  4,644  qkm  und  die  durchschnittliche  jährliche  Regenhöhe  in  dem- 
selben liegt  etwa  auf  2000  mm.    Die  Seeufer  bestehen  aus  festen  undurchlässigen  Felsen. 
Man  hat  nun  projektiert,  von  einer  Stelle  aus,  welche  ungefähr  70,0  m  unterhalb  des 
Ausflusses  des  Doron  aas  dem  Lac  de  la  Girotte  liegt,  einen  Tunnel  nach  dem  See  zu 
treiben,  dessen  Scheitel  sich  15,0  m  unter  dem  normalen  Wasserspiegel  des  Sees 
befinden  soll.    Der  bisherige  Ausfluss  des  Sees  selbst  soll  derart  reguliert  werden,  dass 
kein  Wasser  selbstätig  durch  ihn  abfliesst,  solange  dieser  normale  Wasserspiegel  nicht 
überschritten  wird.     Auf  diese  Weise  schafft  man  ein  Ausgleichbecken  von  6520000  cbm, 
ans  welchem  man  die  niedrigste  sekl.  Wassermenge  des  Doron  bei  der  Mündung  während 
80  Tagen  auf  etwa  6 — 7  cbm/sek.  bei  24stündigem  Betriebe  erhöhen  kann,  indem  man  je 
nach  den  Wassermengen  im  Flusse  selbst,  Zuschüsse  von  500—3000  1/sek.  gibt.     Man 
hat  die  Ausführung,  und  das  ist  das  Interessanteste  an  dem  Projekt,   so  vorgesehen, 
dass  man  zunächst  den  Tunnel  G,  vergl.  Abb.  37,  macht,  alsdann  den  Schieberschacht 


i")  Du  Projekt  rührt  von  dem  Indnstrieilen  A.  Berges  her,  welcher  den  1908  in  GroveMo 
abgehaltenen  Congree  de  la  Hooillo  Blanche  angeregt  hat.  Ob  dae  Projekt  iniwieehen  aoageflhrt  ward«, 
iet  dem  Verfaater  nicht  bekannt  geworden. 


§  4.  Die  technibchen  Vorarbeiten.  231 

P  ba>ut  und  schliesslich  vor  dem  Schacht  das  Gebirge  bei  A  von  oben  beginnend  all- 
mählich abbaut,  indem  man  den  Wasserstand  im  See  durch  den  Schacht  und  den 
Tunnel  immer  so  weit  senkt,  als  es  für  die  Arbeit  jeweilig  notwendig  ist. 

* 

7.  Die  Untersuchung  des  Baugrundes. 

Alle  Vorarbeiten,  welche  zur  Untersuchung  des  Baugrundes  für  die  Bauwerke 
notwendig  sind,  müssen  hier  als  bekannt  vorausgesetzt  werden.  Soweit  es  im  Rahmen 
dieses  Bandes  erforderlich  erscheint,  werden  im  Kap.  IH,  1  „Stauwerke",  Kap.  III,  2 
„Werkkan&le"  und  Kap.  III,  6  „Krafthäuser"  noch  einige  diesbezüglichen  Mitteilungen 
gemacht. 

Literatur-Angaben  zu  Kap.  I,  §  4.    Die  technischen  Vorarbeiten. 

« 

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§  4.  Die  technischen  Vorarbeiten.  233 

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EL  Engels,  Untersuchungen  Aber  den  Seitendruck  der  Erde  auf  Fundamentkorper.     Zettechr.  L  Bot. 

1896.  8.  410-481. 
Brennecke,  Der  Grandbau.  Handbuch  der  Baukunde.  Abt.  III.  Heft  I.   Berlin  1887. 
Zeitochr.  d.  Ter.  deutscher  log.  1877.  S.  443. 
Ober  die  Ergebnisse  der  Bohrungen,  die  Untersuchungen  über  den  in  der  Tiefe  zu  erwartenden  Wasser- 

zudrang  und  die  Versuche  über  die  Tragfähigkeit  des  Baugrundes  beim  Bau  des  neuen  Hafens  ia 

Cuxhaven.    Siehe  Zeitochr.  f.  Bauw.  1898.  S.  888  ff. 
G.  Hagen,  Handbuch  der  Wasserbaukunst.  I.  Teil.   2.  Bd.  Fundierungen.   Berlin  1841.   (3.  Aufl.  187a) 
M.  Becker,  Allgemeine  Baukunde  des  Ingenieurs.  Stnttgart  1858.  S.  205.  4.  Aufl.  Leipzig  1883. 
C.  A.  Menzel  und  J.  Promnitz,  Die  Gründung  der  Geb&ude.    Halle  1873. 
Franz  ins,  Der  Grundbau.    Deutsches  Bauhandbuch.  Bd.  HI.  Berlin  1879. 
Gustav  Meyer,  Der  Grundbau  unter  Ausschluss  der  Druckluftgrflndungen.  Forischr.  der  Ing.-Wiasen- 

sch.  L  Gruppe.  2.  Heft.  Leipzig  1896. 
L.  t.  WilLmann,  Grundbau.    II.  Kap.  des  Lehrbuches  des  Tiefbaues,  herausgegeben  von  IL  Es  sei- 

born.  Leipzig  1904. 
H.  Lückemann,  Der  Grundbau.    Berlin  1906. 


§  5.  Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten. 

Die  Betrachtungen  über  wirtschaftliche  Vorarbeiten  sollen  sich  erstrecken  auf: 
1.  Anlagekosten,    2.  Betriebskosten  von  Wasserkraftanlagen,    3.  Ver- 
gleich von  Wärmekraftanlagen  mit  Wasserkraftanlagen,   4.  Betriebskosten 
von  Wasserkraftanlagen   mit  Reserven  in  Wärmekraft-Maschinen,    5.  Fest- 
stellung des  K-raftbedarfs  und  die  Rentabilitätsberechnungen. 

1.  Die  Anlagekosten. 

Selten  werden  die  Verhältnisse  bei  einem  Projekte  von  vornherein  so  klar  liegen, 
dass  nur  eine  einzige  Lösung  für  den  Ausbau  der  Wasserkraftanlage  in  Frage  kommt, 
vielmehr  werden  fast  immer  mehrere  verschiedene  Lösungen  möglich  erscheinen,  und  es 
wird  die  Aufgabe  des  Ingenieurs  sein,  die  beste  herauszufinden. 

Die  erste  und  wichtigste  Frage,  welche  eine  Entscheidung  erheischt,  ist  die,  für 
welche  sekl.  Wassermenge  man  den  Werkkanal  und  das  Druckrohr,  sowie  die  Turbinen- 
anlage einrichten  soll.  Hierbei  sind  die  Dauerlinien  der  sekl.  Wassermengen  zu  Rate 
zu  ziehen  und  die  Anlagekosten  mit  der  aus  dem  voraussichtlichen  Kraftbedarf  erziel- 
baren Einnahme  in  das  richtige  Verhältnis  zu  bringen.  Es  können  dann  weiter,  um 
einige  Beispiele  zu  nennen,  die  behördlichen  Vorschriften  und  die  Rücksichten  auf  die 
Anlieger  verschiedene  Stauhöhen  an  einem  Wehre  zulassen,  und  wenn  dann  der  Bau- 
grund keine  Beschränkungen  auferlegt,  so  kann  nur  der  wirtschaftliche  Wert  für  die 
eine  oder  die  andere  Lösung  mit  mehr  oder  weniger  hohem  Stau  den  Ausschlag  geben 
Nicht  selten  hat  man  sich  zu  entscheiden,  ob  man  das  vorhandene  Gefälle  in  einer  Stufe 
oder  in  mehreren  ausnützen  soll;  ob  man  mit  einem  langen  Werkkanal  ein  grösseres 
Gefälle  erreichen,  oder  ob  man  sich  zweckmässiger  mit  einem  kurzen  und  billigeren  Kanal 
und  entsprechend  kleinerem  Gefälle  begnügen  soll,  ob  eine  Aufspeicherungsanlage  wirt- 
schaftlich zweckmässig  ist,  und  wenn  ja,  in  welcher  Grösse  usf.  Die  Praxis  bietet  eine 
unendliche  Mannigfaltigkeit  der  Aufgaben  und  mannigfaltig  sind  auch  die  Lösungen, 
welche  vom  rein  technischen  Standpunkte  aus  gefunden  und  vertreten  werden  können, 
aber  es  wird  für  jede  Aufgabe  immer  nur  eine  wirtschaftlich  beste  Lösung  geben. 
Um  den  wirtschaftlichen  Wert  einer  Lösung  beurteilen  zu  können,  ist 


§  5.  Bis  wirtschaftlichen  Vorabbetten.  235 

in  erster  Linie  die  Aufstellung  eines  Kostenanschlages  notwendig.    Es 
kann   hierfür  ein  überschläglicher  Kostenanschlag  genügen,  da  Zeit-  und  Geldopfer  zu 
gross  sein  würden,  wollte  man  die  verschiedenen  Lösungen  in  allen  Einzelheiten  vor  der 
Auswahl  durcharbeiten.    Überschlägliche  Kostenanschläge  sind  aber  unbedingt  erforder- 
lich und  sie  können  auf  Grund  genereller  Projektskizzen  angefertigt  werden.   In  manchen 
Staaten,  wie  z.  B.  Italien  (vergl.  S.  57)  werden  auch  bei  Einreicaung  des  Konzessions- 
gesuches   Kostenanschläge   verlangt    Bei  Anfertigung   überschläglicher  Kostenanschläge 
schleichen    sich  nun   erfahrungsgemäss  leicht,   namentlich   bei  Ingenieuren,  denen  eine 
grössere  Erfahrung  auf  diesem  Spezialgebiete  fehlt,  recht  erhebliche  Fehler  ein,  und  es 
wäre  deshalb  sehr  wünschenswert,  wenn  dem  Bauingenieur  zur  Erleichterung  seiner  Auf- 
gabe Einheitszahlen  für  die  Kosten  pro  PS#  zur  Verfügung  stünden,  welche  aus  einer 
grossen   Anzahl  ausgeführter  Anlagen  herzuleiten  wären.    Mit  Hilfe  derselben  könnte  er 
dann  die  von  ihm  überschläglich  ermittelten  Kosten  sowohl  der  Gesamtanlage,  als  auch 
der  einseinen,  in  Gruppen  zusammengefassten  Bauteile  vergleichen    und  kontrollieren. 
Indessen   sind  erstens  die  Kosten  pro  Krafteinheit,  namentlich  für  den  wasserbaulichen 
Teil,  je  nach  der  örtlichkeit,  nach  der  sekl.  Wassermenge  und  nach  dem  Gefälle  ausser- 
ordentlich verschieden   und  zweitens  ist  es  zurzeit  bei  dem  geringen  greifbaren  Zahlen- 
material über  ausgeführte  Anlagen  noch  unmöglich,  einigermassen  zuverlässige  Annähe- 
rungswerte für  die  Kosten  abzuleiten.    Die  allgemeine  Erfahrung  lehrt,  dass  im  grossen 
Durchschnitt  die  Kosten  pro  PS»  für  eine  bestimmte  Gefällstufe  mit  der  Grosse  der  sekl. 
Wassermenge  und  für  eine  bestimmte  sekl.  Wassermenge  mit  der  wachsenden  Grösse 
des  Gefälles  abnehmen.    Das  leuchtet  auoh  ohne  weiteres  ein,  wenn  man  überlegt,  dass 
z.  B.  die  Ausführung  eines  Kanals  mit  einem  Querschnitt  von  10,0  qm  benetzter  Fläche 
nicht  das  Doppelte  kostet,  als  eines  solchen  von  5,0  qm ;  ferner  dass  die  Reibungsverluste 
in  einem  Querschnitt  um  so  kleiner  werden,  je  grösser  das  Verhältnis  von  wasserberührtem 
Querschnitt  zum  benetzten  Umfang  wird,   infolgedessen  also  bei  gleichem  Gefälle  der 
Querschnitt  von  10,0  qm  mehr   als  die  doppelte  Wassermenge  des   Querschnitts   von 
5,0  qm  abfuhrt.    Ebenso  liegt  auf  der  Hand,  dass  die  Anlagekosten  pro  Einheit  bei 
wachsendem  Gefälle  kleiner  werden  müssen,  weil  nach  der  Formel: 

K_Q.H.100O  J6 
JN—        75  100 

bei  gleicher  Leistung  die   sekl.  Wassermenge  Q  um  so  kleiner  werden  kann,  je 
grösser  das  Gefälle  H  in  m  wird.    Dass  aber  mit  der  Verkleinerung  der  Querschnitte 
für  die  wasserführenden  Bauteile  die  Kosten  im  grossen  Durchschnitt  abnehmen  müssen, 
versteht  sich  von  selbst.    Die  Benutzung  des  zurzeit  leider  noch   recht  kleinen  Zahlen- 
materials über  Kosten  von  Wasserkraftanlagen  wird  überdies  dadurch  sehr  erschwert, 
dass  dasselbe  einmal  ganz  verschieden  gruppiert  ist,  will  sagen,  dass  die  angegebenen 
Zahlen  ganz  verschiedene  Gruppen  von  Bauteilen  in  sich  schliessen  und  zweitens  dadurch» 
dass  die  Angaben  über  die  Leistung  einer  Wasserkraftanlage  durchaus  nicht  auf  gleicher 
Grundlage  beruhen.   Es  wird  zwar  meistens  als  Leistung  einer  Wasserkraft,  auch  wenn 
es  nicht  noch  besonders  gesagt  ist,  diejenige  verstanden,  welche  an  den  Turbinenwellen 
abgegeben  wird,  aber  es  macht  natürlich  für  die  Preisermittelung  pro  Ein- 
heit noch  einen  sehr  grossen  Unterschied,  ob  man  für  die  Berechnung 
der  Kraftleistung   die  355tägige  oder  eine  neunmonatliche  oder  eine 
»echsmonatliche   sekl.   Wassermenge   oder   schliesslich   einfach  die   in 
Turbinen  installierte  Leistung  zugrunde  legt.    Hierin  müsste  vor  allen 
Dingen   zunächst   einmal   eine  gewisse  Einheitlichkeit   erzielt   werden 
and  ein  Ingenieur  sollte  niemals  von  Kosten  einer  Wasserkraftanlage 


236  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

pro  PSa  sprechen,   ohne  gleichzeitig  die  Grundlage  für  die  Berechnung 
der  Leistung  anzugehen. 

Würde  man  einheitlich  geordnetes  Zahlenmaterial  von  einer  grossen  Ang^M  ron 
Wasserkraftanlagen  sammeln  können  *),  so  würde  man  wahrscheinlich  in  die  Lage  kommen, 
für  die  verschiedenen  Gefällstufen  Zahlen  tafeln  aufzustellen,  oder  Kurven  aufzuzeichnen. 
welche   das  durchschnittliche  Mass  der  Abhängigkeit  der  Kosten  pro  PSe  von  der  sekl. 
Wassennenge  und  dem  Gefälle  erkennen  lassen  würden.    Es  soll  deshalb  an  dieser  Stelle 
ein  Vorschlag  versucht  werden,  wie  das  Zahlenmaterial  gesammelt  und  geordnet  werden 
könnte,    um   zu   brauchbaren,   überschläglichen  Angaben   über  Kosten   pro  Einheit  von 
Wasserkraftanlagen   zu   gelangen.    Zunächst    fragt   es  sich,    ob   man   nach   der  sek  I. 
Wassermenge   oder  nach  dem    Gefälle  einteilen  soll.     Als  sekl.  Wassermenge 
würde  diejenige  zu  wählen  sein,  für  welche  Werkkanal  und  Druckrohr  bei  voller  normaler 
Füllung   projektiert   sind,    wobei   ausnahmsweise  Zustände    wie  z.  B.  Überfüllungen   des 
Werkkanals  und  Betrieb  mit  allen  Turbinen  einschliesslich  der  Reserven  u.  dergl.  ausser 
Acht  zu  lasse»  wären.    An  sich  ist  es  nicht  von  grossem  Belang,  welche  von  den  beiden 
Einteilungen  gewählt   wird,   es   verdient  aber  die  Gruppierung  nach  dem  Gefalle   doch 
wohl    den    Vorzug,    weil    das    Gefalle   in   weiteren    Grenzen    schwankt   (von    1,0  m  bis 
1000,0  m)  als  die  sekl.  Wassermenge2).     Auch   ist   der    Einfluss,   den  das    Gefalle    auf 
die  Kosten    pro  PS©  hat,    grösser  als    der  Einfluss  der   Wassermenge.     Vergleicht   man 
z.  B.    die    Kosten   einer    Wasserkraftanlage    A    von   2000    PSC    mit   20   cbm/sek.    und 
10,0  m  Gefälle  mit   den    Kosten   zweier  Anlagen   von  4000  PS0,    von   denen   die    eine 
B  40  cbm/sek.  bei    10,0  m  Gefälle  und  die  andere  C  20  cbm/sek.   bei  20,0  m  Gefälle 
verfügbar   hat,    so   wird   man   finden,    dass  die  Kosten  pro  Einheit  bei  der  Anlage  C 
gegen  A  viel  stärker  abnehmen,  als  die  Kosten  der  Anlage  B.     Bei  der  Anlage  B  mnss 
die  Leistungsfähigkeit  des  Werkkanals  und  der  Druckrohre  in  cbm/sek.  verdoppelt  werden, 
was  die  Gesamtkosten,  wenn  auch  gewiss  nicht  verdoppelt,  so  doch  erheblich  beeinflusst 
Bei    der  Anlage  C  dagegen   könnte   unter  Umständen   der  Werkkanal    ganz  das  gleiche 
Profil   behalten,   nur   das   Druckrohr   würde   entsprechend  länger  und  stärker  und  die 
Turbinen  entsprechend  stärker  im  Material  zu  machen  sein. 

Hat  man  sich  für  die  Gruppierung  nach  dem  Druckgefalle  entschieden,  so  fragt 
es  sich  noch,  welche  Gefällszahl  von  denen  zu  wählen  ist,  zwischen  denen  das  Gefälle 
während  des  Jahres  schwankt.  Nähme  man  das  höchste  Druckgefälle,  welches  an  fliessen- 
dem  Wasser  meistens  mit  N.W.,  also  mit  kleinen  sekl.  Wassermengen,  bei  Anlagen  an 
Talsperren  und  Seen  dagegen  mit  den  höheren  Wasserständen  in  dem  Staubecken  oder 
dem  See,  also  mit  den  grösseren  sekl.  Wassermengen  zusammenfällt,  so  würde  man  sehr 
viel  grössere  Leistungen  herausrechnen,  als  dem  Werke  für  die  Bewertung  zukommen. 
Im  ersten  Falle  würde  die  errechnete  Leistung  meistens  überhaupt  nicht  erziel  bar  sein, 
im  zweiten  Falle  nur  ausnahmsweise.  Nimmt  man  dagegen  das  niedrigste  Druckgefälle, 
welches  bei  Anlagen  an  fliessenden  Wasser  meistens  mit  dem  höchsten  Wasserstande, 
also  mit  der  grössten  sekl.  Wassermenge,  bei  Anlagen  an  Talsperren  und  Seen  mit  dem 
niedrigsten  Wasserstande  im  Staubecken,  und  mit  der  kleinsten  sekl.  Wassermenge  im 
Flusse  zusammenfallt,  so  würde  ungefähr  das  Umgekehrte  der  Fall  sein.  Man  müsste 
also   für   eine   solche    Sammlung   und  Ordnung   von  Zahlenmaterial  ein 

i)  Wenn  man  auch  nur  von  10°  o  der  neueren  und  wichtigeren  europäischen  und  amerikanischen 
Anlagen  zuverlässige  Zahlen  erhalten  könnte,  so  würde  man  schon  mehrere  Hundert  Beispiele  haben 
und  das  würde  für  den  Anfang  schon  vollkommen  genüger. 

2)  Die  8ekundl.  Wassermenge  von  900  com,  für  welche  der  Werkkanal  bei  der  Anlage  Sault 
St.  Marie  ausgebaut  ist,  gehört  gewiss  zu  den  Ausnahmen,  während  man  Gefälle  von  920,0  m  wie  bei 
Vouvry  and  mehr  im  Hochgebirge  noch  häufiger  findet. 


§ 


Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten. 


237 


mittleres  Druckgefälle  wählen.    Als  solches  erscheint  das  Druckgefälle, 
welches   der  sechsmonatlichen   sekl.  Wassermenge    entspricht,    das  am 
meisten  zu  empfehlende,  weil  es  die  Dauer  mitberücksichtigt,   und  weil 
man    auch  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  Werkkanal  undDruckrohr  für  eine 
sekl.  Wassermenge  projektieren  wird,  welche  dem  durchschntl.  sechsmonatl. 
Wasser   am    nächsten   liegt.      Aus  -der   sekl.    Wassermenge,    für   welche 
Werkkanal  und  Druckrohr  projektiert  sind  und  dem  Druckgefälle  bei 
s  echs  monatlichem  Wasser   ergäbe   sich    dann   die  bei  Berechnung    der 
Kosten   pro  PSe  zugrunde   zu   legende   Leistung  der  Anlage.     Eine  andere 
Lösung  wäre  allerdings   noch,   ein   für   allemal   zur  Berechnung  der  Einheitskosten  die 
Gesamtleistung  der  im  Krafthause  installierten  Turbinen  zugrunde  zu 
legen.    Indessen  bildet  hierbei  doch  die  Grösse  der  gewählten  Reserve  ein  sehr  schwanken- 
des  Moment,  welches  zu  unzutreffenden  Vergleichen  führen  muss  und  es  verdient  daher 
wohl   der  obige  Vorschlag  den  Vorzug. 

Was  nun  die  Einteilung  der  Gruppen  nach  dem  Druckgefälle  betrifft,  so  würden 
zweifellos  die  Stufen  bei   den  kleinen  Gefällen  kleiner,   bei  den  grössereü  Gefällen  all- 
mählich wachsend  zu  nehmen  sein,  weil  die  Wasserkraftanlagen  bei  kleinem  Gefälle  sehr 
teuer  werden  und  infolgedessen   die   absoluten  Unterschiede  in  den  Kosten  pro  Einheit 
auch  bei  kleinen  Gefällzunahmen  schon  wesentlich  sind.  Aus  der  nachstehenden  Tabelle  1  wird 
sich  ergeben ,   dass  bei  der  teuersten  Anlage  (Jonage-Cusset-Lyon)  (Gefälle  8,5—13,0  m) 
der    dort   aufgeführten  die    Kosten  pro   PSe    der  sogenannten  „mittleren  Nutzleistung" 
Mk.  1 564,8,  bei  der  billigsten  Anlage  (Novalesa)  mit  einem  Gefälle  von  zusammen  858,80  m 
nur  167,8  Mk.  ausmachen.    Man  sieht  ferner,  dass  die  Kosten  pro  Einheit  bei  wachsen- 
der Druckhöhe  innerhalb  der  kleineren  Gefälle  viel  schneller  abnehmen,  als  bei  grösseren 
Gefällen.     Es  wird  deshalb  vorgeschlagen,  eine  erste  Gruppe  zu  bilden,  welche  alle  An- 
lagen  mit  Gefällen  bis  zu   2,0  m   in  sich  schliesst,   alsdann  bis  zu   10,0  m   Gefälle  die 
Gruppen  von  2,0  zu  2,0  m,  bei  10,0  bis  50,0  m  die  Gruppen  von  5,0  m  zu  5,0  m,  bei  50,0 
bis  100,0  m  die  Gruppen  von  10,0  m  zu  10,0  m,  zwischen  100,0  und  200,0  m  die  Gruppen 
von  25,0  m  zu  25,0  m,   zwischen  200,0  und  500,0  m   die  Gruppen  von  50,0  zu  50,0  m, 
zwischen  500,0  und  1000,0  m  die  Gruppen  von  100,0  m  zu  100,0  m  abzustufen.     Hiernach 
würde  sich  die  nachstehende  Gruppeneinteilung  ergeben. 


1. 1 

Gefälle 

von 

1,0  bis    2,0  m 

XVIII. 

Gefälle 

von 

90,1  bis 

100,0  m 

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XXII. 

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XXIV. 

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XXV. 

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IX. 

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XXVI. 

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X. 

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XI. 

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XXVIII. 

77 

37 

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77 

500,0   „ 

XII. 

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99 

40,1 

„    45,0  „ 

XXIX. 

77 

77 

500,1 

33 

600,0   „ 

xm. 

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77 

45,1 

„    50,0  „ 

XXX. 

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77 

-600,1 

73 

700,0   „ 

XIV. 

3> 

77 

50,1 

„    60,0  „ 

XXXI. 

77 

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700,1 

33 

800,0   „ 

XV. 

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77 

60,1 

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XXXH. 

»7 

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800,1 

77 

900,0   „ 

XVI. 

73 

77 

70,1 

„    80,0  „ 

XXXIII. 

77 

77 

900,0 

3» 

1000,0   „ 

xvn. 

71 

33 

80,1 

„    90,0  „ 

I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  voh  WasserkrIfteh.    Allgemeines. 

Entwurf  zu  einem  Formular  für  die  Sammlung  von  Zahlenmaterial  für  i 


*l 


1    2 


3 


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8 


Droekg «Oll«  an  den 
Turbinen 


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12,0 


2,0 


20,0 


4,0 


86,0 


4,0 


33,0 


98.0 


34,0 


32,5 


80£ 


88,0  81,0  80,0 


80,0 


1220 


11180 


2  »660 
2*880 


Turbinen 
1901—19031 


7  k  2100 

Franria- 
Qehlaee- 
TarMnen 

1897-18991 


187 


1980 


24400 


14700  890600 


20 


12200 


10 


85 


200880,0 


86  «00     £ 


18,0 


44  6400,0t  40  C- 


I 


Bei  der  Sammlang  von  Zahlenmaterial  wäre  ferner  Gewicht  darauf  zu  legen,  mög- 
lichst die  355  tagigen,  neunmonatlichen  und  die  secbsmonatlichen  sekl.  Wassermengen 
mit  anzugeben,  ebenso  die  verschiedenen  Gefälle,  damit  man  erkennt,  in  welchem  Ver- 
hältnisse die  sekl.  Wassermengen,  für  welche  Wasserhaltung  und  Wasserführung  aas- 
gebaut sind,  zu  der  ständigen  Wassermenge  stehen  und  damit  auch  die  Kosten  pro  Einheit 
der  355  tägigen,  neunmonatlichen  und  sechsmonatlichen  Leistungen  im  Bedarfsfalle 
ermittelt  werden  können.  Diese  Ermittelungen  sind  oft  für  die  Bewertung  einer 
Wasserkraft  von  grösster  Wichtigkeit. 

Obenstehend  ist  der  Entwurf  für  ein  Formular  gegeben,  nach  welchem  das 
Zahlenmaterial  einer  Gruppe  gesammelt  werden  könnte.  In  den  Spalten  6,  7  und  8 
sind  Angaben  über  die  Art,  Anzahl,  Umdrehungszahl  und  Gesamtleistung  der  installierten 
Turbinen  verlangt,  damit  man  danach  den  Einheitspreis  der  Turbinenanlage  beurteilen 
kann.  Wichtig  scheint  auch  die  Angabe  der  Ausführungszeit,  um  in  der  Lage  zu  sein, 
die  obwaltenden  Preiskonjunkturen  für  Löhne  und  Material  mit  zu  berücksichtigen.  Zu 
den  Spalten  9 — 11  wäre  nichts  Besonderes  zu  erwähnen,  weil  sich  die  vorgeschlagene 
Einteilung  von  selber  ergibt  Freilich  wird  oft  eine  Trennung  zwischen  Konzession  und 
Grunderwerb  nicht,  oder  doch  nur  schätzungsweise  möglich  sein,  wenn  Grunderwerb  and 


§  5- 


Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten. 


239 


lagekosten  von  ausgebauten  Wasserkräften  (Gruppe  X,  Gefälle  von  30,1 — 35,0  m). 

Kosten    in    Mark 


für  Wehr,  Werk- 
kanal  u.  Druckrohre, 
einschl.  Vorbecken, 

Druckkammer, 
Beeben,  Schfitzen, 
Schieber.  Wege, 
Zulukrstnssen, 
Brfioken  n.  einschl. 
etwaiaer  Sammel- 
becken 


Ö  >3 
B  • 
—     M 


.flu» 
O.B;g 

fioo 


12 


des  Krafthauses,  einsehliessUeJi  der 
Transfonnatorenraume,  Werk- 
stätten, Wohnungen  etc. 


a 

M 

S 

3, 

a 


8 


e)  pro  PS« 
nach  Spalte  8 


18 


der  Turbinenanlage  ein- 
sehliessL  der  selbsttätigen 
Regler,  der  AnschlussTei- 
tnngen.  vom  Stutzen  des 
Hauptdrnekrohres  an,  aller 
Erregerturbinen,  Pumpen 
u.  sonstigen  Hilfsanlagen, 
sowie  des  Laufkrane 


a 

M 

I 

a 


**2 


14 


der  Gesamtanlage 
Spalte  9  bis  14 


s 

M 

I 

s 


83 


J 


5e 


a 


15 


B  emerkungen 


16 


610000,0 


3906  000,0 


500,0 


350,0 


79  800,0 


390600,0 


65,0 


85,0 


40,05 

Zwei  Wohnungen 

und  Werkstatt  im 

Krafthause. 


25,89 

Wohnung  des  Ma- 
schinenmeisters und 
eines  Maschinisten 
im  Anbau.  Trans- 
formatorenraum von 
—  qm  Grundfläche 
im  Krafthause. 


82500 


294000 


67,62 


26,34 


85 

für  die  zwei 
grossen 
Turbinen 

55 

ffir  die  zwei 

kleinen 

Turbinen 


20 


845  000,0 


5  628480,0 


692,62 


504,84 


426,77 


882,88 


Werkkanal   hat 

—  qm  benetzten 
Querschnitt  und 

-  km  Lange  und 
war  gleichzeitig 
zur  Abgabe  Ton 
5  cbm/sek.    für 

Berioselungs- 
zwecke     einzu- 
richten. 


Konzession,  bezw.  Nutzungsrecht  als  untrennbares  Ganzes  erworben  sind.  In  Spalte  12 
ist  die  ganze  Wasserfassung  und  Wasserführung  zusammengefasst.  Wollte  man  hier 
noch  weiter  trennen,  so  würde  die  Schwierigkeit  in  der  Beschaffung  des  Materials  sehr 
vergrössert  und  die  Vergleichbarkeit  statt  verbessert,  nur  beeinträchtigt  werden.  Man 
könnte  allerdings  einwenden,  dass  es  zweckmässiger  wäre,  die  Druckrohre  für  sich,  zu 
behandeln.  Indessen  es  ist  oft  nur  eine  Frage  der  Kosten,  von  wo  ab 
man  den  Werkkanal  aufhören  und  das  Druckrohr  beginnen  lassen 
will.  Ausserdem  scheint  es  doch  jedenfalls  für  den  ersten  Versuch  zur  Sammlung  von 
Material  im  grösseren  Umfange  auch  empfehlenswert,  nicht  zwischen  Anlagen  mit  Schacht- 
turbinen und  Anlagen  mit  Gehäuseturbinen  zu  unterscheiden.  Eine  Unterteilung  und 
Spezialisierung  des  Formulars  bleibt  besser  für  später  vorbehalten,  wenn  erst  ein  um- 
fangreicheres Material  für  die  Hauptbauteile  vorliegt.  In  der  Spalte  13,  „Kosten  des 
Kraft  hause  s"  werden  die  Kosten  für  alle  Nebengebäude,  wie  Werkstätten,  Wohnungen, 
Transformatorenraum  etc.,  welche  mit  dem  Krafthause  zusammenhängen  oder  in  dessen 
Bäumen  untergebracht  sind,  eingeschlossen,  und  es  könnte  durch  kleine  Notizen  Zahl 
und  Umfang  solcher  Nebenräume  kenntlich  gemacht  werden,  welche  zu  dem  Krafthause 
der  betreffenden  Anlage  gehören. 


240  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

In  der  Spalte  14  „Kosten  der  Turbinenanlage*  sind  die  Kosten  der 
samten  Turbinenanlage,  einschliesslich  aller  Hilfsturbinen  und  Apparate,  Pumpen 
zusammengefasst  und  der  Preis  ist  für  die  betriebsfertige  Anlage  anzugeben.  Mitunter 
werden  zwar  die  Anschlussleitungen  der  Turbinen  von  dem  Lieferanten  des  Druckrohres 
mitgeliefert,  meistens  indessen  gehört  die  Anschlussleitung  zur  Lieferung  des  Turbinen- 
bauers,  und  es  dürfte  die  meiste  Aussicht  bestehen,  gutes  vergleichbares  Material  zu  er- 
halten, wenn  man  die  ganze  Anlage  ohne  weitere  Unterteilung  zusammenfasst.  Der  Ein- 
fachheit halber  ist  auch  der  Laufkran  mit  hineingerechnet,  denn  es  macht  auf  den  Ein- 
heitspreis der  Turbinenanlage  wenig  aus,  wenn  wirklich  bei  einer  oder  der  anderen  An- 
lage die  Preisangabe  für  diesen  Bauteil  fehlen  sollte. 

Im  Kap.  III  6  A  Krafthäuser,  Baulicher  Teil  werden  einige  Preise  für  Laufkräne 
etc.  mitgeteilt. 

In  Spalte  15  „Kosten  der  Gesamtanlage"  sollen  die  Kosten  der  Spalten  9 
bis  14  zusammengefasst  werden.  Es  sind  absichtlich  alle  elektrischen  Teile 
herausgelassen,  weil  dadurch  die  Sammlung  des  Materials  noch  mehr  erschwert  würde, 
und  weil  sich  überdies  hierfür  aus  den  bereits  organisierten  Statistiken  der  Elektrizitäts- 
werke brauchbares  Material  finden  lässt.  In  die  Rubrik  Bemerkungen  würden  dann  be- 
sondere Umstände,  wie  z.  B.  schlechter  Baugrund  oder  die  Verpflichtung,  den  Werk- 
kanal für  die  Schiffahrt  mit  auszubauen,  oder  die  Anlage  von  Stauweihern,  Talsperren. 
Seeregulierungen  und  dergleichen  einzutragen  sein. 

Würde  es  gelingen  für  jede  Gruppe  die  Zahlen  von  auch  nur 
10  Anlagen  zu  sammeln,  so  dürfte  man  schon  in  die  Lage  kommen,  eine 
gewisse  Gesetzmässigkeit  für  die  Einheitspreise  zu  erkennen  und  zwar 
ihre  Abhängigkeit  von  dem  Gefälle,  durch  den  Vergleich  der  Durch- 
schnittswerte der  einzelnen  Gruppen,  und  ihre  Abhängigkeit  von  der 
sekl.  Wassormenge,  durch  den  Vergleich  der  einzelnen  Anlagen  inner- 
halb einer  Gruppe.  Man  könnte  dann  für  jede  Gruppe  graphische  Masstäbe  auf- 
tragen, wobei  die  sekl.  Wassermengen  als  Abszissen  und  die  Kosten  pro  PS«  als  Ordinateo 
aufzutragen  wären,  nach  welchen  auch  die  Einheitskosten  jeder  Zwischenstufe  angenähert 
zu  ermitteln  wären.  Selbstverständlich,  und  das  soll  noch  einmal  aus- 
drücklich hervorgehoben  werden,  könnten  solche  Zahlen  nur  für  über* 
schlägige  Kostenanschläge  Verwendung  finden,  und  ihr  Wert  könnte 
nur  darin  bestehen,  die  erste  Übersicht  bei  Aufsuchung  und  Projek- 
tierung von  Wasserkraftanlagen  zu  erleichtern  und  eine  gute  Kontrolle 
der  auf  Grund  von  Projektskizzen  selbständig  aufgestellten  Kosten- 
überschläge zu  bieten.  Jedenfalls  würde  man  unserem  wichtigen  Arbeitsgebiete 
neue  werbende  und  treibende  Kräfte  zuführen  und  einige  Klarheit  in  einer  Frage 
schaffen,  in  welcher  heute  noch  eine  Menge  falscher  oder  missverstandener  Zahlen  eine 
rechte  Verwirrung  anrichten.  Gegenwärtig  begegnet  man  bei  dem  Bestreben,  Zahlen- 
material zu  sammeln,  noch  sehr  erheblichen  Schwierigkeiten,  welche  sich  aber  vermindern 
dürften,  je  mehr  gleichmäßig  geordnete  Angaben- über  Anlagekosten  veröffentlicht  werden. 

Um  nun  zunächst  einiges  Zahlenmaterial  über  Anlagekosten  von  ausgebauten 
Wasserkräften  zu  bieten,  sind  in  der  nachstehenden  Tabelle  I  die  Kosten  von  17  An- 
lagen zusammengestellt  Es  muss  indessen  hierzu  bemerkt  werden,  dass  das  Zahlen- 
material nicht  gleichmässig  gruppiert  erlangt  werden  konnte,  sondern  dass  die  Bauteile 
verschieden  zusammengefasst  waren.  Es  sind  deshalb,  um  eine  einheitliche  Grup- 
pierung der  Zahlen  für  alle  Anlagen  durchzufuhren,  bei  einigen  die  für  die  einzelnen 


§  5.  Die  wirtschaftlichen  Vorakbetcten.  241 

Bauteile  gebotenen  Zahlen  nach  Schätzung  getrennt  und  nach  dem  gewählten  Schema 
▼erteilt  ^worden-  Immerhin  waren  die  Anhaltspunkte  für  diese  Schätzung  derartig,  dass 
die  Wirklichkeit  bei  den  Kosten  für  die  einzelnen  Bauteile  auch  in  diesem  Falle  erheb- 
lich nicht  verfehlt  sein  dürfte.  Weil  ganz  sichere  Angaben  für  das  Gefälle  bei  sechs* 
monatlichem  Wasser  nicht  bei  allen  Anlagen  erhältlich  waren,  ist  es  vorgezogen,  die  er- 
mittelten Einheitspreise  auf  die  installierte  Leistung  der  Hauptturbinen  zu  beziehen  und 
als  sogenannte  „mittlere  Nutzleistung"  diejenige  hinzuzufügen,  welche  *k  der  instal- 
lierten Leistung  beträgt.  Die  letzte  Annahme  ist  allerdings  willkürlich,  und  wenig  prägnant, 
aber  als  Notbehelf  gewählt,  weil  tatsächlich  in  vielen  Wasserkraftanlagen  ungefähr  1/s 
der  installierten  Leistung  als  Reserve  bei  mittlerer  Kraftleistung  angenommen  ist,  und 
weil  ältere  Angaben  oft  auf  die  sogenannte  mittlere  Leistung  bezogen  sind. 

In  Spalte  6  geben  mit  erreichbarer  Genauigkeit  die  Zahlen  ad  a)  die  sekl.  Wassermengen, 
für    welche  Werkkanal  und  Druckrohre  projektiert  sind  und  weiter  diejenigen  ad  b)  die 
aekl  Wassermengen,  welche,  wenigstens  angenähert,  als  355  tägige  angesehen  werden  können. 
Die  Tabelle  I  zeigt  zunächst  deutlich,  dass  die  Kosten  pro  Einheit  mit  dem  Wachsen 
der  sekl.  Wassermenge  und  mit  dem  Gefälle   abnehmen,   wenn  auch  einzelne   Anlagen 
wegen  besonderer  Umstände  in  erheblicher  Weise  aus  der  Reihe  herausfallen.     Alle  in 
der  Tabelle  I  enthaltenen  Werke  mit  Ausnahme  von  Nr.  16:    „Die  Sillwerke  der  Stadt 
Innsbruck*  sind  im  Kapitel  II  beschrieben,  und  man  wird  aus  diesen  Beschreibungen 
erkennen,  weshalb  bei  einzelnen  Werken  trotz  höheren  Gefälles  und  grösserer  sekl.  Wasser- 
menge die  Kosten  höher  ausgefallen  sind,  als  bei  anderen  mit  scheinbar  weniger  günstigen 
Vorbedingungen.   Ganz  kurz  mögen  hier  zur  vorläufigen  Orientierung  schon  einige  Haupt- 
gründe für  die  Erhöhung  der  Anlagekosten  einiger  Werke  hervorgehoben  werden: 

1.  Jonage-Cusset-Lyon.  Es  wurde  ein  Stauweiher  von  4000000  cbm  Inhalt 
angelegt.  Die  Bauausführung  war  ungemein  schwierig  und  einige  wichtige  Teile  des 
Werkkanals  sind  wegen  schwerer  Beschädigungen,  welche  während  der  Probefüllung  ein- 
traten, doppelt  gemacht.  Der  Werkkanal  musste  für  die  Schiffahrt  eingerichtet  und 
mit  sehr  kostspieligen  Schleusen  versehen  werden.  Namentlich  bei  dem  Krafthause 
waren  die  Fundierungsarbeiten  besonders  schwierig  und  teuer.  Die  Kosten  für  Vor- 
arbeiten, Konzession  und  Grunderwerb  sind  ungewöhnlich  hoch. 

2.  Lechwerk  Gersthofen.  Es  ist  ein  Stauweiher  mit  500000  cbm  Inhalt 
angelegt.  Der  Werkkanal  musste  für  die  Schiffahrt  eingerichtet  und  mit  Schleusen  ver- 
sehen werden. 

3.  Avignonnet  Durch  verschiedene  Hochwässer  ist  der  Bau  der  Talsperre 
sehr  verzögert  worden  und  schwierige  Arbeiten  sind  doppelt  ausgeführt. 

4.  Bergamasca.  Durch  die  Zerstörung  des  ersten  Wehres  ist  eine  grosse  Ver- 
zögerung in  der  Fertigstellung  der  Arbeiten  verursacht.  Eine  Reihe  von  Anlagen  mussten 
doppelt  gemacht  werden. 

5.  Kanderwerk.    Es  ist  ein  Stauweiher  von  170000  cbm  Inhalt  angelegt. 

6.  Kübel  werk.  Zu  der  Anlage  gehört  ein  grosser  Stauweiher  von  1466500  cbm 
Inhalt. 

Die  billigste  Anlage  ist  die  Nr.  17:  Novalesa  an  der  Cenischia,  bei  welcher 
die  ganze  hydrauliche  Anlage  nur  112,0  Mk.  pro  PS«  der  installierten  Leistung  und 
167,8  Mk.  der  sogenannten  mittleren  Nutzleistung  kostet.  Die  Anlage  wäre  wahrschein- 
lich noch  billiger  geworden,  wenn  man  sich  entschlossen  hätte,  das  ganze  Gefalle  von 
858,80  m  in  einer  Stufe  auszunützen. 

Besonders  hingewiesen  mag  werden  auf  die  Kosten  pro  Einheit 
für  Vorarbeiten,  Grunderwerb  und  Konzession,  weil  sich  vielfach  ganz 

Hiadboeh  der  bc-Wimos*.   IH.  T«iL    M.  Bd.  16 


L    Theodor  Koehw.     Ausbad  von  WubmbxmIftmm      Allgemeines. 


Tabelle  L 


4.  Jouaga-Cna 

••t-LTon 


B.  Lwhwerk 
Genthofen 


6.  Pont  St 
Martin 


8.  Arigconnet 

9.  Bargamaaca 


10.  Fora  et 
Morga 


Ibwtnsvnc  1  800  PS, 

1898- 1896 
S  .tahend*  Kaniu-Tiir- 

biotn  k  1200  FS. 
10  (UfcoBda  Fruosirtar- 

biou  i  1900  PB. 

1908-1904 
s  u*«d<  "  ■ 

blnu  i 


1899-1902 

S  llannd.    SchuhUm 

Am  i  isoo  ps. 


1899-1901 

i  U*a*Dd*  Sshuhttor 
bfiisn  *  1000  PS, 


i  tOSOPS. 

1899-1902 

7  lUnad.  a.hlo.*tar- 
bb«  i  11»  PS. 

1898-1901 
1902—1903 

1  Ut»ud«  fl.bloMtu- 
bis*  *  too  PS. 


1900-1903 

I  Utnod*  eahloHtnt 
Ah  I  UM  PS, 


" 

80 

|18000 

12000 

120 

1 

125 

7  500 

5000 

120 

20400 

18600 

96 

7500 

5000 

1B7 

6000 

8838 

1148 

1160 

16  600 

11066 

250 

12  250 

8176 

1300 

(230 

8000 

2000 

300 

6750 

4500 

4,8  in  bu  8,5  m 
a)  250    b)  120 


8,5  m  bis  18,0  m 
a)  150     b)  100 


8,0  m  bi»  10,0  m 
a)  60    b)  24 


11,0  m  b»  14,0  n 
a)  40    b)  18 

16,5  m  bi*   18,0  b 
a)  180    b)  50 


24,0  m  bia  27,5  u 
a)  18,28    b)  7 


25,0  m  bia  80,0  m 
a)  25     b)  17 


29,0*/* 

875800 
12,13  *  ■ 

20,8 

562100 
16,78»/. 

74£ 

8209000 
15,08«/. 

1573 

1385  300 
28,92«/. 

184,7 

418000 
82,18*/. 

83,6 

440000 
14,9*/. 

26,5 

1228  200 
26,08*/. 

99^ 

343  800 
88,807. 

114,6 

482  750 
19,0*/. 

78,0 

§    5. 


DlE  WIRTSCHAFTLICHEN   VORARBEITEN. 


243 


Tabelle  I. 

Wasserkraft- ADlagen. 


K  c 

iitea 

i  n    1 

Mark 

ra 

eti 
E 

ij  « 

r  "Wehr-  und  Kanalanlage, 
nschL    Rachen,  Scbfltsen, 
»rncJcrolu-leiUing.  Wege, 
nf onrBtrmasen.  Brücken 
ad  «jinavehliessL  etwaiger 
Sammelbecken 

des 

Krafthauses 

0 

der  Turbinenaalage, 
einsehllessl.  selbst- 
wirkender Begier 
und  Laufkran 

der  Geeamtanlage 
ad  7  bis  10 

in 

n  ganzen 
in  Mit. 

nd  in  •/« 

rOesamt* 

kosten 

pro  PS« 

imgansen 
in  Mk. 

und  in  % 
der  Ge- 
samt- 
kosten 

pro  PS« 

im 
ganten 
TnMk. 
und  in 
%der 
Gesamt- 
kosten 

pro  FS« 

im  ganzen 

inMk. 

und  in  % 

derGosamt- 

kosten 

pro  PS« 

Bemerkungen 

»    u 
llde 

i| 

dtr  install. 

Leistung 

n.  Spalte  4 

flfc£? 

der  instell. 

Leistung 

n.  8palte  4 

d.  mittleren 
NuUleietg. 
n.  Spalte  5 

der  install. 

Leistung 

n.  Spalte  4 

d.  mittleren 
Nutsleistg. 
n.  Spalte  5 

der  instalL 

Leistung 

n.  Spalte  4 

der  mitt- 
leren Nutz- 
leistung 
n.  Spalte  5 

1 
• 

8 

9 

10 

11 

12 

f 

\ 

350  000 
37,6  °/o 

291,7 

437,50 

120  000 
12,9  °/o 

100 

150 

190000 
20,5  °o 

*         • 

158,3 

237,5 

980000 
100  °/o 

775,0 

1  162,5 

Altes  Wehr  war  im 
Neckar  verbanden. 
Biese  Kosten  sind 
also  nicht  mitbe- 
beruckaiehtigt. 
Werkkanal  770,0  m 
lang. 

1 

1 

i 

898  900 
28,99  °/o 

49,9 

74,9 

1042000 
83,62  °/o 

57,9 

86,8 

788000 
25,26% 

43,5 

65,25 

3  099  700 
100  °/o 

172,2 

258,8 

Gefalle  ganz   dureh 
das  unmittelbar  am 
Krafthause    gele- 
gene   Wehr     ge- 
wonnen. 

• 

8 

m 
13 

2452000 
73,16  °/o 

326,9 

490,4 

187  500 
5,59  °/o 

25,0 

37,5 

150000 
4,47  °/o 

20,0 

30,0 

3  351600 
100  °/o 

446,9 

670,3 

Werkkanal  6200.0  m 
lang,  ist  für  Schiff  - 
fahrt  eingerichtet. 
Nadelwehr  im  Na- 
vigiio. 

3 

a 

1 

13  666  000 
64,21  °/o 

669,9 

1004,8 

3489000 
16,16  °/o 

168,5 

252,9 

968000 
4,55  °/o 

47,4 

71,2 

21282000 

100  °  <• 

1043,3 

1564,8 

Kein  Wehr,  Werk- 
kanal 18846,0m  lg. 
Ungewöhnlich 
schwierige   Gran- 
dungsarbeiten. 

i 

• 
• 

1 

3  750000 
64,74  •/• 

500,0 

750,0 

225000 
8,88  °/o 

80,0 

45,0 

432200 
7,46  •/• 

57,6 

86,44 

5  792  500 
100  °/o 

772,3 

1 158,5 

Wehr  imLech,  Werk- 
kanal 7  2ö0,o  m  lg. 
Der  Werkkanal  ist 
für  Schiffahrt  ein- 
gerichtet.     Stau- 
weiher. 

3 

608800 
46,87  •;# 

121,7 

182,6 

161500 
12,43  °/o 

32,3 

48,4 

110,500 
8,51  % 

22,1 

33,2 

1298  800 
100  °/o 

259,7 

389,6 

Wehr  in  der  Bora 
Baltoa  Werkkanal 
ca.  1820,0  m  lang. 

1 

es 

752500 
25,48  °/o 

45,8 

68,0 

830000 
28,11  °/o 

50,0 

75,0 

930  000 
31,5  °/o 

56,0 

84,0 

2  952  500 
100  °/o 

177,8 

266,9 

Kein  Wehr,  Abzwei- 
gung des  kurzen, 
in  gesundenFelsen 
ausgeschnittenen 
Werkkanals     Tor 
einem  Wasserfall. 

'S 
• 

9 

M 

-a 

2984000 
62,45»/o 

239,5 

858,9 

295,700 
6,29  °/o 

24,2 

36,2 

245  000 
5,21  °/o 

20,0 

29,9 

4  697  900 

383,5 

574,6 

Talsperre  und  960,0m 
langer  WerkkanaL 
7  Bruekrohre 

u 

891000 
60,39  °/o 

i 

297,0 

445,5 

128900 
8,89  •/• 

41,3 

61,95 

116  700 
7,9  •/# 

38,9 

58,35 

1 475  400 
100  °/o 

491,8 

737,7 

Je  ein  Wehr  ImBrenv 
bo  u.  in  der  Brem- 
billa.    Werkkanal 
4000.0m  lang.  Ein 
fast  fertiges  Wehr 
wurde  Tom  Hoch- 
wasser fortgeris- 
sen.   Bio   hierauf 
entfallenden    Ko- 
ten sind  nicht  mit- 
berücksichtigt. 

ä 

£ 

cS 
CO 

Q 
cS 

a 

s> 
a 

• 

1725000 
66,6% 

1 

255,5 

883,3 

202  500 

7,8  •> 

30,0 

45,0 

168  750 
6,5  °/o 

25,0 

37,5 

2589  000 
100  °/o 

883,5 

575,3 

Wehr,  600,0  m  langer 
Werkkanal      und 
4700,0  m     langes 
Druckrohr. 

•** 
Q 

16* 


244 


I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 


Fortsetzung  der  Tabelle  I. 


Bezeichnung 

du 

Werkes 


Art  und  Anzahl  der 

installierten  Turbinen 

alt  Angabe  der  Aus- 

fuarungueit  ftr  die 

Gesamt' Anlage 


üm- 
dro- 


Uli 

in  der 
Minute! 


8 


Gesamt- 
leiatmig 

der 
instaU. 
Tur- 
binen 
in  PS, 


Mittlere 
Nuts- 

leiatong 
des 

Kraft- 
werke« 

in  PS« 

(ange- 
nommen 

an  */, 

Ton 

Spalte«) 


Dntekgefllle  in  den 
Turbinen  in  m,  und  die 
seU.  Wasaermengen 
in  cbm,  a)  für  welche 
Waseerfaestnig  nnd 
Werkkanal  einge- 
richtet sind  nnd  b) 
welche  ständig  (856- 
tigig)  Torhanden  sind 


6 


im 

in 

nnd  in  % 

der  Gesamt- 

kosten 


Kosten   in   Mark 


für  Vorarbeiten.  Grund- 
erwerb  nnd  Kontession 


pro  PS. 


Ulf 


11.  Yixzol» 


12.  Moibegno 


18.  Kanderwerk 


14.  Kabelwerk 


15.  UrftUlsperre 
der  Rnrtal- 
sperren,  Ge- 
sellschaft m. 
b.  H.,  Heim- 
bach 

16.  Sillwerke  d. 
Stadt  «Inns- 
bruck 


17.  NoTaleaa  an 
derCenischia 


18.  Dorcbichnitt 


1897-1899 

10  liegende  Gehause- 

Franeis-Tnrbinen 

a  2000  PS« 


1899-1902 

4  liegende  Gehluse- 

Frands-Turbinen 

a  2000  PS. 

1898—1899 

6  liegende  Gehausetnr- 
blnen  ä  900  PS« 


1898-1900 

4Pelton-Bldersn500PS« 
2  .  ä  1000  PS« 


1898—1904 

8  liegende  Gehloee 


4  1500-2000  PS« 
TatsiehUeh   ani 
sind  nnr  6 


1901-1903 
6Pelton-Kdsra2500P8« 


1902-1905 

In  twei  staffelfSmüg 
fibereinander  gelegenen 
Zentralen.  lOFreistrahl- 
tnrbinen  Ton  je  1600  PS« 


187 


150 


800 


); 


875 
800 


500 


20000 


8000 


5400 


4000 


12000 


315 


15000 


500 


16000 


18383 


5383 


3600 


2666 


8000 


10000 


10666 


25,0  m  big  28,0  m 
a)  70    b)  55 


27,0  m  bifl  80,0  m 
a)  25    b)  15 

64,0m 
a)  6    b)  2 


87,0  m  big  92,0  m 
•)  4    b)  1 


70,0  m  big  110,0  m 
a)  11,4    b)  4,40 


187,0  m 
a)  8    b)  4 


418,1  m 
hm  oberen  Krafthanse 

440,70  m 


•>)  M    b)  0,7 


1565  600 
22,84  °/o 


78,3 


292000 
11,38  °/e 


36,5 


688500 

28,7  •/© 


172,1 


750000 
13,5  */e 


62,5 


117,4 


54,8 


258,3 


93,75 


20,62  •/• 


§  5. 


Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten. 


245 


Fortsetzung  der  Tabelle  I. 


Eoit«n    in    Mark 


für  Wehr-  imHT«iit^yi 

einschl.  Becken,  Schützen, 

Druekrokrleitang,  Wege, 

Zufuhrstrsssen,  Brücken 

einschliessl    etwaiger 

Sammelbecken 


imgansen 

inMk 

und  in  % 

Her  Gesamt- 

kosten 


pro  PS« 


3Ss 


8 


4  519  300 
65,91  °/o 


1806300 
70,43  °/o 


1391580 

58,04  °/o 
hiervon 
entfallen 

allein  auf  d. 

Stauweiher 
546  760 


4300000 

77,5  % 


2050000 


1231000 
68,78  °/o 

hiervon   . 
entfallen 
ca.  665000 

anf  die 
Dmckrohre 

58,06  % 


225,9 


225,8 


347,8 


858,3 


136,6 


76,9 


838,9 


838,7 


521,9 


537,6 


205,0 


115,5 


des 

Krafthaoses 


Im 

inMk. 

unata  Y# 

der  Ge- 

sanft- 

kosten 


pro  PS« 


iil 


9 


324500 
4,73  °/o 


198900 

7,7  °/o 


200000* 
8,34  °/o 


250000 
4,5  °/o 


209100 

einschL 
einiger 
Neben- 
gebinde 


320000 

17,86  °/o 


11,88  °/o 


16,2 


24,8 


50,0 


20,8 


13,9 


20,0 


24,3 


der  Turbinen  anläge, 
einsehliessL  selbst- 
wirkender Begier 
und  Laufkran 


im 


ffi 


und  in 

•/«der 

Gc- 

ssmt- 

kosten 


pro  PS« 


Sm* 


bis» 


10 


der  Gesamtanlage 
ad  7  bis  10 


imgansen 

inMk. 

und  in  •/© 

der  Gesamt- 
kosten 


pro  PS« 


0« 

00 


Ha  aS 


11 


1446600 
6,52  °/o 


37,2 


1267  300 
10,4  °/o 


75,0 


81,2 


117  500 

4,9  •/• 


250000 

4,5  */o 
for6 
Tur- 
binen 


20,9 


80,0 


240000 
18,4  °/o 


10,7  °/o 


22,3 


33,4 


29,4 


20,8 


15,0 


33,5 


50,1 


44,0 


31,2 


22,5 


6  856000 
100  °/o 


2  564500 
100  °/o 

2320000 


2397580 
100  °/o 


5550000 


1  791 000 
100  °/o 


342,8 


320,5 


429,7 


599,4 


462,5 


111,9 


448,8 


514,2 


480,9 


644,4 


899,3 


693,7 


167,8 


672,4 


Bemerkungen 


12 


Vorhandenes  Wehr 
im  Tessin  mit  be- 
notet, dessen  Ko- 
sten nicht  mitbe- 
rocksichtlgt  Bind. 
Werkkanal  0535.0 
m  lang,  ist  für 
Schiffahrt  einge- 
richtet. 

Wehr  in  der  Adds, 
Werkkanal  4920,0 
m  lang,  zum  Teil 
im  Tunnel,  zum 
Teil  offen. 

Wehr  in  derKander, 
Kanal  zum  Teil 
offen,  zum  Teil  im 
Tunnel,  Stau- 
weiher. 2  Druck- 
rohre. 

Beim  Krafthause 
Hind  68900  M.  für 
eine  1000  PS« 
Dampfreserve  ab- 
gezogen. Wehr  in 
dcrUrnäsch,Werk- 
kanal  4026,0  m  lg., 
im  Tunnel,  Stau- 
weiher ,  Druck- 
rohre. 

Die  stindig  vorhan- 
dene Mindestlei- 
stung betragt  4*00 
PS«. 


Z.  d.  V.  d.  I.  1906. 
Heft20  8.753.  Für 
2  Dmckrohre  von 
1 20  mm  Durchmes- 
ser und  je  ca  340,0 
m  Lange  ist  ein 
geschätzter  Pau- 
schalpreis von 
100000  M.  einge- 
setzt. Wehrinder 
SM,  Kanal  im 
Tunnel  7,5  km  lang. 

Wehr  in  der  Ceni- 
schia,  Werkkanal 
2341,0  m  lang,  tum 
Teil  offen,  zum 
Teil  bedeckt  Zwei 
Krafthaueer  Staf- 
fel förmig  über- 
einander. 


246  L    Theodor  Kot&x.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

übertriebene  Vorstellungen  von  dem  Werte  von  Wasserkonzessionen  ge- 
bildet haben.  Man  sieht  ans  Tabelle  I,  dass  diese  Kosten  pro  installierte  PS«  zwischen 
20,8  Mk.  bei  Chevres  und  225  Mk.  bei  Stuttgart  schwanken.  Im  letzteren  Falle  sind  mit 
der  Eonzession  Gebäude,  ein  ziemlich  grosser,  für  den  Ausbau  der  Wasserkraft  nicht 
unmittelbar  benötigter  Grundbesitz,  sowie  wasserbauliche  Anlagen  erworben,  welche  an 
sich  schon  einen  beträchtlichen  Wert  darstellen.  Im  Durchschnitt  betragen  die  Kosten 
Spalte  7  für  die  14  Werke,  für  welche  diesbezügliche  Angaben  gemacht  werden  konnten 
rund  100,0  Mk.  pro  installierte  PS*  Rechnet  man  die  Hälfte  der  Kosten  dieser  Spalte 
auf  Vorarbeiten  und  Grunderwerb,  so  würde  sich  im  Durchschnitt  für  die  Kon- 
zession allein  eine  Ausgabe  von  50,0  Mk.  pro  im  Krafthaus  installierte  PS* 
und  von  etwa  75,0  Mk.  der  sogenannten  mittleren  Nutzleistung  ergeben.  An 
sich  betrachtet,  könnten  die  Kosten  für  die  Konzession  um  so  höher  werden,  je  billiger 
sich  die  Anlage  und  namentlich  die  wasserbaulichen  Arbeiten  einschliesslich  Krafthaus 
und  Turbinen-Anlage  ausfuhren  lassen.  Da  grössere  Anlagen  im  allgemeinen  pro  PS« 
billiger  werden  als' kleine,  so  könnte  auch  die  Konzession  für  grössere  Anlagen  pro  PS» 
höher  bewertet  werden,  als  für  kleine.  In  der  Regel  aber  müssen  für  kleinere  Anlagen 
höhere  Preise  pro  Einheit  gezahlt  werden,  was  nur  zum  Teil  dadurch  eine  innere  Be- 
rechtigung hat,  dass  man  die  gewonnene  Kraft  bei  kleineren  Anlagen  oft  vollständiger 
und  zu  höheren  Preisen  ausnützen  kann.  Über  den  wirklich  begründeten  Wert  einer 
Konzession  kann  man  sich  überhaupt  erst  ein  angenähert  zutreffendes  Bild 
machen,  wenn  man  die  Anlagekosten  wenigstens  überschläglich  veranschlagt  hat.  Ein 
richtiges  Bild  erlangt  man  aber  erst  mit  erreichbarer  Genauigkeit  nach  Aufstellung 
einer  Rentabilitätsberechnung. 

Für  die  Ermittelung  der  Grunderwerbskosten  wird  der  Ingenieur 
meistens  die  nötigen  Unterlagen  aus  verfügbaren  Karten  und  durch  Nachfragen  bei  orts- 
kundigen Leuten  über  die  Einheitspreise  von  Grund  und  Boden  etc.  gewinnen,  so  dass 
an  dieser  Stelle  weitere  Erläuterungen  zu  diesem  Punkte  entbehrlich  sind.  Die  Kosten 
für  die  Vorarbeiten  ergeben  sich  entweder  im  Laufe  dieser  Arbeiten  von  selbst,  oder 
man  fügt  dieselben  dem  Anschlage  in  einer  runden  Summe  in  %  der  Gesamtanschlags- 
summe nachträglich  hinzu.  Es  bieten  hierfür  die  Normen  für  Ingenieurarbeiten,  welche 
in  den  meisten  Ländern  aufgestellt  sind,  eine  geeignete  Grundlage. 

Bei  Betrachtung  der  Spalte  8  in  Tabelle  I  springt  die  Billigkeit  des  wasserbau- 
lichen Teiles  besonders  von  zwei  Anlagen  in  die  Augen  und  zwar  von  Chevres  und  Hafs- 
lund.  Bei  Hafslund  konnte  das  Gefälle  eines  natürlichen  Wasserfalls  direkt  aus- 
genützt werden  und  es  war  ein  Wehr  überhaupt  nicht  nötig.  Es  liegt  also  hier  der  Fall 
vor,  wo  das  Nutzgefalle  einer  kurzen  Strecke  angenähert  gleich  dem  Rohgefälle  wird 
(vergl.  Taf.  XXXIII,  Fig.  6). 

Bei  Chevres  konnte  auf  der  felsigen,  festen  Flussohle  der  Rhone  ein  Wehr 
errichtet  und  durch  den  8,5  m  hohen  Stau  desselben  das  ganze  Nutzgefälle  gewonnen 
werden  (vergl.  Taf.  XXVII).  Das  Krafthaus  liegt  unmittelbar  am  Wehre,  so  dass  das 
Wasser  den  Turbinen  nur  durch  ein  Vorbecken  zugeführt  wird.  Das  Beispiel  von 
Chevres  bestätigt  die  allgemeine  Erfahrung,  dass  man  bei  gutem  Bau- 
grunde im  Flusse  im  allgemeinen  zu  billigeren  Kosten  pro  Einheit  ge- 
langt, wenn  man  das  gewünschte  Druckgefälle  durch  einen  hohen  Stau 
am  Wehre  gewinnt,  als  wenn  man  dieselbe  Leistung  durch  einen  längeren 
Werkkanal  oder  durch  ein  Stauwerk  mit  niedrigen  Stauundeinen  Werk- 
kanal erreichen  will.    Bauliche  Rücksichten  und  sehr  oft  auch  die  Rücksicht  auf 


§  5.  Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten.  247 

oberhalb  liegende  Kraftwerke  und  auf  das  anliegende  Ufergelände  ziehen  hier  eine  Grenze 
(vergl.  Kap.  DI,  1  Stauwerke).  Erwähnt  sei  noch  kurz,  dass  sich  diese  Erfahrung  bei 
den  Talsperren,  bei  welchen  die  grössten  Stauhöhen  vorkommen,  nicht  zu  bestätigen 
scheint,  weil  hier  die  Kosten  pro  gewonnene  PS0  meistens  recht  hoch  ausfallen.  Das 
hat  aber  seine  natürliche  Ursache  besonders  darin,  dass  in  den  Wasserläufen,  an  denen 
Talsperren  in  der  Regel  errichtet  werden,  die  nutzbaren  sekl.  Wassertaengen  und  zwar 
sowohl  die  355tägige,  als  auch  die  neun-  und  sechsmonatliche  verhältnismässig  klein 
sind.  Man  kann  deshalb  durch  den  grösseren  Stau  pro  m  nur  eine  verhältnismässig 
kleine  Vermehrung  der  ständig  zuflies  senden  Kraft  erzielen,  während  die  Mehr- 
kosten des  Bauwerkes  bei  höherem  Stau  wegen  der  stark  wachsenden  Kronenbreiten 
und  der  aus  Rücksicht,  auf  die  Festigkeit  grösseren  Mehrdicke  der  Staumauer  im  stärkeren 
Verhältnis  wachsen.  Talsperren  dienen  auch  häufig  in  erster  Linie  der  Abwendung  von 
Hochwassergefahren  oder  den  Zwecken  der  Wasserversorgung,  Bewässerung  oder  Schiffahrt 
und  nebenher  nur  denjenigen  der  Kraftgewinnung.  In  letzterer  Beziehung  bieten  sie  den 
Vorteil,"  als  Eraftsammler  zu  dienen,  um  bei  mangelndem  Zufluss  die  sekl.  Wassermenge 
für  Kraftzwecke  zu  vergrössern.  Aber,  um  z.  B.  die  sekl.  Wassermenge  während  90  Tagen 
und  24  stündigem  Betriebe  um  durchschnittlich  einen  cbm/sek.  zu  erhöhen,  braucht  man 
schon  einen  Stauraum  von  86400.90  =  7776000  cbm  Inhalt.  Man  kann  aber  durch 
einen  Meter  mehr  Stauhöhe  bei  einer  Wassermenge  von  1  cbm/sek.  nur  10  PS6  .gewinnen. 
Allgemein  betrachtet  würde  dieselbe  Staumauer  auch  ausreichen,  wenn  'die  ständig  zu- 
fliessende  sekl.  Wassermenge  10  cbm  oder  100  cbm  anstatt  1  cbm  betrüge.  Man  würde 
aber  durch  je  1,0  m  mehr  Stauhöhe  in  den  letztgedachten  Fällen  100,  bezw.  1000  PS« 
gewinnen.  Bei  Wehranlagen  für  Kraftzwecke  in  offenen  Flussläufen  handelt  es  sich  da- 
gegen meistens  nicht  mehr  —  oder  doch  nur  in  geringerem  Grade  —  um  die  Aufsamm- 
lung von  Wasser,  vielmehr  fast  ausschliesslich  um  die  Gewinnung  von  Druckgefalle,  und 
da  es  sich  hierbei  meistens  um  grössere  sekl.  Wassermengen  handelt,  so  ist  der  Gewinn 
an  Kraft  bei  jedem  Meter  mehr  Stau  verhältnismässig  gross. 

Die  Kosten  des  Einlaufs  und  des  Werkkanals  sind  naturgemäss  in  erster 
Linie  abhängig  —  gleiche  Boden-  und  Transportverbältnisse  vorausgesetzt  —  von  der 
sekl.  Wassermenge,  welche  den  Turbinen  zugeführt  werden  muss  und  von  dem  Gefälle 
im  Fluss.  Von  der  sekl.  Wassermenge  hängt  der  Querschnitt  des  Werkkanals  ab  und 
von  dem  Gefälle  im  Fluss  die  Länge  desselben,  wenn  man  ein  bestimmtes  Druckgefälle 
in  den  Turbinen  durch  die  Führung  des  Wassers  im  Werkkanal  erzielen  will. 

Es  sind  der  besseren  Übersicht  wegen  in  Tabelle  II  hier  noch  einmal  die  Gefälle 
im  Flusse  bei  15  von  den  in  Tabelle  I  betrachteten  Werken  hinzugefügt8). 

Die  Angaben  in  Spalte  9,  Tabelle  I,  betreffend  die  Kosten  für  die  Krafthäuser 
können  recht  gute  Anhaltspunkte  für  die  überschlägige  Veranschlagung  derartiger 
Bauwerke  bieten.  Wer  sie  aber  benutzen  will,  muss  doch  zuvor  die  Beschreibung  der 
einzelnen  Werke  durcharbeiten,  damit  er  bei  der  Auswahl  der  Einheitszahlen,  alle  be- 
sonderen Umstände  berücksichtigen  kann.  Es  sind  alle  Maschinenfundamente  und  alle 
Nebenräume,  wie  Wohnungen,  Werkstätten,  Anbauten  für  Transformatoren  etc.  einge- 
schlossen. Darin  enthalten  sind  auch  alle  für  die  Wasserführung  in  und  am  Krafthause 
notwendigen  Bauteile  (abgesehen  von  den  Druckrohrleitungen  selbst),  also  z.  B.  bei 
Schachtturbinen -Anlagen  alle  Bauteile,  beginnend  mit  der  Schwelle  des  Rechens,  über 
welche  das  Wasser  in  das  Gebäude  eintritt  bis  zu  der  Stelle,  wo  das  Turbinenwasser 
wieder  das  Gebäude  verlässt  und  in  den  freien  Unterwasserkanal  austritt. 


8)  Bei  dem  Kanderwerk  spielt  das  Gefälle  im  Flusse  für  die  vorliegenden  Betrachtungen  inso- 
fern keine  Bolle,  als  das  Wasser  ans  der  Kander  in  den  Thoner  See  abgeleitet  wird. 


248 


I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Axlgekeineb. 


Tabelle  II. 


Bezeichnung  des  Werkes 


Name  des  Flusses 


Gefälle  im  Flosa 
rund 


Bemerkungeil 


1.  Hafslund 

2.  Novalesa 

8.  Sillwerke 

4.  Pont  St  Martin  .    .    . 

5.  Bergamasca    .... 

6.  Morbegno 

7.  Kubelwerk 

8.  Avignonnet     .... 

9.  Füre  et  Morge    .    .    . 

10.  Marbach-Stuttgart  .    . 

11.  Viazola 

12.  Chevres 

18.  Lechwerk  Gersthofen  . 

14.  Torbigo  ...... 

15.  Jonage-Cusset-Lyon 


Glommen 

Ceniachia 

Sill 

Dora  Baltea 

Brembo 

Adda 

Urnasch 

Drac 

Drac 

Neckar 

Tessin 

Rhone 

Lech 

Naviglio  Grande 

Rhone 


1:1 

1:7-1: 10 

1:40-1:50 

1:70 
1 :  70-1 :  150* 
1 :  150-1 :  170 
1 :  150-1 :  180 
1 :  180-1 :  150 

1:170 

1:500 
1 :  800—1 :  500 

1 :  526 
1 :  700-1 :  750 

1:970 
1:1400 


Wasserfall 


♦In  der  Tabelle  T, 
8.    119   ist  ver- 
sehentlich     nur 
1 :  70  angegeben. 


Zur  Vervollständigung  des  Vergleichsmaterials  mag  hier  noch  eine  Zahlentafel 
über  Anlagekosten  von  Wasserkräften  eingefügt  werden,  welche  O.  v.  Miller  in 
seiner  schon  erwähnten  Abhandlung  „Die  Wasserkräfte  am  Nordabhange  der  Alpen u 
bringt4). 

Der  Nutzwert  einer  Wasserkraft  muss  im  allgemeinen,  wenn 
man  alle  anderen  Umstände  zunächst  einmal  ausser  Betracht  lässt, 
pro  Einheit  um  so  kleiner  ausfallen,  je  kleiner  das  Verhältnis: 

355  tagige  sekl.  Wassermenge 

sekl.  Wassermenge,  für  welche  Wasserfassung  und  Wasserführung  auszubauen  sind 
wird. 

Diejenige  Kraft,  welche  nur  neunmonatlich  vorhanden  ist,  hat  rein  zeitlich  be- 
trachtet nur  '/<  des  Wertes  der  ständigen  Kraft.  Da  aber  auch  der  Preis,  den  man 
für  eine  neunmonatliche  Kraft  erzielen  kann,  im  grossen  Durchschnitt  nicht  mehr  als 
*U  des  Wertes  der  ständigen  Kraft  ausmacht,  so  ist  der  Wert  der  neunmonatlichen 
Kraft  pro  Einheit  im  Durchschnitt  nur  9/ie  desjenigen  der  ständigen  Kraft.  Der  Wert 
der  sechsmonatlichen  Kraft  ist  rein  zeitlich  betrachtet  nur  gleich  V»  des  Wertes  der 
ständigen  Kraft.  Da  aber  der  erzielbare  Preis  für  die  erstgenannte  pro  Einheit  im 
Durchschnitt  nur  halb  so  gross  ist,  als  der  Preis  der  ständigen  Kraft,  so  ergibt  sich 
für  die  sechsmonatliche  Kraft  nur  ein  Wert  von  V*. 

Um  eine  Einschätzung  der  in  Tabelle  I  aufgeführten  Wasserkräfte  von  diesen  Ge- 
sichtspunkten aus  zu  ermöglichen,  sind  in  Tabelle  IV  für  16  Anlagen  noch  einmal  die 
Gesamtkosten  für  den  im  engeren  Sinne  eigentlichen  r wasserbaulichen"  Teil  zusammen- 
gestellt und  die  Einheitspreise  auf  die  grösstp  Leistung,  wofür  Wasser- 
führung und  Wasserfassung  ausgebaut  sind,  und  auf  die  sogenannte 
„ständige"  Leistung  bezogen.  Es  ist  interessant  und  wichtig,  zu  sehen,  wie  weit 
die  Einheitskosten  von  Spalte  5  und  6  auseinanderliegen.  Die  Tabelle  IV  ist  auch 
insofern  von  Interesse,   als   sie  an  16  ausgeführten  Beispielen  übersichtlich  zeigt,  wie 


<)  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1908.  8.  1006. 


§  5. 


Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten. 


249 


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§  5.  Die  wirtschaftlichen  Vokakbeiten.  251 

ungefähr  die  Leistung,  für  welche  man  Wasserführung  und  Wasserfassung  ausgebaut 
hat,  sich  zu  der  sogenannten  ständigen  Leistung  verhält. 

Mit  der  Auswahl  derjenigen  sekl.  Wassermenge,  für  welche  man  die  Wasserbauten 
ausführen  will,  wird  man  auch  meistens  die  Frage  zu  entscheiden  haben,  ob  man  die 
Errichtung  einer  Reserve  in  Wärmeantriebsmaschinen  und  wenn  ja,  für  welche  Leistung 
vorsehen  will.    . 

Der  hauptsächlichste  Bedarf  wird  im  grossen  Durchschnitt 
immer  in  solcher  Kraft  vorhanden  sein,  welche  ständig  verfügbar  ist. 
Je  weniger  sicher  man  in  der  Lage  ist,  den  Eintritt  von  Wassermangel  voraus  zu  be- 
stimmen und  je  häufiger  man  mit  der  Möglichkeit  seines  Eintritts  zu  rechnen  hat,  um 
so  schwieriger  wird  es  sein,  die  aus  den  stärkeren  Zuflüssen  erzielte  Kraft  zu  ver- 
kaufen, wenn  man  keine  Reserve  in  Wärmeantriebsmaschinen  zur  Verfügung. hat.  Die 
Sicherheit  der  Lieferung  ist  den  meisten  Abnehmern  eine  Haupt- 
bedingung. 

Oft  wird  der  Ausbau  der  Wärmekraftreserve  erst  einige  Jahre  nach  der  Betriebs- 
eröffnung vorzunehmen  sein,  sobald  sich  die  Abnahme  der  gewonnenen  Energie  von 
seiten  der  Konsumenten  genügend  entwickelt  hat.  Indessen  der  Gesamtplan  sollte, 
wenn  irgend  möglich,  von  vornherein  feststehen,  weil  man  nicht  allein  mit  manchen 
baulichen  Anlagen,  sondern  auch  mit  der  Kapitalsbeschaffung  darauf  Rücksicht  zu 
nehmen  hat. 

In  manchen  Fällen  kann  es  sich  als  sehr  zweckmässig  erweisen,  mit  der  Errich- 
tung der  Reserve  in  Wärmekraftmaschinen  zu  beginnen  und  zwar  aus  folgenden  Gründen: 
Da  die  Abnehmer  sich  nur  selten  auf  feste  Verpflichtungen  zur  Kraftabnahme  einlassen, 
solange  die  Kraft  noch  nicht  greifbar  ist,  so  sind  die  Jahre  des  Ausbaues  der  Wasser- 
kraft  ftr  die  Anwerbung  von  Abnehmern  zum  grössten  Teile  verloren.  Es  können  sich 
aber  die  Aussichten  für  die  Unterbringung  der  Kraft  während  eines  mehrjährigen  Zeit- 
raums durch  Vergebung  von  Konzessionen  an  andere,  durch  Einrichtung  von  anderen 
Kraftquellen  usf.  sehr  verschlechtern.  Für  die  Ausnützung  der  Wasserkraftanlage  ist 
es  dagegen  von  grosser  Bedeutung,  dass  mit  der  Betriebseröffnung  bereits 
eine  grössere  Kraftlieferung  vorliegt,  denn  anderenfalls  belasten  nämlich 
Betriebszuschüsse  solange  das  Unternehmen,  unter  Umständen  auf  mehrere  Jahre,  bis 
die  Betriebseinnahmen  die  volle  Deckung  der  indirekten  und  direkten  Betriebsausgaben 
gestatten.  Die  Rechnung  wird  daher  oft  ergeben,  dass  die  Verluste,  welche  durch  den 
vorübergehenden  Betrieb  mit  der  Reserve  in  Wärmeantriebsmaschinen  während  der  Bau- 
periode entstehen  können,  durch  die  schnellere  Entwickelung  der  Einnahmen  mehr  als 
ausgeglichen  werden. 

Bei  genügendem  Bedarf  wird  man  in  der  Regel  zur  Ergänzung  der  neunmonat- 
lichen Kraft  eine  Dampfreserve  einrichten.  Aus  den  Seite  318  u.  ff.  gegebenen  Tabellen  XXX 
und  XXXI  über  die  Betriebskosten  von  Wasserkraftanlagen  mit  Dampfreserve  ergibt  sich, 
dass  —  die  für  die  genannten  Tabellen  angenommenen  durchschnittlichen  Verhältnisse 
zugrunde  gelegt  —  die  Anlagekosten  pro  PS«  durch  die  Dampfreserve  wachsen: 
bei  einer  Anlage  von    200  PSe  von  1383,2  auf  1870,6  Mk.  d.  h.  um  42,5% 

»       »  »  ■■     .      600    ,      ,     1004,7    „     1362,3    n     m    9     „    35,6% 

,       „  ,        „     2000    ,      ,      736,7    „      998,5    ,     ,    ,     „    35,6% 

Vorgreifend  sind  die  Betriebskosten  pro  PS6  -  Stunde  den  Tabellen  XI  und  XIII 
S.  272  u.  ff.  und  XXX  und  XXXI  S.  318  u.  ff.  entnommen  und  in  Tabelle  V  vergleichungs- 
halber  zusammengestellt,  um  hier  schon  den  Einfluss  der  Dampfreserve  auch  in  dieser 
Beziehung  vor  Augen  zu  fuhren. 


252 


L    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 


Tabelle  V. 

Vergleichende  Zusammenstellung  yon  Betriebskosten  bei  Wasserkraft- Anlagen  mit  and  ohne  Dampfreserre. 


Leistung  der  Wasser- 
kraft in  PSe 

200  während  270  Tagen 
100                  90     , 

600  während  270  Tagen 
300                 90     , 

2000  während  270  Tagen 
1000                  90     , 

Kosten  pro  P3e-Stnnde  und  K-W  Stande  in  PI  (volle  Belastung  yoransgesetst) 

Betriebsdauer 

# 

a)  ohne 
Dampf- 
reserre 

b)  mit 

Dampfreserve 

für  100  PSe 

a)  ohne 
Dampf- 
reserre 

b)  mit 

Dampfreserre 

fte  800  PS* 

a)  ohne 
Dampf- 
reserre 

b)  mit 

Dampfreserre 

für  1000  PSe 

1.  bei  3000-3  600  stän- 

digem Betriebe  jähr- 
lich pro  PSe -St .    . 
,    KW-St  .    . 

5,07 
6,89 

6,61 
8,98 

8,28 
4,45 

4,47 
6,08 

2,42 
3,29 

3,28  |    Ott 

2.  bei  8520-8640stttn- 

digem  Betriebe  jähr- 
lich pro  PS«- St.    . 
,    KW-St.    . 

2,59 
3,52 

3,92 
5,33 

1,56 
2,12 

2,58 
3,51 

1,08 
1,47 

1,86  f    bdSSb 

o  c  o  1    während 
*&*  l    2160  8t 

Es  handelt  sieh  um  PSe -St  und  KW-St,  welche  an  das  Verteilungsnetz  abgegeben  werden. 
Die  Leistungen  der  Wasserkraft  sind  also  am  Ende  der  Fernleitung,  diejenige  der  Dampfreserve  an  den 
Sammelschienen  der  Zentrale  gemessen.     Kohlenpreis  Mk.  2. —  für  100  kg. 

Ans  den  Zahlen  der  Tabellen  XI  bis  XIII  S.  272  u.  ff.  und  XXIII  bis 
XXVI  S.  300  n.  ff.  lässt  sich  dann  noch  auf  Grundlage  der  jährlichen  Be- 
triebskosten ein  Vergleich  anstellen  über  den  Wert  einer  ständigen 
Wasserkraft  verglichen  mit  einer  neunmonatlichen  Kraft,  welche 
während  drei  Monaten  durch  Wärmekraft  vollständig  ersetzt  werden  muss. 

Die  in  Tabelle  Y  mitgeteilten  Zahlen  geben  insofern  hierüber  noch  keine  Aus- 
kunft, weil  in  den  Spalten  b  durchschnittliche  jährliche  Betriebskosten 
pro  Einheit  des  gemischten  Betriebes,  also  einschliesslich  der  ständigen 
Wasserkraft  enthalten  sind  und  das  Bild  sich  sehr  verändert,  wenn  man  die  ständige 


Tabelle  VI. 

Bewertung  von  ständigen  und  unständigen  Wasserkräften  auf  Grundlage  der  jährliehen  Betriebs- 


1.  Grösse  der  ständigen  Wasserkraft  in  PSe    .    . 

100 

2.  Grösse  der  während  270  Arbeitstagen  vorhan- 

(100  + 100)  =  200 
100 

(100  X  3600  X  0,90  X  0,95)  x  0,0507  =  15605,46  Mk. 

(100  X  2700  X  0,90  X  0,95)  X  0,0507  =  11704,00    . 
(100  X  900  X  0,90)  X  0,1689             =13680,00    „ 

3.  Grösse  der  Dampfreserve  in  PSe,  welche   an 
90  Tagen  die  Differenz  zwischen  1  u.  2  ersetzt 

4.  Jährliche  Betriebskosten    bei    3  600    Betriebs- 
stunden (10  Stunden  täglich)  in  Mk.: 

a)  der  ständigen  Kraft  (vergl.  Tab.  XI  Nr.  24) 

b)  der  unständigen  Kraft  und  zwar: 

1.  der  9  monatlichen  Wasserkraft  abzüglich 

2.  der  Dampfreserve,    welche  an  90  Tagen 
die  unständige  Wasserkraft  ad  b  1  ersetzt 

(vgl.  Tab.  XXIII,  Nr.  20,  Spalte  3, 4+5  u.  11) 

25  384,00  Mk. 

1 : 1,63  SQ  0,61  SO  -^- 

§    6. 


Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten. 


253 


Wasserkraft  für  sich  getrennt  betrachtet  Es  ist  daher  in  Tabelle  VI  dieser  Vergleich 
Auf  der  Grundlage  der  jährlichen  Betriebskosten  und  zwar  unter  Annahme  einer  Reserve 
in  Dampfmaschinen  durchgeführt. 

Nimmt  man  an,   dass  der  Wert  Wa  der  ständigen  Wasserkraft  zum  Werte  der 
unständigen  Kraft  Wb  im  umgekehrten  Verhältnis  steht  zu  den  jährlichen  Betriebskosten 

also  =p  =  -undWb=WÄ.| 

48  44  466 

so  beträgt  nach  Tabelle  VI  der  Wert  der  unständigen  Kraft  nur  ^  bezw.   qä  bezw.  ■■    ' 

oü  oU  oü  • 

desjenigen  der  ständigen  Kraft. 

Es  war  oben  S.  248  aus  anderer  Überlegung  ermittelt,  dass  der  Wert  der  neun- 
monatlichen Wasserkraft  9/i«  =  46/so  des  Wertes  der  ständigen  Kraft  beträgt.  Man  sieht 
also,  dass  sich  aus  den  Betriebskosten  bei  3  600  stündigem  Betriebe  pro  Jahr  und  voller 
Belastung,  sowie  bei  Annahme  einer  Dampfreserve  für  die  Differenz  zwischen  neun- 
monatlicher Kraft  und  ständiger  ungefähr  dasselbe  Verhältnis  ergibt.  Legt  man  —  die 
sonstigen  Umstände  gleich  gedacht  —  7200 stündigen  Betrieb  pro  Jahr  zugrunde,  so 
verändert  sich  das  aus  den  Betriebskosten  ermittelte  Wertverhältnis  von  ständiger  zur 
neunmonatlichen  Kraft  auf  etwas  unter  1/t.  Diese  Wertzahlen  haben  naturgemäss 
keine  allgemeine  Gültigkeit,  treffen  aber  für  durchschnittliche  Verhältnisse  zu  und  können 
daher  dazu  dienen,  die  allgemeine  Übersicht  zu  erleichtern  und  grössere  Klarheit  in  der 
Bewertung  von  Wasserkräften  und  Konzessionen  zu  schaffen.  Es  muss  auch  beson- 
derer Wert  darauf  gelegt  werden,  recht  deutlich  und  eindringlich  vor 
Augen  zu  führen,  wie  durchaus  notwendig  es  ist,  dass  ein  Ingenieur 
bei  Angabe  von  Anlage-  und  Betriebskosten  für  Wasserkraftanlagen 
niemals  kurzweg  von  PS  oder  KW  spricht,  sondern  dass  er  stets  Charak- 
teristika hinzufügt,  welche  für  den  Leser  jeden  Zweifel  ausschliessen. 

In  den  Tabellen  V  und  VI  wurde  volle  Belastung  der  Maschinen  angenommen. 
In  Wirklichkeit  kann  man  keineswegs  immer  damit  rechnen,  vielmehr  schwankt  die 
Belastung  während  der  einzelnen  Stunden  des  Tages  und  der  Nacht  und  ebenso  auch 
in  den  einzelnen  Monaten.    Es  werden  deshalb  die  Betriebskosten  in  absoluten  Zahlen 


Tabelle  VI. 

kosten  anter  Annahme  einer  Dampfreserve,  welche  die  ständige  Kraft  auf  die  9  monatliche  ergänzt. 


300 


(300  +  300)  =  600 


300 


(300  X  3600  X  0,90  X  0,945)  X  0,0328  =  29 128,10  Mk. 


(300  X  2700  X  0,90  X  0,945)  X  0,0328  =  22596,00    „ 


(300  X  900  X  0,90)  X  0,1289 


1:1,80^0,55^0 


30107,70 


52  703,70  Mk. 


44 
80 


1000 


(1000  + 1000)  =  2000 


1000 


(1000  X  3  600  X  0,88  X  0,894)  X  0,0242  =  68539,00  Mk. 


(1000  X  2  700  X  0,88  X  0,894)  X  0,0242  =  51 404,30 


(1000  X  900  X  0,88)  X  0,0873 


=  69141,60  , 
120545,90  Mk. 


1 : 1,76  ce  0,57  ^-^p 


254  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 

pro  PS«-St.  oder  KW.-St.  im  allgemeinen  höher  werden,  als  sie  sich  ans  den  Tabellen  XI 
bis  XLII,  XIX  bis  XXVI  und  XXX  bis  XXXI  ergeben,  aber  die  obigen  Verhältniszahlen 
werden  dadurch  doch  wenig  berührt.  Dagegen  muss  man  bei  Durchführung  der  ver- 
gleichenden Betriebsrechnungen  für  die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten  danach  streben,  von 
vornherein  eine  möglichst  gute  Übersicht  über  die  zu  erwartenden  Betriebsverhältnisse 
einer  Wasserkraftanlage  zu  gewinnen. 

In  Tabelle  V  S.  252  und  noch  genauer  in  den  Tabellen  XI,  XII  und  XIII  S.  272  u.  L 
ist  gezeigt,  wie  mit  dem  Wachsen  der  jährlichen  Betriebsstunden,  während  welcher  eine 
Wasserkraft  ausgenützt  werden  kann,  die  Betriebskosten  pro  PSe-Stunde  sinken.  Aus 
den  Tabellen  XIX  bis  XXVI  S.  296  u.  fi.  über  die  Betriebskosten  von  Dampfmaschinen 
wird  man  erkennen,  dass  die  Betriebskosten  pro  PSe-Stunde  bei  dieser  Betriebsart  nicht 
in  gleich  starkem  Verhältnis  zur  Betriebsdauer  abnehmen,  weil  der  Einfluss  der  indirekten 
Betriebskosten,  welche  ganz  oder  zum  Teil  unabhängig  von  der  Betriebsdauer  sind,  bei 
den  Dampfanlagen  eine  erheblich  kleinere  Rolle  spielt,  als  bei  den  Wasserkraftanlagen. 
Es  können  deshalb  unter  Umständen  sehr  teuere  Wasserkraftanlagen  noch  rentabler,  als 
Dampfanlagen  sein,  wenn  die  Ausnützungsmöglichkeit  eine  grosse  ist.  Ein  sprechen- 
des Beispiel  hierfür  ist  die  Wasserkraftanlage  der  Stadt  Stuttgart  in  Marbach.  Obwohl 
dieselbe,  wie  aus  Tabelle  I  ersichtlich,  mit  zu  den  teueren  Anlagen  gehört,  gibt  sie  den- 
noch sehr  gute  wirtschaftliche  Ergebnisse,  weil  sozusagen  jeder  Tropfen  Wasser  voll  aus- 
genützt werden  kann.  Es  ist  nämlich  in  Stuttgart  vor  Errichtung  der  Wasserkraftanlage 
eine  grosse  Dampfanlage  und  zwei  grosse  Akkumulatorenbatterien  für  Licht-  und  Strassen- 
bahnbetrieb  vorhanden  gewesen.  Ausserdem  ist  der  Kraftbedarf  um  ein  vielfaches  grösser, 
als  die  Höchstleistung  der  Wasserkraftanlage.  Man  kann  daher  jeden  Zustand  im  Wasser- 
zufluss  des  Neckars  Tag  und  Nacht  voll  ausnützen  und  zwar  während  des  Tages,  indem 
man  entsprechend  weniger  Dampfmaschinen  mitlaufen  läset  und  während  der  Nacht, 
solange  der  direkte  Bedarf  kleiner  ist,  als  die  Leistung  der  Wasserkraft,  indem  man  die 
Akkumulatorenbatterie  auflädt. 

'  Auch  bei  der  Anlage  Jonage-Cusset-Lyon,  bei  welcher,  wie  bereits  erwähnt,  die 
Anlagekosten  durch  besondere  Schwierigkeiten  eine  ungewöhnliche  Höhe  erreicht  haben, 
hat  sich  doch  im  Laufe  der  Jahre  eine  Rentabilität  entwickeln  können,  weil  der  grosse 
Kraftbedarf  der  Stadt  Lyon  eine  fast  vollkommene  Ausnützung  des  fliessenden  Wassers 
gestattet.  — 

Während  der  Bauingenieur  bei  Veranschlagung  des  wasserbaulichen  Teiles  und 
des  Erafthauses  für  die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten  sich  auf  Grund  von  vorläufigen 
Skizzen  alle  Elemente  des  Anschlages  selbst  zu  verschaffen  vermag,  ist  er  bei  Veran- 
schlagung der  Turbinenanlage  auf  die  Mitwirkung  des  Turbineningenieurs  angewiesen. 
Auf  Anfrage  werden  die  Turbinenbau- Anstalten  meistens  bereit  sein,  Kostenanschläge 
zu  machen.  Voraussetzung  ist  aber  dabei,  dass  richtige,  ausführliche  und  klare  An- 
fragen ausgearbeitet  werden.  Hierzu  ist  es  unbedingt  erforderlich,  dass  der  Bauingenieur 
die  Einzelheiten  der  Wasserkraft-Maschinen  soweit  beherrscht,  dass  er  versteht,  welche 
Umstände  und  Verhältnisse  für  die  richtige  Auswahl  des  Systems  der  Turbinen  und  für 
die  Durchbildung  ihrer  Konstruktionen  von  Einfluss  sind.  Deshalb  ist  diesem  Bande 
eine  besondere  Abhandlung  über  Turbinen  im  Kap.  III,  5  beigefügt.  Es  kann  nicht 
dringend  genug  darauf  hingewiesen  werden,  dass  nur  dann  bei  einer 
Torbinenanlage  der  höchste  Nutzeffekt  und  die  kleinsten  Betriebskosten 
erzielt   werden   können,    wenn  der  Turbinen-Bauanstalt  vom  Besteller 


§  5.  Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten.  255 

alle  erforderlichen  Unterlagen  rechtzeitig,  richtig  und  vollständig  mit- 
geteilt werden.    Hierzu  gehören  in  erster  Linie: 

1.  Die  sekl.  Wassermengen  und  zwar  die  kleinste  (355  tägige),  die  neunmonatliche, 
die  sechsmonatliche  und  die  grösste,  welche  überhaupt  verfügbar  sein  kann.  Hinzugefügt 
muss  werden  eine  Darstellung  der  Dauerlinien  der  einzelnen  sekl.  Wassermengen  und 
zwar  für  das  trockenste,  für  das  nasseste  und  für  das  mittlere  Jahr  (vergl.  S.  142).  Es 
ist  auch  erwünscht  hinzuzufügen,  für  welchen  Zustand  die  höchsten  Nutzeffekte  erwartet 
werden,  Wenn  der  Kraftbedarf  besonders  in  der  Zeit  des  Wassermangels  gross  ist,  so 
kann  es  unter  Umständen  zweckmässig  sein,  bei  der  Konstruktion  der  Turbinen  speziell 
auf  diesen  Zustand  Rücksicht  zu  nehmen,  indem  man  entweder  alle  Turbinen  hierfür 
einrichtet,  oder  indem  man  einen  Teil  der  Turbinen  speziell  für  die  Arbeit  bei  kleinster 
Wassermenge  und  dem  zugehörigen  Druckgefälle  bestimmt. 

2.  Das  Gefälle,  d.  h.  die  Höhendifferenz  von  Ober-  und  Unterwasserspiegel  an 
der  Stelle,  wo  die  Turbinen  aufgestellt  werden  sollen.  Hierbei  sind  natürlich  alle  ver- 
schiedenen Gefalle  für  die  einzelnen  charakteristischen  sekl.  Wassermengen  anzugeben, 
was  am  besten  unter  Bezugnahme  auf  die  Dauerlinien  geschieht» 

3.  Die  Verhältnisse  vom  Ober-  und  Unterkanal,  nämlich  die  Breite,  die  Wasser- 
tiefe und  Länge  derselben  mit  einem  Längsprofil,  in  welchem  die  wichtigsten  Wasser« 
stände  einzutragen  sind.  Ebenso  sind  die  lichten  Weiten  und  Wassertiefen  der  Einlauf- 
schützen mitzuteilen.  Der  Turbinenbauer  wird  bei  älteren  Anlagen  oft  in  die  Lage 
kommen,  Verbesserungsvorschläge  zu  machen.  Sind  Druckrohrleitungen  vorhanden  oder 
projektiert,  so  ist  deren  Länge  und  lichte  Weite  anzugeben.  Bei  bereits  vorhandenen 
Anlagen  muss  die  Zahl  und  Grösse  der  gleichzeitig  betriebenen,  an  einem  Bohrstränge 
angeschlossenen  Turbinen  mitgeteilt  werden. 

4.  Soll  die  Turbine  an  eine  vorhandene  Transmission  angeschlossen  werden,  so 
ist  die  Angabe  der  Höhenlage  derselben  im  Verhältnis  zum  Oberwasserspiegel,  die  Dreh- 
richtung und  die  minutliche  Umdrehungszahl  notwendig. 

5.  Wegen  der  Wahl  der  Umdrehungszahl  der  Turbine  selbst  ist  es  notwendig, 
anzugeben,  was  die  Turbine  antreiben  soll  und  ob  Beserve  in  Dampfmaschinen  oder 
anderen  Wärme- Antriebmaschinen  vorhanden  oder  geplant  ist,  welche  zeitweise  dieselben 
Vorrichtungen  zu  treiben  hat. 

6.  Wenn  selbsttätige  Begelung  der  Turbine  gewünscht  wird,  was  bei  Elektri- 
zitätswerken stets  der  Fall  sein  dürfte,  so  muss  angegeben  werden,  welches  Mass  von 
Gleichmässigkeit  des  Ganges  verlangt  wird  und  welche  Schwungmassen  in  den  anzu- 
treibenden Maschinen  schon  enthalten  sind.  Bei  Elektrizitätswerken  wird  der  Turbinen- 
bauer mit  dem  Elektrotechniker  Hand  in  Hand  zu  gehen  haben  (vergl.  Kap.  IU,  5  Turbinen 
und  6  B  Krafthäuser,  Elektrischer  Teil). 

Der  entwerfende  Bauingenieur  wird  aber  recht  oft,  bevor  er  imstande  ist,  alle 
diese  Angaben  sachgemäss  zu  machen,  in  die„ Notwendigkeit  versetzt  sein,  durch  ver- 
gleichende Rechnung  erst  eine  bestimmte  Lösung  als  die  beste  für  den  wasserbaulichen 
Teil  herauszufinden.  Um  diese  Arbeit  zu  erleichtern,  ist  es  sehr  erwünscht,  dass  ihm 
überschlägliche  Preise  für  Turbinenanlagen  zur  Hand  sind,  damit  er  ohne  allzu  weit- 
läufige und  zeitraubende  Arbeiten  vergleichende  Betriebskostenrechnungen  und  Renta- 
bilitätsberechnungen anstellen  kann.  Es  sind  deshalb  in  der  nachfolgenden  Tabelle 
eine  Anzahl  mittlerer  Preise  von  Turbinenanlagen  gegeben,  welche  der  Praxis  ent- 
nommen sind  und  zum  Teil  auf  Angaben  von  Turbinen-Bauanstalten,  zum  Teil  auf  An- 
gaben im  Betriebe  befindlicher  Werke  beruhen.     Die  Tabelle  ist  leider  noch  sehr  unvoll- 


266 


L    Theodor  Kokhn.    Ausbau  von  Wassehe&Iften.    Allgemeines. 


Tabelle  VIL 

Anaähenuigspreiae  für  vollständige,  betriebsfertig  aufgestellte  Turhinenanlagen  pro  inst  PSe  einschliess- 

einschlieeslich  der  Abzweigrohre  yon  dem 


Leistung  der  Turbinen  in  PS« 

50 

100 

800 

Gefalle 
in  m 

Art  der  Turbinen 

Preis 
inMk. 

Um- 
drehungs- 
zahl in 
der  Min. 

Ge- 
wicht 
in  kg 
p.PSe 

Preis 

inMk. 

pro 

PS« 

Um- 
drehungs- 
zahl in 
der  Min. 

Ge- 
wicht 
in  kg 
p-PS* 

Preis 
inMk. 

Um- 
drehungs- 
zahl in 
der  Min. 

Ge- 

inkg 
p.PS» 

1 

2 

8 

4 

5 

2,0 

Stehende  Francis- 
Schacht-Tnrbine 

165,0 

50-60 

200,0 

155,0 

40-50 

180,0- 
190,0 

150.0 

86-40 

170,0 

5,0 

Stehende  Francis- 
Schacht-Tnrbine 

125,0 

150 

— 

120,0 

150 

— 

100,0 

150 

— 

10,0 

Schacht-Turbine 

10,0 

Liegende  Francis- 
Gebiuie-Turbine 

— 

— 

— 

80,0 

250 

— 

60,0 

200 

— 

80,0 

Liegende  Francis- 
Gehtuse-Turbine 

— 

— 

— 

65,0 
(54,0) 

500-600 
(600) 

45,0 
(45,0) 

55,0 

400-500 

40,0 

100,0 

Liegende  Freistrahl- 
Turbine 

- 

85,0 
(25,0) 

400-500 
(400) 

28,0 
(28,0) 

400,0 

Liegende  Freistrahl- 
Turbine 

_ 

45,5 
(88,0) 

600 
(600) 

35,0 
(85,0) 

25,0 
(21,0) 

500-600 
(500) 

20,0 
(20,0) 

ständig,  aber  sie  wird  immerhin  eine  ganze  Reihe  von  Anhaltspunkten  bieten.  Es  wäre 
sehr  erwünscht,  wenn  sie  den  Antoss  gäbe,  weiteres  diesbezügliches  Material 
zu  sammeln  and  zn  veröffentlichen.  Bei  dem  zurzeit  erhältlichen  Material  er- 
schien es  am  richtigsten  die  Kosten  pro  PS«  der  installierten  Leistung  für  betriebsfertig 
aufgestellte  Anlagen  und  einschliesslich  aller  Nebenanlagen  anzugeben.  Die  in  der  Tabelle 
gegebenen  Einheitspreise  sind  mittlere  aus  dem  Jahre  1897 — 1905  und  beziehen  sich 
auf  die  rolle  Leistung  und  auf  die  betriebsfertig  aufgestellte  Anlage.  Die  eingeklammerten 
Zahlen  stammen  aus  den  Jahren  1904/1905.  Sie  beziehen  sich  aber  nicht  auf  die  be- 
triebsfertig aufgestellte  Anlage,  sondern  auf  die  Einheitskosten  ab  Fabrik,  d.  h.  ohne 
die  Kosten  für  Transport  und  Montage. 

Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  die  Preise  bei  ein  und  derselben  Gefallstufe  mit 
der  Grösse  der  Umdrehungszahl  in  dem  Sinne  veränderlich  sind,  dass  sie  bei  kleiner  Um- 
drehungszahl wachsen  und  bei  grosser  Umdrehungszahl  abnehmen,  ebenso  dass  die  Preise  mit 
wachsender  Grösse  abnehmen.  Die  Tabelle  VII  zeigt  auch  deutlich  den  Einfluss  des  Gefälles 
auf  die  Einheitskosten.  Die  verschiedenen  Aufstellungsarten  und  Systeme,  ob  liegende,  ob 
stehende,  ob  Schacht-  oder  Gehäuseturbinen,  ob  Francis-  oder  Freistrahlturbinen  greifen  bei 
einzelnen  Gefällstufen  übereinander,  so  dass  die  in  Spalte  2  der  Tabelle  VII  angegebenen 
Typen  nicht  die  einzigen  sind,  welche  in  Frage  kommen.  Es  war  für  den  Verfasser  hierbei 
das  zunächst  erreichbare  Zahlenmaterial  allein  massgebend.  Dass  die  Preise  auch  Schwan- 
kungen der  Konjunktur  unterliegen,  will  sagen,  dass  sie  von  den  Materialpreisen  und 
der  Höhe  der  Löhne,  sowie  von  dem  Beschäftigungsgrade  der  Werkstätten  abhängen, 
braucht  wohl  nicht  besonders  hervorgehoben  zu  werden.  Es  ist  ferner  selbstverständ- 
lich, dass,  wenn  auch  die  Herstellungskosten  in  der  Fabrik  dieselben  wären,  die  wirk- 
lichen Kosten  an  Ort  und  Stelle  einschliesslich  der  Montage  in  erheblichem  Masse  von 


o. 


DlE  WIRTSCHAFTLICHEN   VORARBEITEN. 


257 


Tabelle  VII. 

lieh  der  selbsttätigen  Begier,  Schätzen,  Schieber,  Drosselklappen  in  und  an  dem  Krafthaue«,  sowie 
Hanpt-Drnekrohr  und  der  Saugrohre. 


500 


Preis 
inMk. 


Dm- 

drehuDgs* 

aahlin 

der  Mio. 


Ge- 
wicht 
in  kg 
p.PS* 


6 


1000 


Preis 

inMk. 

pro 

PS« 


Um- 
drehungs- 
zahl in 
der  Min. 


Ge- 
wicht 
in  kg 
p.  PS« 


2000 


Preis 

inMk. 

pro 

P8. 


Um- 
drehungs- 
zahl in 
der  Hin. 


Ge- 
wicht 
in  kg 
p.PS0 


8 


4000 


Preis 
inMk. 


Um- 
drehungs- 
zahl in 
der  Min. 


9 


Ge- 
wicht 
in  kg 
p.PS. 


80,0 


50,0 

88,0 
(29,0) 

80,0 


(18,0) 


150 


80,0 


180 

850 

(850) 

500 


25,0 
(25,0) 


(500) 


(17,0) 


45 

22 

(18) 
80 

28 

20 

(15) 
17 


120 

125 

(180) 

150—160 
200 

850 

(850) 

850 


80,0 


16,0 
(16,0) 

11,0 


25,0 

20,0 

17,0 

18,0 
(9,50) 


150-160 

180—190 

800 

350 

(350) 


8,0 
(8,0) 


18,8 
(14,0) 

15,0 

9,0 

(«,« 


180 
(180) 

800 

850 

(350) 


15,0 
(15,0) 


6,0 
(6,0) 


dem  mehr  oder  weniger  weitem  und  schwierigem  Transport,  von  den  Hilfsmitteln,  welche 
bei  der  Montage  zur  Verfügung  stehen,  von  den  Reisekosten  des  Personals  usw.  ab- 
hängen. Wenn  z.  B.  eine  Turbine  von  der  Schweiz  nach  den  Necaxa-Fällen  in  Mexiko 
transportiert  werden  und  dort  an  einer  Baustelle  aufgestellt  werden  muss,  zu  welcher 
von  der  letzten  Eisenbahnstation  nur  schlechte  oder  überhaupt  keine  geebneten  Wege 
führen,  so  kann  natürlich  der  Preis  einer  solchen  Turbinenanlage  pro  PS*  das  Doppelte 
und  Dreifache  von  dem  betragen,  was  dieselbe  Anlage  in  der  Schweiz  selbst  gekostet 
haben  würde. 

Übrigens  sind  die  Transportverhältnisse  auch  bei  der  Wahl  der  Einheit  und  bei 
der  Konstruktion  der  Turbinen  insofern  zu  berücksichtigen,  als  die  einzelnen  Stücke 
nicht  zu  schwer  werden  dürfen,  damit  sie  mit  dem  verfügbaren  Transportmittel  über- 
haupt noch  transportiert  werden  können.  Man  hat  z.  B.  bei  der  in  Fussnote  39  S.  21 
erwähnten  Wasserkraftanlage  in  Kaschimir  bei  Srinagar  trotz  der  Grösse  der  Gesamt- 
anlage (20000  PS«)  keine  grösseren  Einheiten  als  1000  KW  =  1500  PS«  wählen  können, 
weil  als  einziges  Beförderungsmittel  die  zweiräderigen  Ochsenkarren  der  Bergbewohner 
zur  Verfügung  standen*).  Wenn  also  besonders  schwierige  Transportverhältnisse  vor- 
liegen, so  muss  natürlich  auch  davon  den  Turbinenbauanstalten  bei  der  Anfrage  nach 
Preisangaben  Mitteilung  gemacht  werden. 

Handelt  es  sich  um  eine  grössere  Anzahl  von  Einheiten  als  etwa  2 — 3,  so  können 
für  die  weiter  hinzukommenden  Einheiten  die  Einheitspreise  der  Tabelle  VII  mit  einem 
Rabatt  von  etwa  10 — 15%  in  Ansatz  gebracht  werden,  weil  sich  in  solchen  Fällen  die 
Modell-Transport-  und  Montagekosten  pro  Einheit   immerhin   erheblich   billiger   stellen. 


«)  Zeitsehr.  d.  Ver.  deutscher  log.  1906.  S.  67. 

g*«*^  6m  Ing>WiMttiM]i.    UI.  Ttfl.    11.  Band. 


17 


258  L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Warrkekräftkn.    Allgemeines. 

Wie  aus  der  Tabelle  I  ersichtlich,  betragen  die  Turbinenkosten  bei  den  daselbst  aufge- 
führten Anlagen  höchstens  31,5  °/o  und  mindestens  4,47  °/o  der  Gesamtanlagekosten  der 
Wasserkraft  einschliesslich  der  Turbinenanlage7).  Im  Barchschnitt  von  15  Anlagen  be- 
trägt der  auf*  die  Turbinenanlage  entfallende  Teil  10,7%.  Die  hohen  Prozentsätze, 
25,26%  bei  Chevres  und  bei  Hafslund  31,5%  haben  ihren  Grund  in  der  ausnahms- 
weisen  Billigkeit  der  baulichen  Anlagen  dieser  Werke  und  ferner  darin,  dass  stehende 
Turbinen  verwendet  wurden,  welche  fast  immer  teurer  ausfallen,  als  liegende.  Lasst 
man  die  beiden  Anlagen  fort,  so  beträgt  der  Durchschnitt  aus  den  dann  noch  verblei- 
benden 13  Anlagen  rd.  8,0%.  Wenn  man  also  auch  beim  überschläglichen  Kostenanschlage 
bei  der  Wahl  des  Einheitspreises  für  die  Turbinenanlage  die  Wirklichkeit  selbst  um 
20%  verfehlt,  so  wird  der  Einfluss  auf  die  im  obigen  Sinne  aufgefassten  Gesamtkosten 
doch  nur  durchschnittlich  rd.  1,6—2,1%  ausmachen. 

Diese  Überlegung  mag  die  Aufstellung  der  Tabelle  VII  trotz  der  erheblichen  Ab- 
weichungen in  den  Preisen,  welche  sich  im  Einzelfalle  ergeben  können,  rechtfertigen. 
Sie  soll  es  dem  Bauingenieur  erleichtern,  ohne  grossen  Zeitaufwand  bei  Aufstellung 
überschläglicher  Kostenanschläge  —  und  nur  für  solche  ist  die  Tabelle  bestimmt  —  zu 
einem  Abschluss  zu  gelangen. 

Die  Schwankung  des  Nutzeffektes  bei  modernen  Turbinen  beträgt  zwischen  etwa  4/io 
Belastung  und  voller  Belastung,  meistens  etwa  10—12%,  der  höchste  Nutzeffekt  liegt  oft 
nicht  bei  voller,  sondern  bei  8/io  Belastung.  Wie  die  Tabelle  VII  S.  256/257  lehrt, 
nehmen  die  Kosten  pro  PS«  der  Turbinenleistung  bei  gleichem  Gefälle 
sehr  erheblich  mit  der  wachsenden  Grösse  der  Einheit  ab.  Im  nächsten 
Abschnitt  wird  gezeigt  werden,  dass  sowohl  die  indirekten,  als  auch 
die  direkten  Betriebskosten  bei  grossen  Einheiten  billiger  werden. 
Aus  diesen  Gründen  ist  es  deshalb  zu  empfehlen,  die  Turbinenein- 
heiten so  gross  zu  wählen,  als  es  für  den  Fall  nur  irgend  noch  passt. 
Wenn  z.  B.  die  maximale  Nutzleistung  eines  Krafthauses  10000  PS«  betragen  soll,  so 
ist  es  im  allgemeinen  vorzuziehen,  5  Einheiten  zu  2500  PS«  aufzustellen,  wobei  eine 
Einheit  als  Reserve  dienen  würde,  statt  z.  B.  12  Einheiten  zu  1000  PS«,  es  sei  denn, 
dass  die  besondere  Art  der  Kraftverwendung  eine  stärkere  Unter- 
teilung und  eine  Reserve  in  mehr  als  einer  Einheit  notwendig  macht. 

In  der  überwiegenden  Mehrzahl  der  Fälle  findet  die  Umwandlung  der  Wasser- 
kraft in  elektrische  Energie  statt,  sofern  es  sich  um  Kraftübertragung  und 
Kraftverteilung  auf  grössere  Entfernungen  handelt.  Es  sind  zwar  vor  ca.  10  bis  15 
Jahren  umfangreiche  Einrichtungen  zur  Verteilung  von  Kraft  in  Form  von  Druck- 
wasser oder  Druckluft  angelegt  worden,  aber  der  Betrieb  hat  sich  doch  im  Vergleich 
mit  elektrischer  Kraftübertragung  als  nicht  konkurrenzfähig  herausgestellt  So  ist 
z.  B.  in  Genf  die  Druckwasserverteilung,  welche  bei  Ausbau  der  ersten  Wasser- 
kraftanlage dieser  Stadt  bei  Coulouvreniere  für  gewerbliche  Zwecke  angelegt  wurde, 
gegenüber  der  später  nach  dem  Ausbau  des  Wasserkraft-Elektrizitätswerkes  Chevres 
eingeführten  Verteilung  elektrischer  Energie  ganz  in  den  Hintergrund  getreten.  In 
Antwerpen,  wo  bereits  ein  grosser  Teil  der  Stadt  mit  Druckwasserleitungen  nach  dem 
System  van  Rysselberghe  versehen  war,  ist  seit  etwa  8 — 9  Jahren  die  Druckwasser- 
verteilung fast  vollständig  durch  die  Elektrizität  verdrängt.    Die  bekannte  Druckluft- 


?)  Also  ausschliesslich  des  elektrischen  Teils. 


§  5.  Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten.  259 

Verteilung  in  einem  Secteur  von  Paris  nach  dem  System  Popp  hat  wirtschaftlich  voll- 
kommen Fiasko  gemacht  und  ist  längst  durch  Elektrizität  ersetzt. 

Es  gehört  deshalb  zu  einem  Anschlage  meistens  auch  die  Kenntnis  der  Preise 
von  elektrischen  Einrichtungen  der  Krafthäuser.  Beim  Projektieren  und  Ver- 
anschlagen derselben  ist  die  Mitarbeit  des  Elektrotechnikers  unent- 
behrlich. Sobald  also  die  Projektunterlagen  soweit  geklärt  sind,  dass  man  die  Grösse 
der  zu  gewinnenden  Kraft  kennt  und  die  Wahl  der  Einheiten  und  des  Systems  treffen 
kann,  so  wird  eine  Anfrage  bei  einer  oder  mehreren  elektrotechnischen  Firmen  am 
besten  zum  Ziele  fuhren.  Dieselben  werden  meistens  bereit  sein,  Anschläge  zu  machen, 
wenn  ihnen  genügende  Unterlagen  mitgeteilt  werden.  Da  aber  auch  hier,  ähnlich  wie 
bei  den  Turbinen,  eine  genauere  Übersicht  über  das  ganze  Gebiet  der  elektrischen 
Krafterzeugung  und  Kraftverteilung  für  den  projektierenden  Bauingenieur  unentbehrlich 
ist,,  damit  er  die  baulichen  Dispositionen  des  Krafthauses  und  der  Fernleitungen  etc. 
richtig  treffen  und  damit  er  sachgemässe  und  ausreichende  Angaben  an  die  Elektrizitäts- 
firmen leiten  und  ihre  Angebote  beurteilen  kann,  sind  in  dem  Kapitel  III  6 B.  der 
elektrische  Teil  der  Krafthäuser  und  im  Kap.  III,  7  die  Fernleitungen  eingehender  be- 
handelt. Hier  sollen  nur  Angaben  über  überschlägliche  Preise  folgen,  welche  für  wirt- 
schaftliche Vorarbeiten  Verwendung  finden  können. 

Die  Preise  der  Generatoren  hängen  im  geringeren  Masse  von  der  Wahl  der 
Spannung  und  des  Systems,  im  höheren  Masse  von  der  Umdrehungszahl  ab.  Zwischen 
500  und  5000  Volt  Spannung  bleiben  die  Preise  dieselben,  sie  nehmen  zu,  wenn  die 
Spannung  unter  500  Volt  sinkt  oder  über  5000  Volt  steigt  und  zwar  ungefähr  in  fol- 
send er  Weise  * 

bei  500  bis  400  und  5000  bis    7000  Volt    2°/o 

„  400  „  300  „  7000  „  8000  „  3°/o 
„  300  „  200  „  8000  „  9000  „  4% 
„    200    „    100    „     9000    „    10000     „       5°/o 

10000  „  12000  „  7°/o 
über  14000  „  10°/o. 
Schwieriger  als  die  Veranschlagung  der  Hauptgeneratoren  und  der  Erreger- 
maschinen, wofür  fast  alle  grossen  Firmen  ausführliche  Preislisten  herausgeben,  ist  die 
Veranschlagung  von  Schaltanlagen  mit  allem  Zubehör,  sowie  die  Veranschlagung  der 
Beleuchtung  des  Krafthauses  und  der  kleineren  elektrischen  Hilfsmaschinen  etc.  In  dem 
Zahlenmaterial,  welches  sich  über  die  elektrischen  Einrichtungen  von  Wasserkraftanlagen 
finden  läset,  ist  meistens  die  ganze  elektrische  Einrichtung  zusammengefasst,  und  es 
dürfte  auch  für  überschlägliche  Kostenanschläge  der  einfachste  und  sicherste  Weg  sein, 
wenn  man  die  ganze  elektrische  Ausrüstung  des  Krafthauses  pro  installierte  Einheit 
veranschlagt.  Um  das  zu  erleichtern  und  um  dem  Bauingenieur  zunächst  einige  Unter- 
lagen an  die  Hand  zu  geben,  sind  in  der  nachstehenden  Tabelle  VIII  überschlägliche 
Preise,  wie  sie  aus  einer  grösseren  Anzahl  ausgeführter  Anlagen  ermittelt  wurden,  für 
eine  Reihe  von  Einheiten  zusammengestellt.  Diese  Einheitspreise  schliessen  die  ganze 
elektrische  Ausrüstung  der  Zentrale  einschliesslich  aller  Hilfsapparate,  Erregermaschinen, 
Schaltanlagen  und  der  Beleuchtungseinrichtung  des  Krafthauses  selbst  in  sich8)  und 
beziehen  sich  auf  die  Leistungen  der  Hauptmaschinen.  Es  ist  vorausgesetzt,  dass 
mindestens  zwei  Maschinen  der  in  Spalte  1  angegebenen  Leistung  aufzustellen  sind. 
Werden  mehr  Einheiten  aufgestellt,  so  sind  die  hinzukommenden  Einheiten  mit  einem 


s)  Aber  ausschliesslich  Transformatoren. 

17 


260 


L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 


Preissatz  von  dem  0,75 fachen  der  in  der  Tabelle  angegebenen  Preise  in  Rechnung  zu 
stellen.  Angenommen  ist  ferner,  dass  Spannungen  zwischen  500  und  5000  Volt  gewählt 
werden,  anderenfalls  sind  die  obigen  Zuschläge  zu  machen,  also  wenn  z.  B.  die  Maschinen- 
spannung zu  10000  Volt  gewählt  wird,  5  °/°-  Di©  angegebenen  Prozentsatze  für  die  Zur 
schlage  beziehen  sich  eigentlich  nur  auf  die  Generatoren,  können  aber  auch  für  die 
Kosten  der  Gesamtanlage  zur  Anwendung  kommen,  weil  die  Kosten  der  Schaltanlage 
in  ähnlicher  Weise  von  der  Spannung  abhängen. 

Tabelle  VIII. 

Kosten  der  betriebsfertig  aufgestellten  elektrischen  Einrichtung  von  Krafthausern. 


Leistung 
der  aufgestellten  Einheit 

Umdre- 
hungszahl 
der  Gene- 
ratoren 
in  der 
Minute 

Kosten  der  Generatoren,  ein- 
schliesslich  der    Erregerma- 
sehinen,  der  Schaltanlage,  der 
Yerbindangsleitnngen,  der  Be- 
leuchtung des  Krafthaases  ete. 

Umdre- 
hungszahl 
der  Gene- 
ratoren 
in  der 
Minute 

Kosten  der  Generatoren,  ein- 
schliesslich   der   Erregeraa- 
srhinen,  der  Schaltanlage,  der 
Verbindungsleitungen,  aerBe- 
leuehtangdes  Krafthaases  ete. 
betriebsfertig 

der  Turbinen 
in  PS. 

der  Strom- 
erzeuger in 
KW 

pro  PS» 
der  insUll. 
Tarbinen- 

Leitang 

pro  KW 
der  instsll. 
Generatoren- 
Leistung 

pro  PSr 
der  instalL. 
Turbinen- 
Leistung 

pro  KW 
der  inatall. 
Generatoren- 
Leistung 

1 

1 

750       ; 

3 

4 

. 

_- - .      .   _            _ 

50 

88 

109,5 

166 

^^ 

100 

67 

600       1 

70 

104,5 

300 

120               180,0 

150 

100 

500       ; 

65 

97,5 

250 

100         '       150,0 

800 

200 

500       i 

55 

80,25 

250 

95         !i      142,5 

750 

500 

875       ! 

40 

60,0 

215 

70         ü      105,0 

1000 

675       | 

875       | 

85 

51,8 

187 

58        '        86,0 

2000 

1350 

375 

30 

44,4 

187 

50 

74,0 

3000 

2025 

375 

25 

37,0 

187 

40 

60,0 

4  000 

2700 

i 

300 

20 

30,0 

150       j 

35 

!        52,0 

Im  Kapitel  III  6  B  wird  über  die  Wahl  der  Maschinen -Spannung  and  über 
die  Fälle,  wo  sich  die  Verwendung  von  Transformatoren  zur  Erreichung  einer  höheren 
Spannung  empfiehlt,  näheres  mitgeteilt  werden.  Hier  mögen  in  Tabelle  IX  einige  Preis- 
angaben für  Transformatoren  folgen,  um  wenigstens  für  eine  Anzahl  von  Fällen,  welche 
die  Praxis  bieten  kann,  einigen  Anhalt  zu  geben.  Bei  den  Transformatoren  wächst  der 
Preis  pro  Einheit  für  ein  und  dieselbe  Grösse  mit  der  Höhe  der  Spannung,  auf  welche 
der  Strom  transformiert  werden  soll,  weil  sowohl  die  Schaltapparate,  als  auch  die  Trans- 
formatoren selbst  bei  höheren  Spannungen  sorgfältigere  Arbeit  und  teuere  Konstruktions- 
einzelheiten erfordern. 

Der  Preis  pflegt  auf  KW  mit  Angabe  des  cos  des  Winkels  der  Phasenverschiebung 
bezogen  zu  werden,  da  die  effektive  Leistung  der  Transformatoren  bei  induktiver  Be- 
lastung von  der  Phasenverschiebung  abhängt,  welche  sich  zwischen  Spannung  und  Strom 
ergibt.  (Näheres  hierüber  Kap.  III  6B.)  Überwiegt  der  Anschluss  von  Asynchron-Motoren, 
so  pflegt  man  mit  einer  Phasenverschiebung  von  cos  g>  =  0,8  zu  rechnen.  Bei  ganz 
induktionsfreier  Belastung  (reiner  Lichtanschluss  und  bei  Anschluss  von  Synchron-Motoren) 
wird  cosy=l.  In  der  nachfolgenden  Tabelle  IX  sind  Einheitspreise  von  Trans- 
formatorenanlagen in  KW  bei  cos  q>  =  0,8  mitgeteilt.  Die  Preise  pro  KW  bei  cos 
y  =  1  (KVA)  lassen  sich  danach  leicht  ermitteln.  Die  Einheitspreise  verstehen  sich 
für  die  betriebsfertig  montierten  Gesamtanlagen  einschliesslich  der  Leitungsvdrbindungen 
und  aller  Schaltapparate.  Die  Einheiten  in  KW  für  cos  q>  =  0,8  der  Tabelle  IX,  welche 
aus  Umrechnung  entstanden  sind,  stellen  nicht  die  im  Handel  gangbaren  Grössen  dar. 
Letztere  pflegen  vielmehr  auf  volle  KW  abgerundet  bei  den  kleineren  Typen  in  Stufen 


D. 


Die  wirtschaftlichen  Vorakbjttbn. 


261 


von  5  zu  5  KW,  bei  den  Einheiten  zwischen  50  und  100  KW  in  Stufen  von  10  zu  10 
und  bei  den  grösseren  Einheiten  in  noch  grösseren  Stufen  gebaut  zu  werden.  Da  aber 
in  der  Tabelle  IX  Einheitspreise  angegeben  sind,  so  können  die  Einheitspreise  normaler 
Typen  gleich  denjenigen  der  nach  Tabelle  IX  nächstgelegenen  Grössen  angenommen  werden. 
Preise  für  Transformatorenanlagen  mit  Leistungen  und  Spannungen,  welche  zwischen  den 
angegebenen  liegen,  lassen  sich  für  den  überschläglichen  Kostenanschlag  mit  hinreichender 
Genauigkeit  durch  Interpolation  finden,  indem  man  ein  gradliniges  Ansteigen  der  Preise 
zwischen  2  Werten  der  Tabelle  annimmt.  Für  die  grösseren  Typen  konnten  leider  nur 
vereinzelte  Preise  mitgeteilt  werden,  aber  immerhin  erscheinen  sie  schon  wertvoll,  weil 
sie  dem  Bauingenieur  doch  einen  Begriff  geben,  wie  hoch  die  Kosten  derartiger  Trans- 
formatorenanlagen ungefähr  zu  stehen  kommen. 

Tabelle  IX. 

Oberschlfigliche  Einheitspreise  von  Öl- Transformatoren-Anlagen,  einschliesaBth  Leitnngsverbiiidimgen 
und  der  Schaltapparate  in  Mark  pro  KW  bei  cos  gp  =  0,8*  Alle  baulichen  Anlagen  sind  nicht  in  den 
Preisen  enthalten.  Die  in  Klammern  beigefügten  Preise  gelten  für  Transformatoren  mit  Wasserkühlung. 


. 

Leistung  eines  Transformators 

Höbe  der 

in  PS« 

50    ]  100       150      300       500     1000 

2000    3000  |  4000 

Oberspannung 
in  Volt 

in  KW  bei  cos  <p  =  1 

33         67        100       200       340       675 

1350    2025    2700 

in  KW  bei  cos  <p  =  0,8 

26,4      53,6       80        160       272       540 

1080    1620    2160 

Preise  in  Mark  pro  KW  bei  cos  9  =  0,8 

2000 

60,0 

42,0 

38,0 

32,0 

_ 

15,0 

(10) 

(8,75) 

(7,5) 

5000 

62,0 

46,0 

38,0 

82,0 

— 

— 

12,0 
(11) 

— 

*— 

10000 

64,0 

47,0 

40,0 

35,0 

22,0 

16,0 

12,0 
(11) 

— — 

— 

15000 

66,0 

48,0 

41,0 

— 

23,0 

— 

— 

».0 



20000 

— 

43,0 

87,0 

24,0 

17,0 

13,0 





30000 

! 

48,0 

40,0 

26,0 

18,5 
(17) 

13,0 

— — 

9,5 
(8,0) 

40000 

1 

1 

(17) 

11,5 

— 

(8,0) 

Zur  weiteren  Vervollständigung  des  überschläglichen  Kostenanschlages  einer  Wasser» 
kraftanlage  gehören  dann  noch  die  Kosten  der  Fernleitung  durch  welche  die  ge- 
wonnene elektrische  Energie  in  den  Schwerpunkt  des  Verwendungsgebietes  zu  leiten  ist 

Die  Kosten  solcher  Fernleitung  können  unter  Umstanden  von  sehr  ausschlag- 
gebender Bedeutung  sein,  wenn  n&mlich  die  Fernleitung  im  Verhältnis  rar  gewonnenen 
und  verwendbaren  Kraft  verhältnismässig  lang  wird  und  unter  schwierigen  örtlichen  Ver- 
hältnissen zu  verlegen  ist.  Will  man  eine  Wasserkraftanlage  mit  einer  Wärmekraft- 
anlage vergleichen,  welch  letztere  man  ganz  in  der  Nähe  des  Verwendungsgebietes  zu 
errichten  in  der  Lage  ist,  so  muss  der  Kostenanschlag  für  die  Wasserkraftanlage  alle 
Bauteile  enthalten,  welche  dazu  nötig  sind,  um  die  Kraft  an  derselben  Stelle  zu  liefern, 
wo  sie  die  Wärmekraftanlage  zur  Verfügung  stellt  Die  Fernleitung  des  elektrischen 
Stroms  geschieht  meistens  durch  blanke  oberirdische  Kupferleitungen,  welche  mittelst 
Porzellanisolatoren  auf  hölzernem  oder  eisernem  Gestänge  befestigt  werden«  Nur  bei 
Führung  der  Leitungen  durch  städtische  Strassen  wird  man  statt  der  oberirdischen  Fern- 
leitung die  erheblich  teurere  Kabelleitung  zu  wählen  haben.  Näheres  hierüber  ist  im 
Kap.  in,  7  Fernleitungen  mitgeteilt 


262  L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Die  Kosten  einer  Fernleitung  pro  km  Länge  hängen  ab  von: 

Der  Energiemenge,  welche  man  übertragen  will, 

dem   Effektverlust,  welchen  man  am  Ende   der  Leitung  noch  als  zulässig 
erachten  will, 

der  gewählten  Spannung, 

dem  gewählten  Stromsystem,  sowie  von 

einer  ganzen  Reihe  besonderer  Umstände. 
Jedem  qmm  Kupferquerschnitt  des  Leitungsdrahtes  entspricht  eine  gewisse  Leit- 
fähigkeit bei  bestimmter  Temperatur;  nimmt  die  Temperatur  zu,  so  nimmt  die  Leit- 
fähigkeit des  Kupfers  ab9).  Man  kann  daher  mit  einem  bestimmten  Querschnitt  und  bei 
einer  bestimmten  Temperatur  im  Kupfer  auch  nur  eine  bestimmte  Maximalmenge  von 
Amperes  übertragen.  Deshalb  hängt  der  Kupferquerschnitt  und  damit  das 
Kupfergewicht  bei  gegebener  Spannung  von  der  Kraftmenge  ab,  welche 
übertragen  werden  soll.  —  Je  grösser  die  Zahl  der  Amperes  wird,  welche  man  durch 
einen  Draht  von  bestimmtem  Querschnitt  und  bestimmter  Länge  hindurchleitet,  um  so 
grösser  wird  der  Effektverlust  durch  Joulesche  Wärme  in  der  Leitung. 
Die  Leitung  kann  deshalb  einen  um  so  kleineren  Querschnitt  erhalten,  also  um  so  billiger 
werden,  je  grösser  der  Effektverlust  ist,  den  man  am  Ende  der  Leitung  noch  zulassen 
will.  Wenn  z.  B.  sehr  reichliche  Wasserkraft  vorhanden  ist,  so  dass  die  Effektverluste 
keine  Rolle  spielen,  so  wird  man  dieselben  bei  der  Berechnung  der  Fernleitung  grösser, 
als  normal  annehmen  dürfen.  —  Von  der  Spannung  hängen  die  Kosten  in  dem  Masse 
ab,  dass  der  erforderliche  Drahtquerschnitt  bei  ein  und  derselben  Leistung  umgekehrt 
proportional  dem  Quadrate  der  Spannung  ist.  Bei  Verdoppelung  der  Spannung  braucht 
also  der  Querschnitt  bei  gleicher  Leitfähigkeit  des  gewählten  Leitungsmaterials  und 
gleichem  Effektverlust  nur  */«  so  gross  zu  sein.  —  Das  gewählte  Stromsystem 
beeinflusst  die  Kosten  insofern,  als  die  Zahl  der  erforderlichen  Drähte  bei  den  ver- 
schiedenen Systemen  verschieden  ist  und  als  zu  den  Effektverlusten  bei  Gleichstrom  durch 
Joulesche  Wärme  noch  wirkliche  und  scheinbare  Effektverluste  durch  Induktion  hinzu- 
kommen können.  Näheres  über  alle  diese  Punkte  ist  im  Kap.  III  6  B  mitgeteilt  — 
Was  die  besonderen  Umstände  betrifft,  welche  den  Preis  von  Fernleitungen  beeinflussen, 
so  mögen  hier  nur  folgende  kurz  hervorgehoben  werden: 

Die  jeweiligen  Preise  für  Kupferdraht,  Isolatoren  und  Gestänge,  sowie  die  Höhe 
der  Löhne  und  Transportkosten;  die  Art  des  Baugrundes,  auf  welchen  das  Gestänge 
aufgestellt  werden  muss;  das  Längenprofil  der  Trace,  ob  bergig  oder  eben,  ob  wegsam 
oder  unwegsam,  ob  zahlreiche  Wasserläufe,  Wege  und  Eisenbahnen  zu  überschreiten  und 
viele  und  lange  Ortschaften  zu  durchqueren  sind,  für  welche  Schutznetze  erforderlich 
werden,  ob  viele  Abzweigstellen  anzulegen  sind,  welche  an  den  Abzweigpunkten  stärkeres 
Gestänge  und  besondere  Schalt-  und  Blitzschutzapparate  etc.  erfordern  und  anderes  mehr. 
Unter  Umständen  kann  auch,  wenn  es  nicht  möglich  ist,  die  Fernleitung  unter  Benutzung 
öffentlichen  Bodens,  längs  vorhandener  Strassen  und  Wege  zu  verlegen,  der  Grunderwerb 
recht  schwer  ins  Gewicht  fallen.  Über  letzteren  Punkt  kann  sich  aber  der  entwerfende 
Ingenieur  durch  Besichtigung  der  Örtlichkeit  auf  Grund  vorhandener  Karten  und  durch 
Nachfrage  bei  ortskundigen  Leuten  wegen  der  Grund-  und  Bodenpreise  leicht  einen  ge- 
nügenden Überblick  verschaffen. 

Sind  die  Leitungsquerschnitte  nach  den  Angaben  in  Kap.  III,  6  B  berechnet,  so 
wird  man  nach  Anleitung  der  im  Kap.  III,  7  gegebenen  Einzelheiten  und  Einzelpreise 


»)  In  der  Praxis  werden  die  Unterschiede  der  Leitfähigkeit  des  Kupfers  infolge  von  Temperatnr- 
Schwankungen  hei  Berechnung  der  Kupferquerschnitte  von  Fernleitungen  meist  gani  vernachlässigt 


§  5.  DDE  WIRTSCHAFTLICHEN  VORAJtBEITEK.  263 

in  der  Lage  sein,  die  Fernleitungen  zu  veranschlagen.  Für  den  speziellen  Anschlag 
wird  es  aber  stets  zu  empfehlen  sein,  dass  der  projektierende  Bau- 
ingenieur Kostenanschläge  von  Elektrizitätsfirmen  einholt  oder  einen 
Elektrotechniker  zu  Rate  zieht.  Indessen  wird  es  oft  notwendig  sein,  noch 
bevor  die  Trace  der  Fernleitung  näher  bestimmt  und  Querschnittsberechnungen 
und  Einzel  Veranschlagungen  gemacht  werden  können,  für  vergleichende  Rechnungen 
die  Kosten  der  Fernleitung  in  überschläglicher  Weise  zu  ermitteln.  Um  hierfür 
Anhaltspunkte  zu  geben,  sind  in  Tabelle  X  eine  Anzahl  Einheitspreise  pro  km  mit- 
geteilt, welche  nach  einer  grösseren  Reihe  ausgeführter  und  projektierter  Anlagen 
als  durchschnittliche  ermittelt  worden  sind.  In  der  Tabelle  X  ist  Drehstrom  ange- 
nommen, weil  dieses  Stromsystem  gegenwärtig  in  mindestens  95  Fällen  von  100  für 
elektrische  Fernleitungen  auf  grössere  Entfernungen  zur  Anwendung  kommt.  Die  Span- 
nung ist  derart  berücksichtigt,  dass  für  eine  Leitungslänge  von  1  km  1000  Volt  Span- 
nung angenommen  wurde  und  ferner,  dass  diese  Spannung  um  je  500  Volt  pro  km 
mehr  Länge  bis  zu  einer  Spannung  von  40000  Volt  zunimmt.  Höhere  Spannungen  ge- 
hören immerhin  noch  zu  den  Ausnahmen.  Hiernach  würde  also  bei  einer  Leitungslänge 
von  10  km  in  Tabelle  X  eine  Spannung  von  5500  Volt  und  bei  einer  Leitungslänge  von 
79  km  und  mehr  eine  Spannung  von  40000  Volt  vorausgesetzt  sein.  Die  Effektverluste 
sind  in  der  Weise  berücksichtigt,  dass  bis  zu  einer  Leitungslänge  von  5  km  Effektverluste 
von  5°/o  und  dann  steigend  bis  zu  20%  bei  100  km  und  mehr  als  zulässig  betrachtet 
wurden.  Es  ist  bei  den  Einheitspreisen  der  Tabelle  X  ferner  angenommen,  dass  die 
Fernleitung  auf  ebenem  Terrain  zu  verlegen  ist  und  dass  überall  gute  Wege  vorhanden 
sind,  auf  welchen  das  Material  herangeschafft  werden  kann.  Schliesslich  wurde  ange- 
nommen, dass  nicht  mehr  als  etwa  5%  der  Gesamtlänge  mit  Schutznetzen  zu  versehen 
sind  und  dass  für  das  Gestänge  selbst  sich  überall  gesundes,  tragfähiges  Erdreich  findet. 
Wenn  also  z,  B.  in  einem  Spezialfälle  die  Fundamentlöcher  für  das  Gestänge  in  Felsen 
auszusprengen  wären,  oder  wenn  in  einem  Moore  besonders  schwierige  Fundierungen 
notwendig  würden,  so  müssten  Zuschläge  gemacht  werden.  Dasselbe  würde  auch  für 
alle  übrigen  Verhältnisse  zutreffen,  sofern  sie  von  den  zugrunde  gelegten  erheblich  ab- 
weichen sollten.  Die  Kosten  pro  km  für  Leitungen,  welche  zwischen  den  in  der  Tabelle  X 
angegebenen  liegen,  kann  man  durch  Interpolation  finden,  indem  man  ein  gradliniges 
Anwachsen  der  Preise  von  Stufe  zu  Stufe  annimmt.  Diese  Annahme  entspricht  zwar  der 
Wirklichkeit  nicht,  ist  aber  hier  zulässig,  wo  es  sich  nur  um  überschlägliche  Zahlen  bandelt. 
Es  könnte  auffallen,  dass  die  Preise  pro  km  angegeben  sind,  ohne  dass  auf 
die  Gesamtlänge  weitere  Rücksicht  genommen  ist,  als  sie  bereits  in  der  ange- 
nommenen Abhängigkeit  der  Spannung  und  der  Effektverluste  von  der  Länge, 
liegt.  Danach  wäre  also  eine  Leitung  gleichen  Systems,  gleicher  Spannung,  gleicher 
Kraftleistung  und  gleicher  Örtlichkeit  für  5  km  Länge  pro  km  ebenso  teuer,  als 
eine  solche  von  50  km  Länge.  Das  ist  genau  genommen  gewiss  nicht  der  Fall, 
weil  sich  die  Transport-  und  Montagekosten  bei  grösseren  Längen  verbilligen  und 
weil  auch  die  Materialbeschaffung  bei  grösserem  Bedarf  in  der  Regel  zu  günstigeren 
Bedingungen  möglich  sein  wird.  Leider  reichte  das  für  den  Verfasser  greifbare  Zahlen- 
material nicht  aus,  um  auch  die  Leitungslänge  nach  den  letzterwähnten  Gesichtspunkten 
zu  berücksichtigen.  Bei  den  Angaben  von  Kosten  ausgeführter  Anlagen  ist  es  oft  nicht 
ohne  weiteres  möglich,  die  Kosten  der  reinen  Fernleitungs-Anlage  zu  erkennen,  weil  genaue 
Angaben  über  den  Anteil  von  Grunderwerb  fehlen,  ferner  weil  in  einem  Falle  die  Trans- 
formatoren und  ein  Teil  des  sekundären  Netzes  mit  in  dem  Gesamtpreise  enthalten  sind, 
in  einem  anderen  wieder  nicht;  ferner  weil  sehr  oft  bei  einer  Fernleitungsanlage  nicht 


264 


I.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 


ein  und  derselbe  Kupferquerschnitt  von  Anfang  bis  zum  Ende  vorhanden  ist,  sondern  sich 
dieser  Querschnitt  nach  Abzweigungen  oft  erheblich  verändert  u.  s.  f.  Da  aber  schliess- 
lich den  kleineren  Kraftleistungen  meist  auch  kleinere  Leitungslängen  entsprechen,  so 
wird  der  besprochene  Mangel  der  Tabelle  X  nicht  allzuschwer  ins  Gewicht  fallen. 

Für  das  Gestänge  sind  bis  zu  3000  PS«  oder  rd.  2025  KW  hölzerne  Masten,  bei 
grösseren  Kraftübertragungen  eiserne  Masten  angenommen.  Das  entspricht  wohl  dem 
Durchschnitt  der  ausgeführten  Anlagen,  obwohl  selbstverständlich  auch  andere  Dispo- 
sitionen vorkommen.  Man  kann  aber  bei  Aufstellung  eines  Kostenanschlages  nach  den 
Mitteilungen  im  Kap.  III,  7  den  Kinfluss  des  Gestänges  selbst  feststellen  und  danach 
etwaige  Korrekturen  vornehmen. 

Am  Ende  der  Fernleitung  ist  der  Strom  meistens  in  Umformer-  oder  Trans- 
formatoren-Stationen auf  eine  kleinere  Spannung  zu  bringen,  wie  sie  für  das  Verteilungsnetz 
oder  für  direkt  angeschlossene  grössere  Konsumenten  notwendig  ist.  Die  bauliche  An- 
lage dieser  Stationen  wird  unter  Berücksichtigung  dessen,  was  im  Kap.  III,  7  mitgeteilt 
werden  wird,  unschwer  veranschlagt  werden  können.  Für  die  Veranschlagung  von  Wechsel- 
stromtransformatoren gibt  die  Tabelle  IX  einige  Anhaltspunkte,  bezüglich  der  Gleich- 
strom-Umformer wird  auf  Kap.  III,  6B  verwiesen. 

Tabelle  X. 

Überschläglich«»  Kosten  pro  km  Fernleitung,  bei  Drehstrom  mit  je  3  Drähten  unter  der  Annahme,  das*  die 
Spannung  mit  1000  Volt  bei  1  km  Leitungslänge  beginnend  um  je  500  Volt  pro  1  km  Mehrlange  zu- 
nimmt bis  zu  einer  Spannung  von  40000  Volt.  Ferner  unter  der  Annahme,  dasa  bis  zu  5  km  Leitunga- 
länge  Effektverluste  am  Ende  der  Fernleitung  von  5°/o  und  dann  steigend  bis  zu  20°/o  bei  100  km  zu- 
gelassen sind.    Die  Kosten  sind  ausschliesslich  Grunderwerb  zu  verstehen  *<>) 

Kosten  für  1  km  Leitungslänge  in  Mark 


Grösse  der  zu  übertragenden  Kraft: 

in  PS 

in  KW  bei  cos  g>  =  1 

Kosten  der  Fernleitung  pro  km  in  Mk. . 


50 
88 

2500 


200 

185 

2500 


1000 

675 

3  500 


8000 
2025 
5  500 


8000 

5400 

10000 


20000 
•  14000 
I    25000 


Handelt  es  sich  nicht  um  die  Kraftlieferung  an  einen  einzelnen  Grossabnehmer, 
sondern  um  die  Verteilung  an  eine  grosse  Anzahl  von  Abnehmern,  so  kommt  zu  den 
bisher  besprochenen  Anlagen  noch  das  Verteilungsnetz.  Die  Besprechung  der  näheren 
Umstände  und  Gesichtspunkte,  welche  hierbei  zu  berücksichtigen  sind,  fällt  aber  nicht 
mehr  in  den  Rahmen  dieses  Bandes,  vielmehr  gehört  dieses  Gebiet  ausschliesslich  dem 
Elektrotechniker11). 

io)  Bei  Tabelle  X  ist  ein  London- Kopf erpreia  von  60  Lstl.  pro  t  Elektrolyt-Kupfer  zagnmde  gelegt. 

n)  Fritz  Hoppe  macht  in  seinem  Bache  „Wie  stellt  man  Projekte,  Kostenanschläge  etc. 
für  Elektrizitätswerke  auf  S.  240"  folgende  Angaben  Ober  durchschnittliche  Kosten  von  Verteüunga- 
netzen,  welche  bei  ganz  generellen  Kostenanschlägen  den  ersten  Überblick  erleichtern: 


bei  Ortschaften  unter 
10000  Einwohnern 


hei  Ortschaften  von 
10000  bis  50000  Einwohnern 


Kosten  pro  angeschlossene  16  kerzige 
(50  >V)  Lampe 

Kosten  pro  angeschlossenes  KW 

Kosten    pro    KW    Gesamt-Zentral 


Kosten  pro  1000  Einwohner 


15  Mk. 
800   . 


415 
12800 


16  Mk. 
820   , 

884   , 

6900   . 


In  Wirklichkeit  schwanken  die  Kosten  von  Verteilnngsnetzen  in  sehr  weiten  Grenzen,  so  dass 
fast  unmöglich  erscheint,  hierför  allgemein  gültige  Annäherungswerte  zu  finden. 


§  5. 


Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten. 


265 


Da  es  aber  für  den  Bauingenieur  oft  notwendig  ist,  um  bei  den  wirtschaftlichen 
Vorarbeiten  zu  einem  Endresultat  zu  kommen,  die  Kosten  des  Verteilungsnetzes 
wenigstens  überschläglich  zu  berücksichtigen,  mag  nachstehend  eine  Zahlenreihe  Auf- 
nahme finden,  welche  Fritz  Hoppe  aus  der  Statistik  der  Vereinigung  deutscher 
Elektrizitätswerke  für  das  Jahr  1903  ermittelt  und  in  der  Elektrotechnischen  Zeitschr. 
1905  S.  673  mitgeteilt  hat: 


Auf  1  KW  der  normalen  Gesamtleistung  der  Zentrale  entfallendes  Anlage-Kapital  in  Mk. 


1 

1 

i 

Normale 
Gesamtleistung  der 

1 

Anzahl 

der  in 

Betracht 

Anlagekosten  pro  KW  Zentralenleistung 

für 

1 
"3 

'S  ©'S            | 

aas« 
M  2  -  o 

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5 

1         i    •    L 

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2  -®  §Sss 

•  © S  55  • 

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•MB« 

Zentrale  in  KW 

gezogenen 
Werke 

Kessel,  Kess< 

rang,  Speis 

Kondensate 

Vorrichtung« 

tungen.  Mase 

former,  A 

'S  g  5 

31 

2 
m 

■**  CS 

«   OB 

«■5 

i      ! 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

1 

Ober  5000 

7 

305 

410 

103 

445 

52 

55 

1380 

2 

,     2000—5000 

13 

230 

410 

106 

585 

70 

57 

1460 

3 

„     1 000-2000 

20 

250 

390 

HO 

500 

59 

51 

1360 

4 

500—1 000 

18 

• 

350 

450 

90 

440 

61 

69 

1460 

5 

250-500 

16 

340 

430 

108 

560 

45 

57 

1570 

6 

100-250 

24 

405 

520 

180 

525 

128 

62 

1770 

7 

,       100 

14 

560 

662 

210 

750 

180 

78 

2440 

112 

Unberücksichtigt  geblieben  sind  bisher  noch  die  Kosten  für  Bauleitung,  für 
Unvorhergesehenes,  für  Bauzinsen  und  für  die  Kapitalbeschaffung.  Die 
Beträge  für  Bauleitung  und  Unvorhergesehenes  —  mit  letzterem  muss  man 
erfahrungsgemäss  bei  jeder  Anlage  rechnen  —  werden  am  besten  in  einem  Pauschal- 
zuschlage von  etwa  10%  zur  Gesamtsumme  zum  Ausdruck  gebracht.  Es  ist  meistens 
nicht  möglich,  von  vornherein  alle  Umstände,  welche  eintreten  können,  zu  übersehen  und 
daher  ein  Ausgleichposten  in  jedem  Anschlage  für  so  verwickelte  Anlagen,  wie  es  Wasser- 
kraftwerke sind,  unbedingt  nötig. 

Was  die  Bauzinsen  betrifft,  so  empfiehlt  es  sich,  die  Zinsen  für  die  Hälfte  des 
Bankapitals  auf  die  ganze  Dauer  der  Bauzeit  mit  dem  Zinsfuss,  zu  welchem  das  Geld 
beschafft  werden  kann,  einzusetzen.  Steht  der  Bauplan  ganz  fest,  und  kann  man  mit 
genügender  Wahrscheinlichkeit  die  Beendigung  der  einzelnen  Bauteile  übersehen,  so  ist 
es  natürlich  vorzuziehen,  wenn  man  diese  Umstände  spezieller  bei  der  Bauzinsenberech- 
nung berücksichtigt. 

Bei  der  Kapitalbeschaffung  kommt  es  zunächst  darauf  an,  ob  die  Anlage 
vom  Staat,  einer  Provinz,  einer  Gemeinde,  einer  öffentlichen  Genossenschaft  oder  dergl. 
ausgeführt  wird,  oder  ob  es  sich  um  ein  Privatunternehmen  bandelt.  Ist  eine  öffent- 
liche Körperschaft  die  Bauherrin,  so  werden  meistens  Zuschläge  für  die  eigentliche 
Kapitalbeschaffung  entbehrlich  sein.  Handelt  es  sich  aber  um  ein  Privatunternehmen, 
so  kommt  es  sehr  darauf  an,  1)  ob  der  Ausbau  der  Wasserkraftanlage  an  eine  bereits  be- 
stehende Gesellschaft  angegliedert  oder  für  Rechnung  bestimmter  Personen  oder  Firmen 
ausgeführt  wird,  in  welchen  Fällen  schon  mit  Sicherheit  übersehen  werden  kann,  zu 


266  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkraft».    Allgemeines. 

welchen  Bedingungen  Geld  für  das  neue  Unternehmen  zu  beschaffen  ist,  oder  2)  ob  es  sioh 
um  die  Gründung  einer  besonderen  Gesellschaft  ad  hoc  handelt.  In  letzterem  Falle 
müssen  die  Kosten  der  Gesellschaftsgründung,  Bankprovisionen,  Aktienstempel  und  der- 
gleichen mehr  im  Anschlage  berücksichtigt  werden.  Die  Lasten  in  dieser  Beziehung 
sind  in  den  verschiedenen  Ländern  sehr  verschieden  und  es  muss  sich  deshalb  der  pro- 
jektierende Ingenieur  bei  Rechtsverständigen  und  Finanzleuten  über  die  einschlägigen 
Verhältnisse  erkundigen.  Es  genügt  an  dieser  Stelle,  darauf  hinzuweisen,  dass  dieser 
Posten  nicht  vergessen  werden  darf.  Beim  ersten  überschläglichen  Anschlag  empfiehlt 
es  sich,  wenn  eine  Gesellschaftsgründung  in  Aussicht  genommen  ist,  für  die  Kapital- 
beschaffung allein  5 — 10°/o  derjenigen  Anschlagssumme  vorzusehen,  welche  für  den 
ersten  Ausbau  ermittelt  ist. 

Die  Höhe  des  rechnerisch  erforderlichen  Gesamtkapitals  kann  unter  Umständen 
noch  von  dem  Resultat  der  ersten  Rentabilitätsberechnung  beeinflusst  werden,  wenn  sich 
nämlich  für  die  ersten  Betriebsjahre  keine  Reinüberschüsse  ergeben.  Ist  das  ganze 
Kapital  in  Aktien  beschafft,  so  entsteht  noch  kein  Betriebsverlust,  wenn  die  Einnahmen 
gegen  die  Ausgaben  ausschliesslich  der  Verzinsung  aufgehen.  Denn  Aktien 
sind  keine  Schulden.  Muss  aber  das  Kapital  verzinst  werden,  weil  es  etwa  in  Form  von 
Schulden  aufgenommen  ist,  so  entstehen,  wenn  der  Zinsendienst  nicht  aus  den  Einnahmen 
gedeckt  werden  kann,  Betriebsverluste,  für  welche  Barmittel  vorhanden  sein  müssen. 
Man  muss  also  bei  der  Kapitalbeschaffung  gleich  mit  den  etwaigen  Betriebszuschüssen 
der  ersten  Jahre  rechnen,  sofern  die  Rentabilitätsberechnung,  nicht  die  Deckung  aller 
Betriebsausgaben  von  vornherein  mit  einiger  Sicherheit  erwarten  lässt.  Es  gehört  nicht 
zu  den  Seltenheiten,  dass  an  sich  sehr  gute  Wasserkraftanlagen  in  den  ersten  1 — 2 
Jahren  noch  nicht  eine  bürgerliche  Verzinsung  aufbringen.  An  dieser  Stelle  genügt  es, 
auch  auf  diesen  Punkt  hingewiesen  zu  haben. 

2.  Die  Betriebskosten  von  Wasserkraftanlagen. 

Bei  der  Feststellung  der  Betriebskosten  von  Wasser-Kraft-An- 
lagen hat  man  zu  unterscheiden  in  indirekte  und  direkte  Betriebskosten. 

L  Unter  indirekten  Betriebskosten  sind  zu  verstehen: 

a)  die  Verzinsung  des  Kapitals, 

b)  die  Tilgung  des  Kapitals, 

c)  die  Rücklage  für  die  Erneuerungen  der  Anlage. 

Oft  findet  man  die  Rücklagen  für  Tilgung  und  Erneuerung  unter 
der  Bezeichnung  „Abschreibung*  zusammengefasst.  Es  ist  aber  zu 
empfehlen,  diesen  Posten  in  Tilgung  und  Erneuerung  zu  trennen,  weil 
das  dem  Sinne  und  dem  Zwecke  der  Rücklagen  mehr  entspricht. 

a)  Die  Höhe  des  Zinsfusses  für  die  Verzinsung  des  Kapitals  hängt  natur- 
gemäss  von  der  Art  der  Kapitalbeschaffung  ab.  Am  zweckmässigsten  ist  es,  in  der 
Betriebskostenberechnung  den  ortsüblichen  Zinsfuss  zu  berücksichtigen,  da  sich  schliesslich 
aus  der  Rentabilitätsberechnung  ergeben  wird,  welche  Überschüsse  erzielt  werden  können 
und  welche  Gesamtverzinsung  des  Kapitals  stattfinden  kann.  In  den  nachfolgenden  Be- 
triebskostenberechnungen ist  als  Zinsfuss  4,5  °/o  eingesetzt. 

b)  Was  die  Tilgung  betrifft,  so  hängt  der  Prozentsatz  von  der  Zeitdauer 
ab,  in  welcher  das  Unternehmen  getilgt  werden  muss.  Wenn  es  sich  um  zeitlich  unbe- 
schränkte Konzessionen  oder  um  Anlagen  an  Wasserläufen  handelt,  welche  Eigentum 


§  5.  Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten.  267 

des  Unternehmers  sind,  so  kann  es  unter  Umständen  gerechtfertigt  sein,  von  der  Tilgung 
der  Kosten  der  eigentlichen  Wasserkraftanlage  überhaupt  ganz  abzusehen.  Ist  die  Kon- 
zession zeitlich  beschränkt,  so  muss  die  Konzessionsdauer  berücksichtigt  werden.  In  den 
nachfolgenden  Betriebsberechnungen  ist  für  Wasserkraftanlagen  eine  Tilgung  in  50  Jahren 
bei  einem  Zinssatz  für  das  jährlich  zurückgelegte  Kapital  von  4°/o  angenommen,  und  es 
ist  dementsprechend  der  Tilgungssatz  von  0,7  °/o  eingeführt. 

c)  Die  Rücklagen  für  die  Erneuerungen  sind  bei  den  einzelnen  Bauteilen 
verschieden  zu  normieren.  Bei  sachgemäss  und  mit  gutem  Material  ausgeführten  Wasser- 
bauten ist  eine  Erneuerung  für  das  Wehr  und  den  Werkkanal  nicht  zu  erwarten,  wenn 
eine  ordnungsmässige  Unterhaltung  erfolgt.  Es  ist  deshalb  gerechtfertigt,  für  den 
wasserbaulichen  Teil  der  Anlagen  Rücklagen  für  Erneuerungen  überhaupt  nicht  vorzu- 
sehen, sondern  die  tatsächlichen  Erneuerungen,  welche  an  den  beweglichen  Teilen  und 
an  dem  Rechen  vorkommen  können,  in  die  direkten  Betriebskosten  mit  aufzunehmen. 
Auch  bei  gut  angelegten  Druckrohren  kann  man  eine  Lebensdauer  von  50  Jahren  an- 
nehmen. Nur  wenn  beispielsweise  hölzerne  oder  eiserne  Brücken  über  den  Werkkanal 
führen,  oder  wenn  die  Unterhaltung  viel  befahrener  Strassen  dem  Unternehmer  obliegt, 
ist  es  zu  empfehlen,  für  diese  Bauwerke  besondere  Rücklagen  in  den  Erneuerungsfond 
zu  machen. 

Bei  den  Turbinenanlagen  hängt  die  Höhe  der  Rücklagen  für  den  Erneuerungsr 
fond  von  der  jährlichen  Betriebsdauer  ab.  Es  ist  angenommen,  dass  eine  Turbinen- 
anlage, 

bei  3000-  bis  3600-stündigem  Betriebe  jährlich,  nach  25  Jahren, 
bei  7200-stündigem  Betriebe  nach  17  Jahren  und 
bei  8520-8tündigem  Betriebe  nach  15  Jahren  vollständig  erneuert 
werden  muss.     Dementsprechend  sind  die  Prozentsätze  zur  Berechnung  der 
Rücklagen  zu  2,4%,  4,2  °/o  und  5%  angenommen.    Der  Yerschleiss  der  Turbinen- 
schaufeln muss  durch  die  direkten  Betriebskosten  gedeckt  werden. 

Für  den  elektrischen  Teil  des  Krafthauses  ist  angenommen,  dass  derselbe 
bei  3000  bis  3600-stündigem  Betriebe  nach  20  Jahren, 
bei  7200-stündigem  Betriebe  nach  15  Jahren, 
bei  8520-stündigem  Betriebe  nach  14  Jahren 

einer  vollständigen  Erneuerung  bedarf,  und  es  sind  dementsprechend  die  Prozentsätze 
für  die  Rücklage  zu  3,4  °/o,  5%  und  5,6  °/o  angenommen.  Diese  Annahmen  sind  jedenfalls 
ungünstig  und  die  Prozentsätze  deshalb  reichlich  und  das  um  so  mehr,  als  die  Maschinen, 
Apparate  und  Leitungen  auf  jeden  Fall  einen  erheblichen  Altwert  behalten,  welcher  ab- 
zuziehen wäre.  Abschliessende  Erfahrungen  liegen  noch  nicht  vor,  und  so  ist  es  schliess- 
lich ein  Gebot  der  Vorsicht,  reichlichere  Prozentsätze  zugrunde  zu  legen. 

Bei  den  Fernleitungen  muss  man  unterscheiden  zwischen  den  Kosten  für  das 
Kupfer,  für  die  Isolatoren  und  für  das  Gestänge.  Im  grossen  Durchschnitt  entfallt  auf 
das  Gestänge  bei  kleinen  Anlagen  etwa  die  Hälfte  der  Kosten  und  bei  grösseren  An- 
lagen weniger,  bis  zu  etwa  einem  Drittel.  Darüber,  ob  das  Kupfer  durch  die  Strom- 
führung im  Laufe  der  Zeit  verändert  wird,  so  dass  es  schliesslich  einer  vollkommenen 
Erneuerung  bedarf,  liegen  abschliessende  Erfahrungen  noch  nicht  vor.  Jedenfalls  darf 
man  aber  annehmen,  dass  solche  Veränderungen  nicht  vor  Ablauf  von  50  Jahren  ein- 
treten, innerhalb  welcher  Zeitdauer  die  Tilgung  der  ganzen  Anlage  angenommen  ist. 
Bei  den  Isolatoren  kommt  Bruch  durch  Steinwurf  und  durch  Blitzschlag  vor,  aber  der- 
selbe ist  im  grossen  Durchschnitt  nicht  von  Erheblichkeit.    Bei  der  Güte  des  Materials 


268  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  WassebkrIffbn.    Altokmkines. 

und  der  Ausführung,  welche  heute  von  den  Fabrikanten  geboten  wird,  widerstehen  die 
Porzellanisolatoren  den  Einwirkungen  des  Wetters.  Dagegen  bedarf  das  Gestänge,  wenn 
es  aus  Holz  und  nicht  imprägniert  ist,  in  8  Jahren,  wenn  es  imprägniert  ist,  in  12  Jahren 
einer  vollständigen  Erneuerung.  Über  die  Lebensdauer  gut  unterhaltener  eiserner  Masten 
liegen  bestimmte  Erfahrungen  noch  nicht  vor,  aber  man  wird  annehmen  dürfen,  dass 
sie  30  bis  40  Jahre  halten,  ohne  eine  Erneuerung  zu  erfordern.  Bei  den  in  den  nach- 
folgenden Tabellen  XI,  XII  und  XIII  aufgestellten  Betriebskostenberechnungen  ist  für 
die  Fernleitung  ein  Satz  von  3,5 °/o  der  Gesamtanlagekosten  als  Bücklage  in  den 
Erneuerungsfond  vorgesehen,  was  einer  Lebensdauer  des  hölzernen  Gestänges  von  etwa 
12  Jahren  entsprechen  dürfte. 

II.  Die  direkten  Betriebskosten. 

Die  direkten  Betriebskosten  zerfallen  in  drei  Hauptgruppen,  nämlich: 

a)  in  diejenige  für  die  Unterhaltung  der  Anlagen  in  gutem  und 
betriebsfähigem  Zustande, 

b)  in  diejenige  für  die  Bedienung  und  für  Schmier*   und  Putz- 
racterial, 

c)  in  diejenige  für  die  allgemeine  Verwaltung. 

a)  Die  Unterhaltung  wird  bei  der  Berechnung  der  Betriebskosten  am  besten 
auch  in  °/o  des  Anlagekapitals  zum  Ausdruck  gebracht,  weil  sich  eine  ganz  scharfe 
Grenze  zwischen  Unterhaltung  und  Bedienung  nicht  ziehen  lässt  und  deshalb  eine  Spezi- 
fikation sehr  schwierig  wird.     Auch  führt  solche  bei  Voranschlägen  leicht  zu  Irrtümern. 

Beim  wasserbaulichen  Teil  und  bei  der  Fernleitung  sind  die  Unterhaltungskosten 
von  der  Betriebsdauer  unabhängig.  Es  ist  für  die  Unterhaltung  eines  Wehres 
und  eines  Kanals  bei  guter  Ausführung  nicht  von  Belang,  ob  Wasser 
in  den  Turbinen  benutzt  wird  oder  nicht.  Ebenso  hat  es  auf  die  Unter- 
haltungskosten der  Fernleitung  keinen  nennenswerten  Einfluss,  ob 
Strom  täglich  10  oder  24  Stunden  durch  die  Leitungen  geht.  Dagegen 
wird  die  Unterhaltung  bei  allen  maschinellen  Teilen  und  im  gewissen  Grade  auch  bei 
dem  hochbaulichen  Teile  durch  die  Betriebsdauer  beeinflusst.  Für  den  wasserbaulichen 
Teil  ist  in  den  nachfolgenden  Tabellen  Nr.  XI,  XII  und  XIII  für  die  Unterhaltung  ein 
Satz  von  0,5 °/o  zugrunde  gelegt,  welcher  sich  bei  einer  Anzahl  von  Wasserkraftanlagen 
als  ausreichend  herausgestellt  hat. 

Für  die  Fernleitung  sind  Unterhaltungskosten  deshalb  nicht  eingesetzt,  weil  die- 
selben mit  in  der  Bedienung  enthalten  sind  und  der  Ersatz  des  Gestänges  bereits  unter 
den  indirekten  Betriebskosten  (Erneuerung)  Berücksichtigung  gefunden  hat. 

Für  dieTurbinen  und  für  den  elektrischen  Teil  wurde 
bei  3000  bis  3600  Betriebsstunden  ein  Satz   von   1,5%. 
bei  7200  Betriebsstunden  ein  Satz  von  2,5 °/o  und 
bei  8520  Betriebsstunden  ein  Satz  von  3,0 °/o  angenommen. 

Die  Kosten  der  Unterhaltung  hängen  natürlich  sehr  stark  von  der  guten  Schulung 
und  der  Sorgfalt  des  Personals  ab.  Die  angenommenen  Sätze  sind  aber  für  normale, 
gutgeleitete  Anlagen  ausreichend,  vorausgesetzt,  dass  für  die  Ausscheidung  von  Schlick, 
Sand  und  Eies  aus  dem  Triebwasser  in  sachgemässer  und  ausreichender  Weise  ge- 
sorgt ist 

Für  den  hochbaulichen  Teil  wurden 
bei  3000  bis  3600  Stunden  0,75  °/o 


§  5.  Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten.  269 

bei  7200  Betriebsstunden  1,0  °/o  und 

bei  8620  Betriebsstunden  1,1  °/o  zugrunde  gelegt,  worin  die  Feuerversicherung 
mit  enthalten  ist.  * 

b)  Die  Bedienung*  1.  Die  personellen  Bedienungskosten  hängen  naturgemäss 
ebenfalls  von  der  Betriebsdauer  ab,  allerdings  nur  in  grösseren  Staffeln,  denn  ob  bei  Tages- 
betrieb im  Jahre  3600  oder  3000  oder  2500  Betriebsstunden  geleistet  werden,  macht  bei 
den  Lohnen  nur  einen  sehr  geringen  Unterschied.  Die  Bedienung  des  wasserbaulichen  Teiles 
ist  in  den  nachfolgenden  Tabellen  wiederum  in  Prozenten  der  Anlagekosten  zum  Aus- 
druck gebracht.  Bei  Betriebskostenberechnungen  für  einen  ganz  bestimmten  Fall  lassen 
sich  je  nach  der  besonderen  Art  des  Wehres,  der  Werkkanäle  und  der  Druckrohre  und 
je  nach  der  Entfernung  des  Wehres  vom  Krafthause  und  der  Sonstigen  örtlichen  Um- 
stände Dienstpläne  für  das  notwendige  Personal  aufstellen  und  hiernach  unter  Zugrunde- 
legung der  ortsüblichen  Löhne  die  Kosten  für  die  Bedienung  der  wasserbaulichen  An- 
lage ohne  Schwierigkeit  veranschlagen. 

Beim  Ansatz  für  die  personellen  Bedienungskosten  im  Krafthause  etc.  ist  in  den 
Tabellen  XI,  XII  und  XIII  angenommen,  dass  sowohl  bei  der  200  PSe-Anlage,  als  auch 
der  600  PSe- Anlage  3  Mann,  bei  der  2000  PSe- Anlage  5  Mann  während  einer  Schicht 
ausreichend  sind.  Demgemäss  sind  die  Kosten  für  die  Bedienung  im  Krafthause,  wozu 
bei  der  2000  PS#-Anlage  die  Bedienung  an  den  Transformatorenstationen  am  Ende  der 
Leitung  kommt,  beim  7200  stündigen  Betriebe  doppelt  so  hoch  als  beim  3000  bis  3600- 
stündigen  Betriebe.  Für  den  8520  stündigen  Betrieb  sind  entsprechende  Zuschläge  für 
überstunden  und  Hilfspersonal  gemacht. 

Die  Kosten  für  die  Bedienung  der  Fernleitung  hängen  nicht  ab  von  der  Betriebs- 
dauer, es  muss  vielmehr  die  Fernleitung  täglich  in  ihrer  ganzen  Länge  in  Augenschein 
genommen  werden,  um  zu  sehen,  ob  nicht  Zerstörungen  von  Isolatoren,  Schutznetzen, 
Blitzableitern,  Schaltapparaten  etc.  oder  Gestängebrüche  und  dergl.  vorgekommen  sind. 
Bei  kurzen  Längen  kann  die  Bedienung  der  Fernleitung  von  Hilfsarbeitern  besorgt  werden, 
welche  noch  in  dem  Krafthause  weitere  Beschäftigung  finden.  Bei  längeren  Fernleitungen 
wird  hierfür  ein  besonderer  Dienst  einzurichten  sein.  Je  nach  der  Schwierigkeit  des 
Terrains,  auf  welchem  die  Fernleitung  errichtet  ist,  können  die  Kosten  wachsen,  denn 
bei  unwegsamen  bergigen  Tracen  kann  ein  Mann  nur  eine  wesentlich  kürzere  Strecke 
bedienen,  als  wenn  die  Fernleitung  längs  einer  Chaussee  steht.  Sind  viele  Schutznetze 
vorhanden,  welche  erfahrungsgemäss  zahlreiche  Reparaturen  erfordern,  so  müssen  die 
Unterhaltungskosten  wachsen. 

In  ebenem  Terrain  und  wenn  die  Leitungen  in  der  Nähe  fahrbarer  Strassen  sich 
befinden,  so  dass  das  Bedienungspersonal  per  Rad  oder  Motorrad  die  Strecke  befahren 
kann,  betragen  die  Bedienungskosten  und  Unterhaltungskosten  von  Fernleitungen  (aus- 
schliesslich der  Erneuerung  des  Gestänges)  ungefähr: 

Bei  Längen  bis  zu  5  km  und  ca.  200  PS.  )  m  übertragende  Leistung  ungefähr  12«/o 

oder     1  der  Anlagekosten. 

133  KW  j  ^ 

Bei  Längen  ton  5-10  km  und  ca.  200-600  PS.  1  m   ÜDertragende   Leistung   12 

°^ j     bis  8°/o  der  Anlagekosten. 


133-400  KW 
Bei  Längen  von  10—20  km  und  ca.  600—2000  PS. 

oder 
400—1350  KW 


zu  übertragende  Leistung 
8bisö%>  der  'Anlagekosten. 


270  L    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Bei  Langen  von  20—40  km  und  ca.  2000—4000  PS.  \         ...  ^  ,    T  -^_ 

,  I    zu  abertragende  Leistung 

1360—2700  KW  I  5bis3>5°/°der  Anlagekosten. 


zu  übertragende  Leistung  3,5 
bis  2,5%  der  Anlagekosten. 

zu  tibertragende  Leistung  2,5 
bis  2,0  °/o  der  Anlagekosten. 


Bei  Längen  von  40—60  km  und  ca.  4000—6000  PS« 

oder 
2700—4050  KW 

Bei  Längen  von  60—80  km  und  ca.  6000—8000  PS« 

oder 
4050-5400  KW 

DieseZahlen  sind  nur  für  überschlägliche  Kostenanschläge  ver- 
wendbar. Es  ist  hierbei  die  Wahl  von  Spannungen  vorausgesetzt,  wie  sie  in  Tabelle  X 
zugrunde  gelegt  sind.  Bei  genauen  Betriebskostenberechnungen  müssen  die  personellen 
und  sachlichen  Kosten  im  einzelnen  veranschlagt  werden  (vergl.  Kap.  III,  9 :  Der  Betrieb 
von  Wasserkraftanlagen).  In  der  obigen  Zahlentafel  ist  ein  Anwachsen  der  zu  über- 
tragenden Leistung  mit  der  grösseren  Länge  angenommen,  weil  die  aus  der  Praxis  ent- 
nommenen Zahlen  durchschnittlich  ein  solches  Bild  zeigten.  Für  neu  zu  projektierende 
Anlagen  werden  sich  oft  ähnliche  Verhältnisse  ergeben.  Je  grösser  die  Anlagekosten 
namentlich  für  Kupfer  und  Isolatoren  pro  km  Fernleitung  sind,  um  so  kleiner  werden 
naturgemäss  im  allgemeinen  die  Prozentsätze  für  Bedienung  und  Unterhaltung  ausfallen. 

2.  Der  Verbrauch  von  Schmier-  und  Putzmaterial  pro  PSe-Stunde 
bei  Turbinen  an  lagen  hängt,  abgesehen  von  der  Grösse  der  Einheiten,  wesentlich 
von  dem  Gefälle  und  von  den  gewählten  Turbinensystemen  ab.  Je  grösser  das  Gefalle, 
um  so  kleiner  wird  das  Gewicht  der  Turbine  bei  gleicher  Leistung  und  gleichem  System. 
Stehende  Turbinen  verbrauchen  bei  gleicher  Leistung  mehr  Schmier-  und  Putzmaterial 
als  liegende,  Turbinen  mit  Kammradübertragung  mehr  als  direkt  gekuppelte,  Gehäuse- 
turbinen mehr  als  Schachtturbinen,  liegende  Gehäuseturbinen  mit  einseitigem  Ausguss 
mehr  als  solche  mit  symmetrischem  zweiseitigem,  Francisturbinen  mehr  als  Peltonräder, 
langsam  laufende  mehr  als  Schnelläufer  etc.  Wenn  man  unter  der  Rubrik  „Schmieröl* 
den  ganzen  Ölverbrauch  berücksichtigen  soll,  spielt  es  natürlich  eine  Rolle,  ob  die 
selbsttätigen  Turbinenregler  mit  Druckwasser  oder  mit  Drucköl  angetrieben  werden,  ob- 
wohl im  letzteren  Falle  das  Öl  in  einem  Kreislaufe  bewegt  wird  und  der  effektive  Ver- 
brauch nicht  gross  ist. 

Bei  der  elektrischen  Anlage  hängt  der  Verbrauch  von  Sehmier- 
und  Putzmaterial  pro  PS#-Stunde,  abgesehen  von  der  Grösse  der  Einheiten,  in 
erster  Linie  von  der  Umdrehungszahl  der  Generatoren  ab.  Wenn  der  ganze  Ölverbrauch 
unter  der  Rubrik  „Schmier-  und  Putzmaterial*  einbegriffen  wird,  so  ist  von  nicht  un- 
wesentlicher  Bedeutung  ob  Oltransformatoren  und  (»widerstände  namentlich  für  die  Blitz- 
schutzanlagen verwendet  werden. 

Für  die  spezielle  Betriebskostenberechnung  muss  sich  daher  der  Bauingenieur 
durch  Anfrage  bei  den  Konstruktionsfirmen  zuverlässige  Daten  zu  verschaffen  suchen. 

Zur  Verwendung  bei  überschläglichen  Betriebskostenberechnungen  für  Vorarbeiten 
können  die  nachstehend  angegebenen  Einheitskosten  dienen,  welche  sich  nach  den  Er- 
fahrungen des  Verfassers  in  der  Praxis  bei  guter  Wartung  als  auskömmlich  erwiesen  haben. 


§   5. 


Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten. 


271 


Kosten  für  den  Öl-,  Schmier-  und  Putzmaterialverbrauch  pro  PSe-Stunde. 

a)  Beim  Betriebe  von  Turbinen-Anlagen. 


1.  Leistung  der  Turbine  in 

PSe 

2.  Kosten  für  Schmier-  und 

Putsmaterial    pro   PSe- 
Stunde  in  Pfennigen.    . 


b)  Beim  Betriebe  des  elektrischen  Teiles  des  Krafthauses. 


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600 

800 

1000 

2000  . 

8000 

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0,10 

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0,04 

0,02 

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405 

540 

675 

1350 

2025 

2  700 

4.  Kosten  für  8chmier    und 

Putzmaterial    pro   PSe- 

Stunde  der  Antriebsma- 

schinen in  Pfennigen 

0,15 

0,10 

0,06 

0,045 

0,040 

0,030 

0,027 

0,025 

Es  ist  bei  den  obigen  Preisen  ad  a)  angenommen,  dass  die  selbsttätigen  Regler 
mit  Druckwasser  angetrieben  werden  und  bei  den  Preisen  ad  b),  dass  von  1000PSe 
oder  675  KW  an  im  Krafthause  Oltransformatoren  aufgestellt  und  die  Blitzschutz- 
vorrichtungen mit  Öl  widerständen  versehen  sind. 

Bei  den  in  den  Tabellen  XI,  XII  und  XIII  als  Beispiele  aufgeführten  Betriebs- 
kostenberechnungen ist  bei  der  Feststellung  der  Anlagekosten  als  Reserve  ein  Drittel 
der  Gesamtleistung  in  einer  Einheit  angenommen.  Im  übrigen  sind  mittlere  Baukosten 
zugrunde  gelegt. 

Weil  die  Umwandlung   der  Wasserkräfte  in  elektrische  Energie  den  häufigsten 

Fall  darstellt,  sind  in  den  Beispielen  Wasserkraft-Elektrizitätswerke  gedacht,  und  es  ist 

vorausgesetzt,  dass 

bei  der    200  PSe-Anlage  der  Strom  auf    5,0  km, 

600  *        *       *     10,0    , 


und 


2000 


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zu  leiten  ist.  Ferner  ist  angenommen,  dass  bei  der  2000  PSe- Anlage  eine  Transformie- 
rung des  Stromes  im  Krafthause  und  am  Ende  der  Fernleitung  stattfinden  muss.  Um 
die  Nutz-PSe-Stunden  zu  berechnen,  ist  bei  den  Anlagen  ohne  Transformatoren  in  dem 
Krafthaus  ein  Nutzeffekt  von  90°/o,  bei  den  Anlagen  mit  Transformatoren  ein  Nutzeffekt 
zwischen  Turbinenwellen  und  Schaltbrett  von  88%  vorausgesetzt.  Das  sind  Annahmen, 
welche  bei  voller  Belastung  gut  erreichbar  sind;  bei  schwankender  Belastung  muss  man 
etwas  höhere  Verluste  im  Krafthaus  voraussetzen.  Bei  den  Fernleitungen  sind  bis  5  km 
Länge  5%,  bei  10  km  5,5  °/o,  bei  20  km  Länge  6,6%  Energieverluste  in  der  Fernleitung 
angenommen  und  ausserdem  4°/o  Verlust  in  den  Transformatoren  am  Ende  der  Leitung. 
In  letzteren  war  eine  höhere  Verlustannahme  notwendig,  weil  am  Ende  der  Leitung 
meistens  kleinere  Einheiten  aufgestellt  werden. 

Die  Kosten  für  die  PS«-Stunde  und  KW-Stunde  sind  am  Ende  der  Fernleitung 
berechnet,  damit  sie  direkt  in  Vergleich  gestellt  werden  können  mit  den  Kosten  für  An- 
lagen mit  Wärme-Antriebmaschinen,  welche  man  meistens  in  unmittelbarer  Nähe  des 
Verwendungsgebietes  errichten  kann. 

Besonders  hingewiesen  mag  werden  auf  die  Anteile  der  indirekten  und  direkten 
Kosten  an  den  Gesamtkosten  des  Betriebes  bei  Wasserkraftanlagen  (Nr.  25  und  26  der 


272 


I.    Theodor  Koehx.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 


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Tabellen  XI,  XII  und  XIII)  und  auf  den  grossen  Einfinss,  welchen  die  Anzahl  der  jähr- 
lichen Betriebsstunden  auf  die  Einheitskosten  pro  PS«-Stunde  oder  KW-Stunden  hat 

Es  betragen  die  Betriebskoston  pro  PS«-Stunde  im  Krafthause: 


bei  Anlagen  von 

200 

600 

2000  PS« 

Bemerkungen 

in  Einheiten  von      j 

3  zu  100 

8  zu  800 

3  zn  1 000  PS« 

mit  V»  Reserve 

bei  3000  Betriebeeton- 

. 

den  jährlich  und  voller 
Belastung     .... 

5,07  Pf. 

3,28  Pf. 

2,42  Pf. 

— 

bei  7  200  Betriebsstun- 

den  jahrlich  und  voller 
Belastung     .    .    .    , 

2,80  Pf. 

1,72  Pf. 

1,21  Pf. 

— 

d.h.  bei  7200  Betriebs- 

etnnden  weniger  .    . 

2,27  Pf.  oder  44.8  °/o 

1,56  Pf.  oder  47,6  */• 

1,21  Pf.  oder  50  */o 

— 

Interessant  ist  dann  auch,  die  Gesamtbetriebskosten  in  Prozenten  der  Anlagekosten 
auszudrücken : 

Es  betragen  die  jährlichen  Gesamtbetriebskosten  (ohne  die  Kosten  für  die  allge- 
meine Verwaltung)  in  °/o  der  Gesamtanlagekosten: 

bei  einer  Anlage  in  PS.  von  200         600  2000 

bei  8520  Betriebsstunden  und  voller  Belastung  13,7  °/o  11,1%  9,9 °/o 

bei  7200  „  „  „  12,8°/o  10,5°/o  9,4°/o 

•bei  3000  „  „  9,4 °/o  8,3°/o  7,7°/o 

Bei  dem  letzten  Zahlenbild  muss  man  sich  vor  Augen  halten,  das» 
volle  Belastung  während  der  angegebenen  Betriebsstunden  voraus- 
gesetzt war.  Bei  schwächerer  Belastung,  aber  gleicher  Betriebsdauer 
werden  die  jährlichen  Leistungen  kleiner,  es  bleiben  aber  die  in- 
direkten Betriebskosten  sowohl,  als  auch  die  direkten  fast  dieselben, 
wie  bei  voll  belastetem  Betriebe  und  es  müssen  deshalb  die  Kosten 
pro  PSe-Stunde  wachsen.  Wenn  man  z.  B.  einen  7200  stündigen,  schwach  be- 
lasteten Betrieb  hat,  bei  dem  die  Jahresleistung  nicht  grösser  wird,  als  bei  einem 
3000 stündigen ,  voll  belasteten  Betrieb,  so  müssen  die  Kosten  pro  PS6-Stunde  beim 
schwach  belasteten  7200  stündigen  Betrieb  höher  werden,  als  diejenigen  beim  voll  be- 
lasteten 3000 stündigen  und  die  Gesamtbetriebskosten,  in  %  des  Anlage- 
kapitals ausgedrückt,  werden  viel  näher  bei  denjenigen  des  7200 stündigen  Be- 
triebes mit  voller  Belastung,  als  bei  dem  3000  stündigen  mit  voller  Belastung  liegen. 

c)  Ganz  unberücksichtigt  geblieben  sind  in  den  Tabellen  Nr.  XI, 
XII  und  XIII  die  allgemeinen  Verwaltungskosten,  d.  h.  die  Ausgaben  für  Geschäfts- 
leitung,  Bureaumiete,  Bureaupersonal,  Steuern  und  Abgaben,  sowie  die  Kosten  für  etwaige 
Wasserzinse  etc. 

Die  Wasserzinse  können  meistens  nach  Massgabe  der  gesetzlichen  Bestimmungen 
des  betreffenden  Landes  oder  nach  dem  Beispiel  ausgeführter  Anlagen  im  voraus  be- 
stimmt und  deshalb  in  dem  richtigen  Betrage  der  Betriebskostenberechnung  zugefugt 
werden.  Die  Steuern  und  Abgaben  richten  sich  gleichfalls  nach  den  gesetzlichen  Be- 
stimmungen des  Landes,  sind  aber  auch  abhängig  von  den  Gewinnen,  die  das  Unter- 
nehmen erzielen  wird.  Da  aber  diese  Gewinne  erst  nach  durchgeführter  Rentabilitäts- 
berechnung angenähert  ermittelt   werden  können,  so   ist  es  am  besten,   bei  der  über- 


§  5.  Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten.  277 

schläglichen  Rechnung  auch  die  Steuern  und  Abgaben  in  durchschnittlichen  Ansätzen  für 
alle  allgemeinen  Verwaltungskosten  —  ausschliesslich  der  Wasserzinse  —  mit  zu  berück- 
sichtigen. Die  Unkosten  für  Geschäftsleitung,  Bureaumiete,  Bureaupersonal  etc.  müssen 
bei  der  definitiven  Rentabilitätsberechnung  nach  Massgabe  eines  bestimmten  Organi- 
sationsplanes aufgestellt  werden.  Sie  können  unter  Umständen  =  0  gesetzt  werden, 
wenn  der  Betrieb  der  Wasserkraft  an  ein  vorhandenes  Unternehmen  angegliedert  wird. 
Handelt  es  sich  aber  beim  Betriebe  einer  Wasserkraft  um  ein  selbständiges  Unternehmen, 
so  fallen  die  allgemeinen  Verwaltungskosten  erfahrungsgemäss  recht  erheblich  in  das 
Gewicht.  Als  Durchschnittssätze  für  die  allgemeinen  Verwaltungskosten  ausschliesslich 
der  Wasserzinse  dürfen  1,5 — 2,5  °/o  des  Anlagekapitals1*)  angesehen  werden,  sofern  es 
sich  nicht  um  eine  Unternehmung  in  Form  einer  Aktiengesellschaft  handelt.  Ist 
letzteres  der  Fall,  so  erhöhen  sich  die  durchschnittlichen  Prozentsätze  noch  um 
weitere  1 — 1,5  °/o  und  zwar  wegen  der  Aufwendungen  für  den  Aufsichtsrat,  Generalver- 
sammlungen, der  teueren  inneren  Organisation  etc.  Dazu  kommt  in  einigen  Ländern, 
z.  B.  in  Frankreich  und  Italien,  noch  die  sogenannte  „Taxe  de  circulation",  eine  Steuer, 
welche  auf  die  ausgegebenen  Titres  (Aktien  und  Obligationen)  erhoben  wird. 

Ganz  unberücksichtigt  geblieben  sind  ferner  noch  die  Betriebs- 
kosten für  das  Verteilungsnetz.  Näher  hierauf  einzugehen,  liegt  ausserhalb  des 
Rahmens  dieses  Buches.  Kurz  erwähnt  sei  nur,  dass  die  indirekten  Betriebskosten,  so- 
weit sie  die  Verzinsung  betreffen,  nach  dem  Muster  der  Tabellen  XI,  Xu  und  XIII  be- 
rechnet werden  können.  Bei  Feststellung  der  Sätze  für  Tilgung  kommt  es  darauf  an, 
ob  man  beim  Verteilungsnetz  dieselbe  Tilgungsdauer  von  50  Jahren,  wie  bei  den  Wasser- 
kraftanlagen, voraussetzen  darf.  Meistens  wird  bei  den  Konzessionen  für  die  Verteilung 
elektrischer  Energie  eine  kürzere  Konzessionsdauer  festgelegt  werden,  und  es  muss  sich 
deshalb  der  Tilgungssatz  entsprechend  erhöhen.  Für  die  Erneuerung  kann  man  bei  ober- 
irdischen Netzen  etwa  eine  20  jährige  Lebensdauer  voraussetzen,  wenn  das  Gestänge  nicht 
etwa  zum  grössten  Teile  aus  Holz  besteht,  sondern,  wie  es  häufig  der  Fall,  aus  eisernen, 
an  den  Häusern  befestigten  Konsolträgern.  Bei  Verteilungsnetzen  ist  auch  der  Anteil 
des  Kupfers  an  den  Gesamtkosten  wegen  der  niedrigen  Spannung  erheblich  höher,  als  bei 
Fernleitungsnetzen  und  man  wird  deshalb  annehmen  dürfen,  dass  bei  der  Erneuerung  für  Alt- 
material mindestens  der  halbe  Anschaffungswert  der  Neuanlage  wiedergewonnen  werden  kann. 
Es  dürfte  daher  ein  Satz  von  1,7%  der  gesamten  Anlagekosten  des  Verteilungsnetzes 
als  Rücklage  für  Erneuerung  genügen,  wenn  man  entsprechend  unseren  früheren  An- 
nahmen eine  4°/oige  Verzinsung  der  Rücklagen  zugrunde  legt.  Über  die  Sätze,  welche 
für  die  Erneuerung  von  Kabelnetzen  notwendig  sind,  hat  die  Praxis  die  Ansichten  noch 
wenig  geklärt.  Im  allgemeinen  wird  für  die  Kabelnetze,  obwohl  sie  wahrscheinlich  eine 
weit  grössere  Lebensdauer  haben,  als  oberirdische  Netze,  ein  Satz  von  1,5  bis  1,7%  für 
notwendig  erachtet.  Demnach  ergäbe  sich  bei  einer  Tilgungsdauer  von  30  Jahren  eine 
Gesamtrücklage  für  Tilgung  ^und  Erneuerung  —  also  für  das,  was  man  wohl  auch  unter 
dem  Begriff  „Abschreibung"  versteht  —  von  1,8  -f-  1,7  =  3,5%  bei  oberirdischen 
und  von  3,3  bis  3,5%  bei  unterirdischen  Verteilungsnetzen. 

Für  den  Ansatz  der  Unterhaltungs-  und  Bedienungskosten  des 
Verteilungsnetzes  werden  häufig  Durchschnittssätze  von  1,5  bis  2,0%  des  Anlage- 
kapitals angenommen,  wenn  das  Netz  im  wesentlichen  unterirdisch  ist  Bei  oberirdischen 
Verteilungsnetzen  müssen  je  nach  der  Ausdehnung  und  je  nachdem,  ob  es  sich  um  ein 


i*)  Hierbei  ist  das'  Anlagekapital  ausschliesslich  der  Kosten  für  Kapitalbeschaffung  nnd  aus- 
schliesslich der  Zuschläge  für  etwaige  Betriebszuschüsse  der  ersten  Jahre  in  Anaais  in  bringen. 


278  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau-  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

grosses,  in  einer  bevölkerten  Stadt  zusammenliegendes  Netz,  oder  um  ein  in  verschiedenen 
Ortschaften  zerstreutes  Netz  handelt,  höhere  Prozentsätze  in  Ansatz  gebracht  werden. 
Die  Kosten  der  „allgemeinen  Verwaltung"  —  speziell  für  das  Verteilungsnetz  —  sind 
ziemlich  erheblich,  sofern  man  den  ganzen  Verkehr  mit  den  Stromabnehmern  und  die 
hierdurch  verursachten  Kosten  auf  das  Verteilungsnetz  allein  rechnen  will.  Für  den 
rohen  Überschlag  dürfte  es  genügen,  wenn  man  die  Anlagekosten  des  Verteilungsnetzes 
den  übrigen  Anlagekosten  hinzuaddiert  und  alsdann  die  allgemeinen  Verwaltungskosten 
nach  den  oben  angegebenen  Prozentsätzen  im  ganzen  berechnet  (vergl.  auch  Kap.  III,  9 
Betrieb  von  Wasserkraftanlagen). 

Zu  erwähnen  wären  schliesslich  noch  die  Rücklagen  für  die  Zähler,  welche,  wie 
das  Zahlenbild  S.  266  zeigt,  immerhin  in  den  Gesamtanlagekosten  einen  recht  beträcht- 
lichen Posten  ausmachen  werden.  Wenn  die  Zähler  an  die  Konsumenten  nur  gegen  volle 
Entschädigung  in  Form  von  einmaligen  Zahlungen  (Kauf)  oder  von  Zählermieten  verab- 
folgt werden,  so  bedarf  es  natürlich  keiner  Rücklagen  für  die  Tilgung.  Werden  die 
Zähler  aber  unentgeltlich  von  dem  Unternehmer  vorgehalten,  so  muss  das  für  sie  auf- 
gewendete Anlagekapital  getilgt  werden  und  für  die  Erneuerung  und  Unterhaltung  müssen 
gewisse  Beträge  in  der  Betriebskostenrechnung  zum  Ansatz  gelangen.  Die  Tilgungsquote 
ergibt  sich  aus  der  Konzessionsdauer  von  selbst.  Für  die  Erneuerung  wird  meistens 
eine  14  bis  15  jährige  Lebensdauer,  also  bei  4%  iger  Verzinsung  der  Rücklage,  eine  Quote 
von  5— 5,6  °/o  der  Beschaffungskosten  zugrunde  gelegt.  Zur  Deckung  der  Unterhaltungs- 
kosten dürfte  ein  Satz  von  l,5°/o  —  2%>  der  Beschaffungskosten  genügen. 

3.  Vergleich  von  Wännekraftanlagen  mit  Wasserkraftanlagen. 

Wenn  ein  Ingenieur  das  Projekt  für  den  Ausbau  einer  Wasserkraft  aufstellt,  so 
ißt  er  in  vielen  Fällen  auch  gezwungen,  den  Nachweis  zu  führen,  dass  die  Gewinnung 
der  Energie  durch  die  Wasserkraft  vorteilhafter  wird,  als  jede  andere  mögliebe  Kraft- 
gewinnung. Er  muss  also  Vergleichsrechnungen  durchführen  und  durch  diese  den  Be- 
weis bringen,  dass  sein  Projekt  vor  allen  anderen  den  Vorzug  verdient.  Ergeben  sich 
die  Anlagekosten  einer  Wasserkraft  so  niedrig,  dass  sie  pro  PS«  ungefähr  denjenigen 
einer  Anlage  in  Wärmekraft-Maschinen  gleichkommen,  so  ist  natürlich  ein  Vergleich  der 
Betriebskosten  nicht  mehr  nötig.  Es  ergibt  sich  dann  von  selbst,  dass  die  Wasserkraft- 
anlage wirtschaftlich  vorteilhafter  ist.  Sind  die  Anlagekosten  einer  Wasserkraft  aber 
erheblich  höher,  als  diejenigen  einer  Anlage  in  Wärmekraftmaschinen,  so  wird  eine  ver- 
gleichende Betriebskostenberechnung  meist  unentbehrlich  sein.  Stellen  sich  durch  die 
Rechnung  die  jährlichen  Betriebskosten  für  eine  Wasserkraftanlage  auch  nur  eben  so 
billig,  wie  diejenigen  einer  Anlage  mit  Wärme-Kraftmaschinen,  so  verdient  die  Wasser- 
kraft fast  immer  den  Vorzug,  schon  weil  sie  einen  bleibenden  Wert  darstellt  und  die 
Kraftquelle  unversiegbar  ist.  Überdies  ist  zu  beachten,  dass,  wie  aus  den  Tabellen  XI, 
XII  und  XIII  gezeigt  worden  ist,  ca.  38  bis  67%  der  Betriebskosten  allein  auf  die 
Tilgung  und  Verzinsung  entfallen  und  die  Betriebskosten  deshalb  nach  be- 
endigter Tilgung  sprungweise  sinken  müssen.  Allerdings  muss  man  hierbei 
den  sehr  wichtigen  Vorbehalt  machen,  dass  die  Beschaffung  des  erheblich  grösseren 
Kapitals  für  die  Wasserkraft-Anlage  keine  Schwierigkeiten  macht  und  dass  die  für  den 
Ausbau  der  Wasserkraft  erforderliche  Zeit,  welche  doch  meist  grösser  sein  wird, 
als  die  für  Beschaffung  einer  Wärmekraftanlage  erforderliche,  zur  Verfügung  gestellt 
werden  kann. 

Liegt  die  Wasserkraft,  was  oft  der  Fall  sein  wird,  von  dem  Konsumgebiet  für 


§  5.  Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten.  279 

die  Energie  entfernt,  so  mnss  man  natürlich  zu  den  Betriebskosten  der  Wasserkraft 
noch  die  direkten  und  indirekten  Betriebskosten  hinzurechnen,  welche  durch  die  Fern- 
leitung der  Energie  zur  Konsumstelle  entstehen,  und  man  muss  ferner  die  Energie- 
verluste in  der  Fernleitung  berücksichtigen. 

Von  den  Wärme-Kraft-Maschinen,  welche  mit  Wasserkraft- An- 
lagen in  Vergleich  zu  stellen  sind,  kommen  hier  die  Heissdampf- 
maschinen,  die  Abwärmekraftmaschinen  und  die  Gasmotoren  in  Frage. 


I.  Die  Heissdampfmaschinen. 

Unter   den  Wärmekraft-Maschinen  nehmen  bis  heute  die  Heissdampfmaschinen, 

welche  hier  kurzweg  als  Dampfmaschinen  bezeichnet  werden  sollen,  noch  bei  weitem  den 

ersten  Platz  ein.     Nach  der  Statistik  der  deutschen  Elektrizitätswerke  wurden  im  Jahre 

1903  betrieben! 

570  Anlagen  mit  341 200  PS«  mit  Dampf  und 

94  Anlagen  mit     10100  PS«  mit  Gas. 

Von  den  deutschen  Wasserkraft-Elektrizitätswerken  mit  gemischtem  Betrieb  hatten 

als  Reserve 

208  Anlagen  Dampfmaschinen  mit  60700  PS« 

16  Anlagen  Gasmaschinen       mit    1400  PS« 
Das  beute  noch  bei  weitem  am  meisten  verbreitete  System  der  Dampfmaschine  ist 

A.  Die  Kolbenmaschine. 

Man  unterscheidet  bekanntlich  die  Kolbenmaschinen  im  grossen  und  ganzen  in 
sogenannte  stationäre  Maschinen,  welche  mit  dem  Grund  und  Boden  fest  ver- 
bunden sind  und  bei  welchen  die  Antriebsmaschinen  von  der  Kesselanlage  getrennt  sind 
und  die  Lokomobilen,  bei  welchen  sich  die  Antriebsmaschinen  auf  der  Kesselanlage 
montiert,  befinden.  Früher  waren  die  Lokomobilen  bestimmt,  ihren  Standort  häufiger 
zu  wechseln,  neuerdings  werden  die  Lokomobilanlagen  auch  häufiger  stationär  ausgeführt. 
Stationäre  ebenso  wie  sogenannte  lokomobile  Dampfmaschinen  können  gebaut 
werden  als: 

Einzylinder-Maschinen,  bei  welchen  der  Dampf  nur  in  einer  Stufe, 
Verbund-Maschinen,  bei  welchen  der  Dampf  in  zwei  Stufen,  und  als. 
Dreifach-Expansions-Maschinen,   bei  welchen  der  Dampf  in  drei   Stufen 
ausgenützt  wird.    Mehrstufige  Kolbenmaschinen  werden  selten  verwendet. 

Ist  eine  Verbund-Maschine  so  gebaut,  dass  beide  Zylinder  hintereinander  liegen 
und  die  Kolben  an  einer  gemeinschaftlichen  durchgehenden  Stange  befestigt  sind,  so 
bezeichnet  man  sie  als  Tandem- Maschine.  Dieser  Typ  hat  den  Vorteil,  dass  man 
ihn  in  einem  sehr  schmalen  Raum  aufstellen  kann,  und  dass  er  etwas  billiger  wird,  als 
die  Compound-Maschine,  unter  welcher  Bezeichnung  man  meistens  eine  Maschine 
mit  nebeneinander  liegendem  Hochdruck-  und  Niederdruck  Zylinder  versteht.  Die  Kurbeln 
sind  um  90°  gegeneinander  versetzt  und  die  Zylinder  so  bemessen,  dass  dieselben  bei 
normaler  Leistung  nahezu  die  gleiche  Kraft  auf  die  Kurbel  übertragen.  Nachdem  der 
Dampf  in  dem  kleinen  (Hochdruckzylinder)  durch  Expansion  Arbeit  verrichtet  hat,  tritt 
er  in  einen  mit  Dampfventil  versehenen  Zwischenbehälter  (Receiver),  um  hier  durch 
frischen  Kesseldampf  wieder  geheizt  zu  werden  und  gibt  dann  durch  weitere  Expansion 
in  dem  grossen  (Niederdruck)  Zylinder  die  seiner  Spannung  entsprechende  Arbeit  ab. 


280  I.    Thboeor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 

Man  unterscheidet  dann  noch  liegende  und  stehende  Dampfmaschinen. 
Erstere,  welche  am  meisten  verwendet  werden,  haben  den  Vorzog,  dass  sie  sich  be- 
quem und  leicht  bedienen  lassen,  weil  alle  Teile  leicht  zugänglich  und  übersehbar  sind, 
dagegen  den  Nachteil,  dass  die  Maschinen  verhältnismässig  viel  Platz  beanspruchen  und 
dass  sich  Kolben  und  Zylinder  einseitig  abnutzen. 

Stehende  Dampfmaschinen  haben  den  Vorteil  der  geringeren  Raumbean- 
spruchung und  der  geringeren  Abnutzung  der  Triebwerksteile,  dagegen  den  Nachteil,  dass 
die  Bedienung  etwas  schwieriger  ist,  die  Fundamentierung  teurer  wird,  und  die  ganze 
Maschine  nicht  so  stabil  wird,  wie  eine  liegende. 

In  bezug  auf  die  Steuerung  unterscheidet  man  dann  noch  in  Dampfmaschinen 
mit  Schiebersteuerung  und  in  Dampfmaschinen  mit  Ventilsteuerung. 

Die  Schieber-Dampfmaschinen  zeichnen  sich  durch  grosse  Einfachheit  der  Kon- 
struktion und  leichte  Bedienung  aus  und  sind  im  allgemeinen  in  der  Anschaffung  billiger, 
als  die  Dampfmaschinen  mit  Ventilsteuerung.  Letztere  gestatten  aber  einen  höheren 
Gleichformigkeitsgrad  des  Ganges  bei  wechselnder  Belastung  und  haben  im  allgemeinen 
einen  geringeren  Dampfverbrauch  bei  gleicher  Einheit  und  Betriebsdauer. 

Was  die  Umdrehungszahl  betrifft,  so  kann  man  kleine  Kolben-Dampfmaschinen 
als  sogenannte  Schnelläufer  bauen  mit  Umdrehungszahlen  bis  zu  360  in  der  Minute. 
Bei  den  Grossdampfmaschinen  mit  200  Pferdestärken  und  mehr  geht  man  selten  über 
200—250  Touren  hinaus. 

Je  nachdem  man  den  verbrauchten  Dampf  in  die  freie  Luft  oder  in  einen  Kon- 
densator entweichen  lässt,  spricht  man  von  Auspuff-  oder  Kondensations- 
maschinen. 

Die  Einzylindermaschinen  werden  sowohl  als  Auspuff-  als  auch  als  Kondensations- 
maschinen gebaut,  dagegen  die  Verbund-  und  Dreifach-Expansionsmaschinen  fast  aus- 
schliesslich mit  Kondensation.  Zur  Kondensation  des  Dampfes  wird  Wasser  benutzt. 
Ist  Wasser  reichlich  und  auf  billige  Weise  zu  haben,  so  lässt  man  das  Kondensations- 
wasser abfliessen.  Wenn  dagegen  die  Wasserbeschaffung  schwierig  und  teuer  ist,  so  ver- 
wendet man  Rückkühlanlagen  (Gradierwerke),  mit  Hilfe  deren  das  zur  Kondensation  ein- 
mal verwendete  Wasser  wieder  gekühlt  wird  und  so  in  einem  Kreislaufe  immer  aufs 
neue  zur  Kondensation  verwendet  werden  kann.  Die  Rückkühlanlage  verteuert  selbst- 
verständlich die  Anlage  sowohl  im  Bau,  als  im  Betrieb. 

Um  aus  1  kg  Wasser  von  0°  C  Dampt  von  4  Atmosphären  Spannung  zu  erzeugen, 
braucht  man  650  W.E.18),  dagegen  um  Dampf  von  9  Atmosphären  zu  erzeugen  nur 
659,68  W.E.     Nimmt  man  den  Heizwert  einer  Kohle  zu  7000  W.E.  an,  so  würde  man 

zu  1  kg  Dampf  von  4  Atmosphären  aus  Wasser  von  0°  G  gebrauchen  7nftn  =  0,093  kg 

Kohle  und  zur  Erzeugung  von  1  kg  Dampf  von  9  Atmosphären  Spannung  nur     ?    ' 

=  0,094  kg  Kohle.  Es  ist  deshalb  vorteilhaft  hochgespannten  Dampf  zu 
verwenden  und  mit  der  Vervollkommnung  des  Dampfmaschinenbaues 
ist  auch  die  Dampfspannung  erheblich  gestiegen.    Die  bei  Kolbenmaschinen 


is)  Eine  W.E.  =  1  Kilogramm  Kalorie  (Kgkal.)  =  derjenigen  Wärmemenge,  welche  nötig  ist, 
am  die  Temperatur  von  1  kg  destillierten  Wassers  von  0°  anf  1°  C  zu  erhöhen. 

1  W.E.  Sfi424  mkg/aek.  fiß  0,00157  PS« -Standern  £ß  1,156  Wattstunden  »0,001156  Kilowatt-Stunden. 
1  PS« -Stunde  =  687  W.E.  =  rd.  272000  mkg/aek. 


§  ö. 


Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten. 


281 


heute  verwendeten  Dampfspannungen  schwanken  zwischen  6  und  12  Atmosphären.  Wenn 
der  im  Kessel  erzeugte  sogenannte  „gesättigte"  Dampf  in  den  Zylinder  der  Dampfmaschine 
tritt,  so  reisst  er  immer  etwas  Wasser  mit  —  wenn  nicht  besondere  Vorrichtungen  zur 
Trocknung  des  Dampfes  vorgesehen  sind  — ,  ausserdem  aber  erfolgt  bei  seiner  Berührung 
mit  den  kühleren  Flächen  des  Zylinders  und  des  Kolbens  eine  teilweise  Kondensierung 
des  Dampfes,  welche  sich  bei  der  im  Zylinder  stattfindenden  Expansion  allmählich  ver- 
stärkt. Hierdurch  büsst  der  Dampf  an  motorischer  Wirksamkeit  ein.  Schon  seit  langer 
Zeit  ist  erkannt,  dass  dieser  für  die  wirtschaftliche  Ausnützung  des  Feuerungsmaterials 
nachteilige  Vorgang  durch  Überhitzung  des  Dampfes  vermieden  werden  kann,  aber 
erst  in  neuerer  Zeit  ist  es  gelungen  so  zweckmässige  Überhitzer  zu  bauen,  dass 
diese  theoretische  Erkenntnis  mit  Erfolg  in  die  Praxis  überführt  werden  konnte.  Man 
ist  auch  heute  imstande  durch  Verwendung  besser  geeigneten  Materials  für  die  Zylinder 
und  die  Kolben,  ferner  durch  Verwendung  säurefreien  Mineralöles  zur  Zylinderschmierung 
und  durch  Anfertigung  von  geeignetem  Dichtungs-  und  Verpackungsmaterial  die 
Nachteile  zu  überwinden,  welche  sich  früher  bei  Verwendung  überhitzten  Dampfes  zeigten 
und  zeitweise  die  Überhitzer  in  Misskredit  gebracht  haben.  Nach  den  bis  jetzt  vor- 
liegenden Resultaten  scheint  es,  als  ob  durch  die  Verwenduug  der  Überhitzer  eine  Er- 
sparnis an  Brennmaterial  von  10  bis  2ö°/0  erzielt  werden  kann. 

Während  früher  für  industrielle  Zwecke  fast  nur  stationäre  Dampfmaschinen  ver- 
wendet wurden,  sind  neuerdings  die  Lokomobilen  so  vervollkommnet,  dass  sie  für  kleinere 
Anlagen  bis  zu  300  PSe  mit  den  sogenannten  stationären  Maschinen  erfolgreich  in  Wett- 
bewerb treten  können.  Der  Lokomobiltyp  der  Dampfmaschine  hat  den  Vorzug,  dass 
sowohl  die  ganze  maschinelle  Anlage,  als  auch  die  bauliche  Einrichtung  nicht  unerheblich 
billiger  wird  und  ferner  den  Vorzug,  dass  die  Wärmeverluste  in  den  Rohrleitungen 
zwischen  Kessel  und  Maschine,  welche  bei  den  stationären  Maschinen  eine  Rolle  spielen, 
so  gut  wie  ganz  fortfallen.  Auch  ist  der  Betrieb  mit  weniger  Personal  durchführbar. 
Der  Nachteil  des  Lokomobiltyps  besteht  aber  darin,  dass  die  Heizung  in  demselben  Räume 
stattfindet,  in  welchem  die  Maschine  steht,  und  dass  es  daher  nicht  möglich  ist,  den- 
selben Grad  von  Staubfreiheit  und  Sauberkeit  im  Maschinenräume  zu  erreichen,  wie  bei 
stationären  Maschinen.  Dieser  Punkt  ist  aber  oft,  namentlich  bei  Elektrizitätswerken, 
von  sehr  erheblicher  Bedeutung. 


Tabelle  XIV. 

Es  werden  in  der  Beschaffung  Lokoraobilanlagen  billiger,  als  stationäre  Anlagen  in  v.  H. 


Nach  den  Angaben  Ton  F.  Barth 

1               Kaeh  den  Angaben 

von  Chr.  Bberle 

Nutibare 

Einsylinder-Auspuff- 

Componnd-Lokomobilen 

Hochdruck-  Lokomobilen 

Compound-Lokomobilen 
mit  Kondensation  ver- 

in PS. 

Lokomobilen  verglichen 

▼erglichen  mit  Konden- 

rerglichen mit 

glichen  mit  Compound- 

mit  Einzylinder-Aiupun'- 

sation«  Damnftnasehinen 

Binzylinder-Anspaff- 

Kondensations-Dampf- 

masohinen  onne  Bflek- 

kflhlnng  um 

Maeehinen  um 

mit  Ventilsteuerung  um 

M&echinen  um 

10 

rd.  5°/o 

rd.  82°/* 

^^_ 

20 

,    9Vo 

— 

.    27»/. 

— 

SO 

,     9°/o 

— 

.    "  Vo 

— 

50 

— 

rd.    8  °/o 



12°/o 

80 

— 

„    16% 



17  °/o 

100 

— 

,    20% 



14% 

200 

— 

,      6% 



16  •/# 

300 

— 

,    teurer  5% 



— 

im  D 

orchachnitt  7,7  °/o 

,    12,5  o/o 

rd.  25°/e 

14,8  °/o 

282 


I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 


In  den  Tabellen  XVI  u>  XVII  auf  S.  291/292  werden  genauere  Angaben  über  Kosten 
von  Anlagen  mit  stationären  Kolbenmaschinen  gemacht.  Des  Vergleiches  halber  sind  in 
vorhergehender  Tabelle  XIV  die  Prozentsätze  angegeben14),  um  welche  sich  die  Beschaffungs- 
kosten von  Anlagen  mit  dem  Lokomobiltyp  etwa  billiger  stellen  würden. 

Was  die  Betriebskosten  betrifft,  so  gibt  Tabelle  XV  einen  Überblick  über  die 
Ersparnisse  bei  dem  Lokomobiltyp  im  Vergleich  mit  stationären  Maschinen  gleichfalls 
in  v.  H.  ausgedrückt. 

Tabelle  XV. 

Es  wird  der  Betrieb  unter  Berücksichtigung  der  indirekten  und  direkten  Betriebskosten  pro  PS« -Stunde 

billiger  bei  einem  SOOtfigigen  Betriebe  ä  10  Stunden 


Nutzbare 

I<eirtung 

in  PS. 


nach  den  Angaben  von  F.  Barth 


Bei  einem 

Kohlen  preiae 

in  Mk 

pro  100  kg 

Ton 


bei  einer  Einzy lin- 
der Auspuff-Loko- 
mobile verglichen 
mit  Einxylinder- 
Anapuff-Dampf- 
maaehinen  um 


bei  e'iner  Compound- 

Lokomobile  mit 
DampfUberhitznng 
nnd  Kondensation 
▼ergliehen  mit  Kon- 
densations-Dampf- 
maaehinen  mit  Ven- 
tilsteuerung um 


nach  den  Angaben  von  Chr.  Eberle 


bei  einem 

Kohlenproiae 

in  Mk. 

pro  100  kg 

von 


bei  einer  Hoch- 
druck-Lokomobile 

verglichen  mit 
Einzylinder- Aus- 
puff-Maschinen 
um 


bei  einer  Compoond- 

Lokomobile  mit 
Kondensation  ver- 
glichen mit  Com- 
pound-Kondenaa- 
tions-Dampfma- 

schinen  ohne 
RfiekkQblung  um 


10 

20 

30 

50 

80 

100 

200 

300 


f  1,5  Mk. 

*2,0    , 

|1.5 

*2,0 

fl,5 

*2,0 

|1.5 

*2,0 

12,0 

IW 
*2,0 

ri.5 

*2,0 

ri,5 

*2,0 


8°/o 

9°/o 
9°/o 
10°/o 
6°/o 
6°/e 


17°/o 

19°/o 
28  °/o 
24°/o 
18°/o 

17  Vo 

10  °/o 

10°/o 

7% 

7,5  7« 


1,6  Mk. 

2,0 

1,6 

2,0 

1,6 

2,0 

1,6 

2,0 

1,6 

2,0 

1,6 

2,0 

1,6 

2,0 


10  •/• 
10°/o 
18% 
19  °/o 
15°/o 
15°/o 


5°/« 

5> 

15#/o 

14  °/e 

18°/o 

13  •/• 

10°/« 

10°/o 

Diese  Angaben  mögen  für  den  Überblick,  auf  den  es  an  dieser  Stelle  nur  an- 
kommen kann,  genügen  und  es  wird  deshalb  auf  Lokomobilanlagen  nicht  weiter  ein- 
gegangen werden. 

Neben  den  Kolbenmaschinen  haben  sich  in  neuerer  Zeit 

B.  Die  Dampfturbinen15) 

einen  hervorragenden  Platz  erobern  können,  und  es  scheint,  als  ob  dieselben,  namentlich 
für  grössere  Einheiten  immer  mehr  und  mehr  Eingang  finden  werden.  Zurzeit  (1906)  sind 

i«)  Die  Prozentsätze  der  Tabellen  XI V  and  XV  sind  vom  Verfasser  berechnet  nach  den  An- 
gaben von 

Friedrich  Bartb,  Die  zweckm assigste  Betriebskraft.  Sammlung  Göschen.  Band  I.  Leipzig 
1904  und 

Chr.  Eberle,  Kosten  der  Krafterzeugong.   1901.   Halle  a.  8.    Verlag  von  Wilb.  Knapp. 

15)  Hero  von  Alexandrien  soll  im  Jahre  120  vor  Christi  bereits  eine  Dampfturbine  ausgeführt 
und  beschrieben  haben,  welche  auf  demselben  Prinzip  wie  des  Segnersche  Reaktionsrad  beruhte  nnd 
ans  einer  bohlen  um  eine  Achse  drehbaren  Kugel  bestand,  welche  an  ihrem  Umfange  mit  radialen  nnd 
entgegengesetzt  zur  Drehrichtung  umgebogenen  Düsen  versehen  war.  Durch  den  aus  den  Dosen 
austretenden  Dampf  rotierte  die  Kugel  und  konnte  Arbeit  verrichten. 


§  6.  Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten.  283 

die  Preise  von  Dampfturbinenanlagen  wohl  mit  Rücksicht  auf  die  verhältnismässige  Neu- 
heit der  Fabrikation  und  auf  die  gegenwärtig  ausserordentlich  starke  Beschäftigung  fast 
aller  Maschinen-Bauanstalten  teilweise  noch  so  hoch,  dass  die  Anlagen  mit  Kolben- 
maschinen meistens  billiger  oder  doch  nicht  teurer  werden.  Allerdings  ist  eine  Tendenz 
zur  Abwärtsbewegung  bei  den  Preisstellungen  für  Dampfturbinen  bereits  deutlich  erkenn- 
bar und  es  ist  deshalb  möglich,  dass  sehr  bald  die  Anlagekosten  von  Dampfturbinen  durch- 
schnittlich niedriger  werden,  als  die  von  Kolbenmaschinen*  Was  die  Betriebskosten  betrifft, 
so  scheint  für  die  kleineren  Einheiten  bis  zu  600  PS«  der  Dampfverbrauch  bei  den  Tur- 
binen noch  höher,  als  bei  den  Kolbenmaschinen  zu  sein  und  bei  den  grösseren  Typen  soll 
bis  heute  bestenfalls  der  Dampfverbrauch  guter  Kolbenmaschinen  erreicht  werden.  Dagegen 
kann  man  schon  heute  sagen,  dass  bei  den  Dampfturbinen  eine  Ersparnis  an  Bedienung 
und  an  Schmier-  und  Putzmaterial  von  20%  und  mehr  erzielt  werden  kann.  Als  Vorteile 
der  Dampfturbine  kommen  weiter  in  Betracht,  die  geringeren  Abmessungen  und  das  geringe 
Gewicht  und  infolgedessen  kleinere  Kosten  für  das  Maschinenhaus  und  für  die  Fundamente. 
Da  sehr  grosse  Umlaufgeschwindigkeiten  bei  den  Dampfturbinen  erreichbar  sind,  werden 
für  Elektrizitätswerke  die  Gewichte  der  direkt  gekuppelten  Generatoren  kleiner.  Er- 
sparnisse an  Beschaffungskosten  der  Generatoren  ergeben  sich  aber  daraus  oft  nicht, 
weil  die  Vorteile  der  Gewichtsverringerungen  durch  die  schwierigere  Konstruktion  auf- 
gewogen werden.  Im  Innern  der  Dampfzylinder  reiben  keine  metallischen  Teile  auf- 
einander und  infolgedessen  ist  eine  Schmierung  nicht  nötig  und  das  Kondenswasser 
ölfrei,  wodurch  seine  Verwendung  als  Kesselwasser  ohne  vorherige  Reinigung  möglich 
wird.  Man  kann  bei  Dampfturbinen  höher  überhitzten  Dampf  verwenden,  weil  die  Dich- 
tung der  Turbinenwelle  in  der  Stopfbüchse  leichter  ist,  als  diejenige  der  hin-  und  her- 
gehenden Kolbenstange.  Die  Turbinen  lassen  sich  vorzüglich  regulieren.  Der  Dampf- 
verbrauch nimmt  mit  der  Zeit  nicht  zu,  weil  eine  Abnutzung  der  Leit-  und  Laufrad- 
schaufel nur  in  geringem  Masse  stattfindet,  auch  ist  der  Dampfverbrauch  von  der  Sorg- 
falt des  Betriebspersonals  nicht  abhängig,  weswegen  man  ge-  _  g6 
rade  auch  an  Löhnen  beim  Betriebe  sparen  kann.                         Schema  der  Lavalturbine. 

Die  Konstruktionseinzelheiten  erfahren  unausgesetzt 
weitere  Vervollkommnungen,  so  dass  man  erwarten  darf,  dass 
auch  der  Dampf  verbrauch  pro  PS« -Stunde  gegenüber  den 
bis  heute  erreichten  Zahlen  noch  erheblich  sinken  wird. 

Es  existieren  heute  schon  eine  ganze  Reihe  verschiedener  Typen  "),  und  es  kommen 
immer  neue  hinzu«  Die  ältesten  Turbinentypen  sind  die  Turbine  des  Schweden  de  Laval 
und  die  Parsons  Turbine.     Beide  Typen  wurden  1884  zum  ersten  Male  gebaut. 

Die  de  Lavalturbine  ist  eine  einstufige  Aktionsturbine  (vergl.  Abb.  36),  die  Parsons- 
turbine  eine  vielstufige  Überdruck-Reaktionsturbine  (vergl.  Abb.  41). 

Bei  den  Aktions-  oder  Druckturbinen  ist  der  Querschnitt  der  Ausströmungsöffnung 
in  den  Schaufeln  des  Laufrades  gleich  oder  etwas  grösser  als  die  Einströmungsöffnung 

i<)  Professor  Donät  Bänki,  Budapest,  .Grundlagen  zur  Berechnung  der  Dampfturbinen *. 
Zeitschr.  f.  d.  gesamte  Turbinenwesen  1906.  S.  74  u.  f. 

Professor  A.  Ried ler,  Ober  Dampfturbinen.    Zeitschr.  des  Ver.  D.  Ing.  1906.  S.  1210  u.  ff. 

A.  Stodola,  Die  Dampfturbinen  und  die  Aussichten  der  Wärmekraftmaschinen.    Berlin  1905. 

Über  Abmessungen  von  Dampfturbinen-Dynamos  vergl.  Fritz  Hoppe:  Wie  stellt  man  Pro- 
jekte, Kostenanschläge  und  Betriebsberechnungen  für  elektrische  Licht-  und  Kraftanlagen  auf  3.  59. 

Über  Anlage-  und  Betriebskosten  von  Dampfturbinen  vergl.  Friedrich  Barth:  Die  zweck- 
mässigste  Betriebskraft  8.  77  u.  f. 

Fritz  Hoppe,  Projektierung  von  Elektrizitätswerken.  X.  Band  der  Repetitorien  der  Elektro- 
technik.   Hannover  1906.    S.  38. 


284  I-     Theodor  Koebh.     Ausbad  vom  Waebkrjcräfi-kn.     Allgemkitos. 

and  es  herrscht  vor  und  hinter  dem  Laufrade  der  gleiche  Druck.  Bei  den  Überdruck 
Reaktionsturbinen  dagegen  ist  die  Ansatrömuugsöffnuug  der  Laufradschaufeln  kleiner  als 
die  Einströmungsöffnung  und  die  Schaufeln  sind  so  geformt,  dass  nicht  bloss  Arbeit 
durch  die  lebendige  Kraft  des  strömenden  Dampfes,  sondern  auch  durch  den  Riickstoss 
beim  Ausströmen  des  Dampfes  geleistet  wird.  Ausserdom  findet  in  den  Laufradschaufeln 
selbst  eine  weitere  Expandienmg  des  Dampfes  statt,  so  dass  vor  dem  Laufrad  ein  höherer 
Druck  herrscht,  als  hinter  demselben.  Deshalb  muss  der  Kranz  des  Laufrades,  mit  der 
Mantelfläche  des  Gehäuses  möglichst  dicht  schliessen,  ohne  sie  za  berühren,  und  auch 
der  Spalt  zwischen  Leit-  nnd  Laufkranz  mögliebst  klein  sein. 

Die  de  Lavalturbine  ist  partiell  beanfschlagt  und  hat  nur  eine 
Druckstufe.  In  den  dnsen förmigen  Leitapparaten  wird  die  ganze  potentielle  Energie 
der  Dampfspannung  in  kinetische  Energie  verwandelt  und  der  Dampf  tritt  mit  der  vollen 
Geschwindigkeit,  welche  der  Differenz  der  Spannungen  im  Dampfzuleitungsrohr  und  im 
Turbineng ehäuso  entspricht,  in  die  Schaufel  des  Laufrades.  Diese  Geschwindigkeit  be- 
trägt bei  einer  Dampfspannung  von  10  Atmosphären  und  bei  einer  Spannung  im  Ge- 
häuse von  0,1  Atmosphären  etwa  1100  m/sek.  Theoretisch  ändert  sich  die  Pressung  im 
Laufrade  nicht  mehr.  Infolge  der  grossen  Strömungsgeschwindigkeit  des  Dampfes  machen 
Abb  87  Sehern«  ^ie  Lavalturbinen  10 — 30000  Umläufe  in  der  Minute,  und  es  ist 
der  Elektrattnbine.  deshalb  eine  Übersetzung  der  grossen  Tourenzahl  durch  Zahnradvor- 
gelege oder  Riemenbetrieb  notwendig.  Die  Lavalturbine  ist  an  sich 
eine  äusserst  einfache  Maschine,  verlangt  aber  wegen  der  grossen  Um- 
drehungszahl die  sorgfältigste  Auswahl  des  Materials  und  genaueste 
Arbeit. 

Zar  Klasse  der  Druckturbinen  mit  einer  Druck- 
stufe gehört  ein   neuerer  Turbinentyp,   die  sogenannte 
Elektra-Turbine  (vergl.  Abb.  37).    Sie  nutzt  die  Geschwindigkeit  des 
Abb.  88.    Sehe*.  d.r  Biedler  8  t„mpf.ToH,u.e.     a0B  dem   Kranze    erstmalig   ausströmenden 
,  Dampfes  noch  weiter  in  mehreren  Geschwin- 

digkeitsstufen aus,  indem  der  Dampf  durch 
den  Kranz  ein  und  desselben  Laufrades  mittelst 
besonderer  Leitapparate  mehrfach  geleitet  wird, 
wobei  er  einmal  von  der  einen  und  dann  von 
der  entgegengesetzten  Seite  in  das  Laufrad  ein- 
tritt, also  seine  Krümmungsrichtung  ändert. 

Die  Ried ler- Stumpf- Turbine  hat  gleich- 
falls eine  Drnckstufe  (vergl.  Abb.  38). 
Der  Dampf  wird  aber,  nachdem  er  eine  Schaufel 
durchströmt  hat,  durch  besondere  Leitapparatc 
in  die  Schaufel  des  nebenliegenden  Schaufel- 
kranzes, und  zwar  in  einer  oder  mehreren  Geschwindigkeitsstofen  geführt.  Die  beson- 
dere Eigentümlichkeit  der  Riedler  -  Stnmpfschen  Dampfturbine  besteht  darin,  dass  der 
strömende  Dampf  sowohl  in  den  Schaufeln,  als  auch  in  den  Leitapparaten  dieselbe 
Krümmungsrichtung  behält.  Hierdurch  sollen  die  Effektverluste  in  den  Leitapparaten 
möglichst  beschränkt  werden. 

Eine  andere  Klasse  nmfasst  die  Aktion sturbine  mit  mehreren  Druck 
stufen.     Hierher  gehört  die  Ratea«tarbine's>)   mit   10   bis   24  nnd  die  so- 
genannte Zoclly- Turbine   mit  5  bis   12  Druckstufen.     Bei   der  Zoelly  Turbine 
i«»)  TergT.  Zdtaehr.  d.  V«.  deutscher.  lag.  1906.  S.  1605  u.  1907.  S.  417. 


§  5. 


DlS  WIRTBCHAFTUGHEV   VORARBEITEN. 


286 


(▼ergl.  Abb.  39)  tritt  der  Dampf  an  einem  Ende  des  Gehäuses  ein  und  wird  durch  Leit- 
schaufeln auf  das  erste  Laufrad  geführt.  In  den  Leitkanälen  expandiert  der  Dampf 
auf  einen  niedrigeren  Druck,  so  dass  er  eine  diesem  Druckgefälle  entsprechende  Ge- 
schwindigkeit  erhält.      Mit   dieser   Geschwindigkeit   durchströmt   er    die    gekrümmten 


286  I-    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  W ahhkrkbäftbn.     Allgemeines. 

Schaufeln  des  Laufrades  und  gibt  während  des  Dnrchströmens  das  Arbeitsvermögen,  welches 
der  Druckstufe  entspricht  an  die  Schaufeln  ab.  Hierauf  gelangt  der  Dampf  in  den 
nächsten  Leitapparat  und  erhält  hier  eine  dem  zweiten  Druckgefalle  entsprechende  Ge- 
schwindigkeit, welche  dann  in  dem  zweiten  Laufrade  ausgenützt  wird,  und  so  wiederholt 
sich  der  gleiche  Vorgang  bis  zur  letzten  Stufe.  Auf  diese  Weise  wird  das  einer  jeden 
Stufe  zugehörige  Arbeitsvermögen  auf  das  betreffende  Laufrad  übertragen.  Der  aus  dem 
letzten  Rade  austretende  Dampf  geht  dann  in  den  Kondensator  oder  ins  Freie.  Jeder 
Druckstufe  entspricht  eine  für  sich  abgeschlossene  Kammer  im  Turbinengehäuse,  welche 
nur  durch  die  Öffnungen  des  Leitapparates  mit  der  nächsten  Kammer  in  Verbindung 
steht  Da  der  Dampfdruck  vor  und  hinter  dem  Laufrade  theoretisch  der  gleiche  ist, 
kann  der  Spalt  grösser  sein,  als  bei  der  mehrstufigen  Überdruckturbine,  auch 
kann  der  Spielraum  zwischen  Laufkranz  und  Mantelfläche  etwas  grösser  sein.    Hieraus 

soll  sich  der  Vorteil  einer  einfacheren  und  stabileren  Kon- 
Seh       iwOurtie-Tarbine.       ßtruktion  ergeben.    Charakteristisch  für  die  Zoellyturbine  sind 

dann  noch  eine  Menge  sinnreicher  Konstruktionseinzelheiten 
(wie  z.  B.  der  nach  dem  Mittelpunkt  zu  sich  verstärkende 
Querschnitt  der  Schaufeln  des  Laufrades),  auf  welche  näher 
einzugehen  hier  zu  weit  gehen  würde. 

Eine  andere  eigenartige  Ausbildung  mehr- 
stufiger Druckturbinen  zeigen  die  sogenannten 
Curtis  -  Turbinen  (vergl.  Abb.  40),  welche  sowohl  mehrere 
Druck  stufen  haben,  als  auch  innerhalb  jeder  Druckstufe  mehrere  Geschwindigkeitsstufen 
enthalten.  Turbinen  dieses  Typs  werden  besonders  in  Amerika,  aber  auch  in  Deutsch- 
land viel  gebaut  (vergl.  S.  288). 

Abweichend  von  den  bisher  genannten  Typen  stellt  die  Parsons-Turblne  eine  vier- 
stufige (bis  zu  70  Stufen)  sogenannte  Überdruck-Reaktionsturbine  dar  (vergl.  Abb.  41). 
Das  Prinzip  dieser  Turbine  soll  bereits  im  Jahre  1853  von  Tournaire  in  der  Pariser 
Akademie  vorgeführt  sein17).  Parsons  verdankt  den  grossartigen  Erfolg  seiner  zuerst 
1884  gebauten  Dampfturbine  den  von  ihm  erdachten  Konstruktionseinzelheiten.  Die 
Parsonsturbine  wird  meistens  als  voll  beaufschlagte  Turbine  gebaut.  Die  einzelnen  Leit- 
und  Laufkränze  folgen  dicht  aufeinander  mit  möglichst  kleinen  Spalten  und  der  Dampf 
expandiert  nicht  nur  in  Leitschaufeln,  sondern  auch  in  dem  Laufrade  selbst.  Auf  diese 
Weise  ist  der  Dampfdruck  an  der  Einströmungsseite  eines  Laufkranzes  grösser,  als  an 
der  Ausströmungsseite,  und  es  findet  deshalb  eine  axiale  Pressung  auf  die  Welle  statt, 
welche  durch  rotierende  Gegenkolben  aufgenommen  wird.  Letztere  sind  wiederum  durch 
Dampf  in  sinnreicher  Weise  entlastet.  Da  zwischen  Vorder-  und  Hinterseite  jedes  Kolbens 
eine  Differenz  der  Dampfspannung  besteht,  sind  die  Kolben  durch  sogenannte  Labyrinth- 
dichtungen gegen  die  Mantelflächen  abgedichtet.  In  den  Dichtungen  schleift  aber  nicht 
Metall  auf  Metall,  sondern  es  sind  kleine  Spielräume  gelassen,  durch  welche  der  Dampf 
infolge  der  Wirbelbildung  nicht  mehr  hindurchgelangen  kann,  sobald  die  Maschine  ihre 
normale  Tourenzahl  macht.  Auch  die  bronzenen  Schaufelkränze,  welche  in  die  Stahl- 
walze schwalbenschwanzförmig  eingelassen  sind,  schliessen  nicht  so  dicht,  dass  sie  auf 
der  Mantelfläche  reiben.  Im  Dampfraum  ist  daher  auch  bei  der  Parsonsturbine  01- 
schmierung  nicht  erforderlich.  Der  Dampf  wirkt,  wie  bereits  erwähnt,  teilweise  durch 
den  Druck  auf  die  Schaufel  des  Laufrades,  wie  bei  den  Aktionsturbinen,  teilweise  durch 
den  Rückdruck  des  ausströmenden  Strahls. 


17)  Don 4t  Btnki,  Grundlagen  zur  Berechnung  von  Dampfturbinen.    Zeitschr.  t  cL  gesamt* 
Torbinenwesen  1906.  8.  155. 


g  5.  Die  wibi«chaftlichsii  Vorabbeiten.  287 

Die  Umlaufgeschwindigkeiten  aller  mehrstufigen  Turbinen  schwanken  zwischen  760 
bis  4500,  so  dass  sie  mit  elektrischen  Generatoren  direkt  gekoppelt  werden  können. 

Mit  Rücksicht  darauf,  dass  alle  neueren  Konstraktionen  von  Dampfturbinen  noch 
nicht  durch  eine  längere  Praxis,  wie  die  Kolben-Dampfmaschine  erprobt  Bind,  man  aber 


Abb.  41.    Schematiche  Darstellung  der  Brown 


i  Parsooalurbine. 


A     Dirapf eintritt. 

B     Dampf «Hitritt  In  du 

C    Dinpf'amom  tu  dem  Eutliitungiiolben   kl  li 

Verbindung  mit  B. 
e    Kuul  tur  Verbindung  dei  Kolben 

der  Stihrwalne, 
■  tragt     Abdichtung 

•  luil  rar  Verbindung  Tun  E  mit  dem  Zjllnder- 
ruuc  unter  dem  Kolben  K.  lit  e  gwblouen,  eo 
habt  der  durch  ■  eintretende  Dumpf  K  Bnd  dmnit  V. 

k  t    Rotierend«  Kolben  alt  LabrrfntbdJentang 


le.  durch  welche  die  Spannung  in  den  Hupt- 
etnfon  de.  Wil.ent.il.  twuieneD  A  und  B  m 


..      „  _.«  Kolben  kl,   kz.  ks  g-fBhrt  wird,  d 

Tollattndlre  Entlutong  derselben  eUttflndet 
Ll\    Druokliger  der  StehltnlH  mit  DrnekalHhmlerung. 
1.1/    unter  1.5  Alm. 

f.  (IM  -ÄSOHttoe  pro  Klnute.) 


S    Knmmleger.  dient  i 


dient  ngloieb  nr  genmen  Elneiellung 

__jten  nmf  rotierenden  Sehufalkrlnun. 

HanptdampfrentU,  welche«  je  nuh  QrSeie  der 


wahrscheinlich  in  wenigen  Jahren  inbezug  auf  die  direkten  Betriebskosten  andere  und 
wahrscheinlich  gunstigere  Zahlen  als  heute  wird  aufweisen  können,  mit  Rücksicht  ferner 
'darauf,  dass  bei  der  grossen,  jahrlich  wachsenden  Anzahl  von  Maschinenbauanstalten 1B), 


i>)  Dem  in  der  Zeitscbr.  d.  T.  D.  J.  1906  S.  1209  u.  ff.  veröffentlichten  Vortrag»  von  Prof. 
A.  Biedler  sind  die  folgenden  Mitteilungen  entnommen  und  durch  die  mit  *  bezeichneten  Satze  erginst. 

Die  Puraona-Turbine  wird  in  England  von  Parsons  &  Co.  in  New  Castle-on  Tyne  und  einer 
grossen  Zahl  anderer  englischer  Firmen  gebaut,  wie  i.  B.  von  der  englischen  Niederlassung  der  Wetting- 
bouse- Gesellschaft  in  Manchester. 

In  der  Schweiz  bant  die  A.-G.  Brown,  Boveri  *  Comp,  in  Baden  unter  der  Bezeichnung  Brown- 
Boveri-Parson  «-Turbine  dieses  Maschinensystem.  Es  soll  wesentliche  Verbesserungen  gegenüber  der  eng- 
lischen Bauart  aufweisen. 

In  Deutachland  bauen  Brown,  Boveri  &  Comp,  die  erwähnte  Parsons -Turbine  in  Mannheim. 

Von  Brown,  Boveri  &,  Comp,  erwarben  die  A  usführuu  gäbe  rechtig  ung  die  Socidte  John  Cockorill 
in  Seraing  für  Belgien,  Franco  Tosi  in  Legnano  für  Italien,  Richsrdsons,  Westgarth  &  Co.  in  Hartlepool 
für  England.    In  Frankreich  sind  ausftthruu  gab  erachtigt :  die  Compagnie  Eleetromecaniqae  in  Le  Bonrget 


»» 


1> 


288  I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  WasserkkXjften.    Allöeiceihe8. 

welche  sich  mit  der  Fabrikation  von  Dampfturbinen  befassen,  auch  die  heutigen  Anlage» 
kosten  infolge  der  Konkurrenz  bald  erheblich  zurückgehen  dürften,  soll  bei  den  nach- 
stehenden Mitteilungen  über  Betriebskosten  von  Dampfanlagen  auf  die  Dampfturbine 
nicht  näher  eingegangen  werden. 

C.  Die  Dampfkessel. 

Von  den  vielen  verschiedenen  Dampfkesselsystemen  mögen  die  folgenden  genannt 
sein19): 

1.  Einfache  Walzenkessel  mit  einem  Raumbedarf  pro  qm  Heiz- 
fläche von  1,25  qm, 

2.  Mehrfache  Walzenkessel  mit  1  oder  2  Unterkessel  mit  einem 

Raumbedarf  pro  qm  Heizfläche  von  0,6 — 0,575     ., 

3.  Mehrfache  Walzenkessel  mit  2  Ober-  und  2  Unterkessel 

mit  einem  Raumbedarf  pro  qm  Heizfläche  von  0,4 — 0,45 

4.  Flammrohrkessel   mit    einem  Raumbedarf   pro  qm   Heiz- 
fläche von  0,45—0,6 

5.  Heizrohrkessel  mit  einem  Raumbedarf  pro  qm  Heizfläche  von  0,3    ., 

(Seine)  und  im  Zusammenhange  mit  dieser  mehrere  Maschinenfabriken  und  französische  Werften,  letztere 
für  Schiffsmaschinen. 

Die  Curtis-Turbine  wird  in  Amerika  von  der  General  Electric  Co.  in  Schenectady  N.  Y.  and  in 
Lyon  (Mass)  gebaut,  in  Frankreich  von  der  Gie  d'Electricite*  Thomson-Houston  in  Paris  und  von  der  British 
Thomson- Houston-Co.  in  Rugby.  *In  Deutschland  wird  ein  der  Cnrtis-Tnrbine  verwandter  Typ  unter  der 
Bezeichnung  A.E.G.-Turbine  von  der  Allgemeinen  Elektrizität*- Gesellschaft  gebaut 

Die  Laval- Turbine  wird  von  den  Laval-Gesellschaften  in  Schweden,  Frankreich,  England* 
Amerika  und  in  Deutschland  von  der  Maschinenbauanstalt  Humboldt  in  Kalk  gebaut. 

*  Die  Elektra- Turbine  baut  in  Deutschland  die  Gesellschaft  für  elektrische  Industrie  in  Karlsruhe. 

Die  Rateau-Turbine  wird  in  Frankreich  von  Sautter,  Harl6  &  Gie,  in  der  Schweif  von  dar 
Maschinenfabrik  Oerlikon,  in  Deutschland  von  der  Bergmann  Elektrizitätswerke  A.-G.,  in  Österreich  von 
von  Skoda-Werken  A.-G.  in  Pilsen,  in  Belgien  von  Van  den  Eerchove  in  Gent,  in  England  von  Fräser 
&  Chalmers  Ltd.  in  Erith-London,  in  Amerika  von  der  Rateau-Turbine-Co.  in  Chicago  gebaut 

Die  Zoelly-Turbine  wurde  zuerst  von  Escher  Wyss  A  Co.  in  Zürich  für  die  Schweiz  in  Zürich 
und  für  Deutschland  in  Ravensburg  gebaut.  Später  hat  sich  ein  Zoelly- Syndikat  zur  Ausfahrung  dieser 
Turbine  gebildet»  bestehend  aus  der  Züricher  Firma,  den  Siemens-Schuckert- Werken,  den  vereinigten 
Maschinenfabriken  Augsburg  und  Maschinenbaugesellschaft  Nürnberg,  dem  Norddeutschen  Lloyd  und 
Friedr.  Krupp,  Essen,  welches  auf  gemeinsame  Rechnung  und  Gewinnbeteiligung  zu  vereinbarten  Syn- 
dikatpreisen Turbinen  liefert.  Dieses  Syndikat  hat  dann  weitere  Bauberechtigung  erteilt,  in  Deutsch- 
land der  Maschinenbauanstalt  Görlitz,  Elsässische  Maschinenbaugesellschaft  in  Mülbausen  i.  Eis., 
Schüchtermann  &  Krem  er  in  Dortmund,  ausserdem  an  die  Maschinenfabriken  L.  Lang  in  Budapest, 
F.  Ringhoffer  in  Smichow  und  an  italienische  Firmen. 

In  gleicher  Weise  ist  ein  französisches  Syndikat  mit  Creuzot  gebildet  und  ausserdem  aus- 
führungsberechtigt die  Elsässische  Maschinenbaugesellschaft  in  Beifort  und  die  Compagnie  de  l'Honna. 
In  England  sind  bisher  Mather  &  Platt  in  Manchester  und  Musgrave  in  Bolton  ausftthrungsberecfatigt. 

•Der  Bau  der  Riedler-Stumpf-Turbine  war  in  Deutschland  von  der  Allgemeinen  Elektrizitäts- 
gesellschaft aufgenommen,  ist  aber  vorläufig  wieder  aufgegeben. 

Nach  den  Mitteilungen  von  A.  Ried ler  sollen  an  Parsons-Turbinen  bis  1906  bereits  mehr  als 
l\t  Millionen  PSe  gebaut  Bein,  wovon  auf  Brown,  Boveri  &  Co.  und  ihre  Lizenznehmer  a/i  Millionen 

PSe  entfallen. 

Die  Curtis-Turbinen  einschliesslich  der  A.ti.G.-Turbinen  sollen  im  ganzen  etwa  eine  Leistung 
von  1  Millionen  PS«  aufweisen,  die  Zoelly- Turbinen  etwa  164000  PS«,  wovon  auf  die  Entwicklungs- 
jahre 1904  28575  und  1905  74025  PSe  entfallen. 

Die  Rateau-Tnrbinen  sollen  in  etwa  70000  PSe  ausgeführt  worden  sein. 

Insgesamt  soll  die  Leistung  der  bis  Sommer  1906  ausgeführten  Dampfturbinen  auf  ca.  3  Millionen 
PS«  anzunehmen  sein. 

19)  Fritz  Hoppe,  Wie  stellt  man  Projekte,  Kostenanschläge  etc.  auf?  S.  48. 


§  5. 


DlB  WIRTSCHAFTLICHEN   VOBABBBRBI. 


289 


0,25—0,3  qm 


0,2-0,25 
0,2—0,25 


n 


)» 


0,15 
0,07—0,176 


)J 


6.  Walzenkessel  mit  stehendem  Heizrohrkessel  mit  einem 
Raumbedarf  pro  qm  Heizfläche  von 

7.  Walzenkessel  mit  liegendem  Heizrohrkessel  mit  einem  Raum- 
bedarf pro  qm  Heizflache  von 

8.  Flammrohrkessel  mit  Heizrohren  mit  einem  Raumbedarf 
pro  qm  Heizfläche  von 

9.  Flammrohrkessel  mit  Heizrohrkessel  und  Dampfraum  im 
Ober-  und  Unterkessel  mit  einem  Raumbedarf  pro  qm  Heiz- 
flache von 

10.  Wasserrohrkessel  mit  einem   Raumbedarf  pro  qm 
fläche  von 

Unter  wasserberührter  Heizfläche  eines  Dampfkessels  versteht  man  die  Grösse 
des  Flächeninhaltes  der  einerseits  von  den  Feuergasen,  andererseits  vom  Wasser  berührten 
Wandungen  des  Kessels,  wobei  die  Maasse  auf  der  Feuerseite  zu  nehmen  sind.     Die 

Grosse  der  Heizfläche  berechnet  sich  nach  der  empirischen  Formel:  H  =  —  worin H die 

Heizfläche  in  qm,  Dm  den  Dampfverbrauch  in  kg  pro  effektive  PS-Stunde  und  a  einen 
Erfahrnngskoeffizienten  bedeuten.  Soll  die  Kesselanlage  stark  angestrengt  werden,  um 
die  Anschaffungskosten  herunterzusetzen,  so  kann  man  a  zu  etwa  30  annehmen.  Im 
Durchschnitt  rechnet  man  für  Dauerbetrieb  nur  mit  a  =  14  bis  15,  was  also  bedeutet» 
dass  man  mit  1  qm  Heizfläche  im  Dauerbetriebe,  ohne  die  Kesselanlage  anzustrengen 
14  bis  15  kg  Dampf  erzeugen  kann. 

Der  Dampfverbrauch  richtet  sich  nach  dem  System  der  Dampfmaschine,  nach 
der  Grösse  der  Einheit,  nach  der  Belastung  und  nach  der  Betriebsdauer.  Von  den 
Fabrikanten  wird  bei  Lieferung  der  Maschine  der  Dampfverbrauch  entweder  pro  indi- 
zierte oder  effektive  PS-Stunde  bei  verschiedenen  Belastungen  angegeben.  Es  ist  zweck- 
massig, die  Angaben  pro  effektive  PS-Stunde  zu  verlangen,  weil  es  hierauf  für  den  Ver- 
brauch an  Brennmaterialien  ankommt. 

Bedeutet  di  den  Dampfverbrauch  pro  indizierte  PS-Stunde, 

d#  den  Dampfverbrauch  pro  effektive  PS-Stunde  bei  einer  bestimmten  Belastung, 

t)  den  Wirkungsgrad  der  Maschine, 

so  ist  —  =  d«,    und  wenn 

Dm  den  stündlichen  Dampfverbrauch  einer  Maschine  von  Ne  effektiven  PS  be- 
deutet, so  ist     DB  =  d6 .  N# 
Aus  dem  grössten  Werte  für  DB  würde  dann  die  Heizfläche  zu  berechnen  sein. 


Art 
dei  Brennstoffes 


Hochwertige  Stein- 
kohle  

Minderwertige  Stein 
kohle.    . 

Koka.    .    . 

Braunkohlen 

Torf,  trocken 

Hol*  .    .    . 


Gewicht 

eines  etat 

in  kg 


700-900 

700-950 
400-550 
600-700 
300-500 
800-400 


Heiswert  in 
W.E. 


7500 

4500 
6000—7000 
4000-5000 
8000—4000 
2500-3000 


1  kg  rerdampft 

Wasser  in  kg  bei  einem 

Wirkungsgrad  Ton 


©*,«•/„ 


7,7 

4,5 

6-7 

4-5 

8-4 

2,5-8 


so«/. 


9,5 

5,5 

7,5-8,5 

5-6 

4—5 


Auf  1  qm 

Bostttehe  Yer- 

br«nnen  kg 

pro  Stund« 


80-125 

80-100 
100-150 
140-180 
150—200 
150-200 


Erforderliohe 

Heisi&die  pro 

qm  Boirtilfhc 

inqm 


40-50 

80-85 
40-50 
40—50 
85-40 
25—80 


Hsndbiuk  der  Ing.-Wissensen.    IIL  Teil.    13.  Bd. 


19 


290 


L    Theodob  Koehn.     Ausbau  ton  Wasserkräften.    Allgemeines. 


Die  Grösse  der  Rostfläche  hängt  von  dem  Feuerungsmaterial  ab.  Vorhergehende 
Zahlentafel  gibt  eine  Übersicht  über  den  Heizwert,  die  Yerdampfungsf&higkeit  der  ver- 
schiedenen Brennmaterialen  und  das  Verhältnis  von  Rostfläche  zur  Heizfläche: 

Bezüglich  der  Dimensionen  gemauerter  Schornsteine  sei  kurz  bemerkt,  dass  sich 
hierfür  folgende  Erfahrungsformeln  herausgebildet  haben: 

Bezeichnet  r  den  Halbmesser  des  oberen  lichten  kreisrunden  Querschnitts, 
rt  den  Halbmesser  des  unteren  lichten  Querschnitts  des  Schornsteins, 
H  die  Höhe  des  Schornsteins, 

B  die  in  der  Stunde  auf  dem  Roste  der  Kesselanlage  zu  verbrennende  Brenn- 
stoffmenge in  kg,  so  ist 

2r  =  0,055.  VB 
H=  50r  bis  56r 
r1==r  +  0,01  H*°). 

Anlagekosten  von  Kolben-Dampfmaschinen. 

Um  für  Vergleichsrechnungen  bei  den  wirtschaftlichen  Vorarbeiten  Anhaltspunkte 
zu  geben,  sind  in  der  Tabelle  XVI  Anlagekosten  für  Einzylinder-Auspuff-Maschinen  und 
in  Tabelle  XVII  für  Kondensationsmaschinen  ohne  Rückkühlung  zusammengestellt,  wie  sie 
etwa  heutigen  mittleren  Preisen  entsprechen  würden.  Hierbei  ist  angenommen,  dass  bei 
den  Anlagen  mit  Einzylinder-Auspuff-Maschinen  von  10  bis  100  PSe  ein  Grunderwerb 
nicht  erforderlich  ist,  sondern  dass  vielmehr  die  Anlagen  auf  verfügbarem  Grundbesitz 
errichtet  werden  können.  In  Tabelle  XVH  ist  für  die  Anlagen  mit  Kondensationsmaschinen 
eine  Rückkühlung  nicht  vorgesehen,  sondern  angenommen,  dass  reichlich  und  billig  Wasser 
zur  Verfügung  steht.  Für  einen  richtigen  Vergleich  zwischen  einer  Wasserkraftanlage 
und  einer  Dampfanlage  muss  man  die  letztere  so  veranschlagen,  dass  sie  mit  Sicherheit 
dieselbe  Jahresleistung  hergeben  kann  wie  die  Wasserkraft.  Hierbei  ist  die  Grösse  und 
Art  des  voraussichtlichen  Bedarfs  in  absehbarer  Zeit  zu  berücksichtigen.  Ist  dieser 
kleiner  als  die  Leistungsfähigkeit  der  Wasserkraft,  so  würde  man  die  Grösse  der  Anlage 


so)  Frits  Hoppe*  Wie  stellt  man  Projekte,  Kostenanschläge  etc.  für  elektrische  Licht-  und 
Kraftanlagen  auf?  Darmatadt.  Elektrotechnische  Verlagsanstalt  gibt  S.  51  die  nachfolgende  Tabelle: 

Tabelle  Aber  Abmessungen  (in  Meter)  für  gemauerte  Schornsteine  unter  normalen  Verhältnissen. 


Heizfllohe 

Hohe 

Lichter  Durchmesser 

Äusserer  Durchmesser 

Sock«! 

in  qm 

in  m 

oben 

unten 

oben 

outen 

Breite 

Hohe 

80 

16 

0,6 

1.0 

0,9 

1,6 

8,0 

2.1 

40 

18 

0,6 

1.0 

0,9 

1,7 

8,2 

2,8 

50 

20 

0,65 

1.1 

1,0 

1,8 

8,4 

2,5 

60 

22 

0,7 

1,2 

1,1 

2,0 

8,6 

2,6 

80 

24 

0,8 

1.8 

1.2 

2,2 

8,8 

8,0 

100 

26 

0,9 

1* 

1,8 

2,4 

4,1 

8,2 

130 

28 

1.0 

1,7 

1.4 

2,7 

M 

8,4 

170 

30 

1,1 

1.» 

1,5 

8,0 

4,7 

M 

200 

32 

1,2 

2.0 

1,7 

8,2 

5,0 

4,1 

850 

34 

1,8 

2.2 

1.8 

8,5 

5,8 

4,5 

290 

86 

1,4 

2.4 

1,9 

8,8 

5,6 

4,8 

850 

40 

1,5 

2,6 

2.1 

4,1 

6,0 

M 

400 

48 

1,6 

2,8 

2,2 

4,4 

«,4 

5,4 

500 

46 

Iß 

S.2 

2.4 

4.» 

6,8 

5,9 

650 

50 

2,0 

8,5 

2,8 

5,2 

7,2 

6* 

§  5. 


Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten. 


291 


Tabelle  XVI. 

Anlage-Rotten  von  Einzylinder-Auspoff-Dampfinascbinen  in  Mark. 


Normale  Nutzleistung  in  PS« 

1.  Preis  einer  Dampfmaschine 
mit  allem  Zubehör,  ein- 
achlieasL  Fundament  and 
Montage 

2.  Preis  eines  Kessele  mit 
Armatur,  Speisepampen  n. 
Injektoren,  Speisewasser- 
reinigung  nnd  einsohliessL 
der  Einmanerang    .    .    . 

8.  Rohrleitungen 

4.  Die  ganze  maschinelle  An- 
lage ohne  Reserve  .    .    . 

5.  Kosten  pro  PS©  nach  Nr.  4 

6.  Kosten  der  Reserve     .    . 

7.  Die  ganze  maschinelle  Ein- 
richtung mit  Reserve  .    . 

8.  Kosten  pro  PSe  nach  Nr.  7 

9.  Grosse  des  Granderwerbs 
in  qm 

10.  Kosten  des  Grunderwerbs 
in  Alk 

11.  Kosten  für  Maschinen  nnd 
Kesselhaus  ohne  Reserve 

12.  Kosten  für  Maschinen  nnd 
Kesselhaus  mit  Reserve  . 

18.  Schornstein 

14.  Kosten  des  baulichen  Teils 
mit  Reserve 

15.  Kosten  des  hanlichen  Teils 
mit  Reserve  pro  PS«  nach 
Nr.  14 

16.  Kosten  der  Gesamtanlage 
ohne  Reserve,  sowohl  des 
baulichen  als  des  maschi- 
nellen Teils 

17.  Kosten  pro  PS«  ohne  Re- 
serve nach  Nr.  16  .    .    . 

18.  Kosten  der  Gesamtanlage 
mit  Reserve,  sowohl  des 
maschinellen  als  des  bau- 
lichen Teils 

19.  Kosten  der  Gesamtanlage 
mit  Reserve  pro  PS«  nach 
Nr.  18 


Maschinen  mit  Schiebersteuerung 
Gesättigter  Dampf  mit  8  Atmosphären  Oberdruck 


10 


20 


80      I      40 


50 


60 


Maschinen  mit 
Ventilsteuerung 

Dampf  8  Atm. 
ÜberLauf  260°C 


80 


100 


2300 


3500 


3000 
550 

5  850 
585 
4  887,5 

10  237,5 
1028,7 


5300 
650 

9450 
472,5 

7  087,5 

16  537,5 
826,8 


2400 

4000 
700 

4  700 


4400 

5600 
900 

6500 


470 


325 


8950 


895 


14  750 


787,5 


14987,5 


1493,7 


23037,5 


1 151,8 


4000 


6700 
800 

11500 

383,3 
8625,0 

20 125,0 
670,8 


5600 

9  600 
1200 

10800 


360 


18800 


610 


80925,0 


1030,8 


5500 


6200 


7500 
950 

13  950 

348,7 
10  462,5 

24412,5 
610,8 


6400 

10800 
1500 

12800 


307,5 


21850 


546,2 


86  712,5 


917,8 


8200 
1100 

15  500 
310 
11  625,0 

27125 
542,5 


6800 

11600 
1800 

13400 


268 


24100 


482 


40525 


810,5 


6800 


8750 
1200 

16750 

279,1 
12  562,5 

29  312,5 

488,5 


7200 

12400 
2000 

14400 


240 


25950 


432,5 


48  712,5 


728,5 


10200 


10500 
1400 

22100 

276,2 
16  575,0 

38  675,0 
483,4 


7600 

13200 
2800 

15  500 


198,7 


82000 


400 


54 175,0 


677,1 
19* 


18500 


12000 
1500 

27000 
270 
20250,0 

47  250 
472,5 


8000 

14000 
2500 

16500 


165 


37  500 


375 


63750 


637,5 


892 


L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 


Tabelle 
Anlage-Kosten  ftr  Kondansstisas 


Compound-Kondensatiofis- 


8  AI    Überhitxt  auf  250°  G 


Normale  Nutslsistang  in  P8« 

1.  Preis  silier  Dampfmaschine  mit  allem  Zabehor 
einecklieealiok  Fundament  and  Montage  m  Mk. 

8.  Preis  eines  Kessels  mit  Armatur,  Speisepumpen 
und  Injektoren«  Speisewasscnrenrigung  and  ein- 
sehliesslieh  der  Einmauerung  in  Mk.T)   .    .    . 

8.  Rohrfettnngen  in  Mk. 

4.  Die  ganze  maschinelle  Anlage  ohne  Reeerve  in 
Mk.  (Addition  von  1  bis  3) 

5.  Kosten  pro  PS«  in  Mk 

6-  Kosten  der  rollen  Reserve  (75°/*  derKosten  iu4) 

7.  Die  $snss  maschinelle  Einrichtung  mit  Reserve 
(Addition  von  4  und  6) 

&  Kosten  pro  PS«  so  7 

9.  Grösse  des  Granderwerhs  in  qm  m.  Res.    .    . 

10.  Kosten  des  Granderwerhs  in  Mk.  (20  Mk.  pro  qm) 

11.  Kosten  ftr  Maschinen-  und  Kesselhaus  mit  Re- 
serve (80  Mk.  pro  qm) 

12L  Kosten  ftr  den  Schornstein  mit  Fundament    . 

18.  Gessmtkostsn  des  baulichen  Teils  einsehliess- 
lich  Grunderwerb  mit  Reserve  (Addition  von 
Nr.  10,  11  and  12) 

14.  Gesamtkostsn  des  baulichen  Teils  einschliess- 
lich Grnnderwerb  pro  P8« 

15.  Kosten  der  Gesamtanlage  ohne  Reserve  des 
maschinellen  Teils,  aber  mit  Reserve  des  bau- 
lichen Teils  (Addition  von  4  und  18)      ... 

16.  Kosten  pro  PS«  nach  15 

17.  Kosten  der  Gesamtanlags  mit  Reserve  des  ms* 
8chinellen  und  baulichen  Teils  (Addition  von 
7  und  13) 

18.  Kosten  der  Gesamtanlage  pro  PS«  nach  17 


50 


100 


200 


400 


10000 

6000 
1800 

17  800 

856 

18850 

81150 


250 
5000 

12000 
1500 

18500 
870 

86800 
726 

49650 
998 


17000 

10000 
8100 

80100 

801 

22575 

52675 
526,7 
800 
6000 

18000 
1800 

25800 
258 

55900 
559 

78475 
784,7 


29000 

• 

18000 
4500 

51500 

257,5 
88625 

90125 
450,6 
425 

8500 

24000 
4000 

86500 
182,5 

88000 
440 

126625 
688,1 


58000 

29000 
6000 

98000 

282,5 
69750 

162750 
406,8 
560 
11200 

88600 
5000 

49800 
124,5 

142  800 
857 

212550 
581,3  || 


i)  Die  Anlagekosten  der  Speisswasserreinigung  allein  betragen  hei  Anlagen 


Tabelle 

Anlage-Kosten  für 


Componnd-Kondensations- 


Normale  Nutsleistang  in  PS« 

1.  Preis  der  kompl.  Anlage  einschl.  Montage     .    .    . 

2.  Kosten  pro  PS«  nsch  1 

3.  Kosten  der  vollen  Reserve  (759/o  der  Kosten  zu  1) 

4.  Kosten  der  Rückkühlanlage  mit  Reserve   .... 

5.  Kosten  pro  PS«  tu  4 


100 


200 


400 


1800 

18 

1850 

3150 

81,5 


2500 
12,5 

1875 

4  375 
21,8 


4800 

12 

3600 

8400 

21 


S  5. 


Dat  WIBTSOHARLICHBZr   V0BAB8BXBH. 


298 


xvn. 

Dampfmaschinen  (ohna  BdekkOUnnf ). 


Maschinen 

Dreifach  ETpanaons-Maachinen  mit  Kondensation 

11  At  Überhürt  auf  820»  C 

11  Ai    ÜWhi 

ist  auf  320 

°C 

600 

800 

1000 

600 

800 

1000 

2000 

3000 

4000 

85000 

105000 

125000 

78000 

100000 

110000 

176000 

250000 

805000 

45  000 

56000 

62000 

45000 

56000 

62000 

80000 

115000 

150000 

7000 

8000 

9000 

6000 

7000 

8000 

14000 

18000 

21000 

137  000 

169000 

196000 

129000 

168000 

180000 

270000 

383000 

476000 

228,3 

211,2 

196 

215 

208,7 

180 

135 

127,7 

119 

102  750 

126750 

147000 

96750 

122250 

185000 

202500 

287  250 

857000 

239750 

i 

295  750 

343  000 

225750 

285250 

815000 

472500 

670250 

888000 

399,5 

369,6 

343,9 

376,2 

856,5 

815,0 

236,2 

228,4 

206,2 

640 

720 

800 

640 

720 

800 

1200 

1400 

1600 

12800 

14400 

16000 

12800 

14400 

16000 

24000 

28000 

82000 

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48000 

88400 

48200 

48000 

72000 

84000 

96000 

7500 

9000 

11000 

7500 

9000 

11000 

15  000 

18000 

20000 

58700 

66600 

75000 

58700 

66  600 

75000 

111000 

130000 

148000 

97,8 

88,2 

75 

97,8 

88,2 

75 

55,5 

43,8 

87 

195700 

235000 

271000 

187  700 

229600 

255000 

381000 

513000 

624000 

326,1 

293,7 

271 

312,8 

287,0 

255,0 

190,5 

171,0 

156,0 

298400 

362350 

418000 

284450 

851850 

890000 

583  500 

800250 

981000 

497,4 

452,9 

418 

474,0 

489,8 

890,0 

291,7 

266,7 

245,2 

von    50—  200  PS«  etwa  12  •/•  dar  Geaamtkoaten  ad  2  dar  Tabelle  XVII 

,    400-  600    .        .     10«7o    ,  .  „    „  . 

800-1000    ,       ,       8°/o    ,  p  ,    „  , 

»    »  »  •  • 


bei  grosseren  Anlagen  6—7%    „ 


* 


XVIII. 

Bflckkflhlanlagen. 


Dampfmaschinen 

Dreifach  Expanaiona-Maschinen 

600 

800 

1000 

600 

800 

1000 

2000 

8000 

4000 

6800 

7500 

9500 

4200 

5000 

6400 

10000 

14000 

16000 

10,5 

9,3 

9,5 

7 

8,2 

6,4 

5 

4,6 

4 

4725 

5  625 

7125 

3150 

3  750 

4800 

7500 

10500 

12000 

11025 

13125 

16  625 

7350 

8  750 

11200 

17  500 

24500 

28000 

18,3 

16,4 

16,6 

12,2 

10,9 

11,2 

8,7 

8,1 

7,0 

294  I.    Theodor  Kosh*.    Ausbau  vom  WA«nciunilrnar.    ALLoncm. 

in  Wärmekraftmaschinen  bei  der  Vergleichsberechnung  nur  nach  dem  voraussichtlichen 
Kraftbedarf  zu  bemessen  haben.  Jedenfalls  muss  man  aber  f&r  die  Wärme-Kraftanlage 
eine  ausreichende  Reserve  vorsehen,  weil  sonst  die  Rechnung  unrichtig  werden  müsste. 
Es  sind  in  den  Tabellen  XIX  bis  XXVI  volle  Reserven  angenommen,  also  bei  einer  An- 
lage von  z.  B.  100  PSe  eine  volle  Einheit  von  100  PS«  als  Reserve.  Diese  Annahme 
könnte  für  die  Dampfresefve  zu  ungünstig  erscheinen,  weil  bei  den 
Wasserkraftanlagen  in  den  Tabellen  XI,  XII,  XIQ  nur  je  ein  Drittel 
als  Reserve  vorgesehen  ist.  Hätte  man  also  z.  B.  bei  einer  Anlage  von  40  PS« 
anstatt  2  Einheiten  von  40  PS«  zu  wählen,  nur  3  Einheiten  a  20  PSe  genommen,  so 
wäre  immer  noch  ein  Drittel  als  Reserve  geblieben.  Nach  der  Tabelle  XVI  kostet  die 
40  PS«- Anlage  einschliesslich  voller  Reserve  36712,60  Mk,  während  eine  Anlage  von  3 
Einheiten  ä  20  PSe  nur  23037,5  +  (0,75  X  14750)  =  rund  34000  Mk.  gekostet  haben 
würde.  Oder  wenn  man  nach  Tabelle  XVII  bei  einer  4000  PS«-Anlage  statt  zwei  gleiche 
Einheiten  ä  4000  PS«,  welche  981000  Mark  kosten,  3  Einheiten  ä  2000  PSe  aufstellen 
würde,  so  berechneten  sich  die  Kosten  zu  rd. : 

für  2  Einheiten   a  2000  PS«  nach  Nr.   17    der   Tabelle  XVII  =        583500  Mk. 
für  die  maschinelle  Anlage  der  dritten  Einheit  von  2000  PS«  nach 

Nr.  6  Tabelle  XVII  202500     „ 

für  den  Grunderwerb  als  Zuschlag  nach  Nr.  10  Tabelle  XVII  12000     „ 

für  den  Schornstein  nach  Nr.  12  als  Zuschlag  5000     „ 

an  Kosten  für  Maschinen-  und  Kesselhaus  als  Zuschlag  nach  Nr.  11, 

Tabelle  XVII  ^~  =  36000     „ 


839000  Mk. 

Man  kann  also  aus  den  Tabellen  XVI  und  XVII  nach  Anleitung  der  obigen  Bei- 
spiele überschläglich  die  Beschaffungskosten  für  Dampfanlagen  mit  7s  Reserve  berechnen. 
Indessen  alle  Wärmekraftmaschinen  stellen  doch  immerhin  erheblich  kompliziertere  Apparate 
dar,  als  Wasserturbinen  und  unterliegen  deshalb  häufigeren  Betriebsstörungen  als  die 
letzteren.  Es  wird  daher  immer  ratsam  sein,  bei  Wärmekraft-Elektrizitätswerken  reich- 
liche Reserven  vorzusehen.  Dann  ist  aber  noch  zu  bedenken,  dass  in  der  Betriebskosten- 
rechnung bei  den  Wärmekraftmaschinen  der  Verbrauch  von  Brennstoff  eine  erhebliche 
Rolle  spielt  und  dieser  mit  der  Grösse  der  Einheit  abnimmt.  Wenn  also  auch  bei  der 
Annahme  von  vollen  Reserven  nach  Tabelle  XVI  und  XVII  die  indirekten  Betriebskosten 
höher  werden,  so  müssen  doch  dagegen  die  direkten  Betriebskosten  nicht  unwesentlich 
kleiner  ausfallen,  weil  die  grossen  Einheiten  weniger  Brennstoffe  verbrauchen  und  auch 
verhältnismässig  geringere  Bedienungskosten  erfordern  als  kleinere  Einheiten.  Die  Kosten 
pro  PS*-Stunde  oder  KW-Stunde  würden  daher  nicht  wesentlich  anders  ausfallen,  als  sie 
in  den  Tabellen  XIX  bis  XXVI  ermittelt  sind,  wenn  man  statt  der  vollen  Reserve  mit 
grossen  Einheiten,  nur  Va  Reserve  mit  kleineren  Einheiten  zugrunde  gelegt  hätte.  Über- 
dies sollen  auch  die  in  den  genannten  Tabellen  gegebenen  Zahlen  nur  Anhaltspunkte 
bieten,  mit  deren  Hilfe  im  Einzelfalle  die  vergleichende  Betriebskostenrechnung  durch- 
geführt werden  kann. 

Die  Tabelle  XVII  gibt  die  Anlagekosteu  ohne  Rückkühlung.  Wo  Wasser  für  die 
Kondensation  nicht  reichlich  und  billig  zur  Verfügung  steht,  muss  eine  Rückkühlungs- 
Anlage  (Gradierwerk)  angebracht  werden,  welche  sowohl  die  Anlagekosten,  als  auch  die 
Betriebskosten  beeinflusst. 

Die  vorstehende  Tabelle  XVIII  gibt  eine  Übersicht  über  die  Kosten  von  Rück- 
kuhlanlagen. 


§  5.  Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten.  295 

Betriebskosten  bei  Anlagen  mit  Kolbendampfinasehinen. 

Da  sich  die  einschlägigen  Erläuterungen  am  besten  durch  Beispiele  geben  lassen, 
sind  in  den  Tabellen  XIX  bis  XXVI  Betriebskostenberechnungen  für  Anlagen  mit 
Kolbendampfinasehinen  durchgeführt. 

Auch  bei  Dampfanlagen  wird  in  indirekte  und  direkte  Betriebskosten  zu  unter- 
scheiden sein. 

Bei  den  indirekten  Betriebskosten  ist  in  den  Tabellen  angenommen,  dass  die  maschi- 
nelle Anlage  innerhalb  30  Jahren  getilgt  werden  muss  und  dass  der  Prozentsatz  für  die 
Verzinsung  der  Rücklagen  4%  beträgt.  Für  die  Rücklagen  in  den  Erneuerungsfonds 
ist  vorausgesetzt,  dass  die  Erneuerung  des  maschinellen  Teils  der  Dampfanlage 

bei  jährlich  1000  Betriebsstunden  in  20  Jahren, 

n  n  1500  ,  ,     18  , 

„      3000-3600  „  n  15       „ 

*        .  7200  ,  ,    12       , 

erforderlich  wird.  Für  den  baulichen  Teil  ist  mit  Rücksicht  darauf,  dass  die  Tilgung  der 
ganzen  Anlage  bereits  in  30  Jahren  angenommen  wurde,  eine  Erneuerung  unnötig. 

Die  direkten  Betriebskosten  zerfallen  in  die  Unterhaltungskosten,  und 
in  die  Kosten  für  die  Bedienung,  für  den  Brennstoff,  sowie  für  das  Schmier-,  Putz-  und 
Dichtungsmaterial21).  Die  Unterhaltungskosten  sind  in  °/o  der  Anlagekosten  ausgedrückt, 
steigend  mit  der  Betriebsdauer.  Wie  die  Bedienungskosten  berechnet  sind,  ebenso  welche 
Ansätze  für  Schmier-,  Putz-  und  Dichtungsmaterial  pro  PSe- Stunde  in  Pfennigen  ge- 
nommen werden,  ergibt  sich  direkt  aus  den  Tabellen. 

Der  Brennstoffverbrauch  richtet  sich  in  erster  Linie  nach  der  Wahl  des  Brenn- 
stoffes. Er  hängt  weiter  ab  von  dem  gewählten  System  der  Kessel  und  Dampfmaschinen, 
sowie  von  der  Grösse  der  Einheit  und  von  der  Betriebsdauer.  In  den  Tabellen  XIX 
und  XXYI  ist  Steinkohle  mit  etwa  7000  W.E.  angenommen.  Die  Kosten  der  Kohle  ab 
Zeche  sind  je  nach  des  Herkunft  verschieden.    Es  kosten  ab  Zeche  etwa 

die  Saarkohle Mk.  1 ,30 

die  Ruhrkohle       „     1,25 

die  oberschlesische  Kohle „    0,85  pro  100  kg. 

Die  Kosten  hängen  aber  auch  sehr  wesentlich  von  den  Transportwegen  ab,  und  es  sind 
deshalb  in  den  Tabellen  bei  Berechnung  der  Kosten  des  Brennstoffverbrauches  vier  ver- 
schiedene Preise  pro  100  kg  zugrunde  gelegt. 

Oben  wurde  bereits  gesagt,  dass  der  stündliche  Dampfverbrauch  einer  Dampf- 
maschine sich  ausdrücken  lässt  durch  die  Formel: 

Dm  =  de  .  Na  (vergl.  S.  289). 
Zu  diesem   Verbrauch    kommt   noch  ein  Dampfverlust   durch  die  Undichtigkeiten  der 
Dampfleitung,  Abkühlung  in  den  Leitungen  etc.,  welcher  sich  in  einem  Bruchteil   von 
Dm  ausdrücken  lässt  und  mit  a  Dm  bezeichnet  werden  mag").   Die  im  Kessel  stündlich 
zu  erzeugende  Kraftmenge  beträgt  deshalb 

D.  =  Ne  .  da   (1  +<*) 

Wird  im  Jahre  an  t  Betriebstagen  je  s  Stunden  mit  Dampfmaschinen  gearbeitet, 
so  ist  der  Dampfverbrauch  pro  Jahr: 

D  =  D. .  s  .  t. 

<i)  Die  Kosten  für  die  allgemeine  Verwaltung  können  für  den  Vergleich  mit  Wasserkraft- 
Anlagen  ausscheiden. 

»*)  Vergl.  Chr.  Eberle,  Kosten  der  Krafterzeugung.  Halle  a.  8.  1901.  S.  6. 


L     Theodor  Koshit.     Ausbad  vov  Wamebkeaftew.     Allgemedthi. 


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§  5. 


Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten. 


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I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 


Tabelle 

Betriebskosten  für  Kondensations-Dampfmaschinen  ohne 


Normale  Nutzleistung  in  PS« 


Anlagekosten« 

1.  Preis  der  kompletten  maschinellen  Anlage  einschliessl. 
Reserve  nach  Nr.  7  Tabelle  XVII 

2.  Kosten  des  Qrnnderwerbs 

8.  Kosten  des  baulichen  Teils  mit  Reserve  (Nr.  11  u.  12 
Tabelle  XVII) 

4.  Gesamtkosten  ad  1—3 

Indirekte  Betriebskosten. 

5.  Verzinsung  4,5  % 

Tilgung  1,8  °/o,  zusammen  6,8  %  der  Gesamtkosten  von  4 

6.  Erneuerung  für  den  maschinellen  Teil  3,4  °/o  von  1 

für  den  baulichen  Teil  0  % 

Direkte  Betriebskosten. 

7.  Unierhaltung  einschliessl.  Feuerversicherung 

a)  für  den  maschinellen  Teil  1  %  von  1 

b)  für  den  baulichen  Teil  0,5%  von  3 

8.  Bedienung  einschliessl.  aller  Versicherungen    .... 

9.  Schmier-,  Pate-  und  Dichtungsmaterial 

10.  Brennstoffverbrauch  in  kg  pro  PSe-  Stunde 

11.  Brennstoffverbrauch  pro  Jahr  in  100  kg 

{1,00  Mk. 
1,50   , 
2,00   , 
2,50   , 

13.  Kosten  der  effektiven  Pferdekraftstnnde  in  (  ?'°jj ML 

Pfennig   bei   einem   Kohlenpreise    pro       {  i' 00   " 
100  kg  von  [  2'jß   • 

14.  Von  den  Kosten  ad  13  entfallen  rd.  auf  die  [  }'22  Mk* 
indirekten  Betriebskosten  in  °/o  bei  einem  l  oqa   " 

Kohlenpreise  pro  100  kg  von  (  gEj   " 

15.  Kosten  dar  elektrischen  Einrichtung  des  Krafthauses 

16.  Kosten  für  Verzinsung  4,5  °/o,  Tilgung  1,8  %,  Erneuerung 
2,8  °/o  und  Unterhaltung  1%,  zusammen  10,1%  .    .    . 

17.  Bedienung  (l/s  von  8  als  Zuschlag) 

18.  Schmier-  und  Putzmaterial 

19.  Im  Jahre  an  das  Schaltbrett  abgegebene 

a)  Pferdekraftstunden 

b)  Kilowattstunden . 

M  «bmi  Hatioffekt  swiMken  DampflnaMhinenwell«  vad  8ch*lt- 
teett  von  90%  Ar  Bpatten  2-10,  88%  für  Spaltes  11-14 

20.  Kosten  der  an  das  Schaltbrett  abgegebenen  (  MJ Mk 
PSe-Stunde  in  Pfennigen  bei  einem  Kohlen-  {  *%!    ß 

preise  pro  100  kg  von  (  ^   » 

{  1,00  Mk. 

21.  Kosten  der  Kilowattstuode  in  Pfennigen  bei  I  1.50    „ 

einem  Kohlenpreise  pro  100  kg  von  1  2,00   , 

1  2,50    r 


Compound-Konden- 
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8  Atm.  Überdruck.    250  •  C 


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5000 

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49650 


3  127,9 
1  069,1 


311,50 
67,5 

1200 

200 

2,04 

1020 

1020 
1530 
2040 
2  550 

13,9 
15,0 
16,0 
17,0 

60% 

55% 
52% 
49% 


100 


52  675 
6000 

19  800 

78475 


4  943,9 
1790,9 


11000 

1111 
400 
75,0 

45  000 
33120 


18,62 
20,20 
21,33 
22,46 

25,90 
27,42 
28,99 
30,53 


526,75 
99,0 

1500 

300 

1,75 

1750 

1750 
2  625 
3500 
4  375 

10,9 
11,7 
12,6 
13,5 

61% 
57% 
58% 
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28000 
126  625 


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140,0 

1800 

500 

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2860 

2860 
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5  720 
7150 

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59% 
55% 
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500 
130 

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14,95 
15,92 
16,89 
17,86 

20,32 
21,64 
22,93 

24,28 


31360 

3  167,3 
600 
200 

180000 
132480 


11,78 
12,58 
13,87 
14,17 

16,01 
17,09 
18,17 
19,25 


400 


162  750 
11200 

38600 
212550 


18  390,6 
5  533,5 


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193.0 

2225 

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5200 

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10400 
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1000 

600 

800 

1000           2000 

8000 

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472500 

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12800 

14400 

16000 

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16000 

24000 

28000 

82000 

45900 

52200 

59000 

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59000 

87000 

102000 

116000 

298450 

862850 

418000 

284450 

851850 

890000 

583500 

800250 

981000 

18802,8 

22828,0 

26884,0 

17  9203 

22166,5 

24  570,0 

36760,5 

50415,7 

61808,0 

8151.5 

10055^ 

11662,0 

7675,5 

96983 

10  710,0 

16065,0 

22788,5 

28822,0 

2397,50 
229,5 

2957,50 
261,0 

8480,00 
295,0 

2257,50 
229,5 

2852,50 
261,0 

8150,00 
295,0 

4725,00 
435,0 

670230 
510,0 

8880,00 
580,0 

2650 

2875 

3500 

2650 

2875 

3500 

5000 

6500 

8000 

1000 

1500 

2000 

900 

1300 

1750 

2500 

8800 

8800 

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1,16 

1,06 

0,97 

0,98 

0,89 

0,84 

0,80 

0,76 

7880 

9280 

10600 

5820 

7440 

8900 

16800 

24000 

80400 

7880 
11070 
14760 
18450 

9280 
13920 
18560 
28200 

10600 
15900 
21200 
26500 

5820 

8780 

11640 

14550 

7440 
11160 
14880 
18600 

8900 
13  350 
17  800 
22250 

16800 
25200 
38600 
42000 

24000 
36000 
48000 
60000 

30400 
45600 
60800 
76000 

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42 
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184883 

22927 

28280 

38734 

888,8 

9583 

1166,6 

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1166,6 

16663 

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860 

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1000 

540000 
397  440 

720000 
529920 

900000 
662400 

540000 
897440 

720000 
529920 

880000 
647  680 

1760000 
1295360 

2640000 
1948040 

3520000 
2590720 

9^5 
10,04 
10,72 
11,40 

8,62 

9,25 

9,90 

10,59 

7,94 
8,53 
9,12 
9,71 

8,77 

9,31 

9,85 

10,87 

7,20 
7,98 
9,21 
9,78 

7,71 
8,22 
8,78 
9,23 

6,07 
6,55 
7,08 
7,50 

5,51 
5,96 
6,42 

6,87 

5,07 
5,50 
533 
6,36 

12,70 
13,68 
14,56 
15,49 

11,71 
1239 
13,49 
14,84 

11,39 
11,59 
12,39 
18,19 

11,91 
12,64 
18,44 
14,10 

11,11 
11,82 
12,52 
1832 

10,49 
11,17 
11,81 
12,55 

8,26 

9,14 

9,81 

10,20 

7,49 
8,05 
8,72 
9,85 

6,89 
7,47 
8,06 
8,65 

802 


L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  WabbbbkrIftbn.    AujGemeines. 


Tabelle 

Betriebskosten  für  Kondensatioiis-Damptmaschinan  ohne  Bftek- 


Compound- Konden- 


8  Atm.  Überdruck.    260*  G. 


Normale  Nutzleistung  in  P8# 


50 


100 


200 


400 


8 


Anlagekosten. 

1.  Preis  der  kompletten  msschinellen  Anlage 
Reserre  nach  Nr.  7  Tsbeüe  XVU   .    .    . 


2.  Kosten  des  Granderwetbs 

8.  Kosten  des  baulichen  Teils  mit  Reserre  (Nr.  11  und  12 
Tabelle  XVU) 

4.  Gesamtkosten  ad  1—8 

Indirekte  Betriebskosten, 

5.  Verzinsung  4,5  %, 

Tilgung  1,8  •/•,  zusammen  6,8%  der  Gesamtkosten  ron  4 

6.  Erneuerung  für  den  maschinellen  Teil  8,9%  von  1   .    • 

für  den  baulichen  Teil  0°/o 

Direkte  Betriebskosten. 

7.  Unterhaltung  einschliessl.  Feuerversicherung 

a)  für  den  maschinellen  Teil  1.1  %  von  1  .    .    .    . 

b)  für  den  baulichen  Teil  0,5  %  von  3 

8.  Bedienung  einschliessl.  aller  Versicherungen    .... 

9.  Schmier-,  Putz*  und  Dichtungamaterial 

10.  Brennstoffverbrauch  in  kg  pro  PSe-8tunde 

11.  Brennstoffverbranch  pro  Jahr  in  100  kg 

1,00  Mk. 

12.  Kosten  des  Brennstoffverbrauchs  pro  Jahr 

bei  einem  Kohlenpreise  pro  100  kg  von 


18.  Kosten  der  effektiven  Pferdekraftstunde  in 
Pfennigen  bei  einem  Kohlenpreise  pro 
100  kg  von 

14.  Von  den  Kosten  ad  18  entfallen  rd.  auf  die 
indirekten  Betriebskosten  in  %  bei  einem 
Kohlenpreise  pro  100  kg  Ton 


1,50 
2,00   , 
2,50   . 

1,0011k. 
1.50   , 
2,00   . 
2,50   . 

1,00  Mk. 
1,50   . 
2,00 
2,50 


* 


15.  Kosten  der  elektrischen  Einrichtung  des  Krafthauses  . 

16.  Kosten  für  Verzinsung  4,5  %,  Tilgung  1,8  %,  Erneue- 
rung 8,2  %  und  Unterhaltung  1,1 %,  zusammen  10,6  •/• 
▼on  15 

17.  Bedienung  zu  15  (Vi  too  8'  als  Zuschlag) 

18.  Schmier»  und  Putzmaterial  sn  15 


19.  Im  Jahre  an  das  Schaltbrett  abgegebene 

a)  Pferdekraftatunden , 

b)  Kilowattstunden 

bei  «bMai  Notieffekt  swiechea  DaawftaeieMaea weih 

brrtt  von  90%  Ar  die  Spaltes  «-1$  86%  flrtfU  Statten  11-14. 

20.  Kosten  der  an  das  Schaltbrett  abgegebenen  '  M»Mk. 
P8e-  Stande  in  Pfennigen  bei  einem  Kohlen- 

preise  pro  100  kg  von 


21.  Kosten  der  Kilowattstunde  in  Pfennigen  bei 
einem  Kohlenpreise  pro  100  kg  von 


1,50 

400  . 

WO  , 

1,00  Mk. 

1,50  . 

2,00  t 

2,50  , 


81150 
5000 

18500 
49650 


8127,9 
1214,8 


52675 
6000 

19  800 

78475 


4948,9 
2054,8 


90125 
8500 

28000 
126625 


7  977,8 

8  514,8 


842,6 
67,5 

1500 

260 

2,00 

1500 

1500 
2250 
8000 
3  750 

10,6 
11,6 
12,6 
13,6 

54% 
49% 
45% 
42% 


579.4 
99,0 

2000 

890 

1,72 

2580 

2580 
8870 
5160 
6450 

8,4 

9,2 

10,1 

11,0 

55% 
50% 
45% 
42% 


991,3 
140,0 

2800 

650 

1,40 

4200 

4200 

6300 

8400 

10500 


162750 
11200 

88600 
212550 


18  390,6 
6867,2 


1790,2 
198,0 

3000 


910 


l.W| 


7680 

7680 
11520 
15360 
19200 


6.5 

5,5 

7.2 

6,2 

7,9 

6,8 

8,6 

7,4 

58% 

59  % 

58% 

58*/« 

48% 

48*1. 

44% 

44% 

11000 

1166 
500 
112,5 


67  500 
49  680 


14,50 
15,62 

16,78 
17,84 

19,70 
21,22 
22,73 
24,24 


19000 

2014 
666,6 
195 

185000 
99860 


11,40 
12,45 
18,40 
14J6 


15, 
16\92 
18£2 
19,58 


81860 

8824,1 
766,6 
800 

270000 
198720 


8,95 

9,72 

10J0 

11,28 

12,16 
13,21 
le\27 
15,33 


59040 

5258,2 
1000 
480 

540000 
897  440 


§  5. 


Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten. 


303 


XXIV. 

kahlong  bei  1500  Betriebsetunden  im  Jabre  (800  Tage  zu  5  Stunden). 


eationa-Maechinen 


11  At.  Übdr.  Überhitzt  auf  820  °  C 


600 


800 


6 


1000 


8 


Dreifach-Expansiona-Maschinen 


11  Atm.  Überdruck.    Überhitzt  auf  320°  C 


600 


800 


I 


1000 


9 


10 


11 


2000 


12 


3000 


4000 


13 


14 


289750 

12800 

45900 
298450 


18802,8 
9350,2 


2637,2 
229,5 

3600 

1300 

1,20 

10800 

10800 
16  200 
21600 
27  000 

5,1 
5,7 
6,3 
6,9 


295750 
14400 

52200 
862350 


22828,0 
11534,2 


3253,2 
261,0 

450C 

1950 

1,14 

13680 

13680 
20520 
27360 
34200 

4,8 
5,4 
5,9 
6,5 


61% 

59% 

54°/o 

52% 

49% 

48°/o 

45  */o 

44% 

343000 
16000 

59000 
418000 


26334,0 
13377,0 


225750 
12800 

45900 
284450 


17920,3 
8804,2 


8773,0         2483,2 
295,0  229,5 

5000  3600 

2600  1170 

1,04  0,95 

15600  8550 

15600  8550 

23400  12825 

31200  17100 

39000  21875 

4,4 
4,9 
5,5 
6,0 

60% 
53% 

48°/o 
44% 
ohne  Transformatoren 


285250 
14400 

52200 
851850 


22166,5 
11124,7 


4>1 
5,2 

5,7 
6,1 

62% 

56% 
51  °/o 
48% 


3137,7 
261,0 

4500 

1690 

0,91 

10920 

10920 
16380 
21840 
27200 

4.4 
4,9 
5,3 

5,8 

62% 

56% 
52% 
47% 


85  680 

9082 

1200 

540 

810000 
596160 


7,18 
7,77 
8,52 
9,10 

9,65 
10,55 
11,46 
12,36 


108800 

11532,8 
1500 
540 

1080000 
794880 


6,62 
7,26 

7,89 

8,52) 

9,01 

9,87 

10,78 

11,46 


120000 

12720 

1666,6 

600 

1850000 
998600 


6,07 
6,65 

7,22 
7,80 


85680 

9082 

1200 

540 

810000 
596160 


6,61 

1>U 

7,67 

8,20 

8,98 

9,70 

10,42 

11,14 


108800 

11532,8 
1500 
540 

1080000 
794800 


6,23 
6,74 

7,24 

7,74 

8,48 

9,16 

9,85| 

10,52 


315000 
16000 

59000 
390000 


24570,0 
12285,0 


3465,0 
295,0 

5000 

2275 

0,87 

13050 

13050 
19  575 
26100 
32  625 

4.0 
4,4 
4,9 
5,3 

61% 

55% 
50% 
46% 


472500 
24000 

87000 
583500 


670250 
28000 

102000 
800250 


833000 
82000 

116000 
981000 


36760,5 
18427,5 


5197,5 
485,0 

7200 

3640 

0,82 

24600 

24600 
86900 
'49200 
61500 

3,2 
3.6 
4,0 
4,4 

57% 
50% 
45  % 
42  % 


50415,7 
26 139,7 


7372,7 
510,0 

8600 

4320 

0,78 

35100 

35100 
52650 
70200 
87750 

2,9 
3,3 
3,7 
4,1 

58  % 
51  % 
45% 
41% 


61 803,0 
32487,0 


9163,0 
580,0 

11000 

4940 

0,74 

44400 

44400 

66600 

88800 

111000 

2,7 
3,1 
8,4 

3,8 

58% 
50% 
46% 
41% 


mit  Transformatoren 


133500 

227000 

280000 

324000 

14151 

24062 

29680 

84344 

1666,6 

2400 

2866,6 

3666,6 

600 

900 

1215 

1500 

1320000 

2640000 

8960000 

5280000 

971520 

1948040 

2914560 

8886480 

5^5 

4,68 

4,19 

3,86 

6,85 

5,14 

4,64 

4,28 

6,84 

5,61 

5,08 

4,70 

7^4 

6,08 

5,52 

5,12 

7,96 

6,36 

5,70 

5,24 

8,64 

6,99 

6,80 

5,81 

9,81 

7,68 

6,90 

6,88 

9,98l 

8,26 

7,16 

6,95 

804 


I.    Theodor  Kosbn.    Ausbau  von  Wasserkraft».    Allgemeines. 


Betriebskosten  für  Koaaiensatioiis-Dampfinasdiincn 


Tabelle 

ohne  Rfick- 


Normalo  Nntilaiatsng  in  P8# 


Componnd-Konden 


8  Ate.  Überdruck.    250*  C 


50 


2 


100 


8 


200 


400 


Anlagekosten. 

1.  Preis  dar  kompletten  maschinellen  Anlage  einsehlitssL 
Basarve  nach  Nr.  7  Tabelle  XVII 

2.  Kasten  das  Grnnderwerbe 

8.  Kosten  des  baulichen  Teils  mit  Reserve  Nr.  11  und  12 
Tabells  XVII 

4.  Gesamtkosteu  sd  1-3 


Indirekte  Betriebskosten. 

5.  Verzinsung  4*5  •/•, 

Tilgung  1,8  •/•,  zusammen  6,8  %  der  Gassmtkasten  von  4 

6.  Erneuerung  für  den  maschinellen  Teil  5°/o  von  1    .    . 

für  den  baulichen  Teil  0°/°  von  8      .    .    . 

Direkte  Betriebskosten. 

7.  Unterhaltung  ainsehliessl.  Feuerversicherung 

a)  Ar  dan  maschinellen  Teil  1,5%  von  1 

b)  für  den  baulichen  Teil  0,75%  von  3  . 

8.  Bedienung  einschliessl.  aller  Versicherungen 

9.  Schmier-,  Putz-  und  Dichtungsmaterial     .    . 

10.  Brannstoffverbrauch  in  kg  pro  PSe- Stunde  . 

11.  Brennstoffverbrauch  pro  Jahr  in  100  kg  .    . 


31150 
5000 

18500 
49850 


8127,9 
1557,50 


12.  Kosten  des  Brennstoffverbrauchs  pro  Jahr 
bei  einem  Kohlenpreise  pro  100  kg  von 


13.  Kosten  dar  effektiven  Pferdekraftstunde  in 

Pfennig   bei    einem   Kohlenpreise   pro 
100  kg  von 

14.  Von  den  Kosten  ad  18  entfallen  rd.  auf  die 
indirekten  Betriebskosten  in  %  bei   einem 

Kohlenpreise  pro  100  kg  von 


1,00  Mk. 
1,50   , 
2,00   , 
2,50   , 

1,00  Mk. 
1.50 
2,00 
2,50 

1,00  Mk. 
1,50   , 
2,00   , 
2,50   , 


9 


15.  Kosten  der  elektrischen  Einrichtung  des  Krafthauses  . 

16.  Kosten  der  Verzinsung  4,5  f/o,  Tilgung  1,8  °/o,  Erneuerung 
8,4  °/°  und  Unterhaltung  l,5°/°>  zusammen  11,2°/°  von  15 

17.  Bedienung  zu  15  ('/*  von  8  als  Zuschlag) 

18.  Schmier-  und  Putzmaterial  zu  15 

19.  Im  Jahre  an  das  Schaltbrett  abgegebene 

aj  Pferdekraftstunden 

b)  Kilowattstunden 

bei  einem  Nutzeffekt  zwischen  Dampftnaeohinenwelle  und  Schalt- 
brett von  90%  für  die  8palten  2-10,  88%  fflr  die  Spalten  11-14. 

20.  Kosten  der  an  das  Schaltbrett  abgegebenen  '  1,0°  Mk* 
PSe -Stunde  in  Pfennigen  bei  einem  Kohlen- 
preise pro  100  kg  von 


* 


21.  Kosten  der  Kilowattstunde  in  Pfennigen  bei 
einem  Kohlenpreise  von  pro  100  kg 


1,50 
2,00 
2,50 

1,00  Mk. 
1,50   . 
2,00   , 
2,50   . 


467,2 
101,2 

2100 

520 

1,95 

2925 

2925 
4387,50 
5850 
7  312,50 

7,1 

8,1 

9,1 

10,1 

48°/o 
38#/o 
34*/o 
80% 


52875 
6000 

19800 
78475 


4943,9 
2688,75 


90125 
8500 

28000 
126625 


7  977,8 
4506,25 


790,1 
148,5 

2500 

900 

1,7 
5100 

5100 

7650 
10200 
12750 

5,6 
6,5 
7,3 

8,2 

45d/o 
38% 
84°/o 
80d/o 
ohne  Tranaforaaetoren 


1351,8 
210,0 

3200 

1250 

1,37 

8220 

8220 
12330 
16440 
20550 

M 

5,1 
5,8 
6,5 

47°/o 
40°/e 

85°A 
32#/o 


162750 
11200 

88600 
212550 


18890,6 

81S7,50|| 


2441,2 
289,5 

4500 

1920 

1,25 

15000 

15000 
22500 
30000 
37000 

3,8 
4,4 
5,0 
5,6 

47°/t 
40°/o 
35  V. 
31  •/• 


11000 

1282 
700,0 
225 

135000 
99360 


9,59 
10,68 
11,76 
12,84 

13,02 
14,50 
15,98 
17,45 


19000 

31860 

2128 

8  512.3 

883,3 

1066,6 

390 

600 

270000 

540000 

198  720 

397  440 

7,54 

5,90 

8,49 

6,67 

9,43 

7,48 

10,37 

8,19 

10,25 

8,02 

11,08 

9,05 

12,81 

10,08 

14,10 

11,12 

59040 

6612,4 

1500,0 

960 

1080000 
794880 


S  5. 


Du  wnrrecHAFTLiCHEN  Vobabbbitbn. 


305 


XXV 

MUaag  bei  8000  Betmbeetnaden  im  Jahr  (300  Tage  so  10  Stunden). 


uticun  lf  ncihimn 

Dreifach-ExpanaiODC-liMohüien 

g  llAtOMr.Oeer»itatauf820*C 

11  Atm.  Überdruck.    Überhitzt  auf  320*  G 

600 

800 

1000 

600 

800 

1000 

2000 

3000 

4000 

6 

7 

8 

9 

10 

11 

12 

18 

14 

289750 

296750 

848000 

225750 

285250 

315000 

472500 

670250 

883000 

12800 

14400 

16000 

12800 

14400 

16000 

24000 

28000 

32000 

45900 

52200 

59000 

45900 

52200 

59000 

87000 

102000 

116000 

298450 

862850 

418000 

284450 

851850 

890000 

583500 

800250 

981000 

18802,8 

22828,0 

26834,0 

17920,3 

22166,5 

245700 

36760,5 

50415,7 

61808,0 

11987,50 

14787,50 

17 150,00 

11287,50 

14262,50 

1575000 

23625,00 

88512,50 

41650,00 

8596,2 
844*2 

4486,2 
891,5 

5145,0 
442,5 

8386,2 
844,2 

4278,7 
891,5 

4725,0 
442,5 

7087,5 
652,5 

10053,7 
765,0 

12495,0 
870,0 

5800 

7200 

8500 

5500 

7000 

8500 

10600 

12600 

14700 

2600 

8800 

4000 

2840 

8500 

8500 

6000 

8600 

9800 

1,20 

1,15 

1,05 

0,95 

0,90 

0,86 

0,80 

0,75 

0,70 

21600 

27600 

81500 

17100 

21600 

25800 

48000 

67500 

84000 

21600 
32400 
48200 
54000 

27600 
41400 
55200 
69000 

81500 
47250 
63000 
78750 

17100 
25650 
84200 
42750 

21600 
82400 
43200 
54000 

25800 
88700 
51600 
64500 

48000 

72000 

96000 

120000 

67500 
101250 
135000 
168750 

84000 
126000 
168000 
210000 

8,5 

4,1 
4,7 
5,3 

3,8 
3,9 
4,5 
5,0 

8,1 
3,6 
4,1 
4,8 

3,2 
8,6 
4,1 
4,6 

8,0 
3,4 
3,9 
4,3 

2,7 
8,2 
3,6 

4,0 

2,2 
2,6 
8,0 
8,4 

2,0 
2,4 
2,7 
8,1 

1,8 
2,2 
2,5 
2,9 

"48  V. 

86% 
82% 

47% 
40% 

84% 
81% 

46% 
89% 
84% 
83% 

50% 
45% 
89% 
85% 

50% 

44*/* 
88% 
85% 

49% 
41% 
37% 
83% 

48% 
40% 
85% 
81% 

46% 

38% 
34% 
30% 

47% 
39% 
34% 
29% 

okm 

►  Trancformsfc 

rota 

mit  Trans: 

fonnmtoren 

85680 

106800 

120000 

85680 

108800 

188500 

227000 

280000 

334000 

9596,1 

12185,6 

18440 

9596,1 

12185,6 

14952 

25424 

31860 

37408 

1988,8 

2400.0 

2883,3 

1888,8 

2833,3 

2833,8 

8533,3 

4200,0 

4900,0 

1080 

1080 

1200 

1080 

1080 

1200 

1800 

2430 

3000 

1620000 
1192820 

2160000 
1595760 

2700000 
1987200 

1620000 
1192820 

2160000 
1595760 

2640000 
1948040 

5280000 
3886080 

5920000 
7829120 

10560000 
7772160 

4,77 
5.44 
6,07 
6,77 

4,45 
5,09 
5,78 
6,37 

4,05 
4,67 
5,26 
5,84 

4,84 
4,87 
5,40 
5,98 

4,11 
4,60 
5,11 
5,61 

3,87 
4,36 
4,85 
5,34 

3,09 
3.54 
4,00 
4,45 

2,65 
3,21 
8,64 
4,07 

2,56 
2,96 
8,85 
8,75 

6,49 
7,89 

8JM) 
9,20 

6,03 
6,90 
7,76 
8,68 

5,55 
6,85 
7ÜJ 
7,9$ 

5,90 
6,62 
7,34 
8,05 

5,57 
6,25 
6,92 
7,60 

5,27 
5,93 
6,60 
7,26 

4,21 
432 
5.44 
6,06 

8,79 
4,87 
4,95 
5,53 

8,48 
414 
4,69 
5,08 

HanAwli  4 

*Iaf.-WI«Ni 

■MB.    ULM 

L    Ml  Bd. 

2 

0 

806 


I.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Allgemeines. 


Tabelle 

Betriebskosten  rar  Kondensations-Dampfmasebinen  ohne  Rfick- 


Normale  Nutzleistung  in  PS« 


Compound  Konden- 


8  Atm.  Überdruck.    250  °C 


50 


100 


200 


400 


3 


4 


Anlagekosten. 

1.  Preis  der  kompletten  maschinellen  Anlege  eioschlieesl. 
Reserve  nach  Nr.  7  Tabelle  XVII 

2.  Kosten  des  Granderwerbs 

8.  Kosten  des  baulichen  Teils  mit  Reserve 

4.  Gesamtkosten  ad  1—8 


Indirekte  Betriebskosten. 

5.  Verzinsung  4,5%, 

Tilgung  1,8  °/o,  zusammen  6,3  °/o  der  Gesamtkosten  von  4 

3.  Erneuerung  für  den  maschinellen  Teil  6,7%  vonl  .    . 

rar  den  baulichen  Teil  0%  • 


Direkte  Betriebskosten. 

7.  Unterhaltung  einschliessl.  Feuerversicherung 

a)  für  den  maschinellen  Teil  2,5  °/o  von  1 

b)  rar  den  baulichen  Teil  1  °/o  von  3  .    . 

8.  Bedienung  einschliessl.  aller  Versicherungen 

9.  Schmier-,  Putz-  und  Dichtungsmaterial   .    . 

10.  Brennstoffverbrauch  in  kg  pro  PSe- Stunde  . 

11.  Brennstoffverbrauch  pro  Jahr  in  100  kg  .    . 


12.  Kosten   des  Brennstoffverbrauchs  pro  Jahr 
bei  einem  Kohlenpreise  pro  100  kg  von 


18.  Kosten  der  effektiven  Pferdekraftstunde  in 
Pfennig    bei   einem   Kohlenpreise   pro 
100  kg  von 


14.  Von  den  Kosten  ad  18  entfallen  rd.  auf  die 
indirekten  Betriebskosten  in   °/o  bei  einem 
Kohlenpreise  pro  100  kg  von 


I  *' 
|2, 

l  9 


1,00  Mk. 
1,50   . 
2,00   , 
2,50   , 

1.00  Mk. 
1,50   , 
2,00   „ 
2,50    „ 

1,00  Mk. 
50   , 

00   , 
2,50   „ 


15.  Kosten  der  elektrischen  Einrichtung  des  Krafthauses 
mit  Reserve 

16.  Kosten  für  Verzinsung  4,5  %,  Tilgung  1,8  °/o,  Erneuerung 
5  °/q  und  Unterhaltung  2,5  °/o,  zusammen  13  8  °,  o  .    .    . 

17.  Bedienung  (Vi  von  8  als  Zuschlag) 

18.  Schmier-  und  Putzmaterial  zu  15 

19.  Im  Jahre  an  das  'Schaltbrett  abgegebene 

a)  Pferdekraftstunden 

b)  Kilowattstunden 

bei  einem  Nutzeffekt  swiaehen  DampDnaeehlnenwelle  und  Schalt- 
brett Ten  90%  bei  den  Spalten  2-10.  88%  bei  den  Spalten  11-14 

20.  Kosten  der  an  das  Schaltbrett  abgegeben      lf0° Mk' 
PSe -Stunde  in  Pfennigen  bei  einem  Kohlen- 
preise pro  100  kg  von 


1,50 
2,00 
2.50 


* 


21.  Kosten  der  Kilowattstunde  in  Pfennigen  bei 
einem  Kohlenpreise  pro  100  kg  von 


1,00  Mk. 
1.50   , 
2,00   , 
*,50   . 


81150 

5  000 

18500 

49650 


3127,9 
2087.0 


778,7 
135,0 

5000 

1200 

1,8 

6  480 

6480 

9  720 

12  960 

16200 

5,2 
6,1 
7,0 
7,9 

27°/o 
24°/o 
20°/o 
18°/o 


52675 

6000 

19800 

78475 


90125 
8500 
28000 
126625 


4943,9 
8  529,2 


7977,3 
6038,3 


i: 


162750 
11200 

38600 
212550 


2253,1 
280,0 

6500 

2700 

1,30 

18720 


1  316,8 
198,0 

5500 

2000 

1,6 

11520 

11520 
17  280 
23  040 
28800 


4,0 
4,8 
5,6 
6,4 

29°/o 
24°/o 
20°/o 

18°/o 
ohne  Transformatoren 


1 3390,6 
10904,2 


4068,7 
886,0 

9000 

4300 

1.20J 

84560     t 


18720 

34560 

28080 

51840 

37440 

69120 

46800 

86400 

3,0 

2,6 

8,7 

3,2 

4.8 

3,8 

5,3 

4,4 

32  °/e 

82°/e 

26°/o 

26°/o 

22°/o 

22°/o 

l?Q/o 

19°/e 

11000 

1518 
1 666,6 
540 

324000 
238464 


6,95 
7,95 
8,95 
9,95 

9,44 
10,81 
12,16 
13,52 


19000 

2  622 
1 833,3 
936 

648000 
476928 


5,80 
6,19 
7,08 
7.97 

7,21 

8,41 

9,62 

10,88 


31860 

4327,6 
2166,6 
1440 

1296000 
983856 


4,05 
4.77 
5,49 
6,20 

5,84 
6,28 
7,24 
8,19 


59040 

8147,5 

3000 

2304 

2592000 
1907712 


§  5- 


Die  wirtschaftlichen  Vobabbeiten. 


307 


XXVL 

kflUang  bei  7  200  Betriebaatanden  im  Jahr  (800  Tage  sa  24  Stunden). 


aatiooaOfaaehinaii 

Dreiiacli-ExpaDsioiis-Maschinen 

11  At  Übdr.  Überhitxt  auf  320  °  C 

11  Atm.  Überdruck. 

■ 

Überhitzt  auf  820°  G 

600 

800 

1000 

600 

800 

1000 

2000 

8000 

4000 

6 

7 

8 

9 

10 

11 

12 

13 

14 

239750 

295750 

848000 

225750 

285250 

315000 

472500 

670250 

888000 

12900 

14400 

16000 

12800 

14400 

16000 

24000 

28000 

82000 

45900 

52200 

59000 

45900 

52200 

59000 

87000 

102000 

116000 

298450 

862850 

418000 

284450 

851850 

890000 

583500 

800250 

981000 

18802.8 

22828,0 

26884,0 

17920,3 

22166,5 

24570,0 

36760,5 

50415,7 

61803,0 

15968,2 

19815,2 

22981,0 

15125,2 

19111,7 

21 105,0 

31 657,5 

44906,7 

55811,0 

5998,7 
459,0 

7893,7 
522,0 

8575,0 
590,0 

5643,7 
459,0 

7131,2 
522,0 

7875,0 
590,0 

11812,5 
870,0 

16756,2 
1020,0 

20825,0 
1 160,0 

12000 

15000 

18000 

12000 

15000 

18000 

28800 

28600 

&4000 

6000 

7000 

8000 

5800 

6800 

7800 

12300 

16600 

2100 

1,15 

1,10 

1,00 

0,90 

0,85 

0,82 

0,75 

0,70 

0,65 

49680 

63360 

72000 

38880 

48960 

59040 

108000 

151200 

187200 

49680 

74520 

99860 

124200 

68360 

95040 

126720 

158400 

72000 
108000 
144000 
180000 

38880 

58820 

77760 

'     97200 

48960 

73440 

97920 

122400 

59040 

88560 

118080 

147600 

108000 
162000 
216000 
270000 

151200 
226800 
302400 
378000 

187200 
280  bOO 
374400 
468000 

i 

2,5 
3,0 
3.6 
4,2 

2,3 
2,9 
3,4 

4,0 

2,4 
2,9 
3,4 
3,9 

|            2.2 
2,6 
3.1 
3,5 

2,0 
2,5 
2,9 
3,3 

1,9 
2,3 
2,7 
8,1 

1,5 
1,9 
2,8 
2,6 

1,4 
1,7 
2,1 
2,4 

1,3 
1,6 
1,9 
2,2 

32  o/o 
26% 
22% 
19  o/o 

32% 

25  o/o 
21% 

18°/. 

40% 

33  °/o 
28% 
24% 

34  °  o 
29  °.  o 
24% 

21  % 

37  o/o 
30% 
25  o/o 
22°/0 

33% 
27% 
23°/o 
20  o/o 

31  o/o 
24  % 
20  o/o 
18  O/o 

81  % 

25% 
21% 
18  o/o 

30% 

25% 
21% 
18% 

ohne  Transformat 

oren 

mit  Tran' 

iformaioreo 

85680 

108800 

120000 

85680 

108800 

133500 

227000 

280000 

334000 

i 

11823,8 

15014,4 

16560 

11823,8 

15014,4 

18423 

31326 

38640 

46092 

4000 

5000 

6000 

4000 

5000 

6000 

7  766,6 

9533,3 

11333,3 

2592 

2592 

2880 

2592 

2592 

2880 

4320 

5832 

7200 

3888000 
2861568 

5184000 
3815424 

6480000 
4769280 

3888000 
2861568 

5184000 
3815424 

6336000 
4673296 

12672000 
9826592 

19008000 
13989888 

25344000 
18658184 

8,27 
8,91 
4,54 
5,18 

3,07 
3,67 

4,28 
4,89 

3,10 
3,66 
4,24 

4,80 

2,93 
3,43 
3,93 
4,43 

2,75 
3,22 
3,69 
4,16 

2,57 
3,00 
3,47 
3,93 

211 
2,54 
2,96 
3,39 

1,91 
2.31 
2,71 
3,11 

1,76 
2,13 
2,50 

2,87 

4,45 
5,31 
6,18 

7,05 

* 

4,15 
4,98 
5,81 
6,64 

4,2<J 
4,99 

5,72 

3,99 
4,67 
5,35 
6,02 

3,72 
4,36 
5,01 
5,65 

3,44 
4,07 
4.71 
5,34 

2,87 
3,45 
4,03 
4,61 

2,60 
3,14 
3,67 
4,22 

2,44 

2.89 
3,39 
3,89 

20* 


L    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Alloemeine& 

Wenn  1  kg  Kohle  a  kg  Dampf  erzengt,  so  beträgt  der  Bedarf  an  Kohle  pro  Jahr: 

A   _  D  _  D,  .  s  .  t  _  N«  de  (1  +  q)  8  ■  t 
1       a  a  a 

Der  Koeffizient  o  des  Leitungs  Verlustes  kann  nach  E  b  e  r  1  e  bis  zu  100  PS»  zu  0,05 
und  darüber  zu  0,03  angenommen  werden.  Über  die  Zahlenwerte  der  Verdampfungs- 
ziffer  a  in  kg,  Ah.  über  die  Dampfmenge  in  kg,  welche  mit  1  kg  Brennstoff  erzeugt 
werden  kann,  gibt  die  Zahlentafel  S.  289  bereits  eine  Obersicht.  Diese  Zahlenwerte 
hängen  aber  auch  noch  von  der  Grösse  der  Heizfläche  ab.  Unter  Annahme  einer  Kessel- 
kohle von  7000  W.E.  und  einer  Temperatur  des  Kesselwassers  von  50°  C  kann  man 
für  vergleichende  Betriebskostenberechnungen  durchschnittlich  annehmen: 

für  Kessel  bis  zu    30  qm  Heizfläche  a  =  7 
„    von  30-60    „  „         a  =  7,5 

„        „      „60-100    ,  „         a  =  8 

„        „    über       100    n  „         a  =  8,5. 

Zu  diesem  Kohlenverbrauch  Ax  kommt  aber  noch  der  Verbrauch  an  Kohle  A,  für 
das  Frischanheizen  der  Kessel  und  für  den  Ersatz  der  Abkühlungsverluste  während  der 
Arbeitspausen.  Wenn  t  die  Zahl  der  Betriebstage  bedeutet,  so  lässt  sich  die  Anzahl  der 
Tage  t*  (zu  24  Stunden  gerechnet),  während  welcher  ein  Kessel  abkühlend  steht  aus- 
drucken durch: 

t.  =  (365-t)  +  ?^=^  t. 

Der  Abkühlungsverlust  eines  Kessels  ist  eine  Funktion  seiner  Heizfläche  und  der 
Zeit  der  Betriebsunterbrechung.  Nach  dem  Flugblatte  Nr.  1  von  1895  des  Magdeburger 
Vereins  für  Dampfkesselbetrieb  rechnet  man  für  einen  Tag  von  24  Stunden  Abkühlungs- 
zeit 2  kg  Steinkohlen  pro  qm  Heizfläche.  Für  das  Frischanheizen  sind  drei  Abkühlungs- 
tage einzuführen. 

Bezeichnet  man  wiederum  mit  H  die  Heizfläche  der  Kessel  und  nimmt  an,  dass 
dieselben  im  Jahre  n  mal  angeheizt  werden  müssen,  so  ergibt  sich  der  Kohlenverbranch  zu: 

A,  =  {2t».H  +  6nH)  kg. 
A,  =  2  H  .  (U  +  3J  kg. 

A,  =  2  H{(365-t)  +^±.t  +  3n}kg. 

Der  Jahresverbrauch  an  Kohlen  berechnet  sich  demnach  zu  A  =  At  -f-  A,. 

Die  in  den  Tabellen  XIX  bis  XXVI  zugrunde  gelegten  Werte  für  den  Kohlen- 
verbrauch pro  PSe-Stunde  entsprechen  nicht  denjenigen  Werten  von  D8,  welche  sich 
bei  Abnahmeversuchen  erreichen,  sondern  denjenigen,  welche  sich  mit 
guten  Maschinen  bei  normalem  Betriebe  und  bei  guter  Wartung  dauernd 
erzielen  lassen. 

In  den  Tabellen  XIX,  XX,  XXI  und  XXII  sind  lediglich  die  Betriebskosten  der 
Dampfkraft  PSe-Stunde  berechnet,  weil  es  sich  bei  den  kleineren  Wasserkraft-Anlagen 
meistens  nicht  um  Kraftverteilung,  sondern  um  direkten  Verbranch  der 
Kraft  in  einer  bestimmten  Anlage  handelt,  also  der  Vergleich  meistens  auch 
auf  dieser  Grundlage  durchzuführen  ist.  Die  Zahlen  der  Tabellen  XIX  bis  XXH  geben 
auch  gute  Anhaltspunkte  für  die  Preise,  zu  welchen  man  die  elektrische  Energie  pro 
PS*-  oder  KW-Stunde  oder  pro  PS«  und  Jahr  abgeben  muss,  um  noch  erfolgreich  mit 
Dampf  konkurrieren  zu  können. 

In  den  Tabellen  XXIII  bis  XXVI  dagegen  ist  zugleich  die  Umwandlung  in  elektrische 
Energie  angenommen.     Die  bezüglichen  Anlage-  und  Betriebskosten  sind  nach  den  An- 


§  5.  Die  wirtschaftlichen  Vobabbettkn.  309 

gaben  in  den  Abschnitten  1  und  2  dieses  Paragraphen  und  nach  dem  Master  der  Tabellen 
XI,  XII  und  XIII  in  Ansatz  gebracht.  Da  das  Verhältnis  der  indirekten  Betriebskosten 
zu  den  direkten  für  den  Vergleich  zwischen  Wasserkraftanlagen  und  Dampfanlagen  be- 
sonders charakteristisch  ist,  sind  in  den  Tabellen  XIX  bis  XXVI  die  indirekten  Be- 
triebskosten in  °/0  der  Gesamtbetriebskosten  noch  besonders  angegeben. 

Da  in  den  Tabellen  XXIII  bis  XXVI,  wie  bereits  erwähnt,  Anlagen  für  Rück- 
kühlung des  Kondenswassers  nicht  vorgesehen  sind,  müssen,  wenn  solche  im  Einzelfalle 
notwendig  werden,  zur  Berechnung  der  indirekten  Betriebskosten  die  in  Tabelle  XVIII 
angegebenen  Anlagekosten  wegen  der  Tilgung  und  Verzinsung  mit  den  für  alle  Anlagen 
gewählten  Prozentsätzen  und  wegen  der  Erneuerung  mit  den  Prozentsätzen  für  den 
maschinellen  Teil  in  Ansatz  gebracht  werden.  Zur  Berechnung  der  direkten  Betriebs- 
kosten für  Rückkühlanlagen  können  wegen  der  Unterhaltung  die  Prozentsätze  für 
den  maschinellen  Teil  der  Tabellen  XXIII  bis  XXVI  Anwendung  finden.  Die  Zuschläge, 
welche  wegen  einer  Rückkühlanlage  für  Schmier-  und  Putzmaterial  sowie  für  Bedienung 
und  Brennstoffverbrauch  zu  machen  sind,  würde  man  für  unsere  Zwecke  im  Durchschnitt 
genau  genug  berücksichtigen,  wenn  man  zu  den  Kosten  8,  9  und  12  der  Tabellen 
XXIU  bis  XXVI  je  4  bis  5  °/o  zuschlägt. 

Es  ist  in  den  Tabellen  XIX  bis  XXVI  während  des  Betriebes  immer  volle  Be- 
lastung angenommen,  ein  Fall  der  in  Wirklichkeit  meistens  wohl  nicht  zutrifft. 

Findet  dauernd  oder  zeitweise  nicht  volle  Belastung  statt,  so  wird  die  Jahresleistung 
bei  derselben  Betriebsdauer  kleiner.  Die  indirekten  Betriebskosten  vermindern  sich  aber 
hierdurch  nicht  erheblich,  da  man ,  wesentlich  geringere  Prozentsätze  für  Tilgung  und 
Erneuerung  kaum  ansetzen  darf.  Die  direkten  Betriebskosten  vermindern  sich  im  wesent- 
lichen nur  in  bezug  auf  den  Brennstoffverbrauch,  welcher  natürlich  kleiner  ausfällt,  aber 
auch  nicht  im  direkten  Verhältnisse  zur  verringerten  Jahresleistung,  da  die  Nutzeffekte 
der  Maschinen  bei  geringerer  Belastung  schlechter  werden.  Kennt  man  die  Verminderung 
des  Nutzeffektes  der  Dampfmaschine  bei  kleineren  Belastungen,  —  und  die  Maschinen- 
fabriken werden  auf  Anfrage  hierüber  stets  genaue  Auskunft  erteilen,  —  so  kann  man 
daraus  den  Verbrauch  an  Brennmaterial  und  damit  auch  die  Kosten  der  effektiven  PS- 
Stunde  bei  schwächerer  als  voller  Belastung  berechnen. 

II.  Die  Abwärme-Kraftmaschinen. 

Bei  den  Heissdampfmaschinen  wird  immer  noch  ein  grosser  Teil  der  im  Frisch- 
dampf enthaltenen  Wärme  in  die  Atmosphäre  oder  in  den  Kondensator  abgeführt  ohne 
für  die  Arbeitserzeugung  nutzbar  gemacht  zu  werden.  Der  Gedanke,  den  Abdampf  zur 
weiteren  Arbeitsgewinnung  zu  verwenden,  hat  die  Technik  schon  lange  beschäftigt,  aber 
erst  neuerdings  ist  es  gelungen,  Abwärme- Kraftmaschinen  oder  sogenannte  Kalt- 
Dampfmaschinen  zu  bauen,  welche  eine  erfolgreiche,  praktische  Verwertung  des 
Gedankens  zu  ermöglichen  scheinen.  Die  erste  grössere  Abwärme-Kraftmaschine  mit 
einer  Leistung  von  60  bis  70  PS*  wurde  im  September  1900  in  der  technischen  Hoch- 
schule zu  Berlin  dem  Betriebe  übergeben  und  inzwischen  sollen  weitere  Maschinen  zur 
Aufstellung  gekommen  sein.  Längere  Erfahrungen  liegen  mit  diesen  Maschinen  noch 
nicht  vor.  und  es  genügt  deshalb,  hier  auf  sie  hinzuweisen28). 


23)  Fried r.  Barth  teilt  in  seinem  Buche  rDie  zweckmassigste  Betriebskraft*,  Heft  I,  S.  111 

folgendes  mit: 

Das  Prinzip  der  Abwärme-Kraftmaschine  ist  kurz  folgendes:  Der  Abdampf  der  Dampfmaschine 
wird  dazu  benützt,  niedrigsiedende  Flüssigkeiten,  wie  Ammoniak,  schweflige  Säure  usw.,  zu  erwarmen 


SM  L    Thsodob  Koehn.    Ausbau  von  WifwmnniÄrrKN.    Allgemeines. 

HL  Die  Gasmotoren- 
Aus  dieser  Klasse  von  Antriebsmaschinen  sind  besonders  hervorzuheben: 
die  Leuchtgas-,  Kraftgas-,  Gichtgas-Motoren, 
ferner  von  den  Gasmotoren  mit  flüssigen  Brennstoffen: 
die  Diesel-Motoren  und 
die  Spiritus-,  Petroleum-  und  Benzin-Motoren. 


und  tu  verdampfen.  Der  so  gewonnene  sog.  Kaltdampf  dient  dann  nun  Betrieb  einer  Maschine,  deren 
Aussehen  nnd  Wirkungsweise  mit  der  gewöhnlichen  Dampfmaschine  übereinstimmt.  Bei  den  bisher  von 
der  Abwanne-Kraflmaschinen-Gesellschait  gebauten  Maschinen  wurde  mit  Vorteil  schweflige  Stare  (80b) 
Terwendet,  hauptsächlich  deshalb,  weil  deren  Dampfspannungen  bei  den  in  Betracht  kommenden  Tem- 
peraturen innerhalb  geeigneter  Grenzen  liegen.  Nachdem  die  30S-Dämpfe  ihre  Arbeit  verrichtet  haben, 
werden  sie  in  einem  Oberflichenkondensator  mittelst  Kühlwasser  verflüssigt,  sodann  die  flüssige  80, 
wieder  durch  den  Abdampf  verdampft  usw.  Ein  Verbrauch  an  schwefliger  Saure  findet  daher  nicht 
statt,  nur  insofern  als  etwaige  Verluste  infolge  Undichtheiten  vorkommen. 

Es  bedarf  demnach  zur  Ausnutzung  von  Abwärme  eines  Verdampfers  für  die  flüssige  SO»,  einer 
Kraftmaschine  nnd  eines  Oberflächenkondensators  für  die  entspannten  SO, -Dämpfe.  Der  Verdampfer 
der  Ab  warme -Kraftmaschine  bildet  für  die  Dampfmaschine  (die  Dampfmaschine  leistet  dasselbe,  ob  eine 
Abwärme- Kraftmaschine  hinzugefügt  wird  oder  nicht)  den  Kondensator  (das  Kühlmittel  zum  Konden- 
sieren des  Abdampf  besteht  in  diesem  Fall  eben  in  schweflieber  Säure);  für.  die  Abwärme-Kraftmaschine 
hingegen  spielt  er  die  Rolle  eines  Dampfkessels.  Die  für  gewöhnlich  in  ihm  herrschende  Spannung  der 
SOrDämpfe  beträgt  10—12  Atmosphären,  je  nach  dem  Vakuum,  mit  dem  die  Dampfmaschine  arbeitet. 
Die  Spannung  der  aus  der  Abwärme-Kraftmaschine  entweichenden  80,-Dämpfe  beträgt  2—4  Atmosphären, 
je  nach  der  Temperatur  des  Kühlwassers. 

Was  die  Preise  der  Abwärme-Kraftmaschinen  betrifft,  so  kann  man  im  Durchschnitt  annehmen» 
dass  dieselben  —  sofern  sie  als  selbständige  Maschinen  angeordnet  sind  —  einsohlieaslich  Verdampfer 
nnd  zwei  Kondensern  z.  Z.  etwa  20°/o  höher  sind  als  diejenigen  gleichstarker  Dampfmaschinen  samt 
Kesselanlage.  Die  Leistung,  die  man  durch  Aufstellen  einer  Abwärme-Kraftmaschine  gewinnt,  ist  natür- 
lich sehr  von  dem  Dampfverbrauch  der  Dampfmaschine  abhängig.  Für  durchschnittliche  Verhältnisse 
kann  man  rechnen,  dass  ca.  80°/o  der  Dampfmaschinen-Leistung  (arbeitet  die  Dampfmaschine  vorzüglich, 
d.  h.  mit  geringem  Dampfverbrauch,  so  gewinnt  man  mit  der  Abwärme- Kraftmaschine  nur  etwa  259/«) 
hinzugewonnen  werden. 

Der  Zylinder  der  Abwärme -Kraftmaschine  braucht  keine  besondere  Schmierung,  da  die  SOj- 
Dämpfe  selbstschmierend  wirken,  nur  die  Stopfbüchse  wird  mit  reinem  Mineralöl  geölt.  Der  Ölver- 
brauch wird  deshalb  geringer  sein  als  bei  einer  gleichstarken  Dampfmaschine. 

Wird  eine  Abwärme-Maschine  von  vornherein  in  direkter  Verbindung  mit  der  Dampfmaschine 
ausgeführt,  so  kommt  die  kombinierte  Dampfabwärmeanlage  nicht  teurer  zu  stehen  als  eine  Dampf- 
maschinenanlage von  gleicher  Gesamtleistung. 

Es  ist  zu  bemerken,  dass  reine  schweflige  Säure  weder  Eisen  noch  Bronze  angreift.  Nur  wenn 
Wasser  oder  Luft  hinzukommen,  wirkt  sie  zerstörend  auf  die  Metalle.  Wasser  könnte  z.  B.  dann  zu- 
treten, wenn  der  Verdampfer  und  Kondensator  nicht  vollständig  dicht  halten ;  dann  allerdings  würde  die 
betreffende  Stelle  sofort  angefressen  und  die  Undichtheit  würde  dadurch  immer  stärker.  Die  Erfahrung 
lehrt  jedoch ,  dass  die  Verdampfer  sowie  auch  die  Kondensatoren  so  solide  hergestellt  werden  können» 
dass  solche  Undichtheiten  nicht  vorkommen.  Was  das  Eindringen  von  Luft  betrifft,  so  ist  dies  im 
Betrieb  gsnz  undenkbar,  da  aowohl  im  Arbeitszylinder,  als  auch  in  dem  Kondensator  die  Spannung  stets 
weit  Über  der  Atmosphäre  liegt  und  nicht  wie  bei  den  Dampfmaschinen  mit  Kondensation  darunter  sinkt. 

Die  Abwärme-Kraftmaschine  braucht  mehr  Kühlwasser  zum  Kondensieren  der  entspannten  SOi- 
Dämpfe  als  eine  Dampfmaschine.  Besonders  ungünstig  stellen  sich  die  Verhältnisse  dann,  wenn  die 
Temperatur  des  zur  Verfügung  stehenden  Kühlwassers  hoch  liegt.  In  diesem  Fall  ist  nicht  nur  der 
Kühlwasserverbrauch  ein  sehr  hoher,  sondern  man  hat  auch  höhere  Spannungen  im  Kondensator  als 
2—4  Atmosphären,  wodurch  natürlich  die  Leistung  der  Abwärme-Kraftmaschine  herunter  gedrückt  wird. 
Ob  sich  doshalb  die  Abwärme-Kraftmaschine  dort,  wo  man  im  Kühlwasser  beschränkt  ist,  bzw.  wo  man 
Rück  kili Janlagen  anordnen  muss,  noch  als  wirtschaftlich  erweist,  muss  erst  durch  Versuche  festgestellt 
werden.    Heute  liegen  hierüber  die  nötigen  Erfahrungen  noch  nicht  vor. 

Häufig  wird  gegen  die  Abwärme -Kraftmaschine  eingewendet,  dass  geringe  Undichtheiten  dar- 


§  5.  Die  wirtschaftliche»  Vorarbeite*.  311 

Im  allgemeinen  findet  bei  den  Grasmotoren  eine  bessere  Ausnutzung  der  im  Brenn- 
stoff enthaltenen  Wärmeenergie  als  bei  den  Dampfmaschinen  statt,  weil  die  Umwandlang 
von  Wärme  in  Arbeit  direkt  im  Zylinder  der  Arbeitsmaschine  stattfindet.  Während  bei 
den  Dampfmaschinen  mittlerer  Grösse  95%  und  bei  den  Gross -Dampfmaschinen  mit 
überhitzten  Dampf  noch  immer  83°/o  von  dem  Wärmewert  des  Brennmaterials  verloren 
gehen,  beträgt  die  wirtschaftliche  Ausnutzung  der  in  den  Brennstoffen  steckenden  Wärme 
bei  den  kleinsten  Gasmaschinen  im  Mittel  0,12  bis  0,18%,  bei  grösseren  Gasmaschinen 
von  50  PS«  aufwärts  0,23  bis  0,26%,  bei  den  Dieselmotoren  sogar  ca.  32-35°/o84). 

Bei  den  eigentlichen  Gasmotoren86)  verteilt  sich  der  Arbeits- 
pro zess  entweder  auf  4  Kolbenhübe  (Viertaktmotoren)  oder  auf  2  Hübe 
(Zweitaktmotoren). 

Bei  den  Viertaktmotoren  wird  beim  ersten  Hube  das  Gasgemisch  angesogen,  beim 
zweiten  Hube  komprimiert.  Kurz  bevor  der  Kolben  am  toten  Punkt  angelangt  ist,  die 
Zusammenpressung  des  Gasgemisches  also  ein  Maximum  erreicht,  erfolgt  die  Entzündung. 
Beim  dritten  Hube  verbrennen  explosionsartig  die  Gase  unter.  Arbeitsleistung,  wobei  ihre 
Spannung  allmählich  sinkt,  und  sich  derjenigen  der  Atmosphäre  nähert,  und  beim  vierten 
Hube  puffen  die  Ver  br  e  im  ungsriick  stände  in  die  atmosphärische  Luft  aus.  Es  wird  daher 
nur  beim  dritten  Hube  Arbeit  geleistet,  während  bei  den  3  anderen  Hüben  Arbeit  ver- 
zehrt wird. 

Beim  Zweitaktmotor  spielt  sich  der  Arbeitsvorgang  während  zweier  Hübe,  also 
während  einer  Umdrehung  der  Schwungradwelle  ab.  Um  das  zu  erreichen,  wird  mittelst 
besonderer  Ladepumpen  am  Ende  des  ersten  Hubes  kühle  Luft  und  kurz  darauf  brenn- 
bares Gemisch  in  den  Arbeitszylinder  gepresst.  Beim  ersten  Hube  treibt  das  entzündete 
Gemisch  den  Kolben  vorwärts.  Noch  ehe  der  erste  Arbeitshub  ganz  zu  Ende  ist,  können 
die  Verbrennungsgase  durch  Schlitze  im  Zylindermantel,  welche  der  Kolben  kurz  vor 
seiner  Endstellung  frei  gibt,  in  den  Auspuff  entweichen.    Die  Ladepumpe  presst  in  diesem 

selben  den  Austritt  von  Schweflige-Säure-Dämpfen  in  den  Maschinenraum  zur  Folge  haben  können,  welche 
den  Aufenthalt  in  demselben  unmöglich  machen.  Die  Erfahrung  lehrt  jedoch,  dass  diese  Befürchtung 
bei  solide  gebauten  Maschinen  unbegründet  ist.  Ein  geringer  Austritt  von  SO|-Dämpfen  lässt  sich  zwar 
nie  ganz  vermeiden,  jedoch  ist  derselbe  so  unbedeutend,  dass  der  Maschinenwärter  dadurch  nicht  ernst- 
lich belästigt  wird. 

Es  braucht  wohl  nicht  besonders  daraufhingewiesen  zu  werden,  dass  die  Abwärme- Kraftmaschine 
sowohl  mit  einer  Dampfmaschine,  als  auch  mit  einer  Lokomobile  oder  Dampfturbine  kombiniert  werden 
kann,  und  dass  die  Betriebskosten  derselben  nur  in  der  Verzinsung  und  Abschreibung  des  Anlagekapitals 
sowie  in  den  Kosten  für  Bedienung,  Schmier-  und  Putzmaterial  bestehen.  Die  Kosten  für  Schmierung 
sind,  wie  bereits  im  vorausgehenden  hervorgehoben,  geringer  als  bei  Dampfmaschinen,  ebenso  die  Kosten 
fttr  Bedienung,  da  der  Verdampfer  keine  ständige  Bedienung  braucht  wie  ein  Dampfkessel.  Ein  Ver- 
brauch von  Brennmaterial  findet  nicht  statt,  da  das  Betriebsmittel  für  die  Abwärme- Kraftmaschine  in 
dem  Abdampf  besteht.  Was  den  Brennstoffverbranch  der  Dampfmaschine,  Lokomobile  oder  Dampf- 
turbine betrifft,  so  wird  derselbe  durch  das  Hinzutreten  einer  Abwärme-Kraftmaschine  nicht  beeinflusst. 

**)  Fritz  Hoppe,  Ober  den  Wirkungsgrad  und  die  Kosten  der  Umwandlung  von  Wärme  in 
elektrische  Energie  bei  städtischen  Elektrizitätswerken.  Schillings  Journal  für  Gasbeleuchtung  und 
Wasserversorgung  1905.  S.  438. 

26)  Die  erste  Gaskraftmaschine  stammt  aus  dem  Jahre  1860  von  dem  Franzosen  Lenoir.  Sie 
war  aber  praktisch  noch  unbrauchbar.  Einen  grösseren  Erfolg  hatte  dagegen  bereits  die  im  Jahre  1867 
auf  der  Pariser  Weltausstellung  vorgeführte  Gasmaschine  von  Otto  &  Langen  aus  Köln-Deutz.  Der 
Explosionsdrnck  wurde  hier  dazu  benutzt,  den  Kolben  der  stehend  gebauten  Maschine  hochzuschleudern, 
während  der  Druck  der  Atmosphäre  die  eigentliche  Triebkraft  bildete.  Auf  der  Pariser  Weltausstellung 
1878  wurde  eine  von  Otto  erfundene  neue  Gasmaschine  vorgeführt,  bei  welcher  das  Prinzip  der  alten 
Maschine  von  1867  ganz  verlassen  war  und  welche  noch  heute  die  Grundlage  fast  aller  Explosions- 
motoren bildet. 


312  L    Theodor  Koehk.    Ausbau  voh  WasserkhIftkn.    Allgemeines. 

Moment  kühle  Luft  in  den  Zylinder,  welche  die  Verbrennungsgase  vollständig  ausbläst 
nnd  den  Zylinder  kühlt.  Gleich  darauf  wird  das  brennbare  Gasgemisch  durch  dieselbe 
Pumpe  in  den  Zylinder  geführt  und  von  dem  Kolben  bei  seinem  zweiten  Hube  kompri- 
miert. Der  Zweitaktmotor  leistet  also  in  derselben  Zeit  unter  sonst  gleichen  Verhält- 
nissen doppelt  soviel  als  der  Viertaktmotor,  sein  Nutzeffekt  ist  aber  schlechter,  weil  die 
Ladepumpe  ca.  10°/#  der  indizierten  Arbeit  des  Motors  verzehrt. 

Die  Zündung  geschieht  bei  den  neueren  Gasmotoren,  abgesehen  von  Dieselmotoren, 
meistens  durch  elektrische  Funken,  welche  von  einer  kleinen,  durch  den  Gasmotor  selbst 
betätigten  magnetoelektrischen  Maschine  erzeugt  werden  oder  durch  Dai  ml  ersehe  Glührohre. 

Zum  Anlassen  des  Gasmotors  werden  bei  den  neueren  Gasmotoren  meistens  kleine 
Hilfsapparate  verwendet,  welche  mittelst  komprimierter  Luft  den  Motor  in  Bewegung 
setzen.  Bei  elektrischen  Anlagen  besorgt  man  das  Anlassen  auch  wohl  dadurch,  dass 
man,  vorausgesetzt,  dass  anderweitig  erzeugter  Strom  zur  Verfügung  steht,  den  mit  der 
Gas-Maschine  gekuppelten  Generator  als  Motor  schaltet  und  nach  einigen  Hüben  um- 
schaltet. Wo  es,  wie  beim  Antrieb  von  elektrischen  Maschinen,  auf  gute  Regulierung 
wesentlich  ankommt,  wird  die  sogenannte  Präzisionsregulierung  verwendet,  welche  darin 
besteht,  dass  der  Regler  die  zugeführten  Mengen  des  Gasgemisches  je  nach  dem  Kraftn 
bedarf  entweder  in  seiner  Quantität  oder  in  seiner  Qualität  verändert. 

Da  das  Gasgemisch  im  Motor  mit  einer  höheren  Temperatur  verbrennt,  muss  der 
Zylindermantel  und  die  Ventile,  welche  mit  den  Verbrennungsgasen  in  Berührung  kommen, 
durch  Wasser  gekühlt  werden.  Unter  normalen  Verhältnissen  beträgt  bei  Leuchtgaa- 
maschinen  der  Kühlwasserverbrauch  30  bis  40  Liter  pro  effektive  Pferdekraf tstunde ; 
bei  den  Kraftgasmotoren  etwa  60  Liter  pro  PSt-Stunde,  weil  hier  der  Wasserverbrauch 
des  Skrubbers  und  des  Verdampfers  hinzukommt H). 

Die  Leuchtgasmotorem  werden  in  der  Regel  nur  für  kleinere  Leistungen  bis  zu 
30  PS«,  ausnahmsweise  bis  zu  60  PS«  gebaut.  Das  Leuchtgas  der  städtischen  Zen- 
tralen besitzt  im  Mittel  einen  Heizwert  von  5000  W.E.  pro  cbm,  sofern  dem  Stein- 
kohlengase kein  sogenanntes  Wassergas  beigemischt  ist  Im  letzteren  Falle  liegt  der 
Heizwert  unter  Umstanden  erheblich  tiefer.  In  der  nachfolgenden  Tabelle  XX VH  sind 
einige  Angaben  über  Anlagekosten,  Raumbedarf,  Bedienung»-  und  Unterhaltungskosten 
über  den  Bedarf  an  Schmier-  und  Putzmittel  sowie  über  den  Gasverbrauch  gemacht17), 
nach  denen  die  Betriebskosten  in  bestimmten  Fällen  berechnet  werden  können.  Die 
Gaspreise  pro  cbm  Leuchtgas  für  Kraftzwecke  schwanken  in  Deutschland  zwischen  8 
und  16  Pfennigen.  Zu  berücksichtigen  sind  dann  noch  auf  Grundlage  der  obigen  Ver- 
brauchsangaben die  Kosten  für  das  Kühlwasser. 

Bei  den  sogenannten  Kraftgasmetorem  wird  das  Mischgas,  welches  nach  seinem 
Erfinder  Dewson-Gas  (1881)  genannt  wird,  in  besonderen  Generatoren  aus  Anthrazit 
oder  Koks  und  neuerdings  auch  aus  Braunkohle  hergestellt.  Ein  solcher  Generator  be- 
steht in  einem  Schachtofen,  durch  welchen  während  des  Betriebes  durch  den  Gasmotor 
selbsttätig  ein  Gemisch  von  Luft  und  Wasserdampf  gesogen  wird  (Sauggas).  Mit- 
unter wird  auch  die  Luft  durch  ein  besonderes  Gebläse  durch  den  Schachtofen  hin- 
durchgedrückt, und  man  spricht  dann  von  Druckgas.  Beim  Durchstreichen  der 
Mischung  von  Luft  und  Wasserdampf  durch  die  glühenden  Brennstoffe  im  Ofen  bildet 
sich  das  Kraftgas.    Zur  Herstellung  des  Wasserdampfes  dient  die  überschüssige  Wärme 


»«)  Fried r.  Barth,  Die  sweckmftasigftte  Betriebekraft  Heft  II,  S.  15. 

")  Die  Angaben  der  Tabellen  XXVII  und  XXVIII  sind  dem  Bache  von  Chr.  Eberle  »Kosten- 
der Kraftersengnng    3.  44  u.  f.  entnommen. 


§  6- 


Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten; 


313 


Tabelle  XXVII. 
Anlagekosten  und  Grundlagen  fdr  die  Bwechnnng  von 


Ton  Leuchtgas-Motoren. 


Leistung  der  Motoren 

4 

6 

8 

10 

20 

30 

40 

50 

60 

in  PSe 

Kosten  der  gesamten  maschinellen 

■ 

Anlage  einschliesslich  Montage  nnd 

Fundament  in  Mk.    ...... 

2455 

3210 

3690 

4600 

6960 

9220 

11570 

12560 

13  620 

Raumbedarf  für  das  Maschinenhans 

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in  qm  der  Grundfläche      .... 

5 

6 

7 

8 

15 

25 

30 

40 

50 

Jährliche  Kosten  in 

Mk. 

bei  einer  Be- 

a) für  Bedienung  . 

triebsdauer 

36 

40 

55 

67 

105 

145 

175 

190 

200 

b)  Schmiermittel 

von  je 

u.   Putzmaterial 

5  Stunden  an 

300  Tagen 

48 

63 

72 

75 

120 

157,50 

210 

225 

270 

c)   Unterhaltung    . 

14,67 

16.65 

23.25 

25,40 

40,60 

50,20 

62,45 

69,60 

72,70 

4  500 

6  300 

8160 

9250 

18600 

26  775 

85400 

43500 

51900 

Jährliche  Kosten  in 

Mk. 

bei  einer  Be- 

a) für  Bedienung  . 

triebsdauer 

55 

60 

80 

100 

160 

220 

260 

280 

300 

b)  Schmiermittel 

von  je 

u.  Putzmaterial 

10  Stunden 

an  300  Tagen 

96 

126 

144 

150 

240 

315 

420 

450 

540 

c)  Unterhaltung    . 

20,67 

24,65 

32,25 

37,40 

56,60 

74,70 

93,45 

102,60 

108,70 

Gasverbrauch  in  cbm 

9000 

12  600 

16320 

18500 

37  200 

53  550 

70800 

87000 

102600 

des  den  Generator  verlassenden  Kraftgases.  Da  beim  Hindurchleiten  von  über- 
hitztem Wasserdampf  ohne  Luftzuführung  durch  die  glühende  Brenn- 
stoffschicht des  Generators  das  Wasser  in  seine  Bestandteile,  Wasser- 
stoff und  Sauerstoff,  zersetzt  und  dabei  mehr  Wärme  gebunden  würde, 
als  durch  das  Verbrennen  des  Kohlenstoffs  zu  Kohlenoxyd  entsteht, 
so  würde  das  entweichende  Kraftgas  nicht  nur  nicht  genügende 
Wärme  haben,  um  Dampf  zu  erzeugen,  sondern  der  Ofen  würde  erlöschen. 
Es  muss  daher  die  Mischung  von  Luft  und  Wasserdampf  so  vorgenommen  werden, 
dass  das  entstehende  Kraftgas  überschüssige  Wärme  genug  besitzt,  um  den  Wasserdampf 
zu  erzeugen.  Das  den  Generator  verlassende  Kraftgas  durchzieht  einen  Verdampfer,  der 
in  einer  Art  Röhrenkessel  besteht.  Indem  es  den  zu  seiner  Herstellung  nötigen  Wasser- 
dampf erzeugt,  kühlt  es  sich  im  Verdampfer  ab,  und  passiert  dann  ein  stehendes  zylin- 
drisches Gefäss  von  unten  nach  oben,  in  welchem  auf  einem  siebartigen  Rost  Koksstücke 
aufgespeichert  sind.  In  dieses  Gefäss,  Skrubber  oder  Wäscher  genannt,  wird  von  oben 
durch  eine  Brause  Wasser  in  Form  eines  feinen  Sprühregens  zugeführt,  welches  an  den 
Koksstücken  herabrieselt.  Das  aus  dem  Skrubber  austretende  Gas  durchströmt  dann 
noch  den  meist  mit  Sägespänen  gefüllten  sogenannten  Trockenreiniger,  um  von  dort  in 
den  Motor  zu  gelangen. 

In  der  Tabelle  XXVHI  sind  einige  Angaben  über  Anlagekosten  und  Unterlagen 
für  die  Berechnung  der  Betriebskosten  mitgeteilt. 

Die  Kosten  von  Anthrazit  schwanken  je  nach  Höhe  der  Transportkosten  zwischen 
1,50  und  3,00  Mk.  pro  100  kg  und  die  Kosten  des  Koks  etwa  zwischen  1,30  und  2,30 
pro  100  kg.    Hinzu  kommen  dann  noch  die  Kosten  für  das  Kühlwasser  (vergl.  S.  312). 


314 


I.    Theodor  Koehn.    Ausbau  vor  Wasserkräften.    Allgemeines. 


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§  5.  Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten.  315 

In  neuerer  Zeit  haben  die  GichtgAsmotoren  eine  besondere  Bedeu- 
tung gewonnen.  Früher  liess  man  die  Hochofengase  ungenützt  in  die  Luft  entweichen, 
später  etwa  bis  Ende  der  neunziger  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts  wurden  sie  zur 
Kesselfeuerung  und  Erzeugung  von  Dampf  für  Kraftzwecke  verwendet,  wobei  aber  nur 
ein  schlechter  Nutzeffekt  erzielt  werden  konnte.  Durch  die  neuerliche  Verwendung  der 
Gichtgase  in  Grossgasmaschinen  hat  man  den  Nutzeffekt  der  in  dem  Gichtgase  enthaltenen 
Wärmeeinheiten  um  das  Vier-  bis  Fünffache  gesteigert.  Mit  der  Ausbildung  der  Gas- 
kraftmaschinen musste  man  sich  naturgemäss  auch  der  Aufgabe  zuwenden,  die  Gichtgase 
direkt  für  Kraftzwecke  zu  verwenden  und  heute  sind  bereits  bei  den  meisten  Hütten- 
werken Grossgasmotoren  mit  Einheiten  von  1000  PS«  und  mehr  aufgestellt.  Man  kann 
im  allgemeinen  annehmen,  dass  bei  einer  Tonne  Roheisen  4500  cbm  Hochofengas  erzeugt 
werden.  Hiervon  gehen  durchschnittlich  ca.  60°/o  beim  Gichten  für  Winderhitzung  etc.  und 
durch  Verluste  ab,  so  dass  etwa  40°/o  zur  Arbeitsleistung  in  Gaskraftmaschinen  übrig  bleiben. 
Nimmt  man  in  runden  Ziffern  an,  dass  im  Gasmotor,  reichlich  gerechnet,  etwa  4  cbm  Gas 
pro  PSe-Stunde  verzehrt  werden,  so  können  auf  je  eine  Tonne  täglicher  Roheisenerzeugung 

4500 .  04 

— 9  *  '  =  rund  20  PS6  im  Gasmotor  dauernd  geleistet  werden.  Auf  hinein  Hoch- 
ofenwerk, das  täglich  600  Tonnen  Roheisen  erzeugt  stehen  also  12000  PS«  zur  Verfügung*8). 
Je  nach  der  Zusammensetzung  der  Hochofengase  wechselt  bei  den  verschiedenen  deutschen 
Hüttenwerken  die  Menge  der  bei  der  Verbrennung  theoretisch  zu  entwickelnden  Wärme- 
einheiten zwischen  725  und  950  und  kann  im  Durchschnitt  zu  850  angenommen  werden  *9). 
Der  wirkliche  Verbrauch  pro  effektive  Pferdekraftstunde  beträgt  bei  1000  PS6-Maschinen 
etwa  3,7  cbm.  Die  Gase  bedürfen  natürlich  vor  ihrem  Eintritt  in  den  Motor  einer 
gründlichen  Reinigung  in  Koksskrubbern  und  in  mit  Sägespänen  gefüllten  Trockenreinigern. 

Da  die  Hüttenwerke  eine  andere  Verwendung  der  überschüssigen  Gichtgase,  als 
diejenige  zur  Krafterzeugung  zurzeit  meistens  nicht  haben,  so  wird  man  schwerlich  in 
die  Lage  kommen,  Wasserkraftanlagen  mit  Gichtgasanlagen  in  Vergleich  zu  stellen.  Die 
Anlagekosten  von  Gichtgasgrossmaschinen  dürften  wohl  in  der  grossen  Mehrzahl  «der 
Fälle,  welche  die  Praxis  bieten  kann,  billiger  werden,  als  Wasserkraftanlagen  von  gleicher 
Leistung  und  da  das  Hüttenwerk  sich  bei  einer  Vergleichsrechnung  die  Gichtgase  kosten- 
los einstellen  könnte,  müssten  sich  die  Gasanlagen  als  vorteilhafter  ergeben.  Es  soll 
deshalb  hier  auf  die  Gichtgasgrossmotoren  nicht  weiter  eingegangen  werden. 

Von  den  Gasmotoren  mit  .flüssigen  Brennstoffen  nehmen  heute  der 
Dieselmotor  für  industrielle  Zwecke  und  der  Benzinmotor  für  motorische  Zwecke  (Auto- 
mobile) die  ersten  Stellen  ein.  Mit  Ausnahme  des  Dieselmotors  sind  alle 
bisher,  in  die  Praxis  eingeführten  Motore  mit  flüssigen  Brennstoffen 
Explosionsmotor e.  Die  Benzin-,  Petroleum-  und  Spiritusmotoren  arbeiten  ent- 
weder als  Viertakt-  oder  als  Zweitaktmaschinen,  wobei  die  Brennstoffe  ausserhalb  des 
Arbeitszylinders  vergasen  und  die  Gase  mit  atmosphärischer  Luft  gemischt  werden. 
Die  Zündung  des  in  den  Arbeitszylinder  eingeführten  fertigen  Gemisches  erfolgt  auf 
physikalischem  Wege  durch  den  elektrischen  Funken  oder  durch  Glühröhren,  unter  An- 
wendung von  3  bis  5  Atmosphären  Druck. 

Das  Benzin  hat  ein  spezifisches  Gewicht  im  mittel  von  0,7,  sein  absoluter  Heiz- 
wert beträgt  10000  bis  10500  W.E.  pro  kg.    Es  siedet  bereits  zwischen  80  und  100 

88)  E.  Meyer,  Die  Verwendung  der  Hochofengase  zum  Betrieb  von  Gasmotoren  und  Versuche 
an  einem  60  pferdigen  Gichtgasmotor.  Zeitschr.  d.  Ter.  deutscher  Lag.  1899.  S.  448. 

*&)  Fritz  Hoppe,  Wie  stellt  man  Projekte,  Kostenanschläge  nnd  Betriebakostenberechnnngen 
fflr  elektrische  Licht-  nnd  Kraftanlagen  anf.  8.  67. 


316  I.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräfte*.    Allgemeines. 

Grad  C.  und  vergast  bereits  bei  gewöhnlicher  mittlerer  Lufttemperatur.  Das  Gemisch 
Ton  Benzingas  und  Luft  ist  leicht  entzündlich  und  die  Benzinmotoren  sind  daher  ver- 
hältnismässig betriebssicher. 

Der  Heizwert  des  93°/oigen  Spiritus  liegt  etwa  zwischen  6000  und  6600 
W.E.  pro  kg  und  das  spezifische  Gewicht  des  Spiritus  beträgt  etwa  0,823.  Der  Vorzog 
des  Betriebes  mit  Spiritusmotoren  besteht  besonders  in  der  Geruchlosigkeit  und  Rein- 
lichkeit. Auch  besitzen  die  Spiritusmaschinen  einen  ruhigen  und  gleichmassigen  Gang, 
so  dass  sie  zum  Antrieb  von  Dynamomaschinen,  wie  die  Benzinmotoren,  benutzt  werden 
können. 

Im  Gegensatz  zu  dem  Benzin  und  Spiritus  verdunstet  das  Petro- 
leum (spezifisches  Gewicht  0,83  bis  0,85)  bei  mittlerer  Lufttemperatur 
nur  in  ganz  geringem  Masse  und  entzündet  sich,  mit  atmosphärisher 
Luft  gemischt,  nur  sehr  unzuverlässig.  Bei  dem  Saug-  und  Kompressionshube 
im  Arbeitszylinder  schlagen  sich  die  schwereren  nicht  genügend  verdampften  Petroleum- 
teilchen an  den  kühlen  Zylinderwandungen  nieder  und  werden  zum  Teil  nicht  genügend 
verbrannt,  beziehungsweise  ganz  unverbrannt  wieder  mit  den  Auspuffgasen  ins  Freie  ge- 
führt. Das  im  Innern  des  Zylinders  zurückbleibende  flüssige  Petroleum  fuhrt  oft  zur 
Verschmutzung  des  Zylinders  und  Kolbens  und  im  Verein  mit  der  unzuverlässigen  Zün- 
dung zu  häufigen  Betriebsstörungen.  Infolge  dieser  Umstände  hat  sich  der 
Petroleummotor  als  Explosionsmotor  in  der  Praxis  nicht  behaupten 
können. 

R.  Diesel  ging  den  Ursachen  des  Misserfolges  der  Petroleummotoren  nach  und 
trat  1893  in  einer  Broschüre :  Theorie  und  Konstruktion  eines  rationellen  Wärmemotores 
als  erster  mit  ganz  neuen  Konstruktion  vorschlagen  an  die  Öffentlichkeit.  Nach  seinem 
Prinzip  sollte  dieVergasung  des  Petroleums  ausserhalb  desZylinders 
wegfallen,  dafür  aber  atmosphärische  Luft  im  Zylinder  während  des 
Kolbenrückganges  auf  35  Atmosphären  zusammengepresst  und  der 
Brennstoff  fein  verteilt  in  die  Pressluft  mit  besonderer  Luftpumpe 
mit  25  Atmosphären  Überdruck,  also  60  Atmosphären  Druck  eingepumpt 
werden.  Bei  den  ersten  im  Jahre  1893  gebauten  Maschinen  stellten  sich  noch  eine 
Menge  konstruktive  Schwierigkeiten  heraus  und  erst  im  Jahre  1897  gelang  es,  einen 
20  pferdigen  Motor  vorzuführen,  welcher  die  für  einen  geordneten  Betrieb  erforderliche 
Betriebssicherheit  bot  und  dennoch  die  von  Diesel  nachgewiesene  hohe  Ausnützung  der 
im  Petroleum  enthaltenen  Wärmeeinheiten  (10000  pro  kg)  leistete.  Inzwischen  sind  eine 
grosse  Anzahl  von  Dieselmotoren  in  Grössen  bis  zu  200  Pferden  und  mehr  gebaut  und 
scheinen  sich  im  Betriebe  zu  bewähren.  Die  Dieselmotoren  werden  als  Viertaktmotoren 
gebaut.  Die  beim  letzten  Rückgang  des  Kolbens  auf  ca.  35  Atmosphären  komprimierte 
Luft  erhitzt  sich  auf  ca.  690°  C  und  der  in  feiner  Zerstäubung  eingeführte  Brennstoff 
entzündet  sich  von  selbst,  so  dass  es  keiner  besonderen  Zündung,  wie  bei  den  übrigen 
Gasmotoren,  bedarf.  Die  Einführung  des  Brennstoffes  geschieht  allmählich  und  die  Ver- 
brennung erfolgt  derartig,  dass  der  Druck  auf  den  Kolben  während  des  Aibeitshubes 
nahezu  konstant  bleibt.  Prinzipiell  können  auch  andere  Brennstoffe  als  flüssige  ver- 
wendet werden,  bis  jetzt  werden  aber  im  wesentlichen  Rohnaphtha  und  Masut  (Naphtha- 
rückstände),  Rohpetroleum  und  in  Deutschland  vielfach  Paraffinöl  (Braunkohlendestilate) 
verwendet. 

Bezüglich  der  Anlagekosten  sowie  der  Betriebskosten  von  Benzin-  und  Spiritus- 
motoren muss  auf  die  Spezialliteratur  verwiesen  werden,  da  bezügliche  Angaben  für  die 
Zwecke  dieses  Buches  zu  weit  fuhren  würden. 


§  ». 


DlE   WIKT8CHAFTLIGHEN  VORARBBTTEH. 


317 


Bezüglich  der  Anlage-  und  Betriebskosten  yon  Dieselmotoren  sind  in  nächst 
Tabelle  einige  Angaben  zusammengestellt80). 

Tabelle  XXIX. 

Anlagekosten  und  Unterlagen  für  die  Betriebekostenberechaiingen  von  Dieselmotoren. 


Nonnale  Nutzleistung 
in  PS« 

8 

10 

15 

20 

40 

60 

80 

100 

125 

Kosten    eines    kompleten    Diesel- 

motors einsehliessl.  Rohrleitung, 

Fundament  und  Montage    .    .    . 

4700 

5800 

8500 

9200 

14600 

20000 

26200 

81050 

37  000 

Raumbedarf  fftr  das  Maschinenbaus 

in  qm  der  Grandflache  .... 

6 

7 

10 

12 

20 

24 

28 

30 

32 

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Kosten  fftr  Bedienung*  1   5  Stunden 

Schmier-  nnd  Pots-  l    Betriebs- 

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192 

265 

290 

860 

600 

860 

1020 

1200 

V  300  Tagen 

f       bei  je 

Kosten  fftr  Bedienung, 

10  8tanden 

- 

Schmier-  und  Patz-  < 

Betriebs- 

material  .... 

dauer  an 

900 

320 

440 

480 

600 

1000 

1430 

1700 

2000 

l  300  Tagen 

Brennstoffverbrauch    bei    Verwen- 

dung Ton  Paraffinöl  in  kg  pro 

P8«- Stunde 

0,245 

0240 

0,280 

0,223 

0,210 

0,208 

0,208 

0,200 

0,200 

Nach  E.  Meyer81)  wurde  bei  Versuchen  folgender  Verbrauch   an  Brennmaterial 
festgestellt : 

A.  bei  einem  8 pferdigen  Dieselmotor  und  Verwendung  von  russischem  Petroleum: 


Bei 

Vollbelastung 


Bei  normaler 
Belastung 


Bei 

V«  Belastung 


Bei 
7t  Belastung 


Petroleumyerbraucb  für  1  PSe 
Stande  in  kg 


0,219 


0,227-0,222 


0,234 


0,260 


B.  Bei  einem  70 pferdigen  Motor: 


Bei 
Vollbelastung 


Bei  normaler 
Belastung 


Bei 
V*  Belastung 


Bei 
7»  Belastung 


Petroleumyerbrauch  für  1*  PSe- 
Stnnde  in  kg 

Verbranch    von   Paraffindl    bei 
demselben  Motor 


0,188 


0,209 


0,192-0,193 


0,204-0,206 


0,201 


0,215 


0,224 


Man  sieht  aus  den  obigen  Mitteilungen  von  E.  Meyer,  dass  der  Verbrauch  an 
Paraffinöl  entsprechend  dem  geringeren  Heizwert  dieses  Materials  etwas  höher  ist,  als 
der  Verbrauch  an  Petroleum  und  kann  deshalb  aus  den  Zahlen  der  Tabelle  XXIX  auch 
den  Verbrauch  an  Petroleum  pro  PSA-Stunde  angenähert  berechnen,  wenn  man  das  Ver- 
hältnis der  Versuchsresultate  ad  B  zwischen  Petroleum  und  Paraffinölverbrauch  zugrunde  legt. 

30)  Nach  Friedr.  Barth,  Die  zweckmassigste  Betriebskraft  Heft  2.  S.  42. 
3i)  Eugen  Meyer,  Versuche  über  Spiritostnotoren  und  an  Dieselmotoren.    Zeitschr.  d.  Ver. 
deutscher  log.  1903.  S.  670. 


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322  I.    Theobor  Koehn.    Ausbau  yon  Wasserkräften.    Allgemeines. 

4.  Betriebskosten  yon  Wasserkraftanlagen  mit  Reserve  in  Wärmekraft  Masehimen. 

In  mehr  als  der  Hälfte  aller  Fälle  wird,  genügender  Kraftbedarf  vorausgesetzt, 
eim  Ausbau  von  Wasserkräften  eine  Reserve  in  Wärmekraft  vorzusehen  sein,  um  die 
wirtschaftlich  vorteilhafteste  Ausnutzung  der  schwankenden  Wasserzuflüsse  zu  ermöglichen. 
Wie  sich  aus  der  Statistik  der  deutschen  Elektrizitätswerke  (vergl.  S.  18)  ergibt,  hatten 
nach  dem  Stande  vom  1.  April  1905  125  Elektrizitätswerke  reine  Wasserkraftanlagen  und 
237  Anlagen  gemischten  Betrieb  mit  Wasser  und  Dampf  oder  Wasser  und  Gas. 

Welche  Leistung  einer  schwankenden  Wasserkraft  man  durch 
eine  Reserve  inWärmekraft  zu  einer  ständigen  ergänzen  soll,  kann  in 
einem  bestimmten  Falle  nur  eine  Vergleichsrechnung  ergeben.  Man 
wird  aber  für  den  Anfang  meistens  nicht  weiter  gehen,  als  eine  Ergänzung  der  Wasser- 
kraft etwa  auf  die  neunmonatliche  Leistung  des  Durchschnittsjahres  vorzusehen ;  es  genagt 
vielmehr  durch  entsprechenden  Grunderwerb  eine  spätere  Vergrösserung  vorzubereiten. 
Die  Entwickelung  des  Konsums,  die  erzielbaren  Preise  pro  Krafteinheit  und  die  genaue 
Kenntnis  der  Betriebskosten  geben  später  sichere  Fingerzeige  für  die  Grenze,  bis  zu 
welcher  es  sich  noch  lohnt,  die  Wasserkraft  durch  Wärmekraft  zu  ergänzen. 

Alle  für  die  Berechnung  der  Betriebskosten  von  Wasserkraftanlagen  mit  Dampf- 
reserven erforderlichen  Unterlagen  sind  in  den  Abschnitten  1—3  dieses  §,  soweit  es.  im 
Rahmen  dieses  Bandes  möglich  war,  gegeben.  Um  aber  einige  Zahlenbeispiele  vor  Augen 
zu  führen,  sind  die  vorstehenden  Tabellen  XXX  und  XXXI  zusammengestellt,  welche  einer 
besonderen  Erläuterung  nicht  bedürfen.  Hervorgehoben  sei  nur,  dass  bei  der  200  pferdigen 
Wasserkraft  eine  Fernleitung  von  5  km,  bei  der  600  pferdigen  von  10  km  und  bei  der 
2000  pferdigen  Wasserkraft  eine  Fernleitung  von  20  km  angenommen  wurde,  während 
die  Dampf reserven  im  Schwerpunkte  des  Konsumgebietes  selbst  aufgestellt  gedacht  sind. 

Wenn  man  die  Betriebskosten  pro  PS#-Stunde  für  den  3600  stündigen  Betrieb 
aus  der  Tabelle  XXX  mit  den  Betriebskosten  für  einen  3000  stündigen  Betrieb  einer  reinen 
Dampfanlage  (siehe  Tabelle  XXV)  vergleicht,  so  erkennt  man,  dass  bei  einem  Kohlen- 
preise von  Mk.  1, —  pro  100  kg  die  reine  Dampfkraft  bei  der  200-  und  2000  pferdigen 
Anlage  billiger,  bei  der  600 pferdigen  unter  Berücksichtigung  der  Reduktion  auf  3600 
Stunden  ungefähr  ebenso  billig  wird,  als  die  Wasserkraft  mit  Dampfreserve.  Dass  die 
600 pf erdige  Anlage  bei  der  Wasserkraft  ein  etwas  anderes  Bild  zeigt,  als  die  beiden 
anderen  Beispiele  liegt  an  der  immerhin  zufalligen  Wahl  der  Einzelpreise  für  die  Anlage- 
kosten, wie  denn  überhaupt  die  Resultate  dieses  Vergleichs  keine  allgemeine  Gültigkeit 
haben  können,  sondern  nur  für  die  in  den  Beispielen  zugrunde  gelegten  Anlagekosten 
der  Wasserkräfte  zutreffen.  Werden  diese  kleiner,  so  muss  sich  der  Vergleich  zugunsten 
der  Wasserkräfte  verschieben.  Bei  allen  höheren  Kohlenpreisen  als  Mk.  1,—  pro  100  kg 
werden  bei  unserem  Vergleich  die  Betriebskosten  der  Wasserkraftanlage  mit  Dampf- 
reserve bei  3600  stündigem  Betriebe  kleiner  als  die  Betriebskosten  der  reinen  Dampf- 
anlagen, auch  wenn  diese  im  Konsumgebiet  selbst  errichtet  werden  kann,  so  dass  die 
Fernleitung  fortfällt.  Dieses  Bild  würde  sich  zuungunsten  der  Wasserkraftanlagen  bei 
Beschränkung  der  Betriebsdauer  verschieben  müssen,  weil  die  indirekten  Betriebskosten 
bei  Wasserkraftanlagen  eine  grössere  Rolle  spielen,  als  bei  den  Dampfanlagen.  Aus- 
genommen ist  natürlich  der  Fall,  dass  die  Anlagekosten  der  Wasserkraftanlage  pro  Ein- 
heit gleich  oder  billiger  ausfallen,  als  diejenigen  der  Dampfanlage.  In  einem  solchen 
Falle  ist  selbstverständlich  eine  Vergleichsrechnung  unnötig,  da  die  Wasserkraft  mit 
Rücksicht  auf  die  Ersparnis  an  Brenn-  und  Schmiermaterial  unbedingt  vorteilhafter 
sein  muss. 


§  5.  Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten.  323 

Weiter  würde  sich  ein  Vergleich  zwischen  einer  Wasserkraft  mit  Dampfreserve 
und  einer  reinen  Dampfkraft  erheblich  zu  Ungunsten  der  Wasserkraft  verschieben,  wenn 
man  die  Reserve  nicht  als  Ergänzung  der  ständigen  Kraft  auf  die  neunmonatliche,  sondern 
als  Ergänzung  der  ständigen  z.  B.  auf  die  sechsmonatliche  Kraft  des  Durchschnittsjahres 
annehmen  und  betreiben  wollte.  In  diesem  Falle  würde  die  Dampfreserve  nicht  allein 
grösser,  also  teurer  werden  müssen,  sondern  sie  würde  auch  anstatt  an  90  Tagen,  etwa  an 
180  Tagen  mitzulaufen  haben. 

Aus  einem  Vergleiche  der  Betriebskosten  der  Tabelle  XXXI  (8640- 
stündigenBetrieb  von  Wasserkraftanlagen  mit  Dampfreserve)  mit  den 
Zahl  ender  Tabelle  XXVI  (7200s  tündigen  Betrieb  von  reinen  Dampf  anlagen) 
ist  zu  entnehmen,  dass  der  Betrieb  der  Wasserkraft  mit  Dampfreserve 
bei  allen  Kohlenpreisen  erheblich  günstiger  wird,  auch  wenn  man  die 
Betriebskosten  der  Tabelle  XXVI,  um  sie  auf  8640stündigen  Betrieb  zu 
reduzieren,  um  ca.  10°/o  kürzt. 

Die  Betriebskosten  pro  PS*-Stunde  einer  Wasserkraftanlage  mit  Dampfreserve 
nehmen  bei  8640  stündigen  Betriebe  verglichen  mit  dem  3600  stündigem,  —  einen  Kohlen- 
preis von  Mk.  2  für  100  kg  vorausgesetzt  —  ab,  bei  einer  Anlage  von: 

200  PS.  von  6,61  Pf.  auf  3,92  Pf.  d.  h.  um  42,2  °/0 

600    ,      „    4,47    ,      „    2,58    „    „    „     9    42,3% 

2000    „      „    3,28    „      n    1,86    „    „    „     n   43,3  °/0 

Damit  wird  bestätigt,  was  schon  mehrfach  hervorgehoben  wurde, 
dass  bei  der  Bewertung  von  Wasserkraftanlagen  die  Betriebsdauer, 
während  welcher  dieselben  Verwendung  finden  können,  von  ganz  be- 
sonderer Bedeutung  ist. 

5.  Dfo  Feststellung  des  Kraftbedarfes  and  die  Rentabilitätsberechnung. 

a)  Die  Feststellung  des  Kraftbedarfs. 

Sowohl  für  die  Aufstellung  des  Projektes,  des  Kostenanschlages  und  der  Betriebs- 
kostenberechnungen einerseits,  als  auch  für  die  Bestimmung  der  Einnahmen  andererseits 
ist  es  notig,  den  Kraftbedarf,  welcher  im  Konsamgebiet  einer  Wasserkraftanlage  voraus- 
sichtlich vorhanden  und  zu  entwickeln  sein  wird,  mit  erreichbarer  Genauigkeit  festzu- 
stellen. 

Soll  die  Wasserkraft  einem  oder  mehreren  bestimmten,  gewerblichen  oder  indu- 
striellen Unternehmen  dienen,  oder  soll  sie  für  den  Betrieb  einer  Bahnanlage  verwendet 
werden,  so  wird  es  meistens  nicht  schwer  halten,  den  Kraftbedarf  mit  ziemlicher  Ge- 
nauigkeit im  voraus  zu  ermitteln.  Im  ersteren  Falle  ist  der  Bedarf  aus  der  Erfahrung 
zahlenmässig  bekannt  und  sein  zukünftiges  Anwachsen  lässt  sich  meistens  mit  hinreichender 
Genauigkeit  für  absehbare  Zeit  schätzen.  Für  ein  bestehendes  Bahnunternehmen  kann 
man  aus  den  Betriebsziffern  selbst  den  Kraftbedarf  rechnerisch  ermitteln  und  auch,  unter 
Berücksichtigung  der  etwa  im  Programm  liegenden  Umgestaltung  des  Betriebes  und  des 
auf  Erfahrungszahlen  beruhenden  Verkehrzuwachses,  den  zukünftigen  Gesamtkraftbedarf 
für  absehbare  Zeit  feststellen.    Das  gleiche  gilt  sinngemäss  für  neue  Bahnanlagen. 

Auch  für  die  Feststellung  der  zeitlichen  Verteilung  des  Jahresbedarfes  auf  die 
einzelnen  Jahreszeiten  und  Tagesstunden  sind  in  solchen  Fällen  die  Unterlagen  unschwer 
zu  erzielen,  so  dass  danach  durch  Vergleichsrechnungen  das  wirtschaftlich  beste  Programm 
für  das  Bauprojekt  gefunden  und  der  Kostenanschlag  und  die  Betriebskostenberechnung 

21* 


324  I.    Theodor  Koehh.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeinem 

aufgestellt  werden  können.  Auch  die  erzielbaren  Verkaufspreise  für  die  Kraftleistang, 
Mi  es  pro  PS*-Stunde  oder  KW-Stunde,  sei  es  pauschalier  pro  PS«  oder  KW  und  Jahr, 
lassen  sich  in  solchen  Fällen  verhältnismässig  leicht  ermitteln,  da  es  sich  nur  um  Ver- 
einbarungen mit  wenig  Personen  handelt. 

Ungleich  schwieriger  wird  aber  die  Aufgabe,  wenn  es  sich  um  die  Feststellung 
des  Kraftbedarfes  einer  öffentlichen  Kraftverteilung  handelt,  denn  es  sind  halbwegs 
genaue  und  verbindliche  Angaben  von  den  zukünftigen  Konsumenten,  schwer  zu  erlangen. 
Überdies  kann  man  mit  Anfragen  an  die  voraussichtlichen  Konsumenten  erst  herantreten, 
wenn  das  ganze  Projekt  greifbare  Gestalt  angenommen  hat,  d.  h,  wenn  Konzessionen 
für  die  Wasserkraftanlage  und  das  Elektrizitätswerk,  sowie  für  das  Kraftverteilungsnetz 
«teilt  sind. 

öffentliche  Kraftverteilungen  mit  Wasser  als  Kraftquelle  werden  nach  dem  heutigen 
Stande  der  Technik  fast  nur  noch  in  Form  von  elektrischer  Energie  ausgeführt,  weil 
sich  diese  Form  allen  anderen  als  durchaus  überlegen  herausgestellt  hat. 

Die  besten  Unterlagen  für  die  Ermittlung  des  Kraftbedarfes  bieten  daher  die  Statis- 
tiken der  bestehenden  Elektrizitätswerke  '*). .  Die  statistischen  Angaben  der  Vereinigung  der 
deutschen  Elektrizitätswerke  sind  zurzeit  vergleichsweise  die  vollkommensten.  Der 
Ingenieur  wird  in  einem  bestimmten  Falle,  nach  in  Augenscheinnahme  des  Gebietes, 
welches  für  die  Kraftverteilung  in  Frage  kommt  und  nach  Sammlung  des  erhältlichen 
Zahlenmaterials  an  Ort  und  Stelle  zu  beurteilen  in  der  Lage  sein,  welche  Verhältnisse 
bestehender  und  in  der  Statistik  enthaltener  Elektrizitätswerke  sich  am  besten  auf  seinen 
Fall  anwenden  lassen.  Bestimmte  Regeln  lassen  sich  hierfür  nicht  auf- 
stellen, sondern  es  können  nur  Erfahrung  und  richtiges  Augenmass 
zutreffende  Schätzungen  gewährleisten.  Alle  Statistiken  lehren,  dass  der  Be- 
darf sowohl  für  Licht,  als  auch  für  Kraft  ständig  steigt  und  zwar  nicht  allein  im  Ver- 
hältnis zu  der  Vermehrung  der  Bevölkerung,  sondern  es  steigt  der  Bedarf  pro  Kopf  der 
Bevölkerung.  Man  hat  die  Erfahrung  gemacht,  dass  bei  Errichtung  von  Elektrizitäts- 
werken in  Ortschaften  mit  Gasanstalten  die  Gasabgabe  sowohl  für  Beleuchtung,  als  für 
motorische  Zwecke  der  Gasanstalten  entweder  gar  nicht,  oder  nur  vorübergehend  einen 
Stillstand  oder  einen  kleinen  Rückgang  gezeigt  hat,  dann  aber  wieder  in  gleichem  oder 
stärkerem  Tempo,  wie  vor  Errichtung  des  Elektrizitätswerkes  gewachsen  ist**).    Allerdings 


s*)  In  Deutschland  wird  von  der  Vereinigung  der  Elektrizitätswerke  jährlich  eine  Statistik 
herausgegeben.  Dieselbe  ist  zu  beziehen  von  dem  Vorsitzenden  der  Kommission  für  Statistik  Direktor 
C.  Döpke,  Dortmund.  Ausserdem  wird  in  der  Elektrotechnischen  Zeitschrift  jahrlich  eine  Zusammen- 
stellung der  Elektrizitätswerke  mit  ausführlichen  Angaben  über  Einzelheiten  mitgeteilt 

In  der  Schweiz  erscheint  jährlich  eine  Statistik  über  Starkstromanlagen  des  Verbandes  Schweize- 
rischer Elektrizitätswerke  und  des  Schweizerischen  elektrotechnischen  Vereins. 

In  Italien  gibt  das  Ministerium  für  Landwirtschaft,  Industrie  und  Handel  die  „Notizie  Statistiche 
sugli  Impianti  EUettrici  Esistenti  in  Italia  etc.*  heraus. 

Für  England  erscheinen  jährlich  in  ,The  Electrical  Review*  und  in  dem  „Electrician  Handbook11 
ähnliche  Zusammenstellungen  der  Elektrizitätswerke. 

In  Nordamerika  gibt  das  Statistische  Amt  des  Landes  eine  Statistik  Aber  Elektrizitätswerke 
für  Licht-  und  Kraftzwecke  der  Vereinigten  Staaten  heraus,  aus  welcher  die  Hauptziffern  in  der  «Elec- 
trical World  and  Engineer*  veröffentlicht  werden  (vergl.  Fussnote  18,  S.  14). 

3')  Fritz  Hoppe  teilt  in  seinem  Buche  „Was  lehren  die  Statistiken  der  Elektrizitätswerke 
für  das  Projektieren  und  die  Betriebsführung  von  elektrischen  Zentralen11  aus  einem  von  ihm  erstattetem 
Outachten  für  eine  mit  Gasanstalt  versehene  Stadt  mit  17000  Einwohnern  folgenden  Auszug  wort- 
lich mit: 

„An  dieser  Stelle  dürfte  es  vielleicht  am  Platze  sein,  die  Frage  zu  erörtern,  ob  die  Errichtana; 
.des  Elektrizitätswerkes  einen  ungünstigen   Einfluss  auf  die  Rentabilität  der  Gasanstalt  haben  kann. 


§  5.  Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten.  325 

wird  sich  bei  Verteilung  elektrischer  Energie  in  Ortschaften  mit  Gasanstalten  'die  Kon- 
kurrenz immerhin  in  den  Anschlussziffern  bemerkbar  machen. 


„In  dieser  Beziehung  sei  zunächst  auf  die  Verhandlungen  hingewiesen,  welche  im  Jahre  1898  in  Danzig 
«geführt  wurden,  als  die  Frage  der  Vergrößerung  des  dortigen  Gaswerkes  erörtert  wurde.  Die  Verhand- 
lungen sind  in  dem  «Journal  für  Gasbeleuchtung*  s.  Z.  veröffentlicht  Der  Magistrat  von  Danzig  hat 
«sich  an  16  deutsche  Städte  mit  der  Bitte  um  Auskunft  darüber  gewendet,  welchen  Eiofluss  die  Er- 
«richtung  eines  Elektrizitätswerkes  auf  den  Gaskonsum  gehabt  hat  In  diesem  Falle  handelt  es  sich 
«selbstverständlich  um  Städte  in  der  Grössenordnung  von  Danzig  (ca.  140000  Einwohner),  doch  ist  daa 
«Ergebnis  derselben  auch  für  den  vorliegenden  Fall  äusseret  interessant. 

«In  sechs  Städten  (Nürnberg,  Strassburg,  Lübeck,  Chemnitz,  Barmen,  Cassel)  ist  ein  nachteiliger 
«Einfluss  der  Einführung  elektrischer  Beleuchtung  nicht  zu  bemerken. 

«In  vier  Städten  (Düsseldorf,  Bremen,  Zwickau,  Gera)  hat  sich  in  den  ersten  ein  bis  zwei  Jahren 
«nach  Einführung  der  elektrischen  Beleuchtung  ein  meist  nur  geringer  Rückgang  des  Gaskonsums  ge- 
, zeigt,  dann  aber  ist  ein  um  so  grösserer  Aufschwung  des  Gaskonsums  eingetreten.  Bei  diesen  Städten 
«haben  zum  Teil  andere  Ursachen,  wie  die  Einführung  der  Sonntagsruhe  und  der  Normalzeit  auf  den 
„anfänglichen  Rückgang  des  Gaskonsums  eingewirkt. 

«In  weiteren  vier  Städten  (Stettin,  Königsberg,  Elberfeld  und  Altona)  hat  sich  teils  unmittel- 
bar nach  Einführung  des  elektrischen  Lichtes,  teils  erst  längere  Zeit  nachher,  ein  Stillstand  im  Gas- 
«konanm  gezeigt,  der  längere  Zeit  angehalten  hat  und  wenigstens  zum  Teil  auf  die  Konkurrenz  des 
»elektrischen  Lichtes  zurückzuführen  ist,  wenngleich  auch  noch  andere  Ursachen  in  erheblicher  Weise 
«mitgewirkt  haben.  So  hat  z.  B.  der  Magistrat  von  Stettin,  wo  sich  zuerst  eine  starke  Zunahme  des 
«Gasverbrauchs  trotz  der  Eröffnung  des  Elektrizitätswerkes,  dann  aber  ein  vierjährlicher  Stillstand  und 
«schliesslich  wieder  eine  starke  Zunahme  des  Gaskonsumes  herausgestellt  hat,  erklärt,  dass  das  elek- 
trische Licht  zwar  nicht  ohne  nachteiligen  Einfluss  gewesen  sei,  dass  jedoch  sämtliche  ungünstigen 
«Momente,  die  Sonntagsruhe,  die  Einführung  des  Gasglühlichtes  und  die  wirtschaftlich  ungünstige  Lage 
«zusammengewirkt  haben. 

«Es  verbleiben  dann  zwei  Städte  als  die  ungünstigsten.  Zunächst  Aachen,  wo  bald  nach  Er- 
öffnung des  Elektrizitätswerkes  ein  Rückgang  des  Gaskonsums  um  10°/o  in  2  Jahren  eingetreten  ist. 
«Auch  hier  fällt  jedoch  der  Rückgang  in  die  allgemein  ungünstige  Zeit  und  auch  hier  erfolgte  ein  nicht 
«unbedeutender  Aufschwung.  Sodann  Stuttgart,  wo  gleich  nach  Eröffnung  des  Elektrizitätswerkes  in 
«zwei  Jahren  ein  Rückgang  von  zunächst  13%  eingetreten  ist.  Dieser  Rückgang  wird  als  hauptsäch- 
«lich  durch  das  elektrische  Licht  bewirkt  anzusehen  sein. 

«Von  den  befragten  16  Städten  hat  also  nur  in  einer  einzigen  ein  sehr  erheblicher  durch  nichts 
«anderes  zu  erklärender  Rückgang  stattgefunden.  Dagegen  ist  in  6  Städten  kein  wahrnehmbarer,  in 
«4  Städten  nur  ein  vorübergehender  Einfluss  des  elektrischen  Lichtes  festgestellt  worden. 

,Um  nun  die  Verhältnisse  auch  für  eine  Stadt  von  ca.  17000  Einwohnern  zu  betrachten,  wurden 
«nach  der  Statistik  der  Gaswerke  die  gesamten  jährlichen  Gasproduktionen,  die  Verteilung  derselben 
«auf  Privatabnehmer,  ferner  der  Verbrauch  zum  Heizen  und  Kochen  und  der  Verbrauch  für  Kraft- 
«maschtnen  für  folgende  Städte  zusammengestellt: 

«Freiberg  i.  Sa.  f  (30176),  Geestemünde  t  (17500),  Göttingen  f  (30500),  Graudenz  t  (32000), 
«Hamm  (31000),  Hanau  f  (31889),  Heidelberg  f  (40000),  Mühlhausen  f  (34000),  Neumünster  f  (27000), 
«Scbmöllnt  (10500),  Stargardf  (26856),  Thorn  f  (80000),  Altenburg  (37000),  Cannstadt  (25500),  Eisenach 
,(81390),  Esslingen  (23000),  Flensburg  (45500),  Gaarden  b.  Kiel  (24500),  Greiz  i.  V.  (23000),  St.  Johann 
,(22000),  Meerane  (24000),  Olsnitz  (14985),  Pforzheim  (49653),  Solingen  (46000),  Stolp  (27000),  Stral- 
sund (31000),  Tilsit  (84500),  Weimar  (29600). 

«Die  Zusammenstellung  lässt  erkennen,  dass  das  jährliche  Produktionsquantum  ausser  bei  den 
, Städten  Stargard  und  Thorn  ständig  zugenommen  hat,  dass  aber  auch  die  Produktionsverminderung 
,bei  diesen  Städten  nicht  auf  eine  Verminderung  des  Privatkonsums  zurückzuführen  ist.  In  Heidel- 
«berg,  Kaiserslautern,  Pforzheim  und  Weimar  ist  allerdings  der  Privatkonsum  im  Jahre  1900  gegenüber 
,1899  heruntergegangen,  was  vielleicht  auf  die  Einflüsse  des  Elektrizitätswerkes  zurückzuführen  ist. 
«Bei  den  mit  einem  Kreuz  bezeichneten  Städten  fällt  die  Eröffnung  des  Elektrizitätswerkes  in  die  in 
«der  Tabelle  berücksichtigten  Betriebsjahre.  Bei  diesen  Städten  ist  ausser  bei  Thorn  und  Stargard 
«keine  Verminderung  des  jährlichen  Produktionsquantums  eingetreten.  Bei  sämtlichen  Städten  ist  der 
, Gaskonsum  zu  Koch-  und  Heizzwecken  ganz  erheblich  gestiegen,  wogegen  die  Gasabgabe  für  Gaskraft- 
«maschinen  in  Gaarden  bei  Kiel,  Geestemünde,  St.  Johann,  Meerane,  Mahlhausen  and  ölsnitz  herunter- 
gegangen ist,  was  selbstverständlich  auf  die  Einflüsse  der  Elektromotoren  zurückgeführt  werden  muss. 


326 


L    Theodor  Koehw.    Ausbau  von  Wasserkräften.    AixGKMmn». 


]Sin  ungemein  wichtiger  Faktor  für  die  Schätzung  des  Kraft- 
bedarfes ist  der  Tarif,  den  man  für  die  Verteilung  elektrischer  Energie 
anzuwenden  gedenkt.  Nicht  selten  wird  durch  eine  verfehlte  Aufstellung  des  Tarifs 
eine  gesunde  und  kräftige  Entwickelung  des  Unternehmens  von  vornherein  unterbunden. 
Man  mußs  den  Tarif  zunächst  möglichst  einfach  zu  gestalten  suchen.  Die  Preise  für 
motorische  Zwecke  sind  so  zu  stellen,  dass  die  Konsumenten  in  der  Verwendung  elek- 
trischer Energie  einen  Vorteil  erkennen  können.  Für  Beleuchtungszwecke  dagegen  sind 
die  hygienischen  Vorzüge  des  elektrischen  Lichtes  und  die  Bequemlichkeit  in  der  Aus- 
und  Einschaltung  erfahrungsgemäss  genügender  Anreiz,  um  auch  bei  recht  erheblich 
höheren  Preisen  pro  H.E.  Lichtstärke  mit  allen  anderen  künstlichen  Lichtquellen  in 
wirksame  Konkurrenz  zu  treten.    Näheres  über  Tarife  vergl.  Kap.  III,  8. 

Um  an  dieser  Stelle  einen  ungefähren  Überblick  zu  bieten,  sollen  im  nachstehenden 
einige  Angaben  über  Anschlussziffern  mitgeteilt  werden.  Fritz  Hoppe  hat  sich  der 
dankenswerten  Aufgabe  unterzogen,  aus  der  Statistik  der  Vereinigung  der  deutschen 
Elektrizitätswerke  Mittelwerte  für  Anschlussziffern  pro  1000  Einwohner,  eingeteilt  nach 
Stadtekategorien,  zusammenzustellen  M). 

Tabelle  XXXII. 

Mittelwerte  für  Anschlussziffern. 


I  Mittelwerte  für  die  Anzahl  angeschlos- 
sener 50  Watt  Glühlampen,  oder  deren 
Äquivalent    in    anderen   Belenchtnngs- 
kftrpern,  bezogen  auf  1000  Einwohner 

Zahl  der 
motoren, 

angeeehlosaeneo  PS«  in  Elektro- 
bexogen  auf  1000  Einwohner 

Einwohnerzahl 
der  Orte 

Anzahl 

der 
Werke 

Mittel 

wert  für 

»amtliche 

Anlagen 

ad  2 

Anzahl 

der 
neueren 
Werke 

Mittel- 
wert fllr 

neuere 

Anlagen 

ad  4 

Anxahl 

der 
Werke 

Mittel- 

wert  für 

sämtliche 

Anlagen 

ad  6 

Anzahl 

der 
neueren 
Werke 

Mittel- 
wert ftr 

neuere 

Anlagen 

ad  8 

a 

1 

i 

i 

i 

l 

> 

1 

2        |        8 

4 

5 

6 

7 

8 

9 

150—1000 

28 

680 

5 

884 

17 

16,4 

5 

7.9 

1000-1500 

89 

482 

9 

510 

24 

IM 

10 

10.7 

1500-2000 

46 

478 

18 

468 

85 

9,2 

18 

Ifi 

2000-2500 

49 

500 

14 

520 

42 

10,7 

14 

8,1 

2500-8000 

50 

448 

12 

440 

41 

10,8 

11 

4,95 

8000-8500 

49 

450 

16 

400 

42 

9,4 

17 

»,8 

8500-4000 

45 

500 

19 

494 

40 

11.1 

17 

10.4 

4000-4500 

86 

478 

12 

452 

28 

8,9 

11 

8.« 

4500-5000 

26 

406 

8 

824 

25 

11,1 

7 

M 

5000-5500 

22 

850 

12 

880 

21 

8,81 

12 

492 

5500-6000 

28 

862 

6 

819 

18 

8,3 

6 

6.48 

8000-6500 

16 

886 

6 

510 

15 

6,8 

8 

9JS 

6500—7000 

18 

867 

4 

404 

11 

6,0 

2 

V 

7000—7500 

11 

862 

2 

886 

9 

6,9 

2 

5.8 

7500-8000 

11 

876 

2 

840 

8 

10,0 

1 

7.4 

8000-10000 

19 

835 

1 

285 

18 

6,9 

3 

8,75 

10000-50000 

71 

287 

81 

153 

71 

8,9 

31 

7,25 

.Dan  Ergebnis  der  vorstehenden  Betrachtungen  zusammeogefasst,  ergibt,  dass  aller  Voraussicht  nach 
«durch  Errichtung  eines  Elektrizitätswerkes  ein  wesentlicher  Rückgang  des  Gaskonsums  und  damit  der 
„Einnahme  aua  den  Oaswerk  nicht  zu  erwarten  ist.* 

34)  Fritz  Hoppe,  Was  lehren  die  Statistiken  der  Elektrizitätswerke  für  das  Projektieren  und 
die  Betriebsfnhrung  von  elektrischen  Zentralen.    Darmstadt,  Leipzig,  1903.    S.  99  und  101. 


§  6. 


Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten. 


327 


Er  bat  hierbei  Mittelwerte  angegeben,  welche  das  Mittel  ans  allen  Angaben 
darstellen  und  ausserdem  Mittelwerte,  bei  welchen  anormale  Werte  ausgeschieden 
sind.  In  der  vorhergehenden  Tabelle  XXXII  sind  nur  die  letzteren  erwähnt.  In  den 
Spalten  a  sind  die  Werte  angegeben,  welche  durchschnittlich  im  vierten  bis  fünften 
Betriebsjahre  erreicht  sind,  in  den  Spalten  b  Mittelwerte  für  neuere  Werke  im  ersten 
oder  zweiten  Betriebsjahr. 

Die  Zahlen  der  obigen  Tabelle  sind  den  Statistiken  bis  1901  entnommen.  Da  aber 
die  Entwickelung  des  Bedürfnisses  für  Licht  und  Kraft  nicht  zum  Stillstand  gekommen, 
sondern  fortgeschritten  ist,  so  kann  man  annehmen,  dass  die  Verhältnisse  heute  eher 
gunstiger  liegen,  als  umgekehrt. 

Um  die  Leistung  in  KW  aus  der  Tabelle  XXXII  zu  ermitteln  würde  man  für 
einen  vorliegenden  Fall  zunächst  den  Anschluss  einer  Ortschaft  nach  Massgabe  der  Ein- 
wohnerzahl in  50  Watt  Lampen  feststellen  und  dann  diese  Zahl  mit  20  zu  dividieren 
haben.  Um  aus  den  Pferdestärken  die  KW  zu  ermitteln,  wäre  die  Multiplikation  mit 
0,736  erforderlich,  weil  in  der  Tabelle  bereits  elektrische  PS«  gemeint  sind. 
Zuaammengefasst  würden  sich  aus  der  Tabelle  XXXII  folgende  Anschlussziffern  in  KW 
pro  1000  Einwohner  ergeben: 

Tabelle  XXXIII. 

Mittlere  Anschluss werte  in  KW  pro  1000  Einwohner. 


für  Beleuchtung 

für  Motorensnschluss 

im  ganzen 

Einwohnerzahl 

Mittelwert 
ans  sämt- 
lichen 
Angaben 

a 

Mittelwert 

für  neuere 

Werke 

b 

Mittelwert  aus 
sämtlichen  An- 
gaben 

a 

Mittelwert  für 
neuere  Werke 

b 

Mittelwert 
aus  sämt- 
lichen 
Angaben 

a 

Mittelwert 

für  neuere 

Werke 

b 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

1500-  5000 
5000-10000 
10000-50000  «) 

23,9 
18,1 
11,9 

22,5 

17,8 
7,7 

10,6 . 0,786  =  7,8 
7,6 . 0,786  =  5.6 
8,9 . 0,736  =  6,6 

1 
7,50 . 0,736  =  5,5 

6,80 . 0,736  =  4,8 

7,25 . 0,736  =  5,8 

31,7 
23,7 
18,5 

28,0 
22,6 
13,0 

Da  Städte  mit  Gasanstalten  sich  bezüglich  der  Anschlussziffern  immerhin  anders 
verhalten,  als  solche  ohne  Gasanstalten  ist  von  Hoppe  noch  eine  vergleichende  Zu- 
sammenstellung gemacht  für  Städte  mit  und  ohne  Gasanstalten. 

Er  ermittelt,  dass  von  25  Städten  mit  10  bis  20000  Einwohnern  ohne  Gasanstalten 
nach   durchschnittlich  51/»  jährigem  Betriebe  angeschlossen  waren  pro  1000  Einwohner: 

284  Glühlampen  von  50  Watt  und  9,5  PSe  in  Motoren  d.  h.  zusammen  22,2  KW 

und  stellt  demgegenüber  11  Städte  von  10-30000  Einwohnern,   mit  Gasanstalten  bei 

welchen  nach  im  Durchschnitt  5 jährigem  Betriebe  die  Anschlussziffern   pro  1000  Ein- 

wohner  betrugen: 

207  Glühlampen  von  50  Watt  und  6,75  PS«  in  Motoren,  d.  h.  zusammen  18,32  KW. 

Um  ferner  zu  zeigen,  wie  die  Entwickelung  von  Elektrizitätswerken  in  Städten 
mit  Gasanstalten  ungefähr  von  Jahr  zu  Jahr  vor  sich  geht,  teilt  er  dann  noch  mit,  dass 
betragen  haben: 


35)  Für  Ortschaften  von  50—150000  Einwohner,  welche  heute  aber  wohl  schon  fast  ausnahmslos 
mit  Elektrizität  versorgt  sind,  ergibt  die  Statistik  ungefähr  dieselben  Anschlussziffern,  wie  diejenigen 
der  dritten  Reihe. 


328  L    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  WasbbbkrIft».    Allgemeines. 

in  4  St&dten  mit  11—33400  Einwohnern  der  Anschlusswert  pro  1000  Einwohnern 
allein  für  Licht 

im  ersten  Jahre      2,85  KW  im  dritten  Jahre     6,9  KW 

im  zweiten  Jahre    5,6    KW  im  vierten  Jahre     8,0  KW, 

dagegen  in  5  Städten  mit  27300—40200  Einwohnern  und  ganz  neu  angelegten  Elektrizi- 
tätswerken der  Anschluss  für  Beleuchtung  pro  1000  Einwohner 

im  ersten  Jahre     1900/1901     6,5  KW 
.     im  zweiten  Jahre  1901/1902    9,7  KW, 
woraus  er  den  Schluss  zieht,  das  bei  neueren  Anlagen,  wie  das  übrigens  auch  die  Tabelle 
XXXIII  zeigt,  schon  im  ersten  Betriebsjahre  mit  Rücksicht  auf  das  allgemein  ge- 
steigerte Bedürfnis  nach  Licht  höhere  Ziffern  eingesetzt  werden  können,  als  sie  bei  älteren 
Anlagen  für  die  ersten  Betriebsjahre  nachgewiesen  sind. 

Über  Anschlnssziffern  in  Ortschaften  auf  dem  „platten  Lande0  hat  Dr.  Robert 
Haas  in  der  Elektrotechnischen  Zeitschrift  1902  Heft  35  interessante  Mitteilungen  gemacht 
und  zwar  auf  Grund  von  Beobachtungen  in  35  Landgemeinden,  welche  an  das  Strassen- 
bahnnetz  der  Hannoverschen  Strassenbahn  angeschlossen  sind.  Es  handelt  sich  um  35 
Ortschaften  mit  zusammen  37547  Seelen,  darunter  3  Landstädte  zwischen  2000  und 
4000  Einwohnern  und  ein  Flecken  mit  4500  Einwohnern.  In  den  betrachteten  Ortschaften 
lebt  eine  ganz  vorwiegend  Ackerbau  treibende  Bevölkerung.  Bei  dem  Anschluss  für 
Beleuchtung  entfielen  nach  den  ersten  zwei  Betriebsjabren  etwa  500  Lampen  auf  1000 
Einwohner ;  unter  diesen  waren  aber  sehr  viel  von  nur  5  HK,  so  dass  sich  pro  installierte 
Lampe  eine  durchschnittliche  Helligkeit  von  12  HK  ergaben.  Danach  hat  sich  also  ein 
Anschlugsäquivalent  in  Beleuchtung  nach  den  ersten  zwei  Betriebsjahren  von  etwa  20  KW 
pro  1000  Einwohner  ergeben.  Für  motorischen  Anschluss  ergab  sich  in  der  gleichen 
Zeit  ein  Äquivalent  von  67  elektrischen  PS«  pro  1000  Einwohner,  d.  h.  etwa  neunmal 
soviel  als  nach  Spalte  5  der  Tabelle  XXXIH.  Von  diesem  Anschluss  entfielen  77°/o 
auf  Anschliesser,    welche   sich   mit   Landwirtschaft    im   Hauptbetriebe   beschäftigen86). 


3*)  Robert  Haas  führt  in  seinem  Vortrage,  welcher  in  der  Elektrotechnischen  Zeitschrift  1902 
Heft  85  abgedruckt  ist,  wörtlich  folgendes  ans: 

»Der  Schwerpunkt  der  Kraftabgabe  lag  im  landwirtschaftlichen  Betriebe,  denn  er  hatte  fast  80°  • 
aller  Pferdestarken  absorbiert 

.An  dieser  Stelle  möchte  ich  darauf  hinweisen,  dass  es  möglich  ist,  die  Einnahme  an  Strom  ans 
der  Landwirtschaft  im  voraus  zu  berechnen.    Dies  kann  etwa  auf  folgende  Weise  geschehen: 

„Der  Hektar  bringt  etwa  30  bis  50  Ztr.  Korn  (als  Mittel  aus  Roggen,  Weizen,  Gerste  und  Hafer 
gerechnet).  Man  kann  daher  für  mittleren  Boden  und  mittlere  Ernten  40  Ztr.  ausgedroschenes  Getreide 
auf  den  Hektar  rechnen.  Dieses  Getreide  wird  auf  den  grösseren  Höfen,  wo  sich  dazu  Gelegenheit 
bietet,  elektrisch  ausgedroschen  werden.  Das  Ausdreschen  eines  Zentners  Korn  erfordert  etwa  V*  KW-Std. 
an  Strom,  mithin  bringt  jeder  mit  Getreide  bewachsener  Hektar  einen  Stromverbrauch  von 

40  X  Vi  =  20  KW-Std. 

.,Da  die  landwirtschaftlichen  Nebenbeschäftigungen  des  Elektromotors  wie  Schroten,  Pumpen, 
Häckselschneiden  usw.  nach  einer  Schätzung,  die  aus  einigen  landwirtschaftlichen  Betrieben  ersielt 
wurde,  etwa  15— 20°/o  des  Stromverbrauches  beim  Dreschen  brauchen,  so  ist  pro  mit  Getreide  be- 
wachsenen Hektar  etwa 

20  x  1,2  =  24  KW-Std. 

im  Jahre  an  Strom  im  Maximum  zu  erwarten. 

«Vergleichende  Berechnungen  lassen  erkennen,  dass  der  Elektromotor  bei  25  Pfg.  Strompreis 
pro  Kilowattstunde  noch  eben  mit  der  Lokomobile  beim  Dreschen  konkurrieren  kann.  Man  kann  daher 
annehmen,  dass  ein  Strompreis  von  20  Pfg.  pro  Kilowattstunde  durchaus  angemessen  ist  Da  nach 
obigem  ein  Hektar  im  Mittel  jährlich  für  24  KW-Std.  Strom  Arbeit  gibt,  so  bringt  der  mit  Getreide  be- 
wachsene Hektar  bei  20  Pfg.  Strompreis  etwa  5  Mk.  an  Stromeinnahme  ein. 


%  5.  Die  ^  ittschaftlichen  Vorarbeiten.  329 

Es  scheint  auf  den  ersten  Blick  nach  diesen  Zahlen  die  Aussicht  auf  Energieab- 
gabe auf  dem  platten  Lande  recht  günstig  zu  liegen,  doch  ist,  wie  später  gezeigt  wird, 
zu  beachten,  dass  die  Benutzungsdauer  erheblich  hinter  dem  Durchschnitt  bei  mehr 
städtischen  Anlagen  zurückbleibt^  was  auf  die  Rentabilität  ungünstig  einwirkt. 

Hat  man  auf  Grund  der  obigen  oder  ähnlicher  Unterlagen  den  Kraftbedarf  für 
die  ersten  zwei  Betriebsjahre  bei  der  Verteilung  im  kleinen  eingeschätzt,  so  darf  man 
im  Durchschnitt  für  die  folgenden  beiden  Betriebsjahre  auf  eine  Zunahme  des  Anschlusses 
um  etwa  je  25%  rechnen,  und  man  kann  für  die  weiteren  etwa  10 — 15  Jahre  im  Durch- 
schnitt alsdann  eine  weitere  Steigerung  von  etwa  3  bis  5°/o  für  die  Rentabilität  ein- 
stellen. Das  entspricht  durchschnittlichen  Ergebnissen.  Im  Einzelfalle  kann  es 
durchaus  berechtigt  sein,  wenn  Beispiele  ausgeführter  Anlagen,  welche 
auf  die  Verhältnisse  des  vorliegenden  Falls  zutreffen,  dafür  sprechen, 
für  den  jährlichen  Zuwachs  erheblich  höhereZahlen  zugrundezu  legen. 

Wenn  es  sich  erweist,  dass  zur  Befriedigung  desjenigen  Energiebedarfs,  welcher 
sich  aus  der  vorgenommenen  Schätzung  der  Anschlusswerte  bei  der  Verteilung  im  kleinen 
ergibt,  die  durch  die  Wasserkraft  erzielbare  Gesamtenergie  nur  zum  Teil  Verwendung 
finden  kann,  so  würde  es  in  manchen  Fällen  doch  verfehlt  sein,  die  baulichen  Anlagen 
für  die  Wasserfassung  und  Wasserführung  nur  für  diesen  ermittelten  Bedarf  einzurichten, 
es  sei  denn,  dass  eine  Erweiterung  jederzeit  leicht  und  schnell  möglich  ist,  ein  Fall,  welcher 
zwar  häufig  für  die  Druckrohranlagen  und  das  Krafthaus,  selten  aber  für  das  Wehr  und 
den  Werkkanal  zutreffen  dürfte.  Wenn  die  in  dem  Konsumgebiet  einer  Wasserkraft- 
anlage liegenden  Ortschaften  durch  Eisenbahnverbindungen  und  durch  Schiffahrt  gut  an 
den  grossen  Verkehr  angeschlossen  sind,  so  darf  man  darauf  rechnen,  für  die  durch  den 
Verkauf  im  kleinen  nicht  verwendete  Kraft  auch  noch  Abnehmer  zu  finden,  vorausgesetzt, 
dass  sie  billig  genug  zur  Verfügung  gestellt  werden  kann.  Als  Massstab  für  den  erzielbaren 
Preis  pro  Einheit  gelten  diejenigen  Kosten,  zu  denen  sich  die  PSe-Stunde  durch  Wärme- 
kraftmaschinen herstellen  lässt,  und  es  versteht  sich  von  selbst,  dass  man,  um  eine  An- 
ziehungskraft auf  neue  Gewerbe  und  Industrien  auszuüben,  in  der  Lage  sein  muss,  solche 
Einheitspreise  erheblich  zu  unterbieten.  Man  darf  hierbei  allerdings  nicht  allein 
die  Verhältnisse  des  engeren  Konsumgebietes  berücksichtigen,  wo  vielleicht  die  Brenn- 
stoffe durch  einen  langen  Transport  verteuert  werden,  sondern  man  muss  vielmehr  die 
Produktionsbedingungen  eines  weiteren  Umkreises,  vielleicht  einer  ganzen  Provinz,  oder 
auch  eines  ganzen  Staates,  und,  wenn  es  sich  um  sehr  grosse  Wasserkräfte  handelt,  auch 
diejenigen  der  Nachbarstaaten  in  Rücksicht  ziehen.  Es  gibt  eine  ganze  Reihe  von  In- 
dustrien, wie  in  §  1  Seite  22  und  23  bereits  erwähnt  wurde,  welche  überhaupt  nur 
mit  Erfolg  betrieben  werden  können,  wenn  die  erforderliche  Kraft  zu  Bruchteilen  der- 
jenigen Kosten  pro  PSe-Stunde  zur  Verfügung  gestellt  werden  kann,  zu  welchen  sich 
die  Kraft  mit  Wärmemaschinen  erzeugen  lässt.  Bestimmte,  allgemein  gültige  Ziffern 
lassen  sich  hierfür  nicht  angeben,  sondern  nur  von  Fall  zu  Fall  ermitteln.  Bei  der  Be- 
schreibung ausgeführter  Anlagen  im  Kap.  ü  werden  für  einzelne  Beispiele  auch  Anschluss- 
ziffern mitgeteilt  werden,  sodass  gegebenenfalls  hieraus  Schlüsse  für  ein  neues  Projekt 
gezogen  werden  können. 

Ist  die  Schätzung  des  gesamten  zu  erwartenden  Anschlusses  durch- 
geführt, so  handelt  es  sich  weiter  darum,  die  grösste  gleichzeitige  Be- 
lastung und  die  Benutzungsdauer  für  die  Anschlusswerte  zu  bestimmen. 

„Da  das  deutsche  Reich  etwa  14  Mill.  Hektar  mit  Getreide  bewachsenen  Boden  hat,  so  würde 
dies  für  den  Fall,  dass  alles  Getreide  elektrisch  gedroschen  werden  würde,  allein  70  Mill.  Mk.  Strom- 
einnahmen ergeben." 


880  I.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  WasbeberIften.    Allgemeines. 

Die  grfeste  gleichseitige  Belastung,  nach  welcher  die  Grösse  der  zu  beschaffen- 
den Maschinen  und  der  zugehörigen  Betriebseinrichtungen  zu  bestimmen  ist,  wird  meistens 
in  vH.  des  Anschlüsswertes  ausgedrückt.  In  der  Regel  wird  man  die  Wasserführung 
und  Wasserfassung,  abgesehen  von  den  Druckrohren,  von  vornherein  so  einrichten,  dass 
sie  für  absehbare  Zeit  ausreichen.  Dagegen  kann  es  zweckmässig  sein,  die  Drnckrohr- 
anlagen,  das  Krafthaus  und  die  Fernleitung  für  den  ersten  Ausbau  nur  soweit  vorzu- 
sehen, dass  sie  etwa  für  den  Bedarf  der  ersten  4  bis  5  Betriebsjahre  ausreichen.  Selbst- 
verständlich mu8S  bei  der  Projektaufstellung  für  die  Erweiterungsmöglichkeit  ohne  Be- 
triebsstörung Vorsorge  getroffen  werden.  Das  Gleiche  gilt  für  die  Reserveanlagen  in 
Wärmekraftmaschinen,  welche  sich  etwa  nach  Massgabe  des  ermittelten  Kraftbedarfes 
als  notwendig  herausstellen. 

Bezüglich  des  grössten  gleichzeitigen  Bedarfs  hat  Hoppe  folgendes  mitgeteilt: 

Es  betrug  die  gleichzeitige  Höchstbelastung  bei  St&dten  bis  zu  10000  Einwohnern 
im  Mittel  aus  16  Angaben  35°/o  des  Gesamtanschlusswertes,  schwankend  zwischen  20,7 
und  61°/o. 

Bei  Städten  von  10—50000  Einwohnern  im  Mittel  aus  15  Angaben  31  °/o,  schwan- 
kend zwischen  22  und  49,4%  und  in  Städten  von  50000  bis  100000  Einwohnern  im 
Mittel  36,8%. 

Da  die  Verwendung  dieser  Mittelwerte  immerhin  misslich  wäre,  sofern  man  die- 
selben nicht  durch  Vergleiche  mit  bestimmten,  für  die  projektierte  Anlage  in  besonderem 
Masse  passenden  Beispielen  bestätigt  findet,  so  wird  man  für  die  Beschaffung  der 
Maschinen  und  der  zugehörigen  Betriebeeinrichtungen,  doch  meistens  40  bis  60%  des 
Anschlusswertes  für  Beleuchtung  und  30  bis  50%  des  Anschlusswertes  für  kleine  Motoren 
als  grösste  gleichzeitige  Belastung  zugrunde  zu  legen  haben.  Hierbei  ist  vorausgesetzt, 
dass  der  Verkauf  von  Energie  im  wesentlichen  nach  Zählertarifen  erfolgt,  wobei  der 
Konsument  an  der  möglichst  sparsamen  Benutzung  der  bei  ihm  installierten  Lampen  und 
Motoren  direkt  interessiert  ist  Handelt  es  sich  um  ein  Kraftwerk,  für  welches  ein 
Pauschaltarif  als  vorherrschend  angenommen  werden  soll,  so  hat  man  auf  einen  grössten 
gleichzeitigen  Konsum  von  60  bis  80%  vom  Anschlusswert  für  Beleuchtung  und  von 
80  bis  90%  für  Motoren  etc.  zu  rechnen.  Hieraus  ergibt  sich  dann  die  höchste  gleich- 
zeitige Belastung  des  Gesamtanschlusses,  nachdem  festgestellt  ist,  ob  und  inwieweit  der 
grösste  Licht-  mit  dem  grössten  Kraftkonsum  zusammenfallen  kann. 

Grossabnehmer  in  Motoren  und  Licht  werden  häufig  den  Pauschaltarif  vorziehen, 
und  es  ist  deshalb  in  solchem  Falle  zweckmässig,  wenn  man  den  grössten  gleichzeitigen 
Bedarf  für  die  Grossabnehmer  gesondert  berechnet.  Das  gleiche  gilt  besonders  für  die 
öffentlichen  Beleuchtungsanlagen,  für  welche  meistens  Brennstundentabellen  aufzustellen 
sind,  nach  welchen  der  grösste  gleichzeitige  Konsum  berechnet  werden  kann*7). 

Eine  wichtige  Tatsache  welche  sich  aus  den  oben  gegebenen  Ziffern  ergibt,  sei  hier 
besonders  hervorgehoben.  Man  kann  nämlich  in  allen  Fällen,  sei  es,  dass 
die  Kraft  nach  Zählertarifen  oder  Pauschaltarifen  verkauft  wird,  mehr 
Kraft  verkaufen,  als  man  mit  der  Kraftanlage  an  den  Kensumsteilen  maximal 
gleichzeitig  zu  liefern  vermag,  weil  die  maximale  Benutzung  aller  Anschluss- 
objekte niemals  gleichzeitig  stattfindet.  Da  man  aber  häufig  Verwechselungen 
begegnet,  so  sei  nochmals  auf  die  fettgedruckten  Worte  besonders  hingewiesen.    Wie 


87)  Friti  Hoppe  gibt  in  «einem  Boche:  »Projektierung  von  Elektrizitätswerken"  10.  Band 
des  Repetitorinms  der  Elektrotechnik,  herausgegeben  tob  Alex  Königs  werter,  Hannover  1906,  8.  81 
folgende  Tabelle: 


f  5. 


DIE  WIBTBOHAFTLICHEH   VOBAUBBTTEH. 


881 


auf  Seite  886  gezeigt  wird,  kann  in  Fällen,  wo  die  maximal  gleichzeitig  bei  den 
Konsumenten  abzugebende  Energiemenge  z.  B.  auf  60°/o  nnd  mehr  des 
Gesamtanschlusswertes  anzunehmen  ist,  die  im  Krafthause  maximal  gleichzeitig  zu 
erzeugende  Energiemenge  infolge  der  Energieverluste  in  Leitungen  und  Maschinen  etc. 
ungefähr  gleich  dem  Anschlusswerte  werden.  Da  der  maximal-gleichzeitige 
Lichtkonsum  im  Jahre  durchschnittlich  nur  an  wenigen  Tagen  und 
dann  auch  immer  nur  während  2  bis  3  Stunden  eintritt,  so  ist  es  vom 
betriebstechnischen  Standpunkte  aus  vertretbar,  wenn  man  die  er- 
forderliche Reserve  in  Maschinen  nicht  nach  Massgabe  dieses  maximal 
gleichzeitigen  Energiebedarfes  berechnet,  d.  h.  also,  dass  man  die 
Heranziehung  eines  grossen  Teiles  der  Reserven  für  die  Deckung  des 
maximal  gleichzeitigen  Bedarfes  in  Licht  als  zulässig  erachtet.  Anders 
liegt  es  bei  dem  Energiebedarf  für  motorische  Zwecke,  weil  sich  hier  der  maximal-gleich- 
zeitige Konsum  nicht  nur  auf  wenige  Stunden  und  wenige  Tage  beschränkt,  oder  doch 
wenigstens  nicht  zu  beschränken  braucht,  sondern  sich  häufig  wiederholen  kann. 

Die  Erfahrung  lehrt  weiter,  dass  im  normalen  Betriebe  bei  Verteilung  von 
Kraft  und  Licht  im  kleinen  nach  Zählertarifen  durchschnittlich  etwa 
nur  10 — 20°/o  des  Anschlusswertes  gebraucht  werden  und  dass  man  bei 
Pauschaltarifen  im  Durchschnitt  nicht  mehr  als  mit  einem  Konsum  von 
30  bis  höchstens  50%  zu  rechnen  hat.  Anschlüsse  von  Grossabnehmern 
für  motorische  Zwecke  und  öffentliche  Beleuchtungsanlagen  sind  auch 
in  dieser  Beziehung  besonders  zu  behandeln. 

Sowohl  für  die  Betriebskostenberechnungen,  als  auch  für  die  Rentabilitätsberech- 
nungen ist  es  femer  von  grösster  Wichtigkeit,  die  Benntaungsdaner  zu  kennen,  auf 
welche  man  für  die  einzelnen  Anschlussobjekte  jährlich  rechnen  darf.  In  dieser  Bezie- 
hung ist  es  für  den  projektierenden  Ingenieur  stets  das  Empfehlenswerteste  sich  möglichst 
genaue  Kenntnis  von  der  Benutzungsdauer  bei  solchen  bereits  in  längerem  Betriebe  be- 
findlichen Anlagen  zu  verschaffen,  bei  welchen  ungefähr  ähnliche  Verhältnisse  wie  in 
seinem  Falle  vorliegen. 

Hier  mögen  zunächst  einige  Angaben  Platz  finden,  welche  von  Hoppe  aus  der 
Statistik  der  Elektrizitätswerke  ermittelt  sind: 


Monatliche  nnd  jährliche  Brennzeiten  in  ! 

Standen.    Für  Mitteldeutschland  und  Ortszeit 

T&gtiche  Brennzeit 

m 

0 

a 

e 

£ 

1 

'S 

< 

'2 

a 

B 

•^4 

5 

i 

0 
< 

J 

1 

M 

• 

1 

u 

I 

S 

• 

8 

»4 

•3 

1 

Vom  Sonnenuntergang 

bis    8  Uhr  abends 

125 

89 

67 

36 

6 

— 



21 

54 

87 

117 

140 

742 

.     »    , 

156 

117 

98 

86 

87 

20 

25 

52 

84 

118 

147 

171 

1091 

.   10    . 

187 

145 

129 

96 

68 

50 

56 

83 

114 

149 

177 

202 

1446 

.   11    . 

218 

178 

160 

126 

99 

80 

87 

114 

144 

180 

207 

233 

1821 

,   12    . 

249 

201 

191 

156 

130 

110 

118 

145 

174 

211 

237 

264 

2186 

„     2    |     morgens 

811 

257 

253 

216 

192 

170 

180 

207 

284 

278 

297 

826 

2916 

,     *    . 

378 

313 

315 

276 

254 

280 

242 

269 

294 

335 

857 

888 

3646 

von  4  Uhr  morgens  t     ajj 

•  5    .         •        all 

125 

92 

69 

32 

3 

— 

— 

34 

51 

75 

103 

154 

728 

94 

64 

38 

2 

— 

— 

— 

— 

21 

44 

83 

123 

459 

68 

36 

7 

15 

43 

92 

256 

882 


L    Theodor  Koran.    Ausbau  vok  Wa9sbuvülttks.    ALLOBtamras. 


Tabelle  XXXIV. 
B— i«opg»d>qw  tob  MgMeUoaMtMD  L«wp«n  aad  Motoren  in  8tsnd«a. 


'    "'          ^- ^-     —   -           ■ 

Vftr  Belcncntnnff 

Fftr  Motoren 

ünw«hner- 

Ansmnl  der 

Anlngnn,  «u 

d«n«n  die 

MitUlwerU 

ad  4  ermittelt 

sind 

Gmnswnrto 

in 

Stunden 

Mittel- 
wert» in 
Stunden 

Anzahl  der 

Anlagen,  ans 

denen  die 

Mittelwerte 

ad  7  eramittelt 

amd 

Grenzwerte 

in 

Standen 

Mittel- 
werte in 
atnmden 

Mittelwerte 

Orden 

ceenaten 

Aaoohtoai 

pro  Kw. 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

bis    10000 
10-  50000 
50-150000 

25 
26 

170-  847 
118-1247 

375 
410 
320 

25 
23 

107-    825 
72-1090 

- 

420 

540 

477 

410 
545 

Ungleich  kleiner  als  die  Durchschnittszahlen  der  Tabelle  XXXIV  mnss  die  Benut- 
zungsdauer für  Anschlüsse  auf  dem  platten  Lande  angenommen  werden.  Nach  den  An- 
gaben von  R.  Haas  haben  sich  bei  den  von  dem  genannten  Verfasser  geschilderten  ort- 
lichen Verhältnissen  (vergl.  S.  328)  für  Licht  nnr  eine  jährliche  Benutzungsdauer  von 
180  bis  200  Stunden,  für  motorische  Anschlüsse  eine  solche  von  nicht  ganz  150  Stunden 
ergeben.  Bei  allen  obigen  Angaben  war  Zählertarif  vorausgesetzt.  Bei  Pauschaltarifen 
kann  die  Benutzungsdauer  doppelt  und  dreifach  so  gross  werden. 

Als  Anhaltspunkte  für  die  Einschätzung  der  Benutzungsdauer  einiger  besonderer 
Lichtkonsumenten  mögen  noch  folgende  Zahlen  dienen: 

Es  beträgt  die  durchschnittliche  Benutzungsdauer  pro  Jahr  und  angeschlossene 
Lampe: 


r 


» 


nach  Fritz  Hoppe: 
für  Bahnhöfe  und  Postämter    .  1766  Std. 
„    Ladengeschäfte      ....     384 
„    Gasthöfe,  Restaurants,  Caf6s    482 
„    Banken    und    sonstige   Ge- 
schäftsräume    ....    323 
„    Theater,  Gesellschafts-  und 

Vergnügungslokale    .     .     300 

„    Wohnungen 113 

v    Kirchen  und  Museen     .     .     127 
„    Heil-  u.  Pflegeanstalten  227 

,.    Fabriken,  Werkstätten, 

Lagerräume       ....     336 
,.    Strassenbeleuchtung  in  klei- 
neren Städten    800—1000 
in  mittleren  Städten  1500—1600 


nach  L.  Saint-Martin*8): 
für  Bahnhöfe 1492  Std. 


r 


öffentliche  Gebäude  .  . 
Läden  und  Warenhäuser  . 
Kaufmännische  Bureaus  . 
Hotels,  Restaurants,  Cafes 
Theater,  Zirkus,  Ausstel- 
lung   

Privatwohnräume     .     .     . 
Krankenhäuser    .... 
Werkstätten  u.  Fabriken 
öffentliche  Beleuchtung 


332  . 

365  . 

tJ'il'JL  ,. 

464  ', 

303  „ 

132  „ 

323  - 

18Ö9  . 


n 


in  grossen  Städten     3000—3880 

Strassenlaternen,  die  um  11  Uhr  gelöscht  werden  verbrauchen  1553  Stunden, 
Nachtlaternen  3652—3675        ff 

Strassenlaternen  bis  12  Uhr  nachts  1900,5 

Strassenlaternen  bis  1  Uhr  nachts  2265,5 

Strassenlaternen  von  12  Uhr  nachts  ab  1774,5         p 


38)  Etüde  sur  les  distributions  d'änergie  älectrique  poor  force  motrice.  Extreit  da  balletia 
technologique  (mars  et  avril  1903),  de  la  Socilte  de«  AncieDS  Elevea  des  Ecolee  Nationale«  des  Arte  et 
Ifttiers.  Paria  1903. 


§  6.  Die  wirtschaftlichen  Vorabbeotn.  333 

Nach  Mitternacht  brennen  in  der  Regel 

in  kleinen  Städten     20 — 25°/o  aller  Lampen. 

in  mittleren  Städten  33 — 50%  aller  Strassenlampen 

in  grossen  Städten     50 — 75%     „  »        » 

Für  einzelne  grosse  Anschlüsse  zu  motorischen  Zwecken,  bei  welchen  nach  Pau- 
schalen gezahlt  wird,  kann  man  bei  Tagesbetrieb  auf  3000—3600  Betriebsstunden  jährlich 
und  bei  Nacht-  und  Tagbetrieb  auf  7200—8520  Stunden  Benutzungsdauer  rechnen. 

Hat  man  mit  Hilfe  der  obigen  Angaben  und  auf  Grund  der  geschätzten  Anschluss- 
werte ermittelt,  welchen  grössten  gleichzeitigen  und  welchen  jährlichen  Energieverbrauch 
man  bei  den  Konsumenten  zu  erwarten  hat,  so  handelt  es  sich  weiter  darum,  die  grösste 
gleichzeitig  und  die  jährlich  durchschnittlich  im  Krafthause  am  erzeugende 
Emergiememge  zu  finden. 

Da  in  den  Verteilungsnetzen,  in  den  Fernleitungsnetzen,  sowie  in  dem  Krafthause 
selbst  Energiererluste  unvermeidlich  sind,  muss  die  im  Krafthause  erzeugte  Energiemenge 
grösser  sein,  als  die  Eaergieabgabe  bei  den  Konsumenten,  oder  anders  ausgedrückt, 
es  muss  die  Zahl  der  nutzbar  abgegebenen  KW-Stunden  kleiner  sein  als  die  der  er- 
zeugten. Für  die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten  ist  es  notwendig,  diese  Verluste,  wenn 
auch  zunächst  nur  angenähert,  zu  kennen,  um  daraus  die  Grundlagen  für  die  Aufstellung 
des  Anschlages  und  für  die  Berechnung  der  Betriebskosten  zu  gewinnen.  Die  Verluste  im 
Verteilungsnefee**),  ausgedrückt  in  %  der  Leistung  bangen  ab:  von  dem  Stromsystem,  von 
der  Lange  des  Leitungsnetzes  und  von  der  Dimensionierung  der  Speise-  und  Verteilungs- 
leitungen im  Verhältnis  zur  Stromstärke.  Sie  können  deshalb  in  weiten  Grenzen  schwanken. 
Ein  reichlich  dimensioniertes  und  deshalb  teureres  Netz  wird  naturgemäss  kleinere  Ver- 
luste aufweisen,  als  ein  für  dieselbe  Leistung  knapp  dimensioniertes  und  deshalb  billigeres 
Netz.  Genauere  Rechnungen  anzustellen,  muss  Sache  des  Elektrotechnikers  bleiben.  Hier 
kann  es  sich  nur  um  überschlägliche  Angaben  handeln,  welche  den  Bauingenieur  in  den 
Stand  setzen  sollen,  zunächst  bei  seinen  Vorarbeiten  zu  einem  Schlüsse  zu  kommen. 

Hoppe  teilt  mit,  dass  die  Verluste  im  Leitungsnetze  im  Sinne  der  Fussnote  39 
betragen  haben: 

in  Städten  bis  zu  10000  Einwohnern  durchschnittlich  11,2% 

von  10—50000  Einwohner  durchschnittlich  11% 

von  50—150000  Einwohner  durchschnittlich  8,2% 
und  zwar  drücken  diese  Zahlen  die  Verluste  im  Jahresdurchschnitt  m  Prozenten  der  e  r- 
zeugten  Energiemenge  aus.  Die  Verluste  bei  maximaler  Belastung  müssen  natürlich 
erheblich  höhere  gewesen  sein,  als  diese  durchschnittlichen  Verluste.  Will  man  die  Ver- 
luste in  %  der  nutzbar  abgegebenen  Leistung  ausdrücken,  so  müssen  selbstver- 
ständlich auch  hierfür  die  Prozentsätze  höher  sein,  wenn  sich  dasselbe  Resultat  ergeben 
soll.  Bei  der  Berechnung  des  Verteilungsnetzes  und  der  zugehörigen  Betriebseinrichtungen 
wird  die  maximale  Belastung  zugrunde  gelegt,  und  es  werden  meistens  für  die 
Speiseleitungen  Spannungsverluste  von  10  bis  15%,  im  Verteiluhgsnetze 
im  engeren  Sinne,  wenn  Licht  oder  Licht  und  Kraft  angeschlossen  sind,  aber  nicht  mehr 
als  1,5  bis  2,5%  der  Lampenspannung  zugelassen.  Sind  nur  Motoren  angeschlossen 
so  erachtet  man  wohl  noch  Verluste  von  5  bis  8°/o  im  Verteilungsnetze  selbst  für  zulässig. 
Für  die  Bestimmung  der  maximal-gleichzeitig  in  das  Verteilungsnetz  im  Sinne  der  Fuss- 


••)  Unter  Verteilungsnetz  »oll  hierbei  das  ganze  Netz  verstanden  werden,  welches  sich  an  die 
Fernleitung  aoschlieest,  also  bei  einer  Dampfanlage,  welche  im  Konsumgebiet  selber  gebaut  ist,  das 
ganze  Netz  Überhaupt 


334 


L     Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 


note  39  zu  liefernden  Energiemenge  wird  es  mit  der  für  Vorarbeiten  erforderlichen 
Genauigkeit  genügen,  wenn  man  bei  der  grössten-gleichzeitigen  Belastung  in  den  Lei- 
tungen bis  zu  den  Konsumenten  einen  Energieverlust  von  15  bis  23%  zugrunde  legt. 

Bezeichnen  wir  die  maximal  gleichzeitig  nutzbar  abzugebende  Belastung  mit  N, 
so  ist  der  Energiebedarf  für  diese  Belastung  am  Anfang  der  Speiseleitung 


0,86  bis  0,75' 

Für  die  Verluste  in  der  Fernleitung  können  die  bei  Tabelle  X  auf  Seite  264  gemachten 
Annahmen  Anhaltspunkte  bieten,  worauf  hier  verwiesen  werden  mag. 

Die    Verluste    in    deq    Generatoren    betragen    durchschnittlich40)    (vergL    auch 
Kap.  m,  6.  B.): 


¥ttr  Dynanio- 
Bss*«ainen  n. 
Motoren  ron 

Bei  voller  bis 
•/«  Belastung 

Zwischen  */*  bis 
Vi  Belastung 

Bei  V»  bis  Vi 
Belastung 

Bei  V*  bis  V« 
Belastung 

1 

2 

3 

4 

5 

e-io  PS. 

15-50    , 

bei  grosseren 
Maschinell 

20-25  °/o 
10—20  o/o 

7—9  •/• 

l°/omehr  als  zu  Nr.  2 
l°/o     ,     ,    .     .    . 

!•/•     »      .    .     .    . 

2—8°/«  mehr  als  tu  Nr.  2 
2-8<7o     ,     ,     .    ,  , 

2-S>     ,     ,    ,     ,  . 

8 —5  •/•  mehr  als  xa  Nr.  2 
3-5*/#     ,     ,    ,    ,   , 

3-5°/#     ,     ,     .    ,   . 

Die  Verluste  in  den  Transformatoren  betragen  bei  kleineren  Einheiten  von  5  KW 
bei  cos  q>  =  0,8  etwa  7%,  bei  grösseren  Einheiten  von  100  KW  aufwärts  etwa  2  bis 
3%  bei  voller  Belastung.  Da  man  am  Ende  der  Fernleitung  häufig  gezwungen  ist,  an 
vielen  Stellen  eine  Transfonnierung  des  Stromes  vorzunehmen,  so  werden  die  Einheiten 
hier  klein  und  die  Verluste  grösser.  In  dem  Krafthause  dagegen,  wo  man  meistens 
grössere  Einheiten  aufstellen  kann,  werden  die  Verluste  mit  2  bis  3°/o  bei  maximaler 
Belastung  wohl  meistens  ausreichend  bemessen  sein,  vergl.  Kap.  III,  6.  B  Krafthftuser. 
Elektrischer  Teil. 

Zu  den  bisher  aufgezahlten  Energieverlusten  kommt  dann  noch  der  Eigenbedarf 
im  Krafthause  selbst,  z.  B.  für  die  Beleuchtung,  für  den  Antrieb  der  Werkzeugmaschinen, 
für  die  Bewegnngsmechanismen  der  Schützen  an  den  Turbinenkammern  und  am  Wehre, 
für  die  ölpumpen,  sowie  bei  Wechselstromanlagen  der  Eigenbedarf  für  die  Erreger- 
maschinen. Auf  Grund  der  bereits  gegebenen  und  im  Kapitel  III  noch  zu  machenden 
Angaben  wird  man  in  der  Lage  sein,  den  Bedarf  im  Einzelfalle  genau  genug  zu  veran- 
schlagen. Durchschnittlich  und  überschläglich  dürfte  er  genügend  berücksichtigt  sein, 
wenn  man  bei  Gleichstromzentralen  einen  Zuschlag  von  l°/o,  bei  Drehstromzentralen 
mit  Bücksicht  auf  die  Erregermaschinen  einen  Zuschlag  von  1,5 — 1,75%  zu  den  PS« 
oder  KW  bezeichnungsweise  zu  PS«  oder  KW-Stunden  macht,  welche  unter  Berücksich- 
tigung aller  Energieverluste  im  Krafthause  maximal  gleichzeitig  und  durchschnittlich 
zu  erzeugen  sind. 

Beispiel.  Angenommen  der  gesamte  Anschlnssweri  einer  Drehstromanlage  mit  Transformatoren 
betröge  2000  KW  nnd  der  maximal  gleichseitige-  Energie  verbrauch  würde  mit  Rücksicht  auf  nach 
Pauschaltarif  angeschlossene  Qroesmotoren  auf  60°/«,  d.  h.  anf  1800  KW  ermittelt,  so  mSssie  man 
maximal-gleichseitig  am  Anfang  des  Verteilungsnetses  bei  einem  Verluste  im  Yerteüangsnets  von  maximal 

1200 

=  1500  KW  abgeben  können.    Bei  einem  Verlost  Ton  4°/«  in  den  am  Ende  der  FerakÜnng 


»•/# 


0,80 


befindlichen  Transformatoren  nnd  10%  in  der  Fernleitung  selbst  mflssten  an  die  Seramejschienea  der 


*0)  Frits  Hoppe,  Wie  stellt  man  Projekte  etc.  auf.  S. 


f  5.  Die  wietschaftuohkn  Vorarbeiten.  335 

1500 
Hochspannung  im  Krsftnanse  maximal  rd.  -^^  =  rd.  1745  KW  abgegeben  werden.   Bei  einem  Verlast 

U,00 

in  den  Transformatoren  des  Krafthauses  von  2%,  einem  Wirkungsgrad  der  Generatoren  von  91,5  °/o 

1745 
«ad  einem  Eigenbedarf  im  Krafthause  von  1,5°/«  mfisaten  die  Turbinen  rd.  7;  öö  =  1988  KW  oder 

1745 
2694  PS«  maximal  leisten  können«  Die  Grösse  der  Generatoren  selbst  würde  sieb  auf  AQ_e  =  rd.  1800  KW 

U,9DO 

berechnen.  Es  ergibe  sieb  also  xwiseben  den  elektrischen  Generatoren  und  Konsumstellen  bei  der 
maximal-gleiobseitigen  Belastung  ein  Wirkungsgrad  von  rd.  0,67,  zwischen  Turbinen  und 
Konsumstellen  ein  Wirkungsgrad-  von  rd.  0,60.  Gebt  man  also  von  einer  maximal  gleichseitig  su 
erzeugenden  Energiemenge  von  1800  KW  aus  und  nimmt  an,  dass  die  durchschnittliche  Leistung  etwa 
SO9/«  der  maximalen  oder  18*/*  des  Anschlusswertes  betrüge,  d.  h.  rd.  860  KW,  so  würde  man  damit 
alle  Anhaltspunkte  für  die  Wahl  der  Einheiten  besitsen.  Bei  einer  Anlage  an  fliessendem  Wasser  ohne 
Anfspeieherungsbecken  mit  genügendem  Wassenufiuss  würde  man  sweekmissigerweise  drei  gleiche 
Einheiten  von  750  bis  900  KW  wählen  können  und  damit  noch  Besenren  von  '/*  M*  x/t  besitsen.  Die 
grossen  Einheiten  würden  in  solchem  Falle  vorteilhafter  sein,  weil  es  auf  den  Nutzeffekt  der  Maschinen 
bei  schwacher  Belastung  nicht  so  sehr  ankäme,  der  Betrieb  aber  bei  weniger  und  dafür  grosseren  Ein- 
heiten einfacher  und  billiger  wird. 

Würde  es  sich  dagegen  s.  B.  um  eine  Anlage  mit  Aufspeicherungsbecken  handeln,  (vergl. 
Kap.  in  1  C.  Stauweiher)  und  würde  der  Bedarf  im  Verhältnis  sur  vorhandenen  Wassermenge  der- 
artig sein,  dass  man  auf  eine  besondere  Ökonomie  in  der  Verwendung  des  Wassers  angewiesen  wäre, 
so  würde  man  die  Einheiten  so  su  wählen  haben,  dass  die  Belastung  der  einseinen  Maschinen  bei  den 
verschiedenen  Betriebsperioden  möglichst  nicht  viel  unter  drei  Viertel  sinkt  Man  würde  also  etwa 
2  Einheiten  su  je  450  KW  und  2  weitere  Einheiten  su  je  700  bis  900  KW  wählen. 

Es  kann  vorteilhaft  sein,  wenn  das  Verteilnngsnetz  mit  Gleichstrom  betrieben 
wird,  oder  wenn  einzelne  Grosskonsumenten  für  Gleichstrom  angeschlossen,  aber  keine 
Stanbecken  vorhanden  sind,  die  in  der  Nacht  verfügbare,  aber  nicht  direkt  verwend- 
bare Kraft  durch  Anlage  von  Akkumulatoren40)  auf  der  elektrischen  Seite  aufzuspeichern. 
Handelt  es  sich  in  einem  solchen  Falle  um  eine  Drehstromzentrale,  so  muss  der  Strom 
zunächst  in  Gleichstrom  umgeformt  werden,  was  durch  Umformer  geschieht.  Diese 
können  als  sogenannte  rotierende  Umformer  gebaut  sein,  d.  h.  als  Maschinen,  welche 
in  ein  und  derselben  Ankerwickelung  Wechselstrom  aufnehmen  und  Gleichstrom  abgeben. 
In  diesem  Falle  würde  der  Wirkungsgrad  einer  solchen  Maschine  etwa  dem  oben  ange- 
gebenen Wirkungsgrade  für  die  Generatoren  gleich  sein.  Werden  die  Umformer  dagegen 
durch  eine  Drehstrommaschine  als  Motor  und  durch  eine  Gleichstrommaschine  als  Gene- 
rator gebildet,  so  ergibt  sich  ungefähr  der  doppelte  Effektverlust.  In  den  Akkumulatoren- 
batterien selbst  haben  sich  nach  Hoppe  in  °/o  der  erzeugten  Energie  durchschnittlich  etwa 
folgende  Energieverluste  ergeben: 

Bei  kleineren  Anlagen  in  Städten  bis  zu  10000  Einwohnern  im  Mittel  13,4  °/o, 
maximal  etwa  27%-  Bei  grösseren  Werken  iu  Städten  von  10  —  50000  Einwohner  im 
Mittel  11,3%,  maximal  20°/o. 

Diese  mittleren Verlustziffefn  sind  aber  nur  zutreffend  bei  sehr 
guter  Instandhaltung  der  Akkumulatoren.  Für  eine  Vergleichsrech- 
nung sollte  man  höhere  Verluste  zugrundelegen. 

Aus  den  Anschlusswerten  für  Licht  und  für  motorische  Zwecke, 
sowie  aus  der  Benutzungsdauer  ergeben  sich  die  jährlich  nutzbar  ab- 
zugebenden Energiemengen  in  PS« -Stunden  oder  KW-Stunden.  Es  fragt 
sich  nun  noch,  in  welchem  Verhältnis  die  erzeugte  Energie  zur  nutz- 
bar abgegebenen  Energie  steht. 

40)  Vergl.  Frits  Hoppe:  Wie  stellt  man  Projekte  etc.  auf.  8.  96-101  und  S.  214.  Fflr  die 
Unterhaltung  der  Akkumulatoren  sind  8-10°/o  des  Anschaffungswertes  und  für  die  Erneuerung  such 
etwa  10°/t  in  Ansatz  su  briogen. 


336  I.    Theodor  Koehn.    Aubbau  voir  Wasserkräften.    Allgemeine». 

Ans  der  Statistik  der  deutschen  Elektrizitätswerke  ergeben  sich  angenähert  folgende 
Verhältniszahlen : 

Verhältnis  von  nntxbar  abmgebsMr 
Energie  zur  erzeugten  Energie. 

Für  Elektrizitätswerke  in  Städten  bis  zu  1000  Einwohnern  0,760 

in  Städten  von  1000—60000  Einwohnern  0,760 

„        „  50—100000         „  0,774 

„        „  über  100000         „  0,834. 

Wenn  man  also  einen  Anschlußswert  von  zusammen  2000  KW  und  mit  Rücksicht  anf 
einen  überwiegenden  Motorenanschloss  durchschnittlich  eine  1000  stündige  Benutzungs- 
dauer  pro  Jahr  ermittelt  hätte,  so  würde  man  2000000  EW-Stunden  jährlich  nutzbar 

2000000 
abzugeben  haben.  Bei  einem  Wirkungsgrad  von  0,76  würde  man  daher     ft-fi      =  2  631 579 

KW-Stunden  erzeugen  müssen.  Da  die  obigen  mittleren  Verhältniszahlen  aus  Angaben 
von  Elektrizitätswerken  ermittelt  sind,  welche  in  überwiegender  Mehrheit  mit  Gleichstrom 
betrieben  werden,  so  müsste  man  bei  Drehstromanlagen  mit  längerer  Fernleitung  noch 
die  Verluste  in  dieser  und  den  Transformatoren  hinzurechnen,  wofür  überschläglich  ein 
Verlust  von  etwa  5—10%  hinzuzurechnen  wäre.  Ist  die  zu  erzeugende  jährliche  Energie- 
menge in  EW-Stunden  oder  in  PS«- Stunden  ermittelt,  so  hat  man  unter  Berücksichtigung 
der  Verteilung  des  Gesamtanschlusses  auf  Licht  und  Kraft  und  unter  Berücksichtigung 
der  speziellen  Verhältnisse  bei  allen  grösseren  Anschlussobjekten  einen  Betriebeplan 
aufzustellen.  Auf  Grund  dieses  Betriebsplanes  lassen  sich  dann  die  Betriebsstunden 
der  einzelnen  Arbeitsperioden  und  die  zugehörigen  Belastungen  ermitteln  und  die  Be- 
rechnung der  Betriebskosten  durchführen.  Hierbei  ist  es  nicht  nötig,  alle  möglichen 
Schwankungen  in  der  Betriebsbelastung  zu  berücksichtigen,  vielmehr  genügt  es  vollkommen, 
wenn  man  etwa  für  jedes  Vierteljahr  eine  typische,  durchschnittliche  Betriebsdauer  pro 
Tag  und  für  den  typischen  Tag  auch  die  typische  Üurchschnittliche  Belastung  während 
je  6  Stunden  feststellt. 

b)  Die  Rentabilitätsberechnung. 

Die  Rente  eines  Unternehmens  wird  gefunden,  indem  man  von  den  Gesamtein- 
nahmen die  Gesamtausgaben  abzieht.  Ob  man  zu  den  Betriebsausgaben  formell  die 
Verzinsung  des  Anlagekapitals  ganz  oder  zum  Teil  zu  rechnen  hat,  hängt  von  der  Art 
der  Kapitalbeschaffung  und  von  der  Form  ab,  in  welche  das  Unternehmen  gekleidet  ist 
Bei  Aktiengesellschaften  z.  B.  werden  zu  den  Betriebsausgaben  nur  die  Zinsen  derjenigen 
Kapitalien  gerechnet,  welche  nicht  durch  Ausgabe  von  Aktien  beschafft  sind.  Man  spricht 
also  in  diesem  Falle  bereits  von  einem  Gewinn,  wenn  für  das  Aktienkapital  überhaupt  irgend 
eine  Verzinsung  übrig  bleibt.  Es  ist  aber  zweckmässig,  bei  wirtschaftlichen  Vorarbeiten 
in  die  Betriebsausgaben  eine  normale  Verzinsung  des  Gesamtkapitals  hineinzurechnen  und 
als  Gewinn  im  eigentlichen  Sinne  erst  den  Betrag  anzusehen,  welcher  nach  Abzug  aller 
Ausgaben  einschliesslich  einer  bürgerlichen  Verzinsung  des  Gesamtkapitals  übrig  bleibt 
Wie  hoch  die  letztere  anzunehmen  ist,  hängt  von  dem  Lande  ab,  in  welchem  das  Unter- 
nehmen liegt  und  von  den  besonderen  Umständen,  welche  auf  dem  Geldmarkte  z,  Z. 
obwalten. 

Für  die  Berechnung  der  Einnahmen  geht  man  am  besten  von  den  ermittelten 
Anschlusswerten  aus.  Man  findet  häufig  die  Berechnung  der  Einnahmen  einer  Wasser- 
kraft so  durchgeführt,  dass  die  gesamte  Energieabgabe  in  PS»-Stunden  oder  KW-Stunden, 
welche  mit  der  Wasserkraft  pro  Jahr  —  sei  es  während   10 — 12  Arbeitsstunden  pro 


§    6. 


Ddb  wirtschaftlichen  Vorabbetten. 


337 


Tag,  oder  sei  es  gar  während  24  Arbeitsstunden  pro  Tag  —  geleistet  werden  kann,  mit 
einem  Verkaufspreis  pro  PS«-Stunde  oder  KW-Stunde  multipliziert  wird.  Hierbei  wird 
also  nicht  berücksichtigt  oder  doch  jedenfalls  nicht  nachgewiesen,  ob  für  die 
Kraft  auch  entsprechende  Verwendung  zu  erwarten  ist  oder  nicht.  Diese  Art 
der  Berechnung  kann  deshalb  oft  zu  hohe  Einnahmeziffern  ergeben,  auch  wenn  man  einen 
scheinbar  sehr  niedrigen  Preis  pro  PS»-Stunde  oder  KW-Stunde  einsetzt.  Es  ist  darum 
besser,  von  den  ermittelten  Anschlusswerten  auszugehen. 

Handelt  es  sich  um  Kraftlieferung  für  einen  oder  wenige  Konsumenten,  so  wird 
man  die  abzugebende  Leistung  in  PS0-Stunden  oder  KW- Stunden  verhältnismässig  sicher 
berechnen  und  auf  Grund  der  vereinbarten  Einheitspreise  die  Gesamteinnahmen  mit 
gleicher  Sicherheit  ermitteln  können.  Handelt  es  sich  dagegen  um  öffentliche  Kraft- 
verteilung, so  muss  man  die  Benutzungsdauer  der  einzelnen  Anschlusswerte  schätzen  (vergl. 
S.  331  und  332)  und  daraus  die  abzugebende  Leistung  in  PS« -Stunden  oder  KW- Stunden 
berechnen.  Hierbei  wird  man  jedenfalls  die  Gesamtanschlusswerte  zunächst  in  a)  Be- 
leuchtungsstrom und  b)  in  Strom  für  gewerbliche  Zwecke  zu  trennen  haben,  da  man 
bis  heute  fast  allgemein  den  Tarif  noch  für  Licht  und  Kraft  verschieden  gestaltet.  So- 
weit es  irgend  erreichbar  ist,  trennt  man  auch  die  Licht-  und  Kraftanschlüsse  noch 
weiter  nach  ihrer  vermutlichen  Benutzungsdauer,  damit  man  nach  Massgabe  des  Tarifes 
für  jede  Kategorie  die  zutreffenden  Einheitspreise  im  Jahresdurchschnitt  mit  erreichbarer 
Genauigkeit  einsetzen  kann. 

Wird  nach  Pauschaltarifen  verkauft,  so  ergibt  sich  die  Einnahme  ohne  weiteres 
aus  der  Zahl  und  Grösse  der  verschiedenen  Anschlussobjekte  in  Licht  und  Kraft  durch 
Multiplikation  mit  den  tarifmässigen  Pauschalsätzen. 

Zur  Kontrolle  der  derart  ermittelten  Einnahmen  mögen  folgende  Zahlenangaben 
dienen,  welche  von  Fritz  Hoppe  aus  der  Statistik  der  Elektrotechnischen  Zeitschrift, 
1905,  Heft  2  ermittelt  und  im  Heft  29  Seite  676  und  677  mitgeteilt  sind40). 

Durchschnittliche  jährliche  Einnahmen. 


Grösse  der  normalen 

Gesamtleistung  in 

der  Zentrale 


Für  Beleuchtung 


pro  KW*  Stande 

bei  einem 
Grundpreise  von 

=  601*  |<60Pf 
in  Pfennig 


;  pro  angeschlossenes 
KW  bei  einem 
Grundpreise  Ton 

=  60 Pf.  |<«0Pf. 

in  Mark 


pro  ange- 
schlossene 50 
Watt- Lampe 
bei  einem 
Grundpreise  von 
<  60Pf. 

in  Mark 


Für  gewerbliche  Zwecke 


pro  KW-Stunde 

bei  einem 
Grundpreise  Ton 

=  20  Pf.  |  <  20  Pf. 

In  Pfennig 


pro  angeschlossenes 

KW  bei  einem 
Grundpreise  ron 

=  20 Pf.  |  <  »Pf. 

in  Mark 


Über  5000  KW 

,  2000-5000  „ 
,  1000-2000  „ 
,  500—1000  , 
.  250-500  „ 
100—250      , 


anter  100 


50,6 

42,7 

175 

167 

48,2 

41,7 

162 

148 

45.0 

— 

143 

— 

46,0 

45,3 

141 

120 

52,8 

42,7 

160 

176 

43,5 

36,8 

190 

172 

41,4 

39,3 

154 

134 

8,85 
7,45 

6,00 
8,80 
8,60 
6,70 


19,8 

__ 

63 

17,3 

14,66 

82 

16,7 

12,2 

90 

18,0 

13,7 

64 

19,0 

13,8 

42 

18,7 

17,0 

63 

18,8 

— 

81 

61 
49 
51 
52 
44 


Aus  der  obigen  Zahlentafel  haben  sich  ferner  folgende  Mittelwerte  ergeben: 


*0)  Fritz  Hoppe,  Finanzielle  Ergebnisse  städtischer  Elektrizitätswerke.    Elektrotechnische 
Zeitschr.  1905,  Heft  29. 


Handbuch  der  Ing.- Wissen  seh.    III.  Teil.    13.  Bd. 


22 


888 


L    Thäodob  Eobhk.    Ausbau  ton  WassebkbIttbn.    Allgsmsznbb. 


a)  Geordnet  nmeh  Verwaltungen. 


Verwaltung 

atadt. 

privat 

Anzahl  der  in  Betracht 
gezogenen  Werke 

50 

42 

Hinnahme  fttr  Beleuchtung: 

ProangeschlossenesKW  Mk. 

Pro  nntsbar  abgegebene  Kilo- 

wattatonde     ...      Pf. 

Einnahme  für  Kraft: 
Pro  angeaehloaaeneaKW  Mk. 
Pro  nntsbar  abgegebene  Kflo- 
wattetande     ...     Pf. 

UmUUlnMIUlMIUIV  . 

a)  Pro  nntsbar  abgegebene 
Kilowattstunde   .    .      Pf. 

b)  In  V.H.  des  Anlagekapitals 

158 
44,8 

78 
21,10 

81,9 
16,05 

164 
45,2 

65 
18,20 

81,1 
14,68 

b)  Gesamteinnahmen,  geordnet  nach  dar  Grosse  der 

Zentralenleiatung. 


Anzahl 
der  In 

Pro 
nntsbar 

In  t. 

a«« 

8t6m6  dar  normalen 

A      ||M 

flmmtUirtong  in 
der  Zentral« 

Betracht 

gesogenen 

Werk« 

abgegebene 
Kflovwtt- 

•tande 

in  Pfc 

Owtit- 

enlas* 
kapital« 

kapftalaAr 

tiiLrf- 

Ober            5000  KW 

14 

22,4 

173 

55,4 

,    2000-5000    , 

10 

29,7 

19,6 

513 

,    1000-2000    , 

19 

29,0 

14,8 

44,6 

„      500-1000    . 

23 

30,0 

16,1 

4M 

,      250-500      , 

15 

86,6 

18,0 

48,0 

,      100-250      , 

10 

40,0 

12,8 

403 

unter  100      , 

7 

37,1 

8,6 

813 

An  dieser  Stelle  sei  noch  einmal  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  man  für  die 
sogenannte  „unständige  Kraft"  nicht  mit  denselben  Einheitspreisen  rechnen  darf 
wie  für  die  ständige  Kraft.  Man  muss  vielmehr  annehmen,  dass  für  die  Kraft,  welche 
nur  während  neun  Monate  abgegeben  werden  kann,  nur  etwa  drei  Viertel  des  Durch« 
schnittspreises  der  ständigen  Kraft  und  für  die  sechsmonatliche  Kraft  nur  der  halbe 
Preis  pro  Einheit  im  Durchschnitt  erzielbar  sein  wird. 

Die  Grossabnehmer,  welche  24  stundige  Kraft  abnehmen,  werden,  wenn  sie  nach 
Zählertarif  zahlen,  im  Durchschnitt  für  die  Nachtkraft  auch  nur  60  bis  70%  derjenigen 
Einheitspreise  zahlen  können,  welche  für  Tagesbedarf  verlangt  werden41),  und  wenn 
nach  Pauschalpreisen  verkauft  wird,  so  darf  man  für  24  ständige  Kraft  nicht  das 
Doppelte  der  12  ständigen,  sondern  etwa  nur  60  bis  höchstens  70°/o  mehr  in  Anschlag 
bringen. 

Ist  nach  diesen  Gesichtspunkten  die  Einnahme  ermittelt  und  werden  von  der 
Gesamteinnahme  die  gesamten  Betriebskosten  abgezogen,  so  ergibt  die  Differenz  den 
Reinüberschuas.  Von  diesem  Reinüberschuss  gehen  aber  noch  weitere  Betrage  ab,  bevor 
von  einem  verteilbaren  Reingewinn  gesprochen  werden  kann  und  zwar: 

1.  Die  Deckung  etwaiger  Betriebzuschüsse  in  den  ersten  Betriebsjahren, 

2.  5  °/o  des  Reinüberschusses  für  den  Reservefond.  Die  Dotierung  des  Reservefonds 
ist  bei  öffentlichen  Gesellschaften  fast  in  allen  Staaten  gesetzlich  vorgeschrieben, 
aber  auch  bei  Unternehmungen  in  anderer  Form  zweckmassigerweise  stets  vor- 
zunehmen *•), 

3.  Die  Tantiemen  an  die  Direktion  und  die  Beamten  und,  insofern  es  sich  um  eine 
Gesellschaft  handelt,  auch  die  Tantiemen  des  Aufsichtsrates.  Dieser  Abzug 
lässt  sich  durchschnittlich  und  überschläglich  etwa  auf  5  bis  10#/«  des  Rein- 
Überschusses  normieren41). 


•  i)  Der  Preisnaehlass  wird  meistens  in  Rabattsitsen  anf  den  Gesamtkonsvm  ausgedruckt,  vsrgL 
Kap.  III,  8  Tarifa. 

•»)  Bei  Aktiengesellschaften  etc.  darf  bei  der  Berechnung  ad  2  eine  Verzinsung  des  Aktien- 
kapitals in  die  Betriebeausgaben  nicht  eingerechnet  werden. 

**)  Hierbei  ist  eine  bürgerliche  Versinsung  des  Anlagekapitals  in  den  Betriebeausgaben  ent- 
halten gedacht 


§  6.  Die  wirtschaftlichen  Vobasbeiish.  389 


4.  Rücklagen  für  Beamten  und  Arbeiter-Wohlfahrt    Es  wird  heute  sieht  nur  in 
Deutschland,  sondern  auch  in  anderen  Kulturländern  als  ein  nobile  officium 
jeder  grösseren  Unternehmung  angesehen,  für  die  Angestellten  und  Arbeiter  in 
Form  von  Wohnungen,  Unterstützung»-  und  Pensionskassen  etc.  über  das  gesetz- 
lich Torgeschriebene  Mass  hinaus  Sorge  zu  tragen,  sobald  die  Unternehmung 
Reinüberschüsse*4)  abwirft     Die  Höhe  der  Rücklagen  für  den  letztgedachten 
Zweck  richtet  sich  im  allgemeinen  nach  dem  Gewinn,  welchen  die  Unternehmung 
erzielt    Als  untere  Grenze  für  diese  Rücklagen  darf  man  etwa  2  bis  3  °/o  der 
Löhne  und  Gehalter  ansehen. 
Hiermit  dürften  alle  wesentlichen  Gesichtspunkte,  welche  für  die  Aufstellung  der 
wirtschaftlichen  Vorarbeiten  für  Wasserkraftanlagen  in  Frage  kommen  können,  soweit  be- 
sprochen sein,  als  es  im  Rahmen  dieses  Bandes  möglich  war.    Über  wirtschaftliche  Er- 
gebnisse  und  Betriebskosten  werden  ergänzend  im  Kapitel  H  bei  Besprechung  der  ein- 
zelnen Beispiele  noch  einige  Mitteilungen  folgen. 

Literaturangaben  zu  Kap.  I,  §5.    Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten. 


▼  ob  Miller,  Die  Wasserkräfte  am  Nordabhange  der  Alpen.    Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  In*  190t. 

8.  1006. 
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wesen.  1906.  8.  74  u.  f. 


**)  Unter  Reinflberschuss  ist  in  diesem  Falle  die  Differenz  zwischen  den  Gesamteinnahmen  und 
den  Gesamtausgaben  einschliesslich  einer  normalen  Verzinsung  dee  Gesamtanlagekapitale  verstanden. 

22* 


840  L    Theodor  Kosh*.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Allgemeines. 


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Vergi. 

FosanoteSO 

8.  822. 


§  l.  Das  Wasserkrapt-Elektrizitätswkrk  Vizzola.  341 


Kapitel  II.    Beispiele. 

Nachdem  nun  im  Kapitel  I  eine  allgemeine  EinführuDg  gegeben  und  die  Vor- 
arbeiten besprochen  sind,  sollen  im  Kap.  II  eine  Reihe  von  ausgeführten  Anlagen  be- 
schrieben werden,  damit'  dann  an  Hand  dieser  Beispiele  im  Kap.  III  die  baulichen  Einzel- 
heiten von  Wasserkraftanlagen  und  der  Betrieb  besprochen  werden  können. 

§  I.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  am  Tessin  bei  Vizzola 

der  Societä  Lombarda  per  Distribuzione  di  Energia  Elettrica1). 

Hierzu  Tai.  I  bis  III. 

Der  Tessin  ist  in  seinem  Verlaufe  vom  Ausfluss  aus  dem  Lago  Maggiore  bis  zur 
Mündung  in  den  Po  schon  seit  Jahrhunderten  in  ausgiebiger  Weise  zur  Bewässerung  des 
Landes  benutzt  worden,  und  diese  verständige  Ausnützung  des  Wassers  hat  dem  benach- 
barten Lande  seine  grosse  Fruchtbarkeit  und  seinen  hohen,  landwirtschaftlichen  Nutzungs- 
wert gegeben.  Denselben  Zweck  verfolgte  die  Societä  Italiana  per  Gondotte  d'Aqua, 
als  sie  im  Jahre  1880 — 84  zur  Bewässerung  der  Ländereien  am  linken  Tessinufer  den 
„Villoresi-Kanal"  erbaute,  durch  welchen  aus  dem  genannten  Flusse,  ungefähr  12  km 
unterhalb  seines  Ausflusses  aus  dem  Lago  Maggiore,  je  nach  den  Wasserstanden  bis  zu 
70  cbm/sek.  entnommen  und  der  Landwirtschaft  zur  Verfügung  gestellt  werden  sollten. 
Ein  massives,  festes  Wehr  von  290,0  m  Länge  und  einer  Kronenhöhe  von  etwa  4,0  m 
über  der  Sohle  des  Tessins  wurde  für  diesen  Kanal  erbaut  (vergl.  Kap.  III,  1,  A.  Wehre) 
und  am  linken  Ufer  ein  grosses  Ablagerungsbecken  von  650,0  m  Länge  angelegt,  in 
welches  190  cbm/sek.  aus  dem  Tessin  abgeleitet  werden  können  (vergl.  Tai  I,  Fig.  1  u.  2). 
Neben  dem  Becken  befindet  sich  ein  Kanal  für  Schiffszwecke.  Der  Einlauf  in  das  Becken 
ist  durch  eine  grosse  Reihe  von  Schützen  regulierbar.  Den  Zugang  zum  Schiffahrtskanal 
vermittelt  eine  Schleuse.  Am  unteren  Ende  des  Beckens  musste  konzessionsgemäss  ein 
ca.  72,0  m  langer  Messüberfall  angelegt  werden,  dessen  Überfallbreite  so  regulierbar  ist, 
dass  bei  N.W.  immer  mindestens  120  cbm/sek.  in  den  Tessin  zurückfiiessen  können 
(vergl.  Kap.  III,  1,  A.  Wehre).  65  cbm  von  diesen  120  sind  für  den  Naviglio  Grande  be- 
stimmt. Dieser  bei  Tomavento  aus  dem  Tessin  ausmündende  alte  Kanal  hat  schon  seit 
mehr  als  6  Jahrhunderten  der  Kleinschiffahrt  bis  Mailand  gedient,  und  was  viel  wich- 
tiger ist,  mehr  als  50000  ha  der  Provinzen  Mailand  und  Pavia  für  landwirtschaftliche 
Zwecke  bewässert  und  zu  den  ertragreichsten  Ländereien  gemacht,  welche  Europa  kennt. 


i)  Dia  bildlichen  Darstellungen  sind  einer  vom  Direktor  der  Lombarda  Aleasandro  Sootti 
verfaseten  Brotebare  entnommen. 


842  IL    Tmodor  Koran.    Ausbau  vom  WäbbkbxrIttks.    Bubpiblb. 

Neben  dem  erwähnte^  Messüberlauf  wurde  eine  Schleuse  angelegt,  um  die  Schiffe 
in  den  Tessin  znrfiokzuleiten.  Gleichzeitig  mit  der  Konzessionierung  des  Villoresi-Kanal» 
wurde  eine  alte  Gerechtsame  des  Duca  Visconti  Modrone  dahin  festgelegt,  dass  ihm  er- 
laubt wurde,  Ton  den  66,0  cbm/sek.,  welche  für  den  Naviglio  Qrande  bestimmt  waren, 
durch  eine  Entnahmestelle  neben  der  Schleuse  7  cbm/sek.  abzuleiten  und  für  industrielle 
Zwecke  zu  verwenden,  mit  der  Verpflichtung  indessen,  dieselbe  jedenfalls  vor  dem  Ausfius* 
des  Naviglio  Qrande  aus  dem  Tessin  in  diesen  zurückzuleiten. 

Die  Entnahmestelle  des  Villoresi-Kanals,  ausreichend  für  70  cbm/sek.,  liegt  unweit 
der  eben  erwähnten  des  Duca  Visconti.  Die  Abgabe  des  Wassers  aus  dem  Vifloresi- 
Kanal  für  Bewässerungszwecke  erfolgt  an  landwirtschaftliche  Genossenschaften,  welche 
ihrerseits  für  die  Weiterleitung  zu  sorgen  haben  und  denen  da»  ihnen  zustehende  Wasser- 
quantum mittelst  sehr  sorgfältig  berechneter  und  ausgeführter  Schützen  zugeteilt  wird. 
So  gross  auch  der  volkswirtschaftliche  Nutzen  der  Anlage  ist,  so  blieb  der  finanzielle 
Erfolg  für  die  Gesellschaft  doch  aus,  und  sie  nahm  deshalb  gern  die  von  dem  Ingenieur 
Cesare  Gipolletti  in  seiner  Schrift:  Delle  force  idrauliche  che  poesono  crearsi  nelT  AKo 
Milanese  e  condursi  nella  cittä  di  Milano  im  Jahre  1887  entwickelte  Idee  auf,  dahin- 
gehend, die  grossen,  von  der  Societä  ItaUana  per  Condotte  d9  Aqua  geschaffenen  Wehr- 
und  Kanal- Anlagen  für  Zwecke  der  Erzeugung  elektrischer  Energie  auszunutzen.  Cip  ol- 
letti  schlug  vor,  die  für  den  Naviglio  Grande  bestimmten  Wasserquanten  nicht  über  den 
Messüberfall  in  den  Tessin  zurückzuleiten,  sondern  das  grosse  Gefalle  zwischen  dem 
Tessinspiegel  am  vorerwähnten  Überfall  und  am  Ausflusse  des  Naviglio  Grande  ans  dem 
Tessin  durch  einen  Kanal  von  rd.  14,0  km  Llnge  auszunutzen.  Auf  diese  Weise  konnten 
39,0  m  Gef&lle  und  ca.  84000  theoretische  PS  gewonnen  werden.  Dieses  Projekt  bot  aber 
insofern  finanzielle  Schwierigkeiten,  als  der  Kanal  wegen  der  niedrigen  Lage  des  Terrains  auf 
der  letzten  8  km  langen  Strecke  hfttte  als  Brückenkanal  ausgeführt  werden  müssen,  was 
natürlich  die  Kosten  sehr  stark  erhöht  haben  würde.  Die  Societä  Italiana  per  Condotte 
d'  Aqua  Hess  daher  das  Projekt  so  umarbeiten,  dass  das  Gefalle  in  zwei  Teile  zerlegt 
wurde,  von  denen  der  obere  Teil  bei  einer  Kanallänge  von  ca.  6  km  ein  Gefälle  van 
88,0  m  erzielte.  Für  dieses  Projekt  wurde  durch  königliches  Dekret  vom  6.  Dezember 
1896  die  Konzession  auf  30  Jahre  erteilt  und  durch  Dekret  vom  20.  Mai  1897  das  Ent- 
eignungsrecht verliehen.  KonzessJonsmäasig  können  66  cbm/sek.  bei  M.W«  und  62  cbm/sek. 
bei  höheren  Wasserständen  für  industrielle  Zwecke  entnommen  werden.  Wegen  dar 
Bestimmungen  des  italienischen  Gesetzes:  Legge  concernente  le  derivazioni  di  aoque 
pubbliche  vom  10.  August  1884  bezüglich  Verlängerung  der  Konzession  nach  Ablauf  der 
ersten  30  Jahre  vergl.  S.  34,  66  und  67.  Es  mag  hier  gleich  erwähnt  werden,  dass  später 
eine  Vereinbarung  mit  dem  Duca  Visconti  Modrone  getroffen  ist,  wonach  auch  die  dem- 
selben zustehenden  7  cbm  dem  Werk-Kanal  zugeführt  werden.  Das  Krafthaus  war  nach 
dem  Projekt  in  der  Nähe  des  Ortes  VizzoU  zu  errichten.  Da  in  nicht  zu  grossen  Ent- 
fernungen von  diesem  Platze  zahlreiche  Ortschaften  mit  hochentwickelter  Industrie  liegen, 
so  bot  sich  eine  gute  Aussicht,  die  verfügbare  Kraft  zu  rentablen  Preisen  abzusetzen 
und  das  um  so  mehr,  weil  schon  damals  das  die  nächtliche  Frauen-  und  Kinderarbeit  ver- 
bietende Gesetz:  „Disposizioni  sul  lavoro  delle  donne  e  dei  fanciulli  negü  opifici  in» 
dustriali,  laboratori  etc.*  (veröffentlicht  am  19.  Juni  1902)*)  zu  erwarten  stand  und  die 
Industriellen,  und  besonders  die  vielen  Spinnereien  veranlasst  wurden,  ihre  Fabrik- 
anlagen so  zu  erweitern,  dass  sie  während  der  Tagesschichten  das  bislang  durch  die 
Nachtschichten  geleistete  Arbeitsquantum  mit  bewältigen  konnten.  Unter  solchen  Um- 
ständen versprach  die  Unternehmung  eine  gute  Zukunft  und  es  wurde  hauptsächlich  auf 

*)  Das  Qsssti  war  bis  Anfang  1907  noch  sieht  im  vollen  Umfange  in  Kraft  getreten. 


|  1.  Das  WAsaERKBAFT-ELEKTBizrrÄ-rewEBit  Vizzola.  343 

Betreiben  einer  deutschen  Gesellschaft*)  unter  Mitwirkung  italienischer  Finanzkräfte  die 
Societa  Lombarda  per  DiBtribuzione  di  Energia  elettrica  im  Herbst  1897  gegründet. 
In  diese  inferierte  die  Societa  Italiana  per  Condotte  d'  Aqua  ihr  Projekt  und  die  Eon- 
zession gegen  entsprechende  Entschädigung.  Bereits  im  Herbst  1897  konnte  mit  dem 
Bau  begonnen  werden. 

Erinnert  sei  hier  an  die  Mitteilung  in  §  4,  Seite  226,  nämlich  dass  die  Societa 
Italiana  per  Condotte  d'  Aqua  eine  Regulierung  des  Lago  Maggiore  vermittelst  eines 
Wehres  am  Ausflüsse  des  Tessins  plant,  wodurch  für  alle  unterhalb  liegenden  Inhaber 
Ton  Wasser-Konzessionen,  sei  es  für  Bewässerung,  sei  es  für  Kraftzwecke  eine  erheb- 
liche Erhöhung  der  seid.  Wassermengen  bei  N.W.  erreicht  werden  könnte. 

Abb.  42.    Einschnitt  bei  CastelnoTate. 


Die  Gesamtanordnung  der  hydraulischen  Anlage  geht  aus  dem  Ubersiohtsptan 
Taf.  I,  Fig.  1  hervor.  Man  legte  längs  des  Villoresi-Ksnals  einen  zweiten  Kanal  mit 
einer  Leistungsfähigkeit  bis  zu  70  cbm/sek.  bei  voller  Füllung,  welcher  nach  der  Kon- 
zession zugleich  der  Schiffahrt  zu  dienen  hat.  Letztere  war  bislang  wegen  der 
Windungen  des  Flusses  und  seines  starken  Gefälles  gerade  auf  der  fraglichen  Strecke 
sehr  mühsam  und  gefährlich.  Übrigens  ist  die  Schiffahrt  auch  jetzt,  nachdem  sie  bereits 
den  neuen  Kanal  benutzt,  unbedeutend  geblieben. 

Im  Mittel  sind  in  den  drei  Jahren  (1901— 1908)  nar  470  Buken  eufwirU  und  ungefähr  die 
gleich*  Ansah!  abwärts  gegangen.  Dieselben  haben  eine  grS&ate  Lange  von  25,0  m  und  eine  graut* 
Brette  von  4,5  m,  sowie  «ine  Tragfähigkeit  von  15  —20 1 

Der  Einlauf  des  neuen  Kanals  wurde  direkt  neben  denjenigen  des  Villoresi- 
Kanals  gelegt;  er  erhielt  vier  durch  Schützen  regulierbare  Öffnungen  und  daneben  eine 

»)  Der  Kontinentalen  OeaeUachaft  fBr  elektrische  Unternehmungen  in  Nürnberg. 


844  II-     Theodor  Koehk.     Ausbau  vox  Wäbsejikbäften.     Beispiele. 

Schleuse  für  den  Durchgang  der  Schiffe.  Die  Ordinate  des  Wasserspiegels  am  Einlauf 
ißt  auf  +  185,0  über  dem  Spiegel  des  adriatiseben  Meeres  gelegt.  Die  Länge  des  nenen  Werk- 
kaaals  beträgt  5835,0  m  im  Auftrag  und  Einschnitt  und  ca.  200,0  m  als  Brückenkanal 
(Ponte  Canale).  Bei  der  kleinen  Ortschaft  Castel  Novate  musste  der  Kanal  einen  300,0  m 
langen  und  sehr  tiefen  Einschnitt  passieren,  welcher  allein  eine  Bodenbewegimg  von 
210000  cbm  verursachte  (vergl.  Abb.  42}.  Hinter  diesem  Einschnitt  fällt  das  Terrain 
nach  dem  Tessin  zu  stark  ab.  Der  neue  Kanal  verzweigt  sich  hier  in  zwei  Teile.  Der 
eine  führt  als  Ponte  Canale  das  Wasser  an  das  Kraftbaus  (vergl.  Abb.  43),  der  andere 
dient  lediglich  der  Schiffahrt  und  überwindet  mittelst  zweier  Schleusengruppen  den  Gefälls- 
unterschied von  28,0  m.    In  dem  nur  der  Schiffahrt  dienenden  Zweige  müssen  nach  der 

Abb.  48.    Dar  Werkkwal  ab  Pont«  Canale. 


Konzession  sekundlich  3  cbm  abgelassen  werden.  Tatsächlich  ist  der  Bedarf  für 
diesen  Zweck  viel  geringer,  wie  schon  aus  der  oben  angegebenen  Ziffer  über  die  Zahl 
der  Barken  hervorgeht  Das  Gefälle  im  eigentlichen  Kanal  beträgt  0,15  •/<»  =  1 :  6666. 
Für  den  Ponte  Canale  ist  das  Gefälle  auf  0,53  °/m  gewählt  worden,  um  mit  einem 
möglichst  kleinen  Querschnitt  auszukommen.  Zur  Berechnung  der  Geschwindigkeit  ist 
die  neuere  Formel  von  Gangnillet  &  Kutter 

M+J.+W!» 


.+(■+*¥»)-!, 


VRJ 


'VKj 

verwendet,  worin  der  Koeffizient  n  so  angenommen  ist,  dass  der  Ausdruck  in  der  Klammer 
sich  zu  rd.  70  für  den  normalen  Werkkanal  und  zu  rd.  76  für  den  Briickenkanal  ergibt.  Die 
Gesamtanordnung  des  Schiffahrtskanals,  der  Schleusenanlage  und  der  Zentrale  zeigt  der 
ÜbemichUplan  Taf.  IT,  Fig.  1. 

Über  die  Einzelheiten   der  Anlage  sollen  nun  noch  einige  Angaben  folgen.    Die 
vier  Einäuss-Offnongen  des  Einlaufe  sind  je  3,0  m  breit   Jede  kann  mit  einer  lotrechten 


§   1.    "  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Vizzola.  345 

Schlitzentafel  geschlossen  werden,  welche  von  Hand  mittelst  der  gewöhnlichen  Vorgelege 
gehoben  und  gesenkt  wird.  Die  neben  dieser  Entnahmestelle  angelegte  Schiffahrts- 
schleuse war  nötig,  um  die  Wasserspiegel-Differenz  von  etwa  0,28  m  zu  überwinden. 
Der  Werkkanal  liegt  überall  auf  der  rechten  Seite  des  Villoresi-Kanals  und  parallel 
zu  demselben  in  einer  Entfernung  von  rd.  26,0  m  von  Achse  zu  Achse  und  getrennt 
von  ihm  durch  ein  Bankett  von  7,0  m  Breite.  Dreiviertel  der  Kanallänge  liegen  im 
Auftrag,  der  Rest  im  Einschnitt,  jedoch  ist  der  Auftrag  an  keiner  Stelle  bedeutend. 
Der  Werk-Kanal  ist  in  seiner  ganzen  benetzten  Oberfläche  mit  einer  Betonlage  bekleidet 
und  diese  mit  einem  fetten  Putz  zur  Glättung  und  Dichtung  der  Flächen  bedeckt  (vergl. 
Taf.  I,  Fig.  3,  4  u.  6).  Die  Bekleidung  einschliesslich  der  Putzschicht  hat  an  der  Sohle 
und  dem  linken  Ufer  eine  Stärke  von  16  bis  17  cm,  am  rechten  Ufer  eine  solche  von 
25  cm.  Die  Glättungsschicht  selbst  ist  Vit  bis  2  cm  stark.  Der  Beton  ist  hergestellt 
zum  kleineren  Teil  im  Mischungsverhältnis :  0,85  cbm  Kies,  0,50  cbm  Sand  und  200  kg 
Zement,  zum  weitaus  grösseren  Teil  aus  0,85  cbm  Kies,  0,55  cbm  Sand  und  255  kg 
hydraulischen  Kalks 'aus  Palazzolo.  Für  die  Putzschicht  ist  ein  Mischungsverhältnis  von 
1  cbm  Sand  auf  1000  kg  Portland-Zement  oder  1000  kg  hydraulischen  Kalk  verwendet. 
Die  Dichtung  hat  sich  als  vollkommen  ausreichend  herausgestellt. 

Man  hatte  als  Verlust  für  Verdunstung  und  Versickerung  bei  55  cbm/sek.  Füllung 
1,5  cbm/sek.  für  die  ganze  Kanalstrecke  angenommen.  Obwohl  genaue  Messungen  fehlen, 
kann  man  aus  den  Schützenstellungen  am  Einlauf  und  dem  Verbrauch  der  Turbinen 
dennoch  schliessen,  dass  dieser  Verlust  tatsächlich  bei  weitem  nicht  eintritt.  Bemerkt 
muss  aber  werden,  dass  man  in  der  Auftragstrecke,  die  Nähe  des  Villoresi-Kanals  be- 
nutzend, die  im  Bodenprofil  fertigen  Kanalstrecken  gehörig  bewässert  hat,  so  dass  nach 
Aufbringen  der  Betonbekleidung  ein  Sacken  nicht  mehr  eingetreten  ist.  Was  die  Glätte 
der  Wände  betrifft,  so  hat  sich  durch  Messungen  und  durch  den  Betrieb  ergeben,  dass 
die  Wassermenge  bei  Füllungen  von  3,50  m  Tiefe  im  normalen  Profil  und  von  3,90  m 
im  Brückenkanal  den  angenommenen  Rauhigkeitsbeiwerten  in  der  Geschwindigkeitsformel 
entsprach. 

An  zwei  Stellen  wurde  es  notwendig,  den  Villoresi-Kanal  vom  Tessin  landeinwärts 
zu  verdrängen  und  den  Werkkanal  an  seine  Stelle  zu  legen.  In  der  Nähe  der  Fabrik 
Visconti  Modrone  bandelte  es  sich  darum,  einen  starken  Auftrag  zu  vermeiden  und 
zwischen  den  Stationen  4446  und  4670  wollte  man  etwas  weiter  vom  Tessin  abkommen, 
um  ein  Durchbrechen  nach  dem  Flusse  bei  etwa  entstehenden  Undichtigkeiten  zu  ver- 
hindern, da  der  Tessin  an  dieser  Stelle  schon  ca.  20,0  m  unter  dem  Wasserspiegel  im 
Kanal  liegt.  Zur  Überführung  von  Wegen  mussten  vier  eiserne  Brücken  über  den  Kanal 
gelegt  werden. 

Der  Kanalarm  für  die  Schiffahrt  hat  von  dem  Schnittpunkt  seiner  Achse  mit  der 
Achse  des  Ponte  Canale  bis  zum  Tessin  etwa  eine  Länge  von  1  km.  Bald  nach  der 
Abzweigung  ist  die  erste  Gruppe  von  zwei  gekuppelten  Schleusen  angelegt,  welche  zu- 
sammen ein  Gefälle  von  14,0  m  überwindet  (vergl.  Taf.  III,  Fig.  2).  Zwischen  der  ersten 
und  zweiten  Schleusengruppe  ist  eine  gerade  Kanalstrecke  von  250,0  m  eingelegt,  um 
hier  ein  Begegnen  der  aufsteigenden  und  abwärtsgehenden  Fahrzeuge  zu  ermöglichen 
und  um  Ein-  und  Auslade-Plätze  für  etwaige  Fabrikanlagen  zu  schaffen  (vergl.  Taf.  II, 
Fig.  1).  Jede  Schleuse  hat  eine  Nutzlänge  von  38,0  m  zwischen  den  Toren  und  eine 
Breite  von  6,40  m  im  Wasserspiegel  und  5,50  m  in  der  Sohle  (vergl.  Taf.  III,  Fig.  2, 
3  u.  4).  Bald  hinter  der  unteren  Schleusengruppe  mündet  der  Unterwasserkanal  der 
Turbinen  in  den  Schiffahrtskanal,  welcher  von  hier  bis  zum  Tessin  noch  ungefähr  500,0  m 
lang  ist  und  auf   den  ersten  350,0  m  ein  Wasserspiegelgefälle  von  0,3°/oo,  auf  den 


346  IL    Theodor  Kobhn.    Ausbau  von  WAssmucnlFrar.    Beispiele. 

letzten  160,0  m  ein  solches  von  l°/oo  hat.    An  derselben  Stelle  mündet  auch  der  kas- 
kadenförmig  angelegte  Überlauf  kanal  ein. 

Für  die  Sicherheit  der  Anlage  ist  besonders  die  Stelle  wichtig» 
an  welcher  der  Kanal  ans  dem  Einschnitt  bei  Castel  Novate  aastritt 
und  sich  in  die  beiden  Arme  teilt.  Man  musste  hier  mit  besonderer  Sorgfalt 
fundieren,  um  nicht  ein  Durchbrechen  des  Wassers  zu  Tale  befürchten  zu  müssen,  und 
das  um  so  mehr,  als  das  Terrain  hier  aus  aufgeschüttetem  Boden  bestand,  welcher  von 
dem  Bau  des  Villoresi-Kanals  herrührt. 

Die  Sicherung  ist  in  der  Weise  erfolgt»  dass  man  von  dem  Schnittpunkt  der  Achsen  der  beiden 
Abzweigungen  an,  die  Betensohle  auf  0,50  m  ▼erstarkt  hat  and  «war  bis  an  die  Stelle,  wo  der  Ponte 
Canale  (vergl.  Taf.  II»  Fig.  1)  beginnt  Im  Sehlensenkanal  ist  von  da  ab  die  Betonsohle  auf  1,0  m  verstärkt 
und  darüber  noch  eine  50  cm  starke  Schicht  ans  fettem,  reinem  Ton  gestampft,  welcher,  um  ihn  Ter 
AhspOlnng  in  schUtsen,  noch  mit  einer  Flachschicht  ans  Ziegelsteinen  bedeckt  ist  Unmittelbar  Ter 
der  Schleuse  ist  die  8ohle  von  einem  Betonbogen  getragen,  welcher  sich  einerseits  auf  die  Schleusen« 
mauer,  andererseits  auf  einen  tiefer  fundierten  Pfeiler  stützt  Da,  wo  die  gemauerten  ßeitonwlode  des 
Brockenkanals  beginnen,  ist  sunichst  quer  Aber  denselben  eine  3,0  m  tief  fundierte  Grundmauer  gelegt 
Daran  anschliessend  folgt  nach  dem  Ernfthause  su  eine  0,80  m  starke  Betonsohle  bis  su  einem  8,40  m 
starken  Betonpfeiler.  Von  diesem  Pfeiler  an  wird  die  Kanalsohle  durch  flache  Bögen  von  4,20  m  Spann- 
weite swischen  kursen  Pfeilern  gebildet,  denen  je  nach  der  Beschaffenheit  des  Bodens  bis  su  4,40  m 
breite  Fundamentplatten  gegeben  wurden,  um  den  Druck  pro  Flächeneinheit  auf  den  Fflllboden  tunlichst 
zu  verringern.  Der  erste  bis  in  den  gewachsenen  Boden  hinein  fundierte  Pfeiler  des  freistehendem 
Brackenkanals  steht  in  der  Böschung,  mit  welcher  das  Terrain  von  + 184,92  auf  + 174.50  abfallt 

Der  freistehende  Brückenkanal  ruht  auf  Bögen  von  4,80  m  Spannweite  und  0,80  m 
Scheitelstärke  zwischen  Pfeilern,  welche  in  K&mpferhöhe  1,30  m  stark  sind  (vergl.  Taf.  II, 
Fig.  4).  Jedesmal  nach  5  Bogen-Öffnungen  folgt  ein  Gruppenpfeiler  von  2,50  m  Breite. 
Die  Länge  der  Mittelpfeiler  quer  zur  Kanalachse  betragt  12,50  m,  die  der  Gruppen- 
pfeiler 12,90  m.  Die  Einzelheiten  des  Brückenkanalprofils  gehen  am  besten  aus  dem 
Querschnitt  Taf.  II,  Fig.  3  hervor.  Viel  erwogen  ist  die  Art  und  Weise,  wie  man  den 
Brückenkanal  gegen  Undichtigkeiten  sichern  könnte.  Wenn  auch  die  Temperatur  im 
Winter  in  der  Gegend  nicht  sehr  tief  unter  0°  sinkt,  so  ist  doch  infolge  der  heissen 
Sonne  der  Temperaturunterschied  zwischen  den  beschienenen  und  beschatteten  Stellen 
und  zwischen  den  wasserberührten  und  den  aussen  liegenden  Betonmassen  recht  be- 
deutend, und  man  musste  sich  darauf  gefasst  machen,  dass  erhebliche  Verschiebungen 
im  Material  vorkommen  würden.  Man  hatte  daran  gedacht,  in  den  Betonkanal  einen 
dichten  Kasten  von  Holz  einzusetzen,  welcher  die  genügende  Dichtigkeit  allein  herstellen 
sollte,  auch  wenn  das  Mauerwerk  reissen  würde.  Schliesslich  hat  man  aber  doch  hier- 
von Abstand  genommen  und  sich  damit  begnügt,  auf  die  eigentlich  tragende  Betonmasse 
rings  um  den  benetzten  Umfang  herum  eine  Schicht  aus  drei  übereinandergelegten 
Asphalt-Filzlagen  einzulegen  und  diese  dann  wieder  mit  einem  in  sorgfaltigster  Weise 
aus  fetterem  Material  hergestellten  Betonschlag  zu  bedecken.  Zunächst  wurde  die  Beton- 
fläche sorgfältig  gesäubert  und  dann  in  Längen  von  4,0  bis  6,0  m  mit  heissem,  flüssigem 
Asphalt  angestrichen;  hierauf  sind  dann  nacheinander  die  drei  Lagen  Asphalt-Filz  ge- 
legt und  jede  sofort  nach  dem  Verlegen  mit  einem  gehörigen  Asphaltanstrich  versehen* 
Nach  Fertigstellung  des  Asphaltbelages  ist  dann  eine  Betonlage  von  ca  20  cm  auf- 
gebracht und  sehr  sorgfaltig  zwischen  einer  vorgebauten  Verschalung  festgestampft  Diese 
Betonlage  wurde,  nachdem  sie  vollkommen  abgebunden  hatte,  gleichfalls  mit  einem  Glattputz 
versehen.  Bei  den  steilen  Seitenwänden  war  es  nötig  und  von  ausschlaggebender 
Wichtigkeit,  das  Bedecken  der  Asphaltschicht  mit  dem  Beton  sofort 
vorzunehmen,  damit  nicht  durch  den  Einfluss  der  Sonne  der  Asphalt 
herabfloss  und  die  Filzlagen  biossiegte.   Die  Gesamtdicke  der  Asphaltschicht 


|  1.  Das  Wahsrkxavt-ElektbizitItbwere  Vizzola.  847 

ist  32  de  Obwohl  sich,  wie  zu  erwarten  war,  in  den  Bögen  und  Seitenwinden  des 
Bräckenkanals  viele  kleinere  and  grössere  Risse  gebildet  haben,  ist  die  Dichtigkeit  den- 
noch eine  vollkommene,  so  dass  der  WasserverluRt  so  gut  wie  Null  ist.  Auch  die  ge- 
wölbten unteren  Bogenflachen  der  Kanalbrücke  sind  so  trocken,  dass  die  Bogen  als 
Lagerräume  benutzt  werden  können.  Die  meisten  Bisse  befinden  sich  an  den  Kämpfern 
und  im  Scheitel  der  Bögen.  Sie  sind  von  ganz  verschiedener  Breite.  Einzelne  erreichen 
bei  niedrigster  Temperatur  eine  Weite  von  16  mm,  und  es  ist  ersichtlich,  dass  die  Bisse 
nicht  nur  an  der  Oberfläche  sind,  sondern  bis  tief  in  die  Betonmasse  der  Seitenwände 
und  Bögen  hineingehen. 

Der  Brückenkanal  endet,  indem  seine  Achse  in  einen  Winkel  von  188*  StK  abbiegt, 
in  einem  Henken,  in  welchem  die  Sohle  um  1,45  m  vertieft  ist  und  die  Sohlenweite  sich 
von  6,35  auf  9,86  m  vergrössert.  Dadurch  wird  die  Geschwindigkeit  des  Wassers  ver- 
langsamt und  eine  Gelegenheit  zur  Ablagerung  des  mitgefühlten  gröberen  Sandes  gegeben. 

Abb.  44.    Aiutefat  des  ÜberUafkuak  und  Aar  antarra  ScfalMMngrapp«. 


Weitere  Torrichtungen  für  diesen  Zweck  waren  nicht  nötig,  weil  das  Wasser  des  Tessins 
fast  direkt  aus  dem  grossen  Sammelbecken  des  Lago  Maggiore  kommt,  also  verhältnis- 
mässig frei  von  Sinkstoffen  ist  und  weif  dem  Wasser  vor  dem  Wehre  selbst  und  in  dem 
grossen  Becken  unterhalb  des  Wehres  Gelegenheit  zur  Ablagerung  gegeben  ist.  In  der 
Praxis,  wie  gleich  vorweg  bemerkt  werden  soll,  hat  sich  auch  herausgestellt,  dass  das 
Wasser  in  schädlichen  Mengen  Sand  nicht  mit  sich  fuhrt,  denn  es  sind  keinerlei  Be- 
schädigungen der  Turbinen  durch  Sand  vorgekommen.  Für  die  zur  Begelung  der  Tur- 
binen dienenden  hydraulischen  Motoren  ist  aber  dennoch  in  dem  Endbecken  eine  kleine 
Filteranlage  eingebaut,  in  welcher  das  Wasser  durch  mehrfaches  Auf-  und  Absteigen  in 
verhältnismässig  grossen  Querschnitten  zur  Ablagerung  aller  etwaigen  Sandbeimengungen 
gezwungen  wird.  Das  Wasser  tritt  aus  dem  Filter  direkt  in  die  Druokrohre  der  hydrau- 
lischen Servomotore,  so  dass  der  vorhandene  Wasserdruck  gleich  zum  Betrieb  der  letzteren 
benutzt  wird. 

In  der  Anssenmaner  des  Beckens  befinden  sich  in  Sohlenhöhe  drei  kreisrunde, 
mit  gusseisernen  Schiebern  verschlossene  Ablasse,   durch  welche  das  Becken  abgelassen 


848  IL     Theodor  Koehn.     Ausbau  tos  Wasserkräften.     Beispiele. 

und  gespült  werden  kann.  Auf  derselben  Mauer  ist  ein  Überlauf  von  90,0  m  Lange  an- 
gelegt (vergl.  Abb.  43),  über  welchen  bei  plötzlichem  Schliessen  aller  Turbinen  der  gante 
Zuüubb  des  Kanals  abstürzen  kann.  Über  den  Überlauf  hinweg  führt  ein  aas  Plattes 
gebildeter  Steg,  damit  die  Revision  des  ganzen  Bauwerkes  jederzeit  möglich  bleibt  Das 
Wasser  fällt  von  diesem  Überlauf  8,5  m  herab  in  einen  Überlaufkanal,. dessen  Sohle  auf 
Terrainböhe  (-f  174,40)  liegt  und  ebenso  wie  seine  Seitenmauern  aus  Beton  gebildet  ist 
Treppen  förmig  fallt  die  Sohle  dieses  Überlaufkanals  in  den  Schiffahrtskanal  ab,  um  die 
grosse  Gefalldifferenz  auf  der  kurzen  Strecke  zu  überwinden  (vergl.  Abb.  44).  Am  abwarte 
gelegenen  Ende  der  ersten  Stufe,  in  welches  das  Wasser  ans  dem  Becken  hineinstürzt, 
ist  eine  Quermauer  errichtet  und  in  dieser  sind  vertikale  Röhren  angelegt 
mit  horizontalen  Zufluss-Öffnungen  in  Höhe  von  1,30  m  über  der  Sohle. 

Abb.  45.     InnarM  de«  Hadscs  Obrr  den  Druckkammern. 


Es  muas  also  immer  ein  Wasserpolster  von  mindestens  1,30  m  Hohe  in 
der  ersten  Stufe  des  ÜberlaufkanalB  bleiben,  so  dass  der  Schlag  des 
herabstürzenden  Wassers  die  Sohle  nicht  angreifen  kann.  Bei  maxi- 
maler Inanspruchnahme  des  Überlaufs  wächst  natürlich  auch  die  Wasserhöhe  des  Über- 
laufkanales  und  kann  so  weit  ansteigen,  dass  ein  Teil  des  Wassers  Über  die  erwähnte 
Quermauer  in  die  zweite  Stufe  abfallen  mnss.  Für  gewöhnlich  genügen  die  vertikalen 
Röhren  in  den  Quermauern.  In  diesen  stürzt  das  Wasser  lotrecht  ab  und  tritt  aus  hori- 
zontalen Öffnungen  in  die  zweite  Stufe  unterhalb  des  Wasserspiegels  aus.  Die  zweite 
Stufe  wie  die  übrigen  vier  haben  dauernd  eine  Wasserhöhe  von  ca.  1,0  m.  Das  Wasser 
tritt  tatsächlich  selbst  bei  reichlichem  Abfluss  aus  dem  Becken  mit  verhältnismässig  ge- 
ringer und  jedenfalls  unschädlicher  Geschwindigkeit  in  den  Schiffahrtakanal. 

Zu  erwähnen  ist  noch,  dass  der  Brückenkanal  am  oberen  Ende  durch  ein  schräg 
angeordnetes  hölzernes  Leitwerk  derart  abgeschlossen  ist,  dass  die  Barken  nicht  in  ihn 
hineingelangen  können,  sondern  in  den  Schiffahrtskanal  abgewiesen  werden.  Unterhalb 
dieses  Leitwerkes  befinden  sich  in  den  Seitenmauern  und  der  Sohle  zwei  Dammbalken- 


5    1.  DAS    WASBEBXBAFT-ELEKTRIzrrATBWBBK    VlZZOLA.  349 

schlitze,  so  dass  der  Ponte  Ganale  mittelst  Dammbalken  im  Falle  von  Reparaturen  trocken 
gelegt  werden  kann.  Um  in  solchem  Falle  die  obere  Kanalstrecke  zu  entlasten,  ist  in 
der  Nähe  des  Schnittpunktes  der  Achsen  vom  Schiffahrtskanal  und  Brückenkanal  eine 
Schleuse  mit  sieben  Schützen-Öffnungen  angelegt,  durch  welche  nötigenfalls  das  Wasser 
in  den  Villoresi-Kanal  abgelassen  werden  kann.  Andererseits  hat  diese  Schützenreihe 
auch  den  Zweuk,  dass,  falls  einmal  am  oberen  Ende  des  Werkkanals  selbst  eine  Repa- 
ratur vorzunehmen  wäre,  durch  den  Villoresi-Kanal  dennoch  Wasser  in  den  Brücken- 
kanal zum  Betrieb  der  Turbinen  eingerührt  werden  könnte  (vergl.  Taf.  II,  Fig.  1). 

Von  dem  Endbecken  des  Brückenkanals  zweigen  auf  der  nach  dem  Krafthause 
zugekehrten  Seite  zwölf  einzelne  Kammern  ab,  welche,  jede  für  sich,  duroh  Schützen 
verachliessbar  sind  (vergl.  Abb.  45)  und  durch  welche  das  Wasser  den  einzelnen  Turbinen 
zugeführt  wird  (vergl.  Taf.  II,  Fig.  2).    Vor  diesen  zwölf  Kammern  befindet  sieb  ein 

Abb.  46.    Ad  sieht  de«  Krafthansn  der  Draekrobre  und  des  Hause«  Aber  den  Druckkammern. 


durchlaufene  )er  Unterbau 

des  Beckens  ist  soweit  als  möglich  in  Bögen,  Kappen  and  Pfeilern  aufgelöst,  so  dass  sich 
unter  dem  Becken  zusammenhängende  gewölbte  Räume  befinden.  Ein  Benutzungszweck 
für  diese  Räume  ist  z.  Zt.  noch  nicht  gefunden. 

Aus  den  zwölf  Kammern  wird  das  Wasser  mittelst  zwölf  schmiedeeiserner  ge- 
nieteter Flanscheiirohre  den  Turbinen  zugeführt,  und  zwar  dienen  zehn  von  diesen 
Rohren  von  je  2,0  m  innerem  Dm.  für  die  Speisung  von  zehn  2000  PSB-Turbinen  und 
zwei  von  je  0,85  m  innerem  Dm.  für  zwei  kleinere  Erregerturbinen  von  220  PSe. 
Die  Rohre  sind  auf  Fundamentsockeln  in  gnsseisernen  Schalen  beweglich  gelagert  nnd 
münden  in  die  Kammern  des  Beckens  mittelst  je  einer  Stopfbüchse  bo  ein,  dass  sie  sieb 
bei  Temperaturunterschieden  in  der  Büchse  bewegen  können.  Die  Röhren  liegen  frei 
und  sind  von  allen  Seiten  zugänglich  (vergl.  Abb.  46).  Unter  ihnen  führen  kleine  Beton- 
rinnen herab,  um  bei  Regen  und  etwaigen  Undichtigkeiten  das  Wasser  abzuführen.  Die  Röhren 
durchdringen  die  Mauern  des  Kratthauses  uud  münden  mit  einem  Krümmer  von  oben 
in  die  Turbinen  ein  (vergl.  Abb.  47).  Das  Druckgefälle  beträgt  bei  N.W.  28,0  m,  bei 
H.W.  24,0  m.     Jedes  Rohr  ist  vor  dem  Eintritt  in  den  Maschinenraum  mit  einem  Ent- 


800  II-     Tbbooob  Koehh.     Ausbau  vom  Wasserkräften.     Beupiklk. 

lastungsrohr  versehen,  durch  welches  es  erforderlichenfalls  entleert  werden  kann  (vergl. 
Tai.  II,  Fig.  2).  Die  grossen  2000  PS»-Frands-Turbinen*)  machen  187  Uml./Min.  nnd 
haben  horizontale  Wellen,  auf  welchen  je  zwei  Laufräder  and  zwei  Leitschaufelrader 
mit  beweglichen  Finkschen  Zungen  sitzen.  Die  Laufräder  gieasen  Ton  beiden  Sehen 
nach  der  Mitte  zu  in  ein  gemeinsames  Saugrohr  ans.  Jedes  Saugrohr  mündet  in  einen 
besonderen  Kanal  und  taucht  in  den  Unter-Wasserspiegel  ein.  Die  zwei  kleinen  Erreger- 
tnrbinen,  mit  300  Uml./Min.,  haben  gleichfalls  liegende  Wellen,  aber  nnr  je  ein  Laufrad. 
Die  Wellen  der  grossen  Turbine  sind  so  gelegt,  dass  von  dem  Gesamtgefalle  bei  N.W. 
6,6  m  als  Saugwirkung,  der  Rest  als  Druck  zur  Geltung  kommt.  Die  selbsttätige  Reg- 
lung  der  Hauptturbinen   von  Riva  Monneret    erfolgt   durch   hydraulische,   diejenige   der 

Abb.  47.    Innere  Ansicht  d« 


Toithschen  Turbinen  durch  mechanische  Servo-Motoren.  Die  zehn  getrennten  Kanäle 
der  grossen  Turbinen  führen  unter  dem  Fussboden  des  Krafthauses  entlang 
und  munden  in  den  gemeinsamen  Unterwasserkanal.  Die  beiden  kleinen  Erreger- 
turbinen dagegen  haben  einen  gemeinschaftlichen  Kanal ,  welcher  dazu  bestimmt 
ist,  einen  Mühlgraben  (Roggia  Molinare)  zu  speisen  (vergl.  Taf.  DJ,  Fig.  1).  Dieser 
Mühlgraben  bezog  früher  das  Wasser  vom  oberen  Tessin  direkt,  sein  Znflnsakanal 
aber  mnsste  infolge  der  Werk-Kanal  anläge  beseitigt  werden.  Auf  diese  Weise 
wird  ihm  das  Wasser  in  derselben  Menge  wieder  zugeführt,  wie  er  es  früher  be- 
kommen hat. 

Um  «in  Bild  van  dem  Umfang  der  Arbeiten  bd  gaben,  m&gen  folgende  Ziffern  hier  Plab  finden. 
Ke  eind  geleistet;  An  Erdarbeiten  1100000  ebtn,  an  aufgehendem  Beton-  nnd  Ziegel-  tesp.  Brndtstun- 
Hnaerwerk  90000  obm,  sn  Kanal-Beklsidnngen  50000  am,  Tsgewerke  in  Tagolohn  «69000. 

Die  Drelphaaen  Dreastroa- Maschinen*)  sind  mit  den  Turbinen  direkt  gekuppelt 
Sie  haben  beweglichen  Induktor,  machen  187  Uml./Min.  und  kennen  je  1050  KW  bei 

«)  Acht  Turbinen  sind  von  Biva  Monneret  in  Mailand,  swei  von  J.  M.  Veitb 
sv  d,  Brens  geliefert. 

>)  Geliefert  von  der  E.  A.  vorm.  Schlickert  et  Co  in  Nürnberg. 


5  1.  Das  Wi«— nAFT-l&MTOBFiTwmi:  Vizzola.  361 

coe  tp  =  1  mit  11  000  Tolt  Spannung  und  50  Perioden  in  der  Sekunde  leisten.  Die 
beiden  Gleichstromerreger-HBSchinen  sind  gleichfalls  mit  ihren  Turbinen  direkt  gekuppelt, 
machen  300  Uml./Min.  und  leisten  je  146  KW  bei  110  Volt  Spannung. 

Abb.  48.    Anaiaht  de*  Knftkraaw  von  UntorwuMr  sbb. 


Der  bauliche  Teil  des  KmfUurases  bietet  kerne  Besonderheiten  (vergl.  Abb.  48}. 
Es   enthalt   einen   grossen   Maschniensssl   Ton   91,20  m   Länge,   16,70  m  Breite   und 

Abb.  49.    LnwrM  &**  MMchioenrwuni  wShrend  de*  Montage. 


11,80  m  Hohe  bis  zum  Dachbinder  (7,66  qm  Bodenflache  für  100  installierte  PS.  der 
Hauptturbinen),  welcher  mit  einem  grossen  Kran  für  die  Montage  und  Reparatur  der 
Maschinen  (vergl.  Abb.  49)  ausgerüstet  ist.    Das  Dach  ist  ganz  flach  und  nach  dem  System 


352  II.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

„Bianchi"  eingedeckt.  Anf  den  eisernen  Pfetten  liegen  in  Abständen  von  je  1,0  m 
I-Eisen,  in  welche  hineinpassende  Hohlziegel  dicht  an  dicht  geschoben  sind.  Die  Ober- 
fläche der  Hohlziegel  liegt  bändig  mit  der  Oberkante  der  I  Träger.  Die  so  gebildete 
Dachfläche  ist  mit  mehreren  Lagen  Asphaltpappe  bedeckt,  und  darauf  ist  Kies  und 
Chausseeschlick  gebracht  wie  bei  Holzzement-Dächern.  Die  Dichtigkeit  ist  eine  voll- 
kommene  und  das  Erfordernis  der  Feuersicherheit  erfüllt.  Ausserdem  kühlt  das  Dach 
im  Winter  nicht  stark  ab,  so  dass  es  nicht  tropft.  Freilich  wird  eine  solche  Eindeckung 
teuer  (8,0—10,0  Lire  pro  qm). 

Hervorzuheben  wäre  noch  die  Anlage  eines  unter  dem  ganzen  Maschinenräume 
hinlaufenden  4,10  m  breiten  Kabel-Kanals  (vergl.  Taf.  II,  Fig.  2),  in  welchem  alle  von 
den  Maschinen  ausgehenden  Leitungen  in  übersichtlicher  Weise  untergebracht  sind.  Ein 
solcher  Raum  sollte  mit  möglichst  reichlichen  Abmessungen  in  keinem  elektrischen  Kraft- 
hause fehlen.  Vor  dem  eigentlichen  Maschinensaale  nach  dem  Becken  zu  befindet  sich 
noch  ein  besonderer,  vom  Maschinensaale  aus  zugänglicher  und  unter  einem  besonderen 
Dach  befindlicher  Raum,  in  welchem  sich  die  Schieber  der  Haupt-Druckrohre  und  die 
Entlastungsrohre  derselben  mit  ihren  Schiebern  befinden. 

Obwohl  in  einem  Vorbau  zum  Maschinensaale  für  die  Schaltanlage  in  zwei  Etagen 
übereinander  je  ein  Raum  von  17,0  m  Länge  und  3,60  m  Breite  zur  Verfügung  gestellt 
wurde,  hat  sich  dennoch  schon  bei  der  Montage  des  ersten  Ausbaus 
herausgestellt,  dass  der  Platz  zu  knapp  war. 

Im  Erdgeschoss  der  Schaltanlage  befinden  sich  alle  für  die  Regulierung  der 
Dynamo-Maschinen  erforderlichen  Schaltapparate;  im  ersten  Stock  diejenigen  für  die 
Fernleitung.  An  der  äusseren  Seite  des  im  ersten  Stocke  befindlichen  Hauptschaltbrettes 
sind   nur  isolierte  Griffe  und  Apparate   mit  niedriger  Spannung  sichtbar  und  greifbar. 

Für  jede  Phase  einer  Fernleitung  Bind  je  ein  Siemens  scher  Homer-Blitzableiter  und  ein  Wnrts- 
scher  Abieiter  mit  Kohlen  widerständen  zum  Schutze  der  Maschinen  gegen  atmosphärische  Entladungen 
eingeschaltet  Ausserdem  ist  für  jede  Linie  ein  Wasserstrahlapparat  zur  dauernden  Entladung  atmo- 
sphärischer Elektrizität  angelegt  (vergl.  Kap.  III,  6B  und  Kap.  III,  7).  Für  die  Unterbringung  der  Blitz- 
schutz Vorrichtungen  wurde  nachträglich  ein  besonderer  Raum  Qber  den  Druckrohrschiebern  angelegt. 

Die  industriellen  Orte  Gallarate  (10  km  von  dem  Krafthause),  Busto  Arsizio  (rd. 
15  km),  Legnano  (rd.  18  km),  Saronno  (rd.  28  km),  Sesto  Calende  (rd.  15  km)  und  ihre 
Umgebungen,  sowie  das  Tal  des  Flusses  Olona  sind  ein  gutes  Absatzgebiet  für  die  er- 
zeugte Elektrizität.  Hauptsächlich  handelt  es  sich  um  Kraftabgabe  an  Spinnereien, 
Maschinenbau-Anstalten  und  andere  industrielle  Unternehmungen.  Drei  gesonderte  Fern- 
leitungen, bestehend  aus  blanken  Kupierdrähten,  gehen  von  dem  Krafthause  aus  in  die 
Konsumgebiete.  Für  die  Beleuchtungsanlagen  in  den  Orten  Gallarate,  Busto  Arsizio  und 
Legnano  und  ihrer'  Umgebung  sind  noch  auf  denselben  Masten  besondere  Lichtleitungen 
verlegt.  Mailand  ist  40  km  entfernt.  Bis  jetzt  hat  die  Societä  Lombarda  nach  dorthin 
ihre  Strom  lieferung  noch  nicht  ausgedehnt.  Die  Gesamtlänge  der  Primär-  und  Sekundär- 
leitungen betrug  bereits  1903  für  das  Krafthaus  Vizzola  allein  150  km6).  Die  Montage 
erfolgte  auf  eisernen  Gittermasten  mit  eichenen  Auslegern  und  Porzellan-Isolatoren  (vergl. 
Kap.  III,  7.  Fernleitungen).  Die  Spannung  beträgt  wie  die  Maschinenspannung  11000  Volt 
In  den  genannten  Orten  und  an  anderen  Stellen,  wo  es  die  Umstände  erforderten,  wird 
der  Strom  in  Transformatoren-Stationen,  welche  meistens  mit  normalen  Typen  von 
200  KW  ausgerüstet  sind,  auf  3600  Volt  herabtransformiert  und  von  da  in  einem 
sekundären  Netz   verteilt.    Grössere  Konsumenten   haben   zum  Teil   bei   sich   selbst   eine 

<>)  Das  Netz  ist  inzwischen  noch  erheblich  weiter  ausgebaut,  da  die  Gesellschaft  noch  andere 
Kräfte  erworben  hat  und  betrug  Ende  190">  schon  254,0  km. 


§  1.  Das  Wasserkraft  Elektrizitätswerk  Vizzola.  353 

besondere  Transformatorenstelle  einrichten  lassen,  in  welcher  der  primäre  Strom  auf 
600  Volt  herabtransformiert  wird.  Der  sekundäre  Strom  von  3600  Volt  wird  zum  Teil 
direkt  mit  dieser  Spannung  an  die  Konsumenten  abgegeben,  zum  Teil  noch  an  den 
Konsumstellen  auf  125  Volt  ein  zweites  Mal  transformiert.  Von  den  Niederspannungs- 
Klemmen  der  sekundären  Transformatoren  an  hat  der  Konsument  die  weitere  Leitung 
auf  seine  Kosten  anzulegen  und  zu  bedienen.  Im  ganzen  waren  1903  bereits  113  ein- 
zelne Transformatoren-Stellen  im  Betriebe. 

Alle  Stromlieferungsverträge  sind  auf  Basis  von  Pauschalpreisen  pro  KW  und 
Jahr  abgeschlossen,  welche  zwischen  einem  Maximum  von  400  Lire  bei  einem  Konsum 
bis  zu  5,0  KW  und  einem  Minimum  von  160  Lire  bei  einem  Konsum  über  700  KW 
schwanken.  Bei  den  meisten  Verträgen  ist  der  Strom  12  stündig  zur  Verfügung  gestellt. 
Für  24stÜDdige  Benutzung  ist  ein  um  60  bis  70°/o  erhöhter  Preis  zu  entrichten. 

Es  steht  in  dem  Krafthause  Vizzola  an  den  Turbinenwellen  gemessen,  eine  ständige 
Kraft,  welche  als  355tägige  bezeichnet  werden  darf,  unter  Mitverwendung  der  von  dem 
DucaViscontiModrone  erworbenen  7  cbm/sek.  von  etwa  15400  PS«  zur  Verfügung. 
Die  neunmonatliche  und  sechsmonatliche  Kraftleistung  ist  natürlich  noch  höher.  Es  ist 
also  die  S.  244  in  Tabelle  I  des  Vergleichs  wegen  mit  */s  der  installierten  Turbinen- 
leistung angenommene  sogenannte  „mittlere  Nutzleistung*  für  Vizzola  viel  zu  ungünstig, 
und  es  liegt  gerade  der  hohe  Wert  dieser  Wasserkraftanlage  in  der  verhältnismässig 
grossen  Gleichmässigkeit  der  verfügbaren  Wassermengen. 

Im  Jahre  1908  haben  die  Gesamteinnahmen  der  Lombard»  schon  1984129  Lire  betragen.  Da 
aber  die  Einnahmen  der  letzten  Monate  1908  eich  bereite  anf  je  180000  Lire  beliefen,  so  hätte  man  pro 
1904  mit  einer  Jahreaeinnabme  von  mindestens  2160000  Lire  aus  der  Yizsola- Anlage  allein  rechnen 
können.  Die  Gesellschaft  hat  später  eine  grosse  Dampf zentrale  in  Caatellanza  errichtet  und  es  sind 
noch  andere  Wasserkräfte  hinzugekommen,  so  daes  man  ans  späteren  Geschäftsberichten  den  Anteil  der 
Wasserkraftanlage  Vizzola  an  den  Gesamteinnahmen  nicht  mehr  erkennen  kann.  Die  erzielte  Durch- 
schnittspreis hatte  im  Jahre  1905  för  das  bei  den  Konsumenten  abgegebene  KW  und  Jahr  238  Lire  bei 
12  ständiger  Lieferung  betragen.  Wegen  eines  Projektes  zur  Verwendung  der  verfügbaren  Kraft  während 
der  Nachtstunden  vergl.  Kap.  III»  1  G.  Stauweiher. 

Über  die  Anlagekosten  enthält  die  Tabelle  I  S.  244/245  einige  Angaben. 
Die  Betriebsausgaben  betrugen  1903  in  runden  Zahlen: 

a)  für  alle  direkten  Betriebskosten,  einschliesslich  der  Kosten  für  die  allgemeine 
Verwaltung,  aber  ohne  Steuern,  Abgaben  und  Wasserzins,  Lire  315500; 

b)  för  Steuern  und  Abgaben  sowie  für  den  Wasserzins  Lire  1980006);  zusammen 
also  513500  Lire.  Das  Gesamtanlagekapital  betrug  Ende  1903  (ohne  Abzug  der  seit 
Betriebseröffnung  erfolgten  Abschreibungen)  13328000  Lire,  so  dass  die  obigen  Aus- 
gaben etwa  4,2 °/o  des  Anlagekapitals  ausmachen.  Rechnet  man  für  die  indirekten 
Betriebsausgaben  noch  7 — 8%  hinzu,  so  würden  1903  die  Gesamtbetriebsausgaben 
11,2 — 12,2%  des  Anlagekapitals  betragen  haben. 


&)  Im  Geschäftsbericht  ist  für  diesen  Posten  xwar  eine  höhere  Zahl  angegeben ,  welche  aber 
hier  deshalb  nicht  flbernommen  werden  konnte,  weil  sie  rückständige  Steuern  ans  Vorjahren  mit  enthält 


Handbuch  der  In«  - Wimoseh     in.  Teil.    18.  Bd.  23 


354  IL    Theodor  Koehx.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 


§  2.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  am  Naviglio  Grande  bei 

TlirbigO  der  Societä  Lombarda  per  Distribuzione  di  Energia  Elettrica, 

Mailand1).    Hierzu  Taf.  IV-VIL 

Da  die  Societä  Lombarda  bald  nach  Eröffnung  ihres  Werkes  bei  Vizzola  infolge 
der  grossen  Nachfrage  nach  Kraft  zu  der  Erkenntnis  kam,  dass  sie  den  Bedarf  mit 
ihrer  Anlage  in  Yizzola  allein  nicht  decken  könne,  erwarb  sie  im  August  1901  von  den 
Ingenieuren  G.  B.  Conti,  Greppi  und  Sioli  eine  Eonzession  für  eine  Wasserkraft 
von  5000  PS«  am  Naviglio  Grande.  Letzterer,  von  dem  schon  bei  der  Beschreibung  der 
Vizzola-Anlage  die  Rede  gewesen  ist,  hat  eine  Gesamtlänge  von  rd.  50,0  km.  Auf  den 
ersten  30,0  km  vom  Austritt  aus  dem  Tessin  bis  zum  Orte  Abbiategrasso  hat  der  Kanal 
ein  Gefälle  von  29,0  m,  auf  den  restlichen  20,0  km  bis  Mailand  nur  ein  Gesamtgefälle 
von  4,5  m.  Da  die  Erbauer  des  Kanals  Kammerschleusen  wahrscheinlich  noch  nicht 
kannten,  so  hat  man  sich  dem  Terrain  möglichst  angeschmiegt.  Die  Geschwindigkeit 
auf  der  ersten  Strecke  war  für  die  Schiffahrt  stets  eine  grosse  Schwierigkeit  und  machte 
die  Unterhaltung  kostspielig.  Neben  der  Schiffahrt  dient  der  Naviglio  Grande  haupt- 
sächlich der  Bewässerung  des  Landes.  Infolgedessen  nimmt  die  Wassermenge  in  seinem 
Verlaufe  ab  und  verringert  sich  bei  dem  Eintritt  in  Mailand  auf  7,0  cbm/sek.,  während 
sie  bei  dem  Austritt  aus  dem  Tessin  65,0  cbm/sek.  beträgt.  Hieraus  ergibt  sich  schon,  dass 
die  letzten  20,0  km  einen  wesentlichen  Wert  für  Kraftzwecke  nicht  besitzen.  Für  die 
Abführung  des  Wassers  auf  den  ersten  30,0  km  würde  ein  Gefalle  von  5,0 — 6,0  m  ge- 
nügen, so  dass  23,0—24,0  m  Gefalle  für  industrielle  Zwecke  gewonnen  werden  könnten. 
Im  Februar  1894  haben  dann  auch  die  oben  genannten  Ingenieure  der  Regierung  ein 
Konzessionsgesuch  vorgelegt  auf  Grundlage  eines  Projektes,  nach  welchem  sie  das  Ge- 
fälle auf  den  ersten  30  km  bis  Abbiategrasso  in  sechs  Stufen  ausnützen  wollten.  Bald 
darauf  wurden  auch  von  anderer  Seite  Projekte  vorgelegt,  welche  andere  Lösungen  dar- 
boten. Die  italienische  Regierung  gab  aber  den  drei  genannten  Ingenieuren  unter  dem 
24.  August  1899  die  Konzession  für  die  industrielle  Ausnützung  von  60  cbm/sek.  auf 
den  ersten  30,0  km,  indem  sie  die  Ermächtigung  hinzufügte,  für  die  Ausführung  des 
Projektes  Änderungen  vorzuschlagen,  wenn  nur  die  Hauptgesichtspunkte  fiir  die  zweck- 
mässige Ausnützung  der  Wasserkraft,  für  die  Verbesserung  der  Schiffahrt  und  die  Wah- 
rung der  bestehenden  Wasserrechte  beachtet  würden.  Der  grosse  volkswirtschaftliche 
Vorteil  des  Projektes  musste  einleuchten.  Für  die  Schiffahrt  konnte  das  Hindernis  der 
zu  starken  Geschwindigkeit  im  Naviglio  Grande  beseitigt,  für  die  Industrie  konnten 
ca.  15500  theoretische  PS  gewonnen  werden,  ohne  die  vorhandenen  Bewässerungsrechte 
einzuschränken.  Ausserdem  war  an  den  Fiskus  nach  der  Ausführung  der  gesetzliche 
Kanon  von  3  Lire  pro  PS,  d.  i.  3  X  15500  =  46500  Lire,  jährlich  zu  zahlen  und  die 
Unterhaltungspflicht  des  alten  Naviglio  Grande  auf  der  auszubauenden  Strecke  fiel  den 
Unternehmern  zur  Last. 

Für  die  Societä  Lombarda  hatte  besonders  die  erste  Strecke  des  Naviglio  Grande 
vom  Ausfluss  aus  dem  Tessin  an  gerechnet  Interesse,  weil  das  zugehörige  Krafthaus 
unweit  Vizzola  zu  errichten  war,  was  wegen  der  Benutzung  der  vorhandenen  Fernleitung 
sowohl,  als  auch  wegen  der  gemeinsamen  Aufsicht  des  Betriebes  besondere  Vorteile  bot. 


i)  Di«  Abbildungen  sind  aus  der  Veröffentlichung  von  Alesaandro  Scotti:   ,Le  Föne  Idran- 
liehe  del  Naviglio  Grande  e  L'  Impianto  Idroelettrico  di  Turbigo"  entnommen. 


§  2.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Turbigo,  355 

Die  Lombarda  änderte  daher  die  Projekte  der  Konzessionäre  so  ab,  dass  die  ersten  drei 
Stufen  zu  zwei  vereinigt  worden,  von  denen  die  erste  in  der  Nähe  des  Ortes  Turbigo 
mit  60  cbm/sek.  8,20  m  Gefälle,  die  zweite  zwischen  Turbigo  und  Castelletto  di  Cuggiono 
mit  50  cbm/sek.  3,80  m  Gefälle  hatte.  Auf  die  letztgedachte  Kraft  und  die  übrigen 
Wasserkräfte  der  ersten  30  km  des  Naviglio  Grande  erwarb  die  Lombarda  eine  Option. 
Vorläufig,  zur  Ausführung  bestimmt  wurde  aber  nur  die  erste  Gefällstufe  bei  Turbigo. 
Für  diese  Strecke  kamen  nur  drei  gesonderte  Bewässerungsrechte  in  Frage,  welche  bei 
Anlegung  des  neuen  Kanals  leicht  befriedigt  werden  konnten.  Auf  der  weiteren  Strecke 
aber  häufen  sich  die  Wasserrechte  und  der  Konzessionär  der  Wasserkraft  wird  immerhin 
auf  erhebliche  Verwickelungen  und  Prozesse  zu  reebnen  haben. 

Die  Regierung  stimmte  mit  Dekret  vom  11.  Januar  1902  dem  Antrage  der  Lom- 
barda zu,  an  die  Stelle  der  alten  Konzessionäre  für  die  erste  Strecke  zu  treten,  und 
genehmigte  auch  das  veränderte  Projekt.  Bei  der  Bearbeitung  des  Projektes  stellte  sich 
dann  noch  als  vorteilhafter  heraus,  den  Kanal  auf  die  linke  Seite  des  Naviglio  Grande 
zu  legen,  statt  auf  die  rechte,  wie  es  die  drei  Ingenieure  projektiert  hatten,  weil  der 
Kanal  auf  der  rechten  Seite  fast  in  der  ganzen  Länge  hätte  im  Auftrag  liegen  müssen. 
Auf  der  linken  Seite  konnte  er  zum  weitaus  grössten  Teil  im  Einschnitt  angelegt  werden. 
Ausserdem  bot  die  Lage  auf  der  linken  Seite  den  Vorteil,  dass  das  alte  Bett  des 
Naviglio  Grande  mit  allen  seinen  Entlastungsüberfallen  und  Schleusen  während  des  Baues 
des  neuen  Kanals  unverändert  bestehen  bleiben  konnte,  und  man  das  alte  Bett  später 
nach  Fertigstellung  des  neuen  Kanals  bei  Hochwasser  sowohl,  als  auch  im  Falle  einer 
notwendigen  Reparatur  im  neuen  Kanal  für  die  Abführung  des  Wassers,  die  Aufrecht- 
erhaltung der  Schiffahrt  und  der  Bewässerung  benutzen  konnte. 

Die  Arbeiten  für  die  Ausführung  des  Werkes  sind  im  März  1903  begonnen  und 
der  Betrieb  wurde  schon  im  Herbst  1904  eröffnet.  Zwischen  dem  Ausflusse  des  N.  Gr. 
aus  dem  Tessin  und  dem  Unterwasser  der  Anlage  Vizzola  liegt  noch  ein  nutz- 
bares Gefalle  von  rd.  7,5  m.  Die  Konzession  für  die  Ausnützung  dieses  Gefälles 
war  an  die  Mittelmeer- Bahngesellschaft  gegeben,  um  sie  für  die  Umwandlung  der 
Linie  Mailand- Varese  in  elektrischen  Betrieb  zu  benutzen.  Der  elektrische 
Betrieb  ist  bekanntlich  inzwischen  eingeführt  und  seit  1901  in  regelmässiger  Benutzung. 
Man  hielt  es  damals  zunächst  für  vorteilhafter,  in  der  Nähe  des  Örtchens  Tornavento,  wo 
auch  das  zukunftige  Wasserkrafthaus  seinen  Platz  finden  musste,  eine  grosse  Dampf- 
zentrale zu  errichten,  welche  schon  im  Oktober  1901  in  feetrieb  genommen  wurdd.  Es 
ist  das  darauf  zurückzuführen,  dass  zu  dem  Zeitpunkt,  als  die  Einrichtung  des  elek- 
trischen Betriebes  für  die  gesamte  Strecke  beschlossen  wurde,  es  noch  unsicher  war,  ob 
die  Konzession  der  Mittelmeerbahn,  welche  1905  ablief,  verlängert  werden  würde  oder 
nicht.    Inzwischen  hat  der  italienische  Staat  die  Mittelmeerbahn  übernommen. 

Als  nun  die  Lombarda  im  Begriff  war,  an  den  Ausbau  der  Wasserkraft  von  Tur- 
bigo zu  gehen,  drängte  sich  der  Gedanke  auf,  dass  es  doch  am  zweckmässigsten  sein 
würde,  das  Gefalle  bei  Tornavento  mit  dem  von  Turbigo  zu  einem  Gesamtgefälle  von 
15,70  m  zu  vereinigen.  Die  Schiffahrt  hätte  zwischen  Vizzola  und  Turbigo  keine 
Schleusen  mehr  passieren  brauchen,  und  die  Anlage  und  Betriebskosten  pro  PS«  wären 
erheblich  billiger  geworden.  Allein  die  eingeleiteten  Verhandlungen  blieben  erfolglos, 
weil  die  Mittelmeer-Gesellschaft  beim  damaligen  Stande  der  Dinge  keine  weittragenden 
Verbindlichkeiten  eingehen  konnte. 

Der  neue  Werkkanal  zweigt  in  der  Nähe  des  kleinen  Gehöftes  Gastellana  aus 
dem   alten  Naviglio  Grande    ca.  800,0  m   unterhalb  von    der   Ausmündung    aus    dem 

23* 


866  IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  vom  Wasserkräften.    Beispiele. 

Tessin  ab  und  verläuft  ca.  2,0  km  parallel  mit  dem  alten  Kanal  (vergl.  Taf.  IV,  Fig.  1). 
Nach  2,0  km.  bei  einer  alten  Mahle  „Tinella",  tritt  das  den  Tessin  begleitende  Plateau 
mit  einem  steilen  Hang  von  40,0  m  Höhe  fast  dicht  an  den  N.  Gr.  heran  und  es  ergab 
sich  durch  Rechnung,  dass  es  vorteilhafter  war,  das  Bett  des  N.  Gr.  flusswärts  in  seiner 
halben  Breite  zu  verschieben  und  so  Platz  für  den  neuen  Kanal  in  der  Ebene  zu  ge- 
winnen, als  die  grossen  Erdmassen  des  Plateaus  abzutragen.  Auf  der  übrigen  Strecke 
ist  gleichfalls  die  Trace  der  geringsten  Erdbewegung  gesucht.  Etwa  600,0  m  aufwärts 
'  der  Brücke  bei  Turbigo  mündet  der  Unterwasserkanal  des  Kraftwerkes  wieder  in  den 
N.  Gr.  ein,  während  ca.  120,0  m  weiter  abwärts  der  lediglich  der  Schiffahrt  dienende 
Arm  des  neuen  Kanals  den  N.  Gr.  wieder  erreicht.  Um  die  8,20  m  Gefälle  zu  erzielen, 
war  es  noch  notwendig,  den  N.  Gr.  auf  der  Strecke  vom  Krafthaus  bis  zur  Brücke  bei  Tur- 
bigo durch  Sohlenvertiefung  zu  regulieren.  Wegen  des  neuen  Profils  vergl.  Taf.  V,  Fig.  5. 
Da  der  N.  Gr.  regelmässig  im  Jahr  einmal  zur  Vornahme  von  Reparaturen  trocken 
gelegt  wird,  so  konnte  diese  Profilveränderung  ohne  Schwierigkeiten  ausgeführt  werden. 
Die  Profile  des  Werkkanals  zeigen  Taf.  V,  Fig.  3  u.  4.  Auf  den  ersten  1508,0  m  ist 
die  Sohlenbreite  22.0  m  und  die  Wassertiefe  2,80  m.  Auf  der  übrigen  Strecke  bis  zur 
Abzweigung  des  Armes  für  die  Schiffahrt  die  Sohlenbreite  15,0  m  und  die  Wassertiefe 
3,40  m.  Die  Böschungen  haben  eine  Neigung  von  1 : 1,25.  Sohle  und  Böschungen  sind 
wie  bei  dem  Vizzola-Kanal  mit  Beton  bekleidet  und  mit  einem  Zementputz  geglättet. 
Der  Wasserspiegel  im  N.  Gr.  400,0  m  unterhalb  der  gegenwärtigen  Ausmündung  aus 
dem  Tessin  hatte  bei  normalem  Wasserstande  eine  Höhe  von  -f  146,75  N.N.  des 
Adriatischen  Meeres,  während  der  Wasserspiegel  an  der  Brücke  bei  Turbigo  auf 
+  137,46  m  lag.  Von  diesen  beiden  Höhenzahlen  ist  man  bei  der  Projektierung  aus- 
gegangen. Für  die  Berechnung  der  Geschwindigkeit  ist  wieder  die  Formel  von  Gangui llet 
und  Kutter,  wie  sie  bereits  bei  der  Beschreibung  der  Vizzola- Anlage  angegeben  wurde, 
benutzt.  Es  ergeben  sich  bei  den  gewählten  Profilen  und  Wassertiefen  Geschwindig- 
keiten von  1,05  m/sek.  für  das  Profil  von  22,0  m  Sohlenbreite,  und  1,18  m/sek.  für  das 
Profil  von  15.0  m  Sohlenbreite,  d.  h.  eine  Leistungsfähigkeit  von  ca.  71,5  cbm/sek., 
während  konzessionsmässig  der  Kanal,  einschliesslich  der  für  die  Schiffschleusen  und  die 
Bewässerung  erforderlichen  Wassermengen,  nur  65  cbm  abzuführen  hat.  Dass  man  die 
Profile  aber  etwas  grösser  gewählt  hat,  rechtfertigt  sich  dadurch,  dass  während  acht 
Monaten  sehr  reichlich  Wasser  zur  Verfügung  steht  und  die  Lombarda  bei  Cafttellanza 
eine  Dampfzentrale  zur  Reserve  besitzt,  mit  welcher  sie  in  den  vier  Monaten  der  wasser- 
armen Zeit  ihre  Wasserkraftwerke  durch  Dampfkraft  ergänzen  kann.  Von  dieser  Dampf- 
zentrale wird  weiter  unten  noch  die  Rede  sein. 

An  der  Einlaufstelle  konnte  im  Schutze  eines  Fangedammes  die  Werkkanal- 
mündung ohne  Wasserhaltung  ausgegraben  werden«  Der  Eüüauf  ist  durch  10  Schützen- 
tafeln von  je  3,0  m  Breite  und  2,0  m  Höhe  regulierbar  (vergl.  Taf.  V,  Fig.  1  u.  2). 
Die  gesamte  lichte  Breite  der  Einlauföffnung  zwischen  den  Pfeilern  ist  so  berechnet, 
dass  mit  einem  Gefallverlust  von  0,15  m  die  konzessionsmässige  Wassermenge  von 
65  cbm/sek.  in  den  Kanal  eintreten  kann.  Auf  den  Pfeilern  liegt  oberhalb  des  höchsten 
Wasserstandes  eine  Brücke,  welche  zugleich  zur  Überführung  einer  öffentlichen  Land- 
strasse dient  und  die  Bewegungsmechanismen  für  die  Schützentafeln  trägt  Unterhalb 
des  Einlaufe  des  Werkkanals  zweigt  der  Schleusenkanal  ab,  durch  welchen  die  Schiffahrt 
ihren  Weg  zu  nehmen  hat  (vergl.  Taf.  V,  Fig.  1).  Nach  einer  Einlaufstrecke  für  die 
Barken  von  150,0  m  folgt  die  Schleuse,  welche  nach  dem  alten  Normalprofile  mit  38,0  m 
Länge  zwischen  den  Toren,  5,50  m  Breite  in  der  Sohle  und  6,40  m  Breite  im  Wassef- 
spiegel   errichtet  ist.    Die  Tore  sind  aus  Holz,   gleichfalls  nach   alten  Mustern.    Das 


§  2.  Das  Wasberkbaft-ElektrizitItswbrk  Turbigo.  357 

Schleusenwasser  tritt  durch  einen  in  einer  Seitenwand  angelegten  Kanal  ein  und  aas. 
Unterhalb  des  Einlaufs  in  den  Schiffahrtsarm  ist  der  Naviglio  mittelst  eines  P  o  i  r  e  e  sehen 
Nadelwehres  abgeschlossen  *).  Die  Stauhöhe  entspricht  dem  normalen  Wasserstande.  Man 
hat  diese  bewegliche  Konstruktion  einem  einfachen  Damme  vorgezogen,  um  das  Bett 
des  Naviglio  auf  alle  Fälle  zur  Verfügung  zu  behalten.  Etwa  60,0  m  oberhalb  des 
Nadelwehres  befindet  sich  auf  der  rechten  Seite  des  Naviglio  ein  Kiesfreilauf  mit  5 
Öffnungen  von  je  2,0  m  Breite.  Die  Sohle  des  Naviglio  ist  gegen  diesen  Kieslauf  zu 
vertieft,  damit  sich  Kies  und  Sand  an  dieser  Vertiefung  ablagert  und  durch  den  Kies- 
freilauf fortgespült  werden  kann.  Weiter  oberhalb  sind  auf  der  rechten  Seite  des  N.  Gr. 
noch  drei  Überläufe,  zur  Entlastung  des  Kanals  in  Fällen  von  Hochwasser,  angebracht. 
Sowohl  die  drei  Überläufe,  als  auch  der  Kiesfreilauf  münden  in  einen  alten  Flussarm  des 
Tessin,  „Marinone"  genannt.  An  der  alten  Aasmündung  des  Naviglio  aus  dem  Tessin 
ist  nichts  verändert.  Durch  einen  schräg  in  den  Fluss  eingebauten  Steindamm,  dessen 
Krone  auf  N.W.  liegt,  wird  bei  N.W.  eine  genügende  Wassermenge  des  Tessins  ge- 
zwungen, in  den  Naviglio  einzutreten.  Da  dieser  alte  Damm  seit  Jahrhunderten  seinen 
Zweck  erfüllt  hat,  lag  keine  Veranlassung  vor,  ihn  zu'  ändern.  Um  das  Hochwasser 
von  dem  neuen  Kanal  fernzuhalten,  ist  die  Einmündung,  und  soweit  es  nötig  war,  das 
rechte  Ufer  durch  Dämine  geschützt,  deren  Kronen  auf  -f-  150,20  liegen. 

Zur  Überführung  des  Treidelweges  ist  eine  kleine  Brücke  über  den  Kanaleinlauf 
errichtet. 

Ausser  den  bereits  erwähnten  Kunstbauten  wurden  im  Laufe  des  Kanals  noch 
nötig :  drei  eiserne  Brücken  für  Landwege,  zwei  Überfälle,  ein  Dücker  um  den  Bach  „Gora 
Molinara"  unter  den  Kanal  hindurchzuführen  und  zwei  Öffnungen  zur  Abführung  von  Wasser 
für  Bewässerungszwecke.  Bei  der  Station  5400  teilt  sich  der  Kanal  in  2  Anno,  von 
denen  der  linke  ausschliesslich  für  die  Schiffahrt  bestimmt  ist  (vergl.  Taf.  VI,  Fig.  2). 
In  zwei  unmittelbar  aneinanderstossenden  Schleusen  von  normaler  Konstruktion  wird  das 
Gefälle  von  8,20  m  überwunden.  Die  Sohle  des  Schleusenkanals  liegt  um  1,80  m  höher, 
als  die  Sohle  des  Werkkanals,  da  konzessionsmässig  durch  den  Schiffahrtskanal  nur 
3,0  ebta  fliessen  sollen,  für  die  kleinen  Fahrzeuge  aber  immer  noch  reichlich  Wasser- 
tiefe bleibt. 

Bemerkt  sei  noch,  dass  an  den  konkaven  Ufern  des  Werkkanals  zum  Schutze  der 
Böschungen  und  der  Fahrzeuge  in  Abständen  von  4,0  bis  5,0  m  starke  Rundhölzer  mit 
eisernen  Schellen  auf  den  Böschungen  befestigt  sind  (vergl.  Taf.  VI,  Fig.  2). 

Der  Werkkanal  wendet  sich  von  der  Abzweigung  des  Schiffahrtarmes  an  mit 
einer  Kurve  nach  dem  Krafthause  zu,  welches  dicht  an  das  linke  Ufer  des  alten 
Naviglio  lotrecht  zur  Achse  des  neuen  Kanals  gestellt  ist  (Taf.  VI,  Fig.  1.)  Vor  der 
Turbinenkammer  erweitert  sich  der  Kanal  zu  einem  Becken.  Jede  der  sechs  Turbinen- 
kammern ist  für  sich  durch  zwei  Schützentafeln  von  je  3,0  m  Breite  gegen  das  Becken 
abschliessbar.  Hinter  den  Schützentafeln  befindet  sich  für  jede  Kammer  ein  Rechen 
aus  Flacheisen,  um  schwimmende  Körper  zurückzuhalten.  Die  Turbinenkammern  sind 
im  übrigen  oben  offen  und  jede  kann  durch  Schieber  nach  dem  unter  der  Kammer 
befindlichen  Turbinenkanal  entleert  werden. 

Über  den  Pfeilern,  welche  die  Turbinenkammern  bilden,  läuft  eine  Brücke,  von 
welcher  aus  die  Vorgelege  der  Schützentafeln  bedient  werden  können.  Auf  dem  Boden 
von   fünf  Turbinenkammern    sind   fünf   gleiche  Turbinen8)    von  normal   1500  PS«   bei 


*)  Abb.  dieses  Wehres  findet  sich  Kap.  III,  lAf  Wehre. 

9)  Die  Turbinen  sind  von  Riva  Monneret  in  Mailand  geliefert. 


358  IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräfte*.    Beispiele. 

125  UmL/Min.  und  einer  Wassermenge  von  18000  1/sek.  aufgestellt  Jede  Turbine  hat 
zwei  Laufräder  und  zwei  Leitrader.  Letztere  haben  drehbare  Fink  sehe  Zungen,  welche 
alle  gemeinschaftlich  mittelst  einer  O all  eschen  Kette  geöffnet  und  geschlossen  werden 
können  (vgl  Taf.  LXVII,  Fig.  4).  In  der  sechsten  Turbinenkammer  stehen  zwei  kleine 
Turbinen  von  je  100  PS«,  welche  die  mittelst  elastischer  Zodelkuppelung  direkt  ge- 
kuppelten Gleichstromerregermaschinen  antreiben.  Die  grossen  Turbinenwellen  sind 
mit  den  Dynamos  durch  Scheibenkuppelung  verbunden.  Die  Öffnung,  durch  welche  die 
Welle  der  Turbine  in  den  Maschinensaal  eintritt  und  durch  welche  gleichfalls  das 
Gest&ng*  für  die  Regulierung  hindurchgeht,  ist  durch  eine  Stahlplatte  geschlossen. 
Diese  hat  eine  mit  der  Wand  verankerte  konische  Lagerfläche.  Da  der  Wasserdruck 
in  den  Turbinenkammern  die  Platte  dauernd  an  das  Lager  presst,  so  ist  die  Dichtig- 
keit eine  vollkommene.  Die  Durchdringungen  der  Turbinenwellen  und  des  Gestänges 
sind  durch  Stopfbüchsen  gedichtet 

Der  MaschinenBaal  des  Krafthauses  hat  eine  Länge  von  40,0  m,  eine  Breite  von 
10,0  m  und  eine  Höhe  bis  Dachbinder-Unterkante  von  11,25  m  und  ist  mit  einem  elek- 
trisch betriebenen  Laufkran  von  25  t  Tragkraft  ausgerüstet.  Die  Stromerzeuger4)  von 
je  1050  KW  bei  cos  g>  =  0,8  liefern  Dreiphasenwechselstrom  mit  50  Per.  von  11000  Volt 
Spannung.  In  einem  rd.  26,0  m  langen  erkerartigen  Vorbau  sind  in  zwei  Etagen  die  Schalt- 
anlagen untergebracht.  Die  sechs  Turbinenkanäle  gehen  unter  dem  Erafthause  hinweg 
und  münden  dann  in  den  alten  Naviglio  Grande  aus.  Um  den  Wasserspiegel  in  dem  Becken 
vor  den  Turbinenkammern  bei  plötzlichem  Abstellen  der  Turbinen  nicht  erheblich  ansteigen 
zu  lassen,  ist  am  rechten  Beckenufer  auf  der  Einfassungsmauer  aus  Beton  ein  90,0  m  langer 
Überfall  hergestellt,  dessen  Krone  auf  der  Höhe  des  Normalwasserspiegels  (+  145,66) 
liegt  (?ergl.  Taf.  VI,  Fig.  3).  In  dieser  eben  genannten  Mauer  befinden  sich  unmittelbar 
vor  der  Linie  der  Turbinenkammern  noch  drei  Grundschützen,  welche  mit  eisernen 
Spindelschiebern  geöffnet  und  geschlossen  werden  können.  Um  im  Betriebe  einen 
konstanten  Wasserdruck  zu  haben,  ist  eine  Vorrichtung  mit  elektrischer  Schwimmer- 
schaltung getroffen  worden,  welche  diese  Schieber  durch  einen  Motor  öffnet,  sobald 
der  Wasserspiegel  über  die  normale  Höhe  steigt,  und  sie  wieder  schliesst,  wenn  diese 
erreicht  ist  Gleichzeitig  dienen  diese  drei  Grundschützen  zur  Spülung  des  Beckens. 
Ablagerungen,  besonders  von  grobem  Geschiebe,  welche  gegenwärtig  bei  H.W.  im 
Tessin  noch  ziemlich  betrachtlich  werden  können,  werden  übrigens  so  gut  wie 
ganz  wegfallen,  wenn  später  einmal  die  Kraft  bei  Tornavento  ausgebaut  sein  und 
der  Entlastungskanal  von  Vizzola,  ohne  den  Tessin  zu  berühren,  das  Wasser  dem 
Kraftwerk  Tornavento  zuführen  wird.  Von  hier  wird  dann  das  Wasser  direkt  in  den 
Werkkanal  von  Turbigo  eintreten.  Das  über  den  vorerwähnten  Überlauf  stürzende 
Wasser  fällt  in  einen  treppenförmig  angelegten  Kanal,  dessen  Sohle  und  benetzte 
Seitenwände  aus  Beton  hergestellt  sind.  Die  Sohle  der  obersten  Stufe  liegt  auf  -f- 142,26, 
diejenige  der  zweiten  auf  -f- 140,26,  der  dritten  auf  +  138,26  und  der  vierten  auf 
-f- 135,46,  von  welcher  dann  noch  ein  Absatz  von  0,70  m  auf  die  Sohle  des  Naviglio 
herabführt.  Die  drei  obersten  Stufen,  in  welche  das  Wasser  von  dem  Überlauf  hinein- 
fällt, sind  am  unteren  Ende  durch  Betonmauern  von  0,80  m  Höhe  abgeschlossen. 
0,60  m  über  der  Sohle  befinden  sich  in  diesen  Mauern  horizontale  Röhren,  welche  ihrer- 
seits mit  vertikalen,  auf  den  Grund  der  nächsten  Stufe  führenden  Röhren  in  Verbindung 
stehen.  Hier  tritt  dann  das  Wasser  der  oberen  Stufen  durch  horizontale  Röhren  unter 
den  Wasserspiegel  der  unteren  Stufe  ein.    Auf  diese  Weise  wird  zum  Schutz  der  Sohlen 


*)  Dia  Drehstromgeneratoren  sind  von  Qadda  &  Co.  in  Mailand  geliefert. 


§  2.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Tubbigo.  359 

gegen  das  herabfallende  Wasser  immer  ein  Wasserpolster  von  mindestens  0,60  m  erhalten 
nnd  das  Wasser  büsst  durch  den  Fall  in  den  lotrechten  Bohren  mit  zweimaligem 
Richtungswechsel  und  durch  das  Wasserpolster  einen  grossen  Teil  seiner  Geschwindigkeit 
ein.  Muss  die  ganze  Wassermenge  oder  ein  grosser  Teil  derjenigen,  welche  der  Werkt 
kanal  in  das  Becken  fährt,  über  den  grossen  Überlauf  stürzen,  so  tritt  das  Wasser 
natürlich  auch  zum  Teil  über  die  Krone  der  Stirnmauern  in  den  einzelnen 
Stufen.  Da  es  sich  aber  zu  einem  Teil  an  den  lotrechten  Überfällen  totfällt,  zum 
anderen  Teil  in  einzelnen  Wasserfäden  aus  den  Bohren  unter  dem  Wasserspiegel  aus- 
treten muss,  verliert  es  seine  zerstörende  Kraft. 

Damit  der  Betrieb  zu  der  Zeit,  in  welcher  der  Naviglio  Grande  unterhalb  des 
Krafthauses  trocken  gelegt  wird  —  und  das  geschieht,  wie  schon  erwähnt,  um  die 
nötigen  Reparaturen  vornehmen  zu  können,  jährlich  einmal  —  aufrecht  erhalten  werden 
kann,  sind  gegenüber  dem  Krafthause  sechs  Entlastungsschützen6)  von  zusammen  23,0  nf 
lichte  Weite  angelegt,  an  welche  sich  ein  Kanal  von  857,0  m  Länge  anschliesst,  gross 
genug,  um  die  ganze  Wassermenge  des  Werkkanals  in  einen  alten  Arm  des  Tessin  ab- 
führen zu  können  (vergL  Tai  IV,  Fig.  1  und  Taf.  VI,  Fig.  1). 

Die  Anlagekosten  des  baulichen  Teiles  sind  in  Tabelle  I  S.  242/243  mitgeteilt 
Erwähnt  sei  hier  noch,  dass  der  elektrische  Teil  des  Krafthauses  im  ganzen 
550000  Lire  oder  73,3  Lire  =  59,3  Mk.  pro  installierte  PS«  der  Hauptturbinen  ge- 
kostet hat  (vergl.  S.  260). 

Auch  diese  Wasserkraft  ist  dadurch  ausgezeichnet,  dass  sie  eine  verhältnismässig 
hohe  ständige  (355tägige)  Kraftleistung  aufweist.  Wie  bereits  kurz  mitgeteilt,  hat  die 
Societä  Lombarda  im  Zentrum  ihres  Verteilungsgebietes,  nämlich  im  Orte  Cafitellanza, 
eine  grosse  Dampfzentrale  mit  ursprünglich  6000  PSe  erbaut  und  dieselbe  inzwischen 
bis  1907  bereits  auf  20000  PS«  erweitert6).  Sie.  ist  dadurch  in  die  Lage  versetzt,  auch 
die  neunmonatliche  Wasserkraft  von  Vizzola  und  Turbigo  als  ständige  Kraft  zu  ver- 
kaufen. Die  grosse  Erweiterung  der  Dampfzentrale  ist  darauf  zurückzufuhren,  dass  die 
Gesellschaft  mit  den  Wasserkräften  Vizzola  und  Turbigo  einschliesslich  der  ursprünglich 
geplanten  Dampfzentrale  den  Bedarf  in  dem  versorgten  Industriegebiete  bei  weitem 
nicht  decken  konnte  und  deshalb,  eine  sich  ihr  bietende  Gelegenheit  benutzend,  sich 
noch  eine  Kraft  von  rund  20000  PS«  oder  14000  KW  sicherte  und  eine  Option  auf 
noch  weitere  Kraft  erwarb.  Die  schweizerische  Societe  des  Forces  motrices  de  Brusio  hat 
an  dem  Flusse  Poschiavino  bei  Brusio  in  der  Schweiz  und  zwar  nahe  der  italienischen 
Grenze  ein  Kraftwerk  mit  rund  35000  PSe  installierter  Leistung  errichtet  und  sich  der 
Lombarda  gegenüber  verpflichtet,  ihr  die  oben  genannte  Kraftmenge  in  Italien  unmittel- 
bar an  der  Grenze  zu  liefern.  Diese  Anlage  wird  wahrscheinlich  1907  in  Betrieb  kommen7). 
Um  nun  inzwischen  die  Konsumenten  bereits  an  das  Netz  anschliessen  zu  können,  welche 
später  ihren  Strom  aus  der  Brusio- Anlage  beziehen  werden,  hat  es  die  Lombarda  für 
richtig  gehalten,  ihre  Dampfzentrale  in  der  bezeichneten  Weise  zu  erweitern.  Die  Mehr- 
kosten, welche  ihr  durch  den  Dampfbetrieb  erwachsen,  werden  dadurch  wieder  ein- 
gebracht, dass  si&  vom  ersten  Tage  an,  wo  sie  Strom  von  Brusio  aus  beziehen  kann, 
auch  volle  und  nutzbringende  Verwendung  für  denselben  hat. 


&)  In  der  Fig.  1  auf  Taf.  VI  sind  die  erwähnten  Entlastungsschützen  nicht  dargestellt. 
*)  Einschliesslich  der  in  Bestellung  gegebenen  Maschinen  etc. 
?)  Der  Betrieb  ist  März  1907  tatsächlich  eröffnet 


360  IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

§  3.    Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  am  Brembo 

der  Societä  Bergamasca  per  Ditribuzione  di  Energia  Elettrica.  Hierzu  Tafel  yiii  n.  IX  i). 

Um  die  industriereiche  Stadt  Bergamo  uud  ihre  Umgebung  mit  elektrischer 
Energie  zu  versorgen,  wurde  in  der  Mitte  der  neunziger  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts 
eine  Konzession8)  erworben,  nach  welcher  in  der  Nähe  des  Ortes  Sedrina  am  Brembo 
ein  Wehr  anzulegen,  10  cbm/sek.  Wasser  aus  dem  Flusse  zu  entnehmen  und  in  einem 
ca.  3125,0  m  langen  Werkkanal  bis  in  die  Nähe  des  Ortes  Clenesso  zu  führen  war. 
Das  durch  das  Wehr  und  den  Werkkanal  zu  gewinnende  Nutzgefalle  sollte  27,5  m 
betragen. 

Für  die  Anlage  des  Wehres  wurde  eine  Stelle  unterhalb  des  Zuflusses  der  Brem- 
billa  gewählt,  wo  nach  einer  sehr  starken  Verengung  zwischen  steilen  Felswänden  sich  das 
Flussbett  erweitert  (vergl.  Tafel  VIII,  Fig.  1).  Infolge  dieser  Erweiterung  hatten  sich 
daselbst  seit  Jahrhunderten  Kiesablagerungen  gebildet,  welche  den  felsigen  Untergrund 
in  einer  sehr  mächtigen  Schicht  bedeckten.  Man  wählte  diese  Stelle  wohl  besonders 
mit  Rucksicht  auf  die  einfache  Bauausführung.  Im  Winter  fuhrt  der  Brembo  an  der 
Stelle  unter  Umständen  nur  7 — 10  cbm/sek.  und  es  Hess'  sich  deshalb  das  Wasser  des 
Flusses  bequem  durch  einfache  kleine  Fangedämme  auf  eine  Seite  herüberdrängen,  so 
dass  auf  der  anderen  im  Trockenen  gearbeitet  werden  konnte. 

Als  Höhe  der  Wehrkrone  über  der  Flussohle  wählte  man  4,0  m,  um  etwa  3,50  m 
an  Druckhöhe  bei  Niedrigwasser  zu  gewinnen. 

Der  Einlauf  lag  am  rechten  Ufer  und  der  Grundablass  unterhalb  des  Einlaufes 
mit  der  Sohle  so  tief  unter  der  Einlaufschwelle,  dass  letztere  durch  Spülung  wirksam 
von  Geschiebe  frei  gehalten  werden  konnte  (vergl.  Abb.  50). 

Die  Wehrbreite  (b)  betrug  ca.  53,0  m,  das  grösste  Hochwasser  (Q)  im  Brembo  wird 
auf  800  cbm/sek.  angegeben.  Bei  geschlossenen  Grundablasschützen  würde  sich  eine 
Überfallhöhe  von  

ht  =l/(         Q-=V=  rd.  3,80  m  bei  /*  =  0,75 

ergeben  haben.  Auf  dem  Sturzbett  (vergl.  Abb.  51)  mussten  sich,  zumal  die  Sohle  mit 
6%o  geneigt  angelegt  war,  bei  Hochwasser  Geschwindigkeiten  entwickeln,  denen  die 
Flussohle  hinter  dem  Sturzbett  nicht  widerstehen  konnte.  Die  Länge  des  festen  Sturz- 
bettes* von  ca.  10,0  m  war  jedenfalls  bei  der  gewählten  Anordnung  erheblich  zu  kurz 
und  sowohl  der  Hauptkörper  des  Wehres,  als  auch  die  vordere  und  hintere  Herdmauer 
scheinen  mit  Rücksicht  auf  die  Wasserspiegeldifferenz  zwischen  Ober-  und  Unterwasser 
nicht  tief  genug  fundiert  gewesen  zu  sein. 

Das  Wehr  ist  am  13.  Dezember  1898  durch  ein  Hochwasser  zerstört  (vergl. 
Abb.  50).  Wahrscheinlich  ist  zuerst  die  Flussohle  hinter  dem  Absturzboden  tief  aus- 
gekolkt und  dadurch  die  Widerstandshöhe  des  Untergrundes  gegen  das  Durchdringen 
des  Wassers  verringert  worden.  Es  haben  sich  dann  wachsende  Wasseradern  unter 
dem  Wehr  gebildet  und  den  Boden  unter  demselben  hinweggespült,  bis  der  Bruch 
erfolgte  (vergl.  Abb.  51). 

Man  hat  es  vorgezogen  —  hauptsächlich  wohl  mit  Rücksicht  auf  die  Schnelligkeit 
der  Ausführung  — ,  anstatt  das  gebrochene  Wehr  in  sachgemäßer  Weise  zu  vervoll- 

»)  Die  Abbild  an  gen  and  Tafeln  sind  nach  Zeichnungen  und  Photographien  hergestellt,  welche 
von  der  Gesellschaft  dem  Verfasser  zor  Verfügung  gestellt  sind. 

2)  Die  Konzessionsträgerin  wer  die  E.  A.  vorm.  Schuckert  &  Co.  in  Nürnberg. 


§  3.  Das  Wabbebkkut-Elextbizitatswekk  Bebgamabca.  361 

ständigen,  beziehungsweise  nen  herzustellen,  ca.  606,0  m  weiter  aufwärts  in  Brembo'ein 
Wehr  mit  kleinerer  Stauhöhe  and  ein  zweites  ebensolches  Wehr  in  der  Brembilla  anzu- 
legen  (vergl.   Taf.  VIII,   Fig.  1).     Infolge   der   starken   Verengerung   des  Flusschlanchea 


oberhalb  des  alten  Wehres  konnte  man  schon  mit  einer  Wehrhöhe  von  1,60  m  über 
Flussohle  im  Brembo  an  der  gewählten  Stelle  so  viel  an  Druckhöhe  gewinnen,  dass  der 
Wasserspiegel  im  Werkkanal  an  der  alten  Wehrstelle  die  früher  beabsichtigte  Höhe  er- 
reichte. Ausserdem  wurde  es  möglich,  an  beiden  Stellen  zusammen  normal  12,5  cbm/sek. 
statt  früher  10  cbm/sek.  Wasser  zu  entnehmen. 


362  II-     Theodor  Koehn.     Ausbau  ton  Wasserkräften.     Beispiele. 

Das  neue  Wehr  im  Brembo  hat  eine  Gesamtlänge  von  106,0  m  and  ist  in  einer 
gebrochenen  Linie  über  den  Flnss  gelegt  (vergl.  Taf.  VIII,  Fig.  1).  Am  linken  Ufer 
schliesst  es  an  den  festen  Felsen  an,  am  rechten  an  das  Bauwerk  des  Einlaufs.  Der 
eigentliche  Wehrkörper  besteht  aus  Holz  and  Beton  mit  eisernen  Ankern  (vergl.  Tat  VIII, 
Fig.  3  u.  4)  ■).  Die  Krone  ist  4,40  m  breit  and  aas  2  Lagen  glatter  Bohlen  gebildet, 
welche  auf  verankerten  und  schwalbenschwanzformig  in  den  Beton  eingelassenen  Längs- 
balken befestigt  sind.  Unmittelbar  abwärts  des  festen  Wehres  ist  eine  Wand  von 
6,0  m  langen  Eisenbahnschienen  gerammt,  auf  welche  im  Abstände  von  4,60  m  eine 
zweite  ebensolche  Wand  folgt-  Diese  beiden  Wände  erscheinen  mit  Rücksicht  auf  den 
geringen  Stau  ausreichend,   eine  Unterspülung  des  Wehres  za  verhüten.     Zwischen  den 

Abb.  51.     QuorfwhnittMkis»  dee  Wehret,  vergl.  Abb.  60. 
♦  75/.« 


~'j?v*y  /?«««*/» —  —  " 


beiden  genannten  Schienenwanden  ist  durch  eine  Steinpackung  und  eine  darüber  gelegte 
Schicht  aas  1,0  m  dicken  Quadern  ein  fester  Absturzboden  gebildet.  Zur  grösseren  Sicher- 
heit ist  unterhalb  der  letzten  Schienenwand  noch  eine  Steinpackong  aus  grossen  Fels- 
stücken von  beträchtlicher  Länge  angeordnet.  Die  gewählte  Örtlichkeit  erleichterte  inso- 
fern die  Ausführung,  als  man  das  Wasser  während  der  winterlichen  Niedrigwasserperiode, 
welche  zum  Bau  allein  in  Frage  kam,  für  den  Aasbau  des  rechtsseitigen  Wehrteiles  mit 
leichten  Fangedämmen  aus  Sand,  Kies  nnd  Holz  in  den  linken  Flussteil  ableiten  konnte. 
In  der  zweiten  Bauperiode  —  während  der  Erbauung  des  Wehranschlusses  an  das  Unke 
Ufer  —  konnte  dann  das  Wasser  des  Brembo  durch  den  beweglichen  Teil  des  Wehres 
am  rechten  Ufer  and  durch  die  Grundablässe  hindurchgeleitet  werden.  Bei  Hochwasser 
können  sich  an  der  Wehrstelle  keine  sehr  grossen  Wassergeschwindigkeiten  entwickeln, 
weil  der  Flusschlanch  an  der  Mündung  der  Brembilla  durch  eine  Felsinse!  stark  ein- 
geengt ist,  also  bei  H.W.  ein  starker  Stau  entstehen  mnss.  Die  Gesamtanordnung  des 
Wehres  ist  insofern  nicht  günstig,  als  das  Niedrigwasser  nicht  in  genügender  Weise 
nach  dem  Einlauf  hin  gedrängt  wird.  Es  wäre  vorzuziehen  gewesen,  das  Wehr  in  einem 
gegen  die  Strom  rieh  tung  spitzen  Winke)  über  den  Fluss  zu  legen.  Der  bewegliche  Teil, 
welcher  bei  höheren  Wasserständen  als  Kiesschleuse  dienen  soll,  hat  eine  Gesamtbreite 
von  8,0  m  nud  ist  aus  4  Klappen  von  je  2,0  m  Länge  gebildet.  Diese  Klappen  be- 
steben aus  einfachen  Holztafeln  von  60  cm  Höhe,  welche  im  aufgerichteten  Zustande 
unten  durch  einen  kleinen  Anschlag  in  dem  Bohlenbelag  und  oben  durch  eiserne  Stützen 
gehalten  werden.  Die  Klappen  sowohl,  als  auch  die  eisernen  Stützen  sind  an  starken 
Ketten  befestigt  (vergl.  Taf.  VIII,  Fig.  2  u.  4).    Treten  höhere  Wasserstände  ein,  so  werden 

')  Die  in  die  Figuren  3  und  4  Tafel  Till   eingeschriebenen  Zahlen  283.50  und  283,55   litten 
richtig  282,50  und  282.55. 


§  3.  Das  Wasöerkkaft-ElektrizitItswerk  Bergamasca.  363 

die  eisernen  Stützen  emporgerissen,  und  die  Klappen  fallen  von  selber  um.  Zur  Be- 
dienung der  Klappen  kann  von  dem  Uferpfeiler  ans  eine  aus  ganz  leichtem  Gitterwerk 
gebildete  Brücke,  welche  eine  Klappstütze  besitzt,  über  die  8,0  m  breite  Öffnung  des 
beweglichen  Wehres  geklappt  werden.  Die  Klappstütze  stützt  sich  dann  auf  das  feste 
Wehr.  Bei  N.W.  macht  es  übrigens  auch  keine  Schwierigkeiten,  die  Klappen  von  Hand 
aufzurichten.  Diese  einfachen  Klappen  haben  aber  den  Nachteil,  dass  sich  ftiit  ihnen 
ein  dichter  Verschluss  nicht  erzielen  liest,  so  dass  im  Verhältnis  zur  verfügbaren  N.W. 
Wassermenge  erhebliche  Wasserverluste  entstehen.  Ausserdem  verlangt  ihre  Bedienung 
mehr  Personal,  als  einfache  Schützentafeln  verlangt  haben  würden. 

Vor  dem  Ebüauf  in  das  Spülbecken  ist  ein  etwa  30,0  m  langer  Rechen  auf- 
gestellt, welcher  sich  gegen  Böcke  aus  Gitterwerk  stützt  (vergl.  Taf.  VIII,  Fig.  2  u.  5). 
Der  Rechen  steht  vertikal.  Die  einzelnen  Rechentafeln  können  herausgehoben  werden. 
Da  die  Sohle  des  Einlaufs  um  1,10  m  tiefer  liegt,  als  die  Krone  des  Klappenwehres,  so 
findet  die  regelmässige  Fortspülung  der  Geschiebeablagerungen  durch  das  Spfilbeeken 
und  den  Grundablass  statt.  Das  Spülbecken  hat  eine  lichte  Breite  von  7,50  m,  während 
die  2  Spülschützen  des  Grundablasses  je  eine  lichte  Weite  von  3,0  m  haben.  Der  Einlauf 
zum  Werkkanal  ist  durch  zwei  Schützenöffnungen  von  je  3,0  m  Weite  gebildet.  Hinter 
denselben  befindet  sich  noch  eine  Vorkammer,  welche  durch  eine  Spülschütze  von  Ab- 
lagerungen gereinigt  werden  kann.  Die  Einlauf  schwelle  liegt  nur  0,20  m  höher,  als 
die  Sohle  des  Spülbeckens,  so  dass  ziemlich  viel  Geschiebe  etc.  mit  in  die  Vorkammer 
und  von  hier  in  den  Werkkanal  gelangt.  Auf  diese  Vorkammer  folgt  dann  erst  die 
eigentliche  Kanalmündung,  welche  durch  2  weitere  Schützen  von  .je  2,50  m  Breite  ver- 
schliessbar  ist. 

Das  Wehr  in  der  Brembilla  ist  in  ähnlicher  Weise  konstruiert,  wie  das  Brembo- 
wehr  (vergl.  Taf.  IX,  Fig.  1).  Am  linken  Ufer  dieses  Wehres  befindet  sich  gleichfalls 
ein  8,0  m  breites  Klappenwehr,  welches  ebenso  wie  dasjenige  des  Brembos  eingerichtet 
ist.  Die  Gesamtwehrbreite  beträgt  39,40  m.  Durch  eine  in  der  linken  Ufermauer  des 
Wehres  angebrachte  Schützenöffnung  stürzt  das  Wasser  direkt  in  den  Werkkanal  hinein, 
welcher  mit  rechteckigem  Querschnitt  durch  das  feste  Wehr  hindurchgeführt  wird.  Hier 
ist  also  auf  ein  Spülbecken  und  einen  Grundablass  verzichtet  und  es  können  deshalb 
noch  reichlichere  Geschiebe-  und  Sinkstoffmengen  in  den  Werkkanal  hineingelangen  als 
am  Brembowehr.  Da  die  Brembilla  mit  einem  Arm  unterhalb  der  Einschnürung  des 
Brembos  mündet,  so  entwickelt  sich  bei  Hochwasser  abwärts  des  Brembillawehres  ein 
sehr  starkes  Spiegelgefälle  und  infolgedessen  eine  sehr  grosse  Geschwindigkeit.  Es  hat 
sich  unter  diesen  Umständen  die  geneigte  Lage  des  Sturzbettes,  welche  die  Geschwindig- 
keit des  Wassers  noch  steigern  musste,  insofern  als  ungünstig  erwiesen,  als  durch  ein 
Hochwasser  am  3.  September  1901,  bei  welchem  die  Überfallhöhe  2,60  m  über  Wehr- 
krone betragen  haben  soll,  der  ursprüngliche  Abfallboden  zum  Teil  zerstört  wurde.  Die 
tief  eingerammten  Schienenwände  sollen  aber  an  ihrem  Platze  geblieben  sein.  Man  hat 
deshalb  später  noch  zwei  Reihen  Schienen  im  Abstände  von  je  5,0  m  gerammt  und  die 
Sohle  zwischen  den  Schienenreihen  mit  grossen  Felsstücken  als  Unterlage  und  starken 
Steinplatten  als  Decklage  befestigt.  Dem  Abfallboden  gab  man  aber  wieder  eine  Neigung 
von  1 :  15.  Nach  Ansicht  des  Verfassers  hätte  ein  wagerechter  Absturzboden,  oder  eine 
treppenförmige  Anlage  mit  wagerechten  Stufen  oder  eine  flussabwärts  ansteigende  An- 
ordnung den  Vorzug  verdient  (vergl.  Kap.  III,  1A  Wehre). 

Der  Werkkanal  (ohne  den  Unterwasserkanal)  hat  eine  Gesamtlänge  von  rd. 
3780,0  m.  Er  beginnt  gleich  hinter  den  Einlaufschützen  als  Stollen  von  4,20  m  Höhe 
und  5,0  m  Breite  und  geht   dann  mit  einer  scharfen  Kurve  von  8,0  m  Halbmesser  in 


9m>  IX     Tuodor  Eoehh.     Ausbau  vor  Wassrxkrajten.     Beispiele. 

ma  PYo&l  von  4,00  m  Breite  und  etwa  3,0  m  Höhe  über.  An  Stellen,  wo  das  Profil 
m%  Klk-tsk&t  auf  die  Durchlässigkeit  des  Felsens  mit  Beton  bekleidet  werden  musste, 
ist  dt*  lichte  Breite  auf  4,0  m  eingeschränkt.  Die  normale  Waseertiefe  betragt  in  dem 
&vÜ**p*oäl  aufwärts  der  Brembillakrenzong  1,40  m,  abwarte  1,65  m.  Das  Wasser- 
tip>«g«lgefalle  ist  im  oberen  Tnnnelprofil  anf  etwa  100,0  m  Lange  1  °/<w,  steigt  dann  in 
d*m  mit  Beton  ausgekleideten  Profil  auf  1,20  %o,  abwärts  der  Brembillakrenzong  auf 
1,26  "/so  und  bleibt  in  dem  offenen  Profil  bis  ans  Ende  durchschnittlich  0,5  %o. 

Man  hat  für  daa  offene  Profil ,  welche»  ad«  Bet  on winden  mit  einem  PutiDberaug  gebildet  ist, 
dw  Beiwert  «  in  d«  GesebwindigkoitAformel  T  =  e.VB-J  ■■>  78,8,  für  du  Ausgekleidet«  Stollen profil 
»  78,4,  für  in  nicht  »[»gekleidete  Tnnnelprofll  je  naeh   der  Rauhigkeit  dee  Felsen*  zn  57,10  bis  87,5 


Das   mit   glatten  Holzwänden   ausgeführte  Profil  innerhalb   des   Brembillawebres 

steht  unter  einem  Druck  von  0,12  m,   weil  man  durch  die  vorgeschriebene  Höhe  der 

Wehrkrone  auch  in  bezng  anf  die  Höhenlage  des  Kanals  bei  der  gewählten  Anordnung 

beschränkt  war.     Der   Beiwert  o  wurde   für   das 

Abb.62.  Überfall  vor  JeniBeck«.  in Tätigkeit.  ietztgedachte  Profil  zu  72,4  angenommen. 

Es  ist  selbstverständlich,  dass  sich  die  Quer- 
schnittsgeBtalt  des  offenen  Profils  je  nach  der  Quer- 
neigong  des  Terrains  fortwährend  insofern  ändern 
musste,    als    die    aas  Stampfbeton   hergestellten 
Kanalwände  und  die  Befestigungen  der  Böschungen 
flusswärts  und  bergwärts  ganz  verschieden  in  Höhe 
und  Stärke   ausfielen.     Man  soll   es  unterlassen 
haben,  die  Ausgenseite  der  znm  Teil  recht  hohen 
Kanalwände  mit  einer  Beschattung  zn  versehen, 
so  dass  durch  die  starken  Temperaturunterschiede 
zwischen  den  sonnebeschienenen  Auasenflächen  und 
den    wasserbenetzten    Innenflächen   grosse   innere 
Spannungen    entstehen    mussten,   welche    zu    lot- 
rechten Rissen  und  zn  wagerechten  Fugen  Ver- 
anlassung gaben.    Wenn  an  der  Innenseite  einer 
solchen  Kanalwand   wagerechte   Fugen  entstehen, 
so  wirkt  ausser  dem  lotrecht  zur  Wandfläche  ge- 
richteten   Wasserdruck    noch    der    Auftrieb    des 
Wassers  in  der  Fuge  anf  Kanten.     Am  26.  September  1901  ist  die  flusseitige  Kanal- 
wand an  einer  Stelle,  wo  sie  wegen  der  Steilheit  des  Hanges  hatte  besonders  hoch 
werden  müssen,  auf  einer  beträchtlichen  Länge  (über  60,0  m)  umgekippt  (vgl.  Kap.  III, 
2.  Werkkanäle,  und  Tafel  LIII,  Fig.  6).     Man  hat,  um  zunächst  den  Betrieb  wieder 
in  Gang  zn  setzen,   einen  provisorischen  Holzkanal  erbaut,   alsdann  die  Ufermauern  mit 
verstärktem  Profil  wieder  hergestellt  und  mit  Boden  hinterfüllt. 

Der  Kanal  endigte  früher  in  einem  Vorbecken,  an  dessen  unterem  Ende  sich 
die  Druckkammer  befand.  Vor  der  Druckkammer  war,  wie  üblicb,  ein  eiserner  Rechen 
aufgestellt  (vergl.  Tafel  IX,  Fig.  6).  Etwa  75,0  m  oberhalb  des  Rechens  befindet  sich 
ein  Überfall  (vergl.  Abb.  3)  und  eine  Spülschleuse  (Grundablass).  Das  Wasser 
stürzt  in  einen  Betonkanal  mit  kaskadenförmiger  Sohle  ab  und  wird  von  hier  durch 
den  Überfallkanal,  dessen  Buchungen  nnd  Sohle  mit  Pflasterung  gesichert  sind,  in  den 
firembo  zurückgeführt.  Die  Lage  des  GrundablasseB  gestattete  keine  ausreichende 
Spülung  des  Beckens.    Da,  wie  wir  gesehen  haben,  Geschiebe  und  Sinkstoffe  leicht  in 


§  3.  Das  WasserksafivElxktbizitätbwbrk  Bebgamasca.  365 

den  Werkkanal  hineingelangen  können,  musste  man  als  Notbehelf  von  Zeit  zu  Zeit  den 
Werkkanal  trocken  legen  und  das  Vorbecken  ausräumen.  Diesem  Übelstande  hat  man 
gelegentlich  der  Erweiterung  des  Werkes  dadurch  abzuhelfen  gesucht,  dass  man  neben 
dem  alten  Vorbecken  ein  zweites  legte  mit  besonderer  Druckkammer  an  seinem  unteren 
Ende.  Ferner  wurde  eine  eiserne  Spülleitnng  angelegt,  durch  welche  sowohl  die  beiden 
Vorbecken,  als  auch  die  beiden  Druckkammern  gespült  werden  können.  Wo  sich  der 
Werkkanal  in  die  beiden  Vorbecken  gabelt,  ist  jedes  Becken  für  sich  durch  Schützen 
abschliessbar,  so  dass  es  trocken  gelegt  werden  kann,  ohne  den  Betrieb  des  anderen 
zu  beeinträchtigen.  Auf  diese  Weise  ist  jedenfalls  erreicht,  dass  man  auch,  wenn  die 
Spülung  oder  Bäumung  eines  Vorbeckens  notwendig  wird,  den  Betrieb  aufrecht  er- 
halten kann. 

Das  eiserne  Druckrohr  der  alten  Anlage  hat  einen  Durchmesser  von  2,50  m, 
dasjenige  der  neuen  Anlage  einen  solchen  von  1,80  m.  Die  Druckrohre  liegen  offen 
und  sind  auf  einzelnen  Betonfundamenten  in  Lagerschalen  gelagert,  auf  denen  sie  sich 
bewegen  können.  Als  Dilatationsvorrichtung  dient  eine  in  dem  Mauerwerk  der  Druck- 
kammer angebrachte  Stopfbüchse.  Das  erwähnte  Spülrohr  liegt  neben  dem  neuen  Druck- 
rohr und  geht  unter  das  neue  Krafthaus  hindurch  in  den  Dnterwasserkanal. 

Das  alte  Krafthaus  war  für  vier  Turbogeneratoren  und  zwar  drei  zu  je  600  und 
eine  zu  400  PS«  eingerichtet.  Wie  aus  dem  Lageplan  (Tafel  IX,  Fig.  6)  ersichtlich  ist, 
war  das  alte  Krafthaus  in  der  Längsrichtung  nicht  erweiterungsfähig.  Man  hat  deshalb 
den  neuen  Turbogenerator  von  800  PS«  in  einem  seitlichen  Anbau  untergebracht.  Der 
alte  Maschinensaal  hat  eine  Länge  von  26,45  m  und  eine  Breite  von  11,20  m,  also  eine 
Flächengrösse  von  296,24  qm  oder  ca.  13,5  qm  für  je  100  installierte  PS«.  Die  Schalt- 
tafel steht  auf  einem  Podium  im  Maschinenraum  selbst,  die  Schaltanlage  befindet  sich 
dahinter  in  einem  Anbau  von  35,70  qm  Grundfläche,  so  dass  für  je  100  installierte 
P6#  ca.  1,65  qm  Grundfläche  zur  Verfügung  standen. 

Das  neue  Maschinenhaus  war  ursprünglich  nur  mit  einer  Länge  von  11,0  m  und 
einer  lichten  Breite  von  7,0  m  beabsichtigt  (vergl.  Tafel  IX  Fig.  6).  Der  Maschinen- 
saal soll  aber,  nach  einer  dem  Verfasser  vorliegenden  Zeichnung,  eine  Länge  von  14,4  m 
und  eine  lichte  Breite  von  7,0  m  erhalten  haben,  also  eine  Flächengrösse  von  100,8  qm, 
so  dass  pro  100  installierte  PS#  ca.  12,6  qm  zur  Verfügung  stehen  würden.  Nach  der 
erwähnten  Projektzeichnung  ist  neben  dem  Maschinensaal,  in  Höhe  des  Maschinenflurs, 
mit  zusammen  98  qm  Grundfläche  eine  Werkstatt  und  ein  Lagerraum  angelegt,  welche 
in  der  alten  Anlage  noch  fehlten.  Über  den  letztgedachten  Räumen  im  ersten  Stocke 
wnrde  für  die  Erweiterung  der  Schaltanlage  ein  Raum  von  ebenfalls  ca.  98  qm  ge- 
schaffen, so  dass  nach  Fertigstellung  des  Neubaues  98  +  36,7  =  133,7  qm  für  die 
Schaltanlage  zur  Verfügung  stehen  würden  oder  bei  8000  installierten  PS«  4,44  qm  pro 
100  PS».  Da  die  Spannung  des  mit  7000  Volt  erzeugten  Stromes  neuerdings,  um  die 
Leistungsfähigkeit  der  Fernleitung  zu  vergrössern,  auf  eine  höhere  Spannung  trans- 
formiert wird,  soll  noch  ein  besonderes  Transformatorenhaus  errichtet  sein.  Der 
Turbinenkanal  ist  beim  alten  Maschinenhaus  für  alle  Turbinen  gemeinschaftlich.  In 
ähnlicher  Weise  ist  der  Turbinenkanal  auch  für  das  neue  Krafthaus  angelegt  (vergl. 
Tafel  IX,  Fig.  7). 

Der  Unterwasserkanal  ist  durch  Trockenpflasterung  an  der  Sohle  und  den 
Böschungen  befestigt  Auf  seiner  unteren  Strecke,  wo  er  bereits  in  dem  alten  Bette 
des  Brembo  hegt,  ist  er  durch  einen  Hochwasserdamm,  aus  grossen  Drahtgeflecht-Kies- 
sacken  gegen  Versandung  geschützt. 


366  II.    Theodor  Koehn.    Ausbau  ton  Wasserkräften.     Beispiele. 

Die  Wassermotoren  sind  Francis-Turbinen  mit  Spiralgehäuse4).  Die  grossen 
Turbinen  machen  230,  die  kleinen  300  Uml./Min.  Sie  sind  am  ganzen  Umfange  von 
aussen  beaufschlagt*  und  giessen  seitwärts  aus.  Die  horizontale  Welle  liegt  5,90  m  über 
dem  Unterwasserspiegel.  Bei  der  zuletzt  aufgestellten  Turbine  hat  man  die  Welle 
6,90  m  über  dem  Unterwasserspiegel  gelegt  Die  Turbinenwellen  sind  mittelst  Zodel- 
kuppelung  mit  den  Generatoren  direkt  gekuppelt  Die  Generatoren  liefern  Dreiphasen- 
strom von  7000  V.  mit  50  Per. 6). 

Das  Fernleitungsnetz  bietet  keine  Besonderheiten.  Es  sei  nur  erwähnt,  dass 
die  Stadt  Bergamo  etwa  12  km  von  dem  Krafthause  entfernt  ist.  Um  die  Wasserkraft 
yoll  auszunützen,  hat  die  Gesellschaft  eine  Dampfzentrale  in  Bergamo,  welche  früher 
einer  Konkurrenzgesellschaft  gehörte,  erworben. 

Die  Anlagekosten  des  hydraulischen  Teiles  sind  bereits  in  der  Tabelle  I, 
S.  242  und  243  mitgeteilt. 

Es  ist  hierzu  zu  bemerken,  dass  die  Gesamtkosten  für  Wehr-  und  Kanalanlage  im  Sinne  tob 
Spalte  8  der  erwähnten  Tabelle  Ende  1903  1706380  Lire  betragen  haben.  Von  dieser  Summe  sind  aber 
für  den  in  der  erwähnten  Tabelle  beabsichtigten  Vergleich  606380  Lire,  welche  etwa  anf  die  nutzlos 
gewordenen  Wehrbaaten  etc.  zu  rechnen  sind ,  abgezogen.  Die  Kosten  des  baulichen  Teiles  des  alten 
Erafthauaes  betragen  113407  Lire,  die  Kosten  der  ganzen  Turbinenanlage  des  alten  Krafthauses 
105728  Lire.  Es  ist  angenommen,  dass  die  Kosten  der  Erweiterung  pro  Einheit  dieselben  geblieben 
sind,  wie  für  die  alte  Anlage.  Die  gesamte  elektrische  Einrichtung  des  alten  Krafthaases  hat  bis  Ende 
1903  212548  Lire  gekostet,  oder  96,6  Lire  pro  PS«  =  rd.  78,2  Mk.  Für  die  Fernleitung,  die  Transfor- 
matoren und  das  sekundäre  Verteilungsnetz  waren  bis  Ende  1903  1244639  Lire  aufgewendet 

Die  direkten  Betriebskosten  haben  im  Jahre  1903,  ausschliesslich  der  8teuern,  Abgaben  und 
Wasserzinse,  aber  einschliesslich  der  Kosten  der  allgemeinen  Verwaltung  betragen  103608  Lire 

Die  Steuern  und  Abgaben,  einschliesslich  Wasserzins  (Tasse  ed  Imposte) 

allein  haben  betragen  61709     , 

Also  die  direkten  Oesamtbetriebskosten  165812  Lire. 

Für  die  Erneuerung  und  Tilgung  (Amortamento)  sind  1908  zurückgestellt  84748  Lire,  so  dass 
die  Gesamtkosten  einschliesslich  der  Rückstellung  für  Tilgung  und  Erneuerung  (aber  ohne  Verzinsung) 
betragen  haben,  rd.  8°>  der  Anlagekosten  (einschliesslich  des  Fernleitungsnetzes)  tob  3099714  Lire«). 

Wenn  man  für  die  Verzinsung  noch  4,5  °/o  hinzurechnet,  so  würden  sich  im  ganzen  an  Betriebs- 
kosten 12£°/o  der  Anlagekosten  ergeben. 

Von  den  Anlagekosten  sind  ^==  anf  das  Leitungsnetz  entfallen.  Die  direkten  Betriebs- 
kosten für  das  Oesamtleitnngsnets  und  die  Transformatoren  allein  haben  nur  ca.  24000  Lire  betragen, 
d.  h.  rd.  2°/o  der  Anlagekosten  (vergL  S.  271). 

Im  Jahre  1903  sind  im  ganzen  in  dem  Krafthanse  Glenesso  4600000  KW  oder  rd.  7000000  PS«- 
Standen  geleistet.  Im  Durchschnitt  würden  also  die  in  dem  Krafthause  installierten  PS«  mit  rd. 
BISO  Stunden  pro  Jahr  mit  voller  Belastung  ausgenützt  sein,  was  eine  gute  Darchschnittsattsnütsang 
der  vorhandenen  Wasserkraft  bedeutet 

Die  Gesamt-Einnahmen  1908  haben  etwa  5,7  cts.  für  die  im  Krafthanse  erzeugte  PS«-Std.  be- 
tragen und  da  jede  im  Krafthanse  installierte  PS«  rd.  3180  Standen  geleistet  hat,  ergibt  sich  für  die 
installierte  PS«  nnd  Jahr  eine  Einnahme  von  rd.  181  Lire.  Diese  erheblich  über  dem  Durchschnitt 
liegende  Einnahme  erklärt  sich  aas  der  günstigen  Absatzgelegenheit  (vergL  S.  888). 


*)  Geliefert  von  J.  M.  Voith  in  Heidenheim  a.  d.  Brenz. 

&)  Die  ganze  elektrische  Einrichtung  des  Krafthaases  ist  von  der  E.  A.  vorm.  Schachert, 
Nürnberg  geliefert 

6)  In  dieser  Summe  sind  die  Kosten  des  gebrochenen  Wehres  etc.  nicht  enthalten. 


§  4.  Das  Wabserkbaft-ElektrizitItbwerk  Funghera.  367 


§  4.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Fanshera  an  der  Stura 

in  der  Valle  di  Lanzo,  Piemont, 

der  Societk  Anonixna  Elettricitä  Alta  Italia.     Hierzu  Tafel  X  *). 

Die  genannte  Gesellschaft2)  versorgt  die  Stadt  Turin  und  Umgebung  mit  elek- 
trischer Energie.  Sie  besitzt  zu  diesem  Zweck  ausser  einer  grossen  Dampfzentrale 
in  Turin  eine  Anzahl  eigener  Wasserkräfte  und  hat  ferner  die  Gesamtenergie  einiger 
anderer  Wasserkraft-Anlagen  in  Pacht  genommen.  Zu  den  eigenen  Wasserkraft- An- 
lagen gehören:  Diejenige  bei  Bussoleno  im  Tale  der  Dora  Riparia  mit  16000  PS«  nor- 
maler (etwa  neunmonatlicher)  Leistung,  52  km  von  Turin;  diejenige  bei  Funghera  in 
der  Valle  di  Lanzo  36  km  von  Turin ;  diejenige  im  Viütale  —  einem  oberhalb  von  Lanzo 
von  dem  Tale  der  Stura  abzweigenden  Tale  —  welche  der  Zentrale  von  Funghera  gleich- 
falls ihre  Kraft  zuführt ;  die  Anlage  von  Ponte  Preti  an  der  Chiusella,  einem  Nebenfluss 
der  Dora  Baltea.  Letztere  Anlage,  an  der  Strasse  Gastella  Monte-Ivrea  gelegen,  versorgt 
das  35  km  von  der  Zentrale  entfernte  Industriegebiet  von  Biella  in  Konkurrenz  mit  der 
Anlage  von  Pont  Saint  Martin  (vergl.  §  7). 

Zu  den  gepachteten  Anlagen  gehören:  Die  drei  Kraftwerke  an  der  Stura 
di  Ala  zwischen  Geres  und  Ala  in  der  Valle  di  Ala,  oberhalb  von  Funghera,  mit  zu- 
sammen 4500  PSe  (vergl.  §  5);  die  Anlage  an  der  Cenischia  in  der  Nähe  der  grossen 
Mont  Genisstrasse  mit  zusammen  9050  PS6  in  zwei  Zentralen,  ca.  60  km  von  Turin 
(vergl.  §  6). 

Die  verfügbare  sekl.  Wassermenge  der  Anlage  Funghera  beträgt  maximal 
5  cbm/sek.,  normal  (etwa  neunmonatlich)  4,5  cbm/sek.,  minimal  2,7  cbm/sek.  Das  ge- 
wonnene Nutzgefalle  beträgt  rd.  63,0  m. 

Durch  ein  steinernes  Wehr  wird  die  Stura  bei  N.W.  0,95  m  gestaut  Das  Wehr 
13t  zur  Stromrichtung  schräg  gestellt,  um  bei  N.W.  das  Wasser  zum  Einlauf  zu  führen, 
um  die  Überfallänge  zu  vergrössern  und  um  bei  geöffneten  Grundablasschützen  vor  dem 
Wehre  einen  starken  Spülstrom  zu  erzeugen  (vergl.  Taf.  X,  Fig.  1  u.  2).  Der  Grand» 
ablass  (Kiesfreilauf)  hat  eine  Gesamtbreite  von  3,0  m  und  ist  durch  zwei  Schützentafeln 
abschliessbar.  Bemerkenswert  ist  die  sehr  günstige  Lage  des  Einlaufs,  welcher 
sich  unmittelbar  oberhalb  des  Grundablasses  im  Zuge  der  Ufermauer  befindet.  Der 
Einlanf  hat  eine  lichte  Weite  von  7  15  m.  Er  ist  durch  Schützen  abschliessbar  und 
durch  einen  vertikalen  Rechen  von  Flacheisenstäben  gegen  das  Eindringen  gröberer, 
schwimmender  Körper  geschützt.  Die  Stäbe  bilden  mit  der  lotrechten  Vorderfläcbe  des 
Rechens  spitze  Winkel,  deren  Winkelpunkte  stromabwärts  gerichtet  sind.  Die  Sohle  des 
Einlaufs  ist  nach  den  dem  Verfasser  zur  Verfügung  gestellten  Zeichnungen  allerdings 
nur  wenig  (0,10 — 0,20  m)  gegen  die  Sohle  des  Kiesfreilaufs  erhöht.  Letztere  ist  aber 
längs  des  Einlaufs  mit  glatten  Bohlen  belegt  und  hat  eine  Längsneigung,  so  dass  das 
Geschiebe  leicht  vom  Spülstrom  abwärts  geführt  werden  kann  (vergl.  Taf.  X,  Fig.  3). 
Während  der  betriebsfreien  und  schwach  belasteten  Stunden  kann  auch  bei  N.W.  eine 
so  kräftige  Spülung  stattfinden,  dass  die  Einlaufschwelle  einigermassen  frei  von  Ge- 
schiebe gehalten  wird.  Bei  höheren  Wasserständen  bleiben  die  Grundablasschützen  zum 
Teil  oder  ganz  geöffnet,  so  dass  dauernd  ein  starker  Spülstrom  verlängs  des  Kanal- 


i)  Die  Tafel  ist  nach  Zeichnungen  and  Skizzen  beigestellt,  welche  von  der  Gesellschaft  dem 
Verfasser  xar  Verfügung  gestellt  sind. 

*)  Eine  Gründung  der  A.  G.  Siemens  <fc  Halske,  Berlin  and  ihrer  Bankengruppen. 


368  II.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Beispiele. 

einlaufe  erzeugt  wird.  Die  Schützen  für  die  Regulierung  des  Wasserzuflusses  in  den 
Werkkanal  befinden  sich  ca.  37,0  m  unterhalb  des  Einlaufs.  Zwei  Grundablässe  ermög- 
lichen eine  Spülung  der  vor  den  Regulierungsschützen  liegenden  Kanalstrecke.  Eine  dritte 
kleine  Öffnung  in  der  flusseitigen  Mauer  der  genannten  Kanalstrecke  dient  dazu,  eine 
behördlich  vorgeschriebene  Minimalwassermenge  in  den  Fluss  zurückzuleiten.  Die  bezüg- 
liche Schützenvorrichtung  ist  mit  Wasserstandsanzeiger  und  einer  Mass-Skala  versehen, 
so  dass  die  Beamten  jederzeit  leicht  den  richtigen  Stand  der  Schützentafel  kontrollieren 
können.  Unmittelbar  oberhalb  der  Regulierungsschützen  liegt  ein  8,0  m  langer  Überlauf« 
Etwa  3600  m  unterhalb  sind  nochmal  Regulierungsschützen  in  den  Kanal  eingebaut  und 
vor  denselben  ist  abermals  ein  diesmal  70,0  m  langer  Überlauf  angelegt.  Auf  der 
weiteren  Strecke  des  Kanals  sind  noch  6  Kanalbrücken  über  kleine  Gebirgsbäche  zur 
Anlage  weiterer  Überläufe  benutzt.  Hier  stürzt  das  Wasser  jedesmal  über  den  Rand 
des  Überlaufs  freifallend  in  den  Bergbach  hinab  und  für  die  Abführung  des  Wassers  in 
die  Stura  werden  ohne  weiteres  die  natürlichen  Bäche  benutzt. 

Der  Werkkanal  zieht  sich  an  den  steilen  Abhängen  oberhalb  der  nach  Lanzo 
führenden  Gebirgsstrasse  hin  (vergl.  Taf.  X,  Fig.  4,  5,  6  u.  7)  und  durchdringt  schärfere 
Vorsprünge  im  Tunnel.  Er  endigt  in  einer  Druckkammer.  Vor  derselben  befindet 
sich  noch  ein  Überlauf  von  rd.  37,0  m  Länge.  Das  Überlauf wasser  wird  hinter  der 
Druckkammer  hindurch  und  dann  in  einem  kaskadenförmig  angelegten  Kanal  zur  Stura 
hinabgeführt  (vergl.  Taf.  X,  Fig.  8).  Die  rechteckige  Druckkammer  selbst  hat  eine  ver- 
tiefte Sohle  als  Kiesfang.  Letzterer  kann  durch  einen  Grundablass,  welcher  in  den 
treppenformigen  Überlaufkanal  führt,  entleert  und  gespült  werden.  Vor  dem  Eintritt  in 
die  Druckkammer  muss  das  Wasser  einen  Rechen  aus  Flacheisenstäben  passieren  (vergl. 
Taf.  X,  Fig.  10). 

Zwei  schmiedeeiserne  Druckrolire  von  je  1,5  m  Dm.  münden  ungefähr  recht- 
winklig zur  Stromrichtung  des  Kanals  aus  der  Druckkammer  aus.  Für  jedes  der  Druck- 
rohre ist  eine  Vorkammer  gebildet,  welche  durch  eine  Schützentafel  abschliessbar  ist 
(vergl.  Taf.  X,  Fig.  9).  Diese  Schützen  können  sowohl  von  Hand,  als  auch  auf  elektrisch- 
mechanischem Wege  von  der  Zentrale  betätigt  werden.  Bei  geschlossener  Schütze  kann 
die  Vorkammer  und  das  Druckrohr  trocken  gelegt  werden,  die  Luft  kann  bei  Entleerung 
des  Druckrohres  frei  eintreten  und  beim  Betriebe  kann  die  von  dem  Wasser  mitgerissene 
Luft  jederzeit  aus  dem  Rohre  entweichen.  Die  Druckrohre  sind  in  einem  Beton- 
gewölbe gelagert,  welches  so  weit  ist,  dass  die  Rohre  an  jeder  Stelle  besichtigt  und 
Reparaturen  ausgeführt  werden  können.  Durch  die  Überdeckung  wird  die  Längen- 
änderung infolge  von  Temperaturunterschieden  auf  ein  unschädliches  Mass  beschränkt, 
so  dass  besondere  Dilatations Vorrichtungen  entbehrlich  wurden.  Die  beiden  Druckrohre 
münden  unten  in  ein  zwei  Meter  weites  schmiedeeisernes  Rohr,  welches  rechtwinklig  zur 
Achse  der  Druckrohre  liegt,  auf  welchem  zum  Ausgleich  von  Stössen  ein  Windkessel  sitzt 
(vergl.  Taf.  X,  Fig.  11  u.  12).  Aus  dem  grossen  schmiedeeisernen  Querrohre  zweigen, 
gleichfalls  rechtwinklig,  die  Rohre  der  drei  grossen  Turbinen  ab,  welche  natürlich  je  mit 
einem  Schieber  versehen  sind,  so  dass  jede  Turbine  für  sich  abgestellt  werden  kann. 
Das  Druckrohr  für  die  Erregerturbinen  mündet  an  einem  Ende  des  Querrohres  aus. 
Neben  der  oben  erwähnten  Druckkammer  liegt  ein  Filter,  durch  welches  das  Wasser 
für  die  hydraulischen  Servo-Motore  der  Turbinenregler  gereinigt  wird,  und  von  welchem 
aus  das  gereinigte  Druckwasser  in  einer  besonderen  Leitung  herabgeleitet  wird.  Diese 
Leitung  ist  in  demselben  Betontunnel,  in  welchem  die  Hauptrohre  liegen,  untergebracht. 
In  dem  Krafthause  waren  im  Sommer  1904,  als  der  Verfasser  die  Anlage  be- 
sichtigte, drei  Francis-Reaktions-Turbinen  von  je  1500  PS«  Leistung  und  200  UmL/Min. 


§  5.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Ceres- Ala.  369 

aufgestellt '),  welche  mit  Dreiphasen-Drehstrom-Generatoren  direkt  gekuppelt  waren,  und 
zwei  kleinere  Turbinen  zu  je  70  PSe  mit  500  Uml./Min.  zum  Antriebe  von  zwei  Gleich- 
strom-Erreger-Maschinen 4).  Die  Regulierung  der  Turbinen  erfolgt  selbstwirkend  mittelst 
je  eines  hydraulischen  Servo-Motores.  Ausserdem  kann  die  Regulierung  noch  durch 
einen  vom  Schaltbrett  aus  für  jede  Turbine  zu  bedienenden  Elektromotor  bewerkstelligt 
werden,  um  die  Parallelschaltung  zu  erleichtern.  Der  für  alle  Turbinen  gemeinschaft- 
liche Turbinenkanal  liegt  in  der  Längsachse  des  Krafthauses  und  führt  nach  dem  Ver- 
lassen des  letzteren  direkt  in  die  Stura.  Die  Generatoren  erzeugen  Dreiphasenstrom 
von  3000  Volt,  welcher  früher  für  die  Leitung  nach  Turin  in  Öltransformatoren  auf 
12000  Volt  herauftransformiert  wurde.  Später  wurde  die  gesamte  elektrische  Energie 
zusammen  mit  derjenigen  aus  Ceres-Ala  mit  einer  Spannung  von  24000  Volt  nach  Turin 
übertragen,  zu  welchem  Zwecke  drei  in  Stern  geschaltete  Zusatztransformatoren  auf- 
gestellt wurden.  Die  andere  Hälfte  des  Krafthauses  hat  die  motorisch -elektrische  Ein- 
richtung für  das  Kraftwerk  im  Viütale  aufgenommen  und  zwar  ungefähr  in  derselben 
Gesamtgrösse  und  mit  denselben  Einheiten  wie  die  der  Fanghera-Anlage. 

Alle  Maschinenkabel  werden  in  einem  in  der  Längsachse  des  Maschinensaales 
unter  dem  Maschinenflur  liegenden  Kabelkanal  zur  Schaltanlage  geführt.  Die  Schalt- 
tafel befindet  sich  auf  einem  erhöhten  Podium  an  einem  Ende  des  Maschinensaales,  so 
dass  der  Schaltbrettwärter  von  seinem  Standorte  aus  den  ganzen  Maschinensaal  gut 
übersehen  kann. 

In  einem  besonderen  Anbau  sind  zu  ebener  Erde  die  Transformatoren  und  in 
einem  besonderen  Räume  eine  Akkumulatorenbatterie  für  die  Notbeleuchtung  und  den 
Eigenbedarf  an  Gleichstrom  aufgestellt.  Über  diesen  Räumen  befindet  sich  in  Hohe  des 
Schaltbrettpodiums  ein  Saal  für  die  Schaltanlage  der  Transformatoren  und  der  Fern- 
leitungen. 


§  5.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  an  der  Stura  di  Ala  bei 

Ceres,  Piemont,  Italien.  Hie«u  Tafei  xn). 

Aus  der  Stura,  rd.  13,5  km  oberhalb  des  zum  Kraftwerk  Funghera  gehörigen 
Wehres,  können  normal  (neunmonatlich)  1,5  cbm/sek.  zu  industriellen  Zwecken  entnommen 
werden.  Das  zur  Verfügung  stehende  Gesamtgefälle  wurde  in  drei  gleichen  Stufen  von 
je  100,0  m  ausgenützt.  Die  drei  Krafthäuser  sind  gleichsam  hintereinander  geschaltet, 
so  dass  das  Turbinenwasser  des  oberen  in  den  Zuführungskanal  des  unteren  Krafthauses 
fliesst.  Aus  der  schematischen  Skizze  Tafel  XI,  Fig.  1  geht  die  Gesamtanordnung  am 
besten  hervor.  Man  ist  versucht  zu  fragen,  warum  man  nicht  das  Gefalle  in  einer  Stufe 
ausgenutzt  und  nur  ein  Krafthaus  errichtet  hat,  da  der  Betrieb  sicher  billiger  und  die 
Anlagekosten  kaum  höher  geworden  wären.  Soweit  die  Kenntnis  des  Verfassers  reicht, 
hielt  man  z.  Z.,  als  das  Werk  projektiert  wurde,  die  staffeiförmige  Anlage  für  betriebs- 
sicherer.   Die  Anlagen  sind  1902  in  Betrieb  gesetzt  worden,  also  in  demselben  Jahre, 


3)  Geliefert  von  Riva  Monneret  in  Mailand. 

*)  Die  elektrische  Einrichtung  des  Krafthauses  ist  von  der  A.-G.  Siemens  &  Halske  in  Berlin  geliefert 
i)  Die  Tafel  ist  nach  Zeichnungen  und  Skizzen  angefertigt,  welche  dem  Verfasser  von  der 
Societa  Anonima  ElettricHa  Alta  Italia  in  Turin  zur  Verfügung  gestellt  sind. 

Handta*  der  Ing.-Wi*MM«h.    UL  TtU.    IS.  Bd.  24 


370  II.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkbäftex.    Beispiele. 

in  welchem  auch  die  Lac-Tanay-Anlage  bei  Vouvry  mit  920,0  m  Gesamtdruckhöhe  dem 
Betrieb  übergeben  wurde  (vergl.  §  18).  Alle  Anlagen  je  eines  Krafthauses  sind  mit  den- 
jenigen der  beiden  anderen  fast  identisch. 

Wehr  und  Entnahmestelle  bieten  nichts  besonders  Bemerkenswertes  (vergl. 
Taf.  XI,  Fig.  2).  Es  dürfte  aber  für  die  Freihaltung  des  Kanaleinlaufs  von  Geschiebe 
zweckmässig  gewesen  sein,  vor  der  Grundschwelle,  welche  den  Einlauf  vom  Flusse  trennt, 
noch  einen  Grundablass  anzulegen. 

Die  Längen  der  drei  Werkkanäle  sind  etwa  1,5  km,  3,5  km  und  2,0  km.  Die 
Kanäle  liegen  zum  grössten  Teile  im  Tunnel,  zum  Teil  im  Einschnitt  und  zum  Teil  auch 
im  Auftrage.  Überall  sind  sie,  bis  auf  die  Strecken,  wo  Überläufe  liegen,  zugedeckt, 
um  sie  vor  Hineinfallen  von  Blättern,  Steinschlag,  Schnee  etc.  zu  schützen  und  um  Eis- 
bildtwg  zu  verhindern.  Die  Figuren  3  und  4,  Tafel  XI  zeigen  die  Querprofile  im  Tunnel. 
Bald  hinter  den  Regulierungsschützen  erweitert  sich  im  Tunnel  das  Profil  aus  seiner 
Normalweite  von  1,40  m  auf  3,50  m.  Die  Sohle  ist  um  1,20  m  vertieft,  um  hier  ein 
Ablagerungsbecken  für  Geschiebe  und  Sinkstoffe  zu  bilden  (vergl.  Taf.  XI,  Fig.  5). 
Unmittelbar  hinter  diesem  Becken  sind  nochmal  Regulierungsschützen  in  einem  kleinen, 
über  dem  Kanal  erbauten  Häuschen  untergebracht.  Vor  den  Schützen  liegt  ein  Überlauf 
mit  einem  direkt  in  die  Stura  fuhrenden  Überlauf  kanal.  Jeder  der  drei  Werkkanäle  endigt 
in  einer  Druckkammer,  einem  viereckigen  Bau,  dessen  Sohle  gegen  die  Kanalsohle  um 
ca.  1,5  m  vertieft  ist,  um  nochmals  Gelegenheit  zur  Ablagerung  von  Geschiebe  und  Sink- 
stoffen zu  geben.  Rechtwinklig  zur  Achse  der  Einmündung  des  Kanals  steht  die  Achse 
des  ausmündenden  schmiedeeisernen  Druckrohres  von  1,10  m  Durchmesser.  Zu  dem 
Druckrohre  führt  eine  Vorkammer,  welche  durch  ein  Schützenpaar  abschliessbar  ist  Es 
kann  also  die  Luft  aus  dem  Druckrohre  jederzeit  in  die  Vorkammern  entweichen  und 
wenn  die  Schützen  der  letzteren  geschlossen  sind,  kann  sie  und  das  Druckrohr  trocken 
gelegt  werden.  Vor  den  Schützen  befindet  sich,  ähnlich  wie  bei  der  Anlage  Funghera- 
Lanzo,  ein  aus  Flacheisenstäben  gebildeter  Rechen.  Aufwärts  jeder  Druckkammer  sind  am 
Werkkanal,  wie  üblich,  ein  Überlauf  und  ein  Grundablass  angelegt,  welche  beide  in  den 
Überlauf  kanal  entwässern.  Die  Druckkammer  kann  natürlich  auch  gegen  den  Werk- 
kanal durch  Schützen  abgeschlossen  werden.  Der  Kiesfang  der  Druckkammer  ist  durch 
einen  Spülablass  mit  dem  Überlauf  kanal  verbunden,  so  dass  sie  gespült  und  trocken 
gelegt  werden  kann.  Soll  das  Druckrohr  einer  oberen  Druckkammer  abgestellt  werden, 
so  wird  man  kurz  vorher  die  Schützen  des  Grundablasses  am  Überfall  vor  der  Druck- 
kammer ziehen,  damit  das  untere  Krafthaus  ohne  Unterbrechung  das  erforderliche  Wasser 
erhält.  Würde  man  das  Druckrohr  schliessen  und  dann  erst  den  Grundablass  öffnen, 
so  könnte  eine  empfindliche  Störung  in  der  Krafterzeugung  des  unteren  Krafthauses 
eintreten. 

Die  unterste  Druckkammer  hat  keinen  künstlich  angelegten  Entlastungskanal,  da 
sich  unweit  kanalaufwärts  Gelegenheit  bot,  in  einen  natürlichen  Wasserlauf,  den  9Rio 
Villa*  (vergl.  Taf.  XI,  Fig.  1),  welchen  der  Werkkanal  mit  einer  Brücke  überschreitet, 
Überlauf  und  Grundablass  zu  entwässern. 

Die  beiden  Überlaufkanäle  der  oberen  Druckkammern  sind  aus  Beton  herge- 
stellt. Man  schmiegte  sie  dem  Terrain  möglichst  an  und  verzichtete  darauf,  sie  in 
der  ganzen  Länge  tfeppenförmig  anzulegen.  Um  aber  die  Geschwindigkeit  des  Wassers 
zu  vernichten,  sind  in  dem  oberen  Kanal  drei,  in  dem  unteren  vier  Fallschächte 
angeordnet,  in  welche  das  Wasser  hineinstürzt  und  sich  totfällt.  Das  Wasser  muss 
unter  eine  Scheidewand,  welche  den  Fallschacht  in  zwei  Teile  teilt,  hindurch,  dann  auf- 
steigen und  dann  nochmals  über  eine  Überfallschwelle  in  die  nächste  Strecke  eintreten. 


§    5.  DAH   WASSERKRAFT-ELEKTRIZITÄTSWERK  CERE8-ALA.  371 

Trotzdem  nur  selten  das  ganze  Wasser  durch  den  Entlastungskanal  fliesst  —  meistens  nur 
Sonntags,  da  in  der  Woche  ununterbrochen  der  Betrieb  stattfindet,  —  vielmehr  in  4er 
Regel  nur  dasjenige  Wasser  in  dem  Überlaufkanal  abwärts  läuft,  was  über  den  Über« 
lauf  fallt,  so  ist  der  Verschleiss  der  Beton-Sohle  und  Wände  infolge  der  grossen  Ge- 
schwindigkeit doch  so  stark,  dass  man  schon  1904  daran  dachte,  als  Reserve  zu  den 
Überlaufkanälen  grosse  eiserne  Rohre  zu  verlegen. 

Jedes  der  drei  im  oberen  Teile  aus  Flusseisen,  im  unteren  aus  Siemens-Martin- 
stahl mit  Flanschenverbindung  hergestellten  Druekrohre  ist  oben  in  der  Druckkammer 
fest  eingemauert,  unten  vor  der  Zentrale  geht  es  mit  einigen  Krümmern  in  ein  Ver- 
teilungsrohr von  1,10  m  Dm.  über,  auf  welchem  ein  Windkessel  sitzt  Die  ganze  Druck- 
rohrleitung liegt  in  einem  zum  Teil  in  den  Felsen  eingesprengten,  zum  Teil  zwischen 
zwei  Mauern  im  Auftrag  hergestellten,  kastenförmigen  Bette  und  ist  überall  ca.  1,0  m 
hoch  mit  Boden  bedeckt,  so  dass  grössere  Temperaturschwankungen,  ausgeschlossen  sind 
und  Dilatationsvorrichtungen  entbehrlich  wurden.  Jedes  Rohrstück  hat  sein  eigenes 
Betonfundament.  An  einzelnen  schärferen  Knickpunkten  sind  besondere  Stützpunkte 
durch  grosse  Fundamentklötze  geschaffen. 

Von  dem  erwähnten  Verteilungsrohre  gehen  in  jeder  Zentrale  vier  Zuführungs- 
rohre zu  den  Hauptturbinen  und  zwei  kleinere  Rohre  zu  den  Erregerturbinen  (vergl. 
Taf.  XI,  Fig.  6  u.  7).  Jedes  Zuführungsrohr  kann  mittelst  Drosselklappe  gesondert 
abgeschlossen  werden,  so  dass,  ohne  den  Betrieb  der  übrigen  Turbinen  zu  stören,  jede 
für  sich  ausser  Betrieb  gesetzt  werden  kann.  Vor  dem  Eintritt  in  die  Turbine  zweigt 
von  jedem  Turbinenrohr  ein  anderes  Rohr  ab,  welches  direkt  in  den  Turbinenkanal  führt. 
Dieser  Rohrzweig  ist  mit  einem  Sicherheitsventil  versehen,  welches  mit  der  Regulierwelle 
der  Turbine  so  verbunden  ist,  dass  es  sich  ganz  oder  zum  Teil  öffnen  muss,  wenn  die 
Turbine  ganz  oder  zum  Teil  von  dem  Regulator  geschlossen  wird.  Der  auf  das  Ventil 
wirkende  Mechanismus  ist  derart  mit  dem  Gestänge  des  Regulators  verbunden,  dass  das 
Schliessen  in  der  Turbine  gegen  das  öffnen  des  Entlastungsventils  nur  mit  ganz  geringer 
Verzögerung  erfolgt,  so  dass  die  gleichmässige  Wasserzuführung  zum  unteren 
Krafthause  gesichert  bleibt.  Soll  die  Drosselklappe  einer  Turbine  geschlossen 
werden,  so  wird  gleichzeitig  ein  vom  Verteilungsrohr  direkt  in  den  Turbinenkanal 
führendes  Rohr  geöffnet,  um  die  der  Turbine  zukommende  Wassermenge  durchzulassen 
(vergl.  Taf.  XI,  Fig.  6).  Aus  dem  Turbinenkanal  eines  oberen  Krafthauses  fliesst  das 
Wasser  direkt  in  den  Werkkanal  des  unteren.  Bei  dem  untersten  Krafthause  von  Rusia 
führt  natürlich  der  Turbinenkanal  direkt  in  die  Stura.  In  dem  Werkkanal  zwischen 
dem  obersten  Krafthause  und  der  mittleren  Druckkammer  ist  nochmals  ein  Grund- 
ablass  mit  einem  direkt  in  die  Stura  führenden  Entlastungskanal  angelegt.  Durch 
Schützen,  welche  in  die  Werkkanäle  eingebaut  sind,  kann  jedes  Krafthaus  ganz  ausser 
Betrieb  gesetzt  werden,  ohne  den  Betrieb  der  anderen  beiden  zu  beeinflussen.  Aus 
dem  Schema  Taf.  XI,  Fig.  1  gehen  alle  Schützenanlagen  und  die  mit  ihnen  möglichen 
Kombinationen  am  besten  hervor. 

Der  Maschinensaal  jedes  Krafthauses  ist  für  vier  Turbo-Dynamos  von  je  700  PS, 
mit  den  zugehörigen  Erregerturbinen  eingerichtet.  Er  hat  eine  Länge  von  etwa  31,50  m 
und  eine  Breite  von  10,0  m,  so  dass  für  100  installierte  PS«  10,5  qm  Bodenflache  zur 
Verfügung  stehen.  Die  kleinen  Erregerturbinen  leisten  je  70  PS*.  Alle  Turbinen  sind 
Francis-Reaktionsturbinen  *)  mit  je  einem  Lauf-  und  einem  Leitrade.  Das  Wasser  tritt 
von  unten  in  das  spiralförmige  Verteilungsgehäuse  ein,  beaufschlagt  die  Schaufeln  radial 


')  Geliefert  von  Riva  Moment  &  Co.  in  Mailand. 

24* 


370  II.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

in  welchem  auch  die  Lac-Tanay-Anlage  bei  Vouvry  mit  920,0  m  Gesamtdruckhöhe  dem 
Betrieb  übergeben  wurde  (vergl.  §  18).  Alle  Anlagen  je  eines  Krafthauses  sind  mit  den- 
jenigen der  beiden  anderen  fast  identisch. 

Wehr  und  Entnahmestelle  bieten  nichts  besonders  Bemerkenswertes  (vergl. 
Taf.  XI,  Fig.  2).  Es  dürfte  aber  für  die  Freihaltung  des  Kanaleinlaufs  von  Geschiebe 
zweckmässig  gewesen  sein,  vor  der  Grundschwelle,  welche  den  Einlauf  vom  Flusse  trennt, 
noch  einen  Grundablass  anzulegen. 

Die  Längen  der  drei  Werkkanäle  sind  etwa  1,5  km,  3,5  km  und  2,0  km.  Die 
Kanäle  liegen  zum  grössten  Teile  im  Tunnel,  zum  Teil  im  Einschnitt  und  zum  Teil  auch 
im  Auftrage.  Überall  sind  sie,  bis  auf  die  Strecken,  wo  Überläufe  liegen,  zugedeckt, 
um  sie  vor  Hineinfallen  von  Blättern,  Steinschlag,  Schnee  etc.  zu  schützen  und  um  Eis- 
bildung zu  verhindern.  Die  Figuren  3  und  4,  Tafel  XI  zeigen  die  Querprofile  im  Tunnel. 
Bald  hinter  den  Regulierungsschützen  erweitert  sich  im  Tunnel  das  Profil  aus  seiner 
Normalweite  von  1,40  m  auf  3,50  m.  Die  Sohle  ist  um  1,20  m  vertieft,  um  hier  ein 
Ablagerungsbecken  für  Geschiebe  und  Sinkstoffe  zu  bilden  (vergl.  Taf.  XI,  Fig.  5). 
Unmittelbar  hinter  diesem  Becken  sind  nochmal  Regulierungsschützen  in  einem  kleinen, 
über  dem  Kanal  erbauten  Häuschen  untergebracht  Vor  den  Schützen  liegt  ein  Überlauf 
mit  einem  direkt  in  die  Stura  führenden  Überlauf  kanal.  Jeder  der  drei  Werkkanäle  endigt 
in  einer  Druckkammer,  einem  viereckigen  Bau,  dessen  Sohle  gegen  die  Kanalsohle  um 
ca.  1,5  m  vertieft  ist,  um  nochmals  Gelegenheit  zur  Ablagerung  von  Geschiebe  und  Sink- 
stoffen zu  geben.  Rechtwinklig  zur  Achse  der  Einmündung  des  Kanals  steht  die  Achse 
des  ausmündenden  schmiedeeisernen  Druckrohres  von  1,10  m  Durchmesser.  Zu  dem 
Druckrohre  führt  eine  Vorkammer,  welche  durch  ein  Schützenpaar  abschliessbar  ist.  Es 
kann  also  die  Luft  aus  dem  Druckrohre  jederzeit  in  die  Vorkammern  entweichen  und 
wenn  die  Schützen  der  letzteren  geschlossen  sind,  kann  sie  und  das  Druckrohr  trocken 
gelegt  werden.  Vor  den  Schützen  befindet  sich,  ähnlich  wie  bei  der  Anlage  Funghera- 
Lanzo,  ein  aus  Flacheisenstäben  gebildeter  Rechen.  Aufwärts  jeder  Druckkammer  sind  am 
Werkkanal,  wie  üblich,  ein  Überlauf  und  ein  Grundablass  angelegt,  welche  beide  in  den 
Überlauf  kanal  entwässern.  Die  Druckkammer  kann  natürlich  auch  gegen  den  Werk- 
kanal durch  Schützen  abgeschlossen  werden.  Der  Kiesfang  der  Druckkammer  ist  durch 
einen  Spülablass  mit  dem  Überlauf  kanal  verbunden,  so  dass  sie  gespült  und  trocken 
gelegt  werden  kann.  Soll  das  Druckrohr  einer  oberen  Druckkammer  abgestellt  werden, 
so  wird  man  kurz  vorher  die  Schützen  des  Grundablasses  am  Überfall  vor  der  Druck- 
kammer ziehen,  damit  das  untere  Krafthaus  ohne  Unterbrechung  das  erforderliche  Wasser 
erhält.  Würde  man  das  Druckrohr  schliessen  und  dann  erst  den  Grundablass  öffnen, 
so  könnte  eine  empfindliche  Störung  in  der  Krafterzeugung  des  unteren  Krafthauses 
eintreten. 

Die  unterste  Druckkammer  hat  keinen  künstlich  angelegten  Entlastungskanal,  da 
sich  unweit  kanalaufwärts  Gelegenheit  bot,  in  einen  natürlichen  Wasserlauf,  den  „Rio 
Villa*  (vergl.  Taf.  XI,  Fig.  1),  welchen  der  Werkkanal  mit  einer  Brücke  überschreitet, 
Überlauf  und  Grundablass  zu  entwässern. 

Die  beiden  Überlaufkanäle  der  oberen  Druckkammern  sind  aus  Beton  herge- 
stellt. Man  schmiegte  sie  dem  Terrain  möglichst  an  und  verzichtete  darauf,  sie  in 
der  ganzen  Länge  treppenförmig  anzulegen.  Um  aber  die  Geschwindigkeit  des  Wassers 
zu  vernichten,  sind  in  dem  oberen  Kanal  drei,  in  dem  unteren  vier  Fallschächte 
angeordnet,  in  welche  das  Wasser  hineinstürzt  und  sich  totfallt.  Das  Wasser  muss 
unter  eine  Scheidewand,  welche  den  Fallschacht  in  zwei  Teile  teilt,  hindurch,  dann  auf- 
steigen und  dann  nochmals  über  eine  Überfallschwelle  in  die  nächste  Strecke  eintreten. 


§    5.  DA»   WAflfiEBKRAFT-ELEKTRIZITlTöWERK  CeRES-AlA.  371 

Trotzdem  nur  selten  das  ganze  Wasser  durch  den  Entlastnngskanal  fliesst  —  meistens  nur 
Sonntags,  da  in  der  Woche  ununterbrochen  der  Betrieb  stattfindet,  —  vielmehr  in  der 
Regel  nur  dasjenige  Wasser  in  dem  Überlaufkanal  abwärts  läuft,  was  über  den  Über« 
lauf  fällt,  so  ist  der  Verschleiss  der  Beton-Sohle  und  Wände  infolge  der  grossen  Ge- 
schwindigkeit doch  so  stark,  dass  man  schon  1904  daran  dachte,  als  Reserve  zu  den 
Überlaufkanälen  grosse  eiserne  Rohre  zu  verlegen. 

Jedes  der  drei  im  oberen  Teile  aus  Flusseisen,  im  unteren  aus  Siemens-Martin- 
stahl mit  Flanschenverbindung  hergestellten  Druekrohre  ist  oben  in  der  Druckkammer 
fest  eingemauert,  unten  vor  der  Zentrale  geht  es  mit  einigen  Krümmern  in  ein  Ver- 
teilungsrohr von  1,10  m  Dm.  über,  auf  welchem  ein  Windkessel  sitzt  Die  ganze  Druck- 
rohrleitung liegt  in  einem  zum  Teil  in  den  Felsen  eingesprengten,  zum  Teil  zwischen 
zwei  Mauern  im  Auftrag  hergestellten,  kastenförmigen  Bette  und  ist  überall  ca.  1,0  m 
hoch  mit  Boden  bedeckt,  so  dass  grössere  Temperaturschwankungen,  ausgeschlossen  sind 
und  Dilatationsvorrichtungen  entbehrlich  wurden.  Jedes  Rohrstück  hat  sein  eigenes 
Betonfundament.  An  einzelnen  schärferen  Knickpunkten  sind  besondere  Stützpunkte 
durch  grosse  Fundamentklötze  geschaffen. 

Von  dem  erwähnten  Verteilungsrohre  gehen  in  jeder  Zentrale  vier  Zuführungs- 
rohre zu  den  Hauptturbinen  und  zwei  kleinere  Rohre  zu  den  Erregerturbinen  (vergl. 
Taf.  XI,  Fig.  6  u.  7).  Jedes  Zuführungsrohr  kann  mittelst  Drosselklappe  gesondert 
abgeschlossen  werden,  so  dass,  ohne  den  Betrieb  der  übrigen  Turbinen  zu  stören,  jede 
für  sich  ausser  Betrieb  gesetzt  werden  kann.  Vor  dem  Eintritt  in  die  Turbine  zweigt 
von  jedem  Turbinenrohr  ein  anderes  Rohr  ab,  welches  direkt  in  den  Turbinenkanal  führt. 
Dieser  Rohrzweig  ist  mit  einem  Sicherheitsventil  versehen,  welches  mit  der  Regulierwelle 
der  Turbine  so  verbunden  ist,  dass  es  sich  ganz  oder  zum  Teil  öffnen  muss*  wenn  die 
Turbine  ganz  oder  zum  Teil  von  dem  Regulator  geschlossen  wird.  Der  auf  das  Ventil 
wirkende  Mechanismus  ist  derart  mit  dem  Gestänge  des  Regulators  verbunden,  dass  das 
Schliessen  in  der  Turbine  gegen  das  Öffnen  des  Entlastungsventils  nur  mit  ganz  geringer 
Verzögerung  erfolgt,  so  dass  die  gleichmässige  Wasserzuführung  zum  unteren 
Krafthause  gesichert  bleibt.  Soll  die  Drosselklappe  einer  Turbine  geschlossen 
werden,  so  wird  gleichzeitig  ein  vom  Verteilungsrohr  direkt  in  den  Turbinenkanal 
führendes  Rohr  geöffnet,  um  die  der  Turbine  zukommende  Wassermenge  durchzulassen 
(vergl.  Taf.  XI,  Fig.  6).  Aus  dem  Turbinenkanal  eines  oberen  Krafthauses  fliesst  das 
Wasser  direkt  in  den  Werkkanal  des  unteren.  Bei  dem  untersten  Krafthause  von  Rusia 
führt  natürlich  der  Turbinenkanal  direkt  in  die  Stura.  In  dem  Werkkanal  zwischen 
dem  obersten  Krafthause  und  der  mittleren  Druckkammer  ist  nochmals  ein  Grund- 
ablass  mit  einem  direkt  in  die  Stura  führenden  Entlastungskanal  angelegt.  Durch 
Schützen,  welche  in  die  Werkkanäle  eingebaut  sind,  kann  jedes  Krafthaus  ganz  ausser 
Betrieb  gesetzt  werden,  ohne  den  Betrieb  der  anderen  beiden  zu  beeinflussen.  Aus 
dem  Schema  Taf.  XI,  Fig.  1  gehen  alle  Schützenanlagen  und  die  mit  ihnen  möglichen 
Kombinationen  am  besten  hervor. 

Der  Maschinensaal  jedes  Krafthauses  ist  für  vier  Turbo-Dynamos  von  je  700  PS, 
mit  den  zugehörigen  Erregerturbinen  eingerichtet.  Er  hat  eine  Länge  von  etwa  31,60  m 
und  eine  Breite  von  10,0  m,  so  dass  für  100  installierte  PS«  10,5  qm  Bodenflache  zur 
Verfügung  stehen.  Die  kleinen  Erregerturbinen  leisten  je  70  PS*.  Alle  Turbinen  sind 
Francis-Reaktionsturbinen  *)  mit  je  einem  Lauf-  und  einem  Leitrade.  Das  Wasser  tritt 
von  unten  in  das  spiralförmige  Verteilungsgehäuse  ein,  beaufschlagt  die  Schaufeln  radial 


')  Geliefert  von  Riva  Moment  &  Co.  in  Mailand. 

24* 


372  IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

und  tritt  einseitig  axial  in  das  Saugrohr  wieder  ans.  Die  grossen  Turbinen  machen  375, 
die  kleinen  600  Um]. /Min.  Die  Regulierung  erfolgt  durch  einen  hydraulischen  Servo- 
Motor,  welcher  durch  Dmckwaseer  aus  der  Anlage  selbst  gespeist  wird.  Zur  Erlangung 
eines  genügend  reinen  Druckwassers  ist  für  jedes  Krafthaus  eine  kleine  Filteranlage  ein- 
gerichtet. Um  bei  Parallelschaltung  die  Maschinen  von  Hand  regulieren  zu  können,  sind 
noch  für  jede  Maschine  Elektromotoren  eingeschaltet,  mit  welchen  der  Maschinist 
entweder  vom  Schaltbrett  aus  oder  direkt  an  der  Maschine  die  Wasserzufuhrung  zu  jeder 
Turbine  regulieren  kann.  Die  Turbinen  sind  mittelst  elastischer  Zodel-Kuppelung  mit 
den  Generatoren1)  verbunden,  welche  Dreiphasen-Drehstrom  von  12000  Volt  Spannung 
erzeugen. 

Ein  gemeinsamer  Turbinenkanal  läuft  in  der  Mitte  des  Maschinensaals  unter  dem 
ganzen  Krafthause  hinweg.  Die  Schaltanlage  befindet  sich  ähnlich  wie  bei  dem  Kraft- 
hause Funghera  an  einem  Ende  des  Maschinensaales.  Für  die  Unterbringung  der 
Maschinenkabel  ist  auf  der  Seite;  wo  die  Generatoren  stehen,  unter  dem  Maschinenflur 
ein  geräumiger  Kabelkanal  angelegt  und  ausserdem  befindet  sich  noch  in  der  Mitte  des 
Maschinensaals  ein  kleinerer  mit  Riffelplatten  abgedichteter  Kabelkanal  für  den  Erreger- 
strom (vergl.  Taf.  XI,  Fig.  6  u.  7). 

Der  Strom  der  drei  Krafthäuser  wurde  1904  mittelst  drei  aus  je  drei  blanken 
Kupferdrähten  bestehender  Fernleitungen  auf  gemeinschaftlichem  Gestänge  nach  Fung- 
hera geführt,  hier  auf  24000  Volt  transformiert  und  dann  mit  der  Energie  des  dor- 
tigen Krafthauses  gemeinsam  nach  Turin  weitergeleitet.  Die  Fernleitungen  ruhen  zum 
Teil  auf  hölzernen  Masten,  zum  Teil  auf  eisernen  Gittermasten.  Die  hölzernen  Masten 
sind  alle  mit  Kreosot  imprägniert  und  kosten  45  Lire  frei  Baustelle.  Sie  sind  meistens 
nicht  direkt  in  den  Boden  gesteckt,  sondern  auf  einen  Betonklotz  gestellt  und  mittelst 
eines  schmiedeeisernen  Gerüstes  gehalten.  An  Eckpunkten,  wo  grössere  seitliche  Zug- 
kräfte auftreten,  sind  die  Holzmasten  durch  Eisen  armiert  (vergl  Kap.  III,  7.  Fern- 
leitungen). 


§  6.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  an  der  Ceoischia  bei 

Novalesa,  Piemont,  Italien*  HierzuTafeixm). 

Das  genannte  Werk  ist  insofern  interessant,  als  es  sich  hier  um  ein  Gesamt- 
gefälle von  858,83  m  handelt  Man  hat  dieses  gewaltige  Gefalle  in  zwei  Stufen  zerlegt. 
Das  unterste  Gefalle'  von  444,70  m  war  bereits  bis  Ende  1904  fertig  ausgebaut  und  in 
Betrieb  gesetzt  Mit  dem  Ausbau  der  Zentrale  und  der  Rohrleitung  für  das  obere.  Ge- 
fälle ist  im  Sommer  1904  begonnen;  auch  diese  Anlage  soll  im  Laufe  des  Jahres  1906 
fertig  gestellt  worden  sein.  Die  Wasserkraftanlage  gehört  der  Societä  delle  Forze 
Idrauliche  del  Moncenisio,  welche  die  Konzession  und  das  Projekt  im  Jahre  1900 
von  dem  Ingenieur  Marsaglia  erwarb.  Ursprünglich  war  die  Konzession  der  eng- 
lischen  The   Mont   Cenis  Power  and  Land  Company  Lmtd.   im  Jahre  1898  gegeben 


*)  Die  elektrische  Einrichtung  das  Krafthaases  ist  von  der  A.-G.  8iemens  &  Halake,  Berlin  geliefert 
i)  Die  Abbildungen  des  Textes  und  der  Tafel  sind  zun  Teil  der  Rivista  I/Electrkita  Arno 
XXIQ  (1904)  Nr.  13:  „L'impianto  idroelettrieo  della  Cenischia"  entnommen,  tum  Teil  nach  Zeichnungen 
angefertigt,  welche  von  der  Gesellschaft  dem  Verfasser  zur  Verfügung  gestellt  wurden. 


§  6.  Das  Wasserkraft-Elektrikitätswerk;  Novalesa  a.  d.  Cenischia.  373 

worden.  Sie  lautete  dahin,  dass  aus  dem  Gebirgsbach  Cenischia  1020  l/sek.  entnommen 
und  zum  Zwecke  der  Energieerzeugung  verwendet  werden  könnten.  Diese  Konzession 
ist  deshalb  besonders  wertvoll,  weil  oberhalb  der  Entnahmestelle  sich  zwei  Seen  befinden, 
von  welchen  der  grössere  14,50  Hektar,  der  kleinere  5  Hektar  Oberfläche  hat.  Das 
Niveau  des  grosseren  Sees  liegt  auf  -f-  1913,30  m,  des  kleineren  auf  +  1908,0  m  über 
dem  Meere.  Die  Gesellschaft  projektiert,  die  ausgleichende  Wirkung  der  Seen  dadurch 
zu  erhöhen,  dass  sie  durch  Einbau  von  Wehren  an  den  Ansflusstellen  des  Baches  die 
Niveauhöhen  der  Seen  regulierbar  macht  und  Stauräume  von  400000  cbm  schafft. 
Auf  diese  Weise  hoffe  man  während  des  grössten  Teiles  des  Jahres  (etwa  nennmonatlich) 
eine  Wassermenge  von  1400  l/sek.  für  12  stündigen  Betrieb  zn  erzielen.  Ausserdem  lässt 
sich  das  Gefälle  zwischen  den  Seen  und  der  jetzigen  Entnahmestelle  noch  sehr  gut  ausnutzen. 

Abb,  58.     Abbildung  der  Entn «hm »stall*. 


Der  Eislauf  und  der  Werkianal  sind  natürlich  gleich  für  1400  l/sek.  aus- 
geführt, dagegen  war  1904  für  das  untere  Krafthans  zunächst  nur  ein  Druckrohr  von 
0,72  m  Dm.  gelegt,  um  darin  780  l/sek.,  d.  h.  etwas  mehr  als  die  Hälfte  der  zukünftigen 
Wassermenge,  den  Turbinen  zuzuführen.  Die  Geschwindigkeit  im  Druckrohr  wird  daher 
nur  1,91  m  betragen.  Das  N.W.  an  der  Entnahmestelle  in  der  Cenischia,  bei  welcher 
der  Bach  direkt  an  die  grosse  Hont-Cenis-Strasse  herantritt,  liegt  auf  -f-  1730  m  über 
dem  Meere.  Sie  bestellt  ans  dem  Wehr  nebst  Kanaleinlauf  mit  Rechen,  Kiesschleuse 
und  Begulierung8schützen.  Die  technischen  Einzelheiten  bieten  hier  nichts  Besonderes. 
Die  Abbildung  der  Entnahmestelle  (vergl.  Abb.  53)  gibt  eine  Darstellung  von  der  primi- 
tiven Wobranlage.  Man  erkennt  den  groben  Rechen  vor  dem  Einlauf.  In  dem  kleinen 
Schutzhause  für  den  Wehrwärter  befinden  sich  die  Regaliernngsschützen  für  den  Werk- 
kaual,  daneben  liegt  der  Kiesfreilauf.    Das  Wehr  ist  ans  Holz  und  Steinen  ganz  primitiv) 


374  IL    Theodor  Doehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

aber  ausreichend  solide  hergerichtet.  Es  soll  nur  einen  kleinen  Stau  bei  N.W.  erzeugen, 
damit  man  das  Wasser  in  den  Kanal  hineinbekommt.  Das  in  der  Abbildung  sichtbare 
obere  Haus  ist  eine  Unterkunftsstelle  für  die  Wächter  der  Mont-Cenis-Strasse. 

Der  Werkkanal  hat  bis  zur  ersten  Druckkammer  2341,0  m  Länge ;  sein  Wasser* 
Spiegelgefälle  beträgt  2,7  °/oo.  Von  der  Gesamtlänge  entfallen  464,0  m  auf  fünf  Tunnel, 
der  Rest  auf  Einschnitt  im  Felsen,  abgesehen  von  einer  ganz  kurzen  Strecke  im  Auf- 
trag. Der  Kanal  hat  eine  lichte  Höhe  von  1,35  m  und  eine  Breite  von  0,95  m.  Die  nor- 
male Wassertiefe  soll  1,0  m  betragen.  Zur  Berechnung  der  Geschwindigkeit  ist  die 
Formel  von  Bazin  in  der  Form 


verwendet,  wobei  der  Bei  wert  y  zwischen  0,45  und  0,30  je  nach  der  Glätte  der 
Wände  des  Kanals  angenommen  wurde.  Der  Kanal  ist  durchweg,  soweit  er  im  Ein- 
schnitt und  Auftrag  liegt,  mittelst  Granitplatten  abgedeckt,  so  dass  er  vor  Einfall  von 
Laub,  Geröll  und  Schnee  und  vor  Eisbildung  geschätzt  ist  (vergL  Taf.  Xu,  Fig.  2  u.  3). 
Auf  dem  Wege  zwischen  dem  Einlauf  an  der  Entnahmestelle  und  der  ersten 'Druck- 
kammer sind  zwei  Überfälle  angeordnet  und  zwar  der  erste  in  der  Nähe  des  Einlaufs, 
der  zweite  in  der  Druckkammer  selbst.  Der  erste  Überfall  entwässert  direkt  in  die 
Cenischia,  der  letztere  in  einen  kleinen  See  in  der  Nähe  des  Ortes  Ferrera  (vergl. 
Taf.  XII,  Fig.  1).  Der  Überlaufkanal  in  den  See  ist  kaskadenförmig  angelegt,  ähnlich 
wie  der  Zubringerkanal  zwischen  der  ersten  und  zweiten  Druckkammer,  von  dem  weiter 
unten  die  Rede  sein  wird. 

Die  erste  Druckkammer  ist  mit  der  zweiten  in  fast  allen  Massen  gleich 
angelegt  (vergl.  Taf.  XII,  Fig.  4).  Das  Wasser  tritt  aus  dem  Kanal  zunächst  in  einen 
mit  Kappen  zwischen  Trägern  überwölbten  Raum,  dessen  Sohle  0,60  m  unter  die  Kanal- 
sohle vertieft  ist.  Dieser  Raum  hat  eine  Breite  von  4,0  m  und  eine  Länge  von  4,75  m, 
so  dass  das  Wasser,  welches  übrigens  wegen  der  vorgelagerten  Seen  verhältnismässig' 
rein  ist,  eine  erheblich  geringerer  Geschwindigkeit  als  im  Kanal  annehmen  muss  und  so 
eine  Abscheidung  von  Sand  und  Kies  bewirkt  wird.  Aus  diesem  Raum  muss  das  Wasser 
über  eine,  gegen  die  Sohle  um  0,50  m  erhöhte,  1,90  m  breite  Schwelle  überfliessen 
und  tritt  dann  durch  einen  Seitenkanal  in  die  eigentliche  Druckkammer  ein,  aus  welcher 
die  schmiedeeisernen  Druckrohre  ausmünden.  Vor  den '  Mündungen  der  Druckrohre  sind 
zwei  voneinander  getrennte  Vorkammern  angelegt,  welche  mittelst  Sthützentafeln  abge- 
schlossen werden  können.  Bei  geschlossener  Schütze  können  also  jede  Vorkammer  und 
das  zugehörige  Druckrohr  für  sich  trocken  gelegt  werden.  Während  des  Betriebes  kann 
die  Luft  entweichen  und  bei  Entleerung  des  Druckrohrs  Luft  in  dasselbe  frei  eintreten. 
Hinter  den  Schützentafeln  befindet  sich  je  ein  Feinrechen  aus  Flacheisenstäben,  um  kleinere 
schwimmende  Körper  zurückzuhalten  (Taf.  Xu,  Fig.  5).  Die  Schwelle  der  Schützen- 
tafeln, welche  die  Vorkammern  dicht  abschliessen,  liegt  0,70  m  höher  als  die  Sohle 
der  Druckkammer,  so  dass  auch  noch  in  dieser  ein  Sandfang  gebildet  ist.  Gegenüber 
den  Vorkammern  ist  in  der  ganzen,  8,20  m  betragenden  Länge  der  Druckkammer  ein 
Überlauf  angelegt,  über  welchen  das  in  den  Turbinen  nicht  benötigte  Wasser  in  einen 
Überlauf  kanal  stürzt  In  diesen  Überlaufkanal  hinein  kann  durch  öffnen  einer  Grund- 
schütze die  Druckkammer  entleert  und  gespült  werden.  Über  dem  gewölbten  Raum  be- 
findet sich  die  Wohnung  des  Wärters  und  noch  ein  Schlafraum  für  die  Streckenarbeiter. 
Solange  für  die  obere  Druckkammer  noch  keine  Druckrohre  verlegt  waren,  mnsste  das 
Wasser  mittelst  eines  besonderen  Zubringers  der  zweiten  unteren  Druckkammer  zuge- 


§  6.  Das  Wassebkraft-ElektkizitItswebk  Novalesa  a.  d.  Cenischia.  375 

führt  werden.  Nach  Ausführung  der  oberen  Zentrale,  welche  ganz  in  der  Nähe  der 
zweiten  Druckkammer  angelegt  worden  sein  soll,  fliesst  das  Wasser  in  der  Regel  durch 
die  Druckrohre  den  Turbinen  zu  und  gelangt  aus  diesen  durch  einen  kurzen  Kanal  in 
die  zweite  Druckkammer;  der  Zubringer  tritt  also  nur  in  Funktion,  wenn  die  Turbinen 
der  oberen  Zentrale  ganz  oder  zum  Teil  abgestellt  sind.  Bis  zur  Inbetriebsetzung  des 
oberen  Krafthauses  ging  das  Wasser  aus  der  oberen  Druckkammer  in  den  Zubringer, 
welcher  in  einer  Länge  von  1513,0  m  ein  Wasserspiegelgefälle  von  414,0  m  zu  über- 
winden und  das  Wasser  der  zweiten  Druckkammer  zuzuführen  hatte.  Auf  einer  Strecke 
von  ca.  200,0  m  war  man  genötigt,  wegen  der  allzu  starken  Neigung  des  Terrains  den 
Zubringer  als  schmiedeeisernes  Rohr  von  0,35  m  Dm.  auszuführen.  Im  übrigen  ist  der 
Kanal  kaskadenformig  hergestellt  (vergl.  Tafel  XII,  Fig.  6,  7,  8,  9).  Die  Stufen,  je 
nach  den  Terrainverhältnissen  in  Längen  von  1,35 — 2,05  m,  sind  mit  einer  durchschnitt- 
lichen Stufenhöhe  von  0,40  m  aus  roh  behauenen  Steinen  und  in  hydraulischem  Mörtel 
angelegt  worden.  Die  Abstürze  und  die  Seitenwände  sind  als  Betonmauern  ausgeführt. 
Wenigstens  alle  100,0  m  ist  ein  Fallschacht  angeordnet,  in  den  das  Wasser  etwa 
1,80 — 2,0  m  tief  herabstürzen  muss,  und  zwar  fallt  es  auf  ein  Wasserpolster  von 
ca.  0,42  m  Stärke.  Auf  diese  Weise  wird  die  Geschwindigkeit  des  Wassers  auf  ein 
unbedenkliches  Mass  herabgemindert.  Dieser  Zubringerkanal  ist,  wo  Stein  oder  Laub- 
fall zu  befürchten  war,  mit  Granitplatten  abgedeckt.  Zu  der  unteren  Druckkammer 
und  dem  oberen  Krafthause  führt  von  Novalesa  nur  ein  schmaler  Saumpfad  herauf. 
Die  schweren  Stücke  der  Maschinen  sollen  deshalb  per  Achse  die  Mont-Cenis-Strasse 
herauf  bis  etwa  zu  der  Stelle  geschafft  sein,  wo  der  Zubringerkanal  die  Strasse  schneidet 
(vergl.  Taf.  XII,  Fig.  1).  Von  hier  soll  man  sie  dann  auf  Gleitbahnen  bergab  geschafft 
haben.  Als  man  von  den  beiden  projektierten  Druckrohren  zum  unteren  Krafthause 
das  erste  verlegte,  hat  man  gleich  die  Auflager  und  das  Bett  für  beide  hergerichtet. 
Dasselbe  ist  entweder  zwischen  Felswänden  eingeschnitten  oder,  wo  es  im  Auftrag  liegt, 
sind  beiderseitig  Mauern  errichtet,  derart,  dass  die  Rohre  in  ihrer  ganzen  Länge  min- 
destens 1,0  m  hoch  mit  Boden  bedeckt  werden,  um  sie  der  Einwirkung  des  Temperatur- 
wechsels möglichst  zu  entziehen.  Die  Länge  des  zuerst  verlegten  unteren  Druckrohres 
beträgt  1060,0  m,  sein  Dm.  0,72  m.  Das  Material  ist  für  das  obere  Ende  bestes  Fluss- 
eisen, für  das  untere  Ende  Siemens-Martinstahl.  Die  Wandstärke  steigt  von  5  mm  für 
die  oberen  Rohrstücke  bis  21  mm  für  die  unteren.  Die  oberen  Rohre  bis  zu  einer 
Druckhöhe  von  289,0  m  sind  genietet,  die  unteren  geschweisst  und  alle  in  Längen  von 
5,0  m  hergestellt;  sie  wiegen  bei  5  mm  Wandstärke  700  kg  und  bei  21  mm  Wandstärke 
2100  kg;  das  Gesamtgewicht  eines  Druckrohrstranges  zwischen  der  unteren  Druck- 
kammer und  dem  unteren  Krafthause  beträgt  300000  kg.  Die  Bolzen  und  die  Innen- 
seiten der  Flanschen  sind  verzinnt.  Bei  der  Berechnung  ist  eine  zulässige  Belastung  von 
1000  kg  pro  qcm  angenommen  und  die  Nietlöcher  sind  abgezogen.  Ausserdem  sind 
dem  statischen  Druck  15°/o  zugeschlagen,  um  den  Druckschwankungen  infolge  von  Stössen 
bei  der  Turbinenregulierung  Rechnung  zu  tragen.  Da  das  Rohr  mit  kontinuierlichem 
Gefälle  verlegt  ist,  kann  die  Luft  in  die  Druckrohrkammer  entweichen;  Dilatations- 
vorrichtungen  waren  wegen  der  bedeckten  Verlegung  der  Rohre  entbehrlich.  Auch  hat 
man  geglaubt,  von  Einrichtungen  zum  Schutze  gegen  Wasserschläge  im  Druckrohre  wie 
Windkessel,  Entlastungsventile,  Sicherheitsscheiben  etc.  absehen  zu  können,  da  dafür 
gesorgt  ist,  dass  ein  plötzliches  Schliessen  der  Freistrahlmündungen  in  den  Turbinen 
nicht  möglich  ist.  Die  genieteten  Rohre  sind  mit  Flanschen  verbunden,  welche  aus  auf- 
genieteten Winkeleisen  gebildet  sind.  Zur  Verbindung  der  geschweissten  Rohre  sind 
starke,  kurze  Winkelflanschen  an  die  Rohrenden  angeschweisst  und  hinter  diese  sind 


376  IL    Theodor  Koehx.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

abgedrehte,  ca.  40  mm  starke  Flanschringe  aus  Stahl  gelegt  und  mit  Bolzen  zusammen- 
gezogen» nach  dem  Muster  der  Lac -Tanay- Anlage  (vergl  Kap.  II,  §  18,  Kap.  III,  4. 
Drnökrohre  und  Taf.  LVIII,  Fig.  11).  Als  Dichtungsmaterial  sind  Kupferringe  mit 
Asbestumhüllung  verwendet.  Jedes  Rohr  ruht  auf  einem  besonderen  Betonfunda- 
mente. An  den  stärkeren  Knickpunkten  des  Längenprofils  sind  grosse  Betonklotze 
angebracht,  in  denen  das  Röhr  verankert  ist,  so  dass  es  sich  axial  an  den  Stellen 
nicht  verschieben  kann.  Ausser  an  den  Knickpunkten  befinden  sich  alle  25,0  m 
verstärkte  Fundamente,  an  denen  das  Rohr  weiter  durch  starke  Winkeleisen  gegen 
Herabgleiten  gesichert  ist.  An  geeigneten  Stellen  sind  Mannlöcher  angebracht,  um  das 
Druckrohr  innen  reinigen  und  eventuell  mit  neuem  Anstrich  versehen  zu  können.  Das 
untere  Druckrohr  endigt  vor  der  Zentrale,  nachdem  es  seine  Richtung  in  der  Horizontal- 
projektion um  fast  90°  geändert  hat,  in  einem  starken  Mannesmannrohre,  von  dem  die 
einzelnen  Turbinenrohre  rechtwinkelig  abzweigen.  Eine  vor  dem  Maschinenhause  nach 
der  Cenischia  zu  gelegene  Terrasse  ist  als  Rohrkammer  für  dieses  Verteilungsrohr  ausge- 
bildet und  bietet 'Platz  für  das  später  noch  zu  verlegende  zweite  Verteilungsrohr  (vergl. 
Tafel  Xu,  Fig.  11).  Unter  die  eben  erwähnte  Rohrkammer  hindurch  läuft  der  allen 
Turbinen  gemeinsame  Turbinenkanal,  welcher  das  Druckwasser  in  die  Cenischia 
zurückleitet. 

Um  zu  verhüten,  dass  sich  verlängs  der  Druckrohrleitung  Regen-  oder  Schnee- 
wasser zu  grösseren  Mengen  ansammeln  und  dann  verheerend  wirken  kann,  sind  von 
Zeit  zu  Zeit  Abweisungsmauern  angelegt,  welche  das  Wasser  seitwärts  ableiten.  Von 
der  unteren  Druckkammer  fährt  ein  gleichfalls  kaskadenförmig  angelegter  Entlastungs- 
kanal dasjenige  Wasser  in  den  Fluss  zurück,  welches  über  den  Überlauf  fliesst. 

Das  Krafthaus  befindet  sich  unweit  des  Dorfes  Novalesa  an  der  alten  Strasse 
Susa-Ferrara.  Eine  Brücke  führt  über  die  Cenischia,  welche  hart  an  dem  Gebäude 
vorbeifliesst  Der  Maschinensaal  ist  eingerichtet  für  fünf  Turbodynamos  von  je  1600  PS», 
zwei  Erregerturbinen  von  110  PS,  und  acht  Transformatoren  (vergl.  Tafel  XII,  Fig.  10 
und  12).  Die  Turbinen9)  sind  Freistrahlwasserräder  mit  innerer  Beaufschlagung,  ähn- 
lich der  auf  Taf.  LXXV,  Fig.  1 — 3  dargestellten  Konstruktion.  Jede  Turbine  gebraucht 
bei  voller  Belastung  ca.  360  1/sek.  und  macht  600  Uml./Min.  Der  Dm.  des  Laufrades 
ist  2,20  m.  Der  Schaufelkranz  ist  durch  starke,  stählerne,  warm  aufgezogene  Ringe 
zusammengehalten.  Das  Wasser  tritt  durch  ein  horizontales  Rohr  an  der  Breitseite 
des  Turbinengehäuses  in  Höhe  der  Welle  ein.  Die  Regulierung  erfolgt  durch  einen 
mechanischen  Servomotor,  welcher  durch  Riemenübertragung  mit  der  Welle  verbunden 
ist  und  welcher  mittelst  eines  Gestänges  die  Austrittsöffnungen  der  Freistrahldüsen 
selbetwirkend  mehr  oder  weniger  schliesst  bezw.  öffnet.  Der  Turbinenregler  ist  ausser- 
dem mit  einer  Übersetzung  versehen,  welche  die  Schliessung  der  Freistrahldüse  von 
Hand  gestattet.  Da  nach  der  gewählten  Konstruktion  die  Schliessung  der  Düse  nicht 
plötzlich,  sondern  nur  allmählich  erfolgen  kann,  sind  starke  Wasserschläge  im  Druck- 
rohr infolge  der  Turbinenregulierung  nicht  zu  befürchten.  Mit  den  Turbinenwellen  sind 
Dreiphasen-Generatoren  mittelst  elastischer  Zodelkuppelung  verbunden.  Die  Generatoren*) 
haben  rotierendes  12poIiges  Magnetrad  und  feststehenden  Anker.  Die  Umfangsgeschwin- 
digkeit des  Magnetrades  beträgt  42,0  m/sek.  Der  Wirkungsgrad  der  Turbinen  soll  bei 
voller  Belastung  78%,  derjenige  der  Generatoren  95°/o  sein.  Die  beiden  Erreger- 
Turbinen  sind  auch  nach  dem  erwähnten  System  gebaut,  machen  600  Uml./Min.  und  sind  mit 


*)  Geliefert  von  Piccard-Pictet  &  Gm.  in  Genf  nach  Art  der  Schwamkrn^Tiirbiiieii. 
»)  Geliefert  von  der  französischen  Tfaomson-Honston-Oeselltcheft  in  Paris. 


§  6.  Das  Wabserkbaft-ElektbizitItswerk  Novalesa  a.  d.  Cenischia.  377 

Gleichstrom-Dynamos  von  75  KW  bei  125  Volt  gekuppelt.  Die  Dreiphasen-Generatoren 
liefern  den  Strom  mit  3000  Volt  und  50  Perioden,  welcher  in  Monophasen-Öltransfor- 
matoren  für  die  Fernleitung  auf  30000  Volt  herauftransformiert  wird.  Die  Maschinen- 
kabel werden  in  einem  geräumigen  Kabelkanal  zum  Schaltraum  geführt.  Jeder  der  bis 
1904  aufgestellten  Öl-Transformatoren  hatte  eine  Leistungsfähigkeit  von  1100  KW  bei 
cos  g>  =  0,75.  Der  Nutzeffekt  soll  bei  voller  Belastung  97,3  %  sein.  Das  Öl  wird  durch 
Kühlschlangen,  in  denen  Wasser  zirkuliert,  gekühlt.  Keiner  der  Apparate  an  der  dem 
Maschinenhause  zugekehrten  Seite  des  Schaltbrettes  hat  Hochspannung.  Für  die  Hoch- 
spannungs-Messinstrumente  sind  Messtransformatoren  vorgeschaltet.  Im  Schaltraume 
befinden  sich  die  Bleisicherungen  und  Ausschalter  für  jede  Phase  getrennt  zwischen 
Monierwänden  nach  dem  Muster  moderner  Hochspannungsanlagen. 

Die  Fernleitung  hat  von  Novalesa  bis  zur  Transformatorenstation  in  Turin  eine 
Länge  von  ca.  60,0  km.  Die  schmiedeeisernen,  11,87  m  hohen  Gittermasten  sind  in 
Betonfundamenten  aufgestellt.  Ihr  Gewicht  schwankt  je  nach  der  Stärke  und  Höhe 
zwischen  420  und  1700  kg.  Als  normale  Spannweite  von  Mast  zu  Mast  gelten  75,0  m. 
Bei  der  Betriebseröffhung  wurden  zunächst  zwei  Leitungen  von  je  drei  blanken  Kupfer- 
drähten (6,75  mm  Dm.)  montiert.  Für  die  Ausnützung  der  Wasserkraft  mit  1400  1/sek. 
war  noch  eine  dritte  Leitung  von  drei  Drähten  mit  ca.  9  mm  Dm.  vorgesehen.  Jeder 
Isolator  ist  auf  einem  kurzen  horizontalen,  eichenen  Ausleger  mit  einem  Schrauben- 
bolzen so  befestigt,  dass  je  drei  ein  gleichseitiges  Dreieck  von  0,725  m  Seite  bilden.  Die 
Isolatoren  selbst  bestehen  aus  drei  übereinander  liegenden  Glocken,  deren  Form  auf 
Grund  sorgfältigster  Versuche  gewählt  sein  soll  (vergl.  Kap.  HI,  7.  Fernleitungen). 
Zwischen  der  Zentrale  Novalesa  und  der  Transformatorenstation  bei  Turin  befinden  sich 
noch  zwei  Häuschen  für  Unterbringung  von  Streckenunterbrechern  nebst  Blitzableitern, 
das  eine  bei  dem  Orte  Bussoleno,  das  zweite  bei  Ambrogio.  Auf  diese  Weise  ist  die 
Gesamtstrecke  in  drei  Teile  geteilt,  welche  einzeln  stromlos  gemacht  werden  können. 
In  der  Transformatorenstation  an  der  Barriera  del  Martinetto  vor  Turin  wird  der  Strom 
auf  3000  Volt  herabtransformiert,  um  von  hier  aus  mittelst  Kabel  und  oberirdischer 
Leitung  in  Turin  selbst  hereingeführt  zu  werden.  Da  die  Gesellschaft  ihre  Kraft  an 
der  Transformationenstation  an  die  Alta  Italia  abgibt,  hat  sie  nicht  selbst  für  das  Ver- 
teilungsnetz zu  sorgen  (vergl.  S.  367). 

Was  die  Kosten  der  Anlage  betrifft,  so  sind  diesbezügliche  Mittellungen  bereits 
in  der  Tabelle  I,  S.  242/243  gemacht. 

Nach  den  Zahlen,  welche  dem  Verfasser  mitgeteilt  worden,  haben  die  Wehr-  nnd  Kanalanlagen 
einschliesslich  der  Druckkammern  nnd  der  Entlastnnga-  nnd  Zabringerkanäle ,  welche  bis  Ende  1904 
ansgef&hrt  waren  nnd  das  untere  Krafthaas  zusammen  650000  Lire  gekostet.  Für  das  damals  bereit« 
verlegte  eine  Druckrohr  einschliesslich  der  Kosten  für  Herstellung  des  Druckrohrbettes  für  beide  Rohre 
betrugen  die  Kosten  230000  Lire.  Nach  diesen  Zahlen  sind  die  Kosten  für  die  Gesamtanlage  ergänzt. 
Die  Fernleitung  von  Novalesa  nach  der  Transformatorenstation  an  der  Barriera  del  Martinetto  bei  Turin 
hat  700000  Lire  gekostet,  d.  h.  rd.  11700  Lire  oder  9477  Mark  pro  km  (vergl.  die  Preisangaben  S.  264). 

Wenn  durch  die  Regulierung  des  Ausflusses  der  Cenischia  aus  den  Seen  die 
neunmonatliche  Wassermenge  auf  1400  1/sek.  gebracht  und  die  verfügbare  Kraft  auf 
12460  PS«  gewachsen  sein  wird,  muss  die  sogenannte  „mittlere  Nutzleistung"  erheblich 
höher  liegen  als  bei  */s  der  installierten  Leistung,  wie  der  Gleichmässigkeit  wegen  in 
Tabelle  I,  S.  244  angenommen  wurde.  Die  Kosten  dieser  einfachen  See-Regulierungen 
werden  voraussichtlich  nicht  erheblich  ins  Gewicht  fallen. 


378  IL    Theodor  Kobhn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 


§  7.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  an  der  Dora  Baltea  im 

Aosta-Tale  der  Societk  Industriale  Elettrochimica  di  Pont  Saint-Martin. 

ftiereu  Tafel  Xül,  XIV,  XV  i). 

Im  Aostatal  nahe  bei  der  Station  Pont  Saint-Martin  wurde  1901  eine  Wasser- 
kraft dem  Betriebe  übergeben,  welche  ursprünglich  dazu  bestimmt  war,  für  eine  Calcium 
Garbid-Fabrik  die  elektrische  Energie  herzugeben.  Da  aber  bald  nach  Gründung  der 
für  diesen  Zweck  ins  Leben  gerufenen  Gesellschaft  sich  herausstellte,  dass  bereits 
Fabriken  mit  einer  den  damaligen  Konsum  um  ein  vielfaches  überschreitenden  Leistungs- 
fähigkeit vorhanden  waren  und  sich  Anzeichen  für  eine  Krisis  in  dieser  Industrie  zeigten, 
beschloss  man  von  der  Errichtung  dieser  Fabrik  vorläufig  abzusehen9)  und  die  Kraft  im 
wesentlichen  nach  dem  industriereichen  Biella  und  der  Valle  Mossa  zu  überführen,  da 
im  Aostatal  selbst  nur  verhältnismässig  wenig  Kraft  unterzubringen  war.  Weil  nun  aber 
bis  Biella  eine  Fernleitung  von  45,0  km  gezogen  werden  musste  und  einschliesslich  der 
Verzweigungen  zu  den  einzelnen  sehr  verstreut  liegenden  Konsumenten  und  der  Fern- 
leitung zur  Valle  Mossa  schon  bis  1903  ein  Leitungsnetz  von  86,0  km  notwendig  wurde, 
so  ist  durch  diese  Programm-Änderung  die  ursprüngliche  Rentabilitätsberechnung  stark 
beeinträchtigt  worden.  Aus  der  durch  das  Aostatal  fliessenden  Dora  Baltea  konnten 
bei  Pont  Saint-Martin  nach  den  aufgestellten  Projekten  und  der  Konzession  (etwa 
neunmonatlich)  30,0  cbm/sek.  entnommen  werden.  Durch  Einbau  eines  Wehres  und 
Führung  eines  1,0  km  langen  Kanals  war  ein  Gefalle  von  14,0  m  und  damit  eine 
theoretische  Wasserkraft  von  5600  PS,  oder  4200  PS»  an  den  Wellen  der  Turbinen  ge- 
messen, zu  erzielen.  Die  Dora  Baltea  ist  ein  echter  Gebirgsfluss  mit  im  Winter  sehr 
stark  abfallenden  Wassermengen«  Das  Vorflutgebiet  beträgt  rd.  3000  qkm.  Im  Sommer 
ist  immer  überreichlich  Wasser  vorhanden.  Da  aber  ein  See  nicht  vorgelagert  ist,  so 
fehlt  dqr  Ausgleich  und  in  der  Regel  fällt  das  Wasser  im  Winter  während  mindestens 
zweier  Monate  auf  22  cbm/sek.  Das  355tägige  N.W.  des  trockensten  Jahres  beträgt 
18  cbm/sek.  oder  6  l/sek./qkm.  In  der  mangelnden  Beständigkeit  der  Kraft  lag  insofern 
eine  grosse  Schwierigkeit  für  die  Verwertung,  als  die  Industriellen  im  allgemeinen  nur 
für  «tändige  Kraftlieferung  Interesse  zeigten.  Die  Gesellschaft  hatte  sich  von  vorn- 
herein das  Recht  vorbehalten,  an  200  Stunden  im  Jahre  die  Stromlieferung  zu  unter- 
brechen. Dieser  Vorbehalt  ist  in  Italien  und  auch  in  anderen  Ländern  vielfach  einge- 
führt, weil  man,  als  längere  Erfahrungen  mit  elektrischer  Energieübertragung  noch  nicht 
vorlagen,  für  Unterbrechung  durch  Blitzschlag  und  für  Reparaturen  an  der  Wasser-  und 
Maschinenanlage  einen  grösseren  Sicherheitskoeffizienten  notwendig  fand.  Wegen  Blitz- 
schlag und  wegen  Reparaturen  aus  irgend  welchen  anderen  Ursachen  sind  aber  Unter- 
brechungen der  Stromlieferung  nur  selten  und  wenn,  von  geringer  Dauer  vorgekommen, 
so  dass  der  grösste  Teil  dieses  200  stündigen  Spielraumes  für  die  Tagesstunden  bei 
Wassermangel  ausgenutzt  werden  konnte.  Wenngleich  bei  der  hier  zu  besprechenden 
Anlage  die  an  die  Konsumenten  verkaufte  Kraft  24  stündig  zu  liefern  war,  ausgenommen 
an  Sonn-  und  Feiertagen,  so  sank  der  Konsum  in  der  Nacht  doch  so  stark,  dass  man 
während  der  Nachtzeit  mit  den  kleinsten  sekl.  Zuflussmengen  auskommen  konnte. 


i)  Die  Abbildungen  nnd  Tafeln  sind  nach  Material  angefertigt,  welches  dem  Verfasser  von  der 
Gesellschaft  snr  Verfügung  gestellt  wurde. 

*)  Später  ist  eine  Barium-Fabrik  gebaut  nnd  dann  ist  diese  wieder  in  eine  Caldum-Carbid-Fabrik 
umgewandelt,  besonders  um  die  sechsmonatliche  Kraft  und  die  Kraft  in  den  Nachtstunden  auasanutsea. 


§  7.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Pont  Sadtt-Martin.  379 

Zur  besseren  Wasserfassung  bei  N.W.  wurde  das  Wehr  unter  einem  spitzen  Win- 
kel zur  Stromachse  über  den  Fluss  gelegt  (vergj,  Taf.  XIII,  Fig.  1  u.  3).  Das  Niedrig- 
wasser, welches  auf  +  301,36  über  dem  Meere  lag,  wurde  durch  das  Wehr  bis  auf 
-f-  302,80  gestaut.  Das  Gefalle  der  Dora  Baltea  bei  N.W.  auf  der  ca.  1,0  km  langen 
Strecke  vom  Wehr  bis  zu  der  projektierten  Ausmündung  des  Kanals  betrug  rd.  1 :  70. 
Der  Werkkanal  ist  879,3  m  und  der  Unterwasserkanal  488,0  m  lang.  Für  das  Kraft- 
haus konnte  bei  N.W.  und  allen  mittleren  Wasserständen  ein  Gefälle  von  14,0  m  ge- 
wonnen werden.  Das  Wehr  ist  aus  Beton  mit  einem  geneigten  Abfallrücken  hergestellt. 
Der  Absturzboden  liegt  wagerecht  in  Höhe  der  Flussohle.  Ersterer  ist  durch  eine  2,0 
bis  4,0  m  tief  fundierte  Herdmauer  abgeschlossen,  ohne  dass  dieselbe  mit  der  Sohle  den 
gewachsenen  Felsen  erreicht.  Bei  dem  geringen  Stau,  der  Breite  des  Wehrquerschnitts 
und  der  aus  grobem  Eies  bestehenden  Flussohle  ist  eine  Unterspülung  des  Wehres  nicht 
zu  befürchten.  Die  Hohlräume  zwischen  den  Kieselsteinen  sind  in  den  tieferen  Schichten, 
auf  denen  das  Wehr  ruht,  mit  einem  feinen  Sande  voll  ausgefüllt,  so  dass  auch  das 
Sickerwasser,  welches  unter  das  Wehr  hindurch  gelangt,  nicht  bedeutend  ist.  .Das  Wehr 
hat  eine  Gesamtlänge  von  87,0  m.  Durch  seine  spitzwinklige  Lage  wird  die  Rinne /des  N.W. 
nach  dem  an  dem  linken  Ufer  gelegenen  Einlauf  gedrängt  und  bei  höherem  Wasser- 
stande verlängs  des  Wehres  ein  starker  Strom  nach  dem  neben  dem  Einlauf  liegenden 
Grundablass  (Kiesfreilauf)  zur  Abführung  des  Geschiebes  erzielt. 

Durch  einen  Fangedamm  wurde  zunächst  das  Wasser  der  Dora  Baltea  auf  das 
rechte  Ufer  so  weit  herübergedrängt,  dass  man  dasselbe  in  einer  zwischen  der  rechts- 
seitigen Flügelmauer  und  dem  Felsen  angelegten  zeitweiligen  Rinne  (vergl.  Abb.  54)  ab- 
leiten und  so  die  ganze  Anlage  im  Trockenen  ausführen  konnte.  Wegen  des  an  der 
Wehrstelle  beginnenden  starken  Gefälles  der  Dora-Sohle  konnte  man  das  Wasser  aus 
den  Fundierungs-Baugruben  durch  kleine  Schlitze  abfuhren,  so  dass  nur  ganz  geringe 
Pumparbeiten  notwendig  wurden.  Nach  Fertigstellung  des  Wehres  wurde  die  eben  er- 
wähnte zeitweilige  Rinne  wieder  durch  Kiesschüttung  geschlossen  und  das  Ufer  mit  einer 
soliden  Steinpackung  befestigt.  Man  hat  es  nicht  für  nötig  gehalten,  die  rechtsseitige 
Flügelmauer  durch  eine  Grund-  und  Quermauer  mit  dem  gewachsenen  Felsen  zu  ver- 
binden« da  die  Uferlinie  an  der  Stelle  nach  der  Flussmitte  zu  in  der  konvexen  Krüm- 
mung liegt  und  deshalb  daselbst  die  Uferbefestigung  bei  Hochwasser  im  allgemeinen 
keinen  starken  Angriffen  ausgesetzt  ist  wie  die  gegenüber  liegende  Seite.  Sollte  der 
Fluss  einmal  die  Rinne  zwischen  Flügelmauer  und  Felsen  wieder  öffnen,  wäre  nichts 
weiter  verloren  und  man  könnte  ohne  alle  Schwierigkeiten  beim  nächsten  Niedrigwasser 
die  gedachte  Grundmauer  herstellen. 

Selbstverständlich  musste  nach  den  getroffenen  Dispositionen  die  ganze  Arbeit 
des  Wehrbaues  in  der  Zeit  des  N.W.  ausgeführt  werden  und  ist  auch  tatsächlich  vom 
Dezember  1899  bis  März  1900  fertiggestellt  worden. 

Neben  der  linksseitigen  Flügelmauer  des  Wehres  befindet  sich  zunächst  der  6,0  m 
breite  Grundablass  (Kiesfreilauf),  dessen  Sohle  auf  +  301,0  gelegt  ist  und  welcher 
durch  3  Schützentafeln  geschlossen  werden  kann.  Bei  allen  höheren  Wasserständen 
werden  die  Schützentafeln  ganz  oder  zum  Teil  gezogen,  damit  der  entstehende  starke 
Spülstrom  das  Geschiebe  ins  Unterwasser  abführt  und  den  Ein  lauf  frei  hält.  Un- 
mittelbar aufwärts  vom  Grundablasse  befindet  sich  der  Einlauf,  welcher  durch  eine  starke 
Leitmauer  von  jjem  Grundablass  getrennt  ist.  Von  der  aus  einer  0,50  m  starken  Beton- 
mauer hergestellten  Schwelle  des  Einlaufe,  welche  in  der  Uferlinie  auf  +  301,20  liegt, 
senkt  sich  die  Sohle  kanalabwärts  allmählich  bis  auf  +  300,70  nach  einem  zweiten 


380  II.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Beispiele. 

Kiesfreilauf  zu,  welcher  von  der  Einlaufstrocke  des  Werkkanals  abzweigt  und  dazu 
dient,  Sand  and  Kies  aus  dieser  als  kleines  Ablagerangsbecken  dienenden  Strecke 
periodisch  abzuführen.     Die  besprochenen  Massregeln  znr  Abhaltung  Ton  Geschiebe  und 


Sinkstoffen  vom  Werkkanal  haben  sich  als  nicht  ausreichend  erwiesen,  da  viel  Sand  und 
Eies  bis  zu  den  Turbinenkammern  gelangt. 

Der  Werkkanal  ist  unmittelbar  hinter  dem  zweiten  Kiesfreilauf  durch  8  Schätzen' 
tafeln  abschliessbar.    In  der  Mitte  des  Kanals  steht  ein  Brückenpfeiler.    Die  so  gebildeten 


§   7.  Das  WAssERfiBAFr-EKtKTiuziTÄTswERK  Pont  Satnt-Mart»-.  381 

zwei  Öffnungen  Bind  durch  lotrechte  I-Eisen  in  je  Tier  Schützenöffnungen  geteilt.  Über 
den  Kanal  führt  eine  gewölbte  Fußgängerbrücke,  welche  die  Bewegungsmechanismen 
der  Schätzentafeln  tragt  und  den  Zugang  zu  den  Schätzen  der  zwei  Kiesfreilänfe  ver- 
mittelt (vergl.  Abb.  65).   Unmittelbar  neben  der  Brücke  am  linken  Ufer  liegt  das  Häuschen 


des  Kanalwärters.  Die  Kronen  der  Kanalmanern  und  der  linksseitigen  Flfigelmaaer  des 
Wehres,  welche  zugleich  der  gewölbten  Brücke  über  dem  ersten  Kiesfreilauf  als  Wider- 
lager dient,  liegen  auf  +  306,50,  d.  i.  1,52  m  über  dem  höchsten -Wasserstand  der  Dora 
(vergl.  Abb.  55).    Der  vor  den  erwähnten  ersten  Regnlierungsschützen  im  Kanal  durch 


382  IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

die  Senkung  der  Sohle  hergestellte  Absatz  ist  durch  eine  von  dem  linken  Kanalufer  nach 
dem  zweiten  Kiesfreilauf  herüberführende  Leitknrve  so  begrenzt,  dass  Ablagerungen  nach 
dem  Freilauf  hingedrängt  werden.  Während  der  Kanal  am  Einlauf  eine  Sohlenbreite 
von  11,20  m  hat,  ist  dieselbe  hinter  den  erwähnten  acht  Schützentafeln  auf  7,90  m 
zusammengezogen. 

Das  Wasserspiegel-Gefälle  des  Kanals  ist  zu  0,6°/oo  angenommen  und  es  ist  mit 
einem  Gefäll  verlast  von  0,10  m  am  Kanaleinlauf  und  an  den  Schützen  gerechnet.  Der 
Kanal  soll  normal  30,0  cbm/sek.  führen.  Sein  Querschnitt  ist  in  der  Einschnittsstrecke 
16,70,  im  Auftrag  16,90  qm  bei  2,0  m  Wassertiefe,  die  normale  mittlere  Geschwin- 
digkeit ergibt  sich  zu  1,80  resp.  1,78  m/sek.  Die  Normalquerprofile  im  Einschnitt 
und  im  Auftrag  stellen  Taf.  XIV,  Fig.  1  u.  2  dar.  Die  Kanalufer  liegen  überall  hoch- 
wasserfrei. Unterhalb  der  ersten  Schützentafelreihe  im  Kanal,  etwa  80,50  m  von  dieser 
entfernt,  ist  ein  Überlauf  von  100,0  m  Länge  angebracht,  an  welchen  sich  ein  6,0  m 
breiter  Grundablass  mit  fünf  Schützentafeln  von  je  1,15  m  Breite  anschliesst*  Die  Kronen- 
höhe des  Überlaufs  liegt  in  Höhe  des  normalen  Wasserspiegels,  d.  h.  2,0  m  über  der 
Sohle.  Das  überfliessende  Wasser  wird  durch  einen  kleinen,  ganz  in  Beton  ausgeführten 
Seitenkanal  direkt  in  die  Dora  abgeführt  (vergl.  Taf.  XIII,  Fig.  1 ;  Taf.  XIV,  Fig.  7). 
Am  Wehr  sowohl,  als  an  den  Überläufen  ist  Vorsorge  getroffen,  dass  durch  Einlassen 
von  I-Eisen  und  Aufsetzen  von  Bohlen  40  cbm/sek.  Wasser  den  Turbinen  zugeführt 
werden  können.  Die  Seitenmauern  des  Werkkanals  in  der  Auftragsstrecke  würden  ge- 
gebenenfalls etwas  zu  erhöhen  sein.  Etwa  325,0  m  unterhalb  des  Kanaleinlaufs  ist 
ein  Feldweg  mittelst  einer  normalen  Bogenbrücke  in  Stein  über  den  Kanal  gefuhrt. 
Man  hat  diese  Anlage  dazu  benutzt,  um  nochmals  eine  Schützentafelreihe  einzubauen 
mit  deren  Hilfe  man  etwa  durch  die  vorderen  Schützen  eingetretenes  Hochwasser 
zurückhalten  und  bei  etwaigen  Reparaturen  den  Kanal  in  zwei  Abteilungen  trocken 
legen  kann.  Ausser  dieser  Brücke  waren  Spezialbauwerke  zur  Unterfuhrung  von  zwei 
Wegen  und  zwei  Gräben  und  zur  Überführung  zweier  Wege  herzustellen. 

Vor  dem  Krafthause  befindet  sich  ein  zweiter  ebenfalls  100,0  m  langer  Überlauf 
mit  Grundablass  (Taf.  XIV,  Fig.  5  u.  6).  Letzterer  hat  ebenfalls  fünf  Öffnungen,  welche  mit 
Holztafeln  verschliessbar  sind.  Der  Kanal  erweitert  sich  hinter  diesem  Überlauf,  indem 
die  Achse  in  einem  fast  rechten  Winkel  mit  einem  Halbmesser  von  20,0  m  nach  dem 
Krafthause  zu  abbiegt,  zu  einem  Vorbecken,  dessen  Breite  vor  den  Turbinenkammern 
34,85  m  beträgt  (Taf.  XIV,  Fig.  3).  Nach  dem  in  der  linken  Ufermauer  des  Beckens 
befindlichen  Grundablass  hat  die  Sohle  eine  schwache  Querneigung.  Es  hat  sich  heraus- 
gestellt, dass  der  beim  Ziehen  des  Grundablasses  entstehende  Strom  nicht  ausreicht,  um 
den  Sand  aus  dem  Vorbecken  zu  entfernen,  so  dass  derselbe  von  Zeit  zu  Zeit  während 
sonntäglicher  Betriebspausen  von  Hand  herausgebracht  werden  muss.  Die  Querneigung 
der  Sohle  nach  dem  Grundablass  müsste  etwa  1 :  10  bis  1 : 5  betragen.  Der  Grundablass 
wäre  besser  naher  an  die  Turbinenkammern  herangelegt.  Wenn  man  dann  die  Sohle 
des  Beckens  in  stark  geneigten  windschiefen  Flächen  nach  dem  Grundablass  hätte  ab- 
fallen lassen,  so  hätte  man  wahrscheinlich  das  Vorbecken  wirksam  spülen  können  (vergl. 
Taf.  XIV,  Fig.  3).  Ausserdem  würde  man  den  Vorteil  erreicht  haben,  dass  der  Ab- 
satz zwischen  Beckensohle  und  der  Schützenschwelle  vor  den  Turbinenkammern  grösser 
geworden  wäre.  Je  grösser  aber  der  Absatz  wird,  um  so  weniger  Sand  kann  in  die 
Turbinenkammern  gelangen,  weil  mit  der  Vergrösserung  des  wasserberührten  Quer- 
schnitts die  Geschwindigkeit  abnimmt  und  die  oberen  Wasserfäden  mehr  und  mehr  von 
Sand  frei  werden. 


§   7.  Das  WasserkrafivElektrizitItswerk  Pont  Saint-Majrtin.  383 

Das  über  den  Überfall  des  Vorbeckens  fliessende  Wasser  stürzt  in  einen  aus 
Beton  hergestellten  Kanal,  welcher  nach  dem  Unterwasserkanal  in  vier  Stufen  abfällt, 
um  das  Gefälle  von  14  Metern  zu  überwinden.  Durch  Quermauern,  welche  bis  zur  Höhe 
der  Seitenwände  emporreichen  (vergl.  Taf.  XIV,  Fig.  4),  wird  der  Überlaufkanal  in  drei 
Becken  geteilt.  Die  Sohle  der  obersten  Stufe  des  ersten  Beckens,  welche  etwa  100  m 
lang  ist,  d.  h.  so  lang  wie  der  Überfall  selbst,  liegt  am  oberen  Ende  nur  1,3  m,  am 
unteren  ca.  2,80  m  unter  der  Krone  des  Überfalls.  Am  oberen  Ende  ist  also  der 
Schlag  des  fallenden  Wassers  nur  gering,  nach  dem  unteren  Ende  zu  aber  erhöht  sich 
die  Tiefe  des  Wasserpolsters,  welches  den  Schlag  des  abstürzenden  Wassers  aufnimmt. 
Am  Ende  des  Überlaufs,  wo  übrigens  ein  Feldweg  unter  den  Überlauf  kanal  hindurch  zu 
führen  war,  was  mitbestimmend  auf  die  Höhenlage  seiner  Sohle  einwirkte,  fallt  letztere 
um  ca.  2,0  m  ab.  Am  Ende  des  ersten  Beckens  muss  das  Wasser  in  zwei  halbkreis- 
förmigen, lotrechten  Röhren  abstürzen  und  durch  eine  grosse  Anzahl  kleiner  horizon- 
taler Röhren  in  das  zweite  Becken  austreten.  Letzteres  erweitert  sich  nach  unten,  wie 
sich  das  au6  der  Örtlichkeit  von  selbst  ergab,  und  das  Wasser  stürzt  in  drei  vertikalen 
halbkreisförmigen  Röhren,  je  von  gleicher  Dimension  wie  beim  ersten  Becken,  ab  und 
tritt  in  vielen  kleinen  horizontalen  Röhren  durch  die  Quermauer  in  das  dritte  Becken. 
Letzteres  erweitert  sich  nach  der  Ausmündung  in  den  Unterwasserkanal  zu  abermals, 
so  dass  eine  weitere  Verringerung  der  Geschwindigkeit  des  Wassers  eintritt.  Hier  muss 
das  Wasser  über  eine  Quermauer  steigen,  welche  das  Becken  spitzwinkelig  zu  seiner 
Achse  durchzieht  und  stets  ein  Wasserpolster  festhält.  Gegen  den  Unterwasserkanal  ist 
das  dritte  Becken  durch  eine  Mauer  abgeschlossen,  deren  Krone  3,50  m  über  der  Sohle 
des  Beckens  liegt.  Von  dieser  Sohle  bis  zum  höchsten  Wasserspiegel  ist  diese  Mauer 
in  ihrer  ganzen  Länge  durch  röhrenförmige  Öffnungen  unterbrochen,  durch  welche  das 
Wasser  hindurch,  in  einzelne  Strahlen  zerteilt,  in  den  Unterwasserkanal  eintreten  muss 
(vergl.  Taf.  XV,  Fig.  2).  Auf  diese  Weise  wird  das  Überlaufwasser  verhältnismässig 
ruhig  in  den  Unterwasserkanal  abgeführt. 

Für  die  fünf  grossen  Turbinen  von  je  1000  PS«  und  die  zwei  Erreger-Turbinen 
von  je  150  PS«  sind  fünf  grosse  und  zwei  kleine,  voneinander  getrennte  Turbinenkammern 
vorgesehen,  von  denen  die  zwei  kleinen  mit  je  einer,  die  grossen  mittelst  je  zweier  Schützen- 
tafeln abschliessbar  sind.  Hinter  den  Schützentafeln  befindet  sich  je  ein  schräggestellter 
eiserner  Rechen  zur  Abhaltung  von  schwimmenden  Körpern  (vergl.  Taf.  XV,  Fig.  1,  3 
und  4).  Auf  dem  Boden  der  Turbinenkammern  sind  die  Turbinen  aufgestellt.  Die 
Mauer  des  Krafthauses  bildet  gleichzeitig  eine  Wand  der  Turbinenkammern.  Jede 
Kammer  kann  einzeln  durch  ein  Schieberrohr  entleert  werden,  so  dass  die  Reparatur 
jeder  einzelnen  Turbine  getrennt  vorgenommen  werden  kann.  Die  nach  dem  Kanal  zu 
gelegene  Wand  des  Krafthauses  musste  mit  Rücksicht  auf  den  grossen  Wasserdruck  zwei 
Meter  stark  in  fettem  Zementmörtel  ausgeführt  werden.  Die  äussere  Fläche  wurde 
mit  einem  Zementputz  sorgfaltig  abgeglichen.  Hierauf  sind  dann  mehrere  Schichten 
Asphaltfilz  nacheinander  sorgfältig  gespannt,  befestigt  und  einzeln  mit  heissem  Asphalt 
bestrichen,  endlich  ist  über  diese  Schicht  nochmals  ein  Zementputz  von  5  cm  Stärke 
gezogen.  Die  Öffnung,  durch  welche  die  Wellen  der  Turbinen  und  des  Regulierungsge- 
stänges hindurchgehen,  sind  mittelst  Platten  aus  Gusstahl  geschlossen.  Die  Dichtung  der 
Platte  gegen  die  Mauer  ist  so  erfolgt,  dass  die  konische  Randfläche  in  Zementmörtel 
versetzt  und  mit  Bolzen  verankert  ist.  Durch  den  Wasserdruck  wird  dieselbe  stark 
gegen  ihre  Auflagerfläche  gedrückt.  Die  Dichtung  ist  eine  vollkommene.  Die  Turbinen- 
welle sowohl,  als  auch  das  Reguliergestänge  sind  in  der  Schlussplatte  selbst  mittelst 
Stopfbüchsen  abgedichtet.    Durch  die  elastische  Zodel- Kuppelung,  mittelst  deren  die 


384  II.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften..   Beispiele. 

Turbinenachse  mit  der  Generatorachse  verbunden  ist,  werden  etwaige  Ungleichheiten 
in  der  Montage  ausgeglichen. 

Die  Turbinen  sind  Francis-Reaktionsturbinen 8).  Die  grossen  Turbinen  schlucken 
7000—7400  1/sek.  Wasser  bei  voller  Belastung  und  machen  187  Umdrehungen  in  der 
Minute,  die  kleinen  1100  1/sek.  bei  voller  Belastung  mit  400  Umdrehungen  in  der 
Minute.  Die  grossen  Turbinen  haben  zwei  Leitschaufeln  und  zwei  Laufräder.  Die  kleinen 
Turbinen  nur  je  ein  Leit-  und  ein  Laufrad.  Die  Regulierung  der  grossen  Turbinen 
erfolgt  durch  je  einen  selbstwirkenden  hydraulischen  Servo-Motor,  Von  einem  mit  der 
Turbinenwelle  umlaufenden  Riemen  wird  ein  Pendelregler  in  rotierende  Bewegung  gesetzt. 
Indem  der  Regler  sich  bei  grösserer  Geschwindigkeit  hebt  oder  bei  Abfall  der  Ge- 
schwindigkeit senkt,  schliesst  oder  öffnet  er  Ventile  der  Druckwasserleitung  und  des 
Servo-Motors,  dessen  Kolben  durch  Hebel,  Regulierwelle  und  Gallesche  Kette  derartig 
auf  die  beweglichen  Zungen  des  Leitrades  einwirkt,  dass  dieselben  bei  der  Drehung  der 
Regulierwelle  mehr  oder  weniger  geöffnet  oder  geschlossen  werden  (vergl.  Kap.  III,  5. 
Turbinen  und  Taf.  LXVII,  Fig.  4).  Die  Turbinen  sind  so  aufgestellt,  dass  ihre  Wellen 
6,0  m  über  dem  Unterwasser  und  8,0  m  unter  dem  Oberwasser  stehen. 

Da  der  Fluss  bei  höheren  Wasserständen  sehr  viel  feinaufgelösten,  schmirgelartigen 
Sand  fuhrt  und  die  Vorrichtungen  zur  Zurückhaltung  des  Sandes  nicht  wirksam  genug 
waren,  wurden  die  bronzenen  Achsen  der  beweglichen  Finkschen  Zungen  in  ver- 
hältnismässig kurzer  Zeit  in  ihren  Lagern  ausgerieben  und  der  exakte  Verschluss  litt, 
wodurch,  dann  der  Nutzeffekt  der  Turbinen  natürlich  abnahm*  Es  ist  jedenfalls  bei 
ähnlichen  Anlagen  darauf  Bedacht  zu  nehmen,  dass  ein  Nachspannen  der  Reguliervor- 
richtung möglich  ist,  so  dass  auch  bei  ausgeschliffenen,  d.  h.  erweiterten  Zapfenlagern 
ein  exakter  Verschluss  aller  Zungen  erzielt  werden  kann.  Vor  allen  Dingen  muss  man 
aber  durch  geeignete  Ablagerungsbecken  in  ähnlichen  Fällen  den  Sand  wirksamer  aus- 
scheiden (vergl.  Kap.  m,  2.  Werkkanäle). 

An  den  Maschinensaal  schliesst  sich  in  der  Längsrichtung  beiderseitig  je  ein 
Flügel  an,  von  denen  der  eine  im  Erdgeschoss  in  zwei  Teile  geteilt  ist  und  die  Druck- 
pumpe etc.  für  die  Turbinenregulierung,  sowie  ein  Bureau  für  den  Maschinenmeister 
enthält.  Im  gegenüberliegenden  Flügel  ist  das  Erdgeschoss  als  Werkstatt  eingerichtet; 
die  übrigen  Geschosse  der  Flügel  dienen  als  Wohnungen.  In  der  Richtung  der  Kanal- 
achse schliesst  sich  an  den  Maschinensaal  zunächst  der  Schaltraum  und  hierauf  folgt 
ein  grösserer  Raum  für  die  Transformatoren  (vergl.  Taf.  XV,  Fig.  1  und  Taf.  LXXIX, 
Fig.  3  und  4).  Die  Dreiphasen-Genentoren4)  erzeugen  Strom  mit  3000  Volt.  Vier 
Gruppen  von  je  drei  Transformatoren  mit  je  300  KW  Leistungsfähigkeit  transformieren 
den  Strom  für  die  Fernleitung  auf  15000  Volt. 

Die  Fernleitung  konnte  nnr  zum  kleinsten  Teil  verlange  guter  Wege  verlegt 
werden.  Weil  die  Chaussee  nach  Biella  zur  Überwindung  einer  Passhöhe  grosse  Ent- 
wickelungsserpentinen  macht,  musste  die  Fernleitung  in  möglichst  direkter  Linie  über 
Berg  und  Tal  gezogen  werden,  wodurch  die  Bewachung  und  Unterhaltung  sehr  erschwert 
ist.  Nur  an  deb  Eckpunkten  sind  eiserne  Gittermasten,  sonst  Holzmasten  zur  Aufhängung 
der  Leitungsdrähte  benutzt.  Die  Konsumspannung  beträgt  meistens  500  Volt  und  es 
waren  Sommer  1904  zum  Zwecke  der  Herabtransformierung  auf  diese  Spannung  44  Trans- 
formatoren an  den  einzelnen  Konsumstellen  aufgestellt. 


ft)  Alle  Turbinen  sind  von  Riva  Monneret  &  Co.  in  Mailand  geliefert.  Ende  1908  waren  erat 
vier  grosse  Turbinen  aufgestellt 

<)  Die  ganze  elektrische  Einrichtung  des  Maschinensaales  ist  geliefert  von  der  E.-A.  vorm. 
Schuckert  &  Co.  in  Nürnberg.  Die  Transformatoren  von  Gadda  &  Co.  in  Mailand. 


§  8.  Das  Wassebkraft-ElektrizitItswerk  Morbegno.  385 

Über  die  Anlagekosten,  soweit  sie  den  hydraulischen  Teil  betreffen,  befinden  sich 

einige  Mitteilungen  in  der  Tabelle  I  S.  242/243. 

Es  ist  hierbei  das  Krafthaus  mit  fünf  Einheiten  Ton  je  1000  PSe  ausgerüstet  gedacht  Die  dem 
Verfasser  xur  Verfügung  gestellten  Kosten  der  Turbinenanlage  bezogen  sieb  auf  vier  Einheiten,  die 
Kosten  der  fünften  sind  mit  gleichem  Einheitssatz  hinzugefügt  &).  Für  die  elektrische  Einrichtung  des 
Krafthauses  und  für  das  Leitungsnetz  wurden  bis  Ende  1903  etwa  1725000  Lire  aufgewendet. 

Die  direkten  und  indirekten  Betriebskosten  (aber  ausschliesslich  der  Verzinsung)  haben  1903 
etwa  8,64%  des  Gesamtanlagekapitals  ausgemacht.  Rechnet  man  für  Verzinsung  noch  4  7»°/°  hinzu,  so 
würden  sich  als  Gesamtbetriebsausgaben  18,14  °/o  ergeben.  Der  Verkauf  der  elektrischen  Energie  an  die 
Konsumenten  erfolgte  zum  grössten  Teil  zu  Pauschalpreisen  pro  PSe  und  Jahr.  Der  erzielte  Durch- 
schnittspreis betrog  jährlich  175  Lire  für  die  beim  Konsumenten  abgegebenen  PSe»  wobei  die  Kraft 
24  stündig  zur  Verfügung  gestellt  werden  musste. 


§  8.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  an  der  Adda  bei  Morbegno 

der  Societk  per  la  Trazione  Elettrica  sulle  Ferrovie. 

Hierzu  Tafel  XVI  und  XVII  i). 

Da  für  Italien  der  elektrische  Betrieb  der  Eisenbahnen  deshalb  von  vornherein 
besondere  Vorteile  zu  bieten  schien,  weil  es  keine  eignen  Kohlengruben,  wohl  aber  reich- 
liche Wasserkräfte  besitzt,  so  entschlossen  sich  die  beiden  grössten  Gesellschaften,  die 
Societa  Italiana  delle  Strade  Ferrate  Meridionali  Esercente  la  Bete  Adriatica  und  die 
Societä.  Italiana  d.  St.  F.  Esercente  la  Bete  Mediterranea  (Mittelmeer-Gesellschaft),  angeregt 
durch  die  Regierung,  Ende  der  90  er  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts,  der  Frage  der  Ein- 
führung des  elektrischen  Betriebes  auf  je  einer  grösseren  Versuchslinie  näher  zu  treten. 

Nun  lagen  die  Rechtsverhältnisse  dieser  Bahngesellschaften  2)  eigentümlich.  Die  Adriatica  war 
n&mlich,  ebenso  wie  die  Mittelmeer-Gesellschaft  für  den  grössten  Teil  des  von  ihr  betriebenen  Netzes 
nicht  Besitzerin  der  Bahnaolage  sondern  nur  Betriebspftchterin  und  der  Vertrag,  den  sie  mit  der  Regie- 
rung hatte,  lief  am  80.  Juni  1905  ab.  Alle  neuen  Anlagen,  welche  die  Adriatica  auf  den  dem  italieni- 
schen Staate  gehörigen  Strecken  machen  wollte,  mnssten  zuvor  von  der  Regierung  genehmigt  und  die 
Kosten  durch  Parlamentsbeschluss  festgesetzt  werden.  Für  den  auf  den  Veltliner  Bahnen  am  Corner 
See  zwischen  Lecco-Chiavenna  und  Colico-Sondrio  beabsichtigten  Versuch  ergab  sich  infolgedessen  für 
die  Adriatica  die  Schwierigkeit,  dass  sie  von  der  Regierung  die  Genehmigung  zur  Durchführung  nur  unter 
der  Bedingung  erhielt,  dass  für  die  ganze  Anlage  lediglich  die  vorher  zu  vereinbarenden  Summen  zu 
bezahlen  seien  und  zwar  auch  nur,  wenn  der  Versuch  sich  als  vollkommen  gelungen  herausgestellt  haben 
würde.  Die  Adriatica  ihrerseits  wollte  sich  bei  der  Kürze  der  Zeit  bis  zum  Ablauf  ihres  Vertrages 
daher  auch  nur  auf  einen  Versuch  einlassen,  weun  ein  Unternehmer  das  Risiko  des  Gelingens  allein 
zu  tragen  bereit  sei.    Dieses  Risiko  übernahm  die  in  der  Überschrift  genannte  Gesellschaft  3). 

Für  die  Zwecke  der  Kraftgewinnung  wurde  von  der  Regierung  eine  Wasserkraft 
der  oberen  Adda  in  der  Nähe  des  Ortes  Morbegno  zur  Verfügung  gestellt. 

Auf  der  ca.  5  km  langen  Strecke  zwischen  den  beiden  Brücken  rund  1  km  ober- 
halb von  Desco  und  bei  Ganda,  letzterer   ein  in  der  Nähe  von  Morbegno  gelegener 

&)  Es  ist  dem  Verfasser  nicht  bekannt,  ob  eine  gleiche  Einheit  von  1000  PS«  oder  eine  grössere 
zur  besseren  Ausnützung  der  40  cbm/sek.  inzwischen  aufgestellt  ist. 

i)  Nach  Theodor  Koehn:  „Der  elektrische  Betrieb  mittelst  Dreiphasen-Drehstroms  auf  den 
italienischen  Vollbahnlinien  in  der  Valtellina."  Juli  1903.  Einige  Bildstöcke  sind  dem  Verfasser  von  der 
Firma  Ganz  &  Co.  in  Budapest  zur  Verfügung  gestellt.  Vergl.  auch:  Ing.  Vittorio  Gionfranceschi  e 
Dottore  Franco  Magrini:  „La  Trazione  Elettrica  sulle  Linee  Valtellinesi."  II  Politecnico.  1901.  Milano, 
und  E.  Cserhati  und  K.  v.  Kandö:  „Der  Betrieb  der  Valtellina-Bahn  mit  hochgespanntem  Drehstrom." 
Z.  d.  V.  D.  Ing.  1908.  S.  185.  276  u.  803. 

*)  Die  beiden  Bahngesellschaften  sind  inzwischen  verstaatlicht. 

8)  Von  deutscher  Seite  war  die  Kontinentale  Gesellschaft  fttr  elektrische  Unternehmungen  in 
Nürnberg  beteiligt.  Die  .Trazione*  ist  nach  Übergang  ihrer  Anlagen  an  den  italienischen  Staat  in 
Liquidation  getreten. 

Handbuch  der  Ing.*Wiuenach.    III.  Teil.    18.  Bd.  26 


386  II.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele, 

kleiner  Ort,  hatte  die  Adda  ein  Gefälle  von  etwa  36,0  m.  Günstig  für  die  Wahl  dieser 
Strecke  war,  dass  sich  an  ihr  keine  Mühlen  oder  andere  alten  Gerechtsame  befanden. 
Das  einzige  fremde  Recht  bestand  in  einem  ganz  minderwertigen  Fischrecht. 

Das  Niederschlagsgebiet  der  Adda  oberhalb  der  Brücke  bei  Desco  beträgt  2560  qkm. 
Über  die  Abflussverhältnisse  vergl.  S.  186. 

Die  technisch  wichtigste  Frage  für  die  wasserbanlichen  Arbeiten  war  die  Auffindung 
der  richtigen  Stelle  für  das  Wehr.  Mehrere  Stellen  kamen  dafür  in  Betracht,  aber  immer 
musste  das  rechte  Ufer  des  Flusses  für  die  Entnahmestelle  und  den  Kanal  gewählt 
werden,  weil  an  der  linken  Uferseite  verschiedene  Wildbäche  einmünden,  welche  viel 
Gerolle  führen  und  schon  mehrfach  der  am  linken  Ufer  liegenden  Eisenbahn  und  der 
nach  dem  Stilfser-Joch  führenden  Reichsstrasse  gefährlich  geworden  sind  Ausserdem 
bleibt  das  Terrain  so  flach,  dass  der  Kanal  im  Auftrage  und  schliesslich  als  Brücken- 
kanal hätte  angelegt  werden  müssen. 

Das  Wehr  oberhalb  der  Bracke  bei  Desco  wäre  zwar  kürzer  geworden  als  das 
an  der  gewählten  Stelle,  dafür  hätte  aber  der  Kanal  um  350,0  m  länger  werden  müssen, 
was  Mehrkosten  von  etwa  140000  Lire  verursacht  haben  würde.  Die  Kanalverlänge- 
rung hätte  bis  zur  Brücke  als  Tunnel  und  von  der  Kreuzung  der  Chaussee  ab  bis  zur 
Einmündungsstelle  überwölbt  hergestellt  werden  müssen,  um  ihn  vor  Versandung  zu 
schützen.  Ausserdem  würde  die  Einlaufstelle  in  den  Kanal  nicht  leicht  von  Kies-  und 
Sandablagerungen  frei  zu  halten  gewesen  sein,  weil  nicht  nur  die  Adda  selbst,  sondern 
auch  ihr  kleiner  Nebenfluss  Masino  infolge  der  durch  die  Brückenpfeiler  bei  Hochwasser 
verursachten  Stauungen  grosse  Massen  von  Kies  und  Sand  erfahrungsgemäss  gerade  an 
dieser  Stelle  zur  Ablagerung  bringen.  Durch  die  Kanalverlängerung  wäre  aber  der 
Gewinn  an  Gefalle  nicht  gross  gewesen,  weil  die  Adda  unmittelbar  oberhalb  der  Brücke 
kein  starkes  Gefälle  besass4). 

Als  zweite  Lösung  war  vorgeschlagen,  das  Wehr  unmittelbar  unterhalb  der 
Brücke  von  Desco  zu  bauen.  Hiergegen  sprach  aber,  dass  an  jener  Stelle  das  Hoch- 
wasser wegen  des  durch  die  Brücke  verursachten  Staus  mit  grosser  Geschwindigkeit 
floss  und  infolgedessen  die  Sohle  so  weit  ausgespült  war,  dass  das  Querprofil  bei  N.W. 
noch  Tiefen  von  über  5,0  m  hatte.  Deshalb  wäre  der  Bau  des  Wehres  und  des  Ein- 
laufs  wegen  der  tieferen  Fundierung  und  der  Schwierigkeit  das  Wasser  abzuleiten  sehr 
viel  teurer  geworden  als  an  der  gewählten  Stelle.  Abgesehen  aber  davon  war  auch  der 
Genio  Civile  gegen  ein  Wehr  an  der  gedachten  Stelle,  weil  durch  die  vor  einem  solchen 
Wehr  eintretenden  Ablagerungen  das  Durchflussprofil  der  Brückenpfeiler  noch  mehr 
verengert  wäre  und  bei  Hochwasser  oberhalb  der  Brücke  Anstauungen  zu  befürchten 
waren,  welche  dem  Bestände  der  Brücke  hätten  gefährlich  werden  können. 

Die  gewählte  Stelle,  etwa  150,0  m  unterhalb  der  Brücke  von  Desco,  bot  den  Vorzug, 
dass  die  vorhandenen  Durchflussquerschnitte  bei  H.W.  voll  erhalten  Werden  konnten 
und  dass  eine  leichte  und  schnelle  Bauausführung  möglich  wurde.  Es  hatte  sich  dort 
schon  seit  langen  Jahren  eine  zum  Teil  bewachsene  Kiesinsel  gebildet,  welche  mit  ihrer 
Oberkante  ca.  0,30—0,50  m  über  dem  N.W.  lag  und  den  Fluss  in  zwei  Arme  teilte. 
Gleich  unterhalb  der  Insel  beginnt  auch  erst  das  grössere  Gefälle  der  Adda.  Man  be- 
schloss  also,  die  Wehrkrone  etwa  auf  die  Höhe  der  Inseloberfläche  zu  legen,  d.  h.  auf 
-f  258,75,  während  N.W.  auf  +  258,43  lag.  Auf  diese  Weise  wurde  am  rechten  Fluss- 
ann und  flussaufwärts  gleichsam  eine  Einfassung  der  Insel  errichtet  und  durch  Verlängerung 
des  Wehres  bis  an  die  linksseitige  Ufermauer  der  linke  Flussarm  für  das  N.W.  abge- 

*)  Die  Adda  macht  an  der  Brücke  selbst,  welche  in  der  geradlinigen  Verlängerung  der  Stüfsei 
Joch- Strasse  liegt  (vergl.  Taf.  XVI,  Fig.  1  n.  Abb.  56)  einen  scharfen  Knick  von  fast  90°  nach  rechts. 


a  &  Das  Wassebkrut-Elkkthizitatswerk  Mobbegko.  387 

schnitten.  Durch  Verbreiterung,  Regulierung  und  Vertiefung  des  rechten  FIussatuib  für 
Zwecke  des  Kiesfreilaufes  konnte  man  das  an  Hochwasserprofil  gewinnen,  was  durch 
Abschneiden  des  linken  Armes  und  den  Einban  von  zwei  Pfeilern  in  den  rechten  Arm 
verloren  ging.    Anf  diese  Weise  wurde  es  auch  möglich,  das  Wehr  schnell  and  billig  aus- 


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zuführen,  da  bei  dem  geringen  Stau  die  Fimdamentsohle  den  mit  einer  mächtigen  Kies- 
schicht bedeckten  Felsen  nicht  zu  erreichen  brauchte  (vergl.  Taf.  XVI,  Fig.  2 — ö). 
Zwischen  zwei  Spundwandreihen,  welche  mit  einem  Abstand  in  den  Mittellinien  von  3,0  m 
voneinander,  etwa  3,5 — 4,0  m  unter  Flussohio  herabgetrieben  wurden,  stampfte  man  ein 
Betonfundament  von  2,90  m  Breite  und  1,55  m  Höhe. 


388  II.     Theodor  Koehn.     Ausbau  ton  Wabberkraften.     Beispiele. 

Zunächst  wurde  der  linksseitige  Arm  dar  Add»  zwischen  der  Insel  und  dem  Ufer  durch  eine» 
Fsngedamm  (vergL  Abb.  56)  abgedlmmi  und  in  dessen  Schutze  die  Fundierung  da«  Webras  nnd  dar 
Ufermaaer  vorgenommen.  In  der  für  den  Abflau  de»  N.W.  erforderlichen  Breite  worden  die  oberen 
Schiebten  des  Wshranfbsnes  in  der  ersten  Bauperiode  noch  nicht  versetzt,  um  beim  Bau  des  rechts- 
seitigen Wehrteiles  dem  N.W.  ohne  SUu  Abfiusa  SD  gewähren.    Der  Fangedamm  war  in  bekannter  Weise 


ans  schrig  gestellten,  mit  Handrammen  in  den  Boden  geschlagenen  Bohlen  gebildet,  welche  sich  nach 
hinten  auf  Bocks  stauten.  Vorn  nach  dem  Wasaar  iu  waren  die  Bohlen  mit  Segeltuch  nnd  einem 
Torwarf  von  Lehm  nnd  Sand  gedichtet.  Du  Wasser  in  den  Baugruben  konnte  mit  Rücksicht  auf  das 
unmittelbar  anschliessende  stark«  Sohlengefille  der  Adda  grösstenteils  auf  natorliob«  Weise  mm  Abflnu 
gebracht  werden,   sodass  nur  geringe  Pamparbeit  an  leisten  war.    Die  Ausführung  du  Wehres  mnsste 


§  8.  Das  Wasseekhaft-ElekthizitItswerk  Morbegno.  389 

in  den  Monaten  November  bis  März  erfolgen,  da  in  dieser  Zeit  nur  selten  höhere  Wasserstände  vor- 
kommen. Durch  ein  ausnahmsweise  eingetretenes  höheres  Wasser  wurde  ein  Teil  des  linksseitigen, 
Fangedammes  fortgerissen,  aber  der  Schaden  war  schnell  and  billig  zu  ersetzen.  Der  ganze  Fangedamm 
welcher  später  auch  noch  für  den  Bau  des  rechtsseitigen  Wehres  und  des  Einlaufe  benatzt  wurde, 
kostete  etwa  nur  8000  Lire. 

Die  Breite  der  Wehrkrone  beträgt  2,50  m.  Diese  selbst  sowie  die  Seitenflächen 
des  eigentlichen  Wehrkörpers  sind  mit  schweren,  bearbeiteten  Werkstücken  ans  grob- 
körnigem Kalkstein 6)  befestigt.  Die  durchgehenden  Binderplatten  der  Wehrkrone  sind  mit 
Ankerbolzen  festgehalten,  welche  durch  ein  Spannschloss  nach  dem  Versetzen  angezogen 
werden  konnten.  In  ähnlicher  Weise  ist  auch  die  ca.  70,0  m  lange  Mauer  am  linksseitigen 
Ufer  gebaut  Hinter  der  Wehrkrone  ist,  um  Auswaschungen  zn  vermeiden,  noch  eine 
Packung  von  grossen  Felsstücken  in  einer  Breite  von  ca.  15,0  m  hergestellt,  welche  durch  eine 
durchlaufende  Wand  von  6,0  m  tief  eingetriebenen  alten  Eisenbahnschienen  gehalten  wird. 

Unterhalb  des  Wehres  an  der  zum  Stilfser-Joch  führenden  Chaussee  war  ein 
Werkplatz  mit  Baracken  für  Zement  und  andere  Baumaterialien,  femer  mit  Schmiede, 
Schlosserei,  Zimmerei  und  Kantinengebäude  errichtet,  welcher  durch  einen  Gleisanschluss 
mit  der  Bahnlinie  Colico — Sondrio  verbunden  war.  Die  Kosten  des  eigentlichen  Wehres 
haben  nur  ca.  88000  Lire  betragen. 

Die  Sohle  des  ca.  40,0  m  langen  und  20,0  m  breiten  Kiesfreilaufes,  welcher 
eine  Längsneigung  von  etwa  1 :  40  gegeben  wurde,  ist  sorgfältig  mit  einer  Betonschicht 
befestigt  (vergl.  Abb.  57)  und  alsdann  mit  glatten  Granitplatten  gepflastert.  Am  oberen 
wie  am  unteren  Ende  des  Kiesfreilaufes  ist  je  eine  tiefer  fundierte  Herdmauer  zum 
Schutze  gegen  Unterspülungen  gezogen.  Unterhalb  des  Einlaufe»  befindet  sich  der  Ver- 
schluss des  Grundablasses,  hergestellt  durch  zwei  Ufer-  und  zwei  Mittelpfeiler,  welche  drei 
Öffnungen  von  je  5,60  m  Breite  bilden.  Die  Öffnungen  sind  zwischen  den  Pfeilern  über- 
wölbt und  tragen  oben  die  Brücke,  auf  welcher  die  Aufzugsvorgelege  für  die  Schützen- 
tafeln montiert  sind.  Bei  niedrigem  Wasser  sind  die  Tore  geschlossen,  bei  Hochwasser 
ganz  geöffnet.  Die  Schützen  sind  aus  Eisen  und  ihr  Querschnitt  hat  eine,  fischbauch- 
ähnliche  Form  (vergl.  Taf.  XVH,  Fig.  1  und  2).  Ihr  Gewicht  ist  durch  Kontregewichte 
ausbalanciert6).  Unterhalb  der  Grundablassbrücke  ist  noch  auf  einer  Länge  von  etwa 
15,0  bis  20,0  m  eine  Pflasterung  aus  schweren  Steinplatten  gemacht  und  diese  am 
unteren  Ende  mit  einer  Querwand  von  6,0  m  tief  eingetriebenen  alten  Eisenbahnschienen 
geschützt  Die  Schwelle  des  Einlaufes  liegt  auf  +257,65,  d.  h.  1,10  m  tiefer  als  die 
Krone  des  Wehres.  Vor  den  Pfeilerköpfen  des  Einlaufes  ist  ein  3,0  m  hoher,  schrägge- 
stellter Rechen  aufgestellt,  dessen  Stäbe  mit  der  inneren  Rechenfläche  einen  stromabwärts 
gerichteten  spitzen  Winkel  bilden,  damit  möglichst  alle  schwimmenden  Körper  verhindert 
werden,  in  den  Kanal  einzudringen.  Der  Einlauf  ist  durch  Pfeilerstellungen  in  8  Öff- 
nungen ä  3,20  m  lichter  Weite  eingeteilt  (vergl.  Abb.  58).  Die  Pfeiler  sind  oben  durch 
Gewölbe  verbunden  und  die  so  gebildeten  Mündungen  können  mit  hölzernen  Schützen 
geschlossen  werden.  Um  die  Schützentafeln  beweglicher  zu  machen,  ist  jede  Mündung 
durch  ein  I-Eisen  in  zwei  Teile  geteilt.  Das  Vorgelege  befindet  sich  auf  der  Krone  der 
Einlaufmauer.  Ein  auf  den  Pfeilerköpfen  liegender  Laufsteg  ermöglicht  die  Reinigung 
des  Rechens  mittelst  Harken  und  zugleich  die  Revision  der  Einlaufschützen.  Hinter  diesen 
Einlauföffnungen  befindet  sich  ein  Becken  von  ca.  34,0  m  Länge  und  verschiedener  Breite, 
beginnend  mit  4,0  m  am  oberen  Ende  und  sich  verbreiternd  auf  6,40  m  entsprechend 
dem  Zuwachse  des  zufliessenden  Wassers  (vergl.  Taf.  XVI,  Fig.  2  und  Taf.  XVII,  Fig.  1). 

*)  Die  Werkstücke  sind  aus  den  Brüchen  von  Moltrasio  bei  Bellano.  Man  hat  flu*  das  Kubik- 
meter bearbeitet  und  fertig  versetzt  124,0—125,0  Lire  gezahlt. 

6)  Bei  hochgezogener  Schutze  tritt  dieses  Kontregewicht  in  den  Hohlraum  der  Schatze  ein. 


390 


II.     Theodor  Koehn.     Ausbau  vox  Wasserkräfte».     Beispiele. 


Das  EinlaafbeckeD  ist  von  oben  mittelst  einer  Leiter  zugänglich  und  in  der  Längsrich- 
tung ist  oberhalb  der  Hochwasserlinie  eine  kleine  Inspektionsbrücke  in  einfachster  Weise 
hängend  angeordnet.  Ein  Wasserstandanzeiger  ist  so  aufgestellt,  dass  er  von  jedem 
Schützenvorgelege  aus  sichtbar  ist.     In   der  Nacht   wird  derselbe   beleuchtet.     Flussauf- 


Üivfci-L«   und   Hu 
-  d-r  Kp'n-ifim. 


mdaldassbrii'-U  i-t  ilu  l'lv  !).-1<-m.: 

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§  8.  Bas  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Morbeono.  391 

Kanal-Tunnelprofil  vereinigen  (vergl.  Taf.  XVI,  Fig.  1,  2  und  6  a  und  b).  In  das  Ein- 
laufbecken war  übrigens  konzessionsmässig  ein  kleiner  Bach  einzuführen,  welcher  in  dem 
Übersichtsplan  der  Wehranlage  angedeutet  ist. 

Die  Länge  des  Werkkanals,  welche  zum  Teil  offen,  zum  Teil  bedeckt  ist,  beträgt 
rd.  4800  m.  Die  gesamte  offene  Strecke  zerfallt  in  14  Abschnitte  von  zusammen  ca. 
1800  m.  Tunnelstrecken  gibt  es  15  in  einer  Gesamtlänge  von  2900  m,  von  denen 
1650  m  in  Felsen  eingesprengte  Tunnels  und  ca.  1250  m  künstlich  überwölbte  Strecken 
sind.  Die  längste  Tunnelstrecke  ist  die,  welche  gleich  an  das  Einfluss-Becken  mit  770  m 
anschliesst.  Das  normale  Sohlen-Gefälle  beträgt  l%o,  der  benetzte  Querschnitt  des 
Kanals  normal  10  bis  10,6  qm.  Die  errechnete  Geschwindigkeit  beträgt  2,36  bis 
2,50  m/sek.,  sodass  25  cbm  Wasser  bei  einer  Füllung  von  2,50  m  Wasserhöhe  den 
Turbinen  zugeführt  werden  können. 

Die  Sohle  des  Kanals  ist  überall  4  m  breit.  Seine  Seitenwände  sind  mit  einem 
Anzug  von  1 :  10  hergestellt.  Die  Sohle  sowohl  wie  die  Seitenwände  sind  mit  einem 
Zementputz  gedichtet  und  geglättet.  Die  Krone  der  Seitenwände  des  Kanals  liegt  35  cm 
über  dem  normalen  Wasserspiegel,  sodass  bei  voller  Füllung  ca.  28,5  cbm  Wasser  den 
Turbinen  zugeführt  werden  können.  Auf  diese  Weise  kann  durch  die  vergrösserte  Wasser- 
menge das  durch  Hochwasser  verringerte  Gefälle  ausgeglichen  werden.  Die  verschiedenen 
Querschnitte  des  Kanals  veranschaulichen  die  Fig.  6a — g,  Tafel  XVI.  Längs  der  offenen 
Kanalstrecken  ist  mittelst  des  aus  dem  Tunnel  herausgebrochenen  Materials  ein  Pfad  an- 
gelegt, von  welchem  aus  eine  bequeme  Revision  jederzeit  möglich  ist  *)  und  es  sind,  wo  es 
nötig  war,  die  Abhänge  mit  kleinen  Futtermauern  in  Trockenmauerwerk  geschützt  oder 
mit  Faschinen  bestecht  md  mit  Akazien  bepflanzt,  derart,  dass  ein  Hineinfallen  von  losem 
Gestein  und  dergl.  ausgeschlossen  erscheint.  Auf  den  weitaus  längsten  Strecken  der 
Tunnels  fand  sich  fester  Glimmerschiefer  und  ein  künstliches  Gewölbe  im  Kanal  erschien 
unnötig.  Nur  auf  ca.  300  m  Länge  war  das  Gestein  von  weicherer  Art,  sodass  man 
hier,  um  ein  Hineinfallen  von  Steinen  in  den  Kanal  zu  verhüten,  ein  künstliches  Gewölbe, 
je  nach  den  Verhältnissen  von  verschiedener  Stärke,  angebracht  hat.  An  2  Stellen  im 
Kanal  sind  Überläufe  angebracht.  Der  erste  liegt  ca.  900  m  unterhalb  des  Einlaufbeckens 
an  einer  Stelle,  wo  das  höchste  Adda- Wasser  noch  erheblich  unter  dem  Wasserspiegel  des 
Kanals  bleibt.  Der  Überfall  an  dieser  Stelle  hat  eine  Länge  von  100  m  und  die  Krone 
desselben  liegt  in  Höhe  des  normalen  Wasserspiegels  im  Kanal  bei  2,50  m  Wasserhöhe. 
Er  ist  so  berechnet,  dass  25  cbm  bei  einer  Überhöhung  des  Wasserspiegels  von  27  cm 
abgeführt  werden  können.  Da,  wie  oben  schon  erwähnt,  die  Krone  der  Seitenwand  des 
Kanals  35  cm  über  dem  normalen  Wasserspiegel  liegt,  so  kann  man  sicher  sein,  daös  eine 
Überfüllung  des  Kanals  ausgeschlossen  ist.  Am  Ende  des  Überlaufes  sind  Kiesschützen 
angebracht  mit  einer  gesamten  lichten  Weite  von  5,0  m.  Die  Sohle  ist  in  der  Länge  des 
Überlaufes  mit  2°/o  geneigt  und  bildet  am  Ende  desselben,  wo  die  Kiestore  liegen,  einen 
Absatz  von  2,0  m  Höhe,  um  in  diesem  Sack  die  am  Boden  sich  bewegenden  schwereren  Sand- 
und  Kiesmengen,  Steine  etc.  aufzufangen.  Um  den  oben  erwähnten  Revisionspfad  an 
der  Stelle  des  Überfalls  nicht  zu  unterbrechen,  ist  längs  desselben  ein  Steg  angebracht, 
dessen  eiserne  I-Stützen  dazu  benützt  werden  können,  bei  Hochwasser  in  der  Adda  durch 
hochkantig  gesetzte  Bohlen  den  Wasserspiegel  im  Kanal  soweit  zu  heben,  als  es  nötig 
ist,  um  durch  vermehrte  Wassermenge  die  Abnahme  des  Gefälles  auszugleichen.  In  der 
Nähe  des  Kanalendes  befindet  sich  ein  zweiter  Überlauf  von  80  m  Gesamtlänge,  einge- 
teilt in  2  Teile  ä  40  m.  Zwischen  den  beiden  Überlauf  strecken,  welche  sich  im  Tunnel 
befinden,  liegt  eine  offene  Kanalstrecke  mit  einem  Sandtang  nebst  Kiesschleuse  (vergl. 

7)  Diese  Anschüttung  hat  ferner  noch  den  grossen  Wert,  dass  sie  die  Aussenflächen  der  hohen 
Betonmauern  den  Einwirkungen  der  Sonne  und  des  Frostes  entzieht    vergl.  S.  364  . 


392  II.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

Taf.  XVH,  Fig.  3  und  6).  Die  Tanneistrecken,  in  denen  sich  die  Überläufe  befinden, 
sind  in  einer  Breite  von  7  m  ausgeführt,  um  noch  Platz  zu  gewinnen  für  die  Überlauf- 
kanäle. Man  hat  die  Länge  der  Überfälle  so  berechnet,  dass  25  cbm  Wasser  bei  einer 
Wasserhöhe  über  der  Überfall-Krone  von  30  cm  abgeführt  werden  können.  Die  Kies- 
schleuse  und  die  beiderseitigen  Überfallkanäle  münden  in  einen  4  m  breiten,  bis  zur 
Kommnnalstrasse,  unter  welcher  er  hindurch  geht,  mit  1 : 5  abfallenden,  dann  mit  1 :  100 
fortlaufenden  grösseren  Kanal,  welcher  das  Überlaufwasser  direkt  in  die  Adda  abfahrt. 
Ursprünglich  war  der  Kostenersparnis  wegen  projektiert,  diesen  Kanal  am  Krafthause 
in  den  Unterwasserkanal  zu  leiten;  man  hat  hiervon  aber  doch  wieder  Abstand  ge- 
nommen aus  Furcht  vor  Versandung  des  letzteren. 

Hinter  dem  letzten  Überfall  bleibt  der  Tunnel  auf  7  m  erweitert  und  bildet  so 
ein  Becken.  Die  Sohle  desselben  fällt  bis  zu  einer  Tiefe  von  5  m  unter  dem  Wasser- 
spiegel am  äussersten  Ende  ab.  Auf  diese  Weise  wird  der  Querschnitt  so  vergrössert, 
dass  die  Geschwindigkeit  des  an  die  Druckrohre  heranfiiessenden  Wassers  sich  auf 
0,70  m/sek.  verringert  und  wenigstens  alles  Geschiebe  zur  Ablagerung  gebracht  wird. 
(vergl.  Taf.  XVII,  Fig.  4.)  Der  Sandfang  des  Beckens  ist  mittelst  eines  besonderen  Ab- 
flusskanals zu  entleeren  (vergl.  Taf.  XVII,  Fig.  3).  Aus  dem  Becken  tritt  das  Wasser  in 
scharfer  Kurve  in  2  Kanäle  ein,  an  deren  unterem  Ende  2  Rechen  das  Eindringen  von 
Laub  und  anderen  schwimmenden  Körpern  in  die  Druckkammern  verhindern  sollen.  Aas 
den  Druckkammern  führen  2  eiserne  Bohre  von  68  m  Länge  und  einem  inneren  Durch- 
messer von  je  2,50  m  mit  einer  Neigung  von  45  Grad  das  Wasser  den  Turbinen  zu. 
Jede  dieser  Kammern  ist  durch  2  Schützen  abschliessbar.  Um  die  Dilatation  der  Rohre 
schadlos  zu  ermöglichen,  münden  dieselben  in  die  oberen  Druckkammern  mittelst  Stopf- 
büchsen ein,  in  denen  sie  sieb  frei  bewegen  können.  Die  Druckkammern  sind  mit 
Bohlen  abgedeckt,  in  welchen  mit  Klappen  verschlossene  Einsteigöffnungen  sich  befinden, 
sodass  eine  Revision  leicht  und  bequem  stattfinden  kann.  Vor  dem  Krafthause  gehen 
die  Rohre  unter  der  Kommunalstrasse  nach  dem  Campo  Vicho  in  gewölbten  Kanälen 
hindurch  und  gabeln  sich  in  dem  Krafthause  vermittelst  Hosenrohren  in  je  2  Rohre 
von  1,20  m  Durchmesser,  um  so  die  vier  vorgesehenen  Turbinen  zu  speisen. 

Der  Maschinensaal  des  Krafthauses  (vergl.  Taf.  XVII,  Fig.  7)  hat  eine  Länge  von 
49,7  m,  eine  Breite  von  14,80  m  und  bietet  Platz  für  4  Turbinen  von  je  rcL  2000  PS». 
Im  Jahre  1903  waren  3  Einheiten  bereits  aufgestellt,  während  für  die  vierte  eventuell 
noch  ein  grösserer  Typ  vorgesehen  werden  sollte.  Jedes  Zuflussrohr  zu  den  Turbinen 
ist  durch  besondere  Schieber  abschliessbar,  sodass  Reparaturen  an  einer  Turbine  vor- 
genommen werden  können,  ohne  den  Betrieb  der  anderen  zu  stören.  An  den  Maschinen- 
raum selbst  schliesst  ein  dreigeschossiger  Vorbau  nach  der  Kommunalstrasse  zu  an, 
welcher  im  Erdgeschoss  den  Schaltraum,  eine  Reparaturwerkstätte,  das  Bureau  des  auf- 
sichtführenden Beamten,  sowie  die  Aborte  enthält,  während  die  oberen  Etagen  für  Woh- 
nungen eingerichtet  sind.  Das  aus  den  Turbinen  fliessende  Wasser  gelangt  direkt  in 
einen  sich  unmittelbar  an  die  Zentrale  anschliessenden  Unterwasserkanal,  welcher,  an 
der  Sohle  gemessen,  20  m  breit  und  bis  zur  Mündung  in  die  Adda  100  m  lang  ist 
Die  Böschungen  des  Kanals  sind  mit  1 : 1  geneigt  und  mit  Steinpackung  in  Zement  gut 
gesichert  An  den  Ausflussteilen  der  Turbinenkanäle  ist  die  Sohle  mit  einer  Betonlage 
gesichert,  während  im  übrigen  eine  Sohlenbefestigung  mit  Rücksicht  auf  die  kleine  Ge- 
schwindigkeit des  Abflusswassers  nicht  erforderlich  erschien.  An  der  Ausmündung  des 
Kanals  in  die  Adda  sind  die  Böschungen  mittelst  tiefer  fundierten  Ufermauerwerks  und 
Steinpackungen  verteidigt.  Zu  erwähnen  ist  noch,  dass  längs  der  beiden  Druckrohre  je 
eine  Treppe  emporführt,  um  eine  bequeme  Revision  der  Rohre  zu  ermöglichen.    Die 


§   8.  DAS  WASeERKIlAI'r-ELXKTBIZITA'rSWERK   Morbegmo.  393 

Rohre  selbst  sind  auf  kleinen  Fundamentklötzen  in  gusseisernen  Schalen  so  gelagert 
dass  sie  sich  der  Temperatur  entsprechend  verschieben  können.  Das  in  Abb.  59  sichtbare 
Mauerwerk,  welches  auch  die  zum  Becken  heraufführende  Treppe  enthält,  war  nötig,  um 
den  lockeren  Felsen  zu  stützen  und  vor  Verwitterung  zu   schützen.     Die   drei    1902 


bereits  aufgestellten  Fraacis-BeaktionB-Tnrbinen  leisten  je  2000  PS.  bei  150  Uml./Min'). 
Das  normale  Gesamtgefälle  von  30  m  kann  bei  Hochwasser  um  4  m  abnehmen.  Wegen 
der  Einzelheiten  der  Turbinen  vergl.  Taf.  LXX  und  Kap.  III.  5,  Turbinen. 

Erwähnt  mag  hier  nur  werden,'  dass  die  selbstwirkenden  Servomotoren  für  die 
Turbinenregulierung  mit  Drucköl  unter  10  Atmosphären  Druck  betrieben  werden,   weil 


s)  Geliefert  von  Gtni  k  Co.  in  Budapest 


394  IL     Theodor  Koehn.     Ausbau  VON  Wasserkräften.     Beispiele. 

das  Addawasaer  wegen  seiner  starken  Verunreinigung  bei  höheren  Wasserständen  ohne 
vorherige  sorgfältige  Filtration  hierfür  nicht  geeignet  schien.  Jede  Turbine  ist  mit  einer 
Öldruckpumpe  gekuppelt,  welche  das  Öl  in  einen  Akkumulator  pumpt.  Im  übrigen  wird 
die  selbstwirkende  Regulierung  durch  einen  Hartungschen  Pendelregler  betätigt  (vergl. 
Abb.  60).  Um  die  Parallelschaltung  der  Maschinen  zu  erleichtern,  kann  die  Regulierung 
der  Turbinen  auch  vom  Schattbrett  aus  mittels  eines  Kettenzuges  bewirkt  werden. 

Die  Dreipliasen-Iieneratoren9)  haben  beweglichen  Induktor  und  feststehenden 
Anker  und  liefern  normal  20000  voltigen  Drehstrom  mit  15  Per.  Jeder  Generator  leistet, 
bei  cos  05  =  0,7,  1050  KW.  Bei  normaler  Belastung  nimmt  die  Wickelung  keine  höhere 
Temperatur  als  45°  über  der  Temperatur  des  Maschinenraumes  an.    Da  es  sich  um  die 

Abb.  60.     Innenansicht  des  Maschine nBaalea. 


Stromlieferung  für  den  elektrischen  Bahnbetrieb  handelte,  so  musste  auf  gute  Regulierfähig- 
keit besonders  Bedacht  genommen  werden.  Die  direkt  mit  der  Generatorwelle  gekoppelten 
Erregerm aschinen  sind  mit  einem  selbsttätigen  Umschalter  versehen,  der  für  den  Fall, 
dass  einmal  die  Turbinenregulierung  nicht  wirken  sollte,  beim  Durchgehen  der  Turbinen 
einen  Widerstand  in  den  Erreger-Strom-Kreis  schaltet,  um  eine  schädliche  Spannungs- 
erhöhung  im  Hauptstromkreis  zu  vermeiden.  Durch  diese  Massregel  ist  erreicht,  dass, 
selbst  wenn  die  Um!  aufs  zahl  auf  250  in  dür  Minute  steigen  sollte,  die  Spannung  an  den 
Klemmen  der  Maschine  nicht  über  25OU0  Y'ik  wachst.  Das  Gesamtgewicht  eines 
Generators  belauft  sich  auf  (V.'3fl0  ks.  wovon  43SU0kg  auf  die  Welle  und  den  Induktor 
fallen.  Der  Maschinenstrom  wir.i  in  put  isoliert-n  Kabeln  nach  dem  Schalt  räum  geführt. 
Alle  auf  der  Vorderseite  de-  Schaltbrettes  montierten  Apparate  haben  nur  niedrige 
Spannung  oder  sind  durch  l-i!ierung  stromlos,,  vi  ■  z.H.  alle  Hebel  der  dreipoligen  Aus- 

»]  Die  eanze  elektrisch*  tiLrishtiin?  des  Kraft!.  .  («es  ist  von  der  E.-A.  vom,.  Schuckert  &   Co 


g   8.  Das   Waöserkkait- Elektrizitätswerk   Mohbeono.  395 

Schalter  für  den  hochgespannten  inneren  Stromkreis  Hinter  dem  Schaltbrett  befindet 
sich  auf  eisernen  Gerüsten  übersichtlich  verteilt  (vergl.  Taf.  LXXIX,  Fig.  5)  die  Schalt- 
anlage. Ausserhalb  des  Krafthauses  ist  in  die  Fernleitung  ein  Wasserstrahlerder  ein- 
gebaut. Er  besteht  aus  drei  Wasserstrahlen,  die  aus  einem  horizontalen  eisernen  Rohre 
mittelst  drei  vertikaler,  teleskopisch  ausziehbarer  Rohren  aufsteigen  und  dann   oben    in 


II 
5  1 


drei  viereckigen,    mit   d-n    drei  Phasen  der  Fernleitung    in  Verhiudung  stehenden  Zink- 

kusT-.'i  iiiiU'  ian<."-n  y-f-n.—.i.  I'as  Wasserrohr  selbst  ist  mit  der  Krde  leitend  verbunden. 
Ine  Qiirt-b  diesen  AvMtnr  verbrauchte  Enereie  ist  verhaltiiisnvi-Mg  gering.  il:i  di-  Wasser- 
strahlen, d-ien  Luv'*  regulierbar  ist.  dem  von  den  Maschinen  erzeugtet,  htr-'rs  einen 
surKe.-i   Vv'iji';-.siur.i.    •.:..;-..'-iisi;ti:en,    »ähren-J    sie   für   eiektru.-tatische  I-ntuumuer.  _-;;: 


396  II-    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiels. 

leitend  wirken.  Die  Wasserstrahlen  haben  15  mm  Durchmesser  und  lassen  bei  20000  Volt 
Spannung  ca.  0,1  Ampfere  durch.  Der  Wasserverbrauch  für  alle  drei  Strahlen  beträgt 
in  der  Sekunde  2Vt  1,  ein  Verbrauch,  welcher  deshalb  keine  Rolle  spielt,  weil  in  der 
Zeit,  wo  Gewitter  häufig  sind,  sehr  reichlich  Wasser  vorhanden  ist.  Dieser  Apparat 
hat  sich  ausserordentlich  gut  bewährt  (vergl.  Kap.  III,  6.  B.  Krafthäuser,  Elektrischer 
Teil).     Eine  Ansicht  des  Krafthauses  von  aussen  zeigt  Abb.  .61» 

Die  blanken  Kupferdrähte  der  Fernleitung  (20000  V.)  sind  auf  Porzellanisolatoren 
montiert,  welche  von  starken  Pfählen  aus  Lärchenholz  von  250  mm  geringster  Dicke  am 
Zopfende  und  300  mm  am  Stammende  getragen  werden. 

Angaben  über  die  Anlagekosten  sind  bereits  in  Tabelle  I  S.  244/246  gemacht. 
Da  das  Krafthaus  nur  für  einen  Konsumenten,  nämlich  für  die  Bahnlinien  Lecco-Chia- 
venna  und  Colico-Sondrio  Strom  liefert,  so  ist  der  Betrieb  äusserst  einfach. 


§  9.    Das  Wasserkraft -Elektrizitätswerk  am  Doobs 

der  Soci^t^  des  forces  ^lectriques  de  la  Goule  (Schweiz). 

Hierzu  Tal  XVIII1). 

Wenn  man  von  Neuchätel  den  Zug  nach  Besan$on  benutzt,  ist  man  in  etwas 
mehr  als  einer  Stunde  in  Cbauz  de  Fonds,  einer  hübschen  kleinen  Bergstadt.  Von  hier 
kann  man  mit  der  „Regional",  einer  Nebenbahn  zwischen  Chaux  de  Fonds  und  Saigne- 
legier,  in  etwas  mehr  als  einer  Stunde  nach  Noirmont  gelangen,  einem  Dörfchen  oberhalb 
des  tiefeingeschnittenen  Bettes  des  Doubs,  dessen  rechtes  Ufer  in  jener  Gegend  die  Grenze 
zwischen  der  Schweiz  und  Frankreich  bildet.  Wer  die  Wasserkraftanlage  La  Goule  an 
einem  Tage  sehen  und  am  Abend  noch  wieder  auf  einer  der  grossen  Eisenbahnrouten 
sein  will,  tut  am  besten,  die  Nacht  in  Chaux  de  Fonds  zu  bleiben,  da  die  Nebenbahn 
nur  wenige  Züge  per  Tag  hat.  Von  Noirmont  steigt  man  über  Matten  und  durch 
Tannenwälder  auf  steilen  Wegen  zu  dem  Elektrizitätswerk  La  Goule  in  einer  Stunde  herab. 

Die  Wasserkraftanlage  La  Goule  hat  für  die  ganze  Umgebung  ungemein  segens- 
reich gewirkt,  indem  sie  die  dort  von  alters  her  gepflegte  Uhren-Kleinindustrie,  welche 
durch  die  Konkurrenz  günstiger  gelegener  und  mit  billigeren  Betriebskräften  ausge- 
rüsteter Gegenden  notleidend  geworden  war,  neu  belebt  hat. 

Durch  einen  von  der  französischen  Seite  im  14.  Jahrhundert  heruntergekommenen 
Bergsturz  wurde  in  dem  Fluss  ein  natürliches  Wehr  gebildet,  welches  den  Doubs  ober« 
halb  zu  einem  kleinen  See  aufstaute  (vergl.  Taf.  XVIII,  Fig.  1).  Das  nutzbare  Gefälle 
zwischen  dem  See  und  dem  Doubs  rd.  550,0  m  unterhalb  des  natürlichen  Wehres  beträgt 
26,0  m.  Schon  im  Jahre  1891  wurde  einem  Konsortium  von  den  beteiligten  Regie- 
rungen die  Konzession  zur  Ausnutzung  dieser  Wasserkraft  gegeben,  aber  erst  am  2.  De- 
zember 1893  kam  die  Konstituierung  der  obengenannten  Gesellschaft  mit  einem  Kapital 
von  1500000  Frs.  zustande.  Ein  Jahr  später  wurde  mit  den  Arbeiten  begonnen  und 
am  22.  Dezember  1895  fand  die  Inbetriebsetzung  des  Elektrizitätswerks  statt.  Die  von 
1891 — 1893    vorgenommenen   Wassermessungen   hatten    ergeben,    dass    nach    längerer 


>)  Die  Abbildungen  sind  einer  Broschüre  der  Maschinenfabrik  Oerlikon  in  Oerlikon— Zürich 
dem  Jahre  1901  entnommen. 


§    9.  DiB  WABSKBKBAFT-ELEKTBIZnlTBWEBX   IiA    GoDLE.  397 

atmosphärischer  Trockenheit  noch  immer  durchschnittlich  6 — 8  cbm/sek.  verfügbar 
waren,  dass  aber  in  den  wasserreichen  sechs  Monaten  16 — 18  cbm  für  Kraftzwecke  ent- 
nommen werden  könnten.  Deshalb  wurden  der  Einlauf  und  der  Werkkanal  gleich  für 
18  cbm/sek-,  der  motorische  Teil  zunächst  aber  mit  der  Möglichkeit  der  späteren  Er- 
weiterung für  6 — 8  cbm/sek.  eingerichtet. 

Die  wasserballlichen  Arbeiten  waren  bei  der  günstigen  örtlichkeit  ungemein 
einfach.  Der  Einlauf  wurde  am  rechten  schweizerischen  Ufer  angelegt.  Da  der 
See  bei  H.W.  stark  ansteigt  und  der  Anprall  ein  heftiger  ist,  musste  der  Einlanf  sehr 
stark  and  die  Bedienungsbrücke  der  beiden  Einlaufschützen  so  hoch  angelegt  werden, 
dass  sie  stets  frei  lag  (vergl.  Abb.  62).    Die  Schützen  bestehen  aus  Holztafeln  einfachster 

Abb.  62.    Der  Einlanf  am  See. 


Konstruktion  mit  den  üblichen  Aufzugsvorrichtungen  für  Handbetrieb.  Vor  den  Schätzen 
liegt  ein  unter  45°  gegen  die  Horizontale  geneigter  Rechen  aus  120  mm  hohem  Flach- 
eisen  mit  6  cm  lichter  Weite  zwischen  den  Stäben.  Nachträglich  hat  man  den  Einlauf 
mit  einem  Holzhäuschen  überbaut,  um  dem  Wärter  bei  Frost  und  Unwetter  einen  Unter- 
schlupf zu  gewähren  und  das  Getriebe  vor  Schnee  zu  schützen.  Ungünstig  ist  die  tote 
Ecke  vor  dem  Einlauf,  weil  sehr  viel  Laub  und  andere  schwimmende  Körper  sich  dort 
sammeln  und  am  Rechen  festsetzen.  Aber  auch  bei  Eisgang  kostet  die  Freihaltung  des 
Rechens  viel  Arbeit.  Man  würde  zweckmässig  vor  dem  Einlauf  einen  schwimmenden 
Abweiser  anlegen,  um  Laub,  Eis  and  andere  schwimmende  Körper  in  die  Stromrichtung 
des  Flusses  zurückzuführen.     Die  Sohle  des  Sees  ist  vor  dem  Einlauf  vertieft. 

Der  Werkkanal  ist  nur  520,0  m  lang,   wovon  440,0  m   im  Tunnel  liegen.     Vom 
Einlauf  auf  einer  Länge   von   etwa  50,0  m   und  bei   der  Tunnelausmündung   auf  einer 


398  IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

Länge  von  etwa  80,0  m  wurde  das  Profil  Taf.  XVIII,  Fig.  2  angewendet  Auf  erstge- 
nannter Strecke  waren  abwechselnd  Schutt,  Lehm  und  verwitterter  Felsen  zu  durch- 
bohren, bei  der  Ausmündung  des  Tunnels  dagegen  harter,  blauer  Lehm.  Auf  der  mitt- 
leren 310,0  m  langen  Strecke  wurde  fester  Jurakalk  gefunden  und  das  Profil  Taf.  XVIII, 
Fig.  3  verwendet.  Für  die  offenen  Kanalstrecken  kamen  die  Profile  Taf.  XVIII, 
Fig.  4  und  5  zur  Anwendung.  Die  normale  Wassertiefe  im  Kanal  beträgt  2,50  m,  das 
Gefälle  auf  der  ganzen  Lange  40  cm  oder  1 :  1300  =  0,77  °/oo.  Etwa  80,0  m  unterhalb 
der  Einmündung  ist  eine  Vertiefung  der  Sohle  angeordnet,  um  Kies  und  Sand,  welche 
in  den  Kanal  hinein  gelangt  sein  sollten,  aufzufangen  und  daselbst  mittelst  einer  Spül- 
schütze entfernen  zu  können.  Zwei  Stellen,  an  welchen  der  Tunnel  aus  dem  Berge 
heraustritt,  sind  zur  Anlegung  von  Überfallen  benutzt.  Das  Wasser  stürzt  daselbst  über 
die  Felsen  in  den  Fluss  ohne  weitere  künstliche  Einrichtungen.  Bei  der  vollen  Wasser- 
tiefe von  2,50  m  ist  der  wasserberührte  Querschnitt  8,0  qm,  die  Geschwindigkeit  in  der 
Sekunde  2,25  m,  die  Wassermenge  18,00  cbm/sek.  Bei  1,40  m  Füllung  ist  der  Quer- 
schnitt 4,26  qm,  die  Geschwindigkeit  1,87  m,  die  Wassermenge  8,00  cbm/sek. 

Mit  Rücksicht  auf  den  vorgelagerten  See  hat  man  darauf  verzichtet,  vor  der 
Druckkammer  noch  ein  Becken  zur  Ablagerung  von  Kies  und  Sand  anzulegen.  Am  Ende 
des  Kanals  ist  aber  noch  ein  16,0  m  langer  Überlauf  hergestellt,  bestehend  aus  4  Feldern 
k  4,0  m  Länge.  Das  Wasser  stürzt  hier  etwa  4,0  m  frei  herab  in  einen  Betonkanal,  in 
welchem  durch  eine  kleine  Schwelle  ein  Wasserpolster  gebildet  wird  und  fliesst  dann 
über  die  Felsen  frei  in  den  Doubs  hinein.  Überall,  wo  der  Kanal  zutage  tritt,  ist  er 
durch  Bohlen  abgedeckt,  um  ihn  vor  fallenden  Steinen  und  Laub  und  vor  Eisbildung  zu 
schützen.  Zwischen  den  Feldern  des  Überlaufs  ruhen  die  Bohlen  auf  eisernen  Trägern. 
Vor  der  Druckkammer  steht  ein  enger  Rechen  mit  1,5  cm  lichter  Weite  zwischen  den 
Stäben.  Die  Druckkammer  besteht  einfach  in  der  Verlängerung  des  Kanalprofils, 
welches  sich  allmählich  zu  der  Mündungsöffnung  des  Druckrohres  zusammenzieht.  Der 
Rechen  kann  von  der  über  der  Druckkammer  befindlichen  Bohlendecke  aus  bedient 
werden. 

Das  Drackrohr  hat  einen  lichten  Durchmesser  von  2,25  m,  eine  Länge  von 
90,0  m  und  ist  aus  je  6,0  m  langen  schmiedeeisernen,  genieteten  Flanschenröhren  zu- 
sammengesetzt. In  der  Druckkammer  ist  eine  Stopfbüchse  eingemauert,  in  welcher  sich 
das  Rohr  bewegen  kann.  Weitere  Dilatationsvorrichtungen  sind  nicht  vorhanden  und 
auch  nicht  erforderlich,  da  das  Druckrohr  auf  etwa  der  Hälfte  seiner  Länge  mit  Boden 
bedeckt  ist.  Die  Geschwindigkeit  im  Druckrohr  bei  8,50  cbm/sek.  beträgt  2,14  m. 
Dieser  Wassermenge  entspricht  etwa  einer  Leistung  von  2150  PS«.  Ende  1904  waren 
aber  schon  3650  PS«  in  dem  Krafthause  installiert,  welche  unter  Umständen  gleichzeitig 
in  Betrieb  gesetzt  werden,  da  man  eine  zur  Aushilfe  bei  Wassermangel  bestimmte 
Dampfreserve  besitzt  Wenn  alle  Turbinen  laufen,  steigt  in  dem  Druckrohr  die 
Geschwindigkeit  bis  über  4,0  m/sek. 

Das  Krafthaus  liegt  unmittelbar  am  Doubs  und  ist  durch  eine  fahrbare  Strasse 
von  Noirmont  aus  zugängig. 

Der  motorische  Teil  des  Krafthauses  gibt  ein  anschauliches  Bild  von  der  Entwick- 
lung, •  welche  der  Bau  von  Kraftwerken  im  Laufe  von  zehn  Jahren  erfahren  hat.  Die 
ersten  drei  im  Jahre  1894  aufgestellten  Turbinen  hatten  vertikale  Wellen  und  eine 
Leistung  von  500  PS«*).  Es  sind  konische  Francis-Turbinen  mit  gusseisernen  Turbinen- 
kesseln.    Das  Laufrad  macht  200  Uml./Min.  und  ist    auf  einer   gusseisemen  hohlen 


2)  Diese,   sowie  die  spater  aufgestellten  Turbinen,   sind  von  der  A.-G.  der  Maschinenfabriken 
Ton  Escher  Wyss  &  Co.  in  Zürich  geliefert. 


§  9.  Das  Wasserkraft-Euektrizitätbwerk  La  Goule.  399 

Säule  festgekeilt,  welche  von  einer  feststehenden  schmiedeeisernen  Säule  gestützt  wird. 
Die  gusseiserne  Säule  tragt  oben  den  elektrischen  Generator  und  lauft  auf  einem  Ring- 
spurlager (vergl.  Taf.  LXTTI,  Fig.  4  u.  Kap.  III,  5.  Turbinen).  Im  Turbinenkessel  liegt 
ein  Entlastungskolben,  dessen  untere  Fläche  mit  dem  Druckwasser-,  dessen  obere  Fläche 
mit  dem  Saugrohr  in  Verbindung  steht.  An  jeder  Turbinenwelle  wirken  ein  Paar 
konische  Bäder  auf  je  eine  Vorgelegewelle,  von  welcher  aus  der  zu  jeder  Turbine  ge- 
hörende selbstwirkende  Geschwindigkeitsregler  und  die  Erregerdynamo  angetrieben  werden. 
Der  Geschwindigkeitsregler  ist  ein  Klinkenregler,  welcher  rein  mechanisch  wirkt  und 
mit  Rückschaltung  versehen  ist,  um  ein  Überregulieren  zu  verhindern.  Die  angestellten 
Proben  sollen  bei  einem  Gefalle  von  24,9  m  im  Mittel  560  PS»  und  einen  Nutzeffekt 
von  80°/o  bei  "/*  und  79%  bei  voller  Belastung  ergeben  haben.  Die  Begier  wirken 
auf  einen  Ringschieber,  welcher  sich  im  Spalt  zwischen  Lauf-  und  Leitrad  bewegt. 

Die  vierte  Turbine  hat  650  PSe  und  macht  375  Uml./Hin.  Sie  ist  eine  Francis- 
Reaktionsturbine  mit  beweglichen  Zungen  im  Leitrad,  welche  von  einem  gemeinsamen 
Ring  durch  die  Regulierungswelle  alle  gleichzeitig  und  gleichmässig  geöffnet  und  ge- 
schlossen werden.  Anstatt  der  hohlen  gusseisernen  Turbinenwelle  ist  hier  eine  massive 
Stahlwelle  gewählt.  Die  Regulierung  erfolgt  durch  einen  mit  Druckwasser  angetriebenen 
Servomotor.  Die  Welle  ist  ebenfalls  hydraulisch  entlastet  und  läuft  gleichfalls  auf  einem 
Ringspurlager.  Der  Tachometer,  sowie  die  Erregerdynamo  werden  wie  bei  der  500  PSe- 
Turbine  von  der  Welle  aus  durch  konische  Räder  angetrieben,  welche  auf  eine  Vorgelege- 
welle wirken. 

Die  Wasserzufuhrung  zu  den  vier  erwähnten  grossen  Turbinen  erfolgt  durch 
Stutzen  von  1200  mm  Dm.,  welche  lotrecht  von  der  Druckrohrleitung  abzweigen  und 
direkt  in  den  Turbinenkessel  münden.  Jedes  Abzweigrohr  ist  durch  eine  Drosselklappe 
verschliessbar. 

Die  im  Jahre  1904  aufgestellte  fünfte  Turbine  von  1500  PS«  hat  dagegen  eine 
horizontale  Welle  und  macht  350  UmL/Min.  Das  Hauptdruckrohr  ist  in  der  Längs- 
achse durch  ein  konisches  Rohr  von  2250/1600  mm  verlängert  und  fuhrt  das  Wasser  durch 
ein  Krümmerrohr  in  das  Spiralgehäuse  der  Turbine.  Der  zugehörigen  kleinen  Erreger- 
turbine wird  das  Wasser  durch  ein  Abzweigrohr  zugeführt.  Der  Abflusdkanal  der  grossen 
Turbine  liegt  im  Zuge  des  Druckrohres,  also  parallel  mit  der  einen  Längswand  des 
Maschinensaales  und  mündet  spitzwinklig  in  den  Doubs  aus. 

Jede  der  vier  stehenden  Turbinen  hat  ihren  eigenen,  an  der  Längswand  direkt 
in  den  Doubs  ausmündenden  Abflusskanal  (vergl.  Taf.  XVIII,  Fig.  11). 

Da  die  Gesellschaft,  wie  erwähnt,  in  St.  Imier  eine  Dampfreserve8)  besitzt, 
so  brauchte  sie  bei  dem  Verkauf  von  elektrischer  Energie  die  kleineren  verfügbaren 
Wassermengen  nicht  zu  berücksichtigen,  und  es  kann  deshalb  vorkommen,  dass  bei  ge- 
nügender Wassermenge  zeitweise  alle  fünf  Turbinen  gleichzeitig  im  Betrieb  sind. 

Alle  fünf  grossen  Turbinen  sind  mit  Einphasen- Wechselstromgeneratoren  mit  5500 
Volt  Klemmenspannung  und  50  Perioden  gekuppelt4).  Man  wählte  Einphasenwechselstrom, 
weil  der  Lichtstrom  den  Hauptkonsum  darstellt  und  es  sich  für  den  Kraftstrom  meist 
nur  um  kleine  Motoren  handelte.  Die  Einphasenmotoren  von  Oerlikon  sind  mit  Leer- 
lauf-Riemenscheiben versehen  und  laufen  unbelastet  an.  Erst  wenn  die  normale  Touren- 
zahl erreicht  ist,  werden  die  Motoren  durch  Herüberschieben  des  Riemens  auf  die  feste 
Scheibe  belastet. 


9)  Im  Jahre  1904  betrag  die  Leistung  der  Dampfreserve  bereits  1500  PSe. 

<)  Die  elektrische  Einrichtung  ist  von  der  Maschinenfabrik  Oerlikon  in  Oerlikon— Zürich  geliefert 


400  IL     Theodor  Kokhn.     Ausbad  ton  Wa86erkeäften.     Beispiele. 

Die  Schaltanlage  war  anfänglich  auf  beide  Seiten  der  Maschinenhalle  verteilt, 
derart,  daas  alle  Apparate  zur  Regulierung  und  Parallelschaltung  der  Maschinen,  sowie 
alle  Apparate  für  die  Femleitung  auf  schweizerischem  Gebiet  auf  der  einen  Seite,   die 


Apparate  für  die  Fernleitung  nach  dem  französischem  Gebiete  auf  der  anderen  Seite 
lagen  (vergl.  Abb.  63}.  Sehr  bald  stellte  sich  aber  das  Unzureichende  dieser  Disposition 
heraus  und  das  am  so  mehr,  weil  es  in  dem  Maschinensaal  an  dem  nötigen  Platz  gebrach. 
Man  hat  deshalb  1904  die  ganze  Schaltanlage  an  dem  Ende  des  erweiterten  Maschinen- 


%  9.  Das  WA—BKaAir-Eucnanrlwing«  La  (Joule. 

Abb.  64.    Dm  KraftbftQB  nnd  die  Fernleitung. 


Ol.  Teil.    13.  Bd. 


402  II.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

saales  vereinigt.  Da  man,  um  die  Leistungsfähigkeit  des  Leitungsnetzes  zu  erhöhen, 
die  Spannung  von  5500  Volt  auf  25000  Volt  heraufzusetzen  beabsichtigte,  ist  auch  der  er- 
forderliche Platz  für  die  Transformatoren  geschaffen;  dadurch,  dass  man  über  dem 
Maschinenflur  noch  zwei  Etagen  für  die  Schaltanlage  einrichtete,  sind  im  ganzen  rund 
3,6  qm  Bodenfläche  für  je  100  installierte  PS«  verfügbar.  Die  Maschinenkabel  wurden 
früher  in  kleinen,  im  Fussboden  des  Maschinensaales  angelegten  und  mit  Riffelplatten 
abgedeckten  Kanälen  geführt.  Nunmehr  ist  ein  begehbarer  Kabelkanal  ausserhalb  des 
Maschinenhauses  geschaffen,  welcher  durch  Glasplatten  von  oben  her  beleuchtet  ist. 

Die  Fernleitung  bot  insofern  Schwierigkeiten,  als  grosse  Höhenrücken  über- 
schritten werden  mussten  und  auf  schwere  Stürme  und  ungewöhnliche  Schneefalle  zu 
rechnen  war  (vergl.  Abb.  64).  Im  wesentlichen  sind  die  Leitungen  auf  Holzgestängen 
montiert,  welche  aus  zwei  10,0 — 12,0  m  langen,  schräg  gegeneinander  gestellten  Stämmen 
gebildet  wurden.  Oben  werden  die  Stämme  durch  zwei  starke  Bolzen  zusammengehalten. 
Auf  Strecken  mit  grossen  Steigungen  wurde  noch  ein  dritter  Stamm  schräg  abwärts  oder 
aufwärts  als  Stütze  hinzugefügt.  In  der  Regel  sind  die  Masten  1,5  m  tief  in  den  Boden 
eingelassen.  Meistens  mussten  die  Löcher  in  den  Boden  eingesprengt  werden.  Die  Ent- 
fernung der  Gestänge  voneinander  beträgt  in  der  Graden  45,0  m,  der  Durchhang  der 
Drähte  2°/o.  Die  eisernen  Halter  der  Isolatoren  sind  direkt  in  die  Masten  eingebohrt. 
Für  die  Neuanlagen  beabsichtigte  man  1904  Gestänge  aus  zwei  lotrechten  Masten  mit 
Querträgern  zur  Aufnahme  der  Isolatoren  zu  verwenden  (vergl.  Kap.  III,  7.  Fernleitungen). 
Das  primäre  Leitungsnetz  hatte  bereits  1903  eine  Ausdehnung  von  ca.  100  km,  das 

sekundäre  von  ca.  40  km. 

Die  Betriebseinnahmen  im  Jahr»  1903  haben  beiragen: 

a)  ans  Strom  verkauf 274116,—  Frs. 

b)  ans  Zanlermiete 2098,—     . 

c)  Installationsgewinn .    .      17472,—    , 

Zusammen    293686,—  Frs. 

Die  direkten  Betriebsansgaben,  einschliesslich  derjenigen  der  allgemeinen  Verwaltung  und 
aller  Steuern  und  Abgaben  betragen  107000,—  oder  4,27%  des  Anlagekapitals  von  2526000  Frs,'}. 
Rechnet  man  für  die  indirekten  Ausgaben  einschliesslich  Verzinsung  7,3 °/o  hinzu,  so  würden  die 
Gesamtansgaben  11,57°  o  des  Anlagekapitals  ausgemacht  haben  und  durch  die  Einnahmen  gerade  gedeckt 
worden  sein. 

Die  Dampfreserve  in  St.  Imier  mit  1500  installierten  PS«  hat  rd.  509000  Frs.  gekostet 


§  10.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  an  der  Orbe  in  Les  CI6es 

bei  Yverdon  (Schweiz).  Hierzu  Tat  xix  *). 

Bereits  im  Jahre  1894  wurde  der  Society  Anonyme  de  TUsine  £lectrique  Des 
Clees  in  Yverdon,  welche  für  den  Zweck  besonders  ins  Leben  gerufen  war,  von  selten 
des  Kantons  Waadt  die  Konzession  zur  Ausnützung  der  Wasserkräfte  der  Orbe  zwischen 
den  Dörfern  Ballaigues  und  Les  Clees  erteilt. 

Das  spezielle  Projekt  wurde  im  Jahre  1895  aufgestellt  und  genehmigt.  Am 
18.  März  1896  wurde  mit  den  Arbeiten  begonnen  und  am  21.  Dezember  des  gleichen 
Jahres  ist  erstmalig  nach  Yverdon  elektrische  Energie  übertragen  worden.  Aus  den 
Städten  Yverdon,  Grandson,  Baulmes  und  St.  Croix,  sowie  aus  allen  kleineren  Ortschaften, 

4)  Dasselbe  setzt  sich  zusammen  aas  1000000  Frs.  Aktien,  1260000  Frs.  Obligationen  and 
266000  Frs.  Schwebende  Schuld. 

ij  Die  Abbildungen  sind  z.  T.  einer  Broschüre  der  Maschinenfabrik  Oerlikon  in  Oerlikon— Zürich 
1901  entnommen,  z.  T.  nach  Handskizzen  angefertigt. 


§  10.  Das  Wassbrkkaft-ElektrizitItbwerk  Leb  Gu&es-Yvebdon.  403 

welche  am  Verteilungsnetze  liegen,  sollen  fast  alle  Dampfmaschinen,  Benzin-  und  Petrol- 
motoren  verschwunden  sein.  Die  Klein-  und  Hausindustrie  hat  einen  grossen  Aufschwung 
genommen  und  zahlreiche  neue  Industrien  sind  entstanden. 

Das  Wehr  (verg).  Taf.  XIX,  Fig.  1  und  2)  liegt  südlich  von  dem  Orte  Ballaigues. 
Die  Wehrstelle  ist  insofern  nicht  günstig,  als  der  Einlauf  an  dem  nach  der  Flussmitte 
zu  konvexen  Ufer  zu  liegen  kam.  Der  Kanal  musste  am  rechten  Ufer  angelegt  werden, 
weil  man  ihn  hier  an  den  festen  Hängen  als  Tunnel  oder  Einschnitt  am  billigsten  her- 
stellen konnte.  Infolge  der  Stauwirkung  des  Wehres  bilden  sich  an  dem  konvexen  Ufer 
des  Flusses  grosse  Kies-  und  Sandbänke,  welche  durch  den  Grundablass  nicht  beseitigt 
werden  können,  weil  der  Grundablass  vom  Einlauf  zu  weit  entfernt  liegt.  Da  der 
Einlauf  fast  lotrecht  zur  Stromrichtung  am  Wehr  angelegt  ist,  gelangen  Geschiebe  und 
Sinkstoffe  reichlich  in  den  Werkkanal. 

Das  Wehr  ist  ein  Stufenwehr  in  Beton.  Es  hat  ungefähr  eine  Kronenlänge  von 
40,0  m.  Am  rechten  Ende  neben  dem  Zuführungskanal  musste  nach  den  Vorschriften 
der  Konzession  eine  Fischleiter  angeordnet  werden. 

Der  Werkkanal  zieht  sich  an  der  Berglehne  des  rechten  Ufers  teilweise  im 
Tunnel,  teilweise  als  überwölbter  Betonkanal  hin  und  ist  im  ganzen  3600,0  m  lang.  Das 
Profil  ist  überall,  auch  im  Tunnel,  mit  Beton  ausgekleidet  und  die  benetzten  Flächen 
sind  geputzt.  Der  Kanal  ist  im  Kämpfer  2,0  m  breit,  hat  eine  schwach  gewölbte  Sohle 
und  einen  Querschnitt  von  rd.  4,0  qm.  Das  Gefalle  beträgt  etwa  1 :  3400.  Vor  dem 
Einlauf  liegt  ein  vertikaler  Rechen  und  dann  folgen  zwei  Regulierungsschützen  aus  Holz. 
Die  Sohle  des  Kanals  senkt  sich  ab  bis  zu  den  zweiten  Regulierungsschützen  und  bildet 
so  einen  kleinen  Kiessack,  welcher  durch  eine  Spülschleuse  von  etwa  2,0  m  Lichtweite 
gespült  und  entleert  werden  kann.  Wenn  man  die  zweiten  Regulierungsschützen  schliesst 
und  die  ersten  und  die  Spülschleuse  öffnet,  kann  man  zwar  einen  kräftigen  Spülstrom 
erzeugen,  aber  während  der  Spülung  wird  der  Wasserzufluss  zum  Krafthause  beein- 
trächtigt. Man  muss  deshalb  die  Spülung  wahrend  der  Betriebspausen  oder  der  schwach 
belasteten  Stunden  vornehmen. 

Hinter  den  zweiten  Regulierungsschützen  folgt  ein  Überfall  von  etwa  dreimal  2,0  m 
Länge*).  Etwa  200,0  m  vor  der  Druckkammer  ist  noch  ein  Überfall  von  etwa  10,0  m 
Länge  mit  fünf  Öffnungen,  sowie  eine  Spülschleuse  angelegt.  Das  Wasser  stürzt  hier 
über  den  natürlichen  Felsen  herab  und  fliegst  in  die  Orbe  (vergl.  Abb.  66).  Gleich 
hinter  diesem  Überfall  liegt  ein  Rechen  von  28  mm  lichter  Weite  zwischen  den  Stäben. 
Das  Ende  des  Kanals  ist  als  Druckkammer  ausgebildet,  die  keine'  weiteren  künstlichen 
Anlagen  hat,  als  dass  sie  mittelst  Schützen  abgeschlossen  werden  kann,  damit  man  im- 
stande ist,  die  Druckkammer  und  das  Druckrohr  trocken  zu  legen. 

Das  Drackrohr  hat  einen  inneren  Durchmesser  von  1,20  m  und  ist  als  genietetes 
Flanschenrohr  z.  T.  bedeckt,  z.  T.  offen  verlegt.  Der  Wässerspiegel  an  der  Wehrkrone 
liegt  auf  +  619,5,  das  niedrigste  Wasser  in  der  Orbe  an  der  Zentrale  auf  -j~  571,0, 
sodass  ein  Rohgefalle  von  48,5  m  zur  Verfügung  steht. 

Wie  bei  der  Beschreibung  der  Anlage  Vallorbe  (S.  463)  mitgeteilt  wird,  sind  an  der 
Orbequelle  mindestens  immer  3  cbm/sek.  vorhanden.  Einschliesslich  der  Zuflüsse,  auf  welche 
man  noch  von  der  Quelle  bis  Ballaigues  rechnen  kann,  wird  man  aber  in  der  Regel  eine 
Wassermenge  von  4,0  cbm/sek.  haben.  Bei  4,0  cbm/sek.  betragen  die  Reibungsverluste 
im  Kanal  und  im  Druckrohre  etwa  1,5  m,  sodass  sich  ein  Druck  in  den  Turbinen  von 
etwa  47,0  m  ergibt;  bei  H.W.  kann  derselbe  auf  41,0  m  herabgehen. 

*)  Die  hier  angegebenen  Masse  sind  nicht  aas  einer  Zeichnung  entnommen,  sondern  bei  dem 
Besuch  an  Ort  and  Stelle  nach  Angenmass  geschätzt 

26* 


404  IL     Thbodoe  Koehjt.     Ausbau  ton  WasberkrIftkr.     Beispiele. 

Das  Krafthaus  ist  für  die  Aufstellung  von  sechs  Gruppen  zu  je  300  PS,  ein- 
gerichtet Es  liegt  am  rechten  Ufer  der  Orbe  nahe  der  Brücke,  welche  nach  dem  Dorf« 
Les  Clees  führt  (vergl.  Abb.  66).    Die  Entfernung  von  Yverdon  betragt  etwa,  16,7  km. 

Abb.  65.     Anrieht  dtt  leizton  Überfall»  Tor  der  Druckkammer. 


An  den  Maschinensaal  stösst  ein  Wohnhaus  mit  einem  kleinen  Bureau  und  drei  Woh- 
nungen (vergl.  Tai.  XIX,  Fig.  6).  Der  Maschinensaal  ist  gut  beleuchtet  und  geräumig. 
Er  hat  eine  Länge  von  26,0  und  eine  Breite  von  10,4  ra,  sodass  15,0  qm  Grundfläche 


$  10.  Das  Wasserkraft  Elektrizitätswerk  Les  Cleeb-Yvekdon.  405 

snf  je  100  installierte  PS«  entfallen.  Die  Höhe  des  Maschinensaales  betragt  bis  znr 
Unterkante  Dachbinder  6,0  m,  bis  znr  Unterk&nte  Kranbahn  4,50  m  (vergl.  Taf.  XIX, 
Fig.  4  nnd  5). 

Sehr  beschränkt  ist  der  Schaltraum  (vergl.  Taf.  XIX,  Fig.  6).  Derselbe  hatte 
früher  eine  Lange  von  10,70  m  nnd  eine  Breite  von  2,75  m.  Er  ist  1904  um  1,0  m 
verbreitert  worden,  sodass  auf  100  installierte  PS*  auch  nach  der  Erweiterung  nur 
2,28  qm  Flache  für  den  Sehaltranm  znr  Verfügung  stehen.  Die  Übersichtlichkeit  der 
Schaltanlage  hat  durch  die  Beschränktheit  des  Raumes  gelitten. 

'  Der  Maschinensaal  ist  durch  einen  Laufkran  von  5,0  t  Tragkraft  bestrichen. 

Das  ganze  Krafthaus  war  auf  weichem  Mergel  zu  fundieren,  nnd  es  ist  deshalb 
der  tief  liegende  Teil  des  Fundaments  des  Maschinensaales  und  des  Wohnhauses  als  eine 

Abb.  66.     Ansicht  des  KraftbanMS. 


zusammenhängende  Betonplatte  von  50  bis  60  cm  Stärke  ausgeführt,  welche  durch  zwei 
kreuzweise  übereinander  eingebettete  Reihen  Stahlträger  von  20  cm  Höhe  derart  verstärkt 
worden  ist,  dass  man  auf  eine  ziemlich  gleichmäsBige  Übertragung  der  Gesamtdrücke  auf 
die  Bodenfläche  rechnen  konnte.  Die  Bedachung  des  Maschinensaales  erfolgte  durch  eiserne 
Polonceau-Träger  mit  Holzsparren  und  Ziegeleindeckung.  Der  neue  Schaltraum  ist  mit 
Wellblech  abgedeckt. 

Die  Wellen  der  innen  beaufschlagten  Gehäuse-Turbinen8)  liegen  6,5  m  über  dem 
Niedrigwasser  der  Orbe  (vergl.  Kap.  III,  5.  Turbinen  und  Taf.  LXXII,  Fig.  1  und  2). 
Die  Regulierung  erfolgt  durch  einen  Spaltschieber,  welcher  durch  das  Druckwasser  aus- 
balanciert wird  nnd  infolgedessen  mit  ganz  geringer  Kraft  und  geräuschlos  bewegt 
werden  kann.  Die  Bewegung  des  Schiebers  erfolgt  entweder  von  Hand  oder  durch 
einen  selbstwirkenden  Sperrklinken-Servomotor. 

Mit  den  Turbinen  sind  durch  Zodelkuppelung  die  Dreiphasen-Generatoren*)  ver- 
bunden, welche  den  Strom  mit  einer  verketteten  Spannung  von  5200  Volt  nnd  50  Perio- 

■)  Geliefert  von  Piccard  Pictet  &  Co.  in  Genf.     Die  Turbinen  machen  480  Uml./Hin. 

*)  Die  elektrische  Einrichtung  ist  von  der  Maschinenfabrik  Oeriikon  in  Oerlikon— Zürich  geliefert 


406  II.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

den/sek.  liefern.  Die  Beleuchtung  des  Krafthauses  und  der  Umgebung,  sowie  diejenige 
des  Dorfes  Les  C16es  ist  an  einen  Transformator  angeschlossen,  welcher  den  Strom  auf 
120  Volt  herabtransformiert. 

Der  Sehaltraum  ist  in  2  parallele  Räume  eingeteilt,  von  denen  der  vordere,  nach 
der  Schalttafel  zu  gelegene,  die  Regulatoren,  Ausschalter,  Maschinensicherungen  und 
Messtransformatoren,  der  hintere  die  Leitungssicherungen  und  Blitzschutzapparate  ent- 
hält. Der  letztgenannte  Raum  ist  auch  von  aussen  zugänglich.  Die  Maschinenkabel 
werden  in  einem  geräumigen  Kabelkanal  zum  Schaltraum  geführt. 

Es  waren  Ende  1903  im  ganzen  61,6  km  Hochspannungs-FernleituBgen  verlegt  auf  1899 
Holzmasten,  6  eisernen  Gittermasten  und  6  Konsolen,  zusammen  also  auf  1411  Stützpunkten,  sodass 
die  durchschnittliche  Entfernung  der  Masten  48,0 — 44,9  m  beträgt  Die  normale  Spannweite  der  Masten 
auf  gerader  Strecke  beträgt  40,0  m  $). 

Am  Schlüsse  des  Jahres  1903  waren  58  Transformatoren  von  zusammen  1354  KW  Leistung 
aufgestellt,  sodass  durchschnittlich  auf  je  einen  Transformator  23,3  KW  entfallen.  Die  Spannung  im 
Fernleitungsnetz  ist  diejenige  der  Maschinen  d.  i.  5200  Volt 

Das  sekundäre  Verteilungsnetz  hatte  eine  Gesamtlänge  ron  54,8  km.  Es  sind  dazu  verwendet: 
1033  Masten,  267  Konsolen,  8990  Isolatoren  und  213986  m  Kupferdraht  von  35704  kg  Gewicht  Die 
Spannung  im  sekundären  Verteilungsnetz  ist  120  Volt 

Die  Gesamtanlagekosten  haben  1600000  Frs.  betragen,  d.  h.  auf  1800  installierte  PS«  verteilt 
888  Frs.  pro  PS«.  Von  dem  Anlagekapital  entfallen  auf  die  wasserbaulichen  Anlagen,  das  Druckrohr 
und  das  Krafthans  rd.  725000  Frs.  d.  h.  pro  in  der  Zentrale  installierte  PS«  408  Frs.  Auf  das  Hoch- 
spannungsnetz einschliesslich  Transformatoren  ca.  565000  Frs.  d.  h.  pro  in  der  Zentrale  installierte  PS« 
314  Frs.   Auf  das  Verteilungsnetz  ca.  310000  Frs.  d.  h.  pro  in  der  Zentrale  installierte  PS«  171  Frs.«). 

Ans  dem  Netz  wurden  13  Orte  mit  zusammen  20198  Einwohnern  mit  Strom  versorgt 

Von  diesen  Orten  haben  die  Städte  Tverdon  8463,  St  Croix  5895,  Baulmes  1239,  Grandson 
1763  Einwohner.  Die  übrigen  Orte  sind  Dörfer,  das  kleinste  Les  Clees  hat  nur  237  Einwohner.  Der 
Strom  wurde  im  wesentlichen  nach  Paaschalpreisen  verkauft. 

Es  waren  Ende  1903,  also  nach  6  vollen  Betriebsjahren,  angeschlossen  und  brachten  an  Einnahmen: 

für  Licht   .    .    680  elektrische  PS«  =  10000  Lampen  ä  50  W  mit  14  Frs.  Einnahme  pro  Jahr  und  Lampe 

9    Kraft  .    .    944         .  .    = 695  K w  mit  144  Fra-  Pro  KW  nnd  Jahr 

Zusammen    1624  elektrische  PS«  =  1 195  KW,  d.  h.  ca.  80,3  elektrische  PS«  =  58  KW  pro  1 000  Binw. 

Davon  entfallen  33,6  PS«  auf  Licht  nnd  46,7  PS«  auf  Kraft  Im  Vergleich  zu  den  Angaben  auf  S.  327 
Tabelle  XXXI II  ist  dieser  Anschluss  als  ein  sehr  gutes  Ergebnis  anzusehen  und  z.  T.  auf  die  werbende 
Kraft  des  Pauschaltarife  zurückzuführen.  Da  die  Ausnutzung  der  angeschlossenen  PS«  oder  KW  bei 
Pauschalpreisen  viel  stärker  ist  als  beim  Zählertarif,  also  auch  bei  gegebener  Kraftleistung  im  Kraft- 
hause weniger  PS«  oder  KW  angeschlossen  werden  können,  so  müssen  auch  die  Kinnahmen  pro  ange- 
schlossene PS«  oder  KW  höher  sein  als  der  Durchschnitt  bei  Zählertarifen  (vergl.  die  Tab.  aber  durch- 
schnittliche jährliche  Einnahmen,  S.  837).  Der  Anschluss  für  Licht  verteilt  sich  anf  1 178  Abonnenten, 
der  Anschluss  für  Kraft  auf  118.  Der  gleichzeitige  maximale  Konsum  betrug  am  30.  November  1903 
1815  elektrische  PS«  =  rd.  80°/b  des  Anschluss-Äquivalents  (vergl.  S.  380). 
Die  direkten  Betriebskosten  1903  haben  betragen: 

Allgemeine  Verwaltung 20784,73  Frs. 

Für  Feuerversicherung  und  für  Versicherung  Dritter  gegen  Schaden  und  Unfall      2000, —     , 

Für  Unterhaltung  des  Netzes  (rd.  2,6 °/o  des  Anlagekapitals)?) 22541,50     , 

Für  Werkzeuge 2872,60     , 

Für  Löhne  und  Verschiedenes 38769,40     , 

Für  Unterhaitang  des  Wehres 1158,85     , 

Für  Versicherung  des  Personals 1571,65     . 

=  5,6°.  des  Anlagekapital«.  Zusammen    89698,28  Frs. 

ft)  Für  die  Hochspannungsleitung  sind  im  ganzen  8162  Hochspannungsisolatoren  und  286779  m 
Kupferdraht  von  66045  kg  Gewicht  verwendet. 

•)  Die  Bilanz  der  Gesellschaft  pro  1903  gibt  für  das  Gesamtnets  875000  Frs.  an.  Die  Ver- 
teilung auf  Fernleitungsnetz  nnd  Verteilungsnetz  ist  auf  Grund  der  sonst  im  Geschäftsbericht  der  Ge- 
sellschaft enthaltenen  Angaben  vorgenommen, 

7)  Hierin  sind  im  wesentlichen  nur  sächliche  Kosten  enthalten. 


§  11.  Das  Wasserkraft-Ejlektkizitätswebk  Kubel-Herisau.  407 

§  11.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Kübel  bei  St  Gallen. 

Hieran  Tafel  XX  und  XXI  i). 

Die  in  den  Kantonen  St.  Gallen  und  Appenzell  nach  dem  Bodensee  fliessenden 
grösseren  Wasserläufe  haben  alle  nur  ein  verhältnismässig  kleines  Vorflutgebiet  und 
werden  nicht  von  Gletschern  oder  natürlichen  Seen  gespeist.  Deshalb  haben  sie  in  ihrem 
gefällreichen  Oberlauf  den  Charakter  von  Wildbächen,  bei  denen  starke  Anschwellungen 
mit  Wassermangel  abwechseln.  Eine  grössere  konstante  Kraft  kann  deshalb  nur  durch 
Einlegung  von  künstlichen  Staubecken  erzielt  werden.  Von  den  für  die  industriereiche 
Stadt  St.  Gallen  und  ihre  Umgebung  in  Frage  kommenden  Flüssen  boten  die  Urnäsch 
und  die  Sitter,  welche  beide  ihr  Quellengebiet  am  Säntis  in  einer  Höhe  von  1200,0  bis 
1800,0  m  haben,  die  günstigsten  Bedingungen.  Seit  dem  Jahre  1890  sind  dann  auch 
eine  ganze  Reihe  von  Projekten  für  die  Ausnützung  der  Wasserkraft  dieser  beiden  Flüsse 
gemacht,  aber  wegen  der  verhältnismässig  grossen  Kosten  nicht  zur  Ausführung  ge- 
kommen. Unter  anderen  war  eine  40,0  bis  50,0  m  hohe  Sperrmauer  am  Zusammenfluss 
der  Sitter  und  Urnäsch,  dem  sogenannten  „Kübel"  geplant,  durch  welche  ein  Gefälle 
von  150,0  m  erzielt  werden  konnte.  Bedenken  bei  diesem  Projekt  rief  aber  die  Frage 
hervor,  wie  man  die  Sperre  von  den  grossen  Geschiebemassen  der  Wildbäche  freihalten 
sollte.  Überdies  waren  die  veranschlagten  Kosten  so  grosse,  dass  die  Rentabilität  be- 
zweifelt werden  musste.  Der  Verwirklichung  zugeführt  wurde  die  Ausnützung  dieser 
Wasserkräfte  erst  durch  das  im  Jahre  1895  ausgearbeitete  Projekt8),  welches  in  dem 
sogenannten  Gübsenmoos,  einem  bei  dem  „Kübel"  ca.  90,0  m  über  der  Sitter  gelegenen 
Tale,  ein  Staubecken  vorsah,  und  das  Wasser  der  Urnäsch  durch  einen  4626,0  m  langen 
Stollen  diesem  Becken  zuleitete  (vergl.  Taf.  XX,  Fig.  1).  Dieser  Gedanke  war  um  so 
erfolgreicher,  weil  das  Sammelbecken  so  dicht  an  das  linksseitige  steile  Ufer  der  Sitter 
herangelegt  werden  konnte,  dass  mit  einer  verhältnismässig  kurzen  Druckrohrleitung  das 
am  rechten  Sitter-Ufer  zu  errichtende  Kraftwerk  zu  erreichen  war.  Die  Natur  hatte 
die  Verhältnisse  für  ein  Sammelbecken  günstig  vorbereitet.  Im  Jahre  1897  wurde  von 
den  Regierungen  der  Kantone  St.  Gallen  und  Appenzell  die  Konzession  erteilt  und  auf 
eine  ad  hoc  gegründete  Gesellschaft  übertragen.  Durch  Erwerbung  einer  alten  Papier- 
mühle „im  Kübel"  an  der  Urnäsch  im  Jahre  1890,  der  einzigen  Ausnützung  des  Wassers 
bis  10  km  aufwärts,  war  der  Ausführung  des  Projektes  wirksam  vorgearbeitet. 

Die  Stelle  für  das  Wehr  (vergl.  Taf.  XX,  Fig.  2—7)  war  bestimmt  durch  die 
Höhenlage  des  für  das  Staubecken  gewählten  Tales  im  Gübsenmoos  und  durch  den 
daselbst  zu  erzielenden  Stauspiegel.  Das  massive  Überfallwehr  (vergl.  Abb.  67)  besteht 
aus  einem  unmittelbar  auf  dem  Felsen  ruhenden  Betonkörper  mit  lotrechter  Vorder- 
fläche und  mit  1 : 0,6  abfallendem  Absturzrücken.  Der  wagerechte  Absturzboden  ist 
durch  eine  starke  Steinpackung  in  Zement  befestigt.  Das  eigentliche  Uberfallwehr  hat 
eine  Kronenlänge  von  29,60  m  und  eine  Kronenhöhe  von  3,5  m  über  Sohle.  Seine  Ge- 
samthöhe bis  zur  Fundierungssohle  beträgt  5,0  m. 

Bei  einem  Vorflutgebiet  oberhalb  des  Wehres  von  77,70  qkm  beträgt  die  grösste 
sekl.  Wassermenge  130  cbm  oder  1670,0  1  pro  qkm/sek.  (vergl.  S.  188  u.  190).  Der  Ein- 
lauf befindet  sich  am  linken  Ufer.    Man  konnte  auf  eine  schiefe  Lage  des  Wehres  zur 

i)  Die  Textabbildungen  67—73,  sowie  die  Fig.  1  bis  8  und  10  bis  12  auf  Taf.  XX  und  die  Fig.  1, 
2  u.  7  auf  Taf.  XXI  sind  einem  Aufsatz  von  Kürsteiner:  „Das  Elektrizitätswerk  Kübel*  in  der 
Schweizerischen  Bauztg.  Bd.  XLIII  Nr.  14  bis  24,  die  übrigen  Abbildungen  and  Tafelfiguren  einer  Broschüre 
der  E.-A.-G.  vorm.  W.  Lahmeyer  &  Co.,  Sonderabdruck  ans  der  Elektrot  Zeitsch.  1904.  Heft. 8.  u.  :'., 
Aufsatz  von  F.  Collischonn,  entnommen. 

2)  Bearbeitet  von  Ing.  L.  Kürsteiner  in  St.  Gallen. 


408  IL     Theodor  Koehn.     Ausbau  tos  WasbebxbXften.     Beispiele. 

Flussacbse  verzichten,  weil  die  natürliche  Flussohle  ohnehin  nach  dem  linken  Ufer  zu 
vertieft  war,  und  so  der  Flusschlauch  auch  bei  niedrigstem  Wasser  dort  bleiben  musste. 
Das  rechte  Ufer  ist  etwa  8,0  m  aufwärts  des  Wehres  und  etwa  bis  24,0  m  abwärts  durch 
Betonmauera  geschützt.     Aufwärts  schliesst  sich  dann  noch  eine  Steinpackung  an. 

Der  Einlauf  {vergl.  Abb.  67)  liegt  am  linken  Ufer.  Zwei  hölzerne  Schützentafeln 
von  zusammen  5,0  m  lichter  Weite  vermitteln  den  Zufluss.  Oberhalb  der  Schützentafeln 
ist  der  Einlauf  gegen  Hochwasser  durch  eine  Bohlenwand  abgedichtet.  Vor  den  Schützen- 
tafeln ist  ein  grober,  lotrechter  Rechen  ans  Bandeisen  von  40  mm  lichter  Weite  zwischen 
den  Stäben  aufgestellt.  Die  Schwelle  des  Einlaufs  wird  durch  eine  ca.  1,50  m  hohe 
Betonwand  gebildet,  sodass  alles  Geschiebe  wirksam  zurückgehalten  wird.  Unmittelbar 

Abb.  ST.    Wehr  und  üäinUuf. 


vor  dieser  Schwelle  ist  in  der  linksseitigen  Fortsetzung  des  Überfallwehres  ein  Qnud- 
ablass  von  1,80  m  lichter  Weite  angelegt ,  dessen  Sohle  in  Höhe  des  Vorbodens  liegt. 
Bei  einem  Wasserdruck  von  3,0  m,  also  beim  Stauspiegel  in  Höhe  der  Wehrkrone,  kann 
der  Vorboden  des  Einlaufs  wirksam  gespült  werden.  Hinter  der  Einlaufschwelle  folgt  ein 
kleiner  ca.  5,50  m  langer  Sandfang,  welcher  durch  einen  zweiten  Grundablass  von  1,20  m 
lichter  Weite  gespült  werden  kann.  Aus  der  örtlichkeit  ergab  sich  die  Notwendigkeit, 
an  der  Stollenmündung  gegen  den  Berg  eine  hohe  Futtermauer  mit  Steinhinterpackung 
anzulegen.  Durch  eine  Schütze  ist  der  Zufluss  zum  Werkkanal  regulierbar.  Vor  der 
Schütze  befindet  sich  ein  schräggestellter  Flacheisenrechen  mit  20  mm  lichter  Weite 
zwischen  den  Stäben.  Um  dem  Wehrwärter  einen  Schutz  zu  bieten  nnd  um  den  Raum 
vor  dem  Stollenrechen  bei  ganz  starkem  Frost  notfalls  beizen  zn  können,  ist  über  dem 
Eiüauf  unter  Benutzung  der  Futtermauer  nachträglich  ein  Holzhäuschen  errichtet  Mit 
Rücksicht  auf  die  Wassertiefe  vor  dem  letztgenannten  Rechen,  welche  mindestens  immer 
1,5  m  beträgt,  kommen  nennenswerte  Störungen  durch  Stückeis  nicht  vor. 


§    11.  DAS   WAflSERKRAFT-ELEKTRIZITaTBWEBK  KUBBIrHKBIBATJ.  400 

AU  geringste  355  tägige  Wassermenge  des  trockensten  Jahres  konnten  auf  Grand  lang- 
jähriger Beobachtungen  500 1/sek.  (6,4  l/sek./qkm)  angenommen  werden;  bis  zu  3 7»  cbm/sek. 
kann  die  Gesellschaft  konzessionsmässig  das  ganze  Wasser  ohne  Rest  aus  dem  Flusse  ent- 
nehmen. Bei  einem  Stauspiegel  von  -f~  682,50  im  Staubecken  ergibt  sich  eine  Druckhöhe 
von  92,0  m,  d.  h.  mit  500  1/sek.  lassen  sich  rd.  460  PS«  erzeugen,  also  in  24  St.  rd. 
11000  PS«-St.  Bei  Festlegung  des  Staubecken-Inhalts  war  man  natürlich  in  erster  Linie 
Ton  der  Grösse  und  Gestaltung  des  Gübsenmoos  abhängig.  Man  wählte  die  Höhe  der 
Staumauer  und  der  Staudämme  so,  dass  der  Inhalt  des  Beckens  1446460  cbm  ergab. 
Bei  Annahme  einer  durchschnittlichen  nutzbaren  Druckhöhe  von  87,0  m  braucht  man  für 
eine  PSe  1,15 1/sek.,  d.  h.  für  die  PSe-St.  4,14  cbm,  sodass  der  Gesamtinhalt  allein  für 
rd.  349400  PSe-St.  ausreicht.  Sollten  also  täglich  durchschnittlich  22000  PS« -St.  ge- 
leistet werden,  wie  es  auf  Grund  der  wirtschaftlichen  Vorarbeiten  für  den  ersten  Ausbau 
anzunehmen  war,  so  würde  das  Staubecken  beim  niedrigsten  Wasser  in  der  Urnäsch  nur 
ca.  31  Tage  ausreichen  und  es  war  deshalb  von  vornherein  eine  Dampfreserve  vorzusehen. 

Um  bei  höheren  Wasserständen  eine  schnelle  Auffüllung  des  Staubeckens  zu  er- 
möglichen und  in  Rücksicht  auf  die  von  Anfang  an  ins  Auge  gefasste  spätere  Erweite- 
rung des  Werkes  durch  Hinzunahme  des  Wassers  der  Sitter  ist  der  Stollenquerschnitt 
so  gross  gewählt,  dass  4  cbm/sek.  dem  Staubecken  zufliessen  können.  Wenn  man  3  cbm/sek. 
zuführt,  würde  man  das  Becken  in  etwa  6  Tagen  fällen  können. 

Der  Werkkanal  (vergl.  Taf.  XX,  Fig.  8)  hat  ein  Sohlengefälle  von  0,75  °/oo,  eine 
Höhe  von  1,90  m  und  eine  Breite  von  1,80  m  und  ist  im  Stollen  ganz  mit  Zementbeton 
ausgekleidet.  Der  Stollen  ist  so  traciert,  dass  durch  drei  Seitenstollen  im  ganzen  acht 
Angriffsstellen  geschaffen  wurden,  wodurch  die  Ausführung  nicht  nur  erleichtert,  sondern 
auch  die  Bauzeit  abgekürzt  werden  konnte.  Es  ergaben  sich  auf  diese  Weise  Strecken 
von  1106,0  m,  877,0  m,  1289,0  m  und  1354,0  m  Länge. 

Das  Gebirge  bestand  abwechselnd  aus  Molaase,  Sandstein,  Mergel  und  Nagelflnh.  Die  einzelnen 
Schichten  wiesen  Starken  yon  4,0  bis  12,0  m  auf.  8ie  fallen  im  unteren  TeUe  mit  80°  gegen  Norden 
ein  und  werden  nach  dem  Einlauf  zu  allmählich  steiler,  um  etwa  500,0  m  tot  dem  Stolleneinlauf  senk- 
recht an  stehen.  Die  Streichrichtung  bildet  an  den  untersten  2,5  km  und  an  den  obersten  0,5  km  einen 
Winkel  yon  15°  gegen  die  Kanalachse,  dazwischen  befinden  sich  Strecken,  in  denen  die  Streichrichtung 
beinahe  parallel  zur  Stollenachse  geht  Da  nirgends  etwas  vom  Qebirgsdruck  gespürt  wurde,  konnte 
auf  eine  eigentliche  Auszimmerung  wahrend  des  Baues  verzichtet  werden.  Für  den  Ausbruch  wurde 
nur  Handbohrung  angewendet.  Bei  einem  mittleren  Ausbruchsquerschnitt  von  4,0  qm  wurde  mit  swei 
Schichten  in  24  Stunden  durchschnittlich  ein  Fortschritt  yon  1,25  m  erzielt.  Bei  weichem  Sandstein  und 
Mergel  betrog  der  Fortschritt  bis  zu  2,5  m,  bei  Nagelfluh  oft  nur  0,60—0,80  m  taglich  per  Angriffsatelle. 
Die  Wasserabführung  erfolgte  durch  einen  Entwässerungsschlitz  in  der  Sohle  mit  eingelegtem  Tonrohr. 
Für  die  Ventilation  diente  ein  an  der  Sohle  verlegtes  gusseisernes  Muffen-Rohr  von  120  mm  Durchmesser, 
welches  mit  Hanfstricken  gedichtet  war.  Die  Gebläse  wurden  stellenweise  mittelst  eines  Elektromotors 
oder  durch  einen  Petroleummotor  oder  durch  ein  Tangentialrad  angetrieben.  Der  Dynamitverbrauch  be- 
trug im  Durchschnitt  7  kg  pro  lfm.  Stollen.   Die  Kosten  des  Stollenbans  haben  780000  Frs.  betragen. 

Die  Seitenstollen  sind  dazu  benutzt,  Überläufe  mit  Grundablässen  einzulegen.  Man 
kann  auch  yon  ihnen  aus  im  Betriebe  leicht  Revisionen  vornehmen  und  Reparaturen  ausführen. 

Im  Stollen  erhöht  das  Wasser  durch  Wärmeaufnahme  aus  dem  Gebirge  seine 
Temperatur  um  einige  Grad,  sodass  der  Auslauf  des  Werkkanals  in  den  Sammelweiher 
(vergl.  Abb.  68)  immer  eisfrei  ist. 

Das  im  Gübsenmoos  belegene  Tal  war  insofern  für  die  Zwecke  des  Staubeckens 
(vergl.  Taf.  XX,  Fig.  9)  günstig,  als  sich  die  Talsohle  als  undurchlässig  erwies  und  die 
Möglichkeit  gegeben  war,  die  Sperrmauer  auf  festem  Felsen  zu  gründen.  Ausser  einer 
Sperrmauer  waren  allerdings  noch  zwei  Abschlussdämme  notwendig,  und  zwar  ein  niedriger 
nördlicher  Damm  (Taf.  XX,  Fig.  11),  welcher  eine  nach  der  Ortschaft  Gübsen  zu  gerichtete 
Einbuchtung  abschliessen  sollte,  und  ein  höherer  westlicher  Damm  zum  Schutze  der  das 


410  IL     Theodor  Koehw.     Aubbaü  von  Wasserkräften.     Hbjbpikjle. 

Tal  oberhalb  durchschneidenden  Eisenbahn.  Im  Talboden  selbst  trennte  eine  Boden- 
erhebung die  Sohle  in  zwei  Teile  nnd  es  mnsste  eine  5,0  m  tiefe  Einschlitzung  durch- 
gestochen werden,  um  den  gesamten  Rauminhalt  des  Beckens  nutzbar  zu  machen.  Die 
Oberfläche  des  Staubeckens  beträgt  172640  qm.    Die  Abschlussdämme  sind  ans  Bandigem 

Lehm  geschüttet,  welcher  in  der 
Abb.  68.    Amin  Qu  düng  des  Werkkanals  in  das  Staubecken.  Nähe  gefunden  wurde. 

75000  cbm  Lehmboden  und 
25000  cbm  Kiea  nnd  kiesige  Krde 
und  es.  5000  cbm  Steineuffltllung 
lur  Belastung  des  Vorland««  beim 
grossen  Damm  waren  in  bewegen. 
Die  punktierte  Linie  in  Tal.  XX, 
Fig.  10  deutet  an,  wie  das  Profi] 
projektiert  war.  Bei  der  Ausfüh- 
rung aber  drückte  das  Gewicht  des 
Dammes  den  weieben  Boden  den 
Tales  seitlich  heraus  nnd  schob 
ihn  vor  sich  her.  Erst  als  der 
Boden  de«  Vorlandes  durch  Be- 
schattung mit  Kies  nnd  Steinen  ge- 
nügend belastet  war ,  kam  der 
Damm  cur  Buhe,  sodass  die  oberen 
5,0  m  im  projektierten  Profil  aus- 
geführt werden  konnten.  Man  sieht 
daraus,  dess  man  beim  Veranschlagen 
solcher  Dimme  vorsichtig  sein  muaa 
und  unter  Umstanden  für  die  lis- 
te rialbe  weg  ung  sehr  erhebliche  Zu- 
schlage für  Unvorhergesehenes  in 
machen  bat.  Der  Bauvorgang  war 
so.  daas  zunächst  in  der  beabsich- 
tigten Soblenbreite  aller  weicher 
Boden  entfernt  und  der  gute,  feste, 
belle  Lehm  freigelegt  nnd  gereinigt 
wurde.  Dann  sind  die  Schiebten 
in  Starken  von  0,20  Ins  0.25  auf- 
gebracht und  mittelst  Wallen  von 
3  t  Gewicht  festgewaliL  Das  Wal- 
len wer  natürlich  bei  nasser  Wit- 
terung in  dem  Lehm  niebt  möglich 
und  musste  man  sich  dann  mit  Hand- 
stampfeu  behelfen. 

Für  den  östlichen  Ab- 
schlüge des  Gübsenmoos  wurde 
eine  Staumauer  (vergl.  Taf.  XX, 
Fig.  9  n.  12)s)  errichtet,  weil  fester  Felsgrund  in  erreichbarer  Tiefe  vorhanden  war  und 
die  Wassertiefe  bei  H.W.  bis  zur  Sohle  vor  der  Mauer  doch  immerhin  schon  17,50  m 
betrag.  Im  Grundriss  wurde  der  Mauer  eine  Krümmung  mit  einem  Halbmesser  von 
200,0  m  gegeben.  Die  Höhe  der  Abscblussmauer  beträgt  vom  tiefsten  Punkt  des  Funda- 
mentes bis  zur  Krone  23,65  m,  die  Länge  ist  in  der  Krone  105,0  m,  die  Kronenbreite 
3,0  m,  die  Dicke  der  Mauer  am  Fundament  ca.  15,2  m.  Die  Mauer  ist  aus  Nagelfluh 
aufgebaut  und  besitzt  einen  Hauminhalt  von  9500  cbm.     Das  verwendete  Steinmaterial 

3)  Die   Masse    von   Fig.    12   sind   diejenigen    des    Projektes.      Die   ausgeführte   Msner   hat   eine 
Fundament  breite  von  rd.  6ö0n  der  Höhe. 


§  11.  Das  Wasberkraft<Elektbiz[t2tsw8RK  Kubbl-Herisaij.  411 

musste  auf  7,0  km  Entfernung  herangeschafft  werden.  Das  spezifische  Gewicht  betragt 
2,72  kg;  die  Druckfestigkeit  1200  kg  pro  qcm.  Als  Mörtel  wurde  hydraulischer  Kalk 
(von  Spühler  in  Reckingen)  verwendet  und  zwar  in  einer  Mischung  von  1  Raumteil  Kalk 
und  2,6  Rautnteilen  grobkörnigen  Sandes.  Letzterer  wurde  zum  grössten  Teil  durch 
Zermablen  von  Nagelfluh  gewonnen.  Der  vollkommen  erhärtet«  Mörtel  zeigte  eine  Festig- 
keit von  70  kg/qcm  auf  Druck  und  14  kg/qcm  auf  Zug.  Der  Mörtel  verbrauch  betrug 
et*a  30  °/o  des  Rauminhaltes  der  Mauer.     Die  Mauer  steht  auf  fester  Molasse. 

Mit  der  grössten  Sorgfalt 
winde  die  Fundamentaohle  in  der  Abb.  69.     Reinigung  der  Fundaroentsohle  fBr  die  Staumauer. 

Profilbreite  zunSchst  durch  starke 
Wasserstrahlen  and  Stahl  besen 
gereinigt  und  dann  alle  Uneben- 
heiten, Spalten  und  Klüfte  mit 
fettem  Beton  (1:2)  ausgefüllt 
(vergl.  Abb.  69).  Darauf  ist  dann 
eine  Fundamentsohle  ans  einer 
Mischung  von  1  Raumteil  Port- 
landzement, 2,5  Teilen  Sand  und 
8,5  Teilen  Kies  hergestellt,  auf 
welcher  das  Mauerwerk  errichtet 
wurde.  Bei  der  statischen  Berech- 
nung ist  das  Gewicht  der  Mauer- 
masse  zu  2,2  t  pro  cbm  ange- 
nommen. Die  Weckateine  eind 
in  Grossen  von  Vi  bis  *;t  cbm 
verwendet  und  vor  dem  Auffahren 
inr  Verwendungsatelle  mit  Was- 
ser und  Besen  gereinigt.  Die ganze 
Mauer  wurde   eingerüstet  (vergl. 

Abb.  70).  Die  Rollbahnen  zum  Materialtransport  lagen  auf  der-  der  jeweiligen  Mauerhob*  entsprechen- 
den Etage  des  Baugerüstes  derart,  dass  die  Steine  von  da  mit  Hilfe  von  Laufkatzen  in  das  vorher  sorg- 
fältig vorbereitete  Mörtelbett  versetzt  werden  konnten.  Die  Kantenpressungen  betragen  aussen  bei 
gefülltem  Weiher  höchstens  5,6  kg  pro  qcm  und  innen  bei  leerem  Weiher  5,0  kg. 

Auf  der  Krone  der  Mauer  ist  ein  Fahrweg  angelegt  als  Ersatz  eines  alten  Weges, 
welcher  früher  in  der  Talsohle  entlang  ging  (vergl.  Abb.  71). 

Zur  Regulierung  des  Stauspiegels  dient  ein  an  der  nördlichen  Seite  liegender 
Überlauf  (vergl.  Abb.  72)  mit  einem  kaskadenförmig  im  offenen  Querschnitt  zur  Sitter 
herangeführten  Überlaufkanal. 

Für  die  Lange  des  Überlaufs  war  folgende  Überlegung  massgebend:  Durch  den  Stollen  können 
höchstens  4  cbm/sek.  zugeführt  werden.  Das  in  den  Weiher  direkt  entwässernde  Gebiet  hat  nur  einen 
Flacheninhalt  von  1,00  qkm  und  es  sind  als  sekl.  MaximalabnuBsmenge  8000  l.'sek./qkm  angenommen.  Es 
wären  also  höchstens  12  ebm.'eek.  abzuführen.  Man  machte  den  Überlauf  22,0  m  lang  und  legte  die 
Oberkante  1,50  m  unter  EronenhShe  der  Staumauer.  Da  bei  0.50  m  Hohe  des  uberöiessenden  Wasser- 
streifens schon  rd.  15  cbm/sek.  sbfliessen ,  so  ist  sicher ,  dass  der  Wasserspiegel  nie  die  Krone  der 
Sperrmauer  erreichen  kann. 

Die  Kosten  der  Staumauer  Beibat  betragen  ca.  800000  Frs.  oder  32  Frs.  pro  cbm  Mauervoluraen. 

Die  Druckrohrleitung  (vergl.  Taf.  XXI,  Fig.  1  u.  2)  hat  1,6  m  Lichtweite  und 
294,0  m  Länge.  Sie  verläuft  auf  ca.  95,0  m  fast  horizontal  und  steigt  dann,  sich  dem 
Terrain  tunlichst  anschmiegend,  zum  Krafthause  herab.  An  einzelnen  Stellen  waren 
Felsdurchstiche  notwendig.  Die  einzelnen  Rohrstücke  sind  auf  der  unteren  Strecke  in 
Längen  von  5,5  m,  auf  der  oberen  Strecke  in  Längen  bis  zu  7,5  m  aus  Flusseisen  und  doppelter 
Längs-  und  einfacher  Quernietung  hergestellt  und  durch  Flanschen  aus  Schweisseisen  mit 
Gummiringdichtung  verbunden.    Die  Blechdicke  beträgt  am  oberen  Ende  der  Leitung 


412  IL     Theodor  Koebn.     Ausbau  von  WjtBWMOÜtfüM. 

6,5  mm  und  nimmt  allmählich  nach  unten  auf  14,5  mm  zu.    Das  Druckrohr  iat  in  der 
Sperrmauer  mittelst  eines  starken  konischen  Betonpfropfens  eingemauert  und  erweitert 


sich  nach  der  Wasserseite  der  Mauer  zu.  Vor  der  Mündung  ist  ein  aufziehbarer  Rechen 
angebracht  und  ebenso  eine  von  der  Krone  der  Staumauer  ans  zu  bedienende  Ver- 
scblusschütze.     An  der  Stelle,  wo  das  Drnckrohr  aus  der  Aussenfläche  der  Mauer  heraas- 


§  11.  Das  Wasserxkaft-Elektrizitätswkiik:  Kubel-Herisait.  413 

tritt,  ist  ein  Steigerohr  aufgesetzt,  welches,  sich  an  der  Mauer  stützend,  bis  ober  den 
Wasserspiegel  hinauffährt  and  verhindert,  dass  eine  Luftverdiinnnng  im  Rohr  eintritt, 


wenn  etwa  bei  geschlossener  Schütze  Wasser  aus  dem  Rohr  abgelassen  werden  sollte. 
Etwa  30,0  m  hinter  der  Staumauer  ist  eine  Drosselklappe  eingebaut,  die  sowohl  von 
Hand  als  auch  vom  Maschinenhause  her  mittelst  eines  Gleichstrommotors  auf  elektrischem 


414  II.     Theodor  Koehn.     Assbau  vom  Wasserkräften.     Beispiele. 

Wege  geschlossen  werden  kann  and  mit  einem  Häuschen  überbaut  ist.  Die  Leitung  za 
dem  Motor  ist  an  eine  Batterie  in  dem  Krafthause  angeschlossen,  sodass  jederzeit,  anch 
wenn  die  Maschinen  nicht  laufen,  bei  einem  etwaigen  Rohrbruch  die  Klappe  von  dem 
Krafthause  aus  geschlossen  werden  könnte.  Es  versteht  sieb,  dass  der  Motor  selbst- 
wirkend ausgeschaltet  wird,  wenn  die  Drosselklappe  ganz  geschlossen  ist.  Vor  der 
Drosselklappe  mundet  eine  Leerlanfleitnng  ab,  welche  in  den  oben  erwähnten  Überlauf- 
kanal fuhrt  und  durch  welche  es  möglich  ist,  den  Stauweiher  zu  entleeren.  Um  die 
Langsanderungen  des  eisernen  Rohres  bei  Temperaturverschiedenheiten  auszugleichen, 
sind  an  zwei  Stellen  im  Druckrohr  gusseiserne  Stopfbüchsen  mit  Hanfdichtung  vorge- 
sehen.   Bewegungen  von  1 — 2,0  cm  sind  an  den  Stopfbüchsen  beobachtet  worden. 

Abb.  72.    Ansicht  des  Überlaufs  in  der  Staumauer. 


Für  die  Errichtung  des  Krafthauses  bot  die  örtlichkeit  auf  dem  rechten  Ufer 
der  Sitter  die  beste  Gelegenheit  (vergl.  Abb.  73).  Es  wurde  deshalb  die  Überführung 
des  Druckrohres  über  den  Fluss  mittelst  einer  eisernen  Brücke  von  38,0  m  Spann- 
weite nötig.  Diese  Brücke  dient  gleichzeitig  zur  Verbindung  des  Krafthauses  mit  einer 
längs  des  Druckrohres  zum  Staubecken  heraufführenden  Diensttreppe.  Das  Druckrohr 
stösst  senkrecht  auf  die  Längsachse  des  Maschinenhauses.  Es  zweigen  deshalb  von  ihm 
mittelst  eines  T-Stückes  die  beiderseitigen  Verteilnngsrohre  ab.  Da  dieses  T-Stück 
einen  wagerechten  Schub  von  ca.  200  t  aufzunehmen  hat,  muaste  es  besonders  sorgfältig 
mittelst  eines  kräftigen  Lagerscheines  auf  einen  schweren  Betonklotz  verankert  werden 
(vergl.  Tai.  LVIII,  Fig.  3  bis  5).  Die  Unterkante  der  Brücke  liegt  1,6  m  über  dem 
höchsten  Hochwasser-  und  ca.  5,4  m  über  dem  niedrigsten  Wasserstand  der  Sitter.  Von 
dem  T-Stück  fuhrt  nach  beiden  Seiten  je  ein  Zweigrohr  von  1,6  m  Lichtweite  also  2,01  qm 
Querschnitt,  welches  3  Maschinen  von  zusammen  2000  PS»  das  Wasser  zuzuführen  hat, 
sodass  die  Geschwindigkeit  des  Wassers  beim  mittleren  Druck. von  87,0  m  und  voller 
Belastung  aller  Turbinen  (4,6  cbnv'sek.)  im  Hauptrohre  2,28  m/sek.,  in  den  Zweigrohren 
nur  ca.  1,14  m/sek.  betragen  wird. 


§   11.  Das  Wa sse RKfiAtT-Eu:K tri zitätm werk  Kübel- Hebisau.  415 

Auf  derselben  Höhe  wie  die  Unterkante  der  Brücke  liegt  auch  der  Flor  des 
Krafthauses  (vergl.  Taf.  XXI,  Fig.  3,  4,  5).  Dasselbe  enthält  einen  10,0  in  breiten, 
44,61  m  langen  nnd  7,70  m  hohen  Masohinensaal,  an  welchen  sich  ein  12,0  m  langer 
nnd  12,75  m  breiter  Kesselraum  anschliesst.  Es  war,  wie  bereits  erwähnt,  von  vornherein 
eine  1000 pferdige  Dampfreserve  vorgesehen,  tun  anch  die  grösseren  Wasserzuflusse 
ausnützen  zu  können.  Dieselbe  ist  beispielsweise  im  dritten  Jahre,  Mai  1903/1904, 
nur  32  Tage  im  Betriebe  gewesen.  An  das  Kesselhans  scnliesst  sich  noch  ein  Kohlen- 
schuppen aus  Fachwerk  an.  Der  Maschinensaal  {vergl.  Abb.  74)  wird  natürlich  von 
einem  Laufkran  bestrichen.  Zar  Aufnahme  des  Schaltraums,  eines  Bureaus  und  einer 
Werkstatt  ist  ein  Anbau  angelegt,  welcher  in  der  2.  und  3.  Etage  Wohnungen  enthält. 
Zwischen  Wohnung  und  Maschinensaal  liegt  der  Schaltraum,  welcher  bis  über  das 
Dach  als  Schacht  aus  Eisenfachwerk  hinausragt.  Aus  dem  Turme  werden  die  Fern- 
leitungen   hinausgeführt.     Der 

Schaltraum    ist    in    Höhe    des  Abb-  1S~    *-«*««***-» 

Maschinensaals  etwa  10,0  in 
lang  und  3,20  m  tief.  In  der 
ersten  Etage  ist  ungefähr  die- 
selbe Bodenfläche  für  die  Fern- 
leitungsschaltanlagen  verfügbar 
und  für  Blitzschutzvorrichtung 
ist  im  Dachgeseboss  des  Tur- 
mes noch  ein  entsprechender 
Raum  vorhanden.  Es  kommen 
etwa  90  qm  Grundfläche  auf 
die  gesamte  Schaltanlage,  also 
rund  1,8  qm  pro  100  aufge- 
stellte PS,  (5000  PS„).  Mehr 
Platz  wäre  der  Übersichtlich- 
keit der  Schaltanlage  zu  stat- 
ten gekommen. 

Der  unter  den  Turbinen  in  der  ganzen  Länge  des  Maschinensaales  liegende 
'furbinenkanal  führt  das  Betriebswasser  direkt  in  die  Sitter.  Auf  der  dem  Flusse  ab- 
gekehrten Seite  des  Maschineahauses  liegt  unter  dem  Flur  in  einem  zwischen  Trägern 
überwölbten  Räume  der  Kabelkanal  zur  Aufnahme  der  Verbindungskabel  zwischen 
Maschinen-  und  Schaltraum. 

Mit  Rücksicht  auf  die  stark  wechselnden  Wasserstände  in  der  Sitter  mussten  die 
Turbinen  (vergl.  Taf.  LXXVI,  Fig.  1 — 6)  ca.  6,25  m  über  dem  normalen  Wasserspiegel 
aufgestellt  werden.  Der  Maschinensaal  enthält  ausser  dem  Platz  für  zwei  Dampfmaschinen 
vier  Turbinensätze  von  je  500  PSe  und  zwei  Sätze  von  je  1000  PS,.  Die  Zuführung  des 
Wassers  erfolgt  bei  den  vier  kleinen  Turbinen  durch  Stutzenrohre  von  600  mm  Dm.,  bei 
den  zwei  grossen  Turbinen  durch  Krümmerrohre  von  je  800  mm  Dm.  Entsprechend  der 
grossen  Druckhöhe  sind  Pelton-Aktions-Turbinen  gewählt4)  (vergl.  Kap.  III.  5.  Turbinen). 
Die  500  PS.-Turbinen  machen  375,  die  1000  PS,-Turbinen  300  Ural.  .Min.  In  dem  Abzweigs- 
rohr jeder  Turbine  sitzt  ein  Schieber,  sodass  jede  Turbine  für  sich  abgesperrt  werden  kann. 

Jede  Turbine  hat  zwei  Schaufelrader,  welche  auf  gemeinschaftlicher  Welle  uebeuciuauder  eitieu, 
nnd  denen  das  Wasser  durch  je  ein  Leitungsrohr  zugeführt  wird.  Jedes  Leitungsrohr  verzweigt  eich 
bei  den  1000  PSe-Uasehinen  innerhalb  des  TnrbinengehBnaee  in  drei  regulierbare  Dllsen.    Die  Regnlie- 

*)  Geliefert  von  Eecher,  Wyes  &  Co.  in  Zürich. 


416  IL     Theodob  Koehn.     Ausbau  toh  Wasbkrkb1ft£n.     Bejbfdele. 

rang  dar  Dosen  Öffnungen  erfolgt  bei  den  grossen  Turbinen  durah  drei  eogenannte  Blenden  ans  Breast. 
Bei  den  kleinen  Turbinen  ist  für  jedes  Laufrad  nur  eine  mittelst  einer  Zunge  regulierbare  Dueen- 
öffnang  vorhanden. 

Um  schädliche  Stoaae  in  dam  Druckrohr  möglichst  sn  Tenneiden,   ist  mit  der  selbe t wirkend™ 
Regulierung  der  Turbinen  swsnglinflg  eine  Vorrichtung  verbunden,  welche  bei  Schliessung  der  Wsseer- 


atrehldueen  gleichseitig  in  einem  nach  unten  fahrenden  Abiweig  jedes  Verteilungsrohres  ein  horison- 
tsles  Schieber-Ventil  Offnet  und  das  Wasser  in  da*  Unterwasser  entweichen  Hast  Der  Apparat  ist 
so  eingerichtet,  dsss  im  nächsten  Moment  nach  der  Öffnung  diese  Sicherheitsventile  wieder  geschlossen 
werden,  um  Wssservergsudung  au  vermeiden.  Mit  den  Kolben  der  Zuugenreglung  ist  ein  xwefsnniger  Hebel 
verbunden  (vergl.  Tal.  LXXVI,  Fig.  4  bis  6),  dessen  einea  Ende  mit  einem  Kataraktkolben  und  diesen 


§11.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Kubel-Herisau.  417 

anderes  Ende  mit  der  Rückführung  der  horizontalen  Kolbenstange  der  Sicherheitsventile  durch  Hebel 
verbunden  ist  An  dem  der  Rückführung  gegenüberliegenden  Knde  der  Kolbenstange  befindet  sich  ein 
Differentialkolben,  der  bei  geöffneten  Freietrahldflsen  beiderseitig  unter  Druck  der  Hauptrohrleitung  steht 
und  die  Sicherheitsventile  geschlossen  hält.  Werden  die  Düsen  geschlossen»  so  hebt  sich  mit  den 
Regulierkolben  derselben  auch  der  beschriebene  zweiarmige  Hebel  und  zieht  den  Kataraktkolben 
in  die  Höhe.  Dieser  Bewegung  folgt  der  Kataraktzylinder  infolge  der  Luftverdünnung  im  Innern 
und  öffnet  das  Ventil  vor  der  grösseren  Seite  des  Differentialkolbens.  Das  Wasser  kann  entweichen, 
der  Kolben  bewegt  sich  nach  der  Seite  des  verminderten  Druckes  und  öffnet  die  Sicherheitsventile. 
Durch  die  Rückführung  wird  die  Bewegung  begrenzt.  Der  Kataraktzylinder  fällt  durch  sein  eigenes 
Gewicht  zurück,  schliesst  das  Ventil  und  der  Wasserdruck  stellt  sich  vor  der  grösseren  Seite  des 
Differentialkolbens  wieder  ein,  weil  beide  Kolbenseiten  durch  eine  kleine  Öffnung  verbunden  sind.  Der 
Differentialkolben  bewegt  sich  also  zurück  und  schliesst  die  Sicherheitsventile.  Das  für  die  Regulierung 
verwendete  Wasser  wird  aus  der  Druckleitung  entnommen  und  in  einem  sogenannten  Revolver- 
filter gereinigt. 

Wie  bereits  erwähnt,,  mussten  die  Turbinen  6,25  m  über  dem  normalen  N.W.  der 
Sitter  aufgestellt  werden.  Um  aber  dieses  Gefalle  noch  auszunützen,  sind  die  Turbinen- 
gehäuse luftdicht  abgeschlossen  und  haben  ein  Saugrohr.  Durch  das  fallende  Wasser 
im  Saugrohr  wird  im  Gehäuse  eine  Luftverdünnung  erzeugt,  durch  welche  die  Druck- 
höhe des  Turbinenwassers  fast  um  die  ganze  Höhe  des  Sauggefälles  erhöht  wird.  Um 
zu  verhindern,  dass  bei  zu  grossem  Vakuum  in  dem  Gehäuse  das  Wasser  bis  in  das 
Gehäuse  steigt,  wodurch  eine  beträchtliche  Reibungsarbeit  verursacht  werden  würde, 
wird  durch  ein  mit  einem  Schwimmer  verbundenes  Luftventil  so  lange  Luft  zugeführt, 
bis  der  normale  Wasserstand  im  Saugrohr,  welcher  die  Turbinenschaufel  noch  eben  frei 
lässt,  wieder  erreicht  ist.    Dann  schliesst  der  Schwimmer  selbstwirkend   das  Luftventil. 

Der  Nutzeffekt  der  grossen  Turbinen  soll  bei  Voll-  und  Halbbelastung  über  80%  sein«  Der 
Nutzeffekt  der  kleinen  Turbinen  bei  Vollbelastung  76%,  bei  Halbbelastung  75°/o  und  bei  V*  Belastung 
70%».  Die  Regulierung  soll  so  vollkommen  arbeiten,  dass  bei  Entlastung  von  Voll-  auf  V»  Belastung 
nur  Schwankungen  in  der  Tourenzahl  von  8°/o,  beim  Übergang  von  Vollbelastung  auf  Leerlauf  nur 
Schwankungen  von  5°/o  vorkommen. 

Um  jederzeit  den  Wasserstand  des  Weihers  im  Maschinenhanse  zu  erkennen,  ist 
ein  Schwimmer,  welcher  in  einem  an  der  Weihermauer  befestigten  Rohre  von  300  mm 
Weite  sich  bewegt,  mit  einem  elektrischen  Kontaktapparat6)  verbunden,  welcher  die 
Schwankungen  des  Wasserstandes  von  10  zu  10  cm  im  Maschinenhause  anzeigt  Um 
das  Einfrieren  des  Schwimmers  zu  verhindern,  ist  das  Rohr  auf  2,0  m  mit  Petroleum 
gefüllt. 

Die  Stromerieuger6)  sind  mit  den  Antriebsmaschinen  direkt  gekuppelt  und  zwar 
Dynamos  von  400  KW  bei  cos  g>  =  1  mit  den  4  fünfhundertpferdigen  Turbinen  und 
solche  von  860  KW  mit  den  beiden  tausendpferdigen  Turbinen  •  und  mit  der  Dampf- 
maschine. 

Die  Generatoren  erzeugen  Dreiphasendrehstrom  von  10000  Volt  Klemmenspan- 
nung. Die  Betriebsspannung  der  Fernleitung  ist  dieselbe.  Die  Maschinen  haben 
rotierendes  Magnetrad  und  feststehenden  Anker  und  jede  hat  ihre  eigene  Erregermaschine, 
deren  Anker  auf  der  Dynamowelle  sitzt  und  deren  Magnetgestell  auf  dem  Fundament 
des  Au88enlager8  verankert  ist.  Die  Regulierung  der  Stromerzeuger  erfolgt  lediglich  durch 
die  Bedienung  des  Nebenschlussregulators  der  Erregermaschinen,  also  ohne  nennenswerten 
Energiererlust.  In  einem  unterirdischen  Kabelkanal  sind  die  Kabel  von  den  Maschinen 
zum  Schaltraum  geführt  Die  Schalttafel  enthält  alle-  zur  Regulierung  und  Parallel- 
schaltung der  Stromerzeuger  und  zur  Messung  von  Strom ,  Spannung  und  Phase  des 


6)  Geliefert  von  Leo  Tobler  in  Wolfhalden. 

•)  Die  elektrische  Einrichtung  ist  von  der  E.-A.-G.  vorm.  W.  Lahmerer  &  Co.  geliefert 

HnflhMA  der  Ing.-WiMaineh.    m.  Teil.    1&  Bd.  27 


418  II.    Theodor  Koehn.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    Beispiele. 

Maschinenstroms  erforderlichen  Instrumente  und  Hebel,  sowie  die  Schalthebel  zum  Ein- 
schalten der  einzelnen  Fernleitungen.  Alle  an  der  vorderen  Seite  der  Schalttafel  befind- 
lichen Apparate  enthalten  nur  niedrige  Spannung.  Die  Schalthebel  für  die  Hochspan- 
nungsleitungen sind  durch  Holzgestänge  so  isoliert,  dass  ihre  Berührung  unter  keinen 
Umständen  für  die  Bedienung  gefährlich  werden  kann. 

Zur  Erzeugung  des  niedrig  gespannten  Messtromes  für  die  Schalttafel  dienen  keine  Messtrans- 
formatoren  im  gewöhnlichen  Sinne,  sondern  es  sind  einige  Spulen  der  Maachinenwickelung  ganz  abge- 
trennt und  in  deren  Stromkreis  sind  die  Messinstrumente,  Phasenzeiger  etc.  der  Maschine  eingeschaltet. 
Der  durch  die  Abtrennung  der  Drahtwindungen  verloren  gegangene  Spannungsbetrag  wird  dadurch  zurück- 
gewonnen, dass  in  die  abgetrennten  Messpulen  je  ein  Transformator  eingeschaltet  ist,  dessen  sekundäre 
Wicklung  mit  der  Ankerwicklung  der  Maschine  verbunden  ist  Die  an  den  Messpulen  gemessene) 
Spannung  muss,  um  die  Hohe  der  Maschinenspannung  zu  ergeben,  mit  dem  Verhältnis  der  abgetrennten 
Spulen  zur  Spulenzahl  des  Ankers  multipliziert  werden,  was  natürlich  durch  entsprechende  Eichung  der 
Voltmeaser  von  vornherein  berücksichtigt  ist  Diese  von  der  liefernden  Firma  bei  vielen  ihrer  Hoch- 
spannungsanlagen verwendete  Messchaltung  soll  bei  praktisch  hinreichender  Genauigkeit  den  Vorzug 
hoher  Betriebssicherheit  und  Gefahrlosigkeit  haben. 

In  dem  Tafel  XXI,  Fig.  6  wiedergebenen  Schaltschema  bedeuten  I— VII  die  Stromerzeuger. 

a  Die  Messtransforroatoren,  deren  primäre  Wicklungen  in  den  Stromkreis  der  aus  dem  Anker 
abgetrennten  Messpulen  eingeschaltet  sind. 

b  Dreipolige  Niederspannungsausschalter  für  die  Messpulen. 

c  Dreipolige  Hochspannungsülansschalter  zwischen  den  Maschinen  und  den  Verteilungs- 
schienen C  (b  und  c  sind  mechanisch  gekuppelt). 

d  Dreipolige  Hochspannungsftlausschalter  zwischen  Hauptsammeischienen  und  den  einzelnen 
Fernleitungen  mit  Maximalautomaten. 

e  Oberspannungssicherungen  und  Zeitrelais,  welche  erst  automatisch  in  Wirksamkeit  treten, 
wenn  die  unzulässige  Stromstärke  2—10  Sekunden  angedauert  hat  (Speaal-Eonatruktion 
der  liefernden  Firma).  Sie  dienen  dazu,  den  durch  Resonanz  zwischen  Induktion  und 
Kapazität  beim  Ausschalten  von  Kabeln  oder  beim  Entstehen  von  FLtmmbogen  auftretenden 
Überspannungen,  die  den  mehrfachen  Betrag  der  Betriebsspannung  erreichen  können,  einen 
bequemen  Ausgleich  zu  schaffen. 

f  Flüssigkeitswiderstände  in  der  Brdleitung. 

g  HOrnerblitzableiter. 

h  Flüssigkeitswiderstände  in  der  Erdleitung. 

i  Blitzspulen  zum  Schutze  der  Maschinen  gegen  Blitzschlag. 

k  Amperemeter  an  der  Schalttafel  der  Maschinen. 

1  Wattmeter  an  der  Schalttafel. 

n  Amperemeter  der  Fernleitungen. 

o  Trennschalter  zwischen  Hochspannungs-Sammelschienen  und  Fernleitung. 

p  Phasenlampen. 

q  Amperemeter. 

r  Voltmeter. 

s  Stromwandler  zur  Messung  des  Stromes  in  jeder  Phase. 

t  Phasenlampen. 

u  Trennschalter  zu  den  Hochspannungssammelschienen. 

t  Zähler. 
A.  und  B.  Sammelschienen. 
C.  Hochspannungs- Verteilungsschienen  in  dem  Schaltraum  der  ersten  Etage. 

Für  den  Eigenbedarf  der  Zentrale,  welcher  durch  einen  eigenen  Zähler  gemessen  wird,  sind 
6  Bogenlampen  und  etwa  80  Glühlampen  vorgesehen,  ausserdem  ein  Motor  für  die  Werkstatt,  welche 
zusammen  an  einem  gemeinsamen  Transformator  von  10  KW-Leistung  angeschlossen  sind.  Im  Falle 
Anableibens  des  Drehstromes  trennt  ein  besonderer  Sicherheitsumschalter  den  Stromkreis  einer  Notbe- 
leuchtung von  ca.  90  Lampen  von  der  Drehstromseite  und  schaltet  denselben  selbsttätig  an  eine 
Notbatterie. 

Es  sind  vier  verschiedene  Hochspannungs-Fernleitungen  vorhanden,  von  denen 
die  zwei  hauptsächlichsten  ans  je  sechs  Drähten  bestehen  nnd  zwar  je  drei  Ar  Kraft 


§    11.  DAß   WAB8EBKRAFT-EJLEKTRIZITAT8WERK   EuBEL-HeRISAU.  419 

und  je  drei  für  Licht.    Die   Baulänge   der  Fernleitungen    am    30.  April  1904  betrug 
42,34  km  an  Leitungen  mit  sechs  Drähten  und  43,90  km  mit  drei  Drähten. 

Im  allgemeinen  ist  die  Fernleitung  auf  Holzmasten  montiert,  nur  an  einigen  Über- 
führungen über  die  Eisenbahn  sind  schmiedeeiserne  Gittertürme  zur  Anwendung  ge- 
kommen. Die  Entfernung  der  äussersten  Punkte  der  Fernleitung  voneinander  betrug 
42  km.  Das  ganze  Leitungsnetz  ist  gegen  Blitzschläge  und  Überspannungen  durch 
Hörner-Blitzableiter  und  Überspannungs-Schutzvomchtungen  gesichert.  Für  das  sekundäre 
Verteilungsnetz  ist  der  Strom,  soweit  es  sich  um  Kraftnetze  handelte,  von  10000  auf 
550  Volt,  für  Lichtnetze  auf  125  Volt  transformiert.  Hier  und  da  war  es  notwendig, 
die  Spannung  des  sekundären  Kraftnetzes  für  den  Anschluss  von  Beleuchtungs-Anlagen 
und  kleineren  Motoren  gleichfalls  auf  125  Volt  herabzusetzen.  Die  Transformatoren- 
rtationen  sind  meistens  in  Transformatorenhäusern  oder  auf  Gittertürmen  untergebracht. 

Es  waren  am  80.  April  1904  im  ganzen  124  Transformatoren  aufgestellt  mit  zusammen  4414  KW 
Gesamtleistang  nnd  zwar  80  Transformatoren  von  10000/550  bezw.  10000/125  Volt  und  44  Transforma- 
toren von  550/125  Volt.  22  Ortschaften  waren  mit  Strom  versorgt,  ausserdem  lieferte  die  Gesellschaft 
noch  nach  drei  Unterstationen  Strom  zu  festen  Preisen  nnd  zwar  in  St.  Gallen  nnd  Wil  an  die  Gemeinde 
und  in  Speicher-Trogen  an  die  Strassenbahn  St  Gallen-Speicher-Trogen.  Zur  Kontrolle  und  Messung  des 
Stromes  waren  am  80.  April  1904  bei  den  Abonnenten  aufgestellt:  802  Einphasenzahler,  884  Drei- 
phasensähler,  27  Stundensanier,  zusammen  718  Zahler. 

Über  die  Anlagekosten  gibt  Tabelle  I  S.  244/45  Auskunft.  Hinzugefügt  sei  noch,  dass  die 
1000  pferdige  Dampfreserve  ausschliesslich  des  baulichen  Teiles  180000  Frs.  gekostet  hat  Der  ganze 
elektrische  Teil  des  Krafthauses  (5000  installierte  PS«  an  den  Wellen  der  Antriebsmaschinen  gemessen) 
hat  545000  Frs.  oder  rd.  441000  Mk.,  d.  i.  rd.  88,—  Mk.  pro  installierte  P8e  gekostet  Für  die  Fern- 
leitung, die  Transformatoren  und  das  ganze  Verteilungsnetz  waren  bis  April  1904  rd.  1600000  Frs.  = 
1296000  Mk.  verausgabt.  Die  Gesamtkosten  der  Anlage,  ausschliesslich  der  Kosten  für  die  Dampfreserve, 
stellten  sich  auf  rd.  4085000  Mk. 

Als  Einheitspreise  haben  sich  ergeben:  • 

Stollen  fertig  ausgemauert  und  verputzt pro  lfm.  160, —  Frs. 

Stollen-Ausbruch „    obm  IS— 24 

Ausbetonierung  ohne  Verputz ,      „  40—50 

Bruchsteinmauerwerk  der  Staumauer  in  hydraulischem  Kalk                 ,      ,  28,— 

Gesamtkosten  des  Mauerkörpers  der  8taumauer  durchschnittlich   .        „      ,  82, — 

Damm-Anschüttung  im  Durchschnitt ,      ,  2,25 

Kosten  des  Sammelweihers  einschl.  Grunderwerb  .    .    pro  cbm  Fassungraum  0,58 

Der  Anschlusswert  betrug  am  80.  April  1904  (die  Inbetriebsetzung  erfolgte  am  1.  Oktober  1900) 
zusammen  etwa  8879  KW,  darunter  etwas  Aber  1000  KW  für  Licht.  Von  den  Abonnenten  bezog,  nach 
dem  Anschlusswert  gemessen,  die  überwiegende  Anzahl  nach  Zählern.  Es  wurden  erzeugt  in  Jahre 
1908/1904  5762860  KW-Stunden  am  Schaltbrett  gemessen.  Die  durchschnittliche  Leistung  betrug 
rd.  662  KW,  «L  h.  etwa  17°/o  des  Änschlusswertes.  Der  Maximalkonsum  betrug  am  81.  Dezember 
1908  wahrend  etwa  V/%  Stunden  2100  KW,  also  etwa  54  °>  des  Anschlusswertes  (vergl.  8.  880).  Die 
Gesamt- Stromeinnahme,  ausschliesslich  Zahlermiete,  erreichte  427202,85  Frs.,  d.  h.  oa,  0,074  Frs.  pro 
erzeugte  KW-Stunde  und  111  Frs.  pro  angeschlossene  KW  und  Jahr  (vergl.  S.  887  und  888).  Die  Dampf- 
reserve ist  im  Geschäftsjahre  1903/1904  nur  an  ca.  82  Tagen  und  zwar  an  einigen  Tagen  Ende  Dezember 
nnd  Anfang  Februar,  im  übrigen  im  Januar  in  Betrieb  gewesen.  Im  Sammelweiher  fand  an  200  Tagen 
des  Jahres  1908  Überlauf  statt,  während  an  anderen  HO  Tagen  dem  Weiher  für  den  mangelnden  Zufluss 
Ersatz  entnommen  werden  musste,  derselbe  somit  wahrend  dieser  Zeit  nicht  vollständig  gefüllt  war. 
In  der  übrigen  Zeit  bewegte  sich  der  Wasserspiegel  derart,  dass  er  abends  unter  Oberlaufkante  stand, 
um  wahrend  der  Nacht  wieder  die  volle  Höhe  zu  erreichen. 

Die  direkten  Betriebskosten  im  Jahre  1908/1904  ausschliesslich  der  Dampfreserve  betrugen  rd. 
8,5*/«  des  oben  erwähnten  Gesamt -Anlagekapitals.  Hiervon  entfielen  auf  die  Kosten  der  allgemeinen 
Verwaltung  etwa  1,12  °/o.  Rechnet  man  für  die  indirekten  Betriebskosten  entsprechend  Tabelle  XIÜ, 
8. 275,  Spalte  4  noch  rd.  6  7*%?  des  Anlagekapitals  hinzu,  so  würden  sich  die  Gesamtbetriebskosten  auf  10  °/» 
stellen.  Beim  Vergleich  dieser  Zahl  mit  den  Angaben  S.  276  sind  die  verhältnismässig  noch  kleine  Belastung  der 
installierten  Leistung  und  die  verhältnismässig  hohen  Anlagekosten  pro  installierte  PSe  in  Betracht  zu  ziehen. 

27* 


490  IL    Theodok  Kokhn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beibpiele. 

Mit  dem  Stollen- Ausbrach  ist  am  1.  Januar  1898  begonnen  worden  und  Ende  Juli 
1900  war  der  Stollen  beendet  Die  Arbeiten  an  der  Stau-Mauer  haben  im  August  1898 
begonnen.  Der  Fundament- Aushub  ist  im  April  1899  beendet  und  die  ganze  Mauer  ist 
im  Jahre  1900  fertig  gestellt.  Mit  der  Arbeit  an  den  Dämmen  ist  im  Jahre  1898  be- 
gonnen und  der  Nord-Damm  ist  im  September  1899,  der  West-Damm  im  Dezember  1900 
fertig  geworden.  Am  6.  August  1900  ist  mit  der  Entstauung.  des  Weihers  begonnen 
und  der  Betrieb  ist  am  19.  Oktober  1900  eröffnet.  Um  die  Leistungsfähigkeit  des 
Werkes  zu  erhöhen,  waren  bereits  im  Jahre  1904  die  Arbeiten  für  die  von  vornherein 
ins  Auge  gefasste  Zuleitung  der  Sitter  begonnen.  Wie  der  Übersichtsplan  (Taf.  XX, 
Fig.  1)  erkennen  lässt,  war  nur  ein  Wehr  der  Sitter  und  ein  Stollen  zu  bauen.  Ur- 
sprünglich war  projektiert,  den  Stollen  in  einer  geraden  Linie  und  in  einer  Länge  von 
4450,0  m  durchzuführen.  Da  aber  dieser  Stollen  eine  Bauzeit  von  mindestens  21/*  Jahren 
erfordert  hätte,  wurde  schliesslich  eine  andere  Trace  gewählt,  welche  die  Schaffung  von 
sechs  Angriffsstellen  erlaubte.  Der  Nutz-Querschnitt  des  neuen  Stollens  ist  wieder  für 
4,00  cbm/sek.  berechnet.  Da  aber  Gebirgs-Druck  erwartet  wurde,  ist  das  Profil  dem- 
entsprechend ausgebildet  (vergL  Taf.  XXI,  Fig.  7).  Interessant  ist  bei  der  Anlage  die 
Wahl  eines  Siphons  zur  Überschreitung  der  Urnäsch  an  Stelle  eines  Aquädukts  in  Stein 
oder  Beton.  Die  Berechnung  ergab,  dass  der  Siphon  aus  Fluss-Eisen  um  ca.  50000  Frs. 
billiger  wurde  als  ein  Aquädukt,  weil  in  nächster  Nähe  genügendes  und  passendes  Bau- 
material nicht  zu  finden  war  (vergl.  Abb.  in  Kap.  HL  2.  Werkkanäle).  Der  Siphon  besteht 
in  einer  eisernen  Rohrleitung  von  1600  mm  Lichtweite,  welche  bei  einem  Druck-Gefälle 
von  4°/oo  4,00  cbm/sek.  fuhren  kann.  Um  zu  verhindern,  dass  der  alte  Urnäsch-Stollen 
unter  Druck  kommt,  ist  am  Auslauf  des  Siphons  ein  Oberfall  angelegt.  An  seiner  tiefsten 
Stelle  hat  der  Siphon  eine  Entleerung.  Die  Kosten  dieser  Erweiterung  durch  die  Zu- 
fuhrung der  Sitter  sind  auf  1300000  Frs.  veranschlagt  Die  (355  tagige)  ständig  ver- 
fugbare Kraft  wird  aber  durch  dieselbe  um  etwa  1500  bis  2000  PS«  erhöht  sein,  sodass 
sich  die  Einheitskosten  der  Gesamt-Anlage  pro  ständig  verfügbare  PS«  jedenfalls  ver- 
billigt haben  werden.  Auch  die  Rente  soll  inzwischen  eine  wesentliche  Erhöhung  er- 
fahren haben,  da  es  an  Absatzgelegenheit  für  die  erzeugte  elektrische  Energie  nicht  fehlt. 


§  12.   Das  Wasserkraft -Elektrizitätswerk  Wangen  a.  d.  Aare 

(Schweiz)  der  E.-A.-G.  vorm.  W.  Lahmeyer  &  Co.  in  Frankfurt  a.  Main. 

Hierzu  Tal  XXII  u.  XXIII1). 

Etwa  3  km  oberhalb  der  Stadt  Wangen  im  Kanton  Bern  schneidet  die  Aare  die 
Grenzen  der  Kantone  Bern  und  Solothurn.  Der  Fluss  hat  hier  auf  etwa  10  km  abwärts 
ein  Gefälle  von  10,8  m,  d.  h.  etwa  1 :900.  Dann  tritt  er  in  das  Staugebiet  des  Elektrizitäts- 
werkes Wynau.  Die  Konzession  zur  Ausnutzung  dieses  Gefälles  für  Kraftgewinnung 
hatte  ein  Privatmann  1898  vom  Kanton  Bern  erhalten,  nachdem  er  zuyor  eine  Anzahl 
kleinerer  Konzessionen,  in  welche  die  Gesamtkraft  früher  zersplittert  war,  von  den  Cte- 


i)  Die  Abbildungen  sind  i.  T.  aus  der  Deutschen  Bauseitang  1908  Nr.  49  u.  50,  s.  T.  aus  der 
Zeüschr.  d.  Ver.  deutsch.  lug.  1906  Band  50  Nr.  19,  22,  24  u.  25  (Aumati  tu«  Curt  Meyer)  ent- 
nommen, s.  T.  nach  Zeichnungen  und  Photographien,  welche  dem  Verfasser  Ton  der  E.-A.-G. 
W.  Lahmeyer  &  Co.  zur  Verfugung  gestellt  wurden,  hergestellt 


§  12.  Das  WAseERKRAFT-ELEKTRizrrlTßWKRK  Wangen.  421 

meindan  erworben  hatte.    Durch  den  Übergang  der  Konzession  an  eine  leistungsfähige 
Elektrizitätsfirma  konnte  ihre  Nutzbarmachung  in  grosszügiger  Weise  verwirklicht  werden1). 

Die  Bauausführungen  haben  im  November  1899  begonnen  und  ira  Herbst  1904 
ist  das  Kraftwerk  dem  Betriebe  übergeben  worden.  Was  die  Aare  an  dieser  Stelle  als 
Kraftquelle  besonders  wertvoll  macht,  ist  die  grosse  und  verhältnismässig  ständige  sekl. 
Wassermenge,  verursacht  durch  das  ausgedehnte  Gletschergebiet,  welches  sein  Wasser 
in  die  Aare  entsendet  und  durch  den  regulierenden  Einfluss  der  drei  von  der  Aare 
durchflossenen  Seen,  des  Brienzer,  Thuner-  und  Bieler-Sees.  Die  geringste  355tägige 
Wassermenge  in  den  Wintermonaten  konnte  etwa  zu  75  cbm/sek.  angenommen  werden, 
wovon  konzessionsgemäss  6,5  cbm/sek.  in  der  Aare  verbleiben  müssen.  Die  höchste  für 
die  Berechnung  der  Bauwerke  in  Betracht  zu  ziehende  Wassermenge  ist  zu  1600  cbm/sek. 
vorgeschrieben.  Die  grösste  gemessene  sekl.  H.W.-Menge  beträgt  1464  cbm/sek.  Während 
neun  Monaten  im  Jahre  kann  man  auf  eine  verfügbare  Wassermenge  von  mindestens 
100  cbm/sek.  rechnen,  während  200  Tage  im  Jahre  führt  der  Fluss  wenigstens  150  cbm/sek. 
In  der  Zeit  der  Gletscherschmelze  im  Frühjahr  und  Sommer  steigt  die  Wassermenge  auf 
durchschnittlich  2 — 500  cbm/sek. 

Als  günstigster  Platz  für  die  Anlage  eines  Wehres  ergab  sich  eine  rd.  1,5  km 
aufwärts  der  städtischen  Aarebrücke  in  Wangen  gelegene  Stelle,  wo  der  Fluss  bei  N.W. 
an  beiden  Ufern  kleine  Inseln  bildet,  von  denen  die  am  linken  Ufer  gelegene  etwa  0,5  km 
lang  war.  Hier  bot  die  örtlichkeit  günstige  Baubedingungen.  Der  normale  Unterwasser- 
spiegel lag  an  dieser  Stelle  auf  -f-  420,0  N.N.  und  die  Konzession  Hess  eine  Anstauung 
dieses  Spiegels  um  1,53  m,  d.  h.  auf  +  421,53  N.N.  zu.  Bei  dem  höchsten  Hochwasser 
darf  der  durch  das  Wehr  erzeugte  Stau  nicht  weiter  als  bis  zur  Kantonsgrenze,  d.  h. 
1,5  km  aufwärts  reichen.  Von  dieser  Wehrstelle  aus  ergab  sich  bis  zum  Beginne  des 
Staues  des  Wynauer  Elektrizitätswerkes  eine  Kanallänge  von  rd.  8,3  km.  Das  Wasser- 
spiegelgefälle im  Kanal  wurde  zu  1:8000,  das  Sohlengefälle  etwa  zu  rd.  1:6000  ange- 
nommen. Für  den  Durchfluss  durch  die  Schützenöffnungen  am  Einlauf  und  für  die  wegen 
der  Örtlichkeit  notwendigen  Verengerungen  des  Kanalprofils  an  einzelnen  Stellen  musste 
ein  Gefällverlust  von  0,23  m  hinzugerechnet  werden,  sodass  sich  ein  Gesamtgefälle  von 
1,27  m  bis  zu  den  Turbinenkammern  ergab.  Demnach  liegt  der  normale  Wasserspiegel 
an  den  Turbinenkammern  auf  +  420,26  N.N.  Bei  höheren  Wasserständen  ist  eine 
Erhöhung  des  Wasserspiegels  im  Kanal  von  0,40  m  vorgesehen.  Von  der  Unterwasserseite 
des  Krafthauses  bis  zur  Aare  ergab  sich  nur  noch  ein  kurzes  Kanalstück  von  rd.  80,0  m 
Länge,  worauf  ein  Gefäll verlust  von  nicht  mehr  als  1—1,5  cm  zu  rechnen  war. 

Die  normale  neunmonatliche  Wassermenge  im  Kanal  wurde  zu  100  cbm/sek.  ange- 
nommen, diejenige  bei  höheren  Wasserständen  zu  120  cbm/sek.,  wobei  dann  die  erwähnte 
Erhöhung  des  Wasserspiegels  im  Kanal  um  0,4  m  eintritt. 

Als  Nutzgefalle  an  den  Turbinen  ergaben  sich  bei  normaler  Füllung  des  Werkkanals: 
bei  (355tägigem)  N.W.  =  420,26  -  410,99  =  9,27  m, 
bei  normalem  (etwa  9monatlichem)  N.W.  =420,26—411,39  =  8,87  m, 
bei  (etwa  6  monatlichem)  M.W.  =  420,66  —  411,87  =  8,79  m, 
bei  höchstem  H.W.  =  420,66  —  414,35  =  6,31  m. 

Die  Breite  des  Flusschlauches  bei  N.W.  war  an  der  für  das  Wehr  ausgesuchten 
Stelle  etwa  80,0  m,  die  Höhe  des  ungestauten  höchsten  Hochwasserspiegels  wurde  nach 
Pegelbeobachtungen  oberhalb  und  unterhalb  durch  Rechnung  zu  -f-  422,75  N.N.  ermittelt. 
Man  berechnete,  dass  ein  Aufstau  an  der  Wehrstelle  von  0,50  m  etwa  bis  zur  Kantons- 


*)  Für  den  wasserlöslichen  Teil  stand  Professor  Sehmiek  in  Dannstadt  der  aosiührenden 
Firma  als  technischer  Beirat  snr  Seite. 


422  n.    Theodor  Koehn.    Aubbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

grenze  reichen  würde,  ohne  diese  zu  überschreiten.  Die  Ordinate  des  höchsten  Wasser- 
spiegels ergab  sich  demnach  zu  -f  423,25  N.N.  Um  1600  cbm/sek.  am  Wehr  bei  einem 
Stau  von  50  cm  mit  Sicherheit  durchzulassen,  mnsste  man  ein  bewegliches  Wehr  wählen. 
Die  Gesamtwehrbreite  zwischen  den  Ufermauern  beträgt  120,58  m.  Der  Einlamf  zum 
Werkkanal  mnsste  am  linken  Ufer  liegen,  weil  Kanal  und  Krafthans  dort  den  besten 
Platz  fanden.  Am  rechten  Ufer  tritt  die  -Stadt  Wangen  dicht  an  den  Flnss  heran,  und 
es  wäre  der  Grunderwerb  jedenfalls  sehr  teuer  geworden.  Neben  dem  Einlauf  war  ein 
Grnndablass  nötig,  um  das  Geschiebe  vor  dem  Einlauf  fortspülen  zu  können.  Für  die 
kenzessionsmässig  Torgeschriebene  Flossgasse  war  das  rechte  Ufer  der  gegebene  Platz, 
weil  hier  der  geringste  Einflnss  auf  den  Wasserspiegel  am  Einlauf  infolge  Öffnens  der 
Gasse  zu  erwarten  war.  Ans  diesen  Gesichtspunkten  ergaben  sich  folgende  Haupt- 
anordnungen: 

a)  Anschliessend  an  die  linke  Ufermauer  der  Grnndablass  mit  einer  lichten  Breite 
von  23,6  m,  eingeteilt  in  7  Schützenöffnungen.  Der  Fachbaum  auf  Höhe  der  Flussohle 
+  417,78  N.N. 

b)  Anschliessend  an  den  rechten  Steinpfeiler  des  Grundablasses  zwei  Wehrtf  fenngem 
Ton  je  37,24  m  lichter  Breite,  eingeteilt  in  je  8  Schützenöffnnngem.  Höhe  des  festen 
Wehrrückens  anf  +  419,38,  i  h.  1,65  m  über  normaler  Flußsohle. 

c)  Am  rechten  Flussufer  eine  15,0  m  breite  Flossgasse,  abschliessbar  durch  eine 
einzige  Schütze.    Fachbaum  auf  +  420,33,  d.  h.  1,20  m  unter  dem  normalen  Stau. 

d)  In  dem  linken  Uferpfeiler  die  vorgeschriebene  Fischleiter,  weil  naturgem&ss 
wegen  des  Grundablasses  bei  niedrigen  Wasserständen  an  dieser  Seite  im  Unterwasser 
ein  wassergefüllter  Flnsschlauch  erhalten  bleiben  konnte. 

e)  Unmittelbar  oberhalb  des  Wehres  am  linken  Ufer  der  Kanaleinlanf.  Seine 
Achse  bildet  zur  Flussachse  einen  Winkel  von  70°.  Im  Zuge  des  linken  Uferpfeilers 
am  Grnndablass  liegt  eine  um  1,0  m  gegen  die  mit  Beton  befestigte  Flussohle  erhöhte 
Einlaufschwelle,  sodass  Geschiebe  ziemlich  wirksam  zurückgehalten  wird.  Die  Einlauf- 
schwelle liegt  lotrecht  zur  Kanalachse  und  hat  zwischen  den  Pfeilern  eine  lichte  Breite 
von  30,0  m,  eingeteilt  in  6  Schützenöffinungen.  Der  Fachbaum  der  Schützen  liegt  rd. 
1 ,07  m  über  der  Flussohle  vor  dem  Einlauf,  sodass  beim  normalen  Stau  eine  Wassertiefe 
vor  den  Einlaufschützen  von  2,73  m  vorhanden  ist,  und  die  Einlaufgeschwindigkeit  bei 
völlig  gezogenen  Schützen  und  70  cbm/sek.  etwa  1,50  m/sek.  beträgt  Hinter  der  Ein- 
laufschleuse ist  ein  Kiesfang  angelegt,  dessen  Sohle  auf  Höhe  der  Flussohle  abfällt.  Der 
Zufluss  zum  Werkkanal  wird  durch  eine  zweite  Einlaufschleuse  abgeschlossen,  deren 
Schwelle  auf  gleicher  Höhe  wie  bei  der  ersten  Einlaufschleuse  liegt.  Aus  dem  Kies- 
becken führt  ein  Spülann  direkt  in  die  Aare  zurück,  welcher  gegen  den  Fluss  durch 
eine  Kiesschleuse  von  25,0  m  lichter  Weite,  eingeteilt  in  5  Schützen,  abgeschlossen  ist. 
Die  Schwelle  der  Schützen  befindet  sich  hier  natürlich  auf  Höbe  der  Sohle  des  Spülarmes, 
sodass  bei  gezogenen  Schützen  ein  starker  Spülstrom  nach  der  Aare  zu  erzeugt  werden 
kann.  Die  Schützenoberkanten  liegen  0,40  m  über  dem  normalen  Wasserspiegel,  also 
anf  Höhe  des  Wasserstandes,  bei  welchem  der  Kanal  120  cbm/sek.  fuhrt.  Steigt  der 
Wasserspiegel  im  Vorbecken,  so  wirken  die  Schützen  der  Kiesschleuse  als  erster  Ober- 
fall. Für  die  Abführung  der  grössten  Hochwassernlenge  stehen  am  Wehre  selbst  bei 
völlig  gezogenen  Schützen  in  den  beiden  Hauptöffhungen ,  im  Grnndablass  und  in  der 
Flossgasse  zusammen  rd.  355  qm  Querschnitt  zur  Verfügung.  Hierzu  kommen  noch 
rd.  120  qm  Querschnitt  durch  den  Kiesfang  und  Kanal,  sodass  insgesamt  475  qm  für 

die  Abführung  von  1600  cbm/sek.  frei  gemacht  werden  können. 

Für  die  Baueusfahruiigen  des  Wehres   und  Einlaufe  ergaben   sich  aus   der  örtlichkeit  drei 
Bauperioden: 


§  12.  Das  Wassebkraft-Ei^ektrizitItswebk  Wangen.  423 

1.  Periode:  Einfassung  der  Baugrube  des  Eislaufs,  des  Kiesbeckens,  der  Kiesschleuse  und  der 
linksseitigen  Ufermauer  durch  Fangedämme.  Für  das  Wasser  der  Aare  stand  während  dieser  Periode 
der  ganze  Hauptflussehlaueh  zur  Verfügung. 

2.  Periode :  Einfassung  der  Baugrube  des  Grundablasses  und  der  ersten  Wehröffnung,  einschliess- 
lich des  zweiten  Mittelpfeilers  durch  Fangedämme.  Das  Wasser  des  Stromes  konnte  nun  durch  die 
Jüeaschleuse  und  durch  den  rechtsseitigen  Teil  des  alten  Stromschlauches  fliessen  (vergl.  Taf.  XXII, 
Fig.  1,  8  und  7). 

8.  Periode:  Einfassung  der  Baugrube  der  zweiten  Wehröffnung,  der  Flossgasse  und  der  rechts- 
seitigen Ufermauer  durch  Fangedämme.  Das  Wasser  wurde  durch  den  Grundabiaas  und  die  bereits 
fertig  gestellte  Wehrhälfte,  sowie  durch  die  Kiesschleuse  abgeführt 

Da  der  Untergrund  z.  T.  aas  Schwemmsand  bestand,  so  war  grösste  Vorsicht 
bei   der  Fundierung  geboten.     Die  Breite  des    festen  Wehrkörpers  einschliesslich  des 
Sturzbettes  an  dem  Schützenwehr  beträgt  28,5  m.    Die  Länge  des  befestigten  Sturz- 
bettes ca.  20,0  m.  Nimmt  man  3,50  m  als  höchste  Wasserspiegeldifferenz  an,  so  würde 
die  Länge  des  Sturzbettes  etwa  das  5,7  fache  dieser  Differenz  betragen.    Die  Länge  der 
Mittelpfeiler  ist  10,0  m,  ihre  Breite  2,5  m  (vergl.  Taf.  XXII,  Fig.  4).    Gegen  Unter- 
spülung  ist  der  Betonkörper  des  Wehres  durch  zwei  eiserne  Spundwände  aus  I-Eisen, 
welche  7,0  m  tief  unter  Flussohle  eingerammt  sind,  gesichert.    Dazwischen  liegen  noch 
drei  Reihen  Spundwände  aus  Holz  und  zwar  die  erste  3,0  m  abwärts  der  oberen  eisernen 
Spundwand,  eine  zweite  2,0  m  aufwärts  der  unteren  eisernen  Spundwand.  Diese  beiden 
Spundwände  hatten  zugleich  den  Zweck,  die  Baugruben  für  die  4,0  m  in  die  Flussohle 
herabreichenden  Grundmauern  abzuschliessen,  welche  eine  weitere  Sicherung  gegen 
Unterspülung  bilden.    Die  dritte  Holzspundwand  liegt  da,  wo  der  feste  Wehrrücken  in 
das  Sturzbett  übergeht.    Die  erwähnten  Grundmauern  sind  aus  Schlackenzementbeton 
im   Mischungsverhältnis  1:2:4,   das   übrige   Fundament   ist   aus   Portlandzementbeton 
1 : 3,6 : 7   hergestellt.    Für   den   Betonkörper   des   festen  Wehrrückens   ist   eine   etwas 
fettere   Mischung  (1:3: 6)   gewählt.     Der   Wehrrücken   selbst   ist  mit    Granitquadern, 
welche  0,60  bis  0,80  m  einbinden,  auf  das  solideste  in  sauberem  Steinverband  abgedeckt 
(vergl.  Taf.  XXII,  Fig.  7).    Ebenso  sind  die  Wehrpfeiler   mit  Hausteinen  aus  Granit 
verblendet    Das  Sturzbett  selbst  ist  durch  ein  Pflaster  aus  Granitplatten  von  0,30  m 
Stärke   geschützt.    Granitdecke  und  Betonkörper  haben  zusammen  am  "Sturzbett   eine 
Dicke  von  1,10  m.    Das  Sturzbett  liegt  hinter  dem  Wehrrücken  ca.  10  cm  tiefer  als 
die  Flussohle,  sodass  es  nach  abwärts  zu  ein  wenig  ansteigt.     An  den  Betonkörper 
schliesst  sich  flusswärts  noch  eine  2,0  m  breite  Befestigung  aus  grossen  Steinfaschinen  an, 
welche   durch  Pfahle  gehalten  werden.    Auch  hinter   diesen  Pfählen   ist   nachträglich 
z.  T.  noch  eine  Steinschüttung  angebracht.    Die  Faschinen  ragen  etwas  über  die  Sohle 
hervor,  sodass  sich  bei  gezogenen  Schützen  schnell  ein  Wasserpolster  auf  dem  Sturzbett 
ausbildet.    Am  Hauptwehr  sind  die  eisernen  Schützenböcke  aus  schwerem  Gitterwerk 
gebildet  und  am  Wehrkörper  verankert.    Die  Schützentafeln  des  Hauptwehres  sind  aus 
Eisen  und  je  4,616  m  lang  und  2,150  m  hoch  (vergl.  Taf.  XXH,  Fig.  8  a  und  b).    Die 
Vorderfläche  (stromaufwärts)  ist    gekrümmt  und    mit  einer  Haut   aus  Eisenblech  von 
10  mm  Stärke  gedichtet.  Sechs  horizontale  Gitterträger  geben  der  Schütze  die  erforder- 
liche Tragfähigkeit.    Die  Verteilung  dieser  Gitterträger  ist  so  gewählt,   dass  jeder  un- 
gefähr den  gleichen  Druck  zu  übertragen  hat.  An  den  Stellen,  wo  die  Zahnstangen  ein- 
greifen, sind  vertikale  U-Eisen  an  die  Gitterträger  angenietet,  um  den  Druck  und  Zug 
des  Gestänges  zu  übertragen.   Die  Gleitflächen  der  Schützen  sind  mit  Bronzeleisten  ver- 
sehen, welche  in  vertikaler  Richtung  geriffelt  sind,  um  ein  Ansaugen  der  Gleitflächen 
zu  verhindern. 

Die  steinernen  Pfeiler  tragen  eine  Bedienungsbrücke  aus  Gitterträgern.  Auf  -f-  426,51 
liegt  der  Bohlenbelag  der  Brücke.    Das  Heben  und  Senken  der  Schützen  kann  sowohl 


424  IT.     Theodor  Kokhh.     Ausbau  vok  WassbbkbIftek. 

von  Hand  als  im  Bedarfsfälle  auch  durch  einen  fahrbaren  Elektromotor  bewerkstelligt 
werden,  welcher  auf  der  Brücke  hin-  and  hergefahren  nnd  an  die  Vierkante  der  Kurbeln 
angekuppelt  werden  kann  (vergl.  Kap.  III.  3.  Schätzen  und  Taf.  LYI,  Fig.  3). 

Wegen  der  grösseren  Druckböhe  sind  die  eisernen  Schützen  des  Grundablasses 
nur  je  3,35  m  lang.  Jede  Öffnung  besteht  aus  zwei  Tafeln,  und  jede  Tafel  hat  ihre 
besondere  Aufzugsvorricntucg.    Die  Falzen  werden  deshalb  aus  zwei  aufeinandergenieteten 

Abb.  75.    Querschnitt  durch  den  EinUuf. 


I-Eisen  gebildet-  Um  den  Schluss  der  oberen  Tafel  gegen  die  untere  zu  ermöglichen, 
mnssten  die  Tafeln  an  der  Vorderfläche  geradlinig  sein.  Die  Gitterböcke  im  Grund- 
ablass  sind  mit  Bohlen  verschalt,  um  zu  verhindern,  dass  treibende  Hölzer  sich  in  dem 
Fachwerke  festsetzen. 

Die  15,0  m  breite  und  rd.  77,5  m  lange  Flossrinne  liegt  zwischen  der  rechts- 
seitigen Ufermaner  nnd  einer  in  den  FIuss   gebauten,   auf  Pfählen  gegründeten  Beton- 


§12.  Das  WAssBBKfiAPi-ELEKTKizrrlTswERK  Wanden.  425 

mauer  (Näheres  vergl.  Kap.  Hl,  1.  Wehre).  Der  ans  Bolz  gebildete  Boden  hat  ein  Ge- 
fälle von  3,5%  bis  1,0%  and  endet  abwarte  auf  +  417,23  N.N.  Die  Einlaafschwelle 
liegt  1,20  m  unter  Wehrkrone. 

Der  konzessionsmassig  vorgeschriebene  und  an  die  linke  Ufermauer  gelegte  Fisch* 
pass  tritt  in  der  Länge  des  linken  Widerlagpfeilers  des  Wehres  in  diesen  selbst  hinein.  Die 
einzelnen  Stufen  sind  40  cm  hoch  and  die  auf  den  Stufen  gebildeten  kleinen  Becken  sind  1,2  m 
breit  und  2,3  bis  3,0  m  lang.  Die  obere  Ausmündung  des  Passes  kann  durch  Schützen 
verschlossen  werden.  Für  kleinere  Fische  sind  in  den  Seitenwänden  Schlupflöcher  von 
0,20  auf  0,20  m  Seitenlänge  gebildet. 

Die  Schützen  des  Einlaufe  bestehen  gleichfalls  für  jede  Öffnung  aus  zwei  beweg- 
lichen Tafeln  (vergl.  Abb.  75),  welche  unabhängig  voneinander  gezogen  werden  können. 

Abb.  76.    Belegen  der  Kualbaaehnagen  mit  Bstooplattra. 


Um  bei  Hochwasser  schwimmende  Körper  von  dem  Kanal  abzuhalten,  ist  der  Einlauf  ober- 
halb der  beweglichen  Schützentafeln  durch  eine  feste  dritte  Tafel  dicht  abgeschlossen.  Die 
untere  bewegliche  Tafel  hat,  entsprechend  dem  grösseren  Druck,  nur  eine  Höhe  von  etwa 
1,25  m.  Ist  sie  ganz  gezogen,  und  die  obere  Tafel  so  weit,  dass  die  Unterkante  noch 
etwa  0,60  m  unter  dem  Stau  bei  N.W.  liegt,  so  wird  ein  Querschnitt  von  ca.  67,00  qm 
frei  und  100  cbm/sek.  können  mit  einer  Geschwindigkeit  von  ca.  2,35  m/sek.  eintreten. 
Gröbere  schwimmende  Körper  werden  an  der  oberen  Schütze  zurückgehalten.  Laub 
und  ähnliche  schwimmende  Körper  tauchen  aber  bei  der  Geschwindigkeit  unter  und 
gehen  unter  den  Schützen  hindurch.  Bei  Hochwasser  kann  man  die  unteren  Schützen 
ganz  schliessen  und  nur  die  oberen  ziehen,  so  dass  nur  das  verhältnismässig  reinere 
Wasser  der  oberen  Schichten  in  den  Kanal  hinein  kann.  Bei  ganz  gezogenen  oberen 
Schützen  würde  etwa  ein  Querschnitt   von  57,60  qm   frei  und  bei    120  cbm/sek.    würde 


426  IL     Theodor  Koehn.     Ausbad  vom  WabsebxbIfteh.     Beispiele. 

die  Einflussgeschwindigkoit  rd.  3,34  m/sek.  betragen.  Die  hinter  dem  Kiesbecken  befindliche 
Reguliernngsschleuse  ist  gleichfalls  nach  Abb.  76  konstruiert.  Die  Kanalofer  liegen  hoch- 
wasserfrei,  sodass  bei  sachgeraasser  Bedienung  der  Schätzen  Hochwasser  nicht  in  den 
Werkkanal  eintreten  kann. 

Der  Werkkanal  hat  eine  Gesamtlange  von  rd.  8380,0  m  einschliesslich  des  Unter- 
wasserkanals. Seine  normale  Sohlenbreite  beträgt  17,0  m;  die  normale  Wassertiefe  ist 
bei  100  cbm/sek.  4,0  m,  bei  120  cbm/sek.  4,40  m.  Seine  Böschungen  sind  normal  1:2 
angelegt  und  deren  Standsicherheit  ist  durch  beiderseitig  in  Höhe  von  3,0  m  über 
der  Sohle  angelegte  Bankette  ton  1,0  m  Breite  erhöht  (vergl.  Taf.  XXIT,  Fig.  6a— 6c). 

Abb.  77.    Erbauung  einer  Üfermiuer  »I*  Einfassung  de»  Werkkanala. 


Die  Böschungen  sind  unter  der  Wasserlinie  durch  Deckungen  mit  Kies,  welcher  beim 
Aushub  reichlich  gewonnen  wurde,  gesichert.  An  zwei  Stellen  traten  steile  Berghange 
dicht  an  die  Aare  heran,  sodass  umfangreiche  Erdbewegungen  nötig  wurden.  Man  hat 
deshalb  an  diesen  Stellen  das  Profil  dadurch  eingeschränkt,  dass  man  die  Böschungen 
steiler,  1  : 1,  machte  und  mit  Beton  platten  belegte  (vergl.  Abb.  76)  oder  einseitig  am 
Flusse  Ufermaueni  errichtete  (vergl.  Abb.  77).  Auf  einer  Länge  von  rd.  2700,0  m 
liegt  die  Sohle  zwar  noch  im  Einschnitt,  die  Böschungen  aber  bereits  im  Auftrag  und 
man  hat  hier,  um  die  nötige  Dichtigkeit  zn  erzielen,  vorgezogen,  die  Böschungen 
1  :  1  anzulegen  und  sie  gleichfalls  mit  Betonplatten  zu  bekleiden  (vergl.  Taf.  XXIT, 
Fig.  6  b).  Bei  100  cbm/sek.  beträgt  die  Geschwindigkeit  in.  dem  normalen  Kiesprofil 
0,98  m/sek.,  in  dem  mit  Betonplatten  bekleideten  Profil  1,16  m/sek. 

Bei  dem  sogenannten  „Fahrhölli"   war  eine   ganz   besonders  grosse  Schwierigkeit 
zu  überwinden,  weil  sich  beim  Anschneiden  des  dicht  an  die  Aare  herantretenden  Berg- 


5  12.  Das  WAaBERKBAFT-ELEKTBizrrATSWEBK  Wangen.  427 

hanges  herausstellte,  dass  er  stark  wasserführend  war  und  dass  sich  unter  mit  Eies- 
Bchichten  bedeckten  Nagelfluhplatten  mächtige  Schwemmsandschichten  befanden.  Es  bat 
infolgedessen  hier  stellenweise  mehr  ala  das  Drei-  und  Vierfache  des  projektmäasigen 
Eanalpro&Is  abgetragen  werden  müssen.  Man  hat  erst  durch  sehr  umfangreiche  Trocken- 
legungen, durch  stellenweises  Abtragen  des  ganzen  Abhanges  auf  40,0  bis  60,0  m  von 
dem  Kanalnfer,  durch  Bekiesung  und  Betonierung  der  Kanalsohle  und  Böschungen  etc. 
Ruhe  in  die  Erdm&SBen  hineinbekommen.  Abb.  78  zeigt  die  Rntschangen  an  einer 
Stelle  beim  „Fahrhöfli"  im  ersten  Stadium  des  Eanalausbubs.    An  einzelnen  besonders 

Abb.  78.    Ratwhangen  am  FahrbSfli. 


nassen  Stellen  mnsste  man  zwischen  Holzwänden  3,0  m  breite,  bis  4,0  m  unter  die 
Kanalsohle  reichende  Kiesdrains  am  Fusse  des  Abbanges  einbauen  und  darüber  zur 
Sicherung  des  Böschungsfusses  mächtige  Steinfaschinen  ans  Drahtgeflecht  anbringen 
{vergl.  Abb.  79).  Das  so  gesammelte  Sickerwasser  war  unter  den  Eanal  hindurch  nach 
der  Aare  zu  leiten.  Um  Abtrag  zu  sparen,  hatte  man  von  vornherein  an  der  be- 
sprochenen Stelle  dicht  am  Aareufer  entlang  eine  starke  und  tief  bis  unter  die  Fluss- 
sohle auf  Pfählen  zu  fundierende  Ufermauer  aus  Beton  und  für  die  dem  Flusse  abgekehrten 
Kanalböschungen  einen  Belag  aus  Betonplatten  vorgesehen.  Diese  Ufermauer  ist  im 
August  1903  auf  etwa  50,0  in  Länge  gebrochen  und  auf  einer  etwa  ebenso  langen 
Strecke  beschädigt  (näheres  vergl.  Kap.  III,  2.  Werkkanäle). 

An  einer  Stelle  war  die  Eisenbahn  Solothurn— Ölten  zn  kreuzen.  Der  Kanal 
mnsste  hier,  ohne  den  Betrieb  zu  stören,  zwischen  den  Mittelpfeilern  einer  Eisenbahn- 
brücke hindurchgefühlt  werden  unter  Verdrängung  der  Moosbach,  eines  ans  dem  Jura 


v'abm.     Ausbau  tos  Wasserkräften.     Beispiele. 

i.  i,      iu,rTiv  wacher  sich  in  der  Nahe  dieser  Brücke  in  die  Aare  ergiesst. 

'„„.    .„    -i?»jw«ge  in  überführen.    Der  Bach  ist  aufwärts  der  Eisenbahn- 

... .,  ,  .._*. .  "twkitfs  in  Beton  unter  den  Werkkanal  hindurchgeführt  und  kreuzte 

,.,    <v.h>MO»J  hegend  die  Eisenbahn  (vergl.  Abb.  80  n.  81).    Wegen  des 

,  ,    r •.  -uuaste  sowohl  das  Profil  des  Werkkanalea  als  auch  dasjenige  der 

.»..1.1.-    wngesohnürt  werden  (vergl.  Taf.  XXII,  Fig.  6c).    Die  gemeinschaft- 
„..r-vit  Werkkanal  und  Moosbach  wurde  benutzt,  um  einen  26,0  m  langen 

>V"*>  *'«lcher  bei  Kanalüberfüllungen  das  Wasser  in  die  Aare  zurückleitet. 

.  :^Ä«it  in  dem  eingeschnürten  Kanalprofil  unter  der  Eisenbahnbrücke  steigt 


etwa  auf  1,80  ra/sek.  Unterhalb  der  schlimmen  Stelle  am  „Fahrhöfli"  etwa  bei  Km  7,0 
sprang  gleichfalls  ein  Bergabhang  bis  an  den  Floss  vor,  and  es  wurde  hier  die  flass- 
seitige  Ka-nntwinfaggimg  auch  durch  eine  Ufermauer  ans  Beton  gebildet,  welche  aber  auf 
festem  Gestein  gegründet  werden  konnte.  An  dieser  Ufermauer  ist  ein  weiterer,  etwa 
80,0  m  langer  Überfall  angelegt,  von  dem  ans  das  Wasser  über  ein  kurzes  Sranbett 
direkt  in  die  Aare  flieset.  Die  Krone  des  Oberfalls  liegt  0,80  m  unter  Mauerkrone. 
Über  den  Überfall  fuhrt  ein  eiserner  Steg. 

Der  Bodenaushub  beim  Kanal  ist  zum  grössten  Teil  durch  elektrisch  angetriebene 
Trockenbagger  bewirkt  (vergl.  Abb.  82).  Der  elektrische  Antrieb  war  hier  gegeben, 
da  von  dem  Elektrizitätswerk  Wynau  der  Strom  billig  sn  haben  war. 

Etwa  200,0  m  vor  dem  Krafthause,  welches  in  der  Nahe  des  Ortes  Bannwjl  liegt, 
erweitert  sich  das  Kanalprofil  allmählich  auf  etwa  54,0  m  in  der  normalen  Wasser- 


%  12.  Das  WAaBBBgBAJT-KjCTQgrAMwro:  Wahgen.  429 

spiegellinie  und  auf  60,0  in  in  der  Sohle,  so  dass  sich  der  benetzte  Querschnitt  bei 
normaler  Füllung  auf  etwa  218,0  qm  erweitert,  die  Geschwindigkeit  sich  also  auf  rd. 
0,46  m/sek.  ermassigt.    Die  Böschungen  gehen  von  einfacher  Kiesbedeckung  zur  Beton- 

Abfa.  80.     Legeplan  der  UnterfQhrung  des  Werkk»n»li  and  der  Mooabech  unter  der  Eisenbahn  brücke. 


plattenbefestigung  und  schliesslich  in  Betonmauern  über.    So  ist  der  notwendige  Platz 
für  den  Einbau  der  sieben  Turbinenkammern  gewonnen  (vergl.  Taf.  XXIII,  Fig.  1  n.  3). 

Abb.  81.     Ansicht  der  Kanal  an  terfnhrnng. 


Vor  den  Turbinenk&mmern  ist  ein  mit  einem  Winkel  von  etwa  50°  gegen  die  Horizon- 
tale geneigter  Reehen  aus  Flacheisen  in  üblicher  Weise  aufgestellt.  Der  Rechen  bildet 
mit   der    Eanalachse    einen  spitzen    Winkel    von    etwa   84°,  um    einen    Strom   längs 


430  IL     Theodor  Koeiik.     Ausbau  vom  Wasserkräften.     Beispiel«. 

des  Rechens  in  der  Richtung  nach  dem  Leerlauf  zu  erzengen  and  auf  diese  Weise 
etwaige  Ansammlungen  von  Stückeis  abzuführen.  Die  Schwelle  des  Rechens  ist  gegen 
die  Sohle  des  Vorbeckens  um  ca.  1,20  m  erhöht,  um  Geschiebe  und  abgelagerte  Sink- 
stoffe von  den  Turbinenkammern  zurückzuhalten.  Die  Sohle  des  Vorbeckens  ist  betoniert 
und  vor  dem  Rechen  ist  noch  ein  besonderes  nach  dem  Grundablass  (Leerlauf)  zu  ge- 
neigtes Gerinne  ausgebildet,  um  die  Spülwirkung  zu  erhöhen,  welche  bei  gezogenen 
Grundablasschützen  erzeugt  werden  kann.  Von  dem  projektierten  Grundablass  ist  vor- 
läufig nur  der  Einlauf  am  Kanalufer  angelegt,  die  Fortsetzung  bis  zur  Aare  fehlt  aber 
noch,  weil  bis  auf  weiteres  die  siebente  Turbinenkammer  für  die  Zwecke  des  Grundab- 
lasses benutzt  wird.  Durch  diesen  vorläufigen  Grundablass  kann  das  Eis  am  Rechen 
wirksam  abgeführt  werden.    Wenn  aber  der  projektierte  Leerlauf  im  Betriebe  sein 

Abb.  82.     Elektrischer  Trockenbagger  beim  Kanalnoshnb. 


wird,  muss  sich  in  der  toten  Ecke  zwischen  Ufermauer  nnd  Rechen  das  Eis  festsetzen. 
Man  könnte  dem  allerdings  leicht  abhelfen,  wenn  man  entweder  an  der  gedachten  Stelle 
eine  besondere  Eisschütze  anlegt  oder  die  ganze  spitze  Ecke  am  Leerlauf  entsprechend 
abschrägt. 

Jede  Turbinenkammer  (TurbinonschachtJ  hat  eine  Breite  von  6,28  m  zwischen 
den  Pfeilern  im  Wasserspiegel  gemessen  und  kann  durch  je  zwei  nebeneinander  liegende 
Schützen  abgeschlossen  und  trocken  gelegt  werden.  Die  Sohle  der  Turbinenkammern 
liegt  2,3  m  tief  unter  derjenigen  des  Vorbodens.  In  jeder  Turbinenkammer  steht  eine 
Fraads-Doppel-TurblBe»]  mit  je  vier  Leitradern  und  zwei  Saugrohren  (vergl.  Taf.  LXVIL, 
Fig.  5  und  Kap.  III,  6.  Turbinen).  Jede  Turbine  leistet  1500  PS.  und  macht  150  UmL/Min. 
Die  Regulierung  der  Fink  sehen  Leitradzungen  erfolgt  durch  selbstwirkende  öldruckservo- 


>)  Dia  Turbinen  sind  von  Esoker,  Wjss  A  Co.  in  Zürich  geliefert. 


§12.  Das  Wasserkraft-ElektrizitItswerk  Wangen.  431 

motoren,  kann  aber  auch  von  Hand  und  vom  Schaltbrett  aus  durch  kleine  Elektromotoren 
bewerkstelligt  werden.  Mit  Rücksicht  auf  das  Parallelschalten  ist  von  der  Turbinen- 
firma gewährleistet,  dass  bei  plötzlicher  Belastungsänderung  um  25%  die  Umlaufzahl 
sich  nicht  mehr  als  um  3  °/o,  bei  gleichbleibender  Belastung  nicht  mehr  als  um  1  °/o  und 
bei  Änderung  von  Leerlauf  auf  Vollbelastung  nicht  mehr  als  um  5°/o  ändert.  Die 
Schraubenkuppelung  der  Wellen  beider  Turbinenhälften  einer  Kammer,  ebenso  wie  je 
ein  Ringschmierlager  von  190  mm  Durchmesser  und  380  mm  Schalenlänge  befinden  sich 
in  einem  dicht  verschlossenen  Eisengebäuse,  welches  durch  einen  eisernen  Röhrenschacht 
mit  Steigleiter  von  der  Decke  der  Turbinenkammer  zugängig  ist.  Diese  Decke  ist 
durch  Bohlenbelag  auf  Walzträgern  gebildet. 

Die  2,0  m  starke  nach  dem  Oberwasser  zu  gerichtete  Wand  des  Maschinenhauses 
bildet  zu  gleicher  Zeit  die  eine  Begrenzungs wand  der  Turbinenkammern  (vergl.  Taf.  XXIII, 
Fig.  2).  Jede  Doppelturbine  hat  ihren  besonderen  Turbinenkanal,  welcher  unter  das 
Maschinenhaus  hindurchgeführt  ist.  Die  Sohle  des  Turbinenkanals  ist  unter  den  Saug- 
rohren um  1,0  m  tiefer  als  bei  der  Ausmündung  in  den  Unterwasserkanal,  und  da 
letzterer  bereits  im  Staugebiet  des  Elektrizitätswerkes  Wynau  liegt,  ist  eine  Eintauch- 
tiefe der  Saugrohre  von  0,65  m  sicher  gestellt.  Um  jeden  Turbinenkanal  abschliessen 
und  trocken  legen  zu  können,  sind  in  den  über  die  Wand  des  Krafthauses  vorspringenden 
Pfeilern  je  zwei  Dammbalkenschlitze  angeordnet. 

Der  Unterwasserkanal  hat  eine  Sohlenbreite  von  54,0  m  und  ist  in  der  Kanal- 
achse gemessen  bis  zur  linksseitigen  Uferlinie  der  Aare  nur  etwa  80,0  m  lang.  Nach 
einer  geraden  Strecke  im  Anschluss  an  das  Kraftwerk  von  ca.  15,0  m  Länge  folgt  ein 
Kreisbogen  von  rd.  35,0  m  Länge  mit  rd.  54,5  m  Halbmesser  und  alsdann  die  Ein- 
mündung in  den  Fluss.  Die  schmale  Landzunge,  welche  am  rechten  Ufer  zwischen 
Unterwasserkanal  und  Aare  stehen  blieb,  wurde  künstlich  verlängert  und  durch  Beton- 
mauern eingefasst,  um  die  Geschiebeführung  des  Flusses  bei  Hochwasser  möglichst  ab- 
zuweisen. Die  Befestigung  des  linken  Ufers  besteht  auf  den  ersten  rd.  70,0  m.  vom  Kraft- 
hause an  gerechnet  anfangs  aus  einer  Betonmauer  und  dann  in  einer  Plattenverkleidung. 
Hierauf  folgt  noch  in  einer  Länge  von  etwa  80,0  bis  90,0  m  eine  Steinpflasterung  der 
Böschungen. 

Der  Maschinensaal  hat  eine  Länge  von  etwa  56,7  m  im  lichten,  eine  Breite 
von  10,0  m  und  eine  Höhe  von  9,30  m  bis  zur  Unterkante  der  Dachbinder.  Es  stehen 
demnach  pro  100  installierte  PSe  5,49  qm  Bodenfläche  im  Maschinensaal  zur  Verfügung. 
Die  Kranbahnoberkante  liegt  7,50  m  über  dem  Flur.  Zwischen  der  Innenfläche  der 
Pfeiler  und  den  Wellenenden  der  Dynamomaschinen  ist  noch  durchweg  ein  freier  Raum 
von  3,30  m  Breite,  sodass  reichlich  Platz  ist,  auch  die  breitesten  Maschinenteile  dort 
abzusetzen.  In  der  Mitte  des  Maschinensaals  liegt  in  einem  Vorbau  nach  dem  Unter- 
wasser zu  der  Schaltraum.  Derselbe  hat  eine  Tiefe  von  3,20  m  und  eine  Länge  von 
22,80  m.  Er  ist  durch  das  Schaltbrett  und  durch  eine  Glaswand  von  dem  Maschinen- 
saal getrennt  (vergl.  Taf.  XXIII,  Fig.  5).  Der  Schaltraum  hinter  dem  Schaltbrett  ist  in 
zwei  Etagen  geteilt,  welche  durch  eine  eiserne  Wendeltreppe  miteinander  verbunden 
sind  und  von  denen  die  untere  eine  Höhe  von  4,84  m,  die  obere  eine  solche  von  4,30  m 
bis  zur  Unterkante  der  Dachbinder  hat.  Ausser  diesen  Räumen  von  ca.  73,0  qm  Grund- 
fläche sind  noch  in  dem  turmartigen  Anbau  (vergl.  Taf.  XXIII,  Fig.  1  und  3),  von 
welchem  noch  die  Rede  sein  wird,  zwei  Räume  übereinander  mit  massiven  Decken  für 
die  Unterbringung  der  Blitzschutzapparate  etc.  und  für  die  Erweiterung  der  Schaltanlage  etc. 
vorhanden.     Von   diesen   beiden   Räumen   hat   der  untere   ein  Flächenmass  von   etwa 


432  IL    Theodob  Koehh.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

9,14  m/12,16  m,  der  obere  von  8,24  m/8,69  m.    Zusammen  sind  also  für  die  Schaltan- 
lage rd.  258,0  qm  disponibel  d.  i.  pro  100  installierte  PS«  ca.  2,46  qm. 

Der  erwähnte  turmartige  Anbau  schliesst  sich  am  linken  Kanalufer  an  den 
Maschinensaal  an.  Derselbe  ist  unten  in  Höhe  des  Maschinentlure*  etwa  9,26  m  im 
lichten  lang  und  11,50  m  breit  und  enthält  Bureauräume,  einen  Raum  für  eine  kleine 
Akkumulatorenbatterie  (für  die  Notbeleuchtung  etc.),  Aborte  und  Badeeinrichtungen  für 
das  Personal,  das  Lager  für  öl  und  andere  Betriebsmaterialien  und  eine  Ölpumpenan- 
lage  für  die  zentrale  ölschmierung  der  Lager  und  für  die  Öl-Servomotoren  der  Turbinen- 
regler. Die  Ölpumpen  werden  durch  kleine  Girardturbinen  angetrieben,  denen  das 
Druckwasser  in  zwei  kleinen  Druckrohren  zugeführt  wird,  welche  aus  einer  unmittelbar 
vor  der  ersten  Turbinenkammer  angelegten  kleinen  Druckkammer  ausmünden.  Der 
Raum  im  Turm  über  der  untersten  Etage  liegt  auf  der  Höhe  des  Zufahrweges  und  dient 
als  Eingangshalle.  In  diese  Eingangshalle  kann  der  Laufkran  des  Maschinensaals  (von 
15  t  Tragfähigkeit)  einfahren  und  schwere  Maschinenteile  absetzen  resp.  auf  Wagen 
verladen.  Das  Eingangstor  hat  eine  lichte  Weite  von  3,50  m.  In  diesem  Räume  wäre 
auch  ausreichend  Platz  zur  Einrichtung  einer  Werkstatt.  Da  aber  im  Maschinensaal 
selber  von  den  sieben  vorgesehenen  Aggregaten  zunächst  nur  drei  Aufstellung  ge- 
funden haben,  so  war  im  Maschinensaal  noch  reichlich  Platz  für  derartige  Zwecke. 

Das  ganze  Kraftwerk  von  der  Schützenwand  der  Turbinenkammern  bis  1,5  m 
über  die  Vorderkante  der  Pfeiler  hinaus,  in  welchen  die  Begrenzungsmauern  der  sieben 
Turbinenkanäle  enden,  ist  auf  einer  grossen  zusammenhängenden  rd.  1,25  bis  1,30  m 
starken  Betonplatte  fundiert. 

Jede  Doppelturbine  ist  mit  einem  Dreiphasendrehstrom-Generator4)  durch  elastische 
Gummibandkuppelung  direkt  gekuppelt.  Jeder  Generator  hat  auf  seiner  Welle  seine 
eigene  Erregermaschine.  Beim  Defektwerden  einer  der  letzteren  kann  jedoch  die  Magnet- 
wickelung des  zugehörigen  Generators  auch  auf  Gleichstromsammeischienen  umgeschaltet 
werden,  welche  ihren  Strom  von  einem  Umformer  oder  von  der  erwähnten  kleinen  Not- 
batterie erhalten.  Die  Generatoren  liefern  den  Strom  mit  11000  Volt  Spannung  bei 
50  Per./sek.  In  flachen,  mit  Riffelplatten  abgedeckten  Kanälen  von  0,60  bis  0,70  m  Breite 
und  0,20  m  Tiefe  werden  die  Kabel  von  den  einzelnen  Maschinen  zu  dem  Schaltraum 
geführt. 

Die  Fernleitungen  laufen  etwa  bis  zum  Einlauf  des  Werkkanals  längs  desselben 
und  sind  zum  Teil  auf  hölzernen  Doppelgestängen,  zum  Teil  auf  eisernen  Gittermasten 
montiert  12  km  von  dem  Werke  entfernt  befindet  sich  bei  dem  Orte  Luterbach  eine 
Transformatorenstelle,  von  wo  eine  Hauptleitung  nach  dem  Kanton  Solothurn  (11000  Volt), 
eine  zweite  über  das  Gebirge  nach  den  Vororten  von  Basel  (25000  Volt)  führt.  Bei  der 
Betriebseröflhung  1904  war  bereits  fast  die  ganze  Kraft,  welche  die  damals  aufgestellten 
drei  Aggregate  zu  liefern  vermögen,  verkauft.  In  der  Nähe  des  Krafthauses  sind  eine 
Anzahl  anmutiger  Beamten-Wohnhäuser  errichtet  (vergl.  Tat  XXIII,  Fig.  4). 


«)  Die  ganze  elektrische  Einrichtung  ist  von  der  E.-A.-G.  vorm.  W.  Lshmeyer  &  Co.  geliefert 


§13.  Das  Wassebxraft-ElektbizitIibwbbk  Beznau  a.  b.  Aare.  433 


§  13.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk Beznaua.d,  Aare  (Schweiz) 

der  E.-A.-G.  Brown,  Boveri  &  Co.  (Baden).   Hieran  Taf.  xxiv  u.  xxv«). 


Ungefähr  7  km  oberhalb  der  Einmündung  in  den  Rhein  ist  die  Aare  durch  ein 
grosses  Schätzen  wehr  mit  7  gleichen  Öffnungen  gestaut  (vergl.  Taf.  XXV,  Fig.  1  u.  2). 
Jede  Öffnung  hat  eine  lichte  Weite  von  rd.  15,0  m.  Jede  Schützentafel  hatte  ursprüng- 
lich eine  Höhe  von  5,3  in,  welche  aber  nachträglich  auf  6,3  m  erhöht  wurde.  Die  Wasser- 
menge der  Aare,  nachdem  sie  die  Beuss  und  den  Limmat  aufgenommen  hat,  steigt  bis 
zu  3000  cbm/sek.  und  soll  selten  unter  180  cbm/sek.  fallen.  Für  die  Zwecke  des  Kraft- 
werkes können  bis  zu  rd.  300  cbm/sek.  entnommen  werden.  Die  Pfeiler  sind  ebenso 
wie  der  ganze  Wehrkörper  auf  verlorenen  Caissons  mittelst  Druckluftgründung  6,0  bis 
7,0  m  unter  der  Flussohle  gegründet  *).  Die  Schützentafeln  bestehen  aus  eisernen  Gitter- 
trägern, welche  zur  Abdichtung  mit  einer  vorderen  Blech  wand  bekleidet  sind.  Jede 
Schützentafel  ist  an  4  6  all  sehen  Ketten  aufgehängt  und  ihr  Gewicht  ist  durch  grosse 
mit  Beton  ausgegossene  Kastenträger  ausbalanciert.  Die  Führung  und  Dichtung  der 
Schützentafeln  in  und  vor  den  Falzen  ist  nach  dem  System  Stoney  ähnlich  wie  bei  der 
Schützenanlage  Chfevres  ausgebildet8)  (vergl.  Kap.  III,  3  Schützen  und  Taf.  LV,  Kg.  12). 

An  dem  nach  dem  Werkkanal  zu  gelegenen  Ende  des  Wehres  befindet  sich  eine 
Fischleiter  in  üblicher  Konstruktion.  Eine  besondere  Flossgasse  ist  nicht  vorhanden,  da 
die  Flösse  bei  gezogenen  Schützen  durch  jede  Öffnung  hindurch  können.  Die  Hebung 
der  Schützen  kann  sowohl  von  Hand  als  auch  mittelst  eines  Elektromotors  erfolgen, 
welcher  auf  einem  Gleise  an  jede  Schütze  herangefahren  und  mit  ihrem  Getriebe  ge- 
kuppelt werden  kann. 

*  Die  Flussohle  soll  unterhalb  des  Wehrkörpers  auf  20,0  bis  30,0  m  mit  einer 
Pflasterung  aus  grossen  Steinen  gesichert  sein.  Die  Ufer  sind  auf  einer  Länge  von 
mehr  als  100  m  abwärts  vom  Wehre  mit  Steinschüitungen  befestigt.  Die  ganze  Wehr- 
anlage ist  in  der  verhältnismässig  kurzen  Zeit  von  2  Jahren  (Herbst  1900  bis  Herbst  1902) 
ausgeführt 

Der  Einlauf  befindet  sich  am  rechten  Aareufer.  Die  Krone  der  Einlaufschwelle, 
welche  von  einer  ebenfalls  mittelst  Pressluft  fundierten  Grundmauer  aus  Beton  gebildet 
wird,  soll  nach  mündlichen  Angaben  etwa  1,0  m  über  Flussohle  liegen.  Durch  15  Schützen- 
Öffnungen  von  je  3,75  m  Weite  —  von  Mitte  zu  Mitte  der  eisernen  Gitterböcke  —  kann 
der  Zufluss  reguliert  und  der  Werkkanal  abgeschlossen  werden.  In  der  Regel  sollen  die 
Unterkanten  der  Schützen  immer  noch  eintauchen,  damit  im  Flusse  treibende  Körper 
möglichst  von  dem  Kanal  abgehalten  werden.  Die  Querschnittsberechnung  der  Schützen- 
Öffnungen  soll  so  erfolgt  sein,  dass  die  Geschwindigkeit  des  eintretenden  Wassers  selbst 
noch  bei  300  cbm/sek.  nicht  grösser  als  rd.  1,6  m  wird.  Auf  diese  Weise  würden  dann 
Trichterbildungen  an  den  Schützen  während  des  gewöhnlichen  Betriebes  nicht  stattfinden 
und  die  treibenden  Körper  würden  nicht  unter  die  Schützen  untertauchend  hindurch- 
kommen, wenn  letztere  noch  0,50  bis  0,60  m  eintauchen.  Die  Sohle  des  Kanals  soll 
hinter  dem  Regulierungswerk  auf  rd.  30,0  m  durch  Beton-  und  Steinpackungen  ge- 
sichert sein. 


i)  Die  Abbildungen  sind  einer  Broschflre  der  genannten  Firma  entnommen. 
2)  Ausgeführt  von  Conrad  Zschokke  in  Aarau  vergl.  S.  25. 

*)  Die  Schützen  mit  allem  Zubehör  sind  von  der  Konstruktionswerkstait  Dottingen  (Conrad 
Zschokke)  geliefert 

Handbach  der  Jng.-Wiasenaeh.    III.  Teil.    13.  Bd.  28 


484  H    Theodor  Kobhk.    Ausbau  ton  W  AMKMntlrrar.    Bdbhxlb. 

Der  Werkkanal  ist  etwa  1200,0  m  lang;  er  schneidet  eine  grosse  Schleife  der 
Aare  ab  und  fährt  fast  geradlinig  auf  das  Krafthaus  zu,  welches  hart  am  Flusse  liegt. 
Durch  das  Wehr  und  den  Kanal  soll  ein  Nutzgefälle  von  etwa  2,75  bis  6,0  m  gewonnen 
werden.  Der  wasserberührte  Querschnitt  des  Werkkanals  liegt  überall  im  Einschnitt. 
Über  dem  normalen  Wasserspiegel  liegen  die  Kanalböschungen  zum  Teil  im  Auftrag.  Die 
Krone  der  Dämme  liegt  überall  hochwasserfrei ;  ihre  Böschungen  sind  bis  etwa  50  cm  über 
dem  höchsten  und  bis  50  cm  unter  dem  niedrigsten  Wasserspiegel,  zum  Teil  mit  Beton, 
zum  Teil  mit  Steinschlag  befestigt.  Die  Sohle  soll  nach  mündlichen  Angaben  mit  einer 
Decklage  von  grobem  Kies  gesichert  sein. 

Das  Krafthaus  liegt  spitzwinklig  zur  Kanalachse  (vergl.  Taf.  XXIV,  Fig.  2).  Am 
unteren  Ende  des  Krafthauses  Dach  dem  Flusse  zu  ist  eine  Schleuse  für  Nachen  und  ein 
Grundablass  angelegt.  Infolge  der  Lage  des  Krafthauses  entsteht  stets  und  besonders  bei 
geöffneten  Grundablasschützen  ein  Strom  längs  des  Rechens,  welcher  schwimmendes 
Stückeis  wohl  wirksam  nach  dem  Grundablass  zu  führen  könnte,  wenn  nicht  die  Rechen- 
fläche durch  die  Anlage  von  vier  massiven  Treppen  unterbrochen  wäre,  sodass  in  den 
toten  Ecken  dieser  Treppen  sich  das  Eis  festsetzen  kann. 

Die  Nachenschleuse»  der  Grundablass  und  die  Ufer  des  Grundablasskanals  bis  zum 
Flus8  sind  auf  verlorenen  gemauerten  Caissons  gleichfalls  mit  Druckluft  gegründet. 

Der  Rechen  steht  auf  einer  Betonplatte,  deren  Oberkante  etwa  in  gleicher 
Höhe  mit  der  Sohle  des  Vorbeckens  liegt.  Auf  diese  Weise  kann  bei  starkem 
Wasserverbrauch  auch  gröberes  Geschiebe  leicht  mit  durch  den  Rechen  und  in  die  Tur- 
binen gelangen,  —  ganz  zu  schweigen  von  den  Sinkstoffen  —  soweit  es  überhaupt  über 
die  110  m  hohe  Einlaufschwelle  hinweg  in  den  Werkkanal  zu  gelangen  vermag.  Die 
aus  Flacheisenstäben  mit  28  mm  lichtem  Abstand  gebildeten  Rechentafeln  sind  gegen 
die  Wagerechte  um  etwa  45°  geneigt  und  werden  durch  Gitterböcke  gestützt.  Die  Be- 
dienungsbrücke des  Rechens  ist  rcL  2,0  m  breit,  ihr  Bohlenbelag  ruht  auf  Walzträgern, 
welche  zwischen  den  Wänden  der  Turbinenkammern  gestreckt  sind  und  die  letzteren 
auf  diese  Weise  wirksam  gegeneinander  verankern.  Unter  der  erwähnten  Bedienungs- 
brücke liegen  doppelte  Dammbalkenschlitze,  mit  Hilfe  deren  notfalls  die  Schützentafeln 
der  Turbinenkammern  trocken  gelegt  werden  können  (vergl.  Taf.  XXIV,  Fig.  2). 

In  dem  Krafthause  sind  11  Turbinensätze  von  je  1000  bis  1100  PS6  bei  66,6 
Uml./Min.  und  zwei  kleinere  Sätze  von  je  400  PS«  aufgestellt.  Die  kleineren  Sätze  sollen 
die  Erregerma8chinen,  ferner  eine  zentrale  Pressölanlage  und  eine  zentrale  Pumpenanlage 
zur  Entleerung  der  Turbinenkammern  antreiben.  Um  die  elektrischen  Maschinen  und 
den  Kabelkanal  hochwasserfrei  legen  zu  können,  musste  man  bei  den  gegebenen  Schwan- 
kungen zwischen  Ober-  und  Unterwasserspiegel  im  Krafthaus  Turbinen  mit  stehender 
Welle  wählen.  Die  Turbinenkammern  für  die  grossen  Turbinen  haben  eine  lichte  Weite 
von  6,0  m,  diejenigen  für  die  zwei  kleinen  Turbinen  eine  solche  von  3,0  m  (vergl. 
Taf.  XXIV,  Fig.  1).  Bemerkenswert  sind  die  Vorrichtungen,  durch  welche  es 
ermöglicht  ist,  die  Turbinenkammern  zur  Beseitigung  kleinerer  Defekte 
schnell  trocken  zu  legen.  Da  von  vornherein  damit  zu  rechnen  war,  dass  man  unter 
Umständen  alle  11  grossen  Turbinen  gleichzeitig  laufen  lassen  musste  —  die  Unter- 
bringung der  ganzen  Kraft  schien  von  vornherein  gesichert  und  auch  für  die  unständige 
Kraft  stand  Verwendung  in  Aussicht  —  so  war  es  wesentlich,  die  Ausführung  kleinerer 
Reparaturen  an  einer  Turbine  mit  möglichst  geringem  Zeitverlust  zu  ermöglichen.  Es 
können  deshalb  die  Turbinenkammern  von  oben  durch  je  eine  kastenförmige,  eiserne 
Schützentafel  verschlossen  werden,  deren  Auf-  und  Abwärtsbewegung  durch  eine  starke 
Kolbenstange  betätigt  wird.  Der  Kolben  dieser  Stange  bewegt  sich  in  einem  Pressölzylinder 


§  13.  Das  WAasERKRAFT-ELEKXBizrrlTSWEBK  Bkznau  a.  d.  Aare.  436 

mit  30  Atmosphären  Druck.  Auf  diese  Weise  ist  es  möglich,  in  ganz  kurzer  Zeit  eine 
Tnrbinenkammer  zu  schliessen.  Nach  dem  Unterwasser  zu  springen  die  Wände  der 
Turbinenkammern  etwas  über  die  aufgehende  Wand  des  Kraftbauses  vor,  tragen  eine 
Bedienungsbrücke  und  sind  mit  zwei  breiten  Falzen  versehen.  Der  unmittelbar  an 
der  Turbinenkammer  liegende  Falz  ist  zur  Aufnahme  einer  kastenförmigen 
eisernen  Schützentafel  bestimmt,  welche  mittelst  einer  Laufkatze  ver- 
längs  des  ganzen  Krafthauses  bewegt  werden  kann  und  daher  für  den  Ab- 
schluss  jeder  beliebigen  Turbinenkammer  verwendbar  ist.  Mit  Hilfe  von 
Flaschenzügen  kann  jede  dieser  Schützentafeln  —  1904  waren  3  vorhanden  —  gehoben  und 
gesenkt  werden.  Die  zweiten  Falze  dienen  zur  Aufnahme  von  Dammbalken,  um  notfalls  eine 
festgeklemmte  eiserne  Schützentafel  trocken  legen  zu  können.  Eine  gemeinschaftliche  Saug- 
rohrleitung geht  durch  alle  Turbinenkammern  hindurch  und  jede  einzelne  Kammer  für  sich 
kann  an  diese  Leitung  durch  Öffnung  eines  Schiebers  angeschlossen  werden.  Sobald  nun  die 
beiden  eisernen  Tafeln  den  Abschluss  einer  Kammer  bewerkstelligt  haben,  ist  mit  Hilfe  der 
zentralen  Pumpenanlage  eine  Tnrbinenkammer  schnellstens  geleert.  Wegen  der  erwähnten 
eisernen  Schützentafeln  vergl.  Kap.  m,  §  3,  Schützen,  woselbst  auch  eine  Abb.  derselben 
gegeben  ist. 

Jede  grosse  Turbine4)  hat  drei  Laufräder  übereinander,  von  denen  das  unterste 
und  oberste  nach  unten,  das  mittlere  nach  oben  ausgiessen.  Der  Nabenteller  des 
mittleren  Laufrades  dient  zur  teilweisen  Ausbalancierung  der  rotierenden  Gewichte.  Die 
Leitschaufeln  sind  nach  dem  System  Schaad  aufgeführt  (vergl.  die  Einzelheiten  der 

Turbinen  auf  Taf.  LXIII,  Fig.  1  bis  3). 

Die  Leitschaufeln  sind  gleichsam  gespalten,  und  es  werden  die  äusseren  um  Bolzen  drehbaren 
Teile  gegen  die  festen  verdreht  and  verändern  dadurch  die  Eintrittsqnerschnitte.  Die  beweglichen  Teile 
der  Leitschaufeln  sind  durch  Lenker  an  die  hohlen  gnsseisernen  Regulierringe,  die  auf  Kugeln  gelagert 
sind,  angeschlossen  und  werden  gemeinsam  durch  eine  lotrechte  Regulierwelle  verdreht.  Die  Turbinen* 
welle  ist  in  drei  Halslagern  gelagert  und  durch  ein  Ringspurlager  gestützt,  welches  mit  Druekol  von 
80  Atm.  Pressung  gespeist  wird.  Das  Ringspurlager  ruht  auf  einem  gewölbten  Deckel,  der  eine  Montage» 
ftfimung  in  dem  Betonboden  verdeckt  Mit  Hilfe  des  Laufkrans  können  durch  die  Montageftffhunpen  alle 
Turbinenteile  auf  den  Maschinenflur  gehoben  und  wieder  an  Ort  und  Stelle  gebracht  werden. 

Da,  wie  gesagt,  das  Krafthans  unmittelbar  am  Fhiöse  liegt,  so  münden  die  Turbinen- 
kanäle auch  direkt  in  denselben  aus. 

Der  Maschinensaal  hat  eine  lichte  Länge  von  100,25  m  und  eine  Breite  von 
11,55  m,  sodass  bei  12000  PS«  installierter  Leistung  rd.  9,65  qm  pro  100  installierte 
PS«  zur  Verfügung  stehen.  Bemerkenswert  in  der  Anlage  ist  noch  der  Kabelkanal. 
Derselbe  liegt  unter  dem  Maschinenflur  an  der  flusseitigen  Wand,  ist  etwa  2,20  m 
breit  und  2,0  m  hoch  und  durch  grosse  Fenster  von  aussen  direkt  beleuchtet. 

Die  mit  den  Turbinen  gekuppelten  Dreiphasen- Wechselstrom generatoren6)  (vergl. 
Taf.  XXIV,  Fig.  4)  erzeugen  den  Strom  mit  8000  Volt  und  50  Per/sek.  In  einem  grossen 
Anbau  am  flussaufwärts  gelegenen  Ende  des  Krafthauses  ist  die  gesamte  Schaltanlage 
untergebracht.  (Näheres  vergl.  Kap.  DI,  6B.  Elektrischer  Teil  der  Krafthäuser  und 
Taf.  LXXVIH,  Fig.  1  u.  2.) 

Im  Kellergeschoss  stehen  die  Transformatoren,  welche  die  Spannung  eines  Teils  des  ersengten 
Stromes  von  8000  auf  25000  Volt  bringen  sollen.  In  dem  Baume  snr  ebenen  Erde  sind  die  8000  Volt 
Apparate  auf  speziellen  Gerüsten  angeordnet.  Nachdem  die  Leitungen  dort  die  Ausschaltet1  passiert 
haben,  gehen  sie  zu  einem  in  dem  Raum  dahinter  aufgestellten  Sammelsohienengerflst,  von  wo  ans  sie 
in  die  obere  Etage  und  je  nachdem  su  einem  für  die  abgehenden  8000  Volt  Fernleitungen  bestimmten 
Gerüst  oder  aber  zum  Niederspannungsgertkst  der  Transformatoren  gelangen.    Von  diesem   letzteren 

*)  Die  Turbinen  sind  von  Theodor  Bell  &  Co.  in  Kriens  (Schweiz)  geliefert. 
6)  Die  ganze  elektrische  Anlage  ist  von  der  A.-G.  Brown.  Boveri  <fc  Co.,  Baden  (Schweiz)  geliefert. 

28* 


486  IL    Theodor  Kokhh.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    BnenzLB. 

Gerüst  gehen  die  Leitungen  nach  unten  inr  8eknndlrsette  der  Transformatoren  and  fuhren  dann  warn 
der  Prinirseite  aas  wieder  nach  oben  in  den  Gerüsten  für  die  25000  Volt  Fernleitungen. 

In  der  ersten  Etage  befinden  eich  der  Sebalttiseh  and  die  Schalttafel,  in  der  obersten  Etage 
die  Btitischutsvorricbtungen. 

Die  Fernleitungen  nach  den  näher  gelegenen  Orten,  wie  z.  B.  nach  Baden,  wo* 
selbst  sich  die  Werkstätten  der  A.  0.  Brown  Boveri  &  Cie.  befinden,  haben  8000  Volt 
Spannung.  Ende  1904  waren  ausserdem  bereits  drei  grosse  Fernleitungen  mit  25000  Volt 
Spannung  ausgeführt  und  zwar  eine  nach  Rheinfelden  (ca.  46  km),  bestehend  aus  drei 
Drähten  von  je  7  mm  Dm.,  eine  zweite  von  etwa  34  km  nach  Entfelden,  bestehend  ans 
je  drei  Drähten  von  8  mm  und  schliesslich  eine  dritte  Doppelleitung  nach  Seebach  von 
rd.  35  km  Länge,  bestehend  aus  drei  Drähten  von  je  8  mm  Dm.  Von  der  letzt- 
genannten Leitung  zweigt  unter  anderen  eine  Leitung  nach  Zürich  ab. 


§  14.  Das  Kanderwerk  bei  Spiez  am  Thuner  See. 

Hierin  Tafel  XXY  and  XXVI1). 

Das  bezeichnete  Werk  ist  wasserbautechnisch  besonders  deshalb  für  uns  inter- 
essant, weil  es  ein  Beispiel  dafür  bietet,  wie  bei  günstiger  örtlichkeit  durch  einen  vei- 
hältnismässig  kleinen  Stauweiher  der  wirtschaftliche  Wert  der  Gesamtanlage  erheblich 
verbessert  werden  kann.  Elektrisch  hat  das  Werk  insofern  besonderes  Interesse  erweckt, 
als  es  den  Dreiphasen-Drehstrom  liefert  für  die  elektrische  Vollbahn-Anlage  zwischen 
Thun  und  Burgdorf,  welche  als  die  erste  in  Europa  mit  hochgespanntem  Wechselstrom 
bereits  1899  betrieben  wurde.  Das  Werk  ist  seit  1903  mit  dem  Elektrizitätswerk 
Hagneck  zu  der  „Vereinigte  Eander  &  Hagneck- Werke,  Akt.-Ges."  in  Bern  vereinigt.  Ein 
ungefähres  Bild  der  örtlichkeit  gibt  Taf.  XXV,  Fig.  3.  Die  Kander  hat  sehr  schwankende 
seU.  Wassermengen  und  starke  Geschiebe-Führung.  Die  für  Kraftzwecke  verfügbare 
Wassermenge  kann  im  Winter  auf  2  cbm/sek.  und  darunter  fallen,  dagegen  sollen 
während  8  bis  9  Monaten  immer  ca.  6  cbm/sek.  zur  Verfügung  stehen.  Sehr  günstig 
für  den  Wert  der  Wasserkraft  waren:  1.  das  grosse  Gefälle  zwischen  Kander  und 
Thuner-See  bei  verhältnismassig  geringer  Entfernung  zwischen  beiden  in  der  Luftlinie, 
2.  die  verhältnismässig  geringen  Schwankungen  im  Unterwasser-Spiegel  (Thuner-See)  und 
schliesslich  3.  die  schon  erwähnte  Möglichkeit,  auf  der  Höhe,  etwa  65,0  m  über  dem 
Krafthause,  und  auf  dem  direkten  Wege,  welchen  Kanal  und  Druckrohr  zu  nehmen  hatten, 
noch  nicht  0,9  km  von  dem  Krafthause  entfernt,  ohne  grosse  Kosten  einen  Stauweiher 
von  170000—200000  cbm  Inhalt  anlegen  zu  können. 

Das  Wehr  ist  etwa  1  km  oberhalb  der  Spiezwiler  Brücke  eingebaut.  Es  ist  nach 
einer  gelegentlich  der  Besichtigung  des  Werkes  vorgenommenen  Schätzung  etwa  34,0  m 
lang  und  besteht  aus  einem  festen  Überfallwehr  am  linken  Ufer  und  einem  Klappen- 
wehr am  rechten  (vergl.  Taf.  XXVI,  Fig.  1  und  2).  Der  Körper  des  festen  Oberfall- 
wehres sowohl  wie  der  massive  Unterbau  des  Klappenwehres  sind  aus  Beton  hergestellt 
und  nach  mündlichen  Angaben  auf  Pfählen,  beziehungsweise  zwischen  Spundwänden  ge- 
gründet Sowohl  an  das  feste  als  an  das  Klappenwehr  schliesst  sich  eine  durch  starke 
Rundhölzer  befestigte  Sturzbettstufe  an.  Darauf  folgt  ein  etwa  20,0  m  langes  Sturzbett 
in  Pflasterung  aus  grossen  Steinen,  welche  mit  Zement  vergossen  sind.  Das  Klappen- 
wehr besteht  aus  7  Klappen  von  je  rd.  2,0  m  Länge  und  0,60  m  Höhe  und  einer  am 

i)  Die  Abbildungen  sind  s.  T.  der  Elektrotechnischen  Zeitschrift  1900,  Heft  44  (Aufssis  von 
Prof.  Dr.  H.  Kupp)  entnommen  nnd  z.  T.  nach  Handskissen  des  Verfaasers  und  nach  Zeichnungen  der 
Turbinenfirma 


§14.  Das  Eakdbbwerk  bei  Spiez  am  Thüneb  See.  437 

rechten  Ufer  befindlichen  grösseren  Klappe  von  etwa  3,0  m  Länge  und  rd.  1,60  m  Höhe. 

Die  grosse  Klappe  ist  ans  Eisen. 

Vom  rechten  zum  linken  Ufer  fahrt  ein  beiderseits  verankertes  Tragseil,  an  welchem  ein  ein- 
facher Tragkorb  rar  Aufnahme  von  1  bis  2  Personen  auf  Bollen  schwebt.  Durch  ein  Ffihrangsseil  kann 
sich  der  Wärter,  wenn  er  im  Korbe  steht,  selbst  hin-  und  xurückxiehen  nnd  dnrcb  einen  Fiaschensng. 
welcher  am  Tragseil  gleichfalls  bewegt  werden  kann,  ist  der  Warter  imstande,  die  sieben  kleinen 
Klappen  niederzulegen  nnd  aufzurichten.  Wenn  die  kleinen  Klappen  aufgerichtet  sind,  strömt  das  ganze 
freie  Wasser  durch  die  letzte  grosse.  KlappenOffnung,  sodass  hier  die  Aarrichtung  der  Klappe  grossere 
Kräfte  erfordert.  Deshalb  ist  für  diesen  Zweck  auf  der  rechten  Ufermauer  eine  Winde-Vorrichtung  auf- 
gestellt und  verankert.  Das  Aufrichten  der  kleinen  Klappen  kann  bei  N.W.  Übrigens  auch  vom  Starzbett 
aus  mit  der  Hand  geschehen,  was  auch  angeblich  der  Einfachheit  wegen  meistens  gemacht  werden  soll. 

Die  Ufer  der  Kander  sind  vom  Wehr  abwärts  auf  der  linken  Seite  in  Länge  des 
Sturzbettes  mit  einer  im  Verband  ausgeführten  Steinpacknng  nnd  darüber  hinaus  mit 
Steinpflasterung  befestigt.  Das  rechte  Ufer  bilden  an  nnd  bei  dem  Wehr  die  Beton- Mauer 
des  Einlanfs  nnd  ihre  Verlängerungen.  Daran  schliessen  sich  dann  die  Böschungen  des 
regulierten  Flusses  an,  welche  gleichfalls  mit  Steinpflasterung  gesichert  sind. 

Die  Sohle  des  Einlaufe«  liegt  etwas  höher  als  die  Schwelle  der  grossen  Klappe, 
um  den  Eintritt  von  Geschiebe  in  den  Kanal  zu  verhindern.  Durch  drei  Schützen-Öff- 
nungen ist  der  Einlauf  absperrbar.  Die  massiven  Mauern,  welche  den  Einlauf  einfassen, 
liegen  mit  der  Krone  hochwasserfrei,  und  die  Vorderfläche  über  den  beweglichen  Schützen- 
tafeln ist  mit  einer  dichtschüessenden  Bohlenwand  abgeschlossen,  sodass  das  Hoch- 
wasser vom  Kanal  abgehalten  werden  kann.  Jede  Öffnung  ist  durch  zwei  über-  und  in 
parallelen  Ebenen  hintereinander  angeordneten  Tafeln  regulierbar.  Die  Höhe  der  unteren 
Tafel  ist  etwa  0,60  m,  diejenige  der  oberen  etwa  1,0  m.  Bei  Hochwasser,  wenn  der 
Flüss  viel  Geschiebe  führt,  ist  nur  die  obere  Schützentafel  gezogen,  während  man  bei  N.)V. 
nur  die  untere  zu  ziehen  braucht  und  das  Wasser  dann,  unter  die  obere  Tafel  unter- 
tauchend, in  den  Kanal  eintritt.  Auf  diese  Weise  kann  die  obere  Tafel  grössere 
Schwimmkörper  von  dem  Eintritt  in  den  Kanal  abhalten.  Vor  den  Schützen  ist  ein 
vertikaler  Rechen  aufgestellt.  Hinter  dem  Einlauf  schliesst  sich  ein  kleines  Kiesbecken 
mit  vertiefter  Sohle  und  Spülschütz  an. 

Der  Zufluss  zum  Werkkanal  wird  durch  hölzerne  Schützen  geregelt,  welche  am 
Ende  des  Kiesbeckens  eingebaut  sind.  Die  offene  rd.  680,0  m  lange  Kanalstrecke  hat 
ca.  1,0  m  Sohlenbreite,  1,50  m  normale  Wassertiefe  und  1,5  fache  mit  Steinpflasterung 
befestigte  Böschungen.     Das  Sohlen-Gefälle  beträgt  etwa  6°/oo. 

Vor  dem  Eingang  zum  Stollen  ist  ein  ca.  24,0  m  langer  Überlauf  am  linken 
Ufer  angelegt  (vergl.  Taf.  XXVI,  Fig.  3),  von  dem  aus  das  Wasser  in  einen  kaskaden- 
förmig  zur  Kander  abfallenden  Überlauf-Kanal  stürzt.  In  der  Krone  des  Überfalles 
sind  vertikale  I-Eisen  eingelassen,  um  durch  Vorsetzen  von  Bohlen  den  Wasserspiegel 
im  Bedarfsfalle  erhöhen  zu  können.  Diese  I-Eisen  tragen  ausserdem  eine  Bedienungs- 
brücke, welche  den  Zugang  zum  Wehre  vermittelt.  Durch  Vertiefung  der  Sohle  und 
Erweiterung  des  Profils  ist  vor  dem  Rechen  ein  kleines  Ablagerungsbecken  gebildet. 
Durch  einen  Gran  d-A  Mass  (a)  kann  das  Becken  gespült  werden.  Ein  schräg  gestellter 
Feinrechen  mit  20  mm  lichter  Weite  zwischen  den  Stäben  soll  Schwimmkörper  (besonders 
Laub)  zurückhalten.  Zur  Abführung  von  Stückeis  ist  in  der  linken  Ufer-Mauer  eine 
Eisschütze  (b)  angelegt.  Der  Einlauf  zum  Stollen  selbst  ist  durch  Schützen  abschliessbar. 
Der  Rechen  und  der  Raum  über  dem  Stolleneinlauf  sind  durch  ein  Holzhäuschen  überdeckt, 
dessen  Fussboden  ein  Bohlenbelag  auf  Holzbalken  bildet.  Dieser  Fussboden  ist  zu 
gleicher  Zeit  die  Bedienungsbrücke  für  den  Rechen  und  die  erwähnten  Schützen.  Das 
Häuschen,  welches  mit  einem  eisernen  Ofen  geheizt  werden  kann,  soll  dem  Wehrwärter, 
der  auch  den  Rechen  und  die  Schützen  zu  bedienen  hat,  Schutz  bei  schlechtem  Wetter 


IL    Theodor  Kosmr.    Ausbau  tot  WabebkrIcteh»    Beispiele. 


oder  grosser  Eilte  biet«.    Auch  die  Bildung  von  Eis  zwischen  den  Rechenstäben  bei 
strengem  Frost  kann  durch  die  Heizung  des  Hinsehens  verhindert  werden. 

Der  8toDen,  dessen  Querschnitt,  wie  derjenige  des  offenen  Kanals  für  6  cbm/sek. 
berechnet  sein  soll,  hat  eine  Länge  ron  rd.  860,0  m.  An  seiner  Ausmündung  liegt  ein 
Luftschacht,  in  welchem  der  Stollen  in  die  eiserne  Rohrstrecke  von  1800  mm  Dm.  fiber- 
geht. Letztere  führt  in  der  Sohle  des  Stauweihers,  denselben  in  einer  Lange  toi» 
226,0  m  dückerartig  durchquerend,  zu  der  Druckkammer. 

Der  Stau- Weiher  liegt  an  der  Stelle  eines  Moos,  d.  h.  einer  torfigen  Wiese, 
welche  ausgegraben  und  mit  Erddämmen  eingefasst  worden  ist.  Letztere  ruhen  grössten- 
teils bereits  auf  festem  Grunde«  Die  Sohle  des  Weihers  war  wegen  des  torfigen  Unter- 
grundes ohne  künstliche  Mittel  dicht,  sodass  auch  in  dieser  Beziehung  die  Örtlichkeit 
die  Anlegung  des  Weihers  sehr  begünstigte. 

Aus  jeder  Hälfte  der  zweiteiligen  Druckkammer  mündet  ein  Druckrohr  von  1600  mm 
innerem  Dm.  aus.  In  der  Trennungswand  der  beiden  Kammern  liegt  ein  Rohr  mit 
Schieber,  sodass  die  beiden  Kammern  beliebig  voneinander  getrennt  oder  in  Verbindung 
gesetzt  werden  können.  Ist  der  Zufluss  grösser  als  der  Bedarf  in  dem  Krafthause»  so 
findet  eine  Aufspeicherung  statt,  indem  das  Wasser  aus  der  Kammer  in  den  Weiher 
tritt  und  denselben  allmählich  auffüllt  Im  umgekehrten  Falle  ergänzt  das  Wasser  des 
Weihers  den  direkten  Zufluss  (vergl.  Taf.  XXVI,  Fig.  4a  und  b).  Der  Weiher  besteht 
ans  zwei  getrennten  Staubecken,  einem  kleineren,  durch  einen  Damm  ganz  von  dem 
grossen  getrennten,  und  dem  grossen  Becken.  Wenn  in  den  schwach  belasteten  und  be- 
triebßfreien  Stunden  nur  wenig  Wasser  zur  Aufspeicherung  übrig  ist  oder  wenn  der 
Bedarf  an  Zusatzwasser  aus  dem  Weiher  sich  nur  auf  kurze  Zeit  beschränkt,  so  kann 
es  vorteilhaft  sein,  die  Aufspeicherung  in  dem  kleinen  Becken  vorzunehmen,  weil  die 
Verluste  durch  Versickerung,  Verdunstung  und  besonders  durch  Eisbildung  kleiner  sind 
und  weil  man  den  Spiegel  im  kleinen  Becken  schneller  heben  und  deshalb  das  Wasser 
mit  durchschnittlich  höherem  Druck  ausnutzen  kann. 

Das  nutzbare  Gefälle  von  der  Druckkammer  bis  zum  Seespiegel  beträgt  durch- 
schnittlich 64,0  m  nach  Abzug  der  Reibungsverluste  im  Druckrohr.  Es  lassen  sich  dem- 
nach mit  rd.  5,62  cbm  eine  PS#?Stunde  und  mit  einem  Weiherinhalt  von  170000  cbm 
rd.  30250  PS»-St.  leisten.  Wenn  man  z.  B.  während  18  Stunden  1  cbm/sek.  aufspeichert, 
so  würden  für  die  6  Stunden  des  starken  Lichtbedarfs  64800  cbm  oder  rd.  11500  PS«-St. 
mehr  zur  Verfügung  stehen  vnd  man  könnte  während  der  6  Stunden  durchschnittlich 
rd.  1920  PS#  mehr  leisten. 

Es  sind  zwei  Dmokrohre  verlegt  von  je  1600  mm  lichtem  Dm.,  also  je  2,01  qm 
Querschnitt,  sodass  bei  6  cbm/sek.  die  Geschwindigkeit  etwa  1,5  m,  bei  9  cbm/sek. 
etwa  2,24  m  beträgt.  Auf  den  ersten  400,0  m  schmiegen  sich  die  Bohre  dem  nach 
dem  See  zu  massig  geneigtem  Terrain  an,  um  von  da  ab  ziemlich  steil  bis  zu  dem 
ca.  375,0  m  entfernten  Krafthause  abzufallen.  An  dem  Knickpunkte  ist  ein  gemauertes 
kreisrundes  Reservoir  von  schätzungsweise  7,0  bis  8,0  m  Dm.  errichtet  (vergl.  Taf.  XXV, 
Fig.  8),  auf  welchem  sich  ein  eisernes,  oben  offenes  Rohr  von  ungefähr  demselben  Dm. 
bis  über  die  Höhe  des  Wasserspiegels  im  Weiher  erhebt  und  in  dieser  Höhe  mit  einem 
Überfall  versehen  ist.  Hierdurch  werden  Wasserschläge  in  den  Druckrohren  auf  ein 
ungefährliches  Mass  beschränkt.  Die  genieteten  Rohre  sind  aus  Flusseisen  hergestellt 
und  in  Längen  von  6,0  m  durch  Flanschen  verbunden.  Da  die  Rohrleitungen  fast  ganz 
unterirdisch  verlaufen,  waren  besondere  Dilatations- Vorrichtungen  nicht  erforderlich. 
Die  Rohre  gehen  um  die  Südseite  des  Krafthauses  in  Krümmern  herum  und  sind  dann 
parallel  zur  Längswand  auf  den  vorspringenden  Pfeilern   der  Turbinen-Kanäle  neben- 


§  14.  Das  Kanderwerk  bei  Sitbz  am  Thihtjeb  See.  439 

einander  gelegt  und  am  Ende  durch  einen  Krümmer  miteinander  verbunden.  Der  hori- 
zontale Schub  im  Krümmer  wird  durch  den  Endpfeiler  und  die  Flanschenbolzen  aufge- 
nommen. Jedes  Druckrohr  kann  unabhängig  von  dem  anderen  abgesperrt  und  ausser 
Betrieb  gesetzt  werden. 

Der  Maschinensaal  des  Krafthauses  ist  83,0  m  lang,  11,5  m  breit  und  bis  zur 
Kranbahn-Oberkante  7,40  m  hoch.  Er  ist  eingerichtet  zur  Aufnahme  von  6  Turbinen*) 
von  je  900  PS«  bei  300  UmL/Min.  und  zwei  kleinen  Erregerturbinen  von  je  20  PSe  bei 
860  UmL/Min.  Es  kommen  also  auf  100  PS,  der  installierten  Hauptturbinen  rd.  7,39  qm 
Bodenfläche. 

Die  grossen  Turbinen  schlucken  bei  einem  Gefalle  von  65,0  m  1300  1 ,  bei  60,0  m 
1475  1,  die  kleinen  Turbinen  bei  61,0  m  Gefälle  zwischen  den  Wasserspiegeln  34  L 
Die  Turbinen  werden  als  Girard-Turbinen  bezeichnet.  Sie  haben  partielle  innere  radiale 
Beaufschlagung  und  horizontale  Welle.  Dem  Laufrad  wird  das  Wasser  durch  3x4  Leifc- 
Zellen  zugeführt.  Es  giesst  in  ein  hosenformiges  Gehäuse  aus,  welches  sich  unten  zu 
einem  Saugrohre  vereinigt  und  in  einem  flachen,  viereckigen  Kanal  in  den  See  resp.  in 
den  kurzen  Turbinenkanal  ausmündet.  Um  die  Saugwirkung  zu  gewährleisten,  musste 
der  Saugkanal  unter  dem  niedrigsten  Seespiegel  ausmünden  und  deshalb  vom  kreisrunden 
Querschnitt  allmählich  in  ein  flaches  Rechteck  übergehen.  Die  Reglung  der  Turbinen 
erfolgt  selbstwirkend  mittelst  eines  zwischen  Laufrad  und  Leitzellen  beweglichen  Spalt- 
schiebers, welcher  von  einem  Servomotor  betätigt  wird.  Zur  Sicherung  gegen  Wasser- 
schläge in  den  Druckrohren  ist  mit  der  Reglung  zwangläufig  ein  Sicherheitsventil  ver- 
bunden, welches,  wenn  die  Schieber  geschlossen  werden,  ein  Abflussrohr  aus  dem  Ge- 
häuse öffnet.  Das  Abflussrohr  wird  sofort  nach  der  Öffnung  langsam  selbstwirkend 
wieder  geschlossen,  so  dass  eine  Wasservergeudung  vermieden  wird.  Da  das  Laufrad 
der  Girard-Turbine  nicht  in  das  Unterwasser  tauchen  darf,  so  ist  eine  Einrichtung  mit 
Schwimmer  und  Luftventil  getroffen,  durch  welche  selbstwirkend  Luft  ins  Gehäuse  ge- 
führt wird,  sobald  der  Saugwasserspiegel  einen  gewissen  Stand  überschritten  hat. 

Die  kleinen  Erregerturbinen,  welche  unter  der  Bedienungsbrücke  des  Haupt- 
schaltbrettes aufgestellt  sind,  erhalten  ihr  Wasser  durch  Druckrohre  von  250  mm  Dm., 
welche  direckt  vom  Hauptdruckrohr  abzweigen.  Sie  giessen  in  ein  eisernes  Rohr  aus, 
welches  in  einen  Turbinenkanal  vertikal  ausmündet  und  unter  den  niedrigsten  Wasser- 
spiegel eintaucht. 

Die  16 poligen  Dreiphasengeneratoren8)  mit  festem  Anker  sind  mit  den  Turbinen- 
wellen durch  Flanschenkuppelung  verbunden.  Sie  leisten  620  KW  bei  4000  V.  ver- 
ketteter Spannung  und  40  Per./sek.  Der  maximale  Spannungsfall  beträgt  bei  165  Amp. 
und  4000  V.  induktiver  Belastung  18°/o.  Wenn  ein  Generator  seine  volle  Leistung 
ausschliesslich  auf  das  einphasige  Beleuchtungsnetz  abzugeben  hat,  so  kann  er  als  Ein- 
phasengenerator bei  4000  V.  ebenfalls  620  KW  liefern.  Dabei  beträgt  der  Spannungs- 
abfall bei  induktionsloser  Belastung  9,1  °/o. 

Jeder  Generator  tragt  auf  seiner  Welle  fliegend  eine  vierpolige  Gleichstromerregermaschine  von 
12  KW  bei  60  V.,  deren  Magnetgestell  auf -einem  am  Lagerbocke  angebolzten  konsolenartigen  Anbau 
ruht  Alle  mit  den  Generatoren  gekuppelten  Erregermaschinen  erhalten  ihre  Magneterregung  von  zwei 
GleichBtrommaachinen  von  14  EW  bei  125  V.,  welche  durch  die  erwähnten  kleinen  Turbinen  angetrieben 
werden.  Diese  Einrichtung,  welche  bei  den  von  der  liefernden  Elektrizitatsfirma  eingerichteten  Werken 
meistens  verwendet  worden  ist,  erleichtert  die  Reglang  auf  konstante  Spannung  der  Wechselstrom- 
maschinen, da  die  Erregung  unabhängig  von  den  Schwankungen  in  der  Tourenzahl  der  Hauptturbinen 
ist.  Die  Reglung  der  Klemmenspannung  der  Generatoren  wird  ausschliesslich  mit  Hilfe  des  sekunderen 
Erregerstromes  vollzogen  und  kann  sowohl  für  jede  einzelne  Maschine   als  auch  gruppenweise  oder 

')  ^liefert  von  der  A.-G.  der  Maschinenfabriken  von  Escher,  Wysa  &  Co.  in  Zürich. 
8J  Die  ganze  elektrische  Einrichtung  ist  von  der  A.-G.  Brown,  Boveri  &  Co.  geliefert. 


440  II.     Theodor  JCokhh.     Ausbau  ton  WaörkhkhXfte«.     Beispiele. 

padwMI  fOr  all«  erfolgen.  Ala  ein  weiterer  Vorteil  diese«  SyeWme  wird  anek  beieicb-Det,  dw,  da 
die  aakudlren  ■rregermucoiaei]  nur  ra.  6  Amp.  in  liefern  habeo,  die  ingehOrigea  Apparat«  (Uegulierr- 
widantande  etc.)  nur  klein  in  «ein  brauchen. 

Alle  Kabel  der  Maschinen  gehen  in  einem  geräumigen  Kabelkanal,  welcher 
unter  dem  ganzen  Maschinenhause  entlang  läuft ,  bis  zu  dem  Schaltraum  und  biegen 
hier  rechtwinklig  in  einen  anderen  Kabelkanal  ein ,  welcher  sieb  unter  dem 
Schaltraum    befindet   und   von    dem    ans    die   Kabel    in    die    obere   Etage   aufsteigen 

(rergl.  Taf.  XXVI,  Fig. 
Abb.  88.    Traaefarmatorwuaam  de»  Kandenrerka.  6  mi  gj      Wie  immei.i 

befinden  sich  auch  hier 
an  der  Schalttafel,  wel- 
che Ton  einer  durch 
Treppen  zugänglichen, 
etwa  3,0  m  ober  den 
Flor  liegenden  Brücke 
»us  bedient  wird,  nur 
Apparate  mit  niedriger 
Spannung  bezw.  strom- 
lose Hebel. 

Die  Schal  träume,  der 
Transformatorenraom , 
eine  Hontagehalle  und 
eine  Werkstatt  sind  in 
einem  Anbau  an  den 
Maschinensaal  unterge- 
bracht(vergl.Taf.XXV, 
Fig.4u.Taf.  XXVI,  Fig. 
5).  Der  Schaltraura  in 
Höhe  des  Maschinen- 
flures  hat  eine  Grund- 
fläche von  4,5  auf  1 5,0  m. 
Der  Transformatoren' 
räum,  welcher  sich  an 
diesen  Schaltraum  an- 
schliesst,  ist  rd.  9,0  m 
breit  und  11,50  lang. 
Er  ist  durch  eine  Wand 
von  dem  in  der  Ver- 
längerung liegenden, 
und  mit  einem  6  fr- 
Kran  bestrichenen 
Montageraum ,  dessen 
Breite  ebenfalls  9,0  m  und  dessen  Länge  rd.  4,0  m  beträgt,  getrennt  Der  Transformatoren- 
raum  ist  ausreichend  für  18  öltransformatoren  mit  Wasserkühlung  von  je  300  KW-Leistong 
bei  cos  o?  =  1  und  16  000  Volt  Überspannung,  welche  zn  beiden  Seiten  einer  in  der  Mitte 
n  Schiebebühne  aufgestellt  werden  können  (vergl.  Abb.  83).  Mit  der  Schiebebühne 
i  die  Transformatoren  in  den  Montageraum  zur  Reparatur  gefahren  werden.  Von 
dem  Traneformatorenranm  führen  die  Hochspannungsleitungen  durch  die  Decke  zu  dem 


§   14. 


Das  Kavderwbkk  bh  Suez  ah  Thuhke  Beb. 


441 


Tnmßformatorenflchaltraum.  Über  dem  Montageraum  liegt  der  Schaltraum  für  die  Fern- 
leitungen und  aber  demselben  in  dem  tnrmartigen  Aufbau  Bind  die  Blitzschutzvorrich- 
tnngen  etc.  untergebracht  (vergl.  Tai.  XXV,  Fig.  4).  Für  die  Schaltanlage  stehen  im 
ganzen  etwa  310,5  qm  Bodenflacbe  zur  Verfügung,  d.  i.  pro  100  installierte  PS*  ca, 
5,76  qin.  Diese  verhältnismässig  grosse  Flache  war  begründet  durch  die  Transforma- 
torenanlage  und  femer  durch  die  Trennung  der  Fernleitungen  in  drei  gesonderte  Betriebe. 
Der  reichliche  Baum  ist  der  Übersichtlichkeit  jedenfalls  sehr  zu  statten  gekommen. 

Zwei  Systeme  von  Sammelschienen,  welche  die  Bezeichnung  „Ruhig0  und  „Unruhig" 
führen,  gestatten,  dass 

der  Lichtbetrieb  vom  AVb-  **•   *™l«t««E  "»  Thnn«  8m. 

Kraftbetrieb  getrennt 
wird.  Diese  Trennung 
war  in  diesem  Falle  — 
jedenfalls  solange  als 
der  übrige  Anschluss 
noch  klein  war  und 
einen  Ausgleich  nicht 
zu  bieten  vermochte  — 
nötig,  weil  von  vorn- 
herein von  dem  Werke 
die  bereits  erwähnte 
elektrische  Vollbahn 
Thon- Burgdorf  gespeist 
werden  muaste,  bei  wel- 
cher natnrgemäss  sehr 
starke  Schwankungen 
in  der  Stromabnahme 
stattfanden.  Nach  eini- 
gen näher  gelegenen 
Ortschaften  (Spiez,  Fan- 
lenaeebad  etc.)  wird  der 
Strom  ohne  Transfor- 
mierung mit  der  Span- 
nung der  Generatoren 
(4000  V.)  geführt. 

Die  Hochspan- 
nungsleitung mit  16000 
V.  führt  nach  Thun, 
von  wo  aue  sie  sich 
in  eine  Leitung  nach 
Bern  und  in  eine  zweite 

nach  Burgdorf  gabelt.  Die  Hauptleitung  bis  Thun  ruht  anf  Gittermasten,  welche  auf 
Auslegern  zwei  imprägnierte  Rundhölzer  tragen.  An  diesen  sind  die  Isolatorenträger 
mit  durchgehenden  Bolzen  befestigt.  Die  beiden  Gruppen  der  Leitungen  sind  durch  ein 
geerdetes  Schntznetz  voneinander  getrennt,  sodass  Arbeiten  an  der  einen  Gruppe  vor- 
genommen werden  können,  ohne  gleichzeitig  auch  die  andere  ausser  Betrieb  setzen  zu 
(vergl.  Abb.  84).   Jeder  Gittermast  ist  in  einem  Betonklotz  fundiert. 

Da  der  Lichtbetrieb  eine  grosse  Rolle  spielt  nnd  der  Kraftstrom   meistens  nur 


442  IL    Theodor  Kosmr.    Ausbau  von  WabbbrkbAftkb.    Beispiele. 

wahrend  der  Tagesstunden  abgenommen  wird,  so  hat  sich  der  Stauweiher  bereits  sehr 
bewahrt,  denn,  wenn  man  nur  mit  100000  cbm  nutzbarer  Füllung  rechnet,  kann  aus  dem- 
selben während  6  Stunden  ein  Zuschuss  von  5  cbm/sek.  entnommen  werden,  was  bei 
wasserarmer  Zeit  eine  Kraftvermehrung  von  3200  PS,  bedeutet.  Der  Wert  des  Weihers 
wird  dadurch  noch  vermehrt,  dass  das  Netz  des  Kanderwerkes  mit  dem  des  Elektrizit&te- 
Werkes  Hagneck  verbunden  worden  ist  und  dass,  da  letzteres  bereits  den  grQssten  Teil 
seiner  Kraft  fest  untergebracht  hat,  eine  volle  Ausnutzung  der  verfugbaren  Wassermengen 
in  der  Kander,  soweit  es  mit  den  vorhandenen  baulichen  und  maschinellen  Anlagen 
Oberhaupt  möglich  ist,  erreicht  werden  kann.  Über  die  Anlagekosten  enthält  die  Tabelle  I 
S.  246/246  eine  Zahl  und  zwar  für  die  Gesamtkosten  des  sogenannten  wasserbaulichen 
Teiles.  Bei  dem  Übergang  des  Kanderwerkes  an  die  neue  Gesellschaft  wurde  das  ge- 
samte Kanderwerk  mit  4885000  Frs.  in  Ansatz  gebracht,  wovon  auf  Leitungsnetze  und 
Transformatorenstationen  rd.  1650000  Frs.  entfielen. 


g  15.    Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  der  Stadt  Genf  bei 
Ch&vres  an  der  Rhone.  Hier™  Tafeixxvn  und  xxvmi). 

Vor  Durchfuhrung  des  grossen  Sanierungswerkes  der  Stadt  Genf  hatten  die  Be- 
wohner der  tiefer  gelegenen  Teile  oft  durch  die  wechselnden  Wasserstände  und  die  zeit- 
weiligen Überflutungen  des  Sees  und  der  Rhone  zu  leiden,  und  das  um  so  mehr,  weil  der 
See  und  der  Fluss  durch  die  Kloaken,  welche  direkt  in  sie  ausmündeten,  in  gesundheits- 
gef&hrlicher  Weise  verunreinigt  waren.  Zahlreiche  kleine  Triebwerke  hatten  sich  an  der 
Rhone  unterhalb  der  Ausmündung  aus  dem  See  systemlos  angesiedelt  und  bildeten  während 
mehr  als  zwei  Jahrhunderten  ein  unüberwindliches  Hindernis  für  eine  Besserung  der 
Zustande.  Häufige  Brände  und  die  zeitweise  Entwertung  der  kleinen  Wasserkräfte  durch 
die  Entwicklung  der  Dampfmaschinen  haben  als  wirksamste  Bundesgenossen  schliesslich 
die  Verwaltung  der  Stadtgemeinde  Genf  in  die  Lage  gebracht,  sich  in  den  Besitz  aller 
Triebwerke  bis  zu  dem  etwa  800,0  m  unterhalb  des  Ausflusses  aus  dem  See  gelegenen 
Orte  Coulouvreniere  zu  setzen  und  6in  grosszügiges  Werk  durchzuführen.  Nach  umfang- 
reichen Projektierungsarbeiten  begann  die  Stadt  Genf  1883  mit  der  Ausführung.  Für 
ihre  Entwicklung  ist  das  Werk  von  grösster  Bedeutung  geworden.  Es  hat  den  Ruf 
Genfs  als  einer  in  gesundheitlicher  Beziehung  auf  der  Höhe  stehenden  Fremdenstadt  neu 
befestigt,  und  es  hat  der  Klein-  und  Grossindustrie  durch  Lieferung  billiger  Kraft  die 
Mittel  zu  neuem  Aufschwung  geboten.    Seine  drei  Hauptteile  waren: 

1.  Die  Erbauung  von  zwei  grossen  Kanalisationssammlern  längs  beider  Ufer  des 
Sees  und  der  Rhone  bis  unterhalb  La  Coulouvreniere. 

2.  Die  Errichtung  eines  Stauwerkes  daselbst  zur  Regelung  des  Seespiegels  und 
Gewinnung  einer  grossen  Wasserkraft. 

3.  Die  Erbauung  einer  grossen  Wasserkraftanlage  zur  Lieferung  von  Wasser  für 
hygienische  und  Kraftzwecke  und  Verteilung  derselben  durch  ein  weitverzweigtes  Rohrnetz. 

Im  Jahre  1886  konnte  das  Werk  dem  Betriebe  übergeben  werden. 

Wahrend  im  Jahre  1888  die  Einnahme  der  Wasserwerke,  welche  die  Stadt  damals  mittelst 
mehrerer  kleiner  Turbinen  and  mittelst  Dampfbetrieb,  821527  Frs.  betrag,  —  es  waren  nur  129  Motore 

i)  Die  Abbildungen  sind  tum  grdssten  Teile  ans  der  Veröffentlichung  der  Stadt  Genf:  Usioe  de 
Cheyrea.  Travaux  execates  par  la  Ville  de  Geoeve  de  1893—1899  soas  la  direction  de  Mona.  Th.  Turetttni 
(rergl.  auch  S.  24  dieses  Bandes)  nnd  zum  kleineren  Teil  ans  der  Zeitscbr.  d.  V.  deutscher  Ing.  1896, 
8.  1229  u.  ff.  (Aufsatz  von  J.  Fr.  Hey)  entnommen. 


§  15.  Das  Wasserkkaft-Ei^ktbizitatswkrk  Chävrks  a.  d.  Rhone.  448 


mit  zusammen  145  PS«  angeschlossen  —  stiegen  bin  1896  die  Umnahmen  auf  911577  Fre.  und  die  Anzahl 
der  Motore  anf  888  mit  8186  PS*. 

Schon  im  Jahre  1892  hatte  sich  die  dringende  Notwendigkeit  einer  grösseren  Er- 
weiterung der  Kraftanlage  herausgestellt.  Da  inzwischen  die  Überlegenheit  der  Elektrizität 
für  Licht-  und  Kraftverteilung  sich  bereits  gezeigt  hatte,  gewann  schliesslich  unter  anderen 
Projekten  dasjenige  die  Oberhand,  wonach  die  Stadt  die  Konzession  zur  Ausnutzung  der 
Wasserkräfte  der  Rhone  zwischen  La  Coulouvreni&re  und  einer  einige  Kilometer  unter- 
halb des  Ortes  Chövres  gelegenen  Stelle  zu  erwerben  und  bei  Chevres,  unmittelbar  ober- 
halb einer  alten  Mühle,  ein  Kraftwerk  zu  errichten  hatte,  um  die  gewonnene  Kraft  in 
Form  von  elektrischer  Energie  nach  Genf  und  den  an  der  Rhone  und  den  Seeufern  in 
erreichbarer  Entfernung  liegenden  Orten  zu  fuhren.  Die  Konzession  wurde  von  der  kan- 
tonalen Regierung  im  November  1892  auf  99  Jahre  erteilt.  Nach  Ablauf  der  Konzession 
sollen  die  sämtlichen  Anlagen,  abgesehen  von  dem  elektrischen  Netz,  dem  Kanton  unent- 
geltlich anheim  fallen,  wobei  letzterer  verpflichtet  bleibt,  die  Hälfte  der  vorhandenen 
Kraft  an  die  Stadt  weiter  zu  liefern.  Dem  Kanton  ist  ausserdem  eine  gewisse  Beteili- 
gung gesichert  von  dem  Betrage,  welcher  nach  Abzug  von  6  °/o  für  Verzinsung  und  Til- 
gung verbleibt2). 

Eine  besondere  Anregung  zur  Beschleunigung  der  Ausführung  bot  die  für  1896 
in  Genf  projektierte  schweizerische  National- Ausstellung  und  tatsächlich  ist  es  gelungen, 
von  dem  Werke  bei  Chfevres  für  die  Ausstellung  Licht  und  Kraft  zu  liefern. 

Die  Rhone  macht  unterhalb  La  Coulouvreniere  viele  Windungen  und  ist  zwischen 
hohen  und  zum  Teil  dicht  an  den  Fluss  herantretenden,  meist  bewaldeten  Hängen  ein- 
geschnitten. Nur  an  einzelnen  Stellen  flacht  sich  das  Ufer  ab  und  ist  dann  mit  Wein 
bepflanzt  oder  sonst  ackerbaulich  ausgenutzt.  Die  Wassermenge  der  Rhone  hatte  vor 
der  Errichtung  des  Stauwerkes  bei  La  Coulouvreniere  zwischen  50,0  und  520,0  cbm/sek.  ge- 
schwankt. Die  höchste  bekannte  H.W.-Menge  soll  700  cbm/sek.  betragen  haben.  Durch  die 
Errichtung  der  Turbinehanlage  und  für  Zwecke  derselben  konnte  man  die  mirimale- 
sekundliche  Wassermenge  auf  100,0  cbm/sek.  erhöhen,  und  die  grösste  Differenz  der 
Wasserspiegel  im  See  auf  0,60  m  ermässigen  (vergl.  auch  S.  224).  Ausser  vielen  kleinen 
Bächen  ergiesst  sich  in  die  Rhone  auf  der  Strecke  bis  Chevres  —  etwa  2  km  unterhalb  des 
Ausflusses  aus  dem  See,  also  etwa  1,2  km  unterhalb  der  Turbinenanlage  La  Coulouvreniere 
—  die  Arve.  Sie  führt  sehr  schwankende  Wassermengen  und  bei  Hochwasser  ungeheure 
Mengen  von  Geschiebe  und  Sinkstoffen  mit  sich  (vergl.  S.  129).  Die  geringste  beobachtete 
Wassermenge  beträgt  20,0  cbm/sek.,  die  grösste  1136,0  cbm/sek.  Durch  die  Anlagen  bei  La 
Coulouvreniere  wurde  es  möglich,  beim  Hochwasser  in  der  Arve  das  Wasser  der  Rhone  soweit 
zurückzuhalten,  als  es  nicht  für  den  Betrieb  des  dortigen  Werkes  unbedingt  gebraucht  wurde. 
Man  konnte  deshalb  bei  Chfevres  auf  eine  geringste  Wassermenge  von  120,0  cbm/sek. 
rechnen  und  bei  Hochwasser  in  der  Arve  als  Maximalzufluss  der  Rhone  92,0  cbm/sek. 
festsetzen,  sodass  sich  für  die  Berechnung  der  Wehröffnungen  bei  Chevres  ein  Maximum 
von  1136  +  92  =  1228,0  cbm/sek.  ergab.  Gleichzeitig  war  aus  den  direkten  Wasser- 
mengen-Messungen ermittelt,  dass  der  Zuwachs  der  sekundlichen  Wassermenge  bei  ge- 
wöhnlichem Hochwasser  in  24  Stunden  etwa  400,0  cbm/sek.,  beim  höchsten  Hochwasser 


*)  Bezüglich  der  nenn  kleinen  Triebwerke,  welche  infolge  der  Anlage  des  Kraftwerkes  Chevres 
eingehen  mussten,  bestimmte  Artikel  III  der  Konzession :  ,La  ville  devra,  dans  le  delai  de  deux  anneea, 
s'engager  a  restituer  auz  usiniers  riverains  du  Rhone,  au  für  et  ä  mesure  des  besoins  et  saus  aggra- 
vation  de  charges  pour  eux,  la  force  hydraulique  moyenne  dont  ils  disposent  actuellement  et  ä  leur 
payer  des  indemnites  equitables  en  cas  de  chömage  resultant  de  l'execution  des  traveaux.  Ces  indemnites 
seront  fixees  ä  dire  d'experts  et  en  cas  de  contestation  ulterieure  par  les  tribunaux  competants." 


444  II.    Theodor  Kobhn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Bhsfible. 

640,0  cbm/sek.  betrag,  was  für  die  Feststellung  der  Zeit,  während  welcher  alle  Schütsen- 
öffnungen  gehoben  werden  müssen,  von  Wichtigkeit  war.  Das  Projekt,  welches  schliess- 
lich zur  Ausführung  bestimmt  wurde,  sah  ein  Schützenwehr  unmittelbar  oberhalb  der  alten 
Mühle  bei  Ghfevres  vor,  durch  welches  das  N.W.  des  Winters  von  +361,86  auf  +  370,00, 
das  normale  Sommerwasser  von  +  364,25  auf  +  368,60  gestaut  werden  sollte,  durch  welches 
sich  aber  beim  höchsten  H.W.  in  der  Rhone  nur  ein  Stau  von  1,83  m  ergab.  Da  das 
höchste  Hochwasser,  welches  nur  aus  der  Arve  kommen  kann,  schnell  verlauft  und 
auch  nur  im  Sommer  vorkommt,  so  spielt  es  für  die  Bewertung  der  Kraftanlage  keine 
erhebliche  Rolle.  Durch  Einsetzen  aller  installierten  Turbinen  konnte  man  darauf  rechnen, 
auch  beim  höchsten  Hochwasser,  d.  h.  wenn  das  Gefalle  sich  auf  1 ,83  m  reduzierte,  noch 
eine  hinreichende  Kraft  für  die  Betriebe,  welche  keine  Unterbrechung  dulden,  zu  er- 
zielen. Auf  den  Nutzeffekt  kommt  es  selbstverständlich  in  solchen  Fällen  gar  nicht  an, 
daWasser  mehr  als  zuviel  vorhanden  ist. 

Hiernach  ergab  sich  als  ein  wichtiger  Programmpunkt,  dass  in  dem  Kraftwerk  Tur- 
binen aufzustellen  waren,  welche  beim  höchsten  Gefälle  von  8,10  m  80  Touren  machten  und 
bei  möglichst  hohem  Nutzeffekt  1200  PS«  ergaben,  und  welche  bei  4,30  m  Gefälle  800  PS. 
bei  der  gleichen  Umdrehungszahl  lieferten,  wobei  dann  allerdings  der  Nutzeffekt  bis  auf 
60°/o  herabgehen  konnte,  daWasser  im  Sommer  reichlich  zur  Verfügung  stand.  Auf  die 
Tourenzahl  von  80  musste  man  Gewicht  legen,  um  die  elektrischen  Generatoren  noch 
direkt  mit  den  Turbinen  kuppeln  zu  können,  ohne  allzu  grosse  Dimensionen  zu  erhalten. 

Die  Gesamtanordnung  der  Anlage  (vergl.  Taf.  XXVII,  Fig.  1)  besteht: 

a)  Aus  einem  Wehr  von  75,0  m  Länge  zwischen  dem  linken  Uferpfeiler  und  dem 
rechten  Endpfeiler,  eingeteilt  durch  je  3,0  m  dicke  Pfeiler  in  6  Öffnungen 
k  10,0  m  Lichtbreite ; 

b)  aus  der  Trennungsmauer  zwischen  Rhpne  und  Unterwasserkanal; 

c)  aus  dem  kurzen  Einlaufbecken  als  Zufuhrungskanal; 

d)  aus  dem  Krafthause  und 

e)  aus  einer  Verbindungsmauer  zwischen  dem  rechten  Wehrpfeiler  und  dem  Kraft- 
hause. 

Der  BauTorgang  war  der  folgende: 

1.  Periode:  Herstellung  der  Trennungsmaner  (in  Fig.  1  Taf.  XXVII  mit  .Damm1  bezeichnet) 
zwischen  Unterwasserkanal  and  Rhone ;  anschliessend  daran  En  ichtnng  iweier  Fangedamme  qaer 
herüber  bis  tum  linken  Ufer  and  die  Fertigstellung  des  Wehres  im  Schatze  dieser  Fanged&mme. 

2.  Periode:  Beseitigung  der  Fangedimme  ad  1  and  Erriehtnng  noaer  Fangodamme  von  der 
Tronnangnianer  zam  rechton  Ufer,  am  im  Schatte  derselben  das  Einlaufbecken,  das  Kraft- 
haas and  den  Unterwasserkanal  anzulegen. 

8.  Periode:  Aufstellung  der  hydraulischen  and  elektrischen  Maschinen  and  Vorlegung  der 
Fernleitung  nach  Genf. 

Am  18.  Januar  1893,  einen  Tag  nach  der  definitiven  Beschlussfassung  des  Gemeinde- 
rates, ist  mit  der  Ausfuhrung  begonnen  und  bereits  im  Sommer  1896  ist  Strom  nach 
Genf  zur  Ausstellung  geliefert. 

Das  Rhonobett  besteht  an  der  Wehrstelle  aus  Molasse  und  ist  am  rechten  Ufer 
tiefer  ausgewaschen  als  am  linken,  sodass  bei  niedrigem  Wasser  im  Winter  die  Molasse 
des  linken  Ufers  zutage  trat.  Den  Querschnitt  der  in  der  ersten  Bauperiode  herzu- 
stellenden Trennmauer  zeigt  Taf.  XXVII,  Fig.  7. 

Mit  Rucksicht  auf  das  niedrige  Wasser  während  der  Gründung  dieser  Mauer  hat  es  genügt,  xu  jeder 
Seite  der  in  die  Molaase  eingesprengten  Baugrube  eine  leichte  Schatzwand  aus  je  einer  hochkantig  gestellten 
Bohle  aufzustellen  und  sie  mit  etwaa  Ton,  welcher  sich  am  linken  Ufer  reichlich  vorfand,  dicht  zu 
machen.  Je  nach  der  Beschaffenheit  der  Molaaae  musste  man  mehr  oder  weniger  tief  ausbrechen.  Am 
unteren  Ende  befand  sich  eine  schiechte  Lage,  sodass  es  dort  ausnahmsweise  nötig  wurde,  die  8ohle 
der  Baugrube  bis  auf  2,0  m  unter  Frassohle  herabzutreiben.    Das  Fundament  der  Mauer  ist  hergestellt 


§  16.  Das  Wim ■KBAJg-EutKTWgrlMWMK  Chetbbs  a.  d.  Rhone.  446 

ans  Beton  in  einer  Mischnng  von  250  kg  hydraulischem  Kalk  auf  1  ebm  Beton.  Die  Aufgebend«  Hauer 
ward«  mit  einer  Hixtbnng  von  200  kg  gestampft  und  nnr  die  Krone  ist  in  einer  Schicht  tod  0,14  bis 
0,15  m  in  Portland- Zement  mit  einer  Mischung  von  800  kg  hergestellt 

Das  obere  Ende  dieser  Trennungsmauer  bildet  zu  gleicher  Zeit  den  rechtes 
Pfeiler  des  Wehres.  Derselbe  ist  wegen  seiner  grösseren  Beanspruchung  in  Portland- 
Zementbeton  in  einer  Mischung  von  400  kg  für  des  Fundament  und  300  kg  für  das  auf- 
gehende Mauerwerk  ausgeführt.  Die  ganze  137,60  m  lange  Trennungsmauer  wurde  mit 
einem  3  cm  starken  Putz  aus  fetterem  Zementmörtel  versehen.  An  diese  Trennungs- 
maaer  schlössen  sich  dann  die  beiden  Fangedamme  zum  linken  Ufer  an,  deren  Quer- 
schnitte Taf.  XXVII,  Fig.  2  zeigt.    Von  der  linksseitigen  Baugrube  gibt  Fig.  3  ein  Bild. 

Abb.  85.  Ansicht  des  aufwärts  gelegenen  Fangedammes  der  ersten  Banpenode,  TargL  Taf.  XXVII,  Fig.  2a. 


Um  die  Aufstellung  de«  oberen  Fangedamniee  im  Trockenen  vornehmen  in  können,  hatte  man 
sonlehat  stromaufwlrts  einen  kleinen  Damm  von  dem  Abtrageboden  hergestellt,  welcher  ans  der  Bau- 
grube dea  linksseitigen  Uferpfeilers  gewonnen  wurde  (vergl.  Abb.  85).  Dieser  Damm  hatts  etwa  5,0  m 
Breite  anf  der  Fluesoble  und  seine  Lange  betrug  etwa  68,80  ra  in  seinem  oberen  Teil.  Der  Bohlenbelag 
das  Fangedammes  nach  der  Vorderseite  in  war  ans  6  cm  starken  Bohlen  gebildet,  deren  Fagen  sorg- 
fältig kalfatert  wurden.  Die  Bohlen  waren  auf  alten  Eisenbahnschienen  befestigt,  welche  wagereoht 
anf  die  Bocke  gelegt  wurden.  Das  untere  Ende  der  Bohlen  war  in  einen  Schlitz  eingelassen,  welcher 
iu  der  Holasse  dea  FJusabettea  gehauen  war  und  welcher  dann  mit  Zement  zur  Abdichtung  ausgefällt 
wurde.  Der  untere  Fangedamm  wurde  beiderseitig  bekleidet,  um  zu  verhindern,  dass  derselbe  im  Falle 
Eindringens  von  Wasser  in  die  Baugrube  umgeworfen  wurde.  Um  gegebenenfalls  Wasser  ins  Innere  dieses 
Fangedammes  lassen  zu  können,  wurden  verschiedene  kleine  Öffnungen  gemacht,  deren  Deckel  mittelat 
Ketten  von  einer.  Lauf  brücke  aus  aufgesogen  werden  konnten.  Die  Oberkant«  der  Verschalung  dea  oberen 
Fangedammea  lag  anf  +  865,50,  d.  h.  1,25  m  unter  dem  höchsten  Hochwasser,  die  Verschalungaoberkante 
dea  unteren  Fangedammes  auf  -J-  864,50  m. 

Trotz  des  tragfähigen  und  wasserundurchlässigen  Untergrundes  sind  zur  grösseren 
Sicherung   gegen   ünterspülnng   drei  Grundmauern   in  der   ganzen   Länge  des  Wehres 


446  IL    Thäoeoe  Koshv.    Ausbau  von  Wasserkräfte*.    Beispiele. 

durchgeführt,  welche  0,60  m  breit  und  0,50  m  tief  in  den  gesunden  Felsen  der  Flosaohle 
einbinden  und  ans  Beton  hergestellt  sind  (vergL  Taf.  LV,  Fig.  3  zu  Kap.  III.  3  Schütxen 
gehörig).  Um  den  Vorboden  und  den  Abfallboden  gegen  die  Angriffe  des  Geschiebes  zu 
schützen,  sind  sie  mit  kiefernen  Balken  (b)  von  0,20  auf  0,20  m  belegt,  welche  reihenwein 
durch  eiserne  im  Beton  verankerte  T-Stücke  gehalten  werden.  Für  die  Pfeilerköpfe  oberhalb 
und  unterhalb  sind  segmentförmige  Vorspränge  des  Fundaments  gebildet.  Etwa  3,60  m 
aufwärts  der  Mittellinie  des  Wehres  liegen  die  Schwellen  der  Schützen,  welche  für  jede 
Öffnung  aus  zwei  Gusstücken  (d)  von  5,81  m  Länge  hergestellt  sind.  Diese  Gusstücke  sind 
auf  das  Genaueste  zusammengepasst  und  die  Schlussfläche  ist  gehobelt.  In  der  Mitte  sind 
die  beiden  Stücke  durch  Bolzen  zusammengehalten  und  in  die  Pfeiler  dringen  sie  je  0,81  m 
ein.  Die  Schlussfläche  der  Schwelle  liegt  26  cm  über  dem  Vorboden.  In  der  hinteren 
Seite  der  Gusstücke  sind  grössere  viereckige  Öffnungen  gelassen,  um  das  sorgfaltige 
Ausfüllen  des  Hohlraumes  unterhalb  der  Schlussfläche  mit  Beton  zu  ermöglichen. 

Die  linke  Ufermauer  ist  oberhalb  und  unterhalb  durch  zwei  Flügelmauern  fort- 
gesetzt und  ausserdem  durch  eine  4,0  m  lange  und  2,0  m  dicke  Ankermauer  mit  der 
Böschung  des  Ufers  verbunden,  um  Hinterspülungen  wirksam  zu  verhüten. 

An  dem  rechten  Pfeiler  des  Wehres  ist  stromaufwärts  eine  8,40  m  lange  sporn- 
artige Betonmauer  angeschlossen8),  deren  Krone  -f-  365,55  liegt  und  welche  dazu  dienen 
soll,  das  Geschiebe  in  die  Wehröffnung  zu  leiten. 

An  die  Mauer  schliesst  sich  die  Grudsehwelle  aus  Beton,  an  (vergl.  Taf.  XXVII, 
Fig.  6),  welche  das  Einlaufbecken  etwa  lotrecht  zur  Stromrichtung  schneidend,  Geschiebe 
von  ersterein  abhalten  soll. 

Die  Pfeiler  des  Wehres  reichen  in  derselben  Starke  und  Länge  bis  9,75  m  über 
den  Vorboden  hinauf.  Von  da  ab  sind  die  Mittel-  und  Endpfeiler  auf  4,46  m  verkürzt 
und  nochmals  4,80  m  hoch.  Diese  Pfeilerstücke  nehmen  die  Fortsetzung  der  Falze  für 
die  Schützen  auf  und  tragen  oben  die  Bedienungsbrücke.  Stromaufwärts  und  abwärts  sind 
in  den  Pfeilern  Dammbalkenschlitze  vorgesehen,  um  Reparaturen  vornehmen  zn  können. 

Die  eisernen  Schützentafeln,  System  Stoney,  und  ihre  Aufzugsvorrichtungen  sind 
im  Kap.  HI,  4  Schützen  beschrieben  und  auf  Taf.  LV,  Fig.  3  bis  13  dargestellt. 

In  der  zweiten  Bauperiode  standen  für  den  Abfluss  des  Wassers  die  Öffnungen 
des  Wehres  zur  Verfügung  und  es  wurden  zur  Trockenlegung  der  Baugrube  wiederum 
zwei  Fangedämme  von  der  Trennungsmauer  zwischen  Rhone  und  Unterwasserkanal  nach 
dem  rechten  Ufer  zu  errichtet. 

Da  aber  die  Schwellen  der  Wehröffnungen  auf  +  861,50  liegen,  die  natürliche  Fluasohle  am  rechte* 
Ufer  dagegen  sum  Teil  bis  auf  +  859,0  vertieft  war,  so  nrasate  hier  eine  kräftigere  Ausfthrung  der  Fange- 
damme Platz  greifen.  Ihre  Erbaanng  in  dem  reissenden  Wasser,  welches  zunächst  trots  Öffnung  der 
8chfttsen  des  Wehres  auf  dem  rechten  Ufer  verblieb,  wäre  ohne  einen  Schatzdamm  nicht  möglich 
gewesen.  Man  mosste  deshalb  damit  beginnen,  im  Anschisse  an  den  rechten  Pfeiler  des  Wehres  einen 
8chutzdamm  ans  grossen  Betonblöcken,  welche  durch  den  Strom  nicht  bewegt  werden  konnten,  zu 
schütten  und  denselben  dann  durch  das  Ausbrachematerial  aus  den  Baugruben  des  Wehres  erhöhen. 
Dieser  Schutidaram  wurde  nicht  geradlinig  gemacht,  sondern  man  folgte  der  geringsten  Tiefe  der  Sohle 
und  sehloss  ihn  an  das  Ufer  etwa  75,0  m  oberhalb  der  Mittellinie  des  Wehres  an.  Die  Krone  di< 
Steindammes  lag  auf  +  865,0.  Im  ganzen  waren  2183,0  cbm  an  Blocken  und  Steinen  nötig,  um  il 
herzustellen  (vergL  Tai.  XXVII,  Fig.  5).  Erst  nach  Fertigstellung  dieaes  Schutsdammes  konnte  man 
an  die  Herstellung  der  eigentlichen  Fangedämme  gehen,  da  nunmehr  das  Wasser  nach  dem  Wehre  zu 
abgewiesen  wurde.  Der  obere  Fangedamm  wurde  aus  zwei  Reihen  alter  Schienen  gebildet,  welche  in 
einem  Abstände  von  4,0  m  voneinander  in  die  Molasse  hineingetrieben  wurden.  In  jeder  Reihe  stand 
alle  2,0  m  eine  Schiene.     Auf  der  Vorderkante  der  stromaufwärts  stehenden  Schienenreihe  wurden 


*)  Auf  der  Taf.  XXVII,  Fig.  1  ist  diese  Mauer  nicht  dargestellt,  wohl  aber  im  Grundrias  der 
Baugrube,  Fig.  4. 


Das  Wassebkraft-ElektbizitItbwkrk  Ch£vbes  a.  d.  Rhone.  447 

ntige  Hftlser  angebracht  und  auf  diese  die  Bohienversehalnng  genagelt  Nach  oben  wurde  der 
amm  durch  ein  hölzernes  Gerüst  verlängert,  welches  gleichfalls  mit  Bohlen  verschalt  wurde  und 
rbeitsbrflcke  trug  (Tai.  XXVII,  Fig.  4).  Der  Raum  iwischen  den  ßchienenreihen  wurde  dann  mit 
hfittnngen,  wie  sie  beim  Aushub  der  Baugrube  gewonnen  wurden,  ausgefüllt  Auch  die  ganze 
aufwärts  des  Fangedammes  bis  an  den  Schutzdamm  heran  war  mit  dem  Ausbruchsmaterial 
lieh  vollgepackt,  sodass  man  die  Baugrube  gegen  einen  Wassereinbruch  von  oben  her  genügend 
>rt  hatte.  Die  Konstruktion  des  unteren  Fangedammes  ergibt  sich  ans  der  Zeichnung  (Taf.  XXVII, 
.  Es  gelang,  die  Baugrube  so  weit  zu  dichten,  daas  mit  den  beiden  schon  bei  der  ersten  Bau« 
>  verwendeten  Baupampen  —  einer  Pumpe  von  10  cbm  Leistungsfähigkeit  in  der  Stunde  und  einem 
en  Pulaometer  —  das  Wasser  leicht  gehalten  werden  konnte. 

Das  Einlaufbecken  liegt  zwischen  dem  Krafthause  und  dem  rechten  Ufer.    Es 
im  Teil   im  Einschnitt  durch  Abtrag  des  alten  Abhanges  am  rechten  Ufer  herge- 

,  zum  Teil  durch  Ausfüllung  der  Flussohle. 

Das  Material  des  Einschnittes  bestand  im  wesentlichen  aus  grobem  Kies  und  konnte  daher  sehr 
ur  Fabrikation  der  17580  cbm  Ifotonmasse  verwendet  werden,  welche  für  das  Krafthaus  notig 

Die  Ausfüllung  der  tiefen  Stellen  der  alten  Flussohle  ist  mit  dem  Aushub  der  Baugrube  des 
lanses  und  des  Unterwasserkanais  bewirkt 

Die  Breite  des  Beckens  ist  an  der  oberen  Ecke  des  Krafthauses  40,0  m  und  ver- 
rt  sich  bis  auf  14,0  m  am  unteren  Ende.  Bis  etwa  15,0  m  über  die  verlängerte 
e  des  Wehres  stromaufwärts  hinaus,  wo  die  schon  erwähnte  Grundschwelle  den  Ab- 
iss  bildet,  ist  die  ganze  Sohle  des  Beckens  mit  einer  30  cm  starken  Betonsohle 
stigt  und  gedichtet.  Der  Beton  besteht  aus  einer  Mischung  von  200  kg  Puzzollan- 
>nt  auf  den  cbm.  Die  ganze  Sohle  ist  dann  noch  mit  einer  Putzschicht  von  3  cm 
ke  aus  Zementmörtel  abgeglättet. 

Man  hatte  hn  Herbst  1904  *)  bereits  begonnen,  eine  Mauer  zu  errichten,  welche  von  dem  rechten 
ar  des  Wehres  in  einer  gekrümmten  Linie  bis  etwa  165,0  m  oberhalb  der  Wehrachse  zum  rechten 
lufer  herübergehen  und  deren  Krone  nach  m  Bndlichen  Angaben  etwa  auf  +  365,75  gelegt  werden 
>.  Diese  Mauer  wurde  mittelst  Pressluftgrttndung  und  fliegender  Caissons  hergestellt  *).  Durch  diese 
nr  durfte  das  Geschiebe  sehr  wirksam  zur  Wehröffnung  geleitet  werden,  während  sich  dasselbe  vor 
lten  Grundschwelle  ablagern  und  wegen  der  Abschrägung  des  oberen  Sockels  diesen  überspringen  konnte. 

Eine  mit  hölzernen  Zangen  verbundene  Pfahlreihe  bildet  die  untere  Stütze  des 
hens  (vergl.  Taf.  XXVIII,  Fig.  1  und  4).  Die  Schwelle  des  Rechens  liegt  aber  bündig 
der  Sohle  des  Beckens.  Es  können  also  Geschiebe  und  Sinkstoffe,  welche  erst  einmal 
las  Becken  hineingelangt  sind,  ohne  weiteres  in  die  Turbinen  gelangen.  Deshalb 
fte  es  sich  empfohlen  haben,  die  Schwelle  des  Rechens  durch  einen  scharfkantigen 
onsockel  zu  bilden  (vergl.  Kap.  III,  2  Werkkanale).  Der  Rechen  stützt  sich  oben 
en  ein  U-Eisen,  welches  auf  den  vorspringenden  Pfeilern  des  Krafthauses  gelagert 
Die  einzelnen  Rechenstäbe  sind  9,0  m  lang,  12  mm  dick  und  120  mm  hoch.  Ihre 
tfernung  von  Mitte  zu  Mitte  beträgt  ca.  4  cm  und  wird  durch  Stehbolzen  sicherge- 
llt. Die  Rechenstäbe  vor  den  fünf  ersten  Turbinen  haben  einen  grösseren  Abstand 
leinander. .  Da  aber  hier  grössere  Steine  mit  hindurebgerissen  werden,  welche  in  den 
itapparaten  der  Francis-Turbinen  ernste  Betriebsstörungen  hervorgerufen  haben  würden, 
isste  der  Abstand  der  Rechenstäbe  vor  den  neuen  Turbinen  verringert  werden.  Zur 
inigung  des  engeren  Rechens  ist  eine  Holzbrücke  auf  dem  Rechen  selbst  angebracht 
rden.  Die  dreieckigen  Flächen  an  den  beiden  Stirnseiten  des  Rechens  sind  durch 
Sprechende  Tafeln  aus  Rechenstäben  geschlossen..  Die  Rechenstäbe  sind  zu  Rahmen  von 
wa  1,0  m  Breite  durch  U-Eisen  zusammengefasst  und  durch  Streben  an  zwei  Stellen 
ischen  Fnss  und  Kopf  nochmals  unterstützt5). 

Die  Böschungen  des  Beckenufers  sind  von  der  Sohle  bis  auf  die  Höhe  von  +  368,00 

9)  Bei  der  Besichtigung  der  Anlage  durch  den  Verfasser. 

<)  Dnrch  Conrad  Zschokke  in  Aarao. 

5)  In  Fig.  1,  Taf.  XXVII  sind  die  Streben  nicht  dargestellt. 


448  IL    Theodor  Kokhn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

mit  einer  Verkleidung  ans  hydraulischem  Kalkbeton  (200  kg  pro  1  cbm)  in  einer  Dicke 
von  0,25  m  versehen  nnd  darüber  bis  zur  Höhe  von  +  371,00  ist  das  Ufer  mit  einer 
Steinpflasterung  bedeckt,  welche  mit  hydraulischem  Kalkmörtel  ausgegossen  würde.  Die 
Neigung  der  Böschung  ist  1 :  7*-  Auf  der  Höhe  von  +  371,00  ist  ein  Weg  von  3,0  m 
Breite  angelegt  Jenseits  desselben  entspricht  die  Neigung  der  Böschung  dem  natürlichen 
Böschungswinkel  des  kiesigen  Bodens  und  ist  nicht  mehr  besonders  befestigt.  Ein  Weg 
von  5,0  m  Breite  führt  mit  einem  Gefalle  von  6  °/o  zum  Krafthause  hinab.  Am  unteren 
Ende  des  Beckens  geht  die  Uferböschung  in  eine  gekrümmte  Betonmauer  über,  welche 
ihrerseits  in  das  Mauerwerk  des  Krafthauses  einbindet. 

Zwischen  dem  rechten  Pfeiler  des  Wehres  und  dem  Maschinenbau**  schliesst  eine 
gekrümmte  Betonmauer  das  Becken  von  dem  Unterwasser  ab.  Diese  Mauer  ist  wegen 
des  hohen  Wasserdruckes  durch  radiale  Strebepfeiler  abgestützt  (vergl.  Abb.  86).  In 
derselben  befindet  sich  in  dem  ersten  Felde  neben  dem  Endpfeiler  des  Wehres  eine  Eid- 
schütze und  stromaufwärts  von  der  letzteren  ist  in  der  Rhone  eine  doppelte  Pfahlstellung 
für  eine  Brücke  geschlagen,  welche  auf  der  vorderen  Pfahlreihe  eine  Bohlenver- 
kleidung trägt,  um  das  schwimmende  Eis  vom  Becken  zurückzuhalten  und  nach  der 
Eisschütze  hinzuweisen6).  In  demselben  Felde  mit  «der  Eisschütze,  aber  unmittelbar  neben 
dem  Endpfeiler  des  Wehres,  ist  eine  Fischleiter  angelegt. 

Das  Krafthaus  hat  eine  Gesamtlänge  von  137,0  m,  ausreichend  zur  Aufstellung 
von  15  Turbinen  von  je  1200  PS0  normaler  Leistung  bei  einem  Gefalle  von  8,15  m. 
Durchschnittlich  konnte  man  bei  +  357,50  festen  Baugrund  finden;  nur  an  einzelnen 
Stellen  ist  es  nötig  geworden ,  tiefer  herunterzugehen,  teilweise  bis  zu  -f-  356,0.  Die 
Fundamente  sind  in  Stampfbeton  ausgeführt  und  zwar  zum  grössten  Teil  in  Portland- 
Zement-Beton  (200  kg  Zement  auf  einen  cbm  Beton),  teilweise  auch  in  Zement  und 
hydraulischem  Kalk.  Der  Maschinentiur  liegt  auf  -f-  372,50.  Die  ganze  Länge  ist  ein- 
geteilt in  18  Kammern  von  7,50  m  Breite  von  Achse  zu  Achse,  welche  durch  1,50  m  dicke 
Wände  voneinander  getrennt  sind. 

Vom  Unterwasser  nach  dem  Oberwasser  gezählt,  enthalt  die  erste  Kammer  in  zwei  Blumen 
flbereinander  die  ölpumpen,  in  der  zweiten  Kammer  sind  die  drei  Erregerturbinen  aufgestellt  Die 
dritte  Kammer  enthalt  ganz  unten  mit  der  Sohle  auf  4*  858,0  einen  8pfllkanal  für  das  Kinlaufbecken. 
Am  Ende  des  letzteren  befindet  sich  die  Spalschfltse  zu  diesem  Spulkanal  Hinter  der  Sehutse  fällt 
das  Wasser  in  einem  senkrechten  8chachte  von  2,60/2,50  m  Weite  bis  auf  +  862£8  ah,  geht  unter  den 
ZnfBhrnngakanal  der  Erregertnxbinen  hindurch  nnd  mündet  in  das  untere  Gewölbe  des  erwähnten 
Spfllkanales  ans.  Der  Zufuhrungskanal  für  die  Erregerturbinen  liegt  gleichfalls  in  der  dritten  Kammer 
nnd  zwar  Aber  jenem  Spfllkanal.  Er  steht  mit  den  drei  Turbinenkammern  durch  drei  Öffnungen  in 
Verbindung.  Neben  diesem  Zafflhmngskanal  der  Erregertnrbinen  befindet  sich  anf  gleicher  Hohe,  aber 
durch  eine  Betonmauer  getrennt,  ein  Baum,  welcher  durch  einen  8chacht  mit  dem  Spulkanal  in  Ver- 
bindung steht  nnd  dessen  Revision  gestattet.  In  dem  Baume  unter  dem  Maschinenflnr  in  der  dritten 
Kammer  sind  die  Reservoirs  für  das  Drucköl  und  der  Windkessel  für  die  Pressluft  zum  Ausblasen  der 
Generatoren  untergebracht 

Die  5  zuerst  aufgestellten  Turbinen 7)  sind  konische  Reaktions-Doppelturbinen  (vergl. 
Taf.  LXII,  Fig.  4—7),  An  einer  vertikalen  Welle  sind  zwei  dreifache  Radkränze  über- 
einander montiert.,  welche  so  dimensioniert  sind,  dass  die  unteren  Kränze  allein  bei  dem 
Wintergefälle  1200  PS6,  die  unteren  und  oberen  zusammen  aber  bei  4,30  m  Gefälle  noch 
800  PS«  bei  80  Uml./Min.  liefern  können.  Die  Beaufschlagung  erfolgt  von  aussen.  Die 
später  aufgestellten  10  Turbinen  sind  zentrifugale  Francis-Reaktionsturbinen  mit  vier  Lauf- 
kränzen übereinander  von  gleicher  Leistungsfähigkeit  wie  die  konischen  Turbinen,  aber 
mit  120  Uml./Min.  (vergl.  Taf.  XXVIII,  Fig.  1). 

*)  Abb.  86  ist  die  Wiedergabe  einer  Aufnahme  aus  einer  Zeit,  als  diese  Eiaabr  eiser-Brücke 
noch  nicht  vorbanden  war.  In  Kap.  III,  6.  Krafthäuser,  A.  Baulicher  Teü  findet  sich  eine  \bb.,  welche 
diese  Brücke  in  der  gegenwärtigen  Verfassung  zeigt. 

7)  Alle  15  Turbinen  sind  von  Escher -Wy es  &  Co.  in  Zürich  geliefert. 


Das  Wasbbbkbaft-Elbkt&izitItswbik  Ch^vres  A.  d.  Rhonk.  449 

Jede  Turbinenkammer  ist  durch  eine  Drebschütze  mit  horizontaler  Achse  vom 
en  abgeschlossen,  und  zwar  ist  die  Konstruktion  dieser  Drehscfa  ätzen  für  beide  Tur- 
isysteme  angenähert  dieselbe. 

Die»«  Drehacbotien  nnd  in  Kap.  III, 
mtxpn   beschrieben.      Sie  drehen  «ich 
ier    horizontale  Bolzen   nnd   werden 
Ist  einer  Kette  gehoben  nnd  gesenkt, 
•  «ich    am  eine  Trommel  aufwickelt. 
wird  durch  eine  Schraube  ohne  Ende 
in  Zahnrad  in  Bewegung  gesellt  und 
in  dem  einen  oder  dem  anderen  Sinne, 
hdein  eine  Ein rOckro rrichtuog,  welche 
aof   einer    für   alle  Turbinen    gemein- 
tliehen    Trenamiesiona welle    befindet, 
ir   einen   oder  der  anderen  Richtung 
schaltet    wird    (vergl.    Tef.    XXVIII,      g 
1  u.  3).     Die  gemeinschaftliche  Traue-      2 
onawelle  wird   durch  einen  Motor  an-      Jf 
eben,  aber  ea  iat  auch  Torgeseben,  nie     ■£ 
«n  falle  von  Hand  bewegen  ia  können.     -3 
rollkommene  Hebung  einea  Torea  Ter-       . 
;  etwa  fünf  Minuten.    Der  Zug  in  der      X 
»  betragt  5328  kg.  2 

Über    den   Turbinenkammern     *j 
unter  dem  Maschinenflur  befindet    m 
für  jede  Turbine  ein  Raum,  in     J 
;hem    das   Hanptstützlager    der    •« 
lle  untergebracht  ist.    Dorch  Öff- 
gen  in  den  Mauern  ist  eine  Ver-     J 
lung  zwischen  allen  diesen  Rau-    £ 
i  hergestellt.     Ebenso  sind  alle     «, 
■kammern   zu   den   Turbinen,    in     "Z 
eben  sich  die  Drehschützen  be-    .£ 
len,  durch  Öffnungen  in  den  Wän-    J 
t   und   durch    hölzerne   Brücken 
einander  verbanden,  sodass  jede      . 
mmer  leicht  zugänglich  ist  (vergl.    £j 
L  XXVIH,    Fig.  1).     Nach  dem 
terwasserkanal    zu    springen    die 
jnnnngswände   der   Turbinenkam- 
rn  um  3,0  m  vor   die  Krafthaus- 
nd  vor  nnd  bilden  hier  die  Pfeiler 
-  eine  Brücke  ans  Beton  und  Eisen, 
Iche  längs  des  ganzen  Krafthauses 
tlang  läuft  (vergl.  Abb.  86).  In  die- 
ii  Pfeilerroreprün^en  waren  Damm- 
lkonscliliüe  angebracht,  durch  wel- 
e  ermöglicht  werden   sollte,    die 

irbinenksmmern  trocken  zu  legen.  Aach  nach  der  Seite  des  Beckens  sind  die  Trennungs- 
inde  zwischen  den  Turbinenkammern  über  die  Maschinenhauswand  verlängert,  um  hier 
e  Bedienangsbrücke  des  Rechens  zn  tragen.  In  diesen  Pfeüervorsprüngen  Bind  gleich- 
.113  Dammbalkenschlitze  angeordnet  (vergl.  Taf.  XXVIII,  Fig.  1). 

BaeM  tm  Inc-WlaeeoML    HL  Teil.    IS.  Bd.  og 


450  IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

Et  sei  hier  gleich  bemerkt,  daes  der  Verschlaft*  der  Kammern  nach  dem  Unterwasser  an  durch 
Dammbalken  sich  für  schnelle  Reparaturen,  wie  sie  der  Bebrieb  erfordert,  als  unzureichend  heraus- 
gestellt hat,  insofern,  als  das  Einbringen  and  Aasheben  der  Dammbalken,  sowie  ihre  Dichtung  and  die 
Entleerung  decKammern  xuvicJ  Zeit  beanspruchte.  Man  hat  deshalb  einen  schwimmenden  eisernen  Ponton 
konstruiert,  welchen  man  im  Falle  einer  Reparatur  in  die  Mflndangsöffhung  jeder  Turbinenkammer  hinein- 
fahren kann,  nachdem  an  allen  Pfeilerköpfen  der  Teil  des  Mauerwerkes,  welcher  vom  Schlitz  nach  aussen 
zu  lag,  abgestemmt  worden  war.  Der  Ponton  wird  nach  dem  Einfahren  mit  Wasser  gefallt,  senkt  sich 
allmählich  bis  auf  die  Sohle  und  wird,  sobald  man  anfängt,  das  Wasser  aus  der  Kammer  su  pumpen, 
durch  den  Aasseren  Druck  fest  gegen  die  Auflagerflachen  gedrückt.  Auf  diese  Weise  ist  es  möglich 
in  kurier  Zeit  eine  Kammer  zu  entleeren  und  trocken  zu  legen. 

In  der  Mitte  des  Maschinenhauses  liegt  der  Schaltraum  in  einem  Vorbau,  welcher 
3,0  m  vorspringt  und  30,0  m  lang  ist.  Die  äussere  Wand  desselben  stützt  sich  durch 
gusseiserne  Säulen  auf  die  vorspringenden  Kammerpfeiler  und  wird  von  Trägern  aus 
armiertem  Beton  getragen,  welche  auf  den  Säulen  ruhen.  Die  erwähnte  Bedienungsbrücke 
für  das  Einfahren  des  Pontons  und  das  Entleeren  der  Kammer  geht  auf  diese  Weise 
frei  hindurch.  Von  der  Verwendung  der  einzelnen  Etagen  des  Schaltraumvorbaues  wird 
später  noch  die  Rede  sein. 

Über  der  ersten  Kammer  des  Maschinenhauses,  vom  flussabwärts  gerichteten 
Ende  an  gerechnet,  befinden  sich  in  Höhe  des  Maschinenflurs  und  in  einer  darüber 
gelegenen  Etage  die  Bureaus. 

Ein  Laufkran  von  30,0  t  Tragfähigkeit  kann  den  ganzen  Maschinenraum  be- 
streichen. Die  Höhe  des  Maschinensaals  bis  zur  Oberkante  der  Fahrbahn  des  Kraus 
beträgt  7,0  m,  die  Höhe  bis  zur  Oberkante  Dachbinder  9,20  m.  Die  Bedachung  ist  in 
Holzzement  hergestellt.  Längs  der  nach  dem  Unterwasser  zu  gelegenen  Maschinenhaus- 
wand  läuft  in  einer  Höhe  von  2,80  m  über  dem  Flur  eine  Fussgängerbrücke,  welche 
dazu  dient,  den  vielen  Besuchern  die  gefahrlose  Besichtigung  der  Anlage  zu  ermöglichen. 

Aus  drei  gesonderten  Gründen  musste  man  zur  Wahl  von  Turbinen  mit  stehender 
Welle  gelangen,  nämlich:  1.  wegen  der  geringen  Wasserspiegeldifferenz  bei  Hochwasser 
(1,83m),  2.  weil  man  die  elektrischen  Maschinen  und  den  Kabelkanal  hochwasserfrei 
legen  musste  und  3.  weil  die  Erd-  und  Mauerarbeiten  billiger  wurden.  Bei  liegenden 
Maschinen  hätten  ganz  erheblich  grössere  Massen  des  steil  ansteigenden  Uferabhanges 
abgetragen  und  die  Betonfundamente  viel  breiter  werden  müssen. 

Die  fünf  zuerst  aufgestellten  Kegelturbinen  besitzen  zwei  dreifache,  sich  konisch  nach  oben 
verjüngende  Laufkranze  Übereinander,  die  fliegend  auf  der  gemeinschaftlichen  Welle  sitzen.  Die  gnas- 
eisernen  Leitschanfelkränze  sind  auf  der  Sohle  ihrer.  Kammern  fest  verankert  Die  unteren  drei  Kränze, 
welche  einen  etwas  grosseren  Durchmesser  haben  als  die  oberen,  stehen  so  tief,  daas  sie  ganz  anter 
Druck  arbeiten,  die  oberen  arbeiten  zum  Teil  mit  Saug  Wirkung.  Die  Regulierung  erfolgt  für  jede 
Turbine  durch  drei  miteinander  verbundene,  im  horizontalen  Sinne  bewegliche  Schieberringe,  deren 
8tege  in  ganz  geschlossenem  Zustande  gerade  die  Eintrittsöffnungen  decken,  in  ganz  offenem  Zustande 
aber  gerade  auf  der  Ringflache  zwischen  zwei  Eintrittsöffnungen  Platz  finden.  Auf  diese  Weise  ist  die 
Bewegung,  welche  die  Schieber  zu  machen  haben,  auf  ein  Minimum  reduziert  (vergl.  Taf.  LXII,  Fig.  4—7 
Kap.  111,  5,  Turbinen).  Je  eine  vertikale  Steuerwelle  bewegt  einen  Schieber.  Soll  ein  Turbinensatz  in 
Qang  gesetzt  werden,  so  öffnet  die  Regulierung  zuerst  den  Schieber  der  unteren  drei  Kranze  und 
bei  8,50  m  Gefalle  geben  diese  allein  die  erforderliche  Kraft  ab  und  erreichen  die  vorgeschriebene 
Tourenzahl.  Bei  kleinerem  Gefalle  folgt  dann  nach  und  nach  die  Öffnung  des  oberen  Schiebers.  Alle 
Kranze  werden  von  aussen  beaufschlagt  und  deshalb  kommt  zu  dem  Gewichte  der  Turbine  und  des 
auf  derselben  Welle  sitzenden  Teiles  der  Dynamomaschine  noch  der  Wasserdruck.  Die  Turbinenwelle 
ist  viermal  geführt.  Ihr  Gewicht  und  der  Wasserdruck  wurden  in  einem  sehr  kräftigen  Ringspurlager, 
welches  unter  15  Atmosphären  Öldruck  steht,  ausbalanciert  Die  Ringe  sind  so  breit  gemacht,  dass 
bei  der  Bewegung  die  Welle  mit  ihren  Belastungen  auf  Drucköl  schwimmt.  Dieses  Ringspurlager  ist 
in  der  Höhe  des  ersten  Flures  unter  dem  Maschinenflure  untergebracht.  Es  wird  mittelst  Kahlschlangen 
durch  Wasser  fortdauernd  gekohlt  Für  die  ersten  fünf  Turbinen  wird  das  Drucköl  von  einer  zentralen 
Druckpumpe  geliefert,  während  die  später  aufgestellten  Turbinen  anderen  Typs  jede  ihre  eigene  öl« 


1. 


§15.  Das  Wasbbbkbapt-ElektbizitItbwehk  Gh£vrks  a.  d.  Rhone,  ^ 

pumpe  erhalten  haben.  Dieselbe  Druckülleitung  fthrt  auch  das  öl  zu  den  Servomotoren,  Welche  die 
Stenerwelle  der  Turbinenschieber  antreiben.  Jeder  Servomotor  ist  anf  dem  Maschinenflure  unmittelbar 
bei  der  Dynamomaschine  aufgestellt.  Die  Kolbenstangen  des*  Servomotors  wirken  auf  die  vertikalen 
Regulierwellen  and  diese  darcb  einen  Doppelhebel  auf  die  Ringschieber.  In  der  Regel  wird  nur  ein 
Schieber  reguliert.  Bei  grossem  Gefalle  sind  die  oberen  Turbinenkränze  ganz  geschlossen  und  nur  die 
unteren  werden  reguliert  und  bei  schwachen  Gefällen  bleiben  die  drei  unteren  Kränze  ganz  geöffnet 
und  nur  die  oberen  Kränze  werden  reguliert. 

Wenn  für  die  später  gelieferten  10  Turbinen  das  beschriebene  System  verlassen 
wurde,  so  lag  das  zum  Teil  daran,  dass  sich  das  schwer  belastete  Ringsparlager  doch  als 
ein  Übelstand  herausstellte,  ferner  daran,  dass  sich  die  Schieber  allmählich  ausschliffen, 
wodurch  der  dichte  Verschluss  verloren  ging  und  der  Nutzeffekt  der  Turbinen  abnahm 

und  schliesslich  daran,  dass  man  eine  höhere  Tourenzahl  als  80  wünschte. 

Die  zentrifugalen  Francis-Doppelturbinen  haben  je  2  Doppelkränze  an  einer  Welle.  Alle  Kränze 
werden  von  innen  beaufschlagt.  Der  Eintritt  des  Druckwaasers  erfolgt  bei  dem  zweiten  und  vierten 
Kranz  von  unten,  bei  dem  ersten  und  dritten  von  oben.  Das  von  unten  einströmende  Wasser  druckt  direkt 
auf  die  Laufradnabe,  während  das  von  oben  einströmende  Wasser  im  ersten  und  dritten  Kranz  durch 
einen  an  dem  Leitrade  festsitzenden  Kegel,  welcher  ein  Pockholzlager  der  Welle  trägt,  geführt  wird, 
sodass  auf  diese  beiden  Kränze  nur  der  Spaltdruck  wirkt.  Auf  diese  Weise  wird  durch  den  hydrau- 
lischen Druck  nach  oben  auf  den  zweiten  und  vierten  Kranz  bereits  das  Gewicht  der  Welle  und  der 
Turbinen  selbst  vollkommen  ausbalanciert,  sodass  nur  noch  das  Gewicht  des  elektrischen  Magnetradea 
durch  ein  Spurlager  ohne  künstlichen  Öldruck  aufzunehmen  war.  Von  den  zehn  Turbinen  sind  fünf 
speziell  für  das  grosse  Wintergeffclle  und  fünf  speziell  für  das  kleinere*  Sommergefalle  konstruiert,  um 
jederzeit  möglichst  wirtschaftlich  zu  arbeiten«  Die  Turbinen  schlucken  bei  einem  Gefälle  von  4,3  m  und 
einer  Leistung  von  860  PS«  21,5  cbm/sek. 

Jede  Welle  besteht  aus  drei  Stacken,  welche  durch  Muffen  miteinander  gekuppelt  sind,  und  ist 
viermal  geführt  und  zwar  unten  auf  einem  Stehlager,  zweimal  in  den  Turbinen  an  den  Körpern  der 
beiden  Leiträder  und  oben  an  dem  festen  Gestell  der  Dynamomaschine.  Die  Leiträder  sind  auf  dem 
Beton  der  Zu-  und  Abfuhrungskanäle  verankert  Die  Regulierung  erfolgt  durch  vertikale,  äussere  Ring- 
schieber,  welche  durch  je  drei  Druckstangen  auf  und  ab  bewegt  werden.  Je  zwei  Schieber  eines  Doppel- 
kranzes werden  beim  Schlieasen  und  öffnen  gleichzeitig,  aber  im  entgegengesetzten  Sinne  bewegt.  Die  drei 
Druckstangen  des  oberen  Schiebers  greifen  in  dieselben  drei  Zahnräder  wie  die  drei  Druckatangen  des 
unteren  Schiebers,  aber  auf  der  entgegengesetzten  Seite,  ein  und  öffnen  und  schlieasen  so  die  Austritts- 
öffnungen, der  Laufräder.  Jeder  Doppelkranz  kann  für  sich  allein  reguliert  werden.  Für  jede  Turbine 
ist  ein  besonderer  ölservomotor  mit  Fliehkraftregler  aufgestellt,  ebenso  eine  besondere  ölpumpe  mit 
Windkessel,  welcher  das  Pressöl  für  den  Servomotor  liefert.  Zu  jeder  ölpumpe  gehört  auch  ein 
besonderes  Beinigungsreservoir,  in  welchem  das  öl,  welches  vom  Regulator  zurückkommt,  von  Unrein- 
liohkeiten  befreit  wird.  Der  Servomotor  der  Zentrifugalturbinen  ist  fast  der  gleiche  wie  derjenige  für 
die  konischen  Turbinen,  nur  dass  natürlich  hier  die  Übersetzung  der  Bewegung  des  Kolbens  auf  die 
Regulierungsgestänge  eine  andere  ist.  Die  drei  Erregerturbinen,  von  deren  Aufstellung  schon  früher 
gesprochen  wurde,  sind  wie  die  zuerst  aufgestellten  fünf  Turbinen  Kegelreaktionaturbinen.  Entsprechend 
der  geringeren  hier  zu  leistenden  Kraft  von  150  PSe  bei  150  Touren  besteht  jeder  Turbinensatz  nur  aus 
einer  Kegelturbine  mit  drei  Kränzen  übereinander.  Das  Turbinengehäuse  ist  ganz  geschlossen  und  das 
Wasser  wird  durch  ein  gekrümmtes  Rohr  der  Turbine  zu-  und  durch  ein  Saugrohr  in  den  Entlastungs- 
kanal abgeführt.  Diese  Turbinen  gebrauchen  bei  voller  Belastung  und  bei  einem  Gefälle  von  4,30  m 
4000  1/sek.,  bei  einem  Gefälle  von  6,50  m  1760  1/sek. 

Die  ersten  5  Turbinen  sind  mit  Wechselstrommaschinen,  System  Thury  5),  gekuppelt. 

Jeder  dieser  Generatoren  wiegt  70 1,  wovon  auf  die  Welle  und  das  bewegliche  Magnetrad  12 1  entfallen. 
Es  sind  Gleichpolmaschinen«),  bei  denen  nicht,  wie  bei  den  neuerdings  fast  ausschliesslich  verwendeten 
Wechselpolmaschinen,  ein  positiver  Magnetpol  auf  einen  negativen  folgt,  sondern  bei  denen  nur  gleich- 
namige Pole  aufeinander  folgen.  Es  kehrt  sich  deshalb  die  Richtung  der  induzierenden  magnetischen 
Kraftlinien  nicht  um,  sondern  dieselben  bleiben  gleich  gerichtet  und  das  Feld  wechselt  nur  zwischen 
Null  und  einem  gleichnamigen  Maximum.  Der  feste  Teil  der  Maschinen  besteht  aus  einer  zylindrischen 
Glocke  von  4,50  m  Dm.  und  2,20  m  Höhe.  Diese  Glocke  trägt  in  sich  in  Form  von  zwei  übereinander 
gestellten  C  die  Wickelung  der  zwei  Ankerringe  sowohl  als  auch  diejenige  der  zwei  Feldmagneten.    Alle 

*)  Geliefert  von  der  Compagnie  de  l'Industrie  ßlectrique  in  Genf. 

6)  Vergl.  F.  üppenborn,  Deutscher  Kalender  für  Elektrotechniker  1905,  S.  192. 

29* 


452  IL    Theodob  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkraft*!!.    Beispiele. 


stehen  also  fest  Das  bewegliche  Magnetrsd  besteht  aas  euer  an  der  Welle  befestigtes» 
Gasstahlgloeke  mit  zwei  gezahnten  Krausen.  Jeder  Kraus  besitzt  84  radial  gerichtete  Zahne.  Ji 
System  von  Magnetwickelung  und  Anker  gibt  einen  Btnphasenweehse Istrom  von  2750  Volt,  46 
und  150  Ampere  bei  Toller  Belastung.  Werden  die  beiden  Systeme  einen  Generators  in  Serie  hinter- 
einander geschaltet,  so  gibt  die  Maschine  Strom  mit  5500  Volt  Um  Zweiphasenwechaelstrom  su  beten» 
können  die  beiden  Anker-  und  Magnetwickelungen  so  gegeneinander  verschoben  werden,  dasa  eise» 
Phasenverschiebung  von  90°  entsteht.  Der  Nutzeffekt  der  Generatoren  ist  98*/«>  Pur  jeden  Magnat- 
ring  ist  ein  Erregerstrom  von  45  Ampere  erforderlich. 

Die  Generatoren  der  6ten— Uten  Turbine  sind  als  Zweipbasenwechselatrom-Masehinen  mit  still- 
stehendem Anker  und  rotierendem  Feldmagneten  nach  dem  Wechselpolsystem  gebaut 7).  Xs  liegen  auch  bei 
dieeen  Maschinen  swei  Ankerwickelungen  und  xwei  Feldmagneten  fibereinander  und  man  kann  durch 
achaltung  Strom  in  einer  Spannung  von  5500  Volt  oder  bei  Parallelschaltung  Zweipbasenweohselstrom 
2750  Volt  bei  120  Touren  und  45  Perioden  liefern.  Die  an  die  Turbinen  12  und  13  angekuppelten  Genaraii 
sind  ebenfalls  Wechselpolmaschinen  mit  feststehendem  Anker  und  rotierendem  Feldmagneten  •).  Sie  liefen» 
bei  120  Touren  Zweiphasenwechselstrom  von  5500  Volt  und  45  Perioden.  Die  ganze  Maschine  wiegt 
40000  kg,  gegenüber  70000  kg  bei  den  Gleichpolmaschinen  des  erstgenannten  Typen  ein  Gewichts- 
unterschied, welcher  allerdings  auch  auf  die  grossere  Tourenzahl  zurückzuführen  int  Die  15  te  Turbine» 
ist  mit  einer  Gleiobstrommsschine  gekuppelt,  weil  sie  den  Strom  für  eine  elektrochemische  Fabrik  der 
Societe  ,La  Volte*  in  Chevres  zu  liefern  hat,  welche  fttr  ihre  Zwecke  nur  Gleichstrom  gebrauchen  kann. 

Alle  Maschinenkabel  werden  im  Kabelkanal  in  den  Schaltraum  geführt    Bei  jeder  Manohi— 
ist  aber  ein  kleines  Marmorschaltbrett  aufgestellt,  enthaltend  swei  Amperemeter,  um  die  Stresnstlrke) 
jeder  Phase  anzuzeigen,  ferner  einen  Umschalter,  um  die  Maschine  entweder  nach  dem  Schaltraeou  oder 
direkt  auf  eine  besondere  Fernleitung  schalten  zu  können.    Letztere  Kombination  war  nötig,  weil  von 
dem  Kraftwerk  sus  mehrere  Kalzium-Karbidfabriken  mit  Strom  versorgt  werden,  die  besondere  Leitungen 
besitzen.    Das  Schaltbrett,  welches  sich  in  der  Höhe  der  früher  erwähnten  Lanfbrttcke  befindet  und  von 
dieser  aus  bedient  wird,   ist  26,0  m  lang  und  in  84  Felder  eingeteilt,    Fünf  Felder  dienen  für  die 
Erregermaschinen,  ein  Feld  für  den  Gleichstrom  zur  Beleuchtung  und  zum  Kraftbedarf  der  Zentral» 
selbst,  elf  Felder  für  die  Maschinen,  welche  mit  2750  Volt  arbeiten,  zwei  Felder  für  die  Verbindung  mit 
den  zwei  unterirdischen  Fernleitungen  mit  2750  Volt,   swei  Felder  flu*  die  Verbindung  der  8a»meft- 
schienen  für  2750  Volt  mit  der  Transformatorenstation,  in  welcher  der  Strom  auf  5500  Volt  heran!» 
transformiert  wird  und  welche  gestatten,  beide  Systeme  su  verbinden,  drei  Felder  für  die  Meschinen, 
welche  mit  5500  Volt  arbeiten,  neun  Felder  zur  Verbindung  der  oberirdischen  Fernleitungen  mit  5500  Veit, 
ein  Feld  für  die  grosse  Gleiehstrommaschine. 

Zwei  Systeme  von  ringförmigen  Sammelschienen,  je  eines  fttr  2750  Volt  und  5500  Volt,  nut 
mehrfachen  Unterbrechern  gestatten  es,  einzelne  Teile  stromlos  su  machen  und  Reparaturen  voi 
ohne  den  Betrieb  fttr  die  übrigen  zu  stören.    Jede  Maschine  kann  nach  Wahl  mit  jeder  der 
Systeme  von  8ammelschienen  verbunden  werden.    Ein  drittes  System  von  Sammelschienen  gestattet 
ausserdem  noch,  die  beiden  unterirdischen  Fernleitungen  ganz   voneinander  su  trennen  und  die  eine 
ganz  auf  Lieht,  die  andere  auf  Kraft  arbeiten  su  lassen,  um  einen  ruhigeren  Lichtbetrieb  zu  erzielen. 

Der  Schaitraum  ist  durch  Betondecken  in  4  Etagen  eingeteilt.  Die  beiden  Etagen 
des  Schaltraumes  in  Flurhöhe  und  in  Hohe  des  erwähnten  Laufsteges  Sind  zur  Unter- 
bringung aller  Sammelschienen  verwendet,  die  Etage  unter  dem  Maschinenflur  cur  Auf- 
stellung der  Blitzschutzvorrichtungen.  Die  vierte  Etage  trägt  einen  turmartigen  Aufbau 
von  5,0/3,0  m  Grundfläche  und  10,0  m  Höhe  aus  Eisenfachwerk.  Er  dient  sur  Hinaua- 
leitung  der  oberirdischen  Fernleitungen.  Die  Vorderseite  der  Schalttafel  enthält  natür- 
lich nur  Niederspannungsapparate  oder  stromlose  Schalthebel.  Insgesamt  sind  im  Schnlt- 
raum 295,2  qm  Bodenfläche  zur  Verfügung  d.  h.  pro  100  installierte  PS«  ca.  1,64  qm.  Auch 
hier  ist  der  verfügbare  Raum  für  die  Schaltanlage  zu  knapp  bemessen. 

In  einem  besonderen  Gebäude,  welches  am  Ende  des  Zuführungskanals  lotrecht 
zum  Maschinenhause  Aufstellung  gefunden  hat,  sind  im  Kellergeschoss  die  Transforma- 
toren aufgestellt,  durch  welche  der  Strom  von  2750  V.  auf  5500  V.  hinauftransformiert 
werden  kann.  Über  diesem  Transformatorenraum  befindet  sich  eine  geräumige  Werkstatt 

Der  Strom  nach  Genf  wird  als  Zweiphasenwechselstrom  unterirdisch  geführt    Die 

7)  Geliefert  von  Brown  &  Boveri  <fc  Co.,  Baden,  8chweiz. 

>)  Geliefert  von  der  Compagnie  de  l'Indnstrie  £lectriqne  in  Genf. 


§  16.  Das  W abbkctr a  pt-ElektbizitItbwebk  St.  Maurice-Lausanne.  453 

einfache  Länge  eines  Kabels  zwischen  dem  Krafihause  und  der  Transformatorenstation 
in  Genf  beträgt  5825,0  m. 

In  einem  Betonkanal,  welcher  mit  einem  Betondeckel  abgedeckt  ist,  sind  vier  Leiter  auf  zwei 
übereinandergelegten  Formensteinen  untergebracht.  Der  Hohlraum  des  Betonkaeteos  ist  mit  einem 
Asphaltbrei,  welcher  in  einem  gewiesen  Verhältnisse  mit  öl  und  Vaseline  gemischt  und  dann  mit  Eies 
zu  einer  Art  Betonmasse  verarbeitet  wurde,  ausgefüllt  Die  Mischung  mit  Kies  wurde  an  Ort  and  Stelle 
in  besonderen  Kesseln  vorgenommen  und  unmittelbar  nach  der . Piasierang  jedes  DoppeJleiters  einge- 
bracht. Jeder  Doppelleiter  setzt  sich  ans  zweimal  sieben  Kupferkabel  von  70  qmm  Querschnitt  zu- 
sammen. Jedes  Kabel  ist  aus  sieben  Drähten  von  8,6  mm  Durchmesser  verseilt.  Die  Gesamtlange  der 
Leiter  ist  in  fünf  Abschnitte  eingeteilt,  welche  voneinander  durch  Anschlusskabelkasten  getrennt  sind, 
sodass  in  den  Kasten  leicht  der  Ort  eines  Defektes  festgestellt  werden  kann  und  auch  Absweigungen 
im  Bedarffalle  vorgenommen  werden  können.  Ein  Querschnitt  durch  diesen  Kabelkanal  befindet  sich  in 
Kap.  III,  7,  Fernleitungen. 

Im  Jahre  1897  sind  noch  neben  dieser  Leitung  zwei  eisenbandarmierte  Bleikabel 

von  150  qmm  verlegt.    Für  die  Versorgung  der  Orte  am  linken  und  rechten  Rhone-  und 

Seeufer  dienen  besondere  oberirdische  Leitungen,  deren  Konstruktion  nichts  Besonderes 

bietet    Die  Länge  der  oberirdischen  Hochspannleitungen  betrug  am  31.  Dezember  1899 

schon  43,1  km.    Das  Verteilungsnetz  in  Genf  ist  für  Licht  und  Kraft  nach  Möglichkeit 

getrennt. 


§  16.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  an  der  Rhone 

St  Maurice  der  Stadtgemeinde  Lausanne. 

Hierzu  Tafel  XXVIII  und  XXIX  i). 

Die  Rhone  bildet  beim  Bois-Noir  in  der  Nähe  von  St.  Maurice  eine  Stromschnelle 
mit  einem  Gesamtgefälle  von  38,75  m  im  Winter  und  36,45  m  Sommer  auf  einer  Länge 
von  ungefähr  4,5  km.  Diese  Wasserkraft  hat  die  Stadt  Lausanne  im  Jahre  1898  erworben, 
um  sie  in  elektrische  Energie  verwandelt  nach  Lausanne  und  Umgebung  zu  überführen  *). 
Auf  Grund  zehnjähriger  Messungen  wurden  folgende  Wassermengen  festgestellt  (vergl. 
S.  185/186). 

1.  Als  geringste  355tägige  Wassermenge  des  trockensten  Jahres    18,7  cbm/sek. 

2.  als  neunmonatliche  des  trockensten  Jahres 30,0    „      „ 

3.  als  neunmonatliche  des  durchschnittlichen  Jahres     ....    40,0    „       „ 

4.  als  kleinste  sechsmonatliche  des  trockensten  Jahres      .    .    .    44,0    „       „ 

5.  als  durchschnittliche  sechsmonatliche 73,0    „       „ 

6.  als  Mittelwassermenge        143,0    „       „ 

7.  als  grösste  Wassermenge 975,0    „      „ 

Die  Oberfläche  des  Vorflutgebietes  der  Rhone  bis  zum  Bois-Noir  beträgt  4692  qkm. 

Als  nutzbares  Gefalle  an  dem  Krafthause  haben  sich  im  Winter  36,10  m,  im  Sommer 
34,69  m  ergeben.  Für  den  Entwurf  der  Bauwerke  sind  40  cbm/sek.  angenommen.  Hier- 
mit kann  man  im  Mittel  14000  PS«  leisten.  Da  aber  während  etwa  90  Tagen  im 
Winter  die  sekl.  Wassermenge,  wie  erwähnt,  sehr  erheblich  fallen  kann,  ist  von  vornherein 
die  Errichtung  einer  Darapfreserve  in  Lausanne  selbst  vorgesehen. 

Abgesehen  von  den  interessanten  wasserbaulichen  Anlagen  bietet  das  Kraftwerk 
St.  Maurice  insofern  ein  besonderes  Interesse,  als  hier  zur  Übertragung  der  Kraft  nach 

i)  Die  Abbildungen  sind  entnommen  z.  T.  dem  Bulletin  technique  de  la  Suieee  romande  1902— 
1908:  Installationa  Alectrioues  de  la  Commune  de  Laueanne  par  A.  de  Montmollin  und  der  Zeitachr.  d. 
Ver.  deutscher  log.  1908.  8.  78  u.  ff. 

*)  Der  waseerbauliche  Teil  des  Projektes  ist  vom  Prof.  Ä.  Palaz  in  Lausanne  (vergl.  S.  25)  ver- 
faaat    Die  Betriebeeröffnung  des  Werkes  fand  Ende  1902  statt. 


454  IL    Theodor  Roehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

Lausanne  auf  56  km  Entfernung  hochgespannter  (25000  V.)  Gleichstrom,  System  Tbury, 
gewählt  worden  ist  (vergl.  Kap.  DI,  6  B  Krafthäuser,  Elektrischer  Teil). 

Dm  dl«  Orte,  welche  toh  der  Fernleitung  berührt  werden,  meistens  schon  selbst  elektrische 
Kraftanlagen  besessen,  so  kam  im  wesentlichen  nnr  die  KraftaberfOhrung  nach  Lausanne  selbst  in 
Frage.  Für  die  Verteilang  der  Kraft  in  Lanssane  bat  man,  abgesehen  von  der  Lieferung  des  Gleich- 
stromes an  die  Strasseobahn,  hochgespannten  Dreiphasendrehstrom  gewählt  Als  Grand  für  die  Wahl 
des  hochgespannten  Gleichstromes  fttr  die  Übertragung  der  Kraft  von  St  Maarice  nach  Lausanne  ist  die 
Einfachheit  der  Schaltanlage  in  dem  Krafthanse  und  die  Ersparnis  an  Kupfer  der  Fernleitung  angefahrt 
ftr  welche  man  natürlich  nur  swei  Drähte  brauchte.  Auf  den  Nutseffekt  des  Gesamtsystems  bei 
schwankender  Belastung  hat  man  weniger  sehen  sa  müssen  geglaubt,  da  man  jedenfalls  wahrend 
Monaten  im  Jahre  reichlich  Wasser  tur  Verfügung  hatte.  In  der  Umformerstation,  welche  in 
Vororte  Pierre  de  Plan  im  Nordwesten  von  Lausanne  errichtet  ist,  wird  der  Gleichstrom  in  Dreiphasen- 
drehstrom mit  8100  Volt  umgeformt  Das  Verteilnngsstromnetz  ist  für  Licht  und  Kraft  gemeinsam  and 
als  Dreileitersystem  von  zweimal  125  Volt  ausgeführt.  In  der  Umformerstation  von  Pierre  de  Plan 
standen  1908  fünf  Gleichstrommaschinen  von  je  400  PS« ,  von  denen  vier  mit  entsprechenden  Dretphssen 
drehstromdynamos  gekuppelt  waren,  wahrend  die  fünfte  eine  Gleichstrommaschine  fttr  den  Tramway- 
dienst  trieb.  Von  den  Drehstrommaschinen  konnten  zwei  mit  Dampfmaschinen  gekuppelt  werden, 
um,  wenn  einmal  wegen  Wassermangels  oder  wegen  einer  Störung  in  der  Fernleitung  der  Strom 
ans  St  Maarice  ausbleiben  sollte,  immer  mindestens  mit  800  PS«  weiter  arbeiten  sa  können.  Selbst 
verständlich  war  für  Vergrosserung  der  Anlage  der  genugende  Platz  im  Maschinenhause  vorgesehen 
Die  Strassenbahn  hatte  von  früher  her  ihre  eigene  Dampf  zentrale,  sodass  eine  Reserve  fttr  sie 
zunächst  nicht  nötig  war.  Die  Gleichstrommotoren  sind,  ebenso  wie  die  Stromerzeuger  in  dem  Wasser- 
krafchanse,  Hauptstrommasehioen  und  in  Serie  geschaltet  In  der  Fernleitung  wird  eine  konstante 
Stromstärke  von  150  Ampere  gehalten,  sodass  bei  Abfall  der  Belastung  die  Spannung  sinkt  Da  nun 
aber  für  die  Drehstrommaschinen  eine  konstante  Spannung  Vorbedingung  ist,  so  mnsste  eine  besondere 
Regulierung  der  Gleichstrommotoren  in  der  Umformerstation  gewählt  werden.  Jeder  Motor  nebst  der 
von  ihm  angetriebenen  Dynamomaschine  ist  deshalb  mit  einem  8800  kg  schweren  Schwungrade  aus- 
gerüstet. Die  Umlaufgeschwindigkeit  wird  ferner  durch  einen  Geschwindigkeitsregler  System  Tkory 
selbstwirkend  gleichnUssig  gebalten,  indem  derselbe  mit  Hilfe  eines  Fliehkraftreglers  durch  Verstellung 
der  8tromsbnehmerbürsten  von  der  Pollinie  bis  zum  neutralen  Punkte  die  Erregung  des  Magnetfeldes 
schwächt  oder  verstärkt  Dieser  Geschwindigkeitsregler  soll  angeblich  ganz  ohne  Funken  und  mit  aller 
wünschenswerten  Präzision  arbeiten,  sodass  die  Schwankungen  in  der  Tourenzahl  nicht  mehr  als  1% 
betragen  sollen.  Durch  die  Umformung  in  Lausanne  wird  jedenfalls  der  Nutzeffekt  der  Übertragumg 
erheblich  beeinträchtigt.  Da  ferner  der  Gesamtwiderstand  der  Fernleitung  konstant  18  Ohm  beträgt,  es 
findet  in  der  Leitung  ein  dauernder  Effektverlust  durch  Jouleschs  Wärme  (J*W.)  von  292,5  KW  und  eis 
Spannangsverlnst  von  1050  Volt  statt  und  zwar  ohne  Rücksicht  auf  die  Höhe  der  Belastung.  Das 
System  Thury  hat  bis  jetzt  im  Vergleiche  zum  Drehstrom  bei  Kraftflbertragungaanlagen  nur  geringt 
Verbreitung  gefunden. 

An  dem  Wehre  (vergl.  Taf.  XXVfll,  Fig.  5  und  6),  welches  in  der  Nähe  des 
Dorfes  Evionnaz  liegt,  führt  eine  eiserne  Fußgängerbrücke  von  91,0  m  Länge,  von  Ufer 
zu  Ufer  gemessen,  über  die  Rhone.  Es  war  Bedingung  der  Konzession,  dass  in  der  Mitte 
des  Stromes  eine  Öffnung  von  48,5  m  lichter  Weite  ganz  frei  zu  legen  war,  sodass  die 
Rhone  bei  Hochwasser  ohne  Hindernisse  durchströmen  und  die  sehr  starke  Geschiebe- 
führung mit  hindurchtreiben  kanb.  Zwei  starke  steinerne  Pfeiler  von  je  2,6  m  Dicke 
fassen  die  Mittelöffhung  ein.  Am  linken  Ufer  schliesst  sich  der  Kanaleinlauf  an  (vergl. 
Taf.  XXIX,  Fig.  1),  am  rechten  ein  fester  Wehrrücken,  dessen  Krone  1,80  m  über 
normaler  Flußsohle  liegt.  Dieser  feste  Wehrrücken  soll  als  Überfall  selbsttätig  den 
Stauspiegel  bei  N.W.  regeln.  Vor  dem  festen  Wehre  liegen  eine  Buhne  und  ein  Parallel- 
werk,  tfm  den  Grundstrom  bei  Hochwasser  von  dem  festen  Wehre  ab  und  in  die  Mittel- 
öffnung zu  weisen  und  um  eine  Hinterspülung  des  Uferanschlusses  am  festen  Wehre  zu 
verhüten.  Es  hat  sich  in  kurzer  Zeit  der  Raum  zwischen  der  Buhne,  dem  Parallelwerk 
und  dem  festen  Wehrrücken  fast  ganz  mit  festem  Schlick  angefüllt.  Die  Mittelöffhung 
ist  durch  28  Schützen  abschliessbar  (vergl.  Taf.  XXIX,  Fig.  2).  Jede  Schütze  ruht  auf 
einem  festen,  schräggestellten  Rahmen  aus  zwei  eisernen  Griesständern,  welcher  durch 


§  16.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  6t.  Maurice-Lausanne.  465 

ein  Gitterwerk  aus  U-Eisen  und  Zugbändern  versteift  ist.  Jeder  Rahmen  ist  oben  an  der 
Bedienungsbrücke  durch  zwei  wagerechte  Drehbolzen  befestigt  und  stützt  sich  unten  auf 
eine  Eisenplatte,  welche  in  die  mit  Holzbohlen  befestigte  Sohle  eingelassen  ist.  Die  Schützen 
Bind  mittelst  Zahnstangen  und  einem  Vorgelege  mit  Handbetrieb  beweglich.  Soll  der 
Strom  freigelegt  werden,  so  werden  zunächst  die  Schützen  bis  über  die  Wasserspiegel- 
linie emporgezogen  und  dann  wird  mittelst  einer  auf  Schienen  fahrbaren  Bockwinde  und 
einer  Kette  der  Rahmen  selber  hochgezogen  und  fast  horizontal  unter  der  Brückenbahn 
festgemacht.  Die  Höhe  der  Schützentafeln  beträgt  1,80  m.  Die  Flussohle  unterhalb  der 
Schützen  ist  durch  einen  Betonkörper  von  3,0  m  Höhe  und  4,50  m  Breite  befestigt,  welcher 
zwischen  Spundwänden  hergestellt  und  flussaufwärts  sowohl  als  flussabwärts  durch  kräftige 
Steinschüttungen  geschützt  ist.  In  den  Beton  sind  Holzbalken  eingelassen  und  verankert, 
auf  welchen  ein  glatter  Bohlenbelag  in  Richtung  der  Flussachse  festgemacht  ist.  Der  kleine 
Spielraum  zwischen  den  einzelnen  Rahmen  ist  durch  gehobelte  Bohlen,  welche  an  die 
I-Eisen  der  Griesständer  verbolzt  sind,  gedichtet,  so  dass  der  Schluss  des  Wehres  ein  sehr 
guter  ist.  Die  Pfeiler  der  grossen  Mittelöffnung  sind  zwischen  Fangedämmen  in  offener 
Baugrube  bis  auf  den  felsigen  Baugrund  fundiert.  In  dem  linksseitigen  Pfeiler  ist 
eine  Fischtreppe  angelegt. 

Neben  dem  Schützenwehre  auf  dem  linken  Ufer  liegt  der  offene  Einlauf,  welcher 
nur  durch  eine  Grundschwelle  (Unterwasserdamm)  vor  dem  Eintreten  von  Geschiebe 
möglichst  geschützt  ist.  Diese  Schwelle  aus  Beton  mit  vorliegender  Steinschüttung 
schliesst  sich  an  den  linken  Pfeiler  an  und  reicht  bis  zu  einer  ca.  60,0  m  aufwärts  des 
Wehres  angelegten  Steinbuhne.  Die  Krone  der  Schwelle  liegt  soweit  unter  dem  normalen 
Stau  (rd.  0,60  m),  dass  mit  Sicherheit  mindestens  40  cbm/sek.  über  sie  hinweg  in  das 
Vorbecken  zum  Kanal  fliessen  können.  Auf  den  ersten  900,0  m  geht  der  Werkkanal 
(vergl.  Taf.  XXVIII,  Fig.  5  u.  6)  unmittelbar  an  der  Rhone  entlang  und  wird  von  dieser 
durch  eine  Betonmauer,  welche  zwischen  Spundwänden  fundiert  ist,  getrennt.  Die  Krone 
dieser  Mauer  liegt  auf  +  447,70,  der  normale  Wasserspiegel  im  Kanal  auf  +  447,20  N.N. 
(vergl.  Taf.  XXIX,  Fig.  3).  Da  das  höchste  H.W.  auf  +  450,15  liegt,  so  kann  es 
in  den  ersten  Teil  des  Kanals  überall  eintreten.  Die  Sohlenbreite  beträgt  7,75  m,  die 
normale  Wasserspiegeltiefe  3,25  m.  Die  landseitige  Böschung  ist  durch  Felssteinmauer- 
werk geschätzt.  Das  Gefalle  in  diesem  Vorkanal  beträgt  0,45  °/oo.  Der  Vorkanal  endet 
in  einem  Ablagerungsbecken,  welches  dadurch  gebildet  ist,  dass  die  Breite  des  Kanals 
ungefähr  verdoppelt  wurde.  Die  Ufermauer  nach  der  Rhone  zu  ist  hier  auf  einer  Länge 
von  235,0  m  auf  Höhe  des  normalen  Kanalwasserspiegels  gelegt,  sodass  ein  sehr  wirksamer 
Überlauf  gebildet  wird.  An  das  Ablagerungsbecken,  dessen  landseitige  Ufer  gleichfalls 
wie  beim  Vorkanal  selbst  durch  Felssteinmauern  befestigt  sind,  schliesst  sich  die  Einlauf- 
schleuse zu  dem  unteren  Teil  des  Werkkanals  an  und  neben  dieser  Schleuse  liegt  ein  Grund- 
ablass,  um  das  Ablagerungsbecken  und  namentlich  den  Teil  desselben  vor  der  Einlauf- 
schleuse spülen  zu  können  (vergl.  Taf.  XXIX,  Fig.  7).  Die  Rhone  führt  bei  Hochwasser 
ganz  feinen  Schlick  in  sehr  grossen  Mengen,  der  sich  in  dem  Ablagerungsbecken  in  solchen 
Massen  und  so  fest  ablagert,  dass  er  durch  die  Spülwirkung  des  Grundablasses  nur  zum 
geringen  Teil  beseitigt  werden  kann  und  dass  von  Zeit  zu  Zeit  bei  N.W.  durch  Ausbaggern 
vor  der  Einlaufschleuse  nachgeholfen  werden  muss.  Vor  der  Einlaufschleuse  befindet  sich 
ein  Rechen,  der  unter  ca.  40°  gegen  die  Horizontale  aufgestellt  ist  und  dessen  Sohle 
ca.  1,50  m  über  der  Sohle  des  Ablagerungsbeckens  liegt.  Die  Einlaufschleuse  misst  im 
Lichten  17,80  my  eingeteilt  in  fünf  Schützenöffnungen.  Die  Griesständer  sind  durch  Böcke 
aus  Gitterwerk,  welche  unter  sich  versteift  sind,  gestützt 8).   Letztere  tragen  über  Hoch- 

»)  Eine  Abbildung  befindet  sich  im  Kap.  III,  8.  Schützen. 


466  IT.    Theodob  Koehn.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    Beispiele. 

wasser  eine   Bedienungsbrücke  und   die  Aufzugsvorgelege.     Oberhalb  der  beweglichen 
Schützen  ist  an  den  Griesständern   eine  Bohlenbekleidung  befestigt,   sodass  dem  Hoch- 
wasser   das    Eintreten    in    den   Kanal    verwehrt   ist.      In   der   Nähe   dieser   Schleuse 
befindet  sich  ein  Wohnhäuschen  des  ständigen  Wärters,   welcher  zu   gleicher  Zeit    die 
Bedienung  des  Wehres  mit  zu  besorgen  hat.    Von  der  Einlaufschleuse  an  ist  der  Kanal 
noch  2,3  km  lang,  von  denen  800,0  m  überwölbt  sind.    Auf  der   überwölbten   Strecke 
kreuzt  der  Werkkanal  den  Wildbach  von  St.  Barth61emy.  Dieser  führt  unter  Umständen 
ungeheuere  Geschiebemassen  mit  sich,  welche  einen  offenen  Kanal  leicht  versandet  haben 
würden.    Der  Kanal  mündet  in   ein  Becken  von   rd.   200,8  m  Länge  und  14000  cbm 
Inhalt,  in  welchem  sich  die  Sohlenbreite  des  Kanals  von  4,0  m  allmählich  auf  35,0  m 
verbreitert  und  die  Sohle  sich  vertieft.    Hierdurch   wird   die  Geschwindigkeit,   welche 
im  Kanal  ca.  1,74  m/sek.  bei  40  cbm/sek.  beträgt,  sehr  verlangsamt    Es  findet  infolge- 
dessen eine  starke  Ablagerung  statt.    Bei  H.W.  ist  aber  das  Rhonewasser,  wie  gesagt, 
derart  mit  aufgelöstem  Schlick  gesättigt,  dass  sich  das  in  den  Kanal  eingeflossene  Wasser 
in  den  beiden  Ablagerungsbecken  nicht  genügend  zu  reinigen  vermag. 

Obwohl  1904  nur  ftnf  Turbinen  in  dem  Krafthanae  aufgestellt  waren,  welche  höchstens  15,9  cbm/sek. 
Wasser  verbrauchen,  war  die  Reinigung  des  Wassers  wegen  der  unzureichenden  OrdssenverhSltpisse 
der  Ablagecongsbecken  doch  ungenügend. 

Am  Ende  des  Beckens  liegt  die  aus  Stampfbeton  hergestellte  Druckkammer, 
rechts  daneben  ein  Grundablass  nnd  am  rechten  Kanalufer  ein  21,0  m  langer  Überlauf 
(Tai.  XXIX,  Fig.  8  und  9).  Die  Sohle  des  Beckens  ist  betoniert  und  nach  dem  rechten 
Ufer  zu  geneigt,  um  die  Ablagerung  auf  dieser  Seite  zu  begünstigen  und  die  Wirksam- 
keit der  Spülung  durch  den  Grundablass  möglichst  zu  erhöhen.  Der  Überlaufkanal 
geht  neben  der  Druckrohrleitung  bis  zur  Eisenbahnüberführung  und  von  dort  direkt  in 
die  Rhone.  Da  das  Sohlengefalle  bis  zur  Rhone  rd.  30,0  m  beträgt,  so  ist  der  Über- 
fallkanal zum  Teil  kaskadenformig  angelegt  und  an  der  Sohle  und  den  Böschungen  mit 
Steinpflasterungen  solide  befestigt. 

An  der  Druckkammer  ist  in  der  Beckensohle  durch  eine  Betonmauer,  auf  welcher 
der  Rechen  steht,  ein  Absatz  von  1,60  m  gebildet  (vergl.  Taf.  XXIX,  Fig.  8  und  9).  Der 
Rechen,  dessen  Stäbe  eine  lichte  Entfernung  von  3,0  cm  von  einander  haben,  ist  unter 
einem  Winkel  von  etwa  45  °  gegen  die  Horizontale  geneigt.  Es  sind  drei  voneinander 
getrennte  Kammern  für  drei  Druckrohre  angelegt,  von  denen  aber  1904  zunächst  nur 
eines  verlegt  war.  Jede  Hauptkammer  kann  durch  eine  Schütze  abgeschlossen  werden. 
Der  Boden  der  Vorkammer  steigt  von  der  Schwelle  des  Rechens  bis  zur  Schwelle  der 
Schütze  noch  um  60  cm  an.  Hinter  der  Schütze  fallt  die  Sohle  der  Hauptkammer  um 
3,80  m  ab.  Die  Wassertiefe  in  der  Hauptkammer  beträgt  deshalb  6,40  m.  Das  2,70  m 
weite  Druckrohr  liegt  mit  der  Sohle  ca.  30  cm  über  Kammerboden,  sodass  der  Scheitel 
des  Rohres  immer  noch  3,40  m  unter  Wasser  bleibt.  Die  Mündungsöffnungen  der  Druck- 
rohre sind  trompetenartig  gut  abgerundet.  Bei  geschlossenen  Schützen  kann,  wenn  das 
Rohr  sich  entleert,  Luft  durch  die  Druckkammer  frei  eintreten. 

Die  zunächst  verlegte  Druckrohrleitung  hat  eine  Länge  von  470,0  m  von  der 
Kammer  bis  zum  Maschinenhaus.  Sie  ist  aus  Flusseisen  hergestellt,  hat  einen  inneren 
Durchmesser  von  2,70  m  und  ist  in  Längen  von  7,0  m  ohne  Flanschen  an  Ort  und  Stelle 
vernietet  Die  Blechstarke  ist  an  der  Druckkammer  7  mm,  am  Maschinenhause  10  mm. 
Sie  ruht  in  Abständen  von  je  3,0  m  mittels  gusseiserner  Lagerschalen  auf  Betonpfeilern. 
Um  das  Druckrohr  unter  die  Jura>Simplon-Eisenbahn  hindurchzufuhren,  sind  zwei  Knie 
von  ca.  110°  eingelegt  Die  Knickpunkte  sind  auf  mächtigen  Betonblöcken  besonders 
verankert.    Da  das  Rohr  im  übrigen  ganz  frei  liegt,   so  waren  Dilatationsvorrichtungen 


§  16.  Das  WAßSKRKKAFT-EuEKTRizrrlTSWERK  St.  Maurice-Lausanne.  457 

notwendig,  von  denen  in  der  üblichen  Form  der  Stopfbüchse  sich  je  eine  oberhalb  und 
unterhalb  der  Eisenbahnkreuzung  befindet.  Da  bei  dem  gewählten  Generatorensystem 
häufige  und  plötzliche  Schwankungen  in  der  Wasserzuführung  die  Regel  bilden,  und  weil 
überdies  die  Geschwindigkeit  im  Druckrohr  bei  voller  Belastung  aller  Maschinen  eine 
grosse  (2,78  m/sek.)  ist,  so  hat  man  besondere  Sicherheitsvorrichtungen  gegen  Wasser- 
schläge für  nötig  erachtet.  Diese  bestehen  darin,  dass  auf  den  ersten  800,0  m  vom 
Maschinenhause  drei  Steigerohre  von  je  600  mm  Weite  auf  das  Druckrohr  gesetzt  sind, 
welche  etwa  bis  zum  normalen  Wasserspiegel  in  der  Druckkammer  reichen.  Steigt  das 
Wasser  höher,  so  wird  es  durch  ein  Überlaufrohr  abgeführt.  Nach  mündlichen  Angaben, 
welche  dem  Verfasser  bei  der  Besichtigung  der  Anlage  gemacht  wurden,  sollen  trotz  der 
3  Steigerohre  noch  sehr  starke  Stösse  im  Druckrohre  vorkommen.  Am  Krafthause  tritt 
das  Druckrohr  in  einen  unterirdischen  Kanal  und  kann  daselbst  durch  eine  grosse  Drossel- 
klappe abgeschlossen  werden  (vergl.  Taf,  XXIX,  Fig.  10  bis  12).  Vor  der  Drosselklappe 
befindet  sich  natürlich  eine  Entleerung.  Die  zwei  anderen  Rohre  werden  erst  bei  ent- 
sprechend gewachsenem  Kraftbedarf  verlegt  werden.  Man  kann  sie  dann  entweder  auf 
Konsolen  über  den  Unterwasserkanal  oder  auf  der  anderen  Seite  des  Maschinenhauses 
verlegen  und  durch  Krümmer  oder  Stutzrohre  mit  dem  unter  den  Turbinen  entlang- 
gehenden Hauptrohre  verbinden. .  Für  jede  Turbine  befindet  sich  auf  dem  Druckrohr  ein 
vertikaler  Stutzen  mit  anschliessendem  Zuführungsrohr.  Jedes  Zufuhrungsrohr  ist  gleich- 
falls durch  eine  besondere  Drosselklappe  abschliessbar.  Aus  den  Turbinen  fliesst  das 
Wasser  durch  ein  Saugrohr  direkt  in  den  offenen  Unterwasserkanal*).  Letzterer  (vergl. 
Taf.  XXIX,  Fig.  6)  liegt  zunächst  längs  des  Maschinenhauses,  läuft  in  dieser  Richtung 
geradlinig  weiter,  bis  er  die  Jura-Simplon-Eisenbahn  kreuzt  und  wendet  sich  dann  der 
Rhone  zu.    Das  Sohlengefälle  beträgt  0,65  °/oo. 

Das  Krafthaus  besteht  aus  einem  einstöckigen  Maschinensaal  und  einem  drei- 
stöckigen Anbau,  welcher  eine  Werkstatt  und  Wohnräume  enthält.  Die  Grundmauern 
waren  1904  bereits  für  den  zweiten  Ausbau  angelegt.  Der  Maschinensaal  ist  35,5  m 
lang,  14,0  m  breit  und  wird  von  einem  Laufkrahn  mit  7,0  t  Tragfähigkeit  bestrichen.  Sb 
sind  zunächst  fünf  1000 pferdige  und  zwei  120  pferdige  Turbinen  aufgestellt,  von  denen 
die  grossen  Turbinen  mit  Gleichstrommaschinen,  die  kleinen  mit  Drehstrommaschinen 
gekuppelt  sind.  Der  Flächenraum  des  Maschinensaals  beträgt  demnach  497,0  qm  und 
es  sind  für  die  Haupt-Turbogeneratoren  9,94  qm  pro  100  installierte  PS«  verfügbar. 
Zwischen  Wellenende  der  Dynamomaschinen  und  der  Wand  des  Maschinenhauses  ist  noch, 
ein  freier  Zwischenraum  von  2,80  m,  sodass  auch  die  breitesten  Stücke  dort  abgesetzt 
werden  können.  Die  Entfernung  des  Wellenendes  der  Turbinen  von  der  gegenüberliegenden 
Maschinenhauswand  beträgt  0,75  m,  was  ausreichend  erscheint.  Ausser  den  Nutzturbinen 
ist  noch  ein  kleines  Peltonrad  aufgestellt,  welches  eine  dreizylindrige  Öldruckpumpe  treibt 
für  die  zentrale  Turbinenregulierung  und  Lagerschmierung  (vergl.  Taf.  XXIX,  Fig.  10). 
Die  Turbinen6)  sind  Francis-Reaktionsturbinen  mit  wagerechter  Welle  und  Spiralgehäuse. 

Die  Unterlagen  für  die  Konstraktion  waren  die  folgenden: 

1000  pferdig«  Turbin«  ISO  pferdig«  Torbin« 

Gefalle  32,0-34,0  m  82,0-34,0  m 

Wasserverbrauch  pro  Sekunde  3100  1  880  1 

Leistung  1000  PS«  120  PS« 

Toarensahl  300  i.  d.  Min.  750  i.  d.  Min. 

Lanfrad-Dm.  1000  mm  400  mm 

*)  Diese  bemerkenswerte  Anordnung  findet  sich  in  ähnlicher  Weise  auch  bei  der  alteren  von  Riva 
Moneret  in  Mailand  1900  gelieferten  Turbinenanlage  der  Hamilton  Electric  Light  und  Cataract  Power  Co.  Ltd. 
am  Niagara,  vergl.  R.  Thomann,  Z.  d.  V.  D.  Ing.  1901,  S.  1095  und  Wilh.  Wagenbach:  „Turbinenan- 
lagen" 1905,  Taf.  XXXIX  u.  8.  80. 

»)  Abb.  n.  Beschreibung:  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1899.  S.  1123. 


456  IL    Theodob  Kosh*.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

Di«  Well«    der   Turbinen   liegt    6,5   m  über   dem  niedrigsten   U.W.  und  dieses   Geffclle 
die  8augrohre  als  Sauggefälle  ausgenutzt.   Dss  Wasser  tritt  aus  dem  Absweigrohr  in  das  Spinl- 
und  wird  von  hier  durch  ein  Leitrad  auf  das  Laufrad  geführt,  welches  aehsial  in  das  Saagrofcr 
Letzteres  ist  durch  ein  Krümmerrohr  von   1000  mm  lichtem  Durchmesser  an  das  Turtnaa« 
angeschlossen,  erweitert  sich  aber  nach  unten  auf  1000  mm.    Die  Beaufschlagung  des  Laufrade« 
ladet  radial  am  ganzen  Umfange  statt    Um  den  grossen  Ansprachen  an  Regulierbarkeit  der  Tourenzahl 
sa  genügen,  wurde  der  Zodelsche  Gitterschieber  6)  gewählt,  welcher  durch  einen  öl-8ervomotor  rntttirlrt 
Hebel  und  Zahnrad  bewegt  wird.   Jede  Turbine  hat  ihren  besonderen  Servomotor.    Bei  den  fünf  gruuaeai 
Maschinen  werden  die  Servomotoren  von  einer  gemeinsamen  Welle  aus  gesteuert,  welche  ihrerseits 
durch  den  elektro-mechanischen  Thury-Regler  ?)  bewegt  werden.    Die  gemeinsame  Welle  lauft  Aber  elie> 
Maschinen  hinweg  und  ist  auf  hohlen  Säulen  gelagert,  welche  auf  den  8ervomotorgehIusen  befestigt 
sind  und  in  denen  das  Gestänge  für  die  Hebel  des  Regulierung»- Ventils  untergebracht  ist  Die  zwei  kleinen 
Turbinen  haben  jede  einen  unabhängigen  8ervomotor,  welcher  von  einem  durch  Riemen  von  der  Turbinen- 
welle aus  in  Bewegung  gesetzten  Pendelfliehkraftregler  gesteuert  wird. 

Der  Servomotor  jeder  grossen  Turbine  ist  an  dem  Turbinengehäuse  selbst  befestigt. 
Er  besteht  ans  einem  Zylinder  mit  Differenzialkolben  von  250  und  120  mm  Dm.  und 
einem  Hube  von  220  mm,  der  nötigen  Ventilvorrichtung,  nm  das  Drucköl  vor  die  eine 
oder  andere  Kolbenseite  zn  führen,  und  den  Rohrleitungen  für  die  Zu-  und  Abfuhrung 
des  Drucköls.  Zum  Schliessen  des  Gitterschiebers  wird  die  grössere,  zum  öffnen  die 
kleinere  Kolbenflftche  des  Differenzialkolbens  der  Wirkung  des  Drucköls  ausgesetzt. 
Das  Drucköl  wird  mittelst  einer  kleinen  Pelton-Turbine  durch  eine  dreizylindrige 
öldruckpumpe  auf  einen  Druck  von  30  Atmosphären  gebracht  utfd  läuft  dann  in  einer 
mit  einem  Windkessel  versehenen  Druckrohrleitung  zu  den  Ventilen  der  Servomotoren 
und  nach  Verwendung  daselbst  durch  eine  Rückleitung  nach  einem  neben  der  Druck- 
pumpe aufgestellten  Behälter  zurück,  um  den  Kreislauf  von  neuem  anzutreten. 

Jede  der  lOOOpferdigen  Turbinen  treibt  zwei  Gleichstrommaschinen  (vergl. 
Abb.  87)  System  Thury  *),  welche  untereinander  und  mit  den  Turbinen  durch  isolierende 
Kautschuckband- Kuppelungen  (Raffard)  gekuppelt  sind  (vergl.  Kap.  DI,  5  Turbinen). 

Die  Maschinen  sind  sogenannte  Hauptstrommaschinen,  haben  sechs  Pole  und  Trommelanker. 
Der  Kollektor  hat  755  mm  Dm.,  579  Lamellen,  die  durch  Mika  voneinander  isoliert  sind  and  140  mm 
wirksamer  Länge  besitzen.  Jeder  Halter  tragt  zwei  Kohlenbürsten  von  8  qom  Schleiffliche.  Der  Rahmen 
jeder  Maschine,  welcher  die  Lager  tragt  und  auf  welchem  das  Magnetgestell  ohne  Isolation  aufrollt, 
stützt  sich  durch  zwölf  Scheiben  auf  ebensoviel  Isolatoren,  welche  in  den  Asphaltboden  eingelassen 
sind.  Bei  300  Uml./Min.  liefert  jede  Maschine  150  Ampere  unter  2500  Volt  Spannung.  Der  Strom- 
kreis wird  durch  die  Fernleitung  nnd  die  Umformermotoren  der  Empfangsstelle  geschlossen.  Sind  alle 
Gruppen  in  Serie  geschaltet^  so  ist  bei  800  Uml./Min.  die  Spannung  in  der  Fernleitung  25000  Volt 
Da  die  8tromsHrke  konstant  150  Ampere  betragt,  so  muss  bei  schwankender  Belastung  die  Spannung 
reguliert  werden,  was  durch  Veränderung  der  Tourenzahl  resp.  durch  Zu-  und  Abschliessen  einer 
Gruppe  geschieht.  Die  Regulierung  der  Tourenzahl  geschieht  durch  den  bereits  erwähnten  Thury- 
regier,  das  Zu-  und  Abschliessen  einer  Gruppe  durch  einen  Kurzschlusschalter,  welcher  neben  einem 
Ampere-  und  Voltmeter  die  Ausrüstung  jeder  Gruppe  bildet  Sinkt  die  Belastung  des  Werkes  so  weit, 
dass  jede  Dynamo  nur  1500  Volt  Spannung  hat,  so  wird  eines  der  Maschinenpaare  von  Hand 
abgescheitet  Der  Vorgang  beim  Abschalten  einer  Gruppe  ist  folgender:  Man  schlisset  die  Turbinen 
mit  der  Hand,  die  Gruppe  wirkt  dann  ab  Motor  nnd  kommt  bald  zum  Stillstande  mit  dem  Bestreben, 
sich  rückwärts  zu  drehen.  In  diesem  Moment  schliesst  der  Kurzschlusschalter  automatisch  die  Gruppe 
kurz.    Für  das  Einschalten  einer  neuen  Gruppe  in  den  Hauptstromkreis  sind  nur  zwei  Operationen  nOtig: 

1.  öffnen  der  Turbinen,  bis  die  Gruppe  bei  etwa  10  UmL/Min.  im  Kurzschluss  150  Ampere  gibt 

2.  In  diesem  Moment  ist  der  Hebel  des  Kurzschliessers  umzulegen,  eine  Operation,  welche 
keinerlei  Funken  erzeugt  —  Spannung  und  Tourenzahl  der  eingeschalteten  Gruppe  gleichen  sich  dann 
allmählich  mit  den  übrigen  in  Serie  geschalteten  Maschinen  aus.  Das  Gleichstromschaltschema  ist  das 
denkbar  einfachste.    Ein  eigentliches  Schaltbrett  für  Gleichstrom  existiert  nicht,  vielmehr  ist  nur  auf 

*)  Abb.  u.  Beschreibung:  Zeit  d.  V.  D.  Ing.  1899,  S.  1128.    Vergl,  auch  Kap.  HL  5.  Turbinen. 

7)  Abb.  u.  Beschreibung:  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1903.  8.  78  u.  79. 

6)  Die  elektrische  Einrichtung  ist  von  der  Gompagnie  de  1' Industrie  Älectrique  in  Genf  geliefert 


8    16. 


Das  WABHERKRAPT-Ei.EXTEizrrATflWEiK  St.  Maurice-Lausanne. 


459 


einer  Marmortafel  in  einem  verglasten  Kasten  ein  Ampere-  und  ein  Voltmeter  (25000  Tolt)  Br  den 
iussereten  Stromkreis  aufgestellt.  (Wagen  des  Schal  techemas  vergl.  Taf.  LXXX,  Fig.  1  und  Kap.  III  6, 
B.  Krafthftuaer,  Elektrischer  Teil.) 

Die  mit  den  120  pf erdigen  Turbinen  gekuppelten  Dreh  etrome  neu  gor  leisten  normal  60  KW  bei 
8000  Tolt  verketteter  Spannung  nnd  50  Parioden.    Sie  haben  ein  achtpoligep,  innenliegendes  Magnetrad 


nd  machen  750  Umdrehungen  in  der  Minute.  Auf  der  Welle  des  Magnetrades  ist  Siegend  dar  Anker 
der  Erreger  msschine  angeordnet.  Der  Drehatrom  wird  für  die  Eigenbelencbtnng  dee  Werkes  nnd  für 
die  Lichüieferorjg  nach  dem  nahegelegenen  Orte  St.  Maurice  verwendet,  wo  er  durch  Transformatoren  auf 
110  Tolt  herabtranefonniert  wird. 

Die  Kabel  aller  Maschinen  sind  in  glasierten  Tonröhren  verlegt,   die  in  dem  aus 
Asphaltbeton  hergestellten  Fussboden  der  Maschinen  eingebettet  sind.    Gegen  die  Wir- 


460  IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele* 

kling  der  atmosphärischen  Elektrizität  ist  das  Werk  durch  mehrfache  Blitzsicherungen 
geschützt,  die  für  jeden  der  beiden  Leiter  ausserhalb  des  Maschinenhauses  in  einem 
besonderen  kleinen  Räume  untergebracht  sind. 

Die  65  km  lange  Fernleitung  bis  Lausanne  ist,  abgesehen  von  Überführungen 
über  Wege,  Wasserlänfe  und  Eisenbahnen,  auf  Holzmasten  montiert.  Sie  überschreitet 
bewaldete  und  kahle  Berge  und  Täler.  Die  zwei  Kupferdrähte  von  je  150  qmm  Quer- 
schnitt, gebildet  aus  37  Einzeldrähten  von  1,14  mm  Durchmesser,  sind  in  einem  Ab- 
stände von  1,0  m  auf  Porzellan-Isolatoren  verlegt. 

Diese  bestehen  ans  einer  Süsseren  dreimanteligen  Glocke  und  einer  einfachen  Tragglocke,  welche 
auf  einem  Eisennaken  sitzt  Die  beiden  Glocken  sind  untereinander  und  mit  dem  Haken  durch  einen 
ans  Bleiglitte  und  Glyzerin  zusammengesetzten  Kitt  verbunden. 

Die  Masten  aus  Fichtenholz  sind  alle  mit  Kupfersulfat  imprägniert  und  durch 
eine  Zinkhaube  abgedeckt.  An  sumpfigen  Stellen  sind  die  Masten  in  einen  Betonblock 
gegründet,  welcher,  wo  ein  fester  Untergrund  nicht  zn  finden  war,  auf  liegendem  Holz- 
rost ruht.  An  den  Masten  ist  ausserdem  noch  eine  Telephonleitung  angebracht,  be- 
stehend aus  2  Drähten  von  3  qmm  Querschnitt,  welche  alle  800,0  m  verseilt  sind,  um 
Störungen  durch  die  Hochspannungsleitung  zu  vermeiden. 

Bei  der  Prüfung  der  Hochspannungsleitung  auf  ihre  Isolierung  ist  festgestellt,  dass  bei  trockenem 
Wetter  und  bei  20850  Volt-Spannung  die  Stromstärke  noch  11,4  MiUiamp.,  der  Isolationswiderstand 
ZT-iscben  den  beiden  Drahten  also  1,785  Megohm,  bei  Nebel  und  einer  Spannung  von  20800  Volt  die 
Stromstärke  noch  18,9  MiUiamp.,  der  Isolationswiderstand  also  1,46  Megohm  betrag.  Da  die  Fernleitung 
etwa  8500  Isolatoren  besitzt,  so  würde  der  mittlere  Widerstand  eines  Isolators  ungefähr  5100  Megohm 
betragen  haben  9).  Die  Isolierung  der  Drähte  gegen  Erde  ist  bei  19700  Volt  zn  0,745  Megohm  gefunden. 
Es  sind  von  Tbnry  mit  der  Anlage  Versuche  gemacht,  die  Erde  als  Rockleitung  zu  benatzen  und  es 
sollen  hierbei  keine  erheblichen  Störungen  von  Telephon-  nnd  Telegraphenleitungen  aufgetreten  sein. 


§  17.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  in  La  Dernier  beiVallorbe 

der  Compagnie  Vaudoise  des  Lacs  de  Joux  et  de  TOrbe  (Schweiz). 

Hierzu  Taf.  XXX  und  XXXI  i). 

Das  Joux-Tal  im  Jura  liegt  an  der  schweizerisch-französischen  Grenze  etwa  auf 
der  Höhe  von  1000,0  m  über  dem  Meere.  Auf  der  Sohle  dieses  Tales  liegen  zwei  Seen, 
der  Lac  de  Joux  und  der  Lac  Brenet  (vergl.  Abb.  88).  Diese  beiden  Seen  haben  eine 
Oberfläche  von  ungefähr  10  qkm,  eine  grösste  Tiefe  von  34,0  m  und  ein  Vorflutbecken 
von  rd.  221  qkm.  Den  Hauptzufluss  dieser  Seen  bildet  die  Orbe,  welche  aus  dem  Lac 
des  Rousses  kommt  und  in  ihrem  Laufe  durch  das  Tal  verschiedene  kleine  Zuflüsse  in  sich 
aufnimmt.  Ausserdem  erhalten  die  Seen  noch  durch  mehrere  unterirdische  Quellen  nnd  den 
Bach  Lyonne  Zufluss.  Die  beiden  genannten  Seen  sind  durch  eine  Landzunge  voneinander 
getrennt,  aber  durch  eine  in  derselben  befindliche  Öffnung  verbunden.  Dreizehn  erkennbare 
Ableitungen  (entonnoirs)  fuhren  aus  den  beiden  Seen  und  zwar  6  aus  dem  Brenetsee  nnd  7  aus 
dem  Lac  de  Joux.  Ausserdem  gibt  es  zweifellos  noch  eine  ganze  Reihe  unterseeischer  kleinerer 

•)y=W;^|  =  l,46;  1,46.8500*95100. 

i)  Die  Abbildungen  sind  dem  Bolletin  teebniqne  de  la  Soisse  romande  1904:  »Lee  Installation« 
de  la  Compagnie  vaudoise  des  Forces  motrices  des  Laos  de  Joux  et  de  rOrbe*  par  G.  H.  Penis,,  Inge- 
nieur, entnommen. 


5  17.  Das  Wasserkraft- Elektrizitätswerk  La  Dernieä-Vallorrk.  461 

Abflösse.   Bei  des  sichtbaren  Abflössen  entweicht  das  Wasser  durch  Spalten,  welche  sich  in 
dem  Kalksteingebirge  des  Untergrundes  beziehungsweise  der  Ufer  befinden  und  tritt  mehr 
oder  weniger  entfernt  vom  See- 
ufer  in    trichterförmigen   Ver- 
tiefungen der  Erdoberfläche  zu- 
tage, um  sich  dann  wieder  in 
den  Spalten  oder  Aushöhlungen 
des  Gebirges  zu  verlieren  (vergl. 
Abb.  89).     Sowohl    die    sicht- 
baren als  auch  die  nicht  erkenn- 
baren Abflüsse    nehmen  ihren 
Weg  durch  die  Spalten  des  Ge- 
birges und  sie  vereinigen  sich  zum 
grössten  Teil  in  der  Quelle  der      | 
Orbe,  welche  bei  dem  Orte  La      £ 
Dernier  in  der  Nahe  der  Stadt      o 
ValJorbe    auf     der     Höhe    +      £ 
789,0  m  über  Meeresspiegel  aas      g 
einer  Felswand  heraustrittfvergl.       g 
Abb.  90).  A 

Durch  verschiedene  Methoden ,        -S 
auter  »öderen  dadurch,  dass  man  die        ä 
Temperatur  dt«  Wassers  in  den  Seen        tt 
and  an  der  Quelle  der  Orbe  verglich,        g 
natman  feststellen  kSonen,  daseunter        m 
normalen  Bedingungen    von   der  Üe-        g 
»smtwaiaermenge  der  Otbeqnnlle  aar       ^ 
60%  ««*  den  Seen,  die  rentierenden       ^ 
40*1*  «ber  ans  anderen  unterirdischen        .g 
Zuflüssen  herrühren.    Ken  bat  euch       — 
durch    Farben    de«  Wanera   an    den        -g 
einseinen  erkennbaren  Anafliuaen  die       j 
Zeit  festgestellt,  welche  des  Waaeer 
von  dem  Anatritt  ans  dem  See  bis  mm       5> 
Austritt    der    Orbeqaelle    gebraucht        ji 
Es  ergab  eich,  daaa  von  dem  Ana-       *j 
flusee   bei   Benport,   8  km.Ton   der 
Orbeqaelle  entfernt,    das  Wasser   22 
Stunden  gebraucht  hat.  Von  dem  Aus- 
flösse am  Lac  de  Jons  bei  Rocherav, 
11  km  von  der  OrbequsUe,   hat  ein 
ähnliches  Experiment  mit  gefärbtem 
Wasser  eine  Abnossdeuer  von  swfilf 
Tagen  ergeben. 

Aus  den  Beobachtungen, 
welche  bis  zum  Jahre  1847  zu- 
rückgehen, ist  als  höchste  See- 
spiegelkote +  1011,00  im  Ja- 
nuar 1883  und  als  niedrigste  -{-  1004,90  im  Jahre  1865  ermittelt,  sodass  die  grösste 
Differenz  6,10  m  betragen  hat    Da  bereits  auf  der  Höhe  von  ■  |  -  1009,00  m  Gehöfte 
und  ackerbaolich  bewirtschaftetes  Land  liegen,  so  hatten  höhere  Wasserstände  ernste 
Übelstande    im  Gefolge ,    denen    abzuhelfen    seit   längerer    Zeit    schon    die    Regierung 


462 


IL     Theodor  Koehw.     Ausbau  von  WabbkrirXftkn.     Beispiele. 


des  Kantons  Waadt  bestrebt  war.    Das  höchste  Wasser  tritt  meistens  im  Frühjahr  bei 
der  Schneeschmelze,  mitunter  aber  aach  im  Herbst  nach  langanhaltenden  häufigen  Regen- 
güssen ein,  das  niedrigste  Wasser 
Abb.  89.  Anrieht  eis«  Trichler.  (L.atwmoir)  bei  B«.  Port        dageg(m  me;stenB   im  Wmtgr  ^ 

laDgandanemdemFrostwetter,  aber 
auch  im  Sommer  und  Herbst 
während  ausserordentlicher  Trok- 
kenperioden. 

Die  schnellste  Hebung  de« 
Wasserspiegels  ist  im  Oktober 
1865  beobachtet,  als  in  10  Tagen 
der  Wasserspiegel  um  1,80  m  stieg, 
sodass  durchschnitt].  21  cbm/sek. 


Abb.  90.    Di*  Orbequelle  bei  L»  Dernier. 


Man  hat  festgestellt,  dass 
bei  einer  Wasserspiegelkote  Ton 
■f  1009,00  die  13  erkennbaren 
Ausflüsse  etwa  5  bis  6  cbm/sek. 
abführen.  Bei  niedrigen  Wasser- 
ständen nimmt  diese  Menge  er- 
heblich ab,  sodass  sie  sich  bei 
der  Kote  von  +  1006,00  auf 
1,6  cbm/sek.  verringert.  Unter 
den  allerungünstigsten  Annahmen 
beträgt  die  geringste  Wasser- 
menge, welche  dem  See  noch  iu- 
flieast,  0,460  cbm/sek.,  d.  h.  nur 
etwa  2,15  1/sek.  pro  qkm  des  Vor- 
flutgebietes.  Man  hat  bei  der 
Projektaafstellung  angenommen, 
dass  etwa  die  gleiche  WassermeDge 
von  0,450  cbm/sek.  durch  die  un- 
sichtbaren Abflüsse  ans  den  Seen 
abgeführt  wird. 

Im    Jahre  1897   Hess  das 
Bandepartement      des     Kantons 
Waadt  ein  Projekt  für  die  Regu- 
lierung der  beiden  Seen  aufstellen ') 
mit    der    Vorschrift,    dass    der 
höchste  Wasserstand  +  1008,50 
nicht  überschreiten  und  dass  der 
niedrigste  Wasserstand  + 1005,00 
nicht  unterschreiten   sollte.     Das 
ausgearbeitete  Projekt  wurde  im 
Mai  1901  von  dem  grossen  Rat 
genehmigt     Die  für  die  Regierung  kostenlose  Ausführung  übernahm  die  in  der  Über- 
schrift genannte  Gesellschaft  auf  ihre  Kosten,  wogegen  ihr  als  Gegenleistung  die  bis 
■)  Di«  Bearbeitung  übernahm  Profeuor  A.  Palai  in  Lausanne  (vargL  S.  25). 


§17.  Das  Wasserkraft-Ei^ktrizitätswerk  La  Debndsb-Vallobbs.  463 

zum  31.  Dezember  1951  laufende  Konzession  zur  Ausnutzung  der  Wasserkräfte  der  Seen 
und  der  Orbe  oberhalb  und  unterhalb  der  in  §  10  besprochenen  Wasserkraft  von  Les 
Clees  vorbehaltlich  der  Rechte  Dritter  erteilt  wurde. 

Wegen  des  Projektes  der  Regulierung  der  Seen  kann  auf  Seite  226  u.  f.  verwiesen 
werden.  Erwähnt  sei  nur,  dass  man  aus  dem  Staubecken  bei  voller  Füllung  (30000000  cbm) 
während  120  Tagen  2,9  cbm/sek.  entnehmen  kann.  Liegt  der  Wasserspiegel  bei  Be- 
ginn der  trockenen  Zeit  auf  1007,50,  so  stehen  noch  2,05  cbm/sek.,  liegt  der  Wasser- 
spiegel bei  Beginn  der  trockenen  Zeit  auf  1007,00,  noch  1,6  cbm/sek.  während  120  Tagen 
zur  Verfügung.  Die  letztgenannte  Zahl  ist  als  Minimum  dessen  zugrunde  gelegt,  was 
für  Kraftzwecke  sekl.  zum  Abfluss  gelangt  Mit  Hinzurechnung  der  0,450  cbm,  welche 
durch  die  unsichtbaren  Ausflüsse  aus  den  Seen  abfliessen,  wird  man  einschliesslich  der 
anderweitigen  direkten  Zuflüsse  in  der  Orbe  unterhalb  des  Krafthauses  bei  La  Dernier 
immer  mindestens  mit  3  cbm/sek.  rechnen  können,  worauf  konzessionsmässig  wegen  der 
unterhalb  liegenden  und  anzulegenden  Kraftwerke  Rücksicht  zu  nehmen  war.  Der  Höhen- 
unterschied zwischen  dem  Seewasserspiegel  auf  +  1007,00  und  dem  Wasserspiegel  der  Orbe 
an  der  Stelle,  wo  das  Krafthaus  errichtet  ist,  beträgt  rd.  236,0  mk  Wenn  man  für  Druck- 
verluste im  ganzen  2,0  m  in  Rechnung  stellt  und  für  die  Turbinen  einen  Nutzeffekt  von 
75°/o  annimmt,  so  sind  für  1000  PS«  an  den  Turbineriachsen  gemessen  etwa  430  1  Wasser 
nötig.  Man  hat  also  während  120  aufeinanderfolgenden  Tagen  mindestens  6740  PS«  zur 
Verfügung,  wenn  in  den  Seen  30000000  cbm  aufgespeichert  sind,  und  3720  PS«,  wenn  bei 
Beginn  der  Trockenperiode  der  Seespiegel  auf  +  1007  liegt,  im  See  also  nur  16900000  cbm 
aufgespeichert  sind.  Wie  bereits  erwähnt  sind  diese  Kräfte  während  24  Stunden  verfügbar. 
Da  nun  aber  während  der  Nacht  der  Konsum  nur  klein  ist,  so  kann  man  die  für  12 
Stunden  verfügbare  Kraft  fast  auf  das  doppelte  annehmen  und  man  kann  stundenweise 
einen  gleichzeitigen  Höchstkonsum  befriedigen,  welcher  vielleicht  das  dreifache  und  mehr 
des  durchschnittlichen  Tageskonsums  ausmacht.  Es  ist  deshalb  vorgesehen,  das  Krafthaus, 
in  welchem  zunächst  nur  5000  PS«  in  Turbinen  aufgestellt  worden  sind,  später  zu  erweitern. 
In  dem  1904  dem  Betriebe  übergebenen  Krafthause  war  noch  Platz  für  3  Einheiten. 

Um  die  sichtbaren  Ausflüsse  abzusperren,  hat  man  an  allen  13  Trichtern  Sperr- 
mauern errichtet.  Jede  dieser  Sperrmauern  am  Lac  Brenet  hat  einen  1,60  m  langen 
Überlauf  mit  der  Krone  auf  + 1008,50,  während  die  Krone  der  übrigen  Mauerlänge  auf 
-f- 1009,00  liegt.  Ferner  sind  diese  Sperrmauern  mit  Grundablässen  versehen.  Taf.  XXX, 
Fig.  4  stellt  einen  Querschnitt  durch  die  Sperrmauer  am  Brenetsee  bei  Bon-Port  dar. 
Durch  den  Grundablass  bei  Bon-Port  allein  können  1,4  cbm/sek.  fliessen.  Einige  von  den 
Sperrmauern  am  Lac  de  Joux  hat  man  ohne  Grundablässe  angelegt,  die  Kronen  aber  dafür 
durchweg  auf  +  1008,50  gelegt,  sodass  sie  in  ihrer  ganzen  Lange  als  Überläufe  wirken. 

Der  Werkkanal  war  dem  Bauprogramm  entsprechend  auf  rd.  20  cbm/sek.  einzu- 
richten.   Taf.  XXX,  Fig.  1  gibt  einen  Übersichtsplan  der  Gesamtanlage. 

Der  Einlauf  befindet  sich  am  nördlichen  Ende  des  Lac  Brenet  an  einer  Stelle, 
welche  die  Bezeichnung  „La  Tornaz"  führt.  Ein  gekrümmter  Vorkanal  erstreckt  sich 
bis  in  den  See  hinein  und  liegt  mit  der  Sohle  auf  + 1003,30,  sodass  auch  beim  nied- 
rigsten Wasserstand  im  See  immer  noch  eine  Wassertiefe  von  1,73  m  über  der  Sohle 
des  Vorkanals  verbleibt  (vergl.  Taf.  XXX,  Fig.  2  und  3).  Die  Ufer  und  Sohle  desselben 
sind  in  Bruchsteinmauerwerk  mit  Zementfugen  hergestellt.  Vor  den  ersten  Regulierungs- 
schützen, welche  durch  ein  Wärterhaus  überbaut  sind,  liegt  ein  Rechen  von  28  qm  Fläche ; 
er  ist  mit  etwa  30°  gegen  die  Horizontale  geneigt  und  seine  Stäbe  haben  eine  lichte 
Entfernung  von  30  mm  voneinander.  Vor  dem  Regulierhäuschen  befindet  sich  eine  Be- 
dienungsbrücke für  den  Rechen.    Die  erste  Regulieranlage  besteht  aus  drei  Schützen, 


464  II.    Theodor  Koehh.    Ausbau  von  W  abbkrkrI  ften.    Bkibpielb. 

Ton  denen  die  zwei  unteren  ans  Holz  bei  einer  Durchflussöffnung  von  je  1,5/2,0  m  =  3,0  qm, 
die  obere  ans  Gusseisen  bei  einer  lichten  Durchflussöffnung  von  1 ,2  qm  hergestellt  srnd. 
Bei  einem  Wasserstande  von  +  1008,60  vor  und  etwa  -f- 1007,30  hinter  den  Schätzen 
können  durch  dieselben  etwa  20  cbm/sek.  hindurchfliessen. 

(Q  =  n .  b .  a .  y§gh  =  0,62 . 7,2. 4,429 .  /l^Ö  ~  20  cbm). 

Der  Werkkanal  liegt  ganz  im  Tunnel;  er  beginnt  15,0  m  hinter  den  ersten  Regn- 
lierung88chützen  und  hat  eine  Gesamtlänge  bis  zur  Druckkammer  Ton  2632,0  m.  Da» 
Sohlengeftlle  beträgt  etwa  3°/oo.  Die  erste  Strecke  von  971,0  m  ist  Ton  2  Stellen  in 
Angriff  genommen,  die  dann  folgende  Strecke  ist  durch  5  Seitenstollen  in  6  Teile  einge- 
teilt, deren  Längen  in  dem  Übersichtsplane  Taf.  XXX,  Fig.  1  angegeben  sind.  Die 
zur  Erleichterung  der  Arbeit  und  zur  schnelleren  Fertigstellung  der  Tunnelstrecke  ange- 
legten 5  Seitenstollen  dienen  zugleich  zur  Entlüftung,  welche  wünschenswert  war,  da  der 
Kanal  bei  maximaler  Füllung  znm  Teil  unter  Druck  kommen  kann.  Das  Querprofil  des 
Werkkanals  (vergl.  Taf.  XXX,  Fig.  10)  ist  ganz  mit  Beton  ausgekleidet  und  mit  einem 
2  cm  starken  Zementputz  bis  zu  den  Kämpfern  überzogen.  Die  Querschnittsfläche  beträgt 
rd.  5,7  qm  und  die  Geschwindigkeit  bei  20,0  cbm/sek.  3,52  m/sek. 

Hinter  dem  Regulierungshäuschen  führt  eine  kleine  Treppe  zu  Steigeeisen,  mittelst 
deren  man  zu  einer  Revisionsbrücke  gelangen  kann.  Dieselbe  ist  auf  eisernen  Trägern 
50  cm  über  der  Sohle  angelegt,  damit  man  hei  N.W.  den  Kanal  der  ganzen  Länge  nach 
begehen  kann. 

Vorrichtungen  zur  Verhütung  des  Eindringens  von  Sand  waren  am  Einlauf  nicht 
erforderlich,  da  die  Seen  selbst  die  wirksamsten  Ablagerungsbecken  bilden.  Erwähnt 
sei  nur  noch,  dass  am  Einlauf  vor  und  hinter  dem  Rechen  Dammbalkenschlitze  angelegt 
sind,  um  sowohl  den  Rechen  als  auch  die  Schützen  trocken  legen  zu  können.  100,0  m 
hinter  dem  Beginn  des  Tunnels  hat  man  zur  grösseren  Sicherheit  nochmals  eine  Schützen- 
anlage eingebaut,  zu  welcher  man  in  einem  Schacht  von  oben  hinabsteigen  kann. 

Kurz  vor  dem  Eintritt  des  Werkkanals  in  die  Druckkammer  erweitert  sich  der- 
selbe auf  5,0  m  (vergl.  Taf.  XXX,  Fig.  6  bis  9).  Die  umgebende  örtlichkeit  der  Druck- 
kammer laset  sich  am  besten  aus  Tal  XXXI,  Fig.  1  erkennen.  Bevor  das  Wasser  in 
das  Vorbecken  gelangt,  muss  es  einen  Rechen  passieren  und  tritt  dann  in  die  fast 
rechtwinklig  zur  Kanalachse  gelegene  Druckkammer,  indem  es  abermals  einen  Rechen 
durchmesst.  Die  Sohle  steigt  von  dem  Vorbecken  zur  Druckkammer  um  rd.  0,72  m  an. 
Aus  der  Druckkammer  münden  drei  Druckrohrstutzen  aus,  von  denen  1904  sich  nur 
der  mittlere  in  einem  Druckrohr  fortsetzte,  die  andern  dagegen  noch  mit  Deckeln 
geschlossen  waren.  Jede  Druckrohrausmündung  kann  für  sich  durch  eine  eiserne  Schütze 
geschlossen  werden.  Da  dieser  Verschluss  unmittelbar  vor  der  Mündung  liegt,  sodass 
Luft  bei  geschlossener  Schütze  nicht  in  das  Rohr  hinein  kann,  ist  auf  das  Druck* 
röhr  bald  unterhalb  der  Kammer  ein  Lüftungsrohr  gesetzt. 

Das  Becken  vor  der  Druckkammer  ist  durch  einen  13,0  m  langen,  einen  rechten 
Winkel  bildenden  Oberlauf  begrenzt,  über  welchen  bei  grösster  Füllung  etwa  20  cbm/sek. 
fliessen  müssen.  In  der  Mauer,  welche  den  Überlauf  bildet,  befinden  sich  gegenüber 
der  Kanalmündung  zwei  Grundablässe,  durch  welche  der  Kanal  und  das  Vorbecken, 
sowie  die  Druckrohrkammer  entleert  werden  können.  An  Stelle  eines  Überlaufkanals 
sind  zwei  eiserne  Rohre  von  je  850  mm  Dm.  verlegt,  welche  gleichfalls  mit  unmittelbar 
vor  der  Mündung  liegenden  Schützen  verschließbar  sind.  Infolge  dieser  Anordnung  war 
es  auch  hier  notwendig,  auf  die  beiden  Überlaufrohre  Lüftungsrohre  zu  setzen.  Die 
beiden  schmiedeeisernen  Überlaufrohre,   in   denen  sich  die  Geschwindigkeit  bis   über 


§  17.  Das  Wasserkbaft-EijektrizitItswerk  La  Debnieb-Vallorbe.  465 

20  m/8ek.  steigern  kann,  münden  in  ein  unmittelbar  am  Ufer  der  Orbe  angelegtes  Becken 
ans  (vergl.  Taf.  XXXI,  Fig.  6),  dessen  Sohle  sorgfältig  befestigt  ist.  Näheres  vergl. 
Kap.  III,  2  Werkkanäle.  Über  das  Druckrohr  ist  im  Kap.  III,  4  Druckrohre  noch 
einiges  mitgeteilt.  Erwähnt  sei  nur  noch,  dass  die  einzelnen  Stücke  des  Druckrohres 
und  der  Überlaufrohre  zum  Teil  durch  eine  Seilbahn,  zum  Teil  durch  ein  Schmalspur- 
gleis an  Ort  und  Stelle  befördert  sind. 

Das  Krafthaus  liegt  am  rechten  Orbeufer.  Eine  eiserne  Brücke  von  21,60  m 
Spannweite  führt  von  der  am  linken  Ufer  gelegenen  Chaussee  zum  Krafthause  herüber. 
Der  Maschinensaal  ist  55,0  m  lang,  12,50  m  breit  und  bis  zur  Oberkante  der  Kranbahn 
6,70  m  hoch.  Ein  Kran  von  12  t  Tragfähigkeit  bestreicht  den  ganzen  Maschinen  saal 
(vergl.  Taf.  XXXI,  Fig.  2  bis  5). 

Der  Maschinensaal  ist  vorläufig  für  acht  Maschinensätze  eingerichtet,  von  denen 
1904  fünf  zu  je  1000  PSe  aufgestellt  waren.  An  dem  einen  Ende  der  Halle  befindet 
sich  der  Platz  für  die  Erregermaschinen,  von  denen  1904  zunächst  zwei  Aggregate  zur 
Aufstellung  gelangt  waren.  An  dem  gegenübergelegenen  Ende  war  vorläufig  ein  4,0  m 
breiter  Raum  für  die  Aufstellung  von  Werkzeugmaschinen  abgetrennt. 

Wenn  die  drei  Aggregate,  für  welche  der  Platz  1904  noch  frei  war,  ebenfalls  in  1000  PS«  ge- 
wählt werden  sollten,  sodass  im  ganzen  8000  PSe  an  Hsnpttorbinen  aufgestellt  wären,  würde  auf  100 
installierte  Nutz-PS«  rd.  8,60  qm  Grundfläche  des  Maschinensaales  entfallen,  und  wenn  man  den  Baum 
für  die  Werkstatt  mit  50,0  qm  abzieht,  noch  beinahe  8,0  qm.  Wenn  man  für  die  drei  fehlenden  Aggregate 
2000  pferdige  Turbogeneratoren  aufstellte,  wofür  der  Raum  gross  genug  ist,  so  wurden  immer  noch 
rd.  6,16  qm  pro  100  installierte  PS«  entfallen. 

Wegen  der  Vorrichtungen  zur  Vermeidung  starker  Wasserschläge  im  Rohr  vergl. 
Kap.  DI,  4  Druckrohre. 

Sehr  bemerkenswert  ist  die  Raumverteilung  der  Schaltanlage,  welche  in  einem 
Anbau  von  25,40  m  Länge  und  7,40  m  Breite  Platz  gefunden  hat.  Dieser  Anbau  ist  in 
vier  Etagen  eingeteilt,  sodass  für  die  Schaltanlage  bei  8000  PS«  zusammen  rd.  9,4  qm 
pro  100  installierte  Nutz-PS6,  bei  11000  PS«  6,9  qm  zur  Verfügung  stehen  würden.  Die 
Gesamthöhe  des  Anbaus  beträgt  rd.  13,0  m.  Die  Decken  und  Wände  im  Schaltraum 
sind  in  Eisen  und  Beton  ausgeführt.  Das  Dach  des  ganzen  Maschinenhauses  ist  unver- 
brennbar  in  Eisen  und  Betonplatten  nach  dem  System  Münch  mit  Holzzementbedeckung 
hergestellt.  Alle  Stromunterbrecher  und  Sicherungen  sind  in  kastenförmigen  Räumen  aus 
armiertem  Beton  untergebracht,  und  es  ist  für  die  Bewegung  der  Bedienungsmannschaften 
überall  reichlich  Platz  vorhanden,  sodass  die  Anlage  modernen  Ansprüchen  wohl  entspricht. 
Abb.  91  und  92  zeigen  einen  Quer-  und  einen  Längsschnitt  durch  den  Schaltraum.  In  der 
obersten  Etage  sind  die  Blitzschutzvorrichtungen  (vergl.  Taf.  LXXVIII,  Fig.  3),  in  der 
zweiten  die  Schalttafeln  und  die  Schaltsäulen,  in  der  dritten  die  selbstwirkenden  Strom- 
unterbrecher, in  dem  Kellergeschoss  die  Sammelschienen  und  die  Schaltungstransforma- 
toren untergebracht. 

Der  Turbinenkanal  läuft  parallel  mit  der  Längsachse  des  Gebäudes  unter  den 
Turbinen  entlang.  Der  ganze  Raum  unter  den  Dynamomaschinen  bis  zu  der  Umfassungs- 
mauer des  Maschinensaales  ist  überwölbt  und  im  lichten  1,90  m  hoch,  sodass  man 
überall  bequem  an  die  Maschinen  herankann.  In  einem  Kabelkanal  von  2,0  m  Breite 
und  1,9  m  Höhe  sind  alle  Maschinenkabel  an  den  Seitenwänden  auf  Gestellen  so  unter- 
gebracht, dass  jedes  Kabel  ohne  weiteres  zugänglich  ist.  Durch  verschiedene  Farben 
sind  die  zu  den  einzelnen  Maschinen  gehörenden  Kabeln  voneinander  unterschieden. 

Die  1904  bereits  aufgestellten  fünf  grossen  Turbinen8)  von  je  1000  PS«  machen 


>)  Geliefert  von  der  A.-G,  der  Maschinenfabriken  von  Escher,  Wyss  &  Co.  in  Zürich. 
Handbuch  der  Ing.-WisMnsdi.    m.  Teil.    18.  Bd.  80 


466  II.     Theodob  Koehn.     Ausbau  von  WAasERKHAREsr.     Beihfieue. 

375  Uml/Min.  Die  zwei  kleinen  Erregerturbinen  von  je  150  PS.  machen  750  UmL/Min. 
Die  Turbinen  Bind  PeltonrSder  mit  einer  Düse  und  äusserer  Beaufschlagung.  Ihre  Kon- 
struktion ist  ähnlich  derjenigen  der  Turbinen  des  Kabelwerkes  (vergl.  S.  415  und  Taf. 
LXXVI,  Fig.  4  bis  6).    Die  Tnrbinenwelle  ist  mittelst  Zodelkuppeiung,  welche  zugleich 


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als  Schwungrad  dient,  mit  den  Generatoren  gekuppelt.  Sie  ist  bei  den  grossen  Turbinen 
dreimal  gelagert,  damit  man  für  den  Fall,  dass  es  sieb  für  die  Regulierung  als  not- 
wendig herausgestellt  haben  würde,  noch  ein  weiteres  Schwungrad  hätte  anbringen 
können.    Es  sollen  sich  aber  grossere  Schwungräder  als  entbehrlich  herausgestellt  haben. 


§  17.  Das  WisBEioauFT-ELBKTBiziTÄTBWBBK  La  Debkieb-Vallorbe.  467 

Di«  von  der  Lieferantin  garantierten  Nutzeffekte  betrogen  78%  Ar  Vollbelastung,  76*/*  für 
Dreiviertelbelastang  und  74%  Air  halbe  Belastung.  Bei  der  Probeabnahme  sollen  die  Turbinen  bei  voller 
Belastung  80°/o  Nutseffekt  aufgewiesen  haben.  Die  Umlaufeahl  der  Turbinen  darf  bei  gleichbleibender 
Belastung  höchstens  um  l°/o  schwanken.  4°/o  sind  zugelassen,  wenn  die  Belastung  plötzlich  um  25% 
abnimmt»  IS^t'/o,  wenn  sie  plötzlich  von  Vollbelastung  auf  Leerlauf  übergeht  Bei  der  Probeabnahme 
bat  die  Umdrehungszahl  bei  plötzlichem  Übergang  von  Vollbelastung  auf  Leerlauf  nur  um  7'/»%  ge- 
schwankt und  die  Maschinen  sind  in  7 — 8  8ekunden  wieder  auf  ihre  normale  Tourenzahl  zurückgekommen. 

Die  Ueneratoren 4)  liefern  Dreiphasendrehstrom  von  13  500  Volt  mit  50  Per.  Sie 
können  aber  auch  als  Einphasenmaschinen  arbeiten. 

Der  innere  Dm.  des  feststehenden  Anken  betragt  2,0  m,  der  äussere  des  beweglichen  Induktors 
1,980  m.  Das  Magnetrad  hat  16  Pole.  Die  Maschinen  können  wahrend  acht  Stunden  mit  einer  Über« 
lastung  von  30%  laufen,  ohne  dass  die  Temperatur  sich  um  mehr  als  85°  Aber  diejenige  der  umgebenden 
Luft  steigert    Die  Isolation  des  Ankers  ist  mit  80000  Volt  geprüft 

Der  Strom  für  die  Beleuchtung  der  Zentrale  wird  in  Transformatoren,  welche  in  der  obersten  Etage 
des  Schaltraumes  aufgestellt  sind,  bis  auf  150  Volt  herabtranaformiert  Die  Beleuchtung  des  Inneren 
und  der  Umgebung  findet  durch  fünf  Bogenlampen  und  durch  zahlreiche  Glühlampen  statt  "Für  eine 
Notbeleuchtung  dient  ein  Transformator,  welcher  an  das  Nets  der  Sociote*  tilectrique  du  Chatelard  (in  der 
Nahe  von  Vallorbe)  angeschlossen  ist  Dieser  Anschluss  war  für  die  Bauperiode  gemacht  und  ist  dann 
beibehalten;  Das  Schaltschema  der  Anlage  ist  auf  Taf.  LXXX,  Fig.  2  wiedergegeben.  (Vergl  Kap.  III, 
6,  B.  Kraflhiuser,  Elektrischer  Teil.) 

Die  Gesellschaft  war  mit  Bücksicht  auf  die  in  dem  kleinen  Kanton  Wandt  bereits 
bestehenden  14  älteren  hydroelektrischen  Kraftanlagen  (vergl.  S.  16)  darauf  angewiesen,  die- 
jenigen Gebiete  des  Kantons  Waadt  und  der  angrenzenden  französischen  Departements  zu 
versorgen,  die  nicht  schon  belegt  waren.  Es  mussten  deshalb  'von  vornherein  an  Hoch- 
spannungs-Fernleitungen 325,6  km  verlegt  werden.  Von  dem  Krafthause  auf  schweize- 
rischem Gebiet  war  1904  am  weitesten  entfernt  (67  km)  die  Transformatorensteil  ein  Mies, 
in  der  Nähe  der  Grenze  des  Kantons  Genf.  Nach  der  anderen  Richtung  (nach 
Neuch&tel  zu)  betrug  die  Entfernung  der  am  weitesten  abgelegenen  Transformatoren- 
stelle 65  km,  sodass  die  äussersten  Enden  der  Fernleitung  132  km  auseinander  lagen. 

Man  hat  auf  den  Hauptlinien  überall  Doppelleitungen  gelegt  und  Licht  und  Kraft 
getrennt  und  betreibt  das  Kraftnetz  mit  Dreiphasenstrom  und  das  Lichtnetz  mit  Ein- 
phasenstrom. Die  Spannung  in  dem  Fernleitungsnetz  ist  wie  die  Maschinenspannung 
13500  Volt.  Bei  der  Betriebseröffnung  1904  waren  bereits  235  Transformatorenstellen  er- 
richtet. Die  Einphasentransformatoren  sind  in  drei  verschiedenen  Typen  von  10,  20  und 
50  KW.,  die  Dreiphasentransformatoren  in  2  Typen  von  20  und  50  KW.  aufgestellt.  Über 
die  Konstruktion  der  eisernen  und  hölzernen  Masten,  sowie  über  die  Einrichtung  der  Trans- 
formatorenstellen ist  noch  einiges  im  Kap.  III,  7  Fernleitungen  mitgeteilt.  Die  Strom- 
verteilung im  sekundären  Lichtnetz  findet  nach  dem  Dreileitersystem  mit  2  mal  125  Volt 
statt.  Das  Netz  ist  berechnet  mit  einem  Maximalverlust  von  10  Volt,  d.  h.  4°/o.  Das 
sekundäre  Netz  für  Kraftabgabe  arbeitet  mit  400  Volt.  Alle  Verteilungsnetze  sind  mit 
Ausnahme  von  kurzen  Strecken  oberirdisch.  Die  Lichtverteilungsnetze,  an  welche  öffent- 
liche Beleuchtung  angeschlossen  ist,  haben  noch  einen  vierten  Draht  für  das  Anzünden 
und  Auslöschen  der  Lampen.  Die  Verteilung  des  Stroms  war  1904  für  212  Gemeinden 
vorgesehen6).  Die  Gesamteinwohnerschaft  des  Gebietes,  auf  welches  sich  die  Kraftver- 
teilung erstreckt,  beträgt  nur  92000.    Wegen  des  Tarifs  vergl.  Kap.  III,  8  Tarife. 

*)  Geliefert  von  der  MsschineDfabrik  örlikon  in  Örlikon-Zflrich. 
ft)  Die  Einwohnerzahl  dieser  Gemeinden  verteilt  sieh  wie  folgt: 

10  Gemeinden  haben  weniger  als  100  Einwohner  12  Gemeinden  haben  600—800    Einwohner 

48  ,  ,  100—200  ,  8  ,  9  800—1000         , 

55  ,  ,  200—800  .  7  .  1000—1200 

43  ,  ,  800—400  ,  8  1200—1500 

16  9  ,  400—500  ,  2  1500-2000 

9  „  „  500—600  .  4  2000-5000 

30* 


468  II.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  WassebkbIfteh.    Bbibpisul 

Die  Kosten  der  Anlage  werden  nach  vollem  Ausbau  des  Krafthausee  etwa 
9000000  Frs.  betragen,  wovon  etwa  tys  auf  das  primäre  und  sekundere  Leitungsnetx 
entfallen.  Dennoch  kann  die  Gesellschaft  auf  eine  Rentabilität  hoien,  weil  sie  sich 
durch  eine  Garantie,  welche  der  Kanton  für  eine  Obligationsanleihe  übernommen  hat, 
billiges  Geld  verschaffen  konnte  und  weil  es  ihr  gelingen  dürfte,  auch  neue  Industrien 
heranzuziehen.  Die  Gesellschaft  beabsichtigt  noch  ihre  Konzession  an  der  Orbe  durch 
Errichtung  eines  Krafthauses  mit  8000  PS«  (4  Gruppen  k  2000  PS»)  bei  dem  Orte  Mont- 
cherand  auszunützen.  Wenn  diese  zweite  Anlage  noch  an  das  Netz  angeschlossen  ist, 
werden  die  hohen  Kosten  für  das  Fernleitungs-  und  Verteilungsnetz  in  einem  besseren 
Verhältnis  zu  den  Kosten  der  für  die  Krafterzeugung  bestimmten  hydroelektrischen 
Anlagen  stehen  und  die  Gesellschaft  kann  durch  billige  Strompreise  noch  stärker  auf 
Heranziehung  neuer  Industrien  hinwirken. 


§  18.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  am  Lac  Tanay  bei 

Vouvry1). 

Die  Sociöte  des  Forces  Motrices  de  la  Grande-Eau  besitzt  in  Vuargny,  in  einem 
kleinen  Seitentale  am  rechten  Rhoneufer  unweit  der  Ausmündung  dieses  Flusses  in  den 
Genfer  See  ein  Elektrizitätswerk,  welches  ein  Gefälle  des  Flusses  Grande-Eau  von  200,0  m 
ausnutzt;  sie  verteilt  in  einem  sehr  ausgedehnten  Leitungsnetze,  welches  von  Ciarens 
bis  (Mlen,  von  Ormonts  bis  an  die  französische  Grenze  geht,  elektrische  Energie,  haupt- 
sachlich zu  Lichtzwecken. 

Die  sekl.  Wassermenge  der  Grande-Eau  sinkt  im  Winter  sehr  stark  herab,  also 
gerade  in  den  Monaten,  wo  der  grösste  Energiebedarf  vorliegt.  Ohne  eine  Reserve  in 
Wärmekraftmaschinen  oder  in  einer  anderen  geeigneten  Wasserkraft  konnte  daher  die 
genannte  Gesellschaft  nur  verhältnismässig  wenig  elektrische  Energie  verkaufen,  und  es 
war  ihr  infolgedessen  nicht  möglich,  die  während  des  Frühlings,  Sommers  und  Herbstes 
um  mehr  als  das  vierfache  anwachsenden  sekl.  Wassermengen  für  ihr  Unternehmen  aus- 
zunützen. Unter  diesen  Verhältnissen  bot  der  Gesellschaft  die  Ausnützung  der  Wasser- 
kraft des  Lac  Tanay  eine  ausserordentliche  günstige  Gelegenheit  zur  Bildung  einer 
Reserve  und  zur  Ergänzung  ihres  alten  Werkes.  Der  Lac  Tanay  liegt  auf  einem  Ge- 
birgsstock  am  linken  Rhoneufer,  etwa  3  km  von  der  Rhone  entfernt;  sein  normaler 
Wasserspiegel  liegt  auf  + 1410,  sein  Yorflutgebiet  beträgt  rd.  7,5  qkm  und  die  mittlere 
Regenhöhe  etwa  1600  mm.  Nimmt  man  an,  dass  ähnlich  wie  beim  Lac  d'Annecy  (vergL 
S.  225)  etwa  60%  der  Niederschlagsmenge  in  den  See  zum  Abfluss  gelangen,  so  würde 
derselbe  mit  jährlich  7296000  cbm  gespeist  werden,  d.  h.  durchschnittlich  mit  231 1/sek. 
oder  30,4  l/sek./qkm.  Der  Wasserspiegel  des  Sees  schwankt  um  etwa  26,0  m  und  bildet 
in  diesem  Stauraum  ein  Becken  von  etwa  3,6  Millionen  cbm.  Die  Untersuchung  der 
Ufer  ergab,  dass  an  dem  einen  sich  eine  unterseeische  Öffnung  (Crevasse)  befand,  aus 
welcher  bei  einem  Wasserspiegel  auf  +  1410  rd.  346  1/sek.  ausflössen.  Ob  noch  andere 


i)  Die  Abbildung  ist  dem  Bulletin  techniqne  de   la  Baisse  romande  vom   5.  Juli  1902  ent- 
nommen. 


5     18.  DAS    WASBERKBAFT-ELKKTEIZrrÄTSWKEK    Alt    LAC   TanAY   BEI   VOCTRT.  469 

unterseeische  Abflüsse  vorhanden  sind,  konnte  man  mit  Sicherheit  nicht  feststellen,  aber 
man  durfte  aas  den  Be- 
obachtungen des  Wasser- 
spiegels seh  Hessen,  dass, 
wenn  es  solche  gibt, 
dieselben  mit  nicht  mehr 
als  höchstens  10%  der 
Wassermenge  des  erkenn- 
baren Abflusses  gespeist 
-werden.    Für  die  Anlage 

eines  Krafthauses  bot  sich  I 

oberhalb     des    Dorfes  J 

Vouvry,  welches  etwa  1  km  |* 
von  der  Rhone  und  etwa  ° 
5  km  von  der  Ausmfin-  ■- 
dnng  derselben  in  den  K 
Genfer  See  entfernt  liegt,  g 
eine  günstige  Gelegenheit.  H 
Zwischen  der  für  das  Kraft-  J3 
haus  gewählten  Stelle  und  a 
dem  See  konnte  ein  Druck-  £ 
gefalle  von  920,0  m  ge-  •= 
wonnen  werden,  sodass  e 
jeder  Liter  Wasser  eine  j* 
Kraft  von  9,2  PS.  dar-  | 
stellte  and  für  eine  PS.-  £ 
Stande  rd.  392 1  genügten.  g 
Man  konnte  also  allein  mit  "Z 
dem  Stauinhalt  von  3'/i  -3, 
Millionen  cbm  bei  z.  B.  £ 
1000  Betriebsstunden  im     *g 

Jahre  rd.  9000  PS.  leisten    J  5 

und  wurde  so  in  die  Lage 
versetzt,  die  Anschlüsse,     * 
soweit   nur     irgend     der     £ 
Bedarf  sich  zeigte,  zu  ver- 
mehren   und    auf    diese  1 
Weise  auch  eine  bessere 
Ausnützung  des  Elektrizi- 
tätswerkes   bei    Vuargny 
zu  ermöglichen. 

Die  Wasserentnahme 
aus  dem  See  wurde  an 
der  Stelle  des  erwähnten 
unterseeischen  Abflusses 
angelegt.        Zu     diesem 

Zwecke  wurde  ein  36,0  m  tiefer  Brunnen  in  der  Nähe  des  Seeufers  abgeteuft,  dessen  Krone 
hochwasserfrei  und  dessen  Sohle  etwa  7,0  m  über  Seesohle  auf  +  1387,0  liegt.  Von  diesem 


470  IL    Theodor  Kobhn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

Bronnen  zweigt  ein  Tunnel  in  den  See  ab,  dessen  Scheitel  etwa  auf  -f  1390  Hegt.    Di< 
Tunnel  war  bei  der  Betriebseröffhung  1902  noch  nicht  ganz  bis  in  den  offenen  See 
gebrochen,  man  hat  sich  vielmehr  zunächst  begnügt,  den  natürlichen,  oben  erwähnten 
seeischen  Abflugs  zu  fassen,  da  die  aus  demselben  austretende  Wassermenge  für  absehbare  Zeit 
den  Bedürfnissen  der  Gesellschaft  vollkommen  genügte.  Konzessionsgemass  ist  der  W; 
abfluss  so  zu  regeln,  dass  der  Seespiegel  die  Kote  +  1416  nicht  überschreitet,  welche 
ein  geringes  tiefer  liegt  als  die  höchste  bekannte  Spiegellinie.   Der  erwähnte  Brunnen  ist 
durch  eine  lotrechte  Wand  aus  perforiertem  Eisenblech  in  zwei  Teile  geteilt,  sodass  Ljmb 
und  andere  Schwimmkörper  in  der  seewärts  gelegenen  Abteilung  des  Brunnens  zurück- 
gehalten werden.   Aus  der  landwärts  gelegenen  Abteilung  des  Brunnens  mündet  ein  Tunnel 
ron  3  qm  Querschnitt  ab,  dessen  Mündungsöffnung  mit  Walzträgern  und  Beton  gesohlt 
ist.    In  der  Abschlusswand  befinden  sich  oben  ein  mit  eisernem  Deckel  verschh 
Mannloch  von  0,80  m  Dm.,  darunter  ein  Entlüftungsrohr  von  100  mm  Dm.,  welches  mit 
einem  Hahn  verschlossen  und  auch  als  Umlaufrohr  benutzt  werden  kann,  und  am  Boden 
des  Tunnels  nebeneinander  3  gusseiserne  Rohre  von  je  400  mm  Dm.    Letztere  enden  in 
dem  Brunnen  selbst  in  rechtwinklig  nach  oben  gebogenen  trompetenförmigen  Öffnungen, 
welche  durch  konische  Sitzventile  verechliessbar  sind.    Die  Sitzventile  sind  an  Ketten  auf- 
gehängt und  können  durch  Anziehen  oder  Nachlassen  derselben  geöffnet  und  geschlossen 
werden.    Um  das  öffnen  zu  erleichtern,  dient  'das  erwähnte  Entlüftung»*  und  Umlaufrohr 
von  100  mm  Dm.   Ohne  diese  Entlastung  würde  bei  höchstem  Seespiegel  ein  Zug  von  mehr 
als  3  t  für  jede  Ventilkette  notig  gewesen  sein.    Der  aus  dem  Brunnen  ausmündende 
Tunnel  hat  eine  Länge  von  800,0  m  (vergL  Abb.  93)  und  ist  mit  Rücksicht  auf  den 
grossen  Wasserdruck  trotz  des  kompakten  und  dichten  Felsens  vollkommen  mit  Beton 
ausgekleidet   Er  mündet  nach  Süden  in  das  Tal  des  Fosseau  aus  und  zwar  liegt  daselbst 
seine  Sohle  2,0  m  tiefer  als  im  Brunnen.    Etwa  30,0  m  oberhalb  der  offenen  Ausmündung 
dieses  Tunnels  zweigt  ein  zweiter  etwa  100,0  m  langer  Tunnel  ab,  mit  dem  enteren  unge- 
fähr einen  rechten  Winkel  bildend.     Oberhalb  der  Abzweigung  ist  das  Tunnelprofil  des 
ersten  Tunnels  wieder  durch  einen  Pfropfen  aus  Eisen  und  Beton  abgeschlossen  und  in 
dieser  Abschlusswand  befinden  sich  wiederum  ein  Mannloch  oben  und  3  gusseiserne  Rohre 
von  400  mm  Dm.  unten,  von  denen  2  mit  Schwimmventilen  und  1  mit  einem  Schieber  ver- 
schliessbar  sind.    Unterhalb  der  Abzweigung  ist  in  einem  Binnen  eine  Betonwand  errichtet. 
Wenn  die  Turbinen  arbeiten,    sinkt   der  Wasserspiegel  vor   der  Öffnung  des  zweiten 
Tunnels  und  die  Schwimmer  halten  die  Ventile  der  zwei  Bohre  geöffnet.    Wenn  Wasser 
in  dem  Krafthause  nicht  gebraucht  wird,  steigt  der  Spiegel  und  die  Schwimmer  schliessen  die 
Ventile.    Steigt  der  Wasserspiegel  über  die  Krone  der  oben  erwähnten  Betonwand,  so 
fliesst  das  Wasser  nach  dem  Tal  des  Fosseau  aus.    Soll  der  Wasserspiegel  des  Sees  ge- 
senkt werden,  so  öffnet  man  den  Schieber  am   dritten  Bohre   und  kann  auch  durch 
Gegengewichte    die    Schwimmerventile    offen   halten.     Ein    in    der    erwähnten   Beton- 
wand befindliches  Spülrohr  kann  in  diesem  Falle  geöffnet  werden.    Das  untere  Ende  des 
zweiten  Tunnels  ist  durch  Mauerwerk  verschlossen  und  mit  einem  kleinen  Spülrohr  nebst 
Schieber  versehen.     Ein  schmiedeeisernes  Bohr  von  0,80  m  Dm.  und  100,0  m  LSnge 
verbindet  das  Ende  des  zweiten  Tunnels  mit  dem  Anfang  eines  dritten  von  300,0  m 
Länge.    Auch  die  letztgenannten  beiden  Tunnelstrecken  sind  mit  Beton  ausgekleidet 
Am  Ende  des  dritten  Tunnels  geht  die  Druckleitung  wieder  in  ein  schmiedeeisernes 
Rohr  von  0,80  m  Dm.  und  1200,0  m  Länge  über.  Dieses  Rohr  hat  ein  GefElle  von  0,5  •/# 
und  ruht  auf  einem  Betonbett  von  3,0  m  Breite,  welches  mit  1,0  m  hohen  Trockenmaoern 
eingefasst  ist   Das  eiserne  Bohr  ist  überall  mindestens  1,0  m  mit  Boden  bedeckt  und  auf 
diese  Weise  sowohl  gegen  fallendes  Gestein  als  auch  gegen  die  Einwirkungen  des  Tempe- 


§18.         Das  Wasseskraft-ElektrizitItbwjbrk  ah  Lac  Tanay  bei  Vouvry.  471 

ratarwechsels  geschützt.  Das  untere  Ende  der  genannten  schmiedeeisernen  Rohrleitung 
geht  in  ein  Gewölbe  über,  ans  welchem  3  Rohrstutzen  von  je  0,50  m  Dm.  abzweigen. 
Zwei  von  diesen  Rohrstutzen  sind  vorläufig  durch  Deckel  geschlossen  und  nur  einer 
setzt  sich  als  Druckrohrleitung  fort.  Bis  zu  dem  gewölbten  Räume  überschreitet  die 
Druckhöhe  21,0  m  nicht,  aber  von  hier  ab  wächst  sie  auf  einer  Länge  von  1940,0  m 
um  rd.  900,0.  An  der  Ausmündung  des  Druckrohres  aus  dem  gewölbten  Raum  ist  ein 
selbstwirkendes  Glockenventil  angebracht,  welches  durch  eine  horizontale  Achse  geführt 
wird,  und  welches  durch  einen  mit  einem  beweglichen  Gegengewicht  versehenen  Hebel 
offen  gehalten  wird.  Indem  das  Wasser  durch  den  ringförmigen  freien  Raum  zwischen 
Ventil  und  Rohrmündung  eintritt,  verliert  es  an  Druck,  sodass  die  Druckdifferenz 
zwischen  den  beiden  Seiten  des  Ventils  für  den  Fall  eines  Rohrbruches  genügen  würde, 
um  das  Ventil  zu  schliessen.  Um  bei  plötzlichem  Schluss  des  Ventils  Wasserschläge 
in  der  oberen  Rohrleitung  zu  vermeiden,  ist  auf  das  0,80  m  weite  Rohr  ein  Steige- 
rohr von  25,0  m  Höhe  und  0,40  m  Weite  aufgesetzt.  Ein  Umlaufrohr  mit  Hahn  ge- 
stattet, das  geschlossene  Ventil  zu  entlasten,  sodass  es  leicht  geöffnet  werden  kann. 
Ein  Entlüftungsrohr  hinter  dem  Sicherheitsventil  lässt  die  Luft  bei  plötzlicher  Schliessung 
eintreten  und  beim  gewöhnlichen  Betriebe  entweichen.  Man  hat  sich  dazu  entschlossen,  das 
eigentliche  Druckrohr,  welches  in  Siemens-Martin-Stahl  aus  geschweissten  Röhren  her- 
gestellt ist,  nicht  auf  einzelne  Fundamente,  sondern  in  einer  Baugrube 
auf  Schotter  zu  verlegen.  Die  Baugrube  ist  grösstenteils  1,50  m  tief  in  den 
Felsen  eingesprengt  oder  zwischen  Trockenmauern  hergestellt,  sodass  das  Druckrohr 
überall  mit  mindestens  1,0  m  Boden  bedeckt  ist.  Auf  diese  Weise  konnte  man  auf  die 
Anbringung  von  Dilatationsvorrichtungen  verzichten,  auch  waren  Verankerungen  an  den 
Knickpunkten  nicht  erforderlich.  Bei  der  parählten  Bedeckung  brauchte  man  auch 
Frost  nicht  mehr  zu  fürchten,  welcher  bei  offener  Rohrleitung  immerhin  hätte  gefähr- 
lich werden  können,  da  es  vorkommen  kann,  dass  die  Turbinen  auf  längere  Zeit  ausser 
Betrieb  gesetzt  werden.  Man  hat  sich  dem  Terrain  mit  dem  Druckrohr  nach  Möglich- 
keit angeschmiegt  und  durch  an  den  Flanschen  eingelegte  Keilstücke  die  Möglichkeit 
verschafft,  beliebige  Winkel  bis  zu  10°  herzustellen.  Die  Rohrverbindungen  bestehen 
aus  angeschweissten  Winkellaschen,  welche  durch  starke  stählerne  Flanschringe  und 
Bolzen  zusammengehalten  werden.  Die  Winkellaschen  greifen  mit  Nut  und  Feder  in 
einander  ein,  und  die  Dichtung  ist  durch  einen  kleinen  Kupferring  mit  Asbestseele  herbei- 
geführt. Dieser  Ring  von  etwa  3  mm  Dm.  wird  nach  dem  Anziehen  der  Bolzen  auf 
einen  Bruchteil  eines  mm  zusammengepresst.  Wegen  der  Druckrohre  vergl.  Taf.  LVHI, 
Fig.  10  und  11.  Die  Berechnung  der  Druckrohre  erfolgte  derart,  dass  bei  dem  höchsten 
statischen  Druck  eine  höhere  Beanspruchung  als  750  kg/qcm.  nicht  eintritt.  Jedes  Rohr 
musste  in  der  Werkstatt  unter  einem  Druck  geprüft  werden,  welcher  50°/o  höher 
als  der  zu  erwartende  statische  Druck  war.  Auf  den  ersten  635,0  m  hat  das  Druck- 
rohr einen  äusseren  Dm.  von  500  mm,  und  die  Rohre  sind  von  Hand  geschweisst.  Die 
Stahlstärke  wächst  von  7  bis  1 1  V*  mm.  An  diese  Strecke  schliesst  sich  ein  Hosenrohr 
an,  in  welchem  sich  das  grosse  Rohr  in  zwei  kleine  von  S41  mm  äusserem  Dm.  gabelt. 
In  dem  Hosenrohr  sind  2  Schieber  von  je  300  mm  lichtem  Dm.  mit  Umlaufrohren  an- 
gelegt. An  das  Hosenrohr  schliesst  sich  dann  eine  1300,0  m  lange  Doppelleitung  von 
341  mm  äusserem  Dm.  an,  deren  Wandstärke  allmählich  von  8  auf  18  mm  wächst. 
Diese  Rohre  sind  maschinell  geschweisst,  weshalb  der  äussere  Dm.  für  alle  Rohre  der- 
selbe bleiben  musste.  Alle  Rohrleitungen  sind  mittels  einer  Seilbahn  (vergl.  Taf.  LIX, 
Fig.  13  und  14  und  Kap.  HI,  4  Druckrohre)  an  Ort  und  Stelle  gebracht  und  zwar  sind 
die  Rohre  so  nahe  wie  möglich  bei  ihrer  Verwendungstelle,  aber  stets  oberhalb  derselben 


472  II.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräfte*.    Beispiele. 

abgelegt  und  dann  mit  Seilen  und  Flasähenzügen  an  die  richtige  Stelle  heruntergelassen. 
An  dem  Krafthause  ist  jeder  der  beiden  Druckrohrzweige  mit  einem  Schieber  ran  30O  mm 
abschliessbar,  welcher  durch  ein  Umlaufrohr  entlastet  werden  kann. 

Das  Krafthaus  ist  ein  rechteckiger  Bau  von  66,0  m  Länge  und  14,0  m  Breite. 
Es  steht  lotrecht  zur  Hauptneigung  des  Abhanges,  sodass  nach  der  Bergseite  der  Maschinen- 
flur und  nach  der  Talseite  der  Kellerflur   in  Terrainhöhe  liegen.     Nach  der   Bergseite 
steht  das  Krafthaus  auf  einer  Futtermauer,  mit  welcher  parallel  drei  Pfeilerreihen  er- 
richtet sind.  Diese  tragen  gemeinsam  mit  der  Futtermauer  die  Decke  des  Maschinensaals. 
Zwischen  den  Pfeilern  sind  Gurtbögen  geschlagen  und  diese  tragen  220  mm  hohe  und 
0,50  m  von  Achse  zu  Achse  voneinander  entfernte  I-Träger,  zwischen  denen  eine  Beton- 
decke eingebaut  ist.    Das  Kellergeschoss  ist  4,00  m  hoch.    Zwischen  den  beiden  Mittel- 
pfeilern sind  die  elektrischen  Maschinenkabel  untergebracht.  Die  beiden  äusseren  Längs- 
räume enthalten  die  Druckrohre  und  die  Ausgussrohre  der  Turbinen.    Jede  Turbine  ist 
mit  einem  Ausgussrohr  von  0,4  m  Dm.  versehen.    In  dem  Maschinensaal  waren  1902 
zunächst  4  Turbinen  von  je  500  PSe  aufgestellt,  während  Platz  für  im  ganzen  20  Turbo- 
Generatoren  vorhanden  ist    Jedes  Dcnckrohr  von  341  mm  äusserem  Dm.  verzweigt  sich 
in  dem  Kellergeschoss  des  Krafthauses  in  zwei  Rohre  von  je  210  mm  Dm.,  und  von  diesen 
zweigen  dann  die  einzelnen  Turbinenrohre  von  150  mm  Dm  ab.    Die  Turbinen  sind 
Peltonräder  und  machen  1000  Uml./Min.    Sie  verbrauchen  je  52  1/sek.   bei  normaler 
Leistung.    Die  Umfangsgeschwindigkeit  des  Laufrades  beträgt  62,8  m/sek.  *).  Jede  Turbine 
wird  aus  zwei  Düsen  beaufschlagt,  von  denen  nur  eine  durch  den  Servomotor  reguliert 
werden  kann,  sodass  niemals  ein  völliger  Abschluss  stattfindet  und  starke  Schläge  im 
Bohr  infolge  der  Turbinenregulierung  nicht  auftreten  können.    Abbildungen  der  Turbinen 
befinden  sich  auf  Taf.  LXXVI,  Fig.  7  bis  12  (vergl.  Kap.  III,  5  Turbinen). 

Erwähnt  sei  noch,  dass  das  eiserne  Polönceaudach  des  Maschinenhauses  ganz  aus 
Stein  und  Eisen  hergestellt  ist.  Auf  den  Bindern  liegen  T  Eisen-Pfetten  von  35  mm 
Höhe,  welche  auf  ihren  unteren  Winkelflanschen  Hohlziegel  tragen,  die  dicht  an  dicht 
geschoben  die  unten  sichtbare  Dachfläche  bilden.  Die  vertikalen  Stege  der  T-Eisen 
stehen  so  weit  vor,  dass  sie  die  Nasen  der  Dachziegel  aufnehmen  können.  An  beiden 
Enden  des  Maschinensaals  ist  ein  Raum  von  je  5,0  m  Tiefe  für  die  Schaltanlage  reser- 
viert. Das  Podium  des  Schaltbrettes  befindet  sich  etwa  1,5  m  über  dem  Maschinenflur. 
Jede  Turbine  ist  mit  einem  Emphasen- Wechselstrom-Generator1)  direkt  gekuppelt,  welcher 
den  Strom  mit  5500  bis  6000  Volt  und  50  Per/sek  erzeugt.  Die  Spannung  ist  dieselbe 
wie  diejenige  des  Elektrizitätswerkes  in  Vuargny,  sodass  die  beiden  Werke  gleichzeitig 
und  parallel  auf  das  Netz  arbeiten  können. 


S)  Von  den  zuerst  aufgestellten  Turbinen  sind  zwei  von  Durillard,  Lausanne,  und  zwei  Ton 
den  Ateliers  des  constructions  meeaniqaes  in  Vevey,  ßchweix,  geliefert 

*)  Zwei  der  zuerst  aufgestellten  Generatoren  sind  Ton  Brown,  Boveri  &  Co.  in  Baden  und  zwei 
von  der  Compagnie  de  llndustrie  iSlectrique  in  Genf  geliefert 


§19.  Das  Wabserkraft-ElektkbitIiswerk  Hagvbck.  473 


§  19.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Hagneck  am  Aare- 
kanal bei  Biel  (Schweiz),  mm*  Taf.  xxxii  und  xxxim). 

Um  das  vor  dem  Bielersee  im  Aaretal  gelegene  sogenannte  „Grosse  Moor*  zu  ent- 
wässern und  um  zu  gleicher  Zeit  für  die  Abführung  des  Hochwassers  der  Aare  und  der 
von  dem  Flusse  mitgeführten  grossen  Geschiebemassen  zu  sorgen,  wurde  in  der  Zeit  von 
1870  bis  1880  von  dem  Orte  Aarberg  bis  zum  Bieter  See  ein  Kanal  von  8,6  km  angelegt 
(vergl.  Taf.  XXXII,  Fig.  1).  Der  Kanal  hat  in  der  Sohle  eine  Breite  von  36,0  m.  Er 
durchdringt  bei  dem  Dorfe  Hagneck  eine  dem  See  vorgelagerte  Hügelkette  mit  einem 
900,0  m  langen  und  zum  Teil  34,0  m  tiefen  Einschnitt.  In  der  Nahe  der  Stadt  Biel 
mündet  ein  künstlicher  Kanal  aus  dem  See,  welcher  das  Wasser  aus  dem  See  wieder 
in  die  Aare  zurückleitet.  Für  den  unteren  Verlauf  der  Aare  bildet  also  der  Bieter  See 
ein  Staubecken.  In  dem  genannten  Kanal  zwischen  Aarberg  und  dem  Bieter  See  ist 
bei  N.W.  ein  Gefälle  von  9,0  m  und  schon  bei  der  Ausführung  desselben  wurde  auf  die 
Ausnutzbarkeit  der  hier  zur  Verfügung  stehenden  Wasserkräfte  hingewiesen.  Im  Jahre 
1891  erwarb  eine  Anzahl  beteiligter  Gemeinden  die  Konzession  zur  Ausnutzung  dieser 
Wasserkräfte.  Ein  grosszügiges,  für  die  Ausführung  geeignetes  Projekt  entstand  aber 
erst,  als  die  Konzession  im  Jahre  1896  an  eine  grosse  Elektrizitätsgesellschaft  überging9). 
Es  sollen  in  der  Aare  bei  niedrigstem  Wasser  noch  60  cbm/sek.  zur  Verfügung  stehen, 
und  es  konnte  durch  eine  etwa  160,0  m  vor  der  Ausmündung  des  Kanals  in  den  See 
liegende  Wehranlage  bei  N.W.  ein  Stau  von  9,0  m  erzielt  werden.  Bei  Hochwasser  blieb 
noch  ein  nutzbares  Gefälle  von  5,8  m,  bei  normalem  Wasser  von  7,3  m.  Zu  Zeiten 
des  geringeren  Gefälles  stehen  erheblich  grössere  Wassermengen  als  60  cbm/sek.  zur 
Verfügung. 

Das  gesamte  Kraftwerk  besteht  aus  dem  Wehr  mit  der  zugehörigen  Regulierung 
des  Aarekanals,  dem  Werkkanal,  dem  Krafthause,  dem  Unterwasserkanal  und  dem  Lei- 
tungsnetz (vergl.  Taf.  XXXII,  Fig.  2). 

Aus  den  Bedingungen  der  Konzession  bezüglich  der  höchsten  zulässigen  Stauweite 
bei  Hochwasser  ergab  sich  eine  Gesamtbreite  des  bewegliehen  Wehres  von  63,4  m. 
Diese  wurde  durch  dfei  Mittelpfeiler  in  vier  Öffnungen  eingeteilt,  deren  Verschlüsse  so 
einzurichten  waren,  dass  sie  bei  Hochwasser  gänzlich  beseitigt  werden  konnten.  Man 
legte  an  die  rechte  Kanalseite  die  vorgeschriebene  Flossgasse  in  einer  Breite  von 
12,30  m  an,  daran  anschliessend  zwei  Grundabläsäe  von  je  10,0  m  Breite  und  am  linken 
Ufer  eine  Öffnung  von  23,0  m.  Um  Vertiefungen  der  Sohle  oberhalb  des  Wehres  durch 
den  starken  Strom  bei  Öffnung  aller  Wehrverschlüsse  zu  vermeiden,  wurde  vorgeschrieben, 
dass  die  Sohle  der  Grundablässe  3,0  m  über  die  vor  Beginn  des  Baues  bestehende  Sohle 
des  Kanalbettes  gelegt  wurde.  Die  Sohle  des  Aarekanals  bestand  aus  nicht  sehr  fester, 
aber  undurchlässiger  Molasse.  Es  war  deshalb  notwendig,  die  Ufer  und  Mittelpfeiler 
des  Wehres  mittelst  Caissons  tief  unter  der  Kanalsohle  zu  fundieren,  um  ihnen  bei  dem 
hohen  Wasserdruck  die  nötige  Standsicherheit  zu  geben.  Die  Sohle  der  Grundablässe 
liegt  auf  +  434,05,  die  der  Flossgasse  etwa  3,0  m  höher  und  die  der  linken  Öffnung 


i)  Die  Abbildungen  sind  zum  gröseten  Teile  der  Zeitscbr.  d.  Ver.  deutsch.  Ing.  1901,  .Das 
Elektrizitätswerk  Hagneck4  von  Prot  Dr.  H.  Kupp,  S.  987  u.  ff.,  entnommen. 

*)  Die  Erwerberin  war  die  A.-G.  .Motor-,  eine  mit  der  A.-G.  Brown,  Boveri  k  Co.  in  Baden 
(Schweiz)  verbundene  Unternehmangageseliacbaft  Der  waaaerbanlicbe  Teil  des  Projektes  ist  von  Conrad 
Zaehokke  in  Aarau  entworfen  and  ausgeführt  (vergl.  8.  25). 


474  IL    Theodor  Koehk.    Ausbau  ton  Wasserkraft».    Beispiele. 

auf  -f-  436,30.    Die  Flossgasse  ist  etwa  40,0  m  lang  und  beiderseits  durch  Mauern  ans 
Hausteinen  eingefasst.    Ihre  Sohle  ist  auf  Pfählen  und  Beton  fundiert  und  durch  einen 
Bohlenbelag  abgeschlossen,  welcher  auf  einem  Rost  von  Holmen  und  verankerten  Quer- 
balken befestigt  ist.    Zwischen  der  Flossgasse  und  dem  rechten  Ufer  liegt  die  Fiaek- 
leiter,  deren  oberer  Eingang  in  den  rechten  Uferpfeiler  eingelegt  ist    Der  Verschluss 
der  Flossgasse  erfolgt  durch  eine  einzige  eiserne  Schütze,  welche  in  der  Mitte  eine  bis  etwa 
1,50  m  unter  den  normalen  Stauspiegel  reichende  bewegliche  Eisschitie  trägt,   um  bei 
Eisgang  das  Eis  abfuhren  zu  können.    Da  die  Sohle  des  Werkkanals,   von  dem  spater 
noch  die  Rede  sein  wird,   etwa  2,50  m  höher  als  die  Schwelle  der  Grundablässe  liegt, 
so  ist  eine  Verkiesung  des  Kanaleinlaufs  kaum  zu  befurchten,  denn  wenn  die  Sohle  des 
Aarekanals  bis  zur  Sohle  des  Einlaufe  zum  Werkkanal  mit  Kies  gefüllt  sein  sollte,  so  mos 
sich  durch  Ziehen  der  Grundschützen  nach  der  Spülrinne  zu  eine  so  steile  Böschung  im  Kiese 
bilden,  dass  die  Kiesablagerungen  vor  dem  Einlauf  mit  in  die  Spülrinne  hineingezogen  werden. 
Wenn  auch  die  Lage  der  Grundablässe  am  rechten  Ufer  vieUeicht  vorzuziehen  gewesen 
wäre,  um  den  Kanaleinlauf  noch  wirksamer  Ton  Kies  frei  zu  halten,  so  war  anderer- 
seits die  Lage  der  Flossgasse  am  rechten  Ufer  im  Interesse  der  Flösserei  die  wünschens- 
werteste.   Da  die  Flösserei  bei  geringem  Wasser  in  der  Aare  selten  vorkommt,  sondern 
meist  nur  zu  einer  Zeit,  wo  ohnehin  die  Grundablasschützen  teilweise  geöffnet  sind,   so 
kann  einer  schädlichen  Senkung  des  Wasserspiegels  beim  Öffnen  der  Flosschütze  durch 
Schliessen  der  Grundablasschützen  genügend  vorgebeugt  werden.    Zwischen  den  Pfeilern 
besteht  der  feste  Teil  des  Wehres  aus  einem  in  der  Stromrichtung  11,0  m  breiten  Beton- 
körper, in  dem  zur  Materialersparnis  in  der  Mitte  grössere  Öffnungen  ausgespart  worden 
sind.   Die  Fundierung  erfolgte,  je  nach  der  Beschaffenheit  der  vorgefundenen  Molasse,  in 
verschiedener  Tiefe.  Zur  Abdichtung  der  Kanalsohle  aufwärts  vom  Wehre  ist  dieselbe  mit 
einer  Betondecke  belegt  Bei  den  GrandablSssen  ist  als  Schwelle  für  die  Schützen  eine 
gehobelte  Eisenplatte  eingelegt,  ähnlich  derjenigen  bei  Ghfevres  und  daran  schliesst  sich 
ein  Holzboden  in  der  Neigung  von  1 :  10,  welcher  auf  einem  Rost  verankerter  Balken 
befestigt  wurde,    flinter  diesem  massiven  Wehrkörper  schloss  sich  noch  ein  etwa  12 
bis  15,0  m  langer  Abfallboden  an,  welcher  aus  schweren  Steinfaschinen  zwischen  gerammten 
Pfählen  und  einer  soliden  Abpflasterung  aus  lagerhaften,  schweren  Steinplatten  gebildet 
war.    In  derselben  Weise  war  auch  die  Fortsetzung  des  Abfallbodens  der  linken  Wehr- 
öffnung gebildet   (vergl.  Taf.  XXXII,  Fig.  3  und  4).    Das  reissende  Wasser  hat  aber 
diese  Faschinenböden  bald  fortgeschwemmt,    weil   durch  die  Pfahle  die  an  sich  schon 
bröckelige  Molasse  noch  mehr  gelockert  worden  war  und  den  PfiLhlen  keinen  genügen- 
den Halt  bot.    Man  hat  deshalb  später  wahrend  N.W.  und  bei  geschlossenen  Schützen, 
also  zu  einer  Zeit,  als  im  Unterwasser  völlige  Ruhe  herrschte,   mittelst  Trichter  die  in 
der  Sohle  entstandenen  Kolke  durch  Schlackenbeton  ausgegossen  und  so  hinter  dem 
geneigten  Bohlenboden   einen  Absturz  und  einen  mehr  horizontalen  Abfallboden   ge- 
schaffen.   Diese  Art  der  Befestigung  soll  sich  gut  bewährt  haben. 

Die  Schützern  der  beiden  10,0  m  breiten  Urendabläese  sind  nach  dem  Muster 
der  Schützen  bei  Chevres  gebildet  und  laufen  wie  diese  auf  einer  Walzenreihe.  Auch 
ist  hier  in  ganz  ähnlicher  Weise  wie  dort  die  Dichtung  durch  einen  eisernen  Rundstab 
zwischen  zwei  Dichtungsflächen  bewirkt  Über  das  ganze  Wehr  hinweg  führt  eine 
Bedienungsbrücke  (vergl.  Taf.  XXXII,  Fig.  6).  rÜber  den  mittleren  Öffnungen  der  Grund- 
ablässe liegen  hohe  Gitterträger,  welche  am  Untergurt  eine  Fussgängerbrücke  tragen 
und  oben  den  elektrisch  angetriebenen  Bewegungsmechanismus  für  die  Schützen.  Die 
Seiltrommeln,  über  welche  die  Hebungsseile  der  Schützen  laufen,  liegen  auf  Konsolen 
und  zwar  derart,  dass  die  Schützen  mit  ihrer  Unterkante  bis  über  das  höchste  Hoch- 


§  19.  Das  Wasskrkbaft-ElektrizitItswekk  Hagnkck.  475 

wasser  gezogen  werden  können.  Die  Schützen  sind  als  Eastenträger  mit  geradliniger 
Vorder-  und  Hinterfläche  ausgebildet,  sodass  sie  vor  der  Bediennngsbrücke  im  aufge- 
zogenen Zustande  Platz  finden.  Die  linke  Öffnung  ist  durch  Rolladen  yerschliessb*r, 
welche  sich  gegen  18  eiserne  Gittersäulen  lehnen.  Je  zwei  und  zwei  derselben  sind  zu 
Rahmen  vereinigt  und  können  gemeinschaftlich  heruntergelassen  werden  (vexgl.  Taf.  XXXII, 
Fig.  5  und  7).  Sie  tragen  an  ihrem  unteren  Ende  ein  horizontales  Gelenk  und  sind 
oben  im  aufgerichteten  Zustande  durch  Klinken  gehalten.  Ein  auf  der  Bedienungsbrücke 
fahrbarer  Erahn  dient  dazu,  sowohl  die  Kolladen  hochzuziehen  als  auch  die  Griesständer 
herunterzulassen.  Am  oberen  Ende  ist  an  jedem  Griesständer  ein  Bügel  angebracht, 
auf  dem  er  im  herabgelassenen  Zustande  auf  dem  Sturzbette  aufruht.  Die  Rolläden 
sind  aus  Holzleisten  mit  trapezförmigem  Querschnitt  gebildet,  welche  untereinander  einen 
recht  guten  Schluss  geben.  Die  einzelnen  Rollen  ruhen  in  herabgelassenem  Zustande  in 
Schalen,  welche  yon  eisernen  Platten  getragen  werden.  Letztere  sind  in  Gelenken  dreh- 
bar, sodass  sie  sich  beim  Herablassen  der  Griesständer  gleichfalls  mit  umlegen.  Die 
Dichtung  der  Platten  erfolgt  durch  ein  durchlaufendes  Gusstück.  Der  dichte  Anschluss 
der  einzelnen  Platten  und  Schalen  untereinander  ist  nicht  leicht  zu  erreichen.  Dafür 
ist  aber  die  Bedienung  der  Rolladen  eine  sehr  leichte  und  verhältnismässig  einfache. 
Wenn  die  äussere  lose  Kette  angezogen  wird,  wickelt  sich  die  Rollade  auf  der  Walze 
auf,  indem  diese  emporrollt. 

Die  Ufer  mussten  auf-  und  abwärts  des  Wehres  mit  Steinpackungen  befestigt 
werden.  Von  dem  rechten  Wehrpfeiler  bis  zu  dem  Werkkanal  ist  das  Ufer  des  Aare- 
kanals durch  eine  Steinmauer  gebildet,  welche  sich  auch  noch,  rechtwinkelig  abbiegend, 
im  Werkkanal  fortsetzt. 

Der  Werkkanal  ist  nur  200,0  m  lang  und  in  der  Sohle  normal  27,0  m  breit. 
Die  Sohle  sowohl  wie  die  Böschungen  sind  mit  Kalksteinen  gepflastert.  Erstere  steigt 
nach  dem  Krafthause  zu  etwas  an.  In  ihrer  Mitte  ist  eine  Rinne  angelegt,  nach  welcher 
beide  Seiten  der  Sohle  Gefalle  haben.  Der  Wasserspiegel  kann  durch  Ziehen  der  Schützen 
im  Aarekanal  genügend  reguliert  und  nötigenfalls  soweit  gesenkt  werden,  dass  die  Sohle 
des  Werkkanals  völlig  trocken  wird.  Es  war  daher  entbehrlich ,  besondere  Einlauf- 
schützen anzulegen*  Auch  konnte  am  Krafthause  ein  Überfall  und  ein  Grundablass  ent- 
behrt werden.  Um  Stückeis  und  andere  grosse  Schwimmkörper  vom  Kanal  fernzuhalten, 
sind  am  Einlauf  yier  eiserne  Böcke  aufgestellt;  Vor  welchen  eine  schwimmende  Brücke 
yon  Holz  angelegt  ist  Diese  Brücke  dient  zur  Kommunikation  zwischen  beiden  Ufern 
und  zugleich  dazu,  gesammeltes  Stückeis  nach  der  Eisschütze  fortschieben  zu  können. 
Vor  den  TurMnenkammera  erweitert  sich  der  Werkkanal  auf  36,0  m,  und  so  wird  der 
Platz  für  fünf  Turbinenkammern  yon  je  6,0  m  lichter  Breite  gewonnen.  Durch  vier 
Längswände  yon  1,50  m  Dicke  sind  die  Turbinenkammern  voneinander  getrennt.  Jede 
Turbinenkammer  ist  für  sich  durch  zwei  Drehtore8)  abschliessbar  (vergl  Taf.  XXXIIT, 
Fig.  2  und  5  und  Abb.  94).  Vor  der  Turbinenkammer  liegt  in  üblicher  Weise  ein  Rechen 
mit  einqr  Neigung  yon  etwa  46°  gegen  die  Horizontale.  Da  Eintreten  yon  Eis  in  den 
Kanal  nicht  zu  befürchten  war,  auch  Überlauf  und  Grundablass  nicht  vorhanden  sind,  . 
konnte  der  Rechen  parallel  zur  Achse  des  Krafthauses  aufgestellt  werden.  Letztere  ist 
lotrecht  zur  Kanalachse  gelegt  Vor  dem  Krafthause  und  über  den  Vorkammer*  ist  eine 
etwa  2,50  m  breite  Bedienungsbrücke  für  die  Reinigung  des  Rechens  angeordnet.  Im 
Herbst  bei  Laubfall  kommt  recht  viel  Laub  in  den  Werkkanal  hinein,  sodass  ftlpd»im 
mehrere  Kolonnen  beschäftigt  sind,  mit  langen  Harken  das  Laub  zu  beseitigen.    Wegen 


»)  Eine  Abeflaang  der  Dnatore  findet  sieh  in  Kap.  m,  8,  Senats«*. 


476  II-     Theodor  Koehn.     Ausbau  vow  Wasserkräften.     Beibfiele. 

der  Länge  und  Schwere  der  Harken  bat  sich  die  gewählte  Breite  der  Bedienungsbrücke 
als  durchaus  erforderlich  herausgestellt. 

Das  Krafthans  besteht  aas  zwei  Teilen  und  zwar  ans  einem  innerhalb  des  Kanal- 
bettes liegenden  Teil,  welcher  die  Hauptturbmenkammern  und  den  Maschinensaal  enthält, 

Abb.  M.    Ansicht  einer  Tnrbinenkunniar  mit  Turbine. 


nnd  einem  auf  dem  rechten  Ufer  befindlichen  Anbau,  enthaltend  drei  kleinere  Turbinen 
für  die  Erregung  und  die  Reguliertransraission  und  darüber  die  Schaltanlage.  Die  üe- 
samtlänge  des  Haschinensaales  ist  im  Innern  gemessen  rd.  46,0  m,  die  lichte  Breite 
11,0  m,  die  Höhe  bis  zur  Kranbahnoberkante  etwa  7,0  m.  Es  kommen  ah»  etwa 
506:70  =  7,23  qm  Bodenfiacbe  auf  100  installierte  PS*.  Der  Hauptteil  des  Kraft- 
hauses  ist  auf  einer  zusammenhangenden  Betonplatte  fundiert.     Der  ganze  Maschinen- 


§  19.  Das  Wa/äbrkrijt-EijcktrizitItswerk  Hagneck.  477 


saal  wird  toh  einem  Laufkran  von  25  t  Tragfähigkeit  bestrichen.  Die  Sangkanäle  der 
Turbinen  münden  direkt  in  den  Unterwasserkanal.  Letzterer  ist  bis  zn  der  Stelle,  wo 
er  in  der  Seesohle  ausläuft,  rd.  460,0  m  lang.  Er  ist  durch  Ausbaggerungen  in  dem 
Strand-  und  Seeboden  mit  einer  Sohlenbreite  von  32,0  m  hergestellt  worden.  Ausserhalb 
des  Krafthauses  auf  dem  rechten  Ufer  steht  ein  grosser  Drehkran,  um  schwere  Lasten, 
welche  auf  dem  Wasserwege  oder  auf  Wagen  kommen  oder  fortgeschafft  werden  sollen, 
verladen  zu  können. 

Die  fünf  Hanpttubinensttie  *)  (vergl.  Taf.  LXH,  Fig.  1  —  3,  und  Kap.  IE,  5, 
Turbinen)  sind  Francis -Reaktionsturbinen  mit  radialer  Beaufschlagung  von  aussen  und 
achsialem  Ausguss.  Jede  Turbine  leistet  bei  100  Uml./Min.  normal  1300  PS»,  maximal 
1500  PS».  Die  Wahl  stehender  Turbinen  ist  vermutlich  getroffen,  weil  sich  im 
Vergleich  zu  liegenden  am  baulichen  Teil  sehr  erhebliche  Ersparnisse  ergaben,  denn 
man  konnte  bei  stehenden  Turbinen  mit  einer  viel  geringeren  Breite  des  Krafthauses 
auskommen. 

Jede  Hauptturbine  hat  vier  Laufkränze  Übereinander,  von  denen  der  zweite  und  der  unterste 
Kranz  naeb  oben,  die  anderen  beiden  nach  unten  aasgiessen.  Das  hydraulisch  entlastete  Hanptlager, 
welches  in  dem  direkt  unterhalb  dea  Masebinenflures  befindlieben  Geschosse  aufgestellt  ist,  wurde  als 
doppeltes  Ringspurlager  ausgebildet  und  ist'  von  einem  mit  25  1  öl  gefällten  Behälter  vollständig  um- 
schlossen. Es  befindet  sich  somit  ganz  unter  öl,  welches  mittelst  eingelegter  Kahlschlange  durch 
Wasser  gekflhlt  wird.  Durch  ein  in  die  Welle  eingeschnittenes  Gewinde  ist  die  Möglichkeit  geboten,  die 
Laufkränze  genau  einzustellen.  Unterhalb  des  Hauptspurlagers  ist  die  Welle  gekuppelt  Sie  ist  an  der 
Sohle  der  Turbinenkammern,  an  der  Dynamomaschine  und  ausserdem  noch  in  zwei  Halslagern  geführt 
Wie  bei  den  Beznauer  Turbinen  sind  sämtliche  vier  Leiträder  untereinander  duroh  Säulen  bezw.  Guss- 
stflcke  starr  verbunden.  Die  Leitschaufeln  sind  um  vertikale  Achsen  beweglich  und  zum  Teil  hydraulisch 
entlastet  Eine  vertikale  Steuerwelle,  Hebel  und  Schieberstangen  wirken  auf  einen  Ring,  mit  dem  alle 
beweglichen  Schaufeln  je  eines  Kranzes  verbunden  sind,  so  dass  die  Bewegung  aller  Schaufeln  eines 
Krauses  gleichzeitig  und  gleichmässig  erfolgt  Die  beiden  unteren  Schaufelkränze  haben  eine  gemein« 
schaftliche  Steuerwelle.  Die  Regulierung  der  beiden  oberen  Schaufelkränze  kann  durch  je  eine  besondere 
Welle  und  unabhängig  voneinander  erfolgen.  Die  Regulierung  der  beiden  unteren  Kränze,  welche  bei 
hohem  Gefalle  allein  arbeiten,  während  die  oberen  geschlossen  bleiben,  erfolgt  stets  selbstwirkend  durch 
einen  hydraulischen  Servomotor,  welcher  in  üblicher  Weise  durch  einen  Fliehkraftregler  in  Tätigkeit 
gesetzt  wird.  Der  obere  Leitsehaufelkranz  kann  entweder  mit  der  selbstwirkenden  Regulierung  des 
Servomotors  verbunden  oder  von  Hand  bedient  werden,  während  die  Regulierung  des  zweitobersten 
Schaufelkrames  stets  von  Hand  erfolgt.  Die  beiden  oberen  Kränze  treten  nur  bei  kleinerem  Gefalle 
und  grosserer  verfügbarer  Wassermenge  in  Tätigkeit.  Der  Servomotor  wird  mit  filtriertem  Druckwasser 
getrieben. 

Die  Saugkanäle  sind  mit  Hilfe  von  Walzträgern  und  Verankerungen  in  Beton 
syphonartig  hergestellt  und  münden  so  weit  unter  dem  niedrigsten  Unterwasser  aus» 
dass  die  Saugwirkung  stets  gesichert  ist  (vergl.  Taf.  XXXIII,  Fig.  5).  In  der  Decke 
der  Turbinenkammern  und  in  dem  Boden  des  Maschinenflurs  befinden  sich  kreisrunde 
Montageöffnungen,  gross  genug,  um  alle  Teile  der  Turbine  mittelst  des  Krans  heraus- 
zuheben. Es  ist  dazu  natürlich  nötig,  dass  das  Magnetrad  des  Generators  zuvor 
abgehoben  und  die  Wellenlager  entsprechend  demontiert  sind. 

Von  den  in  dem  rechtsseitigen  Anbau  des  Maschinenhauses  aufgestellten  drei 
vertikalen  Turbinen  sind  zwei  von  je  20  PS«  für  den  Antrieb  zweier  Erregermaschinen 
und  eine  von  45  PS«  zum  Antrieb  einer  das  ganze  Untergeschoss  durchlaufenden 
Reguliertransmission  bestimmt.  Von  letzterer  werden  mittelst  Riemenübertragung  und 
Schraubenspindeln  die  Drehtore  vor  den  Turbinenkammern  vom  Maschinenraum  aus  inner- 


*)  Geliefert,  ebenso  wie  die  kleinen  Turbinen,  von  Theodor  Bell  &  Co.  in  Krienz,  Schweiz. 


478  IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  vor  WassebkbXften.    Beispiele. 

halb  Vit  Minuten  geöffnet  oder  geschlossen.  Dieselbe  Transmission  treibt  auch  die  Pumpen 
an,  welche  das  für  die  hydraulischen  Servomotoren  erforderliche  Brackwasser  liefern. 
Für  jede  Hauptturbine  ist  eine  besondere  Pumpe  vorgesehen;  alle  Pumpen  aber  sind 
an  eine  gemeinschaftliche  Zentralleitung  angeschlossen,  sodass  das  Defektwerden  einer 
Pumpe  die  Lieferung  von  Druckwasser  für  den  zugehörigen  Servomotor  nicht  hindert. 
Die  Druckwasserleitung  ist  mit  einem  Windkessel  und  einem  kleinen  Kompressor  für 
die  Erneuerung  des  Luftkissens  im  Windkessel  ausgestattet.  Bemerkenswert  ist 
die  Anlage  einer  unter  allen  Turbinenkammern  hindurchgehenden 
Saugrohrleitung,  mit  deren  Hilfe  durch  eine  von  der  Reguliertrans- 
mission angetriebene  Pumpe  jede  Turbinenkammer  in  kurzer  Zeit 
geleert  werden  kann.  Jede  Turbinenkammer  ist  durch  ein  besonderes  Ventil  an 
die  Saugrohrleitung  angeschlossen«  Um  eventuell  an  den  Drehtoren  Reparaturen  vor- 
nehmen zu  können,  sind  an  den  Pfeilern  der  Vorkammern  Dammbalkenschlitze  angelegt. 
Der  Verschluss  der  geschlossenen  Drehtore  ist  ziemlich  vollkomm  dicht,  sodass  alle 
Teile  der  Turbinenanlage  für  etwaige  Reparaturen  in  kürzester  Zeit  zugänglich  ge- 
macht werden  können.  Es  bleibt  noch  zu  erwähnen,  dass  das  Druckwasser  den  drei 
kleinen  Turbinen  durch  eine  kleine  Druckleitimg  zugeführt  wird,  welche  oberhalb  des 
Krafthauses  aus  dem  Werkkanal  abzweigt  Die  drei  kleinen  Turbinen  giessen  je  in  einen 
vertikalen  Schacht  aus  und  diese  drei  Schächte  münden  in  einen  gemeinschaftlichen 
Kanal,  der  unter  N.W.  des  Unterwasserkanals  austritt. 

Die  mit  den  Turbinenwellen  gekuppelten,.  Dreiphasengeneratoren 5)  haben  fest- 
stehenden Anker  und  bewegliches  Magnetrad.  In^der  Ebene  des  letzteren  befindet  sich 
das  Halslager  der  Welle,  um  Biegungsmomente  in  der  Welle  nach  Möglichkeit  zu 
vermeiden. 

Die  Generatoren  liefern  (100  Uml./Min.)  bei  induktionsfreier  Belastung  etwa  900  KW  mit  800O 
Volt  Spannung  und  40  Perioden.  Das  Magnetrad  hat  48  rechteckige  Polschuhe.  Der*  Spannungsabfall 
der  Generatoren  betragt  5°/o  bei  induktionsloser  Belastung  und  15°/o  bei  cos  <p  =  0,77.  Die  Maschinen 
sind  so  berechnet»  dass  sie  auch  als  Einphasengeneratoren  die  Leistung  der  Turbinen  von  1350  PS«  auf- 
nehmen können,  sodass  beliebig  jede  Maschine  an  das  einphasig  betriebene  Beleuchtungsnetz  direkt 
angeschlossen  werden  kann.  Jede  Wechselstrommaschine  hat  ihre  eigene  Gleichstromerregermaschine, 
deren  senkrechte  Achse  mittelst  Winkelgetriebes  von  der  Turbinenwelle  aus  angetrieben  wird.  Die  Er- 
regermaschinen machen  550  Touren  und  geben  bei  120  Volt  Klemmenspannung  280  Ampere  ab.  Das 
vierpolige  Magnetsystem  jeder  primären  Erregermaschine  erhält  den  Erregerstrom  aus  dem  gemeinsamen 
Netz  der  von  den  erwähnten  kleinen  Turbinen  angetriebenen  Nebenschlussmaschinen.  Zeitweise  ist 
immer  nur  eine  von  diesen  in  Betrieb,  die  andere  also  in  Reserve.  Die  Belastung  der  sekundären  Er- 
regermaschine bleibt  immer  dieselbe,  nämlich  100  Ampere  bei  120  Volt  Wird  beim  Abschalten  eines 
Generators  die  Magnetwickelung  von  dem  sekundären  Erregernetz  getrennt,  so  tritt  an  ihre  Stelle  ein 
Ersatz  widerstand.  Die  von  den  Generatoren  erzeugte  elektrische  Energie  wird  durch  Kabel,  welche  in 
<km  Geschosse  unter  dem  Maschinenflur  auf  Isolatoren  verlegt  sind,  zu  dem  am  südlichen  Ende  der 
Maschinenhalle  befindlichen  Schalt  räume  gefuhrt.  Hier  sind  anf  einem  erhöhten  Plateau  zwei  Schalt- 
tafeln hintereinander  aufgestellt  und  zwar  dient  die  erste  für  die  Schaltung  der  Generatoren,  die  zweite 
für  die  Schaltung  auf  das  Verteilungsnetz.  Es  sind  zwei  voneinander  völlig  getrennte  Systeme  v%n 
Sammelmaschinen  als  in  sich  geschlossene  Ringleitungen  ausgeführt.  Jeder  Generator  sowohl  als  auch 
jede  aus  dem  Maschinenhause  führende  Fernleitung  kann  durch  Umschaltung  auf  das  eine  oder  andere 
Sammelsystem  geschaltet  werden.  Man  kann  also  sowohl  alle  Maschinen  und  auch  alle  Fernleitungen 
auf  einen  Ring  Behalten,  als  auch  andererseits  beliebig  Maschinen-  und  Fernleitungen  in  zwei  Gruppen 
für  Licht-  und  Kraftbedarf  trennen.  (Wegen  des  Schaltungsschemas  vergl.  Taf.  LXXX,  Fig.  3,  und 
Kap.  III,  6,  B.)  In  Flurhöhe  des  Maschinensaales  ist  noch  eine  dritte  kleinere  Schalttafel  aufgestellt 
von  welcher  Abzweigungen  für  die  Beleuchtung  des  Dorfes  Hagneck  ausgehen.  Die  Beleuchtungsleitung 
ist  an  einen  Einphasentransformator  von  15  KW  angeschlossen,  welcher  sekundär  in  Dreileiterschaltung 


&)  Die  ganze  elektrische  Einrichtung  ist  von  der  A.-G.  Brown,  Boveri  &  Co.  geliefert 


§  19.  Das  WAssEBxsAFT-ELEKTBizrrlTBWBRK  Hagneck.  479 

2  X  125  Volt  liefert.  Ein  Drsiphasentransformator  von  20  KW  liefert  den  Strom  für  die  Kraftsweeke 
des  Maachinenhsuses  und  die  elektrisch  angetriebenen  Bewegungen]  echaoismen  dee  Sohütaen wahres. 
Für  die  erwähnten  Lichtlei  langen  ist  die  Umschaltnng  aaf  eine  der  kleinen  Bekundiren  Brogerrosschinen 
im  Fal'e  Ausbleibens  des  Wechselstromes  möglich. 

Die  Hochspannungsfernleitungei  werden  in  kreisrunden  Öffnungen,  welche  durch 
Zementrohre    in    den   Wänden    der    obersten    Etage    des    Schal  traumes    gebildet    sind, 
herausgeführt    und   liegen   innerhalb   der  Wände    noch   in    Glasröhren.      Die   Spannung 
ist  die  der  Maschinen,  nämlich  8000  Volt.   Zunächst  werden  alle  Hochspannungsleitungen 
zu  einem  tot  dem  Maschinenhause  errichteten  Doppelgitterträger  geführt,   von  welchem 
ans siesich dann  in  meh- 
rere       Hauptleitungen  Abb.  95.    Überführung  der  Fernleitung  Ober  einen  Flu». 
verzweigen.         Ausser 
einer    Versnchsstrecke 
Ton   1  km  aus  Alumi- 
ninmdrähten  sind  Kup- 
ferdrahte von  6,  7  und 
8  mm  Dm.  verwendet. 

Für    die    Leitung 
nach  Biel,  welche  ans  elf 
Dritten   besteh! ,    ist   ein 
besonders  kraftiges  Doppel- 
gestinge    ans    Holt     er 
richtet,  welches,  bei  Über- 
gingen von  Wegen,  Bahnen 
nnd     Flflssen     durch     ein 
DoppelgesUng«  von  eiser- 
nen   Oitlermssten    ersetzt 
ist.     Oben    endigen    diese 
Gittermasten  inHolzsinlen, 
an    denen    die    Isolatoren 
befestigt  sind  (vergl.  Abb. 
95).    Die  Transformatoren 
sind    in    kleinen    eisernen 
Hinsehen      untergebracht, 
welche  zur  Einführung  der 
Leitungen  einen  aus  2  Vi  mm 
starkem  Eisenblech  herge- 
stellten   und    verankerten 
Turm   tragen   (vergl.  Kap. 
III.  7.  Fernleitungen  n.  Taf. 
LXXXIV,Fig.5).  Der  Turm 
tragt  oben  zwei  Bings  mit 
Isolatoren  für  die  Hochspan- 
nung»- und  Niederspannungsleitnugen,  welche  in  dem  Turme  durch  Porzellan  rühren  bin  durchgefühlt  werden. 
Meistens  sind  für  den  Licbtbetrieb  in  Öl  stehende  einphasige  Transform  stören  von  15—  SOKWund  Drsiphasen- 
trans formaler en  von  20—40  EW  für  den  Motorenbetrieb  verwendet.    Das  Licbtverteilungsnetz  wird  ein- 
phasig mit  2  X  125  Volt,  das  Kraftverteilungsnetz  dreiphasig  mit  2  X  250  Volt  betrieben.    Für  die  Stadt 
Biel  wird  in  zwei  Transformatorenstellen  zunächst  der  Strom  anf  2000  Volt  transformiert,   um  dann  in 
einer  grosseren  Anzahl  von  Unterstationen ,   welche   durch   unterirdisch   verlegte  Kabel  mit   den  Haupt- 
transformatoren-Stationen verbunden  sind,  in  die  Gebrau ebsapannung  von  2  X  125  Volt  bezw.  250  Volt 
umgewandelt  zu  werden.    Eins  in  der  Nihe  von  Nidau  bei  Biel  errichtete  Kalxium-Karbidfabrik  mit 
18  Öfen,   welche  (1901)   bis  zu   2400  FS«  Tag  und  Nacht  bei  vollem  Betriebe  konsumieren  konnte ,   ist 
mit  einer  besonderen  Eiophasenleitnng  an  das  Werk  angeschlossen  und  begünstigte  eine  gute  Aus- 
nützung  der  Wasserkraft  bei  Tag  und  Nacht.     Infolge  der  Überproduktion   in   Kalzium-Karbid  auf  dsm 


480  IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  WasberkbIften.    Beispiele. 

Weltmärkte  wurde  aber  die  Fabrikation  (1902)  vorläufig  wieder  aufgegeben  and  statt  deinen  (1906) 
die  Eneugnng  elektro-meUllurgisoher  Fabrikate  (Ferrosilicium)  eingeführt 
Es  haben  gekostet  bis  Ende  1902: 

das  Kraftwerk  Hagneck  zusammen Frs.  8450000 

die  Fernleitungen „      728000 

Verteilungsleitungen,  Transformatoren  etc 800000 

Das  Werk  wurde  mit  dem  Kanderwerk  in  Spiez  (vergl.  §  14)  zu  der  Vereinigten 
Ränder  &  Hagneck- Werke  A.-G.  in  Bern  1903  vereinigt 


§  20.  Das  Wasserkraft -Elektrizitätswerk  am  ölomraeo 

der  Actieselskabet  Haf Slliod  in  Norwegen.   Hierin  Taf.  xxxui  i). 

Die  Wasserkraftanlage  Hafslund  ist  dadurch  ausgezeichnet,  dass  die  Natur 
ungewöhnlich  viele  günstige  Umstände  an  einer  Stelle  vereinigt  darbietet:  eine  grosse 
ständige  Wassermenge,  ein  starkes,  in  einem  Wasserfall  vereinigtes  Gefalle,  unmittelbar 
am  Flusse  festes  Gestein  zur  Erbauung  des  Werkkanals  und  des  Krafthauses,  ca.  7  km 
abwärts  des  Wasserfalls  die  Hafenanlage  Sandesund  und  eine  für  Seeschiffe  ausreichende 
Wassertiefe  in  dem  bei  Frederickstad  in  den  Skager-Rack  ausmündenden  Flusse. 
Hierzu  kommt  noch,  dass  die  Haupteisenbahnlinie  Gothenburg— Kristiania — Drontheim 
unmittelbar  über  den  Wasserfall  hinwegführt  und  in  der  Nähe,  bei  Sarpsborg,  einen 
Bahnhof  hat,  sodass  ein  Eisenbahnanschluss  leicht  und  ohne  hohe  Kosten  ausführ- 
bar war. 

Der  Glommen,  der  grösste  Fluss  Norwegens,  bildet  in  der  Nähe  des  genannten  Ortes 
Sarpsborg,  etwa  90,0  km  südöstlich  von  Kristiania,  den  sogenannten  Sarpsfos,  einen  Fall 
von  18,0  m  Höhe.  Am  linken  Ufer  des  Sarpsfos  dehnt  sich  das  ehemalige  Rittergut 
Hafslund  aus,  zu  welchem  die  halben  Nutzungsrechte  an  diesem  Wasserfall  gehören. 
Der  Glommen  hat  ein  Niederschlagsgebiet  von  41400,0  qkm  und  zu  demselben  gehören 
als  Sammelbecken  Seen  von  nicht  weniger  als  1200  qkm  Oberfläche.  Dennoch  kann 
die  sekl.  Wassermenge  des  Flusses  ausnahmsweise  im  Winter  auf  100,0  cbm/sek.  oder 
2,41  l/sek./qkm  zurückgehen,  während  sein  mittleres  Hochwasser  2000  cbm/sek.  oder 
48,2  l/8ek./qkm  beträgt.  Bei  einem  ausnahmsweise  stärken  Hochwasser  im  Jahre  1860 
soll  die  Wassermenge  4600  cbm/sek.  oder  108,6  l/sek./qkm  betragen  haben.  Der 
grösste  im  Flussgebiet  des  Glommens  liegende  See  ist  der  Mjösen  mit  einer  Fläche 
von  369  qkm.  Aus  ihm  entströmt  der  Vormen,  der  grösste  Nebenfluss  des  Glommens. 
Der  See  liegt  128,0  m  über  dem  Meeresspiegel.  Seitdem  man  sich  mit  der  Ausnützung 
der  Wasserkräfte  des  Glommens  in  grösserem  Stil  befasst,  ist  natürlich  auch  der  Ge- 
danke erwogen,  den  Ausfluss  dieses  Sees  zu  regulieren.  Es  liegen  bereits  seit  längerer 
Zeit  Projekte  der  Direktion  des  norwegischen  Kanalwesens  vor,  nach  welchen  durch  ein 
Nadelwehr  im  Vormen  der  Wasserspiegel  des  Mjösen  um  4,0  m  gestaut  werden  soll. 
Hierdurch  würden  ca.  1460  Millionen  cbm  aufgespeichert  werden  und  die  Möglichkeit 
geboten  sein,  während  der  Zeit  des  niedrigen  Winterwassers  dem  Glommen  eine  ständige 
Wassermenge  von  mindestens  300,0  cbm/sek.  zuzuführen.  Es  kann  wohl  nur  eine  Frage 
der  Zeit  sein,  dass  dieses  Projekt  zur  Ausführung  gelangt.    Die  Besitzer  der  Wasser- 


i)  Die  Abbildungen  der  Tafel  nnd  des  Textes  sind  dem  Verfasser  von  den  Siemens-Sehuckert- 
werken  zur  Verfügung  gestellt. 


§  20.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Hafslund.  481 

kräfte  des  Glommens  haben  sich  schon  seit  Jahren  zu  einer  Genossenschaft  vereinigt, 
welche  sich  die  Klärung  aller  Rechtsfragen  und  die  Vorbereitung  einer  Gesetzvorlage 
an  den  Storthing  zur  Aufgabe  gestellt  hat. 

Im  Jahre  1896  wurde  das  Gut  Hafslund  von  einem  deutsch-norwegischen  Kon- 
sortium*) angekauft  und  die  Errichtung  eines  Kraftwerkes  beschlossen.  Den  unmittel- 
baren Anstoss  dazu  bot  der  Plan,  in  der  Nähe  des  Kraftwerkes  auf  dem  Gute  Hafslund 
eine  grössere  Kalzium-Karbid-Fabrik  anzulegen.  Kraftwerk  und  Fabrik  sollten  dann 
von  der  ad  hoc  zu  gründenden  Aktieselskabet  Hafslund  übernommen  werden.  Als  vor- 
handene Absatzgelegenheit  für  elektrische  Energie  an  Dritte  kamen  nämlich  nur  die 
15  km  entfernte  Stadt  Frederikstad  und  einige  kleinere  industrielle  Anlagen  in  Betracht. 
Diese  konnten  aber  zusammen  nur  einen  kleinen  Bruchteil  der  verfügbaren  Kraft  auf- 
nehmen. Eine  Rentabilität  für  die  ausgebaute  Wasserkraft  war  also  trotz  der  günstigsten 
Verbältnisse  zunächst  nur  zu  erwarten  durch  Verwertung  der  Kraft  in  der  Karbidfabrik. 
Für  später  konnte  man  freilich  darauf  hoffen,  dass  noch  andere  Industrien  sich  dort 
ansiedeln  und  Stromabnehmer  werden  würden,  denn  hierfür  lagen  die  Verhältnisse 
ungewöhnlich  günstig  und  zwar  nicht  allein  wegen  der  billigen  Energie,  welche  man 
bei  den  verhältnismässig  niedrigen  Anlagekosten  zur  Verfügung  stellen  konnte,  sondern 
auch  wegen  der  günstigen  Verbindung  von  Hafslund  mit  dem  Weltverkehr  zu  Wasser 
und  zu  Lande.  Die  Aktieselskabet  Hafslund  hat  schon  beim  ersten  Ausbau  eine  das 
Gebiet  von  Hafslund  durchschneidende  elektrische  Vollbahn  gebaut,  welche  den  Bahnhof 
Sarpsborg  mit  dem  Verladekai  des  Hafens  Sandesund,  7  km  abwärts  vom  Sarpsfos, 
verbindet. 

Mit  Rücksicht  auf  die  Einfachheit  der  wasserbaulichen  Anlagen  hat  man  bei 
Herstellung  des  Werkkanals  auf  die  zukünftige  Regulierung  des  Mjösen,  d.  h.  auf 
eine  ständige  Wassermenge  im  Glommen  von  300  cbm/sek.,  von  denen  150  cbm  auf 
Hafslund  entfallen,  bereits  Rücksicht  genommen.  Bei  Aufstellung  des  Bauprogramms  sind 
20  cbm/sek.  auf  bestehende  industrielle  Anlagen  (Holzschleifereien  etc.)  abgerechnet,  so- 
dass für  die  Profilberechnung  des  Werkkanals  eine  Wassermenge  von  130  cbm/sek.  zu- 
grunde gelegt  wurde.  Für  das  Krafthaus  wurde  dagegen  ein  Ausbau  in  drei  Perioden 
angenommen,  da  keine  technischen  Gründe  dagegen,  wirtschaftliche  Gründe  aber  dafür 
sprachen.  Im  ersten  Ausbau  waren  nur  sechs  Turbinen  zu  je  1200  PS«  und  die  Erreger* 
Turbinen  aufzustellen,  bei  steigendem  Bedarf  sollte  sich  ein  zweiter  Ausbau  mit  vier 
Turbinen  anschliessen,  und  der  dritte  Ausbau  sollte  erst  folgen,  wenn  die  Regulierung 
des  Mjösen  durchgeführt  sein  würde. 

Da  bei  der  verfügbaren  sekl.  Wassermenge  und  dem  durch  die  Natur  im  Sarps- 
fos gebotenen  Gefälle  mehr  Kraft  gewonnen  werden  konnte  als  man  in  absehbarer  Zeit 
zu  verwenden  vermochte,  so  sah  man  davon  ab,  den  Stau  des  natürlichen  Wehres  durch 
ein  künstliches  zu  erhöhen.  Auf  dem  Glommen  findet  eine  sehr  starke  Flösserei  und 
besonders  Wildflösserei  statt.  Die  in  den  Wäldern  des  Flussgebietes  gefällten  Baum- 
stämme befördert  man  während  der  Wintermonate  zum  Fluss  und  lässt  sie  nach  Ein- 
tritt des  Frühjahrs  zu  tausenden  mehrere  100  km  weit  bis  nach  Sarpsborg  und,  Frede- 
rikstad treiben,  wo  sie  zu  Schnittholz  oder  zu  Zellulose  verarbeitet  werden.  Über  die 
Seen  hinweg  werden  die  Baumstamme  zu  Flössen  vereinigt  mit  Dampfern  geschleppt. 
Die  Flösserei  dauert  von  Mai  bis  Ende  Oktober  und  wird  von  einer  Genossenschaft 
betrieben.    Unweit  aufwärts  der  Stelle,    welche  für  die  Ausmündung  des  neuen  Werk- 


2)  Von  deutscher  Seite  waren  besonders  die  E.-A.  vorm.  Schlickert  &  Co.  and  die  Kontinentale 
Gesellschaft  für  elektrische  Unternehmungen  in  Nürnberg  beteiligt. 

Handbuch  der  Inff.-Wlss6iiacb.    UL  TeiL    13.  Bd.  81 


482  IL    Theodor  Koehn.    Avsbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

kanals  aus  dem  Glommen  vorgeseaen  war,  zweigt  ein  alter  Flosskanal  ab,  und  es  waren 
an  der  Abzweigungsstelle  bereits  die  erforderlichen  Vorrichtungen  getroffen,  um  die  lose 
Achwimmenden  Holzstämme  in  den  Flosskanal  hineinzufuhren.    Deshalb  waren   bei  dem 
Eislauf  des  neuen  Werkkanals  umfangreiche  besondere  Vorrichtungen  zum  Abhalten  von 
schwimmendem  Holz  nicht  mehr  erforderlich.    Der  Flosskanal  mündet  bei  der  Eisen- 
bahnbrücke in  eine  halbkreisförmige,  eiserne  Flossrinne,   welche  die  Stamme  unterhalb 
des  Krafthauses  wieder  in  den  Glommen  führt  (vergl.  Taf .  XXXIII,  Fig.  6).   Um  die  Bedeu- 
tung der  Flösserei  an  dieser  Stelle  zu  kennzeichnen,  sei  erwähnt,  dass  durch  die  Floee- 
rinne  Ende  der  90er  Jahre  im  Jahresdurchschnitt  3 7a  Millionen  Stämme  geflösst  wurden. 
Die  wasserbaulichen  Arbeiten  bestanden  im  wesentlichen  in  der  Erbauung  des 
2r*0,0  m  langen  Werkkanals  längs  des  Flussufers,  welcher  zum  Teil  in  den  Felsen  ein- 
geschnitten ist,  zum  Teil  Wände  aus  Beton  erhalten  hat.    Die  Sohlenbreite  des  Kanals 
beträgt  10,0  m,  die  normale  Wassertiefe  6,5  m,  das  Sohlengefalle  0,5°/oo.    Sein  Quer- 
schnitt ist  ein  Rechteck  mit  abgerundeten  Ecken,  die  Geschwindigkeit  bei  voller  Füllung 
beträgt  2,0  m/sek.    Man  wählte  das  tiefe  Profil  sowohl  wegen  der  Kosten  als  auch  zur 
Verhütung  der  Eisbildung.  Da  immerhin  ausnahmsweise  vereinzelte  Holzstämme,  an  dem 
Flosskanal  vorbei,  den  Glommen  herab  und  in  den  Werkkanal  gelangen  können,  so  war 
es  notwendig,  in  demselben  eine  Vorrichtung  zur  Zurückhaltung  treibender  Holzstamme 
einzubauen.   Mit  Rücksicht  auf  die  grosse  Geschwindigkeit  im  Kanal  würde  ein  Holzstamm 
an  den  Schützen  und  dem  Rechen  erhebliche  Zerstörung  anrichten  können.    Es  sind 
deshalb  (vergl.  Taf.  XXXIII,  Fig.  6)  eiserne  Träger  über  den  Kanal  gestreckt  und  auf 
diesen  ist  eine  Betonbrücke  A  errichtet,  welche  den  oberen  Stützpunkt  für  einen  aas 
I-Trägern  bestehenden  groben  Rechen  bildet    Die  I-Träger   sind  an  der  Brücke   mit 
einem  Gelenk  befestigt  und  können  mittelst  einer  Winde,  welche  auf  einem  Steg  über 
den  Kanal  läuft,  heraufgezogen  und  herabgelassen  werden.    Die  einzelnen  Träger  bilden 
im  herabgelassenen  Zustande  mit  der  Kanalsohle  einen  Winkel  von  etwa  40°.   Die  Brücke 
hat  flussabwärts   einen  auf  einem  Gurtbogen  ruhenden  Aufsatz,   welcher  bis  über  den 
höchsten  Wasserstand  reicht,  damit  die  höchsten  Hochwasserstände  von  dem  unteren 
Teil  des  Werkkanals  abgehalten  werden.    Das  in  den  Werkkanal  vom  Glommen  hinein- 
dringende H.W.  kann  über  einen  Überlauf  stürzen,  welcher  an  der  rechten  Kanalkammer 
von  der  Eisenbahnbrücke  bis  zu  dem  erwähnten  Rechen  angelegt  ist.    Die  Krone  des 
Oberlaufs  liegt  6,5  m  über   der  Sohle  und  das  abfliessende  Wasser  stürzt  über   die 
Felsen  in  den  Fluss  zurück,  ohne  dass  weitere  Kunstbauten  nötig  waren.    Da  zur  Zeit 
des  N.W.  d.  h.  im  Winter  die  Wildflösserei  nicht  stattfindet,  sind  die  I-Eisen  des  groben 
Rechens  während  dieser  Zeit  aufgezogen,  sodass  das  Profil  frei  ist  und  durch  den  Rechen 
kein  Gefallverlust  entsteht  (vergl.  Taf.  XXXIII,  Fig.  7a  und  b).    Etwa  35,0  m  unterhalb 
des  groben  Rechens  befinden  sich  die  Regulierungsschützen  B  und  daneben  der  Graad- 
ablass  C.    Die  Sohle  des  Kanals  fällt  stark  gegen  den  Grundablass  zu  ab  und  eine  ver- 
tiefte Kiesrinne  in  der  Sohle  leitet  von  der  linken  Kanalmauer  zum  Grundablass  hinüber. 
Die  lichte  Weite  seiner  Schützen  ist  so  berechnet,  dass  die  ganzen  130  cbm/sek.  bei  6,5  m 
Wassertiefe  im  Kanal  hindurch  können.    Man  kann  also  in  betriebsfreien  oder  schwach 
belasteten  Stunden  eine  sehr  wirksame  Spülung  der  Kanalsohle  veranlassen.    Die  Grund- 
ablasschützen mussten  wegen  der  grossen  Wassertiefe  aus  mehreren  Tafeln  übereinander 
bestehen  und  so  kann  durch  das  Ziehen  einer  oder  aller  oberen  Tafeln  auch  das  schwim- 
mende Stückeis,  welches  etwa  bis  zu  den  Regulierungsschützen  gelangen  sollte,  abgeführt 
werden.    Hinter  den  Regulierungsschützen  erweitert  sich  der  Kanal  zu  einem  Becken 
von  ca.  36,0  m  Breite,  indem  die  linke  Mauer  nach  Süden  ausbiegt,  um  Platz  für  die 
Druckkammern  zu  gewinnen  nnd  eine  Reinigung  des  Wassers  von  Geschiebe  und 


§  20.  Das  Wasserksaft-Elektbizitätswere  Hafblukd.  483 

Stoffen  zu  veranlassen.  Übrigens  fuhrt  das  Wasser  des  Glommens  wegen  der  meist  felsigen 
Sohle  und  der  als  mächtige  Ablagerungsbecken  wirkenden  grossen  vorgelegten  Seen  wenig 
Sinkstoffe  und  Geschiebe. 

Jede  der  sieben  voneinander  getrennten,  in  Beton  ausgeführten  Druckkammern 
ist  durch  Schützen  gegen  das  Becken  abschliessbar.  Vor  den  Kammern  befindet  sich 
ein  in  zwei  Etagen  übereinander  aufgestellter  Feinrechen  aus  Flacheisen.  Durch 
Grundeis  haben  sich  hier  einige  Schwierigkeiten  ergeben,  welche  schliesslich  zur  An- 
wendung einer  maschinellen  Einrichtung  zur  Freihaltung  des  Rechens  von  Grundeis 
geführt  haben  (vergl.  Kap.  III,  2,  Werkkanäle).  Neben  den  Druckkammern  am  rechten 
Ufer  liegt  noch  ein  Spülschütz,  um  die  Sohle  des  Beckens  spülen  zu  können  und 
daneben  ist  ein  Überlauf  angelegt,  dessen  Krone  auf  der  Höhe  des  normalen  Wasser* 
spiegeis  liegt.  Wie  bei  dem  eben  erwähnten  grossen  Überfall  am  Einlauf  und  beim 
Grundablass  C  fliesst  das  Wasser  auch  hier,,  ohne  dass  irgendwelche  Kunstbauten  nötig 
geworden  wären,  direkt  über  die  Felsen  in  den  Fluss. 

Aus  sechs  Druckrohrkammern  mündet  je  ein  Rohrstutzen  von  3,0  m  Dm.f  aus  der 
siebenten  Kammer  ein  solcher  von  1,6  m  Dm.  Das  Nutzgefälle  beträgt  bei  N.W.  rd. 
18,0  m,  bei  gewöhnlichem  H.W.  rd.  16,5  m. 

Der  erste  Ausbau  ist  seit  dem  Jahre  1899,  der  zweite  Ausbau  seit  1902  im  Betrieb. 
Es  sind  zurzeit  an  die  Druckkammern  fünf  Druckrohre  angeschlossen  und  zwar  eines 
von  1,6  m  Dm.  und  vier  von  3,0  m  Dm.  Unten  an  der  Zentrale  verzweigt  sich  das 
Rohr  von  1,6  m  Dm.  in  zwei  Arme  für  die  beiden  Erregerturbinen  von  je  280  PSe, 
welche  in  dem  fiussaufwärts  gelegenen  Ende  des  Krafthauses  aufgestellt  sind.  Von  den 
zwei  grossen  beim  ersten  Ausbau  verlegten  Rohren  gabeln  je  drei  Zweige  ab,  von  denen 
jeder  einer  der  sechs  grossen  Turbinen  von  1200  PS«  das  Druckwasser  zuführt.  Die 
Turbinenkammer  der  beiden  Erregermaschinen  ist  3,0  m,  jede  Kammer  der  grossen  Tur- 
binen 5,0  m  breit.  Mit  Rücksicht  auf  die  Kostspieligkeit  der  Felssprengungen,  welche  nötig 
waren,  um  am  Flusse  den  Platz  für  das  Krafthaus  zu  gewinnen,  ferner  wegen  der  sehr 
grossen,  mehr  als  6,0  m  betragenden  Schwankung  des  Wasserspiegels  im  Fluss  zwischen 
N.W.  und  H.W.  gab  man  hier  Turbinen  mit  stehender  Welle  den  Vorzug.  Man  konnte 
so  alle  elektrischen  Teile  sicher  hochwasserfrei  legen.  Die  sechs  grossen  Turbinen8) 
leisten  bei  16,5  m  Gefälle  1200  PS«,  bei  18,0  m  Gefälle  1400  PS,.  Sie  machen 
143  Uml./Min.  und  sind  ebenso  wie  die  beiden  Erregermaschinen  als  Jonval-Turbinen 
(vergl.  S.  6  und  Kap.  III,  Turbinen)  gebaut. 

Ihre  Regulierung  erfolgt  durch  Heben  und  Senken  einer  Ringschütze,  welche  an  dem  Auelauf- 
kessel  angeordnet  ist.  Letzterer  schließet  sich  an  das  Saugrohr  an.  Die  Ringschütze  wird  durch  einen 
elektromechanischen  Regulator  bewegt,  welcher  sowohl  selbsttätig  beim  Betriebe  durch  Vermittelung 
eines  Fliehkraftreglers  arbeitet  als  auch  vom  Schaltbrett  aus  bedient  werden  kann. 

Die  beiden  beim  zweiten  Ausbau  verlegten  Druckrohre  gabeln  sich  in  zwei 
Rohre,  welche  das  Druckwasser  für  vier  Francis-Turbinen4)  von  2050  PSe  Maximal- 
leistung zuführen.  Auch  die  Kammern  dieser  Turbinen  sind  5,0  m  im  Lichten  breit. 
Die  Tourenzahl  beträgt  150.  Man  wählte  für  den  zweiten  Ausbau  Francis -Turbinen, 
weil  sich  dieses  System  inzwischen  immer  mehr  und  mehr  als  überlegen  heraus- 
gestellt hatte. 

Auf  jeder  Turbinen  welle  sitzt  ein  Generator 6),  welcher  Dreiphasendrehstrom  von 


8)  Geliefert  von  der  A.-G.  vorm.  Job.  Jak.  Rieter  &  Co.,  Winterthur. 
*)  Geliefert  von  der  A.-G.  der  Maschinenfabriken  Escher,  Wyss  &  Co.,  Zürich. 
*)  Die  ganze  elektrische  Einrichtung  ist  von  der  K.-A.  vorm.  Schnokert  &  Co.  in  Nürnberg 
geliefert. 

31* 


484  II.    Theodor  Komm.    Ausbau  von  Wabserxbapten.    Beibmele. 

5000  Volt  liefert.  Jede  der  beiden  Erregerturbinen,  welche  280  Umdrehungen  in  der 
Minutu  machen,  ist  mit  einer  Gleichatromdynamo  tos  280  KW  gekuppelt.  Eine  Gleich- 
strommaschine genfigt  für  die  Erregung  aller  Drehstrommaschinen  beim  vollen  Aoubau 
(vergl.  Abb.  96).     Der  Maachmenaaal   hat  eine  Lange   von   rd.  73,0  m   und  eine  Breite 


von  rd.  11,0  m  und  ist  wie  üblich  von  einem  Laufkran  bestrichen  (vergl.  Abb.  97). 
In  der  Mitte  des  MaschinensaalB  an  der  landwärts  gelegenen  Wand  befindet  sich  die 
Schaltanlage ,  welche  auf  einem  allzu  beschränkten  Räume  hat  untergebracht  werden 
müssen,  da  man  einen  besonderen  Anbau  für  diese  Zwecke  nicht  angelegt  hat  Dagegen 
ist  unter  dem  Flur   des  Maschinensaales   ein  geräumiger  Kabelkanal  vorhanden,  in 


|    20.  DAB  WaBSERKRAFT--ElECTBIZIT2.T&WBBK  Hapblond.  486 

welchem  alle  Kabel  von  den  Maschinen  zum  Schaltraum  geführt  werden.  Der  Strom 
wurde  bis  1904  mit  einer  Spannung  von  6000  Volt  sowohl  nach  Frederikstad  als  auch 
nach  der  Karbidfabrik  geliefert  und  dort  transformiert. 


Ober  die  Anlagekosten  sind  in  Tabelle  I,  S.  242/243,  einige  Angaben  gemacht.  Was 
den  wasserbaulichen  Teil  betrifft,  so  dürften  nach  vollem  Ausbau  die  Anlagekosten 
pro  FS*  sowohl  der  ständigen  als  auch  der  sechsmonatlichen  und  der  installierten 
Leistung  mit  zu  den  billigsten  von  allen  ausgeführten  Wasserkraftaiilagen  der  Welt 
gehören. 


486  IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  vom  Wasserkräften.    Beispiele. 


§  21.  Das  Wasserkraft- Elektrizitätswerk  am  Glommen  bei 

Kykkelsrild  in  Norwegen.   Hierzu  Taf.  xxxi vi). 

Über  die  Wasserverhältnisse  im  Glommen  sind  bereits  in  §  20  bei  der  Be- 
schreibung der  Anlage  Hafslund  die  erforderlichen  Mitteilungen  gemacht  (vergl.  S.  480;. 

Südlich  von  der  Einmündung  des  Vormen  in  den  Glommen,  etwa  60  km  vom 
Mjösen  entfernt,  bildet  der  Glommen  den  Öjersee,  der  etwa  103,0  m  über  dem 
Wasserspiegel  liegt.  Der  Glommen  bildet  nach  seinem  Ausfluss  ans  dem  Öjeren 
eine  Reihe  von  Stromschnellen  und  Wasserfällen  (vergl.  Taf.  XXXIV,  Fig.  1),  die  auf 
einer  Strecke  von  etwa  20  km  ungefähr  75,0  m  Gesamtgefälle  haben. 

Es  sind  dies 

der  dem  8taate  gehörige  MBrkfos mit  10,5  m  Gefalle 

die  der  Gemeinde  Kristiania  gehörigen  Wasserfalle  bei  Vitten- 

berg,  Skraaperud  nnd  Halfred  insgesamt ,    10,0   ,        , 

die  im  Privatbesitze  befindliehen  Wasserfalle  bei  Solberg, 

Björkeskjör  and  Fossem 7,8   ,        , 

die  Wasserfalle  bei  Dale,  Eykkelsrnd  und  Verven    ....       ,    19,0   „        , 
die  Wasserfalle  bei  Allom,  Vrang,  Skabbe,  Trosvig  nnd  Vama       ,    28,2   ,        „ 

Das  Nutzungsrecht  des  Gefälles  von  19,0  m  bei  Kykkelsrud  und  dasjenige  bei 
Fossem  gehörte  der  Aktieselskabet  Glommens-Traesliberi  (Holzschleiferei)  in  Kristiania. 

Im  Jahre  1899  vereinigte  sich  eine  deutsche  Gesellschaft*)  mit  der  genannten 
norwegischen  Gesellschaft,  um  die  der  letzteren  gehörigen  Wasserkräfte  auszunützen 
Nach  eingehenden  Vorarbeiten  wurde  das  Bauprogramm  wie  folgt  festgesetzt :  ein  Werk- 
kanal sollte  bis  zur  Vervenbucht  ausgeführt  werden,  welcher  275  cbm/sek.  bei  voller 
Füllung  ableiten  konnte,  es  sollte  also  der  Werkkanal  von  vornherein  gross  genug  sein, 
um  auch  die  nach  Regulierung  des  Mjösen  zur  Verfügung  stehenden  Wassermengen  aus- 
zunützen. In  der  Vervenbucht  sollte  das  Krafthaus  errichtet  werden,  vorlaufig  für 
12000  PSe,  und  die  erforderlichen  Erregermaschinen.  Beim  ersten  Ausbau  sollten  die 
Stauwehre  am  Glommen  so  angelegt  werden,  dass  der  Stauspiegel  bis  an  den  Fossem- 
fall  reichte,  es  sollte  aber  vorgesehen  werden,  durch  spätere  Erhöhung  des  Stauspiegels 
einen  Teil  des  Gefälles  bei  Fossem  mit  auszunützen. 

Mit  dem  Bau  des  Kraftwerkes  wurde  im  Januar  1900  begonnen  und  im  September 
1903  konnte  der  Betrieb  eröffnet  werden8).  Auf  Taf.  XXXIV,  Fig.  2,  ist  ein  Über- 
sichtsplan gegeben.  Besondere  Rücksicht  war  darauf  zu  nehmen,  dass  die  Wildflösserei 
(vergl.  S.  481)  ungestört  fortgesetzt  werden  konnte. 

Der  Einlauf  war  am  linken  Ufer  anzulegen.  Damit  kein  Flossholz  in  den  Werk- 
kanal eintreten  kann,  ist  stromaufwärts  von  einer  im  Fluss  gelegenen  Insel  aus  ein 
schwimmender  Gitterträger  in  den  Glommen  eingelegt,  der  eine  rd.  1,0  m  tief  in  das 
Wasser  eintauchende  Bohlenwand  trägt  und  an  seinen  Enden  durch  starke  Seile  ver- 
ankert ist.  Man  hat  diesen  Flossholzabweiser  gelenkig  gemacht,  damit  er  sich  auch 
bei  Wellenbildung  der  Wasseroberfläche  anpassen  kann.  Durch  kräftige  Zug-  und 
Leitketten  ist  es  möglich,  seine  Lage  den  jeweiligen  Strömungsverhältnissen  anzupassen. 


i)  Die  Abbildungen  sind  der  Zeitsehr.  d.  Ver.  deutsch.  Ing.,  1904,  8.  581  u,  ff.  (Aufsats  vea 
Ingenieur  J.  H.  Kinbach)  entnommen. 

*)  Die  E.-A.  vorm.  Schuckert  A  Co.,  Nürnberg. 

»)  Es  wurden  rd.  250000  cbm  des  tonigen  Baugrundes  bewegt,  rd.  226000  cbm  Felsen  (Gneis) 
ausgebrochen  nnd  rd.  86000  cbm  Beton  nnd  Bruchsteinmauerwerk  hergestellt 


§    21.  DAS  WASSKBKRAFT-ELEKTHmT&TgWEBK  KyKKELSRUD.  487 

Es  ist  in  Aussicht  genommen,  wann  sieh  dieser  Flossholssbweiser  bewährt,  denselben  später 
durch  einen  ähnlichen  schwimmenden  Träger  aas  Eisenröhren  sa  ersetzen»  der  nötigenfalls  mit  einem 
groben  Schntzrechen  ausgerastet  werden  könnte,  um  such  die  Baumstämme,  welche  sich  seit  vielen 
Jahren  unter  Wasser  befinden  und  nur  noch  in  tieferen  Wasserschichten  schwimmen  können,  vom  Werk- 
kanale  fernhalten  zu  können. 

Der  linksseitige  Flusschlauch  wurde  durch  eine  Staumauer  aus  Beton  abgeschlossen, 
deren  Krone  auf  +  79  gelegt  wurde.  Diese  Staumauer  soll  nicht  überflutet  werden,  da 
der  höchste  zu  erwartende  Stauspiegel  bei  höchstem  Hochwasser  auf  +  78  liegt.  Der 
rechtsseitige  Flusschlauch  dagegen  wurde  mit  einem  90,0  m  langen  Überfallwehr  ab- 
gesperrt, dessen  Krone  auf  +  71,3  gelegt  wurde.  Um  später  einen  Teil  des  Fossemfalls 
mit  ausnützen  zu  können,  ist  vorgesehen,  auf  dem  rechtsseitigen  Überfallwehr  ein  Nadel- 
wehr mit  umlegbaren  Böcken  zu  errichten,  durch  welches  der  Wasserspiegel  bis  4"  74 
gestaut  werden  kann.  Da  das  Hochwasser  im  Glommen  mit  Rücksicht  auf  die  aus- 
gleichende Wirkung  der  Seen  nur  allmählich  eintritt,  so  wird  immer  genügend  Zeit  ver- 
blei ben,  die  Nadeln  zu  entfernen  und  die  Böcke  umzulegen  und  so  das  Profil  frei  zu 
machen.  Über  dieses  Wehr  kann  beim  höchsten  Hochwasser  die  ganze  Wassermenge 
hinwegstürzen.  In  der  Zeit  der  Flösserei  wird  das  Überfallwehr  stets  so  weit  überflutet 
sein,  dass  das  Flossholz  über  das  Wehr  hinweggeführt  werden  kann.  Durch  zwei  Floss- 
rinnen mit  Leitwerken  ist  die  Abführung  des  Flossholzes  erleichtert.  Der  am  linken 
Ufer  oberhalb  der  Staumauer  gelegene  Einlauf  ist  zwischen  den  Ufermauern  27,3  m 
breit  und  durch  ein  lotrecht  zu  seiner  Achse  gelegtes  Regulierungswerk  abschliessbar. 
Durch  einen  Betonpfeiler  ist  die  Einflussöffnung  in  zwei  Teile  von  je  12,5  m  Breite 
geteilt  und  jede  dieser  Öffnungen  wiederum  durch  vier  eiserne  Griesständer  in  fünf 
Schützenöffnungen  von  je  2,35  m  Breite.  Die  Sohle  am  Regulierungswerk  liegt  auf 
-)-  66,4.  Um  das  Hochwasser  vom  Kanal  abzuhalten,  ist  die  Vorderfläche  der  Gries- 
ständer von  -+-  78,0  bis  zur  Ordinate  +  ?2,4  mit  Bohlen  dicht  abgeschlossen,  sodass  die 
Eintrittsöffnungen  nur  eine  lichte  Höhe  von  6,0  m  haben.  Diese  Höhe  ist  durch  je  zwei 
Schützentafeln  von  3,0  m  Höhe  verschliessbar.  Bei  ganz  geöffneten  Schützen  wird  eine 
Durchflussöffnung  von  141  qm  frei,  sodass  200  cbm  unter  Berücksichtigung  der  Ein- 
schnürung (Q  =  0,70  X  141,0  X  Y%  gh)  mit  einer  Geschwindigkeit  von  2,02  m/sek.  eintreten 
können.  Die  beiden  Schützentafeln  liegen  hintereinander  in  parallelen  vertikalen  Ebenen 
und  jede  Schützentafel  wird  durch  zwei  schmiedeeiserne  Zahnstangen  gehoben.  Jede  Tafel 
hat  ihr  eigenes  Handgetriebe.  Zwei  von  einem  Ufer  zum  anderen  durchlaufende  Wellen 
gestatten  aber  mittelst  zweier  auf  dem  Mittelpfeiler  aufgestellter  achtzehnpferdiger  Elektro- 
motoren die  Hebung  der  Schützen  durch  elektrischen  Antrieb.  Durch  entsprechende 
Kuppelung  kann  jede  beliebige  Schütze  der  vorderen  und  der  hinteren  Reihe  an  die 
betreffende  Triebwelle  angeschlossen  werden.  Mit  Rücksicht  auf  die  elektrischen  Motoren 
ist  das  Triebwerk  mit  einem  Dach  überdeckt4). 

Da  der  Glommen  sehr  wenig  Geschiebe  und  Sinkstoffe  führt,  war  ein  besonderer 
Grundablass  zur  Freihaltung  des  Einlaufs  nicht  erforderlich. 

Der  Werkkanal  hat  eine  Länge  von  etwa  1000,0  m  und  ist  zum  Teil  in  den 
Felsen  eingeschnitten,  zum  Teil  durch  Betonmauern  gebildet.  Seine  normale  Sohlen- 
breite beträgt  8,0  m  und  die  normale  Wassertiefe  9,0  m.  Die  Seitenwände  sind  mit 
einem  Anzüge  von  ungefähr  1 :  Vio  angelegt.  Man  wählte  das  tiefe  Profil,  um  Eis- 
bildungen möglichst  zu  vermeiden  und  weil  es  sich  vergleichsweise  am  billigsten  her- 
stellen Hess.  Überall,  wo  der  Felsen  fest  genug  war,  ist  das  Profil  unausgekleidet  ge- 
blieben, und  man  hat  deshalb  mit  einem  Rauhigkeitskoeffizienten  von  etwa  60  gerechnet, 

«)  Der  maschinelle  Teil  der  Treibwerke  ist  von  der  A.-G.  vorm.  J.  J.  Rieter  &  Co.  in  Winter- 
thur  geliefert. 


488  II.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

um  ganz  sicher  zu  gehen.   Die  Krone  der  Kanalmauer  ist  auf  +  76,60  gelegt  und  fallt  all- 
mählich auf  -(-76,10  ab.  Die  Malierquerschnitte  sind  aber  so  berechnet,  dass  eine  nachträg- 
liche Erhöhung  der  Mauern  und  des  Wasserspiegels  von  1,0  m  möglich  ist.  Man  beabsichtigt 
während  des  Sommers,  ohne  den  vollen  Betrieb  zu  stören,  unter  Umständen  100  cbm/sek. 
ausser  dem  Betriebswasser  durch  den  Kanal  zu  fuhren,  um  eine  kräftige  Spülung   zu 
ermöglichen.   Der  Werkkanal  hat  bei  9,0  m  Wässertiefe  einen  wasserberührten  Querschnitt 
von  rd.  80  qm,  bei  H.W.  einen  solchen  von  durchnittlich  136,0  qm.    Das  Wasserspiegel- 
gefalle  beträgt  normal  etwa  0,577  °/oo,  wobei  sich  bei  einer  Wasserführung  von  200  cbm/sek. 
eine  Geschwindigkeit  von  2,5  m/sek.  ergibt.    Hinter  dem  Einlauf  zieht  sich  auf  einer 
Länge  von  90,0  m  das  Kanalprofil  allmählich  auf  die  normale  Sohlenbreite  zusammen, 
wobei  die  Sohle   von  +  66,4  auf  +  62,5  abfällt.    Von  hier  ab  beträgt  das  Sohlen- 
gefälle rd.  1  :  660 ,  sodass  die  Höhe  der  Sohle  an  der  Vervenbucht  auf  +  61  liegt. 
Am  Krafthaus  erweitert  sich  die  Kanalsohle  von  8  auf  20,0  m,  indem  die  linksseitige 
Mauer  in  einer  Kurve  ausbiegt  (vergl.  Taf.  XXXIV,  Fig.  6).    Das  so  gebildete  Becken 
hat  eine  Länge  von  128,0  m  und  seine  Sohle  steigt  allmählich  von  61,0  auf  +63,5  an- 
Am  Ende  des  Beckens  sind  Eisschützen  angelegt,  welche  von  Hand  bedient  werden 
können.    Das  aus  diesen  Schätzen  überfliessende  Wasser  fällt  in  einen  kleinen  zum  Flnas 
fährenden  Kanal  ab.    Vor  dem  Becken  ist  auf  der  flusseitigen  Kanalmauer  ein  100,0  m 
langer  Überlauf  angelegt,  dessen  Krone  auf  +  75  liegt  (vergl.  Taf.  XXXIV,  Fig.  3). 
Das  Überlaufwasser  stürzt  in  einen  Betonkanal  und  wird  durch  einen  10,0  m  breiten 
kaskadenformigen  Kanal  in  die  Vervenbucht  zurückgeführt  (vergl.  Taf.  XXXIV,  Fig.  2). 
In  der  Überfallmauer  befinden  sich  drei  Grundablasschützen,  deren  Schwellen  auf  +61 
liegen.    Jede  Schütze  besteht  aus  zwei  Tafeln  von  2,30  m  Breite  und  2,0  m  Höhe. 
Diese  Grundablasschützen  können  von  Hand  oder  durch  einen  Elektromotor  geöffnet 
und  geschlossen  werden.    Mittelst  des  elektrischen  Antriebes  sind  sämtliche  Schützen 
in  30  Minuten  vollständig  zu  heben.    In  der  rechten  Wand  des  Beckens  münden  die 
Druckrohre  aus.    Jedes  grosse  Druckrohr  hat  einen  lichten  Dm.  von  3,0  m  und  ist 
durch  eine  Schütze  abschliessbar.    Durch  Umlaufrohre  können  die  Schützen  entlastet 
werden.    Die  Höhe  der  rechteckigen  Bohrmündungen  beträgt  bei  allen  Bohren  4,5  m, 
während  die  lichte  Weite  bei  den  Bohren  der'  280  pferdigen  Turbinen  mit  3,0  m,   bei 
den  Bohren  der  3000  pferdigen  mit  6,0  m  und  bei  der  der  5000  pferdigen  Turbinen  mit 
9,0  m  bemessen  ist.    Bei  der  gewählten  Anordnung  musste  auf  jedes  Bohr  unmittelbar 
hinter  der  Schütze  ein  Luftzufuhrungsrohr  (0,50  m  Dm.)  gesetzt  werden.   Vor  den  Bohr- 
mündungen ist  ein  Feinrechen  aufgestellt,  dessen  Schwelle  auf  +  64  liegt,  sodass  die- 
selbe am  untersten  Ende  des  Beckens  nach  einem  Absatz  von   0,50  m  am  aufwärts 
gelegenen  Ende  einen  solchen  von  3,0  m  bildet    Für  den  normalen  Betrieb  ist  eine 
Bedienungsbrücke  des  Rechens  auf  +  72  angelegt.    Bei  Hochwasser  ist  eine  Bedienung 
nicht  erforderlich,  da  sich  alle  Schwimmkörper  an  der  Oberfläche  befinden  und  Grund- 
eisbildungen  nicht  zu  befürchten  waren. 

Die  genieteten  Druckrohre  sind  ganz  in  Beton  eingehüllt.  Das  Unterwasser  am 
Krafthaus  sinkt  im  Winter  bis  auf  +  51,75,  sodass  sich  ein  Druckgefälle  von  18,25  m 
ergibt,  wenn  der  N.W.-Spiegel  im  Becken  auf  +  70  liegt  Bei  200  cbm/sek.  stehen 
daher  rd.  36000  PS«  zur  Verfügung.  Wenn  durch  Anlegung  des  Nadelwehres  das 
Druckgefälle  auf  rd.  22,0  m  erhöht  sein  wird,  können  mit  200  cbm/sek.  44000  PS» 
geleistet  werden.  Bei  H.W.  geht  das  Druckgefälle  selten  unter  16,0  m  zurück.  Es 
kann  allerdings  ganz  ausnahmsweise  das  Unterwasser  +  64,10  ansteigen,  aber  auch 
dann  würde  man  immer  noch  11,9  m  Gefälle  behalten,  wenn  man  durch  Vorsetzen 
Ton  Bohlen  auf  den  Überlauf  den  Wasserspiegel  im  Becken  auf  +  76  hält    Die  Tut- 


§  81.  Das  Wabskbk&aft-ElektbieitItbwekk  Kykkei-srud.  489 

binenlief eranton ,  denen  aufgegeben  war,   bei  der  Konstruktion  eine  Schwankung  des 
Nutzgefälles  zwischen  13,9  and  19,5  m  zu  berücksichtigen,  verbürgten  bei  voller  Be- 


aufschlagung und   einem  Gefälle   von   16,0  m   einen  Nutzeffekt  von  76%,  ferner  ■ 
der  Nutzeffekt  bei  Erhöhung  oder  Verminderung  dieses  Gefälles  um  je  2,0  m  u 


490  IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

Beibehaltung  der  normalen  Umlaufzahl  von  150  in  der  Minute  nicht  unter  72  v.  H.  sinken 
würde.  Bei  den  gegebenen  Wasserspiegelverhältnissen  im  Unter-  und  Oberwasser 
man  stehende  Turbinen  wählen,  um  die  elektrischen  Maschinen  hochwasserfrei  legen 
können.  Der  Flur  des  Maschinenraumes  ist  auf  +  66  gelegt.  Der  ganze  Unterbau 
des  Krafthauses  ist  in  Stampfbeton  hergestellt  (vergl.  Abb.  98).  Die  Turbinenkammern, 
welche  bei  höheren  Wasserstanden  unter  dem  Unterwasserspiegel  liegen,  sind  wasserdicht 
hergestellt.  Etwaiges  Sickerwasser  wird  in  einem  Kanal  gesammelt  (vergl.  Taf.  XXXTV, 
Fig.  8)  und  kann  durch  eine  kleine  Kreiselpumpe  beseitigt  werden.  Die  Saugkanäle  der 
Turbinen  sind  in  Beton  auf  felsigem  Untergrund  syphonartig  hergestellt  und  münden 
direkt  in  die  Vervenbucht  Jeder  Saugkanal  kann  gegen  das  Unterwasser  durch 
Dammbalken  abgeschlossen  werden. 

Der  zunächst  hergestellte  erste  Ausbau  bot  Platz  für  zwei  Erregerturbinen  *)  von  je 
280  PS«  und  für  vier  grosse  Turbinen 6)  von  je  3000  PS«.  Die  Erweiterung  ist  so  gedacht, 
dass  das  Krafthaus  zu  beiden  Seiten  verlängert  wird  und  dass  der  südliche  Teil  noch  drei 
Turbinensätze  von  je  5000  PS6  und  der  nördliche  fünf  Turbinensätze  derselben  Grösse  auf- 
nehmen kann.  Der  M  aschine nsaal  des  ersten  Ausbaus  hat  eine  Länge  von  rd.  45,5  m  und 
eine  Breite  von  14,0  m,  sodass  rd.  5,3  qm  pro  100  PS«  zur  Verfügung  stehen.  Alle  Tur- 
binen sind  als  Francis-Turbinen  gebaut.  Die  kleinen  Erregerturbinen  schlucken  bei 
16,0  m  Gefälle  1,75  cbm/sek.  und  machen  320  Uml./Min.  Die  grossen  Turbinen  schlucken 
bei  16,0  m  Druck  19  cbm/sek.  und  machen  150  Uml./Min.  Die  kleinen  Turbinen  sind 
hydraulisch  entlastet  (vergl.  Taf.  LXVII,  Fig.  1).  Die  grossen  Turbinen  ruhen  auf 
einem  Ringspurlager  mit  Pressöl  von  15  Atm.  Jede  Turbine  ist  durch  eine  grosse 
Drosselklappe  absperrbar  und  jedes  Turbinenabzweigrohr  kann  entleert  werden.  Die 
Regulierung  der  Voith  sehen  Turbinen  erfolgt  durch  Fink  sehe  Leitschaufeln,  diejenige 
der  Escher -Wyss -Turbine  durch  einen  Spaltschieber  (vergl.  Taf.  LXV,  Fig.  1 — 3,  und 
Kap.  DI,  5,  Turbinen).  Auf  der  Welle  jeder  grossen  Turbine  sitzt  ein  Dreiphasem- 
generator  mit  2500  KW  Leistung  bei  cos  <jp  =  1.  Das  Magnetrad  hat  40  Pole,  woraus 
sich  bei  150  Uml./Min.  50  Per./Sek.  ergeben.  Die  Maschinenspannung  beträgt  5000  Volt7). 
Auf  den  Wellen  der  Erregerturbinen  sitzen  Gleichstromdynamos,  welche  bei  115  Volt 
je  158  Ampere  liefern  können« 

In  einem  sehr  geräumigen  Kabelkanal,  dessen  Sohle  auf  +  61,80  liegt,  werden 

alle  Maschinenkabel  zum  Schaltraum  geführt.    Das  Hauptschaltbrett,  welches  von  einer 

balkonartigen  Brücke  aus  bedient  wird,  liegt  5,0  m  über  dem  Maschinenflur  auf  -{-71. 

In  einem  etwa  10,0  m  breiten,  hinter  der  Schalttafel  befindlichen  Schaltraum  sind  alle 

Schaltapparate,  Sicherungen,  Widerstände  etc.  untergebracht. 

In  «Der  Entfernung  tou  1,5  m  von  dem  Schaltbrett  steht  das  Eisengerust  I,  welches  die 
Apparate  and  8ammelaehienen  für  5000  Volt  trägt  Die  ölsehalter  für  die  Generatoren  eitlen  oben, 
dann  folgen  die  sogehörigen  Umschalter  und  weiter  unten  die  Sammelachienen  mit  ihren  Treitnetucken. 
Die  Messtransformatoren  sind  an  passenden  Stellen  eingesetzt,  die  sagehörigen  Sicherangen  in  Marmor 
abteilangen  montiert  Es  sind  swei  Gruppen  von  Sammelschienen  vorhanden  nnd  »war  die  eiste  Gruppe 
fl&r  den  auf  20000  Volt  zu  transformierenden  Strom  und  die  zweite  Gruppe  für  den  mit  5000  Volt  zu 
verwendenden  8trom.  Von  dem  Gerüst  I  gehen  die  Leitungen  hinab  zu  den  Transformatoren  und  von 
den  Hochspannungsklemmen  der  Transformatoren  wieder  hinab  zum  Gerast  II,  welches  alle  Apparate 
und  Sammelschienen  für  20000  Volt  einschliesslich  der  Fernleitangssicherungen  aufnimmt  Die  oben 
sitzenden  Fernleitungsölschalter  für  20000  Volt  werden  mit  den  vor  der  Apparatenwand  befindlichen 


ft)  Geliefert  von  J.  M.  Voith  in  Heidenheim. 

•)  Beim  ersten  Ausbau  wurden  nur  zwei  Turbinen  aufgestellt  und  zwar  eine  von  Voith  und 
eine  von  Escher,  Wyss  &  Co. 

?)  Die  ganze  elektrische  Einrichtung  ist  von  der  E.-A.  vorm.  Schlickert  &  Co.  in  Nürnberg 
geliefert 


§  22.  Das  Wasserkraft-ElektrizitItowkbk  Jajge.  491 


Handhebeln  eingeschaltet  oder  auf  elektrischem  Wege  durch  Schliessung  eines  Stromkreises  oder  auch 
selbsttätig  bei  einem  gewissen  stärksten  Strom  in  der  Fernleitung  ausgeschaltet  Das  EisengerOst  m 
enthält  die  Blitsschatsvorrichtungen. 

In  der  Mitte  des  Transformatorenraumes  liegt  ein  Tran&portgleis.  Jeder  Trans- 
formator —  es  worden  Öltransformatoren  mit  Luftkühlung  verwendet  —  kann  in  kürzester 
Zeit  mit  Hilfe  eines  Transportwagens  aufgestellt  und  ausgewechselt  werden. 

Die  den  eigentlichen  Transformator  aufnehmenden  ölgeftsse  sind  snr  Knielang  einer  möglichst 
grossen  Abkühlungsfliche  ans  Wellblech  hergestellt  Der  unter  dem  Transformatorenranme  befindliche 
Kellerraum  wird  durch  Mitteldrnckventilatoren  unter  einem  Luftdruck  von  20  mm  Wassersäule  gehalten. 
Die  Transformatoren  sind  auf  starken  Hartholxrahmen  derartig  aufgestellt  und  an  ihrem  unteren  Teüe 
mit  einem  Holzrahmen  so  umgeben,  daas  die  von  unten  nach  oben  strömende  kahle  Luft  an  den  Tier 
Wänden  der  Wellblechkessel  hochgef&hrt  wird. 

1904  waren  zunächst  eine  nördlich  nach  Kristiania  gehende  Fernleitung  von  63  km 
Länge,  bestehend  aus  zwei  Mastenreihen  mit  je  zwei  Linien  zu  drei  Drähten,  ferner  eine 
Verlängerung  von  24  km  Länge  mit  einer  Mastenreihe  und  drei  Drähten  von  je  35  qmm 
über  Kristiania  hinaus  zu  einer  Transformatorenstation  bei  Slemmesstad  und  schliesslich 
eine  kürzere  Südlinie  ausgeführt.  Meistens  wurden  Holzmasten  von  12,0  m  Länge  ver- 
wendet. An  zwei  eisernen  Querarmen  sind  auf  jeder  Seite  je  drei  Isolatoren  in  einem 
gleichseitigen  Dreieck  von  2700  mm  Seitenlänge  angebracht.  Die  normale  Entfernung 
von  Mast  zu  Mast  beträgt  bei  den  Holzmasten  40,0  m.  Im  Laufe  der  Fernleitung  sind 
sieben  Unterstationen  angelegt,  in  denen  durch  Öltransformatoren  die  Spannung  von 
20000  Volt  auf  6000  Volt  verringert  wird.  Der  Strom  wird  mit  dieser  Spannung  den 
Verwendungsgebieten  zugeführt  und  daselbst  entweder  unmittelbar  oder  nach  Trans- 
formierung auf  160  Volt  verwendet.  Je  nach  Anzahl  und  Grösse  der  aufgestellten  Trans- 
formatoren schwankt  die  Grundfläche  des  Gebäudes  einer  Transformatoren-Stelle  zwischen 
30  und  120  qm. 


§  22.  Das  Wasserkraft -Elektrizitätswerk  Jajce  der  Bosnischen 

Elektrizität»- Aktiengesellschaft.    Hierzu  Taf.  XXXV  und  XXXVI  i). 

Die  Pliva,  ein  wilder  Bergfluss  Bosniens,  entspringt  an  den  Hängen  des  Smiljevaca 
(1647  m  hoch).  Ihr  Niederschlagsgebiet  wird  auf  rd.  750  qkm  angegeben.  Sie  nimmt 
während  ihres  35  km  langen  Laufes  ausser  verschiedenen  kleineren  Zuflüssen  den  Janij- 
fluss  auf,  welcher  nicht  nur  von  zahlreichen  oberirdischen  Zuflüssen,  sondern  auch  durch 
viele  unterirdische  gespeist  wird,  ohne  dass  sich  genau  feststellen  lässt,  wo  diese  ihren 
Ursprung  nehmen.  Es  kann  deshalb  das  Yorflutgebiet  der  Pliva  mit  Genauigkeit  nicht 
festgestellt  werden.  Etwa  3,5  km  von  der  Ausmündung  der  Pliva  in  den  Vrbas,  einem 
Nebenflusse  der  Save,  welche  auf  einer  langen  Strecke  die  Grenze  zwischen  Kroatien 
und  Slavonien  einerseits  und  Bosnien  andererseits  bildet,  erweitert  sich  in  dei  Nähe  des 
Dorfes  Jecero  die  Pliva  zu  dem  sogenannten  Jecerosee  mit  einer  Länge  von  3  km  und 
600,0  m  Breite.  Aus  diesem  See  stürzt  sich  der  Fluss  über  einen  schön  bewachsenen 
Tuffriegel  von  massiger  Breite,  einen  Wasserfall  von  6,5  m  Höhe  bildend,  in  den  kleinen 


i)  Die  Abbildungen  Bind  nun  Teile  einer  Broschüre  der  E.-A.  vorm.  8ehuekert  &  Co.  in  Nürn- 
berg, zum  Teil  der  Zeitschr.  d.  Ver.  deutsch.  Ing.  (Aufsatz  von  Professor  E.  Reichel,  Charlottenburg) 
1900,  8.  1848  n.  iL  entnommen. 


493  IL    Theodor  Eoehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

Jecerosee,  der  bei  einer  Länge  von  1  km  eine  grösste  Breite  von  320,0  m  hat.  Beim 
Ausfluss  ans  diesem  See  stürzt  der  Flnss  abermals  über  bewachsene  Felsen  8,5  m  ab 
und  bildet  dann  noch  zahlreiche  kleinere  Wasserfälle,  um  sich  schliesslich  nahe  der  Stadt 
Jajce  in  einem  mächtigen  Wasserfall  von  einer  25,0  m  hohen  Felswand  in  den  Vrbas 
zu  ergiessen  (vergl.  Taf.  XXXV,  Fig.  1).  Die  Differenz  des  Wasserspiegels  des  oberen 
Sees  und  des  Vrbas  beträgt  bei  M.W.  rd.  80,0  m.  Die  sekl.  Wassermenge,  welche  die 
Pliva  dem  Vrbas  zufuhrt,  soll  bei  trockenster  Jahreszeit  nicht  unter  14  cbm/sek.*)  fallen 
und  bei  höchstem  H.W.  auf  300  cbm/sek.  steigen. 

Der  Vrbasflu8s  tritt  oberhalb  von  Jajce  in  einer  Schleife  so  dicht  an  den  grossen 
Jecerosee  heran,  dass  ihm  das  Wasser  durch  einen  1,7  km  langen  Tunnel  hätte  zugeführt 
werden  können.  Diese  sehr  günstigen  Verhältnisse  hatten  bereits  französische  und  schweize- 
rische Ingenieure  veranlasst,  Projekte  für  die  Ausnützung  der  hier  gebotenen  Wasserkräfte 
aufzustellen,  welche  aber  zu  keinen  praktischen  Resultaten  geführt  haben.  Im  Jahre 
1896  begann  eine  deutsche  Gesellschaft8)  neue  Vorarbeiten  für  den  Ausbau  einer  Wasser- 
kraftanlage und  auf  Grund  derselben  wurde  im  Jahre  1897  unter  Mitwirkung  deutscher 
und  österreichischer  Finanzkräfte  die  Bosnische  Elektrizitätsgesellschaft  gegründet  mit 
dem  Zwecke,  die  Wasserkraftanlage  zur  Ausführung  zu  bringen  und  sie  in  erster  Linie 
zur  Fabrikation  von  Kalzium-Karbid  auf  elektrischem  Wege  zu  verwenden4). 

Auf  Grund  vergleichender  Kostenanschläge  und  mit  Rücksicht  auf  die  lange  Bau- 
zeit, welche  für  den  1,7  km  langen  Tunnel  notwendig  gewesen  wäre,  da  eine  grössere 
Zahl  von  Angriffsstellen  schwer  zu  schaffen  war,  gab  man  dem  in  Taf.  XXXV,  Fig.  1 
dargestellten  Projekte  den  Vorzug,  wonach  ein  über  3  km  langer  Werkkaaal  nach  einer 
oberhalb  der  Ortschaft  Piavice  anzulegenden  Druckkammer  auszuführen  war. 

Der  Einlauf  wurde  ganz  in  die  Nähe  des  Wasserfalls  zwischen  dem  grossen  und 
kleinen  Jecerosee  verlegt.  Nach  Absenkung  des  Wasserspiegels  im  grossen  Jecerosee 
wurde  auf  das  durch  den  schon  erwähnten  Tuffriegel  gebildete  natürliche  Wehr  ein 
kleines  künstliches  Stauwehr  von  etwa  .0,5  m  Stauhöhe  aus  Beton  aufgesetzt  und  auf 
diese  Weise  der  Stauinhalt  des  Sees  um  etwa  430000  cbm  erhöht  (vergl.  Taf.  XXXV, 
Fig.  5).  Durch  zwei  kleine  Mulden  in  dem  Stauwehr  werden  unterhalb  liegenden 
Wasserberechtigten  die  ihnen  zustehenden  Wassermengen  dauernd  zugeführt.  Man  hat 
Vorsorge  getroffen,  dass  im  Bedarfsfalle  auf  der  Wehrkrone  in  Abständen  von  2,0  m 
I-Eisen  eingelassen  werden  können,  sodass  man  durch  Einschieben  von  Brettern  eine 
weitere  Erhöhung  des  Wasserspiegels  erzielen  kann. 

An  das  rechte  Ende  des  Stauwehres  schliesst  sich  ein  Grundablass  an  (vergl. 
Taf.  XXXV,  Fig.  2  u.  4),  dessen  zum  Teil  in  Beton,  zum  Teil  in  Holz  hergestellte  Kiesrinne 
sich  bis  in  den  See  erstreckt.  Der  Grundablass  ist  durch  drei  Holzschützen  abschliessbar. 
Unmittelbar  neben  dem  Grundablass  liegt  der  Einlauf  zum  Werkkanal.  Die  Sohle  des 
Einlaufs  ist  in  Beton  hergestellt  und  durch  eine  Herdmauer  gegen  Unterspülung  gesichert 
Vor  den  Regulierungsschützen  des  Einlaufs  ist  auf  der  linken  Kanalmauer  ein  Über- 
lauf angelegt.     Das  Überfallwasser  ergiesst  sich  fast  in  der  Breite  des  Überfalls  auf 


*)  Diese  Zahl  durfte  etwas  zu  hoch  gegriffen  sein,  da  sie,  wenn  die  Grosse  des  Vorintgebieti 
mit  750  qkm  angenähert  richtig  angegeben  ist,  18,66  l/sekjqkm  aasmachen  wurde,  was,  auch  wann 
man  die  ausgleichende  Wirkung  der  Seen  in  Rechnung  sieht,  für  das  kleinst«  855tigige  Wasser  doch 
tu  hoch  erscheint. 

*)  Die  E.  A.  vorm.  Schlickert  <k  Co.  in  Nürnberg. 

*)  Infolge  Ton  Überproduktion  setzte  im  Jahre  1901  eine  scharfe  Krisis  in  der  Kalshim~Karbte% 
Industrie  ein  nnd  die  Gesellschaft  hat  sich  dann  später  der  Fabrikation  ron  Ferro-Silisiom  md  yst- 
wandten  Produkten  lagewendet 


§  22.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Jajce.  493 

einer  gepflasterten  Sohle  in  den  Grundablass,  indem  es  hier  über  die  Betonmaner  des 
Grundablasses  abstürzt.  Die  Regulierung  des  Zuflusses  in  den  Werkkanal  erfolgt  durch 
drei  Schützen  aus  16  cm  starken  eichenen  Bohlen  von  je  2,0  m  Höhe  und  je  2,68  m 
Breite  mit  dem  üblichen  Vorgelege.  Vor  den  Regulierungsschützen  befindet  sich  ein 
schräg  gestellter  groher  Rechen  zur  Abweisung  von  treibendem  Holz.  Eine  breite 
Bedienungsbrücke  gestattet,  das  Holz  an  das  Unke  Ufer  heranzutreiben,  wo  es  über  den 
Überlauf  abgeführt  werden  kann.  Über  den  letzteren  hinweg  führt  eine  Brücke  auf 
zwei  Längebalken  mit  Bohlenbelag,  vergl.  Taf.  XXXV,  Fig.  6.  Neben  den  Regulierungs- 
schützen des  Eislaufs  ist  ein  Häuschen  errichtet  für  den  Wärter,  welcher  ständig  an 
Ort  und  Stelle  bleiben  mnss.  Das  Wärterhaus  ist  mit  dem  Krafthause  durch  eine  Tele- 
fonleitung verbunden.    Ausserdem 

....  .       ,.      ,  ...         ,  ,  Abb.  99.    Querschnitt  durch  den  WerkkuaL 

ist  ein  Apparat  abgestellt,  welcher 

höhere  Wasserstände  automatisch 
zum  Krafthause  meldet. 

Die  Länge  des  Werkkanals 
von  den  Regulierungsschützen  bis 
zur  Druckkammer  beträgt  3103,3  m, 
wovon  946,7  m  auf  15  längere 
und  kürzere  Tunnelstrecken  ent- 
fallen. Der  längste  Tunnel  ist 
193,4  m  lang.  Das  normale  Profil 
des  Werkkanala  hat  im  Wasser- 
spiegel eine  Breite  von  4,0  m 
und  eine  Wassertiefe  von  1,5  m, 
Das  Wasserspiegelgefalle  beträgt 
l°/*>,   die  Wassergeschwindigkeit  i  *  ■*  Z  5m, 

2,0  m/sek.     Der  Werkkanal  folgt   ' '  *  ■  ■ 

im  wesentlichen  dem  Laufe  der  Pliva.  Bei  festem  Untergründe  ist  das  Profil  zwischen 
einseitigen  oder  beiderseitigen  Betonmauern  ausgebildet  und  an  der  Sohle  und  an  Fels- 
wänden mit  Betonauskleidnng  versehen.  Auch  die  Tunnelstrecken  sind  meistens  inner- 
halb des  wasserberührten  Querschnitts  mit  Beton  ausgekleidet.  Auf  Rutschterrain  und  bei 
Überführungen  ist  das  Gerinne  aus  Holz,  entweder  auf  Pfählen  oder  auf  Steinpfeilern, 
hergestellt.  Ein  Querschnitt  des  Holzgerinnes  befindet  sich  auf  Taf.  LII1,  Fig.  1  und  wegen 
der  Anschlüsse  des  Holzgerinnes  an  den  Betonkanal  vergl.  Kap.  HI,  2  Werkkanäle.  Zur 
bequemen  Begehung  der  Kanalstrecke  ist  auf  der  linken  Ufermauer  ein  Gehsteig  mit 
Geländer  (vergl.  Abb.  99)  und  in  den  Tunnelstrecken  ist  auf  eisernen  Querträgern  über 
dem  Wasserspiegel  ein  Gebsteig  angelegt,  da  das  obere  Tunnelgewölbe  mit  kreisrundem 
Querschnitt  genügend  weit  ausgebrochen  wurde.  Der  Werkkanal  endigt  in  einem  40,0  m 
langen  Becken,  in  welchem  sich  die  Breite  allmählich  um  etwa  2,0  m  nach  abwärts 
zu  vergrössert  (vergl.  Taf.  XXXV,  Fig.  7).  Die  Krone  der  linken  Kanalmauer  ist  auf 
die  Höhe  des  normalen  Wasserspiegels  gelegt  und  bildet  einen  Überlauf.  Der  Über- 
laufkanal ist  ans  Beton  hergestellt  und  fällt  kaskadenfönnig  zum  Flusse  ab.  Die  Über- 
laufmauer endigt  etwa  4,0  m  vor  dem  Feinrechen  der  Druckkammern  in  einem  kreis- 
runden Kopf.  Die  Sohle  des  Beckens  fällt  stark  nach  dem  Ende  zu  ab,  und  da  der 
Überlaufkanal  am  oberen  Ende  durch  Schützen  verschliessbar  ist,  so  kann  durch  Ziehen 
dieser  Schützen  ein  starker  Spülstrom  im  Becken  erzeugt  werden.  Der  vor  den  Druck- 
kammern etwa  unter  45  °  aufgestellte  Feinrechen  ist  im  Grundriss  spitzwinkelig  zur  Achse 
des  Beckens  gestellt,  damit  ein  Spülstrom  längs  desselben  bei  geöffneten  Schützen  erzeugt 


494  II.     Theodor  Kosint.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Beispiele. 

werden  kann.  In  der  Spülschätze  ist  noch  eine  kleine  Eissehtttie  angelegt,  um  schwim- 
mendes Eis,  soweit  es  nicht  über  den  Überfall  abgeführt  wird,  vom  Rechen  entfernen 
zu  können.  Infolge  der  Absenkung  der  Sohle  im  Becken  konnte  die  Schwelle  des 
Rechens  etwa  60  cm  über  die  Beckensohle  gestellt  werden.  Eine  durch  Bohlenbelag  auf 
eisernen  Trägern  gebildete  breite  Bediennngsbrücke  gestattet  die  Reinigung  des  Rechens 
durch  Harken.  Hinter  dem  Rechen  sind  durch  einen  in  der  Achse  des  Beckens  errich- 
teten Pfeiler  zwei  Druckkammern  gebildet,  von  denen  jede  durch  eine  Holzschätze 
abschliessbar  ist.     Hinter  den  Schützen  senkt  sich  die  Sohle  der  Druckkammern  scharf 

Abb.  100.     Elektromagnetische  Verschluss  Vorrichtung  der  Schlitzen  in  den  r>        i         ■    '        .      ■ 

Druckkammern.  Durch    eine    starke 

Betonwand,    in  der 
-1'  -  die    Ausmündungen 

der  Druckrohre  lie- 
gen ,  werden  die 
Druckkammern  flaas- 

wärts  abgeschlossen. 
Der  Scheitel  der 
ziemlich  steil  abfal- 
lenden    Druckrohre 
liegt     etwa     4,0   m 
unter  dem  normalen 
Wasserspiegel  in  den 
Druckkammern  und  die  Zufüh- 
rung zu  der  Rohnnündnng  ist  in 
dem  Beton  gut  abgerundet, 
sodass  Wirbelbildi.ngen     nicht 
entstehen  können  und  Luft  in  die 
Rohre  beim  normalen  Betriebe 
nicht  mitgerissen  wird.  Damit  bei 
einem  etwaigen  Rohrbruch  jedes 
Druckrohr  vom  Maschinenbaus 
aus     schnellstens     geschlossen 
werden  kann,   ist  eine  elektro- 
magnetische Vorrichtung  ange- 
bracht, welche  vom  Maschinenbaus  bedient  werden  kann  (vergl.  Abb.  100). 

Ist  die  Türe  a  geöffnet,  so  ist  die  Kupplung  b  eingerückt,  die  Zahnstang*  also  mit  dar  Schnecke  ■ 
verbanden  und  durch  eine  Klinke  d  gesperrt.  Ehe  der  Wärter  die  Schützen  verllast,  hat  er  daa  Hebel- 
werk  c  in  die  Lage  zu  stellen,  welche  in  der  Abb.  100  ausgezogen  ist,  und  die  Türe  a  zu  schlieaaan.  Dia 
Kupplung  b  ist  dann  ausgerückt  und  die  Zahnatange  i  hangt  nur  an  der  Sperrklinke  d,  welche  durch 
einen  Elektromagneten  anageklinkt  und  in  die  punktierte  Lage  gebracht  werden  kann.  Durch  eins 
Rolle  mit  Gegengewicht  könnte  nunmehr  die  Schütze  salbet  wirkend  schnellstens  zum  Schlüsse  gebracht 

Die  Druckrohrleitung  besteht  aus  zwei  Strängen  von  je  1,6  m  lichtem  Durch- 
messer. In  dem  Mauerwerk  der  Druckrohrkammer  sind  die  Rohre  fest  vermauert  und 
durch  mehrere  aufgenietete  Winkeleisen  abgedichtet  Die  gesamte  Lange  der  Druck- 
rohrleitung betragt  etwa  236,0  m.  Die  Rohre  sind  aus  Siemens-Martin-Blech  in  Rohr- 
längen von  7,8  m  hergestellt  und  an  Längs-  und  Quernähten  genietet,  sodass  Flansch- 

»)  Dem  Varfaaaer  ist  nicht  bekannt,  wie  die  bezügliche  mechanische  Einrichtung  getroflea  wird«. 


§   22. 


Das  Wawewcraft-Elektrizitätswebk  Jajce. 


495 


Abb.  101.    Dilatationsstück  am 
Knickpunkt  des  Druckrohres. 


Verbindungen  fehlen.  Die  Wandstärke  wächst  von  6  auf  12  mm  an.  Die  Rohre  sind 
offen  verlegt  und  auf  einzelnen  Betonklötzen  gelagert.  An  den  Stössen  beträgt  die  Ent- 
fernung der  Betonfundamente  normal  3,5  m,  so  dass  auf  7.8  m  Bohrlänge  von  Stoss  zu 
Stoss  sich  zwischen  den  zwei  Fundamentklötzen  je  eines  Rohres  eine  Entfernung  von 
4,30  m  ergibt.  Jeder  Rohrstrang  hat  seine  besonderen  Fundamente.  Zur  Versteifung 
der  Rohre  sind  auf  jede  Rohrlänge  zwei  Winkeleisen  aufgezogen.  Die  Rohre  ruhen  in 
gusseisernen  Lagerschalen  (vergl.  Tai.  LIX,  Fig.  16).  Eine  Darstellung  des  Rohrstranges 
und  seiner  Verankerung  an  dem  untersten  Knickpunkt  findet  sich  auf  Taf.  LVIII,  Fig.  7 
bis  9.  Zum  Ausgleich  bei  Temperaturdifferenzen  ist  am  obersten  Knickpunkt  eine  Dila- 
tationsvorrichtung nach  Abb.  101  eingelegt  (vergl.  auch  Taf.  LVIII,  Fig.  7).  Um  die 
infolge  der  Turbinenregulierung  im  Druckrohr  entstehenden 
Stösse  unschädlich  auszugleichen,  ist  unterhalb  des  Kraft- 
hauses auf  jedes  Rohr  ein  Windkessel  aufgesetzt  (vergl.  Taf. 
XXXVI,  Fig.  3),  ausserdem  sind  Sicherheitsventile  ange- 
bracht. Kurz  vor  dem  Krafthause  entfernen  sich  die  beiden 
Rohre  voneinander,  um  in  die  Rohrkanäle  zu  beiden  Seiten 
des  Krafthauses  einzutreten  (vergl.  Taf.  XXXVI,  Fig.  4). 
Im  Krafthause  sind  10  Turbinen  aufgestellt  und 
zwar  an  jeder  Seite  5  (vergl.  Taf.  XXXVI,  Fig.  1).  Um 
die  Turbinen  einzeln  absperren  zu  können,  ist  in  jedes 
spitzwinkelig  ausmündende  Zweigrohr,  eine  Drosselklappe 
mit  Ablaufrohr  eingesetzt.  Der  Maschinensaal  ist  etwa 
29,0  m  lang  und  22,0  m  breit.  Acht  Turbinen6)  haben 
eine  Leistung  von  je  1000  PSe,  zwei  eine  solche  von 
632  PS#  bei  gleicher  Umdrehungszahl  von  300  in  der 
Minute.  Die  grösseren  Turbinen  sind  für  eine  Wasser- 
menge von  1,3  cbm/sek.  bei  74,5  m  Gefalle  gebaut,  die 
kleineren  für  0,82  cbm/sek.  Es  sind  Francis-Reaktions- 
Turbinen  mit  Spiralgehäuse  und  drehbaren  Finkschen  Leit- 
schaufeln, welche  durch  die  Reguliervorrichtung  verstellt 
werden.  Die  grossen  Turbinen  haben  24  bewegliche  Leit- 
schaufeln. Jede  Turbine  giesst  einseitig  axial  in  ein 
Saugrohr  aus,  welches  in  den  Turbinenkanal  eintaucht.  Eine  Darstellung  der  Turbinen 
befindet  sich  auf  Taf.  LXXI,  Fig.  1  bis  9  (vergl.  auch  Kap.  III,  5  Turbinen).  Bei  allen 
Turbinen  ist  ein  Umlaufrohr  mit  Absperrhahn  zwischen  Druckrohr  und  Spaltraum  ange- 
bracht, um  den  axialen  Druck  auf  das  Laufrad  regeln  zu  können.  Die  beiden  kleineren 
Turbinen  sind  mit  selbsttätiger.  Regelung  mittelst  hydraulischer  Servomotoren  versehen  und 
haben  zur  Erreichung  der  erstrebten  Gleichförmigkeit  des  Ganges  Schwungräder  erhalten. 
Die  Regelung  der  grossen  Turbinen  erfolgt  auf  elektrischem  Wege  vom  Schaltbrett  aus. 

Von  der  Turbine  wird  durch  einen  Riemen  eine  zu  ihr  parallel  laufende  Welle  Wx  angetrieben, 
anf  der  ein  Reibkegelrad  Rt  sitzt  (Tal  LXXI,  Fig.  5  —  8).  Das  eine  Lager  dieser  Welle  ist  senk- 
recht zur  Welle  verschiebbar.  Wird  einer  der  beiden  Elektromagneten  Mx  und  M._,  erregt,  was 
vom  Schaltbrett  ans  bewirkt  wird,  so  wird  der  zwischen  beiden  sitzende  Anker  augezogen,  dadurch  das 
Kegelrad  Ri  gegen  die  eine  Seite  des  Doppelkegels  R*  gepresst  und  letzterer  in  Umdrehung  versetzt 
Die  Drehung  von  R»  wird  durch  ein  Zahnradvorgelege  auf  die  Welle  W*  und  von  dieser  mit  Schrauben- 
spindel und  Mutter  anf  das  zum  Verstellen  der  Leitschaufel  dienende  Hebelwerk  übertragen.  Durch  Er- 
regung des  zweiten  Magneten  wird  eine  Bewegung  in  umgekehrtem  Sinne  bewirkt  Auf  der  Welle  W, 
sitzt  noch  eine  Bremse,  die  ebenfalls  elektromagnetisch  in  Tätigkeit  versetzt  wird. 


**»*90"-J 


6)  Geliefert  von  Ganz  &  Co.,  Budapest 


496  II.     Theodor  Kobhw.     Ausbau  von  WiaBnunirra. 

Unter  jedem  Druckrohr  befindet  sich  im  Krafthause  ein  für  je  fünf  Turbinen  ge- 
meinschaftlicher Tnrbinenkanal.  Die  beiden  Torbinenkanäle  vereinigen  sich  unterhalb  in 
einem  kurzen  Unterwasserkanal.    Der  Unterbau  des  Krafthauses  ist  ans  Beton  hergestellt 

Zur  Unterstützung  des  Daches  dienen  zwei  Säulenreihen,  sodass  eine  Mittelhalle 
und  zwei  Seitenhallen  gebildet  werden.  Auch  die  Seitenwände  sind  durch  Eisenfachwerk 
verstärkt,  um  gegen  die  in  dieser  Gegend  bisweilen  vorkommenden  Erdbeben  den  nötigen 
Schutz  zu  bieten.  Jede  der  grossen  Turbinen  ist  mittelst  Zodelkuppelung  mit  einem  Drefe- 
■troBgemerator  gekoppelt,  welcher  einen  Strom  von  3000  Ampere  bei  einer  Spannung 

Abk.  102.    Ansicht  des  KrafthaiuM. 


Ton  155  V.  liefern  kann.  "Mit  diesem  Strom  wurden  früher  die  Karbidöfen  gespeist. 
Jeder  Drehstromgenerator  ist  mit  eigener  Erregermaschine  versehen,  welche  bei  80  V. 
30  Ampere  Strom  erzeugt  (vcrgl.  Taf.  XXXVI,  Fig.  2).  Die  zwei  kleinen  Turbinen  und 
mit  Gleiehstrommasehln»  gekuppelt,  welcne  Strom  von  120  V.  für  die  Fabrikation  von 
Chlor  liefern  sollten.  In  der  Mitte  des  Maschinenhauses  unter  dem  Maschinenflur  befindet 
sich  ein  grosser  Kabelkanal  von  3,0  m  Breite  und  3,26  m  Höhe,  in  welchem  die  Maschinen- 
Icabel  nach  dem  Schaltraum  geführt  werden.  Letzterer  hat  eine  Länge  von  rd.  12,0  m 
und  eine  Breite  von  4,0  m.  Das  10,0  m  lange  and  4,0  m  hohe  Haoptschaltbrett  wird 
durch  ein  Podium  bedient,  welches  etwa  0,8  m  über  dem  Maschinenflur  liegt.  Im  Kraft- 
hause  ist  dann  noch  in  Höbe  des  Maschinenflurs  ein  Zimmer  für  den  Maschinenmeister, 
eine  Werkstatt  und  ein  Lager  für  öl  und  Reserveteile  untergebracht.  Abb  102  zeigt 
eine  Gesamtansicht  des  Krafthauses. 

Zur  Leitung  des  Stromes  vom  Krafthause  nach  der  in  der  Nähe  befindlichen  Fabrik 


§  23.  Das  Wasserkraft-Elektrizitatswekk  am  Drac  bei  Avignonnet.  497 

ist  ein  besonderer,  geräumiger  Kabelkanal  angelegt,  in  welchem  96  blanke  Knpferkabel 
untergebracht  sind. 

Am  1.  November  1897  wurde  mit  dem  Bau  begonnen  und  am  25.  März  1899 
konnte  der  Betrieb  aufgenommen  werden. 


§  23.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  am  Drac  bei  Avisnonnet 

(Isfcre)  der  Soctet^  Grenobloise  de  Force  et  Lumifere.  (Hierzu  Taf.  XXXVn  *). 

Der  Drac  hat  oberhalb  von  Avignonnet  ein  Vorflutgebiet  von  etwa  2112  qkm. 
Er  erhält  zum  Teil  sein  Wasser  von  dem  Südabhang  des  im  Departement  Hautes-Alpes 
gelegenen  Sirac-Gletschers.  Die  N.W. -Wassermenge  soll  bei  Avignonnet  selten  unter 
20,0  cbm/sek.  oder  9,5  1/sek/qkm  sinken.  Während  9  Monate  kann  man  auf  mindestens 
35  cbm/sek.  oder  16,6 1/sek/qkm  rechnen.  Die  Wassermenge  des  M.W.  soll  80  bis  100  cbm/sek. 
betragen,  das  höchste  Hochwasser  1200  cbm/sek.  Das  mittlere  Gefalle  dea  Flusses  auf  der 
Strecke  oberhalb  und  unterhalb  von  Avignonnet  beträgt  etwa  7  °/oo.  Der  Drac  ist  in  der 
Gegend  von  Avignonnöt  zwischen  steilen  Felswänden  eingeschnitten,  die  zum  Teil  bis 
zu  etwa  300,0  m  über  den  Flusspiegel  emporsteigen  (vergl.  Abb.  103).  Man  hatte 
zwei  Projekte  zur  engeren  Auswahl  aufgestellt1),  eines  mit  einem  niedrigen  Wehr  und 
4000,0  m  langem  Werkkanal  und  das  zweite  mit  einer  hohen  Staumauer  mit  Überfall 
auf  der  Krone  und  kurzem  Werkkanal.  Dem  Projekt  mit  der  Staumauer  gab  man  schliess- 
lich den  Vorzug,  weil  man  mit  Hilfe  derselben  eine  wirksame  Reinigung  des  Triebwassers 
von  den  in  sehr  grossen  Mengen  mitgeführten  Sinkstoffen  bewirken  und  ausserdem  ein 
grösseres  Sammelbecken  erzielen  konnte,  aus  welchem  man  stundenweise  die  Betriebs- 
wassermenge zu  ergänzen  in  der  Lage  sein  würde.  Letzterer  Gesichtspunkt  war  be- 
sonders deshalb  wichtig,  weil  die  Gesellschaft  auf  einen  grösseren  Absatz  elektrischer 
Energie  für  Lichtzwecke,  also  auf  ein  stundenweises  starkes  Anwachsen  des  Konsums 
zu  rechnen  hatte. 

An  der  für  die  Errichtung  der  Staumauer  gewählten  Stelle  (vergl.  Taf.  XXXVII, 
Fig.  1)  war  die  Flussohle  trotz  der  Enge  des  Profils  mit  einer  im  Laufe  der  Jahrhunderte 
gebildeten,  so  mächtigen  Schicht  von  Geschiebe  und  Sinkstoffen  bedeckt,  dass  man  mit 
der  Fundierung  der  Staumauer  den  Felsen  nicht  erreichen  konnte.  Man  hatte  aber 
durch.  Bohrungen  und  Probelöcher  sowohl  die  Tragfähigkeit  als  auch  die  Undurchlässig- 
keit  der  unteren  Schichten  festgestellt.  In  zwei  in  einer  Entfernung  von  19,0  m  in  der 
Achse  der  Flussohle  ausgehobenen  Probelöchem  hatte  man  auf  Grund  längerer  Beob- 
achtungen bei  einer  Wasserspiegeldifferenz  von  9,0  m  keinerlei  Durchlässigkeit  von  einem 
zum  andern  wahrnehmen  können.  Man  entschloss  sich  deshalb,  die  Staumauer  auf  der 
Ablagerungsschicht  zu  fundieren,  ihr  aber  einen  ca.  28,0  m  langen  befestigten  Abfall- 
boden zu  geben,  um  Auskolkungen  hinter  der  Mauer  zu  verhüten.  Seitlich  an  den 
Hängen  konnte  man  das  Betonmauerwerk  an  gesunden  Felsen  anschliessen.  Die  Fluss- 
sohle lag  an  der  Baustelle  auf  etwa  +  375,50  bis  +  376,0  über  dem  Meere.    Die  Krone 


i)  Die  Zeichnungen  and  Abbildungen  sind  z.  T.  einem  Sonderabdrack  ans. dem  Genie  Civil  1903, 
Aufsatz  von  A.  Dumas  »Ueine  Hydro  Electrique  D' Avignonnet  sur  le  Drac"  und  z.  T.  der  Compte 
rendu  da  Congres  de  la  Houille  Blanche,  Deuxieme  Volume,  Grenoble  1902.  S.  497  n.  ff.  entnommen. 

2)  Die  Vorarbeiten  und  Projektaufstellung  lag  in  den  Hfinden  der  Sooftte*  Franoo-Snisse  pour 
l'industrie  electrique,  welcher  als  beratender  Bauingenieur  Theodore  Torettini  aus  Genf  zur  Seite  stand 
(vergL  Seite  25). 

Handbuch  der  Int>WiM«itcfa.    in.  Ttil.    18.  Bd.  32 


498  II.     Theodob  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Beispiele. 

der  Staumauer  wurde  auf  +  395,85  festgelegt.  Auf  diese  Weise  wurde  eine  Stauweite  im 
Fluise  von  3500,0  m  Lange  und  ein  Reservoir  von  rd.  1500000  cbm  Nntzinhalt  geschaffen 
bei  einer  Oberfläche  im  Wasserspiegel  von  rd.  215000  qm.  Die  Staumauer  bildet  im 
Grnndrisi  einen  Bogen  mit  200,0  m  Rd.  in  der  Krone.  Die  Kronenbreite  beträgt  4,75  m, 
die  Kronenlänge  etwa  60,0  m,  während  die  Länge  in  der  Flnssohle  nur  ca.  45,0  m  miast 
Die  Breite  der  Staumauer  an  der  tiefsten  Stelle  beträgt  23,9  m,  und  diese  Breite  ist 
für  den  etwa  3,0  m  hohen  Fundamentsockel  beibehalten.  Die  Höhe  von  der  O.K.  dieses 
Fnndamentsockels  bis  zur  Krone  beträgt  rd.  20,27  m,  sodass  die  Breite  des  Manerfusaes 
rd.  117  °/o  der  Höhe  ausmacht.  An  dem  vorderen  und  hinteren  Ende  der  Fundamentsohle 
ist  ausserdem  je  eine  2,5  m  breite  Grundmauer  noch  ca.  4,0  m  tiefer  fundiert,  um  dem 
Durchdringen  von  Wasser  weitere  Widerstände  entgegenzusetzen  (vergl.  Taf.  XXXVII, 
Fig.  4).    Die  Staumauer  ist  in  Beton  ausgeführt  und  an  den  wasserberührten  Flächen  mit 

Abb.  103.    Ansieht  der  Staumauer. 


grossen  roh  bearbeiteten  Kalksteinquadern  von  0,50  bis  0,60  m  Dicke  verblendet  Während 
die  Verblendflächen  der  vorderen  Front  und  der  Krone  glatt  gemacht  wurden,  hat  man 
die  abwärts  gelegenen  Absturzflächen  durch  vorstehende  Quaderköpfe  rauh  gemacht 
(vergl.  Abb.  103),  um  die  Geschwindigkeit  des  abstürzenden  Wassers  nach  Möglichkeit  zu 
verringern.  Bei  der  Berechnung  der  Staumauer  ist  als  höchstzulässige  Kantenpressung 
für  Beton  6  kg  pro  qcm  zugrunde  gelegt  bei  einer  Überstauung  von  2,0  m.  Um  das 
Staubecken  so  weit  von  Ablagerungen  frei  halten  zu  können,  als  es  Tür  den  Betrieb  er- 
forderlich ist,  wurde  am  rechten  Ufer  neben  der  Staumauer  ein  Urudablass  von  9,0  in 
lichter  Weite  angeordnet  mit  der  Sohle  7.0  m  unter  der  Krone  der  Staumauer.  Bis  zur 
Grundschwelle  des  Grundsblasses  (Kiesfreilaufs)  wird  sich  allmählich  die  Flnssohle  er- 
höhen, sodass  die  Fundamentsohle  der  vorderen  Grundmauer  ca.  21,0  m  tiefer  als  die 
sukünftige  Sohle  des  Staubeckens  liegen  wird. 

Um  wlhroad  dt*  Baues  du  Waaaer  de*  Drae  abzufahren ,  ward«  an  linken  TJfar  ein  Tneoel 
van  9.V0  n  Lang*  und  £6  qm  Querschnitt  in  dem  Felsen  «ungebrochen.  Unterhalb  dar  aafwaxts  gt- 
laganen  Öffnung  die»*»  Tunnels  wurde  quer  über  das  Flnasbett  ein  Kuigedaam  errichtet. 


§    23.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  AH  Drac;  bei  A v ig n onset.  499 

Di«  Staumauer  ist  in  zwei  Abteilungen  ausgeführt  und  man  bat  deshalb  einen  zweiten  Fange- 
d&mm  in  der  Achse  des  Flusse«  angelegt.  Zuerst  wurde  die  am  rechten  Ufer  gelegene  Halft»  in  Angriff 
genommen  (vergL  Abb.  IM).  Auf  diese  Weis»  kannte  bei  Hochwasser  die  eine  Hälfte  des  Flussbettes 
noch  zur  Abführung  des  Drac  zunächst  mit  benutzt  werden. 

Dreimal  hat  Hochwasser  die  Arbeiten  unterbrochen  und  die  Fangedämme  zum  Teil  fortgerissen. 
Da  sich  der  U  ragen  ungstunnel,  wie  eigentlich  bei  Beinern  im  Verhältnis  zur  Hochwassennenge  io  kleinem 
Querschnitt  von  vornherein  vorauszusehen  war,  sehr  bald  fflr  die  Abführung  des  Hochwassers  als  ganz 
unzureichend  heran» teilte ,  hat  man  sowohl  in  der  rechten  als  auch  spater  in  der  linken  Halft«  der 
Staumauer  in  der  Hohe  der  Fangedamme  provisorische  Öffnungen  von  37,0  qm  freigelassen,  die  aplter 
durch  grosse  Betonpfropfen  geschlossen  sind.  Die  Seiten  Wandungen  dieser  Öffnungen  wurden  von  vorn- 
herein im  Querschnitt  sageförmig  angelegt,  sodass  sich  die  einzelnen  Teile  dea  ach li essenden  Querschnitts 
konisch  flaasabwfirta  verjüngen  (vergL  Abb.  105). 

Abb.  104.     Herstellung  der  Fundamentsohle  der  Staumauer  am  rechten  Ufer  und  Aushub  der 
Baugrube  für  die  vordere  Herdmauer. 


Im  März  1899  ist  mit  den  Arbeiten  begonnen  worden,  am  15.  Juni  1901  hatte  man  den  rechten 
Teil  bis  auf  etwa  10,0  m  Hohe  über  dem  Wasserspiegel  beendigt  und  die  Baugrube  im  linken  Teil  fertig 
ausgehoben,  als  ein  Hochwasser  eintrat,  welches  wahrend  einer  Stunde  die  ganze  Baugrube  wieder  mit 
Kies  und  Sand  ausfällte  und  die  Fange  dam  ine  zum  gröaaten  Teil  zerstörte.  Allein  durch  dieses  Hoch- 
wasser ist  eine  Verzögerung  in  den  Bauarbeiten  von  vier  Monaten  verursacht.  Erst  im  Juli  1902 
konnte  die  Stsnmauor  beendigt  werden. 

Der  Eies  wurde  in  einer  Grube  200.0  m  oberhalb  der  Baustelle  sm  rechten  Ufer  gewonnen. 
Fflr  die  Fundierung  der  Staumauer  ist  eine  Mischung  von  800  kg  Zement,  0,4  cbm  Sand  und  0,8  cbm 
Kies  gewählt.  Fflr  den  oberen  Teil  ist  die  Beigabe  an  Zement  auf  200  kg  pro  cbm  ein  geschränkt.  Der 
Transport  des  Eiesea  und  der  Hausteine  wurde  von  den  200,0  m  Ober  dem  Drac  liegenden  Brüchen 
mittelst  einer  Seilbahn  von  ungefähr  500,0  m  Spannweite  bewirkt,  ebenso  war  von  der  Bahnlinie  Saint- 
Georges  de  Commiers-La  Mure  und  zwar  von  einem  besonders  angelegten  Anachlussgleise  aus  eine 
Seitbshn  von  500,0  m  Lange  bis  zum  linken  Ufer  des  Drac  herübergeführt,  um  alle  übrigen  Materialien 
mr  Baustelle  schaffen  iu  können.    Die  normale  zulässige  Nutclast  eines  Tragkorbes  war  zu   1500  kg 


600  IL    Thkodob  Koshs.    Ausbau  vok  Wabsekkräftkn.    Beispiele. 

angenommen.  Diese  letztgenannte  Seilbahn  hatte  «na  Hftbendiftereni  von  eng« (Ihr  300,0  m  xu  aber. 
winde«.  Di*  im  Betrieb*  der  beiden  genannten  Seilbahnen,  «owie  aller  Übrigen  Hiifamaachiiieai  erfereer- 
lieb«  Kaergie  wurde  durch  eins  klebe  hjdro-elcktrische  Kraftatetiou  von  100  PS«  geliefert,  welch« 
einen  kleinen  Www rfill  in  der  Nahe  der  Bauteile  (La  Cascade  de  Vauli)  aosnuttte.  Am  linkes 
Dracufsr  war  eine  Schmalspurbahn  na  weiteren  Tranaport  dar  Materialien  errichtet,  Unmittelbar  nvter- 
halb  dar  Baoetelle  für  die  Staumauer  war  eine  Hängebrücke  über  den  Dran  gespannt,  auf  welcher  com 
mobile  Laat  von  8  t  bewegt  werden  konnte. 

Über  die  Konstruktion  des  Abfallbodens  wird  noch  einiges  im  Kapitel  in,  1.  A-  Wehre 
mitgeteilt  «erden.  Derselbe  ist,  wie  Taf.  XXXVII  Fig.  1  zeigt,  kassettenartig  durch  Längs- 
and Quer-Betonm&uern  von  1,40  m  Starke  und  3,70  bis  4,30  m  lichtem  Abstand  gebildet, 
welche  eine  Betondecke  tragen.  Die  kassettenartigen  Hohlräume  sind  durch  Kies  ange- 
füllt. Der  Abfallboden  steigt  flussabwärts  an  and  bildet  so  ein  Wasserpolster,  durch 
welches  der  Schlag  des  vom  Wehr  herabstürzenden  Wassers  gemildert  wird.  Die  Höhe 
Abb.  105.    Ansicht  der  Staumauer.    August  1001. 


lies  überfallenden  Wasserstrahls  ist,  wie  erwähnt,  für  die  Berechnungen  auf  2,0  m  ange- 
nommen. Da  am  'Ende  dieses  Abfallbodens  noch  eine  Stufe  bis  zum  Niedrigwasserspiegel 
von  4,50  m  entstanden  ist,  so  wurde,  obwohl  der  Wasserstrahl  bei  höchstem  Wasser 
mit  einem  spitzen  Winkel  von  rechnerisch  22°  51'  in  den  Wasserspiegel  des  N.W.  ein- 
fallen soll,  die  Sohle  daselbst  durch  das  herabstürzende  Wasser  sehr  angegriffen,  and 
man  hat  deshalb  nachträglich  auf  einer  längeren  Strecke  eine  weitere  Sicherung  durch 
mächtige  Steinblöcke  und  Steinschüttung  anbringen  müssen. 

Der  bereits  erwähnte  Urundablass  von  9,0  m  lichter  Weite  ist  durch  eine  einzige 
eiserne  Schütze  geschlossen.  Diese  Schätze  hat  eine  Gesamtbreite  von  10,0  m  and  eine 
Höhe  von  7,0  m ;  sie  ist  berechnet  für  einen  Druck  von  375  t,  welcher  eintreten  würde, 
wenn  bei  geschlossener  Schütze  der  Wasserspiegel  2,0  m  über  Krone  der  Staumauer  ge- 
stiegen Bein  würde.    Eine  Abb.  der  Schütze  findet  sich  im  Kap.  DU.  3.  Schützen. 

Acht  groase,  horizontale  eiserne  Gitterträger  von  gleicher  Grosse  bilden  das  Traggertst  der 
Schütte.     Ihre  Entfernung    in  der  Vertikalen  voneinander  ist  SO  bemessen,   das»  jeder  Träger  ungefähr 


§   23.  Das  Wasserkraft- Elektrizitätswerk  am  Drac  bei  Avignonhet.  501 

denselben  Druck  erhalt.  Die  Träger  und  untereinander  dnnh  Gitterwerk  verbunden  und  Tora  durch 
ein»  Wind  au»  genietetem  Eisenblech  geschlossen.  Dia  Bedienungsbrücke  liegt  so  hoch  aber  der  Sehnt**, 
dann  sie  beim  höchsten  Wasserstand  vollkommen  frei  hingen  kenn.  Hit  Rücksicht  »nf  die  grossen 
Abmessungen  der  Schntie  konnte  man  die  AnschlagfUcha  derselben  nicht  einfach  uf  einer  Qleitbahn 
gleiten  lassen,  sondern  man  rnnsate  statt  der  gleitenden  die  rollende  Reibung  einführen.  Infolgedessen 
ist  hierfür  das  System  Stoney  nach  dem  Muster  von  Cham«  angewendet,  ebenso  hat  nun  die  Dichtung 
lisch  demselben  Vorbilde  ausgeführt,  nur  dass  hier  als  Dichtangestab  ein  Zylinder  ans  Bronae  verwendet 
wurde.  Der  Bewegungsmschanismns  ist  gleichfalls  dem  von  Chevree  nacbgebildet  (vergl.  Taf.  LT,  Fig.  8, 
12  n.  18)  und  das  Gewicht  wie  dort  durch  Gegengewichte  aasbalanciert.  Die  Schütze  kann  sowohl  von 
Hand  als  aueh  mittelst  eines  Elektromotors  gehoben  werden.  Bei  der  Hebung  von  Hand  wurden 
6'/»  Stunden  notwendig  sein,  um  die  Sobfltxe,  deren  Gewicht  ungefähr  66  t  betragt,  7,0  m  au  heben. 
Hit  Hilfe  des  elektrischen  Motors  ksnn  aber  diese  Zeit  auf  1  Stands  und  40  Hinuten  eingeschränkt 
werden,  was  für  alle  Falle  genügt. 

Abb.  106.    Die  Schliessung  des  Umgehungskanala. 


Der  GrundablasBkanal  hat  eine  Länge  von  70,0  m.  Er  ist  von  starken  Wänden  aus 
Bruchsteinen  eingefasst  nnd  seine  Sohle  ist  in  den  Felsen  eingeschnitten.  Zum  Schatze 
desselben  ist  in  der  Sohle  eine  Pflasterung  auf  Beton  vorgesehen  (vergl.  Taf,  XXXVII, 
Fig.  2  n.  3).  Da  beim  höchsten  Stau  ungefähr  450  cbm/sek.  durch  diesen  Grnndablass 
fliessen,  nrasste  bei  der  Ansmündung  desselben  in  den  Flnss  die  Sohle  befestigt  werden. 
Das  ist  durch  grosse  Steinblöcke  geschehen,  welche  die  Sohle  des  Flusses  bedecken. 
Übrigens  wird,  wenn  das  höchste  Wasser  zum  Abfluss  gelangt,  die  Wassertiefe  eine 
Sehr  beträchtliche  sein,  sodass  das  aus  dem  Grnndablass  in  den  Fluss  stürzende  Wasser 
ein  Wasserpolster  vorfindet. 


502  II.    Theodor  Koehx.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

Nachdem  die  zeitweiligen  Öffnungen  in  den  beiden  Hälften  der  Staumauer  ge- 
schlossen waren,  —  auf  die  völlige  Entleerung  und  Spülung  des  Staubeckens  mit  Hilfe 
des  Umgehungskanals  hat  man  verzichtet  —  musste  man,  um  die  Füllung  des  Stau- 
beckens vornehmen  zu  können,  den  Umgehungskanal  schliessen.  Zu  diesem  Zwecke  liess 
man  in  der  Stirn  der  Tunnelöffhung  vertikale,  starke  eiserne  Walzträger  ein,  welche 
mit  der  Vorderkante  der  Tunnelöffnung  bündig  lagen.  Gegen  diese  Walzträger  wurden 
dann  mit  Beton  gefüllte  eiserne  Zylinder  von  30,0  cm  Dm.  gelegt,  welche  von  oben  her- 
untergelassen wurden  (Abb.  106). 

Jeder  Zylinder  war  mit  zwei  Ringen  versehen,  um  einen  Zwischenraum  von  2,0  cm 
zwischen  den  Zylindern  herzustellen.  Alle  Zwischenräume  zusammen  waren  so  berechnet, 
dass  durch  den  Tunnel  während  der  Füllungszeit  noch  mindestens  15  cbm/sek.  fliessen 
konnten,  eine  Wassermenge,  welche  als  Minimum  für  die  unterliegenden  Wassernutzungs- 
berechtigten auch  während  der  Füllungszeit  freizugeben  war.  Nachdem  dann  das  Wasser 
im  Staubecken  bis  über  die  Sohle  des  Grundablasses  gestiegen  war,  hat  man  die  Schlies- 
sung der  Öffnungen  zwischen  den  Zylindern  durch  Zementsäcke  und  vorgeworfenen  Sand 
und  Ton  zu  erreichen  versucht.  Das  ist  aber  nur  unvollständig  gelungen.  Man  hat 
deshalb  nachträglich  am  unteren  Ende  des  Tunnels  ein  eisernes  Rohr  eingelegt,  durch 
welches  das  durch  die  vordere  Verschlusswand  dringende  Wasser  abfliessen  konnte  und 
dann  dieses  Rohr  in  einen  starken  Betonpfropfen  eingemauert,  welcher  den  übrigen 
Querschnitt  des  Tunnels  dicht  abschloss.  Nachdem  die  Betonmauer  die  genügende  Festig- 
keit erlangt  hatte,  wurde  eine  an  der  vorderen  Mündung  des  Rohres  angebrachte  dicht- 
schliessende,  aber  während  des  Baues  offen  gehaltene  Klappe  heruntergelassen,  sodass 
nunmehr  auch  das  Rohr  verschlossen  wurde8). 

Der  Eüüauf  liegt  sehr  zweckmässig  in  der  Fortsetzung  des  linken  Uferpfeilers 
des  Grundablasses. 

Die  Einlaufschwelle,  auf  welcher  der  Rechen  steht,  liegt  rd.  2,45  m  höher  als 
die  Schwelle  des  Grundablasses.  Bei  richtiger  Bedienung  des  letzteren  kann  daher 
kaum  Kies  und  Sand  in  den  Kanal  hineintreten.  Die  Länge  der  Einlaufschwelle  beträgt 
ca.  25,0  m,  die  Höhe  des  Rechens  bis  zur  Krone  des  Wehres  4,55  m,  sodass  eine  Rechen- 
fläche von  mehr  als  100  qm  für  den  Eintritt  des  Wassers  zur  Verfügung  steht.  Die  lichte 
Weite  zwischen  den  Rechenstäben  beträgt  etwa  3  cm.  Man  wird  demnach  die  freie 
Durchflussfläche  zu  rd.  75,0  gm  annehmen  können,  welche  bei  40  cbm/sek.  einer  Einfluss- 
geschwindigkeit von  rd.  0,90  m/sek.  entsprechen  würden,  wenn  der  Wasserspiegel  in 
Höhe  der  Staumauerkrone  liegt.  Die  Einflussgeschwindigkeit  müsste  wachsen,  wenn 
man  beim  Sinken  des  Stauspiegels  im  Becken  denselben  maximalen  Verbrauch  an  Trieb- 
wasser hätte,  was  aber  nur  ausnahmsweise  der  Fall  sein  dürfte. 

Als  Mangel  der  Anlage  hat  sich  herausgestellt,  dass  die  Abführung  des  Eises 
und  des  treibenden  Holzes  nur  bei  gezogener  Grundablasschütze  oder  über  den  Wehr- 
rücken hinweg  erfolgen  kann.  Es  wäre  zweckmässig  gewesen,  entweder  in  der  Haupt- 
schütze des  Grundablasses  selbst  oder  daneben  noch  eine  Schütze  für  Eis  und  treibendes 
Holz  anzuordnen. 

Hinter  dem  Rechen  ist  durch  Ausbrechen  des  Felsens  ein  Einlaufbecken  ge- 
bildet, in  welchem  nochmals  eine  Absonderung  etwaiger  Verunreinigungen  des  Wassers 
stattfinden  soll. 


3)  Das  Herunterlassen  der  Klappe  durfte  vermutlich  mit  Hilfe  eines  Seiles,  welches  in  einem 
kleinen  eisernen  Rohr  durch  die  Betonmauer  geführt  war,  geschehen  sein.  Das  kleine  eiserne  Bohr 
war  dann  leicht  durch  einen  Stöpsel  vollkommen  dicht  abznschliessen. 


§    23.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  am  Drac  bei  Avignonnet.  503 

Der  Werkkanal  liegt  auf  dem  linken  Ufer  ganz  im  Tunnel.  Er  hat  eine  Länge 
von  840,0  m  und  einen  grössten  wasserberührten  Querschnitt  von  16  qm.  Die  grösste 
sekl.  Wassermenge,  welche  durch  den  Werkkanal  abgeleitet  werden  soll,  beträgt  40  cbm/sek., 
die  durchschnittliche  etwa  25 — 30  cbm/sek.  Der  Zufluss  aus  dem  Einlaufbecken  wird 
durch  zwei  Schützen  reguliert,  deren  Aufzugsvorrichtungen  man  in  Abb.  106  noch  er- 
kennen kann.  Etwa  550,0  m  von  den  Regulierungsschützen  entfernt  ist  ein  Überfall  an- 
gelegt, über  welchen  40  cbm/sek.  bei  voller  Füllung  in  den  Drac  zurückgeführt  werden 
können  (vergl.  Taf.  XXXVII,  Fig.  6,  7,  8).  Man  konnte  hier  das  Wasser  auf  stark  ge- 
neigter Sohle  ohne  Kaskaden  abfliessen  lassen,  da  dieser  Überlaufkanal  als  Tunnel  in 
sehr  festen  Felsen  eingeschnitten  wurde.  Von  dem  Austritt  desselben  aus  dem  Gebirge 
am  Ufer  stürzt  das  Wasser  auf  dem  natürlichen  Felsen  weiter  in  den  Drac  ab.  Der 
Werkkanal  endigt  in  einem  Vorbecken  von  32,5  m  Länge  und  8,18  m  Breite  in  der 
Sohle  gemessen.  Die  Sohle  dieses  Vorbeckens  ist  in  einem  Sprung  um  1,75  m  gegen 
die  Sohle  des  einmündenden  Kanals  vertieft  und  hat  eine  Neigung  von  etwa  1 :  15  gegen 
den  am  untersten  Ende  gelegenen  Spülablass.  Letzterer  ist  durch  eine  Schütze  ver- 
schlossen. Über  demselben  in  der  das  Vorbecken  begrenzenden  Quermauer  aus  Beton 
ist  noch  ein  7,60  m  langer  Überlauf  angelegt  (vergl.  Taf.  XXXVII,  Fig.  9,  10  und  11). 
Der  Überlaufkanal  ist  hier  stufenförmig  in  den  Felsen  eingeschnitten  und  mit  einem 
Betongewölbe  überdeckt,  um  das  zerstäubende  Wasser  von  dem  Krafthause  fernzuhalten. 
Sehr  zweckmässigerweise  ist  das  Vorbecken  durch  eine  Längsmauer 
von  der  Druckkammer  getrennt,  denn  das  Wasser  muss  so  über  diese  Längsmauer 
in  die  Druckkammer  übertreten,  uijd  es  werden  etwaige  Verunreinigungen,  die  das 
Wasser  noch  enthalten  sollte,  wirksam  zur  Ablagerung  gebracht  und  durch  die  gleich- 
falls zweckmässig  angelegte  Spülschütze  entfernt. 

Aus  der  Druckkammer  münden  7  aus  Siemens  Martinstahl  genietete  Druckrohre 
mit  Flanschenverbindung,  je  eins  für  je  eine  der  7  Turbinen,  welche  im  Krafthause  auf- 
gestellt werden  sollen.  Der  Verschluss  der  Druckrohre  erfolgt  durch  je  eine  Schütze, 
welche  in  der  Ausimündungsfläche  liegt.  Man  musste  desl^alb  auf  jedes  Druck- 
rohr ein  Luftrohr  aufsetzen,  damit  für  den  Fall,  dass  bei  geschossener  Schütze  eine 
Entleerung  des  Druckrohres  stattfindet,  Luft  einzutreten  und  bei  teilweise  geschlossenen 
Schützen  mitgerissene  Luft  zu  entweichen  vermag  (vergl.  Taf.  XXXVII,  Fig.  9):  Jedes 
Druckrohr  hat  einen  Durchmesser  von  2,2  m  im  Lichten.  Alle  ofien  verlegten  Rohre 
werden  zwischen  Druckkammer  und  Krafthaus  noch  einmal  durch  eine  Mauer  gestützt. 

Die  grösste  sekl.  Wassermenge,  welche  durch  ein  Rohr  abgeführt  werden  soll, 
beträgt  7,6  cbm/sek.,  sodass  sich  eine  Maximalgeschwindigkeit  im  Druckrohre  von 
2,0  m/sek.  ergibt. 

Bemerkenswert  ist  die  Einmündung  der  Druckrohre  in  die  Turbinen,  welche  wie 
bei  der  Anlage  Vizzola  von  oben  erfolgt,  indem  die  Rohre  die  Wand  des  Maschinen- 
hauses unterhalb  der  Kranbahn  durchdringen.  Auf  diese  Weise  macht  das  Wasser  den 
kürzesten  Weg  und  erleidet  die  geringsten  Druckverluste.  Mit  Rücksicht  auf  die  oben 
und  unten  vorhandenen  Kjiicke  und  die  Kürze  der  Rohre  konnte  man  von  Dilatations- 
vorrichtungen ganz  absehen. 

Der  Maschinensaal  des  Krafthauses  ist  für  7  Maschinengruppen  von  je  1750  PS« 
eingerichtet,  von  denen  im  Jahre  1904  erst  4  Gruppen  aufgestellt  waren.  Das  Krafthaus 
musste  möglichst  dicht  an  die  Druckkammer  herangelegt  werden  (vergl.  Abb.  107),  da 
der  Raum  zwischen  dem  Ufer  des  Drac  und  dem  steil  ansteigenden  Gebirge  sehr  be- 
schränkt war.  Man  hat  oberhalb  der  Druckkammer  noch  Trockenmauern  anlegen  müssen, 
um  die  Druckrohre  und  das  Maschinenhaus  vor  herabstürzenden  Steinen  zu  schützen. 


504  II.     Theodor  Koehjj.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Beispiele. 

In  der  Abb.  107  sieht  man  eine  provisorische  Bohlwand  an  der  Stelle,  wo  die  Trocken- 
maner  später  errichtet  ist.  Der  Maschinensaal  hat  eine  Länge  von  rd.  60,0  m  und  eine 
Breite  von  rd.  17,0  m,  es  stehen  also  1020  qm  Bodenfläche,  d.  h.  rd.  8,3  qm  pro  100 
install.  PSe,  zur  Verfügung.  Neben  den  Maschinen  ist  reichlich  Platz  für  die  Aufstellung 
von  Maschinenteilen  im  Falle  einer  Reparatur.  An  dem  einen  Ende  des  Maschinensaals 
befindet  sich  zn  ebener  Erde  die  Reparaturwerkstatt  und  darüber  in  zwei  Etagen 
Wobnungen  für  den  Maschinenmeister  und  4  Maschinenführer.  Für.  den  Schaltraum  ist 
in  einem  Anbau  von  etwa  15,0  m  lichter  Länge  und  6,5  m  Breite  in  4  Etagen  über- 
einander Platz  geschaffen,  sodass  im  ganzen  hierfür  etwa  390,0  qm  Bodenfläche  oder 
3,18  qm  pro  100  install.  PS,  zur  Verfügung  stehen.  Im  Eellergeschoss  ist  ausserdem 
noch  ein  Raum  für  Aufstellung  von  Transformatoren  angelegt.    Das  Dach  des  Maschinen- 

Abb.  107.     Ansicht  des  Krafthauses. 


saals  ist  aus  eisernen  Polonceauträgern  gebildet  und  mit  Ziegeln  eingedeckt.  Der  ganze 
Maschinensaal  ist  durch  einen  Laufkrahn  von  10  t  Tragfähigkeit  bestrichen. 

Die  Turbinen*)  haben  horizontale  Wellen  und  leisten  1750  PSe  bei  250  Uml./Min. 
(vergl.  Abb.  108).  Die  Druckhöhe  schwankt  zwischen  18,0  m  bei  H.W.  und  23,0  m  bei 
N.W.,  von  welcher  höchstenfalls  7,0  ro  als  Sauggefalle  ausgenutzt  werden. 

Jede  Turbine  enthalt  zwei  nebeneinander  gestellte  Paare  von  Leit-  und  Lauf  rädern  in  einem 
Turbine nkessel.  Jedes  Leit-  und  Laufrad  ist  eingeteilt  in  je  5  Kranze.  Dia  Beaufschlagung  erfolgt 
radial  von  aussen,  der  Ausguss  axial  nach  beiden  Seiten  in  zwei  Saugrohre,  welche  direkt  in  den 
Turbinenkanal  ausmünden.  Auf  diese  Weise  findet  ein  axialer  Schub  auf  die  Welle  theoretisch  nicht 
mehr  statt.  Die  Steuerung  erfolgt  durch  einen  Ringschieber ,  welcher  im  Spalt  zwischen  Lauf-  und 
Leitrad  bewegt  wird.  Eine  ähnliche  Konstruktion  zeigt  die  Turbine  der  Anlage  Füre  et  Horge  (vergl 
Taf.  LXXI1,  Fig.  3  n.  i) ,  allerdings  mit  nur  einem  Schaufelkranz.  Da  dieser  RingBchieber  sich  gegen 
den  Wasserdruck  im  Gleichgewicht  befindet,  au  ist  seine  Bewegung  ausserordentlich  leicht  und  die 
Regulierung  der  Turbinen  eine  sehr  exakte  (vergl.  Kap.  III,  5).  Die  selbst  wirkende  mechanische  Klinken- 
reglung  arbeitet  zufriedenstellend  (vergl.  Abb.  109). 

*)  Geliefert  von  Piccard  &  Fielet  in  Genf. 


Das  W a es ekk r a  rr- üi.ek tri z it äts werk  am  Dbac  bei  Avighoitoet.  505 

Abb.  108.    Ansieht  den  Maschinen  anale«. 


Abb.  109.    Ansicht  einer  Turbine  v 


Jede  Turbine  ist  mit  ihrem  Generator  durch  Kautschukband kuppelnng  gekuppelt, 
(vergl.    Taf.   LXXIII,  Fig.  3).      Alle    Turbinen    entwässern    in    einen   gemeinschaftlichen 
i,  überwölbten  Turbinenkanal,  welcher  in  einen  offenen  Kanal  ausmündet.   Letzterer 


506 


II.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 


Sa  sei 


»omene 


GREM 


ist  parallel  mit  dem  Fluss  bis  an  eine  Stelle  geführt,  wo  eine  Versandung  der  Ausmün- 
dungsstelle nicht  zn  befürchten  ist. 

Mit  3  Turbinen  waren  1904  Drehstrommaschinen6)  gekuppelt,  welche  je  nach 
der  Schaltung  Dreiphasen-  oder  Einphasenstrom  mit  26000  oder  15000  Volt  und  50  Per. 
liefern  können.  Wie  bei  den  meisten  dieser  Maschinen  ist  der  Anker  fest  and  das 
Magnetrad  beweglich. 

Letzteres  hat  24  Pole.  Das  Gewicht  des  Ankers  sowohl  wie  dasjenige  des  Magnetrades  betragt 
ungefähr  20  t  Mit  Rücksicht  auf  die  Schwierigkeit  des  Transportes  wurden  die  Generatoren  so  zerlegt* 
dass  jeder  zusammenhängende  Teil  der  Maschine  nicht  mehr  als  5  t  wog.  Auf  jeder  Generatorwelle 
sitzt  eine  sechspolige  Erregennaschine  von  50  KW. 

Eine  Turbine  ist  mit  zwei  in  Serie  geschalteten  Gleichstrommaschinen  nach  dem 
System  Thury 6)  gekuppelt,  welche  den  Strom  mit  einer  Spannung  von  2400  Volt  an  den 
Klemmen  des  Schaltbrettes  für  die  vom  Staat  betriebene  Linie  Saint  Georges  de  Commiers- 

La  Mure  abgeben.  Im  Jahre  1904  wurde 
Abb.  110.    ÜbersicKtspian  des  Drac.  zunächst  probeweise  die  7,0  km  lange 

Strecke  La  Motte  -Les  Bains  nach  La 
Motte  d'Aveillans  betrieben7). 

Alle  Hochspannungskabel  gehen 
in  einem  geräumigen  Kabelkanal  zum 
Schaltraum.  Die  Niederspannung»- 
kabel  der  Erregermaschinen  dagegen 
sind  in  kleinen,  im  Maschinenflur  ein- 
gelassenen  und  mit  eisernen  Riffel- 
platten bedeckten  Kanälen  unterge- 
bracht. 

Das  Schaltbrett  für  die  Maschinen  be- 
findet sich  in  Höhe  des  Maschinenflors.  Sa 
ist  eingeteilt  in  sieben  gleiche  Felder,  eins 
für  jede  Maschine  and  in  zwei  Felder,  welche 
die  gemeinsamen  Apparate  tragen.  Bas  zweite, 
in  der  ersten  Etage  aufgestellte  Schaltbrett 
dient  für  die  Fernleitungen.  In  dem  Raum 
hinter  diesem  Schaltbrett  sind  auf  eisernen 
Gerflsten  alle  Schaltungsapparate,  Sicherungen^ 
ölwiderstända  etc.  montiert.  In  den  beiden 
oberen  Etagen  befinden  «ich  die  Überepannnnga- 
und  Blitzschutzvorrichtungen. 

Ein  Dreiphasen -Transformator  tob  50 
KW- Leistung  liefert  den  Strom  für  die  Be- 
leuchtung des  Krafthauses  selbst  and  der  Stau- 
mauer, sowie  für  den  Antrieb  der  Maschinen 
in  der  Reparaturwerkstatt,  der  Pampen  Ar  die 
Turbinenregulierung  and  der  AufzugSYorrick- 
tuog  an  dem  Grundablass  der  Staumauer. 

Die  Fernleitung  ist  zum  grössten  Teil  auf  eisernen  Masten,  zum  kleineren  Teil 
auf  Holzmasten  geführt.  Die  normale  Entfernung  der  eisernen  Masten  beträgt  60,0  m, 
diejenige  der  hölzernen  Masten  35,0  bis  40,0  m.  Die  grösste  Spannweite  zwischen  zwei 
Masten  von  160,0  m  wurde  bei  Überführung  der  Fernleitungen  über  den  Drac  bei  Gre- 

&)  Geliefert  ron  Schneider  k  Co.,  Creosot. 

*)  Geliefert  von  der  Sociäte1  de  l'Indnstrie  Alectrique  et  Mecaniqae  in  Genf. 
?)  An  der  Station  La  Motte-Lee  Bains  moss  man  aussteigen,  wenn  man  die  Anlage  Avignonnet 
besichtigen  will. 


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§  24.  Das  Wassebkbaft-Elektrizitätswerk  Jonage-Cusset-Lyon.  507 

noble  nötig.  Die  Holzmasten  sind  1,50  m  in  den  Boden  eingelassen  und  an  weicheren 
Stellen  mit  einem  Betonfundament  versehen.  Die  normale  Tiefe  der  Fundierung  der 
eisernen  Masten  ist  1,80  m;  sie  wird  grösser  bei  den  Masten  von  grösserer  Spannweite 
(vergl.  Kap.  III.  7.  Fernleitungen).  Die  Gesamtlänge  der  Hochspannungsleitungen  betrug 
1904  200)0  km,  diejenige  der  Verteilungsleitungen  zu  drei  Drähten  300  km. 

Im  Verteilungsnetz  wird  für  Kraftzwecke  der  Strom  auf  2000,  1000  und  500  Volt 
herabtransformiert.    Das  Licht  wird  im  Dreileitersystem  mit  2  mal  250  Volt  verteilt. 

Über  die  Anlagekosten  sind  bereits  S.  242/243,  Tabelle  I  Angaben  gemacht. 

Erwähnt  sei  noch,  dass  der  elektrische  Teil  des  Krafthauses  256445  Frs.  gekostet  hat,  d.  h. 
pro  installierte  Turbinen-PSe  36,6  Frs.  oder  29,6  Kk.  Das  FernleitungBnetz  hat  zusammen  2118550,  die 
Transformatorenstellen  280658  Frs.  gekostet  Diese  Zahlen  sind  hier  beigefügt,  um  das  Verhältnis  der 
Kosten  des  Leitungsnetzes  zu  den  Gesamtkosten  zu  kennzeichnen.  Die  Fernleitung  auf  Holzmasten  mit 
drei  Drähten  hat  durchschnittlich  8000  Frs.  pro  km  gekostet,  diejenige  auf  eisernen  Masten  mit  sechs 
Drahten  6—8000  Frs.  (vergl.  die  Angaben  in  Tab.  X,  3.  264). 

Zum  Schlüsse  sei  hier  noch  bemerkt,  dass  aufwärts  der  Anlage  Avignonnet  im 
Gebiete  des  Departements  Isere  auf  einer  Strecke  von  21,5  km  noch  3  Kraftanlagen 
projektiert  sind  (vergl.  Abb.  110)  und  zwar  eine  bei  Ponsonnas  von  9000  PS«  bei  klein- 
stem Wasser  und  von  20000  PS6  bei  Mittelwasser.  Diese  Kraft  soll  gewonnen  werden 
durch  Errichtung  einer  im  ganzen  54,0  m  hohen  Staumauer.  Die  zweite  Anlage, 
genannt  nach  der  Örtlichkeit  „Des  Chambonsu,  in  der  Nähe  des-  Ortes  Quet  und  6  km 
oberhalb  der  ersten  Anlage,  soll  entweder  durch  eine  zweite  Staumauer  von  40,0  m  Höhe 
oder  durch  ein  kleineres  Wehr  und  durch  einen  2550,0  m  langen  Seitenkanal  6000  PS« 
und  die  letzte  Anlage,  4,5  km  aufwärts  der  zweitgenannten,  soll  eine  Kraft  von 
10000  PS«  bei  67,0  m  Druckhöhe  hergeben. 


§  24.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Jonage-Cusset-Lyon 

der  Soci^td  Lyonnaise  des  Forces  Motrices  du  Rhone. 

Hierzu  8  Tafeln  XXX  VIII— XL  i). 

Diese  Anlage  gehört,  was  Umfang  und  die  Schwierigkeit  der  wasserbaulichen 
Arbeiten  anbetrifft,  zu  den  interessantesten  in  Europa.  Die  Idee,  die  natürlichen  Kräfte 
der  Rhone  oberhalb  Lyons  auszunützen,  rührt  von  dem  Ingenieur  M.  J.  Raclet  in 
Lyon  her. 

Durch  Gesetz  vom  9.  Juli  1892  (vergl.  S.  37)  wurde  einem  vorbereitenden 
Syndikate  die  Konzession  auf  99  Jahre  erteilt  und  im  Dezember  1893  auf  die  oben 
genannte  Gesellschaft  übertragen.  Die  grossartige  Kanalanlage  ist  bekannt  unter  dem 
Namen  „Canal  de  Jonage",  so  genannt  nach  dem  Orte,  in  dessen  Nähe  der  Zufuhrungs- 
kanal aus  der  Rhone  abzweigt.  Im  Frühjahr  1894  sind  die  Arbeiten  begonnen  und  im 
Jahre  1902  ist  das  ganze  Werk  vollendet.  Ein  Teilbetrieb  ist  schon  im  Jahre  1898 
eröffnet1).    Die  Konzession  gestattet  bei  N.W.  aus  der  Rhone  100  cbm/sek.   zu   ent- 


i)  Die  Tafeln  und  Abb.  sind  nach  der  Veröffentlichung  von  Ren  6  Chauvin,  Constructions 
du  Canal  de  Jonage»  Paris  1902,  Beraager  Editeur,  angefertigt 

*)  Die  definitiven  Projekte  stammen  von  dem  Ingenieur  en  chef  des  ponts  et  chaussees  M.  A. 
Gotteland  und  seinem  Mitarbeiter  dem  Ingenieur  RenlChauvin  her,  und  unter  der  Oberleitung  dieser 
beiden  Mlnner  ist  auch  das  grosse  Werk  durchgeführt  (vergl.  S.  25). 


506  IL    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

• 

nehmen,  steigend  bei  höheren  Wasserständen  bei  einer  Wasserführung  von  600  cbm/sek. 
nnd  mehr  in  der  Rhone  bis  zum  Höchstbetrage  von  150  cbm/sek.  Da  durch  die 
Wasserentnahme  die  Schiffahrt  auf  der  Rhone  bei  N.W.  beeinträchtigt  werden  würde, 
ist  in  der  Konzession  die  Schiffbarmachong  des  Kanals  vorgeschrieben.  Die  Differenz 
des  Rhonewasserspiegels  zwischen  der  Abzweigung  des  Werkkanals  und  der  Ausmündnng 
des  Unterwasserkanals  schwankt  durchschnittlich  zwischen  13,25  und  14,60  m  und  hält 
sich  während  800  Tagen  im  Jahr  auf  ungefähr  14,0  m. 

Die  Gesamtlänge  des  Werkkanals  beträgt  18,850  km.  Er  folgt  mit  seinem  linken 
Ufer  dem  Fasse  eines  Hagels,  welcher,  als  die  Rhone  noch  unreguliert  war,   die  linke 
Grenze  des  Inundationsgebietes  dieses  Flusses  bildete.    Bei  Km  15,780  liegt  das  Kraft- 
haus,  sodass  auf  den  Unterwasserkanal  eine  Länge  von  3,070  km  entfallt.    Der  Bim- 
lauf  ist  offen  und  die  oberen  5,575  km  stehen  in  freier  Verbindung  mit  der  Rhone. 
Bei  Km  5,575  liegen  die  Regulierungsschützen,    Zwischen  Km  9,0  und  11,500  ist  unter 
Benutzung  der  natürlichen  Terrainformation,  da  hier  der  Fuss  des  Hügels  weiter  von 
der   Kanalachse   zurücktrat,    ein   Staubecken  von   150,0  ha   Oberfläche   gebildet,    ans 
welchem  man  bei  einer  Ausnutzung  von  rd.  1,30  m  der  Füllhöhle  schon  1900000  cbm 
Zuschusswasser    entnehmen    kann.     Dieses    Staubecken,    dessen    Gesamtfassungsraum 
4000000  cbm  beträgt,   dient  zugleich   zur  Ablagerung   der  Geschiebe  und  Sinkstoffe. 
Das  Profil  des  Kanals  erweitert  sich  unterhalb  des  Staubeckens  derartig,  dass  es  bei 
der  normalen  Wassertiefe  von  2,5  m  und  einem  Sohlengefälle  von  0,10°/oo  208  cbm/sek. 
fuhren  kann,   während   die  Normalprofile  aufwärts  unter  denselben  Bedingungen   für 
120  cbm/sek.  berechnet  sind  (vergl.  Taf.  XXX VIII,  Fig.  3—5).    Die  normale  Sohlen- 
breite des  Werkkanals  beträgt  bis  zum  Staubecken  60,0  m,  abwärts  desselben  105,0  m. 
Sie  erweitert  sich  aber  z.  T.  bis  auf  200,0  m,  wo  der  Fuss  des  Hügels  am  linken  Ufer 
weiter  von  der  Kanalachse  zurücktritt  und  man  diesen,  unter  Ersparung  des  Dammes, 
als  linke  Kanalbegrenzung  benutzte.    Die  normale  Sohlenbreite  des  Unterwasserkanals 
beträgt  70,0  m;   die  Sohle   desselben  ist  auf  seiner  ganzen  Länge  nahezu  horizontal. 
Die  Böschungen  des  Zufuhrungskanals  sind  da,  wo  sie  im  Auftrag  liegen,  innen  und 
aussen  1 : 3  angelegt.    Auch  im  Einschnitt  ist  meistens  dieses  Neigungsverhältnis  fest- 
gehalten und  nur  auf  der  Strecke  zwischen  dem  Einlauf  und  dem  Regulierungswerke 
ißt  auf  der  linken  Seite,  wo  das  angeschnittene  Terrain  genügende  Standsicherheit  bot 
und  nur   auf  kurzen  Strecken  Auftrag  nötig   wurde,    aus  Ersparnisrücksichten   eine 
Neigung  von  1 : 2  angenommen.    Zur  weiteren  Verstärkung  der  Böschungen  sind  50  cm 
über  dem  normalen  N.W.  und  ebensoviel  über  dem  normalen  H.W.  Bermen  von  0,50  m 
Breite   angelegt.    Auf  der  9,0  m   breiten  Krone   des  rechten  Dammes  ist  ein  6,0  m 
breiter  Treidelweg,  auf  der  linken  Seite  ein  solcher  von  3,0  m  Breite  vorgesehen.    Auf 
der  ersten  Strecke  bis  zu  den  Regulierungsschützen  liegt  die  Krone  1,0  m  über  dem 
höchsten  ELW.  der  Rhone,  welches  auf  +  184,55  angenommen  wurde. 

Überall  da,  wo  die  Sohle  im  Einschnitt  aus  kiesigem,  durchlässigem  Material 
bestand,  hat  man  dieselbe  0,50  m  tiefer  unter  der  profilmässigen  Höhe  ausgehoben,  um 
durch  Ablagerung  von  Schlick  die  Dichtigkeit  allmählich  zu  erzielen,  ohne  das  Normal- 
profil durch  diese  Ablagerung  einzuschränken.  Der  Unterwasserkanal  liegt  ganz  im  Ein- 
schnitt. Die  beiderseitigen  Böschungen  sind  1 : 2  angelegt  mit  einer  Berme  von  0,50  m 
Breite  in  Höhe  des  NW. 

An  der  Stelle  der  Abzweigung  des  Kanals  war  die  Rhone  am  linken  Ufer  durch 
steinerne  Parallelwerke  eingefasst.  Der  Werkkanal  liegt  hier  auf  einer  Länge  von 
1800,0  m  in  einem  alten  Flusschlauch,  welcher  durch  das  Parallelwerk  abgeschnitten  war. 
Taf.  XXXYHI,  Fig.  7  zeigt  den  Lageplan  des  Einlaufs.    Das  N.W.  der  Rhone  liegt  am 


§  24.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Jonage-Cüsset-Lyon.  509 

Einlauf  auf  +179,00,  das  höchste  H.W.  der  Rhone  auf -f  184,55.  Das  erwähnte 
Parallelwerk  wurde  bis  auf  -f-  176,0  abgetragen,  d.  h.  bis  zur  beabsichtigten  Sohlenhöhle 
des  Kanals  und  bildet  in  dem  Zustande  noch  einen  Schutz  gegen  Auskolkungen  bei 
H.W.  Im  Zuge  der  Kanalachse  ist  im  Flusse  auf  500,0  m  Länge  eine  Rinne  aus- 
gebaggert, welche  sich  in  einem  Gefälle  von  5%o  nach  dem  Kanal  zu  neigt  und  den 
Zweck  hat,  bei  N.W.  das  Wasser  der  Rhone  zum  Kanaleinlauf  hinzuführen  und  für  die 
Schiffahrt  die  nötige  Wassertiefe  zu  schaffen.  Zur  Erhaltung  dieser  Rinne  werden 
natürlich  während  des  Betriebes  wiederholt  Baggerungen  nötig  sein.  Der  Kopf  des 
rechten  Kanaldammes  am  linken  Rhoneufer  ist  durch  starke  Steinpackungen  und  durch 
Mauerwerk  sehr  solide  befestigt  (vergl.  Tat  XXXVIII,  Fig.  7  und  8). 

Der  höchste  Wasserspiegel  im  Kanal  hinter  den  Regulierungsschützen  soll  projekt- 
mässig  4,55  m  unter  dem  höchsten  Wasser  der  Rhone  am  Einlauf,  also  auf  + 180,0 
liegen.  Dieses  Gefalle  bleibt  für  die  Kraftzwecke  unausgenützt.  Infolgedessen  hätte  man 
auch  die  Krone  der  Ufer  hinter  den  Regulierungsschützen  auf  +  181,50  erniedrigen 
können.  Zur  Sicherheit  hat  man  aber  die  erste  Strecke  hinter  den  Regulierungsschützen 
bis  zum  Überlauf  bei  Km  8,600  auf  +  182,0  gelegt,  um  für  den  Fall,  dass  aus  irgend 
welchen  nicht  vorherzusehenden  Gründen  die  Regulierung  der  Schützen  nicht  vorschrifts- 
massig erfolgen  sollte,  ein  Überfluten  des  flusseitigen  Dammes  zu  verhindern.  Rechnungs- 
mässig  ergab  sich  bei  N.W.  (+ 179,00  am  Einlauf)  ein  Gefällverlust  bis  zum  Kraft- 
hause von  0,40  m,  bei  gewöhnlichem  H.W.  ein  Gefallverlust  (+ 181,30  am  Einlauf  und 
150  cbm/sek.  im  Kanal  und  I>  600  cbm/sek.  in  der  Rhone)  von  0,22  m,  wenn  man  die 
über  das  normale  Kanalprofil  hinaus  vergrösserten  Querschnitte  berücksichtigte  und  die 
Formeln  für  die  dauernd  ungleichförmige  Bewegung  des  Wassers  (vergl.  Kap.  III,  §  1, 
A.  Wehre)  zugrunde  legte. 

Unter  Berücksichtigung  der  Gefällverluste  im  Unterwasserkanal  und  an  dem  Regulierungswerk 
worden  an  den  Turbinen  folgende  Nutzgef&lle  durch  Rechnung  ermittelt: 

1.  Bei  N.W.  and  beim  Beginn  des  Betriebes  der  Turbinen  bezw.  bei  ganz  kleinem  Konsum: 
179,00—166,00=18,0  m. 

2.  Bei  N.W.  und  einem  Verbrauch  von  175  cbm/sek.  an  den  Turbinen  =  11,99  m. 

3.  Bei  N.W.  und  nach  4 standigem  maximalem  Konsum  der  Turbinen,  wodurch  das  Ober- 
wasser im  Kanal  an  dem  Krafthause  um  0,75  m  gesenkt  wird  =  11,24  m. 

4.  Bei  gewöhnlichem  H.W.  beim  Beginne   des  Betriebes   oder  bei  ganz  kleinem  Konsam: 
180,00  — 168,00  =  12,0  m. 

5.  Bei  gewöhnlichem  H.W.  und  einem  Konsam  von  208  cbm  =  11,65  m. 

Ganz  ausnahmsweise  kann  bei  höchstem  H.W.  das  NatzgefAlle  am  Maschinenhaus  auf  8,50  m 
zurückgehen. 

Für  die  Herstellung  des  Kanals,  einschliesslich  des  Aushubs  für  die  Bauwerke,  sind  im  ganzen 
4950000  cbm  Boden  bewegt  Aus  der  Massenberechnung  ergab  sich  die  Zweckmassigkeit  der  Einteilung 
in  2  Lose.  Auf  der  ersten  Kanalstrecke  (Los  1)  glichen  sich  Auftrag  und  Abtrag  so  ziemlich  aus, 
auf  der  zweiten  sind  die  Dämme  des  Werkkanals  aus  dem  Aushubmaterial  beim  Unterwa89erkanal 
gebildet  worden.  Der  Aushub  erfolgte  bis  zu  einer  Tiefe  von  2,0  m  meistens  von  Hand  und  der  Trans- 
port auf  Schienengeleisen  mit  Lokomotiv-  und  Pferdebetrieb.  Für  den  weiteren  Aushub  sind  Trocken- 
bagger und  für  die  tieferen  Aushübe  unter  dem  Grund-  bezw.  Rhonewasser  —  insonderheit  an  der 
Aus-  und  Einmündung  des  Kanals,  sowie  in  der  Rhone  selbst  und  beim  Aushub  der  tiefen  Baugruben 
am  Krafthaas  —  sind  Schwimmbagger  verwendet.  Für  den  Kubikmeter  Aushub  sind  0,89—0,90  Frs. 
gezahlt  worden.  Die  den  Unternehmern  wirklich  entstandenen  Kosten  verteilten  sich  zu  28,08  °/o  auf 
den  Aushub  und  das  Beladen  der  Transportgeräte,  85,96%  auf  den  Transport,  85,96  °/o  auf  das  Entladen 
und  Einbringen  des  Bodens  am  Bestimmungsort. 

Von  der  grössten  Wichtigkeit  war  natürlich  die  Dichtung  des  Kanals.  Um  die- 
selbe zu  erzielen,  wurden  zunächst  mit  grösster  Sorgfalt  überall  dort,  wo  Dämme  zu 


510  IT.     Theodor  Koehn.     Ausbau  von  WiSBERKRÄFrEM.     Beispiele. 

«faüUeu  waren,  Pflanzen  and  Wurzeln  und  alle  weichen  und  erdigen  Bestandteile  ent- 
fernt and  dann  die  Grundfläche  des  Dammes  mit  Barken  und  Hacken  aufgerissen.  Am 
inneren  Dammfusse  ist  überall  eine  6,0  m  breite  und  0,30  m  tiefe  Grube  ausgehoben, 
un  der  Dammböschung  den  nötigen  Halt  zu  geben.  Wo  weicheres  Terrain  getroffen 
wurde,  besonders  an  Sümpfen  und  Kolken  und  bei  alten  Bachläufen,  sind  die  Baugruben 
für  die  Lagerfläche  des  Dammes  bis  auf  festen  Ton  oder  Kies  ausgegraben  und  zwar 
in  der  ganzen  Breite  des  Dammes.  Wo  über  die  Tragfähigkeit  des  Untergründe«  nur 
Zweifel  obwalteten,  begnügte  man  sich  auch  wohl,  mehrere  parallele  Graben  bis  anf  den 
festen  Ton  oder  Kies  herunterzutreiben.  Dieselben  wurden  dann  an  ihren  Enden  unter- 
einander verbunden  und  mit  sandigem  Lehm,  welcher  mit  pulverisiertem  hydraulischem 
Kalk  gemischt  wurde,  ausgefüllt.  Die  Dammschüttung  erfolgte  in  drei  Zonen,  in  welchen 
das  beim  Aushub  gewonnene  Bodenmaterial  je  nach  seiner  Beschaffenheit  untergebracht 
wurde  (vergl.  Abb.  111). 

FBt  Zone  I  wurde  sandiger  Lehm  verwendet  [80*/«  Lehm  und  70*/*  Sand).  Dieter  Boden  ward« 
in  Lagen  von  10  cm  aufgebracht  and  mit  pulverisiertem  hydraulischem  Kalk  (16  1  anf  l  cbm)  beetroart 
und  dum  mit  einet  schweren  eisernen,  an  ihrem  Umfsug  kannelierten  Zylinderwalze  komprimiert,  wo- 
durch zn  gleicher  Zeit  eine  energische  Mischung  des.  Kalkes  mit  dem  Boden  herbeigeführt  wurde.  Beim 
Walzen  wurde  durch  Besprengung  mittelst  Wasserwegen  der  Boden  im  Bedarfsfälle  angefeuchtet.  Das 
Zusammenpressen  wurde  im  allgemeinen  so  Inage  fortgesetzt  bis  die  10  em  starke  Schicht  auf  5  cm 
znaam man gepresst  war.  Wenn  der  fttr  Zone  I  gewonnene  Boden  zu  lahmig  war  oder  wenn  bei  feucht— 
Wetter  die  Bewegung  der  Wslzsn  unmöglich  wnrde,  verwendete  man  eine  Stampfmsaehine,  bei  welcleer 
durch  Dampfkraft  zwei  auf  einem  dreirädrigen  Wegen  befestigte,  schwere  eiserne  Stampfen  anf  and  ah 

Abb.  111.    Dammschüttung  der  Anlage  Jon sge-Cusset- Lyon. 


bewegt  wurden  (vergl.  Tal  L11I,  Fig.  11—14).  Di«  schwersten  Walzen  hatten  ein  Gewicht  von  7  t  aad 
worden  mit.Dampf  betrieben.  Die  erwähnten  Stampfen  hatten  eine  Stampfflsche  von  0,20  m.0,35  m. 
Die  anf  den  Boden  ausgeübte  Pressung  beim  Herabfallen  betrog  pro  qem  etwa  1,78  kg.  Bei  Verwen- 
dung der  Stampfen  musate  der  aufgestreut«  Kalk  invor  durch  Eggen  mit  dem  Boden  gemischt  werde». 
Wo  diese  schweren  Maschinen  der  Bodenbeschsffenheit  wegen  nicht  mehr  funktionierten,  verwendete 
man  Waisen  von  1000  kg  (vergl.  Taf.  Uli,  Fig.  8  und  9),  welche  von  Pferden  gezogsn  worden.  Die 
so  hergestellte  Schicht  erreichte  nach  Abbinden  dos  Kalkes  dis  Festigkeit  nnd  Hirt«  einer  Chaosoee- 
decke  und  hat  sich  auch  als  genügend  wasserdicht  erwiesen. 

In  der  Zone  II  Abb.  111  wnrde  Lehm,  welcher  für  die  erste  Zone  so  fett  oder  zu  mager  be- 
funden wurde,  feiner  Sand  und  mit  Kies  gemischte  Erde  untergebracht  nnd  dieses  Material  in  Lagos 
von  40  cm  aufgebracht  Die  Schichten  wurden  gleichfalls  mit  den  leichteren  Walzen  oder  mit  Hand- 
stampfen gestampft,  soweit  eis  nicht  durch  die  Trsnsportgeleiae  schon  genügend  zusammen  gepresst  waren. 
In  der  dritten  Zone  wurde  Sand  und  Kias  untergebracht,  ohne  such  gemischten  Boden  dafür  ansxo- 
schlieasen.  Dieses  Msterial  wurde  in  Lagen  von  60  cm  geschattet  und,  ds  es  wenig  xasammenpressbsr 
war,  konnte  man  besondere  Maaaregsln  zur  Verdichtung  enthehren.  Nur  die  erste  Schicht  Ober  dem 
Terrain  wurde  in  Hohe  von  20  cm  aufgebracht  und  mit  Walzen,  um  eine  gute  Verbindung  herzustellen, 
soweit  tunlich  in  den  natürlichen  Boden  hineingedruckt. 

Zum  Schutze  gegen  die  Angriffe  des  fliessenden  Wassers  und  der  Wellen  bei 
Schiffahrt  sind  die  Böschungen,  soweit  nicht  an  besonderen  Stellen  eine  noch  solidere 
Befestigungsart  gewählt  werden  musste,  0,5  m  unterhalb  und  2,0  m  oberhalb  der  ersten 
Herme  mit  Faschinen  und  Steinschüttung  gesichert.    Stellenweise  und  besonders  auf  der 


§  24.  Das  Wabserkbaft- Elektrizitätswerk  Jonage-Cubsbt-Ltok.  511 

ersten  Strecke  des  Kanals  sind  die  Böschungen  und  zum  Teil  auch  die  Sohle  mit  Zement- 
platten oder  Hohlziegel  abgedeckt. 

Ende  des  Jahres  1897  wurde  probeweise  der  Kanal  zum  erstenmal  gefüllt  und 
zwar  gelegentlich  eines  Hochwassers.  Dabei  zeigten  sich  an  zwei  Stellen  Undichtigkeiten. 
Ungefähr  168,0  m  aufwärts  des  Krafthauses  drang  das  Wasser  durch  den  Fuss  des  rechts- 
seitigen Dammes,  welcher  hier  eine  beträchtliche  Höhe  von  beinahe  10,0  m  hatte,  nach 
aussen.  Man  hat  deshalb  nach  Trockenlegung  des  Kanals  auf  etwa  3,0  km  Länge 
Betonmauern  von  mindestens  3,0  m  Tiefe  unter  der  Kanalsohle,  einer  Neigung  von 
1 : 1/s  und  einer  Stärke,  welche  etwa  einem  Drittel  der  Höhe  entsprach,  am  inneren 
Dammflus8  angelegt  und  auf  diese  Betonmauer  gestützt  bis  zur  Höhe  von  ca.  2 — 2,50  m 
eine  0,20  m  starke  Bekleidung  der  Böschung  mit  Beton  angebracht.  Das  Loch  der  Bau- 
grube vor  der  Betonmauer  wurde  mit  sandigem  Lehm,  vermischt  mit  hydraulischem 
Kalk,  ausgefüllt.  Eine  zweite  Undichtigkeit  zeigte  sich  an  der  oberen  Stirnmauer  der 
an  dem  Maschinenhause  belegenen  Doppelschleuse.  Auch  hier  hat  man  am  Fusse  des 
Dammes  in  ähnlicher  Weise  eine  Betonmauer  errichtet,  diese  mit  dem  Mauerwerk 
der  Schleuse  verbunden  und  desgleichen  auf  etwa  500,0  m  Länge  die  Böschung  mit 
einer  Bekleidung  aus  Beton  versehen. 

Etwa  150,0  m  vom  Kanaleinlauf  entfernt  hatte  das  Hochwasser  vom  Januar  1899 
zum  Teil  den  linksseitigen  Damm  überflutet  und  beschädigt,  da  es  die  bisher  als  höchstes 
Hochwasser  angenommene  Kote  von  -f-  184,55  um  0,65  m  überschritt.  Man  zog  hieraus 
die  Konsequenz,  dass  man  nachträglich  an  dieser  Stelle  den  Damm  auf  ca.  1  km  Länge 
um  3,0  m  abtrug  und  seine  Krone  damit  in  die  Höhe  des  dort  anschliessenden  Terrains 
legte.  Durch  eine  solide  Steinpflasterung  in  Zement  auf  einer  Betonunterlage  wurde 
der  Damm  an  der  Stelle  befestigt  und  so  ein  weiterer  Überlauf  zur  Zunickführung  des 
Hochwassers  in  die  Rhone  geschaffen. 

Die  äusseren  Böschungen  der  Kanaldämme,  sowie  die  inneren  Böschungen  über 
dem  höchsten  Wasser  sind  mit  dem  bei  Beginn  des  Aushubs  gewonnenen  erdigen 
Material  gedeckt  und  dann  mit  Weiden  und  Akazien  bepflanzt.  Stellenweise  hat  man 
auch  den  äusseren  Fuss  des  rechten  Dammes  mit  kleinen  Trockenmauern  geschützt 
und  das  durchfeuchtete  naturliche  Terrain  durch  Drainagen  oder  auch  durch  mit  Steinen 
ausgefüllte  Gräben  trocken  gelegt.  Um  das  Terrain  ausserhalb  des  rechten  Dammfusses 
nach  Überflutungen  bei  Hochwasser  möglichst  schnell  wieder  trocken  zu  legen,  ist  stellen- 
weise in  einer  Entfernung  von  rd.  50,0  m  vom  Dammfusse  ein  breiter  Graben  gezogen, 
welcher  an  passenden  Stellen  mit  der  Rhone  in  Verbindung  steht. 

Wie  bereits  erwähnt  liegen  bei  5,575  km  die  Regulierungsschützen  und  daneben 
eine  Schiffahrtsschleuse.  Das  Bauwerk,  welches  die  Regulierungsschützen  enthält,  soll 
verschiedenen  Zwecken  dienen,  nämlich  erstens,  das  Hochwasser  vom  Kanal  abzuhalten  und 
unter  Umständen  die  Trockenlegung  der  ganzen  Kanalstrecke  zu  ermöglichen  und  zweitens 
die  in  den  Kanal  einzulassende  Wassermenge  zu  messen  und  die  Wasserhöhe  in  dem- 
selben zu  regulieren.  Das  nach  dem  ursprünglichen  Plan  ausgeführte  Bauwerk  ist  am 
28.  April  1899  beim  Hochwasser  der  Rhone  zerstört  worden  und  an  seiner  Stelle  be- 
findet sich  jetzt  im  Kanal  eine  Anlage,  welche  gegenüber  dem  ursprünglichen  Projekt 
wesentlich  verstärkt  ist  (vergl.  Abb.  12  und   Taf.  XXXIX). 

Die  ursprüngliche  Anlage  bestand  aus  einer  Mauer  von  10,61  m  Hohe  und  188,50  m  Länge, 
welche  auf  einem  zusammenhängenden  Betonfundament  von  8,5—4,0  m  Dicke  ruhte.  Die  Krone  lag 
1,50  m  über  dem  höchsten  H.W.  und  hatte  eine  Breite  von  2,5  m.  Die  höchste  Druckhöhe  betrug  8,0  m. 
Den  Querschnitt  zeigt  Taf.  XXXIX,  Fig.  2.  Zur  Vermittelung  des  Wasserdurchganges  waren  22  kreis- 
runde Schützenöffnungen  in  der  Mauer  angebracht,  welche  mit  gusseisernen  Schützentafeln  geschlossen 


IL     Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Beispiele. 


l   Sckfllm«*- 
igen  waren  da- 


bei N.W,  w«m 
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k  reis  förmig*  Vor- 
deröffnung  war 
mit  einem  Brak- 


§    24.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Jonage-Cusset-Lyon.  513 

Material  legte.  Die  Schützen  wurden  beiderseitig  in  Schlitzen  geführt,  in  welche  sie  durch  recht- 
winklige Verlängerungen  hineinragten.  Diese  Schätzen  ans  Gusseisen  haben  sich  nicht 
bewährt,  da  mehrere  von  ihnen  durch  den  Stoss  des  Wassers  gebrochen  sind 

Die  Sperrmauer  der  Kegnlierungsschtttzen  war  innen  ans  Bruchsteinen  hergestellt  nnd  an  den 
äusseren  Flachen  mittelst  sorgfaltig  bearbeiteter  Hausteine  verblendet  und  war  so  berechnet,  dass  bei 
einer  Wasserspiegel -Differenz  von  8,0  m  die  Kantenpressung  nur  3,94  kg  pro  qcm  betrug.  Bei  der 
Berechnung  waren  die  vor  der  Mauer  liegenden  Pfeiler  ausser  Ansatz  geblieben. 

Es  ist  auch  keineswegs  die  mangelnde  Festigkeit  der  Mauer  gewesen,  welche  den 
Unfall  herbeigeführt  hat,  sondern  der  ungenügende  Anschluss  der  Mauer  an 
das  linke  Ufer.    Zum  Schutze  gegen  Unterspülung  war  nach  den  Erfahrungen  bei 
der  ersten  Füllung  im  Jahre  1897   unterhalb  der  Sperrmauer  noch  eine  3,5  m  dicke' 
Grundmauer  aus  Beton  mittelst  Pressluftfundierung  bis  in  den  festen  Mergel,  d.  h.  9 — 10,0  m 
unter  die  Flussohle  heruntergetrieben.    Diese  Grundmauer  ruht  auf  6  genieteten  eisernen 
Caissons  von  je  ca.  21,80  m  Länge,  welche  an  Ort  und  Stelle  auf  der  trockenen  Kanal* 
sohle  montiert  und  dann  allmählich  heruntergetrieben  wurden.    Sie  endigte  aber  beim 
linken  Uferpfeiler  und   der  Anschluss   des  Bauwerkes  an   das  Ufer   war  nur  noch   im 
Zuge  der  Hauptsperrmauer  durch  eine  ca.  10,0  bis  12,0  m  lange  Flügelmauer  gesichert, 
deren  Fundierung  nicht  tiefer  ging,  als  die  Fundierung  der  Sperrmauer  selbst.     Die 
Böschungen  der  Ufer  waren  50,0  m  oberhalb  und  unterhalb  der  Sperrmauer  mit  einem 
Mauerwerk  aus  Bruchsteinen. in  Zementmörtel  befestigt.    Aufwärts  der  Sperrmauer  war 
die  Sohle  des  Kanales  auf  einer  Länge  von   83,0  m  und  abwärts   auf  einer  solchen 
von  150,0  m  mit  Beton  in  einer  durchschnittlichen  Stärke  von  0,20 — 0,25  m  gedichtet, 
um  den  Druckverlust  etwaiger  Wasseradern,  welche  sich  unter  der  Betonsohle  bilden 
sollten,  soweit  zu  vergrössern,  dass  ein  Mitführen  von  Boden  ausgeschlossen  erschien. 
Diese  Sohlenbefestigungen    griffen    in  Entfernungen   von  8,0  bis  10,0  m  durch  kleine 
0,50  m  breite  und  0,30 — 0,40  m  tiefe  Grundmauern  in  die  Kanalsohle  ein  und  waren  am 
Anfang  und  am  Ende  durch  je  eine  0,80  m  breite  und  1,40—1,50  m  tiefe  Grundmauer 
abgeschlossen.    Um  die  Dichtigkeit  dieser  Betonplatte  zu  erhöhen,  hatte  man  sie  nach- 
traglich noch  mit  einem  Belag  von  Gussasphalt  in  einer  Dicke  von  l1/*  cm  versehen, 
imd  letzteren,  oberhalb  der  Sperrmauer,  noch  einmal  mit  einer  Betonlage  von  10  cm 
Stärke,  unterhalb  mit  einer  Steinpflasterung  bedeckt.    Hätte  man  die  Hauptgrundmauer 
in  der  erwähnten  Tiefe  von  10,0  m  unter  der  Kanalsohle  von  vornherein  etwa  30,0  m 
in  das  rechte  Ufer  eingreifen  lassen  und  sie  innerhalb  des  Dammes  bis  zum  Wasser- 
spiegel erhöht,  so  wäre  der  Unfall  sicher  nicht  eingetreten.    Tatsächlich  hat  sich  aber 
beim  H.W.  1899  bei  einem  Wasserdruck  von  nur  5,0  m  am  linken  Ufer  eine  Wasserader 
gebildet  (vergl.  Taf.  XXXIX,  Fig.  1)  welche  sich  bald  erweiterte,  am  28.  April  die  links- 
seitige Ankermauer  zum  Sacken,  die  Uferbefestigungen  zum  Teil  zum  Einsturz  brachte 
und  schliesslich  den  Boden  unter  der  Sperrmauer  auf  fast  2/a  ihrer  Länge  soweit  weg- 
spülte,  dass    eine    horizontale   Fuge    in    der  Sperrmauer   entstand.      Da   man   mit   8 
Schützen  für  den  Betrieb,  welcher  damals  noch  verhältnismässig  klein  war,  vorläufig 
auskommen  konnte,  so  schüttete  man  zunächst  an  dem  beschädigten  Teil  der  Sperrmauer 
aufwärts  und  abwärts  einen  Damm  (vergl.  Taf.  XXXIX,  Fig.  4).    Im  Schutze  dieses 
Dammes  und  eines  Fangedammes  weiter  abwärts,  wurde  dann  die  10,0  m  tiefe  Grund- 
mauer um  30,0  m  in  das  linke  Ufer  hinein  verlängert  und  hinter  dieser  in  einer  Ent- 
fernung von  9,50  m  eine  zweite  Grundmauer  von  4,0  m  Breite,  gleichfalls  mittelst 
pneumatischer  Fundierung  bis  10,0  m  tief  unter  die  Flussohle  heruntergetrieben  (vergl. 
Taf.  XL,  Fig.  1).    Beim  Uferanscbluss  erhebt  sich  auf  der  vordersten  Grundmauer  eine 
massive  Betonwand  bis  zur  Dammkrone.    Auch  die  vordere  Flügelmauer  wurde  bis  auf 

HaadfcMfc  dar  Ing.-WiiMiitth.    III.  Teil.    18.  Bd.  88 


614  II.    Theodor  Koehn^    Aushau  von  Wasserkräften.    Beispiele, 

etwa  30,0  m  verlängert.    Die  im  Betriebe  gebliebenen  8  Öffnungen  des  alten  Bauwerkes 
wurden  mittelst  einer   parallel  zur  Kanalachse  gelegten  Betonmauer  von  3,50  m  Dicke, 
welche  bestimmt  war,   die  beiden  verschieden  ausgeführten  Teile  des  neuen  Bauwerkes 
voneinander  zu  trennen,  von  dem  beschädigten  Teile  abgeschlossen  (vergl.  Tal  XXXIX, 
Fig.  1).  -   Der  zeitweilige  untere  Fangedamm  bestand  aus  Bücken  in  Holzkonstruktion, 
welche  mit  ihren  Grundbalken  auf  der  alten  Betonsohle  des  Kanals  verankert  waren, 
und  welche  auf  ihrer  Vorderfläche  horizontale  Querbalken  und  an  diesen  befestigt  eine 
dicht  schliessende  Wand  aus  Eisenblech  trugen.     Die  hintere  Grundmauer  griff  in  das 
linke  Ufer  soweit  ein,    wie   vor  dem  Bruch  die  vordere  und  schloss  rechtsseitig   an 
die  erwähnte  Trennungsmauer  zwischen  den  beiden  verschiedenen  Teilen  des  neuen  Bau- 
werkes an.    An  beiden  Enden  der  hinteren  Grundmauer  schlössen  gleichfalls  mit  Press- 
luft fundierte  Caissons  den  Raum  zwischen  beiden  Grundmauern  zu  einem  Kasten  ab. 
So  konnte  man  den  Boden  aus  diesem  Kasten  im  Trockenen  ausheben  und  eine  Beton- 
sohle von  2,50  m  Starke  sorgfaltig  einstampfen,  deren  oberer  0,30  m  starker  Teil   aus 
fettem  Zementbeton  (400  kg  Zement  auf  1  cbm  Kies)  in    dünnen  Schichten  aufgebracht 
wurde.    Auf  diesem  Fundament,  bestehend  aus  den  beiden  Grundmauern  und  der  da- 
zwischen   liegenden   Betonplatte,    wurden  die   neuen   Pfeiler  errichtet  und  so  10  neue 
Öffnungen  von  je  4,95  m  Lichtweite  geschaffen.    In  einer  Höhe  von  0,80  m  unter  N.W. 
im  Werkkanal  liegen  die   Unterkanten  zweier  eisenarmierter  Betonwände,  welche   die 
Pfeileröffnungen  gegen  das  Hochwasser  abschiiessen  und '  die  Schiitzenöffnungen   bilden 
(vergl.  Taf.  XL,  Fig.  1).      Die  Entfernung  dieser  armierten  Beton  wände  voneinander 
beträgt  2,30  m;  die   Dicke  jeder  Wand  0,80  m.     Die  Schützenöffnungen  unter  diesen 
Betonwänden  können  durch  zwei  schmiedeeiserne,  viereckige,  kastenförmige  Schätzen 
geschlossen  werden,  welche  sowohl  von  Hand,  als  auch  auf  maschinellem  Wege  zu  be- 
wegen sind.     Durch  diese  zwei  hintereinander  liegende  Schützen  ist  es  möglich,  den 
Druck  auf  die  Vorderfläche  dadurch  zu  verringern,  dass  man  in  dem  Gefalle  zwischen 
Ober-  und  Unterwasser  eine  Stufe  einlegt.    Hinter  der  unteren  eisenarmierten  Betonwand 
ist  die  Pfeileröffnung  auf  einer  Länge  von  6,0  m    durch  ein  Betongewölbe  überdeckt, 
welches  die  Bedienungsbrücke  trägt.    Nach  Fertigstellung  dieses  neuen  Teiles  der  Sperr- 
mauer wurde  längs  der  Schleusenmauer  auf  dem  rechten  Ufer  zunächst  eine  Betonmasse 
von  1,60  m  Höhe  und  11,0  m  Breite  gegen  die  Schleusenmauer  gestampft,  unter  Opfe- 
rung von  zwei  der  Schleusenmauer  zunächst  liegenden,  alten  Öffnungen  (vergl.  Taf.  XXXIX, 
Fig.  1).    Durch  Schliessung  der  alten  Schützen  und  durch  einen  Fangedamm  im  Unter- 
wasser konnte   die  Baugrube  trocken  gelegt  werden.      Alsdann    wurde  auf  der  alten 
10,0  m  tiefen  Grundmauer  eine  3,50  m  breite  Betonmauer  errichtet  und  in  ihr  6  neue 
je  3,50  m  breite  und  2,85  m  hohe  Schützenöffnungen  ausgespart.     An  jede  dieser  Öff- 
nungen schliesst  sich  ein  eisenarmierter  Betonkanal  von  32,50  m  Länge  an  (vergl.  Taf.  XXXIX. 
Fig.  5).     Die  Länge  dieser  Kanäle  wurde  bemessen  nach  der  Länge  der  zeitweiligen 
Dammschüttung  vor  und  hinter  der  alten  Mauer,  welche  sich  inzwischen  auch  beim 
höchsten  H.W.  als  vollkommen  undurchlässig,  also  als  ausreichend  erwiesen  hatte.  Zur  Her- 
stellung dieser  Kanäle  in  einer  vollkommen  trockenen  Baugrube,  wurde  der  Raum  a,  b,  c  d 
(vergl.  Taf.  XXXIX,  Fig.  6)  zwischen  je  zwei  Kanälen  in  der  ganzen  Länge  und  in  einer 
Höhe  von  3,50  m  in  Beton  ausgestampft  und   die  so  entstehenden  Kasten  am  unteren 
Ende   provisorisch    abgeschlossen.     Nach  Fertigstellung   der  Kanäle  wurde    der  Raum 
über  ihnen  gleichfalls  bis  zur  Höhe  von  rd.  3,50  m  mit  Beton  ausgefüllt.    Zur  weiteren 
Belastung  der  Sohle  wurde  dann  diese  Betonmasse  mit  einer  Dammschüttung  von  9,0  m 
Kronenbreite  und  flach  abfallender  Böschung  beschwert. 

Die  6  Öffnungen  dieses  Teils  werden  gleichfalls  durch  viereckige  eiserne  Schützen 


§  24.  Das  Wasserkraft-Elektrizitatswbrk  Jonage-Cusbet-Lyon.  515 

geschlossen,  welche  sowohl  von  Hand  als  auch  mittelst  einer  fahrbaren  Dampflokomobile 
gehoben  und  gesenkt  werden  können,  indem  im  letzteren  Falle  anstatt  durch  Handvor- 
gelege der  Bewegungsmechanismus  durch  eine  Galische  Kette  von  der  Lokomobile  aus 
in  Betrieb  gesetzt  wird  (vergl.  Taf.  LVI,  Fig.  4  und  5  und  Kap.  HI.  3.  Schützen). 
Für  später  ist  noch  eine  dritte  Art  der  Hebung  auf  hydraulischem  Wege  vorgesehen. 
Eine  kleine  Turbinenanlage  mit  Druckpumpe,  welche  das  Druckwasser  liefert,  war  schon 
bei  der  alten  Sperrmauer  neben  der  Schleuse  angelegt  und  ist  erhalten  geblieben  (vergl. 
Taf.  XXXIX,  Fig.  1). 

Nach  Fertigstellung  auch  des  zweiten  Teiles  des  neuen  Regulierungswerkes  wurde  die  alte 
Sperrmauer,  soweit  sie  vor  den  zuerst  beschriebenen  10  neuen  Schtttzenftffnungen  lag,  im  Schatze  eines 
provisorischen  Fangedammes  abgebrochen.  Der  vor  den  sechs  am  rechten  Ufer  befindlichen  neuen 
Öffnungen  liegende  Teil  der  alten  Sperrmauer  ist  erhalten  geblieben  und  es  sind  die  alten  Pfeiler  durch 
Betonmauern  bis  zu  dem  neuen  Bauwerk  verlängert,  so  dass  durch  Schliessung  der  alten  Schützen  und 
Einlegung  von  Dammbalken  am  unteren  Ende  der  nenen  SchützenkanÄle  jede  Öffnung  fttr  sich  bei 
etwaigen  Reparaturen  trocken  gelegt  werden  kann. 

Da  der  Kanal,  wie  bereits  erwähnt,  auch  den  Schiffahrtszwecken  dienen  soll,  so 
musste  neben  dem  Regulierungswerk  eine  Schleuse  angelegt  werden. 

Das  Normalprofil  der  Schleusen  an  der  oberen  Rhone  zeigt  eine  Nutziange  zwischen  den  Toren 
von  160,0  m  und  eine  lichte  Weite  von  16,0  m  und  bietet  einem  Schleppzuge  von  sechs  K&hnen  zu  je 
40,0  m  Lftnge  und  einem  Boot  von  einigen  20,0  m  Länge  Aufnahme.  Da  im  allgemeinen  die  Tendenz 
an  der  oberen  Rhone  mit  Rücksicht  auf  die  schwankenden  Wassertiefen  dahingeht,  die  langen  Kähne 
durch  kürzere  zu  ersetzen,  so  war  in  der  Eonzession  fttr  die  Schleuse  nur  eine  Natzlänge  von  105,0  m 
und  eine  Weite  von  16,0  m  vorgeschrieben.  Die  Lage  der  Schleuse  ist  so,  dass  das  Regulierungswerk 
sich  an  das  Oberhaupt  anschliesst.  Die  ganze  Schleuse  liegt  auf  einer  zusammenhängenden  Betonplat£e 
von  durchschnittlich  3,0  m  Dicke.  Am  Oberhaupt  ist  die  Betonplatte  durch  tieferen  Aushub  auf  4,0  m 
verstärkt.  Die  Seitenwände  der  Schleuse  sind  gleichfalls  in  Beton  ausgeführt  und  mit  Hausteinen  ver- 
blendet. Die  Schützen  zur  Füllung  und  Leerung  der  Turbinen  sind  als  Zylinderschützen  nach  dem 
Typ  Fontaine  ausgebildet,  ähnlich  denjenigen,  welche  in  den  Turbinenkammern  des  Krafthauses  ver- 
wendet sind. 

In  den  beiderseitigen  Schleusenmauern  gehen  Kanäle  entlang,  aus  welchen  mittelst  Seiten- 
öffnungen das:  Wasser  in  die  Schleusenkammer  ein-  und  bei  der  Entleerung  austreten  kann.  Die  Bau- 
grube der  Schleusen  wurde  mittelst  Exkavatoren  bei  einer  durchschnittlichen  Wassertiefe  von  8,5  m 
ausgehoben.  Die  natürlichen  Böschungen  stellten  sich  auf  1 : 2  ein»  Der  Beton  ist  mit  Trichtern  bis 
zu  einer  Hübe  geschüttet,  über  welcher  die  Wassertiefe  höchstens  1,5  m  betrug.  Die  oberste  Lage  des 
Betons  ist  dann  ohne  Trichter  mit  gleitender  Böschung  geschüttet.  Hierbei  wurde  der  Beton  auf  das 
obere,  über  Wasser  befindliche  Plateau  der  bereits  geschütteten  Böschung  in  Lagen  von  10  cm  Höhe 
und  50  cm  Breite  aufgebracht  und  mit  Stampfen  heruntergestampft,  so  dass  der  neuaufgebrachte  Beton 
in  die  alte  Böschung  hineingestossen  wurde.  Auf  diese  Weise  schritt  die  Böschung  allmählich  vor; 
Bedingung  war  hierbei,  dass  die  Arbeit  nicht  unterbrochen  wurde,  damit  die  Vorderböschung  nicht 
abband  und  fest  wurde. 

Die  Stemmtore  der  Schleusen  sind  aus  Stahl  hergestellt.  Die  beiden  Flügel  bilden  einen  Winkel 
von  143°  12'  58".  Jeder  Flügel  ist  8,50  m  breit,  9,05  m  hoch,  0,56  m  dick.  Der  untere  Teil  jedes  Tor- 
flügels von  5,95  m  Höhe  bildet  einen  dicht  geschlossenen  mit  Luft  gefüllten  Kasten,  um  das  Gewicht 
der  Flügel  beim  Öffnen  und  Schliessen  durch  den  Auftrieb  zu  verringern.  Am  freien  Ende  jedes  Tor- 
flügels ist  ein  vertikaler  Holzbalken  befestigt.  Diese  beiden  Holzbalken,  iu  dem  sie  sich  gegeneinander 
stemmen,  bilden  den  Schluss  des  Tores.  Die  Bewegung  der  Tore  geschieht  von  Hand  durch  ein  Vor- 
gelege, welches  auf  eine  kreisbogenförmige,  horizontale  Zahnstange  wirkt. 

Bei  Km  8,600,  wo  der  Kanal  sich  auf  400,0  m  der  Rhone  nähert,  ist  ein  Über- 
lauf angelegt,  um  das  Wasser,  welches  durch  das  Versagen  der  Regulierungsschützen 
etwa  zuviel  in  den  unteren  Teil  des  Kanales  bei  H.W.  gelangen  könnte,  in  die  Rhone 
zurückzuführen.  Es  ist  angenommen,  dass  fünf  Öffnungen  des  Regulierungswerkes  aus 
irgend  welchen  Ursachen  beim  höchsten  H.W.  nicht  mehr  geschlossen  werden  könnten, 
und  man  hat  berechnet,  dass  durch  diese  fünf  Öffnungen  694  cbm/sek.  hindurch  können. 
Der  Überlauf  ist  so  berechnet,  dass  520  cbm/sek.  bei  einer  durchschnittlichen  Überfall- 

38* 


IL     Theodor  Koehn.     Ausbau  ton  Wasserkräften.     Bkibpirle. 


höhe  von  1,50  m 
überfallen     kön- 
nen, sodass  noch 
174  cbm/sek.  in 
unteren  Teile  des 
Kanäle»    rerblei- 
ben.    Diese  Was- 
sermenge kann  im 
Kanal  ohne  Scha- 
den       abgeführt 
werden,  u-die  Dif- 
ferenz    zwischen 
ihr  nnd  dem  Kon- 
sum der  Turbinen 
kann,  soweit  sie 
nicht      in      dem 
^   Staubecken  Auf- 
f     nähme    findet, 
—    durch  die  neben 
"    dem    Krafthao» 
*■    liegendenDoppel- 
Sr    schleusen     leicht 
~    u.  unschädlich  ab- 
8    gelassen   werden- 
?   Der  Überlauf  ist 
§■    durch  fünf  halb- 
5>    kreisförmigeMan- 
T    ern  gebildet,  mit 
pq    einem   Dm.    von 
?     20,0  m  (»ergl.T»/ 
ä   XU,Fig.l,2ond 
3  und  Abb.  113) 
Die  natzbare 
Überfallänge  be- 
tragt     ungefähr 
160,0  m.  Die  An- 
ordnung der  halb- 
kreisförmigen 
Überlaufe  hatden 
Vorzug,   die  ge- 
samte    Baulänge 
des    Werkes    zu 
verringern  gegen- 
über   einem    ge- 
radlinigen TOD 
gleicherLanged« 
Überlaufs.       Die 
Oberkante      des 


§   24.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Joxage-Cusset-Lyon.  517 

Überlaufs  liegt  1,50  m  unter  der  Krone  des  Treidelweges.  Bei  einem  Wasserspiegel- 
gefalle von  0,176  %o  im  Kanal  und  einer  Füllung  bis  1,50  m  über  der  Schwelle  des 
Überlaufs  würde  sich  im  Kanal  kurz  vor  dem  Überlauf  ein  wasserberührter  Querschnitt 
von  453,66  qm  und  eine  Geschwindigkeit  von  1,53  m/sek.  ergeben.  Bei  Annahme  einer 
Höhe  des  Überfallstrahls  von  1,50  m  ergibt  sich  ein  Wasserquerschnitt  von  240,09  m 
und  eine  mittlere  Geschwindigkeit  des  Wassers  in  diesem  vollen  Querschnitt  von 
2,166  m/sek.,  wenn  man  in  der  Formel  f/s  p  bh  V2gh  den  Beiwert  */'  h  zu  rd.  0,4  an- 
nimmt. Um  den  Schlag  des  Wassers  zu  mildern,  ist  der  Überlauf  in  zwei  Stufen  zerlegt 
und  auf  dem  Boden  jeder  Stufe  sind  Wasserpolster  gebildet  und  zwar  das  obere  von 
0,30  m  Höhe,  das  untere  von  0,40  m  Höhe.  Die  halbkreisförmigen  Mauern  des  Überlaufes 
stützen  sich  auf  starke  Widerlager  in  Beton,  welche  ihrerseits  als  Pfeiler  eine  steinerne 
Bogenbrücke  zur  Überführung  des  Treidelweges  tragen.  In  der  Mittellinie  jedes  kreis- 
förmigen Überlaufs  ist  hoch  einmal  ein  Brückenpfeiler  aufgestellt,  um  die  Spannweite  der 
Brückenbögen  zu  verringern.  Im  Inneren  des  Kanales  setzt  sich  längs  des  Überfalles  die 
profilmässige  Böschung  fort,  ist  aber  daselbst,  um  Unterspülungen  zu  verhindern,  mit  einer 
Betonverkleidung  versehen.  Die  Sohle  des  Überlaufkanales  ist  auf  30,0  m  unterhalb 
des  Überlaufbauwerkes  mit  Steinpflasterung  sorgfältig  befestigt.  Der  Überlauf kanal  hat 
eine  Sohlenbreite  von  ungefähr  180,0  m  und  wird  durch  zwei  Dämme  eingefasst,  welche 
von  dem  Hauptdamm  des  Kanals  ausgehen,  und  von  denen  der  aufwärts  gelegene  eine 
Kronenbreite  von  3,0  m,  der  nach  Lyon  zu  gelegene  eine  solche  von  5,0  m  hat.  Das 
Mauerwerk  des  Überlaufes  ist  zum  Teil  auf  Pfahlrost,  zum  Teil  auf  Betonfundamenten 
ohne  Rost  errichtet.  An  den  beiden  Enden  des  Bauwerks  stützen  sich  die  bogenförmigen 
Mauern  des  Überlaufs  auf  die  parallel  zur  Achse  des  Dammes  laufenden  Flügelmauern 
des  Endpfeilers,  welche  sich  nach  innen  und  aussen  als  gekrümmte  Leitmauern  fort- 
setzen, um  das  Wasser  des  Werkkanals  ohne  Wirbel  an  den  Überlauf  heran  und  das 
Überlaufwasser  unterhalb  in  das  Normalprofil  des  Überlaufkanals  überzuführen. 

Das  Krafthaus  enthält  eine  grosse  Halle  von  152,40  m  Länge  und  12,0  m  Breite, 
in  welcher  19  Turbo-Generatoren  und  zwar  8  von  je  1250  PS«,  8  andere  von  je  1350 
PS«  und  3  von  je  250  PS«  aufgestellt  sind  (vergl.  Taf.  XL,  Fig.  2,  3  und  4).  Alle 
Turbinen  haben  stehende  Wellen,  an  deren  oberen  Enden  die  elektrischen  Generatoren 
sitzen.  Die  drei  kleinen  Turbinen  dienen  zum  Antrieb  der  Erregermaschinen.  In  der 
Mitte  des  Maschinensaales  ist  durch  einen  erkerförmigen  Vorbau  der  Platz  für  die  Unter- 
bringung der  Schaltanlage  geschaffen.  Da  am  Krafthause  eine  Druckdifferenz  von  14,00  m 
zwischen  dem  höchsten  H.W.  im  Oberwasserkanal  und  dem  niedrigsten  N.W.  im  Unter- 
wasserkanal vorkommen  kann  und  die  Wassertiefe  im  Unterwasserkanal  immer  noch  1,80  m 
beträgt,  so  ergab  sich  eine  Höhendifferenz  zwischen  dem  höchsten  H.W.  im  Oberwasser 
und  der  Sohle  des  Unterwasserkanals  von  nicht  weniger  als  15,8  m.  Es  wurde  notwendig, 
die  Fundamente  des  Krafthauses  bis  zu  12,0  bis  13,0  m  unter  das  natürliche  Terrain  her- 
unterzutreiben, um  den  nötigen  Schutz  gegen  Unterspülungen  zu  gewährleisten. 

Durch  Bohrlöcher,  welche  15,0  m  tief  unter  das  Terrain  heruntergetrieben  waren,  glaubte  man 
festgestellt  zu  haben,  dass  nach  Durchdringung  des  Mutterbodens  und  einer  oberen  Schicht  von  Mergel 
nur  noch  Sand  und  Kies  folgten,  und  durch  Pumpversuche  an  einem  Brunnen  hatte  man  sich  überzeugt, 
dass  es  nicht  möglich  war,  die  gesamte  Baugrube  des  Erafthauses  mittelst  Pumpen  wasserfrei  zu  halten. 
Man  entschloss  sich  deshalb,  mittelst  Bagger  und  Exkavatoren  die  Baugrube  in  einer  zusammenhangen- 
den  Flache  auszuheben  und  die  Betonplatte  des  Maschinenhauses  selbst  in  fliegenden  Caissons  mit  Hilfe 
von  komprimierter  Luft  zu  stampfen.  Da  es  wegen  der  sonst  erforderlichen  längeren  Bauzeit  nicht  mög- 
lich war,  mit  der  Betonierung  erst  zu  beginnen,  nachdenudie  Baugrube  ganz  fertig  ausgebaggert  war,  viel- 
mehr zum  Teil  gleichzeitig  betoniert  und  gebaggert  werden  musste,  so  war  darauf  zu  rechnen,  dass  sich 
auf  die  einzelnen  Lagen  des  Betons,  sofern  man  sie  mittelst  Trichtern  hatte  schatten  wollen,  Schlamm 


518 


IL    Theodor  Kobrk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 


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und  Sand  gelagert  hätte,  deren  Beseitigung  jedenfalls  sehr  schwierig  und  unzuverlässig  gewesen  vir«. 
Wasseradern  aber  durch  die  Betonsohle  des  Krafthauses  hindurch  mussten  auf  alle  Falle  vermieden 
werden.    Es  wurde  deshalb  die  Betonschttttang  in  fliegenden  Caissons  unter  2  Atm.  Luftdruck  ausgeführt 

Später  stellte  sich  heraus,  dsas  ca.  5,0—6,0  m  unter  der  beabsichtigten  Betonsohle  eine  mäch- 
tige 8chicht  Ton  wasserundurchlässigem  blauen  Mergel  anstand.  Hätte  man  das  durch  tiefere  Bohrunges 
Ton  vornherein  festgestellt,  so  hätte  man  sich  durch  Heruntertreiben  der  Pfeiler  bis  in  den  Mergel  und 
durch  Versenkung  einer  Quermsuer  vor  den  Pfeilern  bis  zu  derselben  Tiefe  die  ganzen  Fandienugs* 
srbeiten  erleichtern  und  verbilligen  können  bei  Erreichung  einer  absoluten  Sicherheit  gegen  Unterspoleag. 

Jeder  der  erwähnten  fliegenden  Caissons  war  20,0  m  laug,  4,0  m  breit,  4,75  m  hoch,  und 
aus  genietetem  Schmiedeeisen  hergestellt.    Wegen  der  Notwendigkeit,  einen  luftdichten  Verschluss  sa 

erzielen,  mussten    die  lSiet- 
Abb.  114.    8chflttung  der  Betonsohle  des  Krafthauses  mittelst  fliegender     locher  besonders  sorgfältig  ge- 

Pressluft-Csissons.  bohrf  werdeB  ond  die  s*^ 

der   Bleche    wurden    durch 
zwischengelegte  Pappetreifeo 
gedichtet     Die   Decke    war 
durch  genietete  Träger  tob 
0,45  m   Höhe  versteift  und 
zwischen  denselben  war  eis 
Betonschlag  eingebracht,  um 
die  Decke   zu    dichten.     Zu 
beiden  Seiten  der  Baugrube 
war  längs  derselben  eine  Ar- 
beitsbrflcke  auf  Pfählen  errichtet,    auf  welcher  der  den  Caisson    tragende  fahrbare  Kran  lief.     Der 
Caisson  hing  an  Schraubenspindeln  und  konnte  mittelst  derselben  beliebig  gehoben  und  gesenkt  werden. 
Abb.  114  zeigt  die  einzelnen  Lsgen  der  Betonschflttung,  welche  jedesmal   50  cm  hoch  gemacht  wurden, 
und  zwar  reichte  jede  Lage  Aber  die  ganze  Breite  des  Fundamentes  und  der  Caisson  rückte  in  der 
Richtung  der  Achse  des  Maschinenhauses  vor.    Bei  den  oberen  Lagen  wurde  der  Caisson  so  aufgestellt 
dass  er  mit  seiner  Mittelachse  Aber  der  dreieckigen  Aussparung  der  unteren  Lage  zu  stehen  kam.    Es 
wurde  dann  diese  dreieckige  Rinne  an  den  Enden  durch  Beton  geschlossen,  ausgeschöpft  und  gereinigt 
und  sodann  zunächst  mit  Beton  ausgefüllt    Der  Schlamm  und  Sand,  der  sich  auf  die  fertige  Schicht 
inzwischen  gelegt  hatte,  wurde  entweder  mit  den  Materialkörben  nach  oben  durchgeschleust  oder  durch 
Ejektoren  mittelst  komprimierter  Luft  nach  aussen  in  einen  Prahm  befördert    Anfangs  trieb  man  diese 
zusammengebrachten  Schlamm-  und  Sandmassen  derartig  aus  dem  Caisson  heraus,  dass  man  die  Schneide 
desselben  mit  einem  Kranz  von  Betonmaterial  umgab  und  nur  eine  einzige  Stelle  nach  dem  Wasser  zu 
frei  liess.     Durch  diese  wurde  dann  durch  den  Luftdruck  Sand  und  Schlamm  herausbefördert    Diese 
Art  vorzugehen  hatte  aber  den  Nachteil,  dass  die  herausbeförderten  Massen  sich  zum  Teil  wieder  ssf 
die  nächsten  Fundamentteile  legten  und  dann  noch  einmal  bewegt  werden  mussten.    Die  Arbeit  der 
Beseitigung  des  Schlammes  ist  sehr  zeitraubend  gewesen  und  hat  die  Fertigstellung  des  Fundamentes 
um  mehr  als  zwei  Monate  verzögert 

Nach  Fertigstellung  der  eigentlichen  Betonsohle  wurde  die  kanalaufwärts  gelegene 
Böschung  der  Baugrube  bis  über  den  Grundwasserspiegel,  d.  h.  bis  zur  Höhenkote 
+  168,00  mit  einer  Betonlage  von  1,0  bis  1,5  m  Starke  mittelst  Rutschrinnen  ge- 
schüttet (vergl.  Tai.  XL,  Fig.  4).  Diese  Bekleidung  der  Böschung  sollte  zu  gleicher  Zeit 
als  Fangedamm  dienen,  um  von  oben  her  den  Wasserandrang  abzuschliessen.  Alsdann 
wurden  die  Trennungsmauern  der  Turbinenkanäle  gleichfalls  mit  Hilfe  von  fliegenden 
Caissons  bis  0,30  m  über  den  Grundwasserspiegel  aufgeführt.  Erstere  sind,  soweit  sie 
für  die  Hauptturbinen  dienen,  von  Achse  zu  Achse  8,0  m,  soweit  sie  für  die  drei  kleinen 
Turbinen  dienen,  5,33  m  entfernt.  Sie  haben  an  der  Grundfläche  eine  Breite  von  3,50  m 
und  ziehen  sich  auf  einer  Höhe  von  4,0  m  um  1,0  m  zusammen.  Der  obere  4,0  m  höbe 
Teil  dieser  Trennmauern  behält  dann  eine  Breite  von  2,30  m. 

Die  Pfeilerköpfe  sind  im  Unterwasserkanal  mit  einem  Anschlag  versehen  zur  Auf- 
nahme von  kastenförmigen,  eisernen  Pontons,  mit  Hilfe  deren  man  jeden  Turbinenkanal 
abschliessen  kann.    Der  Anschluss  der  Trennmauern  an  die  vorerwähnte  Betonschüttung 


§   24.  Das  Wabserkbaft-Elbktbizitatswerk  Jonage-Cusset-Lyon.  519 

auf  der  kanalaufwärts  gelegenen  Baugruben-Böschung  wurde  durch  Betonschüttung  er- 
zielt, welche  man  zwischen  Holzverschalung  ausführte.  Letztere  war  mit  Hilfe  von  in 
den  Beton  eingelassenen  vertikalen  Trägern  unschwer  herzustellen. 

Die  aufwärts  gelegene  Mauer  des  Kraftwerkes,  welche  zugleich  die  Begrenzung 
der  Turbinenkammern  bildet,  hat  unten  eine  Breite  von  6,0  m,  in  der  Höhe  des  Bodens 
der  Turbinenkammern  von  4,0  m,  springt  dann  in  zwei  Absätzen  im  Innern  des 
Maschinensaals  noch  weiter  zurück  und  hat  am  oberen  Ende  in  der  Höhe  der  Decke 
der  Turbinenkammern  noch  eine  Breite  von  2,40  m.  Sowohl  diese  Mauer,  als  auch  die 
vorhin  erwähnten  Trennmauern  der  Turbinenkanäle  sind  aus  Bruchsteinmauerwerk  in 
hydraulischem  Kalk  ausgeführt.  Die  Mauer  des  Krafthauses  ist  nach  den  Kammern  zu 
gewölbt,  entsprechend  der  Rundung  der  Glockenschützen  (g).  Nach  Fertigstellung  der 
Mauer  wurden  nunmehr  das  Fundament  der  Turbinenkammern  und  auf  diesem  die 
Pfeiler  errichtet,  welche  die  Turbinenkammern  voneinander  trennen.  Letztere  haben 
eine  Länge  von  12,75  m.  Um  an  Material  zu  sparen,  wurde  in  dem  Fundament  der 
Turbinenkammern  eine  rd.  4,0  m  breite  und  ca.  4,50  m  hohe  Öffnung  ausgespart, 
welche  man  mit  grossen  Steinen  füllte.  Der  so  entstandene  mächtige  Drainkanal  ist 
durch  kleine  Röhren  nach  dem  Unterwasser  entwässert. 

Der  Boden  der  Kammern  liegt  1,75  m  über  der  Sohlendes  Werkkanals,  sodass 
Geschiebe  und  abgelagerte  Sinkstoffe  so  leicht  nicht  in  die  Kammern  hineingeführt 
werden  können,  zumal  sich  die  Sohle  des  Werkkanals  vor  den  Turbinenkammern  auf 
144,0  m  verbreitert  und  die  Wassertiefe  sich  bei  N.W.  auf  rd.  5,90  m  erhöht,  sodass 
die  Geschwindigkeit  des  ankommenden  Wassers  sehr  klein  wird. 

Die  Pfeiler  der  Turbinenkammern  sind  am  vorderen  Ende  durch  eine  1,20  m 
breite  gewölbte  Betonbrücke  miteinander  verbunden,  um  überall  die  Zugänglichkeit  für 
das  Personal  zu  ermöglichen.  Jede  Kammer  kann  durch  Dammbalken  abgeschlossen  und 
für  den  Fall  einer  Reparatur  trocken  gelegt  werden.  Innerhalb  der  Kammern  ist  ein 
Rechen  mit  30  mm  lichter  Weite  zwischen  den  Stäben  in  üblicher  Weise  aufgestellt. 
Die  Kammern  sind  mit  Bohlen  abgedeckt.  Die  Bogenöffnungen  der  vorhin  erwähnten 
Bogenbrücke  zwischen  den  einzelnen  Pfeilern  können  bis  auf  N.W.  durch  Holztafeln  gegen 
das  Oberwasser  abgeschlossen  werden,  um  die  Eisbildung  an  den  oberen  Teilen  des 
Rechens  nach  Möglichkeit  zu  verhüten.  Nötigenfalls  können  die  Kammern  mit  Dampf 
geheizt  werden.  Das  Abheben  und  Einsetzen  der  erwähnten  Holztafeln  erfolgt  mittelst 
eines  Schwimmkrans.  Ebenso  erfolgt  die  Heizung,  welche  natürlich  nur  ganz  ausnahms- 
weise in  Betrieb  gesetzt  wird,  von  einem  auf  einem  Prahm  montierten  Kessel  aus. 

Im  Boden  jeder  Vorkammer  befindet  sich  eine  3,0  m  weite  kreisrunde  Öffnung, 
welche  durch  eine  der  schon  erwähnten  Glockenschützen  (g)  geschlossen  werden  kann. 

Jede  Sehfitze  besteht  aas  einem  gusseisernen  festen  Deckel  und  einer  beweglichen  Trommel. 
Der  kalottenftrmige  Deckel  ist  durch  12  Stehbolzen  auf  dem  Sitzring  verankert.  Letzterer  ruht  auf 
dem  Beton  und  ist  mit  diesem  durch  Anker  fest  in  Verbindung  gebracht  (vergL  Tal  LVH,  .Fig.  1—5  und 
Kap.  III,  8.  Schützen).  Auf  der  später  noch  zu  erwähnenden  Bedienungsbrucke  im  Maschinensaale  be- 
findet sich  die  Windevorrichtung  (Abb.  115),  deren  Zug  an  das  Gegengewicht  angreift.  Mittelst  eines 
Handvorgeleges  kann  jede  Trommel  leicht  und  schnell  gehoben  werden. 

Die  oben  erwähnten  Trennmauern  zwischen  den  Turbinenkanälen  sind  bis  zum 
Flur  des  Krafthauses  heraufgeführt.  Durch  Zwischendecken  sind  noch  zwei  Etagen  unter 
dem  Mäschinenflur  gebildet.  Die  untere  Etage  trägt  die  Turbinenkessel  (b)  und  die  obere 
enthält  die  Regulierungsvorrichtung  der  Turbinen,  sowie  die  Ölpumpen.  In  Höhe  der 
untersten  Etage  ist  auf  den  Pfeilerköpfen  der  Trennmauern  eine  Laufbrücke  angelegt, 
auf  welcher  man  um  das  ganze  Maschinenhaus  bei  N.W.  herumgehen  kann. 


520  II.     Theodor  Roehn.     Aosbau  von  Wasbkkkrafte».     Beispiele. 

In  der  Decke  der  zweiten  Etage  and  in  derjenigen  de«  Maschinenflurs  sind  kreis- 
runde Öffnungen  angeordnet,  damit  alle  Turbinenteile  mit  dem  Kran  nach  oben  herauf- 
geholt werden  können.     Alle  Deckengewölbe  sind  ans  Zementbeton  hergestellt 


Die  Maschinenhalle  hat  bis  Dachbinderunterkante  eine  Hohe  von  9,60  m  und  ist 
in  ihrer  ganzen  Länge  durch  einen  Laufkran  von  20  t  Tragfähigkeit  bestrichen  (Abb.  115). 
Der  mittlere  Teil  ist  in  einer  Lange  von  31,25  m  durch  den  schon  erwähnten  erkerartigen 


§  24.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Jonage-Ctjsset-Lyon.  521 


Vorban  auf  13,55  m  resp.  14,0  m  Breite  erweitert,  um  Platz  für  die  Schaltanlage  zu  schaffen, 
sodass  hier  in  zwei  Etagen  ca.  126  qm  Grundfläche  zur  Verfügung  stehen.  Am  linken 
Ende  des  Maschinensaals  befindet  sich  eine  Eingangshalle  von  ca.  4,0  m  Länge  in  der 
Achse  der  Halle  gemessen  und  über  derselben  etwa  in  halber  Höhe  der  Maschinenhalle 
auf  gewölbter  Decke  nochmals  ein  Saum  für  die  Schaltanlage  der  Fernleitungen.  Hier- 
durch wird  die  Grundfläche  für  die  Schaltanlagen  noch  um  ca.  37,0  qm  vergrössert,  so- 
dass für  je  100  installierte  Nutz-PS«  ca.  0,8  qm  zur  Verfügung  stehen.  Für  die  Kabel, 
welche  von  den  Maschinen  zum  Schaltbrett  führen,  sind  in  dem  Betongewölbe  des 
Maschinenflurs  0,87  m  breite  und  0,30  m  tiefe  Kabelkanäle  ausgeführt,  welche  mit 
Riffelplatten  abgedeckt  sind. 

Die  Bedachung  des  Mittelbaues  ist  derart  ausgeführt,  dass  auf  den  Obergurten 
der  parabolischen  Dachbinder,  welche  2,70  m  von  Achse  zu  Achse  voneinander  entfernt 
sind,  n-förmig  gerippte  Platten  aus  armiertem  Beton  liegen.  Auf  diesen  sind  dann  die 
Asphaltschichten  und  der  Eies  des  Holzzementdaches  aufgebracht.  Auf  den  Untergurten 
der  Binder  liegen  flachbogenförmig  gewölbte  Zementplatten  mit  Stehrippen,  um  das 
Herunterfallen  von  Wassertropfen,  welche  sich  an  der  flachen  oberen  Dachfläche  leicht 
bilden  können,  zu  verhindern.  Die  Flügelbauten  haben  gewöhnliche  Polonceau-Dach- 
binder  mit  Ziegeleindeckung  auf  Holzverschalung  (vergl.  Taf.  XL,  Fig.  3  u.  4).  Werkstätten, 
Lagerräume  und  Bureaux  sind  in  besonderen  Gebäuden  untergebracht  (vergl.  Abb.  116). 
Am  rechten  Ufer  schliesst  das  Erafthaus  direkt  an  die  Mauer  der  gekuppeltem  Schleuse 
an ,  welche  für  die  Schiffahrt  das  Oberwasser  mit  dem  Unterwasser  verbindet.  Am 
linken  Ufer  greift  die  vordere  Mauer  des  Erafthauses  tief  in  das  natürliche  Terrain 
ein.     Ihr  Fundament  ist  gegen  das  Ende  allmählich  abgetreppt. 

Aufwärts  der  Turbinenkammern  waren  die  Sohle  und  die  Ufer  des  Kanals  ursprünglich  auf  500,0  m 
Lange  in  besonderer  Weise  befestigt  und  gedichtet  und  zwar  bestand  die  Sohlenbefestigung  auf  den 
ersten  10,0  m  aus  einer  Betonlage  von  0,40—0,25  m  Stärke,  auf  den  folgenden  40,0  m  von  0,2  m  und 
auf  den  letzten  450,0  m  von  0,1  m  Stärke.  Um  die  Dichtigkeit  zu  erhöhen,  hatte  man  auf  den  ersten 
50,0  m  den  Beton  mit  einer  Asphaltschicht  von  15  mm  Stärke  und  auf  der  restierenden  Länge  bis 
500,0  m  mit  einer  dünneren  Schicht  desselben  Materials  überzogen  und  über  dem  Asphalt  eine  Kiee- 
schicht  von  ca.  0,20  m  gelegt.  Am  £nde  dieser  Sohlenbefestigung  war  noch  eine  2,0  m  breite,  ca. 
1,90  m  tiefe  Grundmauer  aus  Beton  quer  Über  den  Kanal  hergestellt.  Die  Ufer  waren  gleichfalls  mit 
einer  durchschnittlich  0,2  m  starken  Bekleidung  aus  Beton,  welche  treppenförmig  auf  der  Böschung 
aufruhte,  gedichtet. 

Es  zeigte  sich  aber  bei  der  ersten  Füllung  des  Kanals  im  Jahre  1897,  dass  diese  Sicherung  nicht 
die  Bildung  starker  Quellen  abwärts  des  Krafthauses  verhindert  hatte,  aus  denen  Sand  iu  erheb- 
licher Menge  hervorquoll.  Man  hat  deshalb  nachträglich  4,8  m  hinter  den  äussersten  Vorsprüngen  der 
Pfeiler  des  Krafthauses  mittelst  pneumatischer  Fundierung  noch  eine  4,0  m  breite  Grundmauer  quer  über 
den  Unterwasserkanal  6,50  m  tief  unter  die  alte  Fundamentsohle  heruntergetrieben.  Da  diese  Grund- 
mauer in  die  schon  erwähnte  starke  Schicht  blauen  Mergels  hineingriff,  so  konnte  man  nunmehr  auf 
absolute  Wasserundurcblässigkeit  rechnen  und  es  haben  sich  auch  später  keinerlei  Undichtigkeiten  mehr 
herausgestellt.  Diese  Grundmauer  ruht  auf  11  Caissons,  von  denen  sieben  parallel  zur  Achse  des 
Maschinenhauses  versenkt  sind,  einer  längs  der  Mauer  der  Schleuse,  einer  als  Verankerung  mit  dem 
Ufer  wiederum  parallel  mit  dem  Maschinenhause  und  zwei  am  linken  Ufer  lotrecht  zu  der  Hauptgrund- 
mauer. Jeder  Caisson  war  19,9  m  lang  und  4,0  m  breit  und  hatte  unten  einen  freien  Arbeitsraum  von 
2,0  m  Hohe.  Die  Caissons  wurden  zwischen  zwei  Pontons  an  Holzgerüsten  aufgehängt  und  allmählich 
mittelst  komprimierter  Luft  heruntergetrieben.  Nach  Versenkung  zweier  benachbarter  Caissons  wurde 
der  Spielraum  zwischen  ihnen  in  sorgfaltigster  Weise  von  Boden  gereinigt  und  dann  mit  Beton  ausge- 
gossen. Um  den  dichten  Anschlnss  dieser  Grundmauer  mit  der  alten  Betonsohle  des  Krafthauses  zu 
erzielen,  musste  zu  dem  Mittel  der  fliegenden  Caissons  mit  komprimierter  Luft  gegriffen  werden,  da 
man,  nachdem  sich  einmal  Quellen  unter  der  Sohle  gebildet  hatten,  durch  Auspumpen  der  Baugrube  den 
Zustand  nicht  verschlimmern  durfte. 

Oberhalb  des  Krafthauses  in  der  Sohle  des  Kanals  zeigten  sich  nach  der  Füllung  besonders  auf 


IL     Theodor  Koehn.     Ausbau  ton  Wasserkräften.     Beispiele. 

dar    ersten    Htradke 


kämmen  einige  S»» 
knngen ,  weil  biet 
der  Beton  auf  Äuf- 
tragboden  geruht 
hatte.  Mui  bat  des- 
halb die  BetoosohJf . 
soweit  m  nötig  war. 


den       Auftrngboden 
mittelst    Kxkavato- 
ren  herausgeholt  nnd 
auf  dem  natürlichen 
Terrain  ein«   0,5  m 
starke  Betonschicht 
aufgebracht.     Di«*e 
ist  dann  mit  «inei 
^      Aspfaaltadiieht      be- 
P*       legt      nnd      die      so 
£       entstandene  Sohleii- 
vertiefung    ist     mit 
>      Eies  und  Sand  au-v 
8.      gefüllt,  um  die  pro- 
&■        filtnassige     Sohle 
o.      wieder  herzasteilen. 
*       Den  Rest   der  alten 
E?       Sohlenbefestigung 
{5      konnte  man   lassen. 
g       hat   sie    aber    noch 
£       durchweg    nm    ein« 
„,  Betonschicht    nn 

|       0,15  m  verstärkt. 
c  Zu  erwähnen 

?     ist     noch,     dass 
jj      über  den  Kanal 
I      sieben  Brücken 
»     führen ,     «eiche 
~     zum  grössten  Teil 
3      in   Eisen,    z.  T. 
g      aber  auch  in  ar- 
miertem Zement- 
beton hergestellt 
sind. 

Die  neben 
dem  Krafthanse 
liegende  Doppel- 
schleuse ist  in 
ähnlicher  Weise 
hergestel  It  wie  die 
Schleuse  neben 
demRegolierwerk 
und  bietet  an  sich 
nichtsbesonderes- 


§   24.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Jonage-Cusset-Lyox.  523 

Die  ersten  acht  grossen  Turbinen8)  und  die  Erregerturbinen  sind  als  konische 
Reaktionsturbinen  gebaut.  Die  grossen  Turbinen  leisten  je  1250  PS«  bei  120  Uml./Min. 
Ihr  Wasserverbrauch  beträgt  bei  12,0  m  Gefalle  10500  1  und  bei  10,10  m  Gefälle  12500  1 
(vergl.  Taf.  LXVI  und  Kap.  HL  5.  Turbinen).  Die  Erregerturbinen  (250  PS«)  verbrauchen 
bei  12,0  m  Gefälle  und  voller  Belastung  2200  1,  bei  10,10  m  Gefälle  2500  1  Wasser  bei 
250  UmL/Min.  Sie  haben  nur  zwei  Schaufelradkränze,  anstatt  3  wie  bei  den  grossen 
Turbinen. 

Bei  allen  Turbinen  tritt  das  Wasser  durch  den  Druckkanal  in  einen  gusseisernen  Kessel  (b), 
-welcher  auf  einem  Betongewölbe  aufruht.    Auf  dem  Sitzring  dieses  Kessels  sind  auch  die  Leitschaufel- 
kränze  befestigt  und  auf  den  Leitschaufeln  sitzt  das  untere  Ffihrungslager  der  Welle,  welches  mit 
Pockhols  ausgefüttert  ist    Am  unteren  Ende  der  letzteren  ist  das  dreikränzige  Laufrad  festgekeilt, 
dessen  oberer  Kranz  20,  dessen  mittlerer  26,  dessen  unterer  82  Schaufeln  besitzt.    Das  Laufrad  wird 
von  aussen  beaufschlagt  und  giesst   nach  innen  und  unten  aus  und  zwar  in  ein  Saugrohr,  welches 
mit   dem  Sitzring  des  Turbinenkessels  verbolzt   ist.     Unterhalb    des  gewölbten  Deckels  des  Kessels 
ist  eine  Zylinderflache  ausgebildet,  in  welcher  sich  ein  auf  der  Welle  befestigter  Entlastungskolben 
bewegt     Der  gewölbte  Raum  des  Kessels  über  diesem  Kolben   ist   durch   ein  Rohr  mit  dem  Saug- 
rohr der  Turbine  verbunden,  sodass  die  ganze  Druckdifferenz  der  Wasserspiegel  auf  den  erwähnten 
Entlastungskolben  wirken  kann  und  dadurch  das  Gewicht  der  Welle  mit  allem,  was  auf  ihr  lastet,  zum 
grössten  Teil  ausbalanciert  wird.    Um  diese  Ausbalancierung  nach  oben  beschränken  zu  können,  ist  in 
dem  vorerwähnten  Verbindungsrohr  eine  Drosselklappe  eingelegt,  welche  von  dem  Flur  des  Maschinen- 
hauses aus  bedient  werden  kann.    Auf  einer  ringförmigen  Ausbauchung  des  Deckels  ist  ein  Luftventil 
angebracht,  durch  welches  selbstwirkend  bei  Entleerung  des  Kessels  Luft  eintreten  und  aus  welchem 
die  Luft  entweichen  kann,  wenn  der  Kessel  sich  füllt    Ist  der  Kessel  gefallt,  so  schliesst  sich  dieses 
Ventil  selbstwirkend  durch  den  Stoss  des  Wassers. 

Die  Turbinenwelle  hat  eine  Gesamtlänge  von  9,3  m  und  ist  in  zwei  Teile  geteilt,  von  denen 
das  untere  Ende  mit  6,1  m  Länge  das  Laufrad  der  Turbine ,  das  andere  von  3,2  m  Länge  die  Dynamo- 
maschine (a)  trägt.  Beide  Teile  sind  durch  Scheibenkuppelung  miteinander  verbunden.  Der  Durchmesser 
der  Stahlwelle  beträgt  0,24  m.  Ausser  durch  das  erwähnte  Pockholzlager,  welches  sich  in  dem  Tur- 
binenkessel befindet,  ist  die  Welle  noch  zweimal  geführt  und  zwar  einmal  durch  ein  Bronzelager, 
welches  an  dem  Ankergestell  der  Dynamomaschine  und  dann  durch  ein  Führungslager,  welches  an 
dem  Deckel  des  Turbinenkessels  befestigt  ist  Oberhalb  dieses  letztgenannten  Führungslagers  befindet 
sich  ein  Ringspurlager,  in  welchem  zwei  Stahlringe  aufeinander  gleiten.  Das  Ringspurlager  ist  an  dioscr 
Stelle  unter  dauerndem  Öldruck.  Das  Öl  wird  durch  kleine  schlangenformige  Wasserröhren  gekühlt.  Um 
die  Ringe  des  Spurlagers  auswechseln  und  um  auch  jederzeit  die  richtige  Höhe  der  Welle  regulieren  zu 
kOnnen,  ist  gleich  oberhalb  des  Ringspurlagers  ein  Schraubengewinde  in  die  Welle  eingeschnitten.  Wenn 
der  bewegliche  Teil  des  Ringspurlagers  festgestellt  wird,  kann  man  durch  Drehung  der  Welle  diese 
heben  und  senken. 

Die  Leitschaufeln  sind  durch  Ringschieber  verschliessbar,  welche  sich  im  vertikalen  Sinne  be- 
wegen lassen.  Die  Schieber  des  unteren  und  des  mittleren  Leitschaufelkranzes  werden  gleichzeitig  durch 
zweimal  drei  Zugstangen  bewegt  und  zwar  derart,  dass  bei  Schliessung  der  Schieber  des  unteren  Leit- 
kranzes sich  senkt  und  derjenige  des  mittleren  sich  hebt  Je  zwei  Zugstangen  greifen  an  verschiedenen 
Seiten  eines  Zahnrades  an  und  werden  daher  bei  Rotation  desselben  in  verschiedenem  Sinne  bewegt. 
Bei  hohem  Gefälle  bleibt  der  obere  Ring  ganz  geschlossen.  Soll  er  bei  geringem  Gefälle  mit  zur  Regu- 
lierung benutzt  werden,  so  wird  er  durch  ein  gezahntes  Segment,  in  welches  ein  auf  einer  Welle  1" 
sitzendes  Zahnrad  eingreift,  zunächst  soweit  gedreht,  bis  drei  Greifer  die  drei  Regulierungsstangen 
des  unteren  Schiebers  gefasst  haben.  Durch  diese  Greifer  wird  der  Schieber  alsdann  gezwungen,  den 
Bewegungen  der  Regulierungsstangen  zu  folgen.  Das  vorerwähnte  Zahnrad,  welches  die  Drehbewegung 
des  oberen  Schiebers  veranlasst,  wird  durch  ein  Handvorgelege  R'  in  Bewegung  gesetzt.  Die  Be- 
wegung der  Regulierungsstangen  kann  von  Hand  oder  selbstwirkend  durch  den  Servomotor  veranlasst 
werden.  Ein  auf  einer  vertikalen  Welle  A'  sitzender  Balancier  bewegt  mittelst  2  Druckstangen  b'  ein  auf 
der  Turbinenwelle  lose  sitzendes  horizontales  Rad  mit  drei  Zahnsegmenten.  Letztere  greifen  in  drei 
auf  horizontalen  Wellen  sitzende  Winkelräder  ein  und  können  dieselben  in  dem  einen  oder  anderen 
Sinne  drehen.    Durch  diese  Drehung  werden  drei  an  den  Enden  der  erwähnten  horizontalen  Wellen 


3)  Geliefert  von  der  A.-G.  der  Maschinenfabriken  von  Escher,  Wyss  &  Co.  in  Zürich. 


524  IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

sitzende  Zahnräder  gedreht  and  durch  diese  drei  Regalierangsstsngen  t,  t'  gehoben,  heuehaogswei 
Die  Betätigung  der  Tertikaien  Welle,  aof  welcher  der  erwähnte  Balancier  sitzt,  erfolgt  in  dar  Reg*) 
dorch  einen  Ölaervomotor,  welcher  sich  auf  dem  Maaehinenflar  befindet.    An  diesem  Serrem 
auch  die  Handreguliernng  angebracht    Der  Servomotor  besteht  ans  einem  Zylinder,  dessen  Kolben 
Pressbi  eine  volle  Scheibenfläche  auf  der  einen  Seite  und  eine  Ringfläche  aof  der  anderen  bietet.    Die 
Ringfläche  steht  dauernd  mit  dem  Windkessel  der  Drockölleitnng  in  Verbindung,  während  die  aus 
Seite  des  Zylinders  entweder  durch  eine  Leitung  mit  dem  ölresenroir  verbanden  ist  —  in  welche» 
Druck  oi  zurückfliegst,  um  von  nenem  durch  die  ölpumpen  aufgenommen  zu  werden  —  oder  im 
Gleichgewichtslage  voll  von   öl  ohne  Druck  und  von  der  letzterwähnten  Leitung  abgeschlossen 
Durch  Betätigung  eines  Ventils  kann  aber  der  Baum   vor  der  Scheibenfläche  des  Kolbens  gleich  feile 
mit  dem  Drucköl  in  Verbindung  gesetzt  werden  und   es  bewegt  sich  dann  der  Kolben  nach  der  ent- 
gegengesetzten Seite  und  Öffnet  die  Schieber.    Die  Betätigung  dieses  erwähnten  Ventils  erfolgt 
einen  Fliehkraftregler.    Die  Gleichgewichtslage   des  Kolbens  entspricht  der  normalen  Tonrensnhl 
Turbinen.    Wenn  die  Tourenzahl  abnimmt,  geht  der  Druck  der  Feder  des  Fliehkraftreglers  nnf 
Hebel  L— L'  (vergl.  Tat  LXVI,  Fig.  5),  dessen  Drehpunkt  bei  o  liegt,  zurück.    L  senkt  sieh  also 
das  ölventü  läset  Drucköl  vor  die  Scheibenfläche  des  Kolbens,  wodurch  die  Schieber  des 
weiter  geöffnet  werden.    Diese  Bewegung  wird  aber  begrenzt  durch  einen  Keil  i,  auf  dessen  Käufliche 
das  eine  Ende  des  Hebels  1—1'   mittelst   einer  Rolle   gleitet.     Hierdurch  wird  der  Drehpunkt  o  den 
Hebels  L — L'  selbst  etwas  gesenkt  und  das  Drucköl ventil  schliesst  sich  wieder  und  öffnet  gleichzeitig 
die  Verbindung  mit  dem  Ölreservoir.    Mittelst  eines  Handrades  T  kann  die  Stellung  des  Drehpunkte«  e 
des  Hebels  L— L'  reguliert  werden.    Der  erwähnte  Kolben  wirkt  durch  seine  Pleuelstange  auf  einen 
einarmigen  Hebel  (vergl.  Taf.  LXVI,  Fig.  1  und  6),  der  mittelst  der  Welle  A"  und  der  Schubstangs  b" 
seine  Bewegung  auf  die  vorhin  erwähnten  Balancierwelle  A'  überträgt.    Mittelst  Handrad  und  Schraahea- 
spindel  kann  man  auf  denselben  Hebelarm  einwirken,  welchen  bei  selbstwirkender  Regulierung 
Servomotor  bewegt. 

Abgesehen  von  dem  Servomotor  selbst,  sind  die  ganzen  Vorrichtungen  zur  Turbinenreguli 
in  der  Etage  unter  dem  Maschinenflur  untergebracht  Die  Regulierräume  der  einzelnen  Turbinen 
durch  Öffnungen  in  den  Wänden  miteinander  verbunden,  so  dass  ein  Mann  eine  ganze  Reihe  Turbinen 
bedienen  kann.  Die  Umdrehung  der  Turbinenwellen  wird  durch  Riemen  auf  den  Fliehkraftregler  über- 
tragen.   Dieselbe  Welle,  welche  den  Fliehkraftregler  trägt,  setzt  auch  die  ölpumpe  in  Bewegung. 

Die  8  letzten  grossen  Turbinen4)  sind  als  Francis-Reaktionsturbinen  mit  2  Lauf- 
rädern und  beweglichen  Fink  sehen  Regaliernngsschaufeln  gebaut. 

Jede  Turbine  hat  zwei  Laufkränze ,  von  denen  der  obere  axial  nach  unten ,  der  untere  axial 
nach  oben  ausgiesst.  Die  Beaufschlagung  erfolgt  bei  beiden  radial  von  aussen.  Auch  bei  diesen  Turbinen 
findet  eine  hydraulische  Entlastung  des  Gewichtes  der  Welle  statt  Die  Tourenzahl  ist  gleichfalls 
120  i.  d.  M.,  die  effektive  Leistung  bei  voller  Belastung  ist  1350  PS«  bis  1500  PS«.  Sie  sind  konstruiert 
für  Gefälle  zwischen  8,0—10,0  m  und  schlucken  bei  8,0  m  17200  1/sek.,  bei  10,0  m  15000  1/sek.  Die 
Regulierung  erfolgt  gleichfalls  durch  einen  Pressöl-Servomotor,  welcher  durch  Vermittelang  eines  Flieh- 
kraftreglers betätigt  ist,  nur  dass  hierbei  durch  Wellen  und  Zahnräder  die  horizontalen  Ringe  gedreht 
werden,  mit  denen  alle  Leitschaufeln  je  eines  Kranzes  durch  Gelenkbolzen  verbunden  sind.  Durch 
Drehung  der  Ringe  werden  also  alle  Leitschaufeln  gleichzeitig  mehr  oder  weniger  geöffnet  und  geschlossen. 

Die  Dreipliasendrehstromgeneratoren  5)  haben  festen  Anker  von  5,82  m  äusserem 
Dm.  und  bewegliches  Magnetrad.  Um  Ventilation  zn  erzielen,  ist  die  Fläche  des  Anker- 
ringes durchbrochen.  Der  Ring  ruht  mittelst  einzelner  Füsse  auf  dem  Beton  und  ist 
dort  verankert.  Radiale  Querstege  verbinden  den  Ankerring  mit  dem  Fühnmgslnger 
der  Dynamowelle.  Jede  grosse  Dreiphasendrehstrommaschine  kann  900' — 1100  KW.  leisten 
bei  cos  <jp  =  1.    Der  Nutzeffekt  beträgt  95,2  °/o  bei  cos  q>  =  1  und  94°/o  bei  cos  q>  =  0,74. 

Die  Erregermaschinen  sind  vierpolige  Gleichstrommaschinen ,  deren  Anker  auf 
den  vertikalen  Wellen   der  Erregerturbinen  sitzen,  während  das  Magnetgestell  feststeht 

Wie  bereits  früher  erwähnt,  gehen  alle  Kabel  von  den  Maschinen  in  Kabel- 
kanälen  zu  dem   Schaltraum.    Der  ganze  Dreiphasendrehstrom  wird  in  drei  Sammel- 

*)  Geliefert  von  Escher,  Wyss  &  Co.  in  Zürich. 

5)  Geliefert  von  der  A.-G.  Brown  Boveri  &  Co.,  Baden  (Schweiz). 


§  24. 


Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Jonage-Cusset-Lyon. 


525 


schienen  gesammelt.  Von  dem  Hauptschaltraum  wird  der  Strom  in  den  3  Sammel- 
schienen auf  einem  Eisengerüst  an  der  abwärts  gelegenen  Längswand  (vergl.  Abb.  1 15)  zu 
dem  VerteilungTSSchaltraum ,  welcher  sich  über  der  Eingangshalle  des  Maschinensaales 
befindet,  geleitet,  und  von  hier  gehen  die  Hochspannungsleitungen  in  die  Verteilungsge- 
biete ab.  Die  Stadt  Lyon  und  ihre  Vororte  bilden  das  Konsumgebiet.  Mit  Rücksicht 
auf  die  verhältnismässig  kleine  Entfernung  sind  die  Hochspannungsleitungen  als  eisen- 
bandarmierte  dreifach  verseilte  Bleikabel  verlegt. 

Die  Kabel  liegen  durchschnittlich  1,0  m  unter  dem  Pflaster  in  einfachen  Bau- 
gruben und  zwar  die  Hochspannungs-  und  Verteilungskabel  meistens  in  einer  gemein- 
samen Baugrube,  wobei  die  Verteilungskabel  oben  und  die  Hochspannungskabel  unten 
Terlegt  sind. 

In  einer  Transformatorenstation  wird  die  Spannung  auf  110  Volt  abgewandelt 
und  mit  dieser  Spannung  wird  der  Strom  als  Dreiphasen-Drehstrom  im  Dreileiternetz 
▼erteilt. 

Über  die  Anlagekosten  sind  bereits  in  Tabelle  I  S.  244/245  Angaben  gemacht. 


Erwähnt  sei  nur  noch,  das*  gekostet  haben  beim  Kanalbau  durchschnittlich : 

Beton  in  hydraulischem  Kalk  pro  cbm 

Beton  in  Zement  ,      , 

Mauerwerk  in  Bruchsteinen  in  hydraulischem  Kalkmörtel  ,      „ 

Mauerwerk  in  Bruchsteinen  in  Zement  ,       , 

Mauerwerk  ans  Hausteinen  (Verblendung)  in  Zement  ,      , 


10,0  Frs. 

20,0  , 

18,0  „ 

25,0  , 
30,0 


Ferner  haben  gekostet: 
Der  Überlauf  bei  Em  8,600 
Der  Laufkran 
Der  elektrische  Teil  des  Krafthausee 

oder  51  Frs.  =  41,8  Mk.  pro  installierte  PSe  der  Turbinen. 
Werkstatteinrichtungen,  Mobiliar  und  Geräte 
Die  Hochspannungs-  und  Verteilungsleitungen  mit  387  km  dreifacher, 

d.  i.  1161  einfacher  Kabellänge 
Vorräte,  Motoren,  Zähler,  Hausanschlüsse  und  Reserveteile  hierfür 


=      207867,0  , 

=        86042,0  r 

=    1084000,0  r 

=      825772,0  , 

=  10888000,0  , 

=    1258825,7  , 


Die  Gesamtkosten  der  Anlage  haben  50  Millionen  Frs.  einschliesslich  8854926,48  Frs.,  welche 
als  Betriebsmittel  und  zur  Deckung  von  Betriebszuschüssen  (vergl.  S.  266)  für  die  ersten  Jahre  nötig 
waren,  betragen.    Das  Anlagekapital  ist  zur  Hälfte  in  Aktien,  zur  Hälfte  in  Obligationen  beschafft. 


Die  Entwickelung  der  Anschlnssbewegung  ergibt  sich  aus  folgender  Tabelle: 


Anschluss 
für  Kraft- 
zwecke in 
PS* 

Anschluss  für 

Lichtzwecke 

in  Lampen 

von  10  O.K. 

Anschluss  in  KW 

Zahl  der  Abonnenten 

jähr 

für  Kraft- 
zwecke 

für  Licht- 
zwecke 

zusammen 

für  Kraft 

für  Licht 

1899 

2948 

58  864 

■  ■■'■ 

^MH» 

_ 

634 

1368 

1900 

6955 

104284 

— 

— 

— 

1246 

2905 

1901 

9  581 

142  520 

— 

— 

— 

1787 

4695 

1902 

11480 

164540 

— 

— 

— 

1935 

5528 

1908 

18075 

179  073 

9623 

4551 

14 174,0 

2171 

6  372 

1904 

14298 

189  500 

10520 

4  874 

15  394,0 

2316 

6901 

1905 

16582 

201887 

12168 

6268 

18486,0 

2  485 

7440 

Bezüglich  der  erzeugten  und  nutzbar  abgegebenen  KW- Stunden  sei  nachfolgende  Zahlentafel 
mitgeteilt: 


^wi  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Beispiele. 


Durchschnittliche  Be« 
u  v  *«to*ua*  •  nutsungsdauer  der  im 
v  *v>u  iii*ugU  '  Krafthause  installier- 
y*  Stunden*)  '    ten  EW(14265)  in 

I  Stunden 


Nutzbar  abgegebene  KW- 
Stunden  unter  Annahme 
eines  Verhältnisses  von 
nutzbar  abgegebenen  zu 
erzeugten  KW-Std.  von 

0,8  vergl.  S.  336 


D  archschuittliche 
nutzungsdauer  des  Ge- 
samtanschlusswert aa 
in  KW-Stunden 


■  'AV 

22  107  948 

1550 

17  686  358 

-vH 

24  899  213 

1746 

19  919  370 

;*» 

29  737  856 

2  084 

23  790  038 

1247 
1294 
1291 


Die  gleichzeitig  maximale  Belastung  der  Generatoren  im  Krafthause  hat  in  den  Jahren  190S 
hu4  1904  50°  o  des  Anschlusswertes  nicht  überschritten. 

Die  Einnahmen  haben  betragen: 


Betriebsjahr 

Im  ganzen  in 
Frs. 

Jährlich  pro  im  Krafthaus 
installierte 

pro  angeschlos- 
senes K  W  u.  Jahr 

. 

j     PS«  in  Frs.     !      KW  in  Frs. 

in  Frs. 

1903 
1904 
1905 

i 

1 
2978000        j 
8  880  443 
3  674  082 

i 

146 
163 
180 

202 
233 
257 

210 
216 
200 

Es  wurde  sowohl  Zählertarif  als  auch  Pauschaltarif  eingeführt  und  es  betrug  1904  der 
für  Lichtstrom  pro  KW- Stunde: 

1.  für  Bureaux,  welche  zu  einer  bestimmten  Stande  schliessen    50  Ctm. 


2.  Werkstätten 

50 

9 

3.  Restaurationen 

60     , 

4.  Läden 

65     „ 

5.  Wohnzimmer  aller  Art 

80     , 

Auf  die  Preise  ad  3y  4,  5  wurde  folgender  Rabatt  gewährt 

• 
• 

Für  den  Konsum  von  mehr  als      100  Frs. 

pro 

Monat        1,0% 

99            •             *         •        »         250     , 

» 

* 

Ä5°/o 

T              9                      9                        9*9                  Öüü         » 

9 

9 

5,0'/o 

»       n           s            *         »       «       1000     , 

9 

* 

7,5°/o 

•       *           *            *         >       *       1500     „ 

9 

9 

10,0°/o 

* 

Der  Strompreis  für  Kraftzwecke  betrug   a)  bei  Messung  durch  Zähler: 

für  Motoren  ron  PSe             Preis  pro  KW- Stunde 

Preis  pro  PS« -Stunde 

1                                     28,0  Ctm. 

20,61  Ctm. 

5                                     24,1     , 

17,74     „ 

10                                     20,4     , 

15,01      , 

15                                      17,0     , 

12,51      , 

20                                      14,6     , 

10,74     , 

25                                      13,2     , 

9,72     , 

80                                      12,5     , 

9,20     , 

40                                      10,9     , 

8,02     , 

50                                       9,5     , 

6,99     , 

6)  Des  Vergleichs  halber  sei  erwähnt,  dass  in  dem  Krafthause  Vizzola  (vergl.  §  1)  bei  20000 
installierten  PSC  --  14000  KW  1906  bereite  rd.  70  Millionen  KW- Stunden  erzeugt  wurden,  woraus  sich, 
eine  durchschnittlich o  Benutzungsdauer  der  installierten  Leistung  von  5000  Stunden  jährlich  ergibt  und 
sich  die  grosse  Prosperität  der  Societa  Lombarda  zum  Teil  erklärt. 


§    24. 


Das  Wasserkkaft-Elektbizitätswerk  Jonage-Cusset-Lyon. 


527 


Für  alle  Zwischenstufen  sind  natürlich  im  Tarif  Preise  vorgesehen.    Die  obigen  Angaben  sollen 
nur  eino  Übersicht  geben. 

b)  Im  Pauschaltarif  pro  Jahr  bei  einer  Benutzung  bis  zu  12  Stunden  pro  Tag: 

PSo  Preis  pro  PS*  u.  Jahr  in  Frs.                      PSt,  Preis  pro  PSe  u.  Jahr  in  Frs. 

I  720  20                            360 

5  620  30                            300 

10  510  40                            270 

15  435  50                            250 

Für  Konsumenten,   welche  die  Kraft  während   24  Stunden  zur  Verfügung  haben  wollen,   wird 
der  Preis  um  50°,o  erhöht. 

Die  direkten  Ausgaben  haben  betragen: 


a)  Allgemeine  Verwaltung  (Frais  gä- 
neraux)  

b)  Betrieb  n.  Unterhaltung  (Exploita- 
tion et  Entretien) 

c)  Steuern  u.  Abgaben  (Impöts,  rede- 
vances  et  frais  de  contröle  payes 
ä  l'Etat) 


Zusammen : 


1903 

252  903 
443  113 


1904 


1905 


Direkte  Betriebskosten  der  nutzbar 
abgegebenen  KW-Std.  in  Gtm. 


144  267 


840  283 


249  548 
425  940 


164  323 


275  826 

478  146 


186  604 


839  811  Ü  940  576 


1903 


1904 


1905 


4,75 


rd. 
1,2 

1,9?) 
0,8 


4,2 


3,9 


In  dem  Betriebsjahr  1904  konnte  zum  erstenmal  eine  Dividende  vqn  16  Frs.  auf  eine  Aktie 
von  500  Frs.8)  gezahlt  werden,  för  das  Betriebsjahr  1905  stieg  die  Dividende  auf  19  Frs.  Die  ersten 
drei  Betriebsjahre  hatten  bare  Retriebszuschüsse  erfordert  (vergl.  S.  266  und  338  ad  1). 

Erwähnt  sei  noch,  dass  die  Gesellschaft  im  Jahre  1905  einen  Vertrag  mit  der 
Lyoner  Trambahn -Gesellschaft  geschlossen  hat,  wonach  sie  an  die  letztgenannte  Ge- 
sellschaft während  der  Zeit  des  Wasserüberflusses  Strom  liefert,  während  die  Strassen- 
bahn-Gesellschaft  umgekehrt  in  den  Wintermonaten  unter  Zuhilfenahme  ihrer  Dampf» 
reserven  den  Strom  an  die  Societe-Lyonnaise  des  Forces  Motrices  du  Rhone  in  natura 
zurückzugeben  hat.  Auf  diese  Weise  verfügte  die  letztgenannte  Gesellschaft  tatsächlich 
bereits  über  eine  Dampfreserye,  welche  sie  durch  Aufstellung  von  Dampfturbo-Genera- 
toren mit  Zubehör  in  Cusset  inzwischen  noch  ergänzt  hat. 


?)  Wenn  man  diese  Zahl  mit  den  Betriebskosten  in  Tabelle  XI,  S.  273,  Spalte  4  ad  26  ver- 
gleicht, so  ist  in  Betracht  zu  ziehen,  dass  die  wasserbaulieben  Anlagen  bei  der  Jonage-Anlage  ungewöhn- 
lich umfangreich  and  teuer  geworden  sind,  infolgedessen  sowohl  im  Betrieb  wie  Unterhaltung  grosse 
Kosten  verursachten  und  ferner,  dass  in  den  obigen  Kosten  auch  die  Betriebskosten  des  Verteilungs- 
netzes enthalten  sind. 

8)  Das  Kapital  ist  durch  20  Millionen  Aktien  und  durch  den  gleichen  Betrag  in  Obliga- 
tionen gebildet  (vergl.  525). 


628  IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 


§  25.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  in  Livet  (Istre) 

der  Social  Electro-Chimique  de  la  Romanche.  Hieran  Tal.  XLli). 

Ebenso  wie  der  Drac  ist  die  Romanche,  welche  unterhalb  der.  in  §  26  beschrie- 
benen Kraftanlage  bei  Champ  in  den  Drac  einmündet,  bereits  stark  industriell  aus- 
genützt *). 

Die  Anlage  Livet  ist  ausgeführt,  um  für  die  elektro-chemische  Fabrik  der  oben- 
genannten Gesellschaft  den  Strom  zu  liefern.  An  der  Stelle,  wo  das  Wehr  in  der 
Romanche  errichtet  wurde,  soll  im  12.  Jahrhundert  ein  Staudamm  erbaut  worden  sein 
und  den  See  Saint  Laurent  gebildet  haben.  Am  15.  September  1219  soll  nach  der  Ober- 
lieferung der  Staudamm  gebrochen  sein  und  die  talwärts  stürzenden  Wassermassen  sollen 
alle  Orte  unterhalb  bis  nach  Grenoble  zerstört  haben.  Die  Romanche  fliesst  in  der 
Sohle  des  ehemaligen  Staubeckens  durch  ein  breites  Tal  und  lagert  bei  Hochwasser  auf 
flachen  Ufern  ihre  Sinkstoffe  ab. 

Das  Wehr  wurde  144,0  m  unterhalb  der  Brücke  von  Aveynat,  wo  die  Romanche 
Stromschnellen  bildete,  erbaut  (Abb.  1 1 7).  Es  besteht  aus  einem  30,0  m  langen  massiven 
Überfallwehr  und  aus  einem  Grundablass  von  10,0  m  lichter  Weite  zwischen  den  massiven 
Pfeilern.  Das  Überfallwehr  ist  flussaufwärts  mit  einem  Radius  von  60,0  m  gekrümmt 
(vergl.  Taf.  XLI,  Fig.  4)  und  stützt  sich  am  rechten  Ufer  auf  einen  starken,  tief  in  das 
Erdreich  verankerten  Uferpfeiler  und  an  der  anderen  Seite  auf  den  Begrenzungspfeiler 
des  Grundablasses.  Die  Vorderfläche  des  Wehrkörpers  ist  fast*  vertikal  und  der  AfcfaU- 
TÜeken  nach  Kreisbögen  gekrümmt,  während  der  Abfallboden  eine  Gegenkrümmung 
enthält,  durch  welche  ein  Wasserpolster  gebildet  wird  (vorgl.  Taf.  XLI,  Fig.  5). 

Der  Grundablass  ist  durch  eiserne  Griessäulen  in  3  Öffnungen  geteilt  von  je 
2,0  m  lichter  Weite  und  durch  3  Schützen  verschliessbar.  Die  Schwelle  der  Grcnd- 
ablasschützen  liegt  2,60  m  tiefer  als  die  Krone  des  festen  Wehres. 

Im  Zuge  der  den  Grundablass  begrenzenden  Ufermauer  liegt  der  Einlanf ,  ge- 
bildet durch  eine  ca.  1,80  m  breite  Mauer,  deren  Krone  0,60  m  unterhalb  der  Krone 
des  Überfallwehres,  also  2,0  m  über  der  Schwelle  des  Grundablasses  liegt  Die  Fluss- 
sohle ist  in  der  Breite  des  Grundablasses  und  in  der  ganzen  Länge 
des  Einlaufs  mit  grossen  Steinplatten  befestigt  und  mit  einem  Gefälle 
gegen  den  Grundablass  zu  von  ungefähr  1:30  versehen.  Auf  diese  Weise 
kann  ein  sehr  wirksamer  Spülstrom  verlängs  des  Einlaufs  erzielt  werden.  Diese  An- 
ordnung war  angesichts  der  grossen  Massen  von  Kies  und  Sand,  welche  die  Romanche 
führt,  sehr  am  Platze.  Bei  richtiger  Bedienung  der  Grundablasschützen  kann  man  die 
Kiesablagerang  immer  tief  genug  halten,  sodass  gröberes  Geschiebe  kaum  in  den  Ein- 
lauf hineingelangen  kann.  Da  derselbe  lang  und  breit  genug  ist,  um  das  Wasser 
mit  geringer  Geschwindigkeit  eintreten  zu  lassen  und  da  das  Wasser  den  oberen 
Schichten  entnommen  wird,  findet  auch  eine  recht  wirksame  Ausscheidung  der  Sinkstoffe 


i)  Die  Zeichnungen  sind  nach  Handakizzen  des  Verfassers  angefertigt.  Die  Abbildungen  sind 
einer  Beschreibung  der  Anlage  in  der  Compte  renda  da  Congres  de  la  Honille  Blanche,  Deuxieme  volonte. 
Grenoble  1902  8.  421  u.  ff.  entnommen. 

*)  Die  zurzeit  am  weitesten  aufwärts  liegende  Anlage  ist  die  von  Livet,  es  folgt  dann  die- 
jenige von  Rionperoux,  dann  diejenige  von  Gavet  Clavaux  nnd  schliesslich  diejenige  von  Vizille.  Ton 
Grenoble  führt  Aber  Vizille  eine  Nebenbahn  in  das  Tal  der  Romanche  bis  Le  Boorg  d'Oisans,  etwa 
*/4  Stande  Wegs  unterhalb  von  Livet. 


§     26.  DAB    WASBEBCUFT-ELBETBIZTTlTBWBBr    LlVBT   A.   D.    ROM  ASCHE.  639 

statt  Hinter  der  Einlaufmaner  befindet  sich  ein  3,0  m  breites  Becken.  Über  der 
ganzen  Breit«  dieses  Beckens  liegt  ein  gegen  die  Horizontale  unter  etwa  22 — 26°  ge- 
neigter eiserner  Feinrechen  ans  Flacheisen  mit  etwa  3,0  cm  lichter  Weite  zwischen  den 
Stäben  (vergl.  Taf.  XLI,  Fig.  6). 

Die  Mauer  des  Einlaufe  hat  zwischen  den  Begrenzongswänden  eine  Länge  von 
25,0  m.  Die  Rechenfläche  beträgt  daher  mehr  als  75  qm ,  sodass  die  grösste  Wasser- 
menge von  25  cbm/sük.,  bei  höheren  Wasserständen,  selbst  wenn  man  einen  Teil  der 
Fläche  durch  Schwimmkörper  wie  Holz,  Laub  oder  Eis  geschlossen  annehmen  wollte, 
mit  weniger  als  1,0  m/sek.  Geschwindigkeit  durch  den  Rechen  treten  könnte.    Es  dürfte 

Abb.  117.    Anrieht  das  Wehr««  und  der  EntnahmMtoll«  der  Aalag»  Livat  bei  B.W. 


vorznziehen  gewesen  sein,  den  Rechen  ganz  wagerecht  und  mit  Stäben  in  Richtung  der 
Einlaufmauer  anzuordnen.  Ausserdem  wäre  es  wohl  zweckmässig  gewesen,  flnssabwärtB 
noch  eine  Spülschätze  für  das  Einlaufbecken  einzubauen. 

Der  für  eine  grösste  Wassermenge  von  25  cbm/sek.  berechnete  Werkkanal 
liegt  fast  ganz  im  Tunnel  und  ist  etwas  über  2,0  km  lang.  Sein  Querschnitt  ist 
fast  kreisrund  mit  einem  Dm.  von  3,75  m.  Die  Verlegung  des  Kanals  in  den 
Tunnel  war  hier  geboten,  um  die  Überschreitung  verschiedener  Schlachten  zu  ver- 
meiden, in  welchen  alljährlich  Schneelawinen  herabkommen.  Das  Kanalprofil  ist  Über- 
all mit  Beton  ausgekleidet,  weil  auch  das  feste  Gebirge  sich  als  rissig  und  durchlässig 
erwies.  Diese  Auskleidung  ist  im  tragfähigen,  festen  Gebirge  0,25  m,  im  weicheren 
Gebirge  0,60 — 1,0  m  stark.  Durch  3  Seitenstollen  hat  man  im  ganzen  8  Angriffspunkte 
für  die  Herstellung  des  Tunnels  geschaffen.  Man  hat  diese  3  Seitenstollen  zur  Anlegung 
von  Überläufen  mit  Grundablässen  benutzt.  Durch  Vertiefung  der  Sohle  an  jedem  Über- 
lauf wurde  je  ein  Kiessack  gebildet,  den  man  durch  den  Grundablass  spülen  kann. 
Der  Werkkanal  mündet  auf  einem  schmalen  Plateau  aus,  an  dessen  Fusse  das  Kraft- 
haus und  die  Fabrik  errichtet  sind  und  welches  rd.  60,0  m  über  dem  Wasserspiegel  der 
Romanebe  liegt.    Auf  diesem  Plateau  ist  das  Vorbecken  und  die  Druckkammer  ange- 

Handba*«  dar  Ia«.-WU«niM>h.    III.  T«U.    13.  Bd.  84 


530  IL     Theodor  Koehn.     Ausbau  vom  Wasserkräften.     Hfjhpiele. 

lagt  (vergl.  Abb.  118).  Die  eine  Betonwand  des  Vorbeckena  bildet  eine  Verkleidung  des 
ausgesprengten  Felsens,  die  gegenüberliegende,  welche  mit  Bruchsteinen  verblendet  ist, 
steht  hart  am  Rande  des  Abhanges.  Das  Vorbecken  ist  an  der  Eintrittsstelle  des  Werk' 
kanals  9,0  m  breit,  seine  Sohle  ist  gegen  den  Kanal  vertieft  und  gegen  die  in  der 
Nahe  des  Rechens  liegende  Spülscbütze  geneigt  (vergl.  Taf.  XI J,  Fig.  7  und  8). 

Die  nach  dem  Tal  zu  gelegene  bogenförmige  Begrenzungswand  des  Beckens  ist 
als  Überlauf  ausgebildet.  Eine  in  die  Sohle  eingelassene  schräge  eiserne  Wand,  deren 
Oberkante  unter   dem  Wasserspiegel  liegt,   dient  dazu,   den  Sand  nnd   Kies  nach   der 

Abb.  118.    Ansicht  des  Vorbeckene  mit  Überlauf,  der  Druckkammer  nnd  du  Krafthansee  dar  Anlag«  Jjret. 


Spülschütze  zu  fuhren.  Am  Ende  des  Überlaufs  steht  auf  der  daselbst  sprungweise 
erhöhten  Sohle  des  Beckens  ein  schräger  Feinrechen,  um  das  Laub  zurückzuhalten. 
Hinter  demselben  befindet  sich  eine  Bedienungsbrücke.  Das  Becken  verengert  sich  hier 
der  natürlichen  Gestaltung  des  Plateaus  folgend  auf  6,0  m  und  weicht  dann  dahinter 
talwärts  um  3,0  m  aus.  Die  Druckkammer  ist  von  dem  Vorbecken  durch  3  eiserne 
Schützen  von  je  2,6  m  lichter  Weite  und  ca.  5,0  m  Höhe  abgeschlossen.  Durch  zwei 
Dammbalkenschlitze  ist  die  Möglichkeit  geschaffen,  notfalls  die  Schätzen  zar  Vornahme 
von  Reparaturen  trocken  legen  zu  können. 

Bemerkenswert    ist    die  Wasserführung    von    der  Druckkammer 
zum  Kraft  haus»).    Das  Wasser  tritt  aus  der  Druckkammer  in  einen  Tertikaien,  in 


1)  In   ähnlicher  Weise  wird   bei    den  Eisenwerken  Meran-Boien  (erbaut  1897/1898)    du  Druck- 
waaser  den  Turbinen  durch  einen  ausbetonierten  Druckstellen  von  8,0  m  lichter  Weite  nnd  durch  daran 


§  26.  Das  WassebkbafivElektbizitItswebk  bei  Champ  (Füre  et.  Morge).  531 

den  Felsen  eingesprengten  Schacht  von  3,0  m  Lichtweite  ein.  Letzterer  mündet  unten 
in  ein  schmiedeeisernes  Druckrohr  von  2,5  m  Dm.  ans,  in  welchem  das  Druckwasser 
unterirdisch  zur  Zentrale  geführt  wird.  Die  Übergangsstelle  zwischen  Schacht  und 
Druckrohr  ist  so  ausgeführt,  dass  noch  ein  zweites  Druckrohr  verlegt  werden  kann.  Zur 
Verhütung  von  Wirbelbildungen  ist  über  der  Mündung  des  vertikalen  Druckschachtes 
eine  liegende  Decke  aus  eisernen  Trägern  und  Blechplatten  angelegt,  welche  überall  ca. 
2,0  m  über  die  Ränder  des  Schachtes  herübergreift.  Bevor  diese  Deckplatte  einge- 
baut war,  bildeten  sich  in  dem  vertikalen  Schacht  tiefe  Lufttrichter,  welche  viel  Luft 
mitrissen  und  zu  Wasserschlägen  in  dem  eisernen  Druckrohr  Veranlassung  gaben. 

Der  Maschinensaal  des  Krafthauses  hat  Platz  für  15000  PS«.  Die  zuerst  auf- 
gestellten 5  Turbinen8)  von  je  1250  PS«  sind  Gehäuse-Reaktionsturbinen  mit  Saugrohr, 
welche  am  ganzen  Umfange  von  aussen  radial  beaufschlagt  werden,  axial  seitlich 
ansgiessen  und  350  Uml./Min.  machen.  Sie  sind  ähnlich  denjenigen,  welche  für  das 
Krafthaus  der  Anlage  Füre  et  Morge  in  Champ  geliefert  sind  (vergl.  Taf.  LXXII,  Fig.  3 
und  4  und  Taf.  LXXIII,  Fig.  2  und  3).  Jede  Turbine  hat  ihren  eigenen  selbsttätigen 
hydraulischen  Servomotor.  Die  direkt  gekuppelten  Einphasen- Wechselstrommaschinen4) 
(System  Thury)  mit  festem  Anker  und  beweglichem  Magnetrad  liefern  Strom  von  70  Volt 
Spannung  und  46,6  Per./sek.  Die  niedrige  Spannung  wird  für  elektro-chemische  Zwecke 
in  der  Fabrik  gebraucht.  Für  den  Antrieb  der  Erregermaschinen,  welche  auch  den 
Gleichstrom  für  die  Beleuchtung  und  die  Arbeitsmaschinen  in  der  Reparaturwerkstatt 
des  Krafthauses  und  in  den  Fabriken  liefern ,  dienen  2  Gruppen  von  Girard-Turbinen 
von  je  175  PS«  und  500  Uml./Min.  Der  Nutzeffekt  der  grossen  Turbinen  soll  80°/o, 
der  der  kleinen  70%  betragen. 

Im  Jahre  1904  sind  noch  2  grössere  Gruppen  aufgestellt  worden,  welche  Strom 
nach  Grenoble  abzugeben  bestimmt  waren. 


§  26.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  am  Drac  bei  Champ  (Isfere) 

der  Soci^t^  Hydro-Electrique  de  Füre  et  Morge.   Hierzu  Taf.  XLII  und  XLmi). 

Im  Jahre  1899  vereinigte  sich  eine  Anzahl  Industrieller  aus  den  Tälern  der  Füre 
und  Morge,  zwei  Nebenflüssen  der  Isere,  zu  einem  Syndikat  mit  der  Aufgabe,  den  Syn- 
dikatsmitgliedern billige  elektrische  Energie  zur  Verfügung  zu  stellen.  Da  der  hierbei 
eingeschlagene  Weg  in  formaler  Beziehung  interessant  ist,  sei  er  kurz  geschildert. 

Im  Juli  1900  gelang  es  der  Syndikatsleitnng  mit  der  Sociätö  Hydro  -  iSlectrique  de  Fare  et 
Morge,  welche  eine  Wasserkonzession  an  dem  Drac  besass,  einen  Vertrag  auf  ungefähr  folgender 
Grandlage  zu  schliessen: 

„Die  Gesellschaft  Fare  et  Morge  stellte  dem  Syndikat  der  Industriellen  4000  PSe  zur  Verfügung 
und  zwar  auf  die  Daner  von  80  Jahren  von  der  BetriebserOffhung  an.    Es  sollte  eine  Socieie*  Civile  mit 


anschliessende  zwei  Druckrohre  von  1,6  m  Dm.  zugeführt  (vergl.  die  Literaturangaben  am  Schiasse 
dieses  Kapitels). 

3)  Geliefert  von  Neyret,  Brenier  &  Co.,  Grenoble. 

*)  Geliefert  von  der  Compagnie  de  l'Industrie  filectrique  et  Mächanique  in  Genf. 

i)  Die  Zeichnungen  und  Abbildungen  sind  dem  Sonderabdruck  aus  dem  Genie  Civil,  Paris  1903, 
Aufsatz  von  Ch.  L6pine,  dem  Generaldirektor  der  genannten  Gesellschaft:  Les  Installations  Hydro- 
lälectriqaea  de  la  Sociele*  Fare  et  Morge  etc.  entnommen. 

84* 


582  II.    Theodor  Korhn.    Ausbau  von  WasserkkIftkk.    Besspielk. 

4000  Autoflscheinen,  entsprechend  4000  P8#t  gegründet  werden.  Den  Mitgliedern  des  Syndikat»  —UUm 
diese  Anteilscheine  pro  rat*  der  tob  ihnen  gezeichneten  PSe  fiberlassen  werden,  wlhrend  die  Secsettd 
Fnre  et  Morge  diejenigen  Anteilscheine  erhalten  sollte,  welche  nicht  von  den  Industriellen  des  Syndi- 
kates gezeichnet  werden  wurden.  Am  Ende  der  Vertragszeit,  welches  für  den  1.  Januar  1088 
war,  sollte  die  ganze  Installation  der  Socidtd  Fnre  et  Morge  auf  die  ßocidte  Civile  anentgeltlich  fll 

Der  Preis  pro  elektrische  PS«  =  0,780  KW  nnd  Jahr  sollte  betragen:  für  eine 

24  ständige  Benntsongsdaaer  150,0  Frs. 

12        ,  ,  125,0    ,    *). 

Jedes  Mitglied   des  Syndikates  sollte   nur  für  sein  eigenes  Abonnement  aof  Kraft 
wörtlich  sein. 

Die  Kraft  sollte  wlhrend  des  ganzen  Jahres  mit  Ausnahme  von  20  Tagen,  alle  Festtage  eme- 
gerechnet,  in  liefern  sein.  Die  liefernde  Gesellschaft  sollte  aber  frei  sein  ron  aller  Verantwortona;  Ar 
unterbrochene  8tromliefemng,  sofern  es  nicht  in  ihrer  Macht  lag,  die  Ursachen  der  Unterbrednrag 
abzuwenden. 

Es  waren  auch  Quoten  festgesetzt,  welche  die  Socioi*  Fnre  et  Morge,  bevor  sie  einen  Gewiam 
an  ihre  Aktionare  verteilen  durfte,  für  Erneuerung  und  Tilgung,  sowie  für  die  Bildung  eines  Garaaüo- 
fonds  wurde  zurücklegen  müssen. 

Am  31.  August  1900  waren  von  den  Industriellen  bereits  8040  PS«  gezeichnet,  sodass  aaf  die 
Industriellen  8040  Anteile,  auf  die  8ocidt4  Hydro-ttlectrique  060  Anteile  entfielen.  Die  SocieW  Cirfle 
wurde  den  gesetzlichen  Bestimmungen  entsprechend  am  7.  Mai  1908  mit  einem  Kapital  von  80000  Fra^ 
eingeteilt  in  4000  Anteile,  gegründet 

Der  Drac,  welcher  bis  Saint-Georges  de  Commiers  zwischen  steilen  Felsen  einge- 
schnitten ist,  breitet  sich  von  da  ab  in  einer  weiten  Ebene  ans  nnd  höht  durch  die 
von  dem  Wasser  mitgefuhrten  Geschiebe  und  Sinkstoffe  die  Flußsohle  allmählich  auf. 
Das  Flussbett  erreicht  hier  eine  Breite  von  mehr  als  1  km.  Während  der  höchsten 
Hochwasser  kann  die  sekL  Wassermenge  bis  auf  1200  cbm/sek.  steigen,  sie  soll  wÄhrend 
des  sogenannten  Mittelwassers  etwa  80  bis  100  cbm/sek.,  neunmonatlich  etwa  35  cbm 
nnd  856  tagig  18—20  cbm  betragen  (vergl.  §  23,  S.  497).  Bei  niedrigen  Wasserständen 
wechselt  der  Fluss  sehr  oft  sein  Gerinne  in  dem  weiten  Bett.  Auf  Grund  der  Vorar- 
beiten wurde  das  Bauprogramm  dahin  festgesetzt,  dass  in  der  N&he  des  Ortes  Saint 
Georges  de  Commiers,  unweit  abwärts  der  Stelle,  wo  die  Eisenbahnbrücke  der  Linie 
Grenoble-Veynee-Gap  und  eine  Strassenbrücke  dicht  nebeneinander  liegend  den  Fluss 
überschreiten,  ein  Wehr  zu  errichten  sei  mit  einem  solchen  Aufstau  bei  N.W.,  dass 
mindestens  17  cbm/sek.  in  den  Werkkanal  hineingeleitet  werden  konnten  und  einer 
solchen  Länge,  dass  bei  höchstem  Hochwasser  die  Höhe  des  überfallenden  Wasserstrahls 
nicht  mehr  ab  1,5  m  betragen  sollte.  Man  musste  für  das  Wehr  eine  Stelle  suchen, 
an  der  eine  erhebliche  Aufhöhung  der  Sohle  durch  Geschiebe  nicht  zu  befürchten  war. 
Da  an  den  Brücken  die  Profilbreite  der  Flussohle  auf  110,0  m  Breite  eingeschränkt  ist. 
wird  die  Geschwindigkeit  bei  Hochwasser  so  gross,  dass  das  Wasser  sich  selbst  das 
Bett  rein  hält  (vergl.  Abb.  119). 

Mit  Rücksicht  auf  die  für  das  Wehr  gewählte  Örtlichkeit  und  auf  den  Baugrand 
musste  von  vornherein  von  einem  Wehr  mit  grosser  Stauhöhe  abgesehen  werden«  Man 
projektierte  deshalb  ein  festes  Überfallwebr,  welches  in  einem  Winkel  von  ungefähr 
70°  sor  Stromachse  über  den  Fluss  gelegt  wurde  und  sich  nur  etwa  1,5  m  mit  der 
Krone  über  der  vorhandenen  Flussohle  erhob.  An  der  Seite  des  Einlaufs  wurde  ein 
Grumdablass  angelegt,  um  die  Ablagerungen  vor  dem  Wehre  besonders  längs  des  Einlaufs 
ins  Unterwasser  spülen  zu  können  (vergl.  Taf.  XLH,  Fig.  1). 

Das  Wehr  ist  als  massiver  Betonkörper  von  6  bis  12,0  m  Breite  im  Querschnitt 
und  einer  Dicke  wachsend  von  1,0  m  am  Ende  des  massiven  Abfallbodens  auf  2,50  m 
unter  der  Krone  auf  einer  Bettung  von  grossen  Steinen  und  künstlichen  Betonblöcken 

i)  Also  für  die  24 ständige  Kraft  wurde  nur  20°/o  mehr  verlsngt  als  für  die  12 stündige,  woraaf 
im  Hinblick  auf  die  Mitteilungen  S.  888  besonders  hingewiesen  sei. 


DlB    WABBBBEBATT-ELEKTBlZITlTSWXEtK   BEI   CRAKF   (FüRK    BT  MoBGE). 


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634  IX.    Theodor  Koekn.    Ausbau  von  WabserkbXfteh.    Beispiele. 

errichtet  (Tat.  XLTI,  Fig.  6).  Dieses  Bett  ans  grossen  Blocken  ist  von  verschiedener 
Dicke  nnd  erreicht  eine  solche  von  5,0 — 6,0  m  in  der  Nähe  des  Pfeilers,  welcher 
den  Grnndablass  begrenzt. 

Dar  inm  WehrkOrper  retwendet«  Beton  ist  in  einer  Mischung  von  800  kg  Pottland  -  Zr  —  «ps 
(Berthelot)  auf  1  cbm  Drsc-Kies  hergestellt  nnd  die  Oberfliche  de*  Wehrrtckena  ist  dann  mit  einer  Pnix- 
sehieht  tob  2  cm  Starke  aus  fettem  Zementmörtel  ubenagan.  Es  hat  sich  aber  herausgestellt,  daaa 
diese  Zemsotnaat  von  dem  Eies  bei  Hochwasser  stark  angegriffen  wurde  nnd  man  hat  deshalb  aaek- 
triglich  den  Abfsllboden  dea  WeHrea  mit  groBaen  Steinblocken  belegt. 

Der  Grundablass  hat  zwei  Öffnungen  von  je  8,0  m  lichter  Weite  und  wird  durch 
zwei  eiserne  Schützen  von  je  1,60  m  Höhe  geschlossen  (Abb.  120).  Der  Mittelpfeiler 
des.  Grandablasses  ist  aus  eisernem  Gitterwerk  hergestellt  nnd  bis  über  H.W.  mit  Eisen- 
platten  und  Holzbohlen  so  bekleidet,  dass  sich  treibendes  Holz  nicht  an  ihm  festsetzen 
kann.    Über  dem  Grnndablass  liegt  eine  eiserne  Bedienungsbrücke,  anf  welcher  sich  die 

Abb.  120.    Grundablass  der  Wehranlage  Fora  et  Marge. 


Bewegnngsmechanismen  der  Schützen  befinden.  Eine  Abb.  der  Schützen  findet  sich  im 
Kap.  IH,  3.  Schützen.  Hit  Rücksicht  anf  die  Beschaffenheit  der  Flussohle  und  die 
grosse  Geschwindigkeit,  welche  das  Wasser  beim  Durchströmen  des  Grundablasses  an- 
nehmen kann,  ist  derselbe  auf  einem  17,0  m  langen  und  6,0  m  breiten  eisernen  Caisson 
fundiert.  Der  Caisson  ist  mittelst  komprimierter  Luft  bis  10,0  m  unter  der  Krone  des 
festen  Wehres  heruntergetrieben. 

Er  wurde  an  Ort  nnd  Stelle  auf  einem  Gerüst  montiert  und  dann  auf  die  Plnaaohle  herunter- 
gelassen (vergl.  Abb.  121).  NachdAu  die  Konsolen  der  Arbeitskammer  mit  Beton  ausgefüllt  waren, 
wurde  mit  dem  Aufbau  dea  Betonk&rpers "innerhalb  eines  eisernen  Schutzm  an  t  eis  begannen.  Die  eigent- 
liche Versenkung  begann  am  26.  December  1901  nnd  war  am  18.  Januar  1902  bereits  beendet,  obwohl 
man  grosse  BetonblOcke  und  U  Eisen,  welche  von  der  Fundiernng  dea  Uferpfeilers  herrührten,  sum  Teil 
mit  Dynamit  beseitigen  mnsate.  Die  Mantelbleche  der  Arbeite kamrner  waren  6  mm  stark ,  diejenigen 
des  oberen  Scbutimsntela  nur  S  mm.  Der  ganie  Caisson  enthalt  48000  kg  Eisen.  Für  die  Ausfüllung 
der  Arbeitskammer  nach  beendeter  Senkung  und  den  Aufbau  dea  Betonkorpero  worden  918  cbm  Beton 
(300  kg    Zement  [Valbonnaia]    suf   1  cbm  Beton)    verwendet      Die    komprimierte    Luft    wurde    in    einem 


Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  bei  Chamf  (Fore  bt  Morge). 


586  IL    Theodob  Koehn.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    Beispiele. 

Kompressor,  welcher  am  Ufer  aufgestellt  war  und  von  einer  fünfagpferdigen  Lokomobile 
wurde,  geliefert    Die  Beleuchtung  der  Arbeitskammer  erfolgte  durch  Kerzen*).* 

Um  die  Sohle  des  Gmndablasse^  gegen  die  aasschleifende  Wirkung  des 
zu  schützen,  ist  die  ganze  obere  Fläche  des  Betonkörpers  durch  einen  Belag  von  eichenen 
Bohlen  von  14  cm  Stärke  geschützt.  Diese  Bohlen  sind  an  den  Enden  durch  Winkel- 
eisen, im  übrigen  in  Entfernungen  von  1,0  m  durch  starke  Flacheisen  festgehalten, 
welche  ihrerseits  durch  80  cm  tief  in  den  Betonkörper  reichende  Bolzen  verankert  sind. 
Der  Bohlenbelag  bot  gleichzeitig  einen  guten  Schluss  für  die  Schützen  und  einen  glatten 
Boden  für  die  Abspülung  von  Geschiebe.  Stromabwärts  vom  Caisson  ist  die  Sohle  durch 
Steinblöcke  gesichert  und  absichtlich  rauh  gemacht,  um  die  Geschwindigkeit  des  Wassers 
zu  brechen. 

Sehr  gunstig  liegt  der  Einlauf,  welcher  durch  eine  rd.  80,0  m  lange  Mauer  mit 
15  Öffnungen  von  je  2,0  m  Breite  und  1,50  m  Höhe  gebildet  wird  (vergl.  Tat  XTJI, 
Fig.  1  und  7  und  Abb.  122).  Diese  Mauer  ist  auf  drei  Reihen  Pfählen  fundiert,  welche 
6,0  m  tief  eingerammt  sind.  Die  Entfernung  der  Pfähle  beträgt  1,25  m.  Sie  sind  durch 
Doppelzangen  in  der  Längs-  und  Querrichtung  zusammengehalten  und  ihre  Köpfe  sind 
mit  einem  Betonbett  von  1,90  m  Stärke  umgeben.  Längs  dieser  Mauer  lässt  sich  durch 
Ziehen  der  Grundablasschützen  ein  starker  Strom  erzeugen.  Die  15  Öffnungen  sind 
durch  hölzerne  Schützen  verschliessbar. 

Zum  Schutze  der  Sohle  hinter  und  vor  dem  Einlauf  sind  grosse  Betonblöcke  tob 
2,0  m  Breite  und  0,80  m  Stärke  verlegt  und  vor  diesen  Blöcken  ist  je  eine  breite  Stein- 
schüttung  angeordnet.  Nach  dem  Flusse  zu  ist  vor  der  Mauer  ein  1,93  m  hoher  Rechen 
(Abb.  122  zeigt  das  eiserne  Gerüst  des  Rechens)  mit  1,0  m  breiter  Bedienungsbrücke 
aufgestellt. 

Zu  bemängeln  an  der  Anlage  des  Einlaufe  wäre,  dass  die  Sohle  der  Schützen- 
Öffnungen  in  Höhe  der  Flussohle  gelegt  ist  anstatt  etwa  0,50 — 1,0  m  höher.  Man  hätte 
dann  der  möglichst  in  der  Breite  des  Grundablasses  zu  befestigenden  Flussohle  vor  dem 
Einlauf  nach  dem  Grundablass  zu  ein  stärkeres  Gefälle  geben  können.  Allerdings  hätte 
man,  um  auch  bei  nur  0,50  m  Wassertiefe  über  der  Schützenschwelle  noch  den  erfor- 
derlichen freien  Querschnitt  für  den  Eintritt  von  40  cbm/sek.  zu  bekommen,  entweder 
die  Länge  des  Einlaufe  entsprechend  vergrössern  oder  bei  massiger  Verlängerung  des 
Bauwerkes  die  Mafierfläche  auflösen  und  eiserne  Gitterböcke  als  Griesständer  ver- 
wenden müssen. 

Bei  der  gewählten  Anlage  kommt  sehr  viel  Eies  in  den  Kanal  hinein.  Man  hat 
zwar  die  Schützen  zweiteilig  gemacht,  und  bei  Hochwasser,  wenn  der  Fluss  die  grössten 
Mengen  von  Geschiebe  und  Sinkstoffen  führt,  ist  nur  der  obere  Teil  der  Schützen  ge- 
zogen, sodass  Wasser  nur  aus  den  oberen  Schichten  in  das  Ablagerungsbecken  hinein- 
gelangen kann,  aber  wenn  später  bei  niedrigen  Wasserständen  die  unteren  Schützen  ge- 
zogen werden,  so  wird  doch  viel  Kies  und  Sand  mitgerissen. 

Hinter  dem  Einlauf  hat  man  denn  auch  ein  grosses  Ablagerungsbeckem  von 
2500,0  qm  Grundfläche  angelegt  (vergl.  Taf.  XLII,  Fig.  1).  Dasselbe  wird  begrenzt  fluss- 
aufwärts  durch  eine  Böschung  mit  Betonbekleidung,  flussabwärts  durch  einen  Überlauf 
und  kanalwärts  von  einer  Grundmauer.  Der  Überlauf  ist  durch  eine  Betonmauer  ge- 
bildet. Die  Krone  des  Überlaufs  liegt  in  der  Höhe  der  Wehrkrone  (vergl.  Taf.  XLII, 
Fig.  2-4). 


*)  Die  Lieferung  und  Senkung  des  Caissons  wurde  von  der  Firma  Joya  in  QrenoWe  anagefokrt 


§  26.  Das  WAssERKKAf-r- Elektrizitätswerk  bei  Champ  (Füre  et  Morse).         537 

Um  das  Ablagerungsbecken  spülen  zu  können,  Bind  in  der  Überlanfmaner  sieben 
Spülablässe  angelegt,  von  denen  vier  mit  Schützen  nnd  drei  mit  Dammbalken  geschlossen 
sind.  Die  hierdurch  ermöglichte  Spülung  des  Ablagernngsbeckens  ist 
aber  unzureichend,  da  die  Sohle  zu  wenig  nach  den  Grundablässen  zu 
geneigt  ist.  Man  hat  deshalb  nachträglich  parallel  mit  der  Einlaufmauer  auf  einer 
hölzernen  Pfahlbrücke  über  H.W.  ein  Geleise  gelegt,  auf  welchem  sich  ein  elektrisch 
betriebener  Sagger  bewegen  kann.  So  kann  man  die  Ablagerungen  rechts  nnd  links 
von  der  Brücke  herausheben  und  die  Einlauföffnungen  freihalten.  Der  Bagger  be- 
fördert das  .Baggergut  in  den  Fluss,  indem  er  es  mittelst  einer  Rutschrinne  jenseits 
des  Überlaufs  ausschüttet. 

Abb.  122.    Ansieht  des  Kinlenfbeuwerkos  der  Anlege  Fnre  et  Morge. 


Die  Grundschwelle,  welche  den  Kanal  vom  Ablagerungsbecken  trennt,  ist  60  cm 
hoch.  Sie  ist  schräg  zur  Kanalachse  errichtet,  um  die  Ablagerungen  nach  dem  Über- 
lauf zu  leiten. 

Der  Werkkanal  hat  eine  Lange  von  rd.  600,0  m  und  seine  Breite,  in  Höhe  der 
Dammkrone  gemessen,  schwankt  zwischen  60,0  nnd  22,0  in.  Er  liegt  zum  Teil  im  Ein- 
schnitt, zum  Teil  im  Auftrag.  Seine  Böschungen  sind  mit  Betonbekleidung  in  hydrau- 
lischem Kalk  versehen  und  haben  eine  Neigung  von  1 : 1,5. 

Um  die  Sohle  des  Kanals  durch  die  weiter  unten  erwähnten  sechs  Spülablässe 
wirksam  spülen  zn  können,  ist  ihr  ein  Gefalle  von  1 :  250  gegeben,  sodass  die  Wasser- 
tiefe von  1,50  m  auf  rd.  3,8  m  anwächst.  Die  Wassergeschwindigkeit  beträgt  bei  normalem 
Betriebe  nur  0,35  m/sek.  und  es  lagert  sich  infolgedessen  Sand  und  Kies,  welcher  über 
die  Grandschwelle  herüberkommt,  in  dem  kurzen  Kanalbett  ab.    Man  kann  daher  den 


538  IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

Kanal  auch  als  ein  zweites  Ablagerangsbecken  auffassen.  Es  gehört  aber  zn  der  Spnhmg 
desselben  sehr  viel  Wasser,  und  man  kann  die  Spülung  wirksam  nur  in  Betriebspaosen 
vornehmen. 

Der  Werkkanal  mündet  lotrecht  zur  Schnittlinie  E— F,  Taf.  XLII,  Fig.  9,  in  ein 
Vorbecken  von  rd.  620,0  qm  Grundflache  bei  einer  Wassertiefe  von  3,80  m  (vergL 
Taf.  XLII,  Fig.  8 — 12).  Aus  diesem  Vorbecken  tritt  das  Wasser  über  eine  Schwelle  (a) 
von  1,0  m  Höhe,  auf  welcher  sich  ein  Rechen  befindet,  in  die  Druckkammer  ein.  Ober- 
halb des  Rechens  befindet  sich  eine  Bedienungsbrücke  auf  eisernen  Trägern  mit  einem 
Geländer  gegen  die  Druckkammer.  Auf  der  das  Vorbecken  nach  dem  Drac  zu  begrenzenden 
Mauer  ist  ein  Überlauf  angelegt,  dessen  Krone  ungefähr  auf  Hohe  der  Wehrkrone  liegt. 
Ausserdem  befinden  sich  in  der  Überlaufmauer  die  schon  erwähnten  sechs  Spülablässe,  welche 
durch  Schützen  verschliessbar  sind.  Ein  System  von  Kanälen  von  1,0  m  Breite  und  ca.  50  cm 
Tiefe  dient  zur  Sammlung  der  Ablagerungen  und  zur  Unterstätzung  der  Spülwirkung  im 
Becken  selbst  bei  gezogenen  Spülschützen.  Das  Wasser,  welches  über  den  Überlauf  fallt 
und  durch  die  Spülschützen  fliesst,  wird  in  einem  Kanal  von  15,0  m  Sohlenbreite  direkt 
in  den  Drac  geleitet  (Taf.  XVII,  Fig.  9). 

Nach  dem  Druckrohr  zu  ist  die  Sohle  der  Druckkammer  derartig  vertieft,  dass 
über  dem  Scheitel  der  Ausmündungsöffnung  des  Druckrohres  immer  noch  eine  Wasser- 
höhe von  2,10  m  verbleibt.  Die  Mündungsöffnung  ist  trompetenartig  gut  abgerundet, 
sodass  das  Wasser  ohne  Einschnürung  und  ohne  Wirbelbildung  ruhig  und  glatt  ein- 
treten kann.  Gleich  hinter  der  Ausmündung  des  Druckrohres  befindet  sich  auf  dem- 
selben ein  Steigerohr,  aus  welchem  Luft  entweichen  und  bei  geschlossenen  Schützen  ein- 
treten kann  (Taf.  XLII,  Fig.  9  und  11). 

Das  Druckrohr  von  3,3  m  innerem  Dm.  hat  eine  Gesamtlänge  von  4700,0  m, 
von  denen  die  ersten  2200,0  m  in  armiertem  Beton,  die  übrigen  rd.  2500  m  als  ge- 
nietete Rohre  aus  Siemens  Martin- Stahl  hergestellt  sind.  Die  Strecke  in  armiertem 
Beton  reicht  bis  zu  einer  Druckhöhe  von  20,0  m. 

Über  das  Druckrohr  werden  im  Kap.  III,  4.  Druckrohre  nähere  Angaben  ge- 
macht werden,  sodass  an  dieser  Stelle,  um  Wiederholungen  zu  vermeiden,  weitere  Mit- 
teilungen unterbleiben  können  (vergl.  Taf.  LX,  Fig.  1—9  und  Taf.  LV1II,  Fig.  1  und  2). 
Erwähnt  sei  nur  noch,  dass,  um  die  Untersuchung  des  stählernen  Druckrohrs  im  Innern 
zu  erleichtern,  drei  Mannlöcher  angebracht  sind  und  zwar  das  erste  in  der  Nähe  der 
Stelle,  wo  das  stählerne  Rohr  mit  dem  Rohr  aus  armiertem  Beton  verbunden  ist,  das 
zweite  1500,0'  m  abwärts  und  das  dritte  am  Krafthause.  Auf  dem  Druckrohr  sind  zu 
dem  Zwecke  eiserne  rechteckige  Rahmen  von  35  cm  auf  45  cm  Seitenlänge  im  Lichten 
aufgenietet,  und  auf  diese  Rahmen  ist  ein  gusseiserner  Deckel  mit  Bolzen  befestigt. 
Zur  Dichtung  dient  ein  Kautscbukstreifen. 

Die  Abzweigrohre  zu  den  Turbinen  münden  lotrecht  vom  Hauptdruckrohr  ab  und  von 
unten  in  die  Turbinen  ein  (Taf.  XLIII,  Fig.  1  u.  2).  Jedes  Abzweigrohr  ist  durch  eine 
Drosselklappe  abschliessbar,  welche  vom  Maschinenflur  aus  bedient  werden  kann.  Das 
Rohrende  zwischen  der  Drosselklappe  und  der  Turbine  kann  mittelst  eines  kleinen  durch 
einen  Schieber  verschlossenen  Rohres  entleert  werden.  Seitwärts  zweigt  aus  jedem  Tur- 
binenrohr ein  konisches  Rohr  ab,  welches  durch  ein  Sitzventil  geschlossen  ist  und  durch 
eine  sich  nach  unten  konisch  erweiternde  Fortsetzung  direkt  in  den  Turbinenkanal  fuhrt. 
Es  mündet  durch  einen  Krümmer  in  den  Turbinenkanal  so  aus,  dass  der  austretende 
Wasserstrahl  die  Spiegellinie  im  Turbinenkanal  unter  einem  sehr  spitzen  Winkel  trifft. 
Das  Ventil  ist  so  mit  der  Regulierungswelle  der  Turbinen   verbunden,  dass  es  geöffnet 


§   26.  Das  Wasserkraft- Elektrizitätswerk  bei  Champ  (Füre  et  Morge).  539 

wird,  wenn  der  Wasserdurchgang  in  den  Turbinen  geschlossen  wird.  So  kann  die  Ge- 
schwindigkeit des  Wassers  im  Druckrohr  niemals  plötzlich  auf  0  abfallen  und  es  werden 
starke  Wasserschlage  vermieden.  Um  die  Druck  Vermehrung  durch  Wasserschläge  zu 
begrenzen,  iat  das  Drackrobr  am  Ende  durch  ein  Krümmerrohr  in  ein  offenes  Steigerohr 
übergeführt,  welches  bis  34,70  m  über  dem  Scheitel  des  Druckrohrs  emporsteigt  and 
unten  einen  Dm.  von  3,3  m  hat.  Nach  oben  zu  verjüngt  es  sich  bis  auf  1,40  m  inneren 
Dm.  Die  obersten  2,0  m  sind  aber  wieder  auf  3,0  m  erweitert  und  aus  der  Sohle  dieser 
Erweiterung  münden  drei  Überlaufrohre  aus,  welche  das   durch  Wasserschläge   aus   der 

Abb.  128.    Ansicht  des  Drnckrohrea  am  Krafthauae  der  Anlage  Pure  et  Morge. 


engeren  Steigerohrmündung  herausgedrückte  Wasser  in  den  Unterwasserkanal  abführen 
(Taf.  XLIII,  Fig.  2  und  3  und  Abb.  123). 

Das  Krafthaus  liegt  an  der  Strasse  Grenoble-La  Mure  13  km  von  Grenoble  ent- 
fernt und  ca.  600,0  m  oberhalb  des  Zusammenflusses  des  Dracs  und  der  Romanche  in 
der  Gemeinde  Champ  (Isere)*)  (Taf.  XLIII,  Fig.  3). 

Die  Fundamente  sind  in  Beton,  (300  kg  Valbonnais-Zement  auf  1  cbm  Drac-Sand) 
die  sichtbaren  Wände  z.  T.  in  Bruchsteinen,  z.  T.  in  behaoenen  Steinen  aus  den  Brüchen 
von  Jarrie-VizÜle  ausgeführt.  Das  Satteldach  des  Maschinensaales  ist  von  eisernen 
Bindern  getragen  und  mit  Ziegeln  eingedeckt.  Die  Tagesbeleuchtung  des  Maschinen* 
saals  erfolgt  durch  grosse  seitliche  Fenster. 

Der  Masehinensaal  selbst  hat  eine  Länge  von  44,0  m,  eine  Breite  von  12,50  m 
und  hat  Raum  für  6  Aggregate  von  je  1350  PS,6},  sodass  rd.  6,8  qm  Bodenfläcbe  auf 

*)  Die  nächste  BahiiBtation  ist  Vicüle. 

&)  In  der  Tabelle  I,  S.  242  sind  als  .installierte  Leistung*  nur  die  fünf  bereits  aufgestellten 
Turbinen  mit  6750  PS*  berücksichtigt,  weil  dsa  den  tatsächlichen  Wertverhftltnissen  der  Wasserkraft, 


540  II.    Theodor  Koehn.    Ausbau  yon  Wasserkräften.    Beispiele. 

je  100  in8tall.  PS«  entfalleo.  Ein  Laufkran  von  15,0 1  Tragkraft,  dessen  Kranbahn  7,5  m 
über  dem  Maschinenflur  liegt,  bestreicht  die  ganze  Halle.  Die  Höhe  des  Maschinen- 
raums bis  zur  Dachbinderunterkante  beträgt  9,20  m. 

In  einem  Anbau  von  zusammen  28,0  m  Länge  und  10,50  m  Breite  befindet  sich 
an  dem  flussabwärts  gerichteten  Ende  zu  ebener  Erde  die  Reparaturwerkstatt  •).  Im 
Kellergeschoss  ist  der  Raum  für  die  Transformatoren  geschaffen  und  der  an  den  Kabel- 
kanal  anschliessende  Teil  des  Schaltraumes  untergebracht.  In  der  Flurhöhe  liegt  abermals 
ein  Teil  des  Schaltraumes  und  am  andern  Ende  des  Anbaues,  der  Werkstatt  gegenüber, 
die  Wohnung  des  Maschinenmeisters.  In  der  ersten  Etage  dieses  Anbaus  befinden  sich 
der  Hauptschaltraum  mit  dem  Hauptschaltbrett  und  den  Gerüsten  für  die  Ausschalter, 
Ölwiderstände,  Bleisicherungen  etc.  sowie  die  Blitzschutzvorrichtungen.  Eine  Abbildung 
dieses  geräumigen  Saales  ist  auf  Taf.  LXXIX,  Fig.  1  gegeben  (vergl.  Kap.  DI,  6.  Kraft- 
hauser.  Elektrischer  Teil). 

Der  Maschinensaal  enthielt  1904  5  Turbinen  von  1350  PS«,  2  Gruppen  Erngm- 
turbinen  yon  je  150  PS«  und  eine  kleine  Turbine  von  5  PS«.  Letztere  ist  dazu  be- 
stimmt, das  Druckwasser  für  die  Regulier-Servomotoren  zu  liefern. 

Die  5  grossen  Turbinen7),  von  denen  3  mit  selbstwirkenden  Regulatoren,  2  da- 
gegen nur  mit  Handregulierung  versehen  sind,  inachen  300  Und. /Min.  und  schlucken 
bei  31,0  m  Druckhöhe  4260  1/sek.  Es  sind  Reaktionsturbinen  mit  radialer  Beauf- 
schlagung von  aussen  und  einseitigem  axialen  Ausguss.  Die  Regulierung  erfolgt  durch 
einen  Ringschieber,  welcher  zwischen  Leit-  und  Laufrad  durch  2  Schubstangen  und  Zahn- 
vorgelege bewegt  wird  (vergl.  Taf.  LXXH,  Fig.  3  und  4  und  Taf.  LXXIH,  Fig.  1  und  2). 
Das  Wasser  tritt  aus  der  Turbine  in  ein  Krummerrohr  aus,  welches  in  einen  in  Beton 
geformten  Saugkanal  ausmündet.  Um  den  axialen  Schub,  welcher  infolge  des  ein- 
seitigen Ausgusses  auf  die  Turbinenwelle  ausgeübt  wird,  aufzunehmen,  ist  an  dem  Sang- 
rohrkrümmer  ein  Ringspurlager  angebracht,  welches  ganz  in  Öl  läuft  Jede  Turbine 
hat  ihren  eigenen  direkt  in  den  Drac  ausmündenden  Tur binenkanal ,  in  welchem  der 
Wasserspiegel  durch  eine  Sohlenerhöhung  stets  so  gehalten  wird,  dass  die  Saughöhe  von 
6,5  m  nieht  überschritten  werden  und  die  Wassersäule  nicht  abreissen  kann  (Taf. 
XLHI,  Fig.  2  und  Abb.  123).  Zwei  Erregerturbinen  von  je  160  PS.  mit  500  üml./MiiL 
sind  in  der  Mitte  des  Maschinenhauses  aufgestellt.  Sie  sind  ähnlich  wie  die  grossen 
Turbinen  gebaut  und  auf  Tai  LXXHI,  Fig.  3—5  dargestellt. 

An  die  Welle  jeder  grossen  Turbine  ist  ein  Dreiphasen-Generator*)  von 
930  EW.  bei  cos  g>  =  0,8  mittelst  Kautschukbandkuppelung  angekuppelt 

Die  Generatoren  habeu  festen  Anker  und  bewegliches  Magnetrad  und  liefern  den  8trom  mit 
3000  V.  und  50  Per.  Das  Magnetrad  hat  20  Pole.  Der  äoBaere  Dm.  eines  grossen  Generators  ist  3,88  m, 
das  Gewicht  ungefähr  80  t  Die  Erregermaschinen  liefern  Gleichstrom  von  HO  V.  In  dem  bereite 
erwähnten  Transfonnatorenranm  ist  Plata  fttr  sechs  öltransformatoren  mit  Wasserkühlung  tob  je 
1 150  KV.  A 

Das  Gewicht  eines  Transformators  voll  mit  öl  beträgt  9000  kg.  Die  Schaltang  ist  so  einge- 
richtet, dass  sowohl  Strom  von  26000  als  auch  yon  15000  Y.  ans  dem  Transformator  entnommen 
werden  kann.  Infolgedessen  hat  jeder  Transformator  drei  Klemmen  fQr  den  Anschluss  des  Maschinen- 
Stromes  und  sechs  Klemmen  fttr  die  Abnahme  des  Hochspannungsstromes. 


solange  nur  ein  Druckrohr  von  8,3  m  Dm.,  also  8,55  qm  Querschnitt  verlegt  ist,  dem  Verfasser  am 
besten  an  entsprechen  schien.  Will  man  sechs  Turbinen,  also  8100  PS«  als  installierte  Leistung  gelten 
lassen,  so  ist  die  Umrechnung  leicht  durchgerührt. 

•)  Auf  Taf.  XLÜI,  Fig  3  sieht  man  die  Eingangstflr  in  die  Werkstatt 

7)  Geliefert  von  Neyret-Brenier  et  Cie.,  Grenoble. 

•)  Die  elektrische  Einrichtung  ist  von  Brown,  ßoveri  &  Co.  in  Baden  (Schweis)  geliefert. 


§  26.  Das  Wasseri3UFi>ElbctkizitIt8werk  bei  Champ  (Füre  et  Morge).  641 

Alle  Maschinenkabel  werden  in  einem  Kabelkanal  von  1,30  m  Breite  und  3,0  m 
Höhe  znm  Schaltraum  geführt.  Im  ganzen  stehen  für  den  Schaltraum  in  allen  3  Etagen 
rd.  300,6  qm,  d.  h.  pro  100  install.  Turbinen-PS«  4,3  qm  oder,  wenn  man  auch  die 
sechste  Maschine,  für  welche  der  Platz  vorgesehen  ist,  mit  berücksichtigt,  3,7  qm  zur 
Verfügung. 

In  Höhe  des  Maschinenflurs  befindet  sich  das  Schaltbrett  für  die  Maschinen.  In 
Höhe  der  ersten  Etage  an  der  Bedienungsbrücke  das  Hauptschaltbrett.  Die  Hochspan- 
nungsleitungen werden  in  einem  kleinen  giebelartigen  Aufbau  aus  dem  Schaltraum 
herausgeführt  und  zwar  durch  Öffnungen,  welche  durch  glasierte  Tonrohre  ausgefuttert 
sind.  Jeder  Draht  ist  ausserdem  noch  an  der  Ausfuhrungsstelle  durch  ein  dickes  Glas- 
rohr umhüllt.  Ein  zweiter  Satz  Blitzableiter  ist  auf  dem  ersten  Doppelmast  vor  der 
Zentrale  aufgestellt  (Taf.  XLHI,  Fig.  3). 

Wie  bereits  im  Eingang  erwähnt,  ist  der  Strom  im  wesentlichen  für  das  Industriegebiet  in 
den  Tilern  der  Morge  und  der  Fnre  bestimmt.  Die  Hauptorte  dieses  industriellen  Gebietes  sind: 
Moirans,  Voiron,  Rives,  Charavines,  Penage  und  Faros.  Die  Entfernung  zwischen  Voiron  im  Tal  der 
Morge  und  dem  Krafthause  betragt  41  km,  diejenige  zwischen  Rives,  dem  Zentrum  des  Industriegebietes 
der  Fnre  und  dem  Krafthanse  etwa  42  km.  Bis  Moirans  waren  1904  zwei  Leitungen  von  je  drei  Drahten 
(7,0  mm  Dm.)  verlegt  Da  die  8oci6tö  Grenobloise  de  Force  et  Lumiere  (vergl.  §  28)  das  gleiche  Gebiet 
versorgt  und  zwar  auf  Grand  von  Konzessionen,  welche  sie  von  den  Gemeinden  erlangt  hatte,  haben 
sich  die  beiden  Gesellschaften  vertraglich  dahin  verständigt,  ihre  Leitungen  auf  gemeinsamen  Gitter- 
masten zu  verlegen.    Eine  Abb.  der  Fernleitung  findet  sich  auf  Taf.  LXXXIII,  Fig.  1. 

Die  normale  Entfernung  der  Gittermasten  beträgt  60,0  m  und  sie  sind  stark 
genug,  tun  20  Drahte  tragen  zu  können.  Die  Gesamthöhe  eines  Mastes  ist  13,6  m,  die 
Höhe  bis  zur  Unterkante  des  Fangrahmens  8,0  m  (vergl.  Kap.  III,  7.  Fernleitungen). 
Die  Isolatoren  sind  mittelst  eiserner  Stützen  auf  eichenen  Querträgern  befestigt  und 
so  gestellt,  dass  die  drei  Drähte  einer  Leitung  durch  die  Spitzen  eines  gleichseitigen 
Dreiecks  von  0,70  m  Seitenlänge  gehen.  Von  Moirans  an  sind  die  Linien  auf  Holz- 
masten von  12,0  m  Höhe  montiert,  welche  1,75  m  tief  in  den  Boden  gesteckt  sind. 
Der  niedrigste  Draht  ist  überall  noch  7,50  m  über  dem  Boden.  Die  eisernen  Fang- 
rahmen  an  den  Masten  sollen  verhindern,  dass  ein  gebrochener  Draht  zur  Erde  fallen 
kann.  Man  hatte  ursprünglich  diese  eisernen  Rahmen,  welche  durch  Schellen  an  den 
Holzmasten  befestigt  sind,  geerdet,  hat  aber  im  Laufe  der  Ausführung  die  Erdung 
wieder  aufgehoben. 

Da  die  Leitungen  der  beiden  oben  erwähnten  Gesellschaften  bis  Moirans  dieselbe  Spannung 
haben,  so  hat  man  daselbst  die  Einrichtung  getroffen,  dass  die  Leitungen  zusammen  geschaltet  werden 
können*  damit  die  eine  Gesellschaft  für  den  Fall  eines  die  Stromlieferung  unterbrechenden  Unfalles  in 
ihren  Anlagen  den  Strom  aushilfsweise  von  der  anderen  beziehen  kann. 

Wie  aus  den  im  Eingang  gegebenen  Mitteilungen  hervorgeht,  wird  der  Strom  im  wesentlichen 
an  Industrielle  abgegeben,  welche  Mitglieder  des  Syndikates  sind.  Für  57  Abonnenten  waren  1904 
Transformatoren  aufgestellt  und  ausserdem  11  Unterstationen  von.  500,  800  und  150  K.V.A.  eingerichtet. 
Die  bei  den  Abnehmern  aufgestellten  Transformatoren  haben  80,  50  oder  100  E.Y.A.-Leistung8fahigkeit 
Der  Strom  wird  je  nach  dem  Verwendungszwecke  auf  2000  oder  auf  1000  V.  transformiert.  Für  Licht- 
abnehmer findet  eine  Transformierung  auf  120  V.  statt  Industrielle,  welche  den  Strom  mit  einer 
anderen  Spannung  als  2000  oder  1000  V.  verwenden  wollen,  transformieren  sich  den  Strom  selbst  nach 
ihren  Wünschen. 

Bei  der  Berechnung  der  Fernleitung  ist  angenommen,  dass  nach  Moirans  8500  KW  mit  einem 
Spannungsabfall  von  7°/o  zu  übertragen  sind.  Das  Gesamtfernleitungsnetz  hatte  1904  eine  Lange  von 
rd.  67,5  km,  das  Verteilungsnetz  von  rd.  23,0  km.  Für  das  letztere  ist  ein  Energieverlust  von  10°/o 
bei  der  Berechnung  zugrunde  gelegt 

Bezüglich  der  Anlagekosten  ist  bereits  in  Tabelle  I,  S.  242/243  Mitteilung  ge- 
macht   Erwähnt  sei  nur  noch,  dass  Fernleitnngs-  und  Verteilungsnetz  einschliesslich 


642  II.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

der  Transformatoren  860  864  Frs.  gekostet  hat.    Die  Gesamtkosten,  einschliesslich  Geld- 
beschaffung etc.,  haben  5123000  Frs.  betragen. 

Nach  dem  Geschäftsbericht  für  das  Jahr  1903  hatte  sich  die  monatliche  Ein- 
nahme bereits  so  entwickelt,  dass  für  das  Jahr  1904  auf  eine  Einnahme  von  527  000  Frs. 
für  3738  angeschlossene  elektrische  PS«  gerechnet  werden  konnte.  Danach  würde  auf 
die  PS»  und  Jahr  durchschnittlich  rd.  141,0  Frs.  Einnahme  entfallen  (vergl.  S.  532  und 
die  Angaben  S.  337  und  338). 


§  27.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  der  Ontario  Power  Com- 
pany of  Niagara-Falls.  Hie™  Tat  xliyi). 

Die  genannte  Gesellschaft  hat  eine  Anlage  für  205000  PS«  projektiert  und  z.  T. 
schon  zur  Ausführung  gebracht,  die  wohl,  was  Gesamtgrösse  und  die  Abmessungen 
der  einzelnen  Bauteile  betrifft,  zurzeit  (1906)  noch  zu  den  grossartigsten  der  Welt 
rechnen  dürfte. 

Aufwärts  der  Niagarafalle  bildet  der  Fluss  die  Dufferin-Inseln  (Taf.  XLIV, 
Fig.  1*  und  3).  An  dieser  Stelle  ist  durch  Errichtung  eines  machtigen  Dammes  aus 
armiertem  Beton  von  235,0  m  Länge  ein  grosses  Becken  gebildet,  in  welches  hinein 
das  Wasser  des  Niagaraflusses  durch  25  Öffnungen  eines  Regulierungswerkes  gelangen  kann. 
Jede  Öffnung  hat  6,1  m  Breite  und  1,83  m  Höhe  und  kann  durch  eine  Schütze  rer- 
schlössen  werden.  Das  Begulierungswerk  ist  unter  etwa  45°  schräg  zur  Stromrichtung  ge- 
stellt, um  das  im  Flusse  sehr  reichlich  auftretende  Triebeis  abzulenken  und  in  den 
Strom  zurückzuführen.  Vor  dem  Regulierungswerk  ist  eine  Grundschwelle  errichtet, 
welche  den  Kies  und  Sand  von  den  Einlasschützen  nach  Möglichkeit  abweisen  soll.  Das 
Wasser  des  Niagaraflusses  führt  verhältnismässig  wenig  Sinkstoffe,  da  der  Eriesee  als 
wirksames  Ablagerungsbecken  dient.  Der  flusseitige  Damm  aus  armiertem  Beton  ist  an 
der  Krone  etwa  1,37  m,  am  Fusse  etwa  3,5  m  stark.  Die  Höhe  des  Dammes  beträgt  im 
Becken  von  der  Sohle  bis  zur  Krone  rd.  4,3  m,  an  der  nach  dem  Fluss  zugekehrten 
Seite  gemessen  rd.  2,9  m  (Taf.  XLIV,  Fig.  2  und  Abb.  124).  Die  landseitige  Ufer- 
begrenzung des  äusseren  Beckens  ist  so  geführt,  dass  sie  mit  dem  am  unteren  Ende 
des  äusseren  Beckens  aufgestellten  Rechen  einen  Winkel  von  ungefähr  166°  einschliesst. 
Auf  diese  Weise  soll  das  Eis,  welches  sich  im  Becken  selber  bildet,  oder  durch  die 
Schützen  hineingelangt  sein  sollte,  an  der  Uferwand  und  dem  Rechen  entlang  wirksam  nach 
dem  Überlauf  hingeleitet  werden.  Letzterer  ist  am  Ende  des  flusseitigen  Betondammes 
angelegt.  Der  Rechen  steht  anf  einer  Sohlenerhebung,  sodass  sich  verlang*  desselben 
gegen  die  Sohle  des  äusseren  Beckens  ein  scharfer  Absatz  bildet  und  die  Ablagerungen 
nach  den  in  der  Überlaufmauer  befindlichen  Grundschützen  gespült  werden  können. 
Die  Lage  des  Rechens  ist  vom  Gesichtspunkt  der  Beseitigung  des  Eises  und  der  Ab- 
lagerungen sehr  gut  gewählt  und  es  kommt  demgegenüber  der  kleine  Gefällverlust 
welcher  durch  die  Richtungsänderung  der  Wasserfaden  am  Rechen  verursacht  wird, 
nicht  in  Betracht.  Das  durch  den  Rechen  fliessende  Wasser  tritt  in  das  innere  Becken 
ein,  welches  an  seinem  unteren  Ende  durch  die  Druckkammer  begrenzt  ist.    Diese  Druck 

i)  Die  Abbildungen  und  Tafelfiguren  sind  der  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1905  8.  2011 
and  f.,  Aufsatz  von  Albert  Ungerer:  a Deutsche  Turbinen  am  Niagara*  entnommen. 


%  27.  Das  Wabbebkäaft'Eleictiiizitätswerk  der  Ohtario  Power  Co. 

kammer  ist  für  die  AuBmündung  von  drei 
Druckrohren  von  je  5,50  m  innerem  Dm., 
also  23,75  qm  lichtem  Querschnitt  einge- 
richtet. Jede  Drnckrohrkammer  kann  durch 
eine  als  Hohlkörper  ausgebildete  eiserne 
Schätzentafel  von  über  30,0  qm  wasserbe- 
netzter Fläche  geschlossen  werden.  Diese 
Schützen  laufen  auf  Rollen  und  ihr  Gewicht 
ist  durch  Gegengewichte  ausbalanciert.  Der 
Antrieb  erfolgt  durch  Elektromotoren. 

Die  Druckrohrleitung  bat  eine  Länge 
von    1860,0  m   (vergl.  Taf.  XLIV,   Fig.  3). 
Drei  Rohre  sind  imstande,  23,75  X  5  X  3 
=  355,25  cbm/sek.  bei  5,0  m/sek.  Geschwin- 
digkeit den  Turbinen  zuzuführen.     Zunächst 
(1904)  wurde  nur  ein  Rohr  verlegt,  welches 
aus  besten  Stahlblechen  von  12  mm  Dicke 
hergestellt  ist.     Es   wurde  mittelst  Nietina-      « 
gehiuen    in    einzelnen    Schüssen    von    2,5  m      2 
Lange  zusammengenietet,   und  die  einzelnen     £ 
Schüsse  wurden  durch  Ringe  aus  ähnlich  wie      g 
Eisenbahnschienen    profilierten   'Walzträgern      § 
versteift  (vergl.  Kap.  III,  4.  Druckrohre  und     5 
Taf.  LVIDI ,  Fig.  7).    Zum  Schutze  und  aar      S 
weiteren  Versteifung    des  Rohres    nnd    um      c 
eine  vollkommen   sichere  und   gleichmässige     w 
Lagerung   herbeizuführen ,   ist  das   Rohr   in     £ 
ein    Betonbett    von    46  cm   Stärke    an   der 
Sohle,    von    90  cm   Stärke    an    den   Seiten-     2 
wänden  und  von  61  cm  Stärke  an  der  Decke      ■*>' 
eingebettet    und    dann   mit   Boden    bedeckt.      ** 
Infolgedessen  waren  Dilatations-Vorrichtungen 
nicht  nötig.    Das  Rohr  fällt  von  der  Druck- 
kammer bis  zu  der  Stelle  vor  dem  Kraft- 
banse,   wo    die    Turbinenrohre    abzweigen, 
am  8,5  m  ab.    Am  Ende  jedes  Hauptrohr- 
Stranges   ist  ein  offenes  Steigerohr   aus   ar- 
miertem Beton  vorgesehen,  um  die  bei  der 
grossen    Geschwindigkeit    zu    befürchtenden 
Wasserschläge  auf  ein  unschädliches  Mass  zu 
beschränken.     Das  aus  dem  Steigerohr  aus- 
tretende Wasser  wird  durch  die  Überfallrolire 
in  einen  Tunnel  geführt,  welcher  direkt  in 
den  Niagaraftuss  mündet. 

Das  Krafthaus  ist  in  die  Schlucht  des 
NiagarafluBses  unterhalb  des  kanadischen 
Horseshoe  -  Falles  eingebaut.  Das  Ende  des 
Druckrohres  liegt  parallel  zu  der  Achse  des 


544  IL    Theodor  Kobhk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

Krafthauses  auf  dem  oberen  Uferrande  (Taf.  XLIV,  Fig.  4  und  5).  Von  jedem 
flauptrohrstrang  sollen  6  Zweigrohre  von  je  2,745  m  innerem  Dm.  zu  den  6  Haupt» 
torbinen  fahren  und  ausserdem  2X2  Rohre  von  760  mm  Dm.  für  die  Erregerturbinen 
▼erlegt  werden.  Die  bereits  verlegten  Zweigrohre  liegen  paarweise  in  einem  Tunnel, 
welcher  unter  dem  Hauptdruckrohr  als  vertikaler  Schacht  abfällt  und  etwa  in  der  Hohe 
des  Maschinenflures  in  einen  sanft  geneigten  Tunnel  übergeht  Die  ursprüngliche  Ab- 
sicht, diese  Tunnel  unter  45°  zur  Vertikalen  zu  bohren,  musste  wegen  der  hierfür  un- 
günstigen Schichtung  des  Gebirges  aufgegeben  werden. 

Jede  Turbine  leistet  normal  je  11340  PS.  bei  53,4  m  Nutzgefälle  und  etwa 
20  cbm/sek.  Wasserverbrauch  und  macht  187,5  Uml./Min.  Es  sind  Zwillingaspiral- 
turbinen.  Jedem  Spiralgehäuse  einer  Turbine  wird  das  Wasser  durch  eines  der  zwei 
Turbinenrohre  von  unten  zugeführt,  in  welches  sich  jedes  Zweigrohr  gabelt.  Beide 
Spiralgehäuse  giessen  axial  nach  innen  in  ein  gemeinsames  Saugrohr  von  3050  mm  Dm. 
aus,  sodass  sich  bei  gleichmäßiger  Beaufschlagung  beider  Turbinenhälften  axialer  Druck 
auf  die  Welle  nicht  äussern  kann.  Diese  Turbinen*)  waren  zurzeit  ihrer  Bestellung 
(am  1.  Oktober  1903)  die  grössten  Einheiten  der  Welt  (vergl.  S.  8),  dürften  aber  heute 
(1906)  bereits,  u.  a.  von  den  Turbinen  der  Toronto  and  Niagara  Power  Co.  (vergL  S.  548) 
um  1000  PS#,  übertroffen  sein.  An  jedem  Zweigrohr  ist  zur  weiteren  Vermeidung  starker 
Wasserschläge  ein  Sicherheitsventil  angebracht,  welches  so  reguliert  ist,  dass  es  ach 
bei  Erhöhung  des  Druckes  über  ein  gewisses  Mass  hinaus  öffnet  und  Wasser  in  den 
Turbinenkanal  entweichen  lässt.  Das  Sicherheitsventil,  bestehend  ans  einem  Kolben- 
schieber, wird  durch  Drucköl  mehr  oder  weniger  geöffnet,  sobald  der  Druck  in  der 
Rohrleitung  über  ein  gewisses  Mass  steigt  und  geht  in  die  Schlusstellung  langsam  zurück, 
sobald  der  Druck  sinkt  (vergl.  Kap.  HI,  5.  Turbinen  und  Tal  LXXIV,  Fig.  1—3).  Das 
gemeinschaftliche  Saugrohr  jeder  Zwillingsturbine  ist  in  dem  Betonkörper  des  Maschinen- 
fundamentes  ausgebildet  und  mündet  in  den  Turbinenkanal.  Für  jede  Zwillingsturbine 
ist  ein  besonderer  Turbinenkanal  angelegt,  in  welchem  durch  eine  Überfallmauer  das 
Wasser  stets  so  hoch  gehalten  wird,  dass  die  für  den  Betrieb  erforderliche  Eintauchung 
erhalten  bleibt  (Taf.  XLIV,  Fig.  6).  Im  Frühjahr  1904  waren  3  Turbinen  bereits  an- 
geliefert, wegen  Verzögerung  in  der  Lieferung  der  Generatoren  konnten  aber  erst  in 
Oktober  1905  die  Abnahmeversuche  stattfinden,  wobei  die  garantierten  Nutzeffekte  mehr 
als  erreicht  worden  sein  sollen. 

Jede  Turbine  ist  mittelst  Scheibenkuppelung  mit  einem  Dreiphaseadrehstre»» 
Generator9)  verbunden,  welcher  den  Strom  mit  12000  Volt  und  25  Per./sek.  abgibt. 

Mit  Rücksicht  auf  die  Schwierigkeit,  in  der  Schlucht  des  Niagaraflussee  Platz  zu 
schaffen,  wurde  an  das  Krafthaus  zur  Unterbringung  der  für  die  Maschinenregnlierung 
selbst  erforderlichen  Schaltanlage  nur  ein  verhältnismässig  kleiner  Anbau  gemacht 
während  für  die  grosse  Verteilungssehaltanlage  ein  besonderes  Gebäude  auf  der  Höhe 
des  Uferrandes  errichtet  worden  ist,  zu  welchem  die  Kabel  in  einem  besonderen  Kabel- 
kanal emporgeführt  wurden  (Taf.  XLIV,  Fig.  4  und  5). 


*)  Geliefert  von  J.  M.  Voith  in  Heidenheim  a.  d.  Brenz. 
*)  Geliefert  von  der  Westinghonse  Company. 


§  28.       Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  der  Niagara  Falls  Power  Co.         545 

§  28-  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  der  Niagara  Falls 

Power  Company1). 

Durch  die  Ausdehnung  der  Stadt  Niagara  Falls  waren  bereits  im  Jahre  1890 
die  Grund-  und  Bodenpreise  so  gestiegen,  dass  an  die  Anlegung  eines  zweiten  Kanals 
ähnlich  dem  in  §  29  zu  beschreibenden  Kanal  (Taf.  XLIV,  Fig.  7)  schon  nicht  mehr 
gedacht  werden  konnte.  Es  musste  deshalb  die  im  Jahre  1890  gegründete  Gataract 
Construction  Company  —  welche  eine  Konzession  für  125000  PS«  auf  amerikanischer  Seite 
erworben  hatte,  um  diese  Kraft  nach  der  32  km  entfernten  Stadt  Buffalo  zu  übertragen 
—  auf  eine  andere  Lösung  bedacht  sein.  Sie  veranlasste  im  Jahre  1891  einen  inter- 
nationalen Wettbewerb  zur  Erlangung  von  Projekten,  wobei  sie  für  den  wasserbaulichen 
Teil  als  Programm  aufstellte,  dass  das  Wasser  durch  einen  kurzen  Oberwasserkanal  dem 
Krafthause  zugeführt  und  in  einem  Tunnel  in  das  Unterwasser  des  Flusses  geleitet  werden 
sollte*).  Im  Jahre  1903  war  bereits  das  Krafthaus  I  ausreichend  für  10  Einheiten  zu  je 
5040  PSe,  erbaut,  und  später  ist  dann  noch  das  Krafthaus  II,  ausreichend  für  11  Einheiten 
ä  5500  PSe,  hinzugekommen  (Abb.  125).  Zum  Zwecke  der  Betriebsübernahme  wurde 
die  Niagara  Falls  Power  Company  gegründet. 

Der  kurze  Werkkanal,  durch  welchen  das  Wasser  den  in  der  Nähe  des  Fluss- 
ufers errichteten  Krafthäusern  zugeführt  wird,  liegt  bei  a  auf  Taf.  XLIV,  Fig.  7. 
Direkt  aus  dem  Werkkanal  zweigen  die  einzelnen  Druckkammern  ab,  welche  durch 
Schützen  abschliessbar  sind  und  von  denen  schwimmende  Körper  durch  Rechen  abge- 
halten werden  (Abb.  126).  Aus  jeder  Druckkammer  mündet  ein  Druckrohr  aus  von 
2,29  m  innerem  Dm.,  dessen  in  Beton  hergestellte  Ausmündung  konisch  erweitert  ist, 
sodass  das  Wasser  ruhig  und  ohne  Wirbelbildung  einfliessen  kann. 

Die  für  das  erste  Krafthaus  aufgestellten  10  Turbinen  stehen  in  einem  4,877  m 
breiten,  in  den  Felsen  eingesprengten  Schacht.  Es  sind  Doppel- Fourneyron-Turbinen8), 
welche  bei  41,4  m  Druckgefälle  und  250  Uml./Min.  je  5040  PSe  liefern  (Abb.  127).  Die 
Turbinen  sind  ca.  12,20  m  von  Achse  zu  Achse  entfernt. 

Der  Eintritts-Dm.  der  Laufräder  beträgt  1600  mm,  ihre  freie  Breite  276  mm.  Die  Regulierung 
geschieht  selbstwirkend  durch  Vermittelung  von  zwei  äusseren  Ringschiebern.  Leit-  und  Lanfräder  sind 
aus  Bronze  und  durch  ebene  Zwischenböden  in  drei  Etagen  geteilt  Ein  Teil  des  grossen  Gewichtee  der 
vertikalen  Welle  und  der  oben  aufsitzenden  Dynamomaschine  wird  von  dem  Wasserdruck  auf  den 
oberen  Laufradteller,  der  Rest  in  10  Kämmen  eines  Spurlagers  aufgenommen.  Die  Welle  besteht,  ans 
geechweissten  Stahlröhren  von  965  mm  Dm.  und  8  mm  Wandstärke,  die  an  zwei  Stellen  zum  Zweck 
der  Lagerang  von  massiven  Stahlwellen  von  280  mm  Dm.  unterbrochen  werden. 

Das  aus  den  Turbinen  austretende  Betriebswasser  wird  in  einem  2150,0  m  langen 
Tunnel  von  31,2  qm  Querschnitt  dem  Niagaraflusse  wieder  zugeführt.  Um  die  Kosten 
dieses  Tunnels  möglichst  einzuschränken,  gab  man  ihm  ein  Gefälle  von  7°/oo.  Die  Ge- 
schwindigkeit des  durchströmenden  Wassers  beträgt  8,35  m/sek.,  wenn  die  21  Einheiten 
der  beiden  Krafthäuser  im  Betriebe  sind  und  zur  Leistung  von  etwa  110000  PS«  rd. 
260,5  cbm/sek.  zum  Abflugs  kommen.  Da  bei  der  beschriebenen  Anordnung  mit  Fouraeyron- 
Turbinen,  wie  erwähnt,  nur  41,4  m  Druckhöhe  ausgenützt  wurden,  wählte  man  für  das  zweite 

!)  Die  Abbildungen  sind  dem  Buche  von  Wilhelm  Wagenbach:  Turbinenanlagen,  Berlin 
1905,  S.  50  und  ff.  entnommen.  Wegen  der  sekl.  Wassermengen  und  des  Gefälles  der  Niagara  Falls 
vergl.  S.  548. 

»)  Vergl.  Blla  Szüts,  Zeitschr.  d.  V.  deutscher  Ing.  1892,  S.  89  und  Riedler,  Zeitschr.  d. 
Ver.  deutscher  Ing.  1892,  S.  1219. 

3)  Die  Turbinen  sind  von  Faesch  &  Piccard,  Genf  (später  Piccard  &  Pictet),  entworfen  und 
von  J.  P.  Morris,  Phüadelphia,  ausgeführt  (vergl.  S.  8). 

Handtmeh  der  Ing.-Wiaaensch.    HI.  Teil.    18.  Bd.  85 


IL     Theodok  Koehn.     Ausbau  tob  WasserkrIftkn.     Beispiele. 


Krafthans,  dessen  Gesamtanordnung  in  allen 
wesentlichen  Teilen  im  übrigen  die  gleiche  ist 
wie  beim  Krafthanse  I,  Franeis^GehKnse-Tar- 
binen*)  mit  jezwei  Saugrohren  and  einem  Laaf- 
rad-Dm.  von  1600  mm.  Die  Breite  des  Tnr- 
hinenschachtes  betragt  auch  für  Krafthaas  U 
4,877  m.  DieSaugrohreliegp.il  in  den  Seiten  Wan- 
dungen and  sind  in  Beton  and  Eisen  hergestellt. 
Jede  Turbine  leistet  5500  PS.  bei  250  UmUMin. 
Das  Gewicht  der  rotierenden  Teile  betrigt 
71000  kg,  wovon  durch  einen  im  Deckel  des  Tur- 
binen geh  Suaea  eingebauten  Entlaetungskolbeu  tm 
1600  ram  Dm.  66000  kg  aufgenommen  werdm,  wii 
rend  der  Rest  von  5000  kg  auf  ein  waaaergekohlt« 


a  Turbinen  sind  oach  Konatruktionsteichnungen  der  Firma  Escher,  Wyss  4  Co. 
rar  die  Lanl'rader  und  Regulatoren  in  Zürich  und  die  Qbrigen  Teil*  in  Amerika. 


a  ZOrit» 


§     28.  DAS  WABBXRKRAFT-ELBKTBIZn'llBWEBK    DEE   NlAGABA.  FALLS   POWBB   Co.  547 

Ringspurlmgar  normaler  Konstruktion  entfallt      Abbi  ,27-     Gnrodriat  und  Querschnitt  einer  Fonrneyron- 
Ei».  OeumUnordnung  der  Turbinen  de.  K»ft-     Turbin8  *■  Kr «***»••  *  *«  »•*«»  **"»  P°w«s  Co. 
h«M  II  and  ihre  Regulierung  sind  auf  Taf. 
LX1V,  Fig.  8—7  dargestellt  (vergL  anoh  Kap. 
III.  S.  Turbinen). 

So  grossartig  and  interessant 
diese  Anlagen  auch  sind,  so  stellen  sie 
doch  nur  einen  Notbehelf  dar,  zu  dem 
man  greifen  musste,  weil  der  Grund- 
erwerbfur  einen  offenen  Kanal  nach  dem 
Muster  der  Niagara  Falls  Hydraulic 
Power  and  Mannfactnring  Company 
(§  29,  S.  549)  nicht  mehr  möglich 
war.  Die  langen  Tertikaien  Wellen, 
die  Aufstellung  in  den  tiefen  Schächten 
und  die  Lagerang  derselben  anf  Eisen- 
konstruktionen,  welche  in  den  Seiten- 
wänden der  Schächte  eingelassen  Bind, 
hatten  eine  ganze  Reihe  von  fj  bei- 
ständen im  Gefolge,  welche  die  Unter- 
haltungskosten des  Werkes  erheblich 
erhöhen.  Bei  den  in  jeder  Turbine  zur 
Wirkung  kommenden  grossen  Kräften 
ist  eine  starke  Vibration  aller  metal- 
lischen Teile  nicht  zu  vermeiden,  wel- 
che aber  bei  der  besprochenen  Anlage 
um  so  bemerkbarer  wird,  weil  eine 
ausreichend  starke  Lagerung  der  Tur- 
binen fehlt.  Deshalb  sind  für  die  An- 
lage der  Canadian  Niagara  Falls  Power 
Company  (vergl.  den  Lageplan  Taf. 
SLIV,  Fig.  3),  welche  ebenfalls  von  der 
Cataract  Construction  Co.  herrührt  und 
deren  Gesamtanordnung  im  übrigen  un- 
gefähr die  gleiche  ist,  wie  die  beschrie- 
bene, steifere  und  stärkere  Eisenkon- 
struktionen zur  Unterstützung  von  Tur- 
binen und  Druckrohren  gewählt.  Eine 
Darstellung  von  diesbezüglichen  Einzel- 
heiten findet  sich  auf  Taf.  LXIII,  Fig. 
5  und  6.  Von  den  10  Turbinenein- 
heiten, welche  im  Krafthause  der  Cana- 
dian Niagara  Falls  Power  Company  zur 
Aufstellung  gelangen  sollen,  waren  1904 
die  ersten  drei  aufgestellt6).  Jede  Tur- 
bine kann  10000  PS.  bei  250  Uml./Min. 
entwickeln. 

3  Bacher,  Wyes  4  Co. 


548  II.    Theodor  Koehn.    Ausbau  vom  Wasserkräften.    Beispiele. 

Die  Turbinen  sind  Doppelfrancisturbinen  in  geschlossenen,  zylindrischen  StahlgahSnaf.  Die 
Begulierung  geschieht  durch  zwei  gegenläufige  Spaltschieber  ans  Bronze,  welche  von  einem  ähnlichen 
hydraulischen  Regulator  beherrscht  werden,  wie  die  Turbinen  des  Krafthauses  IL  Zur  Entlastung  dieaei 
der  untere  rolle  Laufradteller  von  1025  mm  Dm.  und  ein  Entlastungskolben  von  1170  mm  Dm.  De 
Rest  des  Druckes  wird  durch  ein  Ringspurlager  aufgenommen,  dessen  Laufflachen  durch  Press gl  ▼« 
25  Atm.  entlastet  sind.  Ein  Querschnitt  und  ein  Längsschnitt  der  Gesamtanordnnng  der  Turbinen  na4 
Druckrohre  ist  auf  Taf.  LXIY,  Fig.  1  und  2  dargestellt  (vergl.  auch  Kap.  III,  5.  Turbinen). 

Erwähnt  sei  noch  in  diesem  Zusammenhange,  dass  an  der  kanadischen  Seite  der 
Niagara-Fälle  im  Jahre  1904  die  Toronto  and  Niagara  Power  Co.  mit  dem  Bau  eines 
grösseren  Wasserkraft-Elektrizitätswerkes  mit  11  Einheiten  zu  je  12600  P8e  begonnen 
hat9).  Bei  dieser  Anlage  ist  man  bezüglich  der  Lagerung  der  Turbinen  noch  einen 
Schritt  weiter  gegangen  und  hat,  um  starke  Vibrationen  der  Turbinengehäuse  und 
Druckrohre  zu  vermeiden,  den  Turbinenkanal  unter  dem  Krafthause  in  zwei  Arme 
geteilt  und  zwischen  diese  die  Turbinen  direkt  auf  die  Felssohle  gesetzt.  Die 
Zwischenlager  der  Turbinenwellen  und  der  Druckrohre  sind  nicht  auf  eisernen 
Trägern,  sondern  auf  starken  Gewölben  gestützt. 


§  29.  Das  Wasserkraft-ElektrizitAtswerk  der  Niagara  Falls 
Hydrauüc  Power  and  Manufacturing  Company. 

Hieran  Taf.  XLIV,  Fig.  7-9 1). 

Die  sekl.  Wassermenge  der  berühmten  Niagarafalle,  welche  der  Niagarafluss  in 
der  Mitte  seines  Weges  zwischen  dem  Erie-  und  dem  Ontario-See  bildet,  wird  bei  N.W. 
auf  7000  cbm,  bei  M.W.  auf  11000  cbm  geschätzt.  Die  Fallhöhe  beträgt  rd.  50,0  m. 
Mit  den  Stromschnellen  des  Niagaraflusses  oberhalb  Niagara  Falls  ergibt  sich  ein  Ge- 
samtgefalle von  62,0  m  bis  66,0  m.  Die  Höhendifferenz  zwischen  den  Wasserspiegeln  des 
Erie-  und  Ontario-See  beträgt  rd.  100,0  m.  Durch  die  Felseninsel  Goat  Island  wird  der 
Niagara  in  zwei  Teile  geteilt.  Der  grössere  Fall,  welcher  wegen  seiner  Form  auch  der 
Horseshoe-Fall  genannt  wird,  liegt  auf  der  kanadischen  Seite. 

Von  den  durch  die  Natur  an  den  Niagara  Falls  selbst  gebotenen  rd.  4500000 
fast  ständig  verfügbaren  Nutz-PS*  sind  etwa  10%  für  industrielle  Zwecke  bereits 
freigegeben.  Mehr  zu  entnehmen  wird  hoffentlich  nicht  gestattet,  damit  das  wundervolle 
Naturschauspiel  der  Niagaraf&lle  merkbar  nicht  beeinträchtigt  wird. 

Von  den  an  und  in  der  Nähe  des  Niagara- Falls  bestehenden  sechs  grossen  An- 
lagen*) hat  die  Niagara  Falls  Hydraulic  Power  and  Manufacturing  Company  die  älteste 
Geschichte.  Schon  im  Jahre  1842  fasste  August  Porter,  als  Eigentümer  grosser 
Landstrecken  auf  dem  Gebiete,  wo  jetzt  die  neueren  Teile  der  Stadt  Niagara-Falls  er- 
baut sind,  den  Plan,  aus  dem  Niagara  Fluss  oberhalb  der  Stromschnellen  auf  amerikani- 
scher Seite  einen  1,2  km  langen  Kanal  abzuzweigen  und  nach  dem  unteren  Teile  des 
Niagaraflusses  zu  führen,  welcher  hier  in  einer  tiefen  Schlucht  von  300,0  m  Breite  dem 


6)  Eng.  Becord  1904,  I,  8.  180. 

1)  Die  Abbildungen  und  die  Tafelfiguren  sind  der  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  log.  1900.  8.  346, 

Bericht  von  A.  Sehen  feien,  entnommen. 

*)  Erwähnt  wurde  in  den  §§  27  und  28  noch  nicht  die  Hamilton  Cataract  Co.  mit  rd.  45000  PS* 
vergl.  3. 15  n.  S.  611,  sowie  Zeitechr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1905,  S.  2009  u.  ff.  Albert  Ungerer:  Deut* 
sehe  Turbinen  am  Niagara. 


§  29.  Das  Wabsbrk&aetJ3lextbizitItbwerk  der  Niaoaba  Falls  Hydraüj jc  Power  Co.  549 

Ontario-See  zuströmt.  Aber  erst  im  Jahre  1858  wurde  der  Kanal  in  geringer  Breite  und 
mit  2,4  m  Tiefe  hergestellt  und  die  Entnahme  von  Triebwasser  für  Mühlen  nnd  ähnliche 
gewerbliche  Anlagen  verpachtet.  Im  Jahre  1877  wurde  die  in  der  Überschrift  genannte 
Gesellschaft  gegründet')  nnd  diese  erweiterte  den  Kanal  auf  rd.  30,0  m  Breite, 
vertiefte  ihn  auf  4,3  m  und  legte  am  Ufer  56,0  m  über  dem  Fluss  ein  grösseres  Ver- 
teilungsbecken an.  Durch  den  Kanal  können  ca.  130  cbm/sek.  bei  einer  Geschwindig- 
keit von  rd.  1,0  m  geführt  werden,  womit  rd.  73000  Nutz-PS,  zu  erzielen  sind. 

Der  Niagara-Flnss  ist  an  der  Stelle,  wo  der  Kanal  abmündet,  1600,0  m  breit.  Die 
Gesellschaft  begnügte  sich  zunächst  auch  noch  damit,  das  Triebwasser  an  Müllereien  etc. 
zu  verpachten,  welche  ihrerseits  für  die  Aufstellung  der  Turbinen  und  die  Einrichtung 

Abb.  128.    Das  neue  Krafthaoa  der  Niagara  Falls  Hydranlic  Power  and  Mamtfaetaring  Co.  and  die  alten 
Triebwerke  am  Unterwasser  der  Niagara- Fülle  (Amerikanische  Seite}. 


ihrer  Fabrikationsanlagen  selbst  zu  sorgen  hatten.  Es  wurden  die  Turbinen  meistens 
in  mehr  oder  weniger  tief  in  den  Felsen  eingearbeiteten  Schächten  mit  senkrechten 
Wellen  aufgestellt,  und  das  Betriebswasser  Hess  man  frei  über  die  Felswand  des  Ufers 
in  den  Fluss  hinabstürzen  (Abb.  128).  Im  Jahre  1895  soll  daselbst  zum  ersten  Male  eine 
Turbine  mit  wagerechter  Welle  von  600  PS,  aufgestellt  sein,  welche  ihre  Energie  durch 
Hanfseile  nach  der  20,0  m  höher  stehenden  Dynamo  für  eine  elektrische  Kraftverteilung 
abgab.  Aber  erst  in  den  Jahren  1895 — 96  wurde  der  erste  Ausbau  der  grossen  hydro- 
elektrischen Anlage  vollendet,  welche  hier  kurz  beschrieben  werden  soll. 

Um  das  Gefälle  möglichst  vollkommen  ausnützen  zn  können  war  es  nötig,  das 
Krafthaus  in  die  Schlacht  seihst  hineinzulegen.    Die  hierfür  erforderliche  Grandfläche 

■)  Gründer  war  ein  Deutsch  -  Amerikaner ,  der  aus  Kirchheim  in  Württemberg  stammende 
Gross  imiustrielle  Jakob  Soboellkopf  in  Banale,  welcher  den  alten  Kanal  mit  allen  Rechten  für 
73000  Dollar«  kaufte. 


550  U.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  WabbebkrLftkb.    Bkibpiblb. 

musste  aber  erst  durch  Absprengen  der  senkrechten  Felswand  gewonnen  werden.  E« 
wurden  dann  von  dem  Verteilungsbecken  zwei  Stichkan&le  abgezweigt  und  zu 
hart  an  der  Felswand  angelegten  Torbecken  geführt  (Taf.  XLIV,  Fig.  7—9). 
Mauer,  welche  das  Vorbecken  flusseitig  begrenzt,  ist  an  mehreren  Stellen  mit  Über- 
läufen und  Eisschützen  versehen,  durch  welche  der  Überschuss  an  Wasser  und  das  sich 
im  Wasser  reichlich  bildende  Eis  abgeführt  werden  können. 

Nach  dem  Projekt  für  den  ersten  Ausbau  sollten  aus  dem  Vorbecken  zunächst 
drei  Druckrohrleitungen  ausmünden,  welche  am  oberen  Ende  2,4,  im  Krafihauae  selbst 
3,0  m  lichten  Durchmesser  haben  sollten.  Jedes  Druckrohr  kann  ca.  13,3  cbm/sek.  fahren 
bei  einer  Geschwindigkeit  am  oberen  Ende  von  2,95  m  und  am  unteren  von  ca.  1 ,88  m. 
Jede  Druckkammer  ist  für  sich  mit  zwei  Schützen  abschliessbar  und  der  Reche«  ist 
hinter  diesen  Schützen  in  der  Druckkammer  selbst  aufgestellt,  so  dass  auch  der  Rechen 
bei  Schliessung  der  Schützen  trocken  gelegt  werden  kann.  Die  Entlüftung  jedes  Drock- 
rohrs  erfolgt  durch  die  Druckkammer  selbst,  und  es  kann  auch  bei  Entleerung  des 
Druckrohres  durch  die  Druckkammer  Luft  in  dasselbe  eintreten.  Am  unteren  Ende 
jedes  Druckrohres  ist  ein  Windkessel  mit  Sicherheitsventil  eingebaut,  um  die  Wasser- 
schlage  auf  ein  unschädliches  Mass  einzuschränken.  Das  zuerst  verlegte  Druckrohr  hat 
vier  Verteilungsstutzen  von  je  1,5  m  Dm.  für  vier  Turbinen  von  je  2000  PS*  Es  ist 
aus  Siemens-Martin-Stahl  hergestellt  und  in  einzelnen  Schüssen,  welche  ofenrohrartig  in- 
einandergesteckt  sind,  zusammengenietet.  Die  Blechstärke  wächst  von  8  mm  oben  Ins 
25  mm  unten.  Die  Turbinen4)  sind  Zwillings-Spiralgehäuse-Turbinen  mit  horizontaler 
Welle,  250  Uml./Min.  und  je  zwei  Leit-  und  Laufrädern,  welche  axial  in  zwei  ge- 
trennte Saugrohre  ausgiessen.  Jede  Turbine  ist  mit  einem  Lombard-Water-Whed- 
Regulator  ausgerüstet.  Die  Welle  jeder  der  zuerst  aufgestellten  Turbinen  ist  auf  jeder 
Seite  mit  einer  Gleichstromdynamo  von  560  KW  gekuppelt. 

Der  Flur  des  30,5  m  breiten  Knfthanses  liegt  hochwasserfrei.  Es  war  infolge- 
dessen nötig,  um  die  erforderliche  Eintauchtiefe  der  Saugrohre  in  das  Wasser  des 
Turbinenkanals  bei  N.W.  sicher  zu  stellen,  denselben  am  unteren  Ende  mit  einer  Über- 
fallmauer abzuschliessen,  über  welche  das  Betriebswasser  dann  in  den  Fluss  abstürzt 
Das  Krafthaus  wurde  beim  ersten  Ausbau  in  einer  Länge  von  36,6  m  für  drei  Reihen 
von  je  vier  Turbinen,  also  zusammen  für  rd.  24000  PS#  angelegt.  Es  soll  inzwischen 
um  seine  ganze  Länge  vergrössert,  und  mit  weiteren  fünf  horizontalachsigen  Doppel- 
turbinen von  je  2500  PS«  der  Jonval-Geyelin-Type  *)  mit  257  Uml./Min.  ausgerüstet  sein. 
Der  Dm.  der  neuen  Druckrohre  ist  auf  3,45  m  vergrössert. 

Die  in  dem  Krafthause  erzeugte  Energie  wird  zum  Teil  in  den  in  der  Nähe  be- 
findlichen Mühlen,  Papierfabriken  und  besonders  in  der  oberhalb  des  Krafthauses  er- 
bauten Aluminiumfabrik  verwendet,  zum  Teil  zum  Betriebe  von  Strassenbahnen,  zur 
Beleuchtung  und  für  andere  industrielle  Zwecke  auf  grössere  Entfernungen  übertragen. 

Dm  in  Abb.  128  neben  dem  Krafthause  sichtbare  Gebinde  enthalt  eine  Holzachleiferei,  welche 
anch  Ton  dem  Gründer  der  Mannfactnring  Co.  errichtet  wurde.  £s  ist  die  erste  in  der  NiagarmacUncht 
selbst  angelegte  Fabrikanlage,  bei  welcher  eine  rationelle  Ausnutzung  des  DruekgefUles  ermöglicht 
wurde.  Das  Holz  wird  oben  geschalt  und  gespalten  und  geht  dann  in  dem  Aufzug  auf  schiefer  Ebene 
hinab  rar  Schleiferei,  um  als  fertiger  Holzstoff  wieder  zur  Papierfabrik  in  demselben  Aufsog  hinaaf- 
beftrdert  zu  werden. 

Von  allen  an  den  Niagarafallen  ausgebauten  Wasserkräften  ist  die  in  diesem  § 
beschriebene  Anlage  die  einfachste  und  zugleich  diejenige,  welche,  was  den  baulichen  Teil 
betrifft,  die  wirksamste  Ausnützung  des  vorhandenen  Gefälles  gestattet. 

*)  Geliefert  von  James  Leffel  &  Co.  in  Springfield. 
*)  Geliefert  von  R.  D.  Wood  &  Co.,  Philadelphia. 


§  30.  Das  Wassebkraft-ElbktbizitItswbbk  in  Sault  St.  Mäkle.  551 


§  30.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  in  Sault  St  Marie 

(Michigan)  der  Michigan  Lake  Superior  Power  Co.1). 

Das  Werk  nützt  das  Gefälle  der  Soo  -  Stromschnellen  aus,  über  welche  sich  das 
Wasser  des  Lake  Superior  in  den  St.  Marys-Strom  ergiesst,  um  in  den  Huron-See  zu 
fliessen.  Die  Anlage  ist  insofern  interessant,  als  sie  wohl  die  grfsste  sekl.  Wassermenge 
aufweist,  welche  bis  jetzt  in  einem  Werkkanal  den  Turbinen  zugeführt  wird.  Die  Wasser- 
spiegeldifferenz zwischen  dem  Lake  Superior  und  dem  St.  Marys -Strom  beträgt  im 
Jahresmittel  6,10  m.  Die  sekl.  Wassermenge,  welche  dem  Lake  Superior  zufliesst,  soll 
zwischen  1400—3300  cbm/sek.  schwanken.  Von  dieser  ungeheuren  Wassermenge  hat. 
die  Michigan  Lake  Superior  Power  Co.  das  Recht  900  cbm/sek.  auszunützen.  Schon 
im  Jahre  1885  war  auf  amerikanischer  Seite  die  Eonzession  zur  Ausnützung  dieser 
Wasserkräfte  der  Stromschnellen  gegeben,  aber  erst  viel  später,  in  der  zweiten  Hälfte 
der  neunziger  Jahre,  als  schon  anderswo  grosse  Erfolge  mit  der  Fernleitung  elektrischer 
Energie  erzielt  waren,  konnten  für  den  Ausbau  der  Wasserkraft  im  grossen  Stile  die 
Mittel  gefunden  werden.  Sault  St.  Marie  und  seine  Umgebung  bot  damals  noch  kein  ge- 
nügendes Absatzgebiet  für  die  verfügbare  Kraft,  sondern  man  konnte  nur  darauf  rechnen, 
durch  das  Angebot  billigen  Stromes  neue  Industrien  heranzuziehen.  Günstige  Vor- 
bedingen lagen  hierfür  insofern  vor,  als  Eisenbahnanschlüsse  leicht  herzustellen  waren 
und  die  Schiffahrt  auf  den  grossen  Seen  billige  Frachten  gewährleistete. 

Auf  der  kanadischen  Seite  wurde  ein  Bruchteil  der  in  den  Stromschnellen  ent- 
haltenen Kräfte  bereits  früher  ausgenützt,  besonders  zur  Kraftversorgung  von  Fabriken 
in  unmittelbarer  Nähe. 

Die  Michigan  Lake  Superior  Power  Company  hat  sich  mit  den  Besitzern  der 
alten  kanadischen  Werke  zu  einer  Trustgesellschaft  der  Consolidated  Lake  Superior  Co. 
verbunden,  um  die  Kraftverteilung  und  die  Entwicklung  industrieller  Unternehmungen 
gemeinsam  zu  betreiben. 

Mit  der  Bauausführung  des  neuen  Werkes  ist  im  Jahre  1898  begonnen,  und  der 
Betrieb  im  Oktober  1902  aufgenommen  worden.  In  der  Konzession  war  vorgeschrieben, 
für  die  Schiffahrt  auf  amerikanischer  Seite  einen  vorhandenen  Kanal  auszubauen  und 
mit  Schiffschleusen  für  die  grössten,  zwischen  den  Seen  verkehrenden  Dampfer  zu  ver- 
sehen. Es  war  dem  Konzessionär  aber  dafür  auch  das  Recht  verliehen,  in  dem  ameri- 
kanischen Gebiet  der  Stadt  Sault  St.  Marie  (Michigan)  einen  Streifen  von  122,0  m  Breite 
für  die  Anlage  eines  Zuführungskanals  zu  erwerben  und  zu  benutzen  (Abb.  129).  Das 
neue  Stück  des  Schiffahrtskanals  einschliesslich  der  Schleusen  und  Anlagestellen  für 
Schiffe  hat  eine  Länge  von  900,0  m. 

Die  Sandsteinfelsen,  welche  die  Stromschnellen  bilden,  setzen  sich  am  rechten  Ufer 
in  einem  Grat  von  1,5  km  Breite  fort.  Die  Stromschnellen  haben  in  Richtung  der 
Stromachse  gemessen  eine  Länge  von  800,0  m.    Der  Fluss  ist  etwa  900,0  m  breit. 

Der  Werkkanal  erhielt  eine  Länge  von  ungefähr  3800,0  m.  Bei  seiner  Aus- 
mündung aus  dem  See  hat  er  eine  Breite  von  290,0  m  und  verengert  sich  auf  einer 
Strecke  von  etwa  400,0  m  Länge  allmählich  auf  76,0  m,  um  sich  auf  der  dann  folgen- 
den,   ebenfalls    400,0  m   langen  Strecke   zu  einem  Profil  von  67,0  m  Wasserspiegel- 


i)  Die  Abbildungen  sind  der  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  log.  1903,  8.  921  n.  ff.,  Aufsatz  von 
Kurt  Meyer,  entnommen,  vergl.  auch  Electrical  World  and  Engineer,  27.  Sept.  1902,  S.  483  und 
8.  Nov.  1902,  S.  735. 


662  II.     Theodor  Koshs.    Ausbau  vom  Wasserkräften.     Beispiele. 

breite  zusammenzuziehen.  Die  mittlere  Wassertiefe  des  Kanals  beträgt  7,32  m,  wenn 
ca.  800  ebm/sek.  durch  den  Kanal  fliessen.  Beim  Beginn  des  Normalprofils  ist  ein 
Regulierung« werk  eingebaut,  bestehend  aus  Tier  Scbützonöffnungen  von  je  14,6  m  Breite 
zwischen  gemauerten  Pfeilern.  Die  eisernen  Schützentafeln  haben  eine  Höhe  von  8,0  m. 
Vor  dem  Krafthause,  welches  unmittelbar  am  Flusse,  etwa  1,0  km  unterhalb  der  Strom- 
schnellen liegt,  erweitert  sich  der  Kanal  zu  einem  427,0  m  breiten  Yorbecken.  Der 
Baugrund  für  den  Kanal  besteht  am  Lake  Snperior  aus  angeschwemmtem  Boden  (Sand. 
Geröll  und  Kies),  alsdann  war  der  schon  erwähnte  ca.  1,5  km  breite  Sandsteingrat  zu 
durchschneiden.  Hierauf  folgte  Triebsand  und  Kies  und  schliesslich  auf  der  letzte« 
Strecke  bis  zum  Kraftwerk  kieshaltiger  Lehmboden.  Das  Normalprofil  des  Kanals  in 
Sandboden  hat  eine  Sohlenbreite  von  50,0  m  und  ungefähr  einfache  Böschungen.  Der 
wasserberührte    Querschnitt    bei    voller    Füllung    (7,5   m   WassertiefeJ    beträgt    etwa 

Abb.  129.    CberrichtapUii  dir  WaSMrkraftoolage  in  Sault  St.  Marie  (Michigan). 


431,0  m  qm.  Etwas  über  dem  normalen  Wasserspiegel  ist  ein  Bankett  angelegt  und 
dann  folgt  bis  zur  Terrainhöhe  eine  Trockenmauer  aus  Bruchsteinen.  Das  trapez- 
förmige Normalprofil  unterhalb  des  Banketts  ist  an  den  Stellen,  wo  härterer  Lehm  zu 
durchschneiden  war,  in  ein  halbelliptisches  übergeführt  mit  derselben  Wasserspiegel- 
breite,  aber  etwas  grosserem  Querschnitt.  Die  mittlere  Wassergeschwindigkeit  betragt 
bei  900  cbm/sek.  rd.  2,1  m/sek.  Nimmt  man  in  der  Formel  v  =  c.yR.  J  den  Beiwert 
c  zu  70  an,  so  würde  sich  J  zu  0,000126  oder  rd.  1:8000  ergeben.  Wo  nicht  solider 
Felsen  die  Kanalwandungen  bildet,  ist  die  wasserberührte  Fläche  des  Kanalprofils  mit 
Holzbohlen  ausgekleidet,  welche  auf  Querbalken  befestigt  sind.  Letztere  sind  durch 
Pfähle  im  Boden  verankert. 

An  sechs  Stellen  sind  die  Ufer  des  Kanals  durch  Brücken  verbunden. 

Vor  den  Turbinenkammern  ist,  einen  grösseren  Raum  zwischen  sich  und  den 
Kammern  freilassend,  ein  Rechen  aufgestellt,  welcher  sich  oben  gegen  eine  von  Gitter- 
böcken getragene  Brücke  stützt.    Neben  dem  Krafthause  befindet  sich  ein  GrumdaMiss 


§  30. 


Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  ts  Saült  St.  Marie. 


553 


U: 


*: 


and  ein  Überlauf  zur  Regulierung  des  Wasserspiegels,  Spülung  des  Beckens  und  zur  Ab- 
fuhrung des  Eises. 

Für  das  Krafthaus  sind  im  ganzen  81  Turbineneinheiten  vorgesehen.  Das  Kraft- 
haus ist  417,5  m  lang  und  30,5  m  breit.  Es  steht  auf  12000  Pfählen  von  15,0  m 
Länge  und  auf  einer  durchlaufenden  1,0  m  starken  Betonsohle,  welche  die  auf  gleicher 
Höhe  abgeschnittenen  Pfahlköpfe  umschliesst.  In  dem  Krafthaus  sind  81  Turbinen- 
kammern  nebeneinander  angelegt  von  je  4,5  m  Breite,  6,0  m  Höhe  und  13,5  m  Länge. 
Sie  sind  voneinander  durch  Wände  aus  armiertem  Beton  getrennt  und  nach  dem 
Generatorenraum  zu  durch  halbrunde  Wände  aus  vernieteten  Stahl- 
blechen abgeschlossen  (Abb.  130).  Auch  wegen  dieser  eigenartigen  Konstruktion 
verdient  die  Anlage  Erwähnung  und  Beachtung.  Jede  Turbinenkammer  kann  für  sich 
durch  Dammbalken  vom  Oberwasser  getrennt  und  trocken  gelegt  werden.  Jede  Zwillings- 
turbine hat  ihren  eigenen  Turbinenkanal,  welcher  direkt  in  den  Flyss  führt.  Die  0,90  m 
starken  Trennungswände  der   einzelnen  Turbinenkanäle  sind  ebenso    wie   die   Gewölbe 


Abb.  130.    Querschnitt  und  Längsschnitt  durch  eine  Turbinenkammer  der  Anlage  Sault  St  Marie. 


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und  die  aufgehenden  Wände  des  Krafthauses  aus  den  beim  Bau  gewonnenen  Bruch- 
steinen in  Zementmörtel  hergestellt.  Über  alle  oben  offenen  Turbinenkammern  hinweg  läuft 
ein  Geleise  für  fahrbare  Pumpen,  mit  denen  die  Kammern  trocken  gelegt  werden  können 
und  für  einen  fahrbaren  Kran  zum  Herausheben  der  einzelnen  Turbinenteile  im  Falle 
einer  Reparatur.  Über  den  Turbinenkammern  und  den  Generatorensälen  sind  noch  zwei 
26,0  m  breite  und  380,0  m  lange  Obergeschosse  angelegt,  deren  Decken  auf  eisernen 
Säulen  und  Trägern  ruhen.  Ein  grösserer  Teil  des  ersten  Obergeschosses  ist  für  eine 
Karbidfabrik  der  Union  Carbide  Co.  eingerichtet.  Das  Dach  besteht  aus  Fachwerk- 
trägern und  ist  mit  verzinktem  Wellblech  eingedeckt. 

Es  sind  liegende  Francis-Schachtturbinen2)  von  je  576  PSe  und  180  Uml./Min. 
zur  Aufstellung  gekommen.  Die  kleine  Einheit  bedeutet  wohl  eine  Konzession  an  die 
damalige  Leistungsfähigkeit  der  liefernden  Fabrik.  Heute  dürften  grössere  Einheiten 
gewählt  worden  sein.  Man  hätte  dadurch  nicht  allein  die  Anlagekosten  des  baulichen, 
motorischen  und  elektrischen  Teils  des  Krafthauses  verbilligen,  sondern  auch  den  Be- 
trieb vereinfachen  und  billiger  gestalten  können.     Jede  Turbine  verbraucht   bei   einem 


*)  Geliefert  von  der  Webster  Camp-Lane-Co.  in  Akron  (Ohio). 


554  n.     Thbodob  Kokhn.     Ausbau  von  Wabsbejlrästen.     Bmrma 

Gefalle  von  4,88  m  und  voller  Belastung  rd.  11,1  cbm/sek.  Wasser,  was  einem  Nab- 
effekt von  rd.  81  %  entspricht.  Die  beiden  zu  einer  Einheit  gehörenden  Doppel-Turbinen 
haben  geschmiedete  Wellen  ans  Siemens-Martin-Stahl,  welche  durch  Scheibenkuppelung- 
verbunden  sind  (Abb.  131).  Die  Turbinen  werden  von  aussen  radial  beaufschlagt 
und  je  zwei  Laufräder  einer  Turbine  giessen  axial  nach  innen  in  ein  glockenförmiges 
Gehäuse  aus,  welches  mit  dem  Saugrohr  verbunden  ist.  Das  Saugrohr  ist  nach  unten 
konisch  erweitert  und  hat  am  unteren  Ende  einen  lichten  Dm.  von  3,6  m.  In  den 
Ablaafgehäusen  ist  die  Welle  gelagert  und  ausserdem  noch  in  3  nachstellbaren  Lagern 
auf  gusseisernen  Böcken.  Um  die  Belastung  der  Böcke  auf  die  vertikalen  Zwischen- 
wände zu  übertragen,  sind  die  Füsse  dieser  Böcke  gespreizt.  Jedes  Ablaafgeh&ose  ruht 
auf  zwei  380  mm  hoben  I -Trägern,  so  dass  die  gewölbte  Decke  der  Torbinenkammer 
nur  den  Wasserdruck  aufzunehmen  hat.  Durch  kräftige  Zugstangen  sind  die  Ablauf- 
gehäuse und  die  Lagerbocke  untereinander  verbunden,  um  eine  Verschiebung  gegen- 
einander zu  verhindern. 

Abb.  13t.     Vierkranzige  Fran  cia -Doppel  tu  rbine  der  Anlag«  Sanlt  St.  Harie. 


Jodes  Laufrad  bat  833  mm  Dm.  am  Spalt  und  16  doppelt  gekrümmt«  Lanfradschaufeln.  welea» 
mit  der  Nabe  nnd  dem  Kram  ans  einem  Stack  gegossen  sind.  Jedes  Leitrad  hat  10  Dreh  schaufeln, 
welche  durch  eine  gemeinschaftliche  Scheibe  gleichmiaaig  nnd  gleichzeitig  bewegt  werden.  Die  Kegi- 
iierang  der  Turbinen  erfolgt  durch  Lombard-Servomotoren,  deren  Fliehkraftregler  vom  Schaltbrett  au 
durch  Elektromotoren  verstellt  werden  kennen. 

Einer  der  vorbin  erwähnten  3  Lagerböcke  der  Turbine  befindet  sich  im  Maschinen- 
raum (Abb.  130)  und  trägt  ein  Handrad  und  Zahnradvorgelege,  mit  welchen  die  Steuer- 
welle  auch  von  Hand  bewegt  werden  kann,  so  dass  der  Maschinist  in  der  Lage  ist, 
von  hier  aus  die  Turbinen  einzuschalten,  zu  steuern  und  abzustellen. 

Die  für  die  Karbidfabrik  bestimmten  Turbinen  sind  mit  400  KW  Eiaphaseistren- 
Generatoren  *)  von  90  Volt  Spannung  und  60  Per./sek.  verbunden. 

Zwei  Turbineneinheiten  sind  mit  Gleichstrom- Dynamos*)  von  220  Volt  Spannung 
und  400  KW-Leistung  gekuppelt,  welche  den  Strom  zur  Erregung  aller  Wechselstrom- 
masebinen  hergeben  werden. 

Im  Jahre  1903  waren  6  weitere  Turbinen  mit  Drehstromgeneratoren*)  ron 
30  Per./sek.  und  2400  Volt  Spannung  verbunden  zur  Erzeugung  elektrischer  Energie  für 
Liebt-  und  Kraftzwecke  und  es  waren  4  Gleichstrom-Dynamos  von  400  KW  und  600 
Volt  für  Strassenbahnzwecke  in  Auftrag  gegeben. 

Für  die  Fernleitung  wurde  der  Strom  1903  von  2400  anf  15000  Volt  mittelst 
400  KW-Transformatoren  in  ölgehäusen  mit  Wasserkühlung  heranftransformiert. 

»)  Geliefert  von  der  Weetinghoase  Electric  and  Manufactoriug  Co. 
«)  Geliefert  von  der  Stanley -Electric  Co. 


§  31.  Das  Lech-Elektrizitätswerk  Gersthofen.  555 

Zum  Bau  des  Schiifahrtskanals,  des  Werkkanals  and  des  Krafthauses  wurden  24  Lokomotiven, 
350  Kippwagen  und  8  Dampferdbagger  gebraucht.  Etwa  770000  cbm  Gestein  und  2300000  cbm  Erde 
mussten  gelöst  und  ausgehoben  werden,  welche,  soweit  sie  nicht  zu  den  Bauwerken  selbst  verwendet 
werden  konnten,  benutzt  wurden,  um  ungefähr  1000  ha  früher  unter  Wasser  stehendes  Land  trocken  zu 
legen.  Zu  den  Grundbauten  waren  etwa  1000000  lfm.  Pfähle,  sowie  130000  cbm  Beton  erforderlich.  Für  die 
Aufbauten  wurden  69000  cbm  Sandstein-Mauerwerk,  27000  qm  Sandsteinpflaster  und  47000  cbm  Zement 
verbraucht. 

Die  Kosten  der  Anlage  —  ohne  das  elektrische  Fernleitungsnetz  —  waren  zu  rd.  4000000  Doli, 
veranschlagt.  Rechnet  man  die  zwei  Erregereinheiten  ab,  so  bleiben  noch  45500  installierte  PSe  und 
es  entfallen  auf  die  installierte  Nutz-PS«  rd.  88  Doli.  =  rd.  374  Mk. 


§  31.  Das  Lech-Elektrizitätswerk  Gersthof en  bei  Augsburg 

der  E.-A.-G.  vorm.  W.  Lahmeyer  &  Co.1)  in  Frankfurt  a.  M.   Hierzu  Taf.  XLV«). 

Das  Elektrizitätswerk  Gersthofen  am  Lech  ist  von  der  genannten  Gesellschaft 
gebaut,  um  die  industriereiche  Stadt  Augsburg  und  ihre  Umgebung  mit  elektrischer 
Energie  zu  versorgen. 

Die  Konzession  bezieht  sich  auf  die  Ausnützung  der  Wasserkräfte  des  Lech  nörd- 
lich der  Stadt  Augsburg.  Es  liegt  im  Plan,  sobald  der  Strombedarf  die  Ausgaben  recht- 
fertigen wird,  noch  weitere  Wasserkraftanlagen  unterhalb  der  hier  zu  beschreibenden 
zu  bauen. 

Eine  gewisse  Sicherheit  für  den  wirtschaftlichen  Erfolg  des  Unternehmens  bot 
von  vornherein  ein  mit  den  Farbwerken  vorm.  Meister,  Lucius  &  Brüning  in  Höchst  a.  M. 
geschlossener  Vertrag  auf  Lieferung  von  3500  PS«  während  24  Stunden  an  ihre  un- 
mittelbar neben  dem  Kraftwerk  errichtete  Zweigfabrik.  Man  konnte  auf  Grund  der 
Vorarbeiten  annehmen,  dass  im  Lech  unterhalb  der  Einmündung  der  Wertach  während 
8  Monaten  im  Jahre  50  cbm/sek.,  während  7  Monaten  bis  zu  60  cbm/sek.  für  das  Werk 
zur  Verfügung  stehen  würden,  dass  aber  in  den  vier  Wintermonaten  die  verfügbare 
Wassermenge  allerdings  bis  auf  24  cbm/sek.  fallen  könne.  Eine  Flösserei  findet  in  den 
Wintermonaten  auf  dem  Lech  nicht  statt,  so  dass  die  vorhandene  Wassermenge  für 
Kraftzwecke  genommen  werden  kann,  soweit  sie  nicht  für  die  Unterhaltung  der  Fisch- 
zucht direkt  am  Wehre  in  das  Unterwasser  abzulassen  ist 

Eine  geeignete  Stelle  für  die  Anlegung  eines  Wehres  wurde  ca.  8,0  km  unterhalb 
Augsburgs  gefunden.  Durch  das  Wehr  und  einen  rd.  7,24  km  langen  Werkkanal 
konnte  ein  normales  Gefälle  von  rd.  10,0  m  erzielt  werden,  so  dass  während  8  Monaten 
5000  PS©  zur  Verfügung  stehen.  Die  verhältnismässig  geringe  Entfernung  der  Wasser- 
kraft-Anlage von  Augsburg  als  dem  Zentrum  des  Konsumgebietes  für  den  elektrischen 
Strom  sei  als  günstiges  Moment  für  die  Beurteilung  der  Anlage  hervorgehoben.  Um  auch 
die  grösseren  Wassermengen  während  der  7  sommerlichen  Monate  noch  ausnutzen  zu 
können,  wurde  der  Kanal  und  das  Krafthaus  für  6000  PS«  ausgebaut.    Andererseits 


i)  Das  Werk  ist  1903  auf  die  Lech-Elektrizitätswerke  A.-G.  Augsburg  übergegangen. 

8)  Die  Abbildungen  und  die  Figuren  der  Tafel  sind  zum  grössten  Teil  aus  der  Zeitschr.  d.  Ver. 
deutscher  Ing.  1903,  S.  1031  und  ff.,  Aufsatz  von  Kurt  Meyer,  „Das  Elektrizitätswerk  Gersthofen  am 
Lech"  entnommen,  z.  T.  nach  Photographien  hergestellt,  welche  die  Gesellschaft  dem  Verfasser  zur 
Verfügung  stellte. 


566  II.    Theodor  Kobhn.    Ausbau  von  WassebkbIften.    Beispiele. 

musste  für  die  fehlende  Kraft  in  den  vier  Wintermonaten  eine  Ergänzung  in  Form 
einer  Dampfreserve  geschaffen  werden ,  da  ja  schon  die  Farbwerke  allein  mehr  Kraft 
beanspruchen  können,  als  die  Wasserkraft  in  ungünstigstem  Falle  hergibt. 

Neben  dem  Wasserkraftwerk  war  denn  auch  1904  bereits  eine  Zentrale  mit  zwei 
stehenden  Dampfmaschinen  von  je  1500  PS«  normaler  Leistung  nebst  zugehöriger  Kessel- 
anlage aufgestellt.  Da  die  Mindestwassermenge  meistens  nur  wenige  Tage  anhält,  so 
kann  man  mit  genügender  Sicherheit  beide  Maschinen  für  diese  Zeit  einsetzen.  Auch 
wird  ein  Betrieb  als  noch  genügend  sicher  angesehen  werden  können,  wenn  für  einige 
Spitzen  in  der  Belastungskurve  stundenweise  während  einiger  Wochen  im  Jahre  die 
zweite  Maschine  mitlaufen  müsste.  Selbstverständlich  kann  eine  gute  Dampfmaschine 
von  1600  PS«  normaler  Leistung  während  einiger  Zeit  anstandslos  auch  mit  10— 20°  c 
überlastet  werden,  so  dass  bei  32  cbm/sek.  Wassermenge  schon  5000  PS«  herauskämen, 
wenn  nur  eine  Dampfmaschine  mitläuft.  Man  kann  also  sagen,  dass  der  Kanal  und  die 
erwähnte  Dampfreserve  eine  konstante  Mindestkraft  von  5000  PSe  hergeben.  Dazu 
kommt  dann  noch  ein  Stauweiher  von  250000  cbm  nutzbarer  Füllung,  von  dem  spater 
noch  die  Rede  sein  wird. 

Die  Wasserkraftanlage  ist  seit  März  1902  im  Betrieb.  Die  ausführende  Firma 
hat  vorsorglich  zwischen  Augsburg  und  Gersthofen  ein  80,0  ha  umfassendes  Terrain  er- 
worben, um  es  aufteilen  und  zur  Errichtung  von  Kraft  abnehmenden  Fabriken  ver- 
kaufen zu  können.  Der  Stromverkauf  soll  sich  aber  derart  entwickelt  haben,  dass  man 
auf  dieses  Mittel  für  die  hier  zu  beschreibende  Anlage  nicht  zurückzugreifen  braucht 

Das  in  dem  Lech  eingebaute  Wehr  ist  leicht  gegen  das  Oberwasser  gekrümmt 
und  hat  eine  lichte  Gesamtbreite  von  80,0  m  (Taf.  XLV,  Fig.  1).  Am  linken  Ufer 
liegt  eine  12,5  m  breite  Flossgasse  und  daneben  eine  2,0  m  breite  Fischtreppe 
und  ein  im  Lichten  8,0  m  breiter  Grundablass  (Kiesschleuse).  Das  feste  Wehr  ruht 
auf  einem  Pfahlrost  (vergl.  Taf.  XLV,  Fig.  2  und  Taf.  LI,  Fig.  1—3  sowie  Kap.  m, 
1.  A.  Wehre)  und  ist  nach  dem  Oberwasser  zu  durch  Spundwände  gegen  Unterspülung 
geschützt.  Die  Wehrkrone  liegt  ca.  2,20  m  über  der  Flussohle.  Der  Baugrund  besteht 
aus  feinem  Flinzpand,  welcher  dem  Eindringen  von  Pfählen  und  Spundwänden  grossen 
Widerstand  entgegensetzte.  Es  mussten  deshalb  bei  dem  Eintreiben  der  Spund- 
wände Wasserspülung  angewendet  und  für  den  Rost  Eisenpfähle  genommen  werden. 
Das  Wasser  stürzt  über  die  Krone  auf  eine  rd.  15,5  m  Jange,  nach  unten  geneigte 
Stufe  ab,  welcher  noch  zwei  kürzere,  13,15  m  und  7,40  m  lange  Stufen  folgen.  Hinter 
der  letzten  Stufe  liegen  noch  schwere  Steinfaschinen  zwischen  Pfählen.  Ursprünglich 
waren  nur  zwei  Stufen  gebaut;  das  Hochwasser  riss  aber  die  Steinschüttung  hinter  der 
zweiten  Stufe  fort  und  kolkte  die  Flussohle  aus,  es  wurde  deshalb  die  dritte  Stufe  ein- 
gebaut. Die  Sohle  des  stufenförmigen  Abfallbodens  ist  durch  eine  durchschnittlich  rd.  1,0  m 
starke  Betonschicht  gebildet  und  in  ihrer  ganzen  Länge  und  Breite  mit  Holzbohlen  belegt, 
welche  auf  Querholmen  befestigt  sind.  Zum  Abschluss  der  einzelnen  Stufen  und  zum  weiteren 
Schutze  gegen  Unterspülung  des  Wehres  sind  Spundwände  quer  durch  das  Flussbett 
geschlagen  und  an  die  Spundwände  der  Ufermauern  angeschlossen.  Der  Abschluss  der 
nachträglich  (1902)  angelegten  dritten  Stufe  ist  durch  eine  eiserne  Spundwand  erfolgt, 
welche  bis  7,0  m  unter  N.W.  herabreicht.  Die  beiderseitigen  Ufer  sind  durch  starke 
Betonmauern  geschützt.  Die  rechte  Ufermauer  beginnt  etwa  25,0  m  oberhalb  des 
Wehres  und  reicht  ungefähr  ebensoweit  über  das  Ende  der  untersten  Wehrstufe  hinaus. 

Der  Fachbaum  der  Flossgasse  liegt  rd.  0,50  m  unter  der  Wehrkrone.  Die  ganze 
12,50  m  breite  Öffnung  ist  mittelst  einer  eisernen  Schütze  abschliessbar,  deren  Ober- 


§  31.  Das  Lech-Elektrizitätswerk  Gebbthopbh.  557 

kante  auf  der  Höbe  der  Wehrkrone  liegt.    Ein  Pfeiler  von  2,0  m  Breite  trennt  die 
Flossgasse  von  der  Kiesschleuse.    Stromabwärts  von  diesem  Pfeiler  ist  eine  stufenweise 

niedriger  werdende  Betonmauer  errichtet,  welche  den  höher  gelegenen  Abfallboden  der 
FlossgasBe  von  dem  tiefergelegenen  der 
Kiesschleuse  trennt  (Abb.  132).  Der  Ab- 
fallboden der  Flossgasse  besteht  gleich- 
falls aas  drei  Stufen,  von  denen  die  oberste 
etwa  28,0  m,  die  zweite  etwa  16,0,  die 
unterste  rd.  7,5  m  lang  ist  und  an  welche 
sich  dann  noch  eine  Faschinenbefestigung 

von  ca.  25,0  m  anschliesst.    Letztere  war  ri 

nötig  mit  Rücksicht  auf  die  Geschwindig-  -g 

keit,  welche  bei  Hochwasser  in  der  glatten,  S> 

von  beiden  Seiten  eingefassten  und  in  der  S 

Sohle  stark  geneigten  Flossgasse  entsteht,  g 

Der  bis  zu  derselben  Tiefe  wie  das  Wehr  | 

fundierte    Betonkörper  unter   dem  Fach-  | 

bäum  der  Flossgasse  hat  eine  Breite  von  = 

3,0  m.    Die  Betonsohle  des  folgenden  Ab-  s 

fallbodens  ist  0,50  m  stark  und  ganz  auf  > 

einem  Pfahlrost  fundiert,  an  dessen  Pfahl-  J 

köpfen  Querholme  angeblattet  und  ange-  J 

bolzt  sind.    Letztere  tragen  die  Holzdielung  £ 

des  Abfallbodens.    Jede  Stufe  ist  mittelst  _ 

Qnerspnndwand  und  einer  davorliegenden  * 

tiefer  fundierten  Betonmaner  abgeschlossen.  < 

Der  Fachbaum  der  Kiessehleusse  liegt  ca.  • 

2,0  m  unter  der  Wehrkrone.    Die  lichte  s 

Weite  der  beiden  Schätzen  betragt  2  X  4,0  J 

=  8,0  m.  Zwischen  den  Betonpfeilern  der  ^ 

Kiesschleuse  liegt  aber  noch   die  Fisch-  ■$ 

treppe  (Abb.  132).     Ihre  Konstruktion  ist  £ 

die  übliche  (vergt.  Kap.  in,  1.  A.  Wehre).  | 

Die    beiden    Öffnungen    der    Kiesschleuse  < 

sind  mit  je  zwei  hölzernen,   übereinander  g£ 

befindlichen  Tafeln  abschliessbar ,  welche  *"! 

in  üblicher  Weise  mittelst  Zahnstangen  ^ 
gehoben  und  gesenkt  werden.  Der  Abfall- 
boden ist  ebenfalls  aus  drei  Stufen,  ahn- 
lich wie  diejenigen  des  Wehres  gebildet 
und  mit  Bohlen  gedielt.  Entsprechend  der 
Gewalt  des  hier  in  grosserer  Tiefe  durch- 
strömenden Wassers  ist  die  Sohle  durch- 
weg auf  Pfahlrost  fundiert  (vergl.  Taf.  LI, 

Fig.  1,  und  Kap.  UI,  1.  A.  Wehre).    Eine  auf  zwei  I- Tragern  ruhende  Brücke  gebt  vom 

Ufer  bis  zu  dem  rechtsseitigen  Pfeiler  der  Kiesschleuse.    Diese  Brücke  bildet  die  obere 
Stütze  für  die  Griesständer  der  Schützen  und  trägt  das  Aufzuggetriebe. 

Die  Flussohle  oberhalb  des  Wehres  ist  mit  einer  Betonschiebt  von  ca.  0,25  bis 
0,50  m  Stärke  (Taf.  XLV,  Fig.  1)  befestigt. 


IL     Theodob  Kobbh.     Ausbau  von  WasserkbIften.     Beibpiklb. 

Kurz  oberhalb  des  Wehres  liegt  im 
Zage  der  linksseitigen  Ufermaner  der  28,0  m 
breite  Einlsnf,  dessen  ans  Beton  hergestell- 
ter Vorboden  mit  der  erwähnten  Befestigung 
der  Flnssohle  eine  zusammenhängende  -Platte 
bildet.     Etwa  60,0  in  oberhalb  des  Kanal- 
einlaufs  liegt  die  Einfahrt  in  den  Kanal, 
welche  nach  behördlicher  Vorschrift  so  spitz 
gegen  die  Flussachse  gelegt  werden  musste, 
dass  auch  die  längsten  Flösse  angeteilt  in 
£     den  Kanal  hinein  können.    Die  lichte  Weite 
^     der  Einfahrt  beträgt  10,0  m,  welche  durch 
f*     zwei    übereinander    liegende    Schützentafeln 
>.     abschliessbar  ist.    Diese  Schleuse  ist  übrigens 
s.     seit  der  ßetriebseröffnnng  für  Flösse  noch 
£     nie    benntzt,    da   immer    nur    bei   höheren 
«"     Wasserständen  gefiösst  wird  und   dann   die 
m     Flösse  über   die  Flossrinne   laufen  können. 
5*     Das  Ufer  zwischen  dem  Kanaleinlauf  und 
s-     der  Flosschleuse  ist  durch  eine  starke  Beton- 
5     mauer  geschützt.     Mittelst   einer  Reihe   von 
g      6  Schützen  ist  der  Kanaleinlanf  abschliess- 
a      bar.    Die  Griesständer  sind  als  Gitterböcke 
*     in  Eisen  konstrniert  und  tragen  oben  eine 
3      Brücke  für  das  Bewegungsgetriebe  der  höl- 

2  zernen  Schützentafeln  {Abb.  133).  Sie  sind 
g.  untereinander  und  gegen  die  Kanalmauern 
5  mit  Zugkreuzen  und  horizontalen  Winkel- 
'*"  eisen  abgesteift-  Oberhalb  dar  Schützentafeln 
s  ist  die  vordere  Fläche  des  Einlaufs  durch 
^     eine  an  den  Griesständern  befestigte  dicht- 

3  schliessende  Bohlenwand  geschlossen,  so  dass 
ST  das  Hochwasser  nicht  frei  in  den  Kanal  ein- 
5.  treten  kann.  Dasselbe  gilt  von  der  Zufahrt. 
5  Die  Schwelle  des  Einlaufs  liegt  ca.  0,20  m 
«  höher  als  der  Fachbaum  des  Grandablasses. 
I  Hinter  der  Schützenschwelle  ist  die  Sohle 
3      des  Kanals  um  1,20  m  abgesenkt  and  mit 

Beton  befestigt.  Von  dem  so  gebildeten 
Kiesfang  zweigt  ein  Grandablass  mit  Spül- 
schütze ab,  durch  welchen  mittelst  eines  unter- 
irdischen Kanals  die  Ablagerungen  in  die 
Flossgasse  gespültwerden  können.  Der  Werk- 
kanal, welcher  nach  den  Vorschriften  der 
Konzession  auch  für  die  Schiffahrt  einzurich- 
ten war  und  als  Teil  eines  Kanals  nach  der 
Donau  gedacht  ist,  läuft  ziemlich  parallel 
znm  Lech  in  einem  Abstand  von  rd.  112,5  m 


§  81. 


Das  Lech-ElkktrizttItswerk  Gebsthofen. 


559 


Ton  Mitte  zu  Mitte.  Es  entfallen  auf  den  Oberkanal  2965,3  m  und  4274,6  m  auf  den 
Unterwasserkanal.  Das  Kanalprofil  ist  trapezförmig  (Abb.  134).  Ungefähr  2000,0  m 
des  Oberkanals  liegen  ganz  oder  z.  T.  im  Einschnitt,  auf  den  letzten  1000,0  m  mussten 
beiderseits  Haltungsdämme .  geschüttet  werden  (Abb.  134  und  135).  Das  Sohlengef&lle 
im  Werkkanal  beträgt  1 :  2500,  die  Sohlenbreite  des  Oberkana^t  ist  21,0  m.  Die 
Böschungen  haben  eine  Neigung  von  1 : 2  und  sind  im  Einschnitt  gegen  die  Angriffe 
des  fliessenden  Wassers  durch  Kiesdeckungen  gesichert.  In  den  Dammstrecken  ist  unter 
der  Kiesdeckung  noch  eine  Dichtungsschicht  aus  gestampftem  Lehm  angebracht.  Wo 
es  nötig  erschien,  ist  die  Sohle  gleichfalls  durch  Lehm  gedichtet.  Bei  voller  Füllung 
beträgt  die  durchschnittliche  Wasserspiegelbreite  des  Oberkanals  33,0  m,  die  Wasser- 
tiefe am  oberen  Ende  2,5  m,  am  unteren  3,5  m,  so  dass  selbst  bei  60  cbm/sek.  die 
durchschnittliche  Wassergeschwindigkeit  nur  0,740  m/sek.  beträgt.    Nimmt  man  in  den 

v2 

Formeln  v  =  c . yRJ  und  J  =  — jp-mit  Rücksicht  auf  die  Rauhigkeit  der  Ufer  c  zu  45 

C     Jtv 

an,  so  ergibt  sich  rechnungsmässig  ein  durchschnittliches  Wasserspiegelgefälle  von  0,000115 
oder  rd.  1 :  8700. 


Abb.  134.    Kanal  profile. 

Obenrasserkartaf 


Lech 


.''-  •• 


Lech 


w  mm  j  m  wwwwwpj*w*»vwm*wx}*n 


'.-  :•  -.♦  :*> 


Unterrasscrkarw' 


Lech 


Der  Unterkanal  liegt  ganz  im  Einschnitt.  Seine  Sohlenbreite  beträgt  16,5  m. 
Auf  den  ersten  3,6  km  ist  das  Sohlengefälle  1 :  3333,  auf  der  letzten  Strecke  1 :  4043. 
Die  durchschnittliche  Wassertiefe  beträgt  2,5  m  und  die  Wasserspiegelbreite  26,0  m. 
Die  Böschungen  sind  bis  zum  ersten  Bankett  d.  h.  0,5  m  über  Wasserspiegel  1 : 2, 
darüber  1 : 1,5  angelegt.  Auf  der  ersten  ca.  1,7  km  langen  Strecke  reicht  der  Unter- 
kanal tief  in  den  Flinzsand  hinein  und  seine  Ufer  sind  deshalb  mit  Pfahlwerk  und 
Faschinen  gesichert.    Auf  der  letzten  Strecke  liegt  der  Kanal  ganz  im  Kies. 

Mit  Ausnahme  einer  kleinen  Krümmung  im  Oberkanal  und  der  Einmündung  des 
Unterkanals  in  den  Lech  ist  der  Kanal  ganz  geradlinig.  Die  Einmündung  in  den  Lech 
erfolgt  mit  einem  Radius  von  500  m  in  einer  Bogenlänge  von  258,3  m. 

Zwei  Brücken  führen  über  den  Ober-,  drei  über  den  Unterkanal. 

Etwa  200,0  m  oberhalb  des  Kraftwerkes  verbreitert  sich  der  Kanal  durch  Aus- 
weichen des  linken  Ufers  zu  einem  Becken,  um  so  den  Platz  für  den  Einbau  des  Kraft- 
werkes und  einer  gekuppelten  Schiffahrtsschleuse  zu  gewinnen  (Abb.  136).  Letztere  war 
behördlich  vorgeschrieben,  obwohl  der  Ausbau  eines  Schifffahrtskanals  bis  zur  Donau 
noch  in  recht  weiter  Ferne  zu  liegen  scheint.  Das  für  die  Kammerschleuse  aufge- 
wendete, recht  beträchtliche  Kapital  liegt  also  bis  auf  weiteres  brach. 


IL     Theodoh  Koehn.     Ausbau  ton  Wa8Bebkb1ptbii. 

Die  Achse  der  Schleuse  liegt  7,0  m  nach  rechts  von 
der  Achse  des  Kanals.  Von  der  Stirne  des  Oberhauptes  der 
Kammerschleuse  an  ist  die  Sohle  des  Beckens  ganz  mit  Beton 
befestigt  und  abgedichtet,  um  eine  noch  vergrösserte  Sicher- 
heit gegen  Unterspülung  des  Krafthauses  zu  bieten. 
[  Das  Krafthaas  schliesst  sich  rechts  an  die  Mauer  der 

*•  unteren  Kammerschleuse,  links  an  die  Ufermauer  (Taf.  XLV, 
'  Fig.  3)  an.  Naturgemäss  bildet  der  Unterwasserkanal  unter- 
halb des  Kraftwerkes  ebenfalls  ein  Becken,  dessen  Breite 
60,0  m  betragt.  Die  Ufer  bestehen  zunächst  aus  Betonfntter- 
mauern  und  gehen  dann  in  die  Böschung  des  Einschnitts 
über.  Die  linke  Böschung  ist  mit  Krümmungen  von  100,0  m 
in  die  normale  Entfernung  von  der  Achse  des  Kanals  über- 
geführt.    Die  Betonbefestigung  der  Sohle  des  Unterwasser- 

Abb.  186.     Ansicht  des  Beckens  vor  dem  Kraft&MM. 


beckens   ist    mit    einer    breiten  Steinpflasterung  gegen  die 
unbefestigte  Sohle  abgeschlossen. 

Der  Aushub  des  Kanals  erfolgte  im  wesentlichen  duiea  zwei 
grosse  Trockenbagger.  Za  waren  im  ganten  1200000  ebm  Boden  «i 
bewegen,  welch«,  soweit  sie  nicht  in  Dammbanten  Verwendung  faades, 
längs  des  Kanals  abgelagert  sind.  Zum  Bodentransport  diente  eia 
normalspnriges,  mit  Dampflokomotiven  betriebenes  Sehienongoleiao. 

Etwa  500,0  m  oberhalb  des  Kraftwerkes  ist  auf  der 
linken  Kanalseite  ein  Stauweiher  von  260000  qm  Grundhache 
hergestellt  durch  Einfassung  einer  viereckigen  Bodenflache 
mit  Dämmen.    Der  Stauweiher  hat  gefüllt  2,0  m  Wassertiefe, 
wovon  1,0  m  d.  h.  rd.  260000  cbm  zum  Betriebe   nntzbar 
abgelassen   werden    können.     Man   kann   also,    da   fax  eine 
Pferdekraftstande  bei  10,0  m  Gefälle  36  cbm  nötig  sind,  mehr 
als  6000  PSvStd.  in  den  Abendstunden,  wenn  der  Bedarf  für 
die  Beleuchtung  am  stärksten  ist,  damit  leisten.    Da  der  Stau- 
weiher  bis  1906  noch  nicht  gebraucht  wurde,   so   hat  man   die  Zeit  benutzt,   um  die 
Dämme  und  die  Sohle  durch  Einschlämmen  dicht  zu  machen.    Der  Stauweiher  ist  mit 
dem  Werkkanal  durch  Schützen  verbunden  (Abb.  137). 


§  31.  Das  Lech-ElkktbizitItbwebk  Gersthofen.  561 

•*(_  Ausserdem  ist  unter  den  Werkkanal  hindurch  ein  Kanal  angelegt,  durch  welchen 

*  der  Weiher  nach  dem  Lech  entleert  werden  kann,  ohne  den  Betrieb  im  Kanal  zu  be- 

*  rühren.  Die  Benutzung  des  Weihers  wird  zunächst  in  der  Regel  nur  während  4  bis 
l-  5  Monate  in  Betracht  kommen,  da  in  der  übrigen  Zeit  Wasser  genügend  vorhanden  ist. 
i. ..  Das  Krafthaus  enthält  einen  48,54  m  langen,  10,74  m  breiten  und  9,50  m  hohen 

"  Dynamosaal  für  5  Maschinensätze   zu  je  1500  PS,.     Vor  dem  Krafthause   befinden  sich 

5  Turbinenkammern   mit  entsprechenden  Vorkammern.     Vor  den  letzteren  —  jede  iBt 
Ton  der  anderen  durch  eine  Betonmauer  getrennt  —  steht  ein  schräggestellter,  das  Vor- 
becken schief  durchschneidender  Rechen  ans  hochkantigem  Flacheisen  mit  30  mm  lichter 
'"   '  Weite  (Abb.  138)  zwischen  den  Stäben.    Die  Betonmauern  zwischen  den  Vorkammern 

""      '    sind  unten  2,4  m,  oben  2,0  m  breit,  verjüngen  sich  aber  nach  vorn  zu  auf  1,2  m, 
reep.    1,3  m  Breite.    Infolge  der  schiefen  Lage  des  Rechens  zur  Kanalachse,  welche 
~^  wegen  der  leichteren  Beseitigung  des  Eises  and  anderer   schwimmender  Körper   ge- 


Abb.  187.     Die  Ei  nlauf schleusen  tarn  Stauweiher  vom  Weiher  »na  gesehen. 


wählt  wurde,  werden  die  Kammerwände  von  rechts  nach  links  immer  länger.  Im 
ganzen  springt  der  Rechen  bei  43,0  m  Beckenbreite  um  rd.  5,97  m  zurück,  bildet 
also  mit  der  Kanalachse  einen  Winkel  von  etwa  82°.  Der  Rechen  stützt  sich  unten  auf 
ein  in  eine  Betonschwelle  eingelassenes  I-Eisen  und  oben  auf  ein  schrägliegendes  ]-Eisen, 
welches  auf  den  Pfeilern  der  Vorkammern  ruht  (Taf.  XLV,  Fig.  4  und  5).  Die  Ober- 
kante des  Rechens  liegt  ca.  0,25  m  über  dem  Normalwasserspiegel  bei  50  cbm/sek. 
Auf  dieser  Höhe  sind  auch  die  Vorkammerpfeiler  1,5  m  abgesetzt  und  bilden  so  die 
Auflager  für  eine  Bohlenbrücke  längs  des  Rechens,  welche  für  die  Freihaitang  desselben 
von  Laub  und  Eis  ganz  unentbehrlich  ist. 

Die  schweren,  eisernen  Herken  mit  langen,  hölzernen  Stielen,  mit  denen  der  Rechen  vom 
Laub  etc.  gereinigt  wird,  können  bei  starkem  Betriebe,  wenn  also  die  Geschwindigkeit  des  durch  den 
Rechen  niessenden  Wassers  verhältnismässig  gros«  ist,  nicht  mehr  von  je  einem  Hanne  gehandhabt 
werden,  sondern  es  sind  mitunter  2—4  Mann  für  eine  Harke  nötig.  Noch  schwieriger  iet  die  Beseitigung 
des  Eises;  man  braucht  deshalb  Platz  auf  der  Brficke  und  die  Breite  von  1,5  m  ist  der  Waaaertiefe 
entsprechend  gewählt. 

Oberhalb  dieser  Brücke  sind  die  Vorkammern  bis  über  das  höchste  H.W.  durch 
eine  Bohlenwand  dicht  abgeschlossen.  Diese  Bohlenwand  ist  auf  Walzeisentragern  be- 
festigt, welche  ihrerseits  auf  den  Vorkammerpfeilern  ruhen.    Der  Rechen  ist  auf  '/■ 

III.  Teil.    IS.  Bd.  36 


662  II.     Theodor  Koket».     Ausbau  ton  Wasserkräften.     Beispiel*:. 

seiner  Höhe  durch  ein  3-Eisen  gehalten,  welches  an  jedem  Pfeiler  nxid  ausserdem  ein- 
mal in  der  Mitte  durch  schräggestellte  I-Eisen  gestützt  wird. 

Durch  zwei  Freilaufschützen,  welche  in  der  Mauer  der  unteren  Schleusenkammer 
am  rechten  Ufer  des  Beckens  angelegt  Bind,  soll  ein  Spülstrom  zur  Reinigung  des  Rechens, 
namentlich  von  Eis,  und  zur  Entfernung  von  Ablagerungen  auf  der  Sohle  des  Beckens 
vor  der  Schwelle  des  Rechens  erzeugt  werden.  Indessen  einmal  ist  der  Winkel  des 
Rechens  mit  der  Kanalachse  nicht  spitz  und  die  Neigung  der  Betonsohle  nach  den 
Schützen  zu  nicht  gross  genug,  um  eine  starke  Spülwirkung  zu  erzielen,  und  dann  sind 
die  Freilaufschützen  nicht  in  der  direkten  Fortsetzung  der  Wasserlinie  am  Rechen  ange- 
legt, sodass  sich  zwischen  dem  Rechen  und  der  Schützenöffhong  an.  der  Schleusenkammer- 
wand ein  toter  Winkel  bildet  und  das  Eis  sich  dort  auch  bei  geöffneten  Schützen 
ansammelt  und  zusammenschiebt. 

lufgestellteu  Rechen  und  Blick 


Durch  die  Abdeckung  der  Vorkammern  und  Turbinenkammern  mit  Bohlen  ist 
ror  dem  Krafthause  eine  breite  Plattform  gebildet,  welche  durch  die  Reihe  der  Aufzieh- 
Torrichtungen  in  zwei  Teile  geteilt  ist.  Die  Bohlen  der  Vorkammerndecke  liegen  in 
der  Richtung  der  Kanalachse  auf  I-Trägern.  —  Der  Zuflus3  des  Wassers  zu  jeder  Tar- 
binenkammer  ist  durch  je  zwei  Schützentafeln  von  2,3  m  Höhe,  deren  Griessaulen 
0,6  m  tief  in  die  Betonsohle  versenkt  sind  und  durch  2  C-Eisen  und  Zuganker  fest- 
gehalten werden,  abschliessbar  (Taf.  XLV,  Fig.  4).  Oberhalb  der  Schützenöffioung  ist 
der  Abschluss  durch  eine  feste  und  dichte  Bohlenwand  erfolgt. 

Die  Griess&ulen  reichen  rd.  1,0  m  hoch  über  die  Bohlendecke  der  Turbinen* 
kammern  hinaus  und  tragBn  dort  zwei  schwere,  gegeneinander  Tersteifte,  horizontale 
3-Träger,  auf  denen  das  Getriebe  der  Schützentafeln  ■)  montiert  ist  (Abb.  139).    Jede 


s)  Geliefert  von  dem  Werk  Augsburg  der  Vereinigten  Maschinenfabrik  Augsburg  nun 
Ungeeellschaft  Nürnberg  A.-O. 


§  31.  Das  Lech-Elektrizitätswbrk  Gerbthofen.  663 

Tnrbinenkammer  hat  eine  Breite  von  7,0  ra  zwischen  den  Pfeilern.  Die  Schützen 
können  jede  für  sich  von  Hand  oder  einzeln  oder  zu  zweien  durch  Motorantrieb  ge- 
hoben und  gesenkt  werden. 

Das  Handgetriebo  besteht  für  jede  Schütze  aus  einer  Kurbel,  deren  Welle  durch  Kegelräder 
muf  eine  in  Richtung  der  Sohfltxenfiache  liegende  wagerechte  Welle  arbeitet.  Auf  dieser  Welle  befinden 
sich  swei  Schneckengetrieba,  durch  welche  zwei  wagerechte  Querwellen  bewegt  werden;  diese  treiben 
.  wieder  durch  Zahnrftdor  zwei  Querwellen  an ,  auf  welchen  die  Triebräder  für  die  Zahnstangen  der 
Schotxentsfel  sitzen.     Wie  der  Motorbetrieb  wirkt,  ergibt  flieh  am  besten  ans  Abb.  189. 

Durch  Drahtseile,  welche  über  Rollen  in  die  Dynamohalle  laufen,  werden  Anzeiger 
bewegt,  an  welchen  man  für  jede  Schütze  den  jeweiligen  Stand  ablesen  kann.  Über 
die  Turbinenkammern  hinweg  läuft  ein  von  Hand  zu  bewegender  Montagelaufkran  von 
10  t  Tragfähigkeit  und  6,8  m  Spannweite,   welcher  die  Stücke  bis  auf  ein  Eisenbahn- 

Abb.  139.     Getriebe  der  Tnrbi Denk am mer- Schützen. 


anschlussgeleis  bringen  kann.  Seine  Fahrschienen  ruhen  einerseits  auf  dem  Mauerwerk 
des  Krafthauses,  andererseits  auf  Gitterpfeilern  aus  3-Eisen.  Die  Oberkante  der  Kran- 
schienen liegt  4,0  m  über  der  Decke  der  Turbinenkammern  und  rd.  12,2  m  über  der 
Turbinenwelle. 

Die  fünf  Turbinenkammern  haben  im  Grundriss  achteckigen  Querschnitt.  Das 
obengenannte  Breitenmass  von  7,0  m  ist  in  der  Höhe  des  Bodens  der  Vorkammer  ge- 
messen, die  Länge  beträgt  in  Richtung  der  Kanalachse  4,5  m.  Die  Pfeiler  verbreitern 
sich  aber  nach  unten,  sodass  die  Breite  der  Kammern  am  Boden  nur  noch  6,2  m  betragt. 
Je  zwei  spitzwinklig  auseinander-  und  schräg  nach  oben  gehende  Zuganker,  welche  in 
die  Pfeiler  der  Turbinenkammern  eingelassen  sind,  verankern  diese  mit  der  2,8  m  starken 
Mauer  der  Dynamohalle.  Um  die  Turbinenkammer  bei  geschlossenen  Schützen  entleeren 
zu  können,  ist  in  dem  Boden  jeder  Kammer  eine  0,25  m  tiefe  und  0,35  m  breite  Kinne 
ausgespart,  welche  durch  ein  Rohr  direkt  mit  dem  Tnrbinenkanal  in  Verbindung  gesetzt 


564  IL    Theodor  Kokhn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

werden  kann.  Das  Ventil  dieses  Rohres  kann  mittelst  Kette  von  der  Decke  der  Tor- 
binenkammer  her  geöffnet  und  geschlossen  werden.  Es  kann  also  auf  die  schnellste 
und  einfachste  Weise  jede  Turbinenkammer  trocken  gelegt  werden  und  mittelst  des 
Kranes  sind  die  einzelnen  beweglichen  Turbinenteile  leicht  zu  heben. 

Unter  den  Vorkammern  läuft  längs  des  ganzen  Krafthauses  ein  Gang  von  3,325  m 
Höhe  und  2,0  m  Breite,  welcher  an  beiden  Enden  durch  Treppen  von  oben  her  zu- 
gänglich ist.  Von  diesem  Gange  aus  führt  für  jede  Turbinenkammer  ein  kurzer  Seiten- 
gang  zu  der  kreisrunden  Schlussplatte  des  Turbinengehäuses,  sodass  letzteres  von  hier 
aus  revidierbar  ist.  Jeder  dieser  kreisförmigen  Öffnungen  gegenüber  ist  in  der  2,8  in 
starken  Wand  der  Dynamohalle  eine  gleich  grosse,  gleichfalls  durch  eine  Schlossplatte 
verschlossene  Öffnung  ausgespart,  von  welcher  aus  die  gegenüberliegende  Seite  des  Tur- 
binengehäuses und  die  Lager  der  Turbinenwelle  revidiert  und  bedient  werden  können. 
Zur  Erleichterung  der  Montage  und  der  etwaigen  Reparaturarbeiten  an  diesen  Stellen 
ist  im  Scheitel  der  beiderseitigen  ringförmigen  Öffnungen  je  ein  Bolzen  verankert,  welcher 
eine  Öse  trägt.  Je  eine  zweite  Öse  sitzt  im  Scheitel  des  Turbinenringes  und  in  den 
zwei  Ösen  ruht  eine  Flachschiene,  welche  eine  Laufkatze  trägt  (vergl.  auch  Taf.  XLYIH 
Fig.  1  —6  zum  Kap.  III,  6  Turbinen  gehörig).  Auf  diese  Weise  ist  für  die  Schnelligkeit 
Einfachheit  und  Billigkeit  von  Reparaturarbeiten  gesorgt. 

Im  Boden  jeder  Turbinenkammer  befindet  sich  eine  viereckige  Öffnung,  welche 
den  Rahmen  des  Ablaufgehäuses  der  Turbine  trägt  und  zu  dem  Saugkamal  fahrt 
Letzterer  mündet  syphonartig  in  den  Turbinenkanal.  Sein  rechteckiger  Querschnitt 
hat  an  der  Turbinenkammer  2,35  m  auf  2,62  m  Seitenlänge  und  erweitert  sich  am  Ans- 
tritt auf  2,7  m  X  7,0  m.  Beim  normalen  Stand  des  U.W.  ist  der  wasserberührte  Quer- 
schnitt an  der  Ausmündung  etwa  16,0  qm  und  die  Geschwindigkeit  des  Wassers  bei 
voller  Belastung  der  Turbine  rd.  1,0  m/sek.  Die  Decke  des  Turbinenkanals  ist  durch 
querliegende  I-Träger  im  Beton  gebildet.  An  der  Austrittsstelle  ist  die  Decke  des  Tur- 
binenkanals nischenartig  erhöht,  und  vor  diesen  Nischen  ist  längs  des  ganzen  Kraft- 
hauses ein  auf  Trägern  ruhender  Bohlengang  angeordnet,  von  welchem  aus  durch  schräg- 
gestellte vierkantige  Holznadeln  der  Austrittsquerschnitt  verkleinert  werden  kann,  damit 
bei  sehr  niedrigem  Unterwasserstande  und  geringem  Wasserbedarf  der  Turbine  die  Saug- 
wassersäule nicht  abreisst. 

An  den  Dynamoraum  schliesst  sich  auf  der  linken  Kanalseite  ein  turmartiger 
Anbau  an  (Abb.  138),  welcher  in  Höhe  des  Maschinenflures  ein  niedriges  Unter- 
geschoss  für  eine  Werkstatt,  Betriebsbüreaus,  Abort-  und  Waschräume,  sowie  für  Lager- 
räume enthält  und  in  Dammhöhe  eine  Eingangshalle  für  den  Dynamoraum  bildet,  zu 
dem  eine  Treppe  hinunterführt.  Der  Laufkran  der  Dynamohalle  kann  in  diesen  Vor* 
räum  hineinfahren  und  schwere  Stücke  ab-  und  aufheben,  welche  auf  Eisenbahnwagen 
in  die  Halle  hinein-  resp.  hinausgefahren  werden  können,  sobald  ein  Abzweig  von  dem 
Anschlussgleis,  welches  dicht  an  dem  Kraftwerk  vorbeiführt,  bis  in  die  Halle  hinein- 
verlegt  sein  wird.  Über  der  Eingangshalle  liegen  noch  Ober-  und  Dacbgeschoss,  welche 
zu  Wohnräumen  eingerichtet  sind. 

Das  Kraftwerk  und  die  Vorkammerpfeiler  ruhen  auf  einer  grossen  Betonplatte  swiacbeo  Spund- 
wänden. Um  den  Druck  gleichmissiger  in  übertragen,  ist  in  diese  Platte  ein  Rost  ans  Eisenbahn- 
schienen eingelegt. 

Im  Znsammenhange  mit  der  Sohle  des  Kraftwerks  steht  diejenige  der  nnteren  SchleosenkasuMr. 
Die  obere  Schleusenkammer  dagegen  ruht  anf  einem  Pfahlrost  aus  ca.  5,0  m  langen  Pfthleo.  Die  beides 
Schleusenkammern  sind  je  41,0  m  lang  und  8,6  m  breit  (Taf.  XLV,  Fig.  6  und  7).  Bei  gstffinetea 
Toren  des  Oberhauptes  ist  die  Wassertiefe  der  oberen  Kammer  6,5  m  und  beim  Durchschien—  in  d» 
untere  Kammer  ist  die  Wassertiefe  in  letzterer  7,0  m,  sodass  der  Wasserinhatt  der  oberen 


§   31.  Das  Lech-Elektrizitätswerk  Geröthofen.  565 

rd.  2300  cbm,  derjenige  der  unteren  2450  cbm  beträgt.  Der  Boden  der  oberen  Kammer  liegt  4,0  m  unter 
dem  Boden  des  Oberhauptes.  Die  Wassertiefe  über  der  Schwelle  der  oberen  Schleusentore  beträgt  bei  Mittel- 
wasser 1,9  m.  Die  drei  eisernen,  zweiflügeligen  Tore  unterscheiden  sich  nur  durch  ihre  verschiedenen  Hohen 
und  den  sich  daraus  ergebenden  Stärken  der  Eonstruktionsteile.  Jeder  Torflügel  wird  für  sich  durch  eine 
Zahnstange  geöffnet.  An  allen  Toren  ist  oben  eine  Bedienungsbrücke  angebracht,  um  von  ihr  aus  die  in 
jedem  Torflügel  angebrachten  Entlastungsschieber  mittelst  Kurbel,  Schnecken-  und  Zahnradgetriebe  Offnen 
zu  können.  Beim  öffnen  und  Schliessen  der  Torflügel  greift  je  eine  Zahnstange  in  ein  auf  einer  senkrechten 
Welle  sitzendes  Zahnrad,  welches  durch  ein  Schneckengetriebe  mit  Handkurbel  bewegt  wird.  Der  Antrieb 
kann  aber  auch  mittelst  eines  Elektromotors  durch  zwei  Kegelradpaare  erfolgen.  Derselbe  Motor  kann  auch 
den  Schieber  für  den  AuffÜllkanal  bewegen,  indem  er  durch  Reibkuppelung  einmal  nach  rechts,  einmal 
nach  links  geschaltet  wird.  Die  Spindelschieber  für  den  Auffüllkanal  können  aber  ausserdem  noch 
durch  ein  wagerechtes  Handrad  bedient  werden.  Da  gegenwärtig  noch  kein  Schiffverkehr  stattfindet, 
so  ist  diese  vollkommene  Einrichtung  vorderhand  bedeutungslos;  bei  lebhaftem  Verkehr  würde  aber 
durch  den  elektrischen  Betrieb  ein  Bedienungsmann  gespart  werden  können. 

In  dem  Betonkörper  des  Oberhauptes  jeder  Schleuse  sind  zwei  Hohlräume  ausgespart,  welche 
durch  eine  kreisförmige  Öffnung  in  der  Mittelwand  zusammenhängen.*  Zu  diesen  Hohlräumen  führen 
beiderseits  vom  Oberwasser  her  in  den  Beton  eingemauerte  Rohrleitungen,  welche  mittelst  der  schon 
erwähnten  Füllschieber  abgesperrt  und  geöffnet  werden  können.  Von  den  Hohlräumen  im  Oberhaupt 
wird  das  Wasser  in  den  Längswänden  der  Schleusen  beiderseits  durch  je  einen  eiförmigen  Kanal  ge- 
leitet, welcher  mit  den  beiden  Schleusenkammern  durch  je  fünf  Öffnungen  verbunden  ist  und  bei  der 
oberen  Kammer  zu  den  Füllschiebern  der  unteren  Kammer  und  bei  letzterer  zu  den  Entleerungsschiebern 
ins  Unterwasser  führt  Auf  diese  Weise  kann  die  Füllung  und  Entleerung  der  Schleusen  in  ruhigster 
Weise  erfolgen.  Die  Sohle  der  unteren  Kammer  liegt  5,5  m  tiefer  als  die  der  oberen  und  da  die 
Wassertiefe  beim  Durchschleusen  in  ihr  7,0  m  ist,  so  ergibt  sich  daraus,  dass  in  der  oberen  Kammer 
bei  geöffneten  mittleren  Toren  immer  noch  1,5  m  Wassertiefe  verbleibt.  Beim  Durchschleusen  nach 
dem  Unterkanal  verbleibt  in  der  unteren  Kammer  noch  ungefähr  2,0  m  Wassertiefe. 

Wie  schon  oben  erwähnt,  sind  in  der  nach  dem  Oberwasserbecken  zu  gelegenen  Mauer  der 
unteren  Schleusenkammer  zwei  als  Grundablässe,  besonders  aber  zur  Abführung  von  Eis  dienende  Schützen- 
Öffnungen  angelegt.  Die  Mauernischen  hinter  den  Schützen  sind  mit  scharfkantigen  Eisenträgern  ver- 
sehen, an  denen  das  herabstürzende  Eis  zerschellen  soll. 

In  den  fünf  Kammern  sind  fünf  Francis  Doppelturbinen4)  mit  wagerechter  Welle 
yon  je  1500  PS«  und  96  Uml./Min.  eingebaut.  Das  Gefälle  schwankt  zwischen  10,0  und 
10,5  m.  Jede  Turbine  hat  zwei  Lauf-  und  zwei  Leiträder  und  schluckt  bei  10,0  m  Ge- 
fälle und  voller  Belastung  16  cbm/sek. 

Die  mit  den  Dynamomaschinen  direkt  gekuppelten  Turbinenwellen  liegen  6,0  m  unter  dem 
mittleren  Oberwasser-  nnd  4,0  m  Über  dem  mittleren  Unterwasserspiegel.  Die  Laufräder  haben  1,750  m 
Durchmesser  am  Spalt  und  die  26  eingegossenen  Schaufeln  aus  Gusseisen  giessen  axial  in  ein  gemein- 
schaftliches gusseisernes  Ablaufgehäuse  aus  (vergl.  Taf.  LXYI1I,  Fig.  1—6  zu  Kap.  III.  5.  Turbinen 
gehörig).  Letzteres  ist  mit  einem  rechteckigen  Rahmen  von  2,6  m  lichter  Breite  und  2,8  m  Länge  ver- 
bolzt, welcher  in  der  Kammersohle  fest  vermauert  und  mit  Ankerbolzen  gehalten  ist.  Die  Breite  des 
Ablaufgehäuses  verringert  sich  nach  oben  und  beträgt  in  der  wagerechten,  durch  die  Turbinenwelle 
gelegten  Ebene  noch  1,760  m.  Der  obere  Teil  des  Gehäuses  ist  halbkreisförmig  und  trägt  ein  Pock- 
holzlager  der  Turbinenwelle.  Bei  der  Form  des  Traggerüstes  dieses  Lagers  ist  darauf  Rücksicht  ge- 
nommen, dass  keine  Teile  dem  Wasserabflues  hinderlich  sind.  Die  beiden  Leiträder  sind  einerseits  mit 
den  in  den  vorerwähnten  kreisförmigen  Maueröffnungen  eingemauerten  Ringen,  andererseits  mit  je  einem 
Ringe  am  gemeinschaftlichen  Ablaufgehäuse  verschraubt.  Der  Abstand  der  Leiträder  von  Mitte  zu 
Mitte  beträgt  3,89  m.  Durch  sieben  Bolzen  sind  die  das  Leitrad  einschliessenden  Ringe  in  einem  Ab- 
stand von  390  mm  voneinander  gehalten.  Zwischen  ihnen  sind  28  Fink  sehe  Schaufeln  um  je  einen 
horizontalen  Bolzen  drehbar  gelagert.  Die  Öffnungen,  durch  welche  diese  Bolzen  hindurchgehen,  sind 
mit  Bronze  ausgefüttert  Der  äussere  Ring  jedes  Leitrades  bildet  nach  aussen  zu  ein  Ringgehäuse, 
welches  durch  einen  gewölbten  Ringdeckel  verschlossen  werden  kann.  In  diesem  Gehäuse  liegen  die 
Hebel  zum  Drehen  der  Leitschaufeln.    Alle  Hebel  sind  mit  einem  gemeinschaftlichen  Ring  verbunden! 


*)  Geliefert  von  dem  Werk  Augsburg  der  .Vereinigten  Maschinenfabrik  Augsburg  und  Maschinen- 
baugesellschaft Nürnberg  A.-G." 


566  IL    Thbodob  Koehh.     Ausbau  von  Wasserkräften. 

welcher  in  Ringgsbaus*  geführt  und  durch  iwei  Zahnrader  gedroht  wird.  Dies*  Z*hnrid*r  Htw  aaf 
swei  Kurbel wellen,  deren  Kurbel  durch  eine  gemeinschaftliehe  Lenkstange  verbanden  sind  und  erhebst 
Ära  Bewegung  mittslst  eines  Winkelhebele,  welcher  auf  der  au  dem  Dynamoraum  kommenden  Begab»- 
well»  sitst.  Wird  diese  gedreht,  so  moas  sich  auch  der  Kiog  im  Gehäuse  und  damit  auch  die  LaH- 
achaufol  drehen.  Alle  Steuenmgiteile  liegen  also  trocken  und  sind  aach  jederzeit  im  Bstrisfa*  ugsac- 
lieh.  An  dem  erwähnten  Ringgahlnse  sind  die  beiderseitigen  deckeiförmigen  Stirnwinde  de*  AMaaf- 
gehansns  Terscbraubt.  Werden  dieae  Deekel  ontfernt,  ho  liegen  die  Teller  der  Lanfradar  frei.  Dia  Tai' 
binen  welle  geht  mittelst  Stopfbüchsen  durch  die  beiderseitigen  Gebauaedcckel  hindurch  und  ist  beider- 
aeita  dorch  Lager  mit  Hatallbnchsen  und  Ringschmier ong   geführt.     Das  Lager  an  dar  DynamoeMite  m 

Abb.  140.    Ansicht  des  elektromagnetischen  Tnrbinenreglera. 


als  Stirnringlager  ausgebildet,  um  axiale  Schübe  aufnehmen  ru  können.  Die.  Lagerbocke  stehen  aaf 
Rahmen,  welche  mit  dem  Gshaueo  der  Turbinen  verschraubt  sind.  Die  Steuerwelle  geht  gleichfalls 
mittelst  Stopfbüchsen  durch  die  in  den  kreiafOnnigen  Manerflffnungea  eitxenden  Absehlnsadeckel  hindorca 
und  mfat  innerhalb  der  TuiWnenksmmer  auf  swei  weiteren  Lagern,  welche  an  dem  Abfluasgehaase  der 
Turbinen  befestigt  sind.  Einige  Detsils  der  Turbinen,  sowie  die  elektromagnetische  Regulierung  sind 
aaf  Taf.  LXVIII  dargestellt,  vergl.  ferner  Abb.  140  und  141 6). 


t>)  Kurt  Meyer  teilt  in  der  Zeitschi',  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1908.  S.  1109  U.  ff.  Aber  den 
elektromechaniacnen  Regler  folgendes  mit: 

Jeder  mittelbar  wirkende  Regler  (Taf.  XLVIII,  Fig.  5  und  6)  besteht  aus  einem  Flieh- 
kraftregler C  mit  Einrichtung  iura  Verstellen  der  Umlanfuhl,  einem  mit  elektrischen  Kontakten  ani 
Hemmvorrichtungen  gegen  Überregulieren  versehenen  Regulatorhebel  S,  einem  Wendegetriebe  mit  elek- 
tromagnetischen Kuppelungen  M,  einer  Reglerspindel  "»"'  Motter  und  Kurbel  N,  einer  Rückführung  nüt 
elektrischen  Kontakten  Z ,  einem  Handantrieb  für  die  Reglerepindel  mit  ausruckbarem  Schneckenrad  B 
and  der  schon  oben  erwähnten  Lenkstange  für  die  Leitradschaufeln  R.  Die  einielnen  Teile  da) 
Reglers   greifen    in    der   nachstehend    erläuterten  Weise    ineinander.     Die    Bewegung  der  TubinenwaUt 


fei, 

■  • 
•  i. 


§  31. 


Das  Lech-ElektrizitItswerk  Gebsthofen. 


567 


Da  für  die  Farbwerke  Gleichstrom   zu  liefern,   andererseits  für  die  Energiever- 
teilung auf  grössere  Entfernung  Drehstrom  zu  wählen  war,  sind  zwei  Turbinen   mit 


wird  durch  Kegelnder  auf  eine  liegende  Welle  übertragen,  die  einerseits  durch  ein  Schneckengetriebe 
die  senkrechte  Welle  des  Fliehkraftreglers  C,  andererseits  die  Stirnräder  des  Wendegetriebes  M  antreibt. 
Der  Fliehkraftregler  mit  Federbelastong  für  80  mm  Hub  bei  285  bis  265,  normal  248,28  Uml./Min.,  wirkt 
auf  einen  zweiarmigen  Hebel,  der  in  einem  am  Regulatorstander  angegossenen  Arm  gestützt  ist  und 
dessen  Gewicht  der  zu  erzielenden  Umlaufgeschwindigkeit  entsprechend  durch  die  Vorrichtung  E  einge- 
stellt werden  kann.  Diese  besteht  ans  einem  mit  Laufgewicht  versehenen  Hebel,  der,  am  Arm  des 
Regulatorstanders  gestützt,  durch  ein  Kniegelenk  mit  dem  Regulatorhebel  verbunden  ist  und  dem  Nieder- 
geben der  Reglerhalse,  entsprechend  der  Stellung  seines  Laufgewichtes,  einen  verschieden  grossen 
Widerstand  entgegensetzt  Am  freien  Ende  des  Regulatorhebels  S  sitzt  eine  Kontaktvorrichtung,  die  bei 
der   Hebelbewegung   nach    oben    oder 

unten  je  einen  Stromkreis  schliesst  Die  Abb.  141.  Schaltschema  der  elektromagnetischen  Turbinen- 
Stromkreise  lassen  die  eine  oder  die  Regulierung, 
andere  Magnetkupplung  des  Wende- 
getriebes M  in  Wirksamkeit  treten,  wo- 
durch die  Reglerspindel  und  durch  eine 
auf  der  Spindel  sitzende  Mutter  mittelst 
Schubstange  und  Kurbel  auch  die  Steuer- 
welle gedreht  wird.  Mit  der  Steuerwelle 
ist  eine  nach  oben  fuhrende  Gabel  Z  durch 
eine  Kurbel  verbunden,  die  an  einem  ein- 
armigen Gabelhebel  Stellschrauben  zum 
Hemmen  der  Bewegung  des  Regulator- 
hebels trägt  Gleichzeitig  tragt  die  Gabel 
Z  an  ihrem  oberen  Ende  die  beiden  Kon- 
taktstöcke, von  denen  das  Kontaktstück 
am  Regulatorhebel  eins  berühren  muss, 
uro  den  Stromkreis  einer  der  beiden  Mag- 
netkuppelungen zu  schliessen.  Die  Steuer- 
welle bewegt  nun  die  Gabel  immer  in 
der  Richtung,  dass  der  Kontaktschluss, 
der  die  Knpplung  des  Wendegetriebes 
und  damit  die  Drehung  der  Reglerspin- 
del und  der  Steuerwelle  selbst  einge- 
leitet hat,  wieder  aufgehoben  wird.  Die 

Gabel  Z  wirkt  also  in  derselben  Weise  wie  die  Rückführung  der  Steuerung  eines  Servomotors,  der  hier 
durch  das  Wendegetriebe  dargestellt  wird,  während  die  Doppelkontakte  sein  Steuerventil  vertreten.  Am 
Kopf  der  Gabel  Z  ist  ausser  den  beiden  Federkontakten,  die  ebenso  wie  das  Kontaktstück  am  Regu- 
latorhebel durch  biegsame  Litzen  mit  Stromklemmen  an  der  Wand  verbunden  sind,  ein  magnetischer 
Funkenlöscher  angebracht,  der  verhindert,  dass  die  Kontakte  verbrennen. 

Die  magnetische  Kuppelung  für  das  Wendegetriebe  und  die  Reglerspindel  ist  in  folgender 
Weise  angeordnet.  Auf  der  Reglerspindel  sitzen  die  beiden  Zahnräder,  die  von  der  liegenden  Regulator- 
welle aus  in  verschiedener  Richtung  gedreht  werden.  An  die  sich  gegenüberliegenden  Seiten  der  Zahn- 
räder ist  je  eine  schmiedeeiserne  Ringscheibe  angeschraubt,  der  je  eine  gusseiserne  Kuppelscheibe  gegen- 
übersteht Die  Naben  dieser  Kuppelscheiben  Bind  miteinander  und  mit  der  Reglerspindel  durch  Feder- 
keile derart  verbunden,  dass  sie  sich  gegeneinander  in  axialer  Richtung  verschieben  können.  In  die 
Kuppelscheiben  ist  nun  in  einer  ringförmigen  Aussparung  je  eine  Drahtspule  gelegt,  die  ein  magneti- 
sches Feld  erzeugt,  wenn  sie  vom  Strom  durchflössen  wird.  Das  Magnetfeld  presst  die  Kuppelscheibe 
an  die  Ringscheibe  des  anstossenden  Zahnrades,  wodurch  die  Kuppelscheibe  und  die  mit  ihr  verbundene 
Reglerspindel  in  der  Richtung  des  Zahnrades  mitgenommen  werden.  Die  Kuppelscheiben  werden  jedoch 
nicht  ganz  mit  den  Ringscheiben  der  Zahnräder  in  Berührung  gebracht,  da  sie  infolge  des  remanenten 
Magnetismus  auch  nach  Unterbrechung  des  Stromes  mit  der  Erregerspule  zusammenkleben  würden.  Die 
Berührung  erstreckt  sich  vielmehr  nur  auf  zwei  am  Rande  der  Scheiben  angebrachte  Bronzeringe,  deren 
Reibung  neben  der  Anziehung  des  magnetischen  Kraftfeldes  zum  Mitnehmen  ausreicht  Um  zu  ver- 
hindern, dass  die  Kuppelscheiben  kleben,  dienen*  ausserdem  Schraubenfedern,  die,  um  die  losen  Zahn- 


568  Theodor  Koehn.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    Beispiele. 

Gleichstromerzeugern  und  zwei  Turbinen  mit  Drehstrommaschinen  mittelst 
Scheibenkuppelnng  verbunden.  Um  nicht  mmotig  Kapital  hineinzustecken  ist  die  fünfte 
Gruppe  als  Reserve  für  beide  Stromarten  derart  eingerichtet,  dass  an  die  Turbinen- 
welle, sowohl  eine  Drehstrom-  als  auch  eine  Gleichstrommaschine  von  gleicher  KW- 
Leistung  wie  die  übrigen  gekuppelt  ist6). 

Es  hat  sich  diese  Einrichtung  im  Betriebe  bewährt,  da  bei  sorgfaltiger  Bedienung 
nur  höchst  selten  eine  Gleichstrom-  und  eine  Drehstrommaschine  gleichzeitig  defekt 
werden.    Die  erwähnte  Anordnung  hat  auch  noch  den  weiteren  Vorteil,  dass  für  die 
Gleichstrommaschine  der  Doppelgruppe  das  Schwungrad  gespart  wird,  da  das 
rad  der  Drehstrommaschine  die  Stelle  desselben  vertritt.    Die  Anordnung  bei  der  in 
Mitte  des  Maschinensaales  stehenden  Doppelgruppe  ist  derart,  dass  zunächst  der  Turbine 
die  Drehstrommaschine  aufgestellt  ist.    Zu  beiden  Seiten  der  Doppelgruppe  folgt  dann 
je  ein  Gleichstromaggregat,  um  die  Länge  der  dicken  Gleichstromleitungen  zur  Schalt- 
anlage, welche  symmetrisch  zur  Mitte  des  Maschinensaales  in  einem  vorgebauten  Erker 
angeordnet  ist,   möglichst  kurz  zu   halten   (Abb.  142).     Die   beiden  Endturbinen   sind 
mit  Drehstrommaschinen  von   1 250  E.V. A  oder  1000  KW  bei  cos  g>  =  0,8  gekuppelt, 
welche  den  Strom  mit  5600  Volt  verketteter  Spannung  und  50  Per/sek.  liefern.    Jeder 
Gleichstromerzeuger  liefert  normal  bei  240  Volt  Klemmenspannung  4200  Amp.,  <L  h. 
ca.  1000  KW.     Um  erforderlichen  Falles  die  Gleichstrom-  oder  die  Drehstromlieferung 


radbüchsen  gelegt,  die  Kuppelscheiben  von  den  Zahnrädern  abdrücken  und  eine  anf  Tal  LXVIII,  flg.  5 
nicht  gezeichnete  Federbremse,  deren  Bremsklötze  gegen  die  Aussenflächen  der  Kuppelscheiben 
werden,  wenn  die  Bremse  nicht  durch  denselben  Strom,  der  die  Spulen  der  Kuppelung  erregt, 
ausser  Tätigkeit  gesetzt  wird. 

Als  Stromquelle  für  den  elektro-mechanischen  Regler  dient  ein  Nebenschluss  der  Glekhetrom- 
Sammelschienen  des  Werkes  von  rd.  240  V.-Spannung  von  der  ein  Teil  durch  einen  Vorschaltwiderstand 
abgedrosselt  wird  (vergl.  Abb.  141).  Parallel  hierzu  liegt  als  Hüfsstromqudle  eine  Sammlerbatterie  voa\ 
100  V.-Spannung.  Der  eine  Pol  der  Stromquelle  ist  an  den  Regulatorhebel  gelegt,  von  dem  der  Strom, 
dem  Ausschlag  der  Schwungkugeln  entsprechend,  dach  einem  der  beiden  Federkontakte  am  Kopfs 
Gabel  Z  geht.  Der  Strom  wird  sodann  durch  eine  Litze  den  Klemmen  an  der  Wand,  durch  eine 
verlegte  Leitung,  Schleifbürste  und  Schleifring  der  Erregerspule  einer  der  beiden  Kuppelscheiben 
fuhrt,  durch  Schleifring  und  Schleif  bürste  wieder  abgenommen  und  zur  Stromquelle  zurückgeleitet.  Ver 
den  Erregerspulen  sind  in  jedem  Stromkreis  eine  Bleisicherung  und  ein  Ausschalter  angebracht,  der, 
wenn  die  Wandermutter  auf  der  Reglerspindel  ihre  Endstellung  erreicht  hat,  selbsttätig  geöffnet  wird. 
Parallel  zu  den  Erregerspulen  liegt  ein  induktionsfreier  Widerstand  von  50  Ohm,  der  zu  starke  Funken- 
bildung an  den  Kontakten  verhindert  Hinter  der  Vereinigung  der  beiden  Erregerstromkreise  in  ihrem 
negativen  Pol,  aber  noch  vor  dem  negativem  Pol  der  Hilfsbatterie  liegt  noch  ein  Widerstand  zum 
Herabsetzen  der  an  den  Spulen  anliegenden  Spannung.  Jede  Magnetspule  wird  normal  mit  2  Amp. 
erregt,  während  durch  den  parallel  zu  ihr  liegenden  Schutz  widerstand  1  Amp.  flieset.  In  Reihe  dar 
beiden  Erregerspulen  ist  die  Magnetspule  der  Bremse  geschaltet.  Die  Magnetspule  des  Fonkenloechers 
am  Kopfe  der  Gabel  Z  liegt  dauernd  mit  einem  Vorschaltwiderstand  an  der  Hilfsbatterie  und  wird  mit 
nicht  ganz  1  Amp.  erregt. 

Um  bei  einer  Störung  am  Regler  die  betreffende  Turbine  von  Hand  steuern  zu  können,  ist  am 
Ende  der  Reglerspindel  ein  Schneckenrad  lose  aufgesetzt,  das  mittelst  Schnecke  und  Handrades  gedreht 
werden  kann.  Das  Schneckenrad  wird  mit  der  Reglerspindel  dadurch  verbunden,  dass  auf  der  Spindel 
gleitend,  jedoch  nicht  drehbar,  eine  Kuppelscheibe  mit  Spurzahnkranz  angeordnet  ist,  deren  Zähne  mit 
einer  Flankenverzahnung  des  Schneckenrades  in  Eingriff  gebracht  werden  können.  Hierzu  wird  die 
Kuppelscheibe  mittelst  Gewinde,  Mutter  und  Handrades  auf  der  Spindel  gleitend  gegen  das  Schnecken- 
rad bewegt  Die  Mutter  der  Kuppelscheibe  wird  dann  noch  durch  eine  ebenfalls  mit  Handrad  ver- 
sehene Gegenmutter  gesichert  Um  bei  der  elf  ktro-mechanischen  und  bei  der  Handsteuerung  die  SteUrag 
der  Leitradschaufeln  beurteilen  zu  können,  ist  an  der  Wandermutter  der  Reglerspindel  ein  senkrechter 
Zeiger  angebracht,  der  über  einer  auf  einer  wagerechten  Schiene  angebrachten  Einteilung  einspielt 

6)  Die  ganze  elektrische  Einrichtung  ist  von  der  E.-A.-G.  vorm.  W.  Lahmerer  &  Co. 


|  31.  Das  Lkch-Elektrizttätswkek  Geesthofem.  569 

verstärken  zu  können,  sind  übrigens  bei  allen  Gruppen  die  Fundamente  and  Graben  so 
vorgesehen,  d&ss  an  jede  Turbinenwelle  noch  eine  Dynamomaschine  gekoppelt  werden 
kann.  Hit  Rücksicht  auf  die  vorhandenen  Gleicbatrommaschjnen  waren  besondere  Er- 
reger nicht  erforderlich,  da  der  Erregerstrom  für  die  Drehstrommaschinen  ans  dem 
Gleichstromnetz  genommen   werden   kann.     Ausserdem   ist  eine  Notbatterie   vorhanden. 

Die  Dynamo  well»  rabt  800  mm  aber  dem  Flur  der  Halle  in  swei  Ringsonrlegern ,  von  denen 
dasjenige  in  der  Turbinenseite  800  mm,  dasjenige  an  der  Aussenseite,  beiw.  das  Mkteüager  der  ge- 
kuppelten Maschine,  900  mm  lang  ist  Daa  Aussenlager  der  gekuppelten  Maschine  hat  eine  Lange 
von  700  mm. 

Der  Anker  einer  Olsiehatrommaschine  hat  8800  mm  Dm.    Zwischen  Anker  und  dem  turbinen- 
noitigen  Lager  sitzt  ein   zweiteiliges  Schwungrad  von  26,4  t  Gewicht.    Das  anlaufend«  Magnetrad  der 
Dreiphssen-Osneratoren  besteht  aus  i  Teilen  r.nd  hat  6*  Pole.    Der  innere  Durchmesser  des  gleichfalls 
ans  vier  Teilen  lusammen  geschraub- 
ten Anken  betragt  6000  mm.    Der  Abb.  US.    Innenansicht  der  Dvnamohalle. 
einfache    Luftraum    zwischen   Anker 
und  Magnetkorper  7,5  mm. 

Dss  Magnetrad,  welche*  zu- 
gleich als  Schwungrad  ausgebildet 
ist,  wiegt  es.  65  t  Nabe  und  Kranz 
sind  durch  12  Doppele Deichen  ver- 
banden und  werden  in  eich  durch 
Schrumpfringe  and  Sehnen  schrauben 
zusammen  gehalten.  Die  an  dem 
780  mm  breiten  Krame  befestigten 
Pole  haben  nur  190  mm  Durchmesser 
und  sind  mit  Erregerspnlen  von  108 
Windungen  ans  5  x  9,5  mm  starkem, 
hochkantig  gebogenem  Kupferband 
in  6  Lagen  versehen. 

An  der  Unterwasserseite 
der  Dynamohalle  hegt  ein  2,2  m 
hoher  und  1,4  m  breiter  Kabel- 
kaual,  von  welchem  aus  alle 

Maschinengraben  zaganglich  Bind.  In  diesem  Kabelkanal  sind  die  sämtlichen,  zum 
Schaltraum  führenden  Leitungen  untergebracht.  Als  Schaltraum  igt  ein  25,7  m  langer 
und  2,0  m  breiter  erkerartiger  Ausbau  in  zwei  Etagen  ausgebildet,  welcher  durch  eine 
Glaswand,  bezw.  die  Schalttafel  selbst,  von  der  Dynamoballe  getrennt  ist. 

Die  Gleichstromsammelschienen  des  Schaltraums  bestehen  aus  je  acht 
Kupferschienen  von  10  X  100  mm  Querschnitt,  die  Speiseleiter  dagegen,  welche  in 
einem  unterirdischen  Kanal  direkt  nach  den  neben  dem  Krafthause  liegenden  Farbwerken, 
geführt  sind,  der  Kosten  wegen  aus  je  16  Alaminiamschienen  von  18,5/120  mm. 

Alle  an  den  Drehstrom tafeln  angebrachten  Meesinstramente  and  Schalter  fuhren  nnr  Nieder- 
spannung bexw.  aind  stromlos.  Der  an  den  Instrumenten  an  der  Schalttafel  führende  Strom  ist  durch 
Meaatransformatoren  auf  Niederspannung  gebracht.  Die  unter  5000  V .-Spannung  stehenden  Maschinen- 
leitungen gehen  von  dem  Kabelkanal  unter  den  Fuseboden  des  Schaltraumes  nnd  dann  senkrecht  nach 
oben  zu  den  an  der  Decke  so  hoch  angebrachten  Maschinen  Behältern,  das«  aie  vom  Fuaaboden  aus  nicht 
erreicht  werden  können.  Diese  Schaltor  werden  durch  Vermittlung  isolierender  Holzstangen  von  den 
am  Schaltbrett  angebrachten  Hebeln  betätigt.  Die  Hochspannungsleitungen  fahren  dann  weiter  in 
das  verschlossene  Obergeschoss  des  Schaltraums,  wo  sechs  Sammelsch jenen,  je  drei  für  Licht  und  Kraft, 
untergebracht  sind.    Jede  Maschine  kann  auf  jede  der  beiden  Sammelschienengruppen  geschaltet  werden. 

Von  den  SsmmelschieDen  gehen  zwei  Speisekabel  sos,  welche  den  Lieht-  und  Kraftbedarf  der 
Farbwerke  docken,  ferner  zwei  Speiseleitongen  für  Licht  und  Kraft,  welche  xu  einem  auf  der  Kanalinsel 
errichteten  Verteilangstnxme  (vergl.  Abb.  136)  fuhren  und  schliesslich  eine  Leitung  für  den  Licht- 
und  Kraftbedarf  des  Werkes  selbst.    Für  Erweiterungen  ist  noch  Baum   vorgesehen.    Der  Strom  für 


570  II.    Theodor  Koehn.    Ausbau  ton  Wasserkräfte*.    Beispiele. 

Licht  and  Kraft  des  Werkes  selbst  wird  durch  einen  Transformator  auf  220  V.  herabgesetzt.  In 
erwähnten  Verteilungatnrm  sind  zwei  Ringleitungen,  getrennt  für  Lieht  nnd  Kraft,  anj 
welehe  die  flnssanfwirta  nnd  abwärts  fahrenden  Fernleitungen  geschaltet  werden  können.  In 
befinden  sich  auch  die  Blitzach  utzvorrichtungen.  Eine  Abbildung  des  Turmes  findet 
Taf.  LXXXIIT,  Fig.  7.  Von  dem  Turme  gingen  1904  stromaufwärts  swei  Fernleitungen  ans,  welche  aaf 
ersten  ca.  8  km  auf  gemeinsamen  Masten  nebeneinander  lagen;  dann  verfolgte  die  eine  das  linke  Ufer 
des  Lechs  und  der  Wertha  bis  zu  dem  Vororte  Oberhausen,  die  andere  das  rechte  Ufer  des  Lechs  Mch 
8peisepunkten  in  Lechbausen  und  Friedberg.  Die  Masten  der  Fernleitung  bestehen  zum  Teil  ans  Hob* 
zum  Teil  aus  Gittermasten.  Eine  durch  die  Stadt  Augsburg  selbst  hindurchgehende  nnterirdiaehe 
Kabelleitung  verbindet  beide  Fernleitungsnetze.  Die  Speisepunkte  und  Transformatorenstellen  sind 
in  den  Vororten  als  Wellblecbbäuschen  mit  Gittermasten  ausgebildet  7).  In  der  Stadt  Augsborg  seihet 
mussten  die  Transformatorenstellen  als  Anschlagssäulen  oder  als  Wandkisten  ausgebildet  werden, 
in  denen  die  8chalt-  und  Sicherheitsapparate  über  dem  Fussboden  in  wasserdichten  gemauerten  Gruses 
untergebracht  sind. 

Eine  Übersicht  der  Alilagekosten8)  ist  bereits  in  Tabelle  I,  S.  242/43  gegeben. 
Ergänzend  sei  noch  hinzugefügt,  dass  die  elektrische  Einrichtung  des  Wasserkraftwerks 
und  der  Dampfzentrale  M.  827892  gekostet  hat,  d.  h.  pro  KW  der  installierten  Gene- 
ratoren (8000  KW)  rd.  103,0  Mk.  Beim  Vergleich  mit  den  Preisangaben  in  Tabelle  VIR 
S.  260,  sind  hierbei  die  niedrige  Zahl  der  Um  1./ Min.  (95)  und  die  Kostspieligkeit  der 
Gleichstromsammelßchienen  (vergl.  S.  569)  in  Berücksichtigung  zu  ziehen. 

Für  das  Fernleitungs-  und  Ortsnetz  waren  1904  Mk.  1025513,  für  Zahler  Mk.  51 157 
verausgabt. 


§  32.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  am  Neckar  bei  Marbach 

für  die  Stadt  Stuttgart,    Hierzu  Taf.  xlvh). 

Bei  dieser  Wasserkraftanlage,  welche  ein  kleines  Gefaller  bei  schwankenden  Wasser- 
mengen ausnützt,  ist  durch  das  Vorhandensein  einer  Dampfreserve  und  einer  grossen 
Akkumulatorenbatterie,  sowie  eines  sehr  grossen  Bedarfs  eine  vollkommene  Ausnutzung 
der  Wasserkraft  zu  allen  Jahres-  und  Tageszeiten  möglich.  In  richtiger  Würdigung  der 
Verhältnisse  hatte  die  Stadt  Stuttgart  Anfang  der  90  er  Jahre  zwei,  20  km  und  16  km 
von  Stuttgart  entfernte  Wasserkräfte  am  Neckar  bei  Marbach  und  Poppenweiler  ge- 
kauft und  der  damaligen  Konzessionärin  des  Elektrizitätswerkes2)  die  Auflage  gemacht, 
diese  Wasserkräfte  auszubauen  und  auszunutzen.  Es  standen  an  beiden  Stellen  je 
40  cbm/sek.  bei  M.W.  und  ca.  12,5  cbm/sek.  bei  N.W.  zur  Verfügung  und  die  technischen 
Anordnungen  konnten  so  getroffen  werden,  dass  bei  M.W.  ein  Nutzgefälle  von  2,9,  bei 
N.W.  ein  solches  von  3,2  m  zur  Verfügung  stand,  sodass  man  an  den  Turbinenachsen 
gemessen  rd.  1200  PS*  bei  M.W.  und  400  PS«  bei  N.W.  erzielen  konnte.  Bei  höheren 
Wasserständen  nimmt  das  Gefälle  durch  Ansteigen  des  Unterwassers  ab  und  kann  bei 
Hochwasser  ganz  verschwinden.  Die  niedrigen  Wasserstände  treten  in  der  Regel  im 
Sommer  ein,  wo  der  Stromkonsum  kleiner  ist,  ebenso  die  hohen  Wasserstände,  bei  denen 


7)  Abb.  einer  solchen  Tranaformatorenatelle  findet  sich  auf  Taf.  LX XXIII,  Fig.  8  bis  9  a. 

&)  Entnommen  aus  dem  Geschäftsbericht  vom  30.  Juni  1904  der  Lech- Elektrizitätswerke  A.-G. 
Augsburg. 

i)  Die  Figur  der  Tafel  ist  nach  einem  von  den  Stuttgarter  Elektrizitätswerken  zur  Verfügung 
gestellten  Plane  angefertigt.  Die  Abbildungen  aind  einer  Broschüre  der  E.-A.  vorm.  Schuckert  &  Co. 
in  Nürnberg  entnommen. 

»)  Der  Kontinentalen  Gesellschaft  für  elektrische  Unternehmungen  in  Nürnberg. 


fe. 


§  32.  Das  Wassebkbaft-ElektrizitItbwerk  Mabbach-Stuttgabt.  571 

ein  Nutzgefälle  ganz  verschwindet.  Allerdings  kann  der  letztgenannte  Fall  auch  in  der 
Zeit  des  grösöten  Konsums  eintreten.  Da  aber  die  Stuttgarter  Elektrizitätswerke  schon 
1904  eine  Gesamt-Dampfkraft  von  4200  PS*  und  über  1000  PS«  in  Akkumulatoren  bereit 
hatten  und  hierin  für  den  normalen  Betrieb  eine  reichliche  Reserve  enthalten  war,  so 
konnten  diese  Einrichtungen  für  einen  solchen  Ausnahmefall  auch  als  Reserve  für  die 
Wasserkraft  mitdienen,  denn  die  höchsten  Spitzen  der  Konsumkurve  treten  immer  nur  für 
wenige  Stunden  täglich  während  etwa  zweier  Monate  auf.  Dadurch  dass  man  mit  der  Er- 
richtung einer  grossen  Dampfzentrale  (1895)  nebst  Akkumulatorenbatterie  im  Mittelpunkt 
der  Stadt  Stuttgart  den  Anfang  machte  und  erst  als  der  Konsum  so  weit  gestiegen  war, 
dass  man  die  Zentrale  auf  3000  Dampf-PS«  und  1000  PS«  in  Akkumulatoren  ausbauen 
musste,  gleichzeitig  mit  dem  Ausbau  zunächst  der  Wasserkraft  in  Marbach  (1898)  begann, 
hat  man  erreicht,  dass  man  sofort  nach  Fertigstellung  des  Wasserkraft-Elektrizitätswerkes 
die  ganze  verfügbare  Wasserkraft  ununterbrochen  Tag  und  Nacht  ausnutzen  und  so  von 
vornherein  eine  angemessene  Verzinsung  des  angelegten  Kapitals  trotz  der  hohen 
Anlagekosten  erzielen  konnte  (vergl.  S.  251  und  254). 

Die  technische  Ausführung  des  Kraftwerkes  Marbach  bot  insofern  Schwierigkeiten, 
als  nach  den  behördlichen  Vorschriften  die  ganze  Kanal-  und  Fundierungsarbeit  in  wenig 
mehr  als  drei  Monaten  ausgeführt  werden  musste.  Es  sollte  die  Schiffahrt,  welche  bei 
sommerlichem  N.W.  auf  dem  Neckar  aussetzen  muss,  möglichst  wenig  gestört  werden. 
Andererseits  wollte  man  auch  die  bei  höheren  Wasserständen  erschwerte  Wasserhaltung 
vermeiden  und  die  für  die  Güte  und  Kosten  der  Ausführung  günstigste  Sommerzeit  aus- 
nützen. Der  Neckar  war  von  alters  her  oberhalb  Marbach  durch  ein  165,0  m  langes 
Hauptwehr  gestaut  und  die  Schiffahrt  wurde  durch  den  sogenannten  Oberkanal  geleitet, 
an  dessen  Verlauf  bei  Marbach  sich  eine  Schleuse  und  daneben  der  Werkkanal  mit  dem 
Unterwasserkanal  anschloss  (Taf.  XLVI,  Fig.  1).  Übrigens  ist  die  Schiffahrt  bei  Stutt- 
gart so  gering,  dass,  abgesehen  von  Nachen,  etwa  nur  10  Lastkähne  jährlich  die  Schleuse 
passieren.  Das  Gefalle  des  Werkkanals  wurde  für  den  Betrieb  von  Ölmühlen  verwendet, 
welche  die  Stadt  einschliesslich  der  Wasserkraft  für  274000  Mark  gekauft  hat.  Bei  der 
Mangelhaftigkeit  derartiger  alter  Anlagen  wurden  nur  etwa  74  PSe  ausgenutzt.  Neben  dem 
Werkkanal  lag  die  Schleuse  für  die  Schiffahrt  und  dabei  —  an  der  Stelle  des  jetzigen 
Krafthauses  —  ein  Überlaufwehr  mit  Ablauf kanal  in  den  Neckar.  Unterhalb  des  oben  er- 
wähnten Hauptwehres  befand  sich  nach  dem  Neckarbett  zu  am  Oberkanal  ein  65,0  m 
breites  Überfallwehr,  welches  zur  Entlastung  bei  höheren  Wasserständen,  sowie  zur  Ab- 
fuhrung des  Eises  im  Winter  zu  dienen  hatte  und  auch  zukünftig  dienen  soll. 

Um  die  Arbeit  so  weit  als  möglich  im  Trocknen  ausführen  zu  können,  wurde  der 
Oberkanal  durch  einen  aus  einer  doppelten  Reihe  von  Spundwänden  bestehenden  Fange- 
damm von  40,0  m  Länge  geschlossen.  Zwischen  den  beiden  Spundwandreihen  wurde 
eine  Dichtung  aus  Lehm  eingestampft.  Auf  diese  Weise  wurde  das  ganze  Wasser  des 
Neckar  gezwungen,  sich  über  das  alte  Wehr  zu  ergiessen.  Nach  Ablauf  des  Wassers 
aus  dem  Oberkanal  wurden  ebenso  die  beiden  Unterwasserkanäle  gegen  den  Neckar  ab- 
geschlossen. Alsdann  wurde  der  Oberkanal  vertieft  und  auf  dem  linken  Ufer  um  2,0  m 
verbreitert.  Die  Böschungen  wurden  auf  beiden  Seiten  mit  einer  0,40  m  starken 
Betonschicht  bis  0,30  m  über  dem  normalem  Wasserspiegel  bekleidet!  Ferner  wurde  der 
auf  der  rechten  Seite  liegende  Leinpfad  um  0,70  m  erhöht. 

Es  wäre  auf  dem  ersten  Blick  am  naheliegendsten  gewesen,  das  neue  Turbinen- 
haus an  die  Stelle  der  alten  Mühle  zu  legen.  Der  Platz  war  aber  zu  beschränkt;  auch 
wollte  man  mit  Rücksicht  auf  die  möglicherweise  in  der  Zukunft  sich  entwickelnde 
Neckar-Schiffahrt   volle   Freiheit   zur    Erweiterung   der   Schleusenanlage   behalten.     So 


572  IL     Theodor  Koehn.     Ausbau  vom  Wabserkraitbw. 

wurde  denn  das  neue  Krafthans  auf  der  Insel  zwischen  dem  Neckarbett  und  dem 
Oberkanal  über  dem  Ablaöfkanal  des  oben  erwähnten  alten  Überlaufwehrt»  errichtet. 
Mittelst    einer    hochgelegenen   Verbindnngabrücke    ist   die  Zugänglichkeit   zum  Werke 


jederzeit    gesichert,    auch    wenn    die    Bleichwehrinseln   bei   H.W.    überschwemmt    sind 
(Abb.  143). 

Gleichzeitig  mit  den  Arbeiten  am  Oberkanal  wurde  der  Abbrach  des  alten  Über- 


§  32.  Das  Wabberkraft-ElektbizitItswkbk  Marbach-Stüttgaet.  573 

laufwehres  bei  Marbach,  sowie  der  Ölmühlen  bewirkt  und  die  Erd-  und  Betonierungs- 
arbeiten  für  den  Grundablass  (Leerschuss)  in  Angriff  genommen.  Derselbe  erhielt  eine 
Breite  von  4,6  m  und  sein  Abfallboden  wurde  in  drei  Stufen  treppenförmig  angelegt. 
Die  drei  Absätze  erhielten  je  eine  Höhe  von  1,5  m,  ihre  oberen  Stufenflächen  aber 
steigen  abwärts  um  je  50  cm  an,  um  so  ein  Wasserpolster  auf  dem  Absturzbett  zu 
bilden  und  die  Geschwindigkeit  des  Wassers  wirksam  zu  verringern.  In  derselben  Zeit 
wurden  auch  die  Arbeiten  für  die  Herstellung  der  Turbinenkammern  und  der  Funda- 
mente für  das  Krafthaus,  sowie  diejenigen  für  die  Sohlen-  und  Seiten-Befestigungen  des 
Unterwasserkanals  der  Turbinen  in  Angriff  genommen.  Sie  waren  insofern  die  schwierig- 
sten, als  man  mit  den  Fundamenten  zum  Teil  bis  zu  4,0  m  unter  den  Neckar -Wasser- 
spiegel heruntergehen  musste.  Für  die  Hohlräume  der  Turbinenkammern  Hess  man  be- 
sondere Lehren  zimmern,  um  welche  der  Beton  herumgestampft  wurde.  Um  die  elek- 
trischen Maschinen  möglichst  hochwasserfrei  stellen  zu  können,  war  man  bei  den  ge- 
gebenen Wasserstandsverhältnissen  auf  die  Wahl  stehender  Schachtturbinen  angewiesen. 
Da  die  Turbinen  mit  1,0  m  Saughöhe  arbeiten  sollten,  musste  der  röhrenförmige  Ab- 
fluss  syphonartig  so  hergestellt  werden,  dass  ein  Eintauchen  in  das  N.W.  immer  ge- 
sichert blieb  (vergl.  Taf.  LXI,  Fig.  1  und  2,  Grundriss  und  Querschnitt  einer  Turbine). 
Durch  eine  quer  über  die  ganze  Breite  des  Unterkanals  zur  Abgrenzung  der  Baugrube 
des  Krafthauses  geschlagene  Spundwand  hat  man  sich  gegen  Unterspülungen  gesichert. 
Hinter  dieser  Spundwand  wurde  die  Sohle  des  Unterkanals  mit  Steinpflasterung  befestigt, 
die  Böschung  aber  in  gleicher  Weise  wie  beim  Oberkanal  mit  einer  Betonbekleidung 
yon  0,40  m  Stärke  versehen.  Neben  den  Turbinen-Einlaufen  von  je  4,4  m  Weite  be- 
findet sich  noch  ein  Grundablass  von  3,0  m  Weite  mit  eingebauter  Fischtreppe.  Sehr 
zweckmässig  zu  diesem  Grundablass  ist  die  Lage  des  Rechens  gewählt,  weil  durch 
den  Strom  des  Wassers  längs  des  Rechens  das  Stückeis  wirksam  in  den  Grundablass 
abgeführt  werden  kann. 

Jede  Turbinenkammer  ist  am  Oberwasser  durch  je  zwei  Schützentafeln,  am  Unter- 
wasser durch  Dammbalken  abschliessbar ,  sodass  jede  Turbine  für  sich  revidiert  und 
repariert  werden  kann.  Die  Bewegungsgetriebe  der  Schützen  befinden  sich  im  Innern 
des  Maschinensaals. 

Die  Vertiefung  des  Unterkanala  und  des  Neckars  bis  zur  Schiffahrtarinne  wurde  durch  Dampf- 
hagger mit  70—80  cbm  täglicher  Leistung  bewirkt.  Die  Wasserhaltungen  innerhalb  der  Fangedämme 
konnten  durch  zwei  Lokomobilen  von  je  18  PS«  bewirkt  werden,  welche  für  die  Nachtarbeit  auch  noch 
die  elektrischen  Beleuchtungsmaschinen  für  die  Baustelle  antrieben. 

In  dem  Krafthanse,  welches  mit  Rücksicht  auf  die  malerische  Umgebung  eine 
etwas  reichere  architektonische  Ausstattung  erhalten  hat,  sind  ausser  dem  Maschinen- 
saal in  Flurhöhe  an  der  Turmseite  noch  eine  Werkstätte  und  der  Schaltraum  unter- 
gebracht. 

Die  vier  Turbinen  sind  radial  von  aussen  beaufschlagte  und  axial  ausgiessende 
Francis-Schacht-Turbinen3)  von  je  300  PSe  und  34,7  Üml./Min.  mit  zwei  überein- 
ander liegenden  Leit-  und  Laufradkränzen  (Taf.  LXI,  Fig.  1  und  2  und  Kap.  III, 
5  Turbinen).  Die  Schaufelzahl  je  eines  Leitrades  beträgt  30,  die  des  Laufrades  34. 
Auf  der  stehenden  Turbinenwelle  befindet  sich  oben  ein  grosses  Kammrad,  welches  die 
Bewegung  auf  ein  kleines  mit  einem  Übersetzungsverhältnis  von  1:3  überträgt.  Das 
kleinere  Kammrad  sitzt  auf  einer  horizontalen  Welle,  welche  durch  eine  elastische 
Zodelkuppelung   direkt   mit   der   Dynamowelle   gekuppelt   ist    (Abb.    144}.      Die  Regu- 


3)  Geliefert  von  J.  M.  Voith  in  Heidenheim  a.  d.  Brenz. 


§  32.  Das  Wabserkkaft-Elektrizitätswbrk  Marbach-Stuttgart.  575 

immer  mit  Zu  beiden  Seiten  dieses  Kegele  befindet  sieh  je  eine  Friktionsecheibe,  welche  durch  Elektro- 
Magnete  an  den  Kegel  angepresst  and  von  diesem  mitgenommen  werden.  Je  nachdem  man  die  Turbinen 
mehr  Offnen  und  schliessen  will,  wird  der  Elektro-Magnet  der  rechten  oder  linken  Scheibe  in  den  Strom- 
kreis eingeschaltet.  Die  Friktionsscheiben  wirken  durch  eine  Räderübersetzung  auf  eine  horizontale 
Spindel ,  auf  welcher  eine  Mutter  sich  bewegt.  An  dieser  Mutter  sitzt  das  Gestänge  für  die  Öffnung 
oder  Schliessung  der  Turbinen-Leitschaufel.  An  den  Endstellungen  der  Mutter  löst  sie  einen  Kohlen- 
kontakt automatisch  aus,  sodass  die  Bewegung  der  Spindel  sofort  aufhört. 

Jede  Turbine  ist  mit  einer  Dreiphasen-Drehstrom- Dynamo4)  von  220  KW- 
Leistung,  50  Per/sek.  und  einer  Klemmen-Spannung  von  10000  Volt  gekuppelt.  Durch 
zwei  Drehstrom -Transformatoren  von  je  14  KW  wird  ein  Teil  des  erzeugten  Drei- 
phasenstromes auf  die  Spannung  von  100  Volt  gebracht  und  zwei  Dreiphasen-Motoren 
zugeführt,  von  denen  jeder  eine  Gleichstrom-Maschine  antreibt.  Diese  liefern  den  Strom 
für  die  Erregung  der  Drehstromgeneratoren,  für  die  Turbinen-Regulatoren,  sowie  für  die 
Beleuchtung  der  Zentrale.  Um  auch  bei  Stillstand  der  Turbinen  den  nötigen  Gleich- 
strom zur  Verfügung  zu  haben,  war  die  Aufstellung  einer  Akkumulatorenbatterie  von 
60  Zellen,  einer  Kapazität  von  298  Amp.  und  einer  Entladungsstromstärke  von  96  Amp. 
erforderlich.  Die  Apparatenwand  steht  an  der  turmseitigen  Wand  des  Maschinensaales, 
welche  den  in  dem  Anbau  untergebrachten  Schaltraum  vom  Maschinensaale  trennt 
(Abb.  143).  Aus  dem  Schaltraum  steigen  die  Hochspannungsleitungen  in  der  hohlen, 
feuerfesten  Spindel  der  Turmtreppe  empor  und  verlassen  vom  Turme  aus  das  Krafthaus. 

Die  Fernleitung  selbst  besteht  aus  zwei  Gruppen  von  je  drei  7  mm  starken 
Kupferdrähten.  Die  zweite  Gruppe  ist  für  das  später  auszubauende  Kraftwerk  in 
Poppenweiler  bestimmt  und  dient  vorläufig  als  Reserve.  Die  Leitungen  liegen  meistens 
auf  Holzmasten  mit  eisernen  Auslegern.  Nur  an  den  Knickpunkten,  bei  längeren  geraden 
Strecken  in  bestimmten  Abständen,  sowie  bei  Strassen-  Fluss-  oder  Eisenbahnübergängen 
sind  eiserne  Gittermasten  verwendet.  Abgesehen  von  den  Sicherungen  und  Blitzableitern 
in  dem  Krafthause  selbst,  ist  die  rd.  20  km  lange  Leitung  noch  an  acht  Stellen  durch 
Hörner-Blitzableiter  gesichert.  Auf  dem  gleichen  Gestänge  befindet  sich  noch  eine  aus 
zwei  je  3  mm  starken  Kupferdrähten  bestehende  Telephonleitung  zur  Verbindung  der 
Kraftstation  Marbach  mit  den  einzelnen  Unterstationen  und  der  Dampfzentrale  in  Stutt- 
gart. Zur  Vermeidung  von  Induktionswirkungen  sind  die  zwei  Hauptfernleitungen  an 
sechs  Stellen  und  in  ähnlicher  Weise  auch  die  Telephonleitung  verdrillt.  In  der  Trans- 
formatorenstation auf  der  unteren  Prag  geschieht  die  Spannungsermässigung  von  10000 
auf  3000  Volt  durch  drei  stehende  Transformatoren  von  je  300  KW- Leistung  (vergl. 
Abb.  145). 

Du. Gebäude  hat  im  ganzen  nur  97,0  qm  bebauter  Grundfläche.  Im  unteren  Geachoss,  welches 
nach  Anlegung  der  bebauungsplanm&ssig  vorbeifahrenden  Parkstrasse  zu  einem  Kellergeschoas  werden 
wird,  sind  die  Transformatoren  aufgestellt,  während  im  oberen  Geschoss  Ausschalter,  Blitzableiter  und 
Sicherungen  untergebracht  wurden.  Von  der  Transformatoren  -  Unterstation  wird  der  Strom  mittelst 
verseilter  Kabel  unterirdisch  zur  Umformeretation  in  Stöckach  geleitet,  wo  der  Strom,  in  Gleichstrom 
umgeformt,  ins  Netz  geliefert  wird.  Diese  Unterstation  wurde  in  dem  östlichen  Auasenbezirk  Stöckach 
angelegt,  weil  der  Stromkonsum  in  diesem  Bezirk  besonders  durch  zwei  östliche  Strassenbahnlinien  nach 
Ostheim  und  Gaisburg  so  gross  geworden  war,  dass  die  bisherige  Versorgung  des  Gebietes  von  der 
Hauptxentrale  aus  unter  Verwendung  sogenannter  Zusatzmaschinen  nur  mit  grossen  Energieverlusten, 
d.  h.  in  unwirtschaftlicher  Weise  aufrecht  erhalten  werden  konnte.  Da  aber  beim  Beginn  der  Strom- 
lieferung  in  Marbach  die  völlige  Ausnutzung  der  Wasserkraft  durch  das  von  der  Unterstation  Stöckach 
beherrschte  Leitungsnetz  noch  nicht  möglich  war,  wurde  das  Kabel  auch  noch  nach  der  Dampizentrale 
im  Zentrum  der  Stadt  verlängert,  um  hier  den  Strom  der  Wasserkraft  namentlich  für  Strassenbahn- 
zwecke  zu  verwenden. 


*)  Die  ganze  elektrische  Einrichtung  ist  von  der  E.-A.  vorm.  Schuckert  &  Co.  in  Nürnberg  geliefert. 


576  II.     Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräfte».     Beispiele. 

Über  die  Kosten  der  Anlage  sind  bereits  in  Tabelle  I,  S.  242/43  Angaben  ge- 
macht. Erwähnt  sei  noch,  dass  die  elektrische  Einrichtung  des  Krafthauses  Marbach 
einschliesslich   der   Transformatoren   Mk.   200000  oder  rd.  166  Mk.  pro   inst.  Turbinen- 


PS,  gekostet  hat.  Die  Hohe  des  Einheitsiireiw;  im  Vergleich  in  den  Angaben  in  den 
Tabellen  VII  und  I\,  S.  261  und  26?  erklärt  sich  aus  der  sehr  kleinen  Umdrehungs- 
zahl der  Generatoren. 


§  33.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Rheinfelden  a.  Rhein.  577 

Im  Durchschnitt  der  Jahre  1903  und  1904  konnte  das  WasserkraitrElektrizit&ts- 
werk  bereits  4400000  KW- Standen  pro  Jahr  abgeben,  sodass  die  ganze  installierte 
Leistung  von  800  KW  mit  5600  Stunden  voll  belastet  ausgenutzt  wurde. 


§  33.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Rheinfelden  am  Rhein 

der  Kraftübertragungswerke  Rheinfeldeil  A.-G.    Hierzu  Taf.  XLVili). 

Diese  Anlage  ist  zurzeit  noch  die  grösste  ihrer  Art  in  Deutschland  und  für  viele 
später  errichtete  Kraftwerke  vorbildlich  geworden.  Sie  verdankt  ihre  Entstehung 
gleichfalls  der  Initiative  grosser  Industriegesellschaften2).  Die  Vorbereitungen  zu  dieser 
Unternehmung  reichen  bis  ins  Jahr  1889  zurück  und  beweisen,  dass  die  Unternehmer 
von  der  Zweckmässigkeit  der  Verwendung  von  Wasserkräften  zur  Übertragung  elektrischer 
Energie  überzeugt  waren,  noch  ehe  die  vorteilhafte  Durchführbarkeit  solcher  Kraftüber- 
tragungen durch  den  grossen  Versuch  Laufen -Frankfurt  a.  M.  (vergl.  S.  11)  gelegent- 
lich der  Frankfurter  Ausstellung  aller  Welt  vor  Augen  gefuhrt  wurde. 

Der  Rhein  führt  nach  Einmündung  der  Aare  eine  ziemlich  konstante  Wasser- 
menge von  etwas  mehr  als  360  cbm/sek.  und  hat  auf  einer  Strecke  von  ca.  2400,0  m 
Länge  vom  Beuggersee  bis  zur  Rheinbrücke  bei  Rheinfelden  in  drei  Stromschnellen  ein 
Gefalle  von  6,6 — 7,5  m.  Das  ursprüngliche  Projekt8)  sah  neben  einem  festen  Wehr  und 
einem  kurzen  Zufuhrungskanal  am  rechten  Rheinufer  ein  Turbinenhaus  mit  50  Turbinen 
vor,  von  denen  je  zwei  mittelst  Zahnradvorgelege  mit  einer  Dynamomaschine  gekuppelt 
werden  sollten.  Es  waren  Jonvalturbinen  in  Aussicht  genommen  von  330  PS«  bei  44 
Uml./Min.  Man  hatte  das  Zahnradvorgelege  projektiert,  um  eine  grössere  Tourenzahl 
der  elektrischen  Maschinen  zu  erzielen.  Das  Wasser  sollte  von  dem  Kanal  in  die  Turbinen- 
kammern und  von  hier  unter  die  von  gusseisernen  Säulen  getragene  Kanalsohle  hindurch 
in  den  Rhein  geleitet  werden.  Auch  bestand  zunächst  die  Absicht,  das  ganze  verfügbare 
Gefalle  an  einer  Stelle  auszunutzen.  Von  der  letztgenannten  Absicht  nahm  man  aber 
wieder  Abstand,  weil  wegen  der  Grösse  und  Kosten  das  Risiko  damals  noch  zu  gross 
erschien.  Ende  des  Jahres  1893  konnte  man  die  Ausführung  des  Unternehmens  als 
gesichert  ansehen,  nachdem  einer  von  der  grossherzoglich  badischen  Regierung  gestellten 
Bedingung  entsprechend  die  Gründung  der  Aktiengesellschaft  „Kraftübertragungswerke 
Rheinfelden"  nach  deutschem  Aktienrecht  mit  zunächst  4000000  Mk.  Kapital  beschlossen 
und  gegenüber  den  schweizerischen  Behörden  die  Verpflichtung  übernommen  war,  im 
Kanton  Aargau  eine  Zweigniederlassung  dieser  Gesellschaft  einzurichten.  Inzwischen 
hatte  die  führende  Gesellschaft  auf  Vorschlag  ihres  beratenden  Wasserbau-Ingenieurs4) 
das  Projekt  dahin  abgeändert,  dass  der  Werkkanal  erweitert  und  vertieft  wurde  zur  Ver- 
minderung des  Gefallverlustes,  dass  der  Oberwasserkanal  verlängert  und  der  Unterwasser« 
kanal  verkürzt  wurde,  um  Kosten  zu  sparen,  dass  ferner   das  Turbinenhaus  schräg  in 

i)  Die  Fig.  1  der  Taf.  XLVH  ist  einer  Broschüre  der  A.-E.-G.  Berlin,  die  Fig.  5  und  6  sind 
der  Elektrotechnischen  Zeitsohr.  1896  S.  404,  Vortrag  des  Generaldirektors  E.  Rathenau  entnommen, 
die  Übrigen  Fig.  und  die  Abb.  sind  nach  Handskizzen  und  Photographien  angefertigt. 

*)  Der  Allgemeinen  Elektrizitätsgesellschaft  in  Berlin,  Escher,  Wyss  &  Co.,  Zürich  und  Maschinen- 
fabrik Oerlikon  in  Oerlikon  bei  Zürich. 

s)  Verfasst  von  Conrad  Zschokke  in  Aaran. 

•)  Otto  Intze  in  Aachen  f  1904  (S.  24). 
Handbuch  der  Ing.-WUaen»«h.    III.  Teil.    18.  Bd.  37 


578  IL    Thiodob  Kosh*.    Ausbau  vom  Wansmi-Rlrra».    Bubfdelk. 

den  Kanal  gestallt  und  schliesslich,  dass  statt  60  nur  SO  entsprechend  grossere 
Tnrbinen  mit  vertikaler  Achse  und  direkt  gekoppelten  Dynamomaschinen  nr  Auf- 
stellung gelangen  sollten.  Dieses  veränderte  Projekt  fand  im  April  1895  die  Genaomigma; 
der  Uferstaaten,  ist  aber  später  noch  wesentlichen  Änderungen  unterzogen  worden. 

Das  Wehr    bestand    früher   aus    einem    Überfallwehr    und    einer 
(Taf.  XLVII,  Fig.  1).    Durch  letztere  sollten  zugleich  die  60  cbm/sek.  fliessen, 
konzesmonsmässig    mindestens    jederzeit   ins   Unterwasser   abzulassen   sind.     Auf    dem 
Grundwehr  sind   später   durch  Pfeilerstellungen  aeht  öftiurei  von  je  22,20  m  lichter 

Weite    gebildet,     welche    durch 
Abk-U*.    Amimjmnfs^j*mmmW*mm      ^„ft^,      schmiedeeis«™ 

Schützen   (Abb.    146)   verschliee»- 
bar   sind   mit   dem   Zwecke    ein 
am    1,0  m    höheres    Gefälle    an 
den    Turbinen    zu    erzielen.      Es 
sind  ferner  drei  QrudablaasMT- 
nnngen  neben  der  Flossgaflse  an- 
gelegt zur  Abführung  des  Kieses, 
welcher  trotz   des  rheinaufw&rts- 
liegenden  Beuggerseee  in  grossen 
Mengen  bei  höheren  Wasserstän- 
den an   das  Wehr   herangefahrt 
wird  (Taf.  XLVII,  Fig.  2  und  3). 
Da  das  Ufer  an  der  Unken, 
schweizerischen  Seite  au  raneai- 
gem  Boden  bestand,  musste  hier 
eine  ca.  100,0  m   lange   kräftige 
Ufermauer  angelegt  und  flussab- 
wärts  von  derselben  das  Ufer  noch 
mit  Steinpacknngen  befestigt  wer- 
den.    In  der  Wehrachse  schliesst 
sich  an  diese  Ufermauer  zunächst 
ein  ca.  8,6 — 4,0  m  breiter  Fischpass  an  (Abb.  146)  und  dann  folgen  die  erwähnten 
acht  Öffnungen.     Um  Raabfischerei   im  Fischpass  zu  verhüten,   ist   längs  desselben  auf 
der  erwähnten  Ufermaner  eine  hohe  Schutzmauer  errichtet  worden.    Der  Fischpass  ist 
nach  dem  sogenannten  Wildbachsystem  angelegt.  Die  Sohle  steigt  rampenförmig  an  und 
gewährt  den  aufsteigenden  Fischen  durch  eingebaute  Felsblöcke,  Kolke  etc.   zahlreiche 
Ruhepunkte. 

Die  Krone  der  rheinwärts  gelegenen  FischpaBsmauer  liegt  mit  der  Oberkante  der 
Sohflteentafeln  im  geschlossenen  Zustande  auf  gleicher  Höhe,  sodass  sie  bei  höheren  Wasser- 
ständen mit  als  Überlauf  wirkt.  Die  schmiedeeisernen  Schützentaf  em  der  grossen  Öffnungen 
sind  oben  mit  einer  geneigten  Überlanf fläche  aus  Holz  versehen,  weil  sie  bei  höheren 
Wasserständen  z.  T.  auch  als  Überläufe  dienen  sollen.  Um  die  Angriffspunkte  der  Hebe- 
seile bei  überströmendem  Wasser  zu  schützen,  sind  um  dieselben  auf  den  Schützen 
doppelfischbauchförmige  eiserne  Schutzkasten  aufgesetzt  von  ca.  76  cm  Höhe,  deren 
Oberkante  auf  alle  Fälle  über  denjenigen  Wasserspiegel  empor  reicht,  bei  dem  einzelne 
Schützen  noch  geschlossen  bleiben  müssen.  Da  der  Wasserdruck  auf  die  langen  Schützen- 
tafeln verhältnismässig  nur  klein  ist  (ca.  15,5  t  bei  1,2  m  Wasserdruck),  so  macht  das 
Heben  und  Senken  der  langen  Schützentafeln  keinerlei  Schwierigkeiten.    Die  Pfeiler  der 


§  SS.  Das  WAasEBKSAFT-ELEKTRiaxrlTBWBBK  Rhedcfeldew  a.  Rhein.  579 

erwähnten  grossen  Öffnungen  sind  ans  Eisenfachwerk  mit  Betonausfüllung  hergestellt 
und  stehen  auf  Caissons,  welche  mittelst  Preseluft  versenkt  wurden.  Die  Starke  eines 
Mittelpfeilers  beträgt  in  der  Richtung  der  Wehrachse  gemessen  ca.  0,75  my  die  Stärke 
der  Endpfeiler  etwa  2,0  bis  2,5  m.  Auch  die  Fundierung  des  Grundwehres  musste  teil- 
weise mittelst  Pressluft  nachträglich  vertieft  werden,  weil  sich  bei  der  eigentümlichen 
Schichtung  des  die  Flussohle  bildenden  Gebirges  Wasseradern  unter  die  Wehrsohle  hin- 
durch gezweigt  und  Auswaschungen  am  Sturzbett  gebildet  hatten«  An  die  letzte  grosse 
Öffnung,  vom  linken  Ufer  aus  gezählt,  schliesst  sich  ein  ca.  5,0  m  breiter  Fischpass  an* 
Die  Gesamtbreite  des  Wehres  bis  zum  linken  Pfeiler  der  dann  folgenden  Flossgasse  be- 
trägt rd.  197,7  m.  Die  Flossgasse  ist  20,0  m  breit  im  lichten  und  60,0  m  lang.  In 
derselben  Öffnung  befindet  sich  noch  eine  weitere  Fisehleiter  von  nur  2,0  m  Breite  im 
lichten,  welche  mit  dem  vorerwähnten  Fischpass  eine  gemeinsame  Mittelmaner  hat. 

Die  Grundschwellen  der  an  die  Flossgasse  anschliessenden  drei  Grundablässe  von  je 
10,0  m  lichter  Breite  liegen  nur  wenig  über  der  Flussohle,  sodass  die  gleichfalls  eisernen 
Schützentafeln  ca.  5,0  m  hoch  sind.  Diese  grossen  Schützentafeln  sind  nach  dem  System 
Stoney  ähnlich  wie  diejenigen  der  Anlage  Chevres  und  Hagneck  konstruiert.  Sie  laufen 
wie  diese  auf  Walzen,  ihr  Gewicht  ist  durch  Gegengewichte  ausbalanciert  und  die 
Dichtung,  wie  bei  den  erwähnten  Anlagen,  durch  besondere  Dichtungsstäbe  zwischen  ge- 
hobelten Schlussflächen  bewirkt  (Kap*  III.  3.  Schützen  und  Taf.  LV,  Fig.  11). 

Das  Sturzbett  aller  Wehröfinungen  ist  durch  Betonschüttung  auf  dem  felsigen 
Untergrund  befestigt.  An  den  erwähnten  acht  grossen  Hochwasseröffhungen  stürzt  das 
Wasser  steil  ab  und  das  Sturzbett  ist  durch  vorstehende,  fest  einbetonierte  Felsstücke 
rauh  gemacht,  um  die  Geschwindigkeit  des  Wassert  auf  dem  befestigten  Abfallboden  zu 
brechen.  Die  Baugrube  des  alten  Überfallwehres  wurde  durch  Ausgraben  und  Aus- 
sprengen der  felsigen  Flussohle  in  verschiedener  Tiefe  je  nach  der  Beschaffenheit  des 
Felsens  im  Schutze  von  Fangdämmen  hergestellt  und  mit  Beton  ausgefüllt,  worauf  dann 
der  Wehrkörper  selbst  sowie  das  Sturzbett  gleichfalls  in  Beton  gesetzt  wurden. 

Die  Bedienungsbrücken,  welche  das  Aufzugsgetriebe  tragen,  liegen  über  den 
Grundablässen  höher  als  über  der  Flossga83e  und  über  dieser  höher  als  über  den  8  Hoch- 
wasseröffhungen, entsprechend  der  Höhe  der  Schützentafeln ;  sie  sind  aber  durch  Treppen 
miteinander  verbunden  (Taf.  XLVH,  Fig.  3).  Eine  bogenförmige  Mauer  verbindet  den 
rechten  Endpfeiler  des  Grundablasses  mit  der  linken  Kanalmauer.  Die  Krone  beider 
Mauern  liegt  über  Hochwasser.  Die  erwähnte  bogenförmige  Mauer  trägt  eine  Brücke 
zur  Verbindung  der  Kanalbrücke  mit  den  Bedienungsbrücken  des  Wehres  und  es  sind 
in  ihr  zwei  doppelte  Eisschützen  angelegt  Um  die  Flösse  sicher  zur  Flossgasse  zu  leiten, 
sind  im  Zuge  des  rechten  Pfeilers  der  Flossgasse  in  einer  schräg  zum  rechten  Ufer 
herübergehenden  Linie  7  Ducdalben  in  Entfernungen  von  je  ca.  20,0 — 25,0  m  vonein- 
ander gesetzt,  vor  welchen  von  Ducdalben  zu  Ducdalben  schwimmende,  hölzerne  Leit- 
flösse festgemacht  sind.  Die  Ducdalben  bestehen  aus  einem  pyramidenförmigen  eisernen 
Gerüst  mit  Betonausfullung.  Durch  die  Leitflösse  wird  das  schwimmende  Eis  des 
Rheines  zum  grössten  Teile  nach  der  Flossgasse  zu  abgewiesen,  also  vom  Kanal  zurück- 
gehalten. Anschliessend  an  die  linke  Begrenzungsmauer  der  Flossgasse  ist  gleichfalls 
ein  Leitfloss  gelegt,  welches  sich  gegen  einen,  schräg  aufwärts  nach  der  Flussmitte  zu 
gesetzten  Ducdalben  stützt 

Der  Werkkanal  hat  eine  Sohlenbreite  von  60,0  m  und  eine  Länge  von  ca.  980,0  m. 
Er  soll  beim  normalen  Geftlle  an  den  Turbinen  von  5,6  m  270  cbm/sek.,  bei  4,2  m  Ge- 
falle 370  cbm/sek.  fuhren.  Auf  der  linken  Seite  ist  er  durch  eine,  auf  dem  Felsen  fundierte, 

ST" 


680  IL    Theodor  Koehh.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    Beispiele. 

etwa  7,0  m  hohe  Mauer  begrenzt,  welche  auf  der  Sohle  4,0  m  und  an  der  Krone  1,5  m 
stark  ist  Die  rechte  Uferböschung  des  Werkkanals  ist  mit  einer  20,0—26,0  cm  starken 
Steinpflastenmg  gesichert,  welche  auf  dem  gewachsenen  Felsen  ruht.  Am  Einlanf  ist  quer 
über  den  Kanal  eine  Brücke  auf  eisernen,  je  5,0  m  voneinander  entfernten  Gitterpfeilern 
angebracht,  welche  die  beiden  Ufer  des  Kanals  verbindet.  Diese  Brücke  dient  ausserdem 
noch  verschiedenen  anderen  Zwecken.  Ihre  Pfeiler  sollen  für  Dammbalken  als  Wider- 
lager dienen,  um  im  Bedarfsfalle  den  Kanal  trocken  legen  zu  können.  Die  Pfeiler  aollen 
ferner  Schutzgitter  aufnehmen,  welche  während  einiger  Monate  im  Jahre  eingesetzt 
werden  müssen,  um  im  Interesse  der  Fischzucht  den  Fischen  den  Eintritt  in  den  Kanal  zu 
wehren.  Die  Pfeiler  tragen  ausserdem  einen  groben  Rechen,  welcher  treibende  Körper  auf- 
halten soll.  Schliesslich  trug  die  Brücke  früher  die  Aufzugsvorrichtungen  für  eiserne 
Klappen,  welche  über  eine,  an  der  inneren  Seite  längs  der  Brücke  angelegte  Kiesrine 
geklappt  werden  sollten.  Diese  Kiesrinne  hat  eine  Breite  von  2,60  m  und  eine  Tiefe  von 
1,0  m  bis  1,25  m  und  mündet  an  einer  in  der  linken  Kanalmauer  angelegten  Spfilsekmtse. 
Man  hoffte  durch  das  Bedecken  der  Rinne  mittelst  der  eisernen  Klappen  und  Aufheben  ein- 
zelner von  ihnen  die  Kiesrinne  in  ihrer  ganzen  Länge  wirksam  spülen  zu  können.  Diese 
Einrichtung  hat  sich  aber  nicht  bewährt,  weil  sich  die  kleine  Rinne  zu  schnell  füllte 
und  deshalb  unwirksam  wurde,  ganz  abgesehen  von  der  Schwierigkeit  und  Kostspieligkeit 
der  Handhabungen  mit  den  eisernen  Klappen.  Tatsächlich  gelangen  Kies  und  Sand  in 
ziemlichen  Mengen  in  den  Kanal  hinein.  Es  wird  deshalb  vermutlich  nichts  anderes 
übrig  bleiben,  als  in  ähnlicher  Weise,  wie  dies  bereits  in  Chevres  geschehen  ist,  eine 
Grundmauer  von  dem  rechten  Endpfeiler  des  Grundablasses  flussaufwärts  mit  Anschluss 
an  das  rechte  Ufer  anzulegen  (vergl.  Taf.  XL VII,  Fig.  2  die  gestrichelte  Linie),  über 
welche  bei  gestautem  N.W.  die  für  den  Betrieb  notwendige  Wassermenge  überfliessen 
könnte,  welche  aber  bei  Hochwasser  das  Geschiebe  des  Flusses  wirksam  von  dem  Kanal 
abhalten  würde. 

Der  grobe  Rechen  liegt  an  der  Brücke  insofern  nicht  glücklich,  weil  er  bei  der 
zu  grossen  Eintrittsgeschwindigkeit  des  Wassers  in  den  Kanal  nur  mit  Aufwand  von 
sehr  viel  Mannschaften  zu  reinigen  ist.  Wenn  der  Rhein  nach  den  Frühjahrs-  und 
Winterstürmen  viel  Holzstücke  und  Stückeis  führt,  setzen  sich  solche  Schwimmkörper 
am  Rechen  fest  und  verengern  das  freie  Durchflussprofil  derartig,  dass  ein  Stau  von 
0,25 — 0,80  m  und  mehr  entsteht.  Die  Schwimmkörper  werden  infolgedessen  so  stark  gegen 
den  Rechen  gedrückt,  dass  bei  der  lotrechten  Stellung  der  Rechenstäbe  die  Reinigung  der- 
selben von  der  Brücke  au9  mit  Menschenkraft  wegen  der  hohen  Kosten  kaum  durch- 
führbar ist.  Leichter  wäre  die  Beseitigung  der  Schwimmkörper  am  Rechen  von  einem 
Kahn  aus  möglich,  welcher  an  einem  quer  über  die  Kanalmündung  gespannten  Draht- 
seile geführt  werden  könnte.  Für  eine  Neuanlage  ähnlicher  Art  dürfte  es  vorzuziehen 
sein,  den  Rechen  spitzwinkelig  gegen  die  Kanalachse  (etwa  wie  auf  Taf.  XL VII,  Fig.  2 
durch  die  gestrichelte  Linie  angedeutet),  anzulegen,  weil  es  dann  leichter  sein  würde. 
Schwimmkörper,  welche  sich  am  Rechen  festgesetzt  haben,  mit  Hilfe  des  längs  des 
Rechens  fliessenden  Stromes  nach  einer  in  der  flusseitigen  Kanalmauer  anzulegenden 
Eisschütze  zu  bringen.  Auch  würde  dadurch  die  freie  Einflussöffnung  grösser,'  die  Ein- 
trittsgeschwindigkeit also  kleiner. 

Die  Sohle  des  Werkkanals  ist  in  Form  eines  umgekehrten  Gewölbes  hergestellt 
und  hat  in  der  Mitte  eine  Schlammrinne,  welche  bis  zu  dem,  am  unteren  Ende  des 
Kanals,  neben  dem  Turbinenhause  befindlichen  Freilauf  führt. 

Die  Wassertiefe  im  Kanal  schwankt  zwischen  3,7  m  bei  N.W.  und  5,3  m  bei 
H.W.    Das  Gefälle  der  Sohle  beträgt  0,6°/oo.    An  zwei  Stellen  sind  an  der 


§  33.  Das  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  Rhetkfelden  a.  Rhein.  581 

Kanalmauer  nachträglich  lange  Überläufe  angelegt  (Taf.  XLVII,  Fig.  3).  Man  war  an 
der  Stelle,  wo  das  Krafthaus  liegt,  in  der  Entwickelnng  nach  der  Breite  dadurch  be- 
schränkt, dass  das  Ufer  des  Flusses  ziemlich  steil  ansteigt  und  man  bei  Verbreiterung 
des  Kanals  oder  des  Kraftbauses  sehr  kostspielige  Bodenbewegungen  und  Uferbefesti- 
gungen hätte  ausführen  müssen  (Abb.  147).  Es  ergab  sich  daraus  schon  die  Wahl  von 
Turbinen  mit  stehender  Welle.  Das  Kanalprofil  verengt  sich  längs  des  165,0  m  langen 
Krafthauses  nach  dem  Unterwasser  zu,  was  dadurch  begründet  erscheinen  könnte,  dass 
die  Wassermenge  mit  jeder  im  Betriebe  befindlichen  Turbine  stromabwärts  abnimmt.  Das 
zu  stark  verengte  Kanalprofil  vor  dem  Krafthause  hat  jedoch  den  Nachteil,  dass  die  Ge- 
schwindigkeit des  Wassers  vor  dem  Rechen  bei  vollem  Betriebe  eine  reissende  werden  muss, 
um  das  nötige  Betriebswasser  durchzulassen,  was  natürlich  mit  Gefälleverlust  verbunden  ist. 

Abb.  147.    Ansicht  des  Kr»fth»usee. 


Es  wird  dadurch  auch  viel  Kies  bis  an  den  Reeben  und  durch  den  Rechen  hindurch  in  die 
Turbinen  hinein  gerissen.  Die  grossen  Harken,  welche  zum  Reinigen  des  Rechens  dienen, 
werden  mit  solcher  Gewalt  gegen  die  Rechenstäbe  gedrückt,  dass  4 — 5  Mann  dazu  gehören, 
um  eine  Harke  zu  bedienen.  Der  Vorteil  der  schrägen  Stellung  des  Krafthauses  und  des 
Rechens  ist  aber,  abgesehen  von  der  Kostenersparnis,  der,  dass  bei  geöffnetem  Freilauf  ein 
so  starker  Strom  in  der  Längsrichtung  des  Rechens  entsteht,  dass  viel  schwimmendes  Stück- 
eis  bis  zum  Freilauf  mit  fortgerissen  wird.  Durch  die  schräge  Stellung  des  Turbinenhauses 
wurde  der  Platz  gewonnen,  um  20  Turbinenkaminera  von  je  5,50  m  Breite  und  10,0  m 
Länge  bei  1,25  m  starken  Trennungsmanen)  anzulegen  und  daneben  noch  eine  Kahn- 
schleuse von  3,0  m  lichter  Breite  und  15,75  m  Länge  und  einen  Freilauf  von  6,0  m  Breite 
einzubauen.  Die  Kabnscbleuse  ist  mit  Toren  von  dem  gewöhnlichen  Modell  verschliess- 
bar.  Kanal  aufwärts  ist,  am  Ende  des  Krafthauses  noch  eine  Fischleiter  angelegt.  Der 
l'nterwasserkanal  ist  in  den  Felsen  der  Flussohle  eingesprengt  und  linksseitig  durch 
eine  Mauer  so  eingefasst     dass  der  Strom  des  Betriebswassers  flussabwärts  gedrängt 


682  II.    Theodor  Koehh.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

wird.  Dennoch  ist  das  schweizerische  Ufer  gegenüber  dem  Krafthause  durch  Steia- 
packnngen  besonders  gesichert.  Oberhalb  des  Krafthanses  fahrt  eine  Brocke  ober  den 
Rhein,  welche  auf  badischer  Seite  in  die  zur  Verbindung  des  Krafthanses  mit  der  neo- 
entstandenen  Industriestadt  Badisch-Rheinfelden  angelegte  Zufahrtstrasse  einmündet 
(Abb.  147). 

Der  Maschinensaal  hat  eine  Gesamtlänge  von  150,0  m,  eine  lichte  Breite  von 
10,0  m  und  eine  lichte  Höhe  von  8,0  m  bis  zur  Unterkante  der  Dachbinder.    Es  stehen 
demnach  rd.  8,9  qtn  Bodenfläche  pro  100  installierte  PS«  zur  Verfügung.    Die  tiefer  ge- 
legenen Teile  des  Krafthauses  (Taf.  XL VII,  Fig.  5  und  6)  sind  mittelst  Caissons  pneu- 
matisch fundiert.    In  der  Mitte  des  Krafthanses  ist  in  einem  erkerartigen  Vorbau  Ton 
2,75  m  Breite  und  30,0  m  Länge  in  drei  Etagen  übereinander  die  Schaltanlage  unter- 
gebracht, sodass  hierfür  im  ganzen  rd.  250,0  qm  zur  Verfugung  stehen,   d.   tu  pro 
100  install.  PS.  1,47  qm.    Mit   einem  Laufkran  von  40,0  t  Tragfähigkeit  und   elek- 
trischem Antrieb  kann  der  ganze  Maschinensaal  bestrichen  werden.    An  der  nach  dem 
Werkkanal  gelegenen  Wand  des  Maschinensaales  entlang  läuft  eine  Galerie,  welche  die 
Bewegungsgetriebe  der  Drehtore  trägt.    Jede  Turbinenkammer  ist  durch  zwei  eiserne 
Drehtorflügel  mit  vertikalen  Achsen  Ton  2,75  m  Breite  und  5,0  m  Höhe  verschliessbar. 
Um  die  kanalwärts  gelegene  Wand  des  Maschinensaales  aufzunehmen,  ist  jede  Tnrbimen- 
yorkammer  durch  eine  Reihe  Walzträger  überdeckt,  welche  zugleich  den  oberen  Anschlag 
der  Drehtore  tragen.    Bei  leeren  Turbinenkammern  entsteht  ein  Druck  von  70000  kg 
auf  die  Drehtore  und  es  mussten  deshalb  die  Zapfen  mit  besonderer  Sorgfalt  konstruiert 
werden.   Die  vor  das  Krafthaus  vorspringenden  Trennungsmauern  der  einzelnen  Kammern 
tragen  die  Bedienungsbrücke  des  Feinrechens,  welcher  in  einer  Neigung  von  etwa  45° 
gegen  die  Horizontale  aufgestellt  ist  und  sich  in  der  Kanalsohle  auf  einen  Betonsockel 
und  oben,  an  der  Bedienungsbrücke,  auf  Walzträger  stützt.   Ausserdem  sind  die  Rechen- 
stäbe noch  einmal  in  der  Mitte  durch  Walzträger  verstärkt,  welche  durch  schräge  Stützen 
gegen  die  Pfeiler  der  Turbinenkammern  abgesteift  sind;    Die  lichte  Weite  zwischen  den 
Stäben  soll  35  mm  betragen. 

Unter  der  Mittellinie  des  Maschinenhauses  steht  in  jeder  Turbinenkammer  eine 
Francisturbine6)  von  je  840  PS«  Nutzleistung  und  mit  je  zweimal  vier  Laufkränzen. 
Die  zuerst  aufgestellten  9  Turbinen  machen  55,  die  später  aufgestellten  11  Turbinen 
68  Uml./Min. 

Jedes  der  zwei  Tarhinenräder  bat  2,85  m  Spaltdarchmesser  und  1,24  m  Höhe.  Der  hüttelab- 
stand  der  beiden  fibereinanderstehenden  TnrbinenrAder  beträgt  8,87  m.  Jedes  Laufrad  ist  in  der  Mitte 
duroh  eise  Tolle  Scheibe  in  zwei  Teile  geschieden,  sodass  zwei  Kränze  nach  oben,  zwei  nach  nuten 
auegiessen.  Die  Beaufschlagung  erfolgt  radial  von  aussen,  der  Ausguss  axial  nach  unten  und  nach 
oben.  Es  mag  hier  auf  den  Unterschied  mit  den  Francis -Turbinen  des  zweiten  Ausbaus  von  Chetree 
hingewiesen  werden,  bei  denen  die  Beaufschlagung  von  innen  erfolgt  und  eine  starke  hydraulische  Ent- 
lastung stattfindet 

Die  Saugkanäle  sind  z.  T.  in  Schmiedeeisen,  z.  T.  in  Beton  gebildet.  Bei  den 
Betonkanälen  wurde  die  erforderliche  Form  durch  entsprechend  verlegte  Wakträger  ge- 
geben. Das  untere  Leitrad  sitzt  auf  einem  Tragringe,  welcher  in  den  Beton  eingelassen 
ist  und  das  Wasser  der  beiden  untersten  Turbinenkränze  in  den  zugehörigen  Saugkanal 
ffihrt.  Auf  dem  unteren  Leitrad  ist  auch  der  schmiedeeiserne  Kessel  befestigt,  durch 
welchen  der  mittlere  und  obere  Saugkanal  gebildet  werden.  Die  Stahlwellen  der  Doppel- 
turbinen  haben  einen  Dm.  von  300  m  und  sind  dreimal  gelagert  Das  oberste  Führungs- 
lager  ist  mit  dem  Ankerrahmen  des  Generators  verbunden.  Das  unterste  Lager  dient 
zur  Abstützung  der  Gewichte  bei  der  Montage  und  Demontage  und  die  Welle  läuft 

*)  Geliefert  von  Escher,  Wyss  Sc  Co. 


§  33.  Das  Wasserkraft-Elektbizitätswerk  Rheinfelden  a.  Rhein.  583 

in  ihm  auf  Pockholz,  Die  Dynamowelle  ist  mit  der  Turbinenwelle  mittelst  Flan- 
schenknppelung  verbunden,  und  letztere  auf  einer  Zwischendecke,  welche  durch 
starke  Walzträger  gebildet  ist,  in  einem  Öldruck-Ringspurlager  geführt.  Die  Träger 
der  Zwischendecke  bilden  zu  gleicher  Zeit  eine  wirksame  Verankerung  der  einzelnen 
Wände  der  Turbinenkammern  untereinander.  Das  Ringspurlager  wird  durch  Pressöl  mit 
25  Atm.  Überdruck  entlastet. 

Die  Regulierung  der  Turbinen  erfolgt  durch  Ringgitterechieber  f  welche  vor  den  Leitradzellen 
auf  nnd  ab  bewegt  werden.  Jedes  Leitrad  bat  36  Zellen,  jedes  Laufrad  82.  Der  Maximalnutzeffekt  der 
Turbinen  wird  bei  hohem  Gefälle  erzielt,  während  bei  geringen  Gefallehohen,  die  bei  H.W.  eintreten, 
der  grossere  Wasserverbrauch  ohnebin  keine  Rolle  spielt.  Das  Gefalle  beträgt  bei  N.W.  5,6  m,  bei 
H.W.  4,2  m.  Der  Wasserverbrauch  schwankt  pro  Turbine  zwischen  15—20  cbm/sek.  Die  vier  unteren 
Gitterschieberkränze  werden  gemeinschaftlich  geöffnet  und  geschlossen.  Bei  hohem  Gefalle  arbeitet  das 
untere  Turbinenrad  allein  und  das  obere  bleibt  geschlossen.  Sinkt  das  Gefalle,  so  werden  zunächst  die 
beiden  unteren  Kränze  des  oberen  Turbinenrades  und  bei  weiterer  Abnahme  des  Gefälles  auch  die 
beiden  oberen  geöffnet.  Die  Ringgitterschieber  der  beiden  oberen  und  der  beiden  unteren  Kränze  des 
oberen  Leitrades  sind  deshalb  voneinander  unabhängig.  Das  Heben  und  Senken  der  Ringgitterschieber 
geschieht  mittelst  Drucktitangen.  Für  die  beiden  oberen  Ringgitterkränze,  welche  nicht  zusammen- 
hängen, ist  die  Einrichtung  getroffen,  dass  durch  verstellbare  Mitnehmer  an  denselben,  nach  Belieben 
jeder  Doppelkranz  für  sich  oder  beide  gemeinsam  bewegt  werden  können.  Alle  Druckstangen  der  Ring- 
Schieber  können  von  Hand  reguliert  werden,  sind  aber  in  der  Regel  mit  einem  hydraulischen  Servo- 
motor in  Verbindung  gesetzt  Dieser  wird  gleichfalls  durch  Pressöl  von  25  Atm.  Oberdruck  betätigt 
und  seine  Bewegung  wird  durch  Ventile  reguliert,  welche  durch  einen  Fliehkraftregler  je  nach  der 
Tourenzahl  der  Turbinen  geöffnet  und  geschlossen  werden. 

Jede  Turbinenwelle  treibt  eine  einfachwirkende  Differejizial-Ölpumpe  an.  Sämt- 
liche Ölpumpen  sind  an  eine  gemeinsame  Druckleitung  angeschlossen,  arbeiten  aber  für 
gewöhnlich  direkt  auf  das  Spurlager  und  den  Servomotor  ihrer  Turbine.  Das  von  den 
Lagern  und  Servomotoren  zurückkommende  Öl  wird  zweimal  filtriert  und  dann  von  den 
Ölpumpen  wieder  frisch  angesaugt.  In  der  75  cm  starken  Betondecke  jeder  Turbinen- 
kammer befindet  sich  eine  kreisrunde  Durchbrechung  von  3,5  m  Dm.,  durch  welche  alle 
Teile  der  Turbinen  mittelst  des  Laufkrans  herausgehoben  werden  können,  sobald  das 
Magnetrad  der  Dynamomaschinen  entfernt  ist.  Bei  10  Turbinenkammern  ist  die  Rück- 
wand nach  dem  Unterwasser  zu  durch  schmiedeeiserne,  kastenförmige  Schützentafeln 
gebildet,  welche  mittelst  des  Laufkrans  entfernt  werden  können,  wodurch  bei  H.W.  der 
Weg  durch  die  Turbinenkammern  geöffnet  wird,  wenn  die  Drehtore  offen  und  die 
Turbinen  geschlossen  sind.  Nachdem  man  aber  dem  Hochwasser  im  Werkkanal  durch 
Anlegung  der  Uferläufe  einen  anderen  Abfluss  verschafft  hat,  können  diese  Schützen- 
tafeln dauernd  geschlossen  bleiben. 

Von  den  Turbinen  sind  gekuppelt: 

Fünf  mit  Drehstromgeneratoren6)  von  6800  V.-Spannung  und  59  Ampöre  bei 
55  Uml./Min.,  welche  festen  Anker  und  bewegliches  Magnetrad  haben, 

drei  mit  Drehstromgeneratoren  von  6800  V.-Spannung  und  58  Ampere  Strom- 
stärke bei  55  Uml./Min.,  welche  nach  dem  sogenannten  Unipolar-Typ  mit  feststehendem 
Erregersystem  gebaut  sind, 

sechs  mit  Gleichstromgeneratoren  von  90  V.-Spannung  und  6000  Ampere  bei 
55  Uml./Min.  Diese  liefern  den  Strom  für  die  Aluminiumindustrie-Aktiengesellschaft 
Neuhausen,  Filiale  Badisch-Rheinfelden,  zur  Gewinnung  von  Aluminium  und  Kalzium- 
Karbid, 

zwei  mit  Gleichstromgeneratoren  von  155  V.  Spannung  und  4000  Amp.  Strom- 
stärke bei  68  Uml./Min.,  welche  Strom  für  eine  Natriumfabrik  liefern, 

<)  Die  ganze  elektrische  Einrichtung  ist  von  der  Allgemeinen  Elektrizität!  •  Gesellschaft  in 
Berlin  geliefert 


164  II.   Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beufielb. 

vier  mit  Gleichstromgeneratoren  von  130 — 140  V.  Spannung  und  4500  Amp.  bei 
68  CmL/Min.  Diese  vier  Maschinen  versorgen  die  in  der  Nabe  liegende  elektrochemische 
Fabrik  Griesheim-Elektron ,  Werk  Badisch-Rheinfelden ,  mit  Strom  zur  Fabrikation  von 
Chlorkalk  und  Karbid. 

Alle  zwölf  Gleichstromgeneratoren  liefern  den  Strom  direkt  in  die  betreffenden 
Werke.  Die  acht  Drehstrommaschinen  versorgen  das  Netz  der  Übertragungswerke 
Rheinfelden.  Für  die  Erregung  der  Wechselstrommaschinen  sind  zwei  rotierende  Um- 
former aufgestellt.  Der  von  den  Sammelschienen  kommende  Drehstrom  von  6800  V. 
Spannung  wird,  bevor  er  in  den  Drehstrommotor  eintritt,  auf  500  V.  Spannung  herunter- 
transformiert. Die  Erregerspannung  beträgt  155—170  V.  Für  den  Fall,  dass  an  diesen 
Umformern  Störungen  eintreten,  sowie  bei  erstmaligem  Anfahren,  kann  von  drei  Gleich- 
stromdynamos Erregerstrom  gegeben  werden. 

Die  Sehaltanlage  der  Drehstromgeneratoren  befindet  sich  im  Mittelbau  des  Kraft- 
hauses. Das  Schaltbrett  selbst  ist  erhöht  aufgestellt,  sodass  von  demselben  aus  sämt- 
liche Maschinen  überblickt  werden  können. 

Sämtliche  Drehstromgeneratoren  arbeiten  parallel  auf  die  Haaptsammelschienen.  Die  letzteren 
können,  behufs  Vornahme  von  Reparaturen  wahrend  des  Betriebes,  unterteilt  werden.  Neben  diesen 
flauptsammeUehienen  sind  noch  Hilfssammelschienen  vorhanden.  Dieselben  können  von  je  zwei  Gene- 
ratoren aus  Strom  erhalten,  sowie  mit  den  Hauptsammeischienen  parallel  geschaltet  werden.  Auch 
können  sämtliche  abgehende  Fernleitungen,  sowohl  auf  die  Hauptsammeischienen  als  auch  auf  die  Hilf»- 
aammelschienen  geschaltet  werden.  Dadurch  ist  man  in  der  Lage,  jede  einzelne  dieser  Leitungen,  ohne 
Unterbrechung  des  übrigen  Betriebs,  nach  Reparaturen  usw.  für  sich  zu  prüfen  und  allmählich  in  Betrieb 
zu  nehmen,  aowie  stark  schwankende  Betriebe  vom  allgemeinen  Licht-  und  Kraftnetz  zu  trennen  und 
separat  zu  speisen. 

Ausser  den  bereits  erwähnten  Kraftmaschinen  war  1904  in  einem  besonderen 
Gebäude  bereits  eine  Dampfreserve  in  Form  einer  Dampfturbine,  System  Brown-Boveri- 
Parsons  vorhanden,  welche  direkt  gekuppelt  ist  mit  einem  Drehstromgenerator  Ton 
1400  KW  Leistung  und  6800  V.  Spannung  bei  1500  Uml./Min. 

Die  Dampfreserve  tritt  in  Tätigkeit  bei  Hochwasser,  Grundeis  und  im  Winter  zur 
Überwindung  der  Höchstbelastung,  wenn  zeitlich  der  Grösstkonsum  von  Licht  mit  dem 
Kraftkonsum  zusammenfällt. 

Von  dem  Krafthause  gehen  als  Fernleitungen  unterirdisch  verlegte  Kabel  aus  und 
zwar  zwei  nach  einem  Speisepunkt  für  die  Leitungsnetzanlagen  auf  dem  Schweizer  Ufer  und 
fünf  Kabel  nach  einem  Speisepunkt  auf  dem  badischen  Rheinufer.  Von  diesen  Speise- 
punkten aus  wird  dann  der  Strom  teils  wieder  in  Kabeln,  teils  in  Freileitungen  auf 
hölzernen  Masten  zu  den  verschiedenen  Transformatorenstellen  gefuhrt,  welche  über 
das  ganze  Leitungsnetz  verteilt  sind.  In  den  Transformatorenstellen  wird  die  Spannung 
von  6800  V.  auf  500  V.  bezw.  220  V.  heruntertransformiert  und  dann  der  Strom  in 
die  sekundären  Leitungsnetze  verteilt.  Es  waren  1905  im  ganzen  öl  Transformatoren- 
stellen vorhanden,  an  die  ca.  4770  KW  angeschlossen  waren.  Davon  entfielen  3600  KW 
auf  28  Stellen  mit  500  V  Sekundärspannung  und  970  KW  auf  50  Stellen  mit  220  V 
Sekundärspannung. 

Ausser  diesen  Transformatorenstellen  sind  noch  vier  Unterstationen  vorhanden 
und  zwar:  Rheinfelden  mit  175  KW,  Schopfheim  mit  86  KW,  Wehr  mit  46  KW  und 
Lörrach  mit  200  KW. 

In  diesen  Unterstationen  wird  der  Drehstrom  durch  Umformer  in  Gleichstrom 
▼erwandelt  und  soweit  die  Betriebsverhältnisse  es  zweckmässig  erscheinen  lassen,  mittelst 
Batterien  akkumuliert. 

Seit  der  Betriebseröffnung  der  Kraftübertragungswerke  Rheinfelden  hat  sich  in 
der  Nähe  auf  badiscber  Seite  eine  grosse  industrielle  Kolonie  entwickelt,  aber  auch  in 


§  34.  Das  Urfttalsperre-Elektbizitätswerk  bei  Gemünd  in  der  Eifel.  585 

dem  weiter  entfernten  Konsumgebiete  auf  schweizer  und  badiscber  Seite  hat  der 
Stromverbrauch  so  zugenommen,  dass  die  ganze  Stromerzeugung  einschliesslich  derjenigen 
der  Dampfreserve  1904  bereits  verkauft  war.  Deshalb  haben  die  Kraftübertragungs- 
werke Ende  1903  gemeinsam  mit  der  Stadt  Basel  bei  den  Behörden  der  Uferstaaten 
ein  Konzessionsgesuch  für  eine  gross**  auf  30000  PS«  veranschlagte  Wasserkraftanlage 
bei  Augstwyhlen  ca.  7  km  unterhalb  der  jetzigen  Anlage  eingereicht.  Nach  diesem 
Projekt  wird  das  gesamte  nutzbare  Gefalle  der  7  km  langen  Flusstrecke  vollständig 
ausgenutzt.  Die  Anlage  soll  aus  einem  gemeinsamen  Schützenwehr  mit  8,0  m  Stau  bei 
N.  W.  bestehen  und  unmittelbar  unterhalb  des  Wehres  sollen  zwei  getrennte  Krafthäuser 
auf  beiden  Rheinufern  erbaut  werden,  von  denen  das  auf  der  schweizer  Seite  für  die 
Stadt  Basel  und  dasjenige  auf  dem  badischen  Ufer  für  die  Kraftübertragungswerke 
Rheinfelden  bestimmt  ist.  Jedes  der  Krafthäuser  wird  etwa  15000  PSe  liefern  können 
und  soll  je  zehn  Maschinenaggregate  von  je  2000  PS«  Leistung,  sowie  zwei  Erreger- 
aggregate erhalten.  Man  wird  hier  Turbinen  mit  horizontalen  Wellen 
wählen.  Die  Konstruktion  des  Wehres  soll  es  ermöglichen,  den  Wasserspiegel  konstant 
auf  derselben  Höhe  zu  halten  und  es  sollen  an  den  Einlaufen  zu  den  Werkkanälen 
Regulierungswerke  vorgesehen  werden ,  welche  die  hälftige  Verteilung  der  sekl.  Wasser- 
menge regeln.  Die  Gesellschaft  hofft,  in  drei  bis  vier  Jahren  die  neue  Anlage  dein  Be- 
triebe übergeben  zu  können  und  hat  sich  in  der  Nähe  des  neuen  Werkes  ausgedehnte 
Terrains  für  neue  industrielle  Anlagen  gesichert.  Um  der  steigenden  Nachfrage  nach 
elektrischer  Energie  vorläufig  genügen  zu  können,  hat  die  Gesellschaft  inzwischen  mit 
dem  Elektrizitätswerk  Beznau  a.  d.  Aare  (§  13,  S.  436)  einen  Vertrag  geschlossen, 
wonach  sie  berechtigt  ist,  3000  PS«  von  dort  zu  beziehen.  Dieser  Strom  wird  in  einer 
oberirdischen  Leitung  mit  einer  Spannung  von  25000  V.  zugeführt  und  in  Rheinfelden 
auf  die  normale  Betriebsspannung  von  6800  V.  herabtransformiert. 


§  34.  Die  Urft-Talsperre  bei  Qemfind  in  der  Eifel. 

Hierzu  Taf.  XL VIII  und  XLIX  l). 

Die  Urfttalsperre  soll  neben  den  wichtigen  Zwecken,  die  Hochfluten  der  Urft  und 
damit  auch  der  Rur  (Roer)  unschädlich  zu  machen  und  die  Niedrigwasser  der  Rur  im 
Landeskulturinteresse  zu  erhöhen,  hauptsächlich  der  Kraftgewinnung  dienen.  Im  Juli 
1900  ist  mit  der  Bauausführung  und  Ende  des  Jahres  1904  mit  der  Füllung  des  Beckens 
begonnen  worden.  Die  von  der  Natur  gebotenen  Verhältnisse  begünstigten  die  Aus- 
führung dieser  sehr  grossartigen  Anlage  in  seltener  Weise.  Mittelst  einer  Sperrmauer 
mit  58,0  m  grösster  Höhe  zwischen  dem  tiefsten  Punkt  der  Fundamentsohle  und  der 
Krone  und  einer  Kronenlänge  von  nur  226,0  m  war  es  möglich,  ein  Staubecken  von 
45,5  Millionen  cbm  Stauinhalt  zu  schaffen  und  damit,  wenigstens  z.  Z.  der  Projektauf- 


i)  Die  Textabb.,  sowie  die  Fig.  5  und  6  der  Taf.  XL VIII  und  alle  Fig.  der  Taf.  XLIX  sind  der 
Deutschen  Banzeituug  1903,  S.  183  und  ff.,  ,Vom  Bau  der  Urfttaleperre  bei  Gemünd  in  der  Eifel",  die 
Fig.  8  u.  9  der  Taf.  XLVIII  der  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1906,  S.  821,  ,Die  geschichtliche  Ent- 
wicklung, die  Zwecke  und  der  Bau  von  Talsperren",  Vortrag  von  O.  lntze  (3.  Februar  1904),  ver- 
öffentlicht von  Link,  entnommen,  der  Rest  der  Figuren  ist  z.  T.  nach  Zeichnungen,  welche  von  der 
Bauverwaltung  zur  Verfügung  gestellt  wurden,  s.  T.  nach  Photographien  des  Verfassers  hergestellt. 


586  IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

Stellung ,  das  grösste  auf  dem  Kontinent  und  nach  der  englischen  Vyrnwysperre  (vergL 
Kap.  m.  L  B.  Talsperren)  das  grösste  in  Europa.  Die  wasserbedeckte  Oberfläche  hat  bei 
▼oller  Füllung  eine  Grösse  von  216  ha ,  sodass  ein  See  entstanden  ist,  der  in  Rheinland 
und  Westfalen  nur  hinter  dem  Laacher  See  zurücksteht.  Die  jährliche  Zuflossmengt 
ist  auf  180  Millionen  cbm  berechnet,  sodass  etwa  «ine  31/*  fache  Fällung  in  einem  Jahre 
möglich  sein  wurde.    Das  in  Betracht  kommende  Niederschlagsgebiet  beträgt  375,0  qkm. 

Die  Urft  ergiesst  sich  unterhalb  der  Sperre  nach  zahlreichen  Windungen  in  die 
Rur,  welche  in  Schlangenlinien  bei  starkem  Gefalle  so  verläuft,  dass  sie  sich  in  der 
Nähe  des  Städtchens  Heimbach  in  der  Luftlinie  gemessen  auf  etwa  2000  m  dem  Stau- 
becken nähert.  So  konnte  durch  Anlegung  eines  Druckstollens  und  einer  Drackrohr- 
leitung  für  Kraftzwecke  ein  Bruttodruckgefälle  von  110,5  m  bei  vollgefülltem  Becken 
gewonnen  werden.  Dieses  Gefalle  nimmt  bei  niedrigstem  Wasser  im  Becken  bis  auf 
72,0  m  ab  und  beträgt  im  Mittel  96,5  m.  Zur  Verfugung  stehen  für  Kraftzwecke  ans 
dem  Stauinhalte  während  einer  Füllungsperiode  =  43500000  cbm,  während  die  untersten 
2  Millionen  hierfür  nicht  verwendet  werden  können. 

Als  kleinste  ständige  Kraftleistung  sind  4800  PS«  angenommen. 
Wenn  man  voraussetzt,  data 

1.  ausnahmsweise  eine  Trockenperiode  (wie  1904)  5  Monate  anhält, 

2.  daaa  täglich  wahrend  20  Standen  4800  PS«  in  leisten  sind, 

3.  dass  ein  mittleres  Gefalle  yon  96,5  m  vorhanden  ist,  also  hei  75'/*  Nniseüekt  in  des 
Turbinen  für  jede  PS«  1,036  1  und  ffir  eine  PS« -Stunde  rd.  3,74  cbm  erforderlich  sind, 

4.  dass  die  kleinste  sekL  Zofluasmenge  im  Durchschnitt  von  5  Monaten  2,7  l/sek./qkm  (vetgL 
S.  188/184),  also  1,013  cbm/aek.  betragen  wird,  —  wenn  auch  1904  die  kleinste  Zoflnsemengt 
auf  etwa  1,3  1/sek/qkm  zettweise  gefallen  ist,  so  ist  doch  während  5  Monate  im  Darcb- 
schnitt  auf  eine  höhere  Abflnasmenge  xu  rechnen,  — 

5.  daaa  während  der  vier  betriebsfreien  Stunden  der  durchschnittliche  Znflnas  von  1,013  cbm/sek. 
ina  Unterwasser  abzulassen  ist,  so  ergibt  sich  ein  Wasserbedarf  von 

150. 4800. 8,74. 20  =  58 865000  cbm  und  für  Verdunstung  gehen  verloren  (vergL  8. 178} 
2 160 000 gm. 0,06. 5=     648000    , 

54504000  cbm. 
Im  8tanbecken  stehen,  wenn  bei  Beginn  der  Trockenperiode  daa  Becken  gefüllt  ist,  fftr 
Kraftswecke  zur  Verfügung  48500000  cbm 

und  es  flieaeen  nutzbar  in  150.  8800.20.1,013=10921000    , 

zusammen:    54421000  cbm. 

Während  des  Betriebes  kann  man  natürlich  bei  schwankendem  Kraftbedarf,  soweit 
die  Leistung  der  aufgestellten  Turbogeneratoren  reicht,  mit  Hilfe  des  Staubeckens  die 
Kraftleistung  beliebig  steigern. 

Die  erste  Anregung  zur  Untersuchung  der  Wasserverhältnisse  im  Niederschlags- 
gebiet  des  Rurflusses  ging  von  dem  Provinzialausschuss  der  Rheinprovinz  aus,  welcher 
eine  Regulierung  der  Rur  zur  Herabminderung  der  Hochwasserschaden  anstrebte.  Die 
aufgestellten  Projekte  konnten  aber  keine  Verwirklichung  finden,  weil  die  Anwohner  sieb 
weigerten,  die  Unterhaltung  der  Regulierungswerke  zu  übernehmen  und  zu  den  Her- 
stellungskosten beizutragen,  obwohl  Staat  und  Provinz  grosse  Zuschüsse  zu  den  Her- 
stellungskosten geben  wollten.  Die  Anwohner  fürchteten,  die  Unterhaltungskosten  wurde* 
wegen  der  häufigen  Hochwasser  zu  gross  sein.  Bei  dieser  Sachlage  wurde  O.  Intze 
(vergl.  S.  24)  vom  Landesdirektor  ersucht,  zu  prüfen,  ob  nicht  durch  Anlegung  von 
Sammelbecken  die  Hochfluten  wesentlich  eingeschränkt  werden  könnten.  Die  Unter- 
suchungen Intze s  ermöglichten  einen  günstigen  vorläufigen  Bericht.  Auf  Grund  der 
hierauf  vorgenommenen  genaueren  Vorarbeiten  wurde  dann  von  O.  Intze  daa  Projekt 
für  die  nachstehend  beschriebene  Anlage  aufgestellt.    Über  die  Abflussverhältnisse  der 


§  34.         Das  Urfttalsperre-Elektrizitatswerk  bei  Oemükd  in  der  Eitel.  587 

Urft  ist  bereits  in  Tabelle  XXIII,  S.  183  Mitteilung  gemacht.  Es  konnte  auf  Grund 
des  Projektes  in  Aussicht  gestellt  werden,  dass  durch  das  Sammelbecken  das  Hochwasser 
der  Bur,  welches  bei  Düren  rd.  410  cbm/sek.  geführt  haben  soll,  um  ca.  100  cbm/sek. 
ermässigt  werden  würde,  d.  h.,  dass  die  gefahrlichen  Spitzen  der  Hochwasserkurren  ab- 
geschnitten werden  könnten  und  dass  das  Niedrigwasser,  welches  bei  Düren  nur  etwa 
2  cbm/sek.  betrug,  auf  7 — 8  cbm/sek.  erhöht  werden  könnte.  Es  leuchtet  ein,  welche 
grossen  landeskulturellen  Vorteile  die  Anlage  in  diesen  Beziehungen  bot.  Dennoch 
hat  man  auf  Grund  der  von  Intze  aufgestellten  Rentabilitäts-Berechnung  auf  die 
direkte  Heranziehung  der  unterliegenden  Interessenten  verzichten  zu  können  geglaubt. 
Zum  Bau  und  Betrieb  der  Talsperren  nebst  Kraftwerk  und  Fernleitungsnetz  wurde 
vielmehr  eine  Gesellschaft  m.  b.  H.  von  der  Stadt  Aachen  und  den  Kreisen  Aachen, 
Düren,  Heinsberg,  Jülich,  Montjoie  und  Schieiden  gebildet.  Die  gedachte  Burtalsperren- 
Gesellschaft  m.  b.  H.  beabsichtigt  auch  noch  andere  Sperren  auszuführen  und  zwar  in 
der  Umgegend  von  Montjoie;  zunächst  will  sie  aber  durch  Errichtung  kleiner  Wehre 
unterhalb  Heimbach,  bei  Blens  und  unterhalb  Kideggen  und  durch  Abschneiden  der 
vielen  Windungen  des  Flusses  durch  drei  Werkkanäle  Druckgefalle  von  7 — 10,0  m  er- 
zielen und  drei  weitere  Kraftwerke  anlegen ,  welche  durch  die  gleichmässige  Wasserzu- 
führung aus  der  Urfttalsperre  besonderen  Wert  erlangen  und  ca.  2000  PSe  liefern  werden2). 
Ungef&hr  12  km  unterhalb  von  Gemünd  fand  sich  eine  ausserordentlich  günstige  Stelle 
für  die  Anlegung  der  Sperre  (Taf .  XLVm,  Fig.  5  und  6).  Die  Talwände  der  Urft  treten 
hier  so  dicht  zusammen  und  sind  so  steil,  dass  die  Eronenlinge  der  Sperrmauer  bei 
einem  Krümmungshalbmesser  von  200,0  m  und  58,0  m  Höhe  nur  226,0  m  beträgt.  Der 
Untergrund  an  dieser  Baustelle  besteht  aus  Grauwacke  und  Tonschiefer,  deren 
Schichten  etwa  mit  46  °  gegen  die  Beckensohle  einfallen.  Fester  Fels  fand  sich  im  all- 
gemeinen schon  nach  Abr&umung  von  4,0  m.  Die  grösste  Tiefe  der  Baugrube  für  die 
Fundierung  der  Sperrmauer  hat  auch  etwa  nur  6,0  m  betragen.  Die  Urft  macht  ober- 
halb der  Sperrmauer  eine  starke  Schleife  zur  Umgehung  eines  sich  zungenartig  vor- 
schiebenden  Bergrückens.  Dieser  Umstand  gestattete  die  Anlage  eines  Bntlaetungsstoilens 
von  nur  rd.  140,5  m  Länge ,  durch  welchen  das  Wasser  der  Urft  mittelst  eines  Fange- 
dammes abgeleitet  und  die  Baustelle  vollkommen  trocken  gehalten  werden  konnte. 
Dieser  Umlauf-  oder  Kmtlastungsstollen  ist  für  100  cbm/sek.  berechnet  (270 1/set/qkm, 
vergL  S.  183),  entsprechend  der  nach  Siteren  Hochwassermarken  geschätzten  Hochwasser- 
menge. Auch  konnte  man  den  Bergrücken  dazu  benutzen ,  um  neben  der  Sperrmauer 
einen  Überlauf  anzulegen. 

Etwa  1  km  oberhalb  des  Entlastungsstollens  konnte  der  rd.  2800,0  m  lange 
DraekstoDem  abzweigen,  welcher  den  Bergrücken  des  Kermeterforstes  zwischen  Urft 
und  Bur  durchdringt  Die  Sohle  des  Stollens  hat  ein  Gefälle  von  1,0  m,  er  geht  vor 
seiner  Ausmündung  in  zwei  Druckrohre  über,  welche  das  Wasser  zum  Krafthause  herab- 
führen. 

Die  Bur,  welche  nahe  an  den  Fuss  des  Bergrückens  herantritt,  hat  bei  N.W.  die 
Spiegelordinate  +  212 N. N.  Da  der  höchste  Stau  im  Becken  auf  +322,50  Hegt,  go 
steht  ein  BruttogefiÜle  von  110,50  m  zur  Verfügung,  ein  Gefälle,  wie  es  in  West-,  Nord- 
und  Ost-Deutschland  für  ähnliche  sekundliche  Wassermengen  nicht  oft  zu  erzielen  sein 
dürfte*     Das  niedrigste  Wasser  im  Staubecken  ist  auf  -f-  284,0  angenommen,  sodass 


*)  Dam  Verfasser  sind  die  bezüglichen  Projekte  nicht  bekannt,  aber  es  ist  wohl  anzunehmen, 
dass  die  Anlagekosten  verhältnismässig  kleine  sein  werden  and  dass  durch  diese  Anlagen  der  wirt» 
sonafUkhe  Wert  des  Kraftwerkes  an  der  urfttalsperre  recht  erheblich  gesteigert  werden  kann. 


688  IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

ein  kleinstes  Bruttogesamtgefälle  von  72,00  m  zur  Verfügung  steht.     Die  Sohle  des 
Druckstollens  liegt  bei  der  Ausmündung  aus  der  Sperre  auf  +  279,0  m. 

Das  beste  Konsumgebiet  für  die  elektrische  Energie  liegt  in  den  Kreisen  Düren 
und  Aachen  und  in  der  Stadt  Aachen  selbst.  Die  Fernleitung  bis  Düren  betrügt  etwa 
25  km,  die  bis  Aachen  rd.  65  km.  Ein  hochentwickeltes  Industriegebiet  liegt  also  in 
nicht  zu  grosser  Entfernung,  sodass  mit  einem  baldigen  und  günstigen  Absatz  der  Kraft 
von  vornherein  mit  Sicherheit  gerechnet  werden  konnte.  Da  Aachen  und  Düren  bereits 
Elektrizitätswerke  mit  Dampfkraft  besassen,  konnten  sie  auch  Abnehmer  für  unstän- 
dige Kraft  werden,  denn  die  Rurtalsperrengesellschaft  kann  den  Strom  billiger  liefern 
als  er  in  Aachen  und  Düren  durch  Wärmekraftmaschinen  herzustellen  ist ,  andererseits 
können  aber  die  Dampfzentralen  wieder  voll  in  Betrieb  gesetzt  werden,  wenn  Wasser- 
mangel eintreten  sollte. 

Was  nun  die  Arbeitsdisposition  für  die  Ausführung  betrifft,  so  war  zunächst  zur  HennscksJfaag 
von  Geräten  und  Materialien  eine  rd.  12,0  km  lange  Schmalspurbahn  Vom  Bahnhof  Gemünd  im 
Sperre  notwendig  (Kosten  rd.  250000  Mk.),  da  keinerlei  fahrbare  Wege  bis  zur  Sperre  vorhanden  w 
Diese  Bahn  fflbrt  oberhalb  der  Staugrenze  daa  Tal  entlang  den  vielfachen  Talwindungen  folgend  nie  an 
die  Baustelle  der  Sperre  heran  (Taf.  XLVIII,  Fig.  5).  Die  Mauerwerk-  und  Betonmasse  der  Sperrmauer 
einschliesslich  des  Überlaufs  hat  einen  Rauminhalt  von  155,000  cbm.  Um  die  erforderlichen  Bausteine 
aas  einem  mehrere  km  oberhalb  gelegenen  Gr au wacke  -  Schieferbruch  heranzuachaffen ,  wurde  ein«  be- 
sondere Tranaportbahn  in  der  Talsohle  erbaut.  In  zwei  vertikalen  Türmen  aus  Holz  wurde  das  Material. 
welches  aus  kleinen,  noch  mit  der  Hand  zu  versetzenden,  roh  bearbeiteten  Steinen  bestand,  gehoben 
(Taf.  XLIX,  Fig.  5)  und  dann  auf  Gleisen  (auf  dem  unteren  breiten  Teil  der  Mauer  drei,  auf  dem 
oberen  nur  zwei),  welche  auf  dem  Mauerwerk  lagen  und  je  nach  dem  Fortschritt  des  Baues  verschoben 
nnd  gehoben  wurden,  an  die  Verwendungsstelle  gefahren.  In  einem  mittleren  Turme  wurden  die  leeren 
Wagen  mittelst  Winden  nnd  Bremsen  obne  weiteren  maschinellen  Antrieb  herabgelassen.  Das  Mauer- 
werk wurde  in  Schichten  von  1,5  m  Höhe  Aber  die  ganze  Länge  der  Mauer  durchgeführt  Der  Sand 
für  den  Mörtel  wurde  per  Eisenbahn  aus  der  Halde  des  Bleipochwerks  Mechernich  in  vorzüglicher 
Qualität  bezogen.  Zur  Mörtelmischung  wurden  verwendet:  1  Raumteil  Weisskalk,  1,5  Teile  TVassmekl 
nnd  1,75  Teile  Sand.  Der  Mörtel  wurde  in  einem  am  Ende  der  obengenannten  Zufuhrbahn  angelegten 
Mörtel  werk  mittelst  der  fiblichen  Mischmaschinen  hergestellt  und  zwar  mit  .Rücksicht  anf  das  wenig 
hygroskopische  Material  ziemlich  trocken.  Zur  Arbeitsstätte  wurde  er  dann  mittelst  Bremsberg  herab- 
gelassen (Abb.  148)  und  auf  die  Mauer  selbst  auf  den  schon  erwähnten  Gleisen  verfahren«  Mit 
Rücksicht  anf  das  verhältnismässig  kleine  und  unregelmäasig  geformte  Material  war  der  Mörtelver- 
brauch  im  Anfang  sehr  hoch,  nämlich  42°/o,  später  als  die  Fertigkeit  der  Arbeiter  im  Bruch  nnd  an 
der  Mauer  annahm,  ist  er  auf  33°/o  zurückgegangen.  Das  Gewicht  von  1,0  cbm  Mauerwerk  beträgt 
2800  kg.  Es  sind  während  des  vollen  Betriebes  im  Durchschnitt  täglich  300  cbm  Mauerwerk  fertigge- 
stellt. Der  Antrieb  in  den  Türmen  und  im  Mörtelwerk  wurde  durch  Elektrizität  besorgt,  welche  in  einer 
Zentrale  mit  1200  V.  erzengt  nnd  durch  Transformatoren  an  der  Gebrauchsstelle  auf  220  V.  herabge- 
setzt wurde. 

Eine  sehr  langwierige  Arbeit  war  der  Kraftstollen,  da  man  denselben  nur  von 
zwei  Seiten  ans  angreifen  konnte.  Hilfsstollen  zur  Schaffung  weiterer  Angriffspunkte 
waren  mit  Rücksicht  auf  die  tiefe  Lage  des  Tunnels  unter  der  Oberfläche  ausgeschlossen. 
Die  Fertigstellung  hat  21/*  Jahre  beansprucht.  Auch  diese  Bauzeit  konnte  nur  dadurch 
eingehalten  werden,  dass  man  neben  dem  Handbetrieb  für  die  Bohrung  auch  elektrische 
Bohrer  verwendete.  Mit  Rücksicht  auf  das  einseitige  Gefälle  war  auf  der  nach  dem  Becken 
zugekehrten  Seite  eine  künstliche  Wasserhaltung  nötig.  Vielleicht  wäre  es  billiger  ge- 
wesen, dem  Tunnel,  welcher  doch  nur  Druckwasser  zu  führen  hat,  ein  beiderseitiges 
Gefalle  zu  geben  und  behufs  Entleerung  bei  geschlossenen  Schützen  nachträglich  einen 
kleinen  Entwässerungsschlitz  durchzubrechen.  Der  Tunnel  hat  am  Anfang  beim  Austritt 
aus  dem  Becken  ein  Profil  von  2,12  m  Breite  und  3,26  m  Höhe,  später  hat  man  das 
Profil,  da  es  sich  herausstellte,  dass  es  leichter  auszubrechen  sei,  etwas  verbreitert  und 
dafür  die  Höhe  eingeschränkt.     Der  lichte  Querschnitt  des  normalen  Profils  minst  rd. 


§    34.  CAS    URFTTALSPERRE-ELEKTRIZITi'ISWEItK    BEI   GeMÜND   I»   DER   ElFEL.  589 

6,14  qm,  sodass  sich  das  Wasser  bei  einem  Verbrauch  von  6  cbm/sek.  mit  rd.  1,0  m, 
bei  9,0  cbm/sek.  mit  rd.  1,5,  bei  11,4  cbm/sek.  mit  rd.  1,85  m  Geschwindigkeit  in  ihm  be- 
wegt (Taf.  XLV1II,  4  a— f).    Die  Auskleidung  hat  normal  eine  Starke  von  28  cm,  sodass 


sich  ein  Aosbrnchsqnerschnitt  von  8,13  qm  ergab.  An  manchen  Stellen  mit  losem  Ge- 
stein mussten  aber  Gewölbe  von  0,51  bis  0,77  m  Starke  eingezogen  werden.  Die  Aus- 
führung des  Stollens  wurde  stellenweise  dadurch  erschwert,  dass  man  auf  blähenden 
Tonschiefer  stiess,  wodurch  auch  die  Ausbruchsmassen  vergrößert  wurden.    Von  der 


MO  IL    Theodor  Koehv.    Ausbau  vom  W/ugKRgRlrmr. 

Ausmündung  ans  dem  Becken  rd.  116,80  m  entfernt  liegt  der  Schacht  mit  dem  Ab- 
•chlusschieber  de«  Stollens  (Taf.  XLVIH,  Fig.  1  bis  4  und  7).  Durch  ein  in  dem  tarm- 
artigen  Schacht  aufsteigendes  Gestinge  kann  der  Schieber  Ton  oben  bedient  werden': 
Hinter  dem  Schieber  ist  ein  Luftrohr,  welches  bis  über  den  höchsten  Wasserspiegel  im 
Becken  reicht,  eingebaut.  Durch  dieses  Bohr  kann  vermutlich  auch  mit  Hufe  eines  tob 
oben  su  bedienenden  Hahnes  bei  geschlossenen  Schützen  eine  Entlastung  derselben 
durch  Einlassen  von  Druckwasser  herbeigeführt  werden. 

Bei  Beginn  des  Baues  der  Sperrmauer  war  die  wichtigste  Arbeit  die  Vorbereitung 
der  Baugrube  durch  sorgfaltige  Dichtung  aller  Risse  in  der  Felssohle  mit  flussigem  Zement 
Die  Lagerung  des  Felsens  begünstigte  den  sägeförmigen  Ausbruch  der  Fundament- 
flachen,  welche  möglichst  lotrecht  zur  Drucklinie  bei  voller  Füllung  liegen  sollten  (Tat 
XLIX,  Fig.  1  a — e).  Auch  an  den  aufsteigenden  beiderseitigen  Hingen  ist  die  Anschlüsse 
fläche  in  gleicher  Weise  vorbereitet  und  das  Mauerwerk  mit  gleicher  Sorgfalt  eingebunden. 
Wie  schon  erwähnt,  hat  die  Mauer  eine  Krümmung  mit  200,0  m  Halbmesser  erhalten, 
um  bei  Bewegungen  der  Mauer  infolge  von  Temperaturdifferenzen  den  elastischen  Aus- 
gleich zu  erleichtern  und  Rissebildungen  möglichst  zu  vermeiden.  Entsprechend  früheren 
Ausführungen  Meister  Int z es  wurden  auch  hier  die  Lagerfugen  so  ausgeführt,  daas  sie 
überall  möglichst  senkrecht  von  den  theoretischen  Drucklinien  bei  vollem  und  leerem 
Becken  geschnitten  werden.  Vom  Fundament  bis  zur  Krone  hat  die  Sperrmauer  eine 
Höhe  von  68,0  m,  die  obere  Kronenbreite  beträgt  5,5,  die  Sohlenbreite  im  tiefsten  Punkte 
50,50  m ,  sodass  die  Sohlenbreite  rd.  87  °/o  der  Höhe  beträgt  (Taf.  XLIX,  Fig.  1).  Die 
grösste  Stauhöhe  beträgt  52,5  m.  Um  möglichste  Wasserdichtigkeit  zu  erzielen,  ist  die 
wasserseitige  Fläche  der  tragenden  Sperrmauer  mit  einem  2,5  cm  starkem  Zementputz 
sorgfältig  abgeputzt  und  dieser  Putz  dann  nach  der  Erhärtung  mit  einem  Sideroethen- 
anstrich  versehen.  Auf  diesem  Anstrich  ist  dann  noch  eine  1,0  m  starke  Schicht 
aus  Grauwacke-Hausteinen  als  Verblendung  und  als  Schutz  gegen  die  Ein- 
wirkungen der  Temperatur  gelegt.  Der  Raum  zwischen  Baugrubenwand  und 
Mauerwerk  bis  zur  Terrainhöhe  ist  mit  fettem  Ton  sorgfältig  ausgestampft 
Eine  bis  zu  84,0  m  über  Sohle  hinaufreichende  und  mit  einer  Böschung  von  1 : 2  abfallende 
Erd8ohüttung,  welche  mit  Bruchsteinen  abgepflastert  ist,  dient  dazu,  die  Undurchlässigst 
der  Mauer  und  besonders  der  Sohle  noch  zu  erhöhen  und  den  Ausschlag  der  Druck- 
linien  bei  vollem  und  leerem  Becken  möglichst  klein  zu  machen  und  dadurch  das 
„Arbeiten"  der  Mauer  möglichst  zu  verringern.  .Um  Wasser,  welches  trotz  aller  Schntx- 
massregeln  dennoch  in  die  Mauer  eindringt,  abzufangen  und  zugleich  um  das  Aus- 
trocknen der  gewaltigen  Mauermassen  zu  erleichtern,  sind  in  Abständen  von  2,56  bezw. 
238  m,  in  der  Längsrichtung  der  Mauer  gemessen,  zwei  Reihen  von  oben  nach  unten 
verlaufende  Drainröhren  von  6  cm  Dm.  eingelegt ,  welche  unten  in  je  ein  in  der  Längs- 
richtung der  Mauer  verlegtes  Rohr  von  15  cm  Dm.  einmünden.  Die  letztgenaanteo 
beiden  Rohre  ergiessen  sich  in  die  zwei  Entlastungskanäle,  welche  die  Mauer  und  die 
Erdschüttung  durchziehen.  Unter  der  Erdschüttung  sind  die  wasserführenden  Eut» 
lastungskamäle  als  einfache  Durchlässe  ausgebildet,  in  der  Mauer  selbst  sind  sie  in  je 
ein  Druckrohr  von  0,60  m  Dm.  übergeführt,  welches  in  einem  gewölbten,  begehbaren 
Kanal  verlegt  ist.  Zwei  hintereinander  verlegte  Schieber  stehen  in  einem  bis  zur  Kroneu- 
höhe  hinaufgeführten,  turmartigen  Schacht  und  können  von  oben  bedient  werden  (Tal 
XLVIII,  Fig.  6  und  7  und  Taf.  XLIX,  Fig.  1  und  5).  Das  Getriebe  auf  der  Pbttfons 
der  swei  kreisrunden  Türme  ist  durch  eine  eiserne  Brücke  von  der  Krone  der  Sperr- 
mauer aus  zugänglich.    Die  Dichtung  des  Rohres  in  dem  Schacht  und  hinter 

»)  Fig.  4  stellt  das  Projekt  dir.    Der  aaagsfUin»  Tonn  ragt  mehr  aas  dam  Rsdaa 


*       §  34.         Das  Urfttalsperre-Ei^ktrizitätswerk  bei  Gemünd  in  der  Eifel.  591 

-  in  der  Sperrmauer  erforderte  wegen  des  hohen  Wasserdruckes  besondere  Sorgfalt.  Sie 
:.  ist  mittelst  mehrerer  in  Ziegelmauerwerk  ausgeführter  Ringe  erfolgt,  welche  treppen- 
£  formig  mit  konischen  Ringflächen  in  das  übrige  Mauerwerk  eingreifen  und  einzeln  mit 
r  Zementputz  abgeglichen  und  gedichtet  sind.  Hinter  dem  Dichtungspfropfen  aus  Ziegel* 
a  mauerwerk  ist  noch  ein  Schieber  eingebaut,  welcher  direkt  von  Hand  vom  Kanal  aus 
t  bedient  werden  kann  (Taf.  XLIX,  Fig.  ld).  Als  die  oben  besprochenen  Kanäle  fertig- 
gestellt und  das  Mauerwerk  fest  genug  geworden  war,  um  Druckwasser  durchzulassen, 

-  konnte  man  den  zeitweiligen  Fangedamm  so  weit  als  nötig  beseitigen  und  den  ersten, 
»  durch  den  Bergrücken  führenden  Umlaufstollen  mittelst  eines  mit  Verzahnung  in  die 

Felsenwände  des  Tunnels  eingelassenen  Zementpfropfens  schliessen.  Durch  diesen  Pfropfen 
fahren  zwei  eiserne  Rohre  von  je  0,70  m  Dm.,  welche  vorn  und  hinten  mit  je  einem 
Schieber  versehen  sind.    Der  vordere  Schieber  ist  von  oben  zu  bedienen,   da  sein  Ge- 

r.  stänge  in  einem  .turmartigen  Schacht  bis  zur  Kronenhöhe  emporgeführt  ist  (Taf.  XLVIH, 
Fig.  7  und  Taf.  XLIX,  Fig.  2).  Der  innere  Schieber  ist  nur  von  Hand  im  Stollen  selbst 
zu  bedienen.  An  der  Ausmündung  aller  drei  Entlastungskanäle  sind  durch  Beton  und 
Steinpackung  Sturzbetten  geschaffen.  Das  am  Umlaufstollen  angelegte  Sturzbett 
zeigte  sich  bei  erstem  Hochwasser  als  unzureichend ,  denn  die  Gewalt  des  Wassers  zer- 
störte es  bald  und  bildete  einen  kreisförmigen  tiefen  Kolk  (Taf.  XLIX,  Fig.  6).  Man 
hat  sich  die  Erfahrung  zunutze  gemacht  und  den  kreisförmigen  Kolk  so  erhalten,  aber 
seine  Sohle  und  Seitenwände  mit  Beton  stärker  befestigt,  sodass  nunmehr  das  aus  dem 
Kanal  herausstürzende  Wasser  auf  ein  Wasserpolster  fallt. 

Die  fertige  Mauer  macht  einen  monumentalen  Eindruck.  An  beiden  Enden  wird 
die  Mauer  luftseitig  von  je  einem  Pfeiler  flankiert,  welcher  einen  balkonartigen  Auslug 

r  trägt.  Die  grosse  luftseitige  Fläche  der  Mauer  ist  durch  kräftige,  wagerechte,  kreis- 
rund profilierte  Wülste  unterbrochen.  Am  oberen  Rande  der  Mauer  verläuft  ein  wuch- 
tiges Gesims,  welches  aus  Bogenstellungen  auf  Konsolsteinen  gebildet  ist.  Diese  Konsol- 
steine, ferner  die  Abdeckplatten,  die  Brüstungen  etc.  sind  aus  Niedermendiger  Basaltlava 
hergestellt  und  wirken  in  Farbe  und  Form  sehr  gut.  Über  die  Sperre  hinweg  führen  ein 
mit  besten  Reihensteinen  gepflasteter  Fahrweg  und  beiderseitig  Gehsteige. 

Um  eine  Überfüllung  des  Beckens  unmöglich  zu  machen,  ist  neben  der  Sperre 
unter  Benutzung  des  felsigen  Bergrückens  der  schon  erwähnte  Überlauf  angelegt  von 
rd.  90,0  m  Überlauflange  in  10  Öffnungen  von  je  7,0  m  lichter  Weite.  Zwischen  den 
Öffnungen  stehen  Pfeiler  von  1,0  m  Stärke,  welche  eine  zur  Sperre  fuhrende  eiserne 
Brücke  tragen.  Die  Überlaufkrone  ist,  um  ihre  Länge  zu  ver grössern,  wellenförmig 
angelegt  (Taf.  XLIX,  Fig.  3,  4,  6,  7).  Ihre  Oberkante  liegt  auf  dem  höchsten  Stau- 
spiegel +  322,50,  d.  h.  1,5  m  unter  der  Krone  der  Mauer.  In  dem  Überlauf  befinden 
sich  zwei  *mit  Schützen  verschHessbare  Durchlässe  von  2,5  m  Tiefe  und  1,0  m  Breite 
zur  Abführung  von  Stückeis  und  anderen  Schwimmkörpern.  Die  Schützen  sind  von 
kleinen  eisernen  Stegen  aus,  welche  das  Bewegungsgetriebe  tragen,  zu  öffnen  und  zu 
schliessen. 

Man  hat  bei  Berechnung  der  Überlauf  länge  eine  Hochwassermenge  von  500  1/sek./ 
qkm  =  187,5  cbm/sek.  angenommen  (vergl.  S.  183),  welche  bei  1,05  m  Überfallhöhe 
schon  sicher  abgeführt  werden  könnten.  In  dem  abwärts  des  Überlaufes  gelegenen 
Felshang  ist  eine  Kaskade  mit  1,5  m  hohen,  im  Grundriss  etwas  gekrümmten  Stufen 
eingearbeitet,  welche  mit  einer  starken  Betonschicht  bedeckt  und  abgeglättet  sind.  Der 
Beton  soll  im  wesentlichen  nur  das  Eindringen  der  Feuchtigkeit  in  die  Felsspalten  und 
ein  Verwittern  des  Gesteins  verhindern.  Unterhalb  der  Kaskade  ist  die  Talsohle  mit 
Beton  und  Steinschlag  befestigt. 


592  IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

Von  der  Luftseite  aus  gesehen  an  der  linken  Seite  des  Überlaufs  ist  noch  ein 
Wärterhaus  errichtet,  welches  auf  Taf.  XL VIII,  Fig.  7  noch  nicht  sichtbar  ist. 

Schon  1904  befand  sich  im  Walde  ganz  in  der  Nähe  der  Sperre  eine  Wirtschaft,  und  es  ist 
nicht  zweifelhaft,  dasB  die  Sperre  sowohl  wegen  ihrer  imposanten  Grösse  als  anch  wegen  der  malerischen 
Lage  im  schönsten  Teile  der  Eifel  immer  mehr  und  mehr  von  Fremden  besucht  werden  and  für  die 
Einheimischen  ein  beliebter  Aasflugsort  bleiben  wird. 

Etwa  80,10  m  vor  dem  unteren  Munde  des  Druckstollens  ist  ein  Schacht  ange- 
legt in  welchem  die  zwei  schmiedeeisernen,  genieteten  Druckrohre  von  1,5  m  innerem  Dm. 
einmünden.  Dieser  Schacht  dient  zugleich  als  Steigerohr  zum  Ausgleich  von  Stössen  und 
zum  Einlassen  von  Luft  bei  Entleeren  des  Druckstollens.  Jedes  Rohr  ist  durch  einen 
Schieber  verschliessbar.  Hinter  dem  Schieber  zweigt  ein  Luftrohr  ab,  welches  auch  als 
Entlastungsrohr  des  Schiebers  dienen  kann.  Das  Gestänge  geht  im  Schacht  aufwärts 
zu  den  Bewegungsantrieben.  Nach  Austritt  aus  dem  Stollen  sind  die  Rohre  in  einer 
Gesamtlänge  von  rd.  120,0  m  in  einen  eingesprengten  Schlitz  des  steil  abfallenden 
Hanges  gelegt.  Sowohl  im  Tunnel  wie  im  Hang  sind  die  Rohre  in  Beton  fest  einge- 
bettet. Ein  Gewölbe  aus  Beton  schafft  einen  begehbaren  Revisionsraum  über  den  Rohren 
am  Hang.  Von  der  Stelle,  wo  die  Rohre  sich  spitzwinkelig  voneinander  entfernen, 
sind  sie  ganz  von  Beton  umschlossen  und  mit  Erde  bedeckt  (Taf.  XLVTII,  Fig.  10). 
Die  Wandstärke  der  Druckrohre  wächst  von  5  bis  zu  17  mm.  Im  Krafthause  liegt  je 
ein  Rohr  längs  je  einer  Aussenwand  in  einem  Rohrkanal.  Am  Ende  jedes  Rohrstranges 
zweigt  ein  mittelst  Schiebers  geschlossenes  Entleerungsrohr  ab,  welches  direkt  in  den 
Turbinenkanal  führt.  Die  Enddeckel  sind  durch  je  eine  starke  und  starre  Eisen- 
konstruktion gegen  die  Mauer  des  Krafthauses  versteift.  Eine  Dilatationsvorrichtung 
war  mit  Rücksicht  auf  die  eine  erhebliche  Temperaturdifierenz  ausschliessende  Einbettung 
entbehrlich.  Von  jedem  Hauptrohre  zweigen  nach  dem  Innern  des  Maschinenhauses  zu 
vier  grosse  und  ein  kleines  Rohr  ab.  Erstere  speisen  die  acht  grossen  Turbinen,  die 
zwei  letzten  zwei  kleine  Erregerturbinen.  Der  Eintritt  der  Zweigrohre  in  die  Turbinen 
erfolgt  von  unten.  Alle  Turbinen 4)  sind  Francis-Reaktionsturbinen  mit  Spiralgehäuse. 
Letzteres  bildet  bei  den  grossen  Turbinen  einen  spiralförmigen  Verteilungsring,  von 
welchem  aus  das  Wasser  in  ein  Leitrad  mit  beweglichen  Finkschen  Leitschaufeln  eintritt. 
Die  Beaufschlagung  der  Laufräder  erfolgt  radial  von  aussen,  der  Ausguss  axial  nach 
beiden  Seiten.  Die  beiden  Saugröhren  vereinigen  sich  unter  der  Turbine  zu  einem  ge- 
meinsamen Rohr,  welches,  in  den  Turbinenkanal  eintaucht.  Bei  den  Erregerturbinen 
giesst  das  Laufrad  einseitig  axial  aus  (Taf.  XLV1II,  Fig.  8  und  9). 

Die  Konstruktionsdaten  der  Turbinen  sind  die  folgenden: 

a)  der  grossen  b)  der  kleinen 

H  =  Wasserdruck  =  70-82-110  m.  70-90—110  m. 

Q  =  aekl.  Wassermenge  =  2100-2240—1725  1.      272-206—185  1. 
N  =  Leistung  ==  1550-2000-2000  PSe.  200  PSe. 

n   =  Umdrehungszahl  —  500  Uml./Min.  900  Uml./Min. 

D  =  Durchmesser  des  Laufrades  =  950  mm.  550  mm. 

Der  Turbinonbauer  mnsste  hier  der  Forderung  gerecht  werden,  dass  die  Turbinen  trotz  GeflUl- 
differenzen  bis  zu  40,0  m  dieselben  Uml./Min.  beibehielten  und  die  Nutzeffekte  bei  den  Terschiedenen 
Gefällen  nur  innerhalb  kleiner  Grenzen  (3— 5°o)  schwanken  durfte.  In  einem  Falle  wie  dem  vor- 
liegenden würde  es  zweckmässig  erscheinen,  je  einem  Teil  der  Turbinen  für  das  kleinste,  mittlere  und 
grösste  Gefälle  den  grössten  Nutzeffekt  zu  geben. 

Von  dem  Gefalle  werden  rd.  5,5  m  bei  N.W.  im  Unterwasser  als  Saugwirkung 
ausgenützt.    Die  Regulierung  erfolgt  durch  hydraulische  Servomotoren,   für  welche  das 


♦)  Geliefert  von  Escher,  Wyss  &  Co.,  Ravensburg. 


§  34.  Das  Urfttalsperre-ElektrizitItswkkk  bei  Gemükd  in  der  Eifel.  593 

Wasser  direkt  aus  der  Druckleitung  entnommen  wird;  weil  es  infolge  des  grossen  Stau- 
beckens als  völlig  frei  von  Sinkstoffen  zu  betrachten  sein  dürfte.  Von  jedem  Turbinen- 
rohr zweigt  ein  Rohr  ab,  welches  direkt  in  den  Turbinenkanal  führt  und  mit  einem 
Sicherheitsventil  zur  Vermeidung  heftiger  Wasserstösse  in  den  Druckrohren  versehen 
ist.  Mit  dem  Regulierungsgestange  der  Turbine  zwangsläufig  verbunden  ist  ein  auf  das 
Sicherheitsventil  wirkender  Antrieb,  welcher  dasselbe  hebt,  wenn  die  Schaufeln  der 
Turbine  geschlossen  werden.  Das  Ventil  schliesst  sich  selbsttätig  alsbald  nach  der 
Öffnung,  um  Wasservergeudung  zu  vermeiden. 

Das  Krafthaus  besteht  aus  dem  mit  Oberlicht  und  sehr  reichlichem  Seitenlicht 
versehenen  Maschinensaal  und  einem  mehrstöckigen  Anbau.  Letzterer  befindet  sich 
nach  dem  Berg  zu,  sodass  die  Druckrohre  unter  ihn  hinweggeführt  sind  (Taf.  XLVDI, 
Fig.  10).  Der  Maschinensaal  ist  30,0  m  lang  und  23,0  m  breit  und  vom  Fussboden 
bis  O.K.  Kranlaufschiene  5,50  m,  bis  zur  U.K.Auflager  des  bogenförmigen  Dachbinders 
7,5  m  hoch.  Es  stehen  also,  wenn  man  jede  grosse  Turbine  mit  2000  PS«  in  Ansatz 
bringt  und  die  Erregerturbinen  nicht  berücksichtigt,  rd.  4,1  qm  pro  100  PS«  zur  Ver- 
fügung. Die  Eindeckung  erfolgte  mit  Schwemmsteinkappen  zwischen  I-Trägern.  Diese 
massive  und  doch  leichte  Eindeckung  wird  am  Rhein  viel  verwendet.  Die  eigentliche 
Dichtung  ist  durch  Holzzementbedeckung  herbeigeführt.  Um  äussere  Rinnen  zu  ver- 
meiden, welche  im  Winter  leicht  einfrieren,  ist  das  Dach  an  den  Aussenwänden  mit 
Rückfallflächen  versehen,  die  Rinnen  sind  im  Innern  des  Maschinensaales  herab- 
geführt und  entwässern  in  die  Turbinenkanäle.  Das  Oberlicht  ist  nur  so  schmal,  dass 
herabfallende  Tropfen  die  Generatoren  nicht  treffen  können.  Unter  jeder  Reihe  von 
vier  grossen  Turbodynamos  und  einem  Erreger-Aggregat  befindet  sich  in  der  ganzen 
Länge  des  Maschinensaales  ein  Turbinenkanal,  welcher  ausserhalb  des  Krafthauses  in 
einen  kurzen  offenen  Kanal  mündet.  Die  beiden  offenen  Kanäle,  deren  Böschungen 
und  Sohle  mit  Pflaster  und  Beton  gut  befestigt  sind,  vereinigen  sich  gleich  unterhalb 
des  Krafthauses  und  münden  in  die  Rur.  In  der  Mitte  des  Maschinensaales  unter  dem 
Maschinenflur  liegt  ein  rd.  2,25  m  breiter  und  bis  zum  Kämpfer  2,10  m  hoher  Kabel« 
kanal,  in  welchem  die  Kabel  zum  Schaltraum  geführt  werden. 

Die  Drehstromgeneratoren5),  welche  bewegliche  Magneträder  und  feste  Anker 
haben  und  den  Strom  mit  5000  V.  und  50  Per./sek.  liefern,  sind  mit  den  Turbinen 
durch  Zodelkuppelung  direkt  verbunden. 

Der  Boden  der  Schaltbrettbühne  befindet  sich  etwa  3,50  m  über  dem  Maschinen- 
flur, sodass  von  dort  der  ganze  Maschinensaal  gut  übersehen  werden  kann.  8  Öltrans- 
forraatoren  mit  Wasserkühlung  dienen  dazu ,  die  Spannung  für  die  Fernleitung  auf 
35  000  Volt  zu  transformieren.  Über  dem  Transformatorenraum  befindet  sich  in  der 
ersten  Etage  ein  Raum,  in  dem  die  Gerüste  für  die  Leitungen,  Widerstände,  Schalt- 
apparate  etc.  zu  und  von  den  Transformatoren  stehen,  und  darüber  ein  Raum  für  die 
Blitzschutzvorrichtungen6).  Es  stehen  pro  1000  inst.  PS*  (8.2000  =  16000  PS6)  rd. 
1,9  qm  Bodenfläche  zur  Verfügung  und  schon  bei  der  Montage  hat  sich  herausgestellt, 
dass  die  Räume  für  die  Schaltanlage  zu  knapp  bemessen  sind.  Halbmal  mehr  Raum 
wäre  nicht  zu  viel  gewesen.  (Eine  genauere  Beschreibung  der  elektrotechnisch  muster- 
gültigen Schaltanlage  findet  sich  in  Kap.  III,  6  B,  Krafthäuser,  elektrischer  Teil.)  Rechts 
vom  Transformatorenraum  (Taf.  XL VIII,  Fig.  8)  liegt  ein  hell  und  geräumig  angelegter 
Wasch-   und   Klosettraum,  jenseits   des   Treppenhauses   ein  Arbeiterraum.    Die   ent- 


&)  Geliefert  von  der  E.-A.-G.  vorm.  W.  Lahmeyer  A  Co.  in  Frankfurt  a.  M. 
«)  Die  Schaltanlage  ist  von  den  Siemens-Schuckert- Werken,  Berlin  geliefert. 

Hamibaek  der  In*-WisMD*cfc.    III.  TeiL    IS.  Bd.  38 


594  II.    Theodor  Kokhn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

sprechenden  Räume  auf  der  anderen  Seite  enthalten  die  Werkstatt  und  den  Raum  für 
die  Montage  und  Demontage  der  Transformatoren.  Links  neben  dem  Schaltbrett  hegt 
ein  Lagerraum  für  Öl,  Reserveteile  etc.,  rechts  das  Bureau  des  Maschinenmeisters.  In 
den  oberen  Etagen  der  Türme  befinden  sich  Wohnungen. 

Die  Hochspannuagsfernleitung  war  zunächst  ungefähr  für  eine  Länge  von  rd. 
175  km  vorgesehen  und  18  Transformatorenstellen  und  12  Abschalthäuser  waren  für 
den  Anfang  projektiert.  Die  Leitung  ist  auf  Gittermasten  montiert  worden.  Die  Nieder- 
8pannung8verteilungsnetze  werden  zum  grössten  Teil  von  den  Kreisen ,  welche  den  Ver- 
kauf selbst  in  die  Hand  nehmen,  zu  errichten  sein. 

Über  die  Anlagekosten  sind  in  Tabelle  I,  S.  244/245  einige  Angaben  gemacht 
Bemerkt  sei  noch,  dass  die  elektrische  Einrichtung  des  Krafthauses  einschliesslich  der 
Transformatoren  rd.  400000  Mk.,  also  pro  PS*  der  install.  Turbinenleistung  (6.  2000  = 
=  12000  PS#)  rd.  33,3  Mk.  gekostet  hat7}. 

Für  Hoch-  und  Mittelspannungsnetz  mit  zugehörigen  Transformatoren,  Schah- 
häusern und  sonstigen  Gebäuden  waren  1904  rcL  2000000  Mk.  veranschlagt. 


§  35.  Die  Talsperre  am  Queis  bei  Marklissa. 

Erbaut  von  der  preussischen  Provinz  Schlesien.  Hierzu  T*f.  Li). 

Die  Veranlassung  zum  Bau  der  hier  zu  beschreibenden  Talsperre  gab  das  Hoch- 
wasser vom  Jahre  1897,  welches  Schäden  von  vielen  Millionen  Mark  verursacht  hat 
Besonders  die  Täler  des  Queis  und  des  Bobers  hatten  unter  diesem  Hochwasser  zu 
leiden  und  allein  hier  hat  der  Schaden  etwa  10  Millionen  Mk.  betragen,  Abb.  149  und 
150  geben  ein  Bild  von  den  Zuständen  während  des  Hochwassers  und  nach  Ablaufen 
desselben.  Auf  Grund  eingehender  Studien  wurde  als  der  einzig  mögliche  Schutz  gegen 
Wiederholung  derartiger  Katastrophen  der  Bau  von  Talsperren  erkannt  und  in  dem 
preuBsischen  Hochwasserschutzgesetz  vom  3.  Juli  1900  wurde  neben  anderen  Massregeb 
für  Schlesien  der  Bau  von  zunächst  drei  Talsperren  vorgesehen  und  zwar  derjenigen  im 
Queis  bei  Marklissa  mit  15  Millionen  cbm,  derjenigen  am  Bober  bei  Mauer  mit  50  Mil- 
lionen cbm  und  der  bei  Buchwald  mit  2,7  Millionen  cbm  Fassungsraum.  Für  die 
drei  genannten  Talsperren  sind  die  Kosten  auf  12,5  Millionen  Mark  bemessen,  wovon 
auf  die  Talsperre  bei  Marklissa  rd.  3  Millionen  Mark  entfallen. 

Das  Vorflutgebiet  des  Queis  an  der  Talsperre  misst  nur  rd.  306  qkm.  Dennoch 
schwoll  der  Queis  von  10  cbm/sek.  am  28.  Juli  bis  zu  780  cbm/sek.  am  30.  Juli  an,  um 
am  31.  Juli  schon  wieder  unter  110  cbm/sek.  zurückzugehen,  welche  Wassermenge  der 
Flu88  ohne  Schaden  abführen  kann.  Eine  kleinere  Hochwasserwelle  ist  dann  noch  am 
1.  und  2.  August  und  eine  noch  kleinere  und  schon  belanglose  am  4.  August  gefolgt 
Über  die  Niederschlagsmengen  in  den  kritischen  Tagen  gibt  die  Tabelle  X  auf  S.  162 


7)  Beim  Vergleich  mit  den  Angaben  in  der  Tabelle  VIII  und  IX,  8.  280/261  bims 
grosse  Tourenzahl  der  Generatoren  (500  Uml./Min.)  berückaichtigen.  , 

i)  Die  Abb.  sind  entnommen  aas  Bachmann:  Die  Talsperrenanlage  bei  Markiis**  am  Q***, 
Dezember  1906  und  O.  Intse:  .Die  geschichtliche  Entwicklung,  die  Zwecke  nnd  der  Ben  der  Tal- 
sperren', Zeitsehr.  d.  Ver.  deutscher  lag.  1906,  8.  948,  yeröffentlicht  Ton  Link. 


§  36.  Die  Talsperre  am  Queib  bei  Mabkubba.  595 

und  163  Auskauft,  and  auf  S.  178  ist  bereits  mitgeteilt,  dsss  von  den  vom  27.  Juli 
nachmittags  bis  nun  31.  Juli  7  Uhr  morgens  anf  dem  Vorflutgebiet  gefallenen  Regen- 
mengen von  51038085  cbm  bis  zum  31.  Juli  abends  rd.  49192000  oder  96*39  */o  zum 
Abflusa  gekommen  sind. 

Abb.  149.    Der  HarktnlaU  in  Markliua  wahrend  das  Hochwassers  Tom  80.  Juli  1897. 


Man  hat  berechnet,  dass,  wenn  15  Millionen  cbm  bei  Wiederholung  eines  Hoch- 
wassers wie  1897  in  der  Talsperre  bei  M&rklissa  aufgespeichert  werden,  alsdann  der  sckl. 
Abflnss  im  Queis  unterhalb  der  Sperre  die  Schadengrenze  von  110  cbm  nicht  wesentlich 

Abb.  150.    Hoch wimii ( 1 1 II den  am  Qnei»  durch  du  Hochwuaer  am  29.— 81.  Juli  1897, 


übersteigen  wird.  Die  Mauerkrone  ist  aber  noch  2,2  m  über  den  Stauspiegel  bei 
15  Millionen  cbm  Inhalt  gelegt,  und  der  so  geschaffene  Stanranm  fasst  noch  3  Millionen 
cbm.  Wenn  der  Wasserspiegel  nnr  um  0,90  m  aber  denjenigen  bei  15  Millionen  cbm 
Inhalt  steigt,   veigrössert  sich  der  Stauraum   um  rd.  1200000  cbm  and  es  können 

88« 


596  II.    Theodor  Koehn.    Ausbau  vov  Wasserkräften.    Beispiele. 

1 10  cbm/sek.  über  die  Überläufe,  von  denen  noch  die  Rede  sein  wird ,  zum  Abflnss  ge- 
langen. Sobald  der  Wasserspiegel  über  die  Krone  des  Überlaufs  steigt,  müssen  natürlich 
die  anderen  Auslässe  allmählich  abgedrosselt  werden.  Bei  dem  organisierten  Regenmess- 
dienst wird  man  bei  ungewöhnlichen  Niederschlägen  stets  die  nötige  Zeit  haben,  um  das 
Becken  vor  Eintritt  der  grossen  Flutwelle  zu  entleeren,  da  die  Abläufe  entsprechend 
gross  eingerichtet  sind.  Um  aber  auf  alle  Fälle  einen  Stauinhalt  von  10  Millionen  cbm 
bis  zu  den  Überläufen  frei  zu  halten  und  eine  grössere  Sicherheit  zu  haben,  dass  das 
Becken  bei  zu  erwartendem  Hochwasser  rechtzeitig  bis  auf  1  Million  cbm  Inhalt  entleert 
werden  kann ,  ist  vorläufig  die  Vorschrift  erlassen ,  dass  nur  ein  ständiger  Stauinhalt 
von  5  Millionen  cbm  gehalten  und  für  Kraftzwecke  verwendet  werden  darf.  Erwähnt 
sei  noch,  dass  man  den  unteren  Queis  bei  Lauban  (486  qkm  Vorflutgebiet)  so  regulieren 
will,  dass  er  190  bis  200  cbm/sek.  ohne  Schaden  abzuführen  vermag.  Auch  diese  Zahl 
ist  aus  den  Beobachtungen  der  sekl.  Abflussmengen  des  Jahres  1897  unter  Berücksich- 
tigung der  Wirkungen  auf  die  Verzögerung  des  Abflusses,  welche  von  der  Talsperre  bei 
Marklissa  zu  erwarten  sind,  berechnet. 

Die  baulichen  Verhältnisse  lagen  bei  der  gewählten  Stelle  für  die  Sperrmauer  in- 
sofern sehr  günstig,  als  sich  im  Tal  und  an  den  Hängen  fester  undurchlässiger  Gneis- 
felsen fand.  Man  hat  die  Mauer  bis  zu  5  m  Tiefe  in  den  Felsgrund  eingebunden  und 
auf  dieser  als  Fundamentsohle  eine  Betonplatte  gelegt ,  deren  Oberfläche  säge  förmig 
abgeglichen  ist,  sodass  sie  von  den  Drucklinien  möglichst  lotrecht  getroffen  wird  (Taf.  L 
Fig.  5).  Die  grösste  Höhe  der  Sperrmauer  von  dem  tiefsten  Punkt  der  Felssohle  bis 
zur  Mauerkrone  beträgt  45,0  m  und  die  Höhe  des  Bruchsteinmauerkörpers  von  der 
Oberfläche  der  Betonsohle  bis  Mauerkrone  43,0  m. 

Bei  Berechnung  der  Mauer  ist  ein  Wasserstand  bis  zur  Oberkante  der  Sperrmauer -Krone 
(+ 282,40  NN)  zugrunde  gelegt,  und  es  ist  ausserdem  angenommen,  dass  in  allen  Fugen 
der  volle  Auftrieb  wirkt,  eine  Annahme,  welche  sich  bei  der  8orgfa)t  der  Ausführung  niemals  Ter- 
wirklichen  kann.  Mit  Rücksicht  aber  auf  die  besonders  von  der  Stadt  Marklissa  geäusserten  Beftrcb 
tnngen,  welche  allerdings  beim  Bruch  der  Sperre  der  Vernichtung  anheimfallen  würde,  hat  man  die 
Vorsicht  doch  so  weit  getrieben.  Das  Raumgewicht  des  Bruchstein-Mauerwerks  durfte  bei  dem  grosses 
Raumgewicht  der  verwendeten  Gneis -Bruchsteine  (2,75  t  pro  cbm)  auf  2,4  t  pro  cbm  angenonmee 
werden.  Die  8perrmaoer  ist  r.n  Qrundriss  mit  einem  Halbmesser  von  125,0  m  gekrümmt.  Bei  der  Be- 
rechnung ist  aber  die  Gewölbewirkung  gans  ausser  Betracht  geblieben ,  es  ist  vielmehr  wie  flUich  ein 
Mauerausschnitt  von  1,0  m  Länge  betrachtet  Das  Gewicht  der  wasserseitig  gemachten  Anschuttiiaf 
ist  mit  800  kg  Oberdruck  für  1  cbm  über  den  vollen  Wasserdruck  bei  gefülltem  Becken  in  Rechoosg 
gestellt,  wahrend  bei  leerem  Becken  das  Gewicht  der  Schüttung  mit  1600  kg  von  1  cbm  in  Ansatz 
gebracht  wurde.  Bei  Ermittelung  des  Erddruckes  wurde  ein  Reibungswinkel  von  20 •  angenommes. 
die  Richtung  des  Erddruckes  dagegen  senkrecht  zur  Mauerfläche  eingeführt  (vergl.  Kap.  III,  1.  A.  Wehre. 
die  statische  Berechnung).  Das  Gewicht  der  zum  Schutze  gegen  die  Einwirkungen  der  Temperstar 
wasserseitig  vorgelegten  Blendmauer,  welche  die  Standsicherheit  der  Mauer  zweifellos  noch  erhöht,  ist 
ausser  Anaatz  gelassen.  Als  höchste  Kantenpressung  wurde  9  kg/qcm  zugelassen,  während  die  Druck 
festigkeit  des  verwendeten  Bruchsteines  zu  durchschnittlich  1200  kg  ermittelt  wurde.  Die  Druckfestig- 
keit des  verwendeten  Zement-Trass-Mdrtels  betrug  nach  einem  Vierteljahre  bereits  124  kg/qcm,  fe 
Zugfestigkeit  82—40  kg,  sodass  in  der  zulässigen  Belastung  bereits  eine  rd.  14 lache  Sicherheit  b«tt 

Aus  diesen  Ansätzen  und  Berechnungsgrundlagen  hat  sich  der  gedrungene  Quer- 
schnitt der  Mauer  ergeben.  Die  Fundaraentbreite  der  Mauer  beträgt  37,7  m  oder  87*  • 
der  Höhe  von  43,0  m.  Die  Kronenbreite  beträgt  5,7  m.  Zum  Vergleich  sei  daran  erinnert 
dass  bei  der  Sperrmauer  des  Kubelwerkes  die  Fundamentbreite  nur  67  */o  der  Höhe  be- 
trägt. Bei  den  von  Intze  entworfenen  rheinischen  Talsperren  misst  die  Fundamentbreite 
durchschnittlich  60/70 °/o  der  Mauerhöhe.  Die  Kronenbreite  der  58,0  m  hohen  Sperr- 
mauer an  der  Urft  misst  5,5  m  und  die  Fundamentbreite  50,5  m  oder  gleichfalls  rd. 
87  °/o  der  Höhe.    Dass  die  Fundamentbreite  der  Sperrmauer  der  Anlage  Avignonnet  (vergl 


§  36.  Die  Talsperre  am  Qu  eis  bei  Mabki.iwa.  597 

Taf.  XXXVII,  Fig.  4)  über  100°/i>  der  Höhe  ausmacht,  hat  Beinen  Grund  darin,  dass 
hier  eine  Überstauung  von  2,0  m  Höhe  angenommen  wurde  und  dass  die  Hauer 
nicht  auf  Felsen,  sondern  auf  angeschwemmtem  Geschiebe  ruht. 

Die  Geaamtanordnung  der  Sperrmauer  bei  Marklissa  zeigen  Abb.  151  und  der 
Lageplan  Taf.  L,  Fig.  1. 

Um  die  Baugrube  der  Sperrmauer  trocken  zu  legen,  sind  zwei  Umlanfstollen  an- 
gelegt von  kreisförmigem  Querschnitt  mit  rd.  7,0  m  innerem  Dm.  Diese  beiden  Stollen 
von  zusammen  77 — 78  qm  Querschnitt  vermochten,  wenn  der  Wasserspiegel  an  der  Aus- 
mündung  1,0  m  über  dem  Scheitel  des  Stollens  stand  und  das  Wasserspiegelgefälle  dadurch 


Wuii4Xifau 


| 1    jti.tij«  ■*»-  ■  itumJh 


bis  zur  unteren  Stollenansmündung  zu  1 :  160  wurde,  mehr  als  300  cbm/sek.*}  abzuführen, 
eine  Wassermenge,  welche  von  den  gewöhnlichen  Hochfluten  nicht  erreicht  wird.  Um 
aber  bei  dem  Eintritt  grösserer  Hochfluten,  welche  dann  die  im  Bau  befindliche  Sperr- 
mauer überflutet  haben  würden,  grössere  Zerstörungen  an  derselben  zu  verhüten,  ist  nicht, 
wie  bei  der  Urfttalsperre  reiner  TrasBkalkmörtel  genommen,  sondern  eine  Mischung  ans 
Trass  und  Zement  (S.  598).  Der  Trasskalkmörtel,  so  ausserordentlich  fest  er  nach  Ver- 
lauf von  sechs  bis  zehn  Monaten  wird,  ist  nach  vier  bis  sechs  Wochen  noch  ziemlich 
wenig  widerstandsfähig,  während  durch  entsprechenden  Zusatz  von  Zement  bereits 
eine  widerstandsfähige  Erhärtung  in  wenig  Wochen  und  ein  völliges  Abbinden  in  zwei 
bis  drei  Monaten  zu  erwarten  ist 


»)  Q  =  2. 88>5.cvirj  =  77. «l/^fjpfa 820  cbm.   Man  könnte  c  aber  unbedenklich  unter 

Berücksichtigung  der  BetonanskleidnDg  und  de*  Gefall«  xu  50  bis  60  annehmen. 


598  IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    Beispiele. 

Die  Grösse  der  hier  gewählten  Umlaufstollen  hat  sich  auch  dahin  bewährt,  dass  Hoch- 
wasser die  Arbeiten  an  der  Sperrmauer,  selbst  nicht  unterbrochen  hat.  Zum  Vergleich 
sei  auf  die  in  §  23  besprochene  Anlage  Avignonnet  hingewiesen  (Seite  499),  wo  trotz  der 
grösseren  zu  erwartenden  Hochfluten  (1200  cbm/sek.)  nur  ein  Umlaufstollen  Ton  26,0  qm 
angelegt  wurde  und  infolgedessen  der  Bau  der  Staumauer  wiederholt  empfindlich  durch 
Hochwasser  gestört  worden  ist.  Im  Herbst  1901  ist  mit  dem  Ausbruch  der  beiden  Um- 
laufstollen begonnen  und  bereits  im  Mai  1902  waren  die  von  beiden  Enden  vorgetriebenen 
Sohlenstollen  in  der  Mitte  aufeinander  getroffen.  Die  voll  ausgebrochenen  Stollen  sind 
dann  mit  einer  Betonausmauerung  von  0,60  m  Starke  versehen.  Zur  Ableitung  des  Queb- 
wassere  wurde  ein  Betonwehr  errichtet,  dessen  Krone  bis  1,0  m  über  dem  Scheitel  der 
Umlaufstollenmündungen  empor  ragte.  Im  Schutze  einer  Steinschüttung  nnd  eines  Fange- 
dammes ist  das  Flussbett  zur  Gründung  dieses  Betonwehres  ausgebrochen. 

Bei  dieser  vorbereitenden  Arbeit  hat  allerdings  das  Hochwasser  zweimal  im  Juni  nnd  Juli  1902 
den  Lehm -Fangedamm  weggerissen  und  dadurch  Verzögerungen  in  der  Fertigstellung  herrofgarafem. 
die  aber  im  Verhältnis  zur  Gesamtdauer  des  Baues  von  keinem  grossen  Belang  gewesen  sind.  Bai 
Betonwehr  wurde  schliesslich  in  Nacht-  nnd  Tagschichten  fertig  gestellt. 

Gleichzeitig  mit  den  Arbeiten  an  den  Umlaufstollen  wurden  auch  die  Fekarbeitcn 
für  den  Ausbruch  der  Fundamente  der  Talsperre  in  Angriff  genommen.  Hierbei  zeigte 
sich  allenthalben  der  Felsen  von  grosser  Festigkeit  und  Dichtigkeit.  Auf  die  4,0  bis 
6,0  m  in  den  Felsen  eingearbeitete  Sohle  ist  dann  eine  durchschnittlich  2,0  m  starke 
Betonsohle  gestampft,  nachdem  der  Felsen  in  sorgfältigster  Weise  von  allen  Verunreini- 
gungen mit  Wasserschläuchen  und  Stahlbürsten  gereinigt  war.  Zu  dieser  Betonsohk 
welche,  wie  bereits  6rwähnt,  eine  sägeförmige  Oberfläche  erhielt,  sind  800  cbm  Stampf- 
beton verwendet. 

Für  die  Herstellung  der  Sperrmauer  wurden  65000  cbm  Bruchsteinmauerwerk  notwendig.  Diese 
Mauermasse  ist  vom  17.  September  1902  bis  Herbst  1904  hergestellt.  Der  Sand  wurde  aus  einer  Sand- 
grube gegenüber  dem  Bahnhofe  Markliasa  gewonnen  und  an  Ort  und  Stelle  durch  WaacamaachiaeB 
mit  Dampfbetrieb  gewaschen.  Eine  Verbindungsbahn  mit  Lokomotivbetrieb  besorgte  den  Transport  bv 
su  den  Mörtelmaschinen  und  war  auch  für  die  Heranschaffung  aller  mit  der  Eisenbahn  ankommen- 
den Materialien  bestimmt  Die  Lagerschuppen  für  den  Zement  und  Trass,  die  Kalkgruben  und  die 
Mörtelmaschinen  wurden  am  rechten  Hang  oberhalb  der  Sperrmauer  aufgestellt.  Der  Antrieb  der 
Mörtelmaschinen  wurde  durch  eine  Lokomobile  besorgt.  In  langen  Rutschrinnen  glitt  der  Mörtel  aas 
den  Mörtelmaschinen  hinunter  ins  Tal  (Taf.  L,  Fig.  4)  und  wurde  hier  auf  Karren  und  Gleisen  m 
den  Verwendungsstellen  befördert.  Der  Mörtel  für  die  Sperrmauer  ist  gemischt  in  einem  Verbitta» 
von  125  1  Zement,  100  1  Trass,  66  1  Kalkbrei  und  510  1  Sand»).  Für  die  Gewinnung  des  firucnstaia- 
materials  für  die  Sperrmauer,  soweit  es  nicht  bei  den  Ausbrachen  der  Umlaufatollen  und  der  Fundamente 
der  Sperrmauer  bereite  gewonnen  war,  wurde  400  m  oberhalb  der  Baustelle  an  der  sogenannten  MIder- 
höhe  ein  Steinbruch  angelegt  und  durch  auf  beiden  Seiten  des  Queis  verlegte  Transportgleiae  mit  der 
Baustelle  verbunden.  Der  Transport  wurde  teils  durch  Pferde,  teils  durch  Lokomotiven  bewerkstelligt 
Vermittelet  eines  Bremsberges  wurden  dann  die  8teinwagen  bis  zur  Maueroberfliche  herabgelassen  nad 
auf  Gleisen  an  die  unmittelbaren  Verwendungsstellen  verfahren.  Auf  den  Höhen  Aber  dar  Mörtal» 
berejtnngaanlage  und  Aber  dem  Steinbruch  waren  eiserne  Wasserbehälter  aufgestellt,  in  welche  das 
Wasser  aus  dem  Queis  mittelst  Dampfpumpen  gedruckt  wurde.  Längs  des  ganzen  Steinbruches  haf 
eine  Wasserleitung  mit  Schlaachanscblusaen ,  sodass  jede  Steinladung  sorgfältig  abgespritzt  werden 
konnte.  Ebenso  ist  mit  grösster  Sorgfalt  darauf  geachtet,  dass  der  sich  wahrend  der  Arbeit  auf  der 
Maoer  ansammelnde  Schmutz  immer  wieder  durch  Wasserspülung  vor  Verlegung  einer  neuen  Schicht 
beseitigt  wurde. 

Aach  hier  sind  zur  Abführung  des  etwa  in  die  Mauer  eindringenden  Wassers 
Drainrohren  verlegt,  von  denen  die  untere  Reihe  direkt  in  die  DruckrohrstoDen,  die 
oberen  Reihen  in  zwei  begehbare  Kanäle  ausmunden.    Diese  in  der  Längsrichtung  der 


•)  Der  Zement  wurde  aus  der  Portland-Zement-Fabrik  QroechkowHz,  der  Tms  von  Jaksfc 
Meurin  in  Andernach,  der  Kalk  von  dem  Kalkwerk  Süesta  in  Kaufungen  geliefert 


§   35.  Die  Talsperre  ah  Qükis  bei  Markussa.  599 

Mauer  verlaufenden  beiden  Kanäle  gestatten  eine  Revision  des  Mauerinnern  (vergl.  die 
Angaben  über  die  englische  Talsperre  bei  Vyrnwy,  Kap.  III,  1.  B.  Talsperren).  Die 
Vorderflache  der  Mauer  ist,  wie  bei  allen  Talsperren  Intzes  mit  einem  Zementputz 
abgeglichen  und  dann  mit  einem  Siderosthenanstrich  versehen.  Oberhalb  der  wasser- 
seitigen  Anschüttung  ist  vor  die  mit  Siderosthen  gedichtete  Fläche  der  tragenden  Mauer 
eine  Betonwand,  bestehend  aus  kleinen  Betongewölben  gelegt,  welche  im  wesentlichen 
dazu  bestimmt  ist,  die  eigentliche  tragende  Mauer  den  Einwirkungen  des  Temperatur- 
wechsels möglichst  zu  entziehen,  und  welche  sich  unabhängig  von  der  Sperr- 
mauer selbst  bewegen  kann  (Kap.  III.  1.  B.  Talsperren).  Die  bogenförmigen 
Schächte  gestatten  ein  Befahren,  sodass  man  sich  von  dem  Zustand  der  Vorderfläche 
der  Sperrmauer  überzeugen  kann. 

Für  die  Entnahme  des  Druckwassers  sind  zwei  Druckrohrleitungem  von  je  1,1  m 
Dm.  angelegt,  welche  innerhalb  der  Sperrmauer  in  gemauerten  Stollen  liegen.  Abwärts 
der  Sperrmauer  sind  die  Betriebsschieber4),  welche  von  Hand  zu  bedienen  sind,  in  je 
einem  Schieberhäuschen  untergebracht.  Das  Wasser  wird  aus  dem  Becken  durch 
einen  Zulaufstollen  zugeführt  (Taf.  L,  Fig.  5).  Die  Abdichtung  des  Druckrohres  gegen 
die  Sperrmauer  ist  durch  einen  4,5  m  langen  Mauerpfropfen  erfolgt.  Vor  diesem  Pfropfen 
ist  ein  gusseiserner,  flachovaler  Reserveschieber  eingebaut,  dessen  Gestänge  in  einem 
Betonschacht  bis  zur  Mauerkrone  geführt  ist  und  welcher  von  oben  bedient  werden 
kann.  Hinter  dem  erwähnten  Betriebsschieber,  für  den  ein  rundes  Modell  gewählt 
wurde,  erweitert  sich  jedes  der  beiden  Druckrohre  auf  1,2  m  lichten  Dm.  und  in  einer 
gemeinschaftlichen  Grube  werden  die  beiden  Druckrohre  unter  den  rechtsseitigen  Um* 
laufstollen  dükerartig  hindurch  geführt,  um  zu  dem  Krafthause  zu  gelangen.  Die  Unter- 
dükerung,  welche  nicht  in  einem  begehbaren  Kanal  erfolgt  ist,  könnte  als  Mangel 
erscheinen,  weil  bei  etwaigen  Brüchen  Reparaturen  schwer  auszuführen  wären  und 
eine  empfindliche  Betriebsunterbrechung  eintreten  könnte.  Es  ist  aber  von  vorn* 
herein  noch  ein  drittes  später  anzulegendes  Druckrohr  vorgesehen,  welchem  das 
Wasser  durch  einen  im  rechten  Hang  anzulegenden  Druckstollen  zugeführt  werden  soll. 
Der  Wasserspiegel  bei  6  Millionen  cbm  Füllung  im  Staubecken  liegt  auf  +  270,60  N.N., 
das  Unterwasser  des  Queis  auf  +  239,0  N.N. ,  sodass  sich  ein  Bruttodruckgefälle  von 
31,60  m  und  nach  Abzug  von  2,0  m  Reibungsverlusten  ein  Nutzgefälle  von  29,60  m 
ergeben  würde.  Nimmt  man  die  mittlere  Füllung  in  trockener  Zeit  auf  3  Millionen  cbm 
mit  einer  Stauspiegelhöhe  von  +  266,7  N.N.  an ,  so  ergibt  sich  ein  Druckgefälle  von 
27,7  m  und  nach  Abzug  von  1,7  m  Reibungswiderständen  noch  ein  Nettodruckgefälle 
von  26,0  m.  Im  Betriebe  wird  die  zu  entnehmende  Wassermenge  je  nach  dem  Bedarf 
schwanken.  Als  grösste  Wassermenge,  so  lange  nur  zwei  Druckrohre  verlegt  sind, 
sind  8,3  cbm/sek.  angenommen,  mit  welchen  beim  höchsten  Druck  etwa  2450  PS«,  beim 
mittleren  Druck  etwa  1800  PS6  zu  leisten  wären.  Die  Geschwindigkeit  in  den  zwei 
Druckrohren,  deren  Querschnitt  zusammen  2,26  qm  beträgt,  würde  schon  rd.  3,7  m/sek. 
betragen.  Die  kleinste  durchschnittliche  Kraftleistung  kann,  wenn  eine  mehr  als  vier- 
monatliche Trockenperiode  (wie  1904)  eintreten  sollte  und  das  Becken  bei  Beginn  der 
Trockenperiode  mit  5  Millionen  cbm  gefüllt  angenommen  wird,  auf  400  PS»  sinken. 

Mit  Rücksicht  auf  die  sehr  grosse  Fundamentbreite  der  Mauer  und  die  Dichtigkeit 
und  Festigkeit  der  Talsohle  ist  nur  eine  kleinere  Anschüttung  mit  einer  Böschung  von 
1 : 2,  welche  abgepflastert  wurde,  angelegt. 


*)  Diese,  sowie  die  flbrigen  Rohrschieber  sind  von  der  Maschinen-  und  Armatarenfabrik  Breuer 
&  Co.  in  Höchst  a.  M.  geliefert. 


600  II.    Theodor  Koehv.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 

Die  beiden  Umlaufstollen  sind  nach  Fertigstellung  der  Mauer  einer  nach  dem 
andern  durch  Betonpfropfen  geschlossen,  in  welche  je  drei  gusseiserne  Rohre  von  je 
1,1  m  Dm.  und  17,0  m  Länge  eingemauert  wurden  (Tai.  L,  Fig.  1  und  7).  Alle  sechs  Bohre 
sind  mit  Schiebern  versehen,  welche  von  oben  bedient  werden,  und  bei  einem  Wasserdruck 
von  27,6  m  110  cbm/sek.  abführen6).  Um  die  selbsttätige  Regelung  des  Stauinhaltes 
nach  Überschreitung  von  5  Millionen  cbm  zu  sichern,  sind  an  jeder  Talseite  drei  Kmt- 
lavrtugssehfltsen  von  je  2,5  m  Breite  und  1,6  m  Höhe  in  einem  Schachtgebäude  unter- 
gebracht, zu  welchem  das  Wasser  über  je  einen  rd.  30  m  langen  Überlauf  gelangt. 
Bei  einer  Überströmunghöhe  von  0,90  m  können  1 10  cbm/sek.  *)  abfliessen.  Die  erwähn- 
ten sechs  Schützen  können  zusammen  ungefähr  114,0  cbm/sek.  durchlassen7).  Oberhalb 
der  genannten  Schützen,  durch  starke  Kastenträger  von  diesen  getrennt,  ist  eine  zweite 
Reihe  Schützen  gleicher  Grösse  angebracht,  welche  aber  bis  auf  weiteres  geschlossen 
gehalten  werden  und  später  eventuell  dazu  dienen  soll,  beim  höheren  Stau  im  Becken 
eine  schnelle  Entleerung  zu  ermöglichen.  Obwohl  die  Sperrmauer  ohne  Schaden  zu 
nehmen  eine  Überflutung  ertragen  könnte,  sind  in  Höhe  des  Wasserspiegels  bei  15  Mil- 
lionen cbm  Beckeninhalt  abermals  zwei  Überläufe,  an  jeder  Seite  einer,  angelegt.  Die 
Krone  dieser  Überläufe  liegt  2,2  m  unter  der  Krone  der  Sperrmauer;  sie  haben  zu- 
sammen eine  Länge  von  68,0  m,  über  welche  bei  2,0  m  Überlaufhöhe  428  cbm/sek. 
—  also  über  jeden  214  cbm  —  abfliessen  könnten.  Von  den  Überläufen  stürzt  das 
Wasser 'durch  die  Abfallschächte  in  die  Umlaufstollen.  Man  könnte  also  notfalls  die 
grösste  sekl.  Hochwassennenge  abzüglich  der  5,0  bis  8,3  cbm/sek.,  welche  durch  die 
Turbinen  laufen,  zum  Abfluss  bringen.  Natürlich  wird  man  von  Beginn  eines  zu 
erwartenden  Hochwassers  an  die  Umlaufstollen  öffnen  und  die  unschädlichen  110  cbm/sek. 
durchlassen.  Es  würde  bei  richtiger  und  rechtzeitiger  Bedienung  der  Schieber  in  den 
Umlaufstollen  möglich  sein,  auch  das  mit  15  Millionen  cbm  gefüllte  Becken  noch  recht- 
zeitig zu  entleeren,  ehe  eine  Hochflut  bis  in  das  Staubecken  gelangen  könnte. 

Die  Umlaufstollen  sind  unterhalb  der  Mündung  der  Abfallschächte  nachträglich 
mit  Bruchsteinmauerwerk  ausgemauert,  sodass  sich  ihr  Querschnitt  auf  je  27,8  qm  ver- 
ringerte. Sollte  sich  ein  Hochwasser  wie  1897  wiederholen  und  ein  gefülltes  Becken 
antreffen,  so  würden  durch  jeden  Umlaufstollen  390  cbm/sek.  abfliessen  müssen,  die 

390 
Geschwindigkeit  also  in  solchem  Falle  v  =  ~=-g  =  14  m/sek.    betragen.     Dieselbe    sekl. 

&)  Diese  für  den  Queia  unterhalb  der  Schadengrense  liegende  Abflnasmenge  ist  berechnet  nach 

der  Formel  Q  =  0,97  .  F  .  V  2g^(h— W),  worin  bedeuten:  0,97  den  Einatromungsbeiwert  bei  gut  abgerun- 
deten MUndnngen,  h  die  Waseerdruckhöhe,  F  den  Querschnitt  der  6  Rohre  =  5,7  qm  und  W  die  Wider» 

standahöbe  in  den  Rohren  W  =  -~ — ,  worin  X  =  0,0162;  1  =  17  m;  d  =  1,1  m;  v  «*  21  m  an  setzen 

waren,  W  sieh  also  zn  oo  5,6  m  und  daraus  sich  Q  =  116  cbm/sek.  ergab. 


8y  q„  8/  110, 


7)  Die  Berechnung  erfolgte  nach  der  Formel    Q  =  7»  p  b  i  2  g  [(h  +  k)  */»  —  k  */*]  6. 

Die  Geschwindigkeit  des  ankommenden  Wassers  war  berechnet  nach  v9  =  0,90 c  V  RJ,  worin 
man  c  nnr  in  38  angenommen  hatte,  der  Zahlenwert  0,90  die  Verjüngung  der  Querschnitte  nach  den 

SchttUen  xu  berücksichtigte,  R==  —  - !'~  =  0,81  betragt  und  J  -  °'l  —  Gefalle  des  Absturxbecken* 

p         o,UO  0,U 

V* 

tu  setsen  war.  v*  ergab  sich  an  5,61  m/sek.  und  daraus  k  «  ^—  =  1,6  m. 

Q  also  =  0,5 . 2,5 . 4,429  [(1,5  + 1,6)  */t  — 1,6  */t]  6  </)  114  cbm/sek. 


§    35. 


Die  Talsperre  am  Queis  bei  Marklissa. 


601 


^Wassermenge  würde  in  den  Abfallschächten,  welche  einen  lichten  Dm.  von  5,0  m  haben, 

mit  einer  Geschwindigkeit  von  v  =  j^  ^- =  rd.  20  m/sek.  abfliessen.  Obwohl  der  Abfluss 

einer  derartigen  sekl.  Wassermenge  durch  jeden  Stollen  gerade  durch  die  Talsperre  zur 
Unmöglichkeit  gemacht  werden  soll,  hat  man  bei  der  Wahl  der  Sicherheitsvorrichtungen 
dennoch  mit  ihr  gerechnet  und  hat  deshalb  für  notwendig  erachtet,  die  Abfallschächte 
und  die  Einmündungssteile  derselben  in  die  Umlaufstollen  durch  Stahlpanzerung  8)  zu 
sichern  (Taf.  L,  Fig.  3,  7,  8  und  9). 

Das  Krafthaus  ist  noch  im  Bau,  es  wird  mit  dem  Krafthaus  an  der  Bober-Tal- 
sperre bei  Mauer  elektrisch  verbunden  werden,  woselbst  als  Reserve  auch  eine  Dampf- 
zentrale für  zunächst  2000  PS«  projektiert  ist.  Ein  weit  verzweigtes  Hochspannungsfern- 
leitungsnetz9) von  mehr  als  300  km  Gesamtlänge  wird  die  ganze  Umgebung  der  beiden 
Talsperren  mit  elektrischer  Kraft  versorgen  und  es  ist  nicht  zweifelhaft,  dass  dadurch 
eine  starke  Anregung  zur  weiteren  Entwickelung  von  Gewerbe  und  Industrie  in  den  mit 
Strom  versorgten  Landesgebieten  eintreten  wird. 


3 
3 


Literaturangaben  zu  Kap.  II. 

Für  die  in  Kap.  II  besprochenen  Beispiele  sind  die  Literaturangaben  bei  den  einzelnen  §§  bereits 
gemacht.  In  nachstehender  Tabelle  sind  nach  Ländern  geordnet  noch  eine  grossere  Reihe  interessanter 
Wasserkraftanlagen  aufgeführt,  deren  Studium  empfohlen  werden  kann.  Um  dem  Leser  eine  Aus- 
wahl xa  erleichtern  sind  kurze  Angaben  über  die  wasserbaulichen  Verhältnisse  und  die  Turbinen  hin- 
zugefügt. Es  sind  auch  einige  Anlagen  erwähnt,  welche  sich  erst  im  Bau  befinden  und  von  denen  eine 
ausführliche  Beschreibung  in  der  Literatur  noch  nicht  erschienen  ist.  Was  aber  über  diese  letztge- 
dachten Anlagen  bekannt  geworden  ist,  Hess  es  zweckmässig  erscheinen,  das  Interesse  der  Leser  auf 
diese  wichtigen  und  interessanten  Ausführungen  hinzulenken.  Wegen  interessanter  Talsperrenanlagen 
wird  hier  auf  die  ergänzenden  Angaben  in  Kap.  III,  1.  B.  Talsperren  verwiesen. 


Bezeichnung  der 
Anlage 


*  Ja 

-SS 


9 

CD"" 


§2P 


Art  der  Turbinen 


Einige  Angaben  über 

die  wasserbaulichen 

Verhältnisse 


Literaturangaben 


Wasserkraft-Elektrizi- 
tätswerk Hohenf  eis  der 
Papierfabrik  Ahlbruck 
an  der  Alb  im  südl. 
Schwarzwald 

Wasserkraftanlage  der 

Kgl.    Berginspektion 

Klausthal 

Wasserkraft-Elektrizi- 
tätswerk an  der  Isar 
der  Stadt  München  bei 
Moosburg 


1898 

48,3 

bis 

1908 

— 

58,0 

1904 

6,0 

bis 

1906 

900 


4200 


Deutschland. 

Voll  beaufschlagte 

Freistrahl  -  Turbinen 

von  500  PSe  mit  240 

Uml./Min. 

Partial    beaufschlagte 
Schwamkrug  -  Hoch- 
druckturbinen von  48 
PSe  und  750  Ural.  Min. 

Liegende  Francis- 
Schacht-Turbinen 


Wehr;  1410,0  m  langer 

Werkkanal  als  Stollen; 

70,0  m  langes  u.  1,30  m 

weites  Druckrohr 


127,4  m  langes  Wehr 
in  der  Isar.    2,16  km 
langer    Werkkanal, 
1,9  km  langer  Unter- 
wasserkanal 


Schweiz.  Bauz.  1903,  II, 
S.   8,   13,  58,  65   und 
Wagenbacb,  „Turbinen- 
anlagen u  S.  92. 

Wagenbach,  »Turbinen- 
anlagen *  S.  93  mit  Abb. 
der  Turbinen. 

Elektr.  Zeitschr.   1903 

S.  61;  Zeitschr.  f.  d.  ges. 

Turbinenwesen   1906 

S.  388. 


8)  Geliefert  von  der  Maschinenbaogesellscbaft  vorm.  Starke  &  Hoffmann  in  Hirschberg  i.  Schles. 
und  eingebaut  von  J.  W.  Roth,  Neugersdorf  i.  Sa. 

9)  In  einem  an  den  Landesdirektor  der  Provinz  Schlesien  vom  Verfasser  im  März  1905  er- 
statteten Gutachten  nebst  Kostenanschlägen,  Betriebskostenberechnungen  etc.  waren  246,7  km  Hoch- 
spannungsfernleitungen vorgesehen. 


602            n. 

Theodor  Koehn. 

Ausbau  von  Wasserkräften.    Beibftkt.k. 

• 

s 

BeMiehonng  der 
Anlage 

»1 

3| 

• 

Q    * 

.8 

Art  der  Turbinen 

Einige  Angaben  Aber 

die  wasserbaulichen 

Verhältnisse 

Ltteraturanplci 

4 

Waseerkraft-Eiektrixi- 

t&tswerk  Hirschen 
(nordl.  von  Mflnehen 
an  einem  Arm  der  Iaar) 

~* 

4,86 

1200 

Stehende    Schachttur- 
binen von  je  885  P8« 
bei  50  UmL/Min.  mit 
Eammradfibertragung 

Wehr  nnd  Werkkanal 

Wegenbach,  .Tvte» 
anlagen"  S.  S 

5 

Wasserkraft-Elektrisi- 
ritltewerk  von  C.  G. 
Schonherr,BorBtendorf 
in  Sechsen  a.  d.  Flöha 

7,75 

1000 

Liegende    Schachttur- 
binen von  880  PS«  bei 
280  UmL/Min. 

Wehr  und  Werkkanal 

Wagenbaeh,  »Toie» 
anlagen"  S.  60  {re± 
auch  Taf.  Lia  Fs 
1— 4  n.  Kap.  Dl  5 1? 
binea) 

6 

Waaserkraftanlage  der 

_ 

6—7,5 

2400 

Liegende    Schachttur- 

Wehr-  nnd  2  km  langer 

Wagenbaeh,  .Tmtae 

.Spinnerei  am  Stadi- 

bis 

binen    von    900    nnd 

Werkkanal 

anlagen      mit   aas. 

bach8     in    Angebarg, 

2800 

1100  PS«  mit  96  Uml./ 

Schnitt  dnreheat  fr* 

welche  die  Kraft  des 

Min. 

bans  &  61. 

Stadtbaehee   nnd   dee 

Proviantbachee     aus- 

nlltst 

7 

WaeserkrarVElektriri- 

Baube- 

5-10,0 

50000 

— 

KombiniertesWehrmit 

Zeitechr.  f.  d.  gH.Tr 

tltawerk    Lanfenbnrg 

ginn 

Kammerschleuse    nnd 

binenweseo  1906  S.8 

a.  Rh.  (vergl.  auch  8.19) 

1907 

anschlieseendemKraft- 

■ 

haua 

Österreich. 

8 

Sillwerke    der    Stadt 

1901 

187,0 

15000 

Liegende     Freistrahl- 

Wehr;  7,5  km  langer 

Elektr.  Zeitechi  198 

Innsbruck  (Tirol) 

bis 

tnrbinen  von  8750  PS« 

Werkkanal;  Druck- 

S.  998.     Zehsear.  i 

1908 

mit  815  UmL/Min. 

rohre 

Ver.deiitsclierIag.lMI 
S.  758  u.  ff.  ■»  i» 
ftthrlicber  Bt- 
echreibQig. 

9 

Waflaeikraft-Klektrin- 

1902 

96,0 

7000. 

Liegende  Francis -Spi- 

Wasserfassung nnd 

Elektr.  Zeitacer.  1» 

tltawerk    der    Firma 

bis 

ralturbinen  von  je 

Druckrohr 

8.  998. 

Ignatx  Spiro  &  Söhne 

1908 

2500  PS« 

an  der  Moldau  bei  den 

sog.  Teufelamanern  in 

der   Nähe   der   Stadt 

Hohenfurt  (Sfld- 

Bahmen) 

10 

Eteehwerke  bei  Meran- 

1897 

66,0 

6000 

Liegende     Freistrahl- 

Wehr; 820,0  m  langer 

Zeitachr.  d.  Ver.  a* 

Bozen 

bia 

turbinen  von  je  1200 

WerkkanaU>mekatol- 

scher  In*.  1899  8.1* 

■ 

1898 

PS«  bei  820  Üml./Min. 

len  von  8,0  m  1.  Weite 
mitBeton  anagekleidet, 
daran     anschliessend 
swei    sehmiedeeiserne 
Druckrohre  von  1,6  m 
Dm. 

Elektr.  Zeiuwar.  189 
S.  615. 

Literaturangaben  zu  Kap.  II. 


603 


Bezeichnung  der 
Anlage 


ZU 

3| 


k 

3-9 


Art  der 


Einige  Angaben  Aber 

die    waaaerbaiiliehen 

Verhältnisse 


Literaturangaben 


Erweiterung  der  Etsch- 

werke  bei  Meran- 

Bosen 


Wasserknft-Elektrisi- 
werk  Kardann  bei  Bö- 
sen amEggentalerBach 
in  Verbindung  mit  einer 
Trinkwasseranlage 


Wasserkraftanlage  des 

Walswerkes  Jauerburg 

(Krain) ,   vergl.  aach 

S.  12 


Wasserkraft-Eloktrisi- 
tatswerk  der  Alumi- 
niamindnsirie  A.-G. 
Neuhausen,  Banris  an 


vor  ihrer  Mündung  in 
die  Salsach  (Salsburg) 


im 
Bau 


125,0 

bis 

134,0 


15000 


1900 

bis 

1901 


210 


1908 

bis 

1904 


125,0 

bis 

180,0 


2500 


1600 


6000 


6  liegende  Peltonräder 
von  je  2500  PS« 


Peltonrftder   von   500 
PfiUmit500UmL/Min. 


Freistrahlturbinen  von 
je  1600  PS,-Leistung 
mit  nur  70  Uml.'Min. 


Liegende  Gehsuse- 
Franeistnrbinen  von  je 
2000  PS«  u.  450  üml./ 
Min.  von  Eseher,Wyss 
&Co.  Zur  Zeit  der  Auf- 
stellung das  höchste  in 
einer  Franeistarbine 
ausgenutste  Gefälle 
(vergL  8. 8  u.  Kap.  m, 
5.  Turbinen). 


Unterhalb    des    alten 

Kraftwerkes  8tan- 
weiher  tob  40000  ebm 

Inhalt;  Felsstollen 
durch  den  Marlinger- 
berg  in  ein  Becken  von 
6000  cbm.  In  den  Fei- 
sen  gebrochener  Druck- 
stollen mit  Betonaus- 
kleidung und  daran 
anschliessend  Druck- 
röhr 

60,0  m  langes  massives 
Wehr,  Werkkanal  im 
Stollen  von  1  qm  Quer- 
schnitt 8405,0  m  lang; 
416,5  m  lange,  schmie- 
deeiserne Druckrohr- 
leitung mit  Flanschen- 
Verbindung  von  0,9  m 
Dm. 

Wehr   und    8800,0  m 

langeDruckrohrleitung 

von  0,5  m  Dm. 


>.  f.  d.  ges.  Tur- 
binenwesen  1906  S.329. 


Zeitschr.  f.  d.  ges.  Tur- 
binenwesen 1907  8. 149. 


Wagenbaoh,,Turbinen- 
anlagen*  8.  104.  Die 
Anlage  ist  interessant 
wegen  der  von  Gans 
&  Co.  gelieferten  Tur- 
binen, welche  fttr  die 
Zwecke  des  Walswer- 
kes nur  70Uml./Min. 
haben  durften. 

ZodeL  Sohweis.  Baus. 
1904>H  8.287.  Wagen- 
bach, «Turbinenan- 
lagen" 8.  81. 


604 


IL    Theodoe  Koehn.    Ausbau  ton  Wabbebehaften.    Beispiele. 


2 


BMeiobDOOg  der 
Anlag« 


Stf 


H 


G" 


B 

0 


5-s 


Art  der  Turbinen 


Einige  Angaben  Ober 

die    wasserbaulichen 

Verhältnisse 


Literatarugu»- 


15 


16 


17 


18 


19 


Wasserkraft- Elektrizi- 
tätswerk Toulouse 


Wasserkraft-Elektrizi- 
tätswerk in  Les  Cla- 
vsux  an  der  Romanche 
(Isere) 


Wasserkraft-Elektrizi- 
tätswerk inRiouperoux 
an  derRomanche(Isere) 
für  eine  Papierfabrik 
und  eine  elektro- che- 
mische Fabrik 

WasaerkraftElektrizi- 
tätswerke  Servoz  und 
Chavants  an  der  Arve 
(Haute  Savoie)  für  den 
Betrieb  der  Chemin  de 
fer  du  Fayet  a  Cha- 
monix 


Wasserkraft-Elektrizi- 
tätswerk an  der  Arve 

bei  Chedde  (Haute 
Savoie)  der  Socieie 
anonyme  4**  Forces 
Motrices  et  Usines  de 
l'Arve  (die  Anlagen  zu 
18  sind  gleichfalls  von 
der  genannten  Gesell- 
schaft errichtet  und 
an  die  Eisenbahn -Ge- 
sellschaft Paris-Lyon- 

Marseille  abgetreten) 


1897 

bis 

1898 


1899 

bis 

1901 


28 


42 


35,0 


38,0 

bis 
46,0 

für 
Servos 

und 

94,0 

für 

Cha- 

vants 

140,0 


2000 


5000 


7000 


4800 


5640 

bis 

11810 


14000 


Frankreich. 

Liegende  Spiralge- 
häuse-Turbinen von  je 
417  PS«  mit  425  Uml./ 
Min. 


Liegende  Gehäuse- 
Turbinen 


4  liegende  Gehäuse- 
Turbinen  von  je  850 
PS«  und  2  von  je  425 
PS* 


Wehr,  Werkkanal  und  ' 
Druckrohr,  welches  auf 
Stützmauern  und  den 
nach  oben  verlängerten 
Wänden  des  Kraft- 
hauses aufruhend  Aber 
dem  Dache  des  letz- 
teren liegt  Von  die- 
sem zweigen  die  Tur- 
binenrohre ab 

Webr,  Werkkanal  und 

1150,0  m  langes  Druck- 

röhr  von  2,5  m  Dm. 


Wagenbscb,  .Torfe*! 

anlagen'  S.  6e  i 

mit  Schnitten  far 2  * 

Kraftbra 


Wehr   und    1000,0  m 

langer  Werkkanal, 

2  Druckrohre  von  1,50m 

innerem  Dm. 


Compte  Reodo  ds  ut 
gros  de  la  Homlä  t  * 
che,  Greoohh  >. 
Deuxieme  Volon*  *  .- 
(vergLaach  DeliL-^ 
Installation*  Hj- 
ftectriqaes,  Pt*> 

Ebenda  8.  33. 


Zunächst  4  liegende  !  Wehr   in   der   Arve,     Ebenda  &  170. 
Gehäuseturbinen  von  '  Werkkanal,     Druck- 


825  PS«  aufgestellt 


Es  waren  1902  zunächst 
nur   2  liegende  Frei- 
strahlturbinen von  je 
825  PS«  aufgestellt 

12Girard-Turbinen  mit 
liegenden  Wellen  von 
je  800  PS«  und  280 
UmL/Min.  aufgestellt. 
Weitere  Turbinen  fol- 
gen nach  Bedarf. 


röhre 


8,0  m   hohes    Wehr« 
2 148  m  langer  Werk- 
kanal, Druckrohre 


Wasser  kommt  vom 
Unterwasser  des  Kraft- 
werkes Servoz  in  einem 
meistens  im  Tunnel  lie- 
genden Werkkanal.  Zu- 
nächst 2  Druckrohre 
von  1,4  m  Dm.  verlegt. 
Wandstärke  oben  6  mm, 
unten  14  mm.  Eins  der 
Rohre  wurde  bei  der 
Inbetriebsetzung,  als 
der  obere  Schieber  ge- 
schlossen wurde,  der 
untere  aber  aufblieb, 
von  dem  äusseren  Luft- 
druck in  die  Form  einer 
Acht  zusammenge- 
drückt, weil  das  Luft- 
rohr am  oberen  Ende 
ungenügend  dimensio- 
niert war 


Ebenda  S.  17?. 


Ebenda  S.  191. 


Literaturangaben  zu  Kap.  II. 


605 


Bezeichnung  der 
Anlage 


b*  tu 


• 


ÖD 


3£ 


Art  der  Turbinen 


Einige  Angaben  Aber 

die    wasserbaulichen 

Verhältnisse 


Literaturangaben 


20 


21 


22 


23 


Wasserkraft-Elektrizi- 
tätswerk beiEvian  Les 

Bains  in  Chevenoz 
(Haute  Savoie)  an  der 
Dranse  der  Union  Elec- 
trique  Soc.  an.  Das 
Krafthaus  liegt  14  km 
von  Thonon  und  20  km 

Ton  Evian  entfernt 

Wasserkraft-Elektrizi- 
tätswerk    Bellegarde 
(Ain)  an  der  Rhone 

Wasserkraft-Elektrizi- 
tätswerk am  Doron  bei 
Bozel  (Savoie)  der  Com- 
pagnie  Glneral  d'ßlec- 
tro-Chimie 


24 


Wasserkraft-Elektrizi- 
tätswerk  am  Are  bei 
Saint  Michel  de  Mau- 
rienne  der  Soci6t6 
d'ßlectro-Cbimie.  Lie- 
fert Kraft  für  die  Fa- 
briken in  Primont 
(vergl.  auch  Kap.  III, 
2  Werkkanäle,  wegen 
der  interessanten  Was- 
serfassung). 

Wasserkraft-Elektrizi- 
tätswerk am  Furon 
(linken  Nebenfluss  der 
Isere)  bei  Engins  der 
Soctttt  d'Ülnergie  älec- 
trique  de  Grenoble  et 
Voiron 


1898 


55,0 


1100 


Liegende  Gehäuse-Tur- 
binen von  800—850 
PS«  mit  480Uml./Min. 


1871 
und 
1899 

1899 


1895 

bis 

1896 


1897 

bis 

1898 


10 
bis 
14,0 

287,0 


75,0 

bis 

80,0 


296 


10000 


4500 


Stehende  Schachttur- 
binen von  je  1500  PS« 

6  liegende  Freistrahl- 

Qehäuse-Turbinen  von 

je  650  PSe. 


3750 


1500 
allein 

im 
oberen 
Werke. 

Bin 

unteres 

Werk 

liegt  bei 

Les 
Cdtes 

de 
Sasse- 
nage 


12  Turbinen  von  160 

PS»  mit  850  Uml./Min. 

4  Turbinen  von  480  PS* 

und  800  Uml./Min. 


Liegende    Freistrahl- 
Turbinen  Ton  je 
425  PS« 


Einfaches  Wehr,  Werk- 
kanal Ton  .  800,0  m 
Länge,  250,0  m  langes 
Druckrohr  von  1,0  m 
Dm. 


Wehr  in  der  Rhone 


Wehr  und  2200,0  m 
langes  Druckrohr  von 
0,9  m  Dm.  und  6  bis 
18  mm  Wandstärke. 
Das  Druckrohr  Über- 
sehreitet 8  mal  auf 
eisernenHängebrücken 
yon  55,0, 38,0  u.  70,0  m 
Spannweite  den  Doron. 

Wehr;  2800,0  m  langer 

Werkkanal ;     zwei 

Druckrohre  von  1,20  m 

Dm. 


Wehr;  mehrere  kleine 
Stau weiher  von  zusam- 
men 20000cbm  Inhalt; 
3200,0  m  lange,  be- 
deckt verlegte  Druck- 
rohrleitung, wovon  (bis 
85,0  m  Druckhöhe) 
2000,0  m  in  armiertem 
Beton  von  10—20  cm 
Wandstärke  u.  0,80  m 
Dm.,  der  Rest  als  eiser- 
nes Druckrohr  von 
0,60  m  Dm.  mit  Flan- 
schenverbindung und 
4— 14  mm  Wandstärke. 

ausgeführt      sind. 
(Der  Maschinensaal  ist 
durch  eine  Längswand 

fetrennt;  in  dem  einen 
eil   stehen   die  Tur- 
binen, in  dem  anderen 
die  Generatoren.) 


Ebenda  S.  215. 


Ebenda  S.  221. 


Ebenda  S.  269. 


Ebenda  S.  817. 


Ebenda  S.  553  und 

L'£clairage  tilectrique 

Paris  No.  40  du  6  Oc- 

tobre    1900.     L'Usine 

d'Engins. 


606 


IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Beispiele. 


Beseichnung  der 
Anlag« 


12 


Art  der  Turbinen 


Einige  Angaben  Aber 

die    waaserbanlioken 

Yerhiltniaae 


26 


27 


28 


WasserkraitElektrisi- 

tiiewerk  Saat  Mortier 

(Dep.  Jura)    am  Ain- 

flnaa 


Waeserkraft-Elektri»- 
tltswerk  an  der  8arine 
bei  Montbo  von,  Kanten 
Freiburg,  der  SeeieW 
dea  Uainea  hydro-eleo- 
triquea  de  MontboTon 
in  Romont 


Waneerkraft-Elektrisi- 
titewerk  der  Walliser 

Indueiriegeaellaehaft 
in  Vernayas  (Karbid- 
fabrik) im  Rhonetal  an 

dem  die  Piesevache- 

FAlle  bildenden  Was- 

aerlanf 


Waaeerkraft-Elektrisi- 
titawerk  Paderno  an 
der  Adda  (8.  20)  sur 
StremTeraorgong  Ten 
Mailand  der  8ocieta 
Generale  Italiana  di 
Elettricith  8yatema 
Ediaon 


1900 

bis 

1901 


17,0 


8000 


1900 


1900 
1902 


57 
bia 
60 


500,0 


5000 


6000 


Liegende  Gehausc-Tur- 
binen  von  je  700  PS« 
und  250  UmL/Min.  mit 
Einführung  des  Druek- 
rohrea  von  oben  wie 
bei  der  Anlage  Avig- 
nonnet  (S.  505). 


Sehweis. 

4  stehende  Freietrahl- 

tnrbinen  von  je  1100 

P8#  mit  800  Üml./Min. 

2  deagL  von  500  PS« 

mit  150  UmL/Min. 

(vergl.  Tai.  LXXV, 

Fig.  4-8) 


6  liegende  Schwamkrug- 

tnrbinen  von  je  1000 

P8#  und  500  UmL/Min. 

(vergi  Tai.  LXXV, 

Fig.  1-8) 


1895 

24,9 

18000 

bia 

bia 

1897 

28,8 

Italien. 

7  liegende  Gehauee- 
Franda-Tiurbinen   von 
2160  P£U  mit  180  üml./ 
Min.   (Dargestellt  auf 
Taf.  LXIX,  Fig.  5-8). 


Wehr  im 
1,5  km  langer  Werk- 
kanal teils  offen,  teils 
im  Tunnel;  Aosnntsnng 
dea  Lac  de  Ghallain 
nun  Ausgleich  der 
Waaaermenge  (8. 228) ; 
4  Druckrohre  von  je 
1,7  m  Dm.). 


Die  Anlage  ist  bemer- 
kenswert,  weil  eine 
stehende  Turbine  bei 
dem  hohen  GefUle  ge- 
wählt wurde  und  wegen 

der  eigentümlichen 
Konstruktion  der  von 
Jakob  Rieter  in Winter- 
thur  gelieferten  Tur- 


Krafthana  oberhalb  der 
60,0  m  hohen  Fälle, 
welche  erhalten  ge- 
blieben sind,  in  den 
Felsen  hineingebaut 
Wehr;  genietete  Stahl- 
rohrleitung, welche 
sich  in  der  engen  wilden 
Schlucht  dem  Gelinde 
so  gut  wie  möglich  an- 
paast.  Krümmungen 
s.  T.  wie  bei  der  später 
gebauten  Vouvry-An- 
lage  (8.  471  und  Taf. 
LVIII,  Fig.  10  u.  11) 
durch  eingelegte  Keil- 
stucke ermöglicht 


Nadelwehr  in  der  Adda 
(Taf.  LI,  Fig.  14  bia  16). 
Offener  689,85  m  langer 
Werkkanal.  Geschwin- 
digkeit 1,87  m/sek. 
Druckrohre 


Genie  Ovil  1901 B42 


anlagen-  a8SLl.li 
Chol,  ZaäsehriTi 
deutscher  lag.  HCl 
S.  1681  a  £ 


E.  Rekhai,  ZevcfeJ 
Yer.devtscherhe>W 
8.  1889, 189L 


Ebenda  R 16»  «.lfit 


La  Genie  CWL  &T> 
notti:  InsUüanei  fr 
dro -ftectneet  •»  & 
domo  Adda,  Paw  1» 
Dialcani  IaishtfH 
Traeporto  deU*  fts?» 
Elettrioa:IlCo»H* 
anatriale  di  Feh» 
degn  Ing*  Cce*  S4 

fefMailaeiU* 


LlTEBATüHANGABEK  ZU  KAP.  IL 


607 


Lfd.  Nr.  | 

Bezeichnung  der 
Anlage 

•1 

•  9 

Gefalle 
in  m 

3-9 

Art'  der  Turbinen 

Sinige  Angaben  Aber 

die    wasserbaulieben 

Verhaltnisse 

Literaturangaben 

29 

WaaaarkraftrElektrizi- 

1908 

254,0 

10000 

Liegende  Freistrahltur- 

Wehr  und  4500,0  m  1. 

Zeitschr.d.  Ver.  deutsch. 

tftiswerk  am  Caflaro» 

bis 

in  «in«. 

nnteren 

binen  von  je  2500  PS« 

Werkkanal 

Ing.  1908  8.  881. 

Flnaee  (Kraft-  u.  Licht- 

1904 

Werk. 

5000 
in  einem 

▼ersorgung  für  die  Pro- 

Tina  Breacia) 

oberen 

Werk, 

welches 

•piter 

werten 
eoü. 

80 

Waaserkraft-Elektrizi- 

1906 

17,0 

800 

Liegende  Francis- Re- 

— 

Elektro!  Zeitschr.  1908 

tätswerk  am  Potenza- 

bis 

aktions-Turbinen  für  je 

S.  829. 

flnaa  derSocieta  Hali- 

1904 

200  PS« 

ana  di  Elettncita  Lab> 

meyer  &  Co.    Erbaut 

für  den  Betrieb  einer 

Stimasenbahn  zwischen 

Caatelraimondo  unweit 

Ancona  nach  Gamerino 

31 

Waaaerkraft.Elektria> 

1908 

57,0 

11000 

8  liegende  Francis- 

18,0  m  hohes  Wehr  in 

Semenza  (S.  10)  Les  In- 

t&tawerk  Gellina  an  der 

bis 

Turbinen  Ton  je  2800 

einer  Schlacht,  11  km 

stallations  Hydro-Älec- 

Cellina  (Venezien). 

1904 

PS«  mit  815  Uml./Min. 

langer  Werkkanal 

triques    de   la   Haute 

Kraitveraorgung    von 

Italic.    Paris  1905. 

Venedig 

82 

Waaaerkraft-Elektrizi- 

1908 

40,0 

12000 

4  liegende  Francis- 

Wehr  im  Brembo.  Offe- 

Ebenda. 

Utawerk  am  Brembo 

bis 

Turbinen  von  je  8000 

nerWerkkanal.  Druck- 

der Societa  Conti  per 

1904 

PSe  mit  815  Uml./Min. 

rohre 

Impreae  Elettriche 

(Übertragung  nach 

Monsa   und  Mailand) 

Wasserkraftwerk  der 
Holiachleifereien   und 

Papierfabriken  der 
Union  Co.,  5  km  unter- 
halb   von   Skien    am 
Skotfos(Jahresleistung 
25  Millionen  kg  Druck- 

und  Zeitungspapier) 


Wasserkraft-Elektrizi 

jkltswerk  Trondhjem  am 

oberen  Lerf os 


7,0 


80,5 


10000 


2400 
(kam 
dnreh 
Begnlie- 
nmgd. 
Flneeee 
nnd  der 


saf 
10000 

P8e  er- 
höht 

werden) 


Norwegen. 

Stehende  Gehäuse-Tur- 
binen von  450  PSe  bei 
150  Uml./Min. 


LiegendeGehäuse-Tur- 

binen  Ton   1000  PSe 

mit  875  UmL/Min. 


Wehr  und  Werkkanal; 
Wasser  wird  durch 
Druckrohre  Ton  2,5  m 
LW.  den  Turbinen  zu- 
geführt Krafthaus  auf 
Felsen  fundiert,  steht 
zusammen   mit   Holz- 
schleiferei zwischen 
Werkkanal  und  Unter- 
wässerkanal 

Wehr,  Werkkanal, 

Sammelbecken,  Druok- 

rohre 


Wagenbach, ,  Turbinen- 
anlagen*   S.    29    mit 
Schnitten    durch    daa 
Krafthaus. 


Ugeblad  1901 
S.  517.    Wagenbach, 
„Turbinenanlagen"    S. 
85  mit  Abb.  der  Tur- 
binen. 


608 


IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräfte».    Beispiele. 


■ 

8 

i 

Bezeichnung  der 
Anlage 

Zeit'  der 
AnsfQhrg. 

9 

,3-s 

Art  der  Turbinen 

Einige  Angaben  Aber 

die    wasserbaulichen 

Verhältnisse 

Literatraagitm 

86 

Wasserkraft-Elektrizi- 

1899 

18,5 

4000 

Liegende  Spiralgehäuse- 

100,0   m   langes   und 

Zeitachr.  d.  Ter.  *n 

tätswerk    der  Karbid- 

bis 

Turbinen  mit  Einmün- 

4,0 m  weites  Druck- 

scher Ing.  1903  2  * 

i 

fabrik  Notodden 

1900 

dung  des  Turbinen- 
rohres  von  oben,  1000 
PSe  und  231  Uml./Min. 

rohr  für  25,0  cbm/sek., 
Geschw.  1,91  m/sek. 

Wagenbach  „Tufcn 
anlagen"  S.  87  buaj 
der  Turbise 

Schweden. 

• 

36 

•  Wasserkraftwerk    der 

!  Strörasnfts-  Braks    Ak- 

tiebolag  inStrömsnäs- 

bruk 

3,75 

855 

Stehende  Francis- 
Schachtturbinen     mit 
Finkschen    Leitschau- 
feln und  50  Uml./Min. 
Kanimradfibertragung 
(gel.  von  Richard  Hart- 
mann A.-G-  Chemnitz) 

Wehr  und  Werkkanal 

Wagenbach  Jmm 
anlagen"  8. 24  out  A« 
der  TurUaci 

87 

WasserkraftrElektrizi- 

Bau- 

80,0 

75000 

Liegende  Francis-Tur- 

Werkkanal, Druck- 

Zeitachr. d.  Ver.  *J 

tätswerk  an  den  Troll- 

beginn 

binen  von  je  10  000  PSe 

rohre,  Krafthaus 

scher  Ing.  1906  S.  145 

hättan-Fällen  des 

1906 

schwedischen  Staates 

» 

Spanien. 

88 

Wasserkraft-Elektrizi- 

1902 

— 

4000 

Turbinen  von  1000  PSe 

— 

Elektr.  Zeitachr.  lfc 

tätswerk  Quintana- 

bis 

mit  375  Uml./Min. 

S.  283 

Martingaündez,  78  km 

1904 

i 

von  Bilbao,  der  Societa 
Hidro  Electrica  Iberi- 
ca  (erb.  von  Siemens- 

Schuckert -Werken 

i 

Berlin) 

i 

i 

39 


Wasserkraft-Elektrizi- 
tätswerk Stockfors- 
Traesliberi  (Holz- 
Schleiferei)  in  Kotka, 
Finnland,  an  der  Kym- 
mene  bei  Pyttis 


8,0 


Rassland. 

3800    3    liegende    vierfache  |  Wehr  und  Werkkanal. 
'   Schacht-Francis-Tur-  ■  Kraftbaus  mit  Holz- 
binen   von    1000  PS«,  t   Schleiferei,  getragen 
2  liegende  Schachttur- !  von  schmiedeeisernen, 
binen  von  350  und  250  '  auf  dem,  Felsen  gegrün- 


PSe,   1  stehende  Tur- 
bine von  200  PSe 


deten  Säulen,  Ober  dem 

Unterwasserkanal 
dicht  am  Meere,  in  wel- 
ches die  Kymmene  das 
Wasser  eines  Teils  der 
finnischen  Seen  ab- 
führt 


Wagenbach  wie  xe 
8.28  mit  Gnffldri** 
Quer-sehnitt  des  Kn 
hause«. 


40 !  Wasserkraft  Elektrizi- 
1  UUwerk  für  die  Stadt 
Tokio  am  Tamagawa 
40  km  von  Tokio  ent- 
fernt 


im 
Bau 


80000! 


Japan. 


|  Zeitschr.  td.ges.Tr 
j  binenwtMsl906S.5 

I 


LfTERATURANGABEN   ZU   Kap.    II. 


609 


Bezeichnung  der 
Anlage 


zt 


4»   O 

O 


3-» 


Art  der  Turbinen 


Einige  Angaben  über 

die    wasserbaulichen 

Verhältnisse 


Literaturangaben 


Vereinigte  Staaten  von  Nord-Amerika  (vergl.  aueh  S.  14  dieses  Bandes). 


3t.     Lawrence   Power 
Co.   bei  MassenaN.-Y. 


Ausnutzung  der  Spier- 
falle   am  Hudson,   rd. 
64  km    oberhalb   von 
Albany  N.-Y. 


Wasserkraft-Elektrizi- 
tätswerk der  Man- 
chester Traction  Light 
and  Power  Co.  am  Her- 
rimac  River,  New 
Hampshire 

Waaaerkraft-Klektrui- 
tätawerk  der  Atlanta 
Water  and  Electric- 
Power  Co.  (Georgia) 
an    den  Morganfallen 

des     Chattahoochee- 
River,  welcher  am  Süd- 
abhang der  Alleghani- 

Mountains  entspringt 


Wasaerkiatt-Elektrizi- 
Utawerk  am  Catawba- 
River  in  der  Nähe  von 
Rock  Hill  (Sud-Caro- 
lina) 


6, 


Wasserkraft-Elektrizi- 
tätswerk am  Animas- 
River   bei   Rockwood 
Colorado 


1901 

bis 

1902 


1903 

bis 

1904 


1902 

bis 

1904 


1902 

bis 

1904 


12,0 


47,5 


7,65 
bis 
9,15 


1902 

bis 

1904 


im 
Bau 


U,6 


5,0 
bis 
7,6 


800,0 


70000 


32000 


6000 


12750 


8100 


40000 


Dreifache  liegende  Vic- 
tor-Schachtturbinen  an 
einer  Welle 


Liegende  Gehäuse-Tur- 
binen  von   5000  und 
8400  PSe 


Liegende   Schaeht-Ge- 

hAuseturbinen  im 

offnen  Sehacht  von  je 

1085-1220  PS« 


Liegende  Schachttur- 
binen von  je  2400  PS« 
in  einem  kurzen  ge- 
schlossenen Druck- 
Bchaeht ,  welcher  im 
Wehre  selber  angelegt 
ist.  Krafthaus  unmit- 
telbar hinter  dem 
nicht  überfluteten 
Teile  des  Stauwehres 

Liegende  Schachttur- 
binen von  je  1150  PS« 
mit  Seilfibertragung 
auf  die  hoohwasser- 
frei  stehenden  Gene- 
ratoren 


Wehr  im  Lawrence- 
Strom;  5,0  km  langer 
Werkkanal  nach  dem 
Grassefluss  von  80,0  m 
Breite  und  7,6  m  Tiefe. 

546  m  langer  und  ca. 

30  m  hoher  Staudamm 

im  Hudson 


185   m    langes  Wehr 

und  kurzer  nur  150  m 

langer  Werkkanal 


275  m  breites  und 
16,0  m   hohes  Wehr. 

215  m  Länge  des 

Wehres    dienen    als 

Oberfall 


285,0  m  breites,   huf- 
eisenförmig in   den 
Fluss  eingebautes 
Wehr.    Turbinenkam- 
mern   und   Krafthaus 
unmittelbar   am    und 
im  Wehr 

Staumauer  von  420,0  m 
Länge  und  80,0  m  Hohe. 
18  km  langer  Stollen 
zur  Ableitung  des  Was- 
sers des  Animas,  Stau- 
becken von  90  Millio- 
nen   cbm    Inhalt,    in 

welches  auch   das 
Wasser  zweier  Neben- 
flüsse des  Animas, 
nämlich  Lime  und  Cas- 
cade,   geleitet  werden 
soll 


Zeitschr.  d.  Ver.  deut- 
scher Ing.  1901  S.  500. 
Engineering  News  vom 
21.  Februar  1901  S.  180. 


Elektrot.  Zeitschr.  1903 
S.  753.  Electrical  World 
and  Engineer  1908,  S. 
1091.  Scientific  Ameri- 
can 1903  S.  186. 

Eng.  Record  1908,  L 
S.  107,  1904,  I.  S.  668. 
Wagenbach,  .Turbinen- 
anlagen" S.  65  mit  Abb. 
der  Turbinenanlage. 


Eng.  Record  1904,  I. 
S.504.  Eng.  News  1904, 
II.  S.  15.    Wagenbach, 

„Turbinenanlagen* 

S.  66    mit    Abb.    der 

Turbinenanlage. 


Eng.  Record  1904,  IL 
S.  114  u.  129.    Wagen- 
bach,  .Turbinenan- 
lagen" S.  67  mit  Abb. 
des  Kraftbauses. 


Zeitschr.  f.  d.  ges.  Tur- 
binenwesen 1906  S.852. 


Handbuch  der  Iaf.-WlMenMh.    III.  Teil.    13.  Bd. 


89 


610 


IL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  WabskrkrIften.    Beispiele. 


£ 


Bezeichnung  der 
Anlage 


S 


3'9 


Art  der  Turbinen 


Einige  Angaben  Aber 

die    wasserbanliohen 

Verhältnisse 


47 


48 


49 


50 


51 


52 


Wasserkraft-  Elektrizi- 
tätswerk bei  Chatta- 
nooga  (Tennessee)  am 
Tennessee-River  (Ne- 
|benfl  ose  des  Mississippi) 

Wasserkraft-EJektriri- 
titswerk  am  Puyallup- 

River  bei  Taooma 
(Washington)  derPuget 

Sound  Power  Co. 

Wasserkraft-Elektrizi- 
tätswerk der  Califor- 
nia Missouri  River 
Power  Company  bei 
Black  Cafion  am  Mis- 
souri (Kalifornien). 

WaaserkrafVElektrizi- 

titswerk   bei  Folsom 

am    Americanflusse 

(Kalifornien) 


Waeserkraft-Blektrixi- 
titswerk  der  Northern 
California  Power  Co. 
a)  bei  Volta  am  Battle 
Creek  (Nordabhang  der 
Sierra  Nevada) 


b)  bei   Kilaro   24  km 

nördlich  von  dem  Volta- 

werk  am  Cow  Creek 


seit 

1905 

im 

Bau 


1908 

bis 

1904 


12,0 


1902 

bis 

1908 


1895 

bis 

1896 


1902 
bis 

1904 


1902 

bis 

1904 


265,0 


9,0 


10,0 
bis 
14,0 


865,0 


40000 

bis 
60000 


20000 


10000 


5200 


4500 


Stehende    Schachttur- 

binen  von  je  4000  PS« 

bei  120  Üml./Min. 


Freistrahl-Doble-Räder 
von  je  5000-7500  PS« 


Liegende    Doppel- 

Sohachttorbinen  von  je 

1 125  PS« 


Liegende  Schaeht-Dop- 

peltnrbinen  von  je 

1800  P&U 


Peltonrider 


360,0 


6500 


Peltonrider 


Quer  durch  den  Flosa 

ein  Staudamm  von 

865,0  m  Länge  und  15 

bis  18,0  m  Höhe 


60,0  m  langes,  1,5  m 
hohes  festes  Wehr  im 
Puyallup-River;  16  km 
langer  Werkkanal  mit 
Stanweiher 

150,0  m  langes  Stau- 
wehr 


Staudamm  von  200  m 
Länge,   26,7  m  Fuss- 
breite  und  7,6  m  Kro- 
nenbreite.   Kurzer 
WerkkanaL 

Wehr;  5,6  km  langer 
Werkkanal ;  Staubecken 
im  Nora-See;  250,0  m 
lange  Druckleitung  von 
1,0  m  1.  W.  aus  Rot- 
holcdauben ,    welche 
von    Eisenreifen    mit 
Spannschlössern   zu- 
sammengehalten wer- 
den, dann  anschliessend 
1800,0  m  lange  eiserne 
Druckrohrieitung. 

Wehr;  6  km  langer 
Werkkanal ;  Stauweiher 
von  8,25  ha  Oberfliehe 
u.  100000  cbm  Inhalt, 
gebildet  durch  einen 
4,5  m  hohen  Damm. 
Eiserne  Druckrohr- 
leitung, deren  Dm.  von 
1,880  m  am  Stauweiher 
auf  1,070  m  am  Ma- 
schinenhause 


Zeitsdir.  1  d.  gas.  Tur- 
bineowesen  1906  S.  3L 


Zeitsdir.  d.  Ver.  deut- 
scher Ing.  1905  a  41t 
n.  fL 


Elektr.  Zeitachr 
S.  819.  The 
Times  12.  Februar 
1906. 


d.  Ter.  deut- 
scher Ing.  1895  S.  1067. 


d.  Yer.  de*. 

scher  Ing.  1904  8.2010. 

Electrica!  World  vom 

September  und  Oktober 

1904. 


Ebenda. 


LlTEBATUBANOABEN  ZU  KAP.   II. 


611 


Bezeichnung  der 
Anlage 


S» 


•s« 


3 


a 


5" 


60 

Sa? 


Art  der  Turbinen 


Einige  Angaben  Aber 

die    wasserbaulichen 

Verhältnisse 


Literatorangaben 


Canada  (vergl.  S.  15  dieses  Bandes). 


Shawanegan  Water 

Power  Co.  bei  Qoebec 

Canada 


Wasserkraft-Elektrizi- 
tätswerk der  Hamüton- 
Cataract  Power  Light 
and  Traetion  Co.  am 
Niagara.  Krafthans  bei 
8t  Catherine«  (vergl. 
auch  8.  8  n.  15  dieses 
Bandes) 


Wasserkraft-Elektrizi- 
tätswerk bei  Necaxa 
zur  Ausnutzung  der 
Necaxa-  nnd  Tenango- 
fftlle  der  Mexican  Light 
and  Power  Co.  (Strom- 
versorgung von  Mexi- 
co, El  Ore,  Pnebla  nnd 
Pachna,  vergl.  S.  22). 


1902 

bis 

1904 


1896 
bis 
1899 
nnd 
1908 
bis 
1904 


40,0 


78,0 

bis 

79,5 


45000 


Liegende  Gehäuse- 
Francis  -  Turbine    mit 
Finksehen   Leitschau- 
feln 

LiegendeSpiralgehäuse- 
turbinen  von  2000  PS« 
nnd  von  6100  PS«, 
ausser  einer  Anzahl 
älterer  nnd  kleinerer 
Turbinen 


Wasserfälle 


Wasser  wird  ans  dem 
alten  Wellandkanal 
entnommen  n.  in  einem 
neuen  Kanal  von  Al- 
lanburg bis  zum  Rande 
des  Niagara-River  bei 
St  Catharinee  geführt, 
wo  8  grosse  Stauweiher 
von  Aber  12  ha  Ober- 
fläche angelegt  wur- 
den. 8päter  (1908— 
1904)  wurde  ein  neues 
Wehr  in  dem  Welland- 
kanal erbaut,  das  Be- 
triebswasser durch 
einen  neuen  Werkkanal 
von  800,0  m  Länge  in 

den  Beaver-Dams- 
Creek  geführt  und  letz- 
terer durch  einen  Erd- 
damm zu  einem  Stau- 
becken von  162  ha 
Oberfläche  aufgestaut. 
Letzteres  ist  mit  den 
alten  Stau  weihern  durch 
einen  Kanal  von  800,0 
m  Länge  verbunden. 


1908 

bis 

1905 


872,4 

bis 

400,5 


80000 

bis 
40000 


Mexiko. 

6  stehende  Peltontur- 
binen  von  je  8000  PS* 
mit  800  üml  /Min.  (gel. 
von  Escher,  Wyss  dt  Co.) 


L.  Zodel,  Schweiz.  Bau- 
zeitung 1904,  I.  S.  98. 
Wagenbach,  »Turbinen- 
anlagen*  8. 87  mit  Abb. 
einer  Turbine 

Zeitschr.  d.  Ver.  deut- 
scher Ing.  1901  S.  1095 
und  1905  8.  2009  u.  iL 


Drei  Staudämme  von 
61000000  cbm  Inhalt 
zur  Aufspeicherung  des 
Wassers  derRegenzeit; 
6  schmiedeeiserne  zum 
Teil  im  Tunnel,  zum 
Teil  offen  auf  Beton- 
fundamenten verlegte 
Druckrohre  von  0,75  m 
Dm.  (80");  Krafthans 
auf  Betonfundamenten 
wegen  der  Erdbeben- 
gefahr aus  Eisenfach- 
werk errichtet,  hat 
einen  Maschinensaal 
von  26,8  m  Breite  und 
60,0  m  Länge  und  ist 

bis  zum  First  des 
Polonceaudaches  (mit 
seitlichenOberlichtern) 
19,8  m  hoch.  Es  stehen 
8,6  qm  Bodenfläche  pro 
100   inst  PS«  (wenn 

man  6x8000  = 
48000   PS«   zugrunde 

legt)  zur  Verfügung 


Modern  MexicoVol. 
Nr.  7,  April  1906 


89' 


612  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


Kapitel  III.    Einzelheiten  über  Entwurf  und  Ausführung 
der  verschiedenen  Bauteile,  über  Stromtarife  und  den 

Betrieb  von  Wasserkraftanlagen, 

§  1.    Stauwerke. 

Für  unsere  Zwecke  sollen  die  Stauwerke  unterschieden  werden  in: 
A.  Wehre,  B.  Talsperren,  C.  Stauweiher  und  Druckbecken. 

A.   Wehre.    Hierau  Tafel  LI. 

Die  zu  A  gehörigen  Besprechungen  sind  in  folgende  Abschnitte  eingeteilt: 

1.  Die  Wirkungen  der  Wehre. 

2.  Die  verschiedenen  Arten  der  Wehre. 

3.  Die  Wahl  der  Stelle  für  das  Wehr  und  die  Anordnung  desselben  zur 
Stromrichtung. 

4.  Die  Stauhöhe. 

5.  Die  Berechnung  der  Stauhöhen,  Weh  der  Durchflussprofile  und 
der  Stauweite. 

6.  Die  festen  Wehre. 

7.  Bewegliche  Wehre. 

8.  Die  Grundablässe  oder  Kiesfreiläufe. 

9.  Die  Flossgassen  und  die  Eisschützen. 

10.  Die  Fischpässe. 

11.  Die  statische  Berechnung  der  Wehre. 

12.  Die  Ausführung  der  Wehre. 

1.  Die  Wirkungen  der  Wehre.  Unter  Wehren  'sind  hier  diejenigen  Bauwerke 
verstanden,  welche  in  einem  fliessenden  Gewässer  zu  dem  Zwecke  errichtet  werden,  um 
durch  den  eine  stufenförmige  Erhöhung  des  Wasserspiegels  bewirkenden  Stau  Druck- 
gefälle zu  gewinnen  und  die  Ableitung  von  Triebwasser  aus  dem  Gewässer  zu  erleichtern. 
Bei  Flüssen,  welche  im  Verhältnis  zu  ihrer  sekl.  Wassermenge  eine  grosse  Breite  haben, 
wie  es  bei  den  meisten  unregulierten  Flüssen  der  Fall  ist,  verteilt  sich  bei  N.W.  das 
fliessende  Wasser  in  einzelne  kleine  Rinnsale  und  ist  infolgedessen  ohne  Stauwehr  für 
ein  Triebwerk  nicht  fassbar. 

Der  Stau  vergrössert  den  benetzten  Querschnitt  des  Flussbettes  und  vermindert 
dadurch  die  Geschwindigkeit  des  Wassers  vor  dem  Wehre.  Die  Folge  hiervon  ist  die 
Ablagerung  der  Geschiebe  und  der  Sinkstofft.  Wenn  keine  besonderen  Vorkehrungen 
getroffen  würden,  um  diese  Ablagerungen  zu  beseitigen,  müsste  sich  allmählich  die 
Sohle  des  Flusses  angenähert  bis  zur  Krone  des  Wehres  heben  und  das  Sohlengefälle  sich 
aufwärts  des  Wehres  der  Wagerechten  nähern.  Damit  würde  auch  der  Wasserspiegel  im 
oberen  Laufe  des  Flusses  über  die  beabsichtigte  Stauhöhe  hinaus  gehoben,  es  würde 
sich  aber  andererseits  die  Wassertiefe  bei  N.W.  wieder  derjenigen  nähern,  welche  vor 
Einbau  des  Wehres  herrschte,  und  der  etwa  auf  Höhe  der  alten  Flussohle  angelegte 
Einlauf  zu  einem  Werkkanal  würde  versanden.    Die  Höhe  des  Aufstaus,  welchen  ein 


§  1.  Stauwerke.    A.  Wehre.  613 

Wehr  gegenüber  dem  ungestauten  Wasserspiegel  erzeugt,  nimmt  nach  aufwärts  hin 
allmählich  ab,  derart,  dass  der  gestaute  Wasserspiegel  sich  dem  ungestauten  immer 
mehr  nähert  und  demselben  in  einem  gewissen  Abstände  Ton  dem  Wehre  so  nahe 
kommt,  dass  die  Stauhöhe  praktisch  bedeutungslos  wird.  Geringere  Schwankungen  im 
Wasserspiegel  werden  durch  die  Bewegung  der  Luft  und  durch  die  Strömung  ver- 
ursacht, sodass  mit  mathematischer  Genauigkeit  das  Ende  der  Stauwirkung  an  Ort  und 
Stelle  nicht  gemessen  werden  kann.  Man  nennt  den  Abstand  vom  Wehre  bis  zur  Grenze 
der  tatsächlich  messbaren  Wasserspiegelhebung  gewöhnlich  die  Stauweite  und  die  ge- 
krümmte Linie  des  Wasserspiegels  im  Längsschnitt  der  Stauweite  die  Stau  kurve. 
Ausserhalb  der  Stauweite  hören  die  unmittelbaren  Wirkungen  des 
Wehres  auf.  Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  die  Stauweite  um  so  grösser  wird,  je 
kleiner  das  Wasserspiegelgefalle  im  ungestauten  Flusse  war.  Innerhalb  der  Stauweiten 
werden  die  Yorflutverhältnisse  verändert  und  unter  Umständen  werden  bislang  trockne 
Gelände  unter  Wasser  gesetzt  und  der  Benutzung  entzogen.  Bei  tief  eingeschnittenen 
Wasserläufen  liegt  in  der  Regel  der  Grundwasserstand  in  den  anliegenden  Län- 
dereien auch  tief  und  ebenso  sind  die  kleineren  Zuflüsse  in  der  Regel  tiefer  einge- 
schnitten; man  wird  daher  bei  der  Wahl  der  Stauhöhe,  ohne  schädliche  Verände- 
rungen der  Vorflutverhältnisse  befürchten  zu  müssen,  eine  grössere  Freiheit  haben  als 
bei  flacheren  Flussprofilen.  Liegt  oberhalb  der  Stelle,  an  welcher  man  ein  Wehr  anzu- 
legen beabsichtigt,  eine  Triebwerksanlage,  so  darf  die  Stauweite  höchstens  bis  zu  dem 
Unterwasser  dieses  Triebwerkes  reichen,  wenn  dasselbe  nicht  schädlich  beeinflusst  werden 
soll.  Es  ist  zu  beachten,  dass  die  Stauweite  nicht  nur  von  der  Höhe  des  Aufstaus  am 
Wehr,  sondern  auch  von  den  Wasserspiegelgefällen  und  von  den  sekl.  Wassermengen 
während  der  verschiedenen  Beharrungszustande  der  Flusstrecke  abhängt  und  dass  des- 
halb die  grösste  Stauweite  zu  ermitteln  ist. 

Das  gestaute  Wassers  stürzt,  soweit  es  nicht  durch  den  Werkkanal  abgeführt  wird, 
mit  derjenigen  Geschwindigkeit,  welche  durch  die  vorhandene  Druckhöhe  erzeugt  wird, 
über  den  Rücken  des  festen  Wehres  oder  durch  die  Öffnungen  der  beweglichen  Wehr- 
teile und  greift  infolgedessen  die  Sohle  und  die  Ufer  des  Flusses  unterhalb  des  Wehres 
an.  Wenn  also  nicht  entsprechende  Gegenmassregeln  getroffen  werden,  so  wird  das 
Wasser  die  Flussohle  unterhalb  des  Wehres  vertiefen  und  die  Flussufer  einseitig  oder 
beiderseits  ausfressen. 

Die  durch  das  Wehr  hervorgerufene  Staustufe  bildet  für  die  Schiffahrt,  die 
Flösserei  und  für  die  Fischzucht  ein  Hindernis.  Für  die  Flösserei  und  Schiffahrt  wird 
dieses  Hindernis  durch  Flossgassen  und  Schiffsschleusen  überwunden.  Um  den 
Fischen  den  Zug  aufwärts  möglich  zu  machen,  werden  von  gewissen  Stauhöhen  an 
sogenannte  Fischtreppen  oder  Fischpässe  mit  dem  Wehre  in  bauliche  Verbindung 
gebracht. 

Mit  Rücksicht  •  auf  die  weitreichenden  Einwirkungen  eines  Wehres,  auf  die  Ver- 
hältnisse im  Flusse  und  auf  die  Rechte  Dritter  wird  in  allen  Kulturländern,  wie  in  §  2 
des  Kap.  I  bereits  gezeigt  wurde,  die  Erbauung  von  Stauanlagen  von  behördlicher  Er- 
laubnis abhängig  gemacht,  und  es  wird  insonderheit  die  zulässige  Stauhöhe  bei  den- 
verschiedenen  Wasserständen  zahlenmässig  vorgeschrieben.  Um  die  zulässige  Stauhöhe 
festlegen  und  ständig  nachprüfen  zu  können,  wird  in  der  Regel  die  Anbringung  einer 
unverrückbaren  Staumarke  verlangt.  Meistens  besteht  diese  Staumarke  aus  einem  ein- 
gerammten Merkpfahl,  dessen  mit  einer  Haube  versehener  und  wagerecht  abge- 
schnittener Kopf  mit  der  höchst  zulässigen  Stauhöhe  zusammenfällt.  Oft  werden  für 
die  verschiedenen  Wasserstände  verschiedene  Stauhöhen  vorgeschrieben.    Es  kann  ferner 


614  HI.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

dem  Triebwerksbesitzer  die  Verpflichtung  auferlegt  werden,  z.  B.  im  Interesse  der  Be- 
wässerung von  Ländereien  am  Oberwasser  oder  im  Interesse  der  Erhaltung  einer  ge- 
wissen Wassertiefe  für  die  Schiffahrt  und  Flösserei,  den  Stau  nicht  unter  eine  bestimmte 
Höhe  sinken  zu  lassen.  Alle  diese  verschiedenen  Marken  werden  an  dem  Merkpfahle 
deutlich  und  leicht  erkennbar  anzubringen  sein. 

2.  Die  verschiedenen  Arten  der  Wehre.  Am  häufigsten  unterscheidet  man  die 
Wehre  in  feste  und  bewegliche  Wehre. 

Als  feste  Wehre  bezeichnet  man  diejenigen,  bei  welchen  der  Stau  durch  die 
Krone  des  Wehres  fest  bestimmt  wird  und  die  Stauwirkungen  weder  ganz  noch  teilweise 
verändert  oder  beseitigt  werden  können.  Hieraus  ergibt  sich  schon,  dass  als  bewegliche 
Wehre  diejenigen  zu  betrachten  sind,  deren  Einrichtungen  es  gestatten,  die  Stauwirkungen 
innerhalb  bestimmter  Grenzen  willkürlich  abzuändern.  Bei  Wasserkraftanlagen  kommen 
vollkommen  feste  Wehre  nur  dann  in  Betracht,  wenn  der  Wasserlauf  nur  so  geringe 
Mengen  von  Sinkstoffen  und  Geschiebe  mit  sich  führt,  dass  dieselben  unschädlich  durch 
den  Triebswerkskanal  und  die  Turbinen  abgeführt  werden  können,  und  wenn  die  Stau- 
wirkung mit  Rücksicht  auf  Rechte  und  Interessen  Dritter  einer  willkürlichen  Regelung 
nicht  bedarf. 

In  den  weitaus  meisten  Fällen  müssen  schon  wegen  der  Abführung  der  sich  vor 
dem  Wehre  ablagernden  Geschiebe  und  Sinkstoffe  mit  dem  festen  Wehre  ein  oder 
mehrere  Grundablisse  verbunden  sein.  Dem  Hauptzwecke  der  Grundablässe  entsprechend 
liegt  ihre  Sohle  in  der  Regel  auf  der  Höhe  der  Flussohle  aufwärts  des  Wehres. 

Man  unterscheidet  bei  den  festen  Wehren  weiter  solche  mit  voll- 
kommenem und  unvollkommenem  Überfall.  Letztere  nennt  man  Grundwehre, 
auch  Grundsch wellen  oder  Stauschwellen,  erster e  Überfallwehre.  Bei  festen  Wehren 
mit  vollkommenem  Überfall  bleibt  der  Unterwasserspiegel  unter  der  «Krone  des  Wehres. 
Jedes  Überfallwehr  kann  aber  unter  Umständen  bei  Hochwasser  zu  einem  Grundwehr 
werden,  wenn  sich  der  Unterwasserspiegel  bis  über  die  Krone  des  Wehres  erhebt. 

Ist  die  Stauung  des  Hochwasserspiegels  nur  in  beschränkterem 
Masse  zulässig  als  die  Stauung  des  Wasserspiegels  bei  kleineren  Wasser- 
ständen, so  wird  man  mit  einem  festen  Wehre  ein  bewegliches  zu  verbinden 
haben,  in  welcher  Beziehung  unter  Umständen  schon  durch  den  Grund- 
ablass  allein  den  Anforderungen  Genüge  geleistet  werden  kann.  Diese  Ver- 
bindung kann  entweder  so  geschehen,  dass  neben  einem  festen  ein  bewegliches  Wehr 
errichtet  wird  (vergl.  z.  B.  die  Anlage  Lechwerk  Gersthofen,  Taf.  XLV,  Fig.  1),  oder 
derart,  dass  auf  das  feste  Wehr  ein  bewegliches  aufgesetzt  wird  (vergl.  z.  B.  die  Anlage 
Hagneck,  Taf.  XXXII,  Fig.  2,.  3  u.  4).  Ist  die  Stauung  des  Hochwasserspiegels  über- 
haupt nicht  zulässig,  so  wird  man  das  ganze  Flussprofil  bei  Hochwasser  frei  zu  machen 
haben  und  infolgedessen  ein  festes  Wehr  überhaupt  nicht  anlegen  dürfen,  vielmehr  das 
bewegliche  Wehr  so  einrichten  müssen,  dass  eine  feste  Grundschwelle  nur  bis  zur  Höhe 
der  Flussohle  errichtet  wird  und  im  übrigen  alle  beweglichen  Wehrteile  aus  dem  Profil 
des  Flusses  entfernt  werden  können  (vergl.  z.  B.  die  Anlage  St  Maurice-Lausanne, 
Taf,  XXIX,  Fig.  1  u.  2). 

S.  Die  Wahl  der  Stelle  für  das  Wehr  und  die  Anordnung  desselben  zur 
Stromrichtung.  Im  allgemeinen  wird  man  das  Wehr  unmittelbar  oberhalb  eines  stärkeren 
Sohlengefälles  im  Flusse  anlegen,  um  von  diesem  stärkeren  Gefälle  an  Druckhöhe  so 
viel  wie  möglich  zu  gewinnen.  Es  ist  ferner  darauf  zu  achten,  und  zwar  mit 
in  erster  Linie,  dass  auf  die  bestmögliche  Weise  die  Wasserentnahme  aus 


§  1.  Stauwerke,    A.  Wehre.  615 

dem  Flusse  bei  jedem  Wasserstande  gesichert  ist.  Von  diesem  letzten 
Gesichtspunkt  aus  wird  man  das  Wehr  so  zu  legen  haben,  dass  der  Kanal- 
sinlauf  bei  gekrümmter  Flussachse  auf  der  nach  dem  Flusse  zu  kon- 
kaven Seite  zu  liegen  kommt,  und  bei  geraden  Strecken  möglichst  an 
derjenigen  Seite,  wo  die  Flussrinne  nach  Verlauf  von  Hochwässern 
erfahrungsgemäss  bei  N.W.  am  h&ufigsten  verbleibt. 

Die  Wasserentnahme  bei  N.W.  wird  man  an  einer  engeren  Flusstelle  leichter  und 
sicherer  erreichen  als  an  einer  breiteren.  Massgebend  sind  aber  ferner  die  zulässigen 
Stauhöhen  bei  höherem  Wasserstande.  Steht  die  Stauhöhe  des  Wehres  bei  N.W.  und 
damit  auch  die  Kronenhöhe  eines  festen  Wehres  fest,  so  ergibt  sich  seine  Mindest- 
breite aus  der  sekl.  Wassermenge,  welche  bei  BLW.  noch  über  das  Überfallwehr 
hinüber  oder  durch  die  beweglichen  Verschlüsse  hindurcbfliessen  muss.  Die  hiernach 
vorläufig  ermittelte  Wehrlänge  gibt  also  einen  weiteren  Anhaltspunkt  für  die  Wahl  der 
Stelle,  wo  das  Bauwerk  zu  errichten  ist. 

Wegen  der  Standsicherheit  des  Wehres  und  wegen  seiner  Baukosten  wird  man 
naturgemäss  auf  die  Beschaffenheit  des  Baugrundes  sehr  wesentliche  Rücksicht  zu  nehmen 
haben.  Die  Baukosten  hängen  aber  ausser  von  der  Wehrlänge  und  der  Be- 
schaffenheit des  Baugrundes  auch  von  der  Art  und  Weise  ab,  wie  die  Bau- 
ausführung bewerkstelligt  werden  kann.  Bei  engen  Flussteilen  macht  die  Um- 
leitung des  Wassers  meistens  erheblich  kostspieligere  Nebenarbeiten  notwendig  als  bei 
breiteren  Flussteilen,  weil  die  höheren  Wasserstände  mit  grösserer  Wassertiefe  und 
grösserer  Geschwindigkeit  in  der  Umleitung  zum  Abfluss  kommen  müssen  und  die  letztere 
infolgedessen  stärkeren  Angriffen  ausgesetzt  sein  wird. 

Auch  die  zur  Verfügung  stehende  Bauzeit  spielt  bei  der  Wahl  der 
Wehrstelle  eine  erhebliche  Rolle.  Es  kann  z.  B.  bei  einer  breiteren  Flusstelle 
möglich  sein,  die  Gesamtanlage  in  zwei  Bauperioden  auszuführen,  während  es  dagegen 
bei  einer  engeren  Baustelle  notwendig  werden  kann,  die  Bauausführung  in  drei  und 
mehr  Abschnitten,  gerade  mit  Rücksicht  auf  die  Umleitung  des  Wassers,  einzuteilen, 
und  so  kann  sowohl  wegen  der  direkten  Baukosten  als  auch  wegen  des  Zeitverlustes 
das  längere  Wehr  doch  billiger  werden  als  das  kürzere. 

Es  ist  ferner  für  die  Bestimmung  der  Länge  und  der  Stärke  der 
Sohlenbefestigung  hinter  dem  Wehre  massgebend,  wie  weit  vom  Wehre  ent- 
fernt die  Stelle   liegt,   wo   das  über  oder   durch  das  Wehr  stürzende 

Wasser  bei  H.W.  in  einen  so  grossen  benetzten  Querschnitt  eintritt,  dass 

Q 
die  Geschwindigkeit  des  strömenden  Wassers  v  =  w  auf  ein  unschädliches 

Mass  vermindert  wird. 

Sind  Schiffsschleusen  neben  dem  Wehre  im  Flusse  selbst  anzulegen,  so  kann  auch 
durch  diese  Rücksicht  die  Wahl  der  Wehrstelle  stark  mit  beeinflusst  werden.  Zunächst 
muss  die  Flusstelle  breit  genug  sein,  um  noch  ohne  zu  grosse  Kosten  den  Platz  für  die 
Schiffsschleuse  zu  gewinnen.  Das  Oberhaupt  der  Schleuse  muss,  ebenso  wie  das  Unter- 
haupt, so  liegen,  dass  die  Schiffe  in  möglichst  ruhigem  Wasser  ein-  und  ausfahren 
können.  Namentlich  bei  Überfall  wehren  muss  deshalb  das  Oberhaupt  mindestens  etwa 
20  m  über  die  Wehrachse  hinaus  vorgezogen  werden,  und  es  sind  in  Verlängerung  der 
flusseitigen  Schleusenwand  noch  Leitpfahle  zu  schlagen  (vergl.  z.  B.  Taf.  I,  Fig.  1).  Ist 
die  Schleusenkammer  nicht  lang  genug,  um  mit  dem  Unterhaupt  in  ruhiges  Wasser  zu 
gelangen,  so  muss  durch  eine  Leitmauer  die  Ausfahrt  verlängert  werden.    Näher  kann 


616  III    Theodor  Koehn.     Ausbau  ton  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

hier  auf  die  Erfordernisse  der  Schiffahrt  und  des  Schleusenbaus  nicht  eingegangen 
werden,  vielmehr  wird  lediglich  auf  die  Spezialliteratur  verwiesen  und  insonderheit  auf 
Teil  III  des  Handb.  der  Ing.-Wschftn.  Aufl.  4.  Band  8.  L.  Brennecke.  „Die  Schiffs- 
schleusen". 

Liegen  die  Verhältnisse  so,  dass  das  ganze  Druckgefälle  durch  den  Stau  am 
Wehre  gewonnen  werden  kann  und  dass  infolgedessen  in  unmittelbarer  Nähe  des  Wehres 
auch  das  Krafthaus  zu  errichten  ist,  so  kommen  eine  Menge  neuer  Rücksichten  hinzu, 
welche  für  die  Wahl  der  Stelle  massgebend  sein  können.  Es  versteht  sich  von  selbst, 
dass  zunächst  ohne  zu  grosse  Kosten  der  Platz  für  das  Krafthaus  sich  beschaffen  lassen 
muss.  Das  Krafthaus  muss  aber  sowohl  für  den  Transport  der  schweren  Maschinen  als 
auch  für  den  ständigen  Verkehr  der  Angestellten  und  Arbeiter  gut  zugänglich  sein  und 
anderes  mehr.  Als  Beispiel  hierfür  mag  auf  die  Anlage  Chevres  (Tafel  XXVII,  Fig.  1) 
verwiesen  sein.  In  ähnlicher  Weise  liegt  auch  das  Krafthaus  der  neuen  Wasserkraft- 
anläge  bei  Trezzo  an  der  Adda  in  der  Nähe  des  Wehres  und  ebenso  wird  auch  bei  der 
Kraftanlage  Laufenburg  am  Rhein  das  Krafthaus  ganz  in  der  Nähe  der  Wehrstelle  liegen 1). 

Was  nun  die  Anordnung  des  Wehres  an  der  gewählten  Stelle  betrifft, 
so  kommen  im  grossen  und  ganzen  drei  Anordnungen  in  Betracht,  nämlich: 

1.  die  zum  Stromstrich  rechtwinkelige  Lage  des  Wehres, 

2.  die  zum  Stromstrich  spitzwinkelige  Lage  des  Wehres, 

3.  eine  nach  einem  Kreisbogen  gekrümmte  oder  eine  geradlinig 
gebrochene  Wehrachse. 

Wenn  man  an  einer  in  Aussicht  genommenen  Flusstelle  mit  der  zum  Stromstrich 
rechtwinkeligen  Lage  der  Wehrachse  eine  Wehrlänge  erzielen  kann,  welche  für  den  vor- 
geschriebenen oder  als  höchst  zulässig  angenommenen  Stau  bei  H.W.  ausreicht,  so  wird 
diese  Lage  in  allen  denjenigen  Fällen  den  Vorzug*  verdienen,  wo  auch  bei  N.W.  die 
Wassertiefe  vor  dem  Wehre  gross  genug  bleibt,  um  mit  Sicherheit  die  beabsichtigte  sekl. 
Wassermenge  in  den  Werkkanal  einführen  zu  können. 

Es  sei  in  dieser  Beziehung  auf  folgende  Beispiele  verwiesen : 

1.  Die  Webranlage  Vizzola,  Taf.  I,  Fig.  1.  5.  Die  Wehranlage  Kanderwerk,  Taf.  XXVI,  Fig.  1. 

2.  ,  ,  Kabelwerk,  Tai.  XX,  Fig.  2.  6.     „  ,  Chevres,  Taf.  XXVII,  Fig.  1. 

8.    ,  ,  Wangen,  Taf.  XXII,  Fig.  2.  7.    „  „  Saint  Maurice- Lausanne,  Taf. 

4.    ,  ,  Beroao,  Taf  XXV,  Fig.  1  u.  2.  XXIX,  Fig.  1. 

8.    ,  ,  Hagneek,  Taf.  XXXII,  Fig.  2. 

Wenn  aber,  was  oft  bei  Gebirgsflüssen  mit  grossem  Gefälle  zutrifft, 
der  Fluss  bei  N.W.  im  Verhältnis  zu  seiner  Sohlenbreite  nur  wenig  Wasser 
führt  und  die  verfügbare  Wassermenge  ganz  oder  zum  grössten  Teil  in  den 
Werkkanal  hineingeleitet  werden  soll  und  wenn  wegen  des  Baugrundes  oder 
anderer  Umstände  überhaupt  nur  ein  geringer  Stau  zulässig  ist,  so 
würde  die  zum  Stromstrich  rechtwinkelige  Lage  des  Wehres  verfehlt  sein. 
Es  wird  sich  unter  Umständen  mit  Rücksicht  auf  die  grosse  Wasserentnahme  vor  dem 
Wehre  nur  ein  Stau  bilden,  welcher  die  Krone  nicht  erreicht.  Das  Wasser  verteilt  sich 
bei  solchen  Verhältnissen  in  der  Flussohle  oft  in  einzelne  kleine  Rinnsale,  und  man  muss 
diese  durch  eine  geneigte  Lage  des  Wehres  nach  dem  Einlauf  hinlenken.  Meistens 
führen  solche  Flüsse  auch  grosse  Geschiebe-  und  Sinkstoffmengen,  und  es 
ist  deshalb  für  die  Freihaltung  der  Sohle  vor  dem  Wehr  von  Wichtigkeit, 
dass  bei  höheren  Wasserständen  längs  des  Wehres  ein  starker  Strom  er- 
zeugt wird,  welcher  bei  geöffneten  Grundablasschützen  die  sich  vor  dem 


i)  Vergl.  auch  die  auf  S.  609  unter  Nr.  44  und  45  namhaft  gemachten  Anlagen. 


§  1.  Stauwerke.    A.  Wehre.  617 

Wehre    bildenden    Ablagerungen    in    möglichst    grossem    Umfange   in    das 
Unterwasser  hinein  spült. 

Bei  Gebirgsflüssen  mit  grosser  Geschiebefühmng  wechselt  die  Lage  der  Stromrinne 
nach  jedem  Hochwasser  und  es  bilden  sich  vor  dem  Wehr  oft  lange  Kiesinseln  in 
Richtung  der  Stromachse,  welche  mit  ihrer  Krone  bei  niedrigen  Wasserständen  bis  über 
den  Wasserspiegel  reichen  und  sich  weit  flussaufwärts  erstrecken  können.  Das  Wasser, 
welches  bei  N.W.  auf  der  von  dem  Einlauf  abgekehrten  Seite  .einer  solchen  Insel  nach 
dem  Wehre  zu  fliesst,  kann  deshalb  leicht  die  Wehrkrone  erreichen  und  überfliessen, 
während  der  Wasserspiegel  in  der  Rinne  auf  der  anderen  Seite  der  Insel  erheblich 
niedriger  liegt.  Man  muss  dann  wohl  in  einem  solchen  Falle  die  Kiesinsel  durchstechen 
und  dem  Wasser  künstlich  eine  Rinne  nach  dem  Einlauf  zu  graben.  Solche  Arbeiten 
erhöhen  aber  in  sehr  unliebsamer  Weise  die  Betriebskosten.  Der  gegen  die 
spitzwinkelige  Lage  der  Achse  anzuführende  Grund,  dass  der  Strom  gegen  das  eine  Ufer 
gerichtet  wird  und  deshalb  hier  stärkere  Uferbefestigungen  notwendig  werden,  entfallt 
meistens  bei  Wasserkraftanlagen  schon  deshalb,  weil  der  Einlauf  ohnehin  stark  zu  be- 
festigen ist  und  weil  die  Grundablässe,  wie  später  noch  ausgeführt  werden  wird,  an  der 
Seite  des  Einlaufs  liegen  müssen.  Mit  Rücksicht  aber  auf  die  grosse  Wassergeschwindig- 
keit, welche  sich  in  dem  Zuge  der  Grundablässe  ausbildet,  müssen  hier  die  Ufer  und 
die  Sohle  jedenfalls  auf  eine  gewisse  Strecke  abwärts  des  Wehres  befestigt  werden.  Es 
empfiehlt  sich  deshalb,  bei  derartigen  Verhältnissen  die  Wehrachse 
gegen  die  Flussachse  in  einen  spitzen  Winkel  von  45  bis  30°  zu  legen. 

Bezügliche  Beispiele  bieten  die  Anlagen: 

1.  Fanghera,  Taf.  X,  Fig.  1.  4.  Morbegno,  Taf.  XVI,  Fig.  2. 

2.  Ceres  Ala,  Taf.  XI,  Fig.  1.  5.  Champ  (Füre  et  Morge),  Taf.  XLII,  Fig.  1. 

3.  Pont  St.  Martin,  Taf.  XIII,  Fig.  1.  6.  Paderno,  Taf.  LI,  Fig.  14. 

Wenn  man  bei  solchen  Verhältnissen  das  Wehr  rechtwinkelig  zum  Stromstrich 
legt,  so  wird  die  Wasserentnahme  bei  N.W.  oft  sehr  erschwert  (vergl.  Anlage  Les  Clees, 
Tafel  XIX,  Fig.  1  und  Seite  403). 

Die  gekrümmte  Wehrachse  wird  mitunter  gewählt,  einmal,  um  auf  diese 
Weise  mehr  Überfallänge  zu  erzielen,  und  dann,  um  die  Standsicherheit  des  Bauwerkes 
gegen  Kanten  und  Abscheren,  sowie  um  die  Wasserdichtigkeit  der  Wehrmauer  zu  ver- 
grÖ8sern.  Bei  gekrümmten  Wehren  wird  der  Strom  nicht  nur  nach  der  Seite  des  Ein- 
laufs, sondern  auch  nach  dem  entgegengesetzten  Ufer  abgeleitet  und  verursacht  hier 
stärkere  Angriffe.  Infolgedessen  müssen  die  Ufer  unter  Umständen  auch  an  dieser 
Stelle  auf  einer  grösseren  Länge  besonders  befestigt  werden,  was  gegenüber  der  spitz- 
winkeligen Anordnung  als  Nachteil  bezeichnet  werden  kann.  Wenn  die  Ufer  aus 
festem  Felsen  bestehen  oder  wenn  ohnehin  die  Uferpfeiler  stark  und  lang  genug  sein 
müssen,  um  den  Angriffen  des  Wassers  widerstehen  zu  können,  wird  unzweifelhaft  bei 
höheren  Wehren  vom  Gesichtspunkte  der  Standsicherheit  aus  das  gekrümmte  Wehr  vor 
dem  gradlinigen  den  Vorzug  verdienen.  In  dieser  Beziehung  kann  auf  Abschnitt  B.  „Tal- 
sperren41 dieses  Paragraphen  verwiesen  werden.  Beispiele  für  gekrümmte  Wehrachsen 
bieten  die  Anlage  Livet  (Tafel  XLI,  Fig  4  und  Seite  528)  und  das  Wehr  des  Lech- 
werks  Gersthof en  (Taf.  XLV,  Fig.  1  u.  S.  556). 

Ein  Beispiel  für  eine  geradlinig  gebrochene  Wehrachse2)  bietet  die  Anlage 
Bergamasca  (Taf.  VIII,  Fig.  1).     Hier  wurde  die  geknickte  Anordnung  der  Wehrachse 


*)  Hingewiesen  sei  auch  auf  die  S.  609  Nr.  45  namhaft  gemachte  Anlage. 


618  HL    Theodor  Kosh*.    Ausbau  von  Wasserkbärev.    EnizBLHEnrBV. 

gewählt,  einmal  um  die  Überfällige  za  vergrössern,  hauptsächlich  indessen  in  Rücksicht 
auf  die  Schnelligkeit  und  Billigkeit  der  Ausführung.  Es  haben  sich  aber  im  Betriebe 
recht  erhebliche  Nachteile  herausgestellt,  weil  es  nur  unter  Aufwendung  von  Grab- 
arbeiten gelingt,  das  Wasser  bei  N.W.  von  der  linken  Flusseite  nach  dem  an  der  rechten 
Seite  befindlichen  Einlauf  hinüber  zu  leiten. 

4.  Die  Stauhöhe.  Wenn  es  sonst  die  Umstände  gestatten,  ist  es  für 
die  Zwecke  der  Eraftgewinnung  an  sich  am  vorteilhaftesten,  das  Ober- 
wasser so  hoch  wie  möglich  zu  stauen.  Es  wurde  S.  246  bereits  erwähnt,  dass 
bei  gutem  Baugrunde  im  allgemeinen  das  DruckgeföUe  durch  ein  Wehr  mit  kleineren 
Anlagekosten  pro  Einheit  zu  gewinnen  ist  als  durch  einen  Werkkanal.  Die  kleinen 
Anlagekosten  des  wasserbaulichen  Teils  der  Anlage  Chfevres  zeigen  das  deutlich  (Tabelle  I. 
S.  242).  Meistens  sind  aber  beide,  Werkkanal  und  Wehr,  notwendig.  Bei  der  Anlage 
Hafslund  (S.  480)  und  den  Anlagen  an  den  Niagarafällen  (S.  542  u.  ff.)  sind  zwar 
keine  künstlichen  Wehre  geschaffen,  aber  die  Natur  hatte  in  den  Wasserfällen  bereits 
mächtige  Staustufen  gebildet,  welche  für  Triebwerkszwecke  ohne  weiteres  bereit  standen. 
Im  übrigen  hat  von  den  im  Kap.  II  gegebenen  Beispielen  nur  die  Anlage  Jonage-Cusset- 
Lyon  kein  Wehr  im  Flusse,  sondern  das  Wasser  wird  mit  Hilfe  einer  gebaggerten  Rinne 
aus  der  Rhone  in  den  offenen  Kanaleinlauf  geführt. 

Vom  Gesichtspunkte  der  Baukosten  aus  betrachtet  Hesse  sich 
die  Grenze  für  die  Stauhöhe  bei  einer  Wasserkraftanlage  da  finden, 
wo  die  Kosten  für  die  Gewinnung  eines  bestimmten  Druckgefälles 
durch  Erhöhung  des  Staus  am  Wehre  ebenso  hoch  werden  wie  diejenigen 
Kosten,  welche  zur  Gewinnung  desselben  Mehrgefälles  für  die  Erbauung 
oder  Verlängerung  eines  Werkkanals  aufzuwenden  wären. 

Wie  bereits  S.  236/237  erwähnt,  wird  man  meistens  für  die  Festlegung  der  Quer- 
schnitte des  Werkkanals  und  der  Druckrohre  von  einer  sekl.  Wassermenge  ausgehen, 
welche  zwischen  der  neunmonatlichen  und  sechsmonatlichen  liegt.  Bezeichnet  man  diese 
sekl.  Wassermenge  mit  Qe  und  die  für  dieselbe  erzielbare  Stauhöhe  mit  H*  so  würde 
die  KrafUeistung  bei  75  %  Wirkungsgrad  in  den  Turbinen  Q» .  Hs .  10  sein.  Da  nun 
aber  eine  Wasserkraftanlage  um  so  wertvoller  wird,  je  gleichmassiger  die  KrafUeistung 
während  des  ganzen  Jahres  ist,  so  wird  man  für  unsere  Zwecke  grundsätzlich  darauf 
Bedacht  zu  nehmen  haben,  dass  der  Stau  bei  N.W.  (355tägigem  Wasser)  am  höchsten 
wird  und  so  hoch ,  dass  sich  die  Kraftleistung  derjenigen  von  Qe .  H, .  10  möglichst 
nähert.  Praktisch  wird  sich  diese  Bedingung  allerdings  nicht  oft  erfüllen  lassen,  weil 
die  Rücksicht  auf  die  Rechte  Dritter  Grenzen  zieht.  Aber  es  ist  bei  der  Pro- 
jektaufstellung jedenfalls  eine  Untersuchung  zu  empfehlen,  wie  weit 
diese  Bedingung  erfüllt  werden  kann,  und  hierauf  im  Erläuterungs- 
bericht hinzuweisen,  damit  bei  der  Prüfung  des  Bauprojektes  und  der 
Bestimmung  der.  Stauhöhen  von  seiten  der  Behörden  die  verschie- 
denen Interessen  in  richtiger  und  vollständiger  Kenntnis  aller  tech- 
nischen und  wirtschaftlichen  Gründe  ausgeglichen  werden  können.  Es 
sind  die  Umstände,  welche  für  den  Wert  einer  Wasserkraftanlage 
massgebend  sind,  heute  noch  nicht  allgemein  geläufig. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  ist  es  auch,  von  vornherein  zu  untersuchen,  ob  bei 
denjenigen  Hochwasserständen,  welche  an  mehr  als  zehn  Tagen  im  Jahre  zu  erwarten 
sind,  sich  durch  Stau  noch  ein  Druckgefälle  ermöglichen  lässt,  ausreichend,  um  bei  der 
als  maximal  angenommenen  sekl.  Wassermenge  im  Werkkanal  mindestens  eine  gleiche 


§  1.  Stauwerke.    A.  Wehre.  619 

Kraftleistung  wie  bei  356  tagigem  Wasser  und  der  zugehörigen  Druckhöhe  zu  erzielen. 
Ist  das  nicht  der  Fall,  so  muss  unter  Umständen  bei  Bestimmung  der  grösstmöglichen 
ständigen  Energieabgabe,  bezw.  bei  Bestimmung  der  Reserven  in  Wärmekraftmaschinen, 
die  Kraftleistung  bei  Hochwasser,  anstatt  der  Kraftleistung  bei  355tägigem  Wasser, 
zugrunde  gelegt  werden. 

Sofern  nicht  die  Rücksicht  auf  die  Kosten,  auf  die  Vorflfttverhältnisse,  auf  oben 
liegende  Triebwerke,  auf  Schiffahrt,  Flösserei  und  dergl.  schon  bestimmte  Grenzen  zieht, 
hängt  die  Frage,  welche  höchste  Stauhöhe  man  noch  wählen  darf, 
natürlich  auch  von  der  Rücksicht  auf  die  Standsicherheit  und  Dich- 
tigkeit des  Wehres  ab.  Man  ist  von  diesen  Gesichtspunkten  aus  in  bezog  auf  die 
Wahl  der  Stauhöhe  technisch  nur  dann  unbegrenzt,  wenn  das  Stauwehr  auf  völlig 
undurchlässigem,  sehr  festem  Felsen  aufgebaut  und  seitlich  gleichfalls  an  feste  und 
undurchlässige  Felswände  angeschlossen  werden  kann.  Ist  der  felsige  Untergrund  fest 
und  undurchlässig  und  so  gelagert,  dass  auf  keine  Weise  Gleitflächen  entstehen  und  der 
durch  das  Stauwerk  belastete  Felsen  ins  Rutschen  kommen  kann,  so  kann  man  technisch 
jede  beliebige,  für  die  Praxis  überhaupt  in  Frage  kommende  Stauhöhe  noch  ausführen. 

Stehen  in  erreichbarer  Tiefe  unter  der  Flussohle  tragfähige  und  undurchlässige 
Bodenarten,  wie  schwerer  blauer  Ton  oder  fester  Lehm  oder  feiner,  dichter,  lehmiger, 
undurchlässiger  Sand  in  genügender  Mächtigkeit  an,  so  kann  man  Stauhöhen  bis  zu 
20,0  m  wagen,  wenn  man  mittelst  Spund-  oder  Betonwänden  mindestens  an  der  Vorder- 
seite des  Wehres,  besser  auch  noch  am  Abfallboden  tief  genug  in  die  undurchlässige 
Schicht  hineinfundieren  und  so  einen  sicheren,  dichten  Abschluss  erzielen  kann.  Vergl. 
z.  B.  das  Stauwehr  im  Drac  der  Anlage  Avignonnet,  Taf.  XXXVII,  Fig.  4  und 
S.  497  u.  ff.  Es  war  aber  in  diesem  Falle  ein  so  hohes  Stauwerk  auch  nur  möglich, 
weil  man  die  Staumauer  seitlich  an  festen  Felsen  anschliessen  konnte.  Hätten  z.  B. 
die  Ufer  nicht  aus  Felsen,  sondern  aus  dichtem  und  undurchlässigem  Lehm  oder  Ton 
bestanden,  so  hätte  man  die  Mauer  in  den  unteren  Teilen  wohl  bis  15,0  m  tief  in  die 
Ufer  einbinden  lassen  müssen,  um  bei  einem  Stau  von  20,0  m  genügende  Sicherheit 
gegen  Hinterspülung  zu  bekommen.  Dadurch  würden  die  Kosten  wahrscheinlich  so  gross 
geworden  sein,  dass  man  wohl  eine  niedrigere  Stauhöhe  und  einen  längeren  Werkkanal 
vorgezogen  haben  würde. 

Gerade  bei  den  Uferanschlüssen  ist  stets  besondere  Vorsicht  am  Platze. 

An  dem  Regulierungswerk  der  Anlage  Jonage-Cusset-Lyon  hatte  man  ursprüng- 
lich bei  einem  maximalen  Stau  von  etwa  8,50  m  eine  Grundmauer  hinter  dem  Regu- 
lierungswerk mittelst  Pressluft  in  den  etwa  9,0  m  unter  Kanalsohle  anstehenden  un- 
durchlässigen tonigen  Lehm  heruntergetrieben  (Taf.  XXXIX,  Fig.  2),  und  es  wäre  wahr- 
scheinlich die  Zerstörung  des  Regulierungswerkes  nicht  erfolgt,  wenn  man  von  vornherein 
diese  Grundmauer  tief  genug  in  die  Ufer  verlängert  und  bis  zur  Oberkante 
des  Dammes  hinaufgeführt  hätte  (S.  513). 

Wenn  in  allen  erreichbaren  Tiefen  der  Sohle  und  der  Ufer  nur 
durchlässige  Bodenarten  anzutreffen  sind,  muss  die  Gefahr  der  Unter- 
spülung des  Wehres  und  der  Hinterspülung  der  Widerlager  stets  be- 
sonders scharf  ins  Auge  gefasst  werden  und  man  kann  grössere  Stauhöhen  als 
8,0  m  kaum  wagen. 

Leider  ist  der  Druckverlust  von  Wasseradern  in  durchlässigen  Bodenarten,  bei 
den  verschiedenartigen  Belastungen,  sowie  bei  den  verschiedenen  Druckhöhen. durch  Ver- 
suche nur  noch  sehr  wenig  aufgeklärt,  und  man  ist  daher  bei  dem  Entwurf  der  Mass- 


620  III«    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

regeln  zur  Verhütung  von  Unterspülungen  oder  Hinterspülungen  ausschliesslich  darauf 
angewiesen,  sich  nach  ausgeführten  Beispielen,  welche  sich  als  standsicher  herausgestellt 
haben,  zu  richten.  Im  Kap.  III,  §  2,  sind  im  Abschnitt  „der  Einlauft  (vergl.  Inhalte- 
Verzeichnis)  einige  erfahrungsmässige  Angaben  gemacht,  die  auch  für  Wehrbauten  in 
Ermangelung  von  besseren  Angaben  Verwendung  finden  können.  Man  muss  in  solchen 
Fällen  durch  die  Zahl  und  die  Tiefe  der  in  die  Flussohle  hinab  und  in  die  Ufer  hinein 
zu  treibenden  dicht  schließenden  Wände,  sowie  durch  die  in  der  Flussachse  gemessene 
Breite  des  Bauwerkes,  bezw.  durch  die  Länge  der  vor  und  hinter  dem  Wehre  anzu- 
legenden dichten  Betonsohlen,  die  Widerstände  im  Boden  gegen  den  höchsten  Wasser- 
druck so  gross  machen,  dass  das  Gleichgewicht  hergestellt  wird  und  sich  fliessende 
Wasseradern  nicht  oder  nur  in  ganz  unbedeutender  Weise  bilden  können.  Die  Tiefe 
solcher  dicht  schliessenden  Wände  unter  der  Flussohle  wird  man  in  der  Regel  mindestens 
gleich  der  höchsten  Wasserspiegeldifferenz  machen.  Die  Wirksamkeit  solcher  lotrechten 
Wände  hängt  natürlich  von  den  besonderen  Umständen  ab,  welche  bei  der  Ausführung 
obwalten.  Namentlich  bei  steinigem  Boden  ist  es  kaum  möglich  eine  dichtschliessende 
Spundwand  herunterzubringen.  Ebenso  ist  die  dichte  Ausführung  von  Grundmauern  in 
Beton  bei  grösseren  Tiefen  als  etwa  8,0  m  bis  10,0  m  unter  N.W.  in  offenen 
Baugruben  kaum  möglich,  da  sich  meist  die  Wasserhaltung  zu  schwierig  gestaltet. 
Ungleich  grössere  Tiefen  lassen  sich  bei  Ausführung  von  Grundmauern  und  überhaupt 
bei  Fundierung  von  Wehren  mittelst  Pressluftgründung  erreichen.  Auch  ist  die  Wahr- 
scheinlichkeit der  Erzielung  völlig  dichter  Wände  bei  dieser  Ausführungsart  erheblich 
grösser.  Wo  Pressluftgründung  nicht  zur  Anwendung  kommen  soll,  wird  man  sich 
meistens  nicht  auf  eine  schliessende  Wand  verlassen,  sondern  mindestens  zwei  hinter- 
einander anordnen.  Bei  durchlässigem  Boden  findet  man  an  ausgeführten  Beispielen 
meistens  schon  bei  Stauhöhen  von  mehr  als  2,5  m  drei  Reihen  Spundwände  hinter* 
einander.  Bei  grösseren  Spiegeldifferenzen  und  wenn  der  Untergrund  stark  durch- 
lässig ist,  wird  die  Zahl  der  hintereinanderliegenden  Spundwände  noch  vermehrt  So 
sind  z.  B.  bei  dem  Wehre  der  Anlage  Wangen  (Taf.  XXII,  Fig.  4),  wo  die  Wasser- 
spiegeldifferenz nur  3,80  m  beträgt,  der  Untergrund  aber  kiesig  ist,  fünf  Reihen  Spund- 
wände und  zwar  zwei  eiserne  und  drei  hölzerne  hintereinander  geschlagen. 

Bei  dem  Wehre  der  Anlage  Lechwerk  Gersthofen  (Taf.  LI,  Fig.  3)  wurden, 
trotzdem  der  Baugrund  aus  feinem  Flinzsand  bestand,  bei  der  ursprünglichen  Anlage 
doch  schon  drei  Reihen  Spundwände  hintereinander  angeordnet,  zu  welchen  später  noch 
eine  vierte  gekommen  ist.  Die  höchste  Wasserspiegeldifferenz  dürfte  etwa  bis  zu  4,50  m 
ansteigen  können« 

Kleinore  Durchsickerungen  werden  sich  bei  sehr  durchlässigem  Boden  oft  über- 
haupt nicht  vermeiden  lassen.  So  wurden  z.  B.  die  Durchsickerungen  unter  dem  Tessin- 
wehr  des  Yilloresikanals  (S.  626)  auf  ca.  1  cbm/sek.  festgestellt.  Solche  Durchsickerungen 
sind  für  die  Standsicherheit  ungefährlich,  so  lange  sie  mit  so  kleiner  Geschwindigkeit 
vor  sich  gehen,  dass  sie  keine  Spülwirkung  ausüben  können. 

Wie  bereits  gesagt,  besteht  dieselbe  Gefahr,  wie  für  das  Wehr  selbst,  auch  für 
seine  Uferanschlüsse,  und  es  ist  beim  Entwurf  der  Einzelheiten  darauf  zu  achten, 
dass  alle  Wasseradern ,  deren  Bildung  überhaupt  denkbar  ist,  denselben  Reibungswider- 
stand im  Boden  finden  wie  diejenigen  am  Wehre  selbst.  Unvorsichtige  Ausführungen 
sind  häufig  genug  die  Ursache  von  Wehr  brachen  gewesen.  Als  Beispiel  sei  noch  einmal 
auf  das  gebrochene  alte  Brembowehr  der  Anlage  Bergamasca  (S.  361)  verwiesen. 

Weil  man  zur  Zeit  rechnerisch  den  Umfang  der  baulichen  Anlagen,  welche  zur  Ver- 
hinderung von  Unterspülung  und  Hinterspülung  nötig  sind,   noch  nicht  oder  doch  nur 


g  1.  Stauwerke.     A.  Wehre.  621 

nach  rohen  Erfahrungs-Formeln  ermitteln  kann,  so  wird  man  sich  meistens  der  Sicher- 
heit halber  veranlasst  sehen,  mehr  zu  tun  als  vielleicht  nötig  ist.  So  werden  denn 
bei  durchlässigem  Boden  Wehre  mit  hohem  Stau  meistens  so  teuer,  dass  man  billiger 
durch  Verlängerung  des  Werkkanals  zum  Ziele  kommt.  Man  findet  infolgedessen  in 
Flössen  mit  durchlässiger  Sohle  und  Ufern  oft  die  Wehre  so  angelegt,  dass  das  Wasser 
bei  N.W.  nur  soweit  gestaut  ist,  als  es  für  die  Zuführung  der  erforderlichen  eekl. 
Wassermengen  in  dem  Werkkanal  unbedingt  nötig  war. 

Beispiele  hiefür  bilden:  Die  neuen  Wehre  der  Anlage  ßergamatc»  (Tel.  Till,  Fig.  3  and  4 
und  Taf.  IX,  Fig.  1);  die  Wehre  der  Anlagen  Pont  Saint  Martin  (Taf.  XIII,  Fig.  3),  Morbegno  (Taf.  XVI, 
Fig.  2  bin  5),  Fnre  et  Morge  (Taf.  XLII,  Fig.  1  and  6). 

S.  Die  Berechnung  der  Stauhöhen  und  Wehrlangen,  4er  I)urehfl«ss»rol'le  und 
der  Stauweiten.     A.  Die  Berechnung  der  Stauhb'hcn  and  Wehrlangen »). 

Für  feste  Wehre  mit  vollkommenem  Überfall  gelten  folgende 
Formeln.    Wenn  bedeuten: 

Q  die  Wasserraenge  in  cbm/sek.,  welche  über  das  Wehr  fliessen  soll, 

b  die  Länge  des  Überfalls  in  ni, 

hL  die  Höhe  des  überfallenden  Wasserstrahls  in  m,  in  einiger  Entfernung  vor 

dem  Wehre  gemessen, 
k  die  der  Geschwindigkeit  des  ankommenden  Wassers  entsprechende  Drackhöhe 

g  die  Erdbeschleunigung  für  unsere  Breitengrade  =  9,81  in,  also  |'2g  =  4,429  m, 
fi  einen  Erfahrungswert,  Abb  ,53 

so  ist  die  überfallende  Menge  Q  ohne  Berücksichtigung       f    . 

der  Geschwindigkeit   des  ankommenden  Wassers 

(Abb.  152):  

Q  =  V«^b.b,y27hI  (1) 

Unter  Berücksichtigung   der   Geschwindig- 
keit des  ankommenden  Wassers  wird 

Q  =  »/^b.V27[(b,  +  k)V*-kH  (2) 
und  da  man  das  letzte  Glied  der  eckigen  Klammer  meistens  vernachlässigen  kann,  ver- 
einfacht sich  die  Formel  zu                         

Q-Vi^bVSgOit  +  k)*.  (3) 

Ist  Q,  die  seiet.  Wassermenge  des  Flusses  bei  einem  bestimmten  Wasserstande , 
'  Qk  diejenige  Wassermenge,  welche  in  den  Werkkanal  eingeführt  werden  soll,  so 
ist  Q  =  Qa-Q» 

Sind  Q  und  b  gegeben,  so  berechnet  sich  aus  (2): 

h,  =  f-ir4-==  +  kV.lV>  -  k,  (4} 

oder  unter  Vernachlässigung  des  letzten  Gliedes  h,™  I- — TITk73  +  lt*"  (5) 

und  wenn  man  die  Geschwindigkeit  des  ankommenden  Wassers  ganz   vernachlässigt: 


19;62 


»)  Veigl.  »uch  K»p.  III,  g  2  Warkkanlle,  Abscbnitt  .Oberlauf«'. 


022  III.    liuBODO*  Koran.    Ausbau  voh  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Sind  Q  und  ht  gegeben  und  b  gesucht»  so  wird: 

In  der  Regel  wird  die  gesamte  Stauhöhe  h  =  a-f-h1  gegeben  sein,  und  es   be- 
rechnet sieh  danach  die  Höhe  des  Wehrrückens  über  dem  ungestauten  Wasserspiegel  nach 


a  =  h  —  hjsh  — 


Q         +  k* 


-k  (7) 


(Mkr  bei  Vernachlässigung  der  Geschwindigkeit  des  ankommenden  Wassers  zu : 


-n 


(f/»pb)M9,62'  (7a) 

Handelt  es  sich  um  ein  zur  Stromrichtung  unter  dem  Winkel  a  (Abb.  163) 
liegendes  Wehr,  so  ist  die  Geschwindigkeit,  welche  für  die  Berechnung  der  Grösse  k  in 
Rechnung  zu  stellen  ist: 

0»    . 

u  =  v0 .  sina  =  ^ .  sin  a. 

Ist  die  flu8swarts  gerichtete  Begrenzungsflftche  des  Wehrkörpers  eine  lotrechte  Wand, 
sodass  die  einzelnen,  tiefer  gelegenen  Wasserfluten  ihre  Richtung  um  fast  90°  ändern 
müssen,  ehe  sie  über  das  Wehr  fallen  können,  lässt  man  meistens  bei  Berechnung  von 
b,  hj,  h,  a  oder  Q  die  Geschwindigkeit  des  ankommenden  Wassers  ausser  Betracht. 

J.  B.  Francis  (S.  7,  Fussnote  9)  hat  durch  seine  Versuche  in  Lowell  (1856—68) 
festgestellt ,  dass  die  Gestaltung  der  flusswftrtsgerichteten  Fläche  eines  Wehrkörpers  die 

überfallende  Wassermenge  beeinflusst,  so  lange  die  Sohle  des  Kanals  oder 
Flusses  vor  dem  Wehre  nicht  tiefer  unter  der  Krone  des  Überfalles  liegt 
als  um  das  Dreifache  der  Höhe  des  überfallenden  Wasserstrahls;  ebenso,  dass 
die  Gestalt  der  Wände  des  Kanals  oder  Flusses  aufwärts  vom  Wehre  nur 
soweit  noch  einen  nennenswerten  Einfluss  auf  die  überfallende  Wassermenge 
hat,  als  diese  Wände  nicht  um  mehr  als  das  Doppelte  der  Höhe  des 
überfallenden  Wasserstrahls  von  den  Rändern  des  Überfalls  zurücktreten. 
Man  kann  also  die  stromaufwärts  gerichtete  Fläche  eines  festen  Überfall- 
wehres, ohne  die  Leistungsfähigkeit  des  Wehres  zu  beeinträchtigen,  von 
der  Stellq  an  nach  unten  lotrecht  machen,  welche  um  das  Dreifache  der  Höhe 
des  überfallenden  Wasserstrahls  unter  der  Wehrkrone  liegt,  und  man  braucht 
die  Seitenwände  des  Flusses  nur  bis  zu  einer  Entfernung  von  dem  Doppelten  der  Über- 
fallhöhe allmählich  bis  zu  den  Rändern  des  Überfalls  überzufuhren,  kann  sie  von  da 

ab  aber,  ohne  Beeinträchtigung  der  Leistungsfähigkeit  des  Überfalls,  in 
einem  schroffen  Absatz  zurücktreten  lassen. 

Meistens  wird  für  die  Berechnung  von  Q  die  Formel  1  angewendet 
werden  können,  woraus  sich  dann  die  vereinfachten  Formeln  (6a)  für 
\  und  (7  a)  für  a  ergeben  und  diejenige  für  b  sich  von  selber  ergibt 

Solange  h > h1}  also  Q<,/»/*bhV2gh  ist,  ergibt  sich  ein  Überfallwehr;  wird 
h  =  hn  also  h — 1^=0  und  Q  =  f/s/* .  b .  h .  ^2gh,  so  liegt  die  Wehrkrone  in  der  Höhe 
des  ungestauten  Wasserspiegels.  Wird  Q>2/s/*.b.h.v/2g¥1  so  handelt  es  sich 
um  ein  Grundwehr,  also  um  ein  Wehr  mit  unvollkommenem  Überfall  (Abb.  164). 
Man  betrachtet  in  der  Regel  den  oberen  Teil  AC  als  Überfall,  den  unteren  Teil  AG  als 
Ausflussöffnung  und  legt  für  beide  Teile  besondere  Beiwerte  fix  und  ft  zugrunde.  Für 
Berechnung  von  Q  und  a  gelten  die  Formeln: 


§  l.  Stauwerke.    A.  Wehre.  623 

Q  =  *M  b  /3g  Rh  +  k)  •/»  —  k»/h)]  +  Ht  b  »  V2g(h  +  k)  (8) 

oder 


Q  =  bV2g(h  +  k). 


t/.*h  +  "Aftk(l-]/^jQ4-A. 


a 


(8a) 


wofür  man  unter  Vernachlässigung  des  zweiten  Gliedes  in  der  eckigen  Klammer  auch 
schreiben  kann: 

Q  =  bV2g(h  +  k)[*/8^.t  +  ^.a]  (9) 

und  fttr  k  =  0,  Q  =  b/2gh[»/«/Uih  +  p,.»].  (9s) 

Die  Tiefe  der  Wehrkrone  unter  dem  angestauten  Wasserspiegel  ergibt  sich  ans 
(9)  m: 

a=*bV2g(h  +  k)-,/,*'b'  (10) 

Zur  Berechnung  der  Grösse  a  aus  Formel  10  müssen  Q,  b,  h  bekannt  sein.  Ferner 

muss  der  Querschnitt  des  gestauten  Profils  bekannt  sein,   um  daraus  v0  =  y    und 

v  8 

k»-iL  berechnen  zu  können.     Hierin  bedeutet  Q»  die  ftn  das  Wehr   herankommende 
2g  ^ 

Wassermenge,  welche  grösser  sein  kann  als  diejenige,  welche  über  das  Grundwehr  stürzen 
soll.  Soll  h  (Abb.  154)  erst  gefunden  werden,  so  wird  man  in  der  Formel  9  bezw.  9  a 
für  a  eine  Annahme  machen  müssen. 

Beim  Aufsuchen  von  h  (Abb.  154)  und  hj  (Abb.  152)  aus  den  Formeln  4,  5 
und  9  ergibt  sich  für  die  Ermittelung  der  Grösse  k  insofern  eine  Schwierigkeit,  als  der 
benetzte  Querschnitt  F  von  der  Stauhöhe  bezw.  der  Überfallhöhe,  welche  erst  gefunden 
werden  soll,  abhängig  ist.  Eine  direkte  Bestimmung  von  h  (Abb.  154)  und  ht  (Abb.  152) 
ist  deshalb  nur  dann  möglich,  wenn  die  Regelmässigkeit  des  Flussprofils  gestattet,  F  als 
Funktion  von  h  resp.  ht  darzustellen.  Da  aber  meistens  das  Flussprofil  von  unregel- 
mässiger und  an  den  verschiedenen  Stellen  wechselnder  Gestalt  ist,  so  kann  man  zur 
Ermittelung  von  h  oder  ht  am  zweckmässigsten  ein  Annäherungsverfahren  verwenden. 
Man  setzt  zunächst  k  =  0  und  findet  damit  aus  der  Gleichung  5  a 
einen  Wert  für  ht  oder  aus  der  Gleichung  9  a  einen  Wert  für  h,  welcher 
zu  gross  ist.  Es  sei  derselbe  ht'.  Hierauf  wird  mit  Hilfe  von  ht  ein 
Wert  für  k  ermittelt,  dann  hx'  und  der  gefundene  Wert  von  k  in  die 
Gleichung  3  oder  9  eingesetzt  und  die  Grösse  Q^o  berechnet,  welche  zu 
gross  ausfallen  muss.  In  gleicher  Weise  wird  mit  einem  zweiten,  wo- 
möglich zu  kleinen  Wert  von  h  resp.  ht  =(hi")  und  nachher  ebenso 
mit  mehreren  Zwischenwerten  verfahren,  sodass  man 

für  h/    die  Wassermenge  Q^o* 

»    \*      t>  n  Q(V)i 

n    V     n  »  Q(V) 

und  so  fort  erhält  Auf  zeichnerischem  Wege  kann  hieraus  mit  genügender  Genauig- 
keit die  Höhe  \  resp.  h,  welche  der  wirklichen  Wassermenge  Q  entspricht,  bestimmt 
werdeü.  Zu  diesem  Zwecke  trägt  man  (Abb.  155)  die  Wassermengen  Q^o»  0<V)>  Ota") 
und  so  fort  in  einem  beliebigen  Längenmasstab  auf  einer  Geraden  ab  und  errichtet 
auf  den  Endpunkten  in  geeignetem  Masstabe  die  Lote  h*',  hj",  h/"  und  so  fort. 
Zeichnet  man  dann  die  durch  die  Endpunkte  der  Lote  bestimmte  Kurve,  trägt  von  G 


634  HL    Theodor  Kobrn.    Ausbau  von  Wa8UbrkrIftev.    Einzelheiten. 

aus  die  wirkliche  Wassermenge  Q  ab,  deren  Endpunkt  bei  A  liegen  möge,  und  errichtet 
bei  A  ein  Lot,  so  ergibt  die  Länge  dieses  Lotes  die  gesuchte  Grösse  ht  bezw.  h4). 

Was  nun  die  Zahlenwerte  für  die  Erfahr  ungBgrössen  p,  px  und  /u,  betrifft,  so 
weichen  die  Angaben  der  verschiedenen  Autoren  nicht  unerheblich  voneinander  ab. 

6.  Tolkmitt  gibt  im  Handbuch  der  Ingenieurwissenschaften,  Band  III,  erste 
Abteilung  1892,  S.  222  u.  f.  die  nachstehenden  Werte  an: 

a)  für  vollkommene  ÜberfElle: 

1.  i*  =  0,83  oder  */* §i  =  0,56,  wenn  die  Krone  des  Überfallwehres 
gut  abgerundet  und  die  seitliche  Einschnürung  durch  Leit- 
wände aufgehoben  ist. 

2.  p  =  0,675  oder  */'l*=0,45,  wenn  das  Wehr  eine  lotrechte 
Vorderfläche  und  eine  ebene  Krone  mit  scharfer  Abfluss- 
kante hat. 

3.  ^  =  0,60  oder  V»  i*  =  0,40,  wenn  das  Wehr  von  geringer  Breite 
und  ohne  Leitwände  ist. 

b)  fflr  unvollkommene  Überfälle: 

4. /4t  =0,80  biß  0,85,  im  Mittel  etwa  =  0,83,  also  f/a  ^  =  0,56,  p, 
etwa  =  0,67,  wenn  das  Durchflussprofil  in  ganzer  Flussbreite 
über  der  Wehrkrone  frei  und  letztere  nach  Art  der  Über- 
fallwehre gut  abgerundet  ist. 

5.^=0,83,  aIso  7» /*i  =  0,55,  //t  =  0,62,  wenn  das  Durchfluss- 
profil aber  der  Wehrkrone  wie  vor  frei,  letztere  aber  nach 
Abb.  154  scharfkantig  geformt  ist,  also  z.B.,  wenn  das  Grund* 
wehr  den  Unterbau  eines  beweglichen  Wehres  bildet  und 
die  beweglichen  Teile  ganz  aus  dem  Wasser  entfernt  worden  sind. 

6.^  =  ^  =  0,60  bis  0,65,  wenn  das  Grundwehr  als  Unterbau 
eines  beweglichen  Wehres  mit  Griesständern  und  Setz- 
pfosten dient. 

7.  pt  =1*,  =  0,75  bis  0,85,  wenn  das  Grundwehr  ein  Grundablass 
oder  ein  Schiffsdurchlass  mit  freier  Durchflussöffnung  bis  zur 
Sohle  des  Wasserlaufes  wird  und  mit  glatten  Wänden  ver- 
sehen ist. 

Wie  bereits  gesagt,  sind  die  Höhen  ht  (Abb.  152)  und  h  (Abb.  154)  immer  in 
einiger  Entfernung  von  dem  Überfall  gemessen  gedacht,  da  sich  nach  der  Krone  des 
Überfalls  zu  der  Wasserspiegel  scharf  absenkt.  Frese  hat  gefunden,  dass  der  Höchst- 
betrag dieser  Absenkung  etwa  0,15  hx  ist,  welcher  aber  erst  bei  einer  gewissen  Breite 
des  Überfalls  erreicht  wird.  Es  soll  nach  demselben  Autor  bei  kleinerer  Breite  die 
Absenkung  geringer  als  0,15  ht  sein,  bei  grösserer  Breite  aber  jenen  Wert  beibehalten5). 

Da  es  wohl  erwünscht  w&re,  durch  weitere  genaue  Messungen  noch 
sicherere  Werte  für  die  Beiwerte  p;  ^;  fit  sowohl  als  auch  für  die  oben 
erwähnte  Absenkung  zu  erhalten,  mögen  hier  als  Anregung  zu  weiterer  Arbeit  auf 


«)  Vergl.  K.  Pestalozzi,  8taawerke.  Haadb.  der  Ing.-Wiaeenecbafteii.  III.  Bd.  Der  Wasserbau. 
1879.  Seite  845. 

»)  Htndb.  der  Iog-Wieeenech.  Bd.  IIL  Der  Wasserbau,  1.  Abt.  G.  Tolkmitt  8taaw*rke. 
1898.    S.  821. 


§  1. 


Stauwerke.    A.  Wehre. 


625 


dem  Gebiete  die  Ergebnisse  grösserer  Versuche  an  zwei  zu  der  Vizzola- Anlage  ge- 
hörigen Überfallwehren  im  Tessin  aus  dem  Jahre  1886  mitgeteilt  werden6): 

Die  Konzession  für  den  Villoresi-  Kanal  (Kap.  II,  |  1,  Dia  Anlage  Vizzola  S.  341)  war  von 
der  Regierang  unter  der  Bedingung  gegeben ,  das*  von  dem  am  Wehr  entnommenen  Wasser  stets  eine 
bestimmte  sekl.  Waasermenge  bald  unterhalb  des  Wehres  in  den  Flosa  zurückgegeben  werden  sollte. 

Ea  wurde  ein  289,44  m  langes  festes  Wehr  mit  einer  Kronenhohe  von  oa.  4,0  m  Aber  der  Fluss- 
sohle des  Unterwassers  errichtet  und  dadurch  der  Tessin  gestaut  (Taf.  I,  Fig.  1).  Auf  der  linken  Seite 
schlisset  sich  ein  Kanaleinlauf  von  30  Öffnungen  an,  ausreichend  um  192  cbm/sek.  bei  normalem  Wasser- 
stande hindurchzulassen.  Auf  diesen  Einlauf  folgt  ein  600,0  m  langes  Kanalbecken  von  52,0  m  Breite, 
welches  ganz  mit  Beton  ausgekleidet  ist.  Am  unteren  Ende  erweitert  sich  dieses  Becken  und  es  liegt 
auf  dem  linken  Ufer  der  Einlauf  zum  Villoresikanal  und  der  Einlauf  für  einen  Privatkanal  des  Duca 
Visconti  Modrone.  Erst  später  in  den  Jahren  1898—1900  wurde  für  den  Werkkanal  der  Vizzola-Anlage 
neben  dem  Einlauf  für  den  Villoresikanal  ein  zweiter  getrennter  Einlauf  errichtet 

Das  erwähnte  Becken  wird  an  seinem  unteren  Ende  nach  dem  Tessin  zu  durch  ein  Überlaufwehr 
(auf  Taf.  I,  Fig.  1  mit  »Sfioratore" .  bezeichnet)  begrenzt,  welches  zur  Messung  der  in  den  Tessin  zurück- 
zuleitenden Wassermengen  bestimmt  war. 

Abb.  156  gibt  einen  Querschnitt  dieses  Mess-Wehres.  Das-  ±hb.  156.  Messwehr  für  die  Anlage 
selbe  ist  durch  35  eiserne  Gitterstützen  von  0,08  m  vorderer  Breite  dM  ViUoresikanala  am  Tessin. 
in  36  Öffnungen  geteilt.  Die  lichte  Weite  zwischen  zwei  Stützen 
beträgt  2,025  m  und  die  gesamte  lichte  Weite  des  Oberfalls  72,90  m. 
Die  Gitterböcke  tragen  eine  kleine  Brücke  und  diese  dient  den 
Nadeln,  mit  welchen  die  Breite  des  wirksamen  Oberfalls  reguliert 
werden  kann,  als  obere  Stütze.  Für  den  unteren  Anschlag  der  Nadeln 
ist  eine  Schwelle  von  0,12  m  Höhe  angebracht,  hinter  welcher  die 
Oberfallkrone  noch  1,45  m  lang  und  im  Verhältnis  1 : 7  geneigt  ist. 

Das  grosse  Wehr  im  Tessin,  dessen  Querschnitt  in  Abb.  157 
dargestellt  ist,  bildet  in  der  Krone  eine  horizontale  Ebene  von  1,0  m 
Breite  mit  gut  abgerundeten  Kanten  und  sanft  geneigter  Vorderfläche. 

Um  die  Wassermenge,  welche  in  den  Villoresikanal 
eintritt,  genau  festzustellen,  wurde 
durch  eine  Reihe  direkter  Messungen 
der  Durchflussbeiwert  für  die  Schützen- 
öffnungen im  Mittel  zu  0,73  (vergl.  Wert- 
angabe für  p  ad  b.  7.  S.  624  u.  630)  er- 
mittelt, sodass  aus  der  Feststellung  der 
Wasserspiegeldifferenz  vor  und  hinter 
den  Schützen  die  in  den  Villoresi- 
kanal eintretende  sekl.  Wasser- 
menge (B)  mit  erreichbarer  Genauigkeit 
festgestellt  werden  konnte.  Ferner 
wurde  die  sekl.  Wassermenge  (A),  wel- 
che durch  das  vor  dem  Einlauf  in  den 

Villoresikanal  und  vor  dem  Messüberfall  liegende  Kanalbecken  floss,  durch  direkte  Flflgelmessungen 
genau  ermittelt.  Aus  der  Differenz  A— B  ergab  sich  die  Wassermenge,  welche  über  den  Überfall  ge- 
flossen sein  musste: 


Abb.  157.    Querschnitt  des  grossen  Tessin- Wehres  für  den 

Villoresikanal. 


I.  Bei  den  Verauchen  vom  8.  und  4.  Jannar  1885 

wurde  die  sekl.  Wassermenge  im  Kanalbecken  festgestellt  su 

In  den  Villoresikanal  flössen 

sodass  Über  den  Messüberfall  geflossen  sein  müssen 

Die  Ordinate  des  Wasserspiegels  vor  dem  Oberfall  wurde  gemessen  su 

Die  Oberkante  der  Schwelle  des  Oberfalls  liegt  auf 

worauf  sich  die  Höhe  des  überfallenden  Wasserstrahls  ergibt  zu 


65,754  cbm/sek. 
7,518        „ 
58,286 
+ 184,978  m. 
-I-  184,440  m, 
0,538  m. 


•)  Cesare  Cipolletti,  Ezperimenti  et  formule  per  grandi  stramazzi  a 
orriszontale.  S.  66  u.  ff.  Mailand  1886  bei  Ulrico  Hoepli. 

Handbuch  der  Ing.-WiiMiiach.    III.  TelL    13.  Bd. 


inclinata  od 


40 


III.     Theodor  Koehn-.     Ausbau  von  WassbrkrAftkk.     Einzelheitüs. 


Aus    der  Formel    Q  =  ft.'/ib.  h,  .  Y?.gh,    ergibt   eich    nach   Einsetzung    der  obigen    Werte: 


in  0,68 

II.  Beim  Versuch  am  9.  Hin  1885  worden 
Die  durch  du  Kanalbecken  fliessende  WassennengB  zu 
Die  in  den  Villoreaikanal  abgeleitete  Wassenuongti  zu 
Darana  ergab  sieh  die  Aber  den  Überfall  geflossene  WassermeDge 
Die  Ordinate  des  Wasserspiegels  vor  dem  Überfall  betrug 
Die  Ordinate  der  Sohle  des  Überfalls 
Die  Höbe  des  überfallenden  Wasserstrahls  also 

Ans  diesen  Zahlen  ergab  eich   ein  Wert   für  /*  —  0,683   und   sls  Mittel 
0,685+0.  " 


128,808  cbm/sek. 

4,389 

124,414 

+  185,885 

+  184,440 

995  m. 

i  beiden  Versuchen 


~2- 


=  0,61 


Es   wurde    ferner    am    27.  Jnni    1885    eine    Kontrollmeaaung   mit   Wo  Um  an  schein    FlOgel 
direkt   am  Überfall   gemacht     Die  oben   beschriebene  Bracke   gestattete    die  Messung    an    allen  Stellen, 


es  wurden  aber  i 


SS     I 


ii  den  36  Offnungen  vorgenommen,  da  alle  ganz  gleich  sind,  und 
man  deshalb  schlieeaen  durfte,  dass  bei  gleichen  Verhält- 
nissen die  Geschwindigkeit  in  allen  Öffnungen  auch  die  gleiche 
sein  müsse.  Tn  jeder  Öffnung  wurde  in  &  Lotrechten  (Abb. 
158)  gemessen. 

Aas  den  Messungen  ergab  sich  die  Wassermenge  in 
einer  Öffnung  sa  3,108  cbm/sek.,  in  der  anderen  so  8,194  com/ 
sek.,  also  im  Mittel  in  3.148  cbm/sek.  Multipliziert  man  dies« 
Zahl  mit  der  Zahl  der  Öffnungen  (36),  so  ergibt  sich  eine 
Wassermenge  von  118,328  cbm/sek.  Am  Mesaungatsge  war 
die  Ordinate  des  Wasserspiegels  vor  der  Absenkung  am  Wehr 
+  185,275.  die  Habe  des  überfallenden  Wasserstrahls  dem- 
nach 0,835  m.     Hieraus  berechnet  sich  ein  Wert  von 

P  ^  0,692, 
welcher  nur  um  0,008  von  dem  oben  erwähnten  Mittelwert  der 
beiden  ersten  Versuche  abweicht. 

Ks  würde  steh  also  '»?  xu  0,45(1  bis  0,461  ergeben. 
Bei  den  Messungen  an  dem  grossen  Wehr 
im  Tesoin  ging  man  ebenfalls  auf  zweierlei  Weise  vor.  An 
zwei  Tagen  nnd  zwar  am  27.  und  28.  Mlrz  1885,  an  wel- 
chen ganz  gleiche  Wasserstande  im  Tesain  herrschten,  also 
auch  die  gleichen  selcl.  Wassermengen  abgeflossen  sein  müssen, 
lies»  man  das  eine  Mal  (am  27.  Mir*)  die  ganze  Waseermenge 
über  das  Wehr  fliesaen,  dss  zweite  Mal  einen  Teil  Ober  das 
Wehr  nnd  einen  Teil  durch  das  Keneibecken  und  über  den 
Messaberfall.  Man  hatte  ausserdem  vor  der  eigentlichen  Messung  zeitweise  einmal  das  ganze  Wasser 
durch  das  Kanalbecken  nnd  den  Messaberfall  nnd  das  andere  Mal  Über  das  Wehr  laufen  laesen  und 
dabei  festgestellt: 

a)  Du«  im  ersten  Falle  in  dem  Teasin  unterhalb  des  Wehres  aber  vor  dem 
Messaberfall  noch  4,50  cbm/sek.  flössen,  von  denen  1  cbm  aus  der  Undich- 
tigkeit des  Untergrundes  sm  Wehr  nnd  3,50 cbm  aus  Verlusten  herrührten, 
welche  an  den  zur  Entleerung  des  Kanalbeckens  zum  Tessin  bestimmten 
Grnndschützen  entstanden. 

b)  Das«,  sls  alles  Wasser  Ober  das  Wehr  fliessen  sollte,  durch  die  un- 
dichten Stellen  der  Einlassehützen  znm  Kanalbeeken  dennoch  im  ganzen 
2,09  cbm/sek.  flössen. 

An  27.  Min  war  der  Wasserspiegel  vor  dem  Wehre  im  Behariungszustsnde  auf  der 
Ordinate  + 186,180  gefunden. 

Zieht  man  davon  die  Ordinate  der  Wehrkrone  + 185,722  ab,  so  ergibt  sich  für  den  Versuch  sm 
27.  Min  eine  Hohe  des  überfallenden  Wasserstrahls  von  0,458  m. 

Am  28.  Mir«  liess  man  einen  Teil  des  Wassers  Aber  das  Wehr  und  einen  Teil  durch  du 
Kanalbeeken  fliesaen  nnd  beobachtete  die  Verhältnisse  am  Messaberfall,  nachdem  eine  Stunde  lang  die 
Wasserspiegeldifferen*  am  Einlaaf  zum  Kanalbecken  ala  gleichbleibend  festgestellt  war.    Es  wurde 


§  1. 


Stauwerke.    A.  Wehre. 


627 


die  Hohe  des  überfallenden  Wasserstrahls  am  Meesüberfall  zu  0,77  m  festgestellt  und  daraus  mit  Hilfe 
der  frfiher  ermittelten  and  oben  genannten  Durchflusswerte  die  Aber  den  Mesa  -  Überfall  fliessende 
Wassermenge  zu  99,517  cbm/sek.  ermittelt  Die  direkte  Messung  am  Wehre  ergab  am  28. 
Min  eine  Hohe  des  überfallenden  Wasserstrahls  von  0,218  m. 

Da  die  sekl.  Wassermengen  im  Tessin  an  beiden  Tagen  als  gleich  angenommen  werden  durften, 
so  musste  folgende  Gleichung  gegolten  haben: 

p .  289,44 . 0,468 .  Vi .  V  2g.  0,458  +  2,09  =  /* .  289,44 . 0,218 .  V» .  V  2g.  0,218  +  99,517  +  8,50 

p .  854,  585  (0,458 ,;» -  0,218*)  =  99,517  +  8,50  —  2,09  oder  p  =  j^^? 
woraus  sieh  p  zu  0,565  ergab. 

Man  nahm  an,  dass  an  beiden  Tagen  der  Verlust  durch  Undichtigkeiten  am  Wehrkörper  selbst 
der  gleiche  gewesen  sei  und  konnte  deshalb  unterlassen,  die  festgestellte  Zahl  von  1  cbm/sek.  auf 
beiden  8eiten  der  Gleichung  hinzuzufügen. 

Diese  beiden  Messungen  sind  durch  .Kontrollmessungen  mit  Hilfe  des  Wo  ltm  an  sehen  Flügels 
nachgeprüft.  Um  diese  Messungen  vornehmen  zu  können,  hatte  man  180,0  m  oberhalb  des  Wehres  drei 
Ankerbojen  festgemacht  und  durch  die  Ösen  dieser  Bojen  ein  Seil  gezogen,  an  welchem  eine  grosse, 
schwere  Barke  befestigt  war.  Mit  Hilfe  einer  Winde  auf  der  Barke,  Aber  welche  das  Seil  lief,  konnte 
man  zu  jeder  Stelle  des  Wehres  gelangen.  Die  Barke  lag  oberhalb  der  Absenkung  des  Wasserspiegels 
am  Wehre,  war  aber  mit  einer  so  langen  Auslegerbrücke  versehen,  dass  der  beobachtende  Ingenieur  bis 
über  die  Krone  des  Wehres  kommen  konnte.  Ein  anderer  Ingenieur  stellte  vom  Ufer  ans  die  Ordinaten 
der  Wasserspiegel  und  ebenso  die  Eintauchtiefen  des  Wo  ltm  ansehen  Flügels  fest 

a)  Messung  am  11.  Juni  1885.     Die  Geschwindigkeiten  wurden   in  neun  Lotrechten  ge 
messen.    Es  wurden  festgestellt: 

Die  Ordinate  des  Wasserspiegels  vor  der  Absenkung  am  Wehre  zu  + 186,85 ,  woraus 
sich  eine  Hübe  des  überfallenden  Wasserstrahls  von  0,928  m  ergab. 

Dagegen  wurde  die  mittlere  Wasser- 
tiefe über  der  Krone  selbst  zu  0,740  m, 
die  Absenkung  also  zu  0,188  m  er- 
mittelt. Die  mittlere  Geschwindigkeit 
wurde  gemessen  zu  1,972  m/sek.  Hier- 
aus ergab  sich  eine  Wassermenge  von 
442,542  cbm/sek. 

Es  musste  also  bei  Vernachlässigung 
der  Geschwindigkeit  des  ankommenden 
Wassers  die  Gleichung  gelten: 

422,542 =*/»/♦.  289,44 . 0,928  /2g. 0,928 
woraus  sich  /*  zu  0,558  ergab. 

b)  Die  Messung  am  26.  Juni  1885. 
Die  Geschwindigkeiten  wurden  in  elf  Lot- 
rechten gemessen.  Aus  der  gemessenen 
Höhe  des  Wasserspiegels  vor  der  Ab- 
senkung am  Wehr  ergab  sich  eine 
Hübe  des  überfallenden  Wasserstrahls 
von  0,628  m.    Dagegen  wurde  die  mitt- 


Abb.  159.    Schaubilder  der  am  26.  Juni  1885  am 
Tessinwehr  des  Villoresikanals  gemessenen  Ge- 
schwindigkeiten. 


Jhasslab*  IQ 


lere  Wassertiefe  über  der  Wehrkrone 
zu  0,494  m,  die  Absenkung  also  zu 
0,134  m  festgestellt.  Die  mittlere  Ge- 
schwindigkeit betrug  1,667  m  und  die 
Wassermeoge  239,771  ebnt  sek.  Hier- 
aus ergab  sich  ein  p  =  0,568.    Der  mitt- 


•  <4 


t» 


4M 


*»-""  X— MW 


K»-.t»         Xv* 


flvtfB 


JU-u 


JbtAipfc 


JUsssUi  f*0 


lere  Wert  von  ,*  aus  allen  vier  Messungen  betragt  daher  0>565  +  °'^8  + 0>563  =  0,560. 

Aus  diesen  Versuchen  dürften  sich  etwa  folgende  Schlussfolgerungen  ziehen  lassen: 

1.  Die  Absenkung  des  Wasserpiegels  am  Wehre  betrug  in  einem  Falle  0,928  —  0,740 
=  0,188,  im  zweiten  Falle  0,628  —  0,494  =  0,134,  d.  h.  die  Absenkung  hat  nicht 
wie  nach  Frese  0,15  hj    sondern  etwa  0,20  bis  0,21  hj   betragen.    Dieses  Ver- 

40* 


628  III.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

hältsis  ist  trotz  der  erheblichen  Verschiedenheit  der  Höhe  des  überfallen- 
den Wasserstrahls  angenähert  dasselbe  geblieben. 

2.  Bei  dem  Messüberfall  haben  sich  die  Geschwindigkeiten  entsprechend  der  Zu- 
nahme der  Druckhöhe  nach  unten  ziemlich  genau  den  theoretischen  Werten  entsprechend 
▼ergrössert ,  während  sich  bei  dem  grossen  Wehre  hiervon  abweichende  Werte  er- 
gaben. Am  Messüberfall  fand  Einschnürung  an  den  seitlichen  Rändern  statt,  dagegen 
trotz  der  scharfen  Überfallkante  wahrscheinlich  nur  unvollkommene  Einschnürung  an  der 
Schwelle,  da  die  Vorderfläche  des  Wehres  eine  gute  Leitkurve  zeigt.  In  ähnlichen  Fällen 
würde  also  fi  zu  etwa  0,68  bis  0,70  angenommen  werden  dürfen,  ein  Wert,  welcher  mit 
dem  Tolkmittschen  ad  2  S.  624  leidlich  übereinstimmt. 

3.  Sehr  zu  beachten  ist  die  Kleinheit  des  Wertes  von  p,  welcher  sich  bei  den 
Messungen  am  grossen  Wehre  ergeben  hat.  Als  einzige  Erklärung  dürfte  die  Breite 
der  wagerechten  Wehrkrone  in  Betracht  kommen,  welche  verzögernd  auf  die 
Wasserfäden  eingewirkt  hat. 

Bei   der  Messung  am  11.  Juni  betrug  die  Absenkung  am  Wehr  0,188.    Dieser 

Druckhöhe  (h)  entspricht  nach  der  Formel  v  =  V2g£  eine  Geschwindigkeit  von  1,92  m/sek., 
welche  nur  rd.  5,2  cm/sek.  kleiner  ist  als  die  an  diesem  Tage  gemessene  mittlere  Ge- 
schwindigkeit. 

Die  Absenkung  des  Wasserspiegels  am  26.  Juni  betrug  0,134,  und  es  entspricht 
dieser  Druckhöhe  eine  theoretische  Geschwindigkeit  von  1,62  m,  welche  ebenfalls  nur 
um  5,3  cm/sek.  kleiner  ist  als  die  gemessene  Durchschnittsgeschwindigkeit  von  1,667. 
Aus  den  festgestellten  Profilen  des  Tessins  und  den  gegebenen  Wassermengen  hat  sich 
für  den  11.  Juni  eine  Geschwindigkeit  des  ankommenden  Wassers  von  0,37  m/sek.  und 
für  den  26.  Juni  eine  solche  von  0.23  m/sek.  ermitteln  lassen.   Diese  Geschwindigkeiten 

v  * 

entsprechen  erzeugenden  Druckhöhen  k  =  <c°-  von  0,007   und  0,003  m.     Fügt  man  diese 

Zahlen  den  festgestellten  Absenkungen  zu,  so  ergeben  sich  die  Gesamtabsenkungen  zu 
0,195  und  0,137,  denen  theoretische  Geschwindigkeiten  von  1,956  m/sek.  und  1,640  m/sek. 
entsprechen.  Diese  sind  aber  fast  gleichwertig  mit  den  durch  die  Messung  festgestellten 
mittleren  Geschwindigkeiten. 

Daraus  folgt,  dass  auf  Wehren  mit  breiter  wagerechter  Krone  die  Wasser- 
geschwindigkeiten kleiner  sind  als  auf  Wehren  mit  abgerundeten  und  schmalen  Kronen 
und  dass  man  im  ersteren  Falle  keinesfalls  p  nach  den  Tolkmittschen  Angaben  ad  a)  1 
S.  624  mit  0,83  wählen  dürfte,  denn  man  würde  dabei  eine  fast  um  */s  zu  kleine 
Wehrbreite  erhalten7).  Also  zeigen  die  Versuche,  dass  es  im  allgemeinen  verfehlt  ist, 
die  Wehrkrone  breit  und  wagerecht  zu  machen,  es  sei  denn,  dass  man  kleinere  Ge- 
schwindigkeiten auf  der  Wehrkrone  aus  besonderen  Gründen  wünscht.  Überhaupt 
mahnen  diese  Versuche  zur  Vorsicht  bei  der  Wahl  der  Zahlen  für  den  Beiwert  /< 
und  es  dürfte  sich  empfehlen,  einen  grösseren  Wert  als  etwa  0,75  bei  Wehren  mit  voll- 
kommenem Überfall  nicht  anzuwenden,  wenn  man  sicher  sein  will,  dass  eine  gewisse 
Stauhöhe  bei  einer  bestimmten  Wehrbreite  und  Wassermenge  nicht  überschritten  wird. 

Wie  im  Kap.  III,  §  2,  Werkkanäle,  Abschnitt  Überfalle,  noch  näher  erläutert 
werden  wird,  findet  andererseits  vollkommene  Einschnürung  nicht  mehr  statt,  wenn  die 
Breite  des  Rahmens  an  den  Wänden  und  der  Krone  des  Überfalls  grösser  ist  als  1/4  h,. 

')  Bubendey  gibt  in  der  von  ihm  bearbeiteten  2.  Auflage  der  Tolkmittschen  , Grundlagen 
der  Wasserbaukunst*,  Berlin  1907  an  fflr  f*  bei  Webren  mit  wagerechter  breiter  Krone  and  scharfen 
Kanten  0,54  und  bei  Wehren  mit  wagerechter  breiter  Krone  und  abgerundeten  Kanten  0.50,  ein 
Wert,  welcher  nach  obigen  Versuchen  also  auch  noch  etwas  zu  hoch  erscheint. 


§  1. 


Stauwerke.     A.  Wehre. 


629 


Man  muss  deshalb,  wenn  man  einen  möglichst  leistungsfähigen  Überfall  machen  will,  die 
Kronenbreite  grösser  als  V*  ht,  etwa  =  1/t  h1}  aber  nicht  breiter  anlegen.  Muss  das 
Mauerwerk  des  Wehres  ans  Gründen  der  Stabilität  oder  aus  anderen  Gründen  an  der 
Krone  breiter  werden  als  7*  hlt  so  empfiehlt  es  sich,  den  eigentlichen  Rahmen  des 
Überfalls  dennoch  nicht  breiter  zu  machen  als  V«  bx  und  die  Flachen  Tor  und  hinter 
dem  Rahmen  in  einer  Neigung  Ton  etwa  1:7  oder  mehr  abfallen  zu  lassen  und  die 
Ecken  gut  abzurunden. 

B.  Die  Berechnung  der  Durchflusspref  le  bei  Schttzemwehren.  In  der  Regel 
werden  die  Schützenwehre  nicht  überströmt.  Ist  das  der  Fall,  so  lassen  sich  die  über- 
strömenden Wassermengen  nach  den  oben  gegebenen  Formeln  mit  (i  =  0,60  (vergl.  ad  3 
S.  624)  berechnen. 

Für  die  Berechnung  der  Durchflussmenge  durch  die  Öffnung  einer  Schütze  mögen 
folgende  Formeln  hier  angegeben  werden.  Wenn  b  die  Breite  der  Schützenöffnung  ist 
und  man  im  übrigen  die  Bezeichnungen  der  Abb.  160  beachtet,  so  ist  die  Wassermenge, 

welche  durch  den  oberen  Teil  der  Öffnung  flieset :  Q^  =  f/s  ju  b  (h  V2gh  —  h2  V2  g  h2) 


oder  Qj  =  «/•  (i . b .  V2g  (h'/t— h2  V») 
und  die  Wassermenge,  welche  durch  den  unteren  Teil  fliesst 


Q1=iu.b(h1-h).y2gh 


(11) 
(12) 


Abb.  160. 


Abb.  161. 


Abb.  162. 


9B 


41 


///S"//Sf/ff//f*f/*f/ffffßfJf*JS< 


Die  Gesamtausflussmenge  Q  ist  daher  =/4b>/2g.  [(hi  —  hJj/h  +  V«^1/»  — h, V»)].      (13) 

Die  Formel  11  gilt  auch  für  den  Fall,  dass  das  Wasser  aus  einer  Schütze  frei 
austritt,  h  also  2^  wird,  ein  Fall,  der  z.B.  bei  Spülschützen  häufig  Torkommt.  Für 
h^ht  nach  Abb.  160  fallt  das  erste  Glied  in  der  eckigen  Klammer  der  Formel  13 
aus  und  es  wird 

Q  =  V3^b^2i[h1V»-hfi/.].  (13a) 

In  der  Formel  13  a  bedeutet  ht  die  Druckhöhe  an  dem  unteren  und  h,  diejenige 

h     |   h 

an  dem  oberen  Rande  der  Öffnung.  Setzt  man  H=  *"^"  *  und  hx  —  ht  =  a,  so  ist 
ht  '/•  —  h,  »/•  =  (h  + 1)  8/2  -  (h  - 1)  l/f  und  durch  Reihenentwickelung 

"■  *-  v*-' *  »i«  •  [» -m  (h)  '-sb  (b)'—  •  •  ]• 

a 
Solange  ~  ein  echter  Bruch  ist,  kann  die  eckige  Klammer  angenähert  =1  gesetzt 

werden,  da  der  Fehler,  welcher  durch  Vernachlässigung  der  folgenden  Glieder  entsteht, 
weniger  als  Vioo  beträgt.  Dann  geht  die  Formel  13a  über  in  Q  =  iuba}/2gH.  H  ist 
in  dieser  Formel  also  die  Tiefe  der  Mittellinie  der  Ausflussöffnung  unter  dem  Ober- 


630         IIL    Theodor  Koehv.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Wasserspiegel   und  die   Yereinfachte  Formel  kann   in   allen  Fällen  angewendet  werden, 

wo  h, >=  ist,  d.  h.  wenn  der  Wasserspiegel  mindestens  nm  die  halbe  Höhe  der  Aus- 

nussöffnung  über  dem  oberen  Rande  derselben  liegt. 

Die  Formel  12  nimmt  für  den  Fall,  dass  der  untere  Wasserspiegel  höher  liegt, 
als  die  Oberkante  der  Schutzenöffnung  die  Form  an  (Abb.  161): 

Q  =  ^.b.aV2gh.  (14) 

Die  Formel  13  gilt  auch  für  Grundablässe  und  Einlaufschützen  zu  Werkkanälen 
(Abb.  162).  Als  Werte  für  fi  können  0,62  bei  den  Öffnungen  nach  Art  der  Abb.  160 
und  161  gelten  und  ^  =  0,65  bis  0,70  bei  Öffnungen  nach  Art  der  Abb.  162.  Da 
man  bei  Schützenöffnungen  stets  lieber  etwas  zu  reichlich  rechnet  wegen  der  Möglich- 
keit, den  gewünschten  Stau  durch  Regulierung  der  Schützenöffnungen  zu  erzielen,  so 
mag  hier  davon  abgesehen  werden,  die  entsprechenden  Formeln  mitzuteilen,  welche  noch 
die  Geschwindigkeit  des  ankommenden  Wassers  berücksichtigen. 

Zur  Berechnung  der  Durchflussmenge  bei  ganz  geöffneten  beweglichen  Wehren 
oder  Grundablässen  dienen  die  Formeln  8,' 8a,  9  und  9a  mit  den  S.  624  ad  b  gegebenen 
Werten  für  fit  und  //,. 

Soll  bei  gegebener  Durchflussmenge  Q  diejenige  lichte  Weite  b  gefunden  werden, 
welche  vorhanden  sein  muss,  damit  eine  festgesetzte  Stauhöhe  h  nicht  überschritten  wird, 
so  kann  man  b  für  k  =  0  ohne  weiteres  aus  9a  berechnen.    Soll  die  Geschwindigkeit 

des  ankommenden  Wassers  v0  mit  berücksichtigt  werden,  so  ist  v0  =y  »_p  t»  wenn  F  den 

durchschnittlichen    benetzten    Querschnitt,     B   die    Wasserspiegelbreite    des    unge- 
stauten Wasserlaufs  und  Q*  die  ganze  an  das  Wehr  herankommende  sekl.  Wasser- 

▼  *       I/O       \f 
menge  bedeuten  und  es  istdaherk==^==^(p-j-^-r)      Somit  bleibt  b  die  einzige  Un- 
bekannte in  der  Formel  8  und  kann  direkt  berechnet  werden. 

Wenn  b  und  Q  gegeben  sind  und  h  gesucht  wird,  so  kann  man  nach  dem  auf 
S.  623  angegebenen  zeichnerischen  Probierverfahren  vorgehen  oder  man  kann  folgende* 
Annäherungsrechnung  anstellen.    Es  ist  die  Geschwindigkeit  des  Wassers  beim  Eintritt  in 

die  ganz  geöffnete  Schützen-  bezw.  Grundablassöffnung'  \t  =  — .  ,     ,  , ,  (vergl.  Abb.  154), 

wobei  fi  je  nach  der  Rauhigkeit  der  Wände  und  Sohle  =  0,80  bis  0,95  zu  setzen  ist,  ferner 
besteht  zwischen  xt  und  h  folgende  Beziehung: 

v1»  =  2g(b  +  k)  =  2gh+v0«  =  2gh+(.f^^¥),,  also 

h  =  2glVb(^+h)/  ~  \F+Bh)  ]• 
Annäherungsweise  kann  man  zur  Lösung  dieser  Gleichung  für  das  h  in  der  eckigen 

Klammer  setzen:  hl  =  ^—    (~^~)  — \-w)      und  somit  unter  Einsetzung  dieses  Wertes 

für  h  in  die  eckige  Klammer  der  obigen  Gleichung  einen  Wert  für  h  finden,  welcher  für 
die  praktischen  Fälle  genau  genug  sein  wird. 

C.  Die  Berechnung  der  Stauweite.  Da  mit  Rücksicht  auf  die  Rechte  Dritter  oft 
die  Stauhöhe  aus  einer  gegebenen  Stauweite  oder  umgekehrt  die  Stauweite  aus  der  Stauhöhe 
berechnet  werden  muss,  so  soll  hier  kurz  der  Gang  der  Rechnung  angegeben  werden8): 


•)  Nach  G.Tolkmitt,  Handbuch  der  Ing.-Wissensch.  IIL  Teil  Der  Wasserbau,  1892  8.  229,  u.£ 


§  1- 


Stauwerke.    A.  Wehre. 


631 


Man  hat  hierbei  von  der  Betrachtung  der  ungleichförmigen  Bewegung  des  Wassers  auszugehen. 
Es  werden  bekanntlich  zwei  Arten  von  ungleichförmiger  Bewegung  des  Wassers  unterschieden,  nämlich: 

1.  Die  allgemeine  Art,  bei  welcher  die  Wassermenge  sowohl  von  Profil  zu  Profil  als  auch  mit 
der  Zeit  stetig  zu  oder  abnehmen  kann.  Diese  Art  der. Bewegung  tritt  bei  dem  künstlichen  Anfallen  oder 
Ablassen  einer  Fluss-  oder  Kanalstrecke  durch  Schliessen  oder  Offnen  beweglicher  Wehre  ein.  Sie  kommt 
auch  regelmässig  im  Ebbe-  und  Flutgebiet  der  Ströme  vor. 

2.  Die  dauernd  ungleichförmige  Bewegung,  bei  welcher  durch  sämtliche  Profile  eine 
gleich  grosse  Wassermenge  flieset,  welche  auch  der  Zeit  nach  unveränderlich  bleibt. 

Für  die  vorliegenden  Zwecke  genügt  es  die  dauernd  ungleich- 
förmige Bewegung  zu  betrachten. 
Es  sei: 

F  die  benetzte  Querschnittsfläche  in  qm, 

p  der  benetzte  Umfang  in  m, 

v  die  mittlere  Profilgeschwindigkeit  in  m/sek., 

a  der  Neigungswinkel   des  Wasserspiegels   gegen   die 
Wagerechte, 

y  das  Gewicht  der  Raumeinheit  von  1  cbm  Wasser  in  kg, 

g  die  Erdbeschleunigung  in  m  =  9,81  m, 

c  ein  Erfahrungswert  der  allgemeinen  Geschwindigkeits- 

formel  v  =  c.yRJ. 

Wegen  der  Werte  von  c  vergl.  auch  Kap.  III,  §  2,  Werkkanäle. 

Wenn  sich  alle  Wasserteilchen  zwischen  zwei  Profilen,  welche  sich  in  der  Entfernung  s  von- 
einander befinden  (Abb.  163),  mit  der  mittleren  Geschwindigkeit  v  bewegen,  so  ist  die  beschleuni- 
gende Kraft  T  der  Erdschwere  der  betrachteten   Scheibe   zwischen   den   beiden  Profilen,   deren  Masse 


m  =  - .  F .  s  und  deren  Gewicht  m .  g  =  y  F .  s  ist,   T  =  y .  F .  s .  sin  a 

o 

(V\8 
/ 


(15) 

(16) 
dv 


Wenn  die  Scheibe  sich  in  der  Zeit  dt  um  dx  fortbewegt,  beträgt  ihre  Beschleunigung  ~v-  = 
G^windigkeitazuw^ehs      fc  ^  ^4,^  d^dr  ^  dx  =  y      ^^   ^   T  =  w  +  ^^ 


Zeit  " " *  dt       dx .  dt 

A  A%r       T  —  W 

schleunigung,T=W+m.v.T^  und  v.-s-= 

dx  dx  ni 


dt 


r\h 


=  g(siu«-i.Q). 


(17) 


Setzt  man  wegen  der  Kleinheit  des  Winkels  sin  a  =  a,  so  wird 

vdv      p  /v\* 


(18) 


Es  ist  aber  auch  a  =  -=-  und  v  =  «, 


also  o>=£  dv  +  (^)   -^dx 

,     .  Q»dF  ^/Qx'p     . 

aderdy  =  -^-li5+(-)^i.dx. 

Durch  Integration  erhält  man: 

x» 
=  2i  [(f)  "  (fö)  ]  +  Q'  J  c1^ 


(19) 


(20) 


Um  einen  Annäherungswert  für  das  Integral  zu  finden,  kann  man  zunächst  c  für  die  ganze 
betrachtete  Strecke  als  gleichbleibend  ansehen,  weil  die  Wahl  der  Zahlenwerte  ohnehin  unsicher  ist- 
Teilt  man  ferner  die  ganze  betrachtete  Flugstrecke  direkt  in  Abschnitte  Ax  derart  ein,  dass  für  jeden  Ab- 
schnitt die  Grössen  F  und  p  sich  nur  wenig  ändern,  so  können  dafür  Mittelwerte  eingeführt  werden, 
die  der  Einfachheit  halber  doch  wieder  mit  F  und  p  bezeichnet  werden  mögen. 


632 


III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Eikkblhbitem. 


Dadurch  wird  die  Qlejehang  20  u 


4r  =  y  —  7* 


r»_ 


2g 


*+(*)V£ 


-SKiJ-äDV®'^!^ 


(21) 


Diese  Formel  gilt  ohne  weiteres  allerdings  nur,  wenn  die  Profilgrössen  F  sich  von  dem  oberen 
bis  zum  uoteren  Ende  der  betrachteten  Strecke  nur  in  gleichem  Sinne  Indern ,  d.  h.,  entweder  immer 
grösser  oder  immer  kleiner  werden.  In  der  Formel  21  drückt  das  zweite  Glied  auf  der  rechten  Seite 
die  regelmässigen  Bewegungswiderstande  aus,  das  erste  Qlied  enthält  dagegen  den  Unterschied  der  die 
Geschwindigkeiten  erzeugenden  Druckhöhen  im  Anfang  und  Endprofil  einer  betrachteten  Teilstrecke. 
In  offenen  Wasserlaufen  wird  bei  Geschwindigkeitaverminderungen  der  Überschuss  der  Geschwindigkeit 
nicht  wie  bei  geschlossenen  Leitungen  zur  Beförderung  des  Abflusses  verwertet,  sondern  durch  Wirbel 
und  dergl.  zum  grössten  Teile  aufgezehrt.  Daraus  rechtfertigt  sich  die  Regel,  dass  man  bei  ungleich- 
förmig verzögerter  Bewegung  des  Wassers,  sowie  überhaupt  bei  jeder  Geschwindigkeitsverminderung 
in  offenen  Gerinnen  die  lebendige  Kraft  des  ankommenden  Wassers  unberücksichtigt  zu  lassen  hat. 

Deshalb  hat  man  auf  der  rechten  Seite  der  Gleichung  21  nur  die  Summe  aller  Geschwindigkeita- 
erhöhungen  für  den  Obergang  aus  der  kleineren  in  die  grössere  Geschwindigkeit  zu  setzen,  während  eile 
Geschwindigkeitsverminderungen  unberücksichtigt  zu  lassen  sind. 

Die  für'  die  Anwendung  besser  geignete  Gleichung  lautet  daher : 


^y=y-yo=27 


,V 


i^+ftr^-^Kir-üj+Gy 


(22) 


2g  '  \c/-~  F*  "~2gÄl\Ft/  \F,/J  '  \c/  '  ~  FJ 
wobei  unter  dem  ersten  Summenzeichen  nur  die  positiven  Werte  zu  vereinigen  sind  »).  Da  aber  bei  eh 
Stau,  wenn  das  Stromprofil  nicht  sehr  unregelmässig  gestaltet  ist,  die  Geschwindigkeit  stromabwärts 
immer  geringer  wird,  so  fällt  hierbei  das  erste  Glied  der  Gleichung  aus  und  die  Bewegungsgteiehug 
geht  für  eine  kurze  Strecke  Über  in  die  Gleichung  für  gleichförmige  Bewegung: 

worin  p  und  F  Mittelwerte  der  ersten  8trecke  bedeuten  und  woraus  stückweise  die  Stauhöhe  der  einzelnen 
Teilstrecken  berechnet  werden  kann,  wenn  alle  Grössen  der  rechten  Seite  bekannt  sind. 


9)  G.  Tolkmitt  gibt  im  Handbuch  d.  Ing.-Wissensck.  „ Der  Wasserbau-,  HI.  Teil,  1.  Abt  1892, 
S.  231  folgendes  Beispiel  zur  Erläuterung.  Er  empfiehlt  zunächst  die  Gleichung  22,  um  das  Nieder- 
schreiben sehr  kleiner  Brüche  zu  vermeiden,  in  folgender  Form  zu  verwenden: 

Beispiel:  Eine  Flusstrecke  von  200,0  m  Länge  sei  in  vier  Teilstrecken  von  Jx  =60,  40,  40  und 

60  m  Länge  zerlegt,  welche  der  Reihe  nach  ein  Durchschnittsprofil  F  =  74,  62,  45  und  68  qm  und  einen 

benetzten  Umfang  p  —  90,  73,  50  und  75  m  haben.    Der  Fall  des  Wasserspiegels  vom  oberen  bis  zum 

unteren  Ende  der  Strecke  sei  =0,140  m.    Wie  gross  ist  die  Wassermenge  Q? 

F 
Auflösung:  Da  der  sogen.  Profilhalbmesser  R=       zwischen  0,80  und  0,90  m  liegt,  so  kann 

c  =  41  als  Mittelwert  angenommen  werden  (vergl.  S.  634) ;  die  verschiedenen  Geschwindigkeitsformeln 
geben  c  etwa  zwischen  88  und  44.    Die  einzelnen  Ausrechnungen  sind  nachstehend  zusammengestellt. 


Teil- 
strecke 

4. 

F 

P 

p.  Ax 
F» 

(7)' 

Nr. 

m 

qm 

m 

1 

60 

74 

90 

0,0133 

1,82 

2 

40 

62 

73 

0,0122 

2,60 

3 

40 

45 

50 

0,0219 

4.94 

4 

60 

1 

68 

75 

0,0148 

2,16 

«  p .  Ax  _ 
4t      ya      — 

0,0617 

Die  Profilgrösse  nimmt  von  1  bis  Teilstrecke  8  ab.    Es  ist  also: 

2  [Q*-  (™)*]  =  2,60  -  1.82  +  4,94  -  2,60, 


§  1.  Stauwerke.    A.  Wehre.  633 

Handelt  es  sich   darum,    aus  einer    gegebenen   Stauhöhe  die  Stanweite  zu 
ermitteln,  so  zerlagt  man,   vom  Wehre  anfangend,  die  Strecke  in  Abschnitte  Ax  (30 
bia  100  m  lang)  und  sucht  für  jeden  Abschnitt   das  zugehörige  Aj  nach  Formel  28.    Für  die  erste 
Strecke  zwischen  0  und  1   (Abb.  164)  nimmt  man,  um  zunächst  Mittelwerte 
Ton  p  und  F  zu  finden,  den  Wasserspiegel  wagerecht  an.    Q  und  die  Stau-  Ab»*  164. 

hohe  h  am  Wehre  sollen  als  gegeben  angesehen  werden.  Man  wird  also  aus 
dem  gleichfalls  bekannten  Längsprofil  der  Flussohle  und  den  Querprofilen 
des  Flusses  Werte  für  p  und  F  bei  0  und  1  berechnen  können' und  daraus  Mittel- 
werte gewinnen,  welche  in  Formel  28  einzusetzen  sind.  Dann  werden  unter 
Berücksichtigung  der  gefundenen  Neigung  des  Wasserspiegels  Ay  neue  Mittel- 
werte von  F  und  p  berechnet  und  die  Rechnung  für  die  erste  Strecke  ein-  oder  mehrmal  wiederholt. 
Für  die  Berechnung  der  weiteren  Strecken  kann  man  zunächst  die  Neigung  des  Wasserapiegels  gleich 
derjenigen  der  vorangehenden  annehmen  und  im  übrigen    wie  oben   beschrieben  verfahren.    Auf  diese 


Fortsetzung  der  Fussnote  9). 
wofür  man  auch  direkt  4,94  —  1,82=3,12  hätte  schreiben  können.    Nach  Gleichung  22a  ist  daher: 


(f),-w«-a+©,.««'-w-+w". 


woraus  man  erhält: 


^Vo^fW^5^ 


Bei  solchen  Aufgaben  ist  es  wegen  der  Unsicherheit  der  einzusetzenden  Erfahrungsgrösse  c  stets 
nützlich  die  Rechnung  probeweise  noch  für  die  wahrscheinlichen  oberen  und  unteren 
Grenzwerte  derselben  durchzuführen. 

Setzt  man  demgemäaa  in  dem  obigen  Beispiele  c  zuerst  =  88,  dann  =  44,  so  erhält  man  für 
das  letzte  Glied  der  Gleichung  22a  die  Werte: 

( w)  * ' 0,<)617  ^  °'426  be2W'  (l?)2  '  °'0617  =  °'818' 
alsdann  Q  =  49,0  bezw.  =  54,1  cbm. 

Erheblich  grösser  aber  ist  der  Unterschied  bei  Anwendung  der  Gleichung  21,  d.  i.  unter  An- 

v  1 y  t 

rechnung  der  sämtlichen,  auch  der  negativen  Glieder  von  der  Form  -*-= — — .  In  diesem  Falle  ist  näm- 
lieh  in  dem  obigen  Beispiele: 

' -*-(&)■[(©'- (3)1 -(Ä)'"»-.» 

und  man  erhält  für  c  =  41  die  Gleichung: 

CD'-«— ateiB+ ©'..,«". 

welche  Q  =  100  V       Q'*40.  Qßn  ~  60,4  cbm  liefert,  also  8,9  cbm  oder  über  »/•  mehr,  als  nach  Gleichung 

F   Ü,U1  i  -+■  U,oo7 

22  gefunden  wurde. 

Dans  der  Einfluss  der  Geschwindigkeitsänderungen  in  dem  vorstehend  untersuchten  Falle  so 
bedeutend  ist,  liegt  daran,  dass  sich  diese  Änderungen  innerhalb  einer  ziemlich  kurzen  Strecke  vollzogen 
haben.  Bei  wachsender  Länge  der  einzelnen  Teilstrecken  würde  der  Einfluss  des  ersten  Gliedes  auf  der 
rechten  Seite  der  Gleichung  22a.  dessen  Grösse  unverändert  bleibt,  während  daa  zweite  Glied  mit  der 
Länge  der  Strecke  zunimmt,  immer  geringer  werden.  Wenn  z.  B.  die  Längen  der  Teilstrecken  sämtlich 
fünfmal  grösser  werden  und  der  Fall  des  Wasserspiegels  ebenfalls  fünfmal  grösser  wird,  während  alles 
übrige  unverändert  bleibt,  so  lautet  die  Gleichung  für  Q: 

(™)\  0,70  =  *»$»  +  («ff .  0.0617 . 5  =  0,159  +  1,835, 

und  man  erhält  daraus: 


während  man  bei  Fortlaasuog  der  die  Geschwindigkeitsänderungen  berücksichtigenden  Grösse  0,159  die 
Wassermenge  _ 

Q  =  100  ]/y^  =  61,8  cbm  erhält. 


684 


III.    Theodor  Koehx.    Ausbau  vom  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


Weise  wird  also  die  Veränderung  im  Wasserepiegelgefälle  stückweise  ermittelt  and  man  findet  das  Ende 
der  Staukurve  dort,  wo  die  Waasertiefe  im  Flussprofile  ungefähr  gleich  derjenigen  des  angestauten 
Flosses  gefanden  wird. 

Das  Ende  der  Staukurve  kann  für  die  Praxis  als  genau  genug  festgestellt  angesehen  werden, 
wenn  die  gefundene  Wassertiefe  nicht  mehr  als  um  0,02—0,05  m  von  der  bekannten  Waasertiefe  des 
Flosses  in  angestautem  Zustande  abweicht  Bemerkt  wurde  schon,  dass  man  in  Fallen,  wo  die  Stau- 
höhe h  gross  ist,  nicht  durchweg  den  gleichen  Wert  fttr  c  beibehalten  kann,  weil  derselbe  von  dem  Ver- 

F 
hältnis  —  und  von  der  Geschwindigkeit  v  abhängt  und  beide  Grössen  sich  innerhalb  der  Staukurve 

erheblich  andern.  Man  muss  daher  ffir  die  verschiedenen  Abschnitte  von  A*  verschiedene  Werte  von  c 
einsetzen,  wofür  folgende  Zahlenwerte  Anhaltspunkte  geben  mögen,  die  aber  nur  für  rauhe  und  unbe- 
festigte Fussprofile  gelten. 


c  nach  Bazin 
c  nach  Hagen 


0,2 

22,2 
83,4 


0,8      0,4      0,6  0,8  !     1,0  ,  1,2 

i        :  !  i 

26,3     29,4  !  MX  87,4  ,  39,9  ,  41,9 

85,8     37,5  |  40,1  42,1  I  43,7  \  45,0 


1,4  |     1,6  !     1,8  I    2,0 

43,5     44,8     46,0  i  47,0 
46,2     47,3  I  48,2     49,1 


1 

i    3,0 

4,0 

50,2 
52,5 

52,2 
55,0 

5,0 

53,5 
57,2 


Abb.  165. 


*üi 


Nicht  selten  ist  die  Stauweite  vorgeschrieben,  und  es  wird  die  Aufgabe 
gestellt,  aus  derselben  die  zulässige  Stauhöhe  am  Wehre  zu  berechnen.  Diese  Auf- 
gabe ist  am  besten  durch  Probieren  zu  lösen,  indem  man  zunächst  nach  Schätzung  (vergl.  8.  637)  einen 
Wert  für  die  Stauhöhe  annimmt. 

K.  Pestalozzi  gibt  im  Handbuch  der  In  g.- Wissen  seh.  Bd.  III.  Der  Wasserbau.  1879.  S.  350 
dafür  folgende  Methode  an  (Abb.  165).  Die  für  eine  zuerst  schätzungsweise  angenommene  Stauhöhe 
berechnete  Stauweite  wird    entweder   grösser   oder   kleiner   als    die    gegebene  ausfallen.     Ist  sie  zu 

gross,  so  wurde  also  auch  die  Stauhöhe  zu  gross  angenommen.  Man  wird  des- 
halb eine  zweite  Annahme  für  die  Stauhöhe  machen,  welche  womöglich  eine  zu 
kleine  Stauweite  ergibt  und  dann  noch  durch  eine  dritte  Annahme  einen  Mittel- 
wert suchen. 

Die  gegebene  Stauweite  sei  w. 
Die  angenommenen  Stauhöhen  h'  h",  h'". 
Die  dazu  gehörigen  Stauweiten  w',  w",  w"'. 

Man  trägt  auf  einer  Linie  OB  vom  Punkte  O  aus  die  Stauhöhen  h\  h",  h'" 
als  Abszissen  auf  und  dazu  als  Ordinaten  die  Differenzen  zwischen  der  gegebenen 
Stauweite  und  den  gefundenen  mischen  in  einem  beliebigen,  für  die  Zeichnung  bequemen  Masstabe  auf 
and  zwar  so,  daas  die  Ordinaten  aufwärts  gehen,  wenn  die  gefundenen  Werte  zu  gross  und  abwärts,  wenn 
sie  zu  klein  waren.  Die  so  gefundenen  Punkte  C,  D,  E  etc.  werden  dann  mit  einer  Kurve  verbunden, 
welche  die  Linie  O  B  in  A  schneidet.  Die  Entfernung  O  A  gibt  dann  angenähert  den  richtigen  Wert  für  die 
gesuchte  Stauhöhe.  Auf  Grundlage  der  so  gefundenen  Stauhöhe  kann  man  dann  die  Stauweite  noch 
einmal  berechnen.  In  den  meisten  Fällen  wird  die  Rechnung  zeigen,  daas  obiges  Verfahren  genügende 
Genauigkeit  gab.  Wenn  das  nicht  der  Fall  wäre,  so  könnte  durch  Ermittlung  weiterer  Werte  von  w 
und  Anwendung  eires  grösseren  Masstabes  der  Zeichnung  die  gewünschte  Genauigkeit  erzielt  werden. 

In  regelmässigen  Flusstrecken  sind  die  zwischen  der  Profilgrösse  F  und 
dem  benetzten  Umfange  p,  der  Wassermenge  Q  und  dem  Gefälle  des  gestauten  and 
angestauten  Wasserspiegels  a  bezw.  ß  stattfindenden  Beziehungen  derartig,  dass 
sich  dafür  mathematische  Ausdrücke  aufstellen  lassen,  welche  eine  allgemeine 
Behandlung  der  Staukurve  an  Stelle  einer  Stückpreisen  Behandlung  ermöglichen. 
Zu  diesem  Zwecke  hat  man  daa  Darchachnittaprofil  der  Flugstrecke  durch  eine  demselben  angepaaste 
regelmässige  Figur  zu  ersetzen.  Es  eignet  sich  dazu  am  besten  die  Parabel  (Abb.  166,  167  and 
168).  Für  die  Berechnung  der  Profilparabel  bei  Ermittlung  der  Staukurve  genagt  es,  die  Fläche  F 
and  die  Wasserspiegelbreite  B  des  Darchschnittaprofils  bei  demjenigen  Wasserstande,  für  welchen  die 
Staukurve    berechnet    werden    soll,    zu    kennen.      Dann    ist    die    Füllhöhe    des  Profile  ohne  Stau 


•  =  ■/■ 


F 
B 


B* 
and  P  =  -w^t  wenn  P  den  Parameter  der  Profilparabel  bedeutet. 


Will  man  genauer  vorgehen,  so  kann  man  die  Profilparabel  für  noch  einen  zwoiten  Wasserstand 
ermitteln  and  danach  den  Wert  für  P  korrigieren.    Es  ist  für  den  um  Jt  höheren  Wasserstand  mit 


§  1. 


Stauwerke.     A.  Wehre. 


635 


dem  benetzten  Querschnitt  Fx  und  der  Breite  Bt  im  Wuserspiegel  des  Durchschnittsprofils 

a  +  (a+Jt)  =  32f 


F    ,   F, 

b  "^  b; 


und  der  Parameter  P 


-*ß 


+ 


3  1 


6Ft 


Es  sei  ferner  t  =  a  -f-  *  die  Fallhöhe  der  Profilparabel  beim  Stau  =  der  Tiefe  des  Scheitels 
der  Profilparabel  unter  dem  gestauten  Wasserspiegel  an  einer  beliebigen  Stelle  und 
ß  das  Wasserepiegelgefälle  der  ungestauten  Füllhöhe, 
ä  das  Wasserspiegelgefälle  der  gestauten  Fallhöhe, 
h  die  Stauhöhe  am  Wehre, 

/(h,z)  der  Abstand  eines  Profils  vom  Wehre,  in  welchem  die  Stauhöhe  z  herrscht  und 
yih,*)  der  Höhenunterschied  zwischen  dem  gestauten  Wasserspiegel  in  dem  Profil  /(h,z)  und 
demjenigen  am  Wehre. 

Es  ist  dann  B  =  2.y"P7t        und  F  =  4/fct.yP.t. 


Abb.  166. 
10km) 


Abb.  167. 


Abb.  168. 


är-fAjr 


)t+M 


Ferner  kann  man  meistens  für  die  hier  in  Frage  kommenden  Berechnungen  angenähert  den 
benetzten  Umfang  p  =  B  setzen. 


Die  Gleichung  (28)  *4y  =  (—  J    P'        lässt  sich  dann  schreiben 


(24) 


._4y_27      /Q\*     _1_ 
a~~"Jx~32  "  \c)    *P.t« 
und  wenn  man  dieselbe  Gleichung  auf  die  ungestaute  Flusstrecke  anwendet,  so  wird: 

/,  =  27/Q\t     .J_  (25) 

Dies  in  die  Gleichung  für  <>  (24)  eingesetzt,  gibt,  wenn  man  för  e  in  beiden  Fallen  den  näm- 


lichen Mittelwert  annimmt: 


Es  ist  aber  auch  nach  Abb.  167 


ix 


ß- 


a' 


4r_.     ^t 


(26) 


(27) 


Aus  der  Gleichsetzung  beider  Ausdrücke  für  ~  lassen  sich  zwei  Differentialgleichungen  ableiten: 


dy  =  dt. 


t4  —  a< 


und 


/».dx  =  dt.-^-4  =  dt(l  +  t-r^) 


(28) 


(29) 


Durch  Integration  erhalt  man: 

y=C— a 


und  ß .  x  =  C  +  a 


Xi±S+i-*Ö]-  « 

H«»:-t:-j-i.ö]-  « 

Die  Klammer  auf  der  rechten  Seite  der  Gleichung   (30)    wird  =  00    für  t  =  a    und  sie  wird 

=  ?  für  t  =  oo.    Setzt  man  also  die  Konstante  C  =  a.?,  so  erhält  die  rechte  Seite  0  zum  Grenzwert 

4  4 

für  t  =  00 ,  wodurch  die  Obersicht  erleichtert  wird.    Es  sei  nun  zur  Vereinfachung  gesetzt : 

föfci'»f£:+j~*i-f>  (82) 


886 


HL    Theodor  Koshk.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


and  dm  t  =  a+x,  ist 


und  P  (£)  für  £  —  f  (f-\f  dann  ist 

^»=-['(-t-')-'C-t-)]- 

*— sl1  (4-)-'^)]  -;»-+imi 


(33) 
(«♦) 
(SS) 

(861 
(37) 


Zur 


der  Anwendung  dient  die  nachstellende  Zahlentafel,  au  welcher  die  Zahlen- 


werte ven  f  (  )  *nd  F  (         )  entnommen  oder  durch  Einschaltung  gefunden  werden  können 


Tabelle 

i  I.     Zur  1 

Berechnung  der  Steilkurven. 

t 

A 

<d) 

'(:) 

t 

a 

<& 

'(-!) 

i       1 

i        a 

'(i) 

>ü) 

1,0 

00 

—  00 

1,22 

0,285 

0,985 

1,49 

0,111 

1,379 

1,005 

1,107 

-0,102 

1,28 

0,227 

1,008 

1,50 

0,108 

1,892 

1,01 

0,986 

0,074 

1,24 

0,219 

1,021 

1,55 

0,097 

1,453 

1,015 

0,886 

0,179 

1* 

0,212 

1,088 

1,60 

0,087 

1,513 

1,02 

0,766 

0,254 

1,26 

0,205 

1,055 

1,65 

0,079 

1.571 

1,025 

0,712 

0,818      1 

1,27 

0,199 

1,071 

1,70 

0,072 

1,628 

1,08 

0,668 

0,862      | 

1,28 

0,198 

1,067 

1,75 

0,065 

1,685 

1,085 

0,682 

0,408    ; 

1,29 

0,187 

1,108 

1,80 

0,060 

1,740 

1,04 

0,600 

0,440 

1,80 

0,181 

1,119 

1,85 

0,055 

1,795 

1.045 

0,572 

0,478      | 

1,81 

0,176 

1,184 

1,90 

0.050 

1350 

1,05 

0,548 

0,502 

1,82 

0,171 

1,149 

1,95 

0,046 

1,904 

1,06 

0,506 

0,554 

1,88 

0,166 

1,164 

2,00 

0,043 

1,957 

1,07 

0,471 

0,599 

1,84 

0,162 

1,178 

2,1 

0,087 

2,063 

1,06 

0,441 

0,689 

1,85 

0,157 

1,198 

2,2 

0,082 

2,168 

1,09 

0,415 

0,675 

1,86 

0,158 

1,207 

.     2,8 

0,028 

2,272 

1,10 

0,892 

0,706 

1,87 

0,149 

1,221 

2,4 

0,024 

2J76 

Wl 

0,872 

0,788 

1,88 

0,145 

1,285 

2* 

0,022 

2,478 

1,12 

0,854 

0,766 

1,89 

0.141 

1,249 

2,6 

0,019 

2£81 

1,18 

0,887 

0,798 

1,40 

0,188 

1,262 

2,7 

0,017 

2,683 

1,14 

0,822 

0,818 

1,41 

0,184 

1,276 

2,8 

0,015 

2,785 

1,15 

0,806 

0,842 

1,42 

0,181 

1,289 

2,9 

0,014 

2e8o6 

1,16 

0,295 

0,865 

1,48 

0,128 

1.802 

3,0 

0,012 

2,988 

1,17 

0,288 

0,887 

1,44 

0,125 

1,815 

8,5 

0,0078 

8,492 

1,18 

0,272 

0,906 

1,45 

0,122 

1,828 

4.0 

0,0058 

3,995 

1,19 

0,262 

0,928      | 

1,46 

0,119 

1,841 

4,5 

0,0037 

4.496 

1,20 

0,252 

0,948      ! 

1,47 

0,116 

1,854      i 

5,0 

0,0027 

4,997 

1,21 

0,248 

0,967      | 

1,48 

1 

0.118 

1,367      ; 

i 

QO 

0 

OD 

Da  f  M  =«   und  F  (^j  =  — oo   ist,  so  folgt,  data  die  theoretisch*  Grenze  der  S  tan  weite  in 

z  a4-a 

unendlich  grossem  Abstände  vom  Wehre  liegt;  aber  schon  für  -  =  0,01  wird  j(k,%)  <  *  und  /(k,s)  <  -T  * 

a  p 

Die  Stan  wirkling  ist  daher  bereits  an  derjenigen  Stelle  der  Flnaatreeke,  wo  der  nagest  ante 
Wasserspiegel  um  a  +  h  höher  liegt  als  an  der  Wehrstelle  oder  um  a>  «her  dem  gestauten  Oberwasser 
am  Wehr  so  unbedeutend  dass  sie  praktisch  nicht  mehr  in  Betracht  kommen  kann,  weil  die  Stauhöhe 


§  1.  Stauwerke.    A.  Wehre.  637 

daselbst   <   ^  ist    Hieraus  ergibt  sich  eine  einfache  Konstraktion  fflr  die  praktische  Grenxe  der 

Stauweite,  das  ist  für  diejenige  Stelle,  an  welcher  die  praktische  Bedeutung  der  Stauwirkung  aufhört. 
Dieselbe  liegt  nämlich  im  Längenprofil  des  Flusses  da,  wo  eine  durch  den  gestauten  Oberwasserspiegel 
am  Wehr  gelegte  Wagerechte  die  8ohle  des  in  die  Profilparahel  umgewandelten  Ftussprofils  trifft. 
Wenn  das  Gefälle  ß  sich  innerhalb  der  Stauweite  etwas  Ändert,  so  behalt  dabei  doch  die  Formel  86  für 
y(h,x)  ihre  Gültigkeit,  weil  sie  von  ß  unabhängig  ist.  Bei  grosserer  Verschiedenheit  ändert  sich  jedoch 
auch  die  Fallhöhe  a,  und  man  hat  den*Fluss  in  Strecken  einzuteilen  und  alsdann  die  Formeln  för  jede 
Teilstrecke  besonders,  unter  jedesmaliger  Einsetzung  der  richtigen  Werte  fflr  ß  und  a,  ananwcndon, 
wobei  die  Staukunre  von  dem  Stauwerk  an  aufwärts  streckenweise  zu  berechnen  ist 

Beispiel :  Gegeben  sei  eine  regelmässige  Flugstrecke  mit  einem  Wasserspiegelgefalle  bei  N.W. 
und  M.W.  von  1 :  1000.  Der  benetzte  Querschnitt  F  bei  N.W.  sei  80  qm,  die  Wasserspiegelbreite  B 
20,0  m;  der  benetzte  Querschnitt  Ft  bei  M.W  sei  50  qm,  die  Wasserspiegelbreite  B1  =  25,0  m.  Das 
Mittelwasser  liege  im  ungestauten  Zustande  um  1,0  m  höher  als  N.W. 

Aufgabe  1.    Es  soll  das  N.W.  am  Wehre  2,0  m  gestaut  werden,  wie  gross  ist  die  Stauweite, 

worunter  in  diesem  Falle  die  Entfernung  derjenigen  Stelle  vom  Wehr  verstanden  sein  soll,  wo  z  nur 

noch  0,05  m  beträgt? 

8  /F      F  \ 
Auflösung:  Es  ist  a-f  (a  +  ^t )  =  ^  (=  +  =■'  1. 

Ja-t-l,u  —  2- [2Ö"hg5 
a  — 2,125,  wofür  2,18  m  gesetzt  werden  sollen. 

Es  ist  nun  l{h,z)  nach  Formel  87  zu  suchen: 

a  +  h^2,18  +  2_ 

"a- ""     2,18     ~1'*4' 

»+*      2,18  +  0,05  _  ,  mq 

~T~ =        2,13       ~ im' 
Demnach  ergibt  sich  nach  Formel  87: 

1(M)  =  8468,4. 
Zur  Kontrolle  empfiehlt  es  sich  dieselbe  Aufgabe  nach  Formel  86  zu  rechnen. 

b  »  y<M>  -  2.13  [f  (^n^)  -  f  F$ffl]  =  2,13  [0.732  -  0.045]  =  1.463. 

Da  der  gestaute  Wasserspiegel  am  Wehr  2,0  m  höher  liegt  als  der  ungestaute,  so  ist  h  +  j(h,z) 
=  3,468  und  die  Stelle,  wo  z  =  0,05  wird,  muss  demnach  bei  ß  =  -r^g^  um  8463,0  m  vom  Wehre  ent- 
fernt liegen,  was  sehr  gut  mit  dem  Resultat  der  ersten  Rechnung  übereinstimmt. 

Aufgabe  2.  Wie  hoch  darf  man  das  M.W.  stauen,  wenn  die  Stauweite  dieselbe  sein  soll  wie 
bei  N.W.? 

Es  ist  a  bei  M.  W.  =1  |i  =  3. 

Für  diesen  Wert  ergibt  sich  aus  der  Tabelle  -  =  1,477,  also  t  =  4,431  und  da  t  =  a  +  h,  so  ist 

a 

die  gesuchte  Stauhöhe  h  =  1,481. 

Kontrollrechnung  nach  Gleichung  36: 


Nach  Formel  37  ist  3463,4  - 


r,/3,0+0,05\      ^3,0  +  1,431x1 


Es  muss  sein  y(h,*)  =  3 

Mit  Hilfe  der  Tabelle  findet  man: 

y(M)  =  3  [0,808  -  0,114]  =  2.082. 
h  +  y(b,t)  =  2,082  +  1,431  =  3,518. 
Die  Stelle  des  ungestauten  Wasserspiegels,  wo  die  Staukurve  nur  noch  um  z  =  0,05  höher  ist 
als  der  entere,  liegt  also  um  3,513  —  0,050  höher  als  der  ungestaute  Wasserspiegel  am  Wehr  und  sie 

muss  deshalb  bei  ß  =  lnftftum  3463,0  m  vom  Wehre  entfernt  sein. 


638  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

6.  Die  festen  Wehre.    A.  Die  festen  Wehre  ans  Stein  oder  Beton. 

Für  die  Wahl  des  Querprofils   eines  festen  Wehres  sind  folgende  Rücksichten 
massgebend: 

a)  Der  Wehrkörper  mnss  dem  hydraulischen  Drucke  und  Stoss  mit  Sicherheit 
widerstehen  können. 

b)  Es  muss  das  Wehr  und  seine  Widerlager  vor  Unterspülungen  geschützt  sein. 

c)  Da  die  Zahlenwerte  von  fi  sehr  verschieden  sind, .  je  nach  der  Form  der  Vor- 
derflfiche,  der  Krone  und  des  Webrrückens,  so  muss  auch  der  Querschnitt 
des  Wehres  den  bei  Wahl  des  Wertes  von  p  gemachten  Voraussetzungen 
entsprechen. 

d)  Es  muss  das  Sturzbett  so  fest  und  so  lang  sein,  dass  Auskolkungen  im  Fluss- 
bette  nicht  vorkommen  können. 

Was  den  Punkt  a  betrifft,  so  sind  weiter  unten  in  Abschnitt  11  zur  Berechnimg 
der  nötigen  Mauerstarken  die  Anhaltspunkte  mitgeteilt. 

Wegen  des  Punktes  b  sind  bereits  Seite  619  und  620  die  Hinweise  gegeben. 

Zu  Punkt  c  sei  daran  erinnert  (S.  622  u.  ff.),  dass  die  Leistungsfähigkeit  eines 
Überfallwehres  steigt,  allerdings  nur  um  einige  Prozent,  wenn  die  stromaufwärts  ge- 
legene Fläche  nicht  eine  Lotrechte  bildet,  sondern  wenn  dieselbe  bis  zu  einer  Tiefe  von 
dem  Dreifachen  der  Höhe  des  überfallenden  Wasserstrahls  unter  Wehrkrone  geneigt 
angelegt  ist,  ferner,  wenn  die  Seitenwände  in  das  Überfallprofil  allmählich  überfuhrt 
werden,  schliesslich,  wenn  die  Eronenbreite  jedenfalls  nicht  weniger  als  1/4,  am 
besten  etwa  1lt  der  Höhe  —  aber  nicht  mehr  — ,  des  überfallenden  Wasserstrahls  ausmacht. 
Demnach  würde,  wenn  man  die  Leistungsfähigkeit  des  Überfalls  in  den  Vordergrund 
stellen  wollte,  das  stromaufwärts  gerichtete  Profil  des  Wehrkörpers  so  auszubilden  sein, 
dass  die  Vorderfläche  erst  von  da  ab  lotrecht  angelegt  würde,  wo  eine  im  Abstände  von 
3  X  ht  unter  der  Wehrkrone  gedachte  wagerechte  Ebene  sie  schneidet.  Unter  i^  ist 
natürlich  die  Höhe  des  überfallenden  Wasserstrahls  bei  Qaax  zu  verstehen.  Das  Profil 
des  Lechwehres  der  Anlage  Gersthof en  (vergl.  Taf.  LI,  Fig.  3),  ebenso  das  Profil 
des  alten  Wehres  der  Anlage  Bergamasca  (Seite  362),  auch  das  grosse  Wehr  im  Tessin 
(Abb.  157,  S.  625)  bieten  Beispiele  für  eine  abgeschrägte  Vorderfläche.  Bei  dem  letztge- 
nannten Wehre  wurde  aber  gezeigt,  dass  die  wagerechte  Eronenbreite  von  1,0  m 
auf  die  Überfallgeschwindigkeit  verzögernd  einwirkt.  Auch  Wehre  mit  kreisrunder  Vor- 
derfläche und  Krone,  wie  Taf.  X,  Fig.  2  und  Taf.  LI,  Fig.  5  können  zu  den  Wehren  mit 
abgeschrägter  Vorderfläche  gerechnet  werden. 

Wenn,  wie  es  gewöhnlich  der  Fall  ist,  neben  dem  festen  Überfallwehre  ein  Grund- 
ablass  liegt,  so  werden  die  Ablagerungen  nur  dann  an  der  ganzen  Länge  des  Wehres 
bei  gezogenen  Grundablasschützen  nach  dem  Grundablass  hin  gespült,  wenn  das  feste 
Wehr  spitz  (45—30°)  gegen  die  Flussachse  gerichtet  ist.  Bei  festen  Wehren,  welche 
rechtwinkelig  zur  Flussachse  hegen,  entsteht  bei  geöffnetem  Grundablass  längs  des  Wehres 
nur  ein  schwacher  Strom  und  es  äussert  sich  die  Spülwirkung  des  Grundablasses  vor 
dem  festen  Wehre  nur  auf  einen  verhältnismässig  kleinen  Umkreis.  Der  Halbmesser  dieses 
Viertelkreises  lässt  sich  etwa  so  bemessen,  dass  man  von  der  Sohle  des  Grundablasses 
aus  und  zwar  von  dem  Punkte,  wo  die  nach  der  Flussmitte  zu  gelegene  Begrenzungs- 
wand des  Grundablasses  die  Vorderkante  des  Wehres  schneidet,  je  nach  der  Beschaffen- 
heit der  Ablagerungen  gegen  die  wagerechte  Ebene  etwa  1 :  15  bis  1 :  25  geneigte 
Linien  zieht.  Wo  diese  Linien  die  Oberfläche  der  Ablagerungen  treffen,  wird  un- 
gefähr die  Grenze  für  die  Spülwirkung  des  Grundablasses  liegen.    Ist  nun  die  Länge 


§  1.  Stauwerke.    A.  Wehre.  639 

des  festen  Wehres  so  gross,  dass  die  Spülwirkung  des  Grondablasses  nicht  bis  an 
das  gegenüberliegende  Ufer  reicht,  so  kann  es  unter  Umständen  zweckmässig  sein, 
von  der  Stelle  ab,  wo  die  Spülwirknng  des  Grandablasses  aufhört,  durch  eine  flach  ge- 
neigte Vorderfläche  des  Wehrkörpers  es  dem  Strom  bei  Hochwasser  zu  erleichtern,  Sand 
und  Kies  über  das  Wehr  zu  werfen.  Indessen  meistens  kommt  es  bei  Wasserkraft- 
anlagen nur  darauf  an,  in  der  Nähe  des  Ein  1  aufs,  d.  h.  an  der  Seite,  wo  der  Grund- 
ablass  liegt,  die  nötige  Wassertiefe  zu  haben,  and  ferner  ist  zu  beachten,  dass  auch  die 
Ablagerungen  selbst  allmählich  eine  nach  der  Wehrkrone  zu  ansteigende  Fläche  bilden, 
auf  welcher  die  nachfolgenden  Geschiebe  durch  das  Wasser  zur  Wehrkrone  emporgetrieben 
nnd  über  das  Wehr  hinübergeworfen  werden.  Da  der  Einfluss  der  Abschrägung  des 
stromaufwärts  gerichteten  Wehrprofils  auf  die  Steigerang  der  sekl.  überfallenden  Wasser- 
menge eines  Überfallwehres  nach  J.  B.  Francis  und  Cipolletti  nur  einige  Prozent 
ausmacht,  hat  man  häufig  die  Vorderfläche  des  Wehres  nur  nach  den  Rücksichten  der 
geringsten  Baukosten  angelegt  und  sie  lotrecht  gemacht.  Als  Beispiele  seien  das  Wehr 
der  Anlage  Kubelwerk  (Taf.  XX,  Fig.  6)  und  das  Wehr  der  Anlage  Livet  (Taf.  XLI, 
Fig.  5)  angeführt.  Beiläufig  bemerkt,  wäre  es  beim  Wehre  des  Eubelwerkes  zweckmässig 
gewesen,  die  obere  Vorderkante  des  Wehrprofils  abzurunden,  die  Kronenbreite  nur  etwa 
=  ih  von  hj  zu  machen  und  dahinter  die  Krone  mit  etwa  1 : 7  abfallen  zu  lassen. 

Was  die  Gestaltung  des  Abfallbodens  betrifft,  so  verdient  nach 
Ansicht  des  Verfassers  der  steile  Absturz  desWassers  hinter  demWehr 
und  ein  wagerechter,  beziehungsweise  stromabwärts  etwas  ansteigen- 
der, rauher  Abfallboden  den  Vorzug  vor  einem  glatten  und  stromab- 
wärts geneigten,  wie  man  ihn  an  ausgeführten  Anlagen  noch  häufig  findet. 

Der  nach  abwärts  geneigte  Abfallboden  wird  jedenfalls  erheblich  länger  werden 
müssen,  als  der  wagerechte  oder  sanft  ansteigende  mit  steilem  Absturz  am  Wehr,  denn 
durch  den  letzteren  wird  die  Geschwindigkeit  des  überströmenden  Wassers  zum  grossen 
Teil  vernichtet.  Es  ist  zwar  der  Angriff  des  Wassers  an  der  Stelle,  wo  das  abstürzende 
Wasser  auf  den  Abfallboden  fallt,  besonders  gross,  aber  es  hat  keine  Schwierigkeit,  dem 
Abfallboden  an  dieser  Stelle  die  nötige  Festigkeit  zu  geben.  Es  werden  deshalb  im  all- 
gemeinen die  Baukosten  für  die  zweite  Lösung  kleiner  werden. 

Auf  3  Beispiele  sei  an  dieser  Stelle  hingewiesen,  an  denen  sich  die  Nachteile  des 
abwärts  geneigten  Abfallbodens  deutlich  gezeigt  haben.  1.  Bei  dem  Lechwehr  des 
Elektrizitätswerkes  Gersthofen  (Taf.  LI,  Fig.  3)  hat  man  zwar  einen  Absturz 
von  2,45  m  hinter  der  Wehrkrone  angelegt,  den  Abfallboden  aber  von  da  ab  mit  Ein- 
legung kleiner  Stufen  geneigt  und  durch  Belag  mit  Bohlen  glatt  gemacht.  Ursprünglich 
war  der  mit  Beton  und  Bohlenbelag  befestigte  Abfallboden  28,65  m  lang  und  dann 
folgte  noch  eine  Steinpackung.  Die  höchste  Wasserspiegeldifferenz  am  Wehr  beträgt  bei 
H.W.  im  Beharrungszustande  nur  459,40  —  458,31  =  1,09  m.  Bei  schnell  eintretenden 
höheren  Wasserständen  wird  dieselbe  aber  wohl  auf  4,5  m  anwachsen  können,  da  bei 
normalen  Wasserständen  am  Krafthause  eine  Wasserspiegeldifferenz  von  10,0  m  herrscht 
und  der  Fluss  unterhalb  des  Wehres  bis  zur  Ausmündung  der  Werkkanals  u.  U.  nur 
wenig  Wasser  führt.  Der  befestigte  Abfallboden  betrug  also  schon,  wenn  man  von  der 
Steinpackung  ganz  absieht,  mehr  als  das  6,0  fache  der  höchsten  Wasserspiegeldifferenz. 
Trotzdem  wurde  schon  bei  einem  der  ersten  Hochwasser  nach  Inbe- 
triebsetzung des  Wehres  die  Flussohle  hinter  dem  festen  Abfallboden 
ca.  3,0  bis  3,5  m  tief  ausgekolkt.  Man  hat  dann  später  diesen  Kolk  mit  Pfahl- 
reihen, grossen  Betonklötzen  und  Kies  ausgefüllt  und  auf  diese  Ausfüllung  eine 
Betondecke  und  einen  Bohlenbelag  gelegt.    Auf  diese  Weise  wurde  der  befestigte  glatte 


640         III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Abfallboden  um  7,40  m  Terlängert  und  dahinter  wurden  noch  grosse,  Ton  einer  weiteren 
Pfahlreihe  gehaltene  Steinfaschinen  und  eine  Steinschüttung  angeordnet.  Dennoch  hat 
das  nächste  Hochwasser  abermals  Kolke  hinter  dem  Abfallboden  hervorgerufen.  Diese 
Auskolkungen  erklären  sich  daraus,  dass  die  Geschwindigkeit  des  Wassers  bei  einer 
Neigung  des  glatten  Abfallbodens  von  ca.  1 :  26  bis  1 :  30,  je  nach  der  Wassertiefe  am 
unteren  Ende,  auf  über  10  m/sek.  gestiegen  sein  kann.  Die  Breite  des  Abfallbodens  ein- 
schliesslich derjenigen  des  Grundablasses  beträgt  etwa  68,60  m.  Wenn  man  die  sekl. 
Hochwassermenge ,  welche  über  das  feste  Wehr  und  durch  den  Grundablass  geflossen 
sein  mag,  schätzungsweise  auf  650  cbm/sek.  annimmt,  so  wäre  zur  Ermittlung  der  Ge- 
schwindigkeit zunächst  die  Wassertiefe  festzustellen,  mit  welcher  diese  Wassermenge 
auf  dem  glatten  Abfallboden  zum  Abfluss  gekommen  sein  kann. 


Es  ist  Q  =  F.T=bt.o'l/K^~.7 


bWJ 
y  ~~b  +  2t 
b  ist  =  68,6  m,  Q  =  650  cbm/sek.,  J  =  rd.  0,083  m,  e  wird  wegen  der  Glätte  des  Bodens  tu  77 
anzunehmen  sein. 

t  liest  sieh  am  einfachsten  auf  graphischem  Wege  finden,  indem  man  zunächst  der 

die  Form  gibt  . .  , .  =  r— r7r-  und  alsdann  die  linke  Seite  als  Funktion  von  t  anifasst 
°       b*c*J      b  -|-  2t 

Für  t  =  0  wird  f  (t)  =  0;  es  wird  weiter  %.  B.  für  t  =  0,5  m,  f  (t)  =  0,0018,  für  t  =  1,0  m 
f  (t)  =  0,0156  usw. 

Trigt  man  dann  die  Werte  von  t,  nachdem  man  eine  genügende  Zahl  ermittelt  hat,  als  Abszissen 
und  die  Werte  von  f  (t)  als  Ordinaten  auf,  so  ergibt  sich  eine  Kurve,  ans  welcher  für  den  wirklichen 
Wert  der  linken  Seite  f  (t)  =  0,0068  genau  genug  t  =  0,78  m  abgegriffen  werden  kann. 

Auf  rein  rechnerischem  Wege  kann  man  zur  Vereinfachung  der  Rechnung  für  t  im  Nenner 

zunächst  den  Wert  1  annehmen.    Es  ist  dann  t=  y      *i  7}    »  woraus  sich  t  =  rd. 0,788  ergibt 
Setzt  man  diesen  Wert  anstatt  1  in  den  Zähler  der  Kubikwurzel  ein,  so  ergibt  sich 


V/V(b 


+  W6>  =  0,777. 


b»c»J 
Eine  genauere  Rechnung  würde  mit  Rücksicht  auf  die  Unsicherheit  bei  Wahl  des  Zahlenwertes 

für  c  zwecklos  sein. 

650 
Es  ergibt  sich  demnach  v  =  ^^      „~  =  12,15  m/sek. 

Eine  so  grosse  Geschwindigkeit  kann  allerdings  nur  bei  sehr  schnellem  Ansteigen  des 
Hochwassers  vorhanden  gewesen  sein,  weil  sich,  sobald  der  Wasserspiegel  im  Unter- 
wasser gestiegen  ist,  die  Geschwindigkeit  verringert  hat.  Aber  es  würde  auch  eine  Ge- 
schwindigkeit Ton  etwa  einem  Drittel  der  oben  rechnerisch  ermittelten  genügen,  nm  die 
Flussohle  auszukolken.  Bei  wagerechtem  oder  nach  abwärts  ansteigendem  Abfallboden 
würde  sich  alsbald  nach  Beginn  des  Hochwassers  am  Wehre  die  wünschenswerte  Wasser- 
tiefe herausbilden  und  das  Wasser  ruhiger  abfliessen. 

Der  Vorgang  bei  Bildung  des  Kolkes  ist  vermutlich  der  gewesen,  dass  zunächst 
die  Steinpackung  der  Flussohle  hinter  dem  festen  Abfallboden  fortgerissen  ist,  wodurch 
das  Gefälle  an  der  Stelle  noch  verstärkt  wurde.  Infolgedessen  hat  sich  die  Auskolkung 
der  Flussohle  schnell  vergrössert,  bis  schliesslich  die  Wassertiefe  am  Kolk  so  gross  ge- 
worden ist,  dass  die  Sohle  desselben  durch  die  Wasserwirbel  nicht  mehr  ange- 
griffen wurde. 

2.  Bei  der  Anlage  Hag  neck  (Taf.  XXXII,  Fig.  3  und  4  und  S.  474)  hatte  man 
einen  mit  1:10  geneigten,  glatten  Abfallboden  angeordnet.  Das  Wasser  hat  bald 
nach  der  Inbetriebsetzung  den  ganzen  Pfahlrost  hinter  dem  glatten 


§  1.  Stauwerke.     A.  Wehre.  641 

Abfallboden  mitsamt  den  Faschinen  und  der  Pflasterung  fortgerissen. 
Hierbei  ist  vermutlich  zunächst  die  Sohle  hinter  der  Faschinenlage  so  weit  ausgespült 
worden,  bis  die  Pfahlreihe  ihren  Halt  verlor  und  dann  sind  die  anderen  Pfahlreihen  nach- 
einander gefolgt.  Bei  Hagneck  besteht  die  Flussohle  aus  weicher  Molasse,  welche  aber 
immerhin  den  Angriffen  des  Wassers  einen  erheblichen  Widerstand  entgegenzusetzen 
vermochte.  Die  Pfahlstellungen  haben  in  diesem  Falle  insofern  direkt 
schädlich  gewirkt,  als  die  Molasse  durch  das  Einrammen  der  Pfähle 
gespalten  und  zerbröckelt  worden  war.  Man  hat  den  Kolk  später  bei  ruhigem 
Wasser  mittelst  Trichtern  durch  Beton  ausgefüllt  und  diese  Befestigung  soll  sich  bisher 
gut  bewährt  haben. 

3.  Schliesslich  sei  noch  auf  die  Zerstörung  des  geneigten  Abfallbodens  bei  dem 
Bembrillawehr  der  Anlage  Bergamasca  hingewiesen,  worüber  auf  S.  363  Mitteilung 
gemacht  ist.  — 

Beobachtungen  an  ausgeführten  Anlagen  mit  steilem  Absturz  und  wagerechtem 
oder  sanft  ansteigendem  Abfallboden  beweisen,  wie  nicht  anders  zu  erwarten,  dass  das 
Wasser  am  Absturz  einen  grossen  Teil  seiner  lebendigen  Kraft  einbüsst  und  dass  das 
Wasser  auf  dem  wagerechten  Abfallboden  verhältnismässig  ruhig  zum  Abfluss  kommt. 
Es  ist  wesentlich,  dass  die  Wassertiefe  hinter  dem  Wehre  beim  Eintritt  von  höheren 
und  gefährlicheren  Wasserständen  möglichst  schnell  anwächst,  damit  die  Geschwindigkeit 

v  =       ermässigt  wird.    Das  erreicht  man  gerade  durch  einen  wagerechten  oder  besser 

noch  mit  einer  kleinen  Neigung  nach  aufwärts  ansteigendem  Abfallboden.    Man  geht  am 
besten  von  der  mittleren  Sohlenhöhe  des  alten  Flussprofils  hinter  dem  Wehre  an  der 
Stelle  aus,  bis  zu  welcher  man  die  Befestigung  auszudehnen  beabsichtigt  und  legt  den 
Abfallboden  wagerecht  auf  diese  Höhe  oder  gibt  demselben  besser  noch  einen  Fall  nach 
dem   Wehre  zu.     Wenn  man  dann  dem  Flussprofil  am  Ende  des   befestigten   Abfall- 
bodens diejenige  Breite  gibt,  welche  vor  dem  Einbau  des  Wehres  vorhanden  war,   so 
werden  sich  bei  allen  Wasserständen  angenähert  auch  dieselben  Wassertiefen  und  Ge- 
schwindigkeiten   entwickeln,    wie    sie    im    alten    Flussprofil    vor    Einbau    des    Wehres 
herrschten.    Es  ist  auch  erwünscht,   dass  sich  beim  Eintritt  höherer  Wasserstände  am 
Absturz  schnell  ein  Wasserpolster  bildet.    Eine  Wassertiefe  von  0,5  bis  0,8  m  bildet 
schon  für   das  Sturzbett  ein  sehr  wirksames  Polster.     Zur  Erzielung  des  gewünschten 
Wasserpolsters  hinter  dem  eigentlichen  Wehrkörper  bei  Eintritt  höherer  Wasserstände 
kann  es  empfohlen  werden,    entweder  am  unteren  Ende  des  befestigten   Abfallbodens 
eine    Stauschwelle    anzulegen   in   Form    einer    kleinen   Betonmauer    mit    abgeschrägter 
Vorderfläche  (1 : 3  bis  1 :  ö),  steilem  Abfall  und  wagerechtem  (3  bis  4  hx)  langem  Abfall- 
boden, oder  diese  Stauschwelle  im  Anschluss  an  den  befestigten  Abfallboden  durch  schwere 
Steinfaschinen,  welche  man  durch  eine  Reihe  eingerammter  Eisenbahnschienen  an  ihrem 
Platze  festhält,  zu  bilden.    An  Stelle  der  Faschinen  kann  man  auch  lange  Steinsäcke 
verwenden,  welche  durch  Drahtgeflecht  aus  weichem,  verzinntem  Draht  gebildet  werden 
und  u.  a.  beim  Unterwasserkanal  der  Anlage  Bergamasca  zur  Anwendung  gekommen 
sind  (Taf.  IX,  Fig.  6).    Diese  Steinsäcke  lassen  sich  so  schwer  machen,  dass  sie  weiter 
keiner  besonderen  Befestigung  in   der  Sohle   bedürfen.     Wenn  eine   solche  Staustufe 
nicht  höher  ist    als  etwa  0,50  bis  0,60  m,    so    erzeugt    sie    bei    allen    höheren    und 
gefährlicheren  Wasserständen  in  dem  Wasserspiegel  nur  einen  kleinen  wellenförmigen 
Sprung,  dessen  Einwirkungen  auf  die  unbefestigte  Flussohle  hinter  der  kleinen  Staustufe 
durch  wagerecht  in  Höhe  der  Sohle  abgeglichene  Steinschüttungen  von  1,5  bis  3,0  m 
Länge  unschädlich  gemacht  werden  können. 

Haadtadi  der  Ing.-WiMMueh.    in.  ML    18.  Bd.  41 


642         IIL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Wenn  die  Absturzhöhe  am  Wehre  gross  ist,  so  kann  es  zweckmässig  sein,  zur 
Erzielung  kleinerer  Mauerstärken  des  vorderen  Wehrkörpers  und  einer  billigeren  Aus- 
führung eine  oder  mehrere  Stufen  einzulegen.  Die  Örtlichkeit  wird  meistens  dafür 
Anhaltspunkte  geben,  ob  man  in  solchem  Falle  die  Gesamtlänge  des  Abfallbodens  in 
gleiche  oder  ungleiche  Teile  teilt  und  wo  man  die  Stufen  anzuordnen  hat  (vergl.  Anlage 
Les  Clees,  Taf.  XIX,  Fig.  2).  Da  aber  der  Absturzboden  unmittelbar  am  Hauptwehr 
schon  aus  anderen  Gründen  meistens  starker  zu  machen  ist,  legt  man  am  besten  etwa 
tys  bis  *U  des  Gesamtabsturzes  unmittelbar  an  das  Wehr.  Um  für  den  Absturz  am 
Wehr  ein  Wasserpolster  zu  erzeugen,  wird  man  dann  zweckmässig  am  Ende  der  ersten 
Stufe  eine  Kauer  in  Beton  von  0,60  bis  1 ,0  m  Höhe  anlegen  oder  den  Abfallboden  vom 
Wehrkörper  bis  zum  Ende  der  ersten  Stufe  um  die  angegebenen  Masse  ansteigen  lassen. 
Durch  kleine  Schlitze  in  der  letztgedachten  Mauer  oder  durch  Anlegung  von  Rinnen  oder 
Röhren  in  dem  ansteigenden  Abfallboden  kann  dafür  gesorgt  werden,  dass  sich  diese  erste 
Stufe  bei  Niedrigwasser  entleert,  damit  nicht  durch  Frost  Zerstörungen  eintreten  können. 

Gerade  weil  man  das  Interesse  hat,  auf  dem  Abfallboden  des 
Wehres  die  Geschwindigkeit  zu  verringern,  sollte  man  die  Sohle  nicht 
glatt,  sondern  künstlich  rauh  machen,  sei  es  durch  Pflasterung  mit 
rauhen  Steinen  oder  durch  kleine  unregelmässige  Betonerhöhungen. 
Auch  können  Strauchfaschinen  quer  oder  parallel  zur  Stromrichtung,  welche  mittelst 
festen  Drahtes  und  in  den  Beton  eingelassener  eiserner  Ösen  gehalten  werden,  gute 
Dienste  leisten.  Voraussetzung  für  die  letztgenannten  Anordnungen  ist  allerdings,  dass 
das  Flusswasser  nicht  verunreinigt  ist,  sodass  bei  N.W.  und  höherer  Lufttemperatur 
keine  üblen  Gerüche  durch  Fäulnis  der  auf  dem  rauhen  Abfallboden  zurückgehaltenen 
Schmutzteile  zu  befürchten  sind.  Als  Beispiel  sei  auf  die  Anlage  Rheinfelden  (Taf. 
XLV1I,  Fig.  4)  verwiesen,  wo  das  Flusswasser  rein  ist  und  der  natürliche,  felsige  Abfall- 
boden hinter  dem  Überfallwehr  durch  Betonschüttung  künstlich  rauh  gemacht  wurde. 

Die  Länge,  auf  welcher  man  bei  einem  Wehr  mit  steilem  Absturz  und 
wagerechtem  oder  ansteigendem  Abfallboden  den  letzteren  künstlich  befestigen  muss, 
hängt  in  erster  Linie  von  der  natürlichen  Beschaffenheit  der  Flussohle  ab.  Besteht 
dieselbe  aus  festem  Felsen,  so  kann  unter  Umständen  jede  künstliche  Befestigung  ent- 
behrlich sein.  Man  wählt  wohl,  wenn  die  Flussohle  aus  gröberem  Kies  und  Sand  besteht, 
die  Länge  des  künstlich  befestigten  Abfallbodens  gleich  dem  5  fachen  der  höchsten 
Wasserspiegeldifferenz  zwischen  Ober-  und  Unterwasser.  Besteht  die  Flussohle  aus 
weicheren  Bodenarten,  so  ist  eine  grössere  Länge  nötig.  Wenn  am  Fusse  eines 
hohen  Wehres  durch  eine  zweite  kleine  Staumauer  ein  Wasserpolster 
künstlich  gebildet  wird,  so  wird  man  die  Länge  des  Abfallbodens  hinter  der 
letzteren  nur  nach  der  höchsten  Wasserspiegeldifferenz  an  dieser  zweiten 
Staustufe  zu  bemessen  haben,  weil  die  Geschwindigkeit  des  über  das  hohe 
Wehr  stürzenden  Wassers  in  dem  Wasserpolster  zum  grössten  Teile  ver- 
nichtet wird. 

Es  mag  in  diesem  Zusammenhange  noch  einmal  auf  die  Wehranlage  im  Drac  bei 
Avignonnet  (Taf.  XXXVII,  Fig.  4)  hingewiesen  werden.  Den  Abfallboden  hat  man,  um 
ein  Wasserpolster  zu  bilden,  allmählich  ansteigen  lassen.  Den  Abfallrücken  des 
Wehrkörpers  ebenso  wie  den  Abfallboden  hat  man  durch  vorstehende 
Quadersteine  rauh  gemacht  (Abb.  103,  welche  der  Einfachheit  wegen  nebenstehend 
wiederholt  ist).  Die  gewählte  Form  des  Abfallbodens  hat  aber  insofern  nachteilige  Wir- 
kungen für  die  Flussohle  hervorgerufen,   als  das  Wasser  mit  einem  Sprung  vom  Abfall- 


§  1.  Stauwerke.     A.  Wehre.  643 

boden  in  die  alte,  anfangs  ungenügend  befestigte  Flussohle  stürzen  musste,  solange  nicht 
das  Unterwasser  erheblich  über  die  Höhe  des  Abfallbodens  gestiegen  war.  Man  hat 
deshalb  nachträglich  noch  die  Flussohle  hinter  dem  Abfaltboden  befestigen  müssen  (S.  500). 
Es  wäre  hier  vielleicht  zweckmässiger  gewesen,  den  Abfallboden  bei  A  der  Fig.  4,  Tai. 
XXXVII  in  einer  senkrechten  Stufe  in  die  Höbe  der  alten  Flussohle  überzuführen  (vergl. 
die  punktiert  angedeutete  Sohlenbefestigung)  and  durch  eine  in  der  Fig.  4  gleichfalls 
punktiert  angedeutete  wulstartige  Erhöhung  bei  A  ein  Wasserpolster  auszubilden.  Aller- 
dings wäre  dann  diese  wulstartige  Erhöhung  mit  dem  Mauerkörper  solide  zu  verankern 
gewesen.  Eine  ähnliche  Ausführung,  wie  die  angedeutete,  findet  sich  bei  der  Ennepe- 
Talsperre  (Tai.  LH,  Fig.  12). 


Ginge  man  bei  der  Wahl  der  Form  für  den  Abfallrücken  des  eigentlichen  Wehr- 
körpers von  dem  Gesichtspunkt  aus,  dass  die  Geschwindigkeit  des  Wassers,  nachdem  es 
die  Krone  passiert  hat,  möglichst  zu  verringern  sei,  so  würde  diejenige  Form  die  beste 
sein,  welche  sich  der  parabolischen  Gestalt  des  frei  überfallenden  Wasserstrahls  anpasste, 
sodass  der  Wasserstrahl  überall  noch  den  Abfallrücken  berührte.  Auf  die  Leistungs- 
fähigkeit des  Überfalls  hat  es  keinen  nennenswerten  Einfiuss,  welche  Form  man  auch 
dem  Webrkörper  hinter  dem  Überfallrahmen  gibt,  wenn  die  Neigung  gegen  den 
Horizont  nur  eine  so  starke  ist,  dass  keine  Verzögerung  eintritt.  Zur  Berechnung  der 
Parabelform  des  Wehrrückens  könnte  die  folgende  Überlegung  dienen: 
Beieichnen:  v  die  Geschwindigkeit  des  Wasser«  auf  der  Wehrkrone, 

Tg  die  Geschwindigkeit  des  ankommenden  Waasera, 

h,  die  OberfallhOhe  and  0,20b,  die  Absenkung  aber  der  Wehrkrone, 

Q  die  überfallende  Wassennenge  pro  Sekunde, 

b  die  Breite  des  Überfalls, 

{koit  v<,  entsprechende  I 

kommenem  Überfall  die  Geschwindigkeit  de*  überfallenden  Wasserstrahls  v  =  — - — ~ 

n  (li, — u,SJi 

o=-i.,..\,.fS'i  i>.+i>  '.-k'j 


644 


m.    Theodor  Koehh.    Ausbau  von  WassekkkIfteh.    Einzelheiten. 


▼  =  '/»ö^-/28[0«.  +  k)S-k*.] 


(88) 


Abb.  168. 


c 

1     l 

1 

X 

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> 

i 

• 

Nimmt  man  den  Koordinaten-Mittelpunkt  in  Kronenhohe  and  zwar  in  dem  abwärtsgerichteten 
Rande  des  Überfallrahmens  liegend  an,  dann  ist,  wenn  die  Fallzeit  bis  zu  einem  beliebigen  Punkte  mit  r 

bezeichnet  wird: 

t*  2v* 

y  =  vr  und  x  =  g.^  y'=  -—  .x  (39) 

Hieraus  lassen  sich  für  die  verschiedenen  Werte  von  x  die  verschiedenen  Punkte  der  Parabel 
berechnen.  Am  einfachsten  ist  es  y  nur  fnr  den  Pnnkt  A  (Abb.  169)  der  Parabel  zu  berechnen,  in 
welchem  dieselbe  in  den  wagerechten  Abfallboden  einschneidet.     Teilt  man  dann  OT  und  AY  in  eine 

gleiche  Anzahl  gleicher  Teile,  verbindet  alle  Teilpunkte  (1)  mit  0  und  zieht  von  allen 
Teilpunkten  (2)  Parallelen  zur  X-Achse,  so  bilden  die  Schnitte  Punkte  der  Parabel. 
Man  könnte  dann  zur  Verringerung  der  Geschwindigkeit  des  ab- 
stürzenden Wassers  die  abwärts  gelegene  Parabelfläche  des  Wehrkörpers 
rauh  machen,  indem  man,  wie  bei  der  Anlage  Avignonnet,  einzelne 
Steine  vorstehen  lässt  (S.  643).    Indessen  das  hat  den  Nachteil,  dass 
sich  Lanb,  Stroh  und   andere  treibende  Teile   an    den  Vorsprangen 
festsetzen,    was    oft    nicht    erwünscht    ist.      Da    nun    aber    bei 
Wehren  mit  steilem  Absturz  das  abstürzende  Wasser 
auf  dem  Absturzboden  ohnehin  seine  Geschwindigkeit 
zum   grössten  Teile  einbüsst,    so   hat   die  verzögernde 
Wirkung    eines     parabelförmig     ausgebildeten    Abfallrückens     keine 
grosse   praktische  Bedeutung.     Fig.  6,   Taf.  LI  zeigt  ein   Wehr  mit  parabel- 
förmigem,  glatten  Absturzrücken  und  rauhem  Abfallboden. 

Bei  den  meisten  ausgeführten  Anlagen  hat  man  entweder  eine  gerade  Linie  wie 
beim  Lechwerk  (Taf.  LI,  Fig.  3)  oder  eine  kreisförmig  gebogene  Linie,  wie  bei  dem 
grossen  Tessinwehr  (Abb.  157,  S.  625),  bei  der  Anlage  Livet  (Taf.  XLI,  Fig.  5),  bei  dem 
Wehre  im  Prahovaflusse  der  Anlage  Sinaia  (Taf.  LI,  Fig.  4)  gewählt.  Man  wird  sich 
bei  der  Wahl  der  Form  für  den  Absturzrücken  ausschliesslich  von  Rücksichten  auf  die 
Standsicherheit  und  auf  die  Kosten  leiten  lassen  können,  in  welcher  Beziehung  der 
parabolische  Abfallrücken  allerdings  als  recht  zweckmässig  zu  bezeichnen  ist. 

Handelt  es  sich  uro  ganz  kleine  Wehrhöhen,  welche  bei  höheren  Wasserstanden 
im  Wasserspiegel  nur  einen  kleineren  Sprung  erzeugen  können  und  um  Flussohlen  aus 
grobem  Eies,  welche  ohnehin  eine  ziemlich  grosse  Widerstandsfähigkeit  besitzen,  so  ist 
natürlich  auch  die  geneigte  Lage  des  Abfallrückens  und  Abfallbodens  technisch  vertret- 
bar. Um  Beispiele  hierfür  zu  geben,  sei  verwiesen  auf  das  neue  Brembowehr  (Taf.  VIII, 
Fig.  3)  und  das  Brembillawehr  (Taf.  IX,  Fig.  1)  der  Anlage  Bergamasca,  auf  die  Wehre 
der  Anlagen  Pont  St.  Martin  (Taf.  XIII,  Fig.  3),  Füre  et  Morge  (Taf.  XLII,  Fig.  6). 
Aber  bei  all  den  4  angeführten  Beispielen  hätte  sich  wohl  noch  an  Material  und  Bau- 
kosten sparen  lassen,  wenn  man  steilen  Absturz  und  wagerechten  Abfallboden  gemacht 
hätte.  Bei  dem  Wehre  Füre  et  Morge  wurde  wegen  der  geringen  Höhe  sehr  viel  Kies 
mit  über  die  Krone  gerissen  und  der  Wehrrücken  des  in  Beton  ausgeführten  Wehr- 
körpers wegen  der  durch  den  geneigten  Abfallboden  erzeugten  grossen  Geschwindigkeit 
sehr  stark  ausgeschliffen.  Man  hat  deshalb  nachträglich  zum  Schutze  des  Wehrrückens 
grosse  Quadersteine  und  Zementblöcke  auf  den  Wehrrücken  gelegt  und  ihn  künstlich  rauh 
gemacht  und  geschützt. 

Die  stromaufwärts  gelegene  Fläche  des  Wehrkörpers  und  die 
Krone  selbst  müssen  natürlich  stets  möglichst  glatt  gemacht  werden, 
wenn  man  nicht  absichtlich  die  sekl.  überfallende  Wassermenge  ver- 
ringern will. 


g  1. 


Stauwerke.     A.  Wehre. 


645 


Wird  das  Wehr  aus  Werksteinen  in  Verband  hergestellt,  so  sollte  man  die  Fugen 
möglichst  lotrecht  zur  ermittelten  Drucklinie  legen.  Die  Fugen  der  Verblendung  müssen 
jedenfalls  überall  lotrecht  zur '  sichtbaren  Fläche  gelegt  werden  und  im  übrigen  so,  dass 
eine   feste  Lagerung   der   einzelnen  Quadern 

erzielt   und   eine  Lockerung   durch  die   auf-         Abb-  I7"  "•  Wl.  Abb.  172. 

tretenden  Kräfte  ausgeschlossen  ist.  Wegen 
der  Verankerung  der  Kronenquadern  mittelst 
eiserner  Bolzen  sei  auf  das  Beispiel  des 
Wehres  der  Anlage  Morbegno  verwiesen  (Taf. 
XVI,  Fig.  3,  4  u.  5). 

Häufiger  findet  man  Ausführungen ,  bei 
denen  der  eigentliche  Wehrkörper  in  Beton  oder 
Stein  und  der  Abfallboden  in  Holzkonstrnktion 
ausgeführt  ist.  Es  mag  in  dieser  Beziehung  ge- 
nügen, auf  zwei  Beispiele  zu  verweisen,  und  zwar 
auf  die  Anlagen  Kanderwerk  (Taf.  XXVI,  Fig.  2) 
und  Lechwerk  Gersthofen  (Taf.  LI,  Fig.  3). 


Abb.  178  und  174. 


JHftS 


üf^^J 


B.  Feste  hölzerne  Wehre.  In  holz- 
reichen Gegenden,  und  wenn  es  sich  um  kleine 
Wehrböhen  handelt,  können  feste  hölzerne  Wehre 
ans  Rücksicht  auf  die  Ersparnis  an  Baukosten 
den  Vorzug  vor  steinernen  und  ßetonwehren  ver- 
dienen. Unter  hölzernen  Wehren  sollen  solche 
verstanden  werden,  bei  denen  das  Holz  das  wesent- 
lichste Konstrnktionsmaterial  bildet. 

Handelt  es  sich  um  einen  geringfügigen  Stau  von  nicht  mehr  als  50  cm,  so  kann 
unter  Umständen  eine  einfache  Spundwand,  quer  aber  das  Flussbett  geschlagen,  welche 
oben  mit  Zangen  oder  mit  einem  Hohn  zusammengehalten  wird,  die  Stelle  eines  Wehres 
vertreten  (Abb.  170  und  171).  'Es  kann  dann  bei  kiesiger  oder  sandiger  Flussohle  auch 
genügen,  die  Sohle  unterhalb  des  Wehres  auf  eine  Länge  von  fünfmal  der  höchsten 
Wasserspiegeldifferenz  mit  einer  Steinschüttong  zu  befestigen.  Für  ruhig  fliessende  Ge- 
wässer, welche  keine  groben  Geschiebe  mit  sich  führen,  kann  bis  zu  Wehrhöhen  von 
1,0  bis  höchstens  1,25  m  die  in  Abb.  172  dargestellte  Bauweise  empfohlen  werden.  Es 
ist  zweckmässig,  die  Konstruktion  so  einzurichten,  dass  derjenige  Teil  des  Wehres, 
welcher  abwechselnd  trocken  liegt  und  überflutet  ist,  also  dem  Verfaulen  ausgesetzt  ist, 
konstruktiv  von  dem  anderen,  unvergänglichen  Teil  getrennt  wird.  Man  zapft  deshalb 
die  Wehrstiele,  welche  durch  Streben  zu  stützen  sind,  auf  dem  Fachbaum  auf.  Die 
Anzahl  der  Spundwände  richtet  sich  nach  der  Bodenbeschaffenheit,  jedenfalls  muss  die 
Tiefe  der  Spundwände  mindestens  so  gross  sein  als  die  höchste  Wassertiefe  vor 
dem  Wehr. 

Bei  grosseren  Stauhöben  wird  man  schon  zu  etwas  stärkeren  Konstruktionen 
greifen  müssen.  Für  felsigen  Untergrund  würde  sich  z.  B.  die  Konstraktion 
(Abb.  173  und  174)  empfehlen.  Der  Zwischenraum  zwischen  den  beiden  inneren 
Bohlenwänden  wird  am  besten  mit  lehmigem  Sand  ausgefüllt.  Erlaubt  es  die  Bücksicht 
auf  die  Kosten  der  Anlage,  dass  man  die  Bohlenwände  mit  Nut  und  Federn  versieht 
und  sie  dann  kalfatert,  sodass  sie  wasserundurchlässig  werden,  dann  ist  eine  Ausfüllung 
mit  grobem  Kies  genügend.    Wenn  das  Fällmaterial  auch  die  Dichtigkeit  herbeiführen 


646         IIL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Eibtzelheiten. 

soll,  so  kann  empfohlen  werden,  den  Zwischenraum  mit  10  bis  15  cm  hohen  Lagen  von 
lehmigem  Sand  (Vi  Lehm,  l1/«  Sand)  aufzustampfen,  auf  welche  (im  Verhältnis  Ton 
10  Litern  Kalk  zu  1  cbm  Füllboden)  hydraulischer  Kalk  gestreut  wird.  Mittelst  Stampfen, 
welche  unten  mit  kreuzförmigen  oder  sternförmigen  Bippen  zu  versehen  sind,  wird  unter 
Anfeuchtung  das  Material  zugleich  zusammengedrückt  und  gemischt  (vergl.  Anlage 
Jonage-Cusset-Lyon  S.  510).  Wenn  es  sich  nicht  um  grosse  Massen,  sondern  nur  um 
eine  verhältnismässig  geringe  Wehrl&nge  handelt,  so  ist  es  wohl  am  einfachsten,  das 
Füllmaterial  vor  dem  Einbringen  mit  Schippen  zu  mischen.  Die  äusseren  Bohlenwände 
dienen  im  wesentlichen  zum  Schutze  des  tragenden  Holzwerkes.  Durch  Ausfüllen  des 
Raumes  zwischen  je  zwei  Bohlenwänden  einer  Stielreihe  mit  fettem  Ton  oder  einer 
Uittrfrmg  von  lehvugem  Sand  und  Kalk  kann  man  die  Dichtigkeit  noch  erhöhen.  —  Ist 
der  Felsen  in  dünnen  Platten  parallel  zur  Fhissohle  lagerhaft  und  deshalb  die  Dichtigkeit 
zweifelhaft,  so  ist  es  sehr  zu  empfehlen,  vor  und  hinter  dem  Wehre  die  Sohle  durch 
Beton  in  einer  Gesamtlänge  von  mindestens  dem  Vier-  bis  Fünffachen  der  höchsten 
Wasserspiegeldifferenz  abzudichten.  Man  muss  eben  dann  durch  die  Länge  der  dichten 
Sohle  die  Reibungslange  etwaiger  Wasseradern  im  Boden  so  zu  vergrössern  suchen,  dass 
auch  beim  höchsten  Druck  Oleichgewicht  herrscht  Zu  beachten  ist  noch,  dass  der  Wehr- 
rücken in  der  Krone  durch  ein  festes  und  glattes  Material  abzudecken  ist.  Man  legt 
denselben  zweckmässig  etwas  geneigt  und  zwar  in  der  Stromrichtung  ansteigend  an,  um 
eine  gute  Führung  des  Wassers  bis  zum  Rande  des  Überfalls  zu  erzielen  und  Sohlen- 
einschnürung zu  vermeiden 10).  Da  man  die  Streben  zur  Versteifung  der  Konstruktion 
mit  einer  Neigung  von  1:1  bis  1 : 1,5  stellt,  so  ergibt  sich  die  Breite  des  Wehrkörpers 
ungefähr  gleich  dem  ein-  bis  anderthalbfachen  der  Höhe. 

Handelt  es  sich  um  eine  durchlässige  Flussohle,  so  ist  in  erster  Linie  dafür  zu 
sorgen,  dass  Unterspülungen  und  Auskolkungen  verhindert  werden.  Als  Schutzmittel  bei 
festen  hölzernen  Wehren  wird  man  meistens  mehrere  Reihen  von  Spundwänden  anzu- 
wenden haben. 

Für  reissende  Flüsse  mit  grosser  Geschiebefuhrung  muss  die  Konstruktion  besondere 
Festigkeit  besitzen  und  kann  in  dieser  Hinsicht  wohl  das  Brembowehr  (Taf.  VIH,  Fig.  3). 
als  Vorbild  empfohlen  werden,  wenn  man  abweichend  den  Abfallboden  wagerecht,  also 
nicht,  wie  dort,  geneigt  macht. 

Eine  Konstruktion,  wie  sie  Abb.  175  zeigt  und  früher  ziemlich  häufig  ausgeführt 
wurde,  ist  nicht  zu  empfehlen.  Jedenfalls  müsste  bei  weicheren  Bodenarten  die 
Steinpackung,  wie  sie  in  der  Zeichnung  dargestellt  ist,  ganz  erheblich  weiter  nach  ab- 
wärts ausgedehnt  werden. 

Beträgt  die  Wasserspiegeldifferenz  mehr  als  2,0  m,  so  wird  man  bei  hölzernen 
Wehren  gut  tun,  den  Abfallboden  treppenförmig  anzulegen.  Handelt  es  sich  um  ein 
sehr  langes  Wehr  auf  felsigem  Untergrund,  wo  weder  die  Unterspülung  unter,  noch  die 
Auskolkung  an  der  Sohle  hinter  dem  Wehr  in  Frage  kommt  und  auf  Dichtigkeit,  wegen 
der  reichlich  vorhandenen  Wassermengen  nicht  besonders  zu  achten  ist,  so  kann  in 
Gegenden,  wo  Holz  billig  zu  haben  ist,  die  in  Abb.  176  dargestellte  Konstruktion  in 
Frage  kommen« 

Muss  aber  auf  Dichtigkeit  besonders  gesehen  werden  und  besteht  die  Gefahr  der 
Unterspülung,  so  werden  Konstruktionen  nach  Taf.  LI,  Fig.  7  am  Platze  sein:  nur 


10)  Zweckmässiger  als  die  in  Abb.  173  dargestellte  Konstruktion  wäre  die  gewesen,  den  Ober- 
falhrahmen  gans  an  die  abwärts  gerichtete  Seite  der  Wehrkrone  zu  legen,  weil  dann  das  Holswerk  der 
Wehrkrone  meistens  anter  Wasser  bleiben  und  dem  Verfaulen  weniger  ausgesetzt  sein  wurde. 


§  1.  Stauwerke.    A.  Wehre.  647 

würde  es  sich  empfehlen,  die  Krone  geneigt  und  zwar  nach  dem  Unter- 
wasser zu  ansteigend  anzulegen  (Abb.  173  und  Fussnote  10),  was  auch  den 
Vorteil  hat,  dass  das  Holzwerk  der  Krone  meistens  unter  Wasser  bleibt 
und  besser  gegen  Verfaulen  geschützt  wird. 

Bei  Stufenwehren  in  Holzverband  ist  die  Zahl  der  Stufen  zu  beschränken,  d.  h. 
es   ist   nicht   mehr   als  eine  Zwischenstufe   zwischen  Krone   und  Unterwassersohle   zu 
machen.    Mit  jeder  Zwischenstufe  wächst  die  Zahl  der  Holzverbindungen  und  damit  der 
schwachen    Stellen    der    Kon- 
struktion.     Grössere    Wasser-  AWk  175'  Abb-  176- 
höhen    als    höchstens    3,0  m 
über   Flussohle    wird   man    in 
Holz  heute  nur  noch  in  Aus- 
nahmefallen ausführen. 

Die  Ufereinfassungen  bei  hölzernen  Wehren  werden  oft  aus  Stein  oder 
Beton  hergestellt,  weil  sich  der  Uferanschluss  so  am  leichtesten  und  sichersten  ausführen 
lässt.  Sollen  die  Ufereinfassungen  in  Holz  ausgeführt  werden,  so  wird  man  am  besten 
denjenigen  Teil  der  hölzernen  Uferwand,  welcher  unter  Wasser  bleibt  und  daher  unver- 
gänglich ist,  durch  einen  starken  Holm  von  dem  oberen  Teil,  welcher  von  Zeit  zu  Zeit 
zu  erneuern  ist,  trennen.  Auf  den  Holm  werden  dann  die  Stiele  der  Bohlenwand  auf- 
gesetzt und  dahinter  der  Bohlenbelag  gelegt.  Die  Entfernung  der  Stiele  richtet  sich 
nach  der  Höhe  der  Wand  und  nach  dem  Material,  welches  als  Hinterfüllung  dient,  d.  h. 
nach  dem  höchsten  zu  erwartenden  Erddruck.  Bei  den  meisten  praktischen  Beispielen 
schwankt  die  Entfernung  der  Stiele  von  Mitte  zu  Mitte  zwischen  0,75  bis  1,50  m.  Die 
Standsicherheit  gegen  Umkippen  erhält  die  Uferwand  durch  eiserne  und  hölzerne  Erd- 
anker, welche  vorn  an  einem  Längsbalken  angreifen,  damit  die  einzelnen  Stiele  der 
Bohlenwand  nicht  durch  die  Bolzenlöcher  geschwächt  werden. 

Bei  hölzernen  Uferwangen  ist  besonders  sorgfältig  darauf  zu  achten,  dass  diese 
Wangen  nicht  hinterspült  werden,  denn  ohne  besondere  Schutzmassregeln  würden  sich 
sehr  leicht  hinter  der  Bohl  wand  Wasseradern  bilden.  Um  das  zu  verhindern,  müssen 
die  Spundwände  des  eigentlichen  Wehrkörpers  so  weit  beiderseits  in  die  Ufer  eingreifen, 
dass  die  Reibungsverluste  einer  Wasserader,  welche  mit  Umgehung  der  Spundwände  sich 
von  Ober-  zu  Unterwasser  bilden  könnte,  mindestens  eben  so  gross  sind  als  diejenigen 
unter  dem  Wehre.  Da  nun  aber  Holzwände  oberhalb  des  niedrigsten  Wasserspiegels 
sehr  bald  verfaulen  und  Reparaturen  immer  Aufgrabungen  nötig  machen  würden, 
welche  unter  Umständen  Betriebsstörungen  hervorrufen  könnten,  so  ist  es  am  besten, 
über  dem  niedrigsten  Wasserspiegel  auf  die  Verwendung  von  Holz  hierbei  ganz  zu  ver- 
zichten. Zu  diesem  Zwecke  wird  man  in  der  Länge  der  in  die  Ufer  eingreifenden 
mittleren  Spundwände  einen  Kern  entweder  aus  fettem  Ton  oder  fettem  Lehm  oder  aus 
Beton  stampfen,  welcher  die  Dichtigkeit  gewährleistet  (Kap.  HI,  §  1,  B.  Talsperren). 
Statt  dessen  kann  auch  zwischen  den  mittleren  Spundwänden  eine  Trockenmauer  mit 
Moosfugen  bis  zum  höchsten  Wasserspiegel  hinauf  errichtet  und  diese  an  der  flussauf- 
wärts  gelegenen  Fläche  mit  einem  abdichtenden  Lehm-  oder  Tonschlag  versehen  werden, 
welcher  dann  erheblich  dünner  sein  kann  als  ein  Kern  aus  Ton.  Sollten  sich  nach  der 
Ausführung  kleinere  Wasseradern  in  den  Ufern  bilden,  so  kann  bei  der  letztgedachten 
Bauweise  ihre  allmähliche  Dichtung  meistens  ohne  weiteres  Zutun  erwartet  werden. 
Nötigenfalls  muss  durch  Verstärkung  des  Tonschlages  die  Dichtigkeit  herbeigeführt  werden. 


648  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

7.  Bewegliche  Wehre.  Wie  bereits  oben  angeführt,  muss  in  der  Regel  mit  einem 
festen  Wehr  ein  Grundablass  zur  Beseitigung  der  Ablagerungen  vor  dem  Wehr  ver- 
bunden sein.  Insofern  wären  die  festen  Wehre  in  ihrer  Mehrzahl  eigentlich  als  rzu- 
sammengesetzte  Wehre"  zu  bezeichnen. 

Es  gibt  aber  zahlreiche  Fälle,  wo  die  Stauhöhe  bei  höherem  Wasserstande  durch 
den  Überfall  und  den  Grundablass  nicht  genügend  geregelt  werden  kann  und  deshalb 
das  ganze  oder  ein  grösserer  Teil  des  Flussprofils  bei  Hochwasser  freizulegen  ist.  Ferner 
verlangt  Rücksicht  auf  die  Fiösserei  oft  bewegliche  Wehrteile.  Findet  auf  dem  Flusse, 
in  welchem  das  Wehr  anzulegen  ist,  Schiffahrt  statt,  so  wird  man  allerdings  meistens 
den  Werkkanal  gleichzeitig  für  die  Schiffahrt  einrichten,  um  die  Gefahren  und  Nach- 
teile zu  beseitigen,  welche  grosse  Geschwindigkeiten  und  flaches  Wasser  im  Flusse  für 
die  Schiffahrt  verursachen.  Dagegen  wird  es  für  die  Flösserei  meist  vorgezogen, 
zumal  dieselbe  oft  nur  bei  gewissen  Wasserständen  während  einiger  Monate  stattfindet, 
die  Stufe  am  Wehr  ohne  Benutzung  von  Schleusen  durch  sogenannte  Flossgassen  zu 
überwinden. 

Man  kann  die  verschiedenen  Lösungen  beweglicher  Wehre  etwa  in  drei  Gruppen 
einteilen  und  zwar: 

1.  Das  bewegliche  Wehr  wird  neben  ein  festes  Wehr  gelegt. 

2.  Das  bewegliche  Wehr  wird  auf  ein  festes  gesetzt. 

3.  Das  ganze  Wehr  wird  beweglich  gemacht. 

Für  den  beweglichen  Teil  eines  Wehres  ist  die  einfache,  sichere  und 
billige  Handhabung  die  Hauptsache.  Ferner  kann  die  Zeit,  in  welcher  ein  ge- 
wisser Teil  des  Durchflussprofils  freigemacht  werden  muss,  eine  wichtige 
Rolle  spielen.  Schliesslich  kommt  bei  Wasserkraftanlagen  die  Forderung  einer  mög- 
lichst vollkommenen  Dichtigkeit  dazu. 

Vor  allen  bislang  bekannten  Konstruktionen  beweglicher  Wehre 
verdient  für  Wasserkraftanlagen  das  Schützenwehr  den  Vorzug  und  hat 
tatsächlich  auch  in  der  überwiegenden  Mehrzahl  der  Fälle  Anwendung 
gefunden  und  zwar  aus  folgenden  Gründen: 

a)  Das  Schützenwehr  ist  für  alle  in  der  Praxis  vorkommenden  Stauhöhen  ver- 
wendbar. 

b)  Es  bietet  die  grösste  Sicherheit  für  den  Betrieb,  weil  die  Hebung  und  Senkung 
der  Schützentafel  bei  dem  heutigen  Stande  der  Technik  so  gut  wie  unter 
allen  Umständen  gesichert  werden  kann. 

c)  Es  lässt  sich  am  einfachsten  und  sichersten  dicht  herstellen. 

d)  Die  Bedienung  ist  die  billigste,  einfachste  und  sicherste. 

e)  Die  Zeit  für  die  Öffnung  der  Wehrverschlüsse  lässt  sich  durch  Verwendung 
maschineller  Antriebsmittel  innerhalb  der  in  der  Praxis  vorkommenden  Grenzen 
beliebig  abkürzen.  Namentlich  durch  Verwendung  von  Elektromotoren  ist 
ein  schneller  Antrieb  der  Bewegungsmechanismen  auf  die  einfachste  Weise 
herzustellen. 

f)  Schützenwehre  lassen  sich  auch  da  verwenden,  wo  verlangt  wird,  daas  das 
ganze  Flussprofil  frei  zu  legen  ist,  da  sich  auf  einfache  Weise  Vorrichtungen 
treffen  lassen,  um  die  Griesständer  (Losständer)  emporzuziehen. 

Die  Schützentafeln  sind  entweder  aus  Holz  oder  Eisen,  und  sie  stützen  sich  an 
Stärdern  oder  Pfeilern  aus  Holz,  Eisen  oder  Stein.    Die  Länge  der  Schützentafel  ist  ab- 


§  1.  Stauwerke.    A.  Wehre.  649 

hängig  von  dem  verwendeten  Material.  Holztafeln  können  in  grösserer  Länge  als  5,0  m 
meistens  nur  bei  kleinen  Wasserdrücken  in  Frage  kommen.  Eiserne  Schützen  können 
bei  Wasserdrücken  von  1,0  bis  1,5  m  Längen  von  25,0  bis  30,0  m  haben.  Bei  der 
Anlage  Sault  St.  Marie  sind  eiserne  Schützentafeln  von  14,6  m  Länge  und  8,0  m  Höhe  ver- 
wendet. Es  kann  also  durch  Schützenwebre  auch  allen  Ansprüchen  auf  lichte  Weiten,  im 
Interesse  von  Wasserdurchfluss  und  Flösserei  entsprochen  werden,  da  es  sich  bei  Wasser- 
kraftanlagen doch  in  der  Regel  nur  um  obere  Flussläufe  handeln  wird. 

a)  Hölzerne  Schützen  wehre.  Taf.  LI,  Fig.  8  bis  Fig.  11  stellen  einen  ganz 
einfachen  Typ  eines  hölzernen  Wehres  mit  fester  Griessäule  dar,  welcher  natürlich 
ebenso  für  grössere  Flussbreiten  verwendbar  wäre. 

Tafel  LI,  Fig.  12  und  13  geben  die  Darstellung  eines  hölzernen  Wehres 
mit  beweglichen  Griessäulen,  sogenannten  „Losständern".  Der  Fachbaum  b  ist  an 
den  Stellen,  wo  die  Griessäule  ihren  Platz  finden  soll,  unterbrochen,  um  das  Loch  zu 
schaffen,  in  welches  der  Losständer  hineinzulassen  ist.  Der  Rand  dieses  Loches 
ist  mit  Eisenbeschlägen  zu  sichern  und  der  Losständer  selbst  unten  mit  schweren 
Beschlägen  zu  versehen,  damit  er  leichter  heruntergebracht  werden  kann.  Die  Be- 
dienungsbrücke, welche  so  auszubilden  ist,  dass  sie  den  Druck  der  Losständer  auf- 
nehmen kann,  überspannt  entweder  in  einer  Öffnung  den  ganzen  Fluss  und  muss  dann 
unter  Umständen  als  Fachwerksträgör  ausgebildet  werden,  oder  stützt  sich  auf  einzelne 
Pfeiler,  wenn  es  genügt,  dass  nur  ein  Teil  der  Flussöffnung  freigelegt  wird.  In  der  Regel 
werden  die  Losständer  so  lang  gemacht,  dass  die  Schütze  überall  noch  Anschlag  an  den 
Ständer  findet,  auch  wenn  sie  bereits  über  den  höchsten  Wasserspiegel  heraufgezogen  ist. 

Sind  die  höheren  Wasserstände  von  längerer  Dauer,  so  werden  die  Schützen  und 
Losständer  ganz  ausgehoben  und  in  einem  Schuppen  untergebracht,  um  ihre  Lebens- 
dauer zu  vergrössern. 

Eine  andere  Lösung  ist  die ,  dass  man  die  Losständer  an  horizontalen  Drehbolzen 
beweglich  so  an  der  Bedienungsbrücke  befestigt,  dass  sie  mit  den  hochgezogenen  Schützen 
gemeinschaftlich  gegen  die  Stromrichtung  hochgeklappt  und  dann  unter  der  Brücke  fest- 
gelegt werden.  Bei  solcher  Konstruktion  wählt  man  für  die  aufgestellten  Losständer 
zweckmässig  nicht  mehr  eine  lotrechte,  sondern  eine  schräge  Stellung,  damit  man  auf 
dem  Fachbaum  oder  der  betonierten  Flussohle  keine  vorstehenden  Anschläge  für  die  Los- 
ständer nötig  hat.  Ein  sehr  nachahmenswertes  Beispiel  dieser  Art  bei  Ausführung  in 
Eisen  bietet  das  Schützenwehr  der  Anlage  St.  Maurice-Lausanne  (Taf.  XXIX,  Fig.  2 
u.  S.  455).  Man  kann  diese  Konstruktion  der  Losständer  unschwer  auch  auf  Holz  über- 
tragen, es  sei  denn,  dass  wegen  der  erforderlichen  Bruchfestigkeit  die  Abmessungen 
hölzerner  Losständer  zu  gross  werden.  Die  Bedienung  ist  eine  äusserst  einfache  und 
ganz  sichere  (vergl.  auch  Fussnote  11,  S.  651). 

Als  ein  anderes  gutes  Beispiel  eines  Wehres  mit  Losständern,  welche  um  ein  an  der  Bedie- 
nungsbrücke angebrachtes  wagrechtes  Scharnier  drehbar  sind,  sei  hier  das  bekannte,  bereits  im  Jahre  1875 
erbaute  Wehr  bei  Pretzien  genannt,  obwohl  bei  demselben  sowohl  die  Losständer  als  auch  die 
Schützentafel  aus  Eisen  hergestellt  sind.  Das  Wehr  sperrt  bis  zu  einem  Stau  von  8,0  m  einen  alten 
Arm  der  Elbe  oberhalb  Magdeburgs  ab.  Bei  höheren  Wasserständen  wird  das  Wehr  geöffnet,  um  die 
Elbe  zn  entlasten  und  um  Magdeburg  vor  Hochwasser  zu  schützen.  Die  eisernen  Losständer 
stehen  hier  senkrecht  und  sind  in  der  Sohle  durch  je  einen  eisernen  Schuh  und  eine  Fangvor 
richtung  gehalten.  Das  Wehr  ist  durch  8  massive  Mittelpfeiler  in  9  mit  2  eisernen  Brücken  überspannte 
Öffnungen  von  je  12,554  m  1.  W.  eingeteilt,  welche  ihrerseits  durch  8  Losständer  in  9  Öffnungen  von  je 
1,31  m  1.  W.  zerlegt  sind.  Jede  Schützenöffnung  wird  durch  4  übereinander  angeordnete  eiserne  Buckel- 
platten von  je  0,837  m  Höhe  geschlossen.  Die  Losständer  werden  wegen  des  sich  im  Oberwasser 
bildenden  Eises  nach  dem  Unterwasser  zu  durch  je  eine  an  der  Fangvorrichtung  des  Losständers 


650  III.    Theodor  Koehx.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

befestigte  Kette  mittelst  einer  fahrbaren   Winde  emporgesogen ,  nachdem   zuvor  die  den   Verschl 
bildenden  Bockelplatten  durch  Ketten  und  durch  dieselbe  fahrbare  Winde  herausgehoben  sind.    (ZentralbL 
d.  Btnvcrw.  1884.  S.  499.  512  und  587). 

b)  Sckutsemwehre  in  Stein  o4  Eisen.  Wie  man  grössere  Langen  beweglicher 
Wehre  am  besten  in  steinerne  oder  eiserne  Pfeiler  und  wie  man  die  Stauhöhen  in  einzelne 
übereinanderliegende  Schützentafeln  auflöst,  ist  durch  die  im  Teil  II  gegebenen  Be- 
schreibungen der  Anlagen  Wangen  (S.  422  und  Taf.  XXII),  Beznau  (S.  433,  Taf.  XXV), 
Ghevres  (S.  446,  Taf.  XXVII),  St.  Maurice-Lausanne  (S.  455,  Taf.  XXIX),  Hagneck, 
(S.  474,  Taf.  XXXII),  Rheinfelden  (S.  578,  und  Taf.  XLVII)  am  besten  erläutert,  und  es 
mag  hier  lediglich  darauf  hingewiesen  werden,  um  Wiederholungen  zu  vermeiden. 

Bei  Ausbildung  der  Profile  von  Steinpfeilern  beweglicher  Schützenwehre  wird  man, 
um  die  Einschnürung  des  durchströmenden  Wassers  möglichst  zu  verringern,  die  steinernen 
Pfeiler  bis  zum  höchsten  Wasserspiegel  mit  Vorköpfen  versehen,  welche  entweder  die  Form 
von  Kreisbögen  oder  Spitzbögen  oder  von  spitzwinkligen,  an  den  Ecken  abgerundeten 
Dreiecken  haben.  Um  Wirbelbildungen  zu  vermeiden,  gibt  man  am  besten  den  hinteren 
Köpfen  der  Pfeiler  auch  eine  ähnliche  Form. 

Zur  Vornahme  von  Reparaturen  und  um  schlimmstenfalls,  wenn  sich  wider 
Erwarten  einmal  ein  Festklemmen  einer  Schützentafel  ereignen  sollte,  die  Ursache  be- 
seitigen zu  können,  legt  man  in  den  Pfeilern  fast  immer  Dammbalkenschlitze  an.  Die 
Dammbalken  bestehen  entweder  aus  Holz  oder  Eisen,  je  nach  der  Breite  der  Öffnung 
und  dem  Wasserdruck  und  es  sind  Breite  (Profile  des  Dammbalkens)  und  Tiefe  (Auflager- 
pressungen) der  Schlitze  entsprechend  einzurichten.  Bei  grösseren  Stauhöhen  von  mehr 
als  6,0  bis  7,0  m  und  grossen  lichten  Weiten  von  mehr  als  10,0  m  ist  es  zweckmassig, 
vor  und  hinter  den  Schützen  je  zwei  Dammbalkenschlitze  anzulegen,  um  durch  zwei 
Reihen  Dammbalken  sowohl  den  nötigen  Widerstand  gegen  den  Wasserdruck  als  durch 
Ausfüllung  des  Zwischenraums  eine  grössere  Dichtigkeit  erzielen  zu  können. 

Die  Entfernung  der  Dammbalkenschlitze  von  den  Schützen  muss  gross  genug  sein, 
um  noch  einen  genügenden  Arbeitsraum  frei  zu  lassen.  Bei  Chevres  z.  B.  beträgt,  bei 
9,0  m  Stauhöhe  und  10,0  m  lichter  Weite  zwischen  den  Pfeilern,  die  Entfernung  des 
stromaufwärts  gelegenen  Dammbalkenschlitzes  ca.  2,75  m,  des  abwärts  gelegenen  etwa 
3,75  m  von  der  Schütze.  Ist  die  Entfernung  zwischen  zwei  Steinpfeilern  sehr  gross,  so 
kann  man  die  eisernen  Griesgitterböcke  als  Stützpunkte  der  Dammbalken  ausbilden.  Für 
eine  Reparatur  an  einer  Schützenöffnung  aufwärts  des  Verschlusses  muss  aber  doch  die 
ganze  Öffnung  zwischen  zwei  Steinpfeilern  abgeschlossen  werden.  Wollte  man  das  ver- 
meiden, 60  müssten  die  eisernen  Zwischenpfeiler  entweder  als  dichtschliessende  Kasten- 
träger  in  Eisen  oder  durch  eine  Bekleidung  mit  Holzbohlen  oder  armierten  Beton  zu 
einer  dichtschliessenden  Pfeilerwand  ausgebildet  werden. 

Bei  der  Anlage  Wangen  beträgt  die  Entfernung  der  Steinpfeiler  voneinander  von 
Mitte  zu  Mitte  37,24  m.  Man  kann  dort  beim  gewöhnlichen  Stau  an  die  Gitterpfeiler 
abwärts  der  geschlossenen  Schützen  überall  heran,  weil  das  Wehr  hinter  den  Schützen- 
tafeln fast  vollkommen  trocken  liegt.  Reparaturen  an  den  Schützentafeln  selbst  kann 
man,  wenn  sie  hochgezogen  sind,  vornehmen.  Dennoch  hat  man  (vergl.  §  3  dieses  Kap.) 
vor  den  Schützen  doppelte  Dammbalkenschlitze  in  den  Steinpfeilern  angebracht. 

Wenn  loses  Flossholz  auf  dem  Flusse  treiben  kann,  so  ist  es  geboten,  die  Seiten- 
flächen eiserner  Gitterpfeiler  durch  starke  Bohlen  so  weit  zu  bekleiden,  dass  sich  Hölzer 
nicht  in  denselben  mit  einem  Ende  festsetzen  und  als  Hebel  wirkend  dieselben  zer- 
stören können. 


§  1.  Stauwerke.     A.  Wehre.  651 

Um  den  dichten  Schluss  der  Schützen  an  der  Sohle  su  sichern,  wird  die  Auflager- 
flache  bei  massiven  Webren  meist  ans  einem  gehobelten  Stahl-  oder  Gusseisenstück 
gebildet.  Dasselbe  muss  eine  solche  Form  haben,  dan  Eies,  grober  Sand,  Hob- 
stücke  oder  andere  Hindernisse  nicht  darauf  festgehalten  werden  können.  Das  Wehr 
der  Anlage  Cbevres  (Taf.  LV,  Fig.  3)  kann  in  dieser  Beziehung  ab  gutes  Huster 
dienen.  Übrigens  wird  beim  Herunterlassen  einer  Schützentafel  der  Strom  unter  der- 
selben so  stark,  dass  bei  richtiger  Anlage  der  Auflagerfläche  auf  völlige  Reinspülung 
mit  Sicherheit  gerechnet  werden  kann. 

e)  Kolladenwehre.  Von  anderen  beweglichen  Wehren  kann  man  nur  noch  mit 
Rolladenwehren  ahnliche  Stauhöhen  schliessen  wie  mit  Schützen.  Ein  Beispiel  bietet 
das  Rolladenwehr  der  Anlage  Hagneck  (Taf.  XXXII,  Fig.  4  bis  7  und  S.  475).  Die 
nach  dem  gestauten  Wasser  zu  liegenden  Enden  der  Rollketten  sind  lose  nnd  mit  der 
Rolltafel  nicht  verbunden.  Werden  die  losen  Ketten  angezogen,  so  rollt  sich  die  Tafel 
auf.  weil  der  Wasserdruck  die  Rolle  fest  gegen  die  Losst&nder  presst. 

Diese  Art  Wehre  verdanken  ihre  Entstehung  dem  Umstände,  dass  mau  zum 
Dichten  der  Nadelwehre  in  Teer  getränkte  Leinwand  auf  die  Vorderfläche  der  Nadel 
auflegte.  Um  das  Aufrollen  der  Leinwand  mittelst  Ketten  möglich  zu  machen,  wurden 
auf    derartige    Decken   Holzstäbe    befestigt. 

Diese  Anordnung  hat  den  französischen  Inge-  *bl>-  *"■ 

nieur  Camere  anf  den  Gedanken  gebracht, 
die  Holzstäbe  durch  Gelenke  zu  verbinden 
und  so  stark  zu  machen,  dass  man  die  Nadel 
weglassen  konnte.  Solche  Wehre  sind  bei 
sehr  guter  Unterhaltung  ziemlich  dicht  und 
sie  lassen  sich  auch  leicht,  bequem  und 
schnell  bedienen.  Nur  der  dichte  Anschluss  an 
die  Sohle  bildet  eine  gewisse  Schwierigkeit. 
Die  RoUadenwehre  gestatten,  da  sie  meistens 
ans  Holzstaben  hergestellt  sind,  nur  eine 
beschränkte  lichte  Breite  zwischen 
zwei  Pfeilern.  Man  kann  aber  Rolladen  noch  Einzelheiten  bei  i 
bei  verhältnismässig  grossen  Stauhöhen 

verwenden,  wo  bei  Verwendung  hölzerner  Schützentafeln  wegen  der  Schwierigkeit  des 
Aufziehens  schon  mehrteilige  Tafeln  zur  Verwendung  kommen  miissten"). 

d)  Nadelwehre.  Ihrer  grossen  Einfachheit  wegen  finden  Nadelwehre  bei 
Wasserkraftanlagen  häufiger  Anwendung.    Das  erste  Nadelwehr  wurde  bekanntlich  mit 


ii)  Rollvorhangsschutze.  Engng.  nrws  1886.  S.  386.  —  Ferner  das  Rolladenwehr 
bei  Posen  in  der  unteren  Seine  von  Camere  und  Lagrene  Nouv.  ann.  de  la  constr.  1899.  8.  18 — 24. 
Zeiteclir.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1882.  S.  521.  Das  Wehr  bei  Poses  bat  eine  Länge  von  248,7  m  nnd  ist 
durch  6  Hittelpfeiler  in  7  Öffnungen  von  je  80,16  in  1.  W.  zerlegt,  deren  jede  sich  durch  29  aus  eisernem 
Fachwerk  hergestellte  Losstlnder  von  11,93m  groseter  Lange,  sowie  durch  24  dazwischen,  liegende, 
als  Rolltafeln  konstruierte  Schützen  abschlieasen  liest  Der  gewöhnliche  Stauspiegel  liegt  8,95  m  Ober 
dem  Unterwasser  nnd  der  höchste  Stauspiegel  noch  um  1,37  m  höher.  Die  Losstlnder  stehen  nahezu 
senkrecht  nnd  werden  in  der  Sohle  durch  einen  Anschlag  gehalten.  Die  Scharniere  sitzen  an  dem  Unter- 
gurt des  ström  aufwarte  gerichteten  Brückenträgers.  Von  einer  stromaufwärts  liegenden  »weiten  Brücke 
ans  werden  die  Losstander  mittelst  Ketten  und  Winden  emporgezogen  und  in  wagerechter  Lage  unter 
der  letztgedachten  Brücke  festgemacht.  Nach  demselben  Haster  sind  Wehre  in  der  Seine  noch  zu 
Betons,  Andresy,  Port  Tillez  nnd  Martot  ausgeführt. 


652         IH.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräfte*.    EnrzELHEiTEN. 

niederlegbaren  Gitterböcken  von  Poiree  im  Jahre  1834  bei  Epineau  über  die  Yonne 
gebaut  and  zwar  so,  dass  die  ganze  Wehrbreite  freigelegt  werden  konnte.  Die  Länge 
der  Nadel  bei  diesem  Wehre  betragt  2,50  m,  woTon  0,30  m  anf  die  Handhabe  entfallen. 
Die  Nadeln  sind  0,07  m  breit  und  0,04  m  dick  (Taf.  LL  Fig.  12  u.  13). 

Bei  der  Wasserkraftanlage  Paderno  wurde  in  den  Jahren  96  bis  98  auf  das 
alte  130,0  m  lange  feste  Wehr  der  Adda  ein  Nadelwehr  aufgesetzt,  um  den  Stau 
bei  N.W.  um  2.0  m  zu  erhöhen.    Das  alte  Wehr  hatte  früher  für  die  Zwecke  eines 

ä 

Schiffahrtskanals  gedient  und  musste  mit  Rücksicht  auf  die  durch  das  Nadelwehr  ver- 
grösserte  Druckhöhe  erheblich  verstärkt  werden  (Taf.  LI,  Fig.  14  bis  16). 

Da  an  früheren  Nadelwehren  Brüche  der  Drehachsen  vorgekommen  waren,  wurden 
dieselben  beim  Addawehr  ans  einem  besonderen  Stahlstück  Ton  40  mm  Durchmesser 
gebildet.  Besser  ist  wohl  eine  Konstruktion  nach  Abb.  177,  bei  welcher  Biegungsmomente 
der  Drehachse  ganz  vermieden  sind.  Die  Nadeln  beim  Addawehr,  welche  80  auf  100  mm 
stark  sind,  legen  sich  unten  gegen  einen  kräftigen  Ansatz  der  in  Granit  hergestellten 
Wehrkrone  und  stützen  sich  oben  gegen  einen  kräftigen  Rundstab  aus  Stahl,  welcher 
auf  den  Böcken  durch  Ösen  und  Bolzen  festgemacht  ist  und  sich  seinerseits  an  einigen 
Punkten  gegen  ein  Winkeleisen  stützt.  Dieses  Winkeleisen  wird  durch  Streben,  welche 
von  den  Böcken  aus  in  Ösen  eingehakt  werden,  versteift.  Bei  N.W.  werden  nach  dem 
Huster  des  Camer&chen  Vorschlages  auf  die  Vorderfläche  der  Nadeln  in  Teer  getränkte 
und  mit  Holzleisten  versehene  Leinwanddecken  zur  Abdichtung  angebracht,  welche 
mittelst  Seilen  auf-  und  abgerollt  werden  können. 

Die  Böcke  bei  Nadelwehren  können  nacheinander  mittelst  Ketten,  welche  von  Bock 
zu  Bock  gehen,  heruntergeklappt  und  aufgerichtet  werden.  Bei  dem  ursprünglich  Poir&- 
sehen  Wehre  und  auch  bei  mehreren  Nachbildungen,  wie  z.  B.  bei  dem  bekannten  Pressei- 
schen Wehre  in  der  Reuss  bei  Luxem,  werden  die  Bohlen  des  Laufsteges  zugleich  für 
den  oberen  Anschlag  der  Nadeln  benutzt  und  durch  Bolzen  oder  Haken  so  mit  den 
Gitterböcken  verbunden,  dass  sie  dieselben  in  der  aufrechten  Lage  halten.  Stabiler  wird 
das  Wehr  zweifellos,  wenn  wie  bei  dem  Paderaowehr  ein  besonderer  oberer  Anschlag  für 
die  Nadel  in  Eisen  hergestellt  wird.  Die  Entfernung  der  niederlegbaren  Böcke  beträgt 
1,0  bis  2fi  m.  Die  Höhe  der  Nadel  übersteigt  das  Mass  von  3,0  m  in  der  Regel  nicht, 
wovon  die  oberen  30  bis  40  cm  als  Handgriff  für  das  Einsetzen  und  Herausnehmen 
dienen.  Da  die  Nadeln  von  Hand  eingesetzt  und  herausgenommen  werden  müssen,  so 
dürfen  sie  nicht  zu  schwer  sein,  damit  ein,  höchstens  zwei  Mann  sie  bequem  handhaben 
können.  Die  Nadeln  sind  immer  aus  Holz  und  wenn  man  die  zulässige  Inanspruchnahme 

zu  60  kg  pro  qcm  annimmt ,  so  ergibt  sich  die  Dicke  der  Nadel  in  cm  =  -^ .  Vt.3, 

wenn  1  die  halbe  Länge  der  Nadel  in  cm  und  t  die  Tiefe  des  wirksamen  Wasserdrucks 
vor  der  Nadel  in  m  bedeutet. 

Damit  man  nicht  jede  einzelne  Nadel  beim  Herunterlegen  des  Wehres  herauszu- 
nehmen braucht,  kann  man  die  Nadel  mit  Ösen  versehen,  durch  welche  Drahtseile  ge- 
zogen werden.  Man  kann  auf  diese  Weise  ganze  Gruppen  von  Nadeln  an  das  Ufer 
heranziehen  und  dort  herausheben. 

Werden  Nadelwehre  mit  festen  Böcken  verwendet,  so  kann  die  Entfernung  d^r 
Böcke  eine  grössere  sein,  da  man  den  oberen  Anschlag  der  Nadel  als  vollkommen  steif«» 
Konstruktion  herzustellen  vermag.  So  beträgt  z.  B.  bei  dem  Wehre  am  FiringswasserfaU 
bei  Skin  in  Norwegen  die  lichte  Entfernung  der  in  Holz  konstruierten  und  in  der  felsigen 
Sohle  verankerten  Böcke  4.80  m.  Die  Nadeln  sind  hier  3,93  m  lang  und  haben  quadra- 
tischen Querschnitt  von  0.09  m  Seite. 


§  i.  Stauwerke.    A.  Wehre.  653 

Bei  der  Wasserkraftanlage  Tarbigo  ist  der  Naviglio  Grande  durch  ein  Nadelwehr 
geschlossen  (Taf.  V,  Fig.  1  und  Seite  367,  sowie  Abb.  178),  dessen  Gitterböcke  den- 
jenigen des  Padernowehrs  nachgebildet  sind.  Ursprünglich  wollte  man  den  Naviglio 
Grande  durch  einen  Damm  abschliessen,  am  ihn  aber  bei  etwaigen  grösseren  Reparaturen 
am  Kanaleinlanf  rar  die  Wasserabführung  benatzen  za  können,  hat  man  ein  Nadelwehr 
schliesslich  vorgezogen. 

Ein  Niederlegen  der  Böcke  kommt  hier  nur  ausnahmsweise  in  Frage.  Da  man 
entgegen  der  ursprünglichen  Absiebt  auf  die  vordere  Fläche  des  Nadelwehres  Decken 
ans  geölter  Leinwand  noch  nicht  gelegt  hat,  sind  die  Waaaerverluste  am  Nadelwehr 
ziemlich  erheblich. 

Abb.  178.    Nadelwehr  im  Naviglio  Grande  der  WaaaeikrafUnUge  Torbigo. 


Wegen  der  vielfachen  Verbesserungen  der  Konstruktionseinzelheiten ,  welche  die 
Nadelwehre  im  Laufe  der  Zeit  erfahren  haben,  moss  auf  die  Spezialliteratur  verwiesen 
werden  "). 

e)  Die  Klappenwehre.  Eine  mannigfache  Ausbildung  haben  die  Klappenwehre  ge- 
funden und  zwar  besonders  in  kanalisierten  Flüssen.  Kleinere  sehr  einfache  Klappen- 
wehre sind  bei  der  Anlage  Berganiasca  (Taf.  VIII,  Fig.  4  and  S.  362)  and  Kanderwerk 
(Taf.  XXVI,  Fig.  2  und  7  und  S.  436)  dargestellt  und  beschrieben. 

Da  Klappenwehre  bei  Wasserkraftanlagen  bisher  nur  selten  Verwendung  gefanden 
haben,  kann  auf  ihre  Beschreibung  hier  verzichtet  werden.  Es  seien  an  dieser  Stelle 
von  den  Klappenwehren  nur  erwähnt:      * 

1»)  Lagren«,  Navigation  interienro.  S.  Bd.  1882  und  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  lag.  1882. 
Hans,  La  Canalieation  de  la  Heoae  en  Belgiqoe.  Bronnes  1880.  Handb.  d.  Ing.-Win«nBch. 
1892.  Bd.  UI.  S.  298  n.  299. 

P.  Qnillemain,  Navigation  inteneora.  Rivierei  et  Canaux.  Paria  1885. 
Minard,  Coura  de  «Instruction.  Paria  1841. 


654         HL    Thbodor  Kobhk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Diejenigen  nach  N.  Thenard18),  Chanoine14),  Lagrene15),  Krantz1*),  Pas- 
quean17), Frassi18),  Girard19),  Josiah  White"),  Carro"),  Doell")  u.  a. 

Eine  besondere  Art  der  Klappenwehre  stellen  die  sogen.  Trommelwehre  dar.  Das 
System  ist  von  Desfontaines  erfanden  und  von  diesem  zur  Erhöhung  der  massiven 
Überfaliwehre  der  kanalisierten  Marne  zwischen  Paris  und  dem  Rhein-Marnekanal  1860 
angewendet  worden.  Wesentliche  Verbesserungen  an  dem  Wehre  hat  Mohr  vorgeschlagen 
und  nach  seinen  Projekten  sind  je  eine  Wehranlage  in  der  Küddow  und  später  in  der 
Spree  bei  Charlottenburg  zur  Ausführung  gebracht83).  Das  Trommelwehr  in  der  Spree 
bei  Charlottenburg  dient  zum  Abschluss  eines  Flöss-  und  Schiffsdurchlasses  von  10,0  m 
lichter  Weite.  Die  Höhe  der  oberen  Klappe  beträgt  2,960  m.  Der  höchste  Wasser- 
druck etwa  2,5  m. 

Klappen-  und  Trommelwehre  kommen  überhaupt  nur  für  Stauhöhen  bis  zu  höchstens 
3,50  m  in  Betracht.  Sie  haben  alle  den  Vorzug,  dass  sie  schnell  und  einige  Arten  noch  den, 
dass  sie  selbsttätig  niedergelegt  werden  können.  Die  Trommelwehre  haben  sich  als  voll- 
kommen betriebssicher  erwiesen  und  sind  auch  verhältnismässig  dicht.  Bei  den  übrigen 
Klappenwehren  kann  man  nicht  sicher  sein,  dass  sie  unter  allen  Umständen  funktionieren, 


is)Then»rd  konstruierte  zuerst  1829  auf  dem  Isle-Fluss  ein  grösseres  Klappen  wehr  (J.  Schlich- 
ting,  Handbuch  der  Ing.-Wissenschaften.  Wasserbau.  Bd.  III.  1892.  S.  303). 

n)  Chanoine  konstruierte  1850  nach  dem  Vorbilde  des  Thenard sehen  Wehres  ein  zum  Ab- 
schluss eines  SchUfdurchlasses  dienendes  Klappen  wehr  von  2,15  m  Klappenhöhe  in  der  Seine  bei  Cour- 
beton (Handb.  d.  Ing.-Wissensch.  1892.  Bd.  III.  8.  304).    t 

i*)  Lagren 6,  Navigation  inteneure.  3.  Bd.  1873. 

16)  Krantz  erbaute  unter  anderen  ein  nach  ibm  genanntes  Klappen  wehr  bei  Dinant,  Belgien, 
in  der  Maas  (Bandb.  der  Ing.-Wissenschaften.  Wasserbau.  Bd.  III.  1892.  8.  305). 

17)  Pasquean  erbaute  im  Jahre  1879  in  der  Saöne  bei  Mulatiere  am  Zusammenfluss  mit  der 
Rhone  ein  Klappenwehr  von  103,60  m  lichter  Weite.  Die  Klappen  sind  je  1,40  m  breit  und  4,36  m 
hoch,  der  Stau  betragt  bis  su  3,50  m. 

Pasquean,  Barrage  de  la  Mulatiere.  Lyon  1879.  Application  du  Systeme  Pasquean  aux 
barrages  de  l'Ohio  et  de  la  Kanavha.  Bordeaux  1885. 

**)  Der  italienische  Ingenieur  Frassi  erbaute  Anfang  der  achtziger  Jahre  des  vorigen  Jahr- 
hunderts im  Lambro  bei  Limate,  Provinz  Pavia  ein  Klappenwehr  aus  hölzernen  je  3,0  m  langen  uad 
0,6  m  hohen  Klappen  mit  vertikalen  Drehachsen.  Jedes  Tor  hat  seinen  Drehpunkt  nahezu  am  Ende 
seiner  Lange  und  die  einzelnen  Tafeln  übergreifen  sich  jalousieartig  in  der  Weise,  dass  sich  der  längere 
Teil  der  einen  Tafel  auf  den  kürzeren  der  nächst  folgenden  stützt  (Wochenblatt  für  Arch.  und  lag* 
1883.  S.  109.  Bewegliches  Stauwehr  des  Ingenieurs  Frassi). 

19)  Girard  brachte,  um  Klappen  von  4,0  m  Breite  und  3,50  m  Höhe  (8,20  in  der  Lotrechten 
gemessen)  aufzurichten  und  niederzulegen,  hydraulische  Pressen  in  Vorschlag  und  hat  auch  probeweise 
eine  derartige  Anlage  ausgeführt.  Nach  seinem  Projekt  ist  ein  Wehr  bei  Auxerre  mit  7  Klappen  ausge» 
führt,  welche  aber  nur  3,52  m  breit  und  1,97  m  hoch  sind  (S.  310.  Wasserbau.  Handbuch  <L  Ing.-WnstS' 
schaften  1892  und  Ann.  des  ponts  et  chaussees  1875). 

*o)  Josiah  White  baute  im  Jahre  1818  in  Lehigh  Flusse  in  Pensylvanien  ein  Klappenwehr 
mit  doppelten  Klappen,  welche  durch  den  Wasserdruck  selber  aufgerichtet  werden,  indem  das  Ober- 
wasser unter  die  zwischen  zwei  festen  gemauerten  Wanden  befindlichen  Klappen  geführt  wird. 

*i)  Garro  hat  später  wesentliche  Verbesserungen  des  letzteren  Wehres  vorgeschlagen,  wonach 
es  möglich  sein  soll,  Wehrklappen  von  30,0  m  Breite  herzustellen  (Ann.  industrielles  1888.  S.  80,  Zentral- 
blatt  der  Bauverwaltungen  1888.   S.  230  und  Handbuch  der  Ing.-Wissenschaften  1892.   Bd.  III.  S.  31 H 

**)  Doell  konstruierte  ein  selbsttätiges  Klappenwehr  mit  sogenannter  Schmetterlingaklap»«- 
Die  Klappe  ist  an  einer  wagerechten  Achse  drehbar  und  wird  durch  ein  an  einem  Hebel  befindlich* 
Gewicht  geschlossen  gehalten.  Erreicht  der  Wasserdruck  eine  gewisse  Höhe,  so  öffnet  sich  die  Klapp* 
und  fallt  in  ihre  Schiusalage  zurück,  sobald  der  höhere  Wasserdruck  aufhört  (Sympher,  Doell' 
selbsttätiges  Stauwehr.  Zentralblatt  der  Bauverwaltungen  1887.  S.  452). 

*3)  Mohr,  Wehranlage  in  der  Küddow.  Berlin  1882  (Zentralblatt  der  Bauverwaltungen  1882. 
S.  846  und  Mohr,  Die  Stauanlage  in  der  Spree  bei  Charlottenburg.  Zeitschr.  f.  Bauw.  1886.  8.337). 


1  §.  Stauwerke.    A.  Wehre.  655 

namentlich  nicht  in  sehr  stark  kiesführenden  Flüssen.  Die  Dichtigkeit  der  Klappen- 
wehre, abgesehen  von  den  Trommelwehren,  ist  bei  weitem  nicht  so  gut  als  diejenige 
sorgfältig  ausgeführter  Schützenwehre.  Die  Bedienung  der  nicht  selbstwirkenden  Klappen- 
wehre verlangt  meistens  mehr  Personal  als  diejenige  der  Schützenwehre,  und  die  Be- 
dienung der  selbsttätigen  Klappenwehre  und  der  Trommelwehre  wird  schliesslich  nicht 
billiger  als  diejenige  der  Schützenwehre.  Die  Anlagekosten  bei  Klappenwehren,  abgesehen 
von  ganz  einfachen  Klappenanlagen  wie  sie  auf  S.  653  erwähnt  wurden,  sind  meistens 
mindestens  eben  so  hoch  als  diejenigen  von  Schützenwehren.  Wenn  es  sich  um  schnelle 
Öffnung  von  grossen  Schützenöffnungen  handelt,  kann  man,  wie  gesagt,  heute  mit  Hilfe 
von  Elektromotoren  jede  praktisch  erforderliche  Schnelligkeit  erzielen. 

Im  §  3,  Schützen ,  werden  noch  einige  Verschlüsse  besprochen ,  welche  auf  Wehre 
übertragen  werden  können. 

8.  Die  Grundablässe  oder  Kiesfreiläufe.  Da  der  Grundablass  bei  Kraftanlagen 
in  erster  Linie  dazu  bestimmt  ist,  die  sich  vor  dem  Wehre  bildenden  Ablagerungen  ins 
Unterwasser  zu  spülen  und  den  Einlauf  zum  Werkkanal  frei  zu  halten,  so  liegt  er  am 
besten  unmittelbar  am  Uferpfeiler  derjenigen  Flusseite,  auf  welcher 
der  Einlauf  zum  Werkkanal  liegt. 

Die  Sohlenhöhe  des  Grundablasses  richtet  sich  nach  der  Höhe 
der  Schwelle  desEinlaufes  undsollte  überall  mindestens  0,50  m  undbei 
Flüssen  mit  grosser  Geschiebeführung  besser  1,0  bis  1,5  m  unter  der 
letzteren  liegen  (vergl.  Kap.  HI,  §  2,  Werkkanäle,  der  Einlauf).  Um  die  Spülwirkung 
zu  erhöhen,  wird  man  die  Flussohle  aufwärts  im  Zuge  des  Grundablasses  bis  über  das 
Ende  des  Einlaufes  hinaus  befestigen  und  möglichst  glatt  herstellen.  Ferner  sollte  man 
der  so  befestigten  Spülrinne  noch  eine  Längsneigung  von  etwa  1 :  40  bis  1 :  20  nach  der 
Grundablasschütze  hin  geben. 

Als  Beispiele  seien  angeführt  die  Anlagen: 

1.  Fungtaera,  Taf.  X,  Fig.  1.  5.  Avignonnet,  Taf.  XXXVII,  Fig.  1. 

2.  Pont  St  Martin,  Taf.  XIII,  Fig.  1.  6.  Livet,  Taf.  XLI,  Fig.  4. 

3.  Morbegno,  Taf.  XVI,  Fig.  2.  7.  Füre  et  Morge,  Taf.  XLII,  Fig.  7. 

4.  Kanderwerk,  Taf.  XXVI,  Fig.  1  n.  2.  8.  Ontario  Power  Co.,  Taf.  XLIV,  Fig.  2. 

Eine  Anordnung  des  Grundablasses  wie  bei  der  Anlage  Les  Clees-Yverdon  (Taf. 
XIX,  Fig.  1)  muss  man  als  verfehlt  bezeichnen,  weil  durch  denselben  ein  direkter  Ein- 
fluss  auf  die  Reinhaltung  der  Flussohle  vor  dem  Einlaufe  nicht  erzielt  werden  kann. 

Der  Abfallboden  eines  Grundablasses  wird  im  Gegensatz  zu  dem  Abfallboden  hinter 
dem  Überfall  wehr  glatt  zu  machen  sein,  damit  der  Kies  und  Sand  möglichst  weit  bis 
in  die  Stromrinne  des  Flusslaufes  geführt  wird.  Je  nach  der  Starke  des  Geschiebekornes, 
welches  in  dem  betreffenden  Flusse  vorkommt,  sind  die  zur  Fortspülung  des  Geschiebes 
erforderlichen  Geschwindigkeiten  auf  dem  Abfallboden  verschieden  grosse  (vergl.  die  An- 
gaben in  §  2  dieses  Kapitels).  Bei  Geschwindigkeiten  von  3,0  bis  3,50  m  auf  der  Sohle 
wird  jede  Art  von  Geschiebe  noch  mit  genügender  Wucht  ins  Unterwasser  gespült.  Die 
Länge  des  befestigten  Abfallbodens  hinter  der  Schützenöffnung  eines  Grundablasses  richtet 
sich  nach  der  Wassergeschwindigkeit,  welche,  höchstens  in  dem  Spülstrome  herrschen 

kann,  und  die  Befestigung  kann  dort  aufhören,  wo  die  Geschwindigkeit  v  =  ,v  auf  ein 

Mass  gesunken  ist,  welches  der  natürlichen  Flussohle  nicht  mehr  gefährlich  wird. 

Liegt  die  Flussohle  unterhalb  des  Wehres  erheblich  tiefer  als  der  Fachbaum  des 
Grundablasses  und  handelt  es  sich  in  demjenigen  ungünstigsten  Falle,  welcher  für  die 


656         III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Betrachtung  zugrunde  zu  legen  ist,  um  eine  grosse  Wasserspiegeldifferenz  zwischen  Ober- 
und  Unterwasser,  so  empfiehlt  es  sich,  den  Abfallboden  in  einer  oder  mehreren  Stufen  ab- 
fallen zu  lassen  und  die  oberen  Stufen,  in  denen  die  Geschwindigkeit  an  der  Sohle  sich 
ohnehin  stark  genug  entwickeln  wird,  um  die  Geschiebe  und  Sinkstoffe  abzufahren, 
wagerecht  zu  machen.  Der  untersten  Strecke  des  Abfallbodens  gibt  man  dann  wohl 
eine  Neigung,  mit  welcher  sie  in  die  natürliche  Sohlenhöhe  des  Flusses  selbst  übergeht 
Sonst  könnte  unter  Umstanden,  wenn  an  der  gedachten  Stelle  der  benetzte  Querschnitt 
infolge  der  grösseren  Wassertiefe  und  Profilbreite  zu  stark  anwächst,  die  Wasser- 
geschwindigkeit des  Spülstroms  nicht  mehr  ausreichen,  um  die  Geschiebemengen  zu  be- 
wegen und  es  könnte  Versandung  eintreten. 

Bei  der  Anlage  Avignonnet  (Taf.  XXXVII,  Fig.  2  und  3  und  Seite  501)  wurde  der 
mit  Ufermauern  kanalförmig  ausgebildete  Abfallboden  trotz  des  grossen  Wasserdruckes 
am  Grundablass  (7,0  m)  und  der  tiefen  Lage  der  Flussohle  unter  der  Schwelle  des  Grund- 
ablasses nicht  stufenförmig,  sondern  mit  einer  starken  Längsneigung  in  die  Flussohle 
übergeführt,  weil  die  Sohle  und  das  Ufer  aus  Felsen  bestanden,  also  an  sich  schon  sehr 
widerstandsfähig  waren  und  durch  eine  Betonlage  und  Pflasterung  ohne  grosse  Kosten  noch 
befestigt  werden  konnten.  Die  gewählte  Ausführung  erschien  unter  den  obwaltenden 
Umständen  als  die  einfachste  und  billigste. 

Bei  der  Anlage  Füre  et  Morge  (Taf.  XLII,  Fig.  1  und  Abb.  120,  S.  534)  konnte 
der  mit  eichenen  Bohlen  auf  einem  starken  Betonfundament  befestigte  Abfallboden 
des  Grundablasses  verhältnismässig  kurz  sein,  weil  das  durch  den  Grundablass  hin- 
durchströmende Wasser  alsbald  in  das  breite  Flussprofil   eintritt  und  deshalb  F  bald 

verhältnismässig  gross  und  v  =  ^  verhältnismässig  klein  werden  muss.  Dazu  kommt,  dass 

die  Flussohle  aus  grobem  Kies  und  Steinen  besteht  und  durch  Betonblöcke  noch 
künstlich  rauh  und  widerstandsfähig  gemacht  ist,  und  ferner,  dass  sowohl  die  Sohle  des 
Grundablasses  als  auch  die  Pfeiler  auf  einem  mächtigen  mit  Pressluft  10,0  m  tief  in 
die  Flussohle  hineingesenkten  Caisson  stehen,  sodass  also  selbst,  wenn  Auskolkungen  vor- 
kommen sollten,  dieselben  ungefährlich  sein  würden. 

Mit  Rücksicht  auf  die  ausschleifende  Wirkung  des  Kieses  und  Sandes  wird  der 
Abfallboden  von  Grundablässen  entweder  durch  eine  Lage  aus  fettem  Beton  oder  durch 
Pflasterung  aus  behauenen  Quadersteinen  oder  durch  einfachen  oder  doppelten  Bohlen- 
belag befestigt.  Der  Bohlenbelag  muss  sehr  sorgfältig  auf  dem  Betonfundament  fest- 
gemacht werden,  damit  er  durch  die  Strömung  nicht  aufgerissen  wird.  Jedenfalls  ist 
darauf  Bedacht  zu  nehmen,  dass  die  Sohlenbefestigung,  wenn  sie  im  Laufe  der  Zeit 
durch  das  Geschiebe  zersplittert  oder  verschlissen  sein  sollte,  möglichst  leicht  und 
schnell  repariert  werden  kann. 

Damit  der  Fachbaum  oder  die  eiserne  oder  steinerne  Schwelle  der  Schützentafeln 
eines  Grundablasses  beim  Schliessen  durch  das  strömende  Wasser  frei  von  Sand  und  Kies 
gehalten  wird,  legt  man  dieselben  etwas  höher  (0,10  bis  0,15  m)  als  den  Vorboden  und 
lässt  den  letzteren  etwa  mit  1 : 3  bis  1 : 6  zu  der  Schwelle  ansteigen,  derart  aber,  dass 
scharfe  Absätze  vermieden  werden. 

Die  lichte  Weite  des  Grundablasses  wird  nach  den  Formeln  8,  8a,  9,  9a,  11. 
12  oder  13  (vergl.  S.  623  u.  629),  je  nach  den  obwaltenden  Verhältnissen,  berechnet.  Die 
sekl.  Wassermenge  Qlf  welche  durch  den  Grundablass  unter  den  ungünstigsten  Umständen 
hindurchfliessen  soll,  muss  unter  Berücksichtigung  der  Länge  und  Höhe  des  festen 
Wehres,  der  Art  und  Grösse  der  übrigen  Durchflussöffnungen  durch  Probieren  gefunden 


§  1.  Stauwerke.    A.  Wehre.  667 

werden,  indem  man  verschiedene  Lösungen  durchrechnet  und  diejenige  auswählt,  welche 
die  meisten  Vorteile  in  sich  vereinigt. 

9.  Flossgassen  und  Eisschütxen.  Die  Flossgasse  legt  man,  wenn  die  Interessen 
der  Kraftgewinnung  in  erster  Linie  massgebend  sein  können,  am  besten  auf  das  dem 
Einlauf  gegenüberliegende  Ufer,  vorausgesetzt,  dass  man  bei  allen  Wasserständen,  bei 
denen  die  Flösserei  stattfinden  soll,  an  der  genannten  Seite  überall  die  nötige  Wasser- 
tiefe auf-  und  abwärts  des  Wehres  findet.  Die  genannte  Lage  hat  den  Vorzug,  dass 
bei  Öffnung  der  Flossgasse  die  Absenkung  des  Wasserspiegels  nicht  nachteilig  auf  den 
Eintritt  des  Wassers  in  den  Werkkanal  einwirken  kann,  und  verbindet  damit  den 
weiteren  Vorteil,  dass  man  die  Flösse  vom  Ufer  aus  leiten  kann.  Als  Beispiel  sei  auf 
die  Anlage  Wangen  verwiesen  (Taf.  XXII,  Fig.  2). 

Legt  man  aus  anderen  Gründen  die  Flossgasse  mehr  nach  der  Flussmitte  zu, 
wie  z.  B.  bei  der  Anlage  Rheinfelden  (Taf.  XLVII,  Fig.  2  und  3).  so  muss  man  aufwärts 
der  Flossgasse  längere  Leitwerke  aus  Pfählen  oder  Ducdalben  mit  schwimmenden  Leit- 
hölzern oder  Leitflössen  anordnen,  damit  die  Flösse  nicht  abtreiben,  sondern  sicher  in 
die  Flossgasse  hineingelangen  können. 

Bei  den  Anlagen  Hagneck  (Taf.  XXXII,  Fig.  2  und  Lechwerk,  Taf.  XLV,  Fig.  1) 
hat  man  die  Flossgasse  an  den  Uferpfeiler  derjenigen  Seite  gelegt,  auf  welcher  der  Ein- 
lauf liegt  und  den  Grundablass  nach  der  Flussmitte  zu  neben  die  Floss- 
gasse. Diese  Anordnung  hatte  für  Hagneck  insofern  keine  nachteiligen  Folgen,  als  die 
Schwelle  des  Einlaufs  zum  Werkkanal  erheblich  höher  als  die  Sohle  des  Grundablasses 
liegt,  sodass  die  ausreichende  Abführung  der  Ablagerungen  trotz  der  Verschiebung 
des  Grundablasses  nach  der  Flussmitte  gesichert  war.  Massgebend  für  die  gewählte 
Lage  der  Flossgasse  war  hier  wohl  der  Gesichtspunkt,  d&ss  die  Flösse  im  Unterwasser 
auf  dem  rechten  Ufer  das  beste  Fahrwasser  zum  Einlauf  in  den  Bieler  See  finden. 
Ferner  war  es  vorzuziehen,  die  Eisschütze  in  der  niedrigen  Schütze  der  Flossgasse  an- 
zulegen, weil  der  Einschnitt  der  Eisschütze  die  Stabilität  der  Schützentafel  immerhin 
erheblich  beeinflusst  und  dieser  Umstand  bei  den  hohen  Schützen  des  Grundablasses 
nachteiliger  ins  Gewicht  gefallen  wäre.  Die  Eisschütze  selbst  liegt  ausserdem  bei  Hagneck 
für  die  Freihaltung  des  Einlaufs  von  Stückeis  besser  in  der  Nähe  des  Ufers. 

Bei  der  Anlage  Lechwerk  Gersthofen  lässt  die  Spülwirkung  des  Grundablasses 
vor  dem  Einlauf  wegen  seiner  nach  der  Flussmitte  verrückten  Lage  zu  wünschen  übrig. 
Man  wählte  wohl  auch  hier  die  beschriebene  Lage  der  Flossgasse  mit  Rücksicht  auf  die 
leichtere  Bedienung  der  Flösse.  Wenn  die  Flossgasse  an  die  Stelle  des  jetzigen  Grund- 
ablasses gelegt  worden  wäre,  so  hätte  man  durch  eine  Pfahlreihe  mit  einer  leichten 
Bedienungsbrücke  vom  Ufer  nach  der  Flossgasse  die  gute  Führung  der  Flösse  gleichfalls 
erreichen  und  den  Grundablass  ans  Ufer  legen  können  und  hätte  damit  eine  bessere 
Spülung  vor  dem  Einlauf  erzielt.  Die  Baukosten  dürften  angenähert  dieselben  ge- 
blieben sein. 

Die  Flossgassen  erhalten  je  nach  der  Breite  der  bei  dem  Flusse  vorkommenden 
Flösse  Breiten  von  3,5  bis  20,0  m.  Die  lichte  Breite  der  Flossgasse  beträgt  bei  Wangen 
7,5  m,  bei  Hagneck  12,30  m,  beim  Lechwerk  12,50  m,  bei  Rheinfelden  20,0  m. 

Die  Höhe  des  Fachbaums  der  Flossgasse  richtet  sich  nach  dem  niedrigsten 
Wasserspiegel  im  Oberwasser,  bei  welchem  noch  Flösserei  stattfinden  soll.  Für  die 
Durchfuhrung  der  Flösse  genügt  eine  Wassertiefe  von  0,50  m  (Taf.  LI,  Fig.  2,  Floss- 
gasse der  Anlage  Gersthofen). 

Handbuch  der  Ing.-WiuenKh.    III.  Teil.    13.  Bd.  42 


658  III.     Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräfte«.     Eewkrj^dkiteh. 

Der  Abfall  bodon  der  Flossgasse  muss  glatt  sein,  kann  aber  Stufen  von  0,90  m 
Höhe  enthalten,  da  dieselben  ohne  Schwierigkeit  von  den  Flössen  überwanden  werden. 
Die  Neigung  des  Abfallbodens  der  Flossgasse  bei  dem  Lechwerk  ist  anf  der  ersten 
30,0  m  langen  Stnfe  ca.  1 :  17,  anf  der  zweiten  15,60  m  langen  Stufe  1 :  44,  dazwischen 
liegt  eine  Stufe  von  0,80  m  Höhe.  Bei  Wangen  ist  die  Neigung  etwa  1 :  18.  Es  schwanken 
die  Gefälle  zwischen  1 :  10  und  1  :  100.  Man  wählt  aber  in  der  Regel  die  steileren  Ge- 
fälle, um  die  Baukosten  zu  verringern.  Meistens  wird  der  Boden  der  Flossgasse  aus 
Holz  gebildet.     Da  der  Abfallboden  der  Flossgasse  meist   höher   liegt   als  derjenige  des 

Abb.  179.     Flougaaas  dar  Wasserkraft- Anlags  Wangen  im  Bau. 


daneben  liegenden  Grundablasses  oder  Überfallwehres,  so  muss  die  Flossgasse  durch 
beiderseitige  Hauern  eingefasst  werden  und  zwar  bis  zu  der  Stelle,  wo  der  Unterwasser- 
Spiegel  in  der  Flossgasse  bei  geschlossener  Schütze  und  bei  den  für  Flösserei  in  Frage 
kommenden  Wasserständen  mindestens  0,60  m  betragt.  Die  Länge  des  befestigten  Abfall- 
bodens  der  Flossgasse  ergibt  sich  ans  denselben  Überlegungen.  Die  baulichen  Anord- 
nungen einer  Flossgasse  gehen  ans  Taf.  LI,  Fig.  3  (Flossgasse  Lechwerk)  and  aus  Abb.  179 
(Flossgasse  Wangen)  am  besten  hervor. 

Findet  das  Flössen  nur  bei  Wasserständen  statt,  bei  welchen  die  Wasserspiegel- 
differenz zwischen  Ober-  und  Unterwasser  nicht  grösser  ist  als  2,5  bis  3,0  m,  so  kann 
man  bei  Schützenwebren  mit  genügender  Wassertiefe  im  Unterwasser  anter  Umstanden 
die  Flossgasse  entbehren  und  die  Flösserei  durch  den  Grondablass  oder  eine  genügend 
breite  andere  Wehröffnung  stattfinden  lassen,  da  die  Flösse  ohne  Schwierigkeit  den 
Sprung  überwinden  (Anlage  Bernau,  Taf.  XXV,  Fig.  1  und  2). 


§  1.  Stauwerke.    A.  Wehre.  659 

Wegen  der  Vorrichtung  an  Wehred  und  Einlaufen  für  Wildflösserei  (Flösserei  mit 
ungebundenem  Holz)  wird  es  genügen,  auf  die  Anlagen  Hafslund  (Seite  481)  u.  Kykkels- 
rud  (Taf.  XXXIV,  Fig.  2  und  Seite  487)  zu  verweisen. 

Führt  der  FIuss  Stückeis  und  ist  ein  Überfallwehr  nicht  vorhanden,  über  welches 
das  Eis  von  dem  Strom  selbsttätig  hinweggetrieben  wird,  oder  tritt  der  Eisgang  in  den 
Zeiten  ein,  wo  der  Wasserzufluss  knapp  ist  —  wie  bei  den  meisten  Gebirgsflüssen  — 
und  deshalb  der  Stauspiegel  die  Wehrkrone  mitunter  nicht  erreicht,  so  legt  man  ent- 
weder in  der  Flosschütze  (Anlage  Hagneck,  Seite  474)  oder  in  der  Grundablasschütze 
oder  in  dem  Überfallwehre  selbst  eine  Eisschütze  an,  um  das  Eis  ins  Unter- 
wasser abzuführen.  Bei  der  Wahl  der  örtlichen  Lage  der  Eisschütze  ist  der  Haupt- 
gesichtspunkt, dass  das  treibende  Eis  vom  Biulauf  möglichst  selbsttätig  durch  den 
Spülstrom  entfernt  wird.  Bei  Überfallwehren  in  Flüssen  mit  stärkerer  Eisführung 
empfiehlt  es  sich  wohl,  vom  oberen  Ende  des  Einlaufe  ochräg  herüber  zum  nächsten 
Pfeiler  des  Überfallwehres  einen  schwimmenden  Eisabweiser  aus  Holz  anzuordnen. 
Derselbe  muss  aber  mindestens  0,50  m  eintauchen,  weil  sonst  das  Eis  untertauchend 
dennoch  vor  den  Einlauf  gelangen  und  sich  dort  festsetzen  kann. 

10,  Flachpässe.  Einige  Fischarten,  wie  z.  B.  Lachse  und  Forellen,  gehen  zur 
Laichzeit  aus  den  unteren  Strecken  der  Flüsse  in  die  oberen  bis  zu  den  Quellenbächen, 
um  dort  an  geschützten  Stellen  zu  laichen.  Nach  der  Laichzeit  kehren  die  Fische  dann 
regelmässig  zu  den  unteren  Strecken  zurück  und  die  junge  Brut  folgt  später  nach. 

Obwohl  grössere  Fische  Hindernisse  von  1,0  bis  1,5  m,  ja  selbst  solche  von 
2,0  m  Höhe  springend  überwinden  können,  wenn  sie  unterhalb  genügende  Wassertiefe 
vorfinden,  so  sorgt  man  doch  mittelst  Fischpässen  für  einen  möglichst  kontinuierlichen 
FIuss,  um  das  Aufsteigen  zu  erleichtern.  Die  Fischpässe  werden  entweder  als  kleine 
Stufenwehre  ausgebildet,  durch  welche  die  Wasserspiegeldifferenz  zwischen  Ober-  und 
Unterwasser  allmählich  überwunden  wird,  oder  wie  bei  den  Ergänzungsanlagen  am  Wehre 
der  Anlage  Rheinfelden  (Seite  578)  nach  dem  sogenannten  Wildbach-System. 

Die  einzelnen  Stufen  haben  bei  der  erstgenannten  Art  der  Fischpässe  meistens 
eine  Länge  von  1,30  bis  1,75  m  und  eine  Höhendifferenz  von  15  bis  30  cm  (S.  557 
Abb.  132  und  Taf.  LI,  Fig.  1,  Anlage  Lechwerk).  Die  lichte  Breite  eines  Fischpasses 
beträgt  gewöhnlich,  je  nach  der  Grösse  der  Fische,  denen  der  Pass  dienen  soll,  1,20  bis 
1,50  m.  Die  einzelnen  Stufen  sind  durch  kleine  Quermauern  getrennt,  in  welchen  ab- 
wechselnd auf  der  einen  und  dann  auf  der  anderen  Seite  sich  die  Durchflussöffnungen  des 
Wassers  befinden  (Taf.  XIX,  Fig.  1,  Anlage  Les  Clees).  Die  Sohle  der  Durchflussöffnungen 
liegt  10  bis  25  cm,  je  nach  der  Grösse  der  vorkommenden  Fische  über  der  Sohle  der 
betreffenden  Stufe,  sodass  immer  die  dieser  Höhendifferenz  entsprechende  Wassertiefe  in 
den  einzelnen  Stufen  vorhanden  ist.  Das  Wasser  fliesst  also  in  der  Fischtreppe  im 
Zickzack  hin  und  her  und  die  Fische  überwinden  die  einzelnen  Stufen  durch  Sprünge. 
Man  benutzt  zur  Anlage  der  Fischtreppen  entweder  die  Ufermauern  oder  die  Mauern 
der  Flossgasse  oder  der  Grundablässe.  Um  die  kleinen  Fische  gegen  grössere  Raubfische 
zu  schützen,  werden  häufig  in  den  Seitenwänden  der  Fischpässe  Schlupflöcher  von 
0,20/0,20  Seitenlange  angelegt  (Anlage  Wangen,  Seite  425). 

Die  Fischpässe  können  oben  offen  oder  bedeckt  sein  (Anlage  Wangen,  Seite  425, 
Hagneck,  Seite  474  und  Rheinfelden,  Seite  579).  Wenn  die  Fischpässe  so  nahe  am 
Ufer  liegen,  dass  sie  vom  Ufer  aus  von  Unbefugten  leicht  erreicht  werden  können,  so 
ist  es  zu  empfehlen,  sie  entweder  bedeckt  anzulegen  oder  durch  eine  hohe  Mauer  am 

42* 


660  HL     Theodob  Komme.     Ausbau  voir  Wasbkkxräften.     Einzelheiten. 

Ufer  Raabfifcherei  zn  verhindern.  Mao  kann  die  Fischpässe  entweder  massiv  in  Zement 
und  Stein  oder  in  Holz  herstellen.  Der  Zutritt  des  Wassers  zum  Fischpass  vom  Ober- 
wasser ans  ist  meistens  offen,  sodass  selbsttätig  stets  Wasser  hindnrchfliesst.  Man  kann 
aber  auch  die  Öffnung  dnrch  eine  Schätze  regulierbar  machen,  wenn  es  auf  Wasser- 
ersparnis  ankommt.  Die  Sohle  der  oberen  Eiogangsöffnung  pflegt  man  0,30  bis  0,60 
unter  dem  niedrigsten  Wasserspiegel  im  Oberwasser  zu  legen. 

11.  Die  statische  Berechnung  der  Wehre.  Der  Wasserdruck  ist  immer  lotrecht 
zur  gedrückten  Fläche  gerichtet  Er  gebt  also  bei  lotrechten  Flächen  in  einen  wage- 
rechten Druck  und  bei  wagerechten  Flächen  in  einen  lotrechten  Druck  über. 

a)  Die  Berechnung  eines  Grieastinders  (Abb.  180).  Es  mögen  bedeuten 
AB  =  *  Stützlänge  des  Ständers, 

y  Gewicht  von  1  cbm  Wasser, 

b  Abstand  von  Mitte  zu  Mitte  der  beiderseitigen  Schützentafeln, 
dann  ist,    wenn  alle  Abmessungen  in  Metern   ausgedruckt  werden   und   im   übrigen  die 
Buchstaben  die  Bedeutung  haben,   welche   sich   aus   der   Abb.  180  ergibt,   der  Gesamt- 
wasserdruck auf  den  Ständer 
Abb.  180.  ,     | 

D=       2^<2a  +  1')  t40» 

und  sein  Moment  um  den  Stützpunkt  A 

a»  =  ,b[.h*-4'(.+!)]  («) 

S!  =  ^.[3a(a+h)  +  h>]  (42) 

Der  obere  Stützdruck: 

B  =  ^-^[3»{a  +  h)  +  -,J  (43) 

und  der  untere  Stützdruck  A  =  D  —  B.  {44) 

In  einer  beliebigen  Tiefe  x  von  dem  Oberwasserspiegel  ist  das  Biegungsmoment 
des  Ständers  für  x<k 

Uw  =  B.(m  +  x)-yb**.l  (46) 

Ist  $  derjenige  Wert  von  x,  für  welchen  das  Biegungsmoment  am  grössten  wird. 
dann  erhält   man    für  £    die  Bedingnngsgleichungen ,    indem  man       -=0  setzt,  also 

2  B  —  y  b  £  *  =  0  und  hieraus  in  Verbindung  mit  der  Gleichung  45  das  grösste  Biegungs- 
moment 

M.„=B(m  +  g;)  (46) 


wonni=|/2B 


Für  |  >  h  wird 


A"        (D— B)"  .       . 
M-"=2-bh=  27Eh •"""'«  (47> 

welche  Formel  aus  der  Momentengleichung  für  den  unteren  Teil  des  Ständers  und  zwar 
in  gleicher  Weise  wie  die  vorige  ans  derjenigen  des  oberen  Teils  erhalten  wird.  Es 
muss  ferner  sein :  Mmu  •  100  =  s .  W„,  wenn  s  die  zulässige  Beanspruchung  des  Materials 


§  1. 


Stauwerke.    A.  Wehre. 


661 


pro  qcm  (bei  Holz  60  kg,  bei  Eisen  700  bis  1000  kg)  und  Wm  das  Widerstandsmoment 
des  Griesständerquerschnitts  bedeuten. 

b)  Berechnung  eines  Wehrpfeilers.  Die  Länge  und  die  Breite  des  Pfeilers 
müssen  so  gross  sein,  dass  der  Wasserdruck  ihn  weder  umstürzen  noch  abscheren  kann. 
Ferner  dürfen  die  Kantenpressungen  die  zulässige  Beanspruchung  des  Materials  und 
des  Baugrundes  nicht  überschreiten. 

Für  das  Umstürzen  ist  das  Verhältnis  des  statischen  Moments  zum  Umsturz- 
moment massgebend,  und  wenn  man  in  dieser  Beziehung  eine  doppelte  Sicherheit  ver- 
langt, so  muss  das  statische  Moment  doppelt  so  gross  sein  als  das  Moment  aller  Kräfte, 
welche  auf  Kanten  wirken.  Bei  dieser  Untersuchung  lässt  man  meistens  die  Gewichte 
der  Vorköpfe  und  Hinterköpfe  des  Pfeilers  ausser  Betracht  und  ebenso  die  Kohäsion  in 
der  Mauerfuge. 

Es  mögen  bezeichnen  mit  Bezug  auf  Abb.  181  F  den  lotrechten  Pfeilerquerschnitt 
in  Richtung  der  Stromachse  über  AB  ohne  die  Pfeilerköpfe  in  qm, 
S  den  Schwerpunkt  der  Pfeilerfläche, 
Q  da3  ganze  Gewicht  des  Pfeilers  über  AB  in  kg  und  ux  =  u  -|-  e  seinen  Hebelarm 

in  m  um  die  Kante  A, 
OT  die  Länge  einer  schräggestellten  Schützentafel  in  m, 

W  die  Resultierende  aller  Wasserdrücke  auf  den  Pfeiler  in  kg  und  c  ihren  Hebelarm 
um  die  Kante  A  in  m, 
so  muss,  damit  der  Pfeiler  um  A  nicht  kantet,  bei  doppelter  Sicherheit  die  Gleichung  gelten : 

b  4W   c 

QUl  =  2  W .  c  (48),  und  da  im  Falle  von  Abb.  181  ux  =  ^,  so  wird  b  =  -~-    (49) 

Der  Druck  des  Wassers  auf  die  Schützen  bei  T  ist  auf  1,0  m  Tafelbreite  = 
b8 .  1000  kg.  Der  Druck  bei  O  ist  =  h .  1000  kg,  und  zwar  wirken  diese  Drücke  lotrecht 
zur  Schützenfläche.  Sie  würden  also  horizontal 
gerichtet  sein,  wenn  die  Schützen  lotrecht  stän- 
den. Der  von  den  Schützen  herrührende  Wasser- 
druck auf  den  Pfeiler  wird  durch  ein  Trapez 
OTUV  in  kg  dargestellt,  wenn  die  Wasser- 
drücke pro  lfm.  bei  T  und  O,  multipliziert  mit 
der  Summe  der  halben  Breiten  der  an  den 
Pfeiler  anschliessenden  Schützenöffnungen,  auf- 
getragen werden.  Ist  das  Gewicht  von  1  cbm 
Mauerwerk  yt  =  2500  kg  und  beträgt  die 
Pfeilerbreite  a,  so  ist:  Q  =  F  .  a  .  2500  kg. 
Jeder  qm  der  Fläche  F  entspricht  also  einem 
Gewicht  von  a .  2500  kg. 

Man  wird  nun  den  Wasserdruck  in  dem- 
selben Flächenmasstabe  darstellen.    Beträgt  die 
Summe  der  halben  Breiten  der  beiden  in  Rech- 
nung zu  ziehenden  Schützentafeln  l,  so  ist  der  Gesamtdruck  bei  T  =  h8  . 1 .  1000  kg  und  der 
Gesamtdruck  bei  O  =  h .  1 .  1000  kg.    Wenn  nun  das  Trapez  des  Wasserdrucks  denselben 


Abb.  181. 


i  j      "l/V\A 

Flächenmasstab  haben  soll  als  der  Pfeilerquerschnitt,  so  muss  UT  =    3  "    ',„     kg 


a.2500 


sein 


h  . I  .  1000 


und  VO=-f—  ^7vT~  ^8-    Allgemein  ausgedrückt  ist  also  bei  einem  Mauergewicht  yx 


662         in.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

von  2500  kg  die  Breite  des  Trapezes  des  Wasserdrucks  auf  die  Schütze  an  einer  beliebigen 
Stelle  z  =  0,4  b,.-. 

Der  Wasserdruck  in  kg  auf  den  Pfeiler  ist  ^.  1000.  a  =  GB.|.a.  2500,alsoGB 

=  0,4  h. 

Der  Wa8serdrnck  anf  die  Schütze  greift  im  Schwerpunkt  des  Trapezes  an  und  ist 
=  der  Flache  dieses  Trapezes  in  qm  multipliziert  mit  a .  2500  kg.  Der  Wasserdruck  auf 
den  Pfeiler  ist  =  der  Fläche  des  Druckdreiecks  fs  multipliziert  mit  demselben  Faktor 

und  greift  im  Schwerpunkt  dieses  Dreieckes,  also  bei  s  an-    Das  Gewicht  Q  des  Pfeilen 

greift  im  Schwerpunkt  des  Pfeilerquerschnittes  über  AB  an.  Der  Schwerpunkt  eines 
Trapezes  wird  bekanntlich  nach  Abb.  182  gefunden.  Man  kann  nun  mit  Hilfe  der 
Seil-  und  Kraftevielecke  die  Grosse  und  Richtung  der  resultierenden  Wasserkraft  W 
zeichnerisch  ermitteln  und  findet  so  den  Hebelarm  c  um  die  Kante  A.  Ebenso  findet 
man  die  Resultierende  R  aller  Krifte  nach  Grösse  und  Richtung  in  der  Fuge  A  B,  sowie 
den  Abstand  u  des  Schnittpunktes  der  Resultierenden  R  mit  der  Fuge  AB  von  A. 

Bei  der  Untersuchung  auf  Kanten  wird  mitunter 
Abb.  182.  noc|!  4je  Annahme  gemacht,  dass  sich  eine  Fuge  bilden 

/— *  '"_  "*     konnte,  in  welcher  der  Auftrieb  des  Oberwassers  zur 

Wirksamkeit  käme. 

Fecht  hat  bei  seinen  Untersuchungen  von  Sperr- 
mauern,4)  vorgeschlagen,  eine  den  Querschnitt  in  gleicher 
Stärke  durchschneidende  wagerechte  Fuge  anzunehmen, 
in  welcher  der  Wasserdruck  von  der  vollen  Druckhöhe  wasserseitig  bis  auf  0  luftseitig 
linear  abnimmt.    Die  Druckfigur  nach  Fecht  würde  also  ein  Dreieck  bilden  und  der 

gesamte  Auftrieb  für  die  Fuge  AB  würde  sein:  g. h.a. y.  Die  Gleichung  (48)  würde  lauten  : 

Q .  nx  =  2  W .  c  +  V«  bf  h .  a .  y. 

Intze  hat  bei  der  Talsperre  Marklissa  einen  dem  Gesamtwasserdruck  ent- 
sprechenden Auftrieb  angenommen,  welcher  sich  über  die  ganze  Fuge  gleichmassig  ver- 
teilt (Seite  596),  sodass  sich  der  Gesamtauftrieb  durch  ein  Rechteck  von  der  Lange  b 
und  der  Höhe  h .  1000  kg  darstellen  lässt.   Es  würde  bei  dieser  Annahme  die  Gleichung  (48) 

demnach  lauten: 

b* 

Q.u1  =  2W.c+|.a.h.y. 

Bei  der  Untersuchung  auf  Abscheren  wird  man  bei  Annahme  einer  wage- 
rechten Bruchfuge  meistens  von  der  Scherfestigkeit  des  Materials  ganz  absehen  und 
nur  die  Reibung  in  Betracht  ziehen.  Die  Reibung  in  der  Fuge  A  B  ist  =  der  Nonnal- 
komponenten  N  der  Resultierenden  R  multipliziert  mit  dem  Reibungsbeiwert  f  =  tgf. 
Letzteren  darf  man  für  Mauerwerk  höchstens  mit  0,75  annehmen.  Es  müsste  also  bei 
doppelter  Sicherheit  die  Gleichung  gelten  (Abb.  181): 

N.0,75^2H  odertg0<^  oder  0<rd.2O°  (50) 

wenn  H  die  Komponente  von  R  in  Richtung  der  untersuchten  Fuge  bedeutet.    Auch 
dieser  Betrachtung  wird  wohl  vorsichtshalber  die  untersuchte  Fuge  als  offen  und 


•«)  Zeitschr.  f.  Bsnw.  1889. 


§  1. 


Stauwerke.    A.  Wehre. 


668 


dem  Auftrieb  ausgesetzt  angenommen.     Will  man  diese  Annahme  machen,    so  würde 

nicht  N,  sondern  entweder  nach  Fecht  (N .  a.y).f^2H   oder   nach   Intze: 

(N  —  b .  a .  h  .  y) .  f  ^  2H  zu  setzen  sein. 

Es  sind  nun  noch  die  Kantenpressungen  zu  ermitteln,  um  festzustellen,  ob  das 
Material  an  keiner  Stelle  überlastet  wird.  Man  wird  annehmen  können,  dass  der  An- 
griffspunkt von  R  auf  der  Mittellinie  EF25)  der  als  Rechteck  lotrecht  zur  Bildfläche 
gedachten  Pfeilerfuge  AB  CD  (Abb.  183)  liegt.  Ist  der  Angriffspunkt  von  R  um 
e  vom  Mittelpunkt  des  Rechteckes  entfernt,  so  kann  man  die  Normalkomponente  N 
ersetzen  durch  eine  Einzelkraft  =  N,  welche  im  Mittelpunkt  M  angreift,  und  durch  das 
Kräftepaar  N,N  mit  dem  Hebelarm  e.  Die  im  Mittelpunkt  angreifend  gedachte  Kraft 
erzeugt  für  die  Quadrateinheit  des  Rechtecks  eine  gleichmässige  Druckspannung,  während 
das  Kräftepaar  eine  Biegungsspannung  erzeugt,  welche  an  der  Kante  A  in  einer  Druck- 
spannung von  der  Grösse  8  für  die  Quadrateinheit  und  an  der  Kante  B  in  einer  Zug- 
spannung von  derselben  Grösse  besteht.  Ist  J  das  Trägheits- 
moment des  Rechtecks  von  der  Länge  a  in  bezug  auf  die  durch  M 
gehende  zur  Kante  A  parallele  und  zur  Bildfläche  lotrechte  Achse, 

8  6 

so  ist  N .  e  =  ,,  ,     .  J  =  */•  a b*  .  s,  mithin  s  =  6  .  — r«  .  N. 

V*  b  a  b* 

Die  gesamte  Normalpressung  an  der  Kante  A  beträgt  dem- 
nach für  die  Quadrateinheit  nt  =  s  -| r  =  -— r  ( 1  +  -r- )    (51) 

und  an  der  Kante  B,   n8  =  —  s  -| r  =  — r  ( 1  —  -r-)         (52) 

Da  nun  die  Biegungsspannungen  von  der  Kante  A  nach 
der  Kante  B  gradlinig  abnehmen,  so  bildet  die  Darstellung  der 
Normalspannungen  ein  gerades  über  ABGD  stehendes  Prisma, 
dessen  Kanten  bei  A  und  D  die  Länge  nt  und  dessen  Kanten 
bei  B  und  C  dagegen  die  Länge  ns  haben.  Der  Inhalt  dieses  Pris- 
mas ist  x/t  (nt  -f-  n2) .  a .  b  =  N.     Die  Pressung  an  der  Kante  B 


wird  0,  wenn  1 


-  =  0,  mithin  wenn  e=  ~  wird:   d.  h.  wenn 
b  6 


Zugspannungen  nicht  auftreten  sollen,  muss  der  Angriffspunkt  der 
Resultierenden  R  um  7s  b  von  der  Kante  A  abstehen.  An  die  Stelle  der 
trapezförmigen  Schnittfläche  des  Druckprismas  tritt  in  diesem  Falle 
ein  rechtwinkeliges  Dreieck,    dessen  senkrecht  auf  AB  stehende 

2N 

Kathete  den  Wert  =  — r  hat,  und  die  Kantenpressung  bei  A  ist 

a*  u 

in  dem  Falle  doppelt  so  gross  als  die  Pressung,  welche  die  Kraft  N 

erzeugen  würde,  wenn  sie  im  Mittelpunkt  M  angreifen  würde.    Die 

Annahme,  dass  Zugspannungen  in  der  Fuge  nicht  aufgenommen 

werden  können,  wird  meistens  für  alle  Fugen  gemacht,  sie  muss  aber  jedenfalls  für  die 


b. 


u.a 


Grundfuge  gemacht  werden.    Wenn  u  (Abb.  184)  kleiner  als  ä  ist,  wird  daher  N  =  3 .  -^- .  n 


und  n  — 


2N 
Su.a 


.  —  Die  Gleichung  (51)  lässt  sich  auch  schreiben: 


*5)  In  der  Projektion  vod  A  sollen  £  and  D,  in  der  Projektion  von  B,  F  and  G  liegend  gedacht  sein. 


664         HL    Theodor  Koehn.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

2N    /„      3u\       ...  ,  2N  /0      3u\  .._. 

n>  =  iTb  \2~t) und  bei  a=1;  "«"tI^t)  (s>3) 

nnd  die  Gleichung  (52) 

2N/3u      ,\       ,  .   -  ,  2N  /3u      ,\  .... 

n>  =  ^VT-V  Bnd  beia  =  15  n»=    b   IT  ~V  (54) 

Man  hat  nun  noch  die  Kantenpressungen  für  den  Fall,  dass  der  Wasserdruck 
auf  das  denkbar  kleinste  Mass  zurückgeht,  zu  untersuchen,  also  z.  B.  beim  Wegfall  jeden 
Wasserdruckes  die  Resultierende  aller  Vertikalkräfte  aufzusuchen,  was  sowohl  rechnerisch 
als  auch  zeichnerisch  leicht  durchzuführen  ist.  Bei  dieser  Untersuchung  müssen  alle 
Brücken-  und  Schützengewichte  etc.  mit  berücksichtigt  werden  und  es  wird  sich  hier 
oft  der  Fall  ergeben,  dass  die  Resultierende  R,  also  auch  die  Normalkomponente  X 
nicht  auf  der  Mittellinie  EF  der  Pfeilerfuge  ABCD  liegt.  Es  ist  dann  zu  untersuchen, 
ob  der  Angriffspunkt  von  R  innerhalb  des  Kernes  der  Lagerfuge  bleibt,  d.  h.  innerhalb 
einer  Raute,  deren  Ecken  auf  den  Mittellinien  des  Rechteckes  in  den  Entfernungen  von 
V«b  bezw.  */•*  vom  Mittelpunkte  liegen.  Damit  wären  dann  die  Untersuchungen  bezüg- 
lich der  Fuge  ABCD  beendigt. 

Man  kann  nun  nötigenfalls  die  gleiche  Untersuchung  für  die  Fuge  A^ 
(Abb.  181)  wiederholen.  Bei  Untersuchung  der  Grundfuge  A2B2  ist  festzustellen,  ob  die 
Kantenpressungen  nicht  die  zulässige  Belastung  des  Baugrundes  überschreiten,  ob  die 
Druckmittellinie  im  inneren  Drittel  des  Querschnitts  bleibt  und  ob  der  ^£ß  nicht  grösser 
als  etwa  20°  wird. 

Liegt  der  Unterwasserspiegel  auf  der  Höhe  der  Fuge  AB,  so  wird  das  Pfeiler- 
gewicht unterhalb  AB  pro  cbm  Mauerwerk  (2500 — 1000)  =  1500  kg.  Jedem  qm  der  Quer- 
schnittfläche entspricht  also  unterhalb  der  Fuge  AB  nur  ein  Gewicht  von  1500  X  der 
Pfeilerbreite  a.  Man  wird  sich  nun  einen  Mauerkörper  von  dem  an  den  Pfeiler  an- 
schliessenden Wehrkörper  losgelöst  denken,  welcher  in  der  Fuge  AtB|  die  Breite  s^ 
und  in  der  Fuge  A8BS   die  Breite  a2   haben  möge.     Dann  entspricht  einem  qm  der 

Fläche  AB B,A,  ein  Gewicht  von      ^    '  ■  1500  kg    und   dem  qm  der  Fläche  A1B1B2A2 

ein  Gewicht  von     T      •  1500  kg.    Diesem  veränderten  Flächenmasstab  entsprechend  wird 

man  auch  die  Wasserdruckfiguren  darzustellen  haben.  Wenn  die  Flussohle  bis  zur 
Unterkante  0  der  Schütze  mit  Kies  oder  Sand  gefüllt  sein  kann,  muss  man  auch  den 
hierdurch  verursachten  Mehrdruck  in  Rechnung  stellen.  Man  kann  entweder  den  Wasser- 
druck und  den  Erddruck  getrennt  berechnen  oder  den  letzteren  annäherungsweise  be- 
rücksichtigen,  indem  man  das  Gewicht  des  Wassers  unterhalb  der  Fuge  AB  pro  cbm 
etwa  zu  1500  bis  2000  kg  annimmt.  Es  wird  also,  wenn  man  ein  Gewicht  von  1500  kg 
zugrunde  legt  und  annimmt,  dass  das  Profil  des  Pfeilers  aufwärts  und  abwärts  symme- 

o     h     1000 

trisch  ist,  die  Länge  JB  der  Druckfigur  =  7~T~TT W '  die  Länge  KBt  der  Druckfigur 

Ti*i2(hi  — h)    5°0     in       -A       irn        a  un        tr     i    2(h*  —  hi)     500 

=JB-f-r--. r  -TänRi  LB.  wird  =  KB,  und  MB8  =  LBl +-/ — T  — ;--T5vr 

1     (a-j-a,)     1500'      ^  l  *  (*i+at)     lo00 

Diese  Art  der  Darstellung  der  Druckfläche  ist  natürlich  nur  angenähert  richtig  und 
nur  zulässig,  wenn  die  vordere  und  hintere  Begrenzung  des  Pfeilers  ungefähr  symmetrisch 
aind.  Anderenfalls  muss  man  auf  der  Vorderseite  den  vollen  Wasserdruck  und  den  Erd- 
druck in  Rechnung  stellen  und  auf  der  Unterwasserseite  gleichfalls  den  Wasserdruck. 
Mit  Hilfe  der  Seil-  und  Kräftevielecke  können  dann  die  Kräfte  zusammengesetzt  und 
die  3  oben  genannten  Untersuchungen  durchgeführt  werden  (S.  744). 


§  1. 


Stauwerke.    A.  Wehre. 


665 


c)  Die  Berechnung  des  Wehrkörpers  eines  massiven  Wehres,  Die  Berechnung 
eines  Wehrkörpers  lässt  sich  nach  Anleitung  der  ad  b  gegebenen  Betrachtungen  und 
Formeln  ohne  weiteres  durchfuhren,  wenn  man  die  etwa  gekrümmte,  stromaufwärts  ge- 
legene Fläche  des  Wehrkörpers  durch  ein  Vieleck  ersetzt  und  dann  die  Wasserdrücke 
auf  die  einzelnen  ebenen  Flächen  ermittelt  und  ihre  Richtung 

senkrecht  zu  den  einzelnen  Flächen  annimmt.    Man  betrachtet  ^b.  185# 

nun  einen  durch  zwei  lotrechte  Schnittebenen  abgeschnittenen  "s 

Wehrteil  von  1  m  Breite,  indem  man  die  Reibung  in  den 
ideellen  Schnittflächen  unberücksichtigt  lässt,  stellt  dafür  den  E! 
Kräfteplan  zeichnerisch  dar  und  ermittelt  daraus  die  Druck- 
linie und  die  Kantenpressungen.    Die  Gewölbewirkung  bei  im  f= 
Orundriss   gekrümmten  Wehren   lässt  man  meistens  ausser  ~ 
Betracht  (vergl.  auch  Abschn.  B   „Talsperren"   dieses  Para- 
graphen). 

d)  Die  Berechnung  eines  Nadelwehres.    Die  Berech- 
nung erfolgt  in  gleicher  Weise,  wie  die  Berechnung  eines  Ständers  (Abb.  185). 

Es  ist  der  Gesamtdruck  auf  eine  Nadel  von  der  Breite  b  zwischen  den  Stütz- 
punkten A  und  B 

D=rc^«(2a+h>-  '  <») 

Das  Drehmoment  um  A  als  Drehpunkt  ist: 

(56) 

~  und  A  =  D  -  ~ .  (57) 

Das  Biegungsmoment  der  Nadel  ist  nach  den  Gleichungen  (46)  u.  (47): 


äR  =  /bA.[3a(a4.h)  +  h*], 


B 


Mm»  = 


je  nachdem  £ 


■Y 


cos 


B-(m  +  V^)oder=2A^ 


(58) 


2  B  cos  a 


yb 


<  h  oder  >h  ist. 


Abb.  186. 


Setzt  man  b  gleich  dem  lichten  Abstand  der  Wehrböcke  voneinander, 
so  ergibt  sich  aus  den  Formeln  55  bis  57  der  Druck  B  (Abb.  186),  welcher  durch  die 
Brücke  oder  die  obere  Lehne  der  Nadel  auf  jeden  Wehrbock  übertragen  wird. 

In  Abb.  186  ist  B  die  einzig  angreifende  Kraft, 
welcher  der  Wehrbock  zu  widerstehen  hat.  Der  Vorder- 
ständer BF  wird  auf  Zug,  die  Strebe  BE  auf  Druck 

beansprucht     und     die     bezüglichen    Kräfte     nämlich 

R  c  R  f 

Zsss—1-  und  Y=  — —  ergeben  sich  unmittelbar  aus  den 
e  g 

Momentengleichungen  für  die  Stützpunkte  E  und  F  als 
Drehpunkte. 

e)  Die  Berechnung  yon  einseitig,  dem  Wasser- 
druck ausgesetzten  Mauern.  Dieser  Fall  kann  in  Be- 
tracht kommen  bei  Trennungsmauern  zwischen  Grund- 
ablässen, Flossgassen  etc.  und  dem  Abfallboden  des  Wehres,  bei  den  Seitenwänden  der 
Werkkanäle,  insonderheit  aber  bei  Talsperren.  Man  wird,  sofern  es  sich  um 
höhere  Mauern  handelt,  die  Untersuchung  stets  für  zwei  Fälle  durchzuführen  haben,  näm- 
lich 1.  für  den  Fall  des  höchsten  einseitigen  Wasserdruckes  (gefülltes  Becken)  und  2.v  für 


686  III.     Theodor  Kokon.     Ausbau  tos  Wasserkräften.     Einxelhkitkn. 

den   Fall,    dasa   der    Wasserdruck    ganz    verschwindet    (angefülltes    Becken).      Als    Be- 
dingungen müssen  für  beide  Falle  gelten : 

1.  Dasa  die  Stützlinie  nicht  am  dem  mittleren  Drittel  einer  untersuchten  Lager- 
fuge heraustritt, 

2.  Daas  die  Pressung  an  der  wasserseitigen  und  luftseitigen  Kante  des  Quer- 
schnitts den  zulassigen  Wert  nicht  übersteigt. 

3.  Dass  der  Winkel  ß  der  resultierenden  Dracklinie  mit  dem  Lote  zur  Lagerfug» 
eine  gewisse  Grenze  nicht  überschreitet,  damit  Gleiten,  bezw.  Abscheren  nicht 
eintreten  kann. 

Man  wird  zunächst  nach  vorhandenen  Beispielen  einen  Mauerquerschnitt  wählen, 
ihn  der  Untersuchung  unterziehen  und  dann  je  nach  den  Resultaten  denselben  abändern 
und  erneut  untersuchen,  bis  der  vorteilhafteste  Querschnitt  gefunden  ist.  Bezüglich  der 
Abmessungen  von  Sperrmauern  wird  auf  den  nächsten  Abschnitt  „Talsperren"  verwiesen. 
Für  die  vorläufige  Auswahl  des  Querschnittes  von  Kanal-  oder  Ufermauern  etc.  bei  einseitigem 
Wasserdruck  mögen  folgende  Angaben  dienen.  Bei  trapezförmigem  Querschnitt  mit 
lotrechter  Luftseite  and  einer  Neigung  der  wasserseitigen  Flache  von  1 : 1/5  wird,  wenn 
man  das  Gewicht  des  Mauerwerks  pro  cbm  in  kg  j-,  =  2y  annimmt,  die  untere  Breite 
b  in  m  — 0,854  h,  die  Querschnittsfläche  F  etwa  =  0,687  h*,   die  grösste  Kantenpressung 

in  kg  proqcm  n»1^^,  der  Winkel  ß  (Abb.  187)  etwa  17  bis  18°. 

Bei  einem  lotrechtstehenden  Rechteck  wird  bei  b  =  0,707  b,  F  =  0,707  h*  der  Winkel 

ß  etwas  grösser  als  19°,  die  grösste  Kantenpressung  n  in  kg  pro  qcm  —  -'  ^L. 

Für  yt  =  l,26  y,  also  bei  leichtem  Ziegelmauerwerk  wird  für  ein  lotrechtstehendes 

Rechteck  bei  b  =  0,894h,  F  =  0,894h»,  der  Winkel  ß  etwa  gleich  24°  und  n  =  2.yl.h 

pro  um.  Bei  dem  oben  gekennzeichneten  trapezförmigen  Querschnitt  wird  für  b  =  0,951  h, 

F  =  0,784h»,    der  Winkel  ß  =  2$*  31'    und  n  =  1,93/,. h 

AM».  187.  pro  qm  (vergl.  E.  Häseler,  Stütz-  und  Futtermauern.  H.  d. 

I*  I.-W.  L  Teil,  2.  Band,  1905,  S.  372). 

Nach  Abb.  187  ist  die  Gleichgewichtsbedingung  in  der 
als  wagerecht  angenommenen  Fuge  AB  mit  der  Kante  B  als 
Drehpunkt,  wenn  man  das  Moment  des  Wasserdruckes  am  B 
mit  3H  bezeichnet 

SR— N  (■,+*)— Q.n,.  (59) 

Die  Normalkomponente  N  ist  =  Q  •  j  -  V. 
Der  wagerechte  Wasserdruck  ist  für   eine  Mauerlänge  von 

Wh* 
Im  .  H  =  *-=— ,  der  lotrechte  Wasserdruck  V  =  j-IFt,  das 

Mauergewicht  Qsay^F,   wenn  F0  die  Fläche  des  Dreiecks 
BCE  bedeutet  und  F  den  Querschnitt  der  untersuchten  Mauer  über  AB. 
V  greift  im  Schwerpunkt  der  Fläche  BEC. 
H  in  dem  Schwerpunkt  der  Fläche  BCG  an. 

Der   Gesamtwasserdruck    ist  W—  VH'-f V1  und  sein  Moment  um  B 

K  =  ^  +  V..=,i[y+F.e].  (60) 

Betrachtet  man  einen  Streifen  der  Mauer  Ton  1,0  m  Lange,   so  wird  für  y=lt 

w-v«i_      i      r°* 


Q+V   _/,.F+F, 


r-F,n,+F,.e.  (61) 


§  1.  Stauwerks.    A.  Wehre.  667 

ux  ist  durch  Aufsuchung  des  Schwerpunktes  von  F  leicht  gefunden  und  z  ist  da- 
nach ans  Formel  61  zu  berechnen. 

u,  =  b  —  (oj+z).  (62) 

Wenn  die  Kantenpressungen  bei  vollem  Wasserdruck  und  ohne  Wasserdruck 
möglichst  gleich  werden  sollen,  so  muss  u1<^ua  ausfallen. 

Da  Zugspannungen  nicht  auftreten  sollen,  muss  z< ^  oder  b^3z  sein. 

h* 
Setzt  man  für  SR  angenähert  —  ^-,  indem  man  das  Glied  F0  e  in  Gleichung  (60) 

h8  b 

vernachlässigt,  so  wird  b  =  9q\ax?  fü*  z  =  ui—  o>  wobei  die  Längen  in  m,  die  Ge- 
wichte in  Tonnen  auszudrücken  sind.  Durch  diese  Formel  lässt  sich  schnell  die  Über- 
sicht gewinnen,  ob  ein  vorläufig  gewähltes  Profil  den  Bedingungen  genügen  kann.  Nach 
Berechnung  von  z,  ux  und  ut  für  das  definitive  Profil  kann  man  leicht  die  Kantenpres- 
sungen mit  Hilfe  der  Gleichungen  51  u.  52  oder  53  u.  54  ermitteln. 

IT 

Der  Winkel  ß  wird  gefunden  aus  ^  =  tag/?.    Bei  Bestimmung  des  grösstzulässigen 

Wertes  von  ß  kommt  es  darauf  an,  welche  ungünstigsten  Annahmen  man  für  den  Ansatz 
der  Gleichungen  gemacht  hat  und  zwar  mit  Bezug  auf  die  Höhe  des  Wasserdruckes  und 
mit  Bezug  auf  das  Mauergewicht.  Berücksichtigt  man  den  Auftrieb  nicht,  so  wird  man 
den  Reibungsbeiwert  in  der  Sohlenfuge,  um  doppelte  Sicherheit  zu  haben,  meistens 
nicht  grösser  als  0,375  zulassen,  woraus  sich  dann  /?<20°  ergeben  würde.  Für  die 
Mauerfugen  selbst  und  besonders  in  dem  Falle,  dass  auch  noch  der  Auftrieb  mit  berück- 
sichtigt, also  dadurch  schon  ungünstig  gerechnet  wird,  kann  man  unbedenklich  einen 
3Cß  von  26—35°  zulassen. 

r.h* 

Man  kann  den  Gesamtwasserdruck  W  nach  Abb.  187  auch  setzen  =  Q    .    »    und 

z.sino 

a|=  h.cotgd. 

Ferner  gelten  nach  Häseler  (H.  d.  Ing.-W.  1905.  Teil  I.  2.  Bd.  Stütz-  und  Futter- 
mauern, S.  372)  die  folgenden  drei  Gleichungen  für  b ;  tg  ß  und  n,  wenn  man  ein  Mauer- 
stück von  1,0  m  Lange  in  Betracht  zieht. 

M  _     Wgind 

n  =  |(Wcosd+Q).  (65) 

Macht  man  a,  =  0,  d.  h.  die  Luftseite  lotrecht,  so  wird : 

b,._2bh(l_Z)  cotgd  =  h«  (£i5l_  _  cotgM) 

oder  da-^-Mlr=      ;~ff  -  =  cotg>d-f-l  ist, 
sin*d  tg*o 

wird  b1— 2bh(l—  ^-)  cotgd  =  h*  [^- —  cotg*d(l—  -£-)]. 
Für  ein  Rechteck  wird,  da  d  =  90°  und  cotgd*=0  ist 


(64) 


III.     Thkodor  Koeiin.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 


f)   Die   Berechnung;   von    l'fer*    und   Stützmauer  mit   einseitige»   Erddrwek. 

Nach  der  Lehre  vom  Erdprisma  des  grössten  Druckes  nimmt  man  an,  dass  sich  beim 
Nachgeben  der  Stützwand  von  der  gestützten  Erdruasse  ein  Prisma  loslöst,  welches  in 
der  Gleitfläche  von  einer  Ebene  begrenzt  ist16). 

Es  würde  hier  zu  weit  fuhren,  die  Formeln  für  den  Erddraek  abzuleiten  und  die 
zeichnerische  Darstellung  desselben  zu  begründen,  vielmehr  sollen  hier  nur  kurz  einige 
zum  Gebrauch  geeigneten  Formeln  und  eine  zeichnerische  Ermittlungsmethode  mitge- 
teilt werden. 

Bezeichnet  nach  Abb.  188 
Abb-  ,88-  h  die  senkrechte  Höhe  der  Stützwand  in  m, 

h[  die  senkrechte  Höbe  der  etwa  vorhan- 
denen unter  dem  natürlichen  Böschungs- 
winkel    ansteigend     gedachten     Über- 
schüttung in  dj, 
qi  den   natürlichen  Böschungswinkel    der 

Erde, 
y  das  Gewicht  von  1  cbm  Erde  in  kg, 
a  den  Neigungswinkel  der  Stützwand  gegen 

die  Wage  rechte, 
D  den  Erddruck  auf  die  Wand  für  1.0  m 
Länge  derselben,  rechtwinklig  zur  Bild- 
ebene gemessen  in  kg, 
so   ist,   wenn   man  die  Kohasion  der  Erde  vernachlässigt  und  annimmt,   dass  der  Erd- 
druck unter  dem  Winkel  y  zum  Lote  der  gedrückten  Waudnache  wirkt: 
.  (h  -f-  h,,)asin(/ 


(l'cotg  <p  —  cotg  e  —  Vm  —  cotg  «)*, 

hJlh")  ^otSV  —  cotg«). 

Wird  a-90«undh,=0,  so  wirdD  =  y.^.„  .  ."?/. — rr 
1        '  '2    1 1 +  1,41  sin  y}* 


worin  e  =  a  -p  2  y; ;  m  =  cotg  et  -j-  I 


(67) 
Für  o  =  90°  and  bei  q»  =  S3°  wird  bei  sehr  grosser  Cberschüttnng    (h,  =*] 
D  =  0,419/.  h'  und  es  sind  in  der  nachfolgenden  Tabelle  einige  weitere  Werte  für  x=  -,, 
mitgeteilt,  um  die  Übersicht  zu  erleichtern. 

Verhaltniszahkn  des  Erddruckes  bei  y  — 33°  und  «  =  90°. 


0.1 

0,2 

0,3 

0.4 

0,5 

1 
0,6 

0,153 

0,182 

0,200 

0.217 

0.223 

0,240 

0,9 

1 

2 

3 

4 

5 

0,272 

0,282 

O.S30 

0,333 

0.366 

0,376 

0,8 
0,262 


-«]  Vergl.  E    Iläaelor,    Stütz-   und  Futtennauern.    Handb.   d.   log.-Wissensch.    I.  Tai).   2.  Bd. 
1905.  S.  2Ü4  u.  ff. 

Rebhano,  Theorie  den  Erddrackes  and  der  Futtermauern.  Wien  1871. 

Kreutor,  Elementare  Theorie  des  Erddruckee  und  Berechnung  der  Staumauern.  1873. 


Stauwerk«.     A.  Wehre. 


Verh«ltju«»hlen  bei  v  =  88»  b,  =  0.  D  =  *£!^£  lfitA%^-  io"£7^  /Srtg«  —  wt«e)' 


Bai  cotg«  = 

+0,8 

+  0,2 

+... 

0 

-0,1 

-0,2 

-03 

wird  z  =  -£»  = 

0,079 

0,098 

0,110 

0,134 

0,168 

0,186 

0,217 

Zeichnerisch  lässt  sich  die  Grösse  des  Erddruckes  auf  folgende  Weise  ermitteln 
(Abb.  189). 

Man  zieht  AG  unter  dem  natürlichen  Böschungswinkel  <p  zur  Wagerechten,  sieht 
die  sogen.  Steiluiigslinio  BH  unter  dem  Winkel  fp-\-<pi  zur  Wandfläche  AB,  wobei 
<px    den   Reibnngswinkel   zwischen  Erde  und  Stützmauer  bedeutet  und  legt  HD  ||  AB. 

Über  BC  als  Durchmesser  beschreibt  man  nun  einen  Halbkreis,  errichtet  in  D 
das  LotDF  nnd  schlagt  von  B  aus  die  Länge  BF  aufBC  nieder,  sodass  BE  =  BFist. 
Die  Gerade  BE  ist  dann  die  mittlere  Proportionale  zwischen  BD  und  BC.  Zieht  man 
endlich  EK  ||  AB  nnd  GK  ||  BH,  so  bestimmt  der  Punkt  G  die  Oberkante  der  Brachfoge. 

Der  Erddruck  auf  die  Wand  AB  würde  nach  Abb.  189  durch  die  Gleichung  be- 
stimmt sein: 

D  =  ^^.GK"  =  y.//GK0, 

worin  GK  =  KO  ist. 

Was  die  Verteilung  des  Erddruckes  anf  eine  Stützwand  betrifft,  so  lässt  sich  die- 
selbe durch  ein  Dreieck  A,BM  darstellen,  dessen  Inhalt  gleich  dem  Dreieck  GKO  ist, 
dessen  Höhe  gleich  der  Höhe  der  Stützmauer  h  wird  und  dessen  Grandlinie  wagerecht  liegt. 


Abb.  189. 


Abb.  190. 


Der  Erddruck  greift  in  der  Höhe  des  Schwerpunktes  dieses  Dreiecks  an  und 
zwar  unter  dem  Böschungswinkel  q>  zn  der  znr  Wandfläche  Lotrechten. 
Der  Winkel  <p  wird  für  trockene  Erde  meistens  zn  33°,  der  Reibnngswinkel  y,  zwischen 
Erde  und  Stützwand  meistens  auch  =33°  angenommen.  Bei  Ufermaneni,  welche  ganz 
oder  zum  Teil  anter  Wasser  gesetzt  werden,  nimmt  man  o)  =  a\  meistens  zn  20°  an. 

Ist  die  Stützwand  unterschnitten  {Abb.  190),  so  wird  der  Erddruck  anf  BC  wie 
oben  mitgeteilt  gefunden.  Annäherungsweise  kann  man  dasselbe  Verfahren  auch  auf 
den  Wandteil  AB   anwenden,  indem   man  sich  denselben  bis  zu  Linie  CD  verlängert 


670  III.     Theodor  Kokhn.     Ausbau  von  Wasbekxbaftiw.     EnrzKLHKn-EN. 

denkt  und  das  Erdprisma  BCF  vernachlässigt.  Ist  für  die  gedachte  Wandfliche  AF 
A  K  Fl,  das  Druckdreieck,  so  wird  der  anf  A  B  entfallende  Erddruck  durch  das  Trapez 
KIHL  dargestellt.  Dieses  Verfahren  ist  indessen  nur  zulässig,  wenn  das  Erdprisma 
BCF  im  .Vergleich  zu  AFG  nicht  von  Erheblichkeit  ist.  Um  den  Angriffspunkt  des 
Erddruckes  zn  finden,  hat  man  die  Schwerpunkte 
Ahbi  191,  der  Druckfiguren  zu  suchen  nnd  bei  ebener  Wand- 

fläche  liegen  die  Angriffspunkte  des  Erddruckes 
in  dieser  auf  gleicher  Höhe  wie  die  gefundenen 
Schwerpunkte.  Wenn  auf  solche  Weise  der  Erd- 
drnck seiner  Grösse  und  Richtung  nach,  sowie 
auch  seine  Angriffspunkte  gefanden  sind,  so  lassen 
sich  zeichnerisch  die  Erddrucke  mit  den  Maner- 
gewichten  und  den  eventuellen  Wasserdrücken  in 
Seil-  und  Kräftevielecken  zusammensetzen  und  da- 
mit R,  der  Winkel  ß  und  die  Kantendrücke  n 
ermitteln. 

Zur  rechnerischen  Ermittelung  von  b,  n  nnd 
tg/ä  bei  Betrachtung  eines  Mauerstücks  von  1,0  m 
Länge  gibt  H  ä  s  e  1  e  r  folgende  Formeln  an,  wenn 
die  in  Abb.  191  gegebenen  Bezeichnungen  ange- 
wendet werden,  man  ferner  annimmt,  dass  die 
Vorderseite  der  Mauer  ganz  von  Wasser  frei  ist 
und  wenn  die  Mittellinie  des  Gesamtdruckes  R  die  Grundlinie  AB  in  einer  Entfernung 

■s  von  A  schneiden  soll. 

1.  Für  die  Breite  b  der  Grundlinie  (Abb.  191): 
b»+(aI-2a1+3hltg«+iD-^^)b  =  ai'-a*1-h2hI(al+a,).tgi- 

I  6-Ddcosy  m 

~   y1hlcoaw  ' 
Hierin  bedeuten  y,   das  Gewicht  pro  cbm  Mauerwerk  in  kg  nnd  w  den  -^ 
der  Fuge  AB  gegen  die  Wagerechte.    Der  Erddruck  D  ist  nach  den  Formeln 
S.  668  u.  669  zu  berechnen. 

2.  Für  die  auf  die  Quadrateinheit  wirkende  Normalpressung  an  der  Vorderkante 
der  Mauer: 

n  =  |[Dcos(d-y)  +  Qcos<ü]  =  -?--T- 

3.  Für  den  Winkel  des  Gegendruckes  des  Baugrundes  mit  dem  Lote  zur  Mauer- 
grundflache : 

Dwnjrf— yJ-Qsmw  höchstens  0,649. 

^>r      Dcos(d  — 9>)+Qcosw     '  T1       ' 
Die  nachstehende  Tabelle   gibt   die   Abmessungen   und   Beanspruchungen    einiger 
trapezförmiger  Stütz-  und  Kaimauerquerschnitte  unter  Annahme  von  £^a)  =  3Ca),  =  20*. 


§  1. 


Stauwbbkb.    A.  Wbhbe. 


671 


Tabelle  II. 

AboMMUDgea  nnd  BMuprucbugw  einig«  tnpttfBrmigtr  8ttta-  «ad  KabnanwqoaraehKitto  ante 

Annahme  von  «£  <f  =  90*. 


• 

• 

Erdgewicht  y  =  yx 

Erdgewicht  y  =  0,8  yi 

Querschnitt 

0 
yhf 

b 
h 

P 
h»~ 

<ß 

n 
yth 

b 
h 

F 

<ß 

yih 

1. 

DK" 

0,214 

0,505 

0,506 

19°  18' 

2,29 

0,461 

0,461 

17*14' 

2£5 

1       1— r^— — *• 

2. 

^ 

(T 

0,214 

0,475 

0,425 

22«- 

2,09 

0,488 

0,888 

20*- 

2,04 

**~ 

3 

HL 

0,214 

0,468 

0.863 

24°  45' 

1,88 

0,422 

0,328 

22°  56' 

1,80 

4 

«-^»  * 

0,262 

0,614 

0,514 

19°  16' 

2,10 

0,590 

0,490 

16*55' 

2,02 

7  bis    8  kg, 


Zementmörtel  10    „    11    „ 

»    15    „ 

»    25   „ 


Als  zulässige  Beanspruchung  kann  man  annehmen: 
Für  gewöhnliches  Ziegelmauerwerk  in  Kalkmörtel 
„     besseres  „ 

n     bestes  Klinkermauerwerk  12 

n     Mauerwerk  in  Quarzsteinen  10 

„     Mauerwerk  in  Sandsteinquadern  15 

Die  zulässige  Beanspruchung  von  Beton  bei  verschiedenen  Mischungsverhaltnissen 
ergibt  sich  aus  den  weiter  unten  folgenden  Mitteilungen  über  Druckfestigkeit  (S.  680). 

12.  Ausführung  der  Wehre.  Es  kann  im  Rahmen  dieses  Bandes  die  Ausführung 
von  Webren  im  einzelnen  nicht  behandelt  werden ,  weil  bekanntlich  alle  möglichen  Bau- 
arbeiten vorkommen  können  und  die  Besprechung  aller  dieser  Arbeiten  viel  zu  weit 
führen  würde.  Nur  bezüglich  der  so  wichtigen  Frage  der  Fundierung  der  Wehre  mögen 
einige  wenige  Betrachtungen  und  Angaben  Platz  finden,  um  für  die  technischen  und 
wirtschaftlichen  Vorarbeiten  bei  Aufstellung  der  ersten  Entwürfe  und  bei  überschläglicher 
Veranschlagung  der  Anlage  einiges  Material  an  die  Hand  zu  geben. 

Die  Fundierung  der  Wehre  ist  hauptsächlich  nach  vier  Gesichtspunkten  zu  ent- 
werfen : 

a)  Vom  Gesichtspunkt  der  Sicherheit  gegen  Unterspülung, 

b)  von  dem  der  Tragfähigkeit  des  Untergrundes  und  der  Standsicherheit  des 
Bauwerkes, 

c)  von  dem  der  billigsten,  einfachsten  und  sichersten  Ausführung, 

d)  von  dem  der  Bauzeit. 

Zu  Punkt  a  sind  schon  im  Abschnitt  4  dieses  Paragraphen  „Die  Stauhöhe",  S.  618, 
die  nötigen  Hinweise  gegeben. 

Die  Massregeln,  welche  zujn  Punkte  a  notwendig  sind,  werden  meistens  zugleich 


672         III.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

auch  den  Entwurf  vom  Gesichtspunkt  b  beeinflussen.    Im  übrigen  wird  dieserhalb   auf 
Abschnitt  11  „Die  statische  Berechnung  der  Wehre"  verwiesen. 

Was  den  Punkt  c  betrifft,  so  wird  es  besonders  darauf  ankommen,  zu  sehen,  wie 
man  die  Bauausführung  am  besten  in  Abschnitte  einteilt  und  auf  welche  Weise  man  mit 
möglichst  wenig  Nebenarbeiten,  wie  z.  B.  Errichtung  von  Fangedämmen,  Umleitung  des 
Flusswassers,  Wasserhaltung  in  den  Baugruben,  Materialtransport,  Anlegung  und  Ver- 
schiebung von  Werk-  und  Lagerplätzen  entsprechend  dem  Baufortschritt  etc.  auskommt. 
Auch  die  z.  T.  durch  die  Örtlichkeit  bedingte  Wahl  der  Arbeitsmaschinen  spielt  hier  eine 
wichtige  Rolle. 

Der  Punkt  d  beeinflusst  nun  wiederum  die  Massregel  zu  c  in  der  erheblichsten 
Weise.  Ohne  besondere  Rücksicht  auf  die  Länge  der  Bauzeit  würde  man  naturgemäss 
die  Monate  der  niedrigsten  Wasserstände  für  die  Fundierung  auszunützen  und  die  Arbeit 
stückweise  so  weit  zu  bringen  suchen,  dass  höhere  Wasserstände  einen  nachteiligen  Ein- 
fluss  nicht  mehr  ausüben  können.  Muss  aber  die  Fertigstellung  zu  einem  bestimmten 
Zeitpunkt  beendet  und  die  Wasserkraft  betriebsfertig  sein,  so  ist  man  gezwungen,  die 
an  sich  günstigste  zeitliche  und  örtliche  Einteilung  der  Gesamtbauausführung  aufzugeben. 
Alle  Nebenarbeiten  werden  dann  unter  Umständen  viel  teurer,  weil  man  z.  B.  die  Fange- 
dämme auch  für  Hochwasser  einrichten  muss,  weil  die  Wasserhaltung  kostpieliger  wird, 
weil  die  Massregeln  für  die  Umleitung  des  Wassers  solider  und  umfangreicher  getroffen 
werden  müssen,  weil  die  Anzahl  und  Stärke  der  Arbeitsmaschinen  und  Gerüste  zu  ver- 
grössern  ist,  weil  man  vielleicht  auch  Nachtschichten  einzulegen  hat  und  für  Beleuchtung 
der  Baustelle  während  der  Nachtzeit  zu  sorgen  hat  und  anderes  mehr.  Es  braucht 
wohl  nicht  besonders  hervorgehoben  zu  werden,  dass  man,  soweit  irgend  möglich,  Nacht- 
schichten vermeiden  wird,  weil  die  Nachtarbeit  im  allgemeinen  erheblich  teurer  und 
auch  in  der  Güte  weniger  zuverlässig  ist.  Wegen  der  Hilfsarbeiten  etc.,  Einteilung 
der  Gesamtarbeit  in  einzelne  Bauabschnitte  etc.,  wird  im  übrigen  auf  die  Beschreibungen 
der  einzelnen  ausgeführten  Beispiele  im  Kap.  II  verwiesen,  welche  in  dieser  Beziehung 
ausreichende  Anhaltspunkte  geben  dürften. 

Der  Baugrund.  Als  guter  tragfähiger  Baugrund  sind  die  meisten  Arten  von 
gewachsenem  Fels,  ferner  sogen,  gewachsener  Kies,  Sand,  trockener  Ton-  und  Lehmboden 
anzusehen,  wenn  sie  in  genügend  mächtigen  Schichten  von  3,0  bis  4,0  m  anstehen.  Aach 
aufgeschwemmten  Kies  oder  Sand  in  Flussläufen,  der  sich  in  tieferen  durch  die  Ein- 
wirkungen des  Hochwassers  unberührten  Schichten  befindet  und  schon  Jahrhunderte  an 
seiner  Stelle  unverrückt  lagert,  kann  man  unter  gleichen  Bedingungen  als  guten  Bau- 
grund ansehen. 

Als  mittleren,  tragfähigen  Baugrund  betrachtet  man  nassen  Ton  und  Lehm,  sowie 
Sandboden,  der  mit  Ton  und  Lehm  gemischt  ist 

Schlechter  Baugrund  sind:  Moorboden,  Torf,  Moor  und  die  oberen  neueren 
Schichten  des  Sandes  und  Kieses  im  Flussbett,  sowie  aufgeschütteter  Boden  an  den  Ufern. 

Als  undurchlässige  Bodenarten  gelten:  kompakter  Felsen,  welcher  keine  Risse 
und  Spalten  bat,  ferner  trockner  Lehm  und  Ton,  wenn  die  letztgenannten  Boden- 
arten rein  oder  nur  schwach  mit  Sand  gemischt  sind.  Auch  Torf-  und  Moorboden  ist 
häufig  ganz  undurchlässig. 

Als  durchlässig  sind  im  Zweifelfalle  alle  mit  Sand  und  Kies  stärker  gemischte 
Bodenarten  und  natürlich  Sand  und  Kies  selbst  und  die  lockeren  Torf-  und  Moorboden 
zu  betrachten. 

Bei  felsigem  Untergrund  hat  man  hauptsächlich  die  Lagerung  zu  berücksichtigen 
und  sich  zu  überzeugen,  dass  keine  Rutschflächen  vorhanden  sind.     Besteben  hierüber 


§  1. 


Stauwerke.    A.  Wehre. 


673 


Zweifel,  so  muss  man  auch  bei  Felsen  das  Eindringen  von  Druckwasser  in  den  Baugrund 
durch  Betonlager  zu  verhindern  suchen  und  im  übrigen  so  tief  und  so  breit  fundieren, 
dass  durch  die  Belastung  des  Bauwerkes  eine  Störung  der  Gleichgewichtslage  des  Unter- 
grundes nicht  eintreten  kann.  Bröckliges  Gestein  ist  jedenfalls  auszubrechen.  Die 
Lagerfläche  der  Fundamentsohle  ist  möglichst  sauber  von  Sand  und  anderen  Verunreini- 
gungen zu  machen ,  und  es  sind  alle  Fugen  und  Bisse  so  gut  es  geht  mit  Zement  aus- 
zufüllen. Alsdann  ist  für  einen  dichten  und  innigen  Anschluss  des  Bauwerkes  an  die 
Fundamentsohle  zu  sorgen,  was  am  besten  durch  eine  Betonschicht  geschieht.  Bei 
solchen  Arbeiten  ist  die  grösste  Sorgfalt  und  zuverlässige,  dauernde  Aufsicht  unbe- 
dingt nötig. 

Die  nachstehende  Tabelle 27)  gibt  Werte  für  die  zulässigen  Belastungen  bei  ver- 
schiedenen Bodenarten,  wie  sie  in  England  üblich  sind: 

Tabelle  III. 


Beschreibung  der  Erdart 


Zulässige  Belastung 
in  kg  für  das  qcm 


Alluvialboden,  lehmiger  Boden  mit  30—70%  Sand 

Nasser  Tonboden 

Fester  Ton  mit  feinem  Sand  gemischt 

Gelber  Ton  (yellow  clay) 

Fester  blauer  Ton,  fester  harter  Mergel 

Die  neue  To^rer-BrÜcke  in  London  belastet  den  Boden  (London-cUy)  mit  i  kg  f.  <L  qcm. 

Weiche  Kreide  (unrein  und  tonig,  ohne  Kiesel) 

Sandstein,  der  in  der  Hand  zerbröckelt  werden  kann 

Weisse  Kreide  mit  Kiesel 

Fester  Sand  in  FluesmQndungen,  Baien  usw.  

Die  hoUlndisenen  Ingenieure  halten  eine  Belastung  des  festen  reinen  Sandes  von  6  kg 

f.  d.  qcm  Ar  zulässig. 

Sehr  fester  dichter  Sand,  bei  Gründungen  nicht  unter  6,0  m  und  sandiger  Kies 

Fester,  schiefriger  und  reiner  Kies 

Dichter  (kompakter)  Kies 

Reiner,  gleichmlssiger  Themse  -  Kies  ist  bei  1—1,5  m  Tiefe  unter  der  Oberfläche  mit 

15  kg  belastet,  ohne  nachgegeben  zu  haben. 

Felsboden  je  nach  Festigkeit  und  Lagerung 


0,8  bis 

1,6 

4,0 

4,4 

5,4 

1,1 
1,6 
2,2 
4,9 

6,5 
6,5 
7,6 


1,6 
2,2 
5,0 
6,5 

8,7 

1,6 
1,9 
8,3 
5,5 

7,6 

8,7 
9,8 


8,7    .    20,0 


Diese  Werte  kann  man  im  allgemeinen  auch  in  allen  übrigen  Ländern  ungefähr 
als  gültig  annehmen ,  wenn  nicht  behördlicherseits  bestimmte  abweichende  Vorschriften 
gemacht  werden.  So  wird  z.  B.  in  Berlin  in  der  Regel  als  Höchstbelastung  für  Sand 
nur  2  bis  2,5  kg  pro  qcm  zugelassen.  Bei  sehr  festem  Baugrund  darf  natürlich  das 
Fundament  pro  qcm  nicht  starker  belastet  sein  als  die  zulässige  Belastung  des  für  die 
Gründung  verwendeten  Baumaterials  beträgt.  In  dieser  Beziehung  sei  bemerkt,  dass 
man  Beton  (250 — 300  kg  Zement  oder  hydraulischer  Kalk  auf  1  cbm),  welcher  unter 
Wasser  geschüttet  ist,  mit  nicht  mehr  als  4  bis  5  kg,  Beton  (von  derselben  Mischung), 
welcher  im  Trocknen  gestampft  ist,  mit  nicht  mehr  als  7  bis  8  kg  belasten  darf  (S.  671). 

Die  Vergrösserung  der  Dichtigkeit  und  Tragfähigkeit  des  Bodens 
erfolgt  bei  Wehrbauten  meistens  durch  Holz-  oder  Eisenpfähle  und  durch  Holz-  oder 
Eisenspundwände.    Die   gebräuchlichste  Holzart  für  Fundierungszwecke  ist  Kiefernholz 


87)  L.  v.  Will  mann,  Handb.  der  Ing/Wissenseh.  1.  T.  3.  Bd.  Der  Grandban  1906.  S.  20. 
New  man,  Assoc.  M.  Inst  C.  B.  .Notes  on  cylinder  bridge  piers",  London  1884.    S.  14  und 
,Der  Grandban",  Fortsehr.  d.  Ing.-Wisaensch.  I.,  2.  Leipzig  1896.  8.  1. 

Handbuch  der  In*>Wiu«iseh.    HL  T«IL    18   Bd.  43 


674 


III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


und  man  nimmt  mit  Vorliebe  seiner  grösseren  Festigkeit  wegen  solches,  welches  in 
höheren  Lagen  gewachsen  ist  Das  Einrammen  erfolgt  meistens  mit  dem  Zopfende 
nach  unten ,  nur  wenn  der  Pfahl  Widerstand  gegen  den  Auftrieb  leisten  soll,  wird  er 
mitunter  mit  dem  Stammende  nach  unten  eingetrieben.  Da  aber  auf  diese  Weise  die 
Dichtigkeit  des  Bodens  zwischen  den  Pfählen  am  oberen  Ende  weniger  gross  wird,  so 
kann  sich  bei  solchen  Fundierungen  ein  grösserer  Auftrieb  geltend  machen,  und  der 
beabsichtigte  Vorteil  wird  ganz  oder  zum  Teil  wieder  hinfallig.  Rostpfthle  von  5,0 
bis  6,0  m  Lange  haben  meistens  eine  mittlere  Starke  von  25  bis  30  cm  und  für  je  ein 
lfm.  Mehrlänge  sind  nach  Perronet  ca.  28  mm  an  der  mittleren  Stärke  zuzusetzen. 

Die  Stärke  der  hölzernen  Spundwände  schwankt  zwischen  8  und  30  cm. 
Gewöhnlich  rechnet  man  auf  2,0  m  Länge  10  cm  Stärke  und  gibt  für  1,0  m  Mehrlänge 
1  bis  2  cm  Mehrstärke  zu.  Die  Breite  der  einzelnen  Spundpfahle  wird  meist  zwischen 
25  und  35  cm  gewählt. 

Gusseiserne  Spundwände  wurden  früher  in  verschiedenen  Formen,  namentlich 
in  England  viel  verwendet88).  Heute  verwendet  man,  wenn  überhaupt  Veranlassung  Eisen 
zu  wählen  vorliegt,  vorzugsweise  schmiedeeiserne  Spundwände,  entweder  in 
Form  von  Wellblech *9)  oder  in  Form  gewalzter  I-Eisen,  vergl.  Abb.  192  *°)  oder  schliess- 
lich in  Form  besonderer  Fassoneisen.  Als  Beispiel  für  letzte  Art  mögen  die  eisernen 
Spundwände  nach  B ehrend  angeführt  sein  (Abb.  193),  welche  eine  sehr  gute  Führung 
besitzen  und  durch  Ausfüllen  des  Hohlraumes    .,,    rt     „. 

am  Stoss  mit  Ton  oder  Zement  leicht  dicht  Abb' 19*  *■"?  **>»*"*"'  ™*  »•*"«* 
gemacht  werden  können'1). 

Eiserne  Rundpfähle  werden  meistens 
in  Röhrenform  verwendet  und  am  besten  einge- 
schraubt.   Für  grössere  Durchmesser  verwendet 

Abb.  192. 


*8)  Mathews  verwendete  gusseiserne  Platten  als  Spundwände  bei  Gründung  eines  Hafen- 
dammes so  Bridlington  (8.  39  H.  J.  1906.  Grundbau).  1822  hat  E wart  eich  ein  Patent  auf  die  Her- 
stellung von  Fangedammen  ans  breiten,  gusseiaernen  Spundbohlen  geben  lassen. 

*9)  Bei  der  Kanalisation  in  Berlin  worden  2,7—4,0  m  hohe  Spundwände  aus  1 — 1,5  mm  starkem 
Wellblech  in  Breiten  von  nicht  unter  65  cm  hergestellt.  Die  Kosten  der  fertigen  8pundwinde  ans  Well- 
blech mit  5  cm  breiten  und  ebenso  hohen  Wellen  sollen  bei  2,7  m  Länge  der  Tafel  und  1  mm  Eisen- 
stirke  20,—  Mk.  pro  lfm.,  bei  4,0  m  Lange  und  1  mm  starken  Tafeln  80,—  Mk.  und  bei  4,0  m  langen 
und  1,5  mm  starken  Tafeln  mit  5  cm  breiten  und  6  cm  hohen  Wellen  42,—  Mk.  pro  lfm.  Spundwand 
betragen  haben. 

ftO)  Derartige  Spundwände  sind  beim  Bau  der  Schleusen  am  Mahlendamm  zu  Berlin  verwendet 
Zeitschr.  I  Banw.  1896.  S.  67. 

•i)  Handb.  d.  Ing.-Wissensch.  I.  Teil.  3.  Bd.  .Der  Grundbau".  1906.  S.  46.  —  Zement  und  Beton 
1905.  S.  78.  —  Schweizerische  Bans.  1905.  Bd.  45.  8.  226. 

B  ehrendsehe  Eisenbohlen  für  Stahl-Spund  winde  verwendet  von  der  United  8tates  Piling  Co. 
Engng.  news  1904.  IL  S.  286. 


§  1. 


8TATTWBRXE.      A.   WeHKE. 


/ 


675 


man  vorzugsweise  unten  offene  gusseiserne  Pfahle,  welche  durch  einzelne  Stösse  mittelst 
innerer  Flanschenverbindung  zusammengesetzt  werden.  Die  grossen,  flachgängigen 
Schrauben  sind  entweder  an  das  unterste  Stück  angegossen  oder  sie  werden,  ähnlich 
wie  Schiffsschrauben  aus  schmiedeeisernen  oder  gusseisernen  segmentförmigen  Schrauben- 
flächen gebildet  und  auf  das  unterste  Ende  des  Rohrenpfahles  aufgekeilt8*). 

Schmiedeeiserne  Vollpfahle  werden  im  wesentlichen  nur  bei  Seebauten  und  als 
Brückenpfähle  verwendet88).  Unten  offene  Pfahle  haben  den  Vorzug,  dass  man  etwaige 
Hindernisse  leichter  von  oben  aus  durch  Bohrer  etc.  beseitigen  kann  und  dass  man 
durch  Spülung  das  Einschrauben  zu  erleichtern  vermag. 

Der  Vollständigkeit  wegen  sei  erwähnt,  dass  neuerdings  auch  Betonstampf  pfähle84) 
und  Ramm-  und  Spundwände  aus  Eisenbeton  vielfach  empfohlen  und  verwendet 
werden85). 

Das  Eintreiben  der  beim  Wehrbau  immer  noch  vorwiegend  verwendeten  Holzpfähle 
geschieht  durch  Rammen. 

Franzius36)  gibt  folgende  Tabelle  über  die  Leistungsfähigkeit  und  den  Bedarf  an 
Arbeitskräften  verschiedener  Rammen  bei  12 ständiger  Arbeitszeit  und  unter  Voraussetzung 
sandigen  Bodens: 

Tabelle  IV. 


Arten  der  Rammen 

Schläge 

pro 
Minute 

Gewicht  der 

BAren  in 

Ztr. 

Hubhöhe  in 
m 

Zahl  der 
Arbeiter 

Einge- 
drungene 
Pfahlfinge 
p.  Tag  in  m 

Anschaf- 
fungskosten 
in  Mk. 

Zugrarame 

Gew.  Kunstramme 

Dampfknnstramme 

Sisson8  &  Whitesche 

Ramme 
Nasmythsche  Ramme 

30 

Vi— 1 
3-6 
9-10 

75-100 

10 
12-16 
15—16 

20 

50 

1,2-1,5 
2-6 
2-6 
2-3 

0,75-1 

30 
5 
3 

4 

5 

10-15 

9-10 

35-40 

25-40 

80-110 

600,- 

900,- 

3600,— 

6000,- 

27000- 

Zu  dieser  Tabelle  ist  zu  bemerken,  dass  man  für  Verzinsung  und  Tilgung  des  Anlagekapitals  der 
Rammen  15°/o  des  Anschaffungswertes  und  für  Reparaturen  und  Unterhaltung  10— 20e/o  zu  rechnen  hat. 

In  Deutschland  hat  man  für  den  Schwanzmeister  an  der  Zagramme  heute  als  Stundenlohn  50 
bis  60  Pfg.  und  für  mindestens  zwei  Arbeiter  an  den  Kunstrammen  einen  Stundenlohn  von  nicht  weniger 
als  0,60 — 0,80  in  Ansatz  zu  bringen. 

Franzius37)  gibt  über  die  Leistungsfähigkeit  verschiedener  Dampframmen  und  ihre  Kosten 
bei  den  Hellingsbauten  für  den  Kriegshafen  an  der  Kieler  Bucht  folgende  Tabelle. 


32)  Röhrenförmige,  unten  offene  Pfahle  wurden  zuerst  von  Brunei  beim  Bau  der  Ghepstow- 
Brücke  angewandt  mit  einem  Durchmesser  von  1,8  m.    Engng.  1870.  I.  S.  356  ff. 

33)  Zum  ersten  Male  sollen  von  dem  englischen  Ingenieur  Mitchell  im  Jahre  1834  zur  Aufstel- 
lung von  Leuchttürmen  massive  Schraubenpfähle  vorgeschlagen  sein.  1844  wurden  in  der  Bay  von  Belfast 
an  der  irischen  Küste  schmiedeeiserne  Pfähle  von  4,9—7,1  m  bei  0,125  m  Durchmesser  verwendet.  Anfang 
der  siebziger  Jahre  sind  an  der  Landungsbrflcke  von  Lobes  in  Nordamerika  Pfähle  von  14,4  cm  Stärke 
bei  9,0  m  Länge  und  von  21  cm  Stärke  bei  Längen  bis  zu  16,5  m  zur  Verwendung  gekommen.  In  ähn- 
licher Weise  wurden  im  Jahre  1902/1903  schmiedeeiserne  Schraubenpfähle  an  dem  grossen  Pear  in 
Scheveningen  benutzt. 

34)  L.  v.  Willmann,  H.  d.  Ing-W.  I.  Teil.  3.  Band.  Grundbau.  1906.  S.  47. 

s»)  Beim  Bau  des  Amtsgericbtsgebäudes  am  Wedding  in  Berlin  wurde  s.  Z.  ein  Eisenbeton- 
Pfahlrost  verwendet  Deutsche  Banz.  1902.  8.  562  und  647.  Zentralbl.  der  Bauverw.  1902.  S.  560. 
»•)  Deutsches  Bauhandbuch.  Bd.  8.  Berlin  1879.  S.  11. 
37)  Zeitschr.  des  Architekten-  u.  log.- Vereins  zu  Hannover.  1876.  S.  69. 

48* 


676 


HL    Theodor  Eobhn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


Tabelle  V. 

Leistung  verschiedener  Dampframmen  und  ihre  Kosten  bei  den  Hellingebauten  in  KieL 


Bezeichnung  der  Ramme 


§ä 


43 


<SM 

flQ 


Zahl  der  tagl. 

eingerammten 

Pfahle 


hfl 
• - 

H 

ag 


Ü&.S 

aaS 


•  60 

3i 


Kosten  f.  <L  Arbeitet*,  in  Mk. 


ö 

C 


•    * 


e 


«3 


■Se 

S  M 


« 


M 

s 

e 


3**132* 


ss|!||l 

sjp       «    ^  r  mr      „   ■• 


Nasmythsche 
8oh  wart  z  köpf  fache  Dampf- 
ramme  mit  Rammtan  und 
Friktionastenernng 
Dampframme  mit  Kette  ohne 
Ende    (von   Sissons   & 
White) 
8issons  &  Whitesehe  Nr.  2 
8isscns  &  Whitesehe  Nr.  2 
Dampfknnatramme  Nr.  1 
Dampfkunstramme  Nr.  3 


25000 
14200 


6  300 


7000 

4000 
3  300 


1400 
700 


13,5  Rundpfahle 
6  Rundpfähle 


1050  2,66  Rundpfäble 


2.82  Rundpfahle 

5.83  Spundbohlen 
Spundbohlen 

850|[4,6Spundbohlen 


12,5 
12,0 


12,5 


12,5 
10,5 
|9,75 
10,5 


7,5 

7,5 


7,0 


7,0 
3.0 
3,0 
3,0 


505 
375 


250 


240 


200 
HO 


16,50 
16,50 


14,25 


14,25 


14,25 
14,25 


10,10 
7,50 


5,00 


4,80 


2.80 
1,93 


1,25 


1,25 


3.00 
7,50 


5,00 


5,75 


32,40 
33,43 


032 
0,74! 


25.50!  1.37,  - 


4,00 
2,20 


1*25 
1,25 


2.00 
1,65 


26,05 
26,05 


l 


1,32  - 

1,49  1.64 

21.50  1,19  1,95 

19,35  1,40  1,54 


Es  betragen  durchschnittlich  die  Rammkosten  pro  lfm.  eingerammter  Pfahllange  bei  Rundpfthlsn 
ungefähr:  Mit  der  Kunstramme  mit  Dampfbetrieb  rd.  1,20—1,40  Mk.;  bei  der  Sissons  &  Whiteschen  Dampf- 
ramme 1,80— 1,50  Mk.;  bei  der  Schwarzkopfschen  Dampfzugramme  (Anschaffungspreis  etwa  14000  Mk.) 
0,74  Mk.;  bei  der  Nasmythschen  Dampframme  etwa  0,60  Mk.«8). 

Bei  dem  Bau  der  Straesenbrücke  Aber  die  Norderelbe  bei  Hamburg  wurden  zn  den  Ramm- 
arbeiten sieben  Dampf-Kunstrammen  von  Menck  &  Hambrock  und  zwei  unmittelbar  wirkende  Rammen 
der  Figeeschen  Bauart  benutzt  and  folgende  Leistungen  erzielt »»). 


Tabelle  VI. 

Zusammenstellung  der  täglichen  Durchschnittsleistungen  der  Rammen  beim  Bau  der  Straasenbrücke 

Ober  die  Norder-Elbe  bei  Hamburg. 


•8 

1 

5 

s 

• 

2 

j 

e 

l 

Spundbohlen 
12  cm  stark 

Kantpfihle  26  cm  stark. 
Die  Rammung  erfolgte 

Rnndpflhle  20  cm 

Durchmesser. 

Die  Bammnng  erfolgte 

Bezeichnung  der 

> 

• 

ff 

Ml 

m 

3? 

e 

e 
• 

«     i 

1 

fest 

schwimm. 

fest 

srhwinnL 

Ramme 

Spund- 
wand 
pro  Tag 

■ 
8:2 

2t*  fc  0 
1  lftn. 

s  • 

SS* 

i-2 

«3  "** 

kg 

m 

hl 

Mann 

lim.   1     m 

m 

lftn. 

m 

8tSek 

m     Stück 

m 

Dampf-Knnstrammen 

750 

2,5 

2 

8 

3,80 

4 

1,2 

7 

___ 

_. 

4 

7 

....._ 

1,  in,  VI 

1 

1 

Dampf-Kunstrammen 
It  IV 

1100 

2,0  2,5 

1 

8 

— — 

•■ -" 

^^ 

^— 

2 

8,4 

3 

6 

4 

5 

Dampf-Kunatramme  V 

1000 

1,5  !  2,5 

3 

3,50 

4,7 

— 

— 

— 

— 

3 

7 

—      — 

8ehrigramme  IX 

1100 

2,5  !  2,5 

3 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

2 

11.2 

~~  1 

Figoe-Rammen  VII,  VIII 

1200 

6.6 

1,6 

4-5 

"" "~ 

1,8 

7 

3,4 

7 

7 

7,3 

4  1 

5,7 

Ober  die  Kosten  pro  qm  fertiggestellter  Spundwand  gibt  E.  Mohr'O)  nach  den  Ermittlungen 
bei  den  Arbeiten  für  die  Kanalisierung  der  Oder  an,  daas  dortselbst  1  qm  Spundwand  20  cm  stark  so 


38)  Beim  Bau  der  Donaubrücke  der  Budapester  Verbindungsbahn  betrugen  die  Kosten  pro  lfm. 
eingerammter  Pfahle  bei  Venrendung  von  Dampframmen  nach  der  Bauart  J.  Chretien  (Anschaffnnga- 
koaten  9650  Mk.)  1,07  Mk.  und  zwar  ohne  Verzinsung  und  Tilgung  der  Anachaffungakoaten. 

•»)  Zeitachr.  f.  fiaaw.  1890.  S.  346  und  Handb.  der  Ing.-Wissenschaften.  I.  Teil.  3.  Bd.  .Der 
Grundban*.  1906.  S.  83. 

40)  Die  Kanalisierung  der  Oder  von  Cosel  bis  zur  Neisaemündung  von  E.  Mohr,  Zeitschr.  t 

Banw.  1896.  S.  493. 


§  1.  Stauwerke.    A.  Wehre.  677 

liefern  und  zu  rammen,  einschliesslich  Vorhalten  der  Geräte,  je  nach  dem  Vorkommen  von  Hinder* 
niesen,  22—85  Ifk.  gekostet  habe.    Andere  Angaben  stimmen  mit  diesem  Preise  Oberein. 

Die  Tragfähigkeit  eines  22—24  cm  starken  Bnndpfabls  betragt  nach  Perronet  höch- 
stens rd.  25000  kg  und  die  eines  solchen  von  82  cm  mittlerer  Starke  höchstens  50000  kg,  wenn  der  Pfahl 
während  mehrerer  Hitzen  (jede  Hitze  sn  25-30  Schlagen,  Bärgewicht  800—850  kg),  in  jeder  Hitze  nicht 
mehr  als  4 — 6  mm  eindringt. 

Es  sind  auoh  zur  Berechnung  der  Tragfähigkeit  verschiedene  Formeln  aufgestellt,  unter  anderen 
von  Brix,  Ritter  und  Weissbach. 

Die  Formel  von  Brix,  welche  auf  die  Zusammendrückung  d.  h.  auf  die  Elastizität  des  Heises 
keine  Rücksicht  nimmt,  lautet: 

T  __     hP»Q 

•    ^    ♦  e(P  +  Q)> 

worin  bedeuten: 

L  die  vom  Pfahl  rechnungsmassig  zu  tragende  Last  in  kg. 

P  das  Gewicht  .des  Rammbären  in  kg. 

Q  das  Gewicht  des  Pfahles  in  kg. 

h  die  Fallhöhe  des  Rammbären  in  mm. 

e  das  Mass  in  mm,  um  welches  der  Pfahl  unter  dem  letzten  Schlage  eingedrungen  ist 

Ähnlich  gebaut  ist  die  Ritt  er  sehe  Formel: 

T_     h.Q' 

•  (P  +  Q) 
worin  die  Buchstaben  im  übrigen  dieselbe  Bedeutung  haben: 

Die  Formel  von  Weissbach  berücksichtigt  die  Elastizität  des  Holzes,  jedoch  nicht  das  Pfahl- 
gewicht und  lautet:  

L^      FBe  |  -|/2PhFE  j  /FE.\' 

worin  bedeuten: 

F  den  mittleren  Querschnitt  des  Pfahls  in  qmm, 

E  den  Elastizitätsmodul  des  Holzes  auf  qmm  bezogen  (durchschnittlich  für  Kiefernholz  1100), 

l   die  Länge  des  Pfahles  in  mm, 
während  die  übrigen  Buchstaben  dieselbe  Bedeutung  haben  wie  in  der  Brix  sehen  Formel. 

Nach  dieser  Formel  ergibt  sich  für  e  ein  erheblich  grosserer  Wert  als  nach  der  Ritter- 
sehen  Formel. 

Indessen  bei  der  Verschiedenartigkeit  des  Bodens  können  alle  diese  Formeln  sichere  Werte 
nicht  geben.  Man  nimmt  deshalb  niemals  die  volle  rechnerisch  zulässige  Belastung  L  bei  Aufstellung 
des  Projektes  an,  sondern  nur  1/n,  indem  man  so  eine  n  fache  Sicherheit  zugrunde  legi  n  wird 
meistens  =4  bis  5  gewählt.  Es  ist  ausserdem  immer  zu  empfehlen,  bei  der  Ausführung  selbst  Probe- 
belastungen  zu  machen,  um  sich  zu  überzeugen,  dass  man  richtige  Annahmen  gemacht  hat. 

Um  ein  sicheres  Urteil  zu  gewinnen,  muss  man  die  belasteten  Pfähle  mindestens  während  eines 
ganzen  Monats  beobachten,  da  bei  kürzerer  Beobachtungszeit  leicht  Zufälligkeiten  eine  grosse  Rolle 
spielen  können. 

Über  den  Widerstand  eines  Pfahles  gegen  Ausziehen  fehlt  es  an  allgemein  gültigen  Angaben 
noch  ganz.  Der  Ingenieur  Hartz  ig  hat  im  Jahre  1882  in  den  Veröffentlichungen  des  englischen  Zivil- 
ingenieur-Vereins über  seine  Beobachtungen  bei  Beseitigung  eines  für  die  Erweiterungsbauten  des  Albert» 
Docks  in  London  angelegten  Fangedammes  folgende  Angaben  gemacht:  Bei  800  Pfählen  mit  quadra- 
tischem oder  rechteckigem  Querschnitt  von  12,20  m  mittlerer  Länge,  5,57  m  mittlerer  Einrammungs* 
tiefe  und  0,818  m  mittlerer  Breite  waren  im  Mittel  für  das  Ausziehen  eines  Pfahles  84418  kg  erforder- 
lich. Das  Eigengewicht  eines  Pfahles  hat  im  Mittel  1016  kg,  der  Adhäsionswiderstand  878  kg  betragen. 
Für  den  Reibungswiderstand  bleiben  sonach  82524  kg  d.  h.  pro  qm  äusserer  Fläche  des  Pfahles  etwas 
Aber  9200  kg.  Im  allgemeinen  wird  man  den  Widerstand  eines  Pfahles  gegen  Ausziehen  nicht  grösser 
als  mit  der  Hälfte  seiner  Tragfähigkeit  in  Rechnung  setzen  können. 

Wird  ein  Pfahl  am  oberen  Ende  mit  Beton  umgössen,  so  kann  man  nach  Versuchen  von  Delion 
(Zentralblatt  der  Bauverwaltung  1897.  S.  582)  für  je  10  cm  einbetonierter  Pfahllänge  eine  Zugkraft  gegen 
Auftrieb  von  1  t  in  Anrechnung  bringen. 

Die  Wasserhaltung.  Bei  durchlässigen  Bodenarten,  welche  durch  den  Auftrieb 
des  Wassers  gelockert  werden  können,   ist  es  stets  vorzuziehen,  nicht  das  Wasser  aus 


678  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

einem  an  der  Oberfläche  angelegten  Pumpensumpf  abzusaugen,  sondern  vielmehr  das 
Wasser  in  der  Baugrube  selbst  abzusenken.  Das  geschieht  durch  Herabsenken  von 
Sangrohren  bis  einige  Meter  unter  der  beabsichtigten  Senkungstiefe  —  am  besten  ausser- 
halb der  Baugrube  —  und  durch  Anschluss  dieser  Saugrohre  an  ein  gemeinsames  Pumpen- 
röhr41).  Auf  diese  Weise  kann  man  meistens  ganz  im  Trocknen  arbeiten  und  der  Boden 
wird  nicht  durch  das  Auftreiben  des  Wassers  gelockert.  Beton,  welcher  in  einer  der- 
artig trocken  gelegten  Baugrube  hergestellt  und  sorgfältig  eingestampft  wird,  kann  um 
25  bis  50°/o  weniger  stark  hergestellt  werden  als  eine  durch  Trichter  hergestellte 
Betondecke,  weil  Dichtigkeit  und  Festigkeit  des  gestampften  Betons  mindestens  um  diese 
Prozentsatze  grösser  werden.  Man  erreicht  ausserdem  unter  allen  Umständen  einen  viel 
besseren  Anschluss  der  Betondecke  an  die  natürliche  Sohle  und  der  Auftrieb  des  Wassers 
gegen  die  fertige  Betondecke  wird  geringer. 

Der  Beton.    Der  wichtigste  Baustoff  bei  der  Ausführung  von  Wehren  ist  der 
Beton.    Man  verwendet  zur  Herstellung  des  Betons  hydraulischen  Mörtel  in  Verbindung 
mit  grobem  Kies  oder  Steinschlag  (Schotter).    Zur  Herstellung  des  Mörtels  muss  guter 
reiner,  scharfer  Quarzsand  genommen  werden.    Der  Bedarf  an  Mörtel  zur  Herstellung 
des  Betons  richtet  sich  nach  dem  Hohlraum  des  Kieses  oder  Schotters.    Diesen  Hohl- 
raum stellt  man  so  fest,  dass  man  ein  genau  ausgemessenes  Hohlgefass  mit  Kies  und 
Schotter  gerüttelt  bordvoll  macht  und  dann  mit  Wasser  bis  zum  Überlaufen  sättigt.  Die 
hierzu  erforderliche  Wassermenge  entspricht  dem  Hohlraum.    Der  Hohlraum  bei  Kies 
fast  aller  Korngrössen  von  5  bis  45  mm  ist  etwa  0,350  des  Volumens,  bei  Schotter  von 
etwa  5  cm  Seitenlänge    ist    der  Hohlraum   etwa   0,375.      Da    aber  der   Mörtel  nicht 
nur  den  Hohlraum  ausfüllen  soll  sondern  auch  jedes  Korn  des  Kieses  und  jedes  Stück 
des  Schotters  umhüllen  muss,  damit  sich  die  einzelnen  Schotter-  und  Kieselsteine  „satt* 
berühren,  so  gehört  zu  einem  cbm  Beton  nicht  0,350  resp.  0,375  cbm,  sondern  ca.  15  •,• 
mehr,  d.  h.  für  Kiesbeton  etwa  0,400  und  für  Schotterbeton  etwa  0,430  cbm  Mörtel.  In 
diesem  Zuschlag  sind  die  unvermeidlichen  Verluste  eingerechnet,   die  bei  der  Lagerung 
des  Sandes,  auf  dem  Transport  usw.  verloren  gehen. 

Die  Verpackung  aller  Zemente  und  hydraulischer  Kalke  erfolgt  entweder  in  Fässern 

oder  in  Säcken.   Entere  Verpackung  ist  natürlich  die  bessere.    Das  Nonnalgewicht  einer  Tonne  Zement 

betrigt  180  kg  brutto  und  170  kg  netto  und  enthält  122  Liter  Zement,  woraus  sich  ein  Gewicht  von 

co  140  kg  pro  hl  ergibt 

Ein  Sack  von  70  kg  netto  soll  50  Liter, 

.       .        •    60   „      ,        ,    43      , 

•       *        »50,,        ,86» 

enthalten.    Es  ist  zweckmässig  bei  der  Mischung,  deren  Verhältnis  nach  Raumteilen  festgestellt  zu 

werden  pflegt,  die  erforderlichen  Mengen  des  Zementes  nach  den  obigen  Gewiehtsiahlen  su  berechne^ 

d.  h.  den  Sand  so  abzumessen,  dass  bei  einem  beabsichtigten  Mischungsverhältnis  an  einer  Mischung 

ganze  Tonnen  oder  Sacke  Zement  oder  hydraulischen  Kalkes  gehören.   Auf  diese  Weise  ist  ein  Messen 

des  Zementes  oder  Kalkes  nicht  mehr  nötig. 

Die  Kosten  einer  Tonne  gnten  Portland  -  Zementes  schwanken  in  Deutschland  zurzeit  zwischen 
4  und  7  Mk.  frei  Ufer  oder  Bahnstation.  Es  kosten  also  100  kg  Zement  in  Deutschland  durchschnitt- 
lich 2,35—4,12  Mk.  oder  3,29-5,75  Mk.  pro  hl. 

Sehlaekenzemente,  Romanzemente,  Puzzolanerden  sind  10—30°/°  billiger. 

Der  gewöhnliche  hydraulische  Kalk,  sowie  der  Weisskalk,  welche  zum  Mischen  mit  dem  künst- 
lichen and  natürlichen  Zement  gebraucht  werden,  kosten  etwa  1,5—2,0  Mk.  pro  hl  =  rd.  70  kg. 

Bei  den  verschiedenen  Mischungsverhältnissen  ist  die  Ausbeute  nicht  ganz  die  gleiche,  obwohl 
sie  nicht  in  weiten  Grenzen  schwankt.    Die  nachfolgende  Tabelle  gibt  darüber  einige  Auskunft*»). 

41)  A.  Bredtschneider,  Absenken  des  Grund  Wasserstandes  in  Baugruben  durch  Rohrbrunoen 
Zentralbl.  d.  Bauverw.  1898.  S.  73  und  78. 

4f)  Nach  den  im  Auftrage  des  Vereins  deutscher  Portland -Zementfabriken  herausgegeben« 
Werke:  ,Der  Portlandzement  und  seine  Anwendung  im  Bauwesen11.  Berlin  1892.  S.  64. 


S  l. 


Stauwerke.    A.  Wbhbe. 


679 


Tabelle  VII. 
Materialbedarf  fOr  1  ebm  Zement-Mörtel 


Mischung  in  hl 

1  ebm  Mörtel  erfordert 

Zement 

Sand 

Wasser 

Ausbeute 

Zement 
in  kg 

Sand 
Liter 

Wasser 
Liter 

1 
2 
8 

4 
5 

0,53 
0,75 
0,98 
1,25 
1,50 

2.0,75  =  1,50 
8 . 0,75  =  2,25 
4 . 0,75  =  3,00 
5 . 0,76  =  3,80 
6 . 0,78  -=  4,68 

983 
622 

487 
368 
300 

667 

888 

1000 

10£8 

1070 

353 
333 
827 
329 
329 

Nach  der  vorstehenden  Tabelle  VII  ergibt  sich  der  Materialbedarf  für  1  ebm  fertigen  Zement- 
beton wie  folgt: 

Tabelle  VIII. 

Materialbedarf  bei  Zementbeton  pro  ebm  fertigen  Beton. 


IT»              • 

Schotter  in 
ebm 

Mörtel- 
mischung 

Zement  in  kg 

Sand  in  1 

T1T     —  ^-. 

Kies  in 
ebm 

bei 
Kies 

bei 
Schotter 

bei 
Kies 

bei 
Schotter 

Wasser 
in  1 

0,90 
0,90 
0,90 
0,90 
0,90 

0,95 
0,95 
0,95 
0,95 
0,95 

1:1 
1:2 
1:3 
1:4 
1:5 

375 
250 
185 
147 
120 

400 
270 
200 
160 
130 

270 
855 
400 
420 
430 

287 
382 
430 
450 
460 

. L. . , 

350 
333 
827 
829 
329 

Über  die  Qualität  des  erforderlichen  Wassers  sei  kurz  erwähnt,  dass  dasselbe  rein  und  schlämm* 
frei  sein  muss  und  möglichst  auch  keine  organischen  Stoffe  oder  Salze  aufgelöst  enthalten  darf. 

Da  es  bei  den  Wehrbauten  sehr  oft  auch  auf  Wasserundurchlässigkeit  ankommt,  sehr  grosse 
Festigkeiten  dagegen  nicht  erforderlich  sind,  verwendet  man  häufig  den  sogenannten  Zement-Kalk-Beton, 
indem  man  mageren  Zementmörtel  durch  Zusatz  von  hydraulischem  Kalk  oder  Weise-Kalk  verlängert 
Hierdurch  können  zu  gleicher  Zeit  recht  erhebliche  Ersparnisse  an  Baukosten  ersielt  werden.   Empfehlens- 
werte Mischungen  für  den  Zement-Kalk-Mörtel  zu  Betonierungsarbeiten  sind  etwa 
1  Teil  Zement,  5  Teile  Sand,  */•  Teil  Kalkteig  oder  hydraulischen  Kalk  «3), 
1  Teil  Zement,  6—7  Teile  Sand,  1  Teil  Kalkteig  oder  hydraulischen  Kalk, 
1  Teil  Zement,  8  Teile  Sand,  T/i  Teile  Kalkteig  oder  hydraulischen  Kalk, 
1  Teil  Zement,  10  Teile  Sand  und  2  Teile  Kalkteig  oder  hydraulichen  Kalk. 
Die  nachfolgende  Tabelle  IX  gibt  Auskunft  Aber  die  Ausbeute  an  Mörtel  bei  den  verschiedenen 
Mischungsverhältnissen  von  Zement  und  Kalkmörtel  und  über  den  Materialbedarf  pro  1  ebm  Mörtel, 
wonach  sich  dann  der  Materialbedarf  pro  1  ebm  Zement-Kalkbeton  nach  Tabelle  X  berechnet: 

Tabelle  IX. 

Materialbedarf  für  1  ebm  Zement-Kalk-Mörtel. 


Mischungsverhältnis  in  hl 

1  ebm  Mörtel  erfordert 

Zement 

Sand 

_,r.     .  .. 

Kalkteig 

Wasser 

Ausbeute  in  hl 

Zement 

Sand 

Kalk 

Wasser 

1  - 

5 

0,5 

1,30 

6,5 . 0,754  &Q  4,90 

286  kg 

1000  Lit. 

102  lit 

265  Lit. 

1 

6 

1,0 

1,35 

8,0. 0,750  S£  6,00 

288   . 

1020    „ 

167    , 

225    , 

1 

7 

1,0 

1,60 

9,0.0,765^6,80 

206   . 

1029    , 

H7    , 

285    , 

1 

8 

1,5 

1,60 

10,5 . 0,748  K  7,80 

182   , 

1040    , 

190    , 

205    , 

1 

10 

2,0 

1,70 

13,0.0,729139,45 

148   . 

1055    „ 

212    , 

180    , 

*»)  Kalkteig  enthält  immer  über  die  Hälfte  Wasser,  1  hl  Kalkteig  wiegt  etwa  140  kg  und 
enthält  durchschnittlich  68  kg  trockenes  Kalkhydrat,  welches  Gewicht  nahezu  auch  1  hl  zu  Pulver 
gelöschter  hydraulischer  Kalk  hat. 


680 


III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  vom  Wasserkräften.    Eiszeuheiteh. 


Tabelle  X. 

Materialbedcrf  bei  Zem«nt-Kalk-Beton  pro  cbm  Beton. 


Kies 

oder 
Schotter 
in  cbm 

Mischungsverhältnis  in  bl  ] 

Zement  in  kg  bei 

Kalk 

in  1  bei 

Sand 

in  1  bei  ; 

Wasser 

Zement 

Kalkteig 

Sand 

Kies 

Sehotter 

Kies 

Schotter 

Kiee 

Schotter 

in  1 

0,90 

0,95 

1 

0,5 

i 

5 

114 

123 

41 

44 

408 

439 

265 

0,90 

0,95  . 

1 

1 

6 

93 

100 

67 

72 

400 

430 

225 

0,90 

0,95 

1 

1 

7 

83 

90 

60 

63 

410 

442 

235 

0,90 

0,95 

1 

1,5 

8 

73 

78 

78 

84 

416 

447 

205 

0,90 

0,95 

1 

2 

10 

60 

64 

i 

85 

91 

422 

454 

l     180 

Die  Herstellung  des  Betons  geschieht  in  der  Regel  in  der  Weise,  dass  zunächst  der  Mörtel 
entweder  von  Hand  oder  mit  Maschinen  trocken  gemischt  wird  und  dann  die  Mischung  des  Mörtels 
mit  dem  Kies  oder  Schotter  unter  Wasserzusatz  erfolgt.  Diese  Art  der  Mischung  ist  in  den  „Leitsätzen 
für  die  Vorbereitung  usw.  von  Bauten  aus  Stampfbeton*  aufgestellt  vom  deutschen  Beton  verein,  Februar 
1905.  S.  12  vorgeschrieben  (S.  135.  Grundbau  1906). 

Die  Zubereitung  des  Zement- Kalkmörtels  aus  Kalkmilch  geschieht  am  besten,  indem  man  den 
abgemessenen  Kalkteig  in  der  Mörtelpfanne  mit  dem  erforderlichen  Wasser  zu  Kalkmilch  anrührt  und 
den  trocken  gemischten  Zementmörtel  dann  entweder  in  der  Mörtelpfanne  oder  auf  andere  Weise  mit  der 
Kalkmilch  solange  durcharbeitet,  bis  ein  plastischer  Mörtel  entsteht.  Bei  Verwendung  von  hydraulischem 
Kalk  statt  des  Kalkteiges  aus  Weisskalk  wird  der  hydraulische  Kalk  zunächst  zu  Pulver  gelöscht  und 
dann  der  Mörtel  aus  Zement,  Kalk  und  Sand  trocken  gemischt  und  schliesslich  unter  Wasserzusatz  die 
Betonmasse  hergestellt.  Als  zulassige  Beanspruchung  des  Betons  bei  Betongründung  wird  man  nicht 
mehr  als  \ »  der  Druckfestigkeit  eines  Probewürfels  ans  Beton  nach  28  Tagen  annehmen  dürfen.  In  der 
Regel  wird  man  eine  Druckbelastung  bei  Mörtelmischungen  von  1:4  bis  1:5  als  4 — 5  kg/qcm  bei 
Betongründungen  nicht  fiberschreiten  (vergl.  S.  673).  R.  Dyckerhoff  ermittelte  bei  Festigkeits- 
versuchen, welche  er  mit  Betonwürfeln  anstellte,  nach  1  Tag  Erhärtung  an  der  Luft  und  27  Tagen 
unter  Wasser  folgende  Druckfestigkeiten  * *): 


Mischungsverhältnis  in  Raumteilen 

Druckfestig- 

Zement 

Kalkteig 

Sand 

Kies 

keit  kg/qcm 

1 

— - 

2 



151,8 

1 

— 

2 

3 

196,2 

1 

2 

5 

170,5 

1 

— 

— 

5 

69,9 

1 

— 

3 

98,8 

1 

8 

5 

116,6 

1 

— 

3 

6,5 

108,2 

1 

— 

4 

— 

75,2 

1 

•M 

4 

5 

90,9 

1 



4 

8,5 

86,0 

1 

1 

6 

— 

1           53,5 

1 

1 

6 

12 

52,1 

Bei  der  Betrachtung  der  Dyk  erhoff  sehen  Zahlenreihe  ist  hervorzuheben,  dass  die  Zement- 
proben gestampft  waren ,  wodurch  natürlich  eine  erhebliche  Festigkeitssteigerung  erzielt  werden  kann. 
Mit  geschüttetem  und  nicht  gestampftem  Beton  dürfte  man  kaum  die  Hälfte  dieser  Festigkeit  erreichen. 
Es  ergibt  sich  weiter  aus  der  Zahlenreihe,  dass  Beton  ohne  Sandznsatz,  nur  mit  Kies  hergestellt,  ge- 
ringere Festigkeit  als  der  mit  Sand  angemachte  hat.  Der  Grund  dafür  ist  der,  dass  Hohlräume  und 
unsatte  Berührungsstellen  zwischen  den  Kieskörnern  verbleiben.    Man  sieht  ferner  ans  der  Zahlenreihe, 


♦*)  Protokoll  der  Generalversammlung  des  Vereins  deutscher  Zement-Fabrikanten  1880  S.  33 
und  89  und  Deutsche  Bauz.  1880  S.  132. 


§  1.  Stauwerke.    A.  Wehre.  681 

was  auch  im  flbrigen  durch  die  Praxis  bestätigt  wird,  data  die  Verminderung  des  Kieazusatzes  (oder 
Schotterzusatzee)  zum  Beton  unter  eine  gewisse  Qrenze  unwirtschaftlich  ist  Bei  einer  Mischung  des 
Mörtels  im  Verhältnis  1 : 4  ergibt  der  Beton  mit  8,5  Teilen  Kies  noch  fast  dieselbe  Festigkeit  wie  der- 
jenige mit  nur  5  Teilen  Kies. 

Was  daa  Verhältnis  der  Zog-  und  Scherfestigkeit  des  Betons  zur  Druckfestigkeit  betrifft,  so 
wird  man  die  Zagfestigkeit  durchschnittlich  nur  zu  V1*"— *A  der  Druckfestigkeit  und  die  Scherfestigkeit 
zur  1 V»— 1 V« fachen  der  Zugfestigkeit  annehmen**). 

Die  Zugfestigkeit  des  Betons  kann  namentlich  bei  Schleusenbauten,  aber  auch  beim  Wehr  und 
Kanaleinlauf  da  eine  grossere  Rolle  spielen,  wo  es  sieh  um  starken  Auftrieb  handelt,  die  Sohle 
also  gegen  den  Wasserdruck  von  unten  die  nötige  Bruchfestigkeit  haben  muss.  Um  in  diesem  Falle 
die  Zugfestigkeit  der  oberen  Schichten  zn  erhöhen,  kann  die  Verwendung  von  Eiseneinlagen  sehr  zweck- 
mässig sein  und  zu  grossen  Materialersparnissen  fahren.  Näheres  vergl.  die  SpeziaUiterator  in  den 
Literaturaogaben. 

Das  Qewioht  des  Betons  läset  sich  aus  der  Zusammensetzung  derjenigen  Materialien  angenähert 
berechnen,  welche  für  1  cbm  erforderlich  sind.  Das  Gewicht  von  1  com  Kies  kann  etwa  auf  1900—1400, 
das  von  1  cbm  Schotter  auf  1200—1800  kg  angenommen  werden.  Das  zu  1  cbm  Beton  gehörige  Mörtel- 
gewicht beträgt  etwa  780-800  kg,  sodass  das  Gewicht  von  1  cbm  Beton  etwa  zwischen  2000—2800  kg 
schwankt. 

Die  Mischung  des  Mörtels  und  des  Betons  erfolgt  bei  grossen  Bauausführungen  meistens  auf 
maschinellem  Wege.  Die  Kosten  der  Mischung  betragen  etwa  1,0—2,0  Mk.  pro  cbm,  wenn  dieselbe 
auf  maschinellem  Wege  geschieht  Bei  Mischungen  mit  der  Hand  hängt  der  Preis  ganz  vom  orts- 
üblichen Tagelohn  ab.  Das  Einbringen  und  Feststampfen  kostet  durchschnittlich,  wenn  es  im  Trocknen 
erfolgt,  0,50—1,00  Mk.  pro  cbm.  Beim  Versenken  durch  Trichter  oder  Kästen  1,50—2,00  Mk.,  ein- 
schliesslich Vorhalten  der  Geräte  und  Gerüste.  Überschläglich  und  als  Durchschnitt  lassen  sich  die 
Kosten  für  1  cbm  Zement- Beton  mit  einer  Mörtelmischung  von  etwa  1:8  bis  1:4  auf  18—25  Mk. 
angeben,  in  welchem  Preise,  wohlverstanden,  die  Kosten  för  den  Abschlnss  und  Aushub  der  Baugrube 
nicht  enthalten  sind.  Wird  der  Kies  und  der  Sand  auf  der  Baustelle  gewonnen,  ohne  dass  besondere 
Unkosten  für  Transport  entstehen,  so  kann  man  das  cbm  um  7—10  Mk.  billiger  in  Ansatz  bringen. 
Der  Durchschnittspreis  pro  cbm  Beton  aoa  Mischungen  von  Portland-Zement  und  hydraulischen  Kalken 
oder  Weisskalk  lässt  sich  demnach  je  nach  dem  Mischungsverhältnis  überschläglich  ermitteln. 

Ausser  der  Gründung  zwischen  Spundwänden  und  auf  Pfählen  kann  bei  Wehrbauten 
besonders  für  einzelne  Wehrpfeiler  und  für  lange  Ufermauern  die  Gründung  auf  Senkkästen 
oder  Senkbrunnen  mit  Seitenwänden  aus  Stein,  Holz  oder  Eisen  in  Frage  kommen 46).  Bei 
diesen  Gründungsarten  ist  es  aber  sehr  schwierig,  wenn  nicht  unmöglich,  längere  wasser- 
undurchlässige Wände  herzustellen.  Die  Mannigfachheit  der  ausgeführten  Konstruktionen 
ist  so  gross,  dass  hier  auf  diese  Gründnngsart  nicht  weiter  eingegangen  werden  kann, 
vielmehr  auf  die  Spezialliteratur  verwiesen  wird. 

Nachdem  durch  die  zahlreichen  Bauausführungen  der  letzten  Zeit  die  Geräte  für 
Draekluftgründungen  ausserordentlich  vervollkommnet  und  verschiedene .  grössere  Bau- 
firmen mit  allen  für  die  Druckluftgründung  erforderlichen  Maschinen  und  Geräten  aus- 
gerüstet sind,  ist  es  möglich  geworden,  Gründungen  mit  Druckluft  zu  verhältnismässig 
billigen  Preisen  und  in  verhältnismässig  kurzer  Bauzeit  durchzuführen,  und  es  haben 
tatsächlich  dieselben  bei  Ausführung  von  Wasserkraftanlagen  eine  sehr  ausgedehnte  Ver- 
wendung gefunden.  Es  wird  der  Ingenieur  deshalb  in  Fällen,  wo  Pfahlrostgründungen 
oder  Gründungen  zwischen  Spundwänden  wegen  der  Schwierigkeit  der  Wasserhaltung 
oder  wegen  des  mit  grossen  Steinen  oder  ähnlichen  Hindernissen  angefüllten  Untergrundes 


4*)  Der  Portland-Zement  und  seine  Anwendung  im  Bauwesen.  Berlin  1892.  8.  97. 

46)  Die  Tiefen  bis  zu  welchen  Senkbrunnen  angeführt  worden,  überschreiten  selten  das  Mass 
von  8,0  m  unter  N.W.,  ausnahmsweise  sind  aber  erheblich  grössere  Tiefen  erreicht.  So  wurden  bei  den 
Bauten  der  ostindischen  Rajpootana -Staatsbahn  1870—75  gemauerte  Senkbntnnen  von  3,8  m  äusserem 
Durchmesser  und  0,84  m  Wandstärke  18,0—23,0  m  unter  N.W.  des  Jumnaflusses  gesenkt.  Engng.  1875. 
Bd.  II.  S.  162  und  Handbuch  d.  Ing.-Wissensch.  T.  T.  Bd.  3.  1906.  L.  v.  Willmann.  Der  Grundbau.  S.  210- 


682         III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheitex. 

oder  wegen  zu  unsicherer  Bauausführung,  oder  wegen  zu  langer  Bauzeit,  oder  schliess- 
lich wegen  verhältnismässig  zu  grosser  Kosten  unzweckmässig  oder  ausgeschlossen  er- 
scheinen, heute  nicht  selten  der  Druckluftgründung  den  Vorzug  geben  müssen  und  ins- 
besondere dann,  wenn  es  sich  um  Herstellung  wasserdichter  Wände  handelt. 

Man  unterscheidet  im  wesentlichen  zwei  Arten  der  Druckluftgrandung  und  zwar: 

1.  diejenige  mit  verlorner  Arbeitskammer  und 

2.  diejenige  mit  beweglicher  Arbeitskammer. 

Die  letztere  Art  soll  bereits  finde  des  13.  Jahrhunderts  bekannt  gewesen  sein, 
und  man  soll  damals  schon  die  Arbeitskammer  „ Taucherglocke u  genannt  haben47). 

Praktische  Verwendung  erhielt  die  Taucherglocke  zuerst  im  grösseren  Umfange 
durch  Smeaton  im  Jahre  177948).  Die  Glocke  hing  an  einem  Gerüst  und  das  Aus-  und 
Einsteigen  geschah  bei  hochgehobener  Glocke  von  einem  Boote  au9.  Die  Luftzuführung 
erfolgte  mittelst  einer  Luftpumpe. 

Die  Gründungsart  mit  verlorner  Arbeitskammer  wurde  durch  die  Er- 
findung der  Luftschleusen  des  französischen  Ingenieurs  Triger  im  Jahre  1841  zuerst 
ermöglicht4'). 

Sehr  vervollkommnet  wurden  die  Apparate  für  Druckluftgründungen  durch  den 
Ingenieur  Pfannmüller,  welcher  die  Projekte  für  die  pneumatische  Gründung  der 
Pfeiler  einer  Rheinbrücke  bei  Mainz  im  Jahre  1860  aufstellte50).  Verwendung  fand  die 
Pfannmüll  ersehe  Idee  zuerst  im  Jahre  1859  bei  Gründung  der  Pfeiler  der  Kehler 
Rheinbrücke  unter  Leitung  des  französischen  Ingenieurs  Fleur  St.  Denis.  Bei  dieser 
Bauausführung  hatte  die  Arbeitskammer  eines  Pfeilers  eine  gemeinschaftliche  eiserne 
Decke,  war  aber  in  verschiedene  Kammern  geteilt.  Um  den  Auftrieb  des  Wassers  zu 
überwinden,  wurde  die  Decke  mit  Fundament-Mauerwerk  belastet,  soweit  nicht  der  Platz 
durch  die  Einsteigescbächte  für  die  Arbeiter  und  durch  die  Schächte  für  die  Förderung 
des  Aushubs  eingenommen  war.  Um  die  Reibung  zwischen  dem  Erdboden  und  dem  Funda- 
mentkörper beim  Versenken  zu  überwinden,  wurde  derselbe  mit  einem  an  die  Decke 
der  Arbeitskammer  angeschlossenen  Blechmantel  umgeben.  Bei  der  Ausführung 
ergab  sich,  dass  die  Einteilung  in  einzelne  Kammern  unnötig  war,  dass 
vielmehr  die  Arbeitskammer  zusammenhängend  in  gleicher  Ausdehnung 
wie  das  zu  erstellende  Fundament  ausgebildet  werden  konnte. 

Die  verlorne  Arbeitskammer  wird  heute  meistens  aus  einem  eisernen  versteiften 
Kasten  mit  tragfähiger  Decke  in  der  Form  eines  Rechtecks  und  in  der  Grösse  des 
beabsichtigten  Fundamentes  hergestellt  Dieselbe  wird  bei  kleineren  Wassertiefen 
schwimmend  an  Ort  und  Stelle  gebracht  und  versenkt     bei  grösseren  Wassertiefen  an 


4?)  Die  erste  Beschreibung  einer  solchen  Taucherglocke  rührt  von  Fr.  Baco  von  Verulam  aus 
dem  Jahre  1645  her  und  findet  sich  im  zweiten  Bande  seines  Buches  Novum  Organon. 

♦*)  Smeaton  stellte  die  Glocke  aus  Gusseisen  her  und  machte  sie  so  gross,  dass  2  Mann  in  ihr 
Platz  finden  konnten;  sie  fand  Verwendung  beim  Hafenbau  in  Ramsgate. 

*«)  Triger  hatte  die  Aufgabe  einen  Schacht  auf  ein  Kohlenflöz  zu  treiben,  das  nahe  der  Loire 
bei  Chalonnes  liegt  und  Aber  welchem  zunächst  Geschiebe  der  Loire  in  einer  Mächtigkeit  von  18—20  m 
gelagert  sind.  In  dieser  Geschiebeschicht  stand  das  Wasser  in  gleicher  Höhe  wie  im  Flusse  selbst 
Triger  verwendete  eine  eiserne  Röhre  von  1,80  m  Dm.  und  versah  dieselbe  mit  einer  Kammer,  welche 
durch  zwei  verschliessbare  Mannlöcher  entweder  mit  der  zu  versenkenden  Röhre  nach  unten  oder  mit 
der  freien  Luft  nach  oben  in  Verbindung  gesetzt  werden  konnte,  C.  Zschokke,  Handb.  d.  Ing.- 
Wi8sensch.  I.  Teil.  3.  Bd.  1906.  3.  316. 

A0)  G.  Pfannmfiller,  Plan  zur  Erbauung  einer  stehenden  Bracke  Aber  den  Rhein  1850.  t  als 
Geheimer  Oberbergrat  in  Darmstadt. 


Stauwerke.     A.  Wehre. 


Gerüsten  aufgehängt  (Abb.  194,  a,  b,  c  und  die  Abb.  121,  S.  535,  welche  letztere  den 
Caisson  mit  Gerüst  bei  der  Fundiernng  des  Grundablasses  der  Anlage  Füre  et  Morge 
darstellt).  Auf  die  Decke  der  Arbeitskammer  wird  das  Bauwerk  errichtet  und  die 
Arbeitskammer  dann  allmählich  auf  den  Grund  herabgesenkt  Alsdann  beginnt  die 
Füllnag  der  Kammer  mit  Pressluft, 
wobei  die  Belastung  der  Kammer  so 
gross  sein  muss,  dass  sie  sowohl  den 
Auftrieb  als  auch  die  Reibung  an  den 
äusseren  Wänden  der  Arbeitskammer 
und  des  Mauerwerkes  überwinden  kann. 
Während  man  früher  die  Arbeitskam- 
mer immer  mit  dichten  Seitenwänden 
aus  Blech  versah,  hat  die  Erfahrung 
gelehrt,  dass  man  unter  Umständen  die 
Decke  und  auch  die  Seitenwandungen 
zwischen  dem  eisernen  Gerüst  dicht 
genug  in  Beton  oder  Mauerwerk  her- 
stellen kann ,  wodurch  es  ermöglicht 
wird ,  dass  die  spätere  Ausfüllung  der 
Arbeitskammer  durch  Beton  einen  dich- 
teren und  innigeren  Anschlass  an  die 
Arbeitskammer  selbst  findet. 

Bei  Gründang  mit  verlorner 
Arbeitskammer  besteht  die  Gefahr,  dass 
sich  bei  grosseren  Aushubtiefen  Kammer 
und  Aufbau  infolge  der  Reibung  des 
Bodens  trennen  und  die  Arbeitskammer 
allein  weiter  sinkt.  Diese  Gefahr  tritt 
besonders  dann  ein,  wenn  sich  die  Kam* 
mer  schief  stellt  und  infolgedessen  die 
Reibung  an  den  äusseren  Flächen  des 
Aufbaus  einseitig  sehr  verstärkt  wird. 
Deshalb  errichtet  man  bei  sehr  tiefen 
Gründungen  und  bei  solchen,  wo  ein 
Schiefstellen  des  Kastens  zu  befürchten 
ist,  am  besten  das  Mauerwerk  inner- 
halb eines  eisernen  dichten  Mantels, 
welcher  zum  Teil  nach  Fertigstellung 
des  Bauwerkes  herausgehoben  und  even- 
tuell erneut  Verwendung  finden  kann. 
Das  Herausheben  von  Teilen  dieses 
Mantels  ist  natürlich  nur  möglich,  so- 
weit sie  nicht  tiefer  als  höchstens  2  bis 
2,5  m  in  den  Boden  eingedrungen  sind. 
Man  verbindet  zu  diesem  Zwecke  die  unteren  Mantelschüsse  mittelst  Flanschen  und 
Bolzen  und  legt  zur  Dichtung  zwischen  die  Flanschen  Kautschukringe.  Liegen  diese 
Flanschen  innen,  was  natürlich  der  Fall  sein  muss,  wenn  sie  noch  in  den  Boden  mit 
eindringen  sollen,  so  muss  man  innerhalb  des  Mantels  so  viel  Platz  lassen,  dass  ein 


ig  In  Abk.  JH  buln. 


684 


III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  vow  Wasserkräften.    Eihzelheitkn. 


Arbeiter  noch  an  die  Bolzen  zur  Lösung  derselben  herankommen  kann.    Liegen  die 
Flanschen  nach  aussen,  so  muss  die  Lösung  der  Bolzen  durch  Taucher  stattlinden. 

Bei  Fundierung  mit  verlorner  Arbeitskammer  versiebt  man  diejenigen 
Seiten,  welche  an  die  nächste  Arbeitskammer  anschliessen  mit  eisernen  Schneiden  von 
0t10  bis  0,15  m  Länge,  gegen  welche  sich  die  Schneiden  der  nächsten  Kammer  legen. 

Der  von  diesen  Schneiden  abge- 
Abb.  195.  Abächtang  des  Rat^  zwischen  *™^omieii      g^ossene  Zwischenraum  zwischen 

Caissons  bei  der  Fundiening  des  Kiufthau^  # 

2  Arbeitskammern  wird  dam 
spater  sorgfältig  ausgehoben  und 
mit  Beton  ausgefüllt  (Abb.  195). 
Die  Druckluftfundie- 
rung  mit  beweglicher  Ar- 
beitskammer, d.  h.  mit  sol- 
cher, welche  allmählich  mit  dem 
steigenden  Bauwerk  gehoben  wird, 
kann  naturgemäss  nur  Anwendung 
finden  bis  zu  einer  Tiefe  unter 
der  Flussohle,  welche  noch  das 


Herausziehen  der  Arbeitskammer,  gestattet.  Als  äusserste  Grenze  dürften  2,5  m 
sehen  sein.  Liegt  der  gute  Baugrund  tiefer  unter  der  Sohle  des  Fusses,  so  muss  man 
den  Boden  mittelst  Bagger  soweit  abräumen,  dass  eine  tiefere  Versenkung  der  Glocke 
in  den  Baugrund  nicht  nötig  wird.  Wo  das  nicht  ausfährbar  ist,  kann  die  Fundierung 
mit  beweglicher  Arbeitskammer  keine  Verwendung  mehr  finden.  Diese  Arbeitskammern 
sind  natürlich  viel  leichter  konstruiert  als  die  verlornen  Arbeitskammern,  weil  sie  nur 
dem  Luftdruck,  beziehungsweise  Wasserdruck  zu  widerstehen  brauchen.  Um  ihnen  das 
nötige  Gewicht  gegen  den  Auftrieb  zu  geben,  sind  sie  meistens  mit  einer  kastenförmigen 
Decke  versehen,  in  welcher  Wasserballast  eingelassen  oder  herausgepumpt  werden  kann. 

Die  beweglichen  Arbeitskammern  werden  bei  kleineren  Abmessungen,  namentlich 
wenn  es  sich  um  Herstellung  langer  Mauern  handelt  (Anlage  Chfevres,  Seite  445,  Er- 
richtung einer  langen  Grundmauer),  zwischen  zwei  schwimmenden  Gerüsten  aufgehängt» 
Bei  grösseren  Abmessungen,  grösserer  Wassertiefe,  schnell  fließendem  Wasser  etc.  hängt 
man  sie  an  festen  Gerüsten  an  einem  Laufkran  mit  Laufkatzen  auf,  sodass  sie  nach 
jeder  Richtung  bewegt  werden  können.  Schliesslich  können  bewegliche  Arbeitskammern 
auch  als  selbständig  schwimmende  grosse  Glocken  konstruiert  werden,  welche  durch 
Einlassen  und  Auspumpen  von  Wasserballast  gesenkt  und  gehoben  werden.  Solche 
Glocken  tragen  auf  den  bis  über  Wasser  reichenden  Schächten  alle  Arbeitsmaschinen 
etc.  selbst 

Bei  beweglichen  Arbeitskammern  ist  man  imstande,  ein  zusammenhängendes  Mauer- 
werk in  sehr  grossen  Ausdehnungen  stückweise  ohne  Trennfugen  unter  Wasser  herzu- 
stellen (Anlage  Jonage-Cusset-Lyon,  S.  518  und  Abb.  114). 

Damit  die  Arbeiter  bequem  arbeiten  können,  macht  man  die  Arbeitskammern  im 
lichten  2,0  bis  2,20  m  hoch  und  sorgt  für  eine  gute  Beleuchtung.  Die  Höhe  der  be- 
weglichen Arbeitskammern  richtet  sich  überdies  nach  der  Höhe  der  Mauerschicht,  welche 
man  bei  einer  gewissen  Höhenlage  der  Arbeitskammer  ohne  Hebung  ausführen  will.  In 
der  Regel  hat  diese  Schicht  eine  Höhe  von  0,50  m  und  reicht  dann  eine  gesamte  lichte 
Höbe  der  Arbeitskammern  von  2,25  m  aus.  Will  man  höhere  Schichten  erzielen,  so 
muss  die  lichte  Höhe  der  Arbeitskammer  entsprechend  vergrössert  werden,  damit  die 
Arbeiter  nicht  gebückt  zu  arbeiten  brauchen. 


§  1.  Stauwerk*.    A.  Wehrb.  685 

Ein  ernster  Nachteil  der  Druckluftgründung  ist  jedenfalls  der, 
dass  bei  Spannungen  von  über  einer  Atmosphäre  das  Arbeiten  in  der 
Arbeitskammer  und  besonders  das  Ein-  und  Ausschleusen  für  die  Ge- 
sundheit nachteilige  Folgen  haben  kann.  Bei  2  Atmosphären  Spannung,  d.h. 
bei  20,0  m  Wassertiefe  wird  das  Trommelfell  schon  so  gespannt,  dass  sich  die  Arbeiter 
untereinander  schwer  verständigen  können,  und  es  dürfen  nur  sehr  kräftige,  an  Lunge 
und  Herz  vollständig  gesunde  Leute  in  die  Arbeitskammer  hinein.  Bei  35,0  m  Wassertiefe 
kommen  auch  bei  den  gesundesten  Leuten  häufig  Lahmungen  und  Schlagerscheinungen 
vor.  Ganz  besondere  Vorsicht  muss  beim  Aus-  und  Einschleusen  verwendet  werden  und 
sind  die  Vorrichtungen  so  zu  treffen,  dass  dasselbe  langsam  unter  allmählicher  Steige- 
rung resp.  Verminderung  des  Druckes  erfolgen  muss. 

Die  Vorzüge  der  Druckluftgründungen  fasst  Conrad  Zschokke  im  Handb.  der 
Ing.-Wissenschaften,  L  Teil,  3.  Bd.,  Der  Grundbau,  1906,  S.  392  u.  ff.  wie  folgt  zusammen : 

a)  Sie  gestatten,  ohne  Rücksicht  auf  die  Wasserdurchlässigkeit  des  zu  durchfahrenden  Bodens, 
die  Gründung  bis  auf  85  m  unter  den  Wasserspiegel  hinabzuführen,  den  tragfahigen  Untergrund  zu 
reinigen,  zu  ebnen  oder  abzutreppen,  oder  auf  jede  andere  Weise  zu  einem  zweckmässigen  Verbände  mit 
dem  Grttndungsmauerwerk  vorzubereiten.  Holzstamme  und  Steinblöcke,  deren  Vorkommen  im  Unter- 
gründe anderen  Gründlingsverfahren,  wie  Pfahlrost-  und  sogar  Brunnengründungen,  grosse  Schwierig- 
keiten schafft,  lassen  sich  bei  den  Druckluftgründungen  abstemmen,  bezw.  mittelst  Minen  sprengen 
und  beseitigen. 

Felsbänke  können  in  Taucherglocken  gesprengt  und  entfernt  werden. 

Bei  Anlage  von  Minen  empfiehlt  es  sich  im  allgemeinen  keine  grösseren  Ladungen  anzuwenden, 
als  beim  gewöhnlichen  Steinbruchbetriebe  in  freier  Luft.  Dabei  ist  darauf  zu  achten,  dass  die  Ver- 
brennungserzeugnisse der  Sprengstoffe  durch  kraftige  Luftzufuhr  mittelst  Syphons  so  gründlich  und  rasch 
als  möglich  aus  den  Arbeitskammern  abgeführt  werden.  Es  gilt  dies  namentlich  von  allen  Sprengmitteln, 
bei  denen  Nitroglyzerin  den  Grundstoff  bildet 

b)  Das  gesamte  Gründungsmauerwerk  lisst  sich  im  Trocknen  und  unter  den  denkbar  günstigsten 
Verhältnissen  ausführen.  Auf  dem  zur  Aufnahme  der  Mauerung  vorbereiteten  Boden  kann  somit  ein 
Mauerwerk  erstellt  werden,  wie  es  im  Trocknen  und  im  Freien  nicht  besser  ausgeführt  werden  kann. 
Es  gilt  dies  sowohl  für  die  Mauerung  bei  Druckluftgründungen  mit  verlorner  Arbeitskammer  als  für 
diejenige  in  Glocken. 

c)  Aus  diesen  Verhaltnissen  geht  hervor,  dass  die  Abmessungen  der  Druckluftgrfludungen  auf 
ein  Mindestmass  vermindert  werden  können  und  sich  sowohl  die  Profilverengerungen  bei  Gründungen 
im  laufenden  Wasser  als  der  Aufwand  ungeheurer  Massen  von  Steinmaterial  für  Gründungen  in  der  See, 
sowohl  in  Form  von  Steinschüttungen  als  unter  sich  verbundener  Blöcke,  vollständig  vermeiden  laset. 

d)  Die  Gründungsarbeiten  lassen  sich  im  allgemeinen  ohne  Rücksicht  auf  hohe  oder  niedere 
Wasserstande  und  auf  Ebbe-  und  Fintstand  ausführen,  woraus,  neben  der  Sicherheit  einer  sorgfältigen 
Ausführung ,  ein  Zeitgewinn  und  eine  Beseitigung  allfällig  unvorherzusehender  Verhältnisse  folgt ,  was 
oft  sehr  hoch  angeschlagen  werden  muss. 

Bezüglich  der  richtigen  Wahl  des  Verfahrens  der  Druckluftgründung  gibt 
Zschokke  folgende  Grundsätze: 

a)  Bei  Gründungen  bescheidener  Abmessungen,  wo  sich  der  gute  Untergrund  in  einer  Tiefe  von  über 
5  m  unter  dem  Wasserspiegel  findet  und  starker  Wasserzndrang  stattfindet,  ist  die  Druckluftgründung 
mit  Hufe  gemauerter  Arbeitskammern  anzuwenden,  insofern  diese  auf  festem  Boden  und  nicht 
etwa  auf  einem  Gerüst  über  der  Verwendungsstelle  erbaut  werden  können  und  zwar  sowohl  bei  Einzel- 
gründungen  (z.  B.  bei  Brückenwiderlagern)  als  bei  Gruppengründungen  (z.  B.  bei  fortlaufenden  Mauern). 

b)  Handelt  es  sich  unter  gleichen  Umständen  darum,  ausgedehnte  Fundamente  auf  einem  zwar 
tragfähigen,  aber  durchweg  wasserdurchlässigen  Boden  auszuführen,  so  dienen  grosse  Arbeitskammern 
mit  eisernen  Einlagen  am  besteh.  Die  Decke  und  die  Seitenwandungen  können  indessen  in  Beton 
ausgeführt  werden  und  somit  sowohl  die  Deckenbleche  als  die  Bleche  der  Seitenwandungen  wegfallen. 
In  diesem  Fall  ist  die  Arbeitskammer  durch  Zwischenwände  in  mehrere  unter  sich  verbundene  Kammern 
zu  teilen,  um  die  Höhe  der  Deckenbalken  zu  verringern. 


686         III.    Theodor  Koeetn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

c)  Bei  Gründungen  in  fliessendem  Wasser,  wo  der  gute  Untergrund  durch  wasserhaltigen, 
wenig  tragfahigen  Boden  bedeckt  ist»  müssen  ArbeitBkammern  von  Eisen  iut  Verwendung  kommen. 

Ihre  Aufstellung  laset  sich  folgendexmassen  bestimmen: 
I.  Bei  stark  fliessendem  Wasser: 

Auf  einem  hölzernen  festen  Gerüst  Ober  der  Baustelle. 

IL  Bei  langsam  fliessendem  Wasser: 

a)  Wenn  es  eine  geringe  Wassertiefe  (weniger  als  2,50  m)  hat  und  zahlreiche   gleiche 

Gründungen  auf  grosse  Tiefen  zu  erstellen  sind:  mit  einem  Sehwimmgerüst. 
ß)  Bei  grosser  Wassertiefe  (mehr  als  2,50  m)  und  grosser  Aushubtiefe:  indem  man  die 

Arbeitskammern  am  Lande  erstellt  und  schwimmend  an  die  Yerwendungsstelle  bringt. 
y)  Bei  grosser  Wassertiefe  (mehr  als  2,50  m)  und  geringer  Aushubtiefe:  mittelst  Glocken 

an  Hängegerüsten. 

III.  Bei  stillem  Wasser,  grosser  Tiefe  des  Wassers,  aber  geringer  Aushubtiefe  und  grosser 
Zahl  von  Gründungen:  mit  Glocken  ohne  Hängegerüste. 

Die  Kosten  der  Druckluftgründung  pro  cbm  hergestelltes  Fundament 
hängen  natürlich  in  hohem  Masse  von  der  Fnndierungstiefe,  von  den  Bodenverhältnissen 
und  den  mit  ihnen  eventuell  verbundenen  Unterbrechungen  der  Arbeit,  von  der  Wasser- 
geschwindigkeit und  anderen  Umständen  ab.  Für  mittlere  Verhältnisse  macht  Zschokke 
folgende  Angaben: 

Bezeichnet  man  mit: 

a  den  mittleren  Preis  des  auszuführenden  Mauerwerks,  den  man  in  freier  Luft  zu  zahlen  hätte, 
b  den  Preis  für  das  in  Druckluft  auszuhebende  cbm  Boden,  wobei  derselbe,  je  nach  der 

auszuhebenden  Bodenart,  zwischen   12  und  20  Mk.  (den  enteren  für  Eies,  den  letzteren 

für  Kalkfelsen)  angesetzt  werden  und  neben  den  Kosten  für  Aushub  noch  diejenigen  für 

Luft  und  Licht  begreifen  soll, 
t  in  m  die  Tiefe  unter  N.W.,  auf  welche  die  Gründung  hinabzuführen  ist,  so  erhalt  man  den 

Gesamtpreis  P  für  das  cbm  Mauerwerk: 

1.  Für  Gründungen  mit  gemauerten,  verlorenen  Arbeitskammern  (alle  Preise  in  Mk.) 

P  =  l,2(a  +  b)  +  ^. 

Beispiel :  8etzt  man  a  =  14,5  Mk« 

b=12,0    , 
t==  7,0  m 

so  wird  P  =  l,2x26,5  +  y  =  84,4  Mk. 

2.  Für  Gründungen  mit  grossen  verlornen  Kammern  in  armiertem  Eisen: 

P  =  l,2(a  +  b)  +  y. 
Beispiel:  Bei  den  gleichen  Annahmen  wie  oben. 

P  =  l,2x26,5+y  =  42,50  Mk. 

3.  Für  verlorne  eiserne  Caissons  mit  Gerüst  und  Mantelble'chen 

P=l,5(a  +  b)  +  ?J0 

Beispiel:  Setzt  man  a  =  14,50  Mk. 

b  =  12,00    , 
t=  9,00  m 

300 
so  wird  P  =  l,5x26,5  +  ^p  =  78,05  Mk. 

4.  Für  verlorne  eiserne  Caissons  mit  Mantelblech,  die  am  Lande  gebaut  und 
an  die  Baustelle  schwimmend  befördert  werden 

P=  1,5  (•+!>) +  ^ 

Beispiel  mit  den  gleichen  Annahmen  wie  unter  8 

P  =  l,5x26,5  +  25  =  56,8  Mk. 


§  1.  Stauwerks.    A.  Wehre,    Literaturangaben.  687 

5.  Für  bewegliche  H&ngeglocken  (bei  mindestens  20000  cbm  Mauerwerk) 

P=l,2  a+1,5  b  +  12. 
Beispiel:  Bedingungen  wie  unter  8 

P  =  1,2  X  14,5  + 1,5  X  12  + 12  ==  47,40  Mk. 

6.  Für  bewegliche,  schwimmende  Taucherglocken  (bei  mindestens  50000 cbm  Mauerwerk): 

P  =  l,2  a+1,5  b  +  16. 
Beispiel:  Wie  unter  3 

P=l,2xl4,5  +  l,5xl2+16  =  5M0Mk 

Diese  Preise  haben  nur  Gültigkeit,  wenn  die  Kosten  der  Apparate  für  Pressluft* 
fundiertmg  und  aller  Gerüste  nicht  ausschliesslich  für  das  eine  gerade  vorliegende  Objekt 
aufzuwenden  und  vollkommen  zu  tilgen  sind.  Der  bauausführende  Ingenieur  wird  in- 
dessen die  Pressluftfundierung  meistens  von  Spezialfirmen  ausführen  lassen,  die  mit  allen 
erforderlichen  Geräten  und  Gerüsten  versehen  sind  und  über  geschultes  Personal  ver- 
fügen, sodass  annäherungsweise  die  obigen  Preise  tatsächlich  für  einen  praktischen  Fall 
zugrunde  gelegt  werden  können.  Jedenfalls  bieten  diese  Angaben  dem  entwerfenden 
Ingenieur  zunächst  einen  guten  Anhalt  dafür,  zu  entscheiden,  wann  es  sich  empfiehlt, 
die  Anwendung  von  Druckluftgründung  in  nähere  Erwägung  zu  ziehen. 


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§  l.  Stauwerks.    A.  Wehre.  .  Iüteraturahoaben.  639 

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deutscher  Ing.  1890.  8.  861. 
8chwedlerf  Zur  Theorie  des  Baugrundes.    Zentralbl.  d.  Bauverw.  1891.    S.  90. 
Einpressen  von  Zement  nach  Kinipple.    Engng.  1892.  I.  S.  609  u.  646. 
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489  u.  452.  —  Baugewerkztg.  1897.  8.  588. 
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Verfahren  von  Dulac  zur  Verdichtung  des  Bodens  bei  den  Grttndangsarbeiten  für  die  Ausstellungs- 
bauten in  Paris.    Südd.  Bauz.  1898.  8.  222. 
Geibel,  Kosten  ausgeführter  Bodenuntersuchungen.    Zentralbl.  d.  Bauverw.  1899.  S.  114. 
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Ponte  et  chaussoes  1900.  I.  8.  406. 
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durch  unmittelbare  Gewichtsbelastung.  D.R.-P.  Nr.  140524  von  H.  Magens  in  Hamburg.    Zentralbl. 

d.  Bauverw.  1904.  8.  564. 
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constr.  1871.  8.  60  u.  61. 
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690         III.    Thbodob  Kobhb.    Ausbau  tob  WasbebxrIttkn.    Allg 

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Die  Leiatong  der  von  Menek  k  Hambrock  verbesserten  Figdesehen  Dampframme.  Zeitscbr.  d.  Arch.- 

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Mftteüangen  aber  Erfahrungen  mit  der  Figdeschen  Dampframme.  Deutsche  Baas.  1880.  8.  100. 
Anwendung  elektrisch  betriebener  Rammen  beim  Bau  der  nenen  DonaobrOcke  so  Budapest   Zeitscbr.  L 

Transportw.  u.  8tressenh.  1800.  8.  110. 
Ramme  xnm  Einrammen  von  Pfählen  unter  Wasser  mit  im  Trocknen  (innerhalb  einer  aufgesetzten  Bohre) 

schlagendem  Rammbar.  D.-R.-P  Nr.  122642  von  TL  M6bus  in  Berlin.  Deutsche  Baus.  1006.  8. 604. 
Betonpfabl-Knaramme  von  Menek  k  Hambrock  in  Altona-Hamburg.  Beton  und  Eisen  1006.  8.  20. 
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8.  670. 
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8.560. 
Leistungen  und  Kosten  von  Dampfbaggern.  Zeitschr.  f.  Bauw.  1877.  8.  480. 
Der  Prieatmannscbe  Kranhagger.  ZentralbL  d.  Bauverw.  1882.  8.  464,  473.  1884.  8.  5. 
Pressluftbagger  von  Jan d in.  Deutsche  Bauz.  1887.  8.  78.  ZentralbL  d.  Bauverw.  1887.  8.  105. 
Greifbagger  für  die  Grtmdongsarbeiten  beim  Bau  des  Wellenbrechers  su  Buffalo.  Zeitscbr.  f.  Transportw. 

u.  Strassen*.  1808.  &  262. 
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Die  Nonnen  für  einheitliche  Lieferung  und  Prüfung  von  Portlandzement   ZentralbL  d.  Bauverw.  1887. 

8.  800. 
Über  einen  Versuch,  das  Binsen  das  Zemerfmortels  su  verlangsamen.  ZentralbL  d.  Bauverw.  1880.  &  8L 
Vergleichende  Untersuchungen  von  Puzsolan-,  Portland    und  Bomaai  erneuten    ZentralbL  d.  Bav 

1800.  &  680.  Abb.  das  ponts  et  chsussiw.  1800.  L  8.  818.  1800.  IL  8.  277. 
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§  l.  Stauwerke.    A.  Wehre.    Literaturangaben.  691 

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Ober  MöiteJbereitung  im  Kollergange.  Zentralbl  d.  Bauverw.  1892.  8.  287.  1898.  8.  76. 

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f.  Gew.  und  Bauw.  1879.  IL  8.  422.  1880.  8.  7  und  162. 
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Zander,  Bonrengrflndung  der  neuen  Molenkopfe  im  Hafen  von  Stolpmflnde.   Zeitschr.  f.  Bauw.  1902. 

a  588. 
Kastengrundung  der  neuen  Brücke  Ober  den  Amu-Darja.  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  KJsenbihmwiw    1902. 

8.  78a  Behweis.  Baus.  1902.  IL  8.  87. 


§  1.  Stauwerke.    B.  Talsperren.  693 


B.  Die  Talsperren. 

Hierin  Tafel  LD"j. 

Talsperren  sind  Stauwerke,  welche  dazu  bestimmt  sind,  die  fliessenden  Wasser- 
mengen eines  Gewässers  aufzuspeichern  und  einen  Ausgleich  zwischen  dem  Zuviel  und 
dem  Zuwenig  des  Zuflusses  künstlich  herbeizuführen.  Ihre  Wirkung  tritt  dadurch 
äusserlich  in  die  Erscheinung,  dass  sie  einen  künstlichen  See  bilden.  Die  Talsperren 
sind  gleichzeitig  Wehre,  welche  eine  und  zwar  meistens  eine  sehr  erhebliche  Hebung  des 
Wasserspiegels  im  Flusse  verursachen  und  das  Gefälle  einer  längeren  Flusstrecke  an 
einer  Stelle  zusammenfassen.  Auf  diese  Weise  haben  sie  als  Kraftquellen  oder  Kraft- 
sammler eine  doppelte  Bedeutung,  indem  sie  nicht  nur  auf  eine  gleichmässige  Ver- 
teilung der  von  der  Natur  ungleichmässig  zur  Verfügung  gestellten  Kraft  hinwirken, 
sondern  indem  sie  auch  den  Nutzwert  jedes  cbm/sek.  Wasser,  welcher  an  die  Staumauer 
gelangt,  wegen  des  vergrößerten  Druckgefälles  erhöhen. 

Es  soll  unter  C.  dieses  §  noch  von  Stauweihern  die  Rede  sein,  und  es  sollen 
darunter  Sammelbecken  verstanden  werden,  welche  nicht  im  wörtlichen  Sinne  Talsperren 
sind.  Die  Stauweiher  werden  meistens  nur  den  Zweck  haben,  das  Wasser  aufzuspeichern, 
ohne  gleichzeitig  wesentlich  zur  Erhöhung  des  Druckgefälles  beizutragen.  Eine  scharfe 
Unterscheidung  zwischen  den  beiden  Arten  von  Stauwerken  läsBt  sich  nicht  durchführen, 
weil  sie  in  der  grossen  Mannigfaltigkeit,  welche  die  Praxis  bietet,  übereinander  greifen. 

Die  nachstehenden  Betrachtungen  sind  in  folgende  14  Abschnitte  eingeteilt: 

a)  Einige  Angaben  zur  Geschichte  des  Talsperrenbaues. 

b)  Die  verschiedenen  Verwendungszwecke  des  aufgespeicherten  Wassers. 

c)  Die  Auswahl  des  Tales  für  eine  Sperre. 

d)  Die  Wahl  der  Stelle  für  das  Stauwerk  und  die  Auswahl  der  Bauweise 
desselben. 

■  e)  Einige  besondere  Ausfuhrungsarten  von  Talsperren. 

f)  Die  Feststellung  des  Fassungsvermögens  eines  Tales,  die  Bestimmung  der 
für  den  verfolgten  Zweck  erforderlichen  Grösse  des  Stauraumes,  sowie  die 
Verteilung  der  Kosten. 

g)  Die  Ausführung  von  Sperrmauern, 
h)  Die  Entwässerung  des  Mauerinnern. 

i)  Die  Beobachtungen  der  Bewegung  der  Mauer. 

k)  Die  Überläufe  und  die  Vorrichtungen  für  die  Wasserentnahme. 

1)  Die  Ablagerungen  innerhalb  des  Staubeckens  und  ihre  Beseitigung. 
m)  Einige  weitere  Beispiele  ausgeführter  Talsperren, 
n)  Zerstörte  Talsperren, 
o)  Die  statische  Berechnung  der  Talsperren. 

a)  Einige  Angabe*  zur  Geschichte  des  Talsperrenbaues.  Die  Geschichte  des 
Talsperrenbaues  reicht  sehr  weit  zurück.  Wie  in  Kap.  1,  §  1  mitgeteilt  wurde,  haben 
bereits  die  Völker  des  Altertums  sehr  grossartige  Talsperrenbauten  ausgeführt.     Der 


")  Die  Fig.  1—6  u.  8  der  Tafel  sind  dem  Werke  P.  Ziegler,  ,  Der  Talsperrenbau"  1900  entnommen. 
Fig.  9—10  sind  nach  Abbildungen  ans  dem  Anmats  von  Intze  .Die  geschichtUehe  Entwicklung, 
die  Zweeke  und  der  Bau  von  Talsperren",  Zeitachr.  d.  Vor.  deutscher  Ing.  1906  8.  786  n.  ff.  hergestellt 


HL    Theodor  Koehn.    Ausbau  vok  WasserkrIfteh. 

Zweck  war  die  Bewässerung  und  Wasserversorgung.  Auch  im  Mittelalter  ist  die  Kunst 
des  Talsperrenbaues  bei  fast  allen  Kulturvölkern  dieses  Zeitabschnittes  nicht  verloren 
gegangen.  Eine  der  bekanntesten  Talsperrenanlagen  des  ersten  Jahrhunderts  nach  Christi 
ist  einer  der  sogenannten  Bends  bei  dem  Dorfe  Belgrad  unweit  von  Bojukdere,  welcher 
toa  einem  der  oströmischen  Kaiser  (Konstantin?)  durch  syro-pal&stinische  Ingenieure 
erbaut  sein  soll  und  noch  heute  mit  für  die  Wasserversorgung  von  Konstantinopel  be- 
nutzt wird. 

Die  Inder    wurden  durch  ihre   klimatischen  Verhaltnisse  zur  Aufspeicherung 
der  Niederschläge  von  altersher  gezwungen,  denn  diese  fallen  nur  während  der   soge- 
nannten Regenperioden  und  sind  sowohl  der  Zeit  als  auch  ihrer  Höhe  nach  ungemein  un- 
gleichmässig  verteilt.    Während  die  Höhe  der  Niederschläge  in  den  Ebenen  des  Pend- 
schab durchschnittlich  560  mm  betragen  soll,    steigt  sie  am  Fusse  des  Himalaja  bis 
über  4000.    Der  fruchtbare  Boden  lohnt  die  Mühe  guter  Bewässerung,  welche  zwei  und 
mehr  Ernten  im  Jahre  gestattet.    Man  rechnet  etwa  für  die  Bewässerung  eines  ha  pro 
Jahr  9000  cbm  Rieselwasser.   Da  aber  die  Verdunstung  sehr  gross  ist  und  bis  zu  2000  mm 
im  Jahre  steigt,  so  müssen,  um  9000  cbm  zu  haben,   15—16000  cbm  aufgespeichert 
werden,  und  da  man  auch  mit  besonders  trockenen  Jahren  rechnen  muss,  in  welchen 
aufzuspeichernde  Niederschläge  so  gut  wie  ganz  fehlen,  ist  man  gezwungen,  für  einen 
ha  Bewässerungsfläche   etwa  38—40000  cbm   nutzbaren   Stauinhalt  zu  rechnen.     Die 
grosse  Mehrzahl  der  alten  indischen  Dämme  hat  kleine  Stauhöhen,  und  die  Abschluss- 
werke bestehen  meistens  aus  Erddämmen  mit  Tondichtungen,  entweder  als  Kern  oder 
unter   der   wasserseitigen    Böschung.    Die    Böschungen   pflegte    man    wasserseitig    mit 
Pflasterung,  Beschotterung  oder  Bepflanzung  zu  schützen.    Dio  Dammkronen  liegen  bis  zu 
2,5  m  über  dem  gewöhnlichen  Wasserspiegel  und  sind  1,8  bis  3,5  m  breit   Die  wasser- 
seitigen Böschungen  sind  je  nach  dem  Dammaterial   mit  1:1  bis  1:2,  die  äusseren 
mit  1 : 1  Vt  bis  1 : 3  angelegt. 

Allein  in  dem  Distrikt  North-Arcot  sollen  3300  Sammelbecken  bestehen,  Ton 
denen  981  weniger  als  4  ha  und  nur  5  mehr  als  400  ha  bewässern5*).  Die  Lange  der 
Staudämme  beträgt  oft  viele  Kilometer. 

An  einzelnen  Stellen  kommen  in  Indien  auch  ungewöhnlich  hohe  Staudämme  vor. 
So  besitzt  das  Becken  von  Cummun,  Distrikt  Guntoor,  einen  Damm  von  30,0  m 
Höhe  mit  allerdings  nur  90,0  m  Kronenlänge. 

Das  Becken  tod  Nugar,  Distrikt  Mysore,  hat  einen  Damm  von  26,5m  Höhe 
bei  300,0  m  Kronenlänge  und  180,0  m  Basisbreite. 

In  neuerer  Zeit  sind  auch  zahlreiche  Staumauern  in  Indien  geschaffen  und  zwar 
vielfach  mit  ganz  gewaltigen  Abmessungen  und  Beckengrössen.  So  besitzt  z.  B.  das 
Staubecken  von  Mutha  im  Distrikt  Manipur  eine  Mauer  von  1660,0m  Kronenlänge  und 
21,26  m  Basisbreite  bei  einer  gröesten  Höhe  Aber  dem  Flussbett  von  30,5  m  und  von 
32,10  m  über  der  Grundungssohle.  Die  Mauer  bildet  im  Orundriss  einen  Polygonxug, 
dessen  Ecken  durch  schwere  Strebepfeiler  verstärkt  sind.  Da  sich  nach  der  Füllung 
Bewegungen  zeigten,  hat  man  noch  nachträglich  luftseitig  einen  Erddamm  von  9,0  m  Höhe 
und  18,0  m  Kronenbreite  gegen  die  Mauer  geschüttet  Das  Niederschlagsgebiet  hat  eine 
Flächengrosse  von  508  qkm.  Der  Fassungsraum  des  Staubeckens  beträgt  146 
Millionen  cbm  und  seine  Oberfläche  bedeckt  14  qkm.  Da  die  Wasserentnahme 
aber  8,7  m  über  der  Beckensohle  liegt  und  noch  eine  Verdunstungsschicht  von  1,2  m 


ftf)  Curt  Merkel,  Die  IafMueortochaik  im  Altertum,  Berlin  1899,  8.  101. 


§  1.  Stauwerks.    B.  Talsperren.  695 

Höhe  abzuziehen  ist,  so  bleibt  nur  ein  nutzbarer  Stauinhalt  von  78  Millionen  cbm  übrig. 
An  jedem  Rande  des  Tales  entlang  fuhrt  ein  Bewässerungskanal.  Derjenige  am  rechten 
Ufer  ist  auf  16  km  bis  zur  Stadt  Poona  schiffbar  und  hat  eine  Gesamtlänge  von  115  km. 
Der  linksufrige  Kanal  ist  dagegen  nur  22  km  lang.  Die  Bewässerungsfläche  beläuft  sich 
auf  270  qkm.    Die  Baukosten  sollen  nur  etwa  5  Millionen  Mark  betragen  haben. 

Ein  anderes  grossartiges  Beispiel  bietet  die  Staumauer  von  Tansa,  deren  Becken 
71  Millionen  cbm  Inhalt  hat  und  durch  einen  91  km  langen  Kanal  täglich  bis  zu 
150000  cbm  Wasser  für  die  Wasserversorgung  nach  Bombay  liefern  kann.  Die  Mauer 
hat  einschliesslich  eines  483,0  m  langen  Überlaufs  eine  Kronenlänge  von  2684,0  m.  Im 
Grundriss  bildet  sie  2  unter  einem  stumpfen  Winkel  zusammenstossende  gerade  Linien,  deren 
örtliche  Lage  so  gewählt  wurde,  dass  der  Aushub  bis  zum  festen  Felsen  auf  ein  Mindest- 
mass beschränkt  blieb.  Das  Niederschlagsgebiet  umfasst  175,6  qkm.  Die  grösste  Höhe 
der  Staumauer  beträgt  86,0  m.  Es  ist  aber  eine  Erhöhung  um  5,17  m  vorgesehen, 
wodurch  der  Stauinhalt  auf  141,5  Millionen  cbm  mit  einer  See-Oberfläche  von  14,25  qkm 
gebracht  werden  kann.  Die  Staumauer,  für  welche  rd.  300000  cbm  Mauerwerk  herzu- 
stellen waren,  ist  in  den  Jahren  1886  bis  91  ausgeführt  und  soll  etwa  4  Millionen  Mark 
gekostet  haben.  Als  Mörtel  wurde  ein  an  Ort  und  Stelle  gewonnener  und  gebrannter 
hydraulischer  Kalk,  Kunker  genannt,  benutzt  und  zwar  in  einer  Mischung  von  1  Teil 
Kunker  und  l1/*  Teilen  scharfen  Quarzsand.  Der  Verbrauch  an  Mörtel  pro  cbm  Mauer- 
werk soll  0,367  cbm  betragen  haben. 

Die  Bhatgurmauer,  welche  gleichfalls  'in  der  Presidency  Bombay  und  zwar 
südlich  von  Poona  liegt,  besitzt  ein  Staubecken  von  156  Millionen  cbm  bei  einem 
Niederschlagsgebiet  des  abgesperrten  Flusses  von  428  qkm.  Die  Mauer  hat  eine  Kronen- 
länge von  1240  m,  eine  grösste  Höhe  von  39,6,  eine  Kronenbreite  von  3,65  und  eine 
Basisbreite  von  22,5  m.  Die  Sperre  staut  den  Theluandfluss  und  dient  Bewässerungs- 
zwecken. 

Eine  hervorragende  Stellung  im  europäischen  Talsperrenbau,  nament- 
lich während  des  16.  und  17.  Jahrhunderts,  nimmt  Spanien  ein.  Auch  in  diesem 
Lande  schwanken  die  Regenhöhen  in  sehr  weiten  Grenzen  und  besonders  in  den  Provinzen 
Valenzia,  Alicante,  Murzia  und  Granada  hat  sich  von  altersher  eine  erfolgreiche  Kultur 
nur  durch  reichliche  Bewässerung  als  möglich  erwiesen.  Mit  Hilfe  einer  geordneten  Be- 
wässerung sind  aber  in  diesen  Provinzen  stellenweise  wahre  Gärten  von  Fruchtbarkeit 
entstanden.  Der  Staat  hat  durch  Zuschüsse  in  bar  oder  in  Gestalt  billiger  Darlehen, 
oder  auch,  indem  er  den  Bau  grösserer  Talsperren  selber  durchführtet  sehr  viel  zur 
Förderung  der  agrikulturellen  Wasserwirtschaft  Spaniens  beigetragen.  Es  sind  auch  eine 
ganze  Anzahl  Genossenschaften  entstanden,  welche  die  Anlage  von  Stauweihern  und  Tal- 
sperren zur  Aufgabe  hatten  und  deren  Organisation  durch  die  spanische  Gesetzgebung 
erleichtert  wurde.  Die  alten  spanischen  Talsperren  sind  meistens  auf  festen  Felsen- 
untergrund als  Staumauern  ausgeführt  und  zwar  mit  einer  Verteilung  der  Mauermassen, 
welche  nach  der  modernen  Anschauung  als  unzweckmässig  erscheint.  Die  älteste 
Talsperre  Spaniens  soll  die  Mauer  von  Almanza  sein,  welche  bereits  1586  be- 
standen haben  soll  Der  Stauinhalt  beträgt  1,4  Millionen  cbm  bei  18,69  m  grösster 
Wassertiefe.  Das  Niederschlagsgebiet  beträgt  200  qkm,  sodass  im  Verhältnis  zum 
Niederschlagsgebiet  der  Stauinhalt  ungewöhnlich  klein  erscheint. 

Die  Mauer  von  Alicante  oder  Tibi  staut  den  Rio  Monegre  25  km  oberhalb  von 
Alicante  und  400,0  m  über  dem  Meerespiegel  und  bildet  ein  Becken  mit  einem  Stauinhalt 
von  5  Millionen  cbm.  Der  Bau  soll  in  den  Jahren  1579  bis  1589  für  Rechnung  einer 
Agrikulturgenossenschaft  ausgeführt  sein.    Der  wasserseitige  Mauerfuss  ist  mit  einem 


696  III.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheitjen. 

Halbmesser  von  ungefähr  107,0  m  gekrümmt.  Die  Kronenbreite  beträgt  20,0,  die 
breite  33,10  m9  die  Höhe  der  Krone  aber  der  Talsohle  41,0  m.  Die  Mauer  sperrt  eine 
enge  Schlucht  ab,  sodass  die  Kronenlänge  nur  60,0  m  und  an  einer  Stelle,  wo  die  Krone 
tiefer  in  die  felsigen  Talhänge  eingreift,  ca.  80,0  m  beträgt.  Da  trotz  eines  seitlich 
vorhandenen  Überlaufs  eine  Überflutung  der  Krone  eintreten  kann,  ist  die  Luftseite  der 
Mauer  abgetreppt  in  Stufen  von  0,4  m  bis  1,0  m  Breite,  auf  denen  die  lebendige  Kraft 
des  kaskadenförmig  abstürzenden  Wassers  gebrochen  wird. 

Ungefähr  um  dieselbe  Zeit  wie  die  Mauer  von  Alicante  wurde  diejenige  von  Elche 
gebaut,  welche  gleichfalls  einen  beinahe  rechteckigen  Querschnitt  hat  bei  9,0  m  Kronen- 
breite, 12,0  m  Basisbreite  und  23,20  m  Mauerhöhe  über  der  Talsohle.  Die  Länge  der 
Krone  beträgt  70,0  m,  diejenige  in  der  Sohle  nur  18,3  m. 

Wegen  der  Ende  des  18.  Jahrhunderts  erbauten  Puentes-Sp er re  vergl.  S.  739. 

Von  den  neueren  Sperren  Spaniens  mögen  die  Mauern  von  Villar  und 
Lozoya  genannt  sein,  von  denen  die  letztgenannte  Anfang  der  fünfziger  Jahre  und  die 
erstgenannte  in  den  Jahren  1869  bis  76  gebaut  wurden.    Beide  Mauern  sind  auf  Felsen 
fundiert,  stauen  den  Lozoyafluss  und  dienen  zur  Wasserversorgung  der  Stadt  Madrid. 
Die  Sperre  von  Villar  wurde  gebaut,  als  die  unterhalb  liegende  Sperre  sich  als  unzu- 
reichend herausstellte;   sie  schliesst  ein  Becken  von  20  Millionen  cbm  Stauinhalt  ab- 
Die   Mauer   hat   eine   lotrechte   wasserseitige   Fläche  und   eine    gekrümmte   luftseitige 
Böschung  und  zwar  nach  einer  Linie,  wie  man  sie  ähnlich  bei  den  französischen  Sperren 
des   Furens   (Taf.   LH,  Fig.  4  u.  5  und  Abb.  214)  u.  der  Mouche  (S.  733)  ver- 
wendet hat.      Die   Villar  mau  er  hat  eine  Kronenbreite  von  5,20  m,  eine  in   einem 
Kreisbogen  (R  =  134,5  m)  gekrümmte  Kronenlänge  von  106,50  m,   eine  Basisbreite  an 
der  Gründungssohle  von  46,10  m  und  eine  Höhe  von  der  Gründungssohle  bis  zur  Krone 
von  45,4  m,  sodass  die  Basisbreite  über  100%  der  Höhe  beträgt    Sie  ist  auf  Granit- 
felsen gegründet.    Zur  Wasserentnahme  ist  der  Mauer  ein  halbelliptischer  Turm  vorge- 
baut,   welcher   drei   Brunnen   kreisförmigen   Querschnitts   nebeneinander   enthält.    Der 
mittlere  dieser  Brunnen  trägt  eine  Treppe,  die  beiden  seitlichen  sind  wegen  der  grossen 
Schlammablagerungen  durch  höher  liegende  Scharten  mit  dem  Staubecken  verbunden 
und  dienen  als  Entnahmeschächte.    Die  Schützenöffnungen,   welche  die  zwei  Entnahme- 
kanäle innerhalb  der  Entnahmeschächte  abschliessen,  sind  durch  je  zwei  Schützentafeln 
von  0,6  auf  0,9  m  geschlossen,  welche  durch  hydraulische  Presskolben  gehoben 
werden  können.    Der  Bewegungswiderstand  jeder  Tafel  beträgt  8,5 1.    Jede  der  4  Schützen 
hat  einen  eignen  Druckzylinder  von  50  cm  Durchmesser.    Zur  Gewinnung  des  Druck- 
wassers  wurde  die  sich  bietende  günstige  Gelegenheit  benutzt  und  eine  in  etwa  600,0  m 
Entfernung  und  60,0  m  über  der  Krone  der  Staumauer  vorhandene  Quelle  abgeleitet 

Wie  die  Franzosen  in  Algier  es  sich  haben  angelegen  sein  lassen,  das  an 
grosser  Wasserarmut  leidende  Land  durch  Anlage  von  Talsperren  wenigstens  stellen- 
weise zu  bewässern,  verdient  hervorgehoben  zu  werden.  Die  Flüsse  Algiers  haben  die 
ungünstige  Eigenschaft,  dass  sie  trotz  der  zum  Teil  grossen  Niederschlagshöhen  sehr 
geringe  jährliche  Abflussmengen  führen  und  weiter  den  Übelstand,  dass  diese  jährlichen 
Abflussmengen  in  verhältnismässig  kurzer  Zeit  zum  Abfluss  kommen.  Während,  wie  im 
Kap.  I,  §  4  „Vorarbeiten4  mitgeteilt  wurde,  das  Verhältnis  des  Abflusses  zur  Regenhöhe 
in  den  europäischen  Flüssen  des  Flach-  und  Hügellandes  Vs  bis  V«  beträgt  und  im 
Gebirge,  namentlich  im  Gletschergebiet,  auf  3/*  bis  1/i  und  noch  darüber  steigen  kann, 
beträgt  dieses  Verhältnis  zum  Beispiel  bei  dem  Cheliff  nur  V'ao,  beim  Habra  '/co,  beim 
Sig  1/m,  beim  T16lat  und  Djidiouia  1/i5. 

Die  Bewässerung  der  Ländereien  erfolgt  durchschnittlich   5  Monate,  und  man 


§  1.  Stauwerke.    B.  Talsperren.  697 

rechnet  Ve  bis  1  Z  für  den  ha  und  die  Sekunde.  Die  Bewässerungszeit  ist  für  jeden 
Besitzer  bestimmt.  Ein  solcher  hat  durchschnittlich  18  Mk.  pro  ha  und  Jahr  zu  zahlen, 
wenn  er  durchschnittlich  1/s  1/sek.  für  die  genannte  Flächeneinheit  entnimmt.  Die 
Anlage  von  Talsperren  ist  in  Algier  dadurch  erschwert,  dass  man  mit  grossen  Wasser- 
yerlusten  durch  Versickerung  und  Verdunstung  zu  rechnen  hat.  Man  muss  für  die 
heissen  Sommermonate  allein  durch  die  Verdunstung  durchschnittlich  Verluste  von 
10  mm  während  24  Stunden  in  Rechnung  stellen.  Der  Talsperrenbau  in  Algier  ist 
z.  T.  direkt  auf  Kosten  der  Regierung  durchgeführt  und  die  Sperre  ist  dann  einem 
Konsortium  von  landwirtschaftlichen  Interessenten  gegen  Zahlung  bestimmter  Abgaben 
zur  Benutzung  überlassen  oder  es  haben  sich  von  vornherein  Gesellschaften  gebildet, 
welche  vom  Staate  entweder  Beihilfen  k  fonds  perdu  oder  in  Form  einer  Zinsgarantie 
für  das  Baukapital  auf  eine  bestimmte  Zeit  erhielten.  Meistens  war  der  garantierte 
Zinsfuss  5  °/o,  und  es  war  ferner  abgemacht,  dass  nach  Ablauf  der  Frist  sich  Staat  und 
Gesellschaft  in  die  Erträge  teilen  sollten.  Auch  ist  die  Beihilfe  wohl  in  der  Form  ge- 
währt worden,  dass  unternehmenden  Gesellschaften  die  zu  bewässernden  Ländereien  ganz 
oder  zum  Teil  kostenlos  überlassen  wurden  (vergl.  die  Mitteilung  betreffend  die  Habra- 
sperre  S.  740). 

Als  Beispiele  algerischer  Talsperren  mögen  erwähnt  sein:  die  Mauer  im  Tlälat, 
welche  im  Jahre  1869  an  Stelle  eines  1862  zerstörten  Erddammes  erbaut  wurde  und  bei 
einem  Niederschlagsgebiet  von  130  qkm  nur  ein  Becken  von  600000  cbm  bildet.  Die 
auf  Staatskosten  ausgeführte  Mauer  hat  etwa  22,24  Mk.  pro  cbm  Mauerwerk  gekostet. 
Für  die  Wasserabgabe  von  jährlich  550  cbm,  welche  für  1  ha  Land  während  der  Be- 
wässerungsdauer von  etwa  22  Wochen  hinreichen  sollen,  werden  ungefähr  25  Francs 
erhoben.  Ferner  seien  erwähnt  die  Talsperre  am  Djidiouia,  welche  bei  einem  Nieder- 
schlagsgebiet von  830  qkm  nur  ein  Staubecken  von  2  Millionen  cbm  bildet,  —  die  Tal- 
sperre im  Hamiz,  welche  bei  140  qkm  Niederschlagsgebiet  einen  Stauinhalt  von 
14  Millionen  cbm  hat,  und  die  bekannte  Habrasperre  (S.  740). 

Wie  die  Engländer  neuerdings  die  Wasserwirtschaft  in  Ägypten  durch  den  Bau 
von  Staubecken  für  Bewässerungszwecke  zu  heben  suchen,  ist  im  Kap.  I,  §  1,  S.  2  kurz 
erwähnt  worden.  Ergänzend  sei  nur  noch  bemerkt,  dass,  einschliesslich  der  bereits  aus- 
geführten, im  ganzen  Staubecken  mit  einem  Inhalt  von  zusammen  beinahe  30  Milliarden 
cbm  projektiert  sind,  welche  anschlagsmässig  einen  Kostenaufwand  von  ungefähr  420 
Millionen  Mark  verursuchen  werden.  Durch  die  Wertsteigerung  des  zu  bewässernden 
Landes  soll  nach  den  angestellten  Ermittelungen  die  Deckung  dieses  gewaltigen  Auf- 
wandes vollkommen  gesichert  sein  M). 

Auch  Deutschland  wird  in  seinen  afrikanischen  Kolonien  und  besonders 
in  Südwest-Afrika,  wie  die  Engländer  in  Ägypten  und  Indien  und  die  Franzosen  in 
Algier,  neben  der  Anlegung  von  Verkehrswegen  den  Bau  von  Talsperren  als  Mittel  ver- 
wenden müssen,  um  die  Erträgnisse  der  Kolonien  zu  erhöhen.  In  dieser  Beziehung  sei 
auf  den  Bericht  von  Theodor  Reh  bock  „Über  die  Ergebnisse  einer  im  Auftrage  des 
Syndikats  für  Bewässerungsanlagen  in  Deutsch-Südwest-Afrika  durch  das  Herero-  und 
Gross-Namaland  unternommenen  Reise"  Berlin  1898  verwiesen. 

In  Frankreich  selbst  sind  im  vorigen  Jahrhundert  eine  sehr  grosse  Anzahl 
von  Talsperren  errichtet,  von  denen  einige  unter  m  dieses  Abschnitts  noch  nähere  Erwähnung 
finden  werden.  Der  Zweck  war  die  Bewässerung  und  Wasserversorgung  und  in  der 
zweiten  Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts  besonders   die  Beschaffung   von   Wasser  für 


53)  Karl  Borchardt,  Die  Remscheider  Stanwtiheraalage  1897. 


098         HL    Theodor  Koehh.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Sohiff&hrtsk&nile.    Neuerdings  sind  auch  eine  ganze  Reihe  Ton  Talsperren  für  Kraft- 
zwecke zun  Teil  projektiert,  zum  Teil  bereits  ausgeführt64). 

In  Deutschland  hat  sich  der  Talsperrenbau  in  grossem  Stile  —  wegen  der 
alten  Sperren  im  Harz  Tergl.  S.  707  —  erst  gegen  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  ent- 
wickelt. Von  der  erfolgreichen  Tätigkeit  0.  Intzes  auf  diesem  Gebiete  war  bereits  im 
§  1  S.  24  die  Bede.  Eine  Reihe  von  Talsperren  in  den  Vogesen  sind  von  Fe  cht  pro- 
jektiert und  ausgeführt 

In  dem  Italien  der  Neuzeit  ist  der  Talsperrenbau  auch  erst  in  der  zweiten 
Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts  aufgelebt,  um  die  italienische  Wasserwirtschaft  durch 
den  Bau  von  Talsperren  namentlich  im  Interesse  der  Landwirtschaft  zu  heben,  hatte  die 
italienische  Regierung  die  Ingenieure  Zoppi  und  Torricelli55)  zum  Studium  derartiger 
Anlagen  ins  Ausland  gesendet,  und  es  sind  bereits  grosse  Entwürfe  namentlich  für  die 
Landesteile  Emilia  und  Sizilien  aufgestellt. 

Von  den  Talsperren  in  England  selbst  wird  diejenige  von  Vyrnwy  (S.  735)  be- 
schrieben werden. 

Sehr  bekannt  ist  die  Staumauer  der  Gileppe  bei  Verviers  in  Belgien.  Die  Vor- 
arbeiten wurden  seit  dem  Jahre  1857  von  dem  Ingenieur  Bidaut  geleitet  Die  Sperre 
selbst  ist  in  den  Jahren  1867  bis  75  ausgeführt.  Der  Beckeninhalt  betragt  14  Millionen 
obm,  die  Beckenoberfläche  0,8  qkm,  das  Niederschlagsgebiet  40  qkm.  Die  Staumauer 
selbst  hat  eine  grösste  Höhe  von  47,05  m  bei  45,0  m  grösster  Wassertiefe,  die  Kronen- 
breite beträgt  15,0  m,  die  Breite  an  der  Sohle  66,0  m.  Die  Länge  der  Mauer  ist  in 
de*  Krone  235  und  in  der  Sohle  82,0  m.  Die  Mauer  ist  mit  einem  Halbmesser  von 
500,0  m  gekrümmt. 

Die  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika  sind  dasjenige  Land, 
welches  sich  die  Vorteile  des  Talsperrenbaues  in  neuerer  Zeit  bei  weitem 
am  meisten  zunutze  gemacht  hat.  Einige  amerikanische  Talsperren  sind  bereits  in 
den  literaturangaben  zu  Kap.  H  ad  Nr.  42,  46,  47,  50,  52,  54,  S.  600  bis  611  genannt 
und  einige  weitere  werden  noch  Erwähnung  finden. 

b)  Die  verschiedenen  Verwendungszwecke  des  aufgespeicherten  Wassers.  Die 
Gewinnung  von  Kraft  aus  Talsperren  hat  erst  eine  grössere  und  allgemeinere 
Bedeutung  gefunden,  seitdem  es  möglich  geworden  ist,  mit  Hilfe  der  Elektrizität  die 
Verwendung  der  Kraft  von  der  Gebundenheit  an  den  Ort  der  Erzeugung  zu  befreien. 

Es  wird  in  der  heutigen  Zeit  die  Regel  bilden,  dass  der  Bau  einer 
Talsperre  nicht  nur  einem  Zwecke  dient.  Wenn  sie  z.B.  der  Schiffahrt  dienen 
und  zu  gewissen  Zeiten  den  mangelnden  Wasserzufluss  eines  schiffbaren  Flusses  oder  eines 
Kanals  ergänzen  soll,  so  läset  sich  die  Druckdifferenz  zwischen  dem  Wasserspiegel  ober- 
halb und  unterhalb  der  Talsperre  zu  Kraftzwecken  ausnützen,  ohne  die  Benutzung  des 
abgelassenen  Wassers  für  Schiffahrtszwecke  zu  beeinträchtigen.  In  dieser  Beziehung 
teilte  Sympfer  in  seiner  Festrede  zum  Schinkelfest  des  Architektenvereins  in  Berlin 

13.  März  1907")  folgendes  mit: 

.In  grossem  Masstab«  ist  die  Speisung  des  Rhein -Weserkanals  durch  Talsperren  tob  teüi 
anasergewohnlichen  Abmessungen  vorgesehen,  die  im  oberen  QneUgebiet  der  Weser  angelegt  werden.   8ie 
haben  insofern  noch  besondere  Bedeutung,  als  sie  sor  Zeit  den  Niedrigwasserstand  des  genannten  Stromes 
verbessern,  die  Hochwassergefahr  in  der  Eder,  Fulda  und  Weser  bis  hinab  in  die  Marschen  nhsrhaft 


**)  Wegen  der  französischen  Ingenieure,  welche  speziell  beim  Talsperrenbau  hervorgetreten  sind, 
vergl.  die  Literaturangaben  nnd  Angaben  in  den  einzelnen  Fnasnoten. 

•»)  Zoppi-Torricelli,  Laghi  artifieiali  dell'Algeria,  della  Francis  et  del  Belpo.    Ron»  1»! 
*«)  Wochenschr.  d.  Architekten- Ver.  n  Berlin  1907  3.  86  u.  ff. 


§  l.  Stauwerke.    B.  Tausferrkn.  699 


Bremen«  ▼«mindern  und  ausserdem  eine  bedeutende  Kraftanlage  mit  Brackwasser  versorgen 
sollen.  Die  Weser,  die  bei  M finden  am  Zasanunenfloss  der  Fulda  und  Werra  nur  ein  Niedersehlagsgebiet 
Ton  rd.  12500  qkm  und  bei  gemitteltem  Niedrigwasser  eine  Wasserführung  von  22  cbm/sek.  besitzt,  wird 
trots  dieser  ungünstigen  Ortliehen  Verhältnisse  von  Schiffen  befahren,  die  schon  jetzt  500,  ja  sogar  bis 
su  700  Tonnen  tragen  und  in  ihren  Abmessungen  den  Sahnen  auf  dem  Dortmund-Emskanal  nahekommen. 
Der  Güterverkehr  wird  sich  ganz  wesentlich  vermehren,  wenn  der  Rhein- Weserkanal  fertiggestellt  und 
bei  Minden  die  Möglichkeit  gegeben  sein  wird,  die  grossen  Kanalschiffe  auf  die  Weser  zu  überfuhren. 
Um  einen  derartigen  Wechselverkehr  zwischen  Kanal  und  Strom  nutzbringend  zu  gestalten,  war  früher 
beabsichtigt,  die  Weser  von  Hameln  bis  Minden  auf  Kosten  Preussens  und  von  Minden  bis  Bremen  auf 
Kosten  Bremens  su  kanalisieren.  Dann  würden  auch  keine  Bedenken  bestanden  haben,  der  Weser  auf 
der  kanalisierten  Strecke  bei  Rinteln  unterhalb  Hamelns  das  für  die  Speisung  des  Rhein -Weserkanals 
erforderliche  Wasser  zu  entnehmen.  Als  indes  der  Mittellandkanal  nur  bis  Hannover  bewilligt  wurde 
und  infolgedessen  die  Verbindung  der  Weser  mit  der  Elbe  fortfiel,  trat  Bremen  von  der  Kanalisierung 
der  Weser  unterhalb  Mindens  zurück.  Die  Entnehme  von  Ksnalspeisewasser  aus  der  Weser  bei  trocknen 
Zeiten  konnte  nun  ohne  weiteres  nicht  mehr  in  Betracht  kommen,  denn  sowohl  die  Schiffahrt  wie  die 
anliegenden  Lindereien  vertragen  keine  Senkung  der  ohnehin  niedrigen  Wasserstände.  Man  kam  des- 
halb auf  den  Gedanken,  die  für  die  Kanalisierung  der  Strecke  von  Hameln  bis  Minden  veranschlagten 
rd.  20  Millionen  Mark  zur  Anlage  von  Stauweibern  im  oberen  QneUgebiet  der  Weser  zu  verwenden, 
und  Bremen  erklärte  sieh  bereit,  von  diesen  Kosten  ein  Drittel  zu  fibernehmen.  Es  wird  nun  beab- 
sichtigt, in  mehreren  Staubecken  etwa  200—250  Millionen  Kubikmeter  anzusammeln  und  diese  in  der 
sommerlichen  Trockenzeit  der  Weser  zuzuführen.  Diese  Wassermenge  kommt  dem  oberen  Lauf  des 
Flusses  von  Münden  bis  Rinteln,  der  Entnahmestelle  für  den  Rhein  -Weserkanal,  voll,  und  weil  nur 
höchstens  75  Millionen  Kubikmeter  jährlich  zur  Speisung  des  Kanal  zugeschossen  werden  müssen,  unter- 
halb Rintelns  noch  mit  etwa  zwei  Dritteln  der  .Gesamtmenge  zugute.  Dies  reicht  ans,  um  —  abgesehen 
von  ganz  ausnahmsweise  trocknen  Jahren  —  su  verhindern,  dass  die  Weser  später  je  unter  den  ge- 
mittelten  Niedrigwasserstand  fallen  kann  und  um  diesen  ausserdem  um  etwa  80  cm  im  oberen  Lauf  und 
15  cm  im  unteren  Lauf  des  Stromes  zu  erhohen.  Bei  Hsnnover-Münden  wird  dann  voraussichtlich  mit 
einer  geringsten  Wassertiefe  von  1,10  m  und  unterhalb  Minden  mit  einer  solchen  von  wenigstens  1,40  m 
gerechnet  werden  können.  Das  sind  Wassertiefen,  welche  diejenige  der  mittleren  Elbe  und 
Oder  bei  niedrigsten  Wasserständen  übertreffen. 

In  erster  Linie  ist  die  Erbauung  eines  170— £20  Millionen  Kubikmeter  fassenden  Stausees 
an  der  Eder  (bei  Hemfurt)  im  Fürstentum  Waldeck  in  Aussicht  genommen.  Die  Verhältnisse  sind 
dort  aussergewOhnlich  günstig,  sodass  nur  mit  einer  Anstauung  von  40—45  m  und  mit  einer  grossten 
MsnerhOhe  von  der  Sohle  bis  zur  Krone  von  etwa  50  m  gerechnet  zu  werden  braucht  Der  neu  zu 
schaffende  See  wird  eine  Länge  von  reichlich  20  km,  sowie  eine  Oberfläche  von  10  qkm  haben.  Leider 
müssen  auch  einige  Dörfer  ganz  oder  teilweise  überstaut  und  etwa  800  Einwohner  anderweitig  ange- 
siedelt werden.  Massnahmen  hierzu  sind  bereits  eingeleitet,  sodass  gehofft  werden  kann,  die  ländliche 
Bevölkerung  dem  Fürstentum  su  erhalten.  Wenn  keine  Hinderungen  eintreten,  wird  diese  Talsperre, 
die  in  Europa  ihrem  Inhalte  nach  nur  von  dem  bereits  erwähnten  flachen  Wolgabecken  übertroffen  und 
etwa  das  vierfache  Fassungsvermögen  der  Stauweiher  an  der  Urft  und  bei  Mauer  aufweisen  wird,  in 
fünf  Jahren  dem  Betriebe  übergeben  werden  können.  Es  ist  zu  erwarten,  dass  der  neue  Bergsee  mit 
der  vom  hohen  Fels  auf  ihn  herabschauenden  alten  Burg  Waldeck  ein  besonderer  Anziehungspunkt  des 
Fürstentums  und  des  in  der  Nähe  gelegenen  Bades  Wildungen  werden  wird. 

In  zweiter  Linie  kommt  ein  Staubecken  an  der  Diemel  in  Betracht,  das  wahrscheinlich  zwischen 
den  Dorfern  Helminghansen  und  Heringhausen  bei  Niedermarsberg  angelegt  werden  wird  und 
30  bis  50  Millionen  Kubikmeter  fassen  soll 

Endlich  wird  untersucht,  ob  im  Werragebiet  Talsperren  angelegt  werden  können.  Da  indes 
nur  solche  von  grossem  Fassungsvermögen  bei  billigem  Einheitspreise  für  jedes  Kubikmeter  aufge- 
speicherten Wassers  in  Frage  kommen  können  und  die  in  Betracht  kommenden  Täler  meist  stark  be- 
siedelt sind ,  so  wird  die  Errichtung  grosser  und  tiefer  Stauwerke  voraussichtlich  auf  Schwierigkeiten 
stossen.  Es  ist  aber  vielleicht  möglich,  dem  Bedürfnis  in  anderer  Weise  zu  entsprechen.  Wie  bei  der 
Betrachtung  der  geologischen  Verhältnisse  erwähnt,  werden  Stauweiher,  namentlich  wenn  die  von  ihnen 
zurückgehaltenen  Wassermengen  für  spätere  Verwendung  längere  Zeit  aufbewahrt  werden  müssen,  in 
möglichst  undurchlässigem  Gelände  angelegt  und  Gegenden  mit  durchlässigen  oder  in  Wasser  sich  auf- 
lösenden Felsschichten  vermieden.  Ein  derartiger  (Tntergrund  ist  aber,  wie  vielfach  im  Wesergebiet, 
so  namentlich  an  der  Werra  häufig  vorhanden.  Hier  versickert  dss  Oberflächen wasser,  tritt  in  der 
Regel  später  als  Quelle  im  unteren  Lauf  der  Bäche  und  Flüsse  wieder  zutage  und  bildet  eine  "bei  der 
Weser  sehr  ausgeprägte,  in  trocknen  Zeiten  erwünschte  Speisung  des  Niedrigwassers.    Es  soll  nun 


700         III.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


versucht  werden,  die  der  Anlage  von  Staaweihern  eigentlich  widersprechenden  Eigenschaften  des  Werra- 
tales  in  der  Weise  auszunutzen,  daas  an  geeigneter  Stelle  quer  durch  das  Tal  ein  niedriger  Damm  viel- 
leicht' von  4 — 6  m  Höhe  gezogen  wird ,  hinter  dem  sich  hei  stärkerer  Wasserführung  ein  Teil  des  Zu- 
flusses ansammeln  kann,  während  nur  ein  massiger  Bruchteil  ungehindert  abflieset.  Man  hat  hier  also 
einen  ähnlichen  Vorgang,  wie  bei  den  Hochwasserschutzbecken  in  Schlesien,  nur  mit  dem  Unterschiede, 
dass  in  den  Werrabecken  das  Wasser  länger  zurückgehalten  und  zum  Versickern  in  den  Untergrund 
veranlasst  werden  soll  Es  ist  dann  zu  erwarten,  dass  nach  einiger  Zeit  die  in  den  Untergrund  ge- 
gangenen Wassermengen  an  irgend  einer  Stelle  des  Zuflussgebietes  der  Weser  als  vermehrte  Quellen- 
speisung wieder  zutage  treten  und  sowohl  den  anliegenden  Ländereien  als  auch  der  Niedrigwasser- 
fflhrung  des  Stromes  und  damit  der  Schiffahrt  zugute  kommen  werden.  Sollte,  was  nicht  aufgeschlossen 
ist,  hei  diesem  Verfahren  gelegentlich  eine  nachteilige  Verwässerung  von  Ländereien  eintreten,  so  moss 
natürlich  Entschädigung  gewährt  werden. 

Die  für  die  Weser  angestellten  Untersuchungen  lassen,  wenn  sie  auch  durch  Erfahrungen  an 
deutschen  Strömen  noch  nicht  bestätigt  sind,  erkennen,  dass  in  geeigneten  Fällen  die  beabsichtigte 
Kanalisierung  eines  Flusses  durch  Zuschussw asser  aus  Talsperren  ersetzt  werden  kann.  Zwar  wird  hier- 
durch die  Fahrtiefe  bei  Niedrigwasser  kaum  je  auf  ein  gleiches  Mass  gebracht  werden  können  wie  bei 
einer  Kanalisierung,  aber  es  werden  auch  die  zahlreichen  Schleusen  eines  kanalisierten  Flusses  vermieden, 
die  der  Schiffahrt  einen  langwierigen  und  kostspieligen  Aufenthalt  verursachen  und  dadurch  Reisedauer 
wie  Frachtkosten  oft  auf  das  Doppelte  erhöhen.  Rechnet  man,  dass  die  Ausgaben  für  die  Kanalisierung 
eines  Flusses  bei  den  heutagen  gesteigerten  Anforderungen  etwa  300000  Mark  für  1  km  betragen  und 
dass  200  km  kanalisiert  werden  sollen,  so  ergeben  sich  Gesamtkosten  von  60  Millionen  Mark.  Hierfür 
könnte  man  bei  einem  für  sehr  grosse  Becken  vielfach  zutreffenden  Einheitssatze  von  12  Pfg.  pro  cbm 
500  Millionen  Kubikmeter  Wasser  aufspeichern  und  damit  in  den  meisten  Fällen  ganz  erheblichen  Gewina 
für  die  Schiffahrt  erzielen,  wozu  noch  als  Nebenvorteile  die  Verminderung  des  Hochwassers,  die  Ge- 
winnung von  Kraft  und  der  Nutzen  der  anliegenden  Ländereien  aus  der  Erhöhung  des  Niedrigwasser- 
standes hinzutreten.  Man  sollte  also,  wenn  die  Verhältnisse  im  allgemeinen  gflnstig  zu  liegen  scheinen, 
nicht  unterlassen,  neben  der  Kanalisierung  auch  die  Herstellung  von  Talsperren  su  prüfen/' 

Dient  die  Talsperre  der  Abwendung  von  Hochwasserschäden,  indem  sie  schäd- 
liche Spitzen  von  Flutwellen  in  sich  aufnimmt  und  so  den  Abflussvorgang  nach  außer- 
gewöhnlichen Niederschlägen  verlangsamt  (Kap.  II.  35,  Talsperre  Marklissa  S.  595),  so  kann 
sie  unbeschadet  der  Erfüllung  dieser  Aufgabe  auch  anderen  Zwecken  dienstbar  gemacht 
werden,  wie  z.  B.  der  Schiffahrt,  der  Eraftgewinnung,  der  Bewässerung  und  der  Wasser- 
versorgung. 

Bei  Talsperren  für  Bewässerungszwecke  kann  man  meistens  das  ganze  Druck- 
gefälle, das  sich  durch  die  notwendige  Aufspeicherung  von  selber  ergibt,  für  die  Fern- 
leitung des  Wassers  nicht  ausnützen,  es  würde  also,  ohne  den  Wert  der  Talsperre  für 
Bewässerungszwecke  zu  beeinträchtigen,  möglich  sein,  auch  Kraftzwecke  damit  zu  ver- 
binden. Ähnlich  verhält  es  sich  mit  der  Wasserversorgung,  wobei  meistens  nur  ein 
Bruchteil  des  Stauinhaltes  für  diese  Zwecke  benutzt  wird,  der  Rest  des  Wassers  aber 
zur  Kraftgewinnung  Verwendung  finden  kann.  Als  Beispiel  sei  auf  die  bekannte  Rem- 
scheider  Talsperre  (vergl.  Fussnote  53)  und  auf  die  Ennepetalsperre  (S.  731)  verwiesen. 

Alle  diese  anderen  Zwecke,  zu  denen  Talsperren  gebaut  werden,  können  hier  nur 
gestreift  werden.  Uns  soll  hier  ausschliesslich  die  Verwendung  der  Talsperren  zu 
Kraftzwecken  beschäftigen.  Da  aber  die  bauliche  Gestaltung  der  Sperrmauern 
und  Dämme  von  dem  Verwendungszweck  des  aufgestauten  Wassers  so  gut  wie  un- 
abhängig ist,  so  werden  nachstehend  auch  solche  Stauwerke  Erwähnung  finden,  welche 
nicht  Kraftzwecken  dienen,  und  da  ferner  Talsperren  neben  der  Kraftgewinnung  meistens 
auch  noch  anderen  Zwecken  dienen,  dürften  einige  Angaben  über  den  Wasserbedarf  ffr 
diese  anderen  Zwecke  erwünscht  sein,  um  sie  für  überschlägliche  Projekte  zur  Hand  zn 
haben. 

Über  den  Wasserbedarf  für  Schiffahrtszwecke  lassen  sich  allgemeine  Angaben 


§  l.  Stauwerke.    B.  Talsperren.  701 

nicht  wohl  machen,  sondern  derselbe  muss  sich  ans  dem  Projekte  der  Flussregulierung 
oder  des  Schiffahrtkanals  von  Fall  zu  Fall  ergeben. 

Zur  Bestimmung  des  Stauraumes,  welcher  zur  Aufnahme  von  Hochfluten  not- 
wendig ist,  bedarf  man  der  möglichst  genauen  Kenntnis  des  Verlaufes  der  in  dem  be- 
treffenden Flussgebiete  vorgekommenen  Hochfluten.  Es  ist  ferner  nötig,  dass  man  die- 
jenige maximale  sekundl.  Wassermenge  kennt,  welche  unterhalb  der  zu  projektierenden 
Talsperre  im  Flussbette  noch  höchstens  zum  Abfluss  kommen  darf,  ohne  dass  zer- 
störende Wirkungen  eintreten.  Kennt  man  dann  die  gesamte  sekundl.  Abflussmenge 
einer  höchsten  Hochflut  und  die  Zeit,  in  welcher  der  Abfluss  erfolgt  ist  und  zieht  yon 
der  Gesamtabflussmenge  diejenige  Wassermenge  ab,  welche  in  der  gedachten  Zeit  der 
Hochflut  unschädlich  höchstens  hätte  abfliessen  dürfen,  so  gibt  die  Differenz  die  Grösse 
des  Stauraumes.  (Vergl.  in  dieser  Beziehung  die  Beschreibung  der  Queis-Talsperre  bei 
Marklissa  Kap.  II,  35  S.  594). 

Bezüglich  des  Wasserbedarfs  zur  Bewässerung  von  Ländereien  ist  zu  sagen,  dass 
dieser  Bedarf  vom  Klima,  von  der  Bodenbeschaffenheit  und  der  Oberflächengestaltung, 
sowie  Ton  der  Art  des  Anbaus  der  zu  bewässernden  Fläche  abhängt.  Fe  cht  rechnet  im 
Elsass  für  eine  Bewässerungsdauer  von  6  bis  7  Monaten  rund  7*  1  für  ha  und 
Sekunde,  Grugnola  empfiehlt  einschliesslich  der  Verluste  an  Verdunstungen  und  Ver- 
sickerungen 1,2  1  für  ha  und  Sekunde  das  ganze  Jahr  hindurch  zugrunde  zu  legen. 
Selbstverständlich  können  diese  Zahlen  nicht  für  alle  Fälle  gleich  sein.  Wenn  der  zu  be- 
wässernde Boden  sehr  durchlässig  ist,  so  braucht  er  natürlich  mehr  Wasser  als  weniger 
durchlässiger ;  wenn  die  Zuführungsgräben  von  grosser  Länge,  ungünstigen  Querschnitten 
und  6ef&llverhältnis8en  und  schlecht  gedichtet  sind,  so  können  in  den  Gräben  allein  oft 
mehr  als  50  °/o  der  verfügbaren  Wassermengen  verloren  gehen,  ohne  dass  es  überhaupt 
zur  Berieselung  kommt.  Ausserdem  ist  es  auch  ein  grosser  Unterschied,  ob  man  Körner- 
bau oder  Grasbau  oder  Obstbau  treiben  will.  Handelt  es  sich  um  Reisbau,  so  ist  selbst- 
verständlich der  Wasserverbrauch  noch  viel  grösser  und  kann  etwa  im  Durchschnitt  auf 
5  1  pro  ha  und  Sekunde  angenommen  werden. 

In  Spanien  sind  3  Bewässerungsklassen  gebildet,  innerhalb  deren  die  das  ganze 
Jahr  hindurch  erforderliche  durchschnittliche  Wassermenge  von  0,09  1/sek.  für  den  ha 
bis  1  1/sek.  einschliesslich  Verluste  schwankt. 

Emil  Krüger67)  gibt  an,  dass  in  dem  durch  seine  bewässerten  Obstgärten  so 
berühmten  Santa  Clara  Distrikt,  Kalifornien,  bei  4 — 7  maliger  Bewässerung  im  Jahre 
5000— 6000  cbm  Wasser  pro  ha  jährlich  gebraucht  werden.  Im  sogenannten  Modesto  Distrikt 
im  Gebiete  des  Tuolumne  River,  Kalifornien,  wo  Getreide,  Luzerne,  Gemüse  und  auch 
Obst  gebaut  werden,  erhält  jede  Fläche  wahrend  der  Monate  April  bis  September, 
zehnmal  eine  Bewässerung  von  6"  Höhe  (0,152  m)  d.  h.  also  1,5  m  im  Jahre.  Demnach 
würden  also  15000  cbm  pro  ha  und  Jahr  netto,  d.  h.  ausschliesslich  der  Verluste  durch 
Verdunstung  und  Versickerung  nötig  sein. 

Was  den  Wasserverbrauch  bei  Wasserversorgungen  betrifft,  so  betragt  der 
Verbrauch  bei  städtischen  Anlagen  durchschnittlich  etwa  100  1  pro  Kopf  und  Tag.  Der 
Verbrauch  hängt  natürlich  sehr  erheblich  von  dem  Preise  ab,  zu  dem  Wasser  abgegeben 
wird  und  von  der  Art,  wie  es  gemessen  wird.  In  Berlin  ist  der  Verbrauch  68  1,  in 
Basel  109  1,  in  Breslau  76  1,  in  Hamburg  205 1,  in  Zürich  242 1.  (Näheres  vergl.  Hdb. 
der  Ing.-Wsch.  IH.  T.  Wasserbau.  3.  Bd.  G.  Oesten,  Wasserversorgung  der  Städte. 
S.  5  und  6.) 

**)  Emil  Krüger,  Regierung»-  n.  Bannt  in  Bromberg,  Beitrige  zur  Kenntnis  der  Wasserwirt- 
schaft in  den  V.  St  von  Nordamerika  1905.  8.  9. 


708         III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

e)  Die  Auswahl  des  Tales .  flr  eise  Sperre.  Ist  das  Bedürfnis  zur  Errichtung 
einer  Talsperre  in  einer  bestimmten  Gegend  in  grossen  Zügen  festgestellt,  so  werden  in 
einem  bestimmten  Falle  immer  nur  einige  Täler  überhaupt  in  Frage  kommen.  Vom 
Gesichtspunkt  der  Kraftgewinnung  ans  —  und  nur  dieser  kann,  wie  gesagt,  hier  eine 
nähere  Besprechung  finden,  —  wird  man  zunächst  demjenigen  Tal  den  Vorzug  zu  geben 
haben,  in  welchem  sich  der  Fluss  mit  dem  grössten  Vorflutgebiet  befindet,  d.  h.  dem- 
jenigen Tal  bei  welchem  auf  die  grössten  und  gleichmäßigsten  Abflussmengen  in  I/sek./qkm 
namentlich  bei  N.W.  zu  rechnen  ist  (Seite  180  bis  190).  Demnächst  verdient  der  Flu« 
mit  dem  stärksten  Gefälle  den  Vorzug,  damit  man  mit  jedem  aufgespeicherten  cbm  ein» 
möglichst  grosse  Kraftleistung  erzielen  kann.  Hierbei  kommt  es  nicht  auf  das  durch- 
schnittliche Gefälle  des  Gewässers  auf  einer  langen  Strecke,  sondern  auf  das  Gesamtge- 
falle einer  gewissen  kurzen  Strecke  unterhalb  der  Sperre  an.  Zur  Erläuterung  sei 
auf  das  Beispiel  der  Urft-Talsperre  verwiesen,  wo  wegen  der  vielen  Windungen  der 
Urft  und  der  Rur  durch  einen  verhältnismässig  kurzen  Werkstollen  ein  grosser  Zu- 
wachs an  Druckgefälle  gewonnen  werden  konnte  (Seite  586). 

Man  wird  ferner  immer  anstreben  müssen,  ein  möglichst  grosses  Staubecken 
zu  erzielen,  und  es  verdienen  daher  diejenigen  Stellen  für  die  Anlage  der  Sperre  den 
Vorzug,  wo  sich  aufwärts  das  Tal  in  zwei  oder  mehrere  Seitentäler  gabelt,  da  die  Kosten 
der  Sperrmauer  unter  Umständen  ganz  unabhängig  von  der  Grösse  des  abgesperrrten 
Beckens  sein  können,  öfter  findet  sich  in  einem  Tal  mit  kleinem  Vorflutgebiet, 
also  auch  kleinen  Zuflüssen,  die  Möglichkeit  mit  verhältnismässig  geringen  Kosten  ein 
grosses  Staubecken  zu  errichten  und  das  Gewässer  eines  seitwärts  gelegenen  Tales 
auf  künstliche  Weise  in  das  Staubecken  zu  leiten  (vergl.  die  Anlage  Kabelwerk,  Seite  407 
und  Tafel  XX,  Fig.  1). 

Selbstverständlich  muss  man  von  vornherein  völlige  Dichtigkeit  der 
Talsohle  und  der  Seitenwände  für  den  beabsichtigten  Wasserdruck  als 
wahrscheinlich  voraussetzen  dürfen,  und  es  müssen  die  Täler  über- 
haupt ausscheiden,  wo  sich  in  dieser  Beziehung  begründete  Zweifel 
von  vornherein  ergeben,  es  sei  denn,  dass  sich  etwaige  erkennbare  Undichtig- 
keiten mit  verhältnismässig  einfachen  und  wenig  kostspieligen  Mitteln  beseitigen  lassen. 

Man  weiss  z.  B.  von  den  Vorbergen  der  Vogesen,  dass  ihre  Täler  sich  zur  Ab- 
sperrung nicht  eignen,  weil  ihre  Lias-Jura-Buntsandstein-Muschel-Kalkschichten  so  ver- 
worfen und  klüftig  sind,  dass  die  von  den  steilen  Hauptbergen  kommenden  Abfluss- 
mengen erst  in  der  Rheinebene  wieder  zutage  treten58). 

Sehr  günstig  auf  die  Dichtung  wirkt  eine  das  Tal  und  die  Hänge  bedeckende 
tonige  Verwitterungsschicht,  welche  unter  Umständen  schon  bei  einer  Decke  von  1,50  m 
die  Waaserundurchlässigkeit  selbst  bei  sehr  hohen  Wasserdrücken  für  sich  allein  gewähr- 
leisten kann.  Es  mag  hier  gleich  eingeschaltet  werden,  dass  man  beim  Bau  darauf 
achten  muss,  solche  wasserundurchlässigen  Deckschichten  möglichst  unberührt  zu  erhalten. 
Fördernd  Ar  die  Dichtung  eines  Tales  wird  während  des  Betriebes  auch  die  Schlamm- 
ablagerung in  der  Talsohle  und  an  den  Hängen  wirken,  welche  sich  besonders  an  den 
oberen  Teilen  des  Beckens  bilden  wird. 

Wichtig  ist  natürlich  ferner  die  Bedingung,  dass  sich  in  dem  Tal  überhaupt  eine 
für  die  Anlage  der  Sperrmauer  geeignete  Stelle  bietet,  d.  h.  eine  Stelle  mit 
möglichst  enger  Sohle,  möglichst  steilen  Ufern  und  durchaus  tragfähigem, 
undurchlässigem  Baugrunde  und  Seitenhängen. 


*•)  Vergl.  auch  d»  Mitteilungen  von  Sy  nipher  aber  das  Wraer-  und  Wamgafciet  &  «• 


§  1.  Stauwerks.    B.  Tauspserbh.  703 

Um  den  Gronderwerb  Dicht  au  hoch  werden  zu  lassen,  ist  es  wünschenswert»  dass 
die  Talsohle  selber  eng  und  unbebaut  ist  und  keine.  Ansiedlungen  aufweist.  Bewaldete 
oder  unbewaldete  Hänge  sind  im  Preise  natuxgemäss  meistens  billiger  als  die  landwirt- 
schaftlich kultivierte  flachere  Sohle  des  Tales.  Wenn  ein  Tal  mit  Ansiedinngen  stark 
besetzt  ist,  so  können  die  Grunderwerbskosten  schon  von  vornherein  das  Unternehmen 
als  undurchführbar  erscheinen  lassen.  Es  versteht  sich  von  selbst,  dass,  wenn  z.  B. 
aus  der  Sperre  auch  eine  Trinkwasserversorgung  gespeist  werden  soll,  keine 
grösseren  Ortschaften  oder  Gehöfte  in  das  Tal  entwässern  dürfen.  Es  muss  demnach 
in  solchem  Falle  möglich  sein,  die  betreffenden  Entwässerungsleitungen  ohne  allzu  grosse 
Kosten  zu  beseitigen  oder  zu  verlegen. 

Hat  man  sich  zu  entscheiden,  ob  man  ein  oder  zwei  Sperren  machen  soll,  so  muss 
die  Kostenfrage  entscheiden.  Im  grossen  und  ganzen  wird  es  billiger  sein  ein  etwas 
höheres  Stauwerk  anzulegen  und  eventuell  das  Wasser  des  zweiten  Tales  in  das  ab- 
gesperrte Tal  zu  leiten,  da  beim  Bau  der  Stauwerke  sehr  viel  Nebenarbeiten  zu  machen 
sind,  die  fast  dieselben  bleiben,  gleichgültig,  ob  die  Mauer  gross  oder  klein  wird.  Hier- 
her gehören  die  Kosten  für  den  Entwurf,  die  Vermessung,  die  provisorische  Wasserab- 
leitung und  die  Vorrichtung  für  den  Materialtransport,  Einrichtung  von  Steinbrüchen 
und  Aufstellung  von  Mörtelmaschinen,  Bauleitung  und  Bauaufsicht  etc.  Auch  bezüg- 
lich der  Betriebskosten  ist  natürlich  eine  Sperre  vorzuziehen,  weil  man  an  Personal 
sparen  kann. 

Von  Wichtigkeit  ist  für  die  Wahl  des  Tales  natürlich  weiter,  dass  man  in  dem- 
selben und  zwar  möglichst  unweit  der  für  die  Sperrmauer  gewählten  Stelle  das  nötige 
Steinmaterial  oder,  sofern  es  sich  um  einen  Staudamm  handelt,  das  nötige  Dammaterial 
vorfindet.  Das  Steinmaterial  für  Sperrmauern  muss  wetterbeständig  und  hart  genug 
sein,  um  den  Drücken,  welchen  es  in  dem  Mauerwerk  ausgesetzt  wird,  (9  bis  16  kg/qcm) 
zu  widerstehen.  Es  ist  ferner  für  die  Kosten  des  Bauwerkes  von  Bedeutung,  dass  ein 
passender  Steinbruch  sich  in  solcher  Höhe  befindet,  dass  das  Material  zu  Tal  be- 
fördert werden  kann.  Wünschenswert  ist  es  natürlich,  auch  den  Mauersand  an  Ort 
und  Stelle  gewinnen  zu  können,  weil  etwa  ein  Drittel  des  gesamten  Bauminhaltes  einer 
Sperrmauer  von  dem  Mörtel  eingenommen  wird.  Um  alle  übrigen  Baumaterialien,  als 
Zement  und  Trass,  Rundhölzer,  Bretter,  Maschinen,  Werkzeuge,  Kohlen,  Sprengstoffe  etc. 
heranzuschaffen,  ist  es  schliesslich  notwendig,  dass  gute  Zufuhrwege  ohne  allzu  grosse 
Nebenkosten  angelegt  werden  können. 

d)  Die  Wahl  der  Stelle  für  das  Stauwerk  und  Auswahl  der  Bauweise.  Ist 
das  Tal  gewählt,  so  wird  man  zunächst  suchen,  die  bestgeeignete  Stelle  für  die  Sperre 
zu  finden.  Zunächst  wird  man  darauf  Bedacht  nehmen,  dass  das  Stauwerk  selbst  die 
kleinste  Längenausdehnung  erhält.  Unbedingt  notwendig  ist  aber,  dass  man  ohne  allzu 
grosse  Kosten  den  tragfähigen  Baugrund  erreichen  und  einen  festen  und 
dichten  Anschluss  an  die  Talwände  erzielen  kann.  Unter  allen  Um-» 
ständen  muss  die  Gründungssohle  gänzlich  unbeweglich  und  die  Gefahr 
von  Rutschungen  gänzlich  ausgeschlossen  sein. 

Die  Stauwerke  selbst  werden  entweder  als  geschüttete  Staudämme,  oder  als 
Staumauern  in  Stein  oder  Beton,  oder  aus  Eisen  und  Stein,  oder  Eisen  und  Beton 
hergestellt.  Staudämme  werden  überall  da  in  Frage  kommen,  wo  das  für  die  Damm- 
schüttung erforderliche  Hauptmaterial  in  genügender  Menge  und  in  geeigneter  Mischung 
in  der  Nähe  des  zu  errichtenden  Staudamms  gefunden  werden  kann  und  wo  es  nicht 
möglich  ist,  mit  der  Gründungssohle  einer  massiven  Staumauer  festen  und  durchlässigen 
Felsen  oder  gänzlich  undurchlässigen  Baugrund  von  genügender  Tragfähigkeit  zu  erreichen. 


704  III.    Theodor  Eobhm.     Ausbau  vom  Wabberkräften.     Einzelheiten. 

Staudämme   sind  auch  gewählt  worden,    weil   sie  sich  anschlagmassig  erheblich 
billiger  stellten  als  eine  Staumauer  von  gleicher  Höhe. 

1.  Man  unterscheidet  im  wesentlichen  zwei  Herstellungsarten  der  Damme,  s)  Die 
Torzngsweise  in  Frankreich  verwendete  Art  besteht  darin,  den  Damm  in  dünnen 
Schichten  ans  einem  gleichm&ssigen  Material  zu  schütten  und  ihn  »n 
der  wasserseitigen  Böschnngsfläche  durch  ein  geeignetes  Dichtungs- 
material abzudichten  und  gegen  die  Angriffe  der  Wasserbewegung  in 
schützen  (Abb.  196).  Für  diese  Art  der  Herstellung  ist  es  notwendig,  einen  Boden  znr 
Verfügung  zu  haben,  welcher  aus  einer  Mischung  von  Ton  oder  Lehm  mit  Sand  in  einem 
solchen  Verhältnis  besteht,  dass  jedes  Sandkorn  von  einem  Lehm-  oder  Tonhant- 
chen  umhüllt  wird.     Am  besten  ist  es,   wenn  das  Mischungsverhältnis  derartig  ist,  dass 

etwa  auf  1  Teil  Ton  1'/*  Teile 
Sand  entfallen.  Wird  die  Damm- 
erde fetter,  d.  h.  der  Ton*  oder 
Lehmgehalt  grösser,  so  ist  eine 
dichte    Lagerung    des    Dammes 
nicht  zu  erwarten,  weil  die  Damm- 
erde durch  die  Feuchtigkeit  sich 
dehnt  und  elastisch  wird.    Mit 
Boden  in  dem  bezeichneten  Mi- 
schungsverhältnis aber  lassen  sich 
bei  Aufbringung  dünner  Schichten 
und    gehörigem   Abwälzen  oder 
Abstampfen  vollkommen  dichte  Dämme  herstellen.    Beträgt  bei  dem  verfügbaren  Schütt- 
boden der  Anteil  des  Sandes  mehr    als  das  .1 7* fache,  so  ist  es  zu  empfehlen,  die  ein- 
zelnen Schichten  mit  hydraulischem  Kalkpulver  zu  bestreuen  und  dasselbe  dann 
durch  Riffelwalzen  mit  dem  Boden  zn  mischen  und  gleichzeitig  auf  etwa  die  Hälfte  der 
Schütthöhe  zusammenzupressen.    Es  setzt  das  die  Aufbringung  so  dünner  Schichten  (von 
etwa  10  cm)  voraus,  dass  eine  Durchdringung  des  Kalkes  mit  dem  Boden  durch  Walzen 
oder  Eggen  möglich  wird.    Beim  Damm  von  Mittersheim  (Seite  728}  bestand  der 
Schüttboden  zur  Hälfte  aus  Sand ,  zur  Hälfte  aus  Ton ,  und  man  setzte  demselben  je 
nach  dem  zu  grossen  oder  zu  geringen  Feuchtigkeitsgrade  hydraulisches  Kalkpulver  oder 
Kalkmilch  zu.    Der  Verbrauch  war  im  Mittel  12  Liter  Kalkpulver  pro  cbm  Schüttung. 
Bei  Herstellung  des  Dammes  von   Torcy-Neuf  (Abb.  197)  stieg  dieser  Zusatz 
an  der  Wasserseite  des  Dammes  bis  auf  30  kg  pro  cbm  fertiger  Schüttung.    Bei  den 
Vogesendämmen  wurden  16  bis  20  Liter  Kalkpulver  (9,46  bis  13,0  kg)  auf  einen 
cbm  fertiger  Schüttung  verwendet.    Bei  dem  Liez-Damm  (Abb.  198}  wurde  eine  künst- 
liche Mischung  aus  44  Teilen  Ton  und  56  Teilen  Sand  verwendet,  wobei  die  natürlich 
vorhandene  und  nur  Vi  Sand  enthaltende  Tonerde  in  0,133  m  starken  Schichten  auf- 
gebracht und  mit  je  0,067  m  Sand  zusammengewalzt  wurde. 

Es  gilt  überhaupt  als  Regel  bei  Herstellung  derartiger  Staudämme,  die  Schichten 
bis  zum  normalen  Wasserspiegel  im  Becken  in  Lagen  von  nicht  mehr  als  0,16  m  auf- 
zubringen und  jede  Schicht  für  sich  gehörig  abzuwälzen  und  zn  stampfen.  Alle  Fremd- 
körper, besonders  Pflanzenteile,  gefrorene  Schollen,  grössere  Steine 
dürfen  unter  keinen  Umständen  in  der  Schüttung  bleiben.  Grössere 
Erdklumpen  sind  zu  zerkleinern.  Der  Bauvorgang  mnss  derartig  be- 
trieben werden,  dass  die  Schichten  in  der  ganzen  Länge  des  Dammes 
gleichmässig  aufgebracht  werden,  ohne  dass  vorher  die  Oberfläche  der 


Stauwerke.    B.  Talspebbek. 


705 


letzten  Schicht  zu  stark  austrocknet.  Gegebenenfalls  muss  vor  der  Schüttung 
eine  Anfcuchtung  erfolgen.  Meistens  stellt,  man,  um  das  Walzen  zu  erleichtern,  die 
einzelnen  Lagen  wagerecht  her.  Nach  der  Wasserseite  zu  geneigte  Schüttungsflftchen 
versprechen  aber  immerhin  eine  grossere  Dichtigkeit.  Bezuglich  der  Walzen-  und  Stampf- 
maschinen sei  auf  Kap.  H,  24  Anlage  Jonage-Cnsset  Lyon  S.  510  und  Kap.  III,  2  Werk- 
kan&le,  sowie  Tafel  LIIL  Fig.  8 — 14  verwiesen  ■■). 

Abb.  197.    Entnahmavorriehtnng  du  Beckens  von  Torey-Neuf  (Frankreich).    Erbtat  1883—1887. 


Für  den  Liezdamra  bestand  die  zweiachsige  Walie  aus  guaaeiserneu  Scheiben  von  80  cm  Durch- 
messer, von  denen  je  12  anf  jede  Achse  verteilt  wurden,  derart,  dag»  die  Zwischenräume  dar  Scheiben 
der  vorderen  Achae  von  denen  der  hinteren  Achse  gedeckt  worden.  Das  Walzengeatell  konnte  durah 
einen  Waaeerballaatkaeten  beschwert  und  das  Gesamtgewicht  auf  4400  kg  gesteigert  werden.  An  jedem 
Dammende  war  eine  Lokomobile  aufgestellt,  welche  mittelst  Drahtseiltnges  die  Bewegung  betätigte. 

Was  die  grösste   zü- 
rn   .;-.  tfxk.  A  t-  Abb.  198.    Der  Lieadarom  (Frankreich).    Erbaut  1880— 1884. 
lässige  Hone  derartiger  ' 

Staudämme  betrifft,  so  geben 
die  Meinungen  darüber  noch 
stark  auseinander.  Auf  dem 
V.internationalenBinnenschiff- 
fahrts-Kongress  zu  Paris  1892 
konnten  sich  die  hervorragend- 
sten Fachmanner  nicht  dar- 
über einigen. 

M.  Fontaine  hält  bei 
ausgezeichnetemMaterial  einen 
Damm  von  20,0  m  Höhe  noch  für  zulassig,  Gnillemain  will  nicht  so  weit  gehen  und 
scheint  etwa  10,0  m  für  die  Grenze  zu  halten.  Mit  Rücksicht  darauf,  dass  Zufällig- 
keiten die  Widerstandsfähigkeit  des  Dammes  und  zwar  um  so  leichter  je  höher  der 
Wasserdruck  ist  beeinträchtigen  können  und  die  Bildung  selbst  kleiner  Wasseradern  immer- 
hin schon  gefährlich  ist,  wird  man  Dämme  der  beschriebenen  Bauart  kaum  höher  als  höcli- 


j  ifit&J&l  Mary** 


6»)  Ähnliche  Wallen  sind  von  Prof.  F.  Kre 
werke,  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1897.  S.  844  beschrieben. 

I.  T.1L    13.  Bd. 


einem  Auftaue:  Amerikanische  Wasser- 


706         HL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

stens  20,0  m  machen  dürfen.  Zur  Bemessung  der  Breite  der  Dammkrone  wird  oft  ein  Maas 
Ton  0,4  bis  0,5  h  angenommen,  wobei  h  die  gröeste  Dammhöhe  bezeichnet.  Cragnola") 
will  3,0  m  nicht  unterschreiten  und  gibt  im  übrigen  für  die  Berechnung  der  Kronen- 
breite b  min.  =  fV  (h  —  3)  an.     Der    amerikanische  Ingenieur  Trautwine    schiigt 

b  min.  =  0,61  +  2 .  V~h  vor.  Wird  die  Krone ,  was  meistens  der  Fall  ist ,  auch  für 
den  das  Tal  kreuzenden  Weg  benutzt,  so  ergibt  sich  unter  Umständen  hieraus  schon 
ein  Mindestmass. 

Die  Höhe  der  Krone  über  dem  höchsten  Stauspiegel  muss  derartig 
sein,  dass  unter  allen  Umständen  eine  Überflutung  des  Dammes  aus- 
geschlossen ist,  weil  eine  solche  eine  Katastrophe  fast  unvermeidlich 
machen  würde.    Da  bei  längeren  Becken  von  1000,0  m  und  mehr  immerhin  schon 
recht  erhebliche  Wellen  vorkommen  können,  so  empfiehlt  es  sich,  die  Dammkrone  2,0  bis 
3,0  m  über  den  höchsten  Wasserspiegel  zu  legen  und  ausserdem  noch  auf  der  Krone  selbst 
eine  Brüstungsmauer  als  Wellenschutz  anzulegen  (Abb.  196,  197  u.  198).    Die  luftseitige 
Böschung  wird  am  besten  nach  dem  Damm  zu  konvex  angelegt  mit  eingelegten  Banketts, 
um  die  Unterhaltung  zu  erleichtern  und  zu  verhindern,   dass  Regenwasser  Risse  in  die 
Dammböschung  reissen  kann.    Die  Neigung  der  einzelnen  Stufen  richtet  sich  nach  dem 
Böschungsmaterial  und  kann  zwischen  1 : 1,5  und  1 : 2,5  gewählt  werden  (Abb.  198).    Im 
übrigen  genügt  als  Befestigung  der  luftseitigen  Böschung  das  Ansäen  von  Rasen.    Die 
wasserseitige  Böschung  legt  man  meistens  stufenförmig  an  und  dichtet  sie  durch  eine 
Schicht  sorgfältig  gestampften  Betons  ab,  welcher  aus  Sand  und  hydraulischem  Kalk 
herzustellen  ist.    Sehr  zu  empfehlen  ist  zur  Sicherung  des  Dammfusses  und 
um  die  Bildung  von  Wasseradern  in  der  Gründungssohle,  zu  verhindern, 
eine  tiefere  Herdmauer   in   Beton   in   der   ganzen  Länge  des  Dammes 
herzustellen. 

Da  der  Damm  sich  allmählich  setzt,  so  würde  es  verfehlt  sein,  die  Beton- 
befestigung auf  den  Damm  gleichzeitig  mit  der  Dammschüttung  aufzubringen,  es  ist 
vielmehr  nötig,  mit  dieser  Arbeit  zu  warten,  bis  der  Damm  sich  gehörig  gesetzt  hat 
Es  ist  daher  auch  eine  Hauptbedingung  für  die  Ausführung  von  Staudämmen 
der  geschilderten  Bauart,  lange  Bauzeiten  zur  Verfügung  zu  haben.  Da 
aber  das  Setzen  des  Dammes  oft  nach  mehreren  Jahren  noch  nicht  ganz  beendet  ist, 
so  bleibt  die  Dichtung  derartiger  Dämme  mit  starren  Decken  immerhin  von  zweifel- 
haftem Erfolg.  Wollte  man  statt  dessen  eine  elastische  Dichtung  durch  einen  starken 
Tonschlag  auf  der  ganzen  Böschung  verwenden,  so  dürfte  es  sich  der  Kosten  wegen  als 
vorteilhafter  herausstellen,  statt  dessen  die  weiter  unten  zu  besprechende  Ausführungs- 
art mit  Tonkern  zu  wählen. 

Es  versteht  sich  von  selbst,  dass,  bevor  mit  der  Dammschüttung 
begonnen  werden  kann,  die  ganze  Gründungssohle  von  organischen 
Resten  befreit  werden  muss  und  aufzurauhen  ist,  sodass  eine  dichte 
und  innige  Verbindung  der  Dammerde  mit  der  tragenden  Sohle  ersielt 
wird.  Zur  Verhinderung  von  Wasseradern  in  der  Sohle  legt  man  zweckmässig  auch 
unterhalb  des  Dammes  selbst,  parallel  mit  den  Dammfüssen,  noch  weitere  Herdmauern 
in  der  ganzen  Länge  an,  die  tief  in  die  Sohle  eingreifen  müssen  und  wenn  möglich  bis 
auf  die  undurchlässigen  Schichten  herabzufuhren  sind  (Taf.  XX,  Fig.  10. 
des  westlichen  Abschlussdammes  des  Stauweihers  Gübsenmoos-Kubelwerk). 


60)  Crugnola,  Gaetano.  Sni  muri  di  aoategno,  Toriao  1888. 


§  1.  Stauwerks.     B.  Talsperren.  707 

b)  Nach  der  von  den  Engländern  nnd  Amerikanern  bevorzugten  Her- 
stellungsmethode  wird  inmitten  des  Dammes  ein  Kern  ans  undurch- 
lässigem Material  {Ton  oder  Beton)  hergestellt,  welcher  für  sich  allein  die  Wasser- 
undurchlässigkeit zu  gewährleisten  hat,  während  die  Widerstandsfähigkeit  gegen  den 
Wasserdruck  durch  beiderseitig  angeschüttete  Dämme  erzielt  wird.  Diese  Ausführungs- 
art  hat  den  Vorzog,  dass  man  in  der  Auswahl  des  Dammaterials  nicht  so  sorgfältig  zu 
sein  braucht  wie  bei  der  oben  geschilderten.  Sie  wird  deshalb  überall  da  an- 
zuwenden sein,  wo  gutes  Dammaterial  in  oben  gekennzeichneter  Be- 
schaffenheit nicht  in  genügender  Menge  vorhanden  ist  und  wo  eine 
schnelle  Ausführung  durch  die  Umstände  geboten  ist 

Der  Kern  aus  Tonschlag,  welcher  besonders  von  den  Engländern  bevorzugt 
wird,  erhält  in  der  Krone  des  Dammes  in  der  Regel  eine  Stärke  von  1,6  bis  4,0  m,  je 
nach  der  Hohe  des  Dammes  und  der  Güte  des  Tonmaterials  und  verbreitert  sich 
nach  unten  mit  Neigungen  von  1 : 1/6  bis  1 : 1/24  (Abb.  199).  Der  Kern  selbst  wird, 
sofern  völlig  undurchlässige 
Schichten  des  Baugrundes  in 
erreichbarer  Tiefe  liegen,  bis 
in  diese  hineingeführt.  Ober- 
halb der  Gründungssohle  des  I 
übrigen  Dammes  wird  der  Ton- 
kern mit  ausgesuchtem  feinen  i 
und  dichten  Material  (Mutter- 
erde oder  feiner  Schlemmsand) 
bedeckt,  um  den  Kern  gegen 
Austrocknen  und  Bissigwerden  und  gegen  die  Auflösung  durch  eindringendes  Wasser  tu 
schützen.  Für  das  Dammaterial,  namentlich  an  der  Luftseite,  ist  dann  eine  so  peinlich 
sorgfältige  Auswahl  wie  bei  der  französischen  Ausführnngsart  nicht  mehr  erforderlich, 
vielmehr  können  alle  möglichen  Bodenarten  zur  Verwendung  kommen,  wenn  sie  nur  gut 
lagerhaft  sind.  Alle  Sandarten  verdienen  deshalb  den  Vorzug.  Die  luftseitige  Böschung 
bei  solchen  Staudämmen  ist  meistens  1 : 2,5,  die  Innenböschung  1 : 3  angelegt.  Die  Her- 
stellung des  Dammes  und  des  Kernes  erfolgt  gleichzeitig,  wobei  der  Damm  in  Schiohten 
von  nicht  mehr  als  15  bis  20  cm  Höhe  aufzubringen  ist  Es  sind  in  England  Dämme 
dieser  Art  bis  zu  30,0  m  Höhe  ausgeführt. 

Bei  den  Amerikanern  wird  für  den  Kern  meistens  Beton  zur  Anwendung  gebracht 
(vergl.  den  New  Croton-Damm  S.  738). 

Zu  erwähnen  wäre  noch  die  eigentümliche  Bauweise  der  Dämme  im  Harz*1),  wie 
sie  bereits  1714  zu  Lauterberg  angewendet  ist.  Es  wurde  ein  Kern  von  etwa  2,3  m 
Stärke  in  der  Mitte  des  Dammes  aus  Rasenstücken  angelegt  welcher  bis  auf  den  un- 
durchlässigen Untergrund  herabgeführt  wurde.  Dieses  sogenannte  RaBenhaupt  wurde 
beiderseitig  durch  feine,  in  ganz  dünnen  Schichten  angestampfte  Dammerde  geschützt 
und  beiderseitig  alsdann  die  tragenden  Dammteile  mit  Böschungen  von  etwa  1 : 1 V*  davor 
geschüttet  Die  grösste  Dammhöhe,  die  auf  diese  Weise  hergestellt  wurde,  bleibt  noch 
unter  16,0  m.    Die  Dammkrone  ist  meist  6,6  m  breit. 

2.  Sperrmauern  aus  Stein  oder  Beton,  oder  ans  Stein  nnd  Eisen,  oder 
Beton  nnd  Eisen  müssen  jedenfalls  auf  einem  völlig  undurchlässigen  Untergrunde 


*i)  A.  Dum  reich  er,  Di«  Watienrirtoeheft  dw  Oberh*r»s.     P.  Ziegisr,  Der  TeUperren- 


708         HL    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

fundiert  werden.  Die  grössere  Belastung  pro  Flacheneinheit  verlangt  einen  entsprechend 
tragfähigeren  Baugrund.  Während  man  die  Dichtigkeit  in  der  Sohle  bei  Erd- 
dämmen, ausser  durch  die  Kern-  uhd  Herdmauern,  auch  durch  die  grosse  Länge  des 
Dammquerschnittes  in  der  Sohle  und  die  Belastung  des  Bodens  erreichen  kann,  weil 
schliesslich  die  Reibungs  widerstände,  welche  das  Wasser  im  Boden  findet,  bei  der  Lange 
der  Basis  dem  Wasserdruck  das  Gleichgewicht  halten,  muss  bei  massiven  Steinmauern 
und  um  so  mehr  je  höher  die  Mauer  wird,  der  Untergrund  selbst,  auf  welchem  die 
Mauer  steht,  die  Gewähr  völliger  Undurchlässigkeit  bieten  oder  es  muss  möglich  sein, 
auf  künstlichem  Wege  den  Untergrund  völlig  undurchlässig  zu  machen.  Selbstverständ- 
lich gilt,  was  für  die  eigentliche  Fundamentsohle  gesagt  ist»  auch  für  die  seitlichen  An- 
schlusswände der  Sperrmauer.  Es  werden  deshalb  derartige  Sperrmauern  meistens  nur 
auf  felsigem  Baugrunde  angelegt.  Man  kann  sie  aber  auch  auf  anderem  undurchlässigen 
Boden  fundieren,  wenn  derselbe  die  notwendige  Tragfähigkeit  besitzt  (vergl.  z.  B.  die 
Anlage  Avignonnet,  Kap.  II,  23,  S.  497  und  Taf.  XXXVII).  Granite,  Porphyre,  Trachyte, 
Syenite  und  ähnliche  Massengesteine  gewahren,  obwohl  sie  häufig  Spaltenbildungen  auf- 
weisen, die  grösste  Sicherheit,  weil  sie  eine  sehr  grosse  Tragfähigkeit  besitzen,  auch 
gegen  jede  Art  der  Zerstörung  am  widerstandsfähigsten  sind  und  Rutschflächen  selten 
befürchten  lassen.  Man  kann  die  Spalten,  welche  sich  in  diesen  Gebirgsarten  finden, 
nach  sorgfältiger  Reinigung  mit  Erfolg  durch  Zementmörtel  und  Beton  abdichten.  Wo 
eine  solche  Abdichtung  nicht  völlig  gelingt,  haben  aber  die  Wasserverluste  weiter  keinen 
Einfluss  auf  die  Staudsicherheit  des  Bauwerkes. 

Grössere  Vorsicht  ist  bei  allen  geschichteten  Gesteinarten  geboten, 
namentlich  wenn  die  Schichtung  sich  in  dünnen  Lagen  und  ungleichmässig  zeigt  und 
sich  zwischen  den  einzelnen  Schichten  tonige,  kalkige  oder  ähnliche  Bindemittel  be- 
finden. Ganz  besonders  wichtig  ist  die  Richtung,  in  welcher  die  Schichtungen  verlaufen. 
Liegen  die  Schichtungen  in  der  Längsrichtung  des  Tales  und  sind  sie  gegen  die  Wage- 
rechte stärker  geneigt,  so  ist  zu  untersuchen,  ob  sich  etwa  infolge  des  grossen  Wasser- 
druckes Rutsch  flächen  bilden  können,  auf  denen  dann  das  ganze  Bauwerk  zum  Gleiten 
kommen  könnte.  Je  mehr  sich  das  sogenannte  Streichen  der  Schichten  der  Längs- 
erstreckung der  Mauer  anschliesst  und  je  steiler  der  Einfallswinkel  ist,  um  so  mehr 
kann  man  darauf  rechnen,  dass  die  Fugen  durch  Beton  gedichtet  werden  können  und 
dass  die  ganze  Mauer  auf  einer  gleichartigen  Unterlage  ruht. 

Um  nun  die  Untersuchungen  an  einer  gewählten  Stelle  in  der  nötigen  Breite,  in 
welcher  die  Mauer  ihr  Fundament  finden  soll,  machen  zu  können,  ist  es  nötig,  zunächst 
Annahmen  über  die  Abmessungen  und  über  die  Krümmung  der  Staumauer  zu  machen 
Um  diesbezüglich  Anhaltspunkte  zu  geben,  sind  17  Querschnitte  von  Intze  projek- 
tierter, bezw.  ausgeführter  Talsperren  mit  Massen  auf  Taf.  LH,  Fig.  7  dargestellt, 
mit  Hilfe  deren  man  sich  von  vornherein  ein  ungefähres  Bild  über  die  Abmessungen 
der  Mauer  im  jedesmal  vorliegendem  Falle  machen  kann.  Ferner  gibt  wegen  der  Wahl 
des  Krümmungshalbmessers  die  nachfolgende  Tabelle  Auskunft.  Bezüglich  der  Sperr- 
mauern, welche  auf  Gewölbedruck  berechnet  sind  und  solcher,  bei  denen  Stein  und 
Eisen  oder  Stein  und  Beton  in  Kombination  verwendet  wurde,  wird  auf  die  nachstehend 
unter  e  aufgeführten  Beispiele  verwiesen. 


§  1. 


Stauwebice.    B.  Taubperben. 


709 


Tab« 

alle  XI. 

Beseidranng  der  Talsperre 

Zeit  der 
Ausfuhrung 

Kronenlange 
in  m 

Gröeste 
Manerhone 
biw.  Damm- 
höhe in  m 

Grftaste 

Wasserballe 

in  m 

Krümmungs- 
halbmesser 
in  m 

Alicsnte  (Mauer),  Spanien 

1579-89 

60-80,0 

43,0 

41,0 

107,00 

Forena  (Mauer),  Frankreich 

1860-66 

100,0 

56,0 

50,0 

252,5 

Gileppe  (Mauer)  Belgien 

$ 

1867-75 

235,0 

47,05 

45,0 

500,0 

Sweetwater-dam  (Mauer 
Kalifornien 

), 

1886-88  . 
Auf  GewSltodnuk  b*~ 
reöhiMt  (TorgL  Tat  LII, 
Hg.  3) 

103,6 

29,85 

27,75 

67,66 

Bearralley-dam  (Mauer), 
Vereinigte  Staaten 

1884 

Auf  €tow51b«4ni«k  be- 

reehnrt  (vergL  Tat  LII, 

Fi»  1  n.  2) 

137,25 

18,90 

16,8 

91,5 

Cryatal-  Springs  (Mauer)  bei 
St.  Francisco,  Kalifornien 

1887—90 

207,4 

51,85 

— 

194,8 

Remscheid  (Mauer) 

1889-91 

160,0 

25,0 

18,0 

125,0 

Chemnitz  (Mauer) 

1890-93 

180,0 

28,0 

20,0 

400,0 

Pansertal  (Mauer) 

1898 

127,0 

13,0 

8,0 

125,0 

Heilenbeke  (Mauer) 

a 

Ol 

1895-96 

165,0 

— 

15,15 

125,0 

Bevertal  (Mauer) 

9 

1896-98 

250,0 

25,0 

16,0 

250,0 

Lingeaetal  (Mauer) 

EM 

CD 

1897—1901 

185,0 

25,5 

18,5 

200,0 

Ronsdorf  (Mauer) 

<D 

1898-1902 

155,0 

23,5 

19,3 

125,0 

Solingen  a)  Erddamm 
mit  Betonkern 

$ 

9 
9 

1898-1903 

120,0 

13,0-14,0 

9,0 

50,0 

b)  Mauer 

P 

1898-1903 

148,0 

43,0 

36,0 

150,0 

Ennepetal  (Mauer) 

1902—1905 

270,0 

41,0 

36,6 

250,0 

Urfttal  (Mauer) 

1900-1905 

226,0 

58,0 

51,8 

200,0 

Markliasa  (Mauer) 

1902-1905 

125,0 

45,0 

36,0 

125,0 

e)  Einige  besondere  Ausführungsarten  von  Talsperren.  1.  Bei  der  Sperre  von 
Otay  in  Kalifornien  (Abb.  200)  ist  der  Kern  des  Staudammes  durch  eine  Stahlwand,  welche 
mit  Beton  umgeben  ist,  gebildet.  Ursprünglich  bestand  die  Absicht,  den  Kern  aus  einer 
Bruchsteinmauer  herzustellen,  und  man  sieht  in  der  Abbildung  das  Fundament  derselben. 
Der  wasserseitige  Teil  des  Dammes  besteht  aus  einer  Schüttung  in  grobem  Kies,  der 
luftseitige  aus  einer  Schüttung  von  Steinblöcken  verschiedener  Grösse. 

2.  Bei  dem  Staudamm  am  East-Canyon  Creek  (Kalifornien),  welcher  eine 
Schlucht  sperrt,  wurde  die  Dichtung  gleichfalls  durch  eine  Stahlwand  mit  Betonbekleidung 
erzielt  und  der  Damm  durch  Trockenmauerwerk  und  grosse  Steinblöcke  gebildet  (Abb.  201). 
Ursprünglich  war  die  Höhe  der  Sperrmauer  auf  20,0  m  berechnet,  später  ist  sie  noch 
um  8,0  m  erhöht  worden.  Man  hat  durch  Sprengstollen  mit  einem  Schlage  das 
ganze  Material  für  den  Damm  gewonnen  und  die  ursprüngliche  Sperrmauer  von 
20,0  m  Höhe  für  rd.  80000  Mk.  herstellen  können. 

3.  Bei  dem  Staudamm  am  Bowman  in  Kalifornien  (Abb;  202),  welcher  an 
einer  Stelle  errichtet  wurde,  wo  Holz  in  Massen  und  billig  zu  haben  war,  ist  der  wasser- 
seitige Teil  des  Staudammes  durch  übereinandergelegte  Holzst&mme,  welche  miteinander 
im  Holzverband  und  durch  Klammern  verbunden  wurden,  gebildet  und  das  Innere  dieses 


710 


Hl      THBODOE    KoBHW.      AUSBAU   TON   ViMaMWtt.      I&HZKI.HBITEN. 


Holsgerüstes  ist  mit  Steinen  ausgefüllt     Die  Dichtungswand  ist  durch   einen  Bohlen- 
belag auf  Holzbalken  gebildet  worden,  dessen  Fugen  kalfatert  wurden. 

4.  Die  Talsperre  bei  Sonthfork  in  Kalifornien  ist  ganz  in  Eisen  und  Stahl  ge- 
bildet (Abb.  203),  weil  eine  Staumauer  zu  teuer  geworden  wäre.    Stählerne  Gerüste  tragen 

Abb.  300.    Otay-Sperrmatier,  Kalifornien. 


Abb.  201.    Staudamm  am  Eaat-Canyoc  Craak,  Kalifornien. 


Abb.  202.    Staudamm  am  Bowman,  Kalifornien. 


-iG&xk^ik 


auf  der  Wasserseite  eine  Stahldecke,  welche  in  Form  von  Hängeblechen  auf  den  Haupt- 
tragern  befestigt  ist.  Die  Vorderfläche  der  Sperre  ist  gegen  den  Horizont  um  45*  ge- 
neigt, wahrend  die  äussersten  lnftseitigen  Stützen  lotrecht  stehen.  Die  Dichtung  in  der 
Sohle  ist  durch  eine  Betonschüttung  erreicht. 


§  1.  Stauwerke.     B.  Talsperbek.  71] 

5.  Bei  der  Sperre  des  Sees  Oredon  in  den  französischen  Pyrenäen  hat  man  in 
Röcksicht  auf  die  billigste  Ausführung  den  Staudamm  aus  Geröll  und  Kies  hergestellt, 
welches  Material  sich  in  der  Nähe  in  grosser  Menge  befand.   Ein  stärkeres  Setzen  hatte 
man  deshalb   nach    Fertigstellung   des  Dammes  nicht   zu   befürchten.    Der  See    liegt 
1850  m  Über  dem  Meerespiegel  in  einer  schwer  zugänglichen  Gegend.    Um  diesen  Damm 
abzudichten,  bedeckte  man  ihn  wasaerseitig  mit  einer  Pflasterung  (Abb.  160  n.  161**). 
Auf  diese  wurde  eine  Beton- 
schicht von  0,20  cm  Stärke 
gestampft   und    hierauf  ein 
Drainageschlitz   aus  groben 
Steinen    von    etwa   0,30  m 
Stärke  angelegt.    Diese  Drai- 
nage führt  in  einen  Sammel- 
kanal am  Fasse  des  Dammes, 
welcher  luftseitigmündet.  Auf 
die  Drainage  wurde  dann  zur 
Dichtung  eine  Betonschicht 
gelegt  in  Starken  von  1,50  m 
am  Fasse  und   1,20  m  an 

der  Krone.  Der  Beton  ist  sehr  sorgfältig  gestampft  and  nach  dem  Abbinden  mit  einer 
2  cm  starken  Asphalt  •Isolierschicht  versehen.  Um  diese  Schicht  den  Einwirkungen 
des  Frostes  and  mechanischer  Beschädigungen   zu   entziehen,   ist  dieselbe  mit  einer 

Abb.  205.    LtogHchnitt  durch  den  Eutnshmitstollen  des  See«  von  Oredon. 

h  ?. 


*W 490,0 *V"*J< 

1,0  m  dicken  Steindecke  überdeckt.  Der  Damm  hat  eine  grösste  Sohlenbreite  von 
86,0  m,  eine  Kronenbreite  von  8,75  m,  eine  Kronenlänge  von  95,0  m  und  eine  Wasser- 
spiegethöhe  von  21,5  m. 

Der  in  den  siebziger  Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts  erbaute  Damm  soll 
710000  Frs.  gekostet  haben,  sodass  bei  7,27  Millionen  cbm  Nutzinhalt  auf  den  cbm 
Beckeninhalt  nicht  ganz  8  Pfennige  entfallen  würden. 

6.  Eine  Aasführung,  bei  welcher  die  Sperrmauer  als  Gewölbe  berechnet  wurde,  zeigt 
der  Sweetwaterdam  in  Kalifornien  (Taf.  LH,  Fig.  3a,  b,  c).  Der  Aufstau  des 
Sweetwaterflosses  erfolgte  zuerst  für  Bewässerungszwecke  in  einer  Höhe  von  18,3  m 
und  ist  später  auf  27,75  m  erhöht.  In  der  Talsohle  ist  die  Mauer  50,5  m,  in  der  Krone 
103,6  m  lang.  Die  Sehnenlänge  betragt  91,4  m  nnd  der  Krümmungshalbmesser  67,66  m. 
Das  Bruchsteinmauerwerk  (16000  cbm)  wurde  mit  einem  Portland-Zementmörtel  (ltift- 
soitig  1  : 3,  wasserseitig  1:2)  in  anregelmässigen  Schichten  aufgeführt.  Es  besitzt  ein 
Gewicht  von  2,6  t  pro  cbm.     Die  Krone  trägt  wasserseitig  eine  1,05  m  hohe  .and  0,6  m 


)■)  P.  Ziegler,  Der  Tal  sperre  ab»  a.  Teil  L  S.  50. 


712         IIL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

dicke  Brustungsmauer,  luftseitig  ein  eisernes  Geländer.  Am  rechten  Ufer  1,50  m  unter 
der  Krone  der  Sperrmauer  liegt  ein  12,20  m  langer  Überlauf»  welcher,  durch  Mauer- 
pfeiler  in  8  Verschlüsse  geteilt,  durch  Schützen  geschlossen  werden  kann.  Die  Ent- 
nahme des  Wassers  erfolgt  in  einem  Turm  von  1,8  m  Halbmesser,  welcher  im  Becken- 
innern  in  einem  Abstände  ton  15,0  m  von  der  Mauer  errichtet  wurde.  Ein  zu  Be- 
wässerungszwecken  dienendes  eisernes  Rohr  von  0,90  m  Durchmesser  und  zwei  weitere 
zur  Lieferung  von  Kraftwasser  von  0,35  bis  0,45  m  Durchmesser  durchdringen  die 
Mauer  und  stehen  mit  dem  Turminnern  in  Verbindung.  Die  Verschlüsse  der  Bohre  sind 
an  der  Luftseite  angeordnet.  Das  Becken  hat  einen  Inhalt  von  22  Millionen  cbm  bei 
2,95  qkm  Oberfläche  im  Wasserspiegel.  Die  Verdunstung  ist  wegen  der  hohen  Tempe- 
ratur, welche  vornehmlich  in  der  Zeit  von  Juni  bis  November  herrscht,  sehr  bedeutend 
und  wird  jährlich  auf  1,22  m  geschätzt.  Der  Bau  ist  in  den  Jahren  1886  bis  88  aus- 
geführt und  soll  nur  etwa  1260000  Frs.  oder  rd.  4,6  Pfg.  pro  cbm  Stauinhalt  ge- 
kostet haben. 

7.  Eine  noch  kühnere  Konstruktion  zeigt  der  Bearvalleydamm  (Taf.  LH, 
Fig.  1  u.  2  a,  b,  c).  Die  auf  Granitfels  gegründete  Sperrmauer  ist  gleichfalls  ans 
Granitbruchsteinen  in  Portlandzement  hergestellt  und  mit  Werksteinen  von  0,9  bis 
1,7  m  Länge  und  0,60  m  Stärke  verblendet  Die  Kronenlänge  misst  137,25  m,  der 
Halbmesser  91,5  m,  die  Mauerbreite  am  Fusse  6,75  m,  in  der  Krone  0,97  m.  Die  Mauer- 
höhe beträgt  18,90  m.  Ein  6,0  m  breiter  Überlauf  liegt  2,60  m  unter  der  Mauerkrone 
und  führt  das  Wasser  in  einen  in  dem  Felsen  des  linken  Talhanges  eingearbeiteten 
Kanal.  Ein  Rohr  von  1,0  m  Durchmesser  zur  Wasserentnahme  fuhrt  durch  die  Sperrmauer 
und  ist  durch  Schieber  mit  Zahnstangenvorgelege  verschliessbar.  Die  anfangliche  Durch- 
lässigkeit der  Mauer  soll  später  verschwunden  sein.  Bei  einer  Oberfläche  des  Stauspiegels 
von  8,5  qkm  hat  das  Becken  einen  Inhalt  von  50  Millionen  cbm.  Das  im  Durchschnitt 
1900,0  m  über  dem  Meeresspiegel  liegende  Niederschlagsgebiet  bedeckt  eine  Fläche  von 
112  qkm.  Die  Kosten  der  Sperrmauer  sollen  nur  400000  Frs.,  d.  h.  nur  0,65 
Pfennig  pro  cbm  Stauinhalt  betragen  haben.  Diese  Zahl  und  auch  die  ge- 
ringen Kosten  des  Sweetwater-dam  mahnen  bei  einem  Vergleich  mit  den  in 
Tab.  XII  angegebenen  Kosten  dazu,  auch  in  Europa  der  Ausführung  von 
Sperrmauern  unter  Berücksichtigung  der  Gewölbewirkung  mehr  als  bislang 
näher  zu  treten68).  Ebenso  verdient  die  Verwendung  von  Bisenbeton  beim  Talsperren- 
bau entschieden  Beachtung.  Die  Errichtung  von  massiven  Staumauern  in  Abmessungen 
wie  diejenigen  der  Marklissa-Talsperre  erfordert  so  grosse  Mittel,  dass,  wenn  man  diese 
Ausführungsart  für  Talsperrenanlagen  in  Deutschland  allgemein  als  Muster  nehmen 
würde,  viele  Talsperren  aus  wirtschaftlichen  Gründen  unausgeführt  bleiben  müssten,  weil 
das  aufgewendete  Kapital  durch  die  Erträgnisse  der  Kraftgewinnung  nicht  gedeckt 
werden  könnte. 

f)  Die  Feststellung  des  Fassungsvermögens  eines  Tales,  Bestimmung  der  Ar 
einen  verfolgten  Zweck  erforderlichen  Grösse  des  Stauraumes,  sowie  die  Verteilung 
der  Kosten.  Das  Fassungsvermögen  eines  Tales  wird  aus  topographischen  Karten  er- 
mittelt. Sollten  solche  nicht  vorhanden  sein,  so  müssen  an  charakteristischen  Punkten, 
besonders  natürlich  in  der  Nähe  der  Baustelle  des  Abschlusswerkes,  Querprofile  aufge- 
nommen und  danach  in  einen  Lageplan  die  Höhenlinie  eingetragen  werden.  Die  von 
den  einzelnen  Höhenlinien   eingeschlossenen  Flächen   sind  zu   planimetrieren  und  das 


•»)  Vergl.  Zentralblatt  d«r  Braver*.  1897  8.  450  und  1808  S.  525  o.  ff. 


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§  i.  Btauwekke.     B.  Talspfjkken. 

Mittel  ans  zwei  benachbarten  Flachen  mit  den  zuge- 
hörigen Höhenunterschieden  zn  multiplizieren  (Abb. 
206).  Der  Rauminhalt  eines  Talbeckens  ist  also  bis 
zn  einer  gewissen  Höhe 

J=&±I,)h,  +  (!i+S)h,+ 

Die  FlächengrÖsse  der  obersten  Schicht  ist  zu 
gleicher  Zeit  von  Wichtigkeit  für  die  Überschlägliche 
Feststellung  des  Grtmderwerbs  und  für  die  Berech- 
nung der  grössten  Verluste  durch  Verdunstung.  Es 
ist  zweckmässig,  gleichzeitig  in  überschläglicher  Weise 
für  die  einzelnen  Stauhöhen  neben  dem  Fassungs- 
vermögen auch  den  kubischen  Inhalt  der  Sperrmauer 
zu  ermitteln  und  tabellarisch  aufzutragen,  weil  solche 
Übersicht  die  Durchführung  wirtschaftlicher  Vor- 
arbeiten zur  Auffindung  der  besten  Lösung  erleichtert 
(Abb.  206).  Die  Ergebnisse  der  Berechnung  würden 
dann  in  einer  Tabelle  übersichtlich  nach  dem  nach- 
folgenden Muster  zu  ordnen  sein: 


1 

2 

3 

4 

5 

6 

Wawertiefe 

Zunahme  in 

m 

Faunngaver- 

mtlgen  in 
1000  ebm 

Zunahm«  in 
1000  cbm 

Manerinlialt 
in  ebm 

Beckenober- 
fitche  in  qm 

10 
15 
20 

40 

40,5 

41 

5 
5 

0,5 
0,5 

4 
12 
350 

2000 

'       3000 

6000 

8 

338 

1000 
8000 

a, 
an 

b 
b, 

b» 

Die  Zahlen  in  Kolonne  3  und  4  sind  willkürlich  gewlbJt. 

Was  nun  die  Bestimmung  des  Stauraumes  betrifft,  so  lassen  sich  zunächst  An- 
haltspunkte, wenn  auch  noch  unsichere,  aus  dem  Verhältnis  der  Gesamtjahres- 
zuflussmenge  oberhalb  der  Sperrmauer  zum  Beckeninhalt  bei  ausgeführten  Anlagen 
gewinnen.  Die  nachstehende  Tabelle  XU  gibt  darüber  einige  Auskunft.  Im  Mittel  ans 
17  Anlagen  beträgt  das  Verhältnis  zur  mittleren  jährlichen  Zufiossmenge  nach  Tabelle  XII 
0,30  und  schwankt  zwischen  0,08  und  0,67.  Durch  die  technischen  Vorarbeiten  hat  man 
sich  die  Kenntnis  der  Abflussverhältmese  des  Waseerlaufs  in  dem  ausgesuchten  Tale  zu 
verschaffen  und  es  sollten  tunlichst  die  durchschnittlichen  täglichen  Abfiussmengen  für  eine 
möglichst  lange  Reihe  von  Jahren  bekannt  sein  (vergl.  Kap.  1,  §  4,  „Technische  Vor- 
arbeiten", S.  180  u.  ff.  u.  Abb.  10).  Aus  der  Kurve  der  täglichen  Abflussmengen  in  cbm/sek. 
oder  in  cbm  während  86400  Sekunden  lässt  sich  dann  zunächst  insofern  eine  Über- 
gicht gewinnen,  als  man  durch  Eintragung  derjenigen  Wagerechten,  welche  der  mitt- 
leren täglichen  Abflussmenge  entspricht,  sehen  kann,  welcher  Ausgleich  über- 


714         IIL    Theodor  Koehn.    Ausbau  toh  WAeBESKRÄFrEN.    Eiszelhbitem. 

hupt  höchstenfalls  erzielbar  sein  «firde  (Abb.  207).     Ist  man  dann  in  der  Lage,  sich  ein 
Programm  machen  zu  können  aber  den  darchschnittlichen  täglichen  Bedarf  an  Wasser  in 
cbm  und  tragt  diesen  Bedarf  in  die  Eure  der  taglichen  Waaseraengen  ein,  so  würde  man 
ans  dem  Bilde  ersehen,  wie  gross  der  Stauinhalt  sein  muss,  um  diesen  Bedarf  zu  decken. 
Bei  Feststellung  des  Bedarfes  würden  die  Verloste   durch  Versickerung  und  Verdunstung 
mit  zu   berücksichtigen   sein.     Denkt  man  sich   in  die  Abb.  207  die  Bedarfslinie  als 
Wagerechte  parallel  zur  Linie  des  mittleren  taglichen  Abflusses  eingetragen,  wobei  also 
Torausgesetzt  wäre,  dass  der  tägliche  Bedarf  während  des  ganzen  Jahres  gleich  bliebe, 
so   würden   alle   Locken  unter  dieser  Link 
den  Bedarf  an  Zuschusswasser,  die  „Berge9 
über  der  Linie  die  zur  Aufspeicherung  rer- 
fügbaren  Wassermengen  darstellen.    Die  not- 
wendige Grosse  des  Stauraumes  ergäbe  sich 
dann  aus  der  grössten  Summe  der  Lücken  unter 
der  Linie  für  eine  zusammenhängende  Zeit- 
periode und  zwar  nach  Abb.  207  etwa  toq 
Mitte  Juni  bis  Anfang  Oktober.   Wechselt  der 
Bedarf,  so  entsteht  eine  gebrochene  Linie 
als  Bedarfslcurre. 

Hat  man  sich  auf  diese  Weise  ein 
überschlägliches  Bild  von  der  erforderlichen 
Grösse  des  Stauinhaltes  gemacht,  so  wird 
man  am  besten  einige  Lösungen  mit  ver- 
schiedenen  Stauhöhen  durchrechnen,  nm  die 
Kosten  zu  ermitteln  und  den  wirtschaftlichen 
Wert  jeder  Lösung  zu  prüfen.  Um  die 
überschlägliche  Veranschlagung  zu  erleichtern 
und  zu  kontrollieren,  sind  in  der  Tabelle  XII 
gleichzeitig  die  Kosten  einer  grösseren  An- 
zahl von  Intze  ausgeführter  Anlagen  pro 
cbm  Staainhalt  angegeben. 

Handolt.es  sich  bei  einer  Talsperre  da- 
rum, den  unterliegenden  Triebwerksbesitzern 
Wasser  zu  liefern,  d.  h.  eine  gewisse  Anzahl 
cbm/sek.  während  einer  gewissen  Arbeits- 
dauer des  Tages  zur  Verfügung  zu  stellen. 
so  muss  man  diesen  Tagesbedarf,  wenn  die 
Zu flussro  engen  nicht  in  cbm/tage,  sondern  in 
cbm/sek.  dargestellt  sind,  ebenfalls  in  cbm/sek. 
verteilt  auf  24  Stnnden  umrechnen.    Es  empfiehlt  sich  in  solchem  Falte  aber  mehr  die 
täglichen  Abflussmengen  darzustellen  und  entsprechend  die  taglichen  Bedarfsmengen  in 
das  graphische  Bild  einzutragen.     Für  die  Feststellung  des  täglichen  Bedarfs  der  Trieb- 
werksbesitzer ist  ihr  Arbeitsplan,  die  Grösse  und  der  Nutzeffekt  ihrer  Motoren,  das 
Druckgefälle   an   den  Triebwerken,   die  Grösse   der   vor  ihren  Triebwerken  befindlichen 
Stauweiher,  die  Entfernung  von  der  Sperre,  die  Beschaffenheit  des  ZnführungskanalE 
oder  des  Flussbettes  und  anderes  mehr  massgebend.     Intze  hat,  um  zur  Erleichterung 
der  Übersicht  den  Mangel  an  Wasser  für  eine  bestimmte  Talstrecke  darzustellen, 
folgende  Methode  angewendet: 


§  1. 


Stauwerke.    B.  Taubperken. 


715 


Es  wurde  zunächst  der  Bedarf  an  Triebwasser  der  an  der  Taktrecke  vorhandenen 
Werke  festgestellt  und  zwar  unter  Berücksichtigung  aller  der  Umstände,  welche  oben 
erwähnt  sind.  Namentlich  wurden  auch  die  Verluste  berücksichtigt,  welche  durch  die 
Leitung  des  Wassers  in  dem  Flusslaufe  selbst  zu  befürchten  waren.  Sofern  einige  Werke 
keinen  Stauweiher  besassen,  um  während  der  betriebsfreien  Stunden  das  Wasser  aufzu- 
speichern und  es  rechtzeitig  für  den  Beginn  des  Betriebes  zur  Verfügung  zu  haben,  wurde 
auch  erwogen,  ob  nicht  zweckmässigerweise  die  Anlage  kleiner  Stauweiher  vor  den 
betreffenden  Werken  mit  vorzusehen  sei.  Es  wurde  auch  der  Zuwachs  an  Wasser  be- 
rücksichtigt, den  unterliegende  Triebwerksbesitzer  haben  mussten  infolge  des  vergrösserten 
Vorflutgebietes  gegenüber  den  an  der  Messteile  festgestellten  Wassermengen.  Auf  diese 
Weise  Hess  sich  der  Gesamtbedarf 

,  ii  ...  ,,  Abb.  208.    Dauerliiiie  der  Abflusemengen  und  die  Dar- 

so  umrechnen,  als  ob  er  unmittelbar  Stellung  des  Wassermangels, . 

an  der  Talsperre  vorhanden  wäre,  be- 
ziehungsweise an  der  Stelle,  wo  die 
Wassermessung  stattgefunden  hatte. 
Es  wurde  dann  zunächst  die  Dauer- 
linie der  täglichen  Wassermengen 
aufgetragen  und  ferner  ausgegangen 
von  der  mittleren  täglichen  Ab- 
flussmenge. Trug  man  in  die  Dauer- 
linie (S.  141)  der  täglichen  Abfluss- 
mengen eines  trocknen  Jahres  (Abb. 
208  unten)  die  den  verschiedenen  v. 
H.  der  mittleren  täglichen  Abfluss- 
menge entsprechenden  Horizontalen 
ein,  so  konnte  man  aus  der  Abbildung 
ablesen :  1 .  Die  Zahl  der  Tage,  wäh- 
rend welcher  bei  der  betreffenden 
Beaufschlagung  Wassermangel  ein- 
trat und  2.  aus  den  Figuren  a  b  c 
oder  ade  oder  a  f  g  usw.  je  nach  der 


j  in  mm 


jtt-JUOmu — 


$     S^     8     «Sit 


I 


angenommenen  Beaufschlagung  durch  Summation  der  einzelnen  Tagesmängel  den  Gesamt- 
mangel eines  Jahres  bei  einer  gewissen  Beaufschlagung.  Trug  man  dann  in  einem 
zweiten  Bilde  (Abb.  208  oben)  als  Abszissen  die  Beaufschlagung  in  °/o  der  mittleren  täg- 
lichen Abflussmenge  auf  und  als  Ordinaten 

1.  rechts  den  Jahresmangel  in  °/o  der  ganzen  oder  einer  entsprechend  dem  Fassungs- 
vermögen des  projektierten  Staubeckens  reduzierten  Jahresabflussmenge, 

2.  links  die  Zahl  der  Tage  mit  Wassermangel,  so  entstanden  Bilder  wie  in  Abb.  208. 

Solche  Bilder  erleichtern  jedenfalls  die  Übersicht.  Freilich  ist  hierbei  eine  während 
des  ganzen  Jahres  gleichmässige  Beaufschlagung  vorausgesetzt. 

Soll  der  Stauinhalt  des  Beckens  nicht  im  offenen  Gerinne  unterhalb  liegenden 
Triebwerksbesitzern  zugeführt,  sondern  soll  die  Wasserkraft  in  einem  einzigen  Krafthause, 
vielleicht  unter  Umsetzung  in  eine  andere  Energieform,  derart  verwendet  werden,  dass 
die  erzielbare  Kraftleistung  auch  von  der  jedesmaligen  Druckhöhe  im  Staubecken  ab- 
hängig wird,  so  ist  für  eine  gewisse  Kraftleistung  nicht  eine  gleichbleibende 
Wassermenge  ein  cbm/sek.  erforderlich,  sondern  diese  Wassermenge  wird  mit  dem 
Sinken  des  Stauspiegels  im  Becken  zunehmen. 


716 


III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  ton  WAsaEBKRirrEH.    Einzelheiteh. 


Tabelle  XII.    (Angaben  Aber  das 


is  Ton  Stauinhalt  zur 


llt 


2 


8 


II 


Nr. 


Bezeichnung 


Zeit  der 
Bauaus- 
führung 


Hauptzweck  der  Anlage 


»4 


S 


qk> 


9  ja 

s  s 


i. 

2. 

8. 
4. 

5. 
6. 
7. 


8. 


9. 


10. 


11. 


12. 
18. 


14. 


15. 


16. 


Wnppergebiet. 

Eschbachtal  bei  Bemeebeid 


Panzertal  bei  Lennep 

Bevertal  bei  Hflekeswagen 
Lingeaetal  bei 


Salbachtal  bei  Benadorf 

Herbrmghausertal  bei  Lütt- 
ringhsnson 

Sengbaebtal  bei  8olingen 

Ruhrgebiet. 
Fnelbecke  bei  Altena 


Heüenbeeke  bei  Milape 


Hasper  Tal  bei  Haepe 


17. 


1889-91 
1891—98 

1896-98 
1897—98 

1898-99 

1898—1900 

1900-02 


1894-96 


1894-96 


1901-08 


Veraetal  oberhalb  Werdohl 


Hennetel  bei  Meaehede 
Ennepetal  bei  BadeTormwald 


OlOrbaehtal  bei  Breckerfeld 
östertal  bei  Plettenberg 

Jnbachtal  bei  II einerzhagen 

Rurgebiet  (Eifel). 

Urlttal  bei  Gmünd  in  der 
Eifel 


1902-08 

1901 
1902 


1902 


1908 


1904 


1900-05 


Wasserversorgung  von  Remscheid 

Wasserversorgung  von  Lennep 

Wasserabgabe  für  die  Triebwerke 
der  Wopper  n.  Hochwaaserschntz 

Wasserversorgung  von  Ronsdorf 
nnd  Abgabe  an  Triebwerksbesitzer 

Wasserversorgung  von   Bannen 

Wasserversorgung,  sowie  Kraft- 
nnd  Lichtabgabe  für  Solingen 

Abgabe  von  Betriebwasser  an  die 

Werkbesitzer   in  der  Fnelbecke 

nnd  Rahmede 

Wasserversorgung    von    Gevels- 
berg nnd  Abgabe  von  Wasser  an 
die  Triebwerke 

Wasserversorgung    der    Stadt 

Haspe,    Wasserabgabe    an    die 

Triebwerke  im  Hssper  Tale  nnd 

an  die  Trieb-  nnd  Pumpwerke  an 

der  unteren  Ruhr 

Wasserversorgung  von  Lüden- 
scheid. Wasserabgabe  an  die  Trieb- 
u.  Pumpwerke  an  der  unteren  Ruhr 

Wasserabgabe  für  die  Triebwerke 
und  Pumpwerke  der  unteren  Ruhr 

Versorgung  des  Kreises  Schwelm 
mit  Wasser  und  elektr.  Kraft 
Abgabe  für  die  Triebwerke  an  der 
Ennepe  u.  die  Trieb-  u.  Pumpwerke 
an  der  unteren  Ruhr 

Wasserabgabe  für  die  Werkbe- 
sitzer an  der  Vollme  und  die  Trieb- 
u.  Pumpwerke  an  der  unteren  Ruhr 

Wasserabgabe  für  die  Triebwerke 
im  östertal  und  an  die  Trieb-  und 
Pumpwerke  an  der  unteren  Ruhr 

Wasserabgabe  für  die  Triebwerke 
der  Vollme  und  die  Trieb-  und 
Pumpwerke  an  der  unteren  Ruhr 

Schaffung  eines  elektr.  Kraftwer- 
kes von  mindestens  4800  PS  nnd 
Hochwasserschutz 


4J> 

8,6 

1,5 

w 

22,0 

»,o 

17,52 
8,0 

0,87 

0,65 

5,5 

4,4 

11,8 

8,0 

8,5 


7,6 


8,0 


4,7 

52,7 
48,0 


7,2 


12,6 


6,6 


875,0 


2,8 


5,5 


6,0 


V 

» 

40,0  ; 

86,0     ; 


5,5 


10,5 


5,0 


180,0 


O.  Intze,  Die  geschichtliche  Entwicklung,  die  Zwecke  und  der  Bau  der  Talsperren.   Zeit***- 


§  1. 


Stauwerke.    B.  Talspekkek. 


717 


mittleren  Znflussmenge,  sowie  über  die  Anlagekoaten  Intzescher  Talsporren.) 


I        8       | 


9 


10 


11 


12 


13 


14 


8  ß  8 
.S9   S 


1 


►  ■a.'* 


'S  * 
n  2 

S  * 

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L'Mk. 
abgwrtmdtifc 


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1(2 


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Mill.cbm 


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11- 

a  9     - 


Mk. 


0  J 

•  ei 

•   9 

ö    g    4 

'S  ■**  m 

s  g 


Pfg. 


§  s  g 

Ja» 

Mk. 


Bemerkungen 


0,28 
0.10 

0.19 
0,38 

0.46 
0,57 
0,38 

0,25 

0,08 

0,34 


0,45 

0,24 
0,28 


0,86 


0,29 


0,20 


0,25 


24 
24 

24 
28 

23 
24 
21 

24 

28 

23 


25 

24 
28 


24 


26 


24 


15 


1,0 

0,117 

3,3 
2,6 

0,3 
2,5 
8,0 

0,7 

0,45 

2,05 


1,65 

9,5 
10,0 


2,0 


8,0 


1,0 


45,5 


8nmma  rd. 


88,667 


18,0 
7,5 

16,0 
18,5 

19,8 
29,7 
86,0 

27,0 

19,5 

27,5 


23,7 

80,4 
84,9 


27,7 


81,4 


28,2 


52,5 


d.  Ver.  deutscher  Ing.  1906.  8.  675. 


586000 
105000 

1430000 
1070000 

510000 
2000000 
2100000 

328000 

280000 

1360000 


600000 

2600000 
2600000 


780000 


1100000 


630000 


4000000 


22029000 


54 
90 

43 
41 

170,0 
80 
70 


47 


62 


66 


86 

,27 
26 


89 


88,8 


63 


9 


24,8 
Dorehfcfcn. 


800000 
105000 

8050000 

950000 
2500000 
4000000 

828000 

400000 

1900000 


mit  Erweiterung  des  Wasser- 
werkes 

einschl.  der  Ausgleichweiher  b. 

Bachenhofea  und  Beyenburg 

und  Vergrtsserung  des  Dahl- 

hauser  Weihers. 

mit  Wasserwerk, 
mit  Filteranlago   und   Rohr- 


mit  Wasser-   und  Elektrizi- 
tätswerk. 


mit   Wasserversorgung    von 
Gevelsberg 

mit   Wasserversorgung    und 
Wasserleitung. 


700000 


2600000 
4800000 


mit  Weganlagen  und  Wärter- 
naus. 


mit  Wasser-   und   Elektrizi- 
tätswerk. 


780000 


1100000 


680000 


8500000 


mit  Stollenanlage,  Elektrizi- 
tätswerk und  Verteilnetze. 


718 


III.      THEODOR   KOEHN.      AUSBAU    VON    WiSBEHK  HAPTEN.       EINZELHEITEN. 


Man  muss  dann  zunächst  eine  Annahme  für  die  Höh«  der  Staumauer  machen, 
und  daraus  den  Stauinhalt  berechnen.  Aus  der  Karre  der  täglichen  Zuflussmengen 
(S.  140  n.  714  sowie  Abb.  207)  für  das  trockenste  Jahr  wühlt  man  den  Tag,  von  welchem 
ausgehend  man  das  Becken  als  voll  annehmen  darf.  Alsdann  wird  man  unter  Annahm« 
lines  gewissen  Betriebprogramms  für  den  täglichen  Bedarf  an  Kraft  in  PS«-Stunden 
folgende  Tabelle  aufstellen: 


1 

2 

3 

4 

5                 e 

7 

8 

Datum 

Inhalt  daa 
Staubeckens 

Hohe  de* 

Stanapiegels 

NnUbaree 

DruckgefUle 

H.  in  m 

Znfinaa  in 
1000  cbm 

Bedarf  Q  in 
1000  cbm 

Uberachnaa 
zrwiachen  5 
nad  6  in 
1000  cbm 

Kirtnahm« 
aoa  daa 

Becken  ha 
1000  cbm 

Wenn  bei  gefülltem  Becken  der  Zufiuss  grösser  ist  als  die  Entnahme,  so 
muss  der  Überschoss  durch  die  Überläufe  abniessen  und  der  Beckeninhalt  bleibt 
derselbe.  In  die  Spalte  Nr.  7  würde  also  in  solchen  Fällen  0  zu  setzen  sein.  Um  die 
Höhe  des  Wasserspiegels  bei  den  verschiedenen  Füllungen  ermitteln  zu  können,  tragt 
man  den  Beckeninhalt  bei  den  verschiedenen  Füllungen  nach  den  Ermittelungen 
S.  713  Abb.  206  graphisch  nach  Abb.  209  auf  und  kann  dann,  ans  dem  Inhalt  (Spalte  2 
der  Tabelle)  durch  Abgreifen  mit  £,&  gog     ZeichnerUche  Daratellang  den  Beckeninhalta. 

dem  Zirkel  die  Spiegelhöhe  (Spalte  3)        staatii* 
und  damit    das    Druckgefälle  H        ***"** 
(Spalte  4)    feststellen    und    den 
Wasserbedarf  (Spalte  6)  daraas  berechnen,  w 

darf  an  PS.-St.  pro  Tag  K  kennt.    Q  =  g 

auch  noch  graphisch  und  zwar  am  besten  gl( 
der  täglichen  Zaflussmengen   die  täglichen 
spiegeis  und  den  täglichen  Wechsel  des  D 
stellen**).     Je  nach  Lage  des  vorliegenden  ] 
verschiedene  Mauerhöhen  mit  den  entspreche! 

auf  diese  Weise  zur  Darstellung  bringen,  die  Anlagekosten  ™ 

überschläglich  veranschlagen  und  für  die  einzelnen  Lösungen  überschlägliche  Rentabili- 
tätsberechnungen aufstellen,  um  die  wirtschaftlich  beste  Lösung  aufzufinden. 

Ein  sehr  schwieriges  Kapitel  ist  die  Verteilung  der  Kosten  auf  die  einzelnen 
Interessenten,  wenn  es  sich  nicht  um  die  Kraftlieferung  aus  einem  einzigen  Krafthause 
handelt,  sondern  wenn  das  Wasser  an  viele  Triebwerksbesitzer  verteilt  werden  soll  und 
etwa  gleichzeitig  noch  andere  Zwecke  (Wasserversorgung,  Bewässerung,  Hochwasserscbuti 
etc.)  mit  der  Talsperre  verbunden  sind.  In  dieser  Beziehung,  da  allgemein  gültige  An- 
gaben kaum  gemacht  werden  können,  mag  auf  die  in  der  Fussnote*1)  gemachten  Literatur- 
angaben verwiesen  werden. 

g)  Die  AusfHkrung  tob  Sperrmauer».  Wie  bereits  auf  S.  703  gesagt  wurde, 
muss  das  Steinmaterial  in  der  Nähe  zu  gewinnen  sein.    Im  allgemeinen  sind  die  Steine 

**)  Erna  aalen«  Darstellung  findet  aieh  bei  O.  Intsa:  Die  gaaehichtlicha  Entwicklung,  die 
Zwacke  und  dar  San  der  Telaperren.  Zeitaehr.  i.  Ter.  denteeher  lag.  1908.  S.  680. 

*s)  Vortrage  nad  VerOffentlichnngen  von  0.  lotse,  geduckt  bei  La  Knalle  in  Aacnem  — 
P.  Ziegler,  Der  Talaperrenban  8.  36  n.  f.  und  180  u.  f.  —  Facht,  Anlage  von  Stanwaiaara  in  daa 
Vogtaen.  ZeiUefar.  f.  Bauw.  1889.  3.  884  ond  1893  8.  60U  n.  f. 


§  1.  Stauwerke.    B.  Talsperren.  719 

an  der  Schattenseite  der  Hänge  zu  suchen,  weil  die  Verwitterung  dort  erfahrungsgemäss 
die  am  wenigsten  tiefgreifende  zu  sein  pflegt.  Es  versprechen  auch  steilere  Hänge  im 
allgemeinen  einen  widerstandsfähigeren  Felsen  mit  einer  verhältnismässig  geringeren 
Verwitterungsdecke  als  flache.  Über  die  Tragfähigkeit  des  Steines  muss  man  sich  durch 
Proben  Sicherheit  verschaffen,  wozu  man  in  Deutschland  meistens  den  Weg  wählen  wird, 
eine  grössere  Anzahl  Würfel  von  geeigneten  Abmessungen  der  Königlich  technischen 
Versuchsanstalt  in  Charlottenburg  zu  überweisen66). 

Ist  das  Material  eines  Steinbruches  als  verwendbar  festgestellt,  so  muss  man  über 
die  Art  der  Gewinnung  Entscheidung  treffen.  Je  nach  der  Beschaffenheit  des  Gebirges 
bricht  man  kleinere  Steinmassen  mit  Hilfe  von  Bohrlochschüssen,  Keilen  oder  der  gl.  ab 
oder  löst  durch  Sprengstollen  und  -Kammern  ganze  Felswände  los ,  wie  z.  B.  beim  Stau- 
damm am  East  Kanyon  Greek  (Kalifornien)  (Seite  709).  Die  erstere  Methode  eignet 
sich  besonders  für  Steine  von  weicherer  und  ungleichmässiger  Beschaffenheit,  die  zweite 
mehr  für  kompaktere  Felsarten.  Die  gebrochenen  Steine  können  selten  ohne  weiteres 
vermauert  werden,  denn  allzugrosse  Blöcke  sind,  sowohl  wegen  der  Transportschwierig- 
keiten als  auch  wegen  des  Mauerverbandes,  nicht  ohne  weiteres  verwendbar.  Die  Regel 
bildet,  dass  man  die  Bruchsteine  nicht  grösser  wählt,  als  dass  sie  noch  von  ein  bis  zwei 
Mann  bequem  gehandhabt  werden  können.  Zum  Transport  auf  der  Mauer  selbst  dienen 
dann  schiefe  Ebenen,  untergelegte  Walzen,  Hebel,  Brecheisen,  Tragbahren,  Karren,  kleine 
Schmalspurbahnen  und  eventuell  ein  einfacher  Dreibock  mit  Flaschenzug  und  Winde. 
An  die  äusseren  Flächen  wird  das  beste  und  festeste  Material  verlegt,  weil  es  der 
Witterung  am  stärksten  ausgesetzt  ist,  während  in  der  Mitte  auch  weniger  lagerhaftes 
und  Material  von  minderer  Festigkeit  Verwendung  finden  kann.  Die  luftseitige  Fläche 
wird  in  der  Regel  mit  Hausteinen  verblendet  und  des  Aussehens  wegen  mit  geeigneten 
Architekturformen  versehen,  da  mit  Recht  die  Forderung  gestellt  werden  kann,  dass 
ein  Bauwerk  von  solcher  Wichtigkeit  wie  eine  Talsperre  auch  eine  gefällige 
und  möglichst  monumentale  Aussenseite  zeigt. 

Es  ist  natürlich,  dass  ein  Stein  von  möglichst  hohem  spezifischen  Gewicht  be- 
sonders erwünscht  ist,  um  mit  möglichst  kleinen  Mauerabmessungen  auskommen  zu 
können. 

Kalk-  und  Sandstein  wiegen  pro  cbm  etwa  2100  bis  2200  kg,  Granite  und  Syenite 
2400  bis  2600  kg. 

Aus  dem  Gesagten  folgt  bereits,  dass  eine  Sortierung  der  Steine  am  Steinbruch 
erfolgen  muss,  und  es  ist  deshalb  an  demselben  ein  grösserer  Platz  zu  schaffen,  damit 
diese  Sortierung  und  die  teilweise  Bearbeitung  der  Steine  möglich  ist.  Ausserdem  ist 
es  unbedingt  erforderlich,  dass  die  Steine  vor  dem  Transport  zur  Verwendungsstelle  mit 
Wasser  und  Stahlbürsten  auf  das  sorgfältigste  von  allen  Verunreinigungen  befreit  werden. 
Man  pflastert  deshalb  den  Lagerplatz  für  die  Steine  sorgfältig  ab  und  legt  an  dem 


««)  Nach  P.  Ziegler,  Der  Talsperrenbau  1900,  wurden  in  den  Jahren  1892  n.  93  für  die 
Wappertalsperren  zahlreiche  Prüfungen  von  Proben  des  Lenneschiefers  ans  dem  Gebiete,  welches  für 
Anlegung  von  Steinbrüchen  in  Frage  kam,  in  der  königl.  technischen  Versuchsanstalt  zu  Charlottenburg 
ausgeführt  Es  waren  für  eine  Probe,  um  die  Druckfestigkeit  —  und  zwar  im  lufttrocknen  und  im 
wassernaasen  Zustande,  ferner  nach  25 maligem  Gefrieren  —gleichlaufend  und  senkrecht  zur  Schichtung  etc. 
festzustellen,  ferner  um  die  Wasseraufnahme,  die  Abnutzbarkeit,  das  spezifische  Gewicht  und  das 
Baumgewicht  ermitteln  zu  können,  40  Würfel  von  4  cm  Seite  und  mit  je  zwei  genau  gleichlaufend  und 
eben  geschliffenen  Fliehen  und  zwei  Würfel  von  7,1  cm  Seite  erforderlich.  Die  Abnutzung  wurde 
mittelst  einer  Bauschingersehen  Schleifmaschine  und  Naxosschmirgels  festgestellt  Die  Kosten  einer 
Probe  betrugen  rd.  270  Mk. 


720         IIL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Transportgeleis  Wasserleitungen  an,  mit  Hilfe  deren  jeder  Stein  oder  jede  Wagenladung 
Steine  sorgfältig  mit  Wasser  abgespritzt  und  gereinigt  werden  kann. 

Ein  geübter  Manrer  leistet  bei  Verwendung  von  Bruchsteinmauerwerk  etwa  5  cbm 
in  zehn  Arbeitsstunden,  im  Mittel  kann  man  als  Tagesleistung  eines  Maurers  etwa  3  cbm 
annehmen.  Der  Preis  pro  cbm  Bruchsteinmauerwerk  einschliesslich  der  Gewinnung  der 
Steine,  Transport,  Mörtelmaterial,  Ausfugen,  bezw.  Verputzen  der  Ansichtsflächen  hat 
bei  der  Remscheider  Talsperre  Mk.  12,50,  für  die  Bever  und  Lingeser  Sperre  15, —  Mk., 
bei  der  Marklissatalsperre  Mk.  16.—,  für  den  Altenweiher  Mk.  18. — ,  bei  der  Staumauer 
des  Kabelwerks  (S.  419)  32  Frs.  =  rd.  Mk.  26.-  betragen. 

Sollen  grössere  Blöcke  als  solche,  welche  von  ein  bis  zwei  Mann  noch  gehandhabt 
werden  können,  zur  Verwendung  kommen ,  so  muss  man  die  Mauer  mit  Krangerüsten 
einrüsten  (Taf.  LII,  Fig.  8,  die  Einrüstung  der  Alfeldmauer  und  Abb.  70,  S.  412, 
die  Einrüstung  der  Staumauer  des  Kubelwerkes),  was  recht  kostspielig  ist.  Man  kann 
auch  nach  amerikanischem  Muster  auf  der  Mauer  selbst  verschiebbare  sogenannte  Derrick- 
kräne  aufstellen,  welche  mit  Dampf-  oder  elektrischen  Winden  und  Flaschenzügen  bedient 
werden  und  Ausladungen  bis  zu  18,0  m  haben  können97).- 

Der  Transport  des  Materials  vom  Steinbruch  zur  Baustelle  erfolgt  meistens  auf 
Gleisen  mit  Lokomotiv-  oder  Pferdebetrieb  wie  bei  der  Marklissatalsperre  (S.  598)  oder 
mittelst  Seilbahnen  wie  bei  der  Sperrmauer  Ayignonnet  (S.  499).  Auf  die  Mauer  selbst 
wird  das  Steinmaterial  herabgelassen,  wenn  der  Steinbruch  in  entsprechender  Höhe  liegt, 
entweder  mittelst  Bremsberg  wie  bei  Marklissa  oder  von  Gerüsten  aus  durch  Krane  und 
Winden  wie  bei  der  Staumauer  des  Kubelwerkes.  Wenn  der  Steinbruch  nicht  hoch 
genug  liegt,  werden  die  Steine  auf  Gleisen  an  den  Fuss  der  Sperre  herangefahren  und 
dann  mittelst  Aufzügen  auf  die  jeweilige  Arbeitsstelle  befördert  (Kap.  H,  34,  Die  Urft- 
talsperre,  S.  588  und  Tafel  XLIX,  Fig.  5). 

Der  Bau  einer  Talsperre  muss  damit  beginnen ,  das  Wasser  von  der  Baustelle 
abzuleiten.  Zu  diesem  Zweck  muss  man  zunächst  ein  neues  Bett  schaffen  und  durch 
einen  zeitweiligen  Staudamm  den  Fluss  in  ein  neues  Bett  überleiten.  Bei  der  Urft- 
talsperre  wurde  der  Bach  durch  einen  Entlastungsstollen  abgeleitet  und  die  Urft 
durch  ein  Betonwehr  vorläufig  abgesperrt  (Taf.  XL VIII,  Fig.  6).  In  ähnlicher  Weise 
wurde  bei  der  Queistalsperre  Marklissa  das  Wasser  durch  zwei  Umgehungsstollen  und 
durch  ein  Betonwehr  abgeleitet  (Taf.  L,  Fig.  1).  Bei  der  Ausführung  der  Sperrmauer 
Avignonnet  wurde  der  Umlaufstollen  später  vollkommen  geschlossen,  während  bei 
den  vorgenannten  beiden  Anlagen  die  Umlaufstollen  auch  für  die  Entlastung  und  Ent- 
leerung der  Talsperre  mit  benutzt  worden  sind. 

Die  vor  dem  Umlaufstollen  angelegten  Hilfsstauwerke  haben  ausserdem 
noch  während  des  Betriebes  die  sehr  erwünschte  und  wichtige  Wirkung,  das 8  sie 
der  Ablagerung  von  Geschiebe  eine  Grenze  ziehen  und  so  die  Entnahme- 
stellen, sofern  sie  an  der  Sperrmauer  selbst  liegen,  frei  halten.  Da  auch  die  Sinkstoffe 
zum  beträchtlichen  Teil  mit  Rücksicht  auf  die  grosse  Verringerung  der  Wassergeschwin- 
digkeit in  dem  vergrösserten  wasserberührten  Querschnitt  schon  vor  dem  Hilfsstauwerk 
zur  Ablagerung  gelangen  dürften,  so  ist  eine  erhebliche  Aufhöhung  der  Sohle  zwischen 
diesem  Bauwerk  und  der  Hauptsperrmauer  kaum  zu  erwarten« 


67)  Solche  Kräne  wurden  n.  a.  beim  Bau  der  Tittcas  Talsperre  (S.  787)  verwendet  Zentral* 
blatt  d.  Bauverw.  1885  8.  358  o.  1886  S.  485  n.  1898  S.  249,  sowie  Ziegler,  Talsperrenbau  1900. 
Teil  IL  S.  52. 


§  1.  Stauwerke.     B.  Talspbrkex.  721 

Die  Bildung  einer  massigen  Ablageningsachicht  von  Sinkstoffen  vor  der  Sperr- 
mauer and  an  den  Hängen  ist  übrigens  direkt  erwünscht,  am  die  Dichtigkeit  der  Tal- 
sohle zu  erhöhen. 

Bei  der  Remscheider  und  Bevor  Talsperre  wurde  das  Wasser  in  hölzernen 
Kanalbrücken  über  die  Bansteile  hinweggeleitet  Bei  der  Beversperre  diente  die  hölzerne 
Kanalbrücke  zugleich  als  Steg  und  lag  derart,  dass  sie  den  späteren  Entnahmestollen 
umhüllte,  also  eine  Verlegung  des  Banhlaufes  vermieden  werden  konnte  (Abb.  210). 

Beim  Bau  des  New  Crotondammes  wurde  der  Flosa  durch  Damme  in  einen  seit- 
lichen Kanal  abgeleitet,  welcher  an  dem  felsigen  Abhänge  eingesprengt  wurde  und  die 
Baugrube    wie    eine    Halb- 
insel   nntSChloss    (Abb.  219,  Abb'  21°-    0,»rfBlirmi«  dn  Bubwamn  ttbw  dia  BugraU 
S.  736).  d"  fcwlWl*«fc 

Der  Querschnitt  des 
oder  der  Ableitungsgerinne 
muss  so  berechnet  werden, 
dass  auch  das  Hochwasser 
noch  abgeführt  wird.  Man 
hatte  in  dieser  Beziehung 
z.  B.  bei  der  Anlage  Avig- 
nounet  gefehlt,  indem  man 
den  Stollen  zu  klein  machte, 
und  infolgedessen  ist  die 
Baugrube  dreimal  während 
der  Bauzeit  überschwemmt 
und  grosser  Schaden  verur- 
sacht worden.  Man  hat  schliesslich  als  Notbehelf  in  der  Mauer  selbst  grössere,  später 
durch  Betonpfropfen  geschlossene  Öffnungen  gelassen  (Abb.  105,  S.  500),  um  dem  Hoch- 
wasser gegebenen  Falles  Durchfluss  zu  gestatten. 

Im  Hinblick  auf  ganz  ausserordentliche  Hochwässer  ist  es  jeden- 
falls während  desBaues  immer  zweckmässig,  in  derMauer,  wenigstens 
während  der  Jahreszeit,  wo  Hochfluten  vorkommen  können,  eine  Maue'r- 
lücke  in  Gestalt  eines  Überfalles  zu  lassen  und  abwärts  durch  gehörige 
Befestigung  der  Sohle  ein  Sturzbett  zu  schaffen,  damit  in  ansserge- 
wö.hnlichen  Fällen  das  Wasser  durch  die  Lücke  stürzen  kann,  ohne 
den  Übrigen  Teil  der  Mauer  zu  beschädigen. 

Beim  Abstecken  der  Baugrube  für  die  Sperrmauer  wird  es  sich  stets  empfehlen, 
die  Abmessungen  recht  reichlich  zu  wählen,  weil  trotz  der  Schürflöcher  und  der  sonstigen 
Baugrunduntersuchungen  man  nicht  sicher  sein  kann,  ob  man  nicht  stellenweise  die 
Fundamentsohle  tiefer  und  deshalb  auch  breiter  machen  muss  ab  projektiert  war  (vergl. 
S.  723  Ausführung  der  Mouchesperre  und  S.  735  Ausführung  der  Vyrnwy-Sperre).  Es 
ist  ferner  von  grösster  Wichtigkeit,  dass  die  Fundamentsohle  absolut 
sauber  und  rein  hergerichtet  werden  kann,  und  das  ist  nur  möglich,  wenn  die 
Baugrube  breit  genug  ist,  sodass  sie  durch  herabfallendes  Erdreich  von  den  Böschungen 
nicht  immer  aufs  neue  verunreinigt  wird. 

Alle  Spalten  und  Bisse  sind  genau  zu  untersuchen  und  zu  reinigen.  Der  Felsen 
selbst  ist  mit  Wasser  und  eisernen  Bürsten  von  allen  Verunreinigungen  zu  säubern,  bevor 
mit  der  Herstellung  der  Betonsohle  begonnen  werden  kann  (Abb.  69,  S.  411).    Es  ist 

Hudkoeh  dar  lD|-WI(Mfi*eb.    UI.  Teil.    18.  Bd.  46 


722  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

auch  dafür  zu  sorgen,  dass  behufs  Entwässerung  der  Baugrube  der  genügende  Platz  zur 
Anlegung  von  Graben  oder  Gerinnen  vorhanden  ist. 

Intze  liess  in  der  Regel  auf  der  sorgfaltig  gereinigten  und  gedichteten  Felssohle, 
nachdem  alle  glatten  Felsflächen  künstlich  aufgerauht  waren,  eine  Betonsohle  mit  sage- 
förmiger  Oberfläche  herstellen  (Taf.  XIJX,  Fig.  1,  Taf.  L,  Fig.  5  und  Taf.  LH,  Fig.  7, 
13  und  14). 

Eine  solche  Anordnung  wurde  u.  a.  für  die  Bevertalsperre  gewählt,  wobei  das  Mischungsver- 
hältnis für  einen  cbm  Beton  war: 

185  Liter  Zement, 

65  .  Kalk, 

100  ,  Trass, 

500  ,  Sand, 

900  ,  Steinschlag, 

zusammen  1700  Liter  Rohmaterial. 

Grössere  Felszacken  sollten  in  der  Sohle  nicht  stehen  bleiben,  weil  sie  wie  Keile 
wirken  können  und  zu  Rissen  Veranlassung  geben,  wenn  das  Mauerwerk  sich  setzt 

Man  wird  bei  Herstellung  der  Sohle  Sprengungen  mit  Pulver  oder  gar  mit  Dynamit 
möglichst  nicht  zulassen,  um  die  Lockerung  des  Gefüges  in  dem  anstehenden  Gebirge 
gerade  an  der  Sohle  nach  Möglichkeit  zu  vermeiden.  Wenn  Zweifel  über  die  Wasser- 
dichtigkeit der  Felssohle  bestehen,  so  kann  es  zweckmassig  sein,  am  wasserseitigen  Fnss 
der  Sperrmauer  eine  Herdmauer  in  den  Felsen  einzuarbeiten,  welche  sich  dann  aber 
auch  an  den  Hangen  hinauf  bis  zu  solcher  Höhe  erstrecken  sollte,  wo  der  Anschluß 
der  Sperrmauer  an  den  Felsen  allein  dem  daselbst  noch  vorhandenen  kleineren  Wasser- 
druck gegenüber  völlige  Dichtigkeit  erwarten  lässt. 

Wenn  es  der  Kostenvergleich  rechtfertigt,  so  unterliegt  es  keinem  Bedenken,  die 
ganze  Mauer  in  Beton  herzustellen.  Doch  wird  es  sich  empfehlen,  die  Aussenflfichen, 
welche  den  Angriffen  der  Witterung  dauernd  ausgesetzt  sind,  mit  wetterbeständigem 
Material  zu  verblenden.  In  dieser  Beziehung  sei  auf  die  Sperrmauer  der  Anlage  Avig- 
nonnet  S.  498  u.  Taf.  XXXYU  Fig.  4  verwiesen68). 


••)  Bei  der  Staumauer  Avignonnet  wurde  für  die  Fundienmg  eine  Mischung  von 

800  kg  =  0,215  cbm  Zement, 
0,4  cbm  Sand  und 
0,8  cbm  Kies 
gewählt  und  fnr  den  oberen  Teil  der  Sperrmauer  der  Zementsusats  auf  200  kg  =  0,148  cbm  eingeschränkt. 
Bei  der  Beton-Talsperre  Geelong  in  Australien  wurde  folgendes  Mischungsverhältnis  verwendet: 

41/»  Teile  sweizöllige  8andsteine, 
l1/*     •      durchgesiebte  Splitter, 
1 Vi     ,      Sand, 
1      Teil    Zement 
Bei  dem  Periar-Damm  in  Madras  Indien: 

25  Teile  hydraulischer  Kalk, 
80     ,      Sand, 
100     ,      Steinschlag. 
Für  die  Kristall-Springs-Sperre  in  Nord-Amerika: 

1  Teil    Zement, 

2  Teile  Sand, 

6  .  Steinschlag  (vergl.  P.  Ziegler,  Teil  I,  S.  88). 
Die  vom  Ingenieur  A.  Dumas  im  Drac  bei  Ponsonnas  projektierte  Staumauer  (8.  SOG)  ™* 
510  m  grtsster  Höbe  zwischen  Fundamenteohle  und  Krone  und  45T1  m  Sohlesbmte  in  einer  Tiefe  voi 
50,0  m  nrnter  Mauerkrone  soll  gleichfalls  in  Zementbeton  ausgeführt  weiden.  Die  Kronealtagt  *& 
85,0  m,  der  Krtmntuiiggrmdins  180,0  m  betragen.  Die  Kantenpressungen  sollen  10  kg  qcm  nicht  ibr 
schreiten  (reigl.  Covpte  readn  des  traraiix  du  Congras  de  la  HoniDe Bhndie.  OtenoMe  1902.  IL  VoL  &471). 


g  l  Stadwerxe.     B.  Talsfeehen.  723 

Um  eine  dichte  Sperrmauer  zu  erzielen,  hat  es  sich  bei  Hauern  in  Bruchstein- 
mauerwerk als  sehr  zweckmässig  herausgestellt,  die  wasBerseitige  Flache  mit  einem 
Zementputz  zu  versehen  und  diesen  dann  nach  dem  Abbinden  mit  einem  Anstrich  von 
heissem  Asphaltteer  oder  Siderosthen  zu  versehen.  Weiter  aber  ist  es  sehr  zu  empfehlen, 
die  eigentlich  tragende  Sperrmauer  wasserseitig  mit  einer  Schutzmauer  zu  bekleiden, 
welche  durch  eine  Luftschicht  von  der  tragenden  Mauer  getrennt  ist.  Wenn  die  ge- 
krümmte Hauer  der  Erwärmung  durch  die  Sonne  oder  starkem  Frost  auch  an  der 
Wasserseite  ausgesetzt  wird,  treten  hier  die  grössten  Längenveränderungen  ein,  und  es 
können  sich  daher  an  der  konvexen  Wasserseite  Risse  am  leichtesten  bilden.  Durch  die 
Schutzmauer  wird  der  tragende  Teil  auf  der  Wasseneite  den  Einwirkungen  der  Aussen- 
temperatnr  bei  Senkung  dos  Staospiagels  entzogen,  und  es  ist  wahrscheinlicher,  dass 
grosse  Verschiebungen  infolge  von  Temperaturdifferenzeu  nicht  mehr  eintreten.  Intze 
hat  an  seinen  letzten  Sperren  deshalb  diese  Massregel  überall  getroffen,  während  er  bei 
den   früheren  Sperrmauern  die  wasser- 

,.„;»;,„,  Va-ki—wi,,™  i*.  j._  +_„„„„,i„v.  Abb.  211.  Scbutewand  an  der  Sperrmauer  der  Mouche 
seitige  Verblendung  in  dem  tragenden  (Frankreich)  nach  Maurice  Levy. 

Mauerkörper  durch  Verzahnung  fest 
einbinden  Hess.  Bezüglich  der  Aus- 
fuurungsart  ist  die  Anordnung,  wie  sie 
bei  der  Sperrmauer  Marklissa  ange- 
wendet wurde  (Taf .  L,  Fig.  5  und  S.  599), 
am  meisten  zu  empfehlen,  weil  sich  hier 
die  Schutzmauer  unabhängig  von  der 
tragenden  Sperrmauer  bewegen  kann. 
Bei  der  Mauer  in  der  Houche  (Abb.  211 
und  Abb.  216,  S.  733)  ist  eine  Schutz- 
mauer wasserseitig  stellenweise  nach- 
träglich vorgelegt,  weil  die  Mauer  starke  )p*  ■■■'■  '  '  '  '  '  )  J^ 
Bewegungen  und  Undichtigkeiten  zeigte. 

Diese  Art  des  Schutzes  hat  Haurice  Levy  in  Beiner  Hitteilung  an  die  Akademie  der 
Wissenschaften  in  Paris  vom  5.  August  1895  vorgeschlagen  and  der  Service  des  Ponte 
et  Chaussees  hat  danach  die  in  Abb.  211  dargestellte  Sohatzmauer  entworfen*0). 

Die  sehr  wichtige  Arbeit  der  Abdichtung  der  Hauer  nach  der  Wasserseite  wird 
in  folgender  Weise  ausgeführt:  Nachdem  die  Hauer  über  Terrainhöhe  emporgeführt  ist, 
wird  sie  mit  einem  Putz  aus  einer  Mischung  von  1  Teil  Sand,  2  Teilen  Zement  und 
'/*  Kalk  bekleidet  und  zwar  in  einer  Starke  von  10  bis  15  cm.  Auch  die  gut  abzu- 
gleichende und  sauber  zu  reinigende  Felasohle  vor  der  Mauersohle  ist  in  einer  Breite 
von  0,50  m  mit  diesem  Putz  zu  versehen.  Der  Putz  ist  glatt  zu  reiben.  Nachdem  der 
Putz  abgebunden  and  trocken  geworden  ist,  wird  auf  demselben  ein  heisser  Anstrich 
aas  1  Teil  Gudrun  and  2  Teilen  Holzteer  oder  aus  sogenanntem  Siderosthen  aufgebracht. 
Aach  der  Patz  auf  der  Felsoberfläche  der  Gründongssohle  ist  mit  diesem  Anstrich  und 
zwar  am  besten  mehrfach  übereinander  zu  versehen.  Ferner  ist  sehr  zu  empfehlen,  den 
Schlitz  zwischen  dem  aufgehenden  Mauerwerk  und  dem  festen  Felsen  der  Baugrube 
mit  Beton  sorgfältig  aaszostampfen  und  die  Oberfläche  dieses  Stampfbetons  gleichfalls 
mit  einem  heisaen  Asphaltanstrich  zu  versehen.  Der  Rest  der  Grube  bis  Oberkante 
Terrain   ist  dann  zweckmässig  in   Schiebten   von   15  bis  20  cm   Starke   mit   Tonschlag 

»*)  A.  Dumas,  Constructiot»  des  barragee-reaervoirs.  Compte  renrtu  dm  travanx  du  Congrea 
de  la  Honillc  Blanche.  L  Volume.  S.  2«. 


734         HL    Theodor  Kobhn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

sorgfaltig  auszustampfen.  Der  Verputz  auf  dem  oberen  Teile  der  Mauer  und  die  er- 
wähnte Schutzmauer,  welche  dazu  dienen  soll,  die  tragende  Sperrmauer  wasserseitig  den 
Einwirkungen  der  Temperaturunterschiede  bei  geleertem  Becken  zu  entziehen,  was  von 
besonderer  Wichtigkeit  ist,  wenn  die  Entleerung  des  Beckens  in  den  Sommermonaten 
zu  erwarten  ist  und  wenn  die  Wasserseite  nach  Osten,  Süden  oder  Westen  liegt,  sind 
erst  auszufahren,  nachdem  die  ganze  Staumauer  fertiggestellt  ist  und  sich  gesetzt  hat. 
Es  wird  zwar  das  Setzen  der  Mauer  unter  Umständen  erst  nach  Jahren  ganz  beendet 
sein,  aber  die  grösste  Zusammendrückung  der  Fugen  erfolgt  doch  schon,  wenn  die  Hauer 
Töllig  fertiggestellt  ist  Da  ohnedies  nach  Fertigstellung  der  Mauer  für  die  Schliessung 
der  Umlaufstollen,  das  Einbringen  der  Schieber  und  Schützen,  Herstellung  der  Wege  etc. 
Aufräumung  der  Baustelle  immerhin  noch  einige  Monate  vergehen,  ehe  an  eine  Füllung 
gedacht  werden  kann,  so  findet  sich  *  für  die  gedachte  Arbeit  die  passende  Zeit,  ohne 
dass  die  Betriebseröffnung  dadurch  verzögert  wird.  Zuerst  wird  also  die  Sperrmauer  bis 
zur  Krone  fertig  gestellt,  wasserseitig  von  Terrainhöhe  bis  zum  höchsten  Wasserspiegel 
mit  einem  Putzbezug,  wie  oben  beschrieben,  versehen,  und  nachdem  derselbe  abgebunden 
und  getrocknet  ist,  stückweise  von  unten  nach  oben  der  Siderosthenanstrich  angebracht 
und  möglichst  sofort  hinterher  die  Schutzmauer  aufgeführt.  Der  Siderosthen- 
anstrich darf  nicht  lange  der  Sonne  ausgesetzt  sein,  weil  er  sonst  abfliesst  und  an 
Wirksamkeit  einbüsst.  Das  Einbinden  von  später  anzubringenden  Verblendungen  an  der 
Wasserseite,  wie  sie  bei  der  Fuelbekesperre  und  bei  der  Beversperre  ausgeführt 
sind,  empfiehlt  sich  nicht,  weil  wegen  des  ungleichmässigen  Setzens  der  Mauer  und  der 
Verblendung  stets  Risse  und  Brüche  in  der  Verblendung  entstehen. 

Teils  um  die  Dichtung  an  den  tieferen  Stellen  der  Sperre  und  namentlich  an  der 
Sohle  zu  erhöhen,  teils  um  den  Wasserdruck  bei  geleertem  Becken  wenigstens  zum  Teil 
zu  ersetzen  und  dadurch  ein  geringeres  „Arbeiten"  der  Mauer  herbeizuführen,  werden 
oft  wasserseitig  Anschüttungen  aus  möglichst  wasserdichten  Bodenarten  gemacht  (vergl. 
die  Urft-Talsperre,  Tafel  XLIX,  Fig.  1,  die  Marklissa-Talsperre,  Tafel  L,  Fig.  5  und 
die  Ennepe-Talsperre,  Tafel  LH,  Fig.  11—13,  sowie  Tafel  LH,  Fig.  7).  Der  Wert  solcher 
Anschüttungen  wird  verschieden  beurteilt,  besonders  im  Hinblick  darauf,  dass  es  immer- 
hin unsicher  bleibt,  welcher  Teil  des  Erddruckes  bei  leerem  Becken  zur  Wirkung  kommt, 
während  bei  gefülltem  Becken  zweifellos  die  Drucklinie  nach,  aussen  gedrängt  wird. 
Auf  die  Dichtigkeit  sollte  man  allerdings  bei  sorgfältiger  Ausführung  und  gutem  felsigen 
Baugrund  auch  ohne  Erdanschüttung  rechnen  können.  Immerhin  wird  durch  die  An- 
schüttung bei  sehr  sorgfältiger  Ausführung  derselben  die  Wahrscheinlichkeit, 
eine  völlig  dichte  Mauer  und  besonders  eine  völlig  dichte  Sohlenfuge  und  ebensolche 
Anschlussfugen  an  den  Hängen  zu  erzielen,  erhöht.  Wenn  geeignetes  Material  an  Ort 
und  Stelle  gewonnen  werden  kann,  so  lassen  sich  die  aus  der  Anschüttung  entstehenden 
Mehrkosten  wohl  rechtfertigen. 

Aus  dem  Verlauf  der  bei  der  grapho-statischen  Untersuchung  der  Mauern  bei 
voller  Wasserbelastung  und  bei  leerem  Becken  ermittelten  Drucklinien  ergibt  sich,  dass 
es  im  Interesse  der  Druckverteilung  zweckmässig  ist,  die  Lagerfugen  nicht  alle  wagerecht, 
sondern  möglichst  lotrecht  tu  diesen  Drucklinien  zu  legen.  Es  würde  aller- 
dings für  die  Ausfuhrung  zu  schwierig  sein,  wollte  man  hier  peinlich  auf  die  lotrechte 
Stellung  aller  Lagerfugen  zu  den  Drucklinien  bestehen.  Immerhin  empfiehlt  es  sich,  die 
Fugen  der  lotrechten  Lage  nach  Möglichkeit  anzupassen.  Harlacher  hat  vorge- 
schlagen, für  die  Fugen  eine  mittlere  Neigung  gegen  die  beiden  Drucklinien  bei  vollem 
Becken  und  leerem  Becken  zu  wählen  und  kommt  dazu,  für  die  unteren  Teile  der  Sperre 
eine  Neigung  der  Fugen  von  der  Wasserseite  ansteigend  nach  der  Luftseite  von  un» 


§  l.  Stauwerke.    B.  Taiapebren.  725 

gef&hr  15°  gegen  die  Wagerechte  vorzuschlagen.  Eine  derartige  Ausführung  ist  beim 
Tytam-Dam,  in  der  Nähe  von  Hongkong,  zur  Anwendung  gekommen70).  Intze  hat 
einen  mehr  bogenförmigen  Verlauf  der  Lagerfugen  bei  der  Beyertalsperre  und  den 
späteren  Sperren  vorgeschrieben  und  durchgeführt  Die  Ausführung  solcher  gekrümmten 
Fugen  hat  allerdings  gewisse  Schwierigkeiten  und  Nachteile  im  Gefolge.  Wenn  man  von 
der  Wasserseite  beginnend,  wo  die  Fugen  annähernd  horizontal  sein  können,  das  Mauer- 
werk aufführt  —  wollte  man  an  der  Luftseite  beginnen,  so  könnten  bei  nassem  Wetter 
die  frisch  versetzten  Steine  ins  Rutschen  kommen  — ,  entsteht  der  Nachteil,  dass  sich 
zwischen  den  wasserseitig  versetzten  Steinen  und  der  gekrümmten  und  geneigten  Fläche 
der  alten  Schicht  ein  Wassersack  bildet.  Dieser  ist  schlecht  zu  reinigen  und  zu  ent- 
wässern und  es  sammelt  sich  in  ihm  der  unvermeidliche  Schmutz,  welcher  sich  beim 
Transport  der  Steine  und  beim  Behauen  derselben  auf  der  Mauer  bildet,  an.  Man  kann 
den  Übelstand  durch  Öffnungen  nach  der  Wasserseite  mildern,  aber  ganz  beseitigen  lässt 
sich  diese  Schwierigkeit  nicht.  Es  sind  deshalb  Zweifel  entstanden,  ob  die  Nachteile 
der  gekrümmten  Fugen  nicht  grösser  seien  als  die  Vorteile,  da  schliesslich  nach  Ab- 
binden des  Mörtels  das  ganze  Mauerwerk  als  eine  kompakte  Masse  angesehen  werden 
könne.  Verfasser  möchte  aber  doch  empfehlen,  der  In tz eschen  Ausfühnmgsart  den 
Vorzug,  zu  geben. 

In  der  Regel  werden  die  Schichten  in  einzelnen  Höhen  von  nicht  mehr  als  2,0  m 
und  zwar  meistens  von  der  Mitte  anfangend  nach  beiden  Enden  zn  durchgeführt.  Bei 
der  Bevertal-Sperre  waren  die  Schichten  nur  1,0  bis  1,2  m  hoch. 

Bei  Verwendung  von  Krangerüsten  oder  sogenannten  Derrickkränen  können 
natürlich  unter  Umständen  die  einzelnen  Schichten  in'  grösserer  Höhe  aufgebracht 
werden 71). 

Von  sehr  grosser  Wichtigkeit  ist  die  Verwendung  des  geeigneten  Mörtels 
(S.  678  bis  681).  Mit  Rücksicht  auf  die  Wasserdichtigkeit  werden  meistens  entweder 
reiner  Trassmörtel  oder  Mörtel  in  einer  Mischung  von  Portlandzement  mit  hydraulischem 
Kalk  oder  mit  Wasserkalk  gewählt 

Für  die  Vogesen-Talsperren  wurde  von  Fecht  folgendes  Mischungsverhältnis  als  sehr 

zweckmässig  und  verhältnismässig  am  billigsten  erkannt: 

Mischungsverhältnis 
in  Raumteilen      in  Gewichtsteilen 

Dykerhof-Zement  1  1 

Wasserkalk  aus  Buprechtsau  4  2 

Gewaschener  Dollersand  10  10 

Beim  Altenweiher  hat  man  von  der  Mauerkrone  nach  dem  Fundamente  zu  in  Abstufungen 
folgende  Mischungsverhältnisse  nach  Raumteilen  benutzt: 

Zement       Hydraulischer  Kalk        Sand 


1 

8 

7 

1 

2 

6 

1 

IV« 

5 

1 

1 

87« 

1 

7* 

2»/t 

Bei  der  Remscheider  Talsperre  ergab  sich  nach  den  Untersuchungen  der  Kftnigl.  PrUfungs- 
Station  in  Charlottenburg-Berlin  folgende  Mischung  als  die  wasserdichteste: 


70)  p.  Ziegler,  Der  Talsperrenbau.  IL  TeiL  S.  80. 

?i)  Bei  der  englischen  Talsperre  Vyrnwy  betrugen  die  Steine  unter  2  Tonnen  46*/*»  die  Steine 
von  2—4  Tonnen  21°/o,  die  Steine  von  4—8  Tonnen  33°/o.  Die  Schichten  wurden  in  Höhen  von  1,8 
bis  2,4  m  durchgeführt 


726         HL    Theodor  Koehn.    Ausbau  -von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

4  Raumteile  Fettkalk  =  4 . 1,311  =  5,244  kg 

4  ,         Rhein-Sand       =  4 . 1,515  =  6,060   , 

6         ,         Plaidter  Trass  =  6  . 0,915  =  5,490   . 
Diese  Mftrtelmischung  gab  nach  einigen  Monaten  unter  Wasser  erhärtet  eine  Druckfestigkeit 
Ton  60  kg  und  eine  Zugfestigkeit  von  80  kg  pro  qcm  und  an  der  Luft  erhärtet  eine  Druckfestigkeit 
Ton  125  kg  und  eine  Zugfestigkeit  von  20  kg/qcm.    Der  Bedarf  an  Mörtel  betrug  infolge  der  grossen 
Unregelmässigkeit  der  Bruchsteine  38%  der  Mauermasse 7*). 

Für  die  Bevor- Sperre  wurde  folgende  Mischung  benutzt: 

100  Liter  Fettkalk  in  butterweichem  Zustande  £2  126  kg 
150      .     Trass  in  pulverförmigem  Zustande     fifi  188   , 
175      ,     Rheinsand  fifi  255    , 

Wasser  15    , 

"425"  584  kg 

Das  Ausbeutungsverhältnis  ergab  sich  bei  einer  solchen  Mischung,  welche  gerade  eine  Misch- 
trommel füllte  zu  0,66,  sodass  eine  Füllung  280  Liter  Mörtel  ergab.  10  Tonnen  Trass  kosteten  an  Ort 
und  Stelle  168  Mk.t  10  Tonnen  Graitener  Kalk  kosteten  80  Mk.  und  ergaben  gelöscht  rd.  25  cbm. 

1  cbm  Sand  kostete  frei  Bauplatz  rd.  8  Mk.,  333  Liter  Mörtel,  welche  pro  cbm  Mauerwerk 
notwendig  waren,  kosteten  6  Mk.  einschliesslich  Fracht  und  Herstellungskosten. 

Ferner  wurde  der  Mörtel  hergestellt  aus  einem  Verhältnis  von: 
bei  der  Staumauer  des  beider  Queis-Talsperre 

Kubelwerks  bei  der  Urfttalsperre  Marklissa 

1    Raumteil  hydraulischem  Kalk,  1    Raumteil  Weisskalk,  125  Liter  Zement 

2,5  Raumteilen  grobkörnigem  Sand  1,5        „         Trassmehl,  100      ,     Trass, 

1,75      ,         Sand.  66      „     KalkbreL 

510      ,     Sand. 
Bei  der  Queis-Talsperre  hat  der  Verbrauch  an  Mörtel  auch  etwa  80— 88*/o  des  kubischen  Inhaltes 
der  Staumauer  betragen,  bei  der  Urfttalsperre  im  Anfang  42°/e*  später,  als  die  Arbeiter  geübter  worden, 
38°/o  (S.  588). 

Es  hat  sich  gezeigt,  dass  an  denjenigen  Staumauern,  wie  z.  B.  bei  der  Gi- 
leppe-  und  an  der  Alfeld-Mauer,  bei  welchen  zur  Mörtelbereitung  Zement  und 
f  Wasser  kalk  ohne  Trass  verwendet  wurden,  an  der  Luftseite  der  Mauern  sehr  starke  Sinter- 
bildungen auftraten,  während  diese  Erscheinung  bei  Sperrmauern,  bei  welchen  eine  grössere 
Beimischung  von  Trass  zur  Verwendung  kam,  nicht  beobachtet  wurde.  Es  scheint  dem- 
nach, ab  wenn  der  Trass  beim  Abbinden  die  sich  aus  dem  Zement  und  Kalk  ausscheidenden 
Kalkhydrate  bindet.  Die  Verwendung  von  Trass  empfiehlt  sich  auch  deshalb,  weil  der 
Tra88mörtel  die  Abbindung  verzögert  und  daher  ein  mit  Trass  gemischter  Mörtel  längere 
Zeit  angemacht  stehen  kann,  ohne  an  Wert  erheblich  einzubüssen.  Dieser  Gesichtspunkt 
ist  beim  Bau  von  Staumauern  von  besonderer  Wichtigkeit,  da  durch  Regen  oder  wegen 
der  Notwendigkeit  die  Transportmittel  umzusetzen,  häufiger  die  Arbeit  unterbrochen 
werden  muss  und  der  Mörtel  angemacht  längere  Zeit  stehen  bleibt.  Reiner  Trassmörtel 
mit  Kalk  angemacht  hat  den  Nachteil,  dass  er  bei  geneigten  Fugen  an  den  harten  und 
glatten  Steinflächen  schlecht  fasst  und  sich  die  Steine  daher  leicht  loslösen.    Für  die 


7t)  Karl  Borchardt  (Die  Remscheider  Stauweiheranlage,  1897)  gibt  an,  dass  gezahlt  wurden: 
für  200  Ztr.  Weisskalk  ab  Ringofen  106  Mk,  Fracht  16  Mk.; 
,    200    .     Plaidter    blauer  Trass    feinster   Mahlung   (Vorschrift,    dass    durch    ein   MetaUaieb   tob 
900  Maschen  pro  qcm  80*/°  der  aufgeschütteten  Masse  hindurchfallen  mussten)  in  Sacken 
su  liefern  frei  Remscheid  102  Mk.; 
,    200    .     Schlehbuscher  Sand  ab  Schlehbusch  6  Mk-,  Fracht  21  Mk.; 
,   200    ,     Wasserkalk  ab  Beckum  107  Mk^  Fracht  88  Mk.; 
,   200    .     Bhrinsand  ab  Düsseldorf  18  Mk.,  Fracht  25,20  Mk.; 
1  cbm  Mauerwerk  in  Blombacher  Bruchsteinen  im  Mauerwerk  gemessen,  1  m  tief  in  die  Mauer  einzu- 
binden Ton  aussen  hammerrecht  bearbeitet  in  Wasser-Kaik-Trassmörtel  27  Mk.; 
1    ,      inneres  Mauerwerk  aus  vorhandenen  Steinen  in  Wasser-Kaik-Trassmörtel  8,50  Mk. 


J 


§  l.  Stauwerke.    B.  Talsperren.  727 

Ausführung  geneigter  Lagerfügen  ist  deshalb  eine  Mischung,  etwa  wie  sie  bei  der  Queis- 
talsperre  verwendet  wurde,  am  meisten  zu  empfehlen. 

Intze  hat  wiederholt  durch  Entnahme  von  Proben  aus  dem  Mauerinnern  den 
Nachweis  gefuhrt,  dass  sowohl  Mörtel  aus  Mischungen  mit  Trass,  wie  bei  der  Beversperre, 
als  auch  Mörtel  aus  Zement  und  Trass,  wie  bei  der  Queissperre,  im  Mauerinnern  ihre 
volle  Festigkeit  erlangen73). 

Über  die  ganze  Einrichtung  der  Baustelle,  wie  z.  B.  über  die  Transportwege,  über 
die  Verlegung  von  Wasserleitungen  und  die  Lichtversorgung,  über  die  Ausrüstung  mit 
Baumaschinen,  kann  hier  nichts  Spezielles  mitgeteilt  werden,  da  das  für  unsere  Zwecke 
zu  weit  fuhren  würde.  Es  ergeben  sich  im  übrigen  auch  alle  Einrichtungen  von  selbst 
und  bei  der  Beschreibung  der  Talsperren  des  Kabelwerks  Seite  411,  der  Anlage  Avig- 
nonnet  S.  499,  von  Marklissa  S.  598  und  der  Urft-Talsperre  Seite  588  sind  bereits  die 
bei  diesen  speziellen  Fällen  verwendeten  Einrichtungen  ausführlich  genug  mitgeteilt. 

h)  Die  Entwässerung  des  Mauerimmera.  Auch  bei  grösster  Vorsicht  und  sorg- 
fältigster Ausfuhrung  werden  sich  kleinere  Undichtigkeiten  in  dem  Mauerwerk  kaum 
ganz  vermeiden  lassen.  Es  ist  auch  sehr  nützlich,  die  Abführung  des  beim  Abbinden 
freiwerdenden  Wassers  innerhalb  der  Mauer  nach  Möglichkeit  zu  erleichtern.  Deshalb 
wird  bei  neueren  Sperrmauern  im  Innern  der  Mauer  meistens  ein  Entwässerungsnetz 
angelegt  Dasselbe  kann  bestehen:  aus  senkrecht  stumpf  aufeinandergesetzten  Drains 
von  5  bis  10  cm  Dm.,  welche  etwa  2,0  bis  4,0  m  entfernt  von  der  wasserseitigen  Mauer- 
fläche eingesetzt  werden  mit  gegenseitigen  Abständen  von  etwa  2,0  m  in  der  Längs- 
erstreckung der  Mauer.  Diese  lotrechten  Drainröhren  stossen  entweder  stumpf  auf  einen 
im  Gefälle  vorgelegten  Sammelstrang  oder  sie  werden  selbst  einzeln  durch  geneigte  Drains, 
wie  z.  B.  bei  der  Talsperre  Marklissa,  in  Sammelkanäle  geführt,  welche  in  den  Zulauf- 
stollen entwässern.  Die  Sammelkanäle  bei  der  Marklissa-Sperrmauer  sind 
so  gross  angelegt,  dass  sie  begehbar  sind  und  dass  man  sich  von  der  Be- 
schaffenheit des  Mauerwerks  im  Mauerinnern  jederzeit  überzeugen  kann  (Taf.  L,  Fig.  5 
und  Seite  599).  Es  muss  natürlich  mit  Sorgfalt  darauf  geachtet  werden,  dass  sich  diese 
Drains  während  des  Baues  nicht  verstopfen  können,  weil  sie  sonst  nicht  nur  zwecklos 
sind,  sondern  feuchte  Stellen  in  der  Mauer  direkt  verursachen  können. 

i)  Die  Beobachtung  der  Bewegungen  der  Mauer.  Während  der  Aufmauerung  und 
nach  der  Fertigstellung  ist  das  Setzen  und  die  Bewegung  in  der  Horizontal- 
projektion der  Mauer  zu  beobachten.  Um  das  Setzen  festzustellen,  werden 
kleine  Bolzen  an  der  Luftseite  eingelassen,  deren  Höhenlage  genau  eingemessen  und  von 
Zeit  zu  Zeit  kontrolliert  wird.  Jede  Sperrmauer  verändert  aber  auch  ihre  Gestalt  im 
Grundriss  bei  der  Füllung,  weil  sich  die  Fugen  zusammenpressen.  Ebenso  treten  Ver- 
änderungen ein  durch  die  Temperaturunterschiede74).  Die  Bewegungen  der  Mauer  in  der 
Horizontalprojektion  werden  am  leichtesten  und  am  auffälligsten  in  der  Mauerkrone  fest- 
gestellt und  zwar  durch  Visierlinien,  welche  über  die  Mauer  gelegt  werden.  Zu  diesem 
Zweck  errichtet  man  an  den  beiden  Ufern  feste  Mauerklötze.  Einer  derselben  trägt  das 
feste   Drehgestell   eines   kleinen  Fernrohres,    der   andere   eine  feste   Spitze.    Auf  der 


78)  O.  Intze,  Die  geschichtliche  Entwicklung,  die  Zwecke  und  der  Ban  von  Talsperren.  Nach 
einem  Vortrage  Intzes  am  3.  Februar  veröffentlicht  von  Link.  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1906. 
S.  736  u.  ff. 

74)  Bei  der  Remscheider  Talsperre  haben  sich  infolge  von  Temperaturdifferenzen  Verschiebungen 
in  der  Horizontalprojektion  an  einzelnen  Stellen  von  35  mm  ergeben  bei  einer  Kronenlange  der  Mauer 
von  125  m,  einem  Radius  von  160  m,  einer  Kronenbreite  von  4  m,  einer  Mauerstarke  in  der  Fundament- 
sohle von  25  m  und  einer  Mauerhöhe  von  25  m.   Das  gesamte  Mauerwerk  der  Sperre  betrug  17000  cbm. 


728  III.     Theodor  Koeiin.     Ausbad  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

Mauerkrone  selbst  werden  an  geeigneten  Stellen  in  der  Visierlinie  gleichfalls  Motall- 
spiUen  festgemacht.  Man  kann  dann  aus  dem  Anschlag  dieser  Spitzen  die  Bewegung 
messen. 

k)  Die  Überlfiufe  und  die  Vorrichtungen  für  die  Wasserentnahme.  Jede 
Sperrmauer,  sofern  nicht  ihre  Krone  selbst  als  Überlauf  dienen  soll,  bedarf  eines  selbst- 
tätig wirkenden  Überlaufs,  welcher  so  gross  anzulegen  ist,  dass  der  Wasserspiegel  im 
Becken  niemals  die  beabsichtigte  höchste  Höhe  überschreiten  kann.  Wegen  der  Ein- 
richtung dieser  Überläufe  wird  auf  die  Beispiele  Kabelwerk,  Abb.  72,  S.  414,  Urft- Tal- 
sperre, Taf.  XLVHI,  Fig.  7,  Taf.  XLK,  Fig.  6  n.  S.  591,  Marklissa,  S.  600,  nnd  Taf.  L, 
Fig.  6  u.  7,  sowie  anf  die  im  Abschnitte  m  dieses  §  noch  gegebenen  Beispiele  vorwiesen. 

Abb.  212.    Hebere ntnahm»  im  Damm  von  Mittersheim. 


Die  Sperrmauer  der  Anlage  Avignonnet  (Taf.  XXVII,  Fig.  4  und  S.  498,  Abb.  103) 
und  die  Ennepe-Sperrmauer  (Taf.  LH,  Fig.  11 — 14)  bieten  Beispiele  für  die  Überströmung 
der  Mauerkrone  selbst.  Ein  anderes  Beispiel  hierfür  bietet  die  Fnelbecke  Talsperre"). 
Auch  wegen  der  Vorrichtungen  znr  Wasserentnahme  kann  auf  die  angezogenen 
Beispiele  verwiesen  werden. 

Erwähnung  verdienen  aber  noch  hier  die  Hebervorrichtungen,  wie  sie  bei  dem 
Staudamm  von  Mittersheim,  Lothringen  (zur  Speisung  des  Kohlenkanals  zur  Saar) 
nnd  bei  dem  Staudamm  von  St.  Christophe76)  zur  Anwendung  gekommen  sind.  Der 
Siphon  (Abb.  212)  liegt  in  einem  massiven  Mauerklotz  und  mündet  sowohl  wasserseitig  als 
luftseitig  unter  Wasser  aus.  Er  tritt  selbsttätig  in  Wirksamkeit,  wenn  der  Wasserstand 
eine  gewisse  Höhe  erreicht  hat,  und  seine  Tätigkeit  hört  nach  dem  Sinken  des  Wasser- 
spiegels auf  ein  gewisses  Mass  wieder  auf.  Bei  dem  Damm  von  Mittersheim  hat  das 
Siphonrohr  einen  Dm.  von  0,70  m,  bei  dem  Damm  von  St.  Christophe  sind  zwei  Bohre 
von  je  1,10  m  Dm.  verwendet,  deren  waaserseitige  Mündung  4,2  m  unter  gewöhnlichem 
Stauspiegel  liegt,  während  die  luftseitige  8,5  m  tiefer  in  ein  gefülltes  Becken  mündet. 
Die  Füllung  des  letzteren  ist  bei  dem  Siphon  von  Mittersheim  durch  einen  Schieber, 
bei  dem  von  St.  Christophe  durch  ein  kleines  Rohr  nebst  Habn  möglich.  Der  Scheitel 
der  Siphonschleife  liegt  über  dem  höchsten  Wasserspiegel,  es  ist  aber  im  Scheitel  eine  Saug- 
leitung angeschlossen.  Sobald  der  Wasserspiegel  eine  bestimmte  Höhe  erreicht,  wird  selbst- 
wirkend  eine  Wasserstrahlpumpe,  welche  die  Luft  ans  dem  Heber  saugt,  und  damit  der 
Heber  selbst  in  Tätigkeit  gesetzt.    Nach  dem  Sinken  des  Wasserspiegels  im  Becken  anf 

'»)  ZeiUchr.  d.  Vor.  deutscher  Ing.  1906.  Textblatt  4.  Kg.  135  und  136.  S.  942. 
■71)  Ziegler,  Talsperrenbau  1900.  Teil  I.  S.  111. 


§  1.  Stauwerke.     B.  Tai-öperren.  739 

eine  bestimmte  Höhe  wird  in  das  Siphonrohr  Luft  zugeführt,  die  Wassersäule  reiset  ab 
und  die  Wirkung  des  Siphons  hört  auf. 

1)  Die  Ablagerungen  Innerhalb  des  Staubeckens  und  ihre  Beseitigung.  Bei 
Flüssen  mit  sehr  starker  Geschiebe-  und  Sinkstofführung  ist  darauf  Bedacht  zu  nehmen, 
dass  die  sich  in  dem  Staubecken  ansammelnden  Geschiebe-  und  Sinkstoffe  ans  dem 
Staubecken  ins  Unterwasser  herausgespült  werden  können.  Im  Laufe  der  Jahre  kann 
sich  sonst  die  Hasse  der  Geschiebe  und  Sinkstoffe  derartig  ansammeln,  dass  nicht  allein 
der  Beckeninhalt  beträchtlich  verringert  wird,  sondern  dass  auch  die  Entnahmestellen 
versanden.  Bei  den  alten  spanischen  Staumauern  legte  man  für  Spülzwecke  in  der  Sohle 
der  Staumauer  einen  grossen  Kanal  an,  welcher  sich  nach  der  Luftseite  hin  erweiterte 
und  verschloss  denselben  mit  lotrechten  und  wage- 
rechten Holzbalken  {Abb.  2131").    Die  Öffnung  eines    Abb.  218.    Spanisches  Tor  an  der  Mauer 

,  ,  ,  .    I        ™  ,         r  ,  von  Aficante  (Tibi).    1 :  266. 

solchen  sogenannten   spanischen   Tores    konnte   erst 

erfolgen,  wenn  die  gemauerte  Toröffnung  selbst  einige 
Meter  mit  Sinkstoffen  und  Geschieben  überdeckt  war, 
sodass  die  Entfernung  des  Gebälkes  von  der  Luftseite 
ans  durch  Arbeiter  erfolgen  konnte.  Um  einerseits 
bei  Öffnung  des  Tores  einen  nicht  zu  grossen  Wasser- 
druck zu  haben,  andererseits  aber  noch  genügend 
Wasser  zur  Erzielung  einer  Spülwirkung,  wurde  zu- 
nächst der  Wasserspiegel  im  Becken  so  weit  abge- 
senkt, dass  etwa  noch  3,0  bis  4,0  m  Wasser  über  der 
Ablagerungsschicht  standen.  Diese  Art  der  Spülvor- 
richtung blieb  immerhin  recht  gefährlich  für  die  Ar- 
beiter, da  der  Durchbrach  unerwartet  erfolgen  konnte. 
Bei  der  Alicantesperre  soll  allerdings  die  Ablagerungs- 
masse so  zäh  gewesen  sein,  dass  sie  nach  Entfer- 
nung des  Tores  in  senkrechter  Wand  stehen  blieb  und  dass  erst  von  oben  mit  eisernen 
Stangen  ein  Loch  hineingearbeitet  werden  mnsste,  bevor  die  Spülwirkung  begann.  Was 
die  Menge  der  Ablagerungen  betrifft,  so  haben  sich  bei  den  Algerischen  Talsperren  die 
nachstehenden  Zahlen  ergeben18). 


Beckeninhalt 

Niederschlags- 
qkm 

Jährliche 
Ablagerung 

Jahrl.  Ablagerungen  im  Verhältnis 

Beckeninhalt 

zum  Niederschlags- 

gebiet  cbm/qkm 

Big 

Tlelat 

Djidioui* 

Habra 

3840  000 

600000 

2000000 

SO  000  000 

8500 
130 
850 

8000 

100000 
22000 
250000 
250000 

1/84 
1/28 
1/9 
1/120 

29 
170 
294 

31 

Ähnlich  grosse  Ablagerungen  worden  bei  verschiedenen  indischen  Talsperren  fest- 
gestellt Im  übrigen  wird  auf  Kap.  I,  §  4,  S.  128  n.  f.  verwiesen.  Zur  Verhinderung  nach- 
teiliger Wirkungen  der  Scblammablagerungen  und  zur  Beseitigung  derselben  ist  es  das 
sicherste  Mittel  nach  dem  Vorbilde  der  Queissperre  (Taf.  L,  Fig.  1  und  2),  oberhalb  der 
Baustelle  für  die  Sperrmauer  ein  Hilfswehr  anzulegen,   durch  welches  zunächst  alle  an 


")  P.  Ziegler,  Txlsperrenbau  1900.  Teil  11.  S.  6. 
«)  P.  Ziegler.  Dei  Talsperrenbau  1900.  Teil  IL  S.  1 


780         III.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Ein/jelhkitkx. 

der  Talsohle  rollenden  Geschiebe  und  auch  der  grösste  Teil  der  Sinkstoffe  zurückge- 
halten werden.  In  der  Regel  wird ,  wie  bereits  S.  720  erwähnt,  die  Vergrösserung  des 
benetzten  Querschnittes  bis  zu  dem  Hilfswehr  eine  derartige  sein,  dass  auch  die  Sink- 
stoffe sich  zum  grössten  Teil  nur  noch  in  den  unteren  Wasserfaden  bewegen  können. 
Bei  dem  genannten  Beispiele  diente  dieses  Hilfswehr  zur  Ableitung  des  Flusswassers 
während  des  Baues  und  die  zunächst  zu  diesem  Zwecke  angelegten  Stollen  dienen  dann 
ferner  zur  Entleerung  und  auch  als  Spülkanäle.  Wo  derartige  Hilfswehre  mit  Umlauf- 
Spülkanälen  nicht  zur  Ausführung  kommen  sollen,  vielmehr  der  Entleerungs-  und  Spül- 
kanal in  oder  an  der  Mauer  selbst  angelegt  werden  muss,  wird  man  zweckmässig  dafür 
zu  sorgen  haben,  dass  die  Talsohle  nach  der  Spülöffnung  zu  durch  Pflaste- 
rung oder  eine  leichte  Betonschicht  befestigt  und  möglichst  glatt  ge- 
macht wird  und  dass  diese  Sohlenbefestigung  eine  möglichst  starke 
Neigung  nach  der  Spülöffnung  zu  erhält,  damit  sich  bei  Öffnung  der  Spül- 
schützen in  der  Ablagerungsmasse  schnell  ein  Trichter  bildet,  in  welchen  die  um- 
liegenden Ablagerungsmengen  durch  den  Spülstrom  hineingerissen  werden.  Die  Ent- 
nahmestelle für  das  Nutzwasser  ist  in  Fällen,  wo  grössere  Ablagerungen  zu  erwarten 
sind,  so  anzuordnen,  dass  die  Zuflussöffnung  auch  bei  der  denkbar  grössten  Höhe  der 
Ablagerungen  frei  bleibt.  Man  muss  also  in  solchen  Fällen  das  Gebrauchswasser  durch 
höherliegende  Öffnungen  dem  Abflusstollen  zuführen,  wie  es  z.  B.  bei  der  Yillarmauer 
(S.  669)  geschehen  ist 

m)  Einige  weitere  Beispiele  ausgeführter  Talsperren.  1.  Eine  interessante  Aus- 
führungsart einer  Sperrmauer  ist  die  Ennepetal  sperre  insofern,  als  die  Krone  der 
Mauer  selbst  zum  Teil  als  Überlauf  benutzt  wurde  (Taf.  LH,  Fig.  9—14).  Sie  dient 
dazu,  um  der  Ruhr  das  durch  die  Pumpwerke  entzogene  Wasser  zu  ersetzen  und  sie 
erfüllt  gleichzeitig  den  Zweck,  sowohl  das  Wasser  für  die  Wasserversorgung  des  Kreises 
Schwelm  als  auch  die  für  das  Wasserwerk  erforderliche  Kraft,  sowie  die  Kraft  für  eis 
Elektrizitätswerk  des  Kreises  zu  liefern. 

Das  Niederschlagsgebiet  beträgt  48  qkm,  die  jährliche  Abflussmenge  36000000  cbm, 
der  Beckeninhalt  10000000  cbm. 

Der  Kreis  Schwelm  würde  aus  eigener  Kraft  nicht  in  der  Lage  gewesen  sein, 
die  Summe  von  4800000  Mk.,  welche  für  die  Talsperre  einschliesslich  aller  Nebenan- 
lagen,  wie  Wasser-  und  Elektrizitätswerk  etc.  erforderlich  war,  aufzubringen,  aber  die  im 
Ruhrtalsperrenverein  vereinigten  Interessenten  hatten  für  sich  bereits  ein  so  grosses 
Interesse  an  dieser  Sperre,  dass  der  Verein  einen  Zuschuss  von  100000  Mk.  jährlich 
gegen  die  Verpflichtung  des  Kreises ,  eine  gewisse  tägliche  Wassermenge  in  den  Flnss 
abzulassen,  leisten  konnte.  Hierdurch  können  der  Zinsen-  und  Tilgungsdienst  für  etwas 
mehr  als  die  Hälfte  des  Kapitals  bereits  gedeckt  werden79).  Ausserdem  verpflichteten 
sich  die  unterhalb  der  Sperre  liegenden  Triebwerksbesitzer  als  Gegenleistung  für  die 
Verbesserung  ihrer  Triebwasserverhältnisse  zu  einer  Selbststeuer  von  jährlich  12000  Mk.. 
sodass  schliesslich  der  Kreis  Schwelm  nur  noch  für  die  Deckung  der  direkten  Betriebs- 
kosten und  des  Bestes  der  indirekten  aufzukommen  hatte.  Die  Einnahme,  welche  sich  der 
Kreis  bereits  1904  für  eine  tägliche  Abgabe  von  3000  cbm  Wasser  gesichert  hatte, 
betrug  80000  Mk.  und  ausserdem  standen  ihm  noch  400  PS«  während  rd.  2400  Stunden 
jährlich  zur  Verfugung,  welche  er  in  Elektrizität  umwandeln  und  verteilen  konnte. 


79)  O.  Intxe,  Die  geschichtliche  Entwicklung,  die  Zwecke  und  der  Uhu  der  Talsperren.  Kack 
einem  am  8.  Februar  1904  im  Berliner  Bezirksverein  des  Verein»  deutscher  Ingenieure  gehaltenen  Vor» 
trage,  veröffentlicht  vom  Rogierungs-Baumeister  a.  D.  Link.  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1906.  *.  73fc 


§  1.  Stauwerks.    B.  Talsperren.  731 

Um  im  Falle  von  Reparaturen  den  Wasserspiegel  schnell  absenken  zu  können, 
sind  auf  Verlangen  der  Aufsichtsbehörden  in  der  Sperrmauer  selbst  vier  Notauslasse 
angebracht  in  einer  solchen  Höhe,  dass  der  Wasserdruck  nach  Absenkung  des  Wasser- 
spiegels durch  diese  Notauslasse  nur  etwa  halb  so  gross  bleibt  als  bei  voller  Füllung 
und  in  einer  solchen  Grösse,  dass  auch  beim  stärksten  Zufluss  das  ganze  Wasser 
durch  diese  Notauslasse  fliessen  kann.  Nach  den  Mitteilungen  Intzes  fliesst  das  Wasser 
ruhig  über  den  Überlauf  und  an  der  Mauer  herab  und  büsst  in  dem  Sturzbett  seine 
lebendige  Kraft  soweit  ein,  dass  es  aus  demselben  mit  massiger  Geschwindigkeit  zum 
Abfluss  kommt. 

Über  der  Anschüttung  ist  die  «Mauer  wasserseitig  mit  einem  Zementtrassputz  und 
Siderosthenanstrich  abgedichtet. 

Nachdem  man  bei  der  Remscheider  Talsperre80)  die  Erfahrung  gemacht  hatte, 
dass  sich  das  Wasser  —  trotzdem  man  es  aus  einem  sogenannten  Filterturm  entnahm, 
in  welchen  es  nur  nach  Durchdringung  grösserer  Filterschichten  von  Kies-  und  Filtersand 
gelangen  konnte  —  namentlich  bei  niedrigeren  Wasserständen  im  Becken 
bei  direkter  Entnahme  aus  der  Sperre  trübte  und  für  die  direkte  Verwendung 
ungeeignet  war,  hat  man  bei  der  Ennepetalsperre  -eine  besondere  Filteranlage 
für  das  aus  der  Talsperre  durch  die  Leitung  a  (Taf.  LII,  Fig.  9)  entnommene  Wasser 
angelegt.  Das  Wasser  wird  nämlich  durch  sogenannte  Sprengdüsen  auf  Rieselwiesen 
verteilt,  in  welche  Filtergräben  eingeschnitten  sind.  Die  Filtergräben  sind  1,70  m 
breit  und  oben  offen.  Sie  haben  ein  dreieckiges  Sohlenprofil,  in  dessen  Spitze  ein  Saug- 
drain aus  glasiertem  Ton  liegt.  Letzteres  ist  mit  grobem  Sand,  dieser  wiederum  mit 
feinem  Filtersand  bedeckt.  Aus  diesen  Filtern  gelangt  das  Wasser  durch  Sammeldrains 
aus  Gusseisen  mit  325  bis  425  mm  Durchmesser  in  einen  Saugbrunnen,  aus  welchem 
dann  Pumpen  das  reine  Wasser  schöpfen  und  auf  die  Hochreservoirs  für  die  ver- 
schiedenen Ortschaften  drücken81). 

2.  Unter  den  neueren  französischen  Talsperren  verdient  die  Staumauer  des 
Furens81)  im  „Höllenloch"  (au  gouffre  d'Enfer)  genannt  zu  werden,  weil  die  Erbauer  Graeff 
und  Delocre  mit  dieser  Talsperre  zum  ersten  Male  einen  modernen  Qaerschnittstvp  ge- 
schaffen und  die  Berechnung  auf  Grand  der  von  De  Sacilly  im  Jahre  1853  in  den 
Ann.  des  ponts  et  chaussees  veröffentlichten  „Note  sur  un  type  de  profil  d'egale  resis- 
tance"  durchgeführt  haben  Die  Mauer  ist  in  den  Jahren  1861  —66  gebaut,  um  sowohl  dem 
Flusse  das  Wasser  zu  ersetzen,  welches  ihm  durch  die  Fassung  der  oberhalb  liegenden  Quellen 
für  die  Wasserversorgung  der  Stadt  St.  Etienne  entzogen  wird,  als  auch  um  bei 
mangelnder  Ergiebigkeit  dieser  Quellen  einen  Zuschuss  zu  dieser  Wasserversorgung  zu 
liefern.  Die  Kronenlänge  der  Mauer  betragt  nur  100,0  m,  die  Kronenbreite  3,02  m, 
die  Sohlenbreite  42,17  m  und  sie  hat  einen  Krümmungshalbmesser  im  Grandriss  von 
252,5  m  (Abb.  214  und  Taf.  LH,  Fig.  4  und  5).  Sie  schliesst  eine  tiefe  Schlucht 
mit  steilen  Hängen.    Bei  einer  Wassertiefe  von  50,0  m  steht  aber  nur  ein  Stauraum 


•«)  Vergl.  Karl  Borchardt,  Die  Remscheider  Stauweiher- Anlage  1897. 

9\)  Wegen  einer  anderen  sehr  interessanten  Lösung  zur  Filtration  Ton  Talsperren wasser  yergl. 
die  Beschreibung  der  Talsperre  und  des  Wasserwerks  der  Stadt  Solingen  im  SenghachtaL  O.  Intze, 
Die  geschichtliche  Entwickelung ,  die  Zwecke  und  der  Bau  der  Talsperren.  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher 
Ing.  1906.  732  u.  ff. 

s»)  Zu  2  und  3.  Nach  P.  Ziegler,  Der  Talsperrenbau.  Teil  IL  S.  12  und  A.  Dumas,  Con- 
struction  des  barrages-reservoirs.  Compte  rendu  du  Congrea  de  la  Houille  Blanche.  Grenoble  1902. 
1.  Volume. 


732  UL     Theodor  Koehn.     Ausbau  ton  Wabberkbaftek.     Einzelheiten. 

von  1200000  cbm  zur  Verfügung.  Oberhalb  des  gewöhnlichen  Stauspiegels  liegt  zur  Auf- 
nähme  von  Hochfluten  noch  ein  Schutzraum  von  5,5  m  Höbe  und  400000  cbm  Inhalt. 
Das  Vorflntgebiet  beträgt  25  qkm,  die  durchschnittliche  RegenhÖlie  850  mm.  Die  jähr- 
liche Abflussmenge  beträgt  etwa  14000000  cbm,  sodass  die  Abflusshöhe  ca.  65°/«  der 
Regenhöhe  aasmacht. 

Als  Mörtel  wurden  876  kg  hydraulischer  Kalk  von   Theil  auf  1  cbm  geK-aschenen.  sduufei 
Sand  verwendet     Die  Baukosten  haben  für  die  Haner  selbst  721600  Mk. 

für  den  Qrunderwerb  146600    . 

für  den  Randkanal       280000     . 

für  den  Stollen  124800     . 


rusammen  1272000  Hk.  betragen. 

Da  die  Mauer  nicht  überflutet  werden  soll,  war  es  nötig,  seitlich  einen  20,0  m 
langen  Überlauf  anzuordnen,  welcher  sein  Wasser  in  einen  Randkanal  ergiesst 
Letzterer  ist  in  den  Granit  des  linken  Hanges  eingeschnitten  mit  einer  Sohlenbreit« 

von  6,50  m    und  einer   Tiefe   von 
Abb.214.  QwaschnittderFureiis-Sperrmaner.  Erbant  1861,66.    30  m_    Er  führt  beim  höchsten  Stao- 

|* ^amw^mimhv  spiegel  etwa  90  cbm/sek.  mit  einem 

j       '-«""»*$8-**'~  GeflU]e  von  1,2«/«  um  das  Becken 

und  die  Hauptmauer  herum  nnd  er- 
giesst sich  unterhalb  mittelst  einer 
Kaskade  in  das  alte  Bett  des  Furcns. 
Aufwärts  ist  im  Furens  an  der  Stelle, 
wo  der  Wasserspiegel  des  Flusses  die 
Höbe  des  höchsten  Stauspiegels  im 
Becken  hat ,  ■  ein  Schützenwehr  mit 
zehn  Öffnungen  angelegt  Fünf  von 
diesen  Öffnungen  sind  bestimmt,  das 
durch  heftige  Niederschläge  getrübte 
Wasser  direkt  in  den  Randkanal 
abzuleiten,  während  in  solchem  Falle 
die  anderen  fünf  geschlossen  bleiben. 
Bedarf  aber  das  Becken  der  Auf- 
füllung und  hat  das  zufliessende 
Wasser  die  gewünschte  Beschaffen- 
heit, so  werden  die  fünf  Öffnungen 
zum  Randkanal  geschlossen  und  die 
anderen  geöffnet. 
3.  Die  Staumauer  der  Mouche.  Die  Speisang  des  14km  langen  Marne-Saöne- 
kanals  soll  durch  folgende  vier  grosse  Talsperren  gesichert  werden. 

1.  La  Liez  16100000  cbm  Stauinhalt  bei  34  qkm  Niederschlagsgebiet. 

2.  La  Mouche  8660000  cbm  Stauinhalt  bei  65  qkm  Niederschlagsgebiet. 

3.  Charmes  11620000  cbm  Stauinhalt  bei  51  qkm  Niederschlagsgebiet. 

4.  Vingeanne  8340000  cbm  Stauinbait  bei  86,5  qkm  Niederschlagsgebiet 

Die  erstgenannte  Sperre  wird  durch  einen  Erddamm  gebildet  (Abb.  198,  S.  705). 
Die  Sperren  ad  3  und  4  sind  nach  Kenntnis  des  Verfassers  (Ende  1906)  noch  nicht 
ausgeführt. 

Die  mittlere  jährliche  Regenhöhe  im  Niederschlagsgebiet  der  Mouche  betragt 


§  l.  Stacwebeb.    R  Taihpkhhbn.  733 

830  mm.  Die  nutzbare  jährliche  Abflussmenge  wurde  auf  ungefähr  24000000  cbro,  d.  b. 
die  Abflusshöhe  etwa  zn  40°/o  der  mittleren  Regenhöhe  angenommen. 

Die  baulichen  Verhältnisse  lagen  an  der  für  die  Sperrmauer  ausgewählten  Stelle 
insofern  recht  ungünstig,  als  das  Tal  sehr  breit  und  der  zur  Gründung  geeignete 
feWge  Hergel  in  der  Mitte  des  Tale,  ein  Abb.215.Qomdu»ttdmhai".8u.™„a„lf™d». 
6,5  bis  7,0  m,    am    linken  Rande    bis    zu  , 

11,5  m,  am  rechten  Rande  sogar  bis  20,0  m 
unter  der  Täloberfläche  lag.  Um  den  erfor- 
derlichen Stauraum  zn  erzielen,  bedurfte 
man  einer  Stauhöhe  von  22,55  m  über  Tal- 
sohle und  diesem  Umstände ,  sowie  dem 
Mangel  geeigneter  Dammerde  in  der  Um- 
gebung ist  es  zuzuschreiben,  dass  man  sich 
zb  einer  Steinmauer  eutschloss.  Abb.  215 
und  216  zeigen  den  Querschnitt  und  eine 
Ansichtsskizze  der  Hauer.  Die  Mauer  wurde 
aus  Ersparnisrücksichten  geradlinig  angelegt, 
und  sie  hat  eine  Kronenlänge  von  410,25  m. 
Die  Bangrabe  wurde  mit  Böschungen  von 
1 : '/»  ausgehoben.  Man  hat  aber  später  an 
den  tieferen  Stellen  namentlich  am  rechten 
Hange  wegen  eingetretener  Rutschungen 
eine  Auszimmerung  der  Baugrube  vor- 
nehmen müssen.  Das  hochgehende  Mauer- 
werk wurde  in  Schichten  von  0,8  bis  1,0  m 
Höhe  ausgeführt.  Für  den  Mörtel  wurde 
ein  Mischungsverhältnis  von  390  kg  hydrau- 
lischer Kalk  von  Chateauvillain  auf  1  cbm 
Sand  gewählt 

Um  die  Überführung  eines  7,6m  breiten 
Weges  zu  ermöglichen,   wurde  der  Mauer         ' 

luftseitig  ein  Halbviadnkt  mit  40  Gewölbeöffnungen  von  je  8,0  m  I.  W.  vorgelegt,  welcher 
dem  Bauwerk  ein  sehr  interessantes  und  malerisches  Aussehen  verleiht.  Die  Wasser- 
entnahme erfolgt  in  zwei  der  Mauer  wasserseitig  vorgelegten  Türmen,  welche  im  Grund- 

Abb.  216.     Lnftseitige  Ansicht  der  Mouche- Staumauer. 

£ w-^r«S?f..i^::^ - 


riss  ein  halbes  Zehneck  bilden.  Der  Überlauf  liegt  am  rechten  Ende  der  Staumauer 
rechtwinklig  zn  dieser  und  ist  30,0  m  lang.  Der  8,0  m  breite  Überlaufkanal  geht  durch 
das  Sperrmauerende  hindurch  und  wird  unterhalb  kaskadenförmig  in  das  Tal  geführt. 
Bei  der  Berechnung  der  Staumauer  wurde  ein  Gewicht  des  Mauerwerkes  von  2150  kg/cbm 
zugrunde  gelegt  und  das  Gewicbt  des  Halbviaduktes  als  gleichmässig  über  die  Mauer- 
länge verteilt  angenommen.  Mit  Rücksicht  auf  den  Untergrund  sind  höhere  Pressungen 
als  6,36  kg/qcm  nicht  zugelassen. 


734 


III.     Theodor  Koehk.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Eimzklheitex. 


Es  haben  sieb  im  Winter  1890/91,  wo  die  Temperatur  bis  20*  C  unter  0  herab- 
sank und  der  Wasserspiegel  6,20  m  unter  Mauerkrone  gebalten  wurde,  Bisse  von  '< 
bis  2  mm  in  der  Mitte  zwischen  je  zwei  Gruppen  Pfeilern  des  Halbviadukü 
gezeigt,  welche  in  einer  Tiefe  von  11,25  m  unter  der  Krone  verschwanden.  Bei 
steigender  Temperatur  schlössen  sich  einige  Bisse  gänzlich,  andere  verengten  sich  wesent- 
lich. Die  gradlinige  Mauer  verrückte  sich  auch  im  Grundriss  derart,  dass  die  Mitte 
sich  talaufwärts  und  die  beiden  Viertelspnnkte  sich  talabwärts  verschoben  und  zwar 
mit  einem  grössten  Ausschlag  von  im  ganzen  25  mm.  Es  ist  wohl  sicher,  dass  man  eine  Ver- 
schiebung wie  die  letztgenannte  verbindert  hätte,  wenn  man  der  Mauer  im  Grundriss  die  Form 
eines  Kreisbogens  mit  etwa  25,0  m  Pfeil  gegeben  hätte;  und  die  infolge  der  Temperatnner- 

änderungen  entstand* 


scheinlich  vermieden 
worden,  wenn  man  den 
eigentlichen  tragenden 
Mauerkörper,  von  vorn- 
herein mit  einer  Schoti- 
wand  etwa  wie  bei  der 
Queistalsperre  veneben 
hätte.  Wie  bereits  tnf 
S.724  mitgeteilt,  ist  vor 
sichtshalber  nachträg- 
lich eine  Schutzwud 
aus  armiertem  Beton 
(Abb.  211)  vor  dem 
rissig  gewordenen  Teil 
der  Mauer  aufgeführt. 
4.  Die  neuer- 
dings erbaute  Talsperre 
im  Sionleflusse, 
Departement  Pnj 
de  Dome  zuQueuillt 
bei  Clairemont"} 
(Abb.  217)  ist  insofern 
bemerkenswert,  als  du 
auf  6000  PS.  eingerich- 
tete Krafthaus  unmittelbar  an  dem  luftseitigen  Fusse  der  Sperrmauer  errichtet  wurde. 
Anf  diese  Weise  konnten  die  Länge  der  Druckrohre  auf  ein  Mindestmass  beschränkt 
werden.  Durch  zwei  Bandkanäle  mit  Überläufen  wird  das  Wasser,  welches  nicht  mehr 
im  Becken  Aufnahme  finden  kann,  abgeleitet. 

5.  Von  den  englischen  Talsperren  sei  hier  diejenige  in  Yjrnwj8*),  einem  Neben- 
fluas  des  Severn  erwähnt,  welche  in  den  Jahren  1882 — 1888  für  die  Wasserversorgung 
von  Liverpool  erbaut  wurde,  als  das  13km  östlich  von  Liverpool  liegende  Prescot- 
Sammelbecken  für  eine  Abgabe  von  100  Liter  pro  Kopf  und  Tag  nicht  mehr  rar 


Confttrortinn   de»  bsmgps   iSsnrot»   Campte  renda  du  CoDgrta  de  U  Howlk 


«)  A.  ] 
Blanche,  Gm«  1902.  1.  Vol. 

•*)  Hart,  Zicgler,  Der  Takpmenbu  1900.  Teil  U. 


§  l.  Stauwerke.     B.  Taupehken.  736 

die  Stadt  ausreichte.  Das  Vorflutgebiet  der  Talsperre  beträgt  rd.  66  qkm,  die  Regen- 
höhe im  Niederschlagsgebiet  1260 — 3010  mm.  Die  Meereahöhe  desselben  schwankt 
zwischen  251,5  and  625  m.  Der  Beckeninhalt  betragt  55000000  cbm,  die  Wasserspiegel- 
Oberfläche  4,53  qkm.  Legt  man  die  niedrigste  Ziffer  der  Regenhöhe  zugrunde,  so  ergäbe 
sich  eine  jährliche  Regenmenge  von  rd.  83000000  cbm  und  es  müssten  rd.  76°/o  davon 
abfliessen,  um  das  Becken  einmal  füllen  zu  können.  Es  ist  daher  die  Einbeziehung 
der  Gebiete  zweier,  unterhalb  der  Sperre  mündender  Nebenflüsse  durch  Wehr  und 
Stollenanlage  vorgesehen.  Taf.  LH,  Fig.  6  und  Abb.  218  zeigen  die  Ansicht  und  den 
Querschnitt  der  Staumauer.  Die  Haner  hat 
eine  Kronenlänge  von  355,0  m ,  welche  bei 
Überfüllungen  des  Beckens  ganz  als  Über- 
lauf dient. 

Das  in  1,6  km  Entfernung  von  der  Bau- 
stelle gewonnene  Bruchsteinmaterial  bestand 
aus  dunkelgrauem  Tonschiefer.  Die  Druck- 
festigkeit desselben  wurde  auf  900  kg/qcm 
festgestellt. 

Der  Mörtel  wurde  für  den  unteren  Teil  aus 
2  Teilen  Sand  und  1  Teil  Portland-Zement  mr  die  oberen 
Teile  aus  2\'i  Teile  Sand  und  1  Teil  Portland  -Zement 
hergestellt  Zum  HOrtelsand  wurde  ein  Gemisch  von 
2  Teilen  zermalmter  Bruchsteinanfalle  und  1  Teil  Fluss- 
sand  verwendet.  Ans  einer  grossen  Zahl  von  Versuchen 
hat  man  eine  Zugfestigkeit  des  verwendeten,  reinen 
Zementes  nach  einer  Erhärtung  von  7  Tagen,  davon 
6  unter  Wasser,  von  50  kg'qcm  festgestellt  Der  Horte] 
zeigte  nach  3  Wochen  S13  kg/qcm  Druckfestigkeit. 
Trotzdem  man  den  Baugrund  an  der  Sperrstelle 
sehr  sorgfältig   —   durch   18  Schachte   nnd   177 

Bohrlocher  —  untersucht  hatte,  ergab  sich  für  das  Fnndament  doch  ein  viel  grosserer 
Aushub  als  nach  den  Bodenuntersnchungen  angenommen  worden  war.  Um  alles  tose  Ge- 
stein abmrlumen,  musste  die  Baugrube  s.  T.  Ober  18  m  tief  gemacht  werden. 

Die  einlernen  Schichten  der  Mauer  sind  in  Hohen  von  1,8  bis  2,4  m  in  der  Weise  hergestellt, 
daas,  nachdem  die  Anssenfllchen  mittelst  lagerhaft  bearbeiteter  Steine  gebildet  waren,  mittelst  sieben 
auf  der  Mauer  verteilter  Dampf  krtne  die  Bruchsteine  auf  ein  5  cm  starkes  Mörtelbett  in  möglichst 
gutem  Verbände  gelegt  wurden.  Zur  Herstellung  einer  ebenen  Oberfläche  für  die  nächste  Schicht  wurden 
dann  die  Lücken  mit  Beton  ausgestampft,  in  welchem  möglichst  viel  kleine  Steine  eingedruckt  wurden. 
Der  Beton  bestand  aus  1  Teü  Zement,  3\'i  Teilen  Sand  und  5  Teilen  Steinschlag  und  zeigte  nach  Jahres- 
frist eine  Druckfestigkeit  von  500  kg/qcm.  Nach  Erhärtung  der  so  geschaffenen  Oberflache  wurde  aber- 
mals ein  Mörtelbett  von  5  cm  aufgebracht  und  die  nächste  Schicht  hergestellt.  Hit  je  einem  Kran 
konnte  ein  Aufseher  mit  einem  Mann,  welcher  die  passenden  Steine  aussuchte,  und  mit  18  Arbeitern 
täglich  durchschnittlich  80  cbm  Mauerwerk  leisten. 

Zur  Erzielung  einer  möglichst  vollkommenen  Dichtigkeit  hat  man  wasserseitig 
die  Fugen  15  cm  ausgekratzt  und  dann  mit  fettem  Zementmörtel  1 : 1  sorgfältig  ausge- 
strichen nnd  ausgedrückt.  Ferner  ist  die  Hauer  wasserseitig  bis  zur  Talsohle  mit 
einem  V/i  bis  2,0  in  starken  Tonschlag  hintentampft  Zur  Vorsicht  hat  man  weiter 
eine  grosse  Anzahl  senkrechter  quadratischer  Schichte  von  23—30  cm  Seite  von  der 
Gründungssobie  bis  aber  die  Talsohle  emporgeführt  und  sie  in  einen  Kanal  von  0,76  m 
Breite  und  1,20  m  Höhe  münden  lassen,  aus  welchem  etwa  aufsteigendes  Wasser  in 
Stichkanälen  nach  der  Luftaeite  abfliessen  kann.  Aus  der  Vyrnwysperre  wird  das  Wasser 
in  einer  100  km  langen  Leitung  dem  alten  Becken  zugeführt.  Die  Kosten  der  Sperr- 
mauer sollen  etwa  10  Millionen  Hark  betragen  haben. 


736  HL     Thbodob  Koehx.     Ausbau  vom  Wasserkräften.     Ectzelheitex. 

6.  Von  den  amerikanischen  Talsperren  mögen  hier  noch  diejenigen  im  Croton- 
gebiete  erwähnt  werden,  welche  für  die  Wasserversorgung  der  Stadt  New-York 
bestimmt  sind*9). 

Der  Croton  ist  ein  kleiner  Nebenfluss  des  Hudson.  Schon  ror  mehr  als  60  Jahren 
wurde  ein  Damm  aas  Stein  und  Holz  mit  einer  Kronenl&nge  ron  84,0  m  and  einer 
Höhe  von  15,0  m  im  Croton  erbaut,  welcher  ein  Becken  von  7500000  cbm  Inhalt  bei 

Abb.  219.     LagepUn  des  New  Croton- Stauwerkes.     ErUat  1892-    »5. 


2,4  qkm  Oberfläche  schuf.  In  einem  65  km  langen,  überwölbten  Viadukt  wnrde  du 
Wasser  nach  New- York  geführt.  Als  diese  Anlage  für  den  wachsenden  Bedarf  nicht 
mehr  ausreichte,  projektierte  man  eine  Anzahl  weiterer  Becken  and  einen  neuen  grossen 
Aquädukt.  Letzterer  ist  bereits  im  Jahre  1891  dem  Betriebe  übergeben  worden,  ans 
dem  Übersichtsplan  erkennt  man  die  Lage  der  Becken  und  in  nachstehender  Zahlentafel 
sind  die  Beckeninbalte  und  die  Niederschlagsgebiete  angegeben. 


»*)  Vcrgl.  ZeitäCb'.  lies  HennoveracheD  Arch.-  und  Ing.-Ver.  1899.  Heft  2;  P.  Ziegler,  D*r 
Tslsperrenban.  11.  Teil.  S.  46;  A.  Dumas,  Constrnctioiis  des  Barrages-IUservoire.  Compt«  rendn  d« 
travRui  da  congree  de  In  Hoaille  Blanche.  I.  Volume.  S.  257. 


§  1.                                           Stauwerke.    B.  Talsperren.  737 

Bezeichnung  der  Stau-  and  Verteilung«-  Gesamtinhalt  Niederschlags-      Niederschlagsgebiet  auf 

hecken  Mill.  chm  gebiet  in  qkm     1  MilL  cbm  Inhalt  in  qkm 

I.  Staubecken. 

A.  Amawalkbeckena.Muscootfluss  26,5  47,63  2 

B.  New-Crotonbecken  121,0  349,00  3 

D.  Carmelbecken  34,0  50,72  1,5 

E.  Boyds-Cornerbecken  10,3  55,72  rd.5 
G.  Middlebranchbecken  22,0  53,33  rd.2,5 
J.  Eastbranch-  (Sodom-  und  Bog- 

Brook-JBecken  34,2  200,00  6 

M.  Titicusbecken  27,1  59,28  2 

N.  Becken  N.  —  76,62  — 

0.  Becken  0.  —  45,00  — 

II.  Verteilnngsbecken  bei 
New-York. 

Im  Jeromepark  5,7  —  — 

Im  Centralpark  3,8  —  — 


Zusammen  284,6  937,30  — 

Abb.  220.    Übersichtskarte  der  Staubecken  im  Croton-Gebiet  zur  Wasserversorgung  von  New-York. 


Die  jährlichen  Regenhöhen  haben  während  der  Beobachtungszeit  von  1870  bis 
1894  zwischen  960  bis  1400  mm  geschwankt,  während  die  Abflnsshöhen  zwischen  37% 
und  63%  der  Regenhöhen  lagen. 

Von  den  Becken  der  Zahlentafel  möge  hier  kurz  nur  das  neue  Croton-Stau- 
werk  bei  Cornells-site  beschrieben  werden. 

Dasselbe  liegt  5  km  oberhalb  der  Mündung  in  den  Hudson  und  5,4  km  unterhalb 
des  alten  Crotonwehres  (Abb.  219  und  220).  Das  Niederschlagsgebiet  der  neuen  Sperre 
beträgt  349  qkm  und  einschliesslich  derjenigen  der  Becken  N  und  O  rd.  470  qkm,  die 
Beckenoberfläche  13,6  qkm,  der  Gesamtinhalt  121000000  cbm,  wovon  auf  das  alte 
Crotonbecken  rd.  7500000,  auf  das  sogen.  Muscootbecken  rd,  9500000  cbm  entfallen. 
Der  Muscootdamm  wurde  geplant,  um  die  Schwankungen  des  Wasserspiegels  im  oberen 
Beckenteil,  welche  gesundheitsnachteilige  Folgen  befürchten  Hessen,  einzuschränken.  Da 
die  Entnahmeöffnung  des  neuen  Aquädukts  (vergl.  den  Übersichtsplan  Abb.  220,  —  auf  dem 
Lageplan,  Abb.  219,  ist  dieselbe  nicht  sichtbar)  auf  +  42,7  gelegt  werden  musste  und 
zwar  mit  Rücksicht  auf  die  Höhenlage  des  Sammelbeckens  im  Jeromepark  von  New-York 
(+  40,11),  während  die  Talsohle  an  der  Mauer  auf  +  18,28  liegt,  so  bleiben  nur  ca. 
100  Millionen  nutzbarer  Inhalt  für  die  Ableitung  nach  New-York  verfügbar.    Die  übrigen 

Haadbaak  der  Ing.-WissenMb.    m.  TeiL    IS.  Bd.  47 


738 


m.     Theodor  Koeiin.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzei^rtten. 


21000000  cbm   könnton  für  andere  Zwecke,  nicht  aber  für  die  Wasserversorgung  New- 
Yorks,  Verwendung  finden.    Durch  zahlreiche  Bohrungen  und  Schürflöcher  war  festge- 
stellt,  dass  der  am  rechten  Ufer  bis  zu  90,0  in  Höhe  steil  an- 
steigende Gneisfelsen  in  der  Mitte  des  Flussbettes  unvermittelt 
in   Kalkstein   übergeht   und   dass   am   linken   Ufer   der   felsige 
Untergrund  mit  einer  21,0  m  tiefen  Schicht  von  Sand,  Kies  und 
Geröll  bedeckt  war.    Erst  in  Höhe  des  geplanten  Wasserspiegels 
(-j-  59,74)   nähert   sich  der  Felsen   bier  wieder  bis  auf  6,0  m 
der  Oberfläche  des  Hanges.    Die  Talbreite  in  Höhe  des  geplanten 
Wasserspiegels  beträgt  400,0  m.    Das  ganze  Stauwerk  ist  nun 
derartig  hergestellt,   dass  am  rechten  Ufer   eine  185,0  m  lange 
Staumauer    errichtet   wurde,    an   welche    sich    links  ein    nicht 
er      ganz  ebenso  langer  Erddamm  mit  einem  Kerne  aus  Hauerwerk 
^     (Abb.  222)  anscbtiesst.    An  die  rechtsseitige  Staumauer  schliesst 

Abb.  222.     Querschnitt  durch  den  New  ('rotou- Erddamm. 


0  sich  die  Mauer  des  seitlichen  Überlaufs  an  in  einer  Lange 
|  von  etwa  300,0  m.  Die  Sohle  des  Überlauf kanals  fallt  kas- 
?  kadenförmig  ab.  Er  ist  am  oberen  Ende  15  m  breit  und  3,0  m 
»  tief  und  im  Zuge  der  Sperrmauer  bereits  40,0  m  breit  und 
%  45,0  m  tief.  Der  auf  diese  Weise  an  der  Sperrmauer  entstandene 
ST  Absturz  im  ÜberlaufkanaJ  ist  mittelst  einer  eisernen  Brücke  über- 
spannt, welche  den  rechtsseitigen  Hang  mit  der  Sperrmauer 
verbindet. 

Die  Krone  der  Sperrmauer  liegt  auf  +  64,00,  diejenige 
des  Sperrdammes  auf  -f"  67,05,  diejenige  des  Überlaufs  auf 
-j-  57,74.  Auf  diese  Weise  ist  eine  Überflutung  des 
Sperrdammes  g>anz  ausgeschlossen.  Durch  zeitweilige 
Dämme  und  eine  Steinmauer  wurde  der  Crotonfluss  während 
der  Bauausführung  an  die  rechte  Seite  des  Tales  gedrängt  und 
dort  in  einem  in  den  Felsen  eingearbeiteten  Kanal  abgeleitet. 
Dieser  Kanal  war  so  gross,  dass  er  das  grösste  bekannte  Hoch- 
wasser des  Croton  von  425  cbm/sek.  abzuführen  vermochte. 

Der  oberhalb  des  Muscoot-Dammes  liegende  Beckenteil  kann  durch  Schätzen* 
verschlusse   ganz   in  das  unterhalb  liegende  Becken  entleert  werden,  ebenso  das  alte 


§  i.  Stauwerke.    B.  Talsperren.  739 

Crotonbecken  in  dasjenige  des  nenen  Dammes.  Der  alte  Croton  -  Aquädukt  wurde 
höher  am  Anhang  hinauf  verlegt  Dem  im  linksseitigen  Damme  angelegten  Schieberturm 
wird  das  Wasser  mittelst  dreier  Stollen  zugeführt,  deren  Mündungen  im  Beckeninnern 
auf  +  21,33,  +  51,0  und  +  56,70  liegen.  Da  die  Sohle  des  alten  Aquäduktes  in  der  Nähe 
der  neuen  Sperre  etwa  auf  -j-  46,50  liegt ,  so  kann  derselbe  aus  dem  neuen  Croton- 
becken nur  bei  höheren  Wasserständen  gespeist  werden.  Die  Fundamentsohle  der  Mauer 
liegt  auf  —  8,53,  die  Krone  der  Mauer  auf  +  64,0,  es  beträgt  also  die  Gesamt- 
höhe der  Mauer  72,53  m  und  sie  gehört  zu  den  höchsten  der  bisher  ausge- 
führten Staumauern.  Bei  der  Berechnung  ist  ein  Gewicht  des  Mauerwerkes  von 
2340  kg  und  ein  Wasserdruck  in  der  ganzen  Höhe  der  Mauer  bis  zur  Fun- 
damentsohle zugrunde  gelegt.  Unter  dieser  Annahme  ergaben  sich  Kantenpressungen 
von  14  bis  16  kg/qcm.  Die  Drucklinie  bleibt  aber  sowohl  bei  leerem  als  bei  gefülltem 
Becken  innerhalb  des  inneren  Drittels  der  Druckfuge  und  die  Drucklinie  schliesst  mit 
der  Lotrechten  in  keiner  Fuge  einen  grösseren  Winkel  als  35°  ein. 

n)  Zerstörte  Talsperren.  So  lehrreich  auch  das  Studium  der  Ursachen  ist, 
welche  den  Bruch  von  Talsperren  herbeigeführt  haben,  so  würde  es  hier  doch  zu  weit 
führen,  wenn  man  diese  Ursachen  bei  einer  grösseren  Anzahl  von  Beispielen  einer  ein- 
gehenderen Besprechung  unterziehen  wollte.  Es  soll  deshalb  hier  nur  auf  einige  Bei- 
spiele kurz  hingewiesen  werden. 

1.  Die  alte  Puentes  Sperre  (Murcia,  Südspanien) M)  wurde  in  den  Jahren  1785 
bis  91  in  Bruchsteinen  mit  Werksteinverblendung  in  einem  engen  Felsentale  unterhalb 
der  Vereinigung  der  Bäche  Velez,  Turilla  und  Luchena  zum  Guadalantinfluss 
erbaut.  Die  Kronenlänge  der  Mauer  betrug  einschliesslich  der  beiden  ungleich  langen 
Flügel  282,0  m,  die  grösste  Höhe  50,0  m.  In  der  Sohle  verengte  sich  die  Felsschlucht 
auf  ca.  20,0  m.  Da  die  Flussohle  mit  eiuer  sehr  tiefen  Schicht  von  Gerolle  und  Sand 
bedeckt  war  und  der  Felsen  wegen  der  Schwierigkeit  der  Wasserhaltung  nach  damaligen 
Begriffen  nicht  erreichbar  schien,  glaubte  man  sich  mit  einem  Pfahlrost  als  Fundament 
begnügen  zu  können,  nachdem  man  das  Gerolle  und  den  Sand  bis  zu  einer  Tiefe  von 
7,50  m  unter  der  Flussohle  ausgehoben  hatte.  Die  Pfahle  waren  nur  6,7  m  lang  und 
ihre  Köpfe  wurden  durch  Holme  in  Richtung  der  Talsohle  und  durch  rechtwinklig  dazu 
gerichtete  Riegel  verbunden  und  in  eine  2,5  m  starke  Mauerplatte  eingebettet.  Die  Dicke 
der  Sperrmauer  betrug  in  der  Sohle  46,0  m,  die  Höhe  über  dem  Pfahlrost  50,06  m.  Der 
Pfahlrost  erstreckte  sich  nicht  nur  unterhalb  der  eigentlichen  Mauer,  sondern  als  Fun- 
dament für  das  Sturzbett  des  Spül-  und  Entnahmekanals  noch  etwa  40,0  m  talwärts. 
Der  Spül-  und  Entnahmekanal  hatte  in  der  Mauer  eine  Höhe  von  7,53  m  und  6,70  m 
lichte  Weite.  Am  30.  April  1802  wurden  bei  einem  Wasserspiegel  von  47,0  m  über 
Tundamentsoble  der  ganze  Pfahlrost  an  dem  Spül-  und  Entnahmekanal  und 
eine  torartige  Mauerbresche  aus  dem  unteren  Teil  der  Mauer  wie  ein  Pfropfen 
herausgerissen.  Die  52  Millionen  cbm  des  Beckeninhaltes  sollen  binnen  einer  Stunde 
abgelaufen  sein.  Nach  einem  offiziellen  Bericht  kamen  680  Menschen  um,  und  es  wurden 
809  Häuser  zerstört.  Namentlich  die  11  km  unterhalb  der  Mauer  liegende  Stadt  Lorca 
soll  stark  gelitten  haben.  Erst  in  den  sechziger  Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts  ist  die 
Mauer  wieder  hergestellt  und  nunmehr  bis  auf  den  Felsen  fundiert.  Hier  war  also  die 
unzureichende  Fundierung  die  Ursache  des  Bruches. 

2.  Die  Habrasperre  in  Algier.     Einer  Genossenschaft  war  von  der  franzö- 


86)  P.  Ziegler,  Talsperrenbau.  Teil  II.  S.  91. 

47* 


740         HL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

sischen  Regierung  ein  bebaubares  Gelände  von  240  qkm  im  Habratale  unter  der  Be- 
dingung überlassen,  dieses  Land  und  noch  weitere  120  qkm  dem  Staate  gehöriges  Land 
mit  Sperrenwasser  für  Bewässerungszwecke  zu  versorgen.    Der  Habrafluss  hat  ein  Nieder- 
schlagsgebiet von  rund   8000  qkm,   liefert   aber   infolge   der  ungünstigen  klimatischen 
und   Boden- Verhaltnisse    nur   eine   jährliche    Abflussmenge    von    durchschnittlich  108 
Millionen  cbm.    Die  sekundliche  Abflussmenge  schwankt  zwischen  0,5  und  700  cbm  und 
mehr.    Die  Hochfluten  treten  plötzlich  ein.    Auf  30  Millionen  cbm  wurde  der  Becken- 
inhalt  der  Staumauer  bemessen  und  mit  den  Erdarbeiten  im  Jahre  1865  begonnen.    Die 
325,0  m  lange  annähernd  geradlinige  Mauer  hatte  von  der  Fundamentsohle  bis  zur  Krone 
eine  Höhe  von  33,60  ni.  Die  Krone  des  seitlichen  Überlaufe  lag  1,60  m  unter  der  Krone  der 
Sperrmauer.    In  der  Krone  betrug  die  Dicke  der  Mauer  4,30  m,  in  der  Sohle  26,03  m.    Der 
seitliche  Überlauf  war  nur  auf  437  cbm/sek.  berechnet   Am  30.  März  1872  brachte  eine 
Hochflut  aber  so  viel  Wasser ,  dass  einschliesslich  des  durch  die  Entnahmeöffnungen  ab- 
strömenden Wassers  etwa  700  cbm/sek.  abgestürzt  sein  müssen.   Infolgedessen  wurde  der 
Überlauf  zerstört  und  es  sind  schätzungsweise  durch  die  Bresche  5600  cbm/sek.  abgeflossen. 
Trotz  dieser  Erfahrung  legte  man  bei  der  Wiederherstellung  der  Überlaufmauer  die  Krone 
derselben  nicht  tiefer  als  bisher,  sondern  wiederum  1,60  m  unter  dem  äusserst  zulässigen 
Stau.    Bei  einem  Hochwasser  am  16.  Dezember  1881   klappte  die  Mauer  auf 
rund  140,0  m  Länge  und   18,0  m  Tiefe  mit  einer  von  der  Wasserseite  nach 
der  Luftseite  hin  schräg  abfallenden  Fuge   um   und   schwemmte   das  Dorf 
Perregaux,  welches  unterhalb  der  Mauer  lag,  hinweg.    Es  sollen  der  Katastrophe 
400  Menschenleben  zum  Opfer  gefallen  sein.    Als  Ursachen  werden  die  Verwendung  eines 
schlechten  hydraulischen  Kalkmörtels  und  die  ungünstige  Profilierung  der  Mauer  ange- 
sehen.   Infolge  der  letzteren  sind  an  der  wasserseitigen  Bruchfuge  Zugspannungen  bei 
Berechnung  nach  der  Bouvierschen  Methode  (S.  742)  von  1  kg/qcm  entstanden.    Sobald 
sich  infolge  dieser  Zugspannungen  eine  Fuge  gebildet  hatte,  muss  der  Auftrieb  zur 
Wirkung  gekommen  sein,  wodurch  dann  die  Drucklinie  noch  mehr  nach  der  Luft- 
seite zu  verschoben  und  die  Katastrophe  herbeigeführt  wurde.    Hinzugekommen  mag  sein, 
dass  infolge  der  an  der  rechten  Talwand  eingetretenen  starken  Durchsickerungen  der 
Felsen  selbst  angegriffen  und  zunächst  eine  Lockerung  und  schliesslich  ein  Nachgeben 
der  Mauer  in  der  Gründungsfläche  verursacht  worden  war.    In  den  Jahren  1883  bis  87 
ist  die  Mauer  wieder  hergestellt  worden. 

3.  Die  Sperrmauer  von  Bouzey  war  bestimmt  für  die  Speisung  des  Ostkanals, 
welcher  das  Maasbecken  mit  der  Saöne  verbindet.  Die  Sperrmauer  schloss  den 
Avierebach,  ein  Nebenflüsseben  der  Mosel,  2  km  unterhalb  der  Quellen  ab  und  bildete 
ein  Staubecken  von  7  Millionen  cbm  Inhalt,  dessen  Speisung  von  einem  bei  Saint  ßtienne- 
Remiremont  in  der  Mosel  liegenden  Stauwehr  aus  erfolgte.  Der  Speisungskanal  hatte 
eine  Länge  von  42,87  km.  Die  Stauhöhe  der  Mauer  oberhalb  der  Sohle  des  Enfr- 
leerungskanals  betrug  15,0  m,  während  die  grösste  Höhe  der  Mauer  selber  23,7  m  war. 
Die  Grundrissform  war  gradlinig  und  die  sichtbare  Kronenlänge  betrug  432  m,  die 
Kronenlänge  bis  zum  Anschluss  an  den  Felsen  520  m.  Das  Mauerwerk  bestand  aus 
gesundem  Sandbruchstein  in  Wasserkalkmörtel  von  Theil  mit  Quarzsand  (350  1  Kalk  auf 
900 1  Sand).  Die  Mauer  ist  auf  Buntsandstein  gegründet,  welcher  in  den 
oberen  Schichten  weich,  klüftig  und  wasserdurchlässig  und  von  zahlreichen 
Toneinlagerungen  durchsetzt  war.  Gleich  nach  ihrer  Vollendung  im  Jahre  1881 
zeigte  die  Mauer  2  Temperaturrisse,  welche  von  oben  in  der  Krone  beginnend  lotrecht 
tief  herabgingen  und  welche  wegen  der  entstehenden  Wasserverluste  mit  Holzkeilen  und 
Teerstricken  gedichtet  wurden.    Als  am  15.  März  1884  der  Stau  sich  bis  auf  2,7  m 


§  1.  Stauwerks.    B.  Talsferren.  741 

dem  höchst  zulässigen  näherte,  bauchte  die  Mauer  auf  der  Sohle  gleitend 
auf  135,0  m  Länge  des  mittleren  Teiles  0,28  m  aus.  Infolgedessen  entstanden  an 
den  Enden  dieser  Ausbauchungen  je  weitere  3  Risse.  Diese  Risse  wurden  gleichfalls 
wie  oben  geschildert  gedichtet  und  erst  in  den  Jahren  1888—89  schritt  man  dazu,  das 
weitere  Gleiten  der  Mauer  durch  ein  Strebenmauerwerk  zu  verhindern.  Letzteres 
wurde  luftseitig  treppenförmig  in  die  alte  Mauer  eingebunden  und  soll, 
da  eine  innige  Verbindung  nicht  erzielt  wurde,  vielmehr  durch  das  Aus- 
stemmen der  Treppen  eine  Schwächung  der  alten  Mauer  eintrat,  die  Kata- 
strophe mit  verursacht  haben.  Am  24.  April  1895  war  die  Mauer  noch 
von  dem  Ingenieur  M.  Hausser  besichtigt,  ohne  dass  derselbe  etwas  Ver- 
dächtiges fand.  Am  27.  April  5  Uhr  früh  machte  der  Wärter,  welcher  zu- 
fällig gerettet  wurde,  seinen  letzten  Rundgang  und  eine  halbe  Stunde  später 
bei  einem  Stau  von  0,6  m  unter  der  Mauerkrone  klappte  die  Mauer  auf 
171,0  m  Länge  und  12,0  m  Höhe  in  einem  Stücke  um.  90  Menschen  kamen  ums 
Leben.  Die  Untersuchungskommission,  deren  Spruch  sich  der  conseil  g6n6ral  des  ponts 
et  chaussees  in  der  Sitzung  vom  31.  Juli  1895  anschloss,  kam  zu  dem  Schluss,  dass 
das  Mauerwerk  Zugspannungen  ausgesetzt  gewesen  sei  und  dass  infolge  dieser  Zug- 
spannungen von  im  Mittel  0,565  kg/qcm  und  von  höchstens  1,13  kg/qcm  an  der  Bruchfuge 
eine  wagerechte  Fuge  entstanden  sei  und  der  hier  wirkende  Auftrieb  dann  den  Ein- 
sturz veranlasst  habe. 

o)  Die  statische  Berechnung  der  Talsperren«  Bezüglich  der  statischen  Berech- 
nung der  Talsperren  kann  im  wesentlichen  auf  das  verwiesen  werden,  was  im  Abschnitt  A 
dieses  §  Seite  661 — 671  mitgeteilt  ist.  Man  betrachtet  einen  Ausschnitt  der  Sperr- 
mauer von  1,0  m  Länge,  wobei  sowohl  die  Eohäsion  in  den  ideellen  Schnittfugen  des  Aus- 
schnittes unberücksichtigt  bleibt  als  auch  die  Gewölbewirkung  bei  im  Grqndriss  ge- 
krümmten Mauern.   In  letzter  Beziehung  sei  indessen  auf  die  Bemerkung  S.  712  verwiesen. 

Intze  hat  bei  seinen  Berechnungen  meist  einen  bis  zur  Mauerkrone  reichen- 
den Stauspiegel  zugrunde  gelegt,  auch  wenn  durch  Überläufe  Sorge  getragen  werden 
sollte,  dass  der  höchste  Stau  niemals  die  Krone  erreichen  könne. 

Als  zulässige  Kantenpressung  wurde  auf  dem  V.  BinnenschifFahrtskongress  12  kg/qcm 
als  unbedenklich  bezeichnet.  Intze  hat  bei  festem  Gestein  auch  12  kg  in  Mauerwerk 
zugelassen,  wobei  er,  wie  erwähnt,  den  Stauspiegel  in  gleicher  Höhe  mit  der  Mauerkrone 
und  den  Wasserdruck  auf  der  ganzen  Höhe  zwischen  Sohle  und  Krone  wirksam  annahm, 
ferner  das  Gewicht  der  Hinterfüllungserde  unter  Wasser  mit  800  kg/cbm  und  den 
Reibungswinkel  zwischen  Anschüttung  und  Mauer,  ebenso  wie  den  Böschungswinkel  mit 
20°  in  Rechnung  setzte. 

Bei  Betonmauern  unter  Verwendung  von  einem  Zusatz  von  Portlandzement  sind 
in  Frankreich  als  grösste  Kantenpressungen  meist  10  kg/qcm  angenommen.  Bei  der 
Staumauer  der  Anlage  Avignonnet  wurde  die  grösste  zulässige  Kantenpressung  für 
Beton  indessen  nur  mit  6  kg/qcm  zugrunde  gelegt.  Guillemain  betrachtet  als  zu- 
lässige Pressung  für  Beton  nur  3—4  kg/qcm.  Für  gewöhnliches  Kalkbruchstein-Mauer- 
werk mit  hydraulischem  Mörtel  legt  man  meistens  nur  5  kg  und  für  gutes  Kalkbruch- 
stein-Mauerwerk mit  gutem  hydraulischen  Mörtel  8  kg/qcm  als  zulässig  zugrunde. 

Die  Untersuchung  hat  sich  zu  erstrecken  auf  die  Fragen: 

a)  Ob  das  Stabilitätsmoment  grösser  als  das  Umsturzmoment  bei  vollem  Becken  ist; 

b)  ob  bei  vollem  Becken  in  keiner  wagerechten  Fuge  und  besonders  in  der  Grund- 
fuge ein  Abscheren  oder  ein  Gleiten  eintreten  kann* 


742         HL    Theodor  Koehn.    Ausbau  vo*  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

c)  ob  in  keiner  Fuge  die  zulässigen  Kantenpressungen  überschritten  werden  und 
zwar  a)  bei  leerem,  ß)  bei  vollem  Becken. 

Was  die  Untersuchungen  ad  a)  und  b)  betrifft,  so  ist  alles  erforderliche  bereits 
im  Abschnitt  A  dieses  §  Seite  661—671  gesagt 

Bezüglich  der  Untersuchung  auf  Abscheren  und  Gleiten  sei  noch  bemerkt,  das» 

man  auch  die  Kohäsion  %  des  Mauerwerks  in  der  Gleitfuge,    welche  S^0,8kg/qcm  oder 

~  8  t  pro  qm  gesetzt  werden  kann,  meist  vernachlässigt  Es  wird  also  die  Ungleichung 

h1 
y-^-<;N.f4-*-b,  worin  N  die  Summe  der  Vertikalkrafte  auf  die  Fuge,  f  den  Reibung»- 

koeffizienten  und  b  die  Breite  der  Fuge  bedeuten,  erfüllt  sein  müssen.  Unter  Annahme  von 

h2 
%  =  0  muss  y  -9"  <  0,75  N  sein. 

Wenn  man  selbst  bei  dieser  Annahme  ausserdem  noch  doppelte  Sicherheit  haben  will, 

h* 
so  würde  /-^-<C0,375N  werden  müssen,  oder  mit  anderen  Worten,  der  Winkel,  welchen  die 

Resultierende  aller  Kräfte  R  in  einer  Fuge  mit  der  Lotrechten  zu  dieser  Fuge  einschliesst, 
darf  nicht  grösser  sein  als  etwa  20  °.    In  der  Regel  wird  man  die  Forderung,  dass  der 

Winkel  ß  nicht  grösser  sei  als  20°  nur  für  die 
Abb.  228.  Grundfuge  stellen,  für  die  Fugen  im  Mauerwerk  aber 

bei  Vernachlässigung   der   Kohäsion    den  Winkel  ß 

bis  35°  zulassen  können. 

Bei  der  Untersuchung  auf  Kanten  und  Ab- 
scheren, sowie  bei  Ermittlung  der  grössten  Kanten- 
pressung bei  vollem  Becken  halten  manche  Autoren 
es  für  nötig,  noch  einen  Auftrieb  in  den  Fugen  an- 
zunehmen. Die  Annahme,  welche  Intze  auf  be- 
sonderen Wunsch  der  Behörden  bei  der  Marklissa- 
Sperre  gemacht  hat  (S.  596  u.  662),  wonach  in  jeder 
Fuge  der  volle  Wasserdruck  als  Auftrieb  über  die 
ganze  Fuge  gleichmässig  verteilt  und  mit  y  h .  b  in 
dem  Mittelpunkt  (Schwerpunkt)  der  horizontalen  Fuge  angreifend  in  Rechnung  gestellt 
wurde,  geht  wohl  etwas  zu  weit  und  führt  zu  Aufwendungen  für  Mauermassen,  welche 
entbehrlich  erscheinen.  Dagegen  lässt  sich  die  F  echt  sehe  Annahme  (S.  662)  wohl 
rechtfertigen,  wonach  bei  den  Untersuchungen  für  das  volle  Becken  ein  Auftrieb  ange- 
nommen wird,  welcher  ron  der  vollen  Druckhöhe  wasserseitig  bis  auf  0  luftseitig  linear 
abnimmt97).  Bouvier  hat  gelegentlich  eines  Antrages  der  Interessenten,  den  Stauspiegel 
der  Talsperre  von  Ternay  um  1,65  m  zu  erhöhen,  vorgeschlagen  und  begründet88),  die 
Kantenpressungen  bei  vollem  Becken  nach  Abb.  223  zu  ermitteln.  Diese  Art  der  Berech- 
nung ist  in  Frankreich  durch  das  Circulaire  Ministerielle  du  15  Juin  1897  (In- 
structions pour  la  Revision  des  Conditions  de  Stabilite  des  Barrages  Reservoirs)  vorge- 
schrieben. Bouvier  stellt  nicht  die  horizontale  Fuge  nt  ns  und  die  normale  Kom- 
ponente N  der  resultierenden  R,  sondern  letztere  selbst  in  der  vom  Punkte  nt  ausgehen- 
den, lotrecht  zu  R  stehenden  Projektion  der  Horizontalfuge  in  Rechnung.  Bei  der  Ge- 
wichtsberechnung wird  das  schraffierte  Dreieck  vernachlässigt  und  ebenso  der  auf  n,  n'9 


87)  Wegen  der  von  Lieckfeld  für  den  Auftrieb  vorgeschlagenen  Annahmen  vergl.  Zentralbl. 
der  Banverw.  1898.  S.  105  u.  ff. 

88)  Ann.  des  ponts  et  chanasees.  1875. 


§  l.  Stauwerke.    B.  Talsperren.  743 

wirkende  Wasserdruck.  Es  wird  also  in  den  Formeln  53  u.  54  S.  664  für  u  zu  setzen 
sein  u'  =  u .  cos  ß,  für  b  zu  setzen  sein  b'  =  b .  cos  ß  und  für  N  zu  setzen  sein  R, 
sodass  Formel  (53)  dann  lauten  würde,  wenn  man  a  =  1  setzt : 


n.  =i -12 r-    ™d  die  Formel  (54)  n«=r ~  -r 1  - 

1       b .  cos  ß  L  b  J  v     '     *      b  cos  ß  L  b  J 

Das  oben  erwähnte  französische  ministerielle  Zirkular  vom  15.  Juni  1897  schreibt 
unter  anderem  weiter  vor,  dass  das  Gewicht  des  verwendeten  Steinmaterials  pro  cbm 
durch  Wiegen  verschiedener  Steine  genau  festzustellen  ist  und  dass  man  für  die  An- 
nahme des  Mauergewichtes  pro  cbm  mangels  anderer  besserer  Anhaltspunkte  den  Anteil 
des  Mörtels  mit  40%  in  Rechnung  zu  stellen  habe.  Das  so  festgestellte  Gewicht  ist 
bei  der  Untersuchung  für  das  leere  Becken  in  Rechnung  zu  stellen;  dagegen  ist  das 
Gewicht  bei  den  Untersuchungen  für  das  volle  Becken  um  100  kg  zu 
verringern,  („afin  de  tenir  compte  reffet  nuisible  que  peuvent  produire  les  eaux  qui 
s'infiltrent  dans  la  mafonnerie  et  viennent  suinter  sur  le  parement  aval"). 

Bezüglich  des  Wasserspiegels  sind  die  ungünstigsten  Annahmen  zu  machen,  welche 
bei  Eintritt  von  Hochwasser  denkbar  erscheinen.  Ferner  ist  gesagt  ad  7:  „On  se  rendra 
ägalement  compte  de  Fimportance  des  vagues  qui  peuvent  se  former  k  la  surface  du 
r&ervoir.  On  admettra  que  ces  vagues  sont  susceptibles  de  produire  un  effet  statique 
equivalent  ä  une  surelävation  de  la  retenue  normale  6gale  k  la  moiti6  de  leur  creux 
(diffärence  de  niveau  entre  le  sommet  et  le  fond  de  la  vague)." 

Bezüglich  der  Untersuchungen  auf  Gleiten  oder  Abscheren  ist  bestimmt:  „On  se 
rendra  compte  du  danger  de  glissement  sur  les  joints  horizontaux,  en  calculant  la  tan- 
gente  de  Tangle  que  la  resultante  des  forces  fait  avec  la  verticale." 

Es  sind  dann  Formeln  für  die  Berechnung  angegeben,  welche  von  den  oben  mit- 
geteilten nicht  erheblich  abweichen.  Ferner  ist  aber  ad  13  gesagt:  „Les  ingänieurs 
auront  ä  employer  parallelement  tels  autres  procädes  de  calcul  qu'ils  jugeront  utiles. 

Leur  attention  est  appeläe  sur  l'inter6t  que  präsente  Petude  du  glissement  sur 
les  joints  obliques  d'apres  la  m6thode  de  calcul  indiquäe  par  M.  Maurice  L6vy  dans 
sa  communication  du  5  aoüt  1895  ä  l'Acad&nie  des  sciences." 

Zum  Schluss  ist  dann  unter  der  Überschrift  „Cas  particuliers"  noch  folgendes 
mitgeteilt: 

„Les  formules  qui  precfedent  supposent  que  Ton  n'a  pas  d'autre  sous-pression  ä 
craindre  que  celle  que  peuvent  produire  les  eaux  qui  s'infiltrent  dans  la  ma$onnerie  et 
viennent  suinter  sur  le  parement  aval,  et,  s'il  en  etait.  autrement,  on  aurait  ä  tenir 
compte  des  sous-pressions  speciales  qui  seraient  susceptibles  de  se  produire.  Si,  par 
exemple,  le  sol  de  fondation  etait  permeable,  l'eau  en  mouvement  qui  le  traverserait 
exercerait  sur  la  base  du  barrage  une  sous-pression  qui  ne  changerait  pas  le  travail 
de  la  ma$onnerie  dans  le  massif  du  barrage,  mais  qui  modifierait  l'effort  transmis  par 
ce  massif  au  sol  de  fondation,  et  on  aurait  k  tenir  compte  de  cette  sous-pression  pour 
determiner  les  efforts  Supportes  par  le  sol  de  fondation  et  s'assurer  que  le  barrage  n'est 
pas  exposeä  glisser  sur  ce  sol.a 

In  der  Regel  wird  die  Untersuchung  von  Staumauern  auf  grapho-statischem  Wege 
durchgeführt  werden.  Abb.  224  zeigt  die  grapho-statische  Untersuchung  der  Urft-Sperr- 
mauer,  bei  welcher  ein  Auftrieb  nicht  in  Rechnung  gestellt  wurde. 

Bei  der  Gewichtsberechnung  der  einzelnen  Mauerlamellen  lässt  man  das  Verblend- 
Mauerwerk  an  der  Wasserseite,  ebenso  die  Schutzmauern  ausser  Betracht  Die  Wasser- 
drücke und  die  Erddrücke  werden  in  der  auf  den  Seiten  661 — 671  beschriebenen  Weise 


744  IIL     Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

berechnet  und  nach  Grösse  und  Richtung  dargestellt,  indem  man  gebogene  Linien  der 
wasserseitigen  Maoerfläche  durch  ein  gradliniges  Vieleck  ersetzt  und  die  Druckflächen 


f 


des  Wassers  and  des  Erddrnckes  auf  das  Gewicht  des  Mauerwerkes  reduziert.    Um  die 
Rechnung  zu  erleichtern,  ist  es  zweckmässig  die  einzelnen  MauerlameHen  von  gleicher 


§  l.  Staüwrbkr.    B.  Talsperren.  745 

• 

Höhe  zu  wählen.  Als  ein  passender  Masstab  empfiehlt  sich  für  den  Querschnitt  der 
Mauer  1 :  100  und  als  Kräftemasstäbe  1  mm  =  1  cbm  Mauerwerk  zu  wählen.  Die  Kräfte 
des  Mauergewichtes  greifen  im  Schwerpunkt  des  Querschnittes  der  entsprechenden  Mauer- 
lamellen an,  die  Wasserdrücke  in  den  Schwerpunkten  der  Druckfiguren,  die  Erddrücke 
an  denjenigen  Stellen  der  Mauerfläche,  wo  die  Horizontalprojektionen  der  Schwerpunkte 
der  Erddruckfiguren  die  Mauerfläche  schneiden.  Alle  Wasserdrücke  werden  als  lotrecht 
zur  Mauer  fläche  gerichtet,  die  Erddrücke  unter  Wasser  als  unter  dem  ^Cy  =  20°,  die 
Erddrücke  bei  leerem  Becken  unter  dem  ^<p  =  33°  gegen  die  Lotrechte  zur  Mauer- 
fläche gerichtet  (Abb.  188,  S.  668)  angenommen.  Intze  hat  allerdings  bei  den  Unter- 
suchungen der  Sperrmauern  an  der  Urft  und  am  Queis,  um  ungünstig  zu  rechnen,  den 
Erddruck  der  Anschüttungen  für  volles  Becken  als  lotrecht  zur  Mauerfläche  gerichtet 
in  Rechnung  gestellt. 

Es  werden  alsdann  die  Mauergewichte  und  die  äusseren  Drücke  von  oben  be- 
ginnend oberhalb  jeder  Horizontalfuge  mit  Hilfe  Ton  Kräfte-  und  Seilvielecken  zusammen- 
gesetzt und  die  Schnittpunkte  der  Resultierenden  mit  den  horizontalen  Fugen  ergeben  die 
Punkte  der  sogenannten  Drucklinien  bei  leerem  und  bei  vollem  Becken. 


Literaturangabe  zu  Kap.  HI.,  §  1.  B.  Talsperren. 

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C.  Straweiher  und  Druckbecken. 

a)  Unter  Stauweihern  sollen  hier,  wie  bereits  S.  693  gesagt,  Sammelbecken  ver- 
standen werden,  welche  ihr  Wasser  ans  dem  Werkkanal  oder  dem  natürlichen  Zuflussgerinne 
eines  Kraftwerkes  durch  die  Schwerkraft  erhalten  und  es  in  den  Werkkanal  oder 
direkt  in  die  Druckkammern  oder  Tnrbinenkammern  zurückgeben,  dabei  aber  im  wört- 
lichen Sinne  nicht  zu  den  Talsperren  gehören. 

Während  die  Wehre  in  erster  Linie  den  Zweck  haben,  die  nutzbare  Druckhöhe  an 
einer  gegebenen  Stelle  zu  vergrössern,  die  Talsperren  sowohl  dem  genannten  Zwecke 
als  auch  zur  Schaffung  eines  besseren  Ausgleichs  zwischen  dem  Zuviel  und  Zuwenig  des 
Zuflusses  dienen,  sollen  die  Stauweiher  im  wesentlichen  nur  dem  letztgenannten  Zwecke 
nutzbar  sein. 

Man  kann  die  Stauweiher,  welche  durch  die  Schwerkraft  gefüllt  und  entleert 
werden,  unterscheiden  in  offene  und  geschlossene  Stauweiher. 

Die  offenen  Stauweiher  werden  durch  eine  Erweiterung  des  Werkkanalprofils 
gebildet  und  ihr  Wasserstand  ist  jederzeit  vom  Wasserstande  im  Werkkanal  abhangig. 
Geschlossene  Stauweiher  können  dagegen  durch  Schützenanlagen  ganz  vom  Zubringer 
abgeschlossen  werden ,  sodass  ihr  Wasserstand  zeitweise  höher  oder  tiefer  als  derjenige 
im  Werkkanal  sein  kann.  Als  Beispiel  eines  offenen  Stauweihers  kann  derjenige  der 
Anlage  Jonage-Cusset-Lyon  (S.  508)  und  als  Beispiele  für  geschlossene  Stauweiher 
können  diejenigen  der  Anlagen  Kanderwerk  (S.  438)  und  Kraftwerk  Gersthofen 
am  Lech  (S.  560)  angeführt  werden. 


§  1.  Stauwerke.    C.  Stauweiher  und  Druckbecken.  747 

Die  Anlage  eines  Stauweihers  kommt  überhaupt  nur  dann  in  Betracht,  wenn  die 
verfügbaren  sekl.  Wassermengen  nicht  zu  jeder  Zeit  im  Krafthause  Verwendung 
finden  können.  Wenn  dagegen  bei  einem  Wasserkraftwerk,  wie  z.  B.  bei  der  Anlage 
Marbach-Stuttgart  (S.  571),  das  Bedürfnis  nach  Kraftliefernng  so  gross  ist,  dass  die 
verfügbare  Wasserkraft  jederzeit  Verwendung  finden  kann,  so  wäre  die  Aufspeicherung  des 
Wassers  zwecklos.  Aber  auch  wenn  ein  solcher  Grenzfall  wie  der  eben  erwähnte  nicht  vor- 
liegt, wird  die  Anlage  eines  Stauweihers  nur  unter  gewissen  Umständen  zu 
empfehlen  und  jedenfalls  stets  durch  eine  wirtschaftliche  Vorarbeit  zu  be- 
gründen sein.  Solche  Umstände  bieten  sich  besonders,  wenn  das  Werk  in  erheblichem 
Masse  zur  Lieferung  elektrischen  Lichtes  bestimmt  ist  oder  aus  anderen  Gründen  einen 
schwankenden  Kraftbedarf  hat  und  während  der  schwach  belasteten  Stunden  —  und  zwar 
nicht  nur  an  wenigen  Tagen  sondern  an  möglichst  vielen  Tagen  während  des  Jahres  — 
ein  so  grosser,  im  Stauweiher  aufspeicherbarer  Überschuss  an  Wasser  vorhanden  ist,  dass 
man  mit  Hilfe  des  Zuschusses  aus  dem  Weiher  während  des  grösseren  Konsums  möglichst 
den  ganzen  Energiebedarf  decken  kann.  In  solchen  Fällen  könnte  man  also  durch  den 
Stauweiher  eine  Dampfreserve  entweder  ganz  ersparen  oder  doch  ihre  Grösse  erheblich 
einschränken. 

Es  kann  weiter  die  Anlage  eines  Stauweihers  die  beste  Lösung  darstellen,  wenn 
man  in  zwei  oder  mehr  an  demselben  Flusse  aufeinander  folgenden  Kraftwerken  den 
Betrieb  um  dieselbe  Tagesstunde  beginnen  und  schliessen  will  und  man  bei  knappem 
Zuflüsse  ein  Interesse  daran  hat,  an  keinem  Werke  Wasser  ungenützt  vorbeifliessen  zu 
lassen.  In  solchem  Falle  müssen  die  Turbinen  eines  untenliegenden  Werkes  durch  den 
Weiherinhalt  während  derjenigen  Zeit  gespeist  werden,  welche  das  Triebwasser  für  den 
Weg  von  dem  oberen  bis  zu  dem  unteren  Werke  gebraucht  (S.  220  und  229). 

Die  Gunst  oder  Ungunst  der  örtlichkeit  für  die  Anlage  eines  Stauweihers,  welche 
bei  den  Erwägungen  des  Für  und  Wider  eine  sehr  erhebliche  Bolle  spielt,  kommt 
zunächst  in  den  Anlagekosten  zum  Ausdruck.  Man  wird  in  den  meisten  Fällen  leicht 
übersehen  können,  ob  wegen  der  Ortlichkeit  ein  Stauweiher  überhaupt  in  Frage 
kommen  kann. 

Für  den  wirtschaftlichen  Wert  eines  Weihers  ist  die  Nutzhöhe  von  erheblichster 
Bedeutung,  welche  sich  zwischen  dem  Wasserspiegel  im  Weiher  und  dem  Unterwasser 
der  Turbinen  erreichen  lässt.  Je  grösser  diese  Nutzhöhe  ist,  um  so  grösser  wird  der 
Nutzwert  jedes  aufgespeicherten  cbm  Wassers,  um  so  günstiger  also,  allgemein  gesprochen, 
das  Verhältnis  zwischen  Anlagekosten  und  Nutzen.  Ein  Weiher,  welcher  50,0  m  über 
dem  Unterwasser  liegt,  braucht  nur  ein  Fünftel  so  gross  zu  sein  als  einer,  welcher  nur 
10,0  m  Gefalle  hat,  um  annähernd  die  gleiche  Kraftleistung  zu  erzielen. 

Man  kann  den  Inhalt  eines  Weihers  um  so  besser  ausnützen,  je 
unmittelbarer  dieWirkung  der  aus  demWeiher  entnommenen  Wasser- 
mengen sich  auf  die  Turbinen  äussern  kann,  d.  h.  also,  je  näher  der 
Weiher  beim  Krafthause  liegt.  Die  Mühlenteiche,  weichein  ihrer  Mehrzahl  wohl 
zu  den  offenen  Stauweihern  zu  zählen  sind,  liegen,  wie  bekannt,  gleichfalls  meist  unmittel- 
bar vor  der  Mühle.  Diese  Lage  hat  bei  geschlossenen  Weihern  ausserdem  noch  den 
Vorteil,  dass  die  Schützen  von  dem  Krafthause  aus  mit  bedient  werden  können,  während 
bei  grösserer  Entfernung  des  Weihers  von  dem  Krafthause  unter  Umständen  besondere 
Bedienungsmannschaften  nötig  und  dadurch  die  Betriebskosten  erhöht  werden. 

Am  Einlauf  zum  Werkkanal  hängt  die  Höhe  des  Wasserspiegels  von  dem  Wasser- 
stande im  Flusse  ab.  Bei  geringen  Zuflüssen,  also  in  denjenigen  Zeiten  des  Jahres,  wo 
der  Stauweiher  in  der  Regel  seine  wichtigsten  Dienste  leisten  soll,  bleibt  der  Wasser- 


748         III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Spiegel  daselbst  in  der  Regel  nahezu  konstant  auf  der  Krone  des  Überfallwehres  oder 
der  Oberkante  der  geschlossenen  Wehrschützen,  während  der  Wasserspiegel  vor  den 
Turbinen-  oder  Druckkammern  je  nach  der  Menge  des  sekundlich  verbrauchten  Wassers 
schwanken  wird.  —  Ist  der  Verbrauch  geringer  als  der  Zufluss,  so  muss  der  Wasser- 
spiegel vor  dem  Krafthause  steigen,  wenn  man  ihn  nicht  durch  den  Grundablass  oder 
den  Überlauf  reguliert,  und  es  kann  sich  das  Wasserspiegelgefälle,  wenn  der  Zufluss 
andauert  und  der  Betrieb  ganz  oder  nahezu  aufhört,  allmählich  der  Horizontalen  nahern. 
Hat  man  einen  Stauweiher,  so  kann  man  in  ihm  den  Überschuss  an  Wasser  ganz  oder 
zum  Teil  aufspeichern,  anstatt  ihn  über  den  Überlauf  oder  durch  den  Grundablass  (Frei- 
lauf) abfliessen  zu  lassen.  Der  Wasserspiegel  im  Stauweiher  kann  höchstens  den  Wasser- 
spiegel im  Werkkanal  am  Ende  der  Füllung  erreichen.  Tritt  im  Krafthause  Mehrverbrauch 
ein,  so  sinkt  der  Wasserspiegel  zunächst  vor  den  Turbinen-  oder  Druckkammern  und 
der  Stauweiher  kann  nunmehr  das  Wasser  wieder  zurückgeben.  Weil  am  untersten  Ende 
des  Werkkanals  bei  gesteigertem  Konsum  die  grösste  Absenkung  des  Wasserspiegels 
erzeugt  wird,  so  hat  ein  Stauweiher,  welcher  am  untersten  Ende  des  Werkkanals  angelegt 
ist,  auch  die  grösste  nutzbare  Füllung.  Je  grösser  aber  die  nutzbare  Füllung 
dos  Weihers  ist,  um  so  kleiner  kann  bei  einer  bestimmten  Leistung  die  von  ihm  bedeckte 
Fläche  sein  und  um  so  kleiner  müssen  allgemein  gesprochen  die  Anlagekoeten  ausfallen. 

Aus  einem  Weiher,  welcher  am  untersten  Ende  des  offenen  Zubringers  liegt,  kann 
die  aufgespeicherte  Wassermenge  auch  mit  grösserer  durchschnittlicher  Druckhöhe  ver- 
wendet werden  als  aus  einem  entfernter  liegenden  Weiher,  denn,  um  den  grösseren 
Zufluss  zu  den  Turbinen  herbeizufuhren,  muss  der  während  des  geringeren  Bedarfs 
erhöhte  Wasserspiegel  zunächst  sinken,  und  er  wird  sich  dann  so  einstellen,  wie  es  durch 
den  sekundlichen  Wasserverbrauch  und  die  Durchflussquerschnitte  bedingt  ist.  Liegt 
der  Weiher  weiter  aufwärts,  so  wird  der  Mehrbedarf  der  Turbinen  zunächst  aus  dem 
Werkkanal  selbst  entnommen,  und  erst  nach  einiger  Zeit  ist  der  Wasserspiegel  im  Kanal 
bis  zum  Weiher  herauf  so  weit  abgesenkt  und  dadurch  ein  so  starkes  Wasserspiegel- 
gefalle erzeugt,  dass  aus  dem  Weiher  der  Mehrbedarf  abgegeben  und  den  Turbinen 
zugeführt  werden  kann. 

Der  Stauweiher  der  Anlage  Jona ge -Gusset-Lyon  (S.  508  und  Taf.  XXXVIII,  Fig.  1),  welcher 
eine  Oberfläche  von  1500000  qm  hat,  wurde  deshalb  4,5  km  aufwärts  vor  den  Turbinenkammern  ange- 
legt, weil  daselbst  mit  Errichtung  des  rechtsseitigen  Kanaldammes  und  dem  Anschluss  der  linksseitigen 
Dammenden  an  die  natürliche  Erhebung  des  Terrains  der  Weiher  hergestellt  war.  Man  ersparte  so  den 
linksseitigen  Damm  anf  einer  Länge  von  mehr  als  3  km.  Die  Sohle  des  so  entstandenen  Weihers  war 
von  Natur  genügend  dicht. 

Die  Differenz  zwischen  dem  höchst  zulässigen  Wasserspiegel  an  den  Turbinenkammern  und  dem 
niedrigsten  Wasserstande  beträgt  2,15  m  (Taf.  XL,  Fig  4).  Für  den  normalen  Betrieb  werden  aber  etwa 
nur  1,6  m  Wasserspiegeldifferenz  in  Betracht  kommen.  Dächte  man  sich  den  Stauweiher  unmittelbar 
vor  den  Turbinenkammern,  so  würde  der  nutzbare  Inhalt  normal  eine  Wassertiefe  von  1,6  m  haben  und 

die  durchschnittliche  Druckhohe  während  der  Verwendung  des  Stauinhaltes  H  -f*  y  *ein  *   wenn  H  die 

Differenz  zwischen  dem  niedrigsten  Oberwasserspiegel  und  dem  Unterwasserspiegel  bedeutet.  Da  aber 
der  Stauweiher  4  5  km  aufwärts,  liegt ,  so  muss  das  aus  dem  Weiher  zu  entnehmende  Zuschusswasaer 
erst  diesen  Weg  zurücklegen,  ehe  es  in  den  Turbinen  wirksam  werden  kann.  Wenn  während  der 
Stunden  des  stärkeren  Eonsums,  z.  B.  aus  dem  Stauweiher  ein  Zuschuss  von  88  cbm/sek.  zum  normalen 
Konsum  von  120  cbm/sek.  entnommen  werden  soll,  so  muss  in  der  Kanalstrecke  zwischen  Stauweiher 
nnd  Turbinenkammern  bei  2,5  m  durchschnittlicher  Wassertiefe  im  Kanal  eine  Geschwindigkeit  von 

v  = -?,  =  Jj*£==0,71  m/sek.  herrschen  (vergl.  das  Querprofil  des  Kanals,  Taf.  XXXVIII,  Fig.  5)  und 

*  v'  p      281.» 

um  diese  Geschwindigkeit  zu  erzeugen,  ist  ein  Gefälle  J  =  -t~  erforderlich.  R ist  =  j,  =  jgftojj  =  *•**» 

c  ist  =  47  zu  setzen,  woraus  sich  J  =  0,000098  oder  rd.  =  1 :  10200  ergibt  Hierfür  möge  a 


§  l.  Stauwerke.    C.  Stauweiher  und  Druckbecken.  749 

weise  1:10000  angenommen  werden.  Bei  4,5  km  gehen  also  0,45  m  Druckgeftlle  verloren,  nnd  die 
nutzbare  Tiefe  des  Weihers  würde  nicht  mehr  1,6  m,  sondern  nur  noch  1,15  m  bei  einem  Konsum  von 

203  cbm/sek.  betragen.  Ferner  würde  die  durchschnittliche  Druckhöhe  nicht  wie  oben  H-|--|-,  sondern 
nur  H  -f-  - V  s^hi*     lAgfi   der   Stauweiher   unmittelbar   vor   den   Turbinenkammern ,   so    würde    man 

1500000x1,6  =  2400000  cbm  ausnützen  können,  während  man  für  den  Betrieb  mit  208  cbm/sek.  im 
tatsächlich  vorhandenen  Weiher  nur  1725000  cbm  ausnützen  kann.  Bei  einem  Stauweiher  von  gleicher 
Grosse  unmittelbar  vor  den  Turbinenkammern  würde,  wenn  H  zu  11,35  m  angenommen  wird,  die  durch- 
schnittliche Druckhöhe  12,15  m  betragen,  also  für  1  PS«  8,2  1  und  für  eine  PSe-  Stunde  29,5  cbm  nötig 
sein,  d.  h.  man  könnte  mit  dem  erwähnten  Stauinhalt  2400000:29,52  =  81300  PS« -Stunden  leisten, 
während  man  unter  der  gedachten  Voraussetzung  bei  dem  tatsächlich  bestehenden  Stauweiher  für  eine 
PS» -Stunde  rd.  30,2  cbm  gebraucht,  also  nur  1725000:30,2  =  57100  PS« -Stunden  leisten  kann.  Der 
Nutzwert  des  Stauweihers,  wie  er  tatsächlich  angelegt  wurde,  ist  also  um  rd.  30°/o  kleiner  als  derjenige 
eines  Stauweihers  von  gleicher  Grösse,  welcher  unmittelbar  an  den  Turbinenkammern  läge.  Diese  Zahl 
ist  genau  genommen  für  das  Güteverhältnis  zwischen  den  beiden  besprochenen  Lagen  des  Stauweihers 
allerdings  nur  so  lange  massgebend,  als  man  z06  cbm'sek.  als  die  an  den  Turbinen  erforderliche  sekl. 
Wassermenge  zugrunde  legt,  denn  man  kann  auch  den  um  4,5  km  aufwärts  gelegenen  Stauweiher  noch 
über  die  Wasserspiegeldifferenz  von  1.15  m  hinaus  ausnützen ,  aber  der  sekl.  Zuschuss  aus  dem  Weiher 
nimmt  allmählich  auf  Null  ab,  sodass  die  Nutzwirkung  desselben  nach  und  nach  aufhört 

Ein  weiterer  Umstand,  welcher  für  die  Lage  des  Stauweihers  am  untersten  Ende 
des  Werkkanals  spricht,  ist  der,  dass  man  wegen  des  aus  dem  Weiher  vermehrten 
sekundlichen  Zuflusses  zu  den  Turbinen  den  Querschnitt  des  Werkkanals  nicht  zu  ver- 
grössern  braucht.  Bei  dem  Stauweiher  der  Anlage  Jonage-Cusset-Lyon  hat  man  die 
Sohlenbreite  des  Werkkanals  auf  der  4,5  km  langen  Strecke  zwischen  dem  Stauweiher 
und  den  Turbinenkammern  von  60,0  m  auf  durchschnittlich  105,0  m  vergrössert,  um  die 
Leistungsfähigkeit  dieser  Strecke  bei  einem  Wasserspiegelgefälle  von  rd.  1 :  10000  um 
rd.  88  cbm/sek.  zu  steigern.  Die  dadurch  entstandenen  Mehrkosten  für  den  Werkkanal 
müssen  auf  das  Konto  des  Stauweihers  gesetzt  werden.  Wenn  man  also  bei  der  Ent- 
scheidung über  die  Lage  des  Stauweihers  die  Kosten  vergleicht,  so  müssen  die  Mehr- 
kosten, welche  für  den  Werkkanal  aufzuwenden  sind,  natürlich  mit  berücksichtigt  werden. 

Der  geschlossene  Stauweiher  des  Kanderwerkes  liegt  in  günstigster  Weise 
am  Ende  des  Werkkanals.  Letzterer  kreuzt89)  als  geschlossenes  Rohr  ein  grosses  Moos 
mit  festen  Randern.  Die  Anlegung  des  Weihers  wurde  billig,  weil  das  Moos  leicht 
auszustechen  war  und  der  Aushub  z.  T.  noch  verwendbares  Brennmaterial  lieferte, 
besonders  aber  weil  die  Sohle  ohne  weitere  künstliche  Hilfsmittel  dicht  war.  Dieses 
Moos  lag  gerade  an  der  Stelle,  wo  ohnehin  das  Druckrohr  seinen  Anfang  nehmen  musste, 
und  es  ergab  sich  zwischen  dem  Wasserspiegel  im  Weiher  und  dem  des  Thuner-Sees 
ein  nutzbares  Gefalle  von  64,0  m.  Jeder  cbm  aufgespeicherten  Wassers  entspricht  also 
einer  Leistung  von  rd.  640  PS,  (S.  436/438).  Eine  PS6-Stunde  ist  mit  5,62  cbm  zu 
leisten,  also  mit  einem  Weiherinhalt  von  170000  cbm  rd.  30250  PS,-Stunden.  Da  die 
Druckrohrlänge  vom  Weiher  bis  zum  Krafthause  nur  rd.  800,0  m  beträgt ,  so  braucht 
das  Wasser  vom  Weiher  bis  zu  den  Turbinen  je  nach  der  Geschwindigkeit  im  Druck- 
rohr nur  5  bis  9  Min.,  d.  h.  der  Weiher  kann  ziemlich  gleichzeitig  mit  dem  beginnenden 
Mehrbedarf  zur  Wasserabgabe  herangezogen  werden. 

Der  Stauweiher  des  Wasserkraftwerkes  Gersthofen  am  Lech  liegt  auch  nur 
500,0  m  oberhalb  der  Turbinenkammern.  Er  hat  einen  nutzbaren  Inhalt  von  250000  cbm 
und  einen  Stauraum  von  500  000  cbm.    Da  aber  hier  die  Wasserspiegeldifferenz  zwischen 


*•)  Neuerdings  laset  man  dss  Wasser  direkt  beim  Eintritt  des  Werkkanals  in  den  Weiher  aus- 
flioflsen,  sodass  also  ein  offener  Stauweiher  entstanden  ist 


750  IIL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Ober-  und  Unterwasser  nur  rd.  10,0  m  beträgt,  so  sind  für  eine  PS6-Stunde  36  cbm  nötig; 
man  kann  also  mit  250000  cbm  Weiberinhalt  rd.  6950  PSe-Stunden  leisten.  Bei  gleicher 
Nutzleistung  müsste  also  ein  Stauweiher,  allgemein  gesprochen,  unter  den  Verhältnissen 
bei  Gersthofen  6,4  mal  so  teuer  sein  als  bei  den  Verhältnissen,  wie  sie  beim  Eanderwerk 
durch  die  Natur  geboten  wurden. 

Eine  Stauweiheranlage  wirkt  zugleich  auch  als  Ablagerungsbecken.  Vom  Gesichts- 
punkt der  Ablagerung  allein  betrachtet,  läge  der  Weiher  am  besten  gleich  hinter  dem 
Einlaufe,  also  am  entgegengesetzten  Ende  von  der  Stelle,  wo  er  vom  Gesichtspunkte  der 
Kraftgewinnung  aus  betrachtet,  liegen  sollte,  vorausgesetzt,  dass  am  Einlauf  die  für  die 
Spülung  des  Beckens  erforderliche  Stauhöhe  bei  allen  Wasserständen  und  namentlich 
bei  Hochwasser  vorhanden  ist.  Von  den  Eigenschaften,  welche  ein  Ablagerungsbecken 
haben  muss,  wird  in  §  2  noch  die  Rede  sein.  Da  man  aber  die  Ausscheidung  von 
Geschieben  und  Sinkstoffen  aus  dem  Wasser  mit  erheblich  kleineren  Becken,  als  sie  der 
Regel  nach  für  Stauweiher  in  Frage  kommen,  erreichen  kann,  so  wird  der  Gesichtspunkt 
der  Ablagerung  selten  in  den  Vordergrund  treten  und  deshalb  die  Anlage  des  Stauweihers 
am  oberen  Ende  des  Werkkanals  nur  dann  m  Betracht  kommen,  wenn  die  Örtlichkeit 
bezüglich  der  Baukosten  ganz  besondere  Vorteile  bietet,  der  Werkkanal  überhaupt  nur 
kurz  ist  und  die  Verluste  an  Gefalle  bei  Ausnützung  des  Weihers  im  Verhältnis  zum 
Gesamtnutzgefälle  keine  erhebliche  Rolle  spielen. 

Jeder  Stauweiher  hat  gewisse  Wasserverluste  im  Gefolge,  welche  durch  Versicke- 
rung, Verdunstung  und  durch  Eisbildung  entstehen  können.  Gegen  die  Verluste 
durch  Versickerung  muss  entweder  die  natürliche  Beschaffenheit  des  Terrains  den  nötigen 
Schutz  bieten  oder  man  muss  die  Sohle  und  die  Böschungen  mit  künstlichen  Mitteln  dichten. 
.  Wenn  man  den  Weiher  täglich  füllt  und  entleert,  so  können  die  Verluste  durch 
Verdunstung  innerhalb  24  Stunden  nur  klein  sein.  Als  grösste  tägliche  Verdunstungs- 
höhe, welche  ausnahmsweise  in  den  Sommermonaten  an  einem  oder  wenigen  aufeinander- 
folgenden Tagen  vorkommen  kann,  wird  für  Deutschland  10  mm  gelten  können,  wovon 
auf  die.  Nachtstunden  nur  etwa  2  mm  zu  rechnen  sind  (S.  173).  Als  durchschnittliche 
tägliche  Verdunstung  in  den  Sommermonaten  können  für  24  Stunden  2  bis  2,7  mm  ange- 
nommen werden  (70  bis  80.  mm  monatlich).  In  den  Wintermonaten  kann  man  bei  täg- 
licher Füllung  und  Entleerung  des  Weihers  die  Verdunstung  vollkommen  vernachlässigen. 

Eine  grössere  Rolle  kann  die  Eisbildung  spielen.  Wenn  auch  beim  Schwanken  des 
Wasserspiegels  die  Bildung  einer  gleichmässigen  Eisdecke  verhindert  ist,  so  ist  doch  zu 
bedenken,  dass  sich  die  Eisdecke  beim  Entleeren  senkt  und  zerbricht,  sich  bei  der  Füllung 
des  Beckens  aber  wieder  hebt  und  mit  einer  Wasserschicht  bedeckt  sein  wird,  was  die 
Bildung  einer  stärkeren  Eisdecke  begünstigt.  Um  den  Betrag  des  kubischen  Inhaltes 
der  Eisdecke  wird  der  nutzbare  Inhalt  des  Weihers  vermindert  und  in  v.  H.  ausgedrückt 
wird  die  Herabminderung  um  so  grösser  sein,  je  kleiner  die  Nutztiefe  des  Weihers  ist. 
Deshalb  sind  auch  von  diesem  Gesichtspunkte  aus  Stauweiher,  welche  für  den  Winterbe- 
trieb bestimmt  sind,  um  so  wertvoller,  je  grösser  ihre  Nutztiefe  ist  Man  wird  genügend 
sicher  rechnen,  wenn  man  für  die  Eisbildung  eine  Schicht  von  10  bis  25  cm  je  nach 
den  klimatischen  Verhältnissen  und  je  nach  der  Betriebsart  abzieht.  Wenn  die  für  die 
Aufspeicherung  verfügbare  Wassermenge  in  weiten  Grenzen  schwankt  und  zur  Winterzeit 
nur  klein  ist,  so  kann  es  vorteilhaft  sein,  den  Weiher  in  zwei  Teile  zu 
zerlegen,  wie  es  bei  dem  Weiher  des  Kanderwerkes  geschehen  ist  (S.438)  und  zwar 
einmal  um  die  Verluste  durch  Verdunstung  und  Eisbildung  herabzumindern  und  zweiten 
um  das  aufgespeicherte  Wasser  mit  grösserer  durchschnittlicher  Druckhöhe  ausnütze! 
zu  können.     Der  kleinere  Weiher  wird  mit  verhältnismässig  weniger  Wasser  bis    zff 


§  1.  Stauwerke.    G.  Stauweiher  und  Druckbecken.  751 

▼ollen  Stauhöhe  gefällt  werden  können,  wahrend  man  in  dem  grösseren  ungeteilten 
Weiher  mit  derselben  Menge  nur  einen  niedrigeren  Wasserspiegel  erreichen  kann. 

So  lange  der  Znfluss  ganz  im  Kraftwerk  Verwendung  linden  kann,  ist  es  im 
allgemeinen  unwirtschaftlich,  einen  Teil  davon  in  den  Weiher  fliessen  zu  lassen  und  die 
Oberfläche  des  gefüllten  Weihers  den  Verlusten  durch  Verdunstung  und  Eisbildung  aus- 
zusetzen, wie  es  bei  offenen  Weiheranlagen  geschieht.  Aus  diesem  Grunde  gestatten  die 
geschlossenen  Weiher  eine  grössere  Ökonomie  in  der  Ausnützung  des  Wassers.  Sie 
erfordern  aber  grössere  Baukosten,  weil  für  sie  die  Anlage  von  Schützen  notwendig  ist 
Als  Nachteil  der  geschlossenen  Stauweiher  gegenüber  den  offenen  ist  ferner 
anzuführen,  dass  immerhin  ein  kleiner  Gefall  verlust  durch  den  Durchfluss  des  Wassers 
durch  die  Schleusen  eintritt  (Abb.  137  S.  561).  Bei  Festsetzung  des  Durchflussquer- 
schnittes wird  man  sich  durch  eine  kleine  Vergleichsrechnung  leicht  ein  Bild  machen 
können  über  die  wirtschaftlich  besten  Abmessungen,  sofern  nicht  technische  Gründe  schon 
von  vornherein  bestimmend  sind. 

Beispiel:  Wie  bereits  gesagt,  hat  der  Stauweiher  des  Kraftwerkes  Gersthof en  am  Lech  einen 
nutzbaren  Inhalt  von  250000  cbm,  welcher  durchschnittlich  mit  9,5—10,0  m  Gefalle  ausgenützt  werden 
kann.  Zu  einer  PS«- Stunde  sind  also  36 — 38  cbm  nötig,  sodass  man  mit  dem  nutzbaren  Stauinhalt 
6600—6950  PS« -Stunden  leisten  kann,  wenn  man  die  Verluste  durch  Verdunstung  und  Eisbildung  unbe- 
rücksichtigt lagst.  Wollte  man  an  den  Schützen  einen  durchschnittlichen  Gefallverlust  von  19—20  cm, 
d.  h.  2°  o  vom  verfügbaren  Gesamtgefalle  zulassen,  so  wurde  die  Leistung  des  Stauweihers  auch  um  2°/o 
geringer  sein,  d.  h.  man  würde  täglich  bei  voller  Ausnützung  des  Stauinhaltes  132 — 139  PS«- Stunden 
weniger  leisten  und  wenn  z.  B.  der  Weiher  an  100  Tagen  in  Wirksamkeit  zu  treten  hätte,  so  würde 
die  Nutzleistung  des  Stauweihers  jährlich  um  13200,  beziehungsweise  13900  PS« -Stunden  geringer  sein 
Stellt  man  die  PS«- Stunde  nach  Tabelle  XXIII,  S.  300/301,  Nr.  13,  Spalte  11  mit  6  Pfg.  in  Rechnung, 
so  würde  der  Druckverlust  an  den  Schützen  in  Geldeswert  ausgedrückt  jährlich  792—834  Mk.  ausmachen. 
Man  könnte  daraus  Schlüsse  ziehen,  welche  Mehrkosten  für  Erweiterung  der  Schützenüfifhungen  wirt- 
schaftlich vertretbar  wären. 

Für  die  Anlagekosten  eines  Stauweihers  spielen  der  Grunderwerb,  die  leichte 
Gewinnung  des  zur  Dammschüttung  erforderlichen  Bodens  und  die  eventuell  erforderliche 
Dichtung  der  Böschungen  und  der  Sohle  die  Hauptrollen.  Die  beiden  erstgenannten  Titel, 
Grunderwerb  und  Dammschüttung,  bedürfen  keiner  weiteren  Erläuterung.  Ist  das 
Terrain,  auf  dem  der  Weiher  anzulegen  ist,  durchlässig,  so  wird  man  häufig  zu  dem 
Mittel  zu  greifen  haben,  die  Dichtung  der  Sohle  und  der  Böschung  durch  Einschlämmen 
herbeizuführen,  indem  man  den  Weiher  in  den  Zeiten  von  Wasseriiberfluss  häufiger 
füllt  und  leert  und  durch  die  Abscheidung  der  Sinkstoffe  aus  dem  Wasser  die  Dichtung 
allmählich  erreicht.  In  dieser  Weise  ist  bei  dem  Stauweiher  von  Gersthofen  verfahren 
worden90).  Es  kann  aber  mitunter  Jahre  dauern  bis  man  durch  derartiges  Einschlämmen 
einen  ganzen  Erfolg  erzielt  und  bei  der  wirtschaftlichen  Vorarbeit  würde  man  zu  den 
Anlagekosten  die  Bauzinsen  des  zunächst  wirtschaftlich  nicht  oder 
nur  schwach  ausnutzbaren  Stauweihers  zu  schlagen  haben. 

Die  Dichtung  der  Sohle  durch  Lehm  oder  Tonschlag  wird  bei  der  grossen  Fläche, 
welche  meistens  in  Frage  kommt,  recht  kostspielig  und  besonders  dann,  wenn  geeignetes 
Dichtnngsmatehal  in  der  Nähe  nicht  zu  finden  ist.  Bei  der  Veranschlagung  der  Arbeits- 
kosten derartiger  Dichtungsarbeiten  ist  zu  beachten,  dass  sie  insofern  vom  Wetter 
abhangen,  ab  bei  regnerischem  Wetter  sich  Ton  und  Lehm  schlecht  ausbreiten  und 
verteilen  lassen. 

Jeder  Stauweiher  erhöht  sich  in  der  Sohle  allmählich  durch  die  Ablagerungen 
und  verliert  so  an  Fassungsvermögen.    Häufige  Räumungsarbeiten  würden  in  unliebsamer 

90)  Eg  sei  daran  erinnert,  dass  der  Stauweiher  eine  besondere  Entwässerungsleitung  nach  dem 
Lech  besitzt,  sodass  die  Entleerung  jederzeit  unabhängig  vom  Kraftbetrieb  erfolgen  kann  (8.  561). 


750         IH.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Ober-  und  Unterwasser  nur  rd.  10,0  m  beträgt,  so  sind  für  eine  PS6-Stunde  36  cbm  nötig ; 
man  kann  also  mit  250000  cbm  Weiherinhalt  rd.  6950  PS6-Stunden  leisten.  Bei  gleicher 
Nutzleistung  müsste  also  ein  Stauweiher,  allgemein  gesprochen,  unter  den  Verhältnissen 
bei  Gersthofen  6,4  mal  so  teuer  sein  als  bei  den  Verhältnissen,  wie  sie  beim  Eanderwerk 
durch  die  Natur  geboten  wurden. 

Eine  Stauweiheranlage  wirkt  zugleich  auch  als  Ablagerungsbecken.  Vom  Gesichts- 
punkt der  Ablagerung  allein  betrachtet,  läge  der  Weiher  am  besten  gleich  hinter  dem 
Einlaufe,  also  am  entgegengesetzten  Ende  von  der  Stelle,  wo  er  vom  Gesichtspunkte  der 
Kraftgewinnung  aus  betrachtet,  liegen  sollte,  vorausgesetzt,  dass  am  Einlauf  die  für  die 
Spulung  des  Beckens  erforderliche  Stauhöhe  bei  allen  Wasserständen  und  namentlich 
bei  Hochwasser  vorhanden  ist.  Von  den  Eigenschaften,  welche  ein  Ablagerungsbecken 
haben  muss,  wird  in  §  2  noch  die  Rede  sein.  Da  man  aber  die  Ausscheidung  von 
Geschieben  und  Sinkstoffen  aus  dem  Wasser  mit  erheblich  kleineren  Becken,  als  sie  der 
Regel  nach  für  Stauweiher  in  Frage  kommen,  erreichen  kann,  so  wird  der  Gesichtspunkt 
der  Ablagerung  selten  in  den  Vordergrund  treten  und  deshalb  die  Anlage  des  Stauweihers 
am  oberen  Ende  des  Werkkanals  nur  dann  in  Betracht  kommen,  wenn  die  Örtlichkeit 
bezüglich  der  Baukosten  ganz  besondere  Vorteile  bietet,  der  Werkkanal  überhaupt  nur 
kurz  ist  und  die  Verluste  an  Gefälle  bei  Ausnützung  des  Weihers  im  Verhältnis  zum 
Gesamtnutzgefälle  keine  erhebliche  Rolle  spielen. 

Jeder  Stauweiher  hat  gewisse  Wasserverluste  im  Gefolge,  welche  durch  Versicke- 
rung, Verdunstung  und  durch  Eisbildung  entstehen  können.  Gegen  die  Verluste 
durch  Versickerung  muss  entweder  die  natürliche  Beschaffenheit  des  Terrains  den  nötigen 
Schutz  bieten  oder  man  muss  die  Sohle  und  die  Böschungen  mit  künstlichen  Mitteln  dichten. 

Wenn  man  den  Weiher  täglich  füllt  und  entleert,  so  können  die  Verluste  durch 
Verdunstung  innerhalb  24  Stunden  nur  klein  sein.  Als  grösste  tägliche  Verdunstungs- 
höhe, welche  ausnahmsweise  in  den  Sommermonaten  an  einem  oder  wenigen  aufeinander- 
folgenden Tagen  vorkommen  kann,  wird  für  Deutschland  10  mm  gelten  können,  wovon 
auf  die  Nachtstunden  nur  etwa  2  mm  zu  rechnen  sind  (S.  173).  Als  durchschnittliche 
tägliche  Verdunstung  in  den  Sommermonaten  können  für  24  Stunden  2  bis  2,7  mm  ange- 
nommen werden  (70  bis  80.  mm  monatlich).  In  den  Wintermonaten  kann  man  bei  täg- 
licher Füllung  und  Entleerung  des  Weihers  die  Verdunstung  vollkommen  vernachlässigen. 

Eine  grössere  Rolle  kann  die  Eisbildung  spielen.  Wenn  auch  beim  Schwanken  des 
Wasserspiegels  die  Bildung  einer  gleichmässigen  Eisdecke  verhindert  ist,  so  ist  doch  zu 
bedenken,  dass  sich  die  Eisdecke  beim  Entleeren  senkt  und  zerbricht,  sich  bei  der  Füllung 
des  Beckens  aber  wieder  hebt  und  mit  einer  Wasserschicht  bedeckt  sein  wird,  was  die 
Bildung  einer  stärkeren  Eisdecke  begünstigt.  Um  den  Betrag  des  kubischen  Inhaltes 
der  Eisdecke  wird  der  nutzbare  Inhalt  des  Weihers  vermindert  und  in  v.  H.  ausgedrückt 
wird  die  Herabminderung  um  so  grösser  sein,  je  kleiner  die  Nutztiefe  des  Weihers  ist. 
Deshalb  sind  auch  von  diesem  Gesichtspunkte  aus  Stauweiher,  welche  für  den  Winterbe- 
trieb bestimmt  sind,  um  so  wertvoller,  je  grösser  ihre  Nutztiefe  ist  Man  wird  genügend 
sicher  rechnen,  wenn  man  für  die  Eisbildung  eine  Schicht  von  10  bis  25  cm  je  nach 
den  klimatischen  Verhältnissen  und  je  nach  der  Betriebsart  abzieht.  Wenn  die  für  die 
Aufspeicherung  verfügbare  Wassermenge  in  weiten  Grenzen  schwankt  und  zur  Winterzeit 
nur  klein  ist,  so  kann  es  vorteilhaft  sein,  den  Weiher  in  zwei  Teile  zu 
zerlegen,  wie  es  bei  dem  Weiher  des  Kanderwerkes  geschehen  ist  (S.  438)  und  zwar 
einmal  um  die  Verluste  durch  Verdunstung  und  Eisbildung  herabzumindern  und  zweitens 
um  das  aufgespeicherte  Wasser  mit  grösserer  durchschnittlicher  Druckhöhe  ausnützet 
zu  können.    Der  kleinere  Weiher  wird  mit  verhältnismässig  weniger  Wasser  bis  zir 


§  1.  Stauwerke.    C.  Stauwkiher  und  Druckbecken.  751 

vollen  Stauhöhe  gefüllt  werden  können,  während  man  in  dem  grösseren  ungeteilten 
Weiher  mit  derselben  Menge  nur  einen  niedrigeren  Wasserspiegel  erreichen  kann. 

So  lange  der  Zufluss  ganz  im  Kraftwerk  Verwendung  finden  kann,  ist  es  im 
allgemeinen  unwirtschaftlich,  einen  Teil  davon  in  den  Weiher  fliessen  zu  lassen  und  die 
Oberfläche  des  gefüllten  Weihers  den  Verlusten  durch  Verdunstung  und  Eisbildung  aus- 
zusetzen, wie  es  bei  offenen  Weiheranlagen  geschieht.  Aus  diesem  Grunde  gestatten  die 
geschlossenen  Weiher  eine  grössere  Ökonomie  in  der  Ausnützung  des  Wassers.  Sie 
erfordern  aber  grössere  Baukosten,  weil  für  sie  die  Anlage  von  Schützen  notwendig  ist 
Als  Nachteil  der  geschlossenen  Stauweiher  gegenüber  den  offenen  ist  ferner 
anzuführen,  dass  immerhin  ein  kleiner  Gefallverlust  durch  den  Durchfluss  des  Wassers 
durch  die  Schleusen  eintritt  (Abb.  137  S.  561).  Bei  Festsetzung  des  Durchflussquer- 
schnittes wird  man  sich  durch  eine  kleine  Vergleichsrechnung  leicht  ein  Bild  machen 
können  über  die  wirtschaftlich  besten  Abmessungen,  sofern  nicht  technische  Gründe  schon 
von  vornherein  bestimmend  sind. 

Beispiel:  Wie  bereits  gesagt«  hat  der  Stauweiher  des  Kraftwerkes  Gersthofen  am  Lech  einen 
nutsbaren  Inhalt  von  250000  cbm,  welcher  durchschnittlich  mit  9,5—10,0  m  Gefalle  ausgenützt  werden 
kann.  Zu  einer  PSe- Stunde  sind  also  36 — 38  cbm  nötig,  sodass  man  mit  dem  nutzbaren  Stauinhalt 
6600—6950  PSe -Stunden  leisten  kann,  wenn  man  die  Verluste  durch  Verdunstung  und  Eisbildung  unbe- 
rücksichtigt läset.  Wollte  man  an  den  Schätzen  einen  durchschnittlichen  Gefallverlust  von  19 — 20  cm, 
d.  h.  2°o  vom  verfugbaren  Gesamtgeftlle  zulassen,  so  wurde  die  Leistung  des  Stauweihers  auch  um  2°/o 
geringer  sein,  d.  h.  man  wurde  täglich  bei  voller  Ausnutzung  des  Stauinhaltes  132 — 139  PS«- Stunden 
weniger  leisten  und  wenn  z.  B.  der  Weiher  an  100  Tagen  in  Wirksamkeit  zu  treten  hatte,  so  wurde 
die  Nutzleistung  des  Stauweihers  jahrlich  um  13200,  beziehungsweise  13900  PS« -Stunden  geringer  sein 
Stellt  man  die  PS«- Stunde  nach  Tabelle  XXIII,  S.  300/301,  Nr.  13,  Spalte  11  mit  6  Pfg.  in  Rechnung, 
so  würde  der  Druckverlust  an  den  Schätzen  in  Geldeswert  ausgedruckt  jährlich  792—834  Mk.  ausmachen. 
Man  könnte  daraus  Schlüsse  ziehen,  welche  Mehrkosten  für  Erweiterung  der  Schützenöffnungen  wirt- 
schaftlich vertretbar  wftren. 

Für  die  Anlagekosten  eines  Stauweihers  spielen  der  Grunderwerb,  die  leichte 
Gewinnung  des  zur  Dammschüttung  erforderlichen  Bodens  und  die  eventuell  erforderliche 
Dichtung  der  Böschungen  und  der  Sohle  die  Hauptrollen.  Die  beiden  erstgenannten  Titel, 
Grunderwerb  und  Dammschüttung,  bedürfen  keiner  weiteren  Erläuterung.  Ist  das 
Terrain,  auf  dem  der  Weiher  anzulegen  ist,  durchlässig,  so  wird  man  häufig  zu  dem 
Mittel  zu  greifen  haben,  die  Dichtung  der  Sohle  und  der  Böschung  durch  Einschlämmen 
herbeizuführen,  indem  man  den  Weiher  in  den  Zeiten  von  Wasserüberfluss  häufiger 
füllt  und  leert  und  durch  die  Abscheidung  der  Sinkstoffe  aus  dem  Wasser  die  Dichtung 
allmählich  erreicht.  In  dieser  Weise  ist  bei  dem  Stauweiher  von  Gersthofen  verfahren 
worden90).  Es  kann  aber  mitunter  Jahre  dauern  bis  man  durch  derartiges  Einschlämmen 
einen  ganzen  Erfolg  erzielt  und  bei  der  wirtschaftlichen  Vorarbeit  würde  man  zu  den 
Anlagekosten  die  Bauzinsen  des  zunächst  wirtschaftlich  nicht  oder 
nur  schwach  ausnutzbaren  Stauweihers  zu  schlagen  haben. 

Die  Dichtung  der  Sohle  durch  Lehm  oder  Tonschlag  wird  bei  der  grossen  Fläche, 
welche  meistens  in  Frage  kommt,  recht  kostspielig  und  besonders  dann,  wenn  geeignetes 
Dichtungsmaterial  in  der  Nähe  nicht  zu  finden  ist.  Bei  der  Veranschlagung  der  Arbeits- 
kosten derartiger  Dichtungsarbeiten  ist  zu  beachten,  dass  sie  insofern  vom  Wetter 
abhängen,  als  bei  regnerischem  Wetter  sich  Ton  und  Lehm  schlecht  ausbreiten  und 
verteilen  lassen. 

Jeder  Stauweiher  erhöht  sich  in  der  Sohle  allmählich  durch  die  Ablagerungen 
und  verliert  so  an  Fassungsvermögen.    Häufige  Räumungsarbeiten  würden  in  unliebsamer 

90)  Es  sei  daran  erinnert,  dass  der  Stauweiher  eine  besondere  Entwisserongsleitung  nach  dem 
Lech  besitzt,  sodass  die  Entleerung  jederzeit  unabhängig  vom  Kraftbetrieb  erfolgen  kann  (8.  561). 


752         III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Weise  das  Konto  der  Betriebskosten  belasten.  Durch  Spülung  lassen  sich  die  Ablage- 
rungen aus  dem  Weiher  nicht  entfernen,  da  jede  Vorrichtung  nur  einen  sehr  beschränkten 
Wirkungskreis  hat  (S.  638).  Es  ist  deshalb  aus  diesem  Gesichtspunkte  vorteilhaft,  von 
vornherein  die  Sohle  des  Weihers  um  ca.  1,0  m  unter  dem  tiefsten  nutzbaren  Wasser- 
spiegel anzulegen,  damit  ein  genügender  Ablagerungsraum  vorhanden  ist  und  ein  Aus- 
räumen nur  in  grossen  Zeitabschnitten  nötig  wird.  Daraus  folgt,  dass  es  vorteilhaft 
ist,  wenn  das  für  den  Weiher  in  Betracht  kommende  Terrain,  namentlich  in  der  Nähe 
des  Werkkanals,  ca.  1,0  m  unter  dem  tiefsten  nutzbaren  Wasserspiegel  liegt.  Die  Mehr- 
kosten für  die  Dammschüttung  spielen  demgegenüber  meistens  nur  eine  geringe  Rolle. 

Die  Rentabilität  einer  Stauweiheranlage  hängt,  wie  bei  jedem  Kraftwerk  im 
allgemeinen,  so  auch  bei  einem  Stauweiher  im  besonderen  von  der  Benutzugsdaaer, 
also  von  der  jährlichen  Leistung  in  PS«  ab,  welche  nach  dem  Betriebsplane  aus  dem  Weiher 
entnommen  werden  kann.  Da  man  in  der  Regel  bei  Kraftwerken  mit  einigen  Entwick- 
lungsjahren zu  rechnen  hat,  in  welchen  zunächst  der  natürliche  Zufluss  für  die  Kraft- 
leistung auszureichen  pflegt,  so  würde  ein  von  vorherein  mit  angelegter  Stauweiher  bis 
zu  dem  Zeitpunkte,  wo  seine  Verwendung  beginnt,  ein  totes  Kapital  darstellen.  Es  wird 
sich  daher  oft  empfehlen,  wenn  die  technischen  Verhältnisse  es  zulassen,  die  Ausführung 
eines  projektierten  Stauweihers  einer  späteren  Bauperiode  vorzubehalten. 

Ist  eine  Reserve  in  Wärmekraftmaschinen  ohnehin  nötig,  so  bedarf  es  noch  im 
besonderen  Masse  einer  sorgfältigen  wirtschaftlichen  Vorarbeit,  um  festzustellen,  ob  ein 
Stauweiher  oder  die  Vergrößerung  der  Reserve  in  Wärmekraftmaschinen  die  wirtschaft- 
lich vorteilhaftere  Lösung  darstellt.  Wenn  in  den  Tagen  oder  Monaten  niedriger  Wasser- 
stände auch  der  ständige  Bedarf  an  Kraft  durch  den  Zufluss  nicht  gedeckt  werden  kann, 
so  bleibt  auch  kein  Wasser  zur  Aufspeicherung  übrig.  Wasser  aufzuspeichern,  für  dessen 
Ersatz  man  während  der  betreffenden  Stunden  eine  Wärmekraftmaschine  mitlaufen  lassen 
müsste,  erscheint  im  allgemeinen  nicht  wirtschaftlich.  Freilich  können  auch  unter 
solcher  Voraussetzung  noch  Fälle  vorkommen,  wo  sich  die  Anlage  eines  Weihers  empfiehlt. 

Denkt  man  sich  den  Fall,  dass  der  Wasserzufluss  eines  Kraftwerks  während  einiger  Zeit 
im  Jahre  nicht  ganz  ausreicht,  um  den  gewohnlichen  Tagesbedarf  zu  decken,  sodass  man  eine 
Dampfmaschine  mitlaufen  lassen  muss  und  zwar  mit  schwacher  Belastung  und  dass  ferner  die 
Wasserturbinen  mit  dem  direkt  verfügbaren  sekl.  Wasserzufluss  und  die  vollbelastete  Dampf- 
reserve zusammen  den  Kraftbedarf  während  einiger  starkbelasteter  Stunden  nicht  mehr  zu 
decken  vermögen,  so  kann  es  u.  U.  vorteilhaft  sein,  während  der  Tagesstunden  die  Dampfmaschine 
stärker  zu  belasten,  das  so  ersparte  Wasser  aufzuspeichern,  um  es,  z.  B.  am  Abend,  zur  Deckung  des 
Mehrbedarfs  für  den  Lichtkonsum  zu  benutzen. 

Beispiel :  Angenommen,  ein  Kraftwerk  habe  während  8  Monate  60  cbm/sek.  Wasser  bei  10,0  m 
Gefälle  verfügbar  und  während  dieser  Zeit  könne  der  Bedarf  an  elektrischer  Energie  ganz  durch  die 
Wasserkraft  gedeckt  werden,  während  4  Monate  aber  falle  die  Wassermenge  ab  und  zwar  während 
zweier  Monate  auf  35  cbm/sek.  und  während  zweier  weiterer  Monate  auf  30  cbm/sek.  Ausserdem 
sei  eine  Dampf  kraft  von  1500  PS«  mit  voller  Reserve  als  vorhanden  angenommen. 

Die  Anlage  sei  nun  derart  zu  erweitern,  dass  in  den  4  Monaten  des  geringeren  Zuflusses  folgende 
Energiemengen  in  dem  Krafthause  abgegeben  werden  können: 

a)  für  Kraft:  während  der  12  Tagesstunden  durchschnittlich  rd.  4500  PS«, 

während  12  Nachtstunden  durchschnittlich  3500  PS«.    Ausserdem 

b)  für  Licht:  während  3  Stunden  durchschnittlich  rd.  1800  PS«, 

während  3  Stunden  durchschnittlich  rd.  900  PS«. 

Von  dem  Lichtbedarf  sollen  die  drei  meist  belasteten  Stunden  mit  dem  Tagesbedarf  für  Kraft 
von  4500  PS«  zusammenfallen. 

Es  sei  nun  die  Frage  zu  entscheiden,  ob  eine  Stauweiheranlage  oder  eine  Vergröoocrnng  der 
Dampfreserve  den  Vorzug  verdiene.  Bestimmend  für  die  Grösse  des  Stauweihers  soll  die  Forderung 
sein,  dass  der  grösste  gleichzeitige  Durchschnitts-Gesamtbedarf  auch  beim  kleinsten  Wasser  gemeinsam 
1.  durch  den  direkten  Wasserzufluss,  2.  durch  die  vollbelastete  vorhandene  Dampfmaschine  und  8.  durch 
den  8tauweiher  gedeckt  werden  kann. 


\ 


§  1.  Stauwerke.  C.  Stauweiher  und  Druckbecken.  763 

Während  der  zwei  Monate,  in  denen  der  direkte  Zufluss  30  cbm/sek.  betragt,  kann  man  mit  diesem 
3000  PSe  leisten.  Die  vorhandene  Dampfmaschine  leistet  bei  voller  Belastung  1500  PS©,  sodass  der  Stau- 
weiher noch  1800  PS«  während  3  Standen  zu  leisten  haben  würde,  d.  h.  er  müsste,  da  för  eine  PS« -Stunde 

- — 1  z  X  3600  =  36  cbm  nötig  sind,  3  X  1800  X  86  =  194400  cbm  nutzbar  abgeben  können.   Rechnet  man 

rd.  15°/o  für  Verluste,  so  ergibt  sich  eine  nutzbare  Füllung  von  227000  cbm. 

Wenn  man  die  Dampfmaschine  während  21  Stunden  vollbelastet  mitlaufen  lässt,  so  kann  man 
bei  einem  Zufluss  von  80  cbm/sek.  während  6  Nachtstunden  10  cbm/sek.,  während  3  Nachtstunden 
1  cbm/sek.  also  zusammen  226800  cbm  aufspeichern  und  damit  den  Weiher  angenähert  füllen.  —  Sind 
35  cbm/sek.  Wasser  vorhanden,  so  würde  man  am  zweckmässigsten  die  Dampfmaschine  während 
21  Stunden  mit  1000  PS«  mitlaufen  lassen,  und  es  ergäbe  sich  im  übrigen  das  gleiche  Bild.  Während 
der  8  restierenden  Stunden  der  Nacht  wird  die  Dampfmaschine  in  den  2  Monaten  mit  30  cbm/sek. 
Zufluss  nur  mit  500  PSe  belastet,  in  den  Monaten  mit  35  cbm  Zufluss  ganz  abgestellt  sein. 

Es  wäre  also  nun  zu  untersuchen,  was  der  Stauweiher  kosten  darf,  damit  seine  Anlage  gegen- 
über der  Beschaffung  eines  weiteren  Dampfaggregats  den  Vorzug  verdient.  Aus  der  Vergleichsrech- 
nung können  die  Kosten  für  die  Verzinsung,  Tilgung  und  Erneuerung  der  vorhandenen  Wasserkraft- 
anlage, sowie  der  vorhandenen  Dampf  anläge  ausscheiden;  das  gleiche  gilt  für  die  direkten  Betriebs- 
kosten der  Wasserturbinen- Anlage.  Letztere  braucht  wegen  des  Stauweihers  nicht  vergrössert 
zu  werden,  weil  sie  für  60  cbm/sek.  ausreichend  gedacht  ist. 

Es  betragen  die  jährlichen  Betriebskosten  im  Falle  I  mit  der  Stauweih  er  anläge: 

a)  Für  die  direkten  Mehrkosten  des  durch  den  Zuschuss  aus  jfera  Weiher  gesteigerten 
Betriebes  im  Wasserkraftwerk  (vergL  Tab.  XIII.  S<  275  ad  26a  Spalte  4) 

3 x  1800x120  =  648000 PS«- St  ä  0,37  Pf.  =  2398  Mk. 

b)  Für  die  direkten  Betriebskosten  der  vorhandenen  Dampfmaschinenanlage  während 
zweier  Monate  bei  30  cbm/sek.  Wasserzufluss 

1.  1500x21  x 60=  1890000 PSe-St  ä  2,8  Pf.  =  43470    , 

2.  500x3x60  =  90000 PSe-St  ä  3,0  Pf.  =  2700    , 

c)  Die  direkten  Betriebskosten  der  Dampfmaschmenanlage  während  2  Monate  bei 
35  cbm/sek.  Wasserzufluss 

3.  1000x21  X  60  =1260000  PSe-St  a  2,5  Pf.  =  81500    . 

80068  ML 
Es  betragen  die  jährlichen  Betriebskosten  im  Falle  II  mit  einem  neu  zu  beschaffenden  Zu- 
satz-Dampfaggregat von  2000  PSe 

a)  Die  direkten  Betriebskosten  des  Dampfbetriebes  während  zweier  Monate  bei 
30  cbm/sek.  Wasserzufluss 91): 

1.  1500x12x60  =  1080000 PSe-St  ä  2,3  Pf.  =  24840  Mk. 

2.  1400X3X60  =  252000 PSe- St.  ä  2,4  Pf.  =  6048    , 

3.  500x9x60  =  270000 PSe-St  a  8  Pf.  =  8100    , 

4.  der  Betrieb  mit  dem  neuen  Aggregat: 

1800x3x60  =  324000 PSe- St  ä  5  Pf  .  =  16200    , 

b)  Die  direkten  Betriebskosten  des  Dampfbetriebes  während  zweier  Monate  bei 
35  cbm/sek.  Wasserzufluss: 

5.  1000X12 x 60  =  720000 PSe- St  ä  2,8  Pf.  =  16560    , 

6.  900x3 X 60  =  162000 PSe- St  a  2,5  Pf.  =  4050    , 

7.  Der  Betrieb  mit  dem  neuen  Aggregat: 

1800  x  3  X  60  =  324000  PSe-St  ä  5  Pf.  =  16  200    , 

c)  1.  für  Verzinsung,  Tilgung  und  Erneuerung  der  neu  zu  beschaffenden 

Dampfmaschine  nebst  Kesselanlage  im  Werte  von  270000  Mk.  (nach  Tab. 
XVII  S.  293  und  Tab.  XXIII  S.  800  ad  5  und  6  Spalte  1)  und  der  elek- 
trischen Einrichtung  im  Werte  von  2000  X  50  =  100000  Mk.  (nach  Tab.  VIII 
S.  260)  9,7  •/•  von  370000  Mk.  =  85890    , 

2.  desgl.  des  baulichen  Teils  6,3  °/o  von  111000  Mk.  (nach  Tab.  XVII  S.  293 

ad  13)  =  6  998    . 

; zusammen    184881  Mk. 

91)  Die  Leistungen  ad  1  und  4,  sowie  diejenigen  ad  5  und  7  fallen  zeitlich  zusammen,  bei  den 
Leistungen  ad  4  und  7  musste  ein  höherer  Einheitspreis  pro  PSe-St  eingesetzt  werden,  weil  die  besondere 
Kesselanheizung  hinzukommt  und  die  Betriebszeit  nur  jährlich  2  X  180  =  860  Stunden  beträgt 

Handbnefa  der  Ing.-Wiseenecfc.    UL  Teil.    18.  Bd.  48 


754  HI.     Theodor  Koehk.     Ausbau  ton  Wasserkräfte  >-.     Einzelheiten. 

Die  Differenz  der  Betriebskosten  zwischen  I  and  II  ergibt  sich  in  54813  Mk.  Bei  einer  Stan- 
weiheranlage  würde  für  Verzinsung  auch  4,5  •/•,  für  Tilgung  aber  nur  0.7  "/o,  für  Erneuerung  0,0  '  •.  Rh- 
Bedienung  nnii  Unterhaltung   je   0,5  "h   zu   rechnen  sein.     Danach  dürfte  der  Stauweiher  äusserst  enfalis 

54813  *  10°  rd.  -  982500  Mk.  kosten. 

Da  aber  ein  Weiher  von  237  000  com  Nutz-  und  etwa  400  000  cbm  Fassungsraum  kaum  mehr  als 
1,5  Mk.  pro  cbm  Fassungsraum,  also  zusammen  kaum  mehr  als  etwa  600000  Mk.  kosten  wurde,  d.  h. 
nicht  ganz  25  "/o  mehr  als  die  neue  Dampfmaschinen  an  läge,  so  würde  iu  dem  gedachten  Falle  die  Stau- 
wejheranlage  den  Vorzug  verdienen. 

b)  Druckbeoken.  In  netterer  Zeit  sind  einige  Anlagen  z.  T.  ausgeführt,  z.  T. 
projektiert,  bei  denen  die  Sammelbecken  nicht  durch  die  Schwerkraft,  sondern  durch 
Maschinenkraft  gefüllt  werden  sollen   und  man  kann  solche   Sammelbecken  zum 

Unterschiede    von    den    Stau- 

ibb-  "iLä&ekiä-aSäis"1  >a    «■•*«»  *  »™«»«*»  i» 

zeichnen.  Eine  solche  Anlage 
ist  neuerdings  bei  dem  Elek- 
trizitätswerk Ol ten-  Aar- 
burg zur  Ausführung  ge- 
langt*1). Das  Elektrizitäts- 
werk Olten-Aarburg  hatte 
einen  sehr  starken  Lichtbe- 
trieb, welcher  stundenweise 
mehr  Energie  erforderte  als 
die  verfügbare  Wasserkraft 
hergeben  konnte.  Dagegen  war 
in  den  Stunden  der  Tages- 
helle und  in  den  Nachtstun- 
den zeitweise  mehr  Wasser 
vorbanden  als  man  ausnützen 
konnte.  Dem  Kraftwerk,  wel- 
ches oberhalb  des  Städtchens 
Aarburg  die  Wasserkraft  der 
Aare  ausnützt,  steht  eine 
sekundliche  Wassermenge  von 
150  bis  160  cbm  bei  einem 
Gefalle  von  1,7  bis  4,0  m  (im 
Mittel  2,5  m)  zur  Verfügung. 
Der  Werkkanal  hat  eine  Länge 
von  700,0  m.  Man  hat  nun 
für  die  Ergänzung  der  Betriebs- 
kraft  folgendes  Programm  ent- 
rsten  Ausbau  ist  ein  Drmek- 
Decken  von  12000  cbm  Inhalt  und  43,6  X  43,6  m  Grundfläche  bei  6,0  m  Wasserspiegel- 
Schwankung  (nutzbare  Fällung)  angelegt,  in  welches  durch  eine  von  einem  Elektro- 
motor angetriebene  Druckpumpe  das  Wasser  in  den  Stunden  des  Wasserüberflusses  hinauf- 
gepumpt wird,  am  in  den  Standen  des  grossen  Lichtkonsuras  eine  Hochdrucktarbic« 


bs)  Mitteilung  von  S.  Herzog:  Elektrische  Bahnen  und  Betriebe,  Zeitochr.  f.  Verkehrs-  und  Traac- 
portwesen.  1905.  S.  401,  418  und  442. 


g  1.  Stauwerke.     0.  Stauweiheu  und  Dkuctbeckkn.  756 

anzutreiben.  Die  örtlichkeit  begünstigte  insofern  die  Anlage  dieses  Hochdruckbeckens, 
als  eich  unmittelbar  am  Werkkanal  in  der  Nahe  des  Kraftbausee  ein  Höhenrücken  be- 
findet, dessen  Plateau  ca.  315,0  m  über  dem  Kanal-Wasserspiegel  liegt  und  als  auf 
diesem  Plateau  das  Drockbecken  mit  verhält™  ssmässig  geringen  Kosten  angelegt  werden 
konnte.  Der  grösste  Teil  des  Aushubs  erfolgte  in  Felsen.  Das  hierbei  gewonnene  Material 
wurde  mit  Hilfe  tob  Steinbrnchmaschinen  zu  Schotter  gebrochen,  der  für  die  Herstellung 
der  Beton-Umfassungsmauern  und  für  die  Verkleidung  der  Beckensohle  direkt  verwendet 
wurde.  So  weit  die  Felswände  zugleich  die  Böschung  des  Beckens  bildeten,  wurden  sie 
ebenso  wie  die  Sohle  mit  einer  Betonschicht  von  20  bis  30  cm  Stärke  bekleidet  und 
zur  Abdichtung  dann  mit  einem  glatten  Zementputz  versehen.  Abb.  226  stellt  das 
Maschinenhaus  dar,  in  welchem  auch  die  für  den  zweiten  Ausbau  vorgesehenen  Dampf- 
maschinen Aufnahme  finden  sollen. 

Zw«  ttroptpuppen  T».  «.       »>*•  «•    'SSHÄ^SÄ-AStaS*-'*™  d" 
kraftmaschinen  sind  zunächst  vor- 
gesehen ,    von   denen  eine  bereits 
in    Betrieb    gesetzt    isf       tum* 
letztere    besteht   aus  e 
bine**),  einem  Motorge 
und     einer    Hochdrucli 
Die    genannten    drei 
sind  auf  einer  gemeinsan 
platte  vereinigt.    Das  1 
in  welchem  das  Wasser 
gepumpt    wird ,    dient 
Druckrohr    für    die    E 
Turbine  und  der  elektris 
welcher  die  Pumpe  tre 
als  Generator,  wenn  d 
von    dem    Druckbeckei 
kommt.    Der  Saugkanal 

die  Hochdruckturbine  im  Betriebe  ist.  An  dem  Druckbecken  (Abb.  226)  befindet  sich 
in  der  nach  dem  Krafthause  zu  gekehrten  Ecke  das  Schieberhaus.  Das  in  der  Hoch- 
druckturbine  ausgenützte  Wasser  des  Druckbeckens  tiicsst  in  den  Werkkanal  zurück 
und  kann  dann  in  deu  Turbinen  des  Hauptkraftwerkes  ausgenützt  werden. 

2.  Für  den  zweiten  Ausbau  ist  die  Errichtung  einer  Dampfreserve  vorgesehen, 
da  in  den  winterlichen  Monaten  die  sekl.  Wassermengen  der  Aare  sehr  zurückgehen 
und  die  Ergänzung  der  Kraft  nicht  nur  stundenweise,  sondern  tage-  und  wochenweise 
nötig  werden  kann. 

3.  Für  den  dritten  Ausbau  ist  die  Verdoppelung  der  für  den  ersten  Ausbau 
vorgesehenen  Anlage  projektiert.  Die  in  Abb.  225  dargestellten  Baulichkeiten  sollen  nach 
links  hin  in  symmetrischer  Weise  wiederholt  und  neben  dem  vorhandenen  soll  ein 
zweites  Druckbecken  angelegt  werden. 

Der  erste  Ausbau  ist  im  Herbst  1904  dem  Betrieb  übergeben  und  soll  sich  als 
wirtschaftlich  zweckmässig  erwiesen  haben. 

Wesentlich  für  derartige  Anlagen  ist  natürlich  immer,  dass  sich  ein  solches  Druck- 
es) Gelief,  von  Picard  Pictot  &  Cie.  in  Genf. 
>*)  Gelief,  von  der  A.-G.  Brown  Boveri  A  Cie.  in  Baden. 
■*)  Gelief,  von  Gebr.  Sulzer  in  Winterthur. 


756  HL    Theodor  Kobhk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

becken  in  möglichster  Nähe  des  Werkkanals  beziehungsweise  des  alten  Krafthanses  und 
möglichst  hoch  über  demselben  auf  billige  Weise  herstellen  lässt,  denn  je  höher 
ein  solches  Druckbecken,  liegt,  um  so  kleiner  braucht  es  bei  einer  bestimmten  Leistung 
zu  sein  und  um  so  billiger  werden  auch  die  Turbinen  und  Generatoren  ausfallen.  Ferner 
ist  von  Wichtigkeit,  dass  sich  nach  dem  Betriebsplane  eine  genügend  lange  jähr- 
liche Benutzungsdauer  ergibt. 

In  ähnlicher  Weise  wie  bei  Olten-Aarburg  soll  bei  aem  projektierten  Kraftwerk 
am  Rhein*)  des  Kantons  Schaff bausen  verfahren  werden.  Bei  den  sogenannten 
kleineren  Stromschnellen  unterhalb  Flurlingen  sollen  dem  Rhein  normal  etwa  120  cbm/sek. 
entnommen  und  am  rechten  Ufer  in  einem  600,0  m  langen,  zum  Teil  in  den  Rhein  ein- 
gebauten Werkkanal  zu  dem  Niederdruckkrafthause  geleitet  werden.  Die  in  den  Turbinen 
verbrauchten  Wassermengen  sollen  dem  Flusse  mittelst  eines  durch  Schleusen  regulierbaren 
Unterwasserkanals  zurückgegeben  werden  und  zwar  je  nach  der  im  Rhein  vorhandenen 
Wassermenge  ober-  oder  unterhalb  des  Schaffhausener  Wasserfalls.  Das  Gefalle  des  Nieder- 
druckkraftwerkes wird  zwischen  1,6  m  und  3,55  m  und  die  Kraftleistung  zwischen  1920  PS, 
und  3900  PS«  schwanken.  Zur  Vergrößerung  der  Kraftleistung  während  einiger  Stunden 
um  2000  PS«  soll  auf  der  Höhe  des  „Kohlfirstes*  ein  Hochdruckbecken  von  70000  cbm 
angelegt  werden  und  in  dieses  Becken  soll  an  Sonn-  und  Festtagen  während  18  Stunden 
und  an  Werktagen  während  8  Nachtstunden  je  740 1/sek.  Wasser  unter  Benutzung  der  nicht 
verwendbaren  Wassermenge  im  Niederdruckwerk  hinaufgepumpt  werden,  um  diese  Wasser- 
mengen in  den  Stunden  des  grösseren  Kraftbedarfs  in  den  Turbinen  des  Hochdruck- 
werkes  wieder  auszunützen.  Es  sollen  veranschlagt  sein:  Die  Niederdruckanlage  mit 
2280000  Frs.;  die  Hochdruckanlage  mit  1300000  Frs.;  der  elektrische  Teil  mit  780000  Fxs. 

Eine  andere  interessante  Lösung  zur  Aufspeicherung  der  während  der  Nachtzeit  zur 
Verfügung  stehenden,  aber  nicht  voll  ausnützbaren  Wasserkräfte  hat  die  Societa  Lom- 
barda  per  distribuzione  di  energia  elettrica  in  Mailand  (S.  353)  projektiert.  Die 
genannte  Gesellschaft  hat  bisher  zwar  die  ihr  in  der  Nacht  in  Vizzola  und  Turbigo  zur 
Verfugung  stehenden  Wasserkräfte  verhältnismassig  gut  ausnützen  können,  denn  die  durch- 
schnittliche Benutzungsdauer  jeder  installierten  PS#  hat  im  Jahre  1906  etwas  mehr 
als  5000  St.  betragen  (vgl.  Seite  526,  Fussnote  6).  Wenn  aber  das  die  Nachtarbeit  der 
Frauen  und  Kinder  verbietende  italienische  Gesetz  (S.  342)  erst  vollkommen  zur  Durch- 
führung gelangt  sein  wird,  so  ist  wohl  ein  erhebliches  Nachlassen  des  Stromkonsums 
während  der  Nachtstunden  zu  erwarten,  denn  es  ist  gerade  die  Hauptabnehmerin  der 
Lombards,  nämlich  die  Textilindustrie,  welche  die  meisten  Frauen  und  Kinder  beschäftigt. 
In  der  Nähe  des  Lago  Maggiore  (Abb.  227)  liegen  zwei  kleine  Seen,  welche  eine  Höhen- 
differenz von  25,0  m  gegeneinander  besitzen.  Der  obere  Lago  di  Monate  hat  eine 
Oberfläche  von  2,5  qkm  und  liegt  auf  +  268,0  m,  der  untere  Lago  di  Comabbio  hat 
eine  Oberfläche  von  3,5  qkm  und  liegt  auf  -f-  243,0  m.  Die  Ufer  der  beiden  Seen  sind 
an  der  Stelle,  wo  sie  sich  am  nächsten  kommen  nur  rd.  1,0  km  voneinander  entfernt, 
und  an  dieser  Stelle  fuhrt  bereits  die  Hochspannungsfernleitung  der  Lombarda  hindurch, 
welche  die  elektrische  Energie  von  Turbigo  und  Vizzola  nach  der  industriereichen 
Gegend  um  den  Lago  di  Yarese  bringt.  Die  Lombarda  projektierte  nun  an  dem  unteren 
Lago  di  Comabbio  und  zwar  in  Ternate  die  Errichtung  eines  Krafthauses  mit  zu- 
nächst vier  Gruppen  bestehend  je  aus  einem  Generatot-Motor  von  1250  KW-Leistung, 
einer  Druckpumpe  und  einer  Turbine.  Mittelst  der  Pumpenanlage  und  eines  Druckrohree 
sollten  in  der  Nacht  1000000  cbm  Wasser  des  unteren  Sees  auf  die  Höhe  gedrückt  und 


t«)  VergL  Klektrot  Zeitechr.  1906.  8.  417. 


J  1.  Stauwerke.     C.  Stauwnheb  und  Druckbecken.  757 

Ton  da  in  einen  offenen  Kanal  in  den  Lago  di  Monate  geführt  werden.  Letzterer 
würde  dadurch  während  der  Nacht  am  0,40  m  aufgestaut,  der  untere  See  am  ca.  0,30  m 
Abb.  227.    überaichtsplan  betreffend  die  Ausnutzung  des  Lago  dt  Monate  als  Druckbecken.     1 :  200000. 


gesenkt  werden.    Diese  Wassermenge  sollte  dann  für  die  12  Tagesstunden  zur  Verfügung 
stehen.     Der  offene  Kanal  war  mit  einer  Sohlenbreite  von  8,0  m  und  einer  normalen 


758         III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften,    Einzelheiten. 

Wassertiefe  von  3,9  m  projektiert.  Eine  Stande  für  Arbeitspausen  abgerechnet,  bleiben 
11  Arbeitsstunden  am  Tage,  während  welcher  rd.  25  cbm/sek.  verfügbar  sein  würden. 
Nach  Abzug  aller  Reibungsverluste  verblieben  rechnungsmäßig  23,0  m  Nutzgefälle,  welche 
bei  ca.  80°/o  Nutzeffekt  in  den  Turbinen  ca.  6160  PSe  oder  4250  KW  nutzbar  abzu- 
gebende elektrische  Energie  an  den  Sammelschienen  des  Kraftwerkes  in  Ternate  ergeben 
würden.  Der  Kanal  und  das  Druckrohr  sollten  am  Tage  dazu  dienen,  das  Wasser  aus 
dem  Lago  di  Monate  in  das  Krafthaus  am  Lago  di  Comabbio  zurückzuführen  und 
die  elektrischen  Motoren,  welche  in  der  Nacht  die  Pumpen  anzutreiben  hätten,  würden 
am  Tage  durch  die  Turbinen  angetrieben  werden  und  als  Generatoren  wirken. 

Die  Anlagekosten  für  das  Krafthaus  mit  Saugkammer,  motorischer  und  elektrischer 
Ausrüstung,  Wohngebäude  für  die  Bedienung  etc.,  Druckrohr  und  Kanal  sind  mit  rd. 
2300000  Lire  veranschlagt. 

Die  Anlieger  an  den  Seen,  welche  gewisse  Eigentumsrechte  an  denselben  haben, 
sollten  dadurch  entschädigt  werden,  dass  man  ihnen  1000  KW  für  einen  billigen,  aber 
die  Selbstkosten  noch  deckenden  Preis  lieferte.  Zu  beachten  war  bei  der  wirtschaftlichen 
Rentabilitätsberechnung,  dass  man  in  den  Krafthäusern  Vizzola  und  Turbigo 
verstärkten  Nachtbetrieb  einzuführen  hätte  und  dass  man  in  dem  Kraft- 
hause Ternate  Tag-  und  Nachtbetrieb  haben  würde,  während  man  nur  am  Tage 
die  Kraft  an  die  Abnehmer  liefern  könnte.  Von  der  in  Vizzola  oder  Turbigo 
nächtlich  erzeugten  und  nach  Ternate  geleiteten  Energie  würde  während  der  12  Tages- 
stunden an  den  Sammelschienen  in  Ternate  nur  ein  Rest  von  rd.  40°/o  in  Form  elek- 
trischer Energie  wieder  abgegeben  werden  können,  während  60  °/o  in  der  Femleitung  nach 
Ternate,  in  den  Motoren,  Druckpumpen,  bei  der  Hebung  des  Wassers  von  einem  See  in 
den  anderen,  beim  Rücklauf  desselben  in  das  Krafthaus,  endlich  in  den  Turbinen  und 
Generatoren  etc.  verloren  gehen  würden. 

Es  müssten  demnach,  um  4250  KW  am  Tage  in  Ternate  abgeben  zu  können  in  Vizzola/Turbigo 

nachts,  ebenfalls  während  12  Standen,  — —- — =■  10600  KW  erzengt  werden.  Hierzu  worden  an  Be- 
triebskosten aufzuwenden  sein: 

a)  An  direkten  Betriebskosten  (nach  Tab.  XI  und  XII  S.  273  und  274  ad  26b  Spalte  4)  etwa: 

10600. 12. 860. ^^  =  rd.  322000  Lire 

Zur  Erzeugung  dieser  Leistung  wurden  8  Maschinensätze  zu  je  2000  PS«  in 
Betrieb  zu  halten  sein.  Die  Beschaffungskosten  dieser  8  Sätze  haben  etwa  betragen 

1.  Für  die  Turbinen: 

8.2000.  ?!?  (nach  Tab.  I  S.  245  ad  11  Spalte  10)  =  440000  Lire 

U,ol 

2.  Für  den  elektrischen  Teil: 

8 .  2000 .  ~  (Tab.  VIII  S.  260)  =  987  200    „ 

""1427  200  Lire 

b)  An  indirekten  Betriebskosten  kämen  also  hinzu .^n'-  '    =rd.  21400    » 

Summa  ~343  400  Lire 
Es  würden  ferner  betragen  die  Betriebskosten  in  Ternate 

c)  An  direkten  Betriebskosten 

4250 .  24 .  360 .  -^f-  (nach  Tab.  XILI  S.  275  ad  26b  Spalte  4)  =  rd.  231  200  Lire 


d)  An  indirekten  Betriebskosten  für  Verzinsung,  Tilgung  und  Erneue- 
rung der  Anlage  Ternate 

2300000.8   __ 

100  ~~ 


184000 


Summa    415200  Lore 
sodass  schliesslich  die  Gesamtbetriebskosten  betragen  würden  758  600  Lire 


§  2.  Die  WebkkakIle.  759 

Durch  die  ganze  Kraft  von  4250  KW,  die  wahrscheinlich  in  der  Nahe  von  Ternate  zu  Pauschal- 
preisen pro  KW  und  Jahr  verkauft  werden  könnte,  würde  etwa,  unter  Berücksichtigung  der  Verpflichtung, 
1000  KW  an  die  Uferbesitzer  zu  Vorzugspreisen  abgeben  zu  müssen,  günstigstenfalls  eine  jährliche 
Gesamteinnahme  von  800000  Lire  erzielbar  sein  (S.  853).  Der  Überschuss  würde  daher  rd.  41400  Lire 
betragen.  Den  gleichen  Überschuss  würde  man  durch  Abgabe  des  Nachtstroms  direkt  in  Vizzola/Turbigo 
erreichen  können,  wenn  man  daselbst  pro  KW  und  Jahr  für  den  zwölf  stündigen  Nachtstrom  nur  einen 

384  800 
Preis  x  von:  10600.x  —  343400  =  41400;  x=  -^££  =  rd.  36,3  Lire   erzielte,    d.   h.   also   man 

brauchte  für  den  Nachtstrom  in  Vizzola/Turbigo  weniger  als  den  vierten  Teil  des  Durchschnittspreises 
für  den  Tagesstrom97)  zu  erzielen,  um  schliesslich  den  gleichen  wirtschaftlichen  Nutzen  zu  haben. 

Es  ist  deshalb  zweifelhaft,  ob  die  Lombarda  die  projektierte  Neuanlage  zur  Aus- 
führung bringen  wird,  zumal  ja  auch  die  Anlieger  am  See  Schwierigkeiten  machen. 

Dieses  Beispiel  zeigt,  dass  beim  Projektieren  derartiger  Druckbecken-Anlagen, 
ebenso  wie  bei  den  Stauweiheranlagen,  eine  sorgfältige  wirtschaftliche  Berechnung  im 
besonderen  Masse  notwendig  ist,  ehe  man  sich  zur  Ausführung  entschliesst. 


§  2.    Die  Werkkanäle. 

Hierzu  Tafel  LIII. 

Die  Besprechungen  dieses  Paragraphen  sind  gegliedert  in: 

a)  Allgemeines, 

b)  Die  Wahl  des  Gefälles  und  des  Kanalprofils, 

c)  Der  Einlauf  und  das  Regulierungswerk, 

d)  Die  Überläufe  und  die  Ablaufkanäle, 

e)  Die  Ablagerungsbecken, 

f)  Die  Druckkammern,  die  Turbinenkammern  und  die  Rechen, 

g)  Die  Ausführung  der  Werkkanäle. 

a)  Allgemeines.  Die  Kosten  eines  Werkkanals  hängen  im  wesentlichen  von  der 
Art  und  Grösse  seines  Querschnittes,  von  seiner  Länge,  sowie  von  der  Art  und  Ge- 
staltung des  Terrains  im  Längsprofil  ab.  Die  Art  und  Grösse  seines  Querschnittes  hängt 
von  der  sekundlichen  Wassermenge  ab,  welche  den  Turbinen  zugeführt  werden  soll  und 
seine  Länge  von  dem  Druckgefälle,  welches  man  bei  gegebenem  Gefälle  im  Flusse  durch 
den  Werkkanal  gewinnen  will.  Über  beides,  sekl.  Wassermenge  und  Gefalle,  wird  bei 
den  Vorarbeiten  vorläufige  Entscheidung  getroffen  sein  und  es  sind  in  dieser  Beziehung 
die  §§  4  und  ö  des  Kap.  I  zu  vergleichen. 

Anzustreben  ist  die  Auffindung  derjenigen  Lösung,  bei  welcher  eine  gegebene 
Leistungsfähigkeit  des  Werkkanals  in  PSe  mit  einem  Mindestaufwand  sowohl  an  Anlage- 
kosten als  auch  an  jährlichen  Betriebskosten  erzielt  werden  kann.  Die  Aufgaben,  welche 
durch  die  Verschiedenartigkeit  der  Örtlichkeiten  gestellt  werden,  sind  so  mannigfaltig 
und  vielgestaltig,  dass  man  allein  durch  eine  mathematische  Rechnung  diese  Minima  nicht 
finden  kann,  vielmehr  zugleich  auf  die  Verwertung  der  bei  ausgeführten  Anlagen  gemachten 
Erfahrungen  angewiesen  ist.  Man  muss  durch  allgemeine  Überlegungen  verschiedene 
Möglichkeiten  der  Lösung  ausscheiden  und  zwischen  den  verbleibenden  Möglichkeiten 
durch  Vergleichsrechnungen  die  Entscheidung  herbeiführen. 

9?)  Die  Durchschnittseinnahme  pro  KW  und  Jahr  bei  den  Konsumenten  gemessen  hat  nach 
S.  358  im  Jahre  1905  bei  zwölfetündiger  Lieferung  etwa  183  Lire  betragen,  wonach  sich  etwa  ein  Preis 
von  rd.  147  bis  150  Lire  am  Schaltbrett  des  Krafthauses  ergeben  würde.  (Die  S.  353  angegebene  Zahl 
238  Lire  anstatt  188  Lire  beruht  auf  einem  leider  übersehenen  Druckfehler.) 


760 


HL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräfte*.    Einzelheiten. 


Ein  generelles  Projekt  ist  fast  immer  schon  vor  Erteilung  der  Konzession  aufzu- 
stellen, da  dieselbe  nur  in  seltenen  Fällen  ohne  ein  solches  zu  erlangen  sein  wird. 

Bei  Werkkanälen,  welche  das  Wasser  ans  grösseren  Flüssen  entnehmen,  wird 
mitunter  die  Bedingung  gestellt  werden,  dass  sie  zugleich  auch  der  Schiffahrt  zu  dienen 
haben,  auch  wenn  bislang  keine  Schiffahrt  auf  dem  Flusse  stattfand.  Da  die  Bedingung 
der  Schiffbarkeit  von  vornherein  sowohl  das  Profil  als  auch  die  Linie  des  Werkkanals 
beeinflusst,  so  muss  sich  der  projektierende  Ingenieur  in  solchen  Fällen  bei  den  zustan- 
digen Behörden  erkundigen,  welche  Bedingungen  etwa  in  bezug  auf  die  Schiffahrt  gestellt 
werden.  Die  Gewinnung  von  Kraft  aus  grossen  Flüssen  ist  wirtschaftlich  meistens  nur 
an  solchen  Stellen  möglich,  wo  entweder  an  einer  Stufe  ein  Gefälle  konzentriert  ist  oder  wo 
ein  Gefalle  von  mindestens  1 :  1500  bis  1 :  2000  (S.  118)  vorhanden  ist.  Eine  solche  Stufe  oder 
ein  solches  Gefälle  ist  aber  der  Schiffahrt  hinderlich  und  so  können  unter  Umständen 
durch  den  Bau  eines  Kraftwerkes  zugleich  die  Interessen  der  Schiffahrt  gefordert  werden. 
Es  wurde  z.  B.  die  Schiffbarkeit  des  Kanals  konzessionsmässig  vorgeschrieben  bei  der 
Anlage  Vizzola  für  Barken  bis  zu  100  t  (S.  343  und  345);  bei  der  Anlage  Marbach- 
Stuttgart  gleichfalls  für  kleinere  Fahrzeuge  bis  zu  etwa  100  t,  bei  der  Anlage  Lech- 
werk  für  Fahrzeuge  bis  zu  etwa  250—300  t;  bei  der  Anlage  Jonage-Cusset-Lyon 
für  Schleppzüge  von  Schiffgefässen  (S.  515).  Bei  der  Anlage  Sault  St.  Marie  (Michigan 
V.  St.  A.)  musste  neben  dem  Werkkanal  ein  Schiffahrtskanal  mit  Schleusen  für  die 
grössten  auf  dem  Lake  Superior  verkehrenden  Dampfer  angelegt  werden  (S.  551). 

Bei  der  Jonageanlage  wurde  die  Schleusenbreite  mit  16,0  m,  die  Länge  der  Kammer  mit  105,0  m, 
die  Tiefe  der  Schleusenschwelle  unter  dem  niedrigsten  Wasserspiegel  mit  2,50  m  angenommen;  beim 
Lechwerk  die  KammerlAnge  zu  41,0  m,  die  Schleusenbreite  zu  8,0  m  and  die  niedrigste  Wassertiefe  über 
der  Sehwelle  zu  1,5  m,  bei  Stuttgart  die  Kammerweite  zu  oo4,5  m,  die  Kammerlinge  zu  c/>  88,0  m, 
bei  dar  Yizzola-Anlage  die  Kammerweite  zu  6,50  m,  die  Kammerlftnge  zu  88,0  m,  der  niedrigste  Wasser- 
stand Ober  der  Schwelle  zu  1,40  m. 

Soll  bei  einem  Werkkanal  die  Schiffahrt  nicht  durch  animalische  oder  maschinelle  Treidelei, 
sondern  durch  Fahrzeuge  mit  eigenem  Motor  und  Schrauben  oder  Bädern  stattfinden,  so  muss  die  Wasser- 
tiefe unter  dem  Schiffsboden  mindestens  0,50  m  betragen,  anderenfalls  können  0,25  m  genügen*  Im 
allgemeinen  kann  man  annehmen,  dass  der  Wasserquerschnitt  des  Kanals  mindestens  viermal  grösser 
sein  muss  als  der  eingetauchte  Querschnitt  eines  Kanalschiffes;  dies  ergibt  bei  einem  Schiffe  Von  1,5  m 
Tiefgang  und  6,0  m  Breite,  wenn  man  die  Mindesttiefe  unter  dem  Schiffsboden  zn  0,5  m  annimmt,  bei 
zweifacher  Böschung  des  Kanalprofils  eine  Sohlenbreite  von  14,0  m  und  bei  17*facher  Böschung  eine 
solche  von  15,0  m.  Meistens  werden  noch  Zuschlage  zu  den  so  ermittelten  Breitenmassen  von  1,0  bis 
2,0  m  vorgeschrieben.  Bei  Kammerschleusen  wird  man  die  Wassertiefe  über  der  Schwelle  lieber  etwas 
grösser  annehmen  als  die  normale  Wassertiefe  im  Werkkanal,  damit  späteren  etwaigen  Yerinderungen 
in  dem  Tiefgang  der  Schiffsgeftsse  Rechnung  getragen  wird. 

Die  Lange  eines  Kanalschiffes  beträgt  meistens  etwa  das  7 V«  fache  der  Breite  und  die  Breite 
etwa  das  4  fache  des  Tiefgangs.  Die  Schleusen  weite  muss  mindestens  2  x0,25  m  mehr  als  die  grösste 
angenommene  8chiffsbreite  betragen. 

Folgende  Zahlentafel  gibt  Anhaltspunkte  für  die  Hauptabmessungen  von  Schleusen  und  Kanilen, 
welche  beim  generellen  Projekt  zugrunde  gelegt  werden  können,  sofern  nicht  bereits  ganz  bestimmte 
andere  Vorschriften  bekannt  sind. 


Tragfähigkeit  des  grössten  Schiffes 
Grösster  Tiefgang  des  Schiffes 
Mindeste  Wassertiefe  des  Kanals 
lichte  Weite  der  Schleusen 
Mindeste  Sohlenbreite  des  Kanals 
Nutzbare  Liege  der  Schleusen 


o 

M 

l 

CQ 

u 


500  t 
1,75  m 
2,00  . 
8,60  , 

55,00  , 


400  t 

1,75  m 

2,00  . 

7,50  , 

15,00  , 

55-58  m 


200—250  t 

1,50  m 

2,00  , 

6,25—7,0  m 

12,50—14,0  m 

48-57,5  , 


100  t 
1,15  m 
1,50  . 

WO  . 
>35,00  . 


Bei  Kanilen,  welche  für  Schiffe  bis  zu  100 1  bestimmt  sind,  d.  k  bei  Schüblingen  bis  zu  85,0  m, 
sind  bei  Krümmungen  in  der  Kanalachse  Halbmesser  von  80,0  bis  40,0  m  noch  zulässig,  solche 


§  2.  Die  WerkkanAi*e.  761 

von  80,0  bis  100,0  m  auf  alle  Fälle  ausreichend.  Bei  grösseren  Fahrzeugen  wird  man  die  Halbmesser 
zu  250  bis  500,0  m  annehmen  müssen.  Wenn  an  einer  Krümmung  die  Verkantung  des  normalen  Krüm- 
mungshalbmessers wünschenswert  ist,  kann  man  sieh  dadurch  helfen,  dass  man  eine  entsprechende  Er- 
weiterung des  Profils  vornimmt. 

Als  Lichthöhe  zwischen  der  Unterkante  fester  Brücken  und  dem  höchsten  Wasserspiegel  im 
Kanal  wird  in  Frankreich  durchschnittlich  3,75  m,  höchstens  4,0  m  angenommen.  In  Deutschland  wird 
meistens  4,0  m  vorgeschrieben.  So  betragt  z.  B.  die  Lichtweite  beim  neuen  Teltow-Kanal  4,0  m.  Es 
ist  aber  in  Deutschland  auch  wohl  eine  Lichthöhe  von  4,5  m  verlangt  worden. 

Soll  der  Werkkanal  gleichzeitig  zur  Bewässerumg  dienen,  so  wird  natürlich  das 
Projekt  sowohl  durch  die  hieraus  sich  ergebende  Anforderung  an  die  Wasserführung 
als  auch  durch  die  Stelle,  wo  das  Wasser  abzugeben  ist,  beeinflusst. 

Aus  den  bei  den  Vorarbeiten  gewonnenen  Längsprofilen  des  Flusses  und  aus 
seinen  Wasserspiegellinien  bei  den  verschiedenen  Wasserständen  ergibt  sich  das  höchste 
Rohgefälle,  welches  durch  einen  Werkkanal  durchschnittlich  pro  lfm.  gewonnen 
werden  kann. 

Wenn  ein  Wehr  zur  Erhöhung  des  Druckgefälles  errichtet  werden  soll,  so  ist  mit 
der  gewählten  Wehrstelle  auch  genau  genug,  wenigstens  für  das  vorläufige  Projekt,  die 
Stelle  des  Einlauf 8  bestimmt;  zweifelhaft  könnte  dann  nur  noch  die  Flusseite  sein,  auf 
welche  der  Werkkanal  zu  legen  ist.  Bezüglich  der  Wahl  der  Flusseite  werden  sich  die 
zu  beobachtenden  allgemeinen  Gesichtspunkte  aus  den  Mitteilungen  ergeben,  welche  bei 
der  Besprechung  der  Auswahl  der  besten  Linienführung  weiter  unten  folgen.  Bleiben 
Zweifel  bestehen,  so  können  auch  in  dieser  Beziehung  nur  eine  Veranschlagung  der 
Anlagekosten  und  eine  Betriebskostenberechnung  die  Entscheidung  herbeiführen. 

Wo  ein  Wehr  nicht  vorgesehen  ist,  die  Ausmündung  vielmehr  aus  einem  See  oder 
aus  einem  Flusse  oberhalb  einer  Strecke  mit  starkem  Gefälle  erfolgt,  wird  das  Studium 
der  Karte  in  allen  Fällen  genügende  Anhaltspunkte  für  die  Wahl  der  Einlau&telle  geben. 
In  erster  Linie  ist  darauf  zu  achten,  dass  auch  bei  niedrigstem  Wasser  noch  mit  Sicher- 
heit die  gewünschte  sekl.  Wassermenge  in  den  Kanal  hineingelangen  kann.  Man  wird 
aus  dem  letzterwähnten  Grunde  die  Ausmündung  des  Kanals  möglichst  an  eine  Stelle 
legen,  wo  die  Begrenzung  des  Ufers  nach  der  Flussmitte  zu  konkav  ist.  Bei  der  Anlage 
Jonage-Cusset-Lyon  hat  man  zur  Sicherung  des  Wasserzuflusses  bei  KW.  in  der  Ver- 
längerung der  Achse  des  Kanaleinlaufs  im  Bette  der  Rhone  eine  500,0  m  lange  Rinne 
mit  5  °/oo  Sohlengefälle  gebaggert,  welche  während  des  Betriebes  von  Zeit  zu  Zeit  wieder 
aufgebaggert  werden  muss  (Tai.  XXXVIII,  Fig.  7).  Für  schiffbare  Kanäle  ist  andererseits 
darauf  zu  achten,  dass  die  Richtungsänderung  der  Fahrzeuge  möglichst  in  einer  Wasser- 
fläche mit  massiger  Strömung  stattfindet.  Ist  es  bei  einer  Anlage  ohne  Wehr  erforder- 
lich, die  für  die  Schiffahrt  vorgeschriebenen  Kammerschleusen  bereits  nahe  beim  Einlauf 
anzulegen,  so  muss  zwischen  den  oberen  Schleusentoren  und  dem  Flusse  wenn  möglich 
Platz  für  einige  Schiffe,  mindestens  aber  für  eine  volle  Schiffslänge  vorhanden  sein. 

Aus  dem  Rohgefälle,  welches  man  für  ein  Kraftwerk  bei  einer  gegebenen  Fluss- 
strecke durch  einen  Werkkanal  gewinnen  will,  ergibt  sich  zunächst  auch  ungefähr  die 
Stelle,  wo  das  Triebwasser  der  Turbinen  wieder  in  den  Fluss  ausmünden  muss.  In  den 
meisten  Fällen  ist  hiernach  auch  die  genauere  Ausmündungsstelle  aus  dem  Studium  der 
Örtlichkeit  leicht  zu  finden.  Bei  der  Auswahl  für  die  Ausmündungsstelle  und  bei  der 
technischen  Gestaltung  derselben  ist  zu  beachten,  dass  durch  das  ausströmende  Wasser 
ein  Stau  in  dem  Flusse  möglichst  vermieden  wird  und  dass  die  Mündung  nicht  ver- 
sanden kann  (vgl.  die  Anlage  Wangen  S.  431  und  Taf.  XXIII,  Fig.  1).  Man  wird  deshalb 
die  Ausmündung  tunlichst  spitzwinklig  zur  Flussachse  anlegen  und  bei  gekrümmten  Fluss- 


762  HL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

laufen  an  einer  Stelle,  wo  die  Uferbegrenzung  konkav  ist  und  wo  nach  den  bei  den 
Vorarbeiten  gemachten  Beobachtungen  die  geringsten  Ablagerungen  von  Geschiebe  und 
Sinkstoffen  stattfinden  (vgl.  z.  B.  Anlage  Vizzola  S.  345  und  Taf.  I,  Fig.  1).  Auch  die 
Beschaffenheit  des  der  Ausmündung  gegenüberliegenden  Ufers  ist  in  Betracht  zu  ziehen, 
namentlich  wenn  es  sich  um  grosse  Betriebswassermengen  handelt,  und  zwar  mit  Rück- 
sicht auf  Uferbefestigungsarbeiten,  welche  unter  Umständen  notwendig  werden  und  die 
Gesamtkosten  ungünstig  beeinflussen  könnten. 

Bei  Verschiebung  der  Ausmündungsstelle  nach  oben  oder  unten  sind  neben  der 
überschläglichen  Berechnung  der  Anlagekosten  auch  die  Gewinne  oder  Verluste  an 
Gefalle  zu  berücksichtigen,  bei  deren  Bewertung  der  Bedarf  an  Kraft  und  der 
Preis,  zu  welchem  man  die  PSe  nutzbar  verwenden  kann,  eine  wichtige 
Rolle  spielen. 

Sind  Einlauf  und  Ausmündung  festgestellt,  so  handelt  es  sich  um  die  richtige 
Wahl  der  Linie  zwischen  beiden.  Im  allgemeinen  wird  die  kürzeste  Strecke  die  beste 
sein.  Aber  die  Wahl  der  kürzesten  Strecke  ist  oft  aus  anderen  Gründen  nicht  möglich. 
Es  sind  u.  a.  die  Überführung  von  Wegen,  Strassen  und  Eisenbahnen,  die  Kreuzung 
von  Bächen  oder  Kanälen,  die  Umgehung  von  Ortschaften,  Gehöften  und  einzelnen  Ge- 
bäuden, das  Durchschneiden  gewisser  Grundstücke  an  bestimmten  Stellen  wegen  der 
Höhe  des  Grunderwerbs  zu  berücksichtigen.  Kann  man  schon  nach  dem  Augenschein 
die  schlechte  Beschaffenheit  des  Untergrundes  an  einer  im  Zuge  der  kürzesten  Linie 
befindlichen  Stelle  beurteilen,  so  wird  ebenso  unter  Umständen  von  vornherein  ein  Ab- 
weichen von  der  kürzesten  Linie  geboten  sein. 

Aus  dem  vorläufig  gewählten  Profil  des  Werkkanals  kann  man  überschlaglich  die 
Grösse  des  Grunderwerbs  bei  verschiedenen  Höhen  der  Sohle  unter  oder  über  der 
Terrainlinie  bestimmen  und  so  diesen  mitunter  sehr  wichtigen  Faktor  bei  der  Auswahl 
der  besten  Linienführung  schon  von  vornherein  mit  in  Betracht  ziehen. 

Im  allgemeinen  ist  der  Einschnitt  dem  Auftrage  vorzuziehen,  weil  die  Stand- 
sicherheit des  Kanals  im  Einschnitt  grösser  und  die  Dichtigkeit  leichter  zu  erzielen  ist. 
Andererseits  kann  es  ganz  erwünscht  sein,  dass  das  Profil  nur  im  unteren  Teile  im 
Einschnitte  liegt,  im  oberen  Teile  aber  durch  Dämme  eingefasst  ist  oder  dass  im  Laufe 
der  Linie  Einschnitt  mit  Auftrag  wechselt,  damit  man  den  im  Einschnitt  gewonnenen 
Boden  mit  möglichst  kleinen  Transportlängen  unterbringen  kann.  Bei  der  Anlage  Vizzola 
und  dem  ersten  Lose  des  Kanals  Jonage-Cusset-Lyon  (S.  509)  glichen  sich  Auftrag 
und  Abtrag  gut  aus.  Bei  der  Anlage  Turbigo  musste  man  auf  der  untersten  Strecke 
des  Werkkanals  (Taf.  IV,  Fig.  2)  und  bei  der  Anlage  Lech  werk  fast  auf  der  ganzen 
Länge  des  Unterwasserkanals  den  Boden  seitlich  aussetzen  (Abb.  134,  S.  559).  Ist  das 
seitliche  Aussetzen  von  Bodenmassen  nötig,  so  muss  dieser  Umstand  beim  Grunder- 
werb berücksichtigt  werden. 

Grössere  Aufträge  in  Boden  als  3,0  m  bis  höchstens  4,0  m  zwischen  der  Sohlen- 
linie des  Kanals  und  Terrain  wird  man  bei  einem  Profil  zwischen  Dämmen  im  allge- 
meinen vermeiden,  weil  die  Dichtung  schwierig  wird  und  man  nachträglich  Sackungen 
befürchten  muss,  die  immer  für  einen  Kanal  gefahrlich  bleiben. 

Kann  man  durch  Verschiebung  der  Linie  eine  höhere  Lage  der  Kanalsohle  über 
Terrain  nicht  vermeiden,  so  muss  man  den  Damm  entweder  zwischen  sieher  tendierten 
Mauern  einfassen  oder  den  Werkkanal  in  eine  Kanalbrücke  überführen  oder  durch 
eine  Dückeranlage  die  Stelle  überwinden. 

Bei  geneigtem  Terrain  kann  es  häufig  gelingen,  die  Linienführung  so  zu  finden« 
dass  sich  Auftrag  und  Abtrag  im  Profil  direkt  ausgleichen,  und  es  werden  alsdann  die 


§  2.  Die  WerkkanIle.  763 

Produkte  aus  den  zn  bewegenden  Massen  und  den  Transportwegen  ein  Minimum,  d.  h.  die 
Ausführung  des  Profils  wird  am  billigsten.  Diese  Betrachtung  hat  besonders  bei  solchen 
Anlagen  eine  grosse  Bedeutung,  wo  an  einem  felsigen  Hang  das  Profil  des  Werkkanals 
so  eingeschnitten  werden  kann,  dass  der  Ausbruch  genügt,  um  mit  den  gewonnenen 
Bruchsteinen  die  abwärts  gelegene  Mauer  des  Kanalprofils  zu  errichten  und  mit  dem 
Schutt  den  Winkel  zwischen  dieser  Mauer  und  der  Terrainneigung  so  auszugleichen, 
dass  die  Sohle  annähernd  horizontal  wird  (vgl.  z.  B.  die  Querprofile  der  Anlage  Funghera, 
Taf.  X,  Fig.  4  bis  7).  Man  hat  hierbei  aber  darauf  zu  achten,  dass  von  der  Hangseite 
kein  Boden  durch  Regenfälle  in  den  Werkkanal  hineingespült  werden  und  dass  nicht 
bröckliges  Gebirge  in  den  Kanal  stürzen  kann.  Gegebenenfalls  sind  Trockenmauern  und 
andere  Schutzmittel  —  unter  Umständen  die  völlige  Abdeckung  —  mit  zu  veranschlagen. 

Geht  der  Kanal  durch  einen  Wald,  so  ist  zu  beachten,  dass  er  wegen  des  Laub- 
falles abzudecken  ist. 

Kreuzungen  mit  Gebirgsbächen,  welche  bei  H.W.  viel  Gerolle  und  Geschiebe 
führen  können,  sind  möglichst  ganz  zu  vermeiden  und  es  kann  dieser  Gesichtspunkt 
mitunter  allein  entscheidend  sein  für  die  Wahl  der  Flusseite,  auf  welcher  man  den 
Kanal  anzulegen  hat  (vgl.  z.  B.  die  Anlage  Morbegno  S.  386).  Muss  die  Kreuzung  aber 
stattfinden,  so  ist  der  Kanal  wenn  irgend  möglich  unter  diesen  Bach  hindurch- 
zuführen, wie  bei  der  Anlage  St.  Maurice-Lausanne  (S.  456). 

Bei  der  Anlage  Livet  wurde  die  Linie  des  Werkkanals,  um  nicht  Schluchten,  in 
welchen  häufig  Lawinen  zu  Tale  gehen,  kreuzen  zu  müssen,  in  den  Berg  hinein  ver- 
schoben (S.  529). 

Kleinere  Bäche,  welche  kein  Geschiebe  führen,  können  entweder  in  den  Kanal 
hinein-  oder  Überweg-  oder  unterdurch  geleitet  werden  und  bilden  im  allgemeinen  keine 
Schwierigkeiten. 

Mit  besonderer  Sorgfalt  ist  darauf  zu  achten,  dass  die  Linie 
möglichst  Stellen  vermeidet,  .an  welchen  Rutsehungen  zu  befürchten  sind. 
Wo  Zweifel  bestehen,  müssen  genaue  Schürfungen  oder  Bohrungen  gemacht  werden,  um 
festzustellen,  wie  tief  die  Schichten  liegen,  auf  welchen  das  Terrain  rutschen  kann 
und  welche  Mittel  dazu  erforderlich  sind,  um  dasselbe  trocken  zu  legen.  Die  Veran- 
schlagung der  Kosten  für  solche  Stellen  bleibt  unsicher  und  es  haben  sich  beim  Bau 
oft  unangenehme  Überraschungen  herausgestellt  (vgl.  z.  B.  die  Kanalstrecke  „Am  Fahr- 
höfli"  der  Anlage  Wangen  S.  427). 

Liegt  der  Kanal  im  Tunnel,  so  spielt  für  die  Wahl  der  Linie  die  zur  Verfügung 
stehende  Arbeitszeit  eine  erhebliche  Rolle.  Man  kann  bei  Tunnelarbeiten  je  nach 
der  Beschaffenheit  des  zu  durchbohrenden  Gebirges,  welche  man  aber  von  vornherein 
nicht  mit  Sicherheit  festzustellen  vermag,  immer  nur  auf  einen  Fortschritt  des  vollen 
Ausbruchs  von  etwa  0,50  m  bis  höchstens  2,50  m  pro  Tag  rechnen.  Die  Querschnittsfläche 
des  Ausbruches,  die  Geschicklichkeit  der  Arbeiter,  die  Vollkommenheit  der  verwendeten 
Geräte  und  Maschinen  beeinflussen  natürlich  die  Länge  des  täglichen  Vortriebs.  Deshalb 
wird  es  häufig  notwendig,  bei  einer  längeren  Tunnelstrecke  durch  Seitenstollen  mehrere 
Angriffspunkte  zu  Schäften  und  zu  diesem  Zwecke  von  der  kürzesten  Linie  abweichend 
die  Linie  des  Tunnels  mehr  nach  dem  Flussbette  7u  verschieben.  Bei  der  Anlage 
Morbegno  hätte  man  durch  geradlinige  Verbindung  des  Einlaufs  und  der  Druckkammer 
die  Länge  des  Werkkanals,  welcher  ganz  als  Tunnel  auszubrechen  gewesen  wäre,  erheb- 
lich verkürzen  können  (Taf.  XVI,  Fig.  1),  Man  hätte  dadurch  an  Gefälle  gewonnen,  und 
die  Anlagekosten  wären  billiger  geworden.    Dagegen  wäre  eine  viel  längere  Herstellungs- 


764  HL     Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

zeit  erforderlich  gewesen  als  bei  der  ausgeführten  nach  dem  Hange  zu  verschobenen 
Linie.  Durch  diese  Verschiebung  sind  eine  grosse  Anzahl  Angriffsstellen  entstan- 
den, da  nunmehr  die  einzelnen  Tunnelstrecken  mit  offenen  Kaoalstrecken  abwech- 
selten. Man  konnte  aber  auch  noch  an  der  längsten  Tanneistrecke  von  770,0  m  (S.  391) 
zwei  Seitenetollen  anlegen  (Abb.  227  nnd  228)  und  hierdurch  eine  weitere  Verkürzung 
der  Zeit  für  die  Herstellung  der  Strecke  und  zugleich  den  Vorteil  einer  erheblichen 
Verkürzung  des  Transportweges  für  den  Ausbruch  erzielen. 

Bei  dem  Werkkanal  des  Knbelwerks  schuf  man 
Abb.  228«.    Seitonstollen  der  Anlage    f^  iie  4626,0  m  lange  Tunnelstrecke  Ton  4  qm  Aus- 
Morbegno.  brucfa  durch  3  g^ten^Nen  8  Angriffspunkte  (S.  409 

nnd  Taf.  XX,  Fig.  1). 

Bei  der  Anlage  La  Dernier-Vallorbe  worden 
für  eine  Gesamttnnnell&nge  von  2632,0  m  durch 
6  Seitenstollen  im  ganzen  14  Angriffsstellen  geschaffen 
(S.  464  nnd  Taf.  XXX,  Fig.  1). 

Bei  der  Anlage  Jajce  war  die  kürzeste  Verbin- 
dung des  Einlaufa   mit  dem  Flosa,    in   den   das  Be- 
triebswasser zurückzuleiten  war,  durch  einen  Tunnel  von 
1,7  km  zu  erzielen.    Da  man  aber  Seitenstollen  auf  dieser  Strecke  nicht  anlegen  konnte, 
wählte  man  doch  eine  3103,3  m  lange  Linie  des  Werkkanals,  anf  welche  aber  15  kurze 
Tunnelstrecken  mit  insgesamt  nur  946,7  m  Lange  entfielen  (S.  493  und  Taf.  XXXV,  Fig.  1). 
Bei    der    Urft-Talsperre    konnte   man    für    den 

Abb"  An/*'    »SettS™  dM       2800,°  m  IangBn  Druckstollen  Seitenstoll™  nicht  anlegen 
or    e"n'  nnd  infolgedessen  erforderte  die  Fertigstellung  des  Stollens 

eine  Bauzeit  von  2  V*  Jahren  (S.  587/588). 

Von  EinUuss  auf  die  Linienführung  des  Werkkanals 
sind  dann  noch  die  günstigste  Lage  des  Krafthanses,  der 
Ablagerungsbecken,  der  Überläufe  nnd  die  Lage  eines  etwa 
anzulegenden  Stauweihers.   Wegen  der  günstigsten  Lage  des 
Krafthanses  wird  auf  Kap.  III,  §  6  verwiesen.    Die  Ab- 
lagerangsbecken werden  im  Abschnitt  e,  die  Überlaufe 
im  Abschnitt  d  dieses  §  besprochen  und  wegen  der  Stau- 
weiher ist  im  §  1  C  alles  Erforderliche  mitgeteilt.    Er- 
wähnt sei  hier  nnr,  dass  man  bei  den  Ablagerangsbecken 
and  den  Überläufen   die  Länge  der  Ablanfkanäle  zn 
berücksichtigen    hat ,    denn    die   bierfür  aufzuwendenden 
Kosten  werden  im  allgemeinen  desto  kleiner  je  kürzer  diese  Kanäle  sein  können  nnd 
um  60  weniger  eine  Befestigung  ihrer  Sohle  nnd  ihrer  Böschungen  erforderlich  wird. 
Wenn  man  das  Spül-  und  Überlauf wasser  wie  z.  B.  bei  der  Anlage  Hafsland  (S.  482} 
über  Felsen  ohne  alle  künstlichen  Bauwerke  direkt  in  den  Flusslauf  stürzen  lassen  kann, 
so  ist  das  natürlich  der  einfachste  Weg. 

Bei  einer  Wasserspiegeldifferenz  bis  zu  15,0  m  kann  man  unter  umstanden  das 
Wasser  des  Werkkanals  direkt  in  die  Tarbinenkammern  führen.  Wird  das  Gefalle 
grösser,  so  muss  das  Triebwasscr  den  Turbinen  mittelst  Druckleitungen  zugeführt  werden. 
Meistens  kann  man  ohne  weiteres  aus  der  örtlichkeit  erkennen,  wo  der  offene  Werkkanal 
aufzuhören  nnd  die  Druckleitung  zn  beginnen  hat.  In  zweifelhaften  Fällen  muss  man 
schon  beim  generellen  Projekt  einen  vergleichenden  Kostenüberschlag  machen,  nm  zu 
finden,  an  welcher  Stelle  man  am  vorteilhaftesten  die  Druckleitung  beginnen  lasst. 


§  2.  Die  WerkkanIle.  765 

Bei  der  Anlage  Füre  et  Morge  rausste  die  Wasserführung  vom  Einlauf  bis  zum 
Krafthause  längs  des  flachen  Ufers  des  Drac  erfolgen  und  man  bat  deshalb,  um  einen 
Brückenkanal  zu  vermeiden,  nur  einen  rd.  600,0  m  langen  Werkkanal  gemacht  und  die 
übrige  Entfernung  durch  eine  4700,0  m  lange  Druckleitung  überwunden  (S.  538). 

Bei  der  Anlage  der  Ontario  Power  Co.  (Taf.  XLIV,  Fig.  1  und  S.  543)  führten  die 
Schwierigkeit  des  Grunderwerbs  und  die  Höhenverhältnisse  des  Terrains  dazu,  auf  einen 
offenen  Werkkanal  ganz  zu  verzichten  und  die  1860,0  m  lange  Strecke  zwischen  dem 
Einlaufbecken  und  dem  Krafthause  durch  Druckrohrleitungen  aus  Stahl  zu  überwinden. 

In  einer  offenen  Kanalstrecke  können  Wasserverluste  eintreten  durch  Verdun- 
stung, Versickerung  und  Eisbildung. 

Die  Verluste  durch  Verdunstung  spielen  für  Werkkanäle  keine  beachtens- 
werte Rolle. 

Beim  Lechwerk-Gersthofen  hat  z.  B.  der  Oberwasserkanal  eine  Länge  von  2965,8  m  und  eine 
durchschnittliche  Spiegelbreite  von  83,0  in,  also  eine  Oberfläche  von  97854,9  qni.  Die  Verdunstungen 
im  Unterwasserkanal  sind  für  den  Betrieb  ohne  Belang.  Selbst  wenn  man  eine  höchste  Ver- 
dunstung von  10  mm  in  24  Stunden  annimmt,  so  ergibt  das  nur  eine  Verdunstungsmenge  von  978,5  cbm, 
während  durch  den  Kanal  in  24  Stunden  normal  86400  X  50  =  4820000  cbm  fliessen.  Durch  Verdunstung 
im  Werkkanal  könnten  also  höchstens  in  24  Stunden  unter  den  ungunstigsten  Umständen  0,028  °/o  der 
Wassermengen    und    bei    klimatischen    Verhältnissen    Deutschlands    jährlich    höchstens    0,006% 

978500 
verloren  gehen.    Es  würden  unter  der  gemachten  Annahme  -öttVaa    =rd.  11,41/sek.  verdunsten,  mit 

oo  4ÜÜ 

welchen  man  bei  10,0  m  Druckgefälle:  0,0114 .  10 .  10  =  1,1  PS«  leisten  könnte,  sodass  man  in  24  Stunden 
an  der  Kraftleistung  ungünstigstenfalls  27  PSe-  Stunden  mit  einem  Wert  von  weniger  als  1  Mk.  ein- 
büssen  würde. 

Die  Verluste  durch  Versickerung  können  bedeutend  sein,  wenn  in  ungenügender 
Weise  für  die  Dichtung  der  Kanalsohle  und  der  Böschungen  Sorge  getragen  wird. 

Es  sind  t.  B.  von  den  62  cbm/sek.,  welche  früher  bei  Tornavento  aus  dem  Tessin  in  den 
Naviglio  Grande  geflossen  sind,  nach  einer  Kanalstrecke  von  50  km  Länge  in  Mailand  oft  nur 
7  cbm/sek.  angekommen.  Von  der  Differenz  wurde  etwas  mehr  als  die  Hälfte  für  Bewässerungszwecke 
verwendet,  der  Rest  ging  aber  durch  Versickerung  verloren. 

Bei  dem  rd.  42,87  km  langen  Zuleitungskanal  des  Beckens  von  Bouzey  (Frankreich)  (S.  740),  von 
dem  rd.  88  km  in  Erde  mit  einem  Gefalle  von  1 :  10000  als  Hangkanal,  der  Rest  teils  in  Mauerwerk, 
teils  als  Tunnel  und  1000  m  als  Siphon  ausgeführt  sind,  kamen  im  Oktober  1885  von  210  000  cbm  am 
Einlauf  nur  70  000  cbm  in  Bouzey  an.  Nach  umfangreichen  Dichtungsarbeiten  durch  Auflösung  von 
Ton  im  Kanal  kamen  im  Mai  des  nächsten  Jahres  von  140  000  cbm  am  Einlauf  90  000  cbm  in  Bouzey  an  i). 

Derartige  Wasserverschwendungen  sind  bei  modernen  Triebwerksanlagen  unzu- 
lässig, vielmehr  werden  grundsätzlich  diejenigen  Massregeln  zu  treffen  sein,  welche  die 
Versickerungsverluste  auf  ein  für  den  Betrieb  bedeutungsloses  Mass  einschränken. 

Man  hat  wohl  bei  gut  angelegten  Schiffahrtskanälen  in  Boden  ohne  feste  Böschungs- 
bekleidung bei  2,0  bis  2,5  m  Wassertiefe  mit  Versickerungsverlusten  von  höchstens  40  mm 
Wasserhöhe  pro  24  Stunden  gerechnet.  Da  es  sich  aber  bei  einem  Werkkanal  um  ein 
fliessendes  Gewässer  handelt,  so  würde  auch  selbst  ein  solcher  Verlust  für  den  Betrieb 
keine  erhebliche  Rolle  spielen,  denn  bei  dem  obigen  Beispiel  des  Lechwerk-Kanals  würde 
der  Verlust  durch  Versickerung  nur  0,092 Q/o  betragen.  Öei  Kanalprofilen,  welche  mit 
einer  gut  ausgeführten  Betonlage  gedichtet  sind,  lassen  sich  nennenswerte  Versickerungen 
überhaupt  ganz  vermeiden. 

Auch  die  Wasserverluste  durch  die  Eisbildung  können  vernachlässigt  werden. 
Dagegen  spielt  die  Eisbildung  in  bezug  auf  die  Unterhaltung  der  Werkkanäle  und  auch 
in  bezug  auf  die  Betriebskosten  eine  wichtige  Rolle.  Bei  Profiltiefen  von  1,5 — 2,0  m 
und  mehr  wird  sich,  wenn  die  Geschwindigkeit  1,50  m/sek  und  mehr  beträgt,  bei  den 

i)  Ziegler:  Der  Talsperrenbau  1900.  S.  22,  Teil  I. 


766  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

klimatischen  Verhältnissen  in  Deutschland  eine  geschlossene  Eisdecke  auch  bei  strengstem 
Frost  nicht  mehr  bilden  (S.  135).  Bei  kleineren  Wassertiefen  und  geringeren  Geschwindig- 
keiten ist  aber  die  Bildung  einer  Eisdecke  möglich  und  unter  Umstanden  erwünscht 
und  es  muss  deshalb  bei  Ausbildung  des  Kanalprofils  darauf  Rücksicht  genommen  werden, 
damit  das  Eis  die  Uferbefestigungen  nicht  zerstören  kann.  Aber  wenn  auch  keine  den 
Fluss  oder  den  Kanal  überspannende  Eisdecke  entsteht,  so  kann  immerhin  Stückeis  ent- 
stehen, welches  ebenso  wie  das  Grundeis  sehr  unliebsame  Störungen  an  den  Rechen  der 
Druck-  und  Turbinenkammern  hervorrufen  kann,  indem  es  dieselben  verstopft.  Sowohl 
im  Abschnitt  b  als  auch  im  Abschnitt  f  dieses  §  wird  hierauf  noch  etwas  näher  zurück- 
zukommen sein.  Erwähnt  sei  hier  nur,  dass  die  Bildung  sowohl  von  Grundeis  als  auch 
von  Stückeis  durch  einen  rauhen  benetzten  Umfang  begünstigt  wird.  Glatte  Profil- 
wände wirken  der  Eisbildung  entgegen.  Je  grösser  die  Wassertiefe  in  einem 
Kanalprofil  ist  um  so  weniger  leicht  wird  sich  Stückeis  an  der  Oberfläche  und  Grundeis 
an  der  Sohle  und  den  Uferwandungen  bilden. 

Nach  diesen  Gesichtspunkten  wird  man  zunächst  in  einer  möglichst  guten  topo- 
graphischen Karte  mit  genügenden  Höhenkurven  eine  Linienführung  aufsuchen  und 
danach  ein  Längenprofil  auftragen.  Sind  genügende  Angaben  über  die  Bodenbeschaffen- 
heit und  über  die  Höhe  des  Grundwasserspiegels  —  letzterer  kann  unter  Umständen 
wegen  der  Kosten  der  Erdarbeiten  (Baggerarbeiten,  Wasserhaltung)  eine  Rolle  spielen  — 
nicht  vorhanden,  so  muss  man  Schürflöcher  oder  Bohrlöcher  möglichst  bis  zu  2,0  bis 
3,0  m  unter  die  künftige  Kanalsohle  machen  und  genaue  Notierungen  über  die  Beschaffen- 
heit des  durchschnittenen  Bodens  und  die  Lage  des  Grundwasserspiegels  aufnehmen, 
sowie  die  gewonnenen  Resultate  in  Querprofilen  festlegen.  Zur  Feststellung  des  Masses 
der  Durchlässigkeit  des  Bodens  sind  im  Zweifelsfalle  in  einzelnen  Querprofilen  reihenweise  bis 
zum  Flusse  hinab,  nötigenfalls  bis  zu  Tiefen  von  1 — 2,0  m  unter  die  Ordinate  der 
Flussohle  reichende  Bohrlöcher  zu  machen,  aus  denen  man  das  Gefälle  des  Grundwasser- 
spiegels nach  dem  Flusse  zu  erkennen  kann.  Je  kleiner  das  Gefälle  des  Grundwassers 
gefunden  wird,  um  so  grösser  wird  man  die  Durchlässigkeit  des  Bodens  annehmen  können. 
Allerdings  genügen  in  dieser  Beziehung  keineswegs  einmalige  Messungen,  da  das  Gefalle 
des  Grundwasserspiegels  auch  von  der  Höhe  der  Niederschläge  abhängt,  welche  in  den 
Tagen  beziehungsweise  Wochen  vor  der  Beobachtung  gefallen  sind.  Wenn  derartige 
umfangreiche  Feststellungen  im  Verhältnis  zu  den  Gesamtbaukosten  zu  kostspielig  werden, 
so  muss  man  sich  mit  einer  kleinen  Anzahl  von  Bohrlöchern  in  der  Sohlenlinie  und 
rechts  und  links  vom  Kanalprofil  etwa  im  Abstand  von  20,0  bis  30,0  m  begnügen,  in 
denen  man  alsdann  grössere  Wasserspiegeldifferenzen  künstlich  herstellt  und  den 
Wasserstand  in  den  einzelnen  Bohrlöchern  beobochtet.  Hierbei  wird  es  zweckmässig 
sein,  die  Seitenwände  einiger  Bohrlöcher  unausgekleidet  zu  lassen,  diejenigen  anderer 
des  Vergleichs  wegen  aber  mit  Eisen  oder  Beton  auszukleiden.  Je  nach  dem  Fallen  des 
Spiegels  in  dem  mit  höherem  Wasserstande  versehenen  Bohrloch  in  einer  gewissen  Zeit 
(24  Stunden)  und  dem  Steigen  des  Wassers  in  dem  Bohrloch  mit  dem  niedrigen  Spiegel 
wird  man  auf  das  Mass  der  Durchlässigkeit  gewisse  Schlüsse  ziehen  können  und  danach 
die  Massregel  zur  Dichtung  der  Sohle  und  der  Böschungen  einzurichten  haben.  Solche 
Versuche  wurden  z.  B.  bei  der  Anlage  Avignonnet  gemacht  (S.  497). 

Um  in  das  aufgetragene  Längsprofil  des  Terrains  eine  angenähert  richtige  Sohlen- 
linie des  Werkkanals  eintragen  zu  können,  muss  man  eine  vorläufige  Wahl  der  Quer- 
profile und  der  Wasserspiegel-  und  Sohlengefälle  treffen  (vgl.  Abschnitt  b).  Alsdann  wird 
man  daran  gehen,  sofern  die  Linienführung  des  Kanals  nicht  durch  andere  Gesichts- 
punkte völlig  festgelegt  ist,  vielmehr  eine  seitliche  Verschiebung  der  Linie  noch  Erspar- 


§  2.  '  Die  WerkjcanXle.  767 

nisse  an  Anlagekosten  und  Verbesserungen  in  der  Wasserführung  erwarten  lässt,  für 
verschiedene  Höhen  der  Sohlenachse  des  Kanals  über  oder  unter  Terrain  die  Massen  des 
Abtrags  und  des  Auftrags  zu  ermitteln  und  diese  Ermittlungen  in  einer  Tabelle  zusammen- 
zustellen. Hierbei  sind  sowohl  im  Auftrag  wie  im  Abtrag  die  einzelnen  Bodensorten 
getrennt  in:  fruchtbare  Erde,  Sand,  Kies,  sandiger  Lehm  oder  Ton,  reiner  Lehm  und 
Ton  aufzuführen.  Bei  starker  Querneigung  des  Terrains  wird  man  Dämme  möglichst 
vermeiden  wegen  der  Schwierigkeit  und  Kostspieligkeit  der  Dammbasis  einen  sicheren 
Anschluss  zu  verschaffen,  vielmehr  werden  hier,  wenn  man  das  Profil  durch  seitliche 
Verschiebung  der  Linie  nicht  mehr  in  den  Einschnitt  zu  verlegen  vermag,  in  der  Regel 
Profile  mit  einseitiger  oder  beiderseitiger  Mauer  zu  wählen  sein.  Um  sich  über  die 
Massen  von  Auftrag  und  Abtrag  und  über  die  Massen  der  Kanalmauern,  Futtermauern, 
Stützmauern,  der  Bekleidungen  von  Böschungen  und  Sohle  etc.,  welche  unter  Zugrundelegung 
eines  gewählten  benetzten  Querschnittes  bei  verschiedenen  Querneigungen  und  verschiedenen 
Höhenlagen  der  Kanalsohlen-Mittellinie  über  oder  unter  Terrain  zu  bewegen  resp.  herzu- 
stellen sind,  ein  möglichst  genaues  Bild  zu  machen,  wird  man  eine  Reihe  für  den  gegebenen 
Fall  passender  Normalprofile  entwerfen,  hiernach  die  Massen  berechnen  und  die  Resultate 
in  Tabellen  zusammenstellen.  In  der  Regel  kommen  für  ein  Projekt  nur  wenige  Profil- 
arten überhaupt  in  Frage,  da  es  sich  bei  Werkkanälen  doch  in  sehr  seltenen  Fällen  um 
Längen  bis  zu  höchstens  20  km,  in  der  Regel  um  weniger  als  10  km  handelt.  Aus  diesen 
Tabellen  werden  sich  diejenigen  Höhen  des  Terrains  in  der  Mittellinie  des  Kanals 
ergeben,  für  welche  pro  lfm  die  Kosten  des  Werkkanals  bei  einer  bestimmten  Quer- 
neigung des  Terrains  die  kleinsten  sind,  und  man  wird  nun  mit  Hilfe  dieser  Ermittlungen 
auf  dem  Plane  eine  neue  verbesserte  Linienführung  des  Kanals  aufsuchen  und  abermals 
ein  Längenprofil  auftragen.  Am  zweckmässigsten  macht  man  sich  für  die  verschiedenen 
Profiltypen  doppelte  Masstäbe  (sogenannte  Profilmasstäbe)  derart,  dass  neben  einem 
Masstabe  für  die  Höhen  des  Längenprofils  sich  Masstäbe  für  die  Bodenmassen  —  und 
zwar  getrennt  für  den  Auftrag  und  Abtrag  —  sowie  für  die  Massen  der  Ufermauern, 
Futtermauern,  Stützmauern,  Bekleidungen  der  Böschungen  und  Sohle  etc.  befinden,  sodass 
man  durch  Anlegen  des  Masstabes  an  die  Sohlenlinie  des  Längsprofils  die  Massen 
ablesen  kann*). 

In  einem  Massen-Längsprofil  werden  dann  die  Resultate  dieser  Ablesungen  auf- 
getragen, um  daraus  die  Transportwege  der  Bodenmassen  beim  Ausgleich  zwischen  Auftrag 
und  Abtrag  ermitteln  zu  können  und  um  daraus  die  Unterlagen  für  die  beste  Arbeits- 
disposition und  die  Teilung  der  einzelnen  Strecken  in  Arbeitslose  zu  gewinnen. 

In  einem  zweiten  Massenprofile  würden  dann  die  Massen  der  Kanalmauern,  Futter- 
mauern, Stützmauern  und  der  Bekleidungen  von  Sohle  und  Böschungen  darzustellen  sein, 
damit  man  auf  Grund  dieser  Darstellung  die  kürzesten  Transportwege  für  den  Zement, 
hydraulischen  Kalk,  Schotter,  Kies  und  Sand  etc.  erkennen  und  die  Lagerplätze  an  den 
bestgeeignetsten  Stellen  anlegen  kann,  es  sei  denn,  dass  in  letzterer  Beziehung  die  Ver- 
hältnisse so  einfach  liegen,  dass  Zweifel  überhaupt  nicht  entstehen  können.  Die  Ermitt- 
lung der  Massen  zwischen  zwei  um  l  m  auseinanderliegender  Profile  erfolgt  genau  genug 
in  der  Weise,  dass  man  das  Mittel  aus  den  beiden  Profilen  mit  der  Länge  l  multipliziert. 

Für  Wasserhaltung  und  für  ausserordentliche  Arbeiten,  wie  Anlegung  von  Wegen, 
von  Wege-  und  Eisenbahnüberführungen8),  für  Unter-  oder  Überfuhrung  von  Wasser- 

>}  VergL  Handbuch  der  Ing. -Wissenschaften.  I.  Teü.  Vorarbeiten,  Erd-,  Grund-,  Strassen-  und 
Tunnelbau,  1.  Band.  L.  Oberschulte- Vorarbeiten,  herausgegeben  von  L.  v.  Willmann.  S.  157  n.  ff.  1904. 

8)  Wegen  Preisangaben  vergl.  Handbuch  der  Ing. -Wissenschaften.  I.  Teil.  L.  Oberschalte, 
herausgegeben  von  L.  v.  Will  mann.  1.  Band.  Vorarbeiten  für  Eisenbahnen  nnd  Strassen.  1904. 
S.  176  xl  ff. 


'768 


III.    Theodor  Koehv.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


laufen,  für  die  Anlegung  von  Schiffsschleusen  etc.  sind  dann  besondere,  zunächst  über- 
schlägliche, später  endgültige  Kostenanschläge  anzufertigen,  worauf  an  dieser  Stelle  nicht 
weiter  eingegangen  werden  kann.  Man  wird  auf  diese  Weise  im  Zweifelsfalle  verschiedene 
Linienführungen  des  Kanals  überschläglich  veranschlagen  und  so  die  beste  Lösung 
herausfinden. 

Für  die  Aufstellung  überschläglicher  Kostenanschlage  können  die  nachfolgenden 
Angaben  dienen: 

Tabelle  I4). 

Preise  der  Bodeiigewinnung  einschliesslich  Ladung  (bei  einem  Lohnsatz  von  80  Pf.  pro  Arbeitsstunde). 


Arbeitsauf- 
wand pro 
cbm  in 
Standen 

Kosten  pro  cbm  der 

• 

Gesamt- 
kosten,  abge- 
rundet in  Pf. 

Bodenar 

Arbeits- 
leistang in 
Pf. 

Geräte 
Pf. 

Spreng- 

materiafien 

Pf. 

1.  Loser  Sand,  Damm  etc. 

2.  Leichter  Lehm,  feiner  Eies  etc. 

&  Schwerer  Lehm  and  Ton,  Mergel, 
fester  grober  Kies 

4  Trflmmergestein    und    Gerolle 
kleinbrüchiger  Schiefer  etc. 

5.  Felsen,  welcher  nicht  mit  Spitz- 
hacke und  Brecheisen  zu  losen  ist 

6.  Felsen,  welcher  gesprengt  wer- 
den mnss 

7.  Sehr  fester,  schwer  schiessbarer 
Felsen  der  ältesten  Formationen 

0,5—1 

1-1,6 
1,6-2,4     i 

2,4-3,2 

8,2-4 

8,5-6 

6-8 

15-80 
80-48 

48-72 

72—96 

96-120 

105-180 

180-240 

5 
6 

8 

10 
10-15 
15-20 

15-80 
80—50 

20-85*) 

85-56 

54—80 

85-105 

112—140 

185—280 

280-880 

für 


Tabelle  II6). 

Beförderung  auf  Schienengleisen  (für  mittlere  Bodenklassen  bei  wagerechter  Bahn). 


Art  der 
Beförderung 

För- 
der- 
weite 

m 

xärdarjireieo 
«ineehL.  Unter- 

haltug  dar 
Gleise,  Schmie- 
ren der  Wagen 
and  Vor-  and 
Unterhaltung 

dar  FSrder- 

wafan,  aber 
anaaehlieeaUeh 

Torbltfr.  der 
Förderbahn  pro 

ebm  in  PI 

für  ein  Kubikmeter  Boden  in  Pfennigen  einschl.  Vorhaltung 
der  Fürderbahn  bei  einer  Gesamtfördermasse  Q  Ton 

1000 
etat 

2000 
ebm 

3000 
ebm. 

5000 
ebm 

10000 
ebm 

20000 
ebm 

30000 
ebm 

50000 
ebm 

100000 

150000 

200000 

ebm 

300000 

1.  Durch  Menschen 
(Kosten  der  Gleise 
für  einen  Meter 
100  Pfennige) 

50 
100 
200 
800 
400 
500 
600 
700 
800 
900 
1000 
1200 

18 

15 
18 
21 
24 
26 
29 
82 
85 
88 
41 
47 

24 

81 

45 

49 

78 

86 

100 

114 

128 

142 

156 

188 

18 
28 
31 
40 

48 
56 
64 
78 
81 
90 
98 
114 

16 
20 
27 
84 
40 
46 
58 
59 
66 
78 
79 
98 

15 

18 
28 
29 
84 
88 
48 
48 
54 
59 
64 
74 

14 
17 
21 
25 
29 
82 
36 
40 
44 
48 
52 
60 

14 
16 
19 
23 
27 
29 
88 
36 
40 
48 
47 
58 

13 
16 
19 

22 
26 
28 
82 
85 
88 
41 
45 
50 

*)  L.  ▼.  Willi  mann,  Ausführung  der  Erd-  and  Felsarbeiten.  Handb.  d.  Ing-Wissensch.  1905. 
I.  Teil.  2.  Bd.  S.  85  n.  106. 

&)  Diese  Preise  können  bei  grosseren  Ausführungen,  wo  die  Bodengewinnung  und  Verladung 
auf  maschinellem  Wege  durch  Trocjcenbagger  and  Exkavatoren  erfolgen  kann,  erheblich  reduziert  werden* 

o)  Die  ad  1,  2  und  3  angenommenen  Kosten  der  Gleise  für  1  lfm.  sind  so  su  Torstenen,  das« 


§  2. 


Die  WbbkkanAlb. 


769 


Fortsetzung 

von  Tabelle  II. 

Art  der 
Beförderung 

För- 
der- 
weite 

m 

FOrderpreise 
einseht.  Unter- 
haltung der 
Gleiae,8ehmie- 
ren  der  Wagen 
nnd  Vor-  und 
Unterhaltung 
der  Förder- 
wagen, aber 
ausschliesslich 
Verhltg.  der 
Förderbahn  pro 
ebm  in  Pf. 

für  ein  Kubikmeter  Boden  in  Pfennigen  einschl.  Vorhaltung 
der  Förderbahn  bei  einer  Gesamtfördermasse  Q  von 

1000 
ebm 

2000 
ebm 

8000 
ebm 

5000 
ebm 

10000 
ebm 

20000  30000  60000  100000 
ebm    ebm    ebm     ebm 

150000 
ebm 

200000 
ebm 

800000 
ebm 

2.  Durch   Pferde 
(Kosten  der  Gleise 
für   einen   Meter 
150  Pfennige) 

3.  Durch  Maschinen 
(Kosten  der  Gleise 
für  einen  Meter 
400  Pfennige) 

200 

300 

400 

500 

600 

700 

800 

900 

1000 

1200 

1400 

1600 

1800 

2000 

2500 

3000 

500 
1000 
1500 
2000 
3000 
4000 
5000 
6000 
7000 
8000 
9000 
10000 

18 
20 
22 

23 
25 
27 
29 
30 
32 
35 
89 
42 
46 
49 
57 
66 

28 

26 
28' 
31 
36 
41 
46 
.      51 
56 
61 
66 
71 

— 

•• 

— ~"~ 

81 

86 

41 

46 

51 

56 

61 

66 

71 

81 

91 

101 

111 

121 

146 

171 

24 
28 
81 
84 
88 
42 
45 
48 
51 
58 
65 
72 
79 
85 
101 
118 

21 
24 
27 
29 

81 
84 
37 
39 
41 
46 
52 
57 
62 
67 
79 
92 

42 

56 

69 

83 

110 

137 

164 

191 

218 

245 

272 

299 

20 
22 
24 
27 
29 
82 
34 
86 
88 
43 
47 
52 
57 
61 
72 
88 

36 

46 

56 

66 

85 

105 

125 

144 

164 

184 

203 

288 

* 

19 
22 
24 
26 
28 
SO 
82 
84 
86 
40 
44 
48 
52 
56 
66 
76 

81 

88 

45 

52 

66 

79 

98 

107 

121 

135 

148 

162 

19 
21 
28 
25 
27 
29 
81 
82 
84 
87 
41 
45 
49 
58 
62 
71 

27 
82 
36 
41 
51 
60 
70 
79 
88 
98 
107 
117 

18 
20 
22 
24 
26 
28 
30 
81 
88 
87 
41 
44 
48 
51 
60 
69 

26 
80 
83 
88 
46 
54 
62 
70 
78 
86 
98 
101 

25 
29 
82 
86 
48 
51 
58 
65 
72 
79 
87 
94 

24 
28 
81 
84 
41 
47 
54 
60 
67 
78 
80 
86 

In  den  Transportpreisen  der  Tabelle  II  sind  die  Kosten  für  das  Einbauen  im  gewöhnlichen  8inne 
mitenthalten.  Wenn  aber  lehmiger  Sand  oder  Lehm  oder  Ton  in  dünnen  Schichten  aufzubringen  nnd 
mit  -Walzen  •  oder  Stampfen  zusammenzupressen  ist,  so  müssen  hierfür  besondere  Zuschlage  gemacht 
werden,  welche  je  nach  der  Beschaffenheit  des  Materials  50  bis  100  °/o.  der  Förderkosten  und  mehr 
betragen  können. 

Bei  der  Anlage  Jonage  waren  im  ganzen  4950000  ebm  Boden  zu  bewegen  und  zwar  ein- 
schliesslich der  Baggerarbeiten  und  es  sind  dafür  im  Durchschnitt  pro  ebm  0,895  Frs.  gezahlt,  woyon 


in  diesen  Kosten  ka,  kb,  ke  die  Zinsen  des  Anlagekapitals  auf  lVt  Jahre  und  für  die  neuen  Schienen 
nebst  Kleineisenzeug  eine  25°/oige  und  für  die  Schwellen  eine  5Ö0/oige  Wertverminderung  enthalten  sind. 


Die  Kosten  für  die  Vorhaltung  der  Förderbahn  sind  berechnet  für  Nr.  1  nach  der  Formel  (50  +  1,1  J) .  -7^ 

Vi 

für  Nr.  2  nach  der  Formel  (200  + 1,1  /) 


**  ,  für  Nr.  3  nach  der  Formel  (400  +  1,1  0  •  -Jo   worin  be- 


Q ~ "^  '  -'"'■  Q 

deuten:  l  die  Förderlange  in  m,  ka,  kb,  k«  die  Kosten  in  Pf.  für  das  Meter  Gleis  und  Q  die  Förder- 
masse in  ebm. 

Handbach  der  Ing.*  Wiiaenech.    IIT.  Teil    18.  Bd.  49 


770 


III.    Theodor  Koehx.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten, 


28,08  */o  auf  die  Lösung  und  Verladung,  85,96  •/•  auf  den  Transport  und  35,96  °/o  auf  das  Entladen  und 
Einbauen  gefallen  sind.  Der  Boden  bestand  ans  5°/o  fruchtbarer  Erde,  20— 40°/o  sandigem  Ton  und 
Lehm  und  55—75  •/•  Sand  und  Kies. 

Bei  der  Anlage  Turbigo  waren  für  den  Kanal  selbst  620000  cbm  Boden  zu  bewegen,  wofür 
im  Durchschnitt  für  Lösen,  Transport  und  Einbauen  0,90  Lire  pro  cbm  gezahlt  wurden.  Der  Boden  be- 
stand im  wesentlichen  aus  Sand  nnd  Kies  und  zum  Teil  aus  sandigem  Lehm  und  Ton. 

Für  Boden,  welcher  unter  Wasserandrang  herauszuholen  ist,  wird  ein  Zuschlag  von  25— 50  Pf. 
pro  cbm  zu  machen  sein.  Baggerarbeiten  sind  besonders  zu  veranschlagen,  und  es  werden  hierfür  Zu- 
schläge je  nach  dem  Umfang  der  Arbeit  und  der  Art  des  Materials  von  1—2  Mk.  notwendig  werden. 
Für  Steigungen  ist  pro  1,0  m  Steigung  eine  Transportlange  von  25—  30  m  zuzuschlagen.  Für  Trans- 
port von  Steinen  ist  überall  ein  Zuschlag  von  20%  zu  machen. 

Für  die  vorläufige  Veranschlagung  der  Profile  mit  befestigten  Sohlen  und  Böschungen  und  der 
zum  Teil  oder  ganz  gemauerten  Profile  mögen  die  folgenden  Tabellen  111,  IV  und  V  einige  Unterlagen 


bieten: 


Tabelle  HL 

Es  haben  gekostet  bei  der  Anlage  Jonage-Cusset-Lyon  (1898—1897): 


G  egenstand 


Maas« 
in  cbm  oder  qm 


Abgerindete  Kosten 
pro  cbm  oder  qm  in  Frs. 


a)  Bei  dem  Regulierungswerk  (S.  512): 

1.  Stampfbeton  in  hydraulischem  Kalk 

2.  Desgl.  in  Zement 

8.  Bruchstein-Mauerwerk  in  hydraulischem  Kalkmörtel  . 

4.  Bruchstein*  Mauerwerk  in  Zementmörtel 

5.  Mauerwerk  aus  hammerrecht  bearbeiteten  Bruchsteinen 
(Moellons  tetues)  in  hydraulischem  Kalkmörtel  .    .    . 

6.  DesgL  in  Zementmörtel 

7.  Mauerwerk  in  Hausteinen 

b)  Bei  der  Schleuse  neben  dem  Regulierungswerk  (S.  515): 

8.  Beton  in  hydraulischem  Kalk  unter  Wasser  zu  schatten 

9.  Beton  in  hydraulischem  Kalk  über  Wasser  herzustellen 

10.  DesgL  in  Zement 

11.  Bruchstein-Mauerwerk  in  hydraulischem  .Kalkmörtel  . 

12.  Desgl.  in  Zementmörtel 

13.  Mauerwerk  aus  hammerrecht  bearbeiteten  Bruchsteinen 
in  hydraulischem  Kalkmörtel 

14.  Desgl.  in  Zement . 

15.  Haustein-Mauerwerk .  • 

c)  Bei  dem  Krafthause  (S.  517  u.  ff.): 

16.  Stampfbeton  in  hydraulischem  Kalk 

17.  Desgl.  in  Zement 

18.  Bruchstein-Mauerwerk  in  hydraulischem  Kalkmörtel  . 

19.  Desgl.  in  Zementmörtel 

20.  Bruchstein- Mauerwerk  aus  hammerrecht  bearbeiteten 
Steinen  in  hydraulischem  Kalkmörtel 

21.  DesgL  in  Zementmörtel 

22.  Mauerwerk  in  künstlichen  Hausteinen  ?) 

23.  Mauerwerk  in  natürlichen  Hausteinen 

24.  Asphaltschicht  aus  natürlichem  Asphalt  15  mm  stark 
auf  der  Sohle  des  Kanals 

25.  Doppelteeranstrich  der  Betonsohle 


615  cbm 
153 

8  748 
2200 

975 
720 

38 

17  774 

1822 

185 

8345 

1368 

1444 
343 
225 

7100 

3180 

20400 

8005 

660 

580 

1710 

61 

8222  qm 
58955    , 


10 
25-26 
18-20 

26 

26-27 
80 

55-58 

18-15 

10 
27-28 
18-20 
25-26 

26-28 
29-80 
71—75 

10-11 
24-25 
25—26 
80-38 

30-32 

38-40 

42-45 

100 

8,3—3,5  pro  qm 
0,80-0,81    ,     , 


7)  Diese  künstlichen  Steine  wurden  zum  grössten  Teil  an  Ort  und  Stelle  hergestellt  nnd  zwar 
in  einer  Mischung  von  1  cbm  gewaschenem,  kleinen  Kies  und  450  kg  schoellbmdeodem  Zement.  Die 
Steine  haben  sich  sehr  gut  gehalten  und  konnten  schon  nach  2  Tagen  bewegt  werden. 


§  2. 


Die  WebkkanAle. 


771 


Tabelle  IV. 

Es  haben  gekostet  bei  der  Anlage  Tnrbigo: 


Gegenstand 


In  ebm  oder  qm 


Abgerundet«  Kosten 
pro  ebm  oder  qm  in  Lire 


1.  Bekleidung  der  Böschungen  und  der  Sohle  mit  Stampf- 
beton in  hydraulischem  Kalk  (Bekleidung  0,15-0,25  m 
stark),  (0,80  cbm  Kies  von  Steingrösse  nicht  Aber  5  cm, 
0,50  cbm  Sand  und  200  kg  hydraulischer  Kalk)    .... 

2.  Desgl.  aber  mit  100  kg  hydraulischem  Kalk  und  100  kg 
Zement 

3.  Überrag  der  Bekleidung  ad  1  und  2  mit  einer  15  mm 
starken  Schicht  von  Zementmörtel  (1  cbm  Sand  und  750  kg 
Zement) :    .    . 

4.  Überzug  wie  vor,  aber  in  hydraulischem  Kalkmörtel    .    . 

5.  Plasterung  der  Böschungen  und  der  Sohle  mit  Steinen*) 
von  nicht  weniger  als  25  cm  Seitenlänge  ohne  Mörtel .    . 

6.  Desgl.  mit  hydraulischem  Kalkmörtel  (1  cbm  Sand,  250  kg 
hydraulischen  Kalk) 

7.  Stampfbeton  für  aufgehendes  Mauerwerk  aus  hydrau- 
lischem Kalk  (0,80  cbm  Kies  von  nicht  mehr  als  3  cm 
Durchmesser,  0,45  cbm  Sand,  250  kg  hydraulischen  Kalk) 

8.  Desgl.  in  Zement 

9.  Stampfbeton  in  hydraulischem  Kalk  für  Bögen  und  Mauern 
mit  höherem  Wasserdruck  (0,65  cbm  feiner  Kies  mit  nicht 
mehr  als  10  mm  Durchmesser,  0,45  cbm  Sand,  400  kg 
hydraulischen  Kalk) 

10.  Desgl.  in  Zement 

11.  Mauerwerk  aus  Ziegelsteinen  in  hydraulischem  Kalk   .    . 

12.  Desgl.  in  Zement 

13.  Mauerwerk  in  Hausteinen 


Tabelle  V. 
Fttr  Deutschland  gelten  folgende  mittlere  Preise: 


88  000  cbm 

15  pro  cbm 

— 

17-18    .     , 

ir  als  20000  qm 

1  pro  qm 
0,70    „      „ 

29150qm 

1,20    .      . 

7290   . 

3    ,      . 

— 

17—18  pro  cbm 
22-28    ,     , 

— 

20-22-  ,  . 
25-32    .     , 

26 

80  .  . 
150    ,     , 

Gegenstand 


Einheitspreis 
in  Mk. 


Bemerkungen 


1.  Ziegelmauerwerk  in  hydraulischem  Kalk 

2.  Desgl.  in  Zement 

3.  Bruchsteinmauerwerk  in  hydraulischem 
Kalkmörtel 

4.  Desgl.  in  Zement 

5.  Mauerwerk  aus  hammerrecht  bearbeiteten 
Bruchsteinen  in  hydraulischem  Kalkmörtel 

6.  Desgl.  in  Zement 

7.  Mauerwerk  in  Hausteinen  (je  nach  der 
Harte  des  Steines  und  nach  der  Art  und 
Lange  des  Transportweges) 

8.  Stampfbeton  in  hydraulischem  Kalk 
(200  kg  hydraulischer  Kalk  auf  1  cum 
Beton) 

9.  Desgl.  in  Zement 


pro 


cbm 


ff 

?« 

f? 

,1 

ff 

n 

»» 

i» 

»I       ff 


ff 

n 


fi 


24-28 
25-35 

15-20 
22—25 

22-25 
29-82 


50-120 


10-15 
15-20 


Ad  8  und  4.  Wenn  die  Bruek- 
•teine  in  der  Hake  d«r  Baustelle 
gewonnen  werde»  kennen. 


Ad  7-11.  Wenn  Kies  od«  BokotUr 
nnd  Sand  In  der  Nike  der  Bu- 
steüe  gewonnen  werden  kdi 


*< 


»)  Diese  Steine  wurden  an  Ort  und  Stelle  gewonnen. 


49* 


772 


IIL    Theodor  Koshn.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


Fortsetzung  tob  Tabelle  V. 


Gegenstand 


Einheitspreis 
in  Mk. 


Bemerkungen 


10.  Stampfbeton    in    hydraulischem    Kalk 

(400  kg  hydraulischer  Kalk  pro  cbm)    .  pro  cbm 

11.  DesgL  in  Zement „     ., 

12.  Ein  qm  Putx  ans  hydraulischem  Kalk, 
15  mm  stark  (1000  kg  hydraulischer  Kalk 

auf  1  cbm) „     „ 

18.  DesgL  in  Zementmörtel „     „ 

14.  Befestigung  der  Böschungen    und    der 

Sohle  durch  eine  Kiesdeckung.    .    ,    .   „     „ 


15-20 
28-28 


0,75-035 
1,00-1,20 

0,40-0,55 


IndtoMmPniatot 
lohn  für  &m»  Vabvmm 
Di« 

•Teatatll    b«MBd< 
w«rd«a. 


Abb.  229. 


Für  Veranschlagung  von  Tunnelarbeiten  mag  angefahrt  werden,  dass  der  Ausbruch  bei  der  An- 
lage Morbegno  (vergL  die  Profile  und  Längen,  Taf.  XVIt  Fig.  1  u.  6a  u.  b)  im  Durehschnitt  16  bis 
18  Lire  pro  cbm  gekostet  hat;  beim  Kabelwerk  (Taf.  XX,  Fig.  8)  pro  cbm  18— 24Frs.,  bei  dar  An- 
lage Lac  Tanay  bei  Vouvry  (S.  470)  20  Fr».  Die  Ausbetonierung  hat  bei  der  letzterwähnten  An- 
lage 70  Frs.  pro  cbm,  beim  Kübel  werk  40— 50Frs.  ohne  den  Verputz  gekostet  Im  allgemeinen  wird 
man  für  Ausbetonierung  von  Tunneln  wegen  der  grosseren  Schwierigkeit  der  Arbeit  Zusehlige  von  50 
bis  70  •/•  su  den  gewöhnlichen  Preisen  für  Beton  su  machen  haben. 

b)  Di©  Wakl  des  Gettlles  und  4m  Kanalprofils.    Dag  Wasser   bewegt  sich  in 
offenen  Leitungen  nach  dem  Gesetz  des  freien  Falls  und  es  müsste  deshalb  bei  einem 

bestimmten  Gefalle  eine  immer  beschleunigtere  Ge- 
schwindigkeit annehmen,  wenn  nicht  der  bewegenden 
Kraft  Widerstände  entgegenstanden,  welche  Terur- 
sachen,  dass  die  Bewegung  des  Wassers  bei  gleich- 
bleibendem Profil  und  bei  gleichbleibendem  Gefalle 
eine  gleichförmige  wird.  Diese  Widerstände 
setzen  sich  zusammen:  a)  aus  der  Reibung  der  Wasser* 
teilchen  untereinander,  b)  aus  der  Reibung  der  Wasser- 
teilchen am  benetzten  Umfange,  c)  ans  dem  Wider- 
stände der  atmosphärischen  Luft  und  besonders  der 
Luftströmungen,  d)  aus  dem  Widerstände,  welchen  die  mitgeführten  Geschiebe  und 
Sinkstoffe  erzeugen. 

Wenn  AB  und  CD  (Abb.  229)  swei  Querprofile  in  der  Entfernung  1  darstellen  und  wenn  be- 
deuten: 

J  das  relative  Gefalle  =  Üu, 

pq  ein  beliebiges  Wssserelement  zwischen  den  beiden  Profilen  von  der  Hasse  m, 
M  die  Masse  aller  Wasserelemente  «wischen  AB  und  CD, 
g  die  Beschleunigung  durch  die  Schwerkraft  =  9,81  m  =  82,18'  engl., 
F  den  benetzten. Querschnitt  .des  Profils, 
y  dss  Gewicht  der  Volumeneinheit  des  Wassers, 

Xu  und  pr"  Wagrechte  und  wenn  Ab  ||  pqT 
so  ist  die  bewegende  Kraft  des  Elementes  pq  =  m.g.qr  =  mg7u  und  die  Beschleunigung  denselben 
Elementes  g •  qr  =  g  su.    Das  Gewicht  aller  Elemente  zwischen  den  um  1  voneinander  entfernten  Pro- 
filen AB  und  CD  ist  M.g  =  F?.    Ihre  Beschleunigung  ist  ^p.J  und  ihre  bewegende  Kraft: 

T«F.y.J.  (!) 


§  2.  Die  WerkkahIle.  773 

Bei  der  gleichförmigen  Bewegung  des  Wassers  muss  der  Widerstand  in  einem 
Gerinne  gleich  der  bewegenden  Kraft  sein.  Die  älteren  Hydrotekten  seit  Brahms 
(1753)  und  Chezy  (1755)  nahmen  an,  dass  der  Widerstand  proportional  sei  dem  benetzten 
Umfange  p  des  Profils  und  ferner  dem  Quadrate  der  mittleren  Profilgeschwindigkeit  v. 
Letztere  Annahme  beruht  auf  der  Ansicht,  dass  bei  n-facher  Geschwindigkeit  nicht  nur 
n-mal  so  viel  Wasserteilchen  vom  benetzten  Umfange  losgerissen  werden,  sondern  dass 
dies  auch  mit  n-facher  Geschwindigkeit  geschehe.  Danach  würde  sich  der  Widerstand  W 
auf  einer  Länge  1  des  Gerinnes  ausdrücken  lassen  durch  W  =  p .  vf  (2) 

und  wenn  man  noch  einen  Erfahrungsbeiwert  a  hinzufügt  durch  W  =  a .  p .  v*        (3) 

Ferner  wäre :  a .  p .  y*  =  F .  y .  J  und 

j  =  _JJ:.Tt  und  wenn  man  -  =  R  setzt  J  =  W — .  (4) 

F.y  p  R.y  x  ' 

R  bezeichnet  man  als  den  hydraulischen  Profilhalbmesser.  Setzt  man 
für-  =  £,  so  wird 

r 


yo    j  1 

—j.—  und  wenn  man  tje  =  c  setzt  t  =  e .  Vß.J.         (5) 

Auf  die  Form  von  (5),  welche  als  die  Ch6zy-Eytelweinsche  Formel  be- 
zeichnet wird,  lassen  sich  auch  alle  neueren  Formeln  zurückführen.  Eytelwein10)  hat 
£  =  0,0003856  und  c  =  50,9  als  konstant  angegeben.  In  Italien  wird  diese  Formel 
Tadini  zugeschrieben,  welcher  als  konstanten  Wert  für  c  =  50  angenommen  hat 

Später  sind  zuerst  von  Prony,  dann  von  Lahmeyer,  Hagen,  Eytelwein 

und  anderen   verbesserte  Formeln  aufgestellt,   nachdem  ihre  Untersuchungen  ergeben 

hatten,  dass  man  der  Wirklichkeit  mehr  entsprechende  Resultate  erzielt,  wenn  man  das 

Produkt  R.  J.  durch  zwei  Ausdrücke  darstellt,  von  denen  der  erste  der  Geschwindigkeit, 

der  zweite  dem  Quadrate  derselben  proportional  ist.    Auf  diese  Weise  entstand  die 

Formel 

R.J  =  a.v  +  /*.vf  (6) 


also  c  =  — — —  (7) 

v  '  r 


t 


Prony  gab  für  a  den  Wert  0,00004445  und  für  ß  0,00030931  an. 

Es  sei  an  dieser  Stelle  daran  erinnert  (vergl.  S.  196  u.  197),  daas  infolge  des  Widerstands  am 
benetzten  Umfange  die  Geschwindigkeit  der  Wasserteilchen  von  der  Sohle  nach  der  Oberfläche  hin  und 
von  den  Ufern  nach  dem  Stromstrich  hin  zunimmt.  Die  meisten  Hydrotekten  nehmen  heute  an,  dass ' 
sich  in  einer  Vertikalen  die  Geschwindigkeiten  nach  einer  Parabel  andern,  deren  Achse  nach  Dupuit, 
Boilean,  Darcy,  Bazin,  Humphreys-Abbot  u.  a.  horizontal  ist  und  deren  Scheitel  sich  ent- 
weder im  Wasserspiegel  oder  etwas  darunter  in  der  Schicht  der  grOssten  Geschwindigkeit  befindet.  Für 
Werkkanäle,  bei  denen  nur  verhältnismässig  kleine  Wassertiefen  vorkommen,  wird  man  jedenfalls  ohne 
grosse  Ungenaaigkeit  nach  Bazin  annehmen  können,  dass  die  grösste  Geschwindigkeit  in  einer  Ver- 
tikalen, also  der  Scheitel  der  Parabel,  in  der  Wasserspiegellinie  liegt. 

Der  Parameter  der  Vertikal parabel  von  der  Form  y*  =  ax  berechnet  sich  allgemein  nach  der 

Formel  a  =  ^-— *-^-(8)  (Abb.  230).    Nach  Bazin11)  kann  man  für  Werkkanäle  unter  der  Annahme 

V»  —  Vx 

von  vz  =v<>  die  Geschwindigkeit  an  einer  beliebigen  Stelle  einer  Vertikalen  berechnen  nach  der  Formel 


io)  Eytelwein,  geboren  1764  zu  Frankfurt  a.  M.  war  ursprünglich  Offizier,  trat  dann  in  den 
preussischen  Staatsdienst  als  Deichinspektor  des  Oderbrachs.  Von  1816  an  war  Eytelwein  Ober- 
Landes-Baudirektor.  Er  hat  besonders  an  der  Oder,  Weichsel,  Warte  und  Niemen  gearbeitet  Gestorben 
18.  August  1848. 

n)  Recherches  hydrauliques  entreprises  par  H.  Darcy  continnees  par  H.  Bazin,  Paris  1865. 


774 


HL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


tx  =  vo—  c^BJ  Mr)  and  mmn  ^*nn  Vo  =  Tp^ä  ^  annehmen,  wenn  vm  die  mittlere  Geschwindig- 
keit in  einer  Vertikalen  bedeutet.  Werte  für  c  werden  später  angegeben  werden.  Die  Geschwin- 
digkeit an  der  Sohle  vg  ist  nach  demselben  Autor  ^  0,75  vm. 

Hagen18)  hat  gefunden,  dass  die  Geschwindigkeiten  in  einer  Vertikalen  sich  verändern  nach 
einer  Parabel,  deren  Achse  vertikal  steht  und  deren  Scheitel  in  der  Sohle  liegt  (Abb.  231).    Er  gibt  an  für 

vx=  v8  +  VäTtx  <10) 

(v0  — V.)s 


worin  v»  die  Geschwindigkeit  der  Sohle  und  at  den  Parameter  der  Parabel  bedeuten  a,  = 


OD 


Abb.  280. 


Abb.  231. 


C 


.» 1  ~x iß 


B' 


«5l 


Die  mittlere  Geschwindigkeit  vm  in  m  in  einer  Vertikalen  mnss  gleich  sein  der  von  der 
Geschwindigkeitskurve  eingeschlossenen  Fläche  F  in  qm    dividiert  durch  die  Tiefe  t  in  m.    Also 
Annahme  einer  Parabel  mit  horizontaler  Achse  als  Geschwindigkeitskurve  wird 


vm  =  l/8 


2v,  +  v.  +  -^(vo 


H 


(Abb.  280) 


(12) 


und  wenn  die  Maximalgeschwindigkeit  in  der  Oberfläche  liegt  (also  t*  =  0)  wird  vm  =  1/8  [2v0  -(-  ▼•)  (18) 
Dieselbe  Formel  gilt  auch  für  die  Hagensche  Parabel  mit  vertikaler  Achse.  Hagen  gibt  auch  an» 
dass  in  den  meisten  Fällen  vm5S6/7vo  beträgt 

Bei  einer  Parabel  mit  horizontaler  Achse  und  dem  Scheitel  in  der  Oberfläche  ist 

tm  =  j/TSt  =  0,5778  t  (14) 

Nach  Hagen  t»  ^  5/9 1  So  0,5555 1  (15) 

Diese  Angaben  können  dazu  dienen  die  allgemeine  Obersicht  zu  erleichtern,  auch  wenn  man 

ihnen  eine  allgemeine  Gültigkeit  nicht  zuerkennt,  da  die  Verhältnisse  —  und  —  auch  von  dem  Raubig- 

v©  t 

keitsgrade  des  benetzten  Umfanges  abhängen.   Für  die  Verwendung  in  den  meisten  praktischen  Fällen, 

welche  hier  in  Frage  kommen,  reicht  ihre  Genauigkeit  aus. 

Zerlegt  man  ein  Kanalprofil  in  viele  horizontale  Streifen  und  trägt  die  Geschwindigkeiten  als 
Ordinaten  auf,  so  ergibt  sich  nach  den  Untersuchungen  von  Humphreys  und  Abboti*)  für  jeden 


>*)  G.  Hagen,  Über  die  Bewegung  des  Wassers  in  Strömen.  Berlin  1869.  —  Ober  das  von 
Hagen  aufgestellte  Gesetz,  nach  welchem  die  Geschwindigkeit  des  strömenden  Wassers  sich  mit  der 
Entfernung  vom  Boden  vergrOssert.  Zeitschr.  des  Aren.-  und  Ing.- Vereins  Hannover  1872.  8. 476.  —  Die 
Sohlengeschwindigkeit  und  die  Geschwindigkeitsformeln  der  Ströme.    Zeitschr.  f.  Bauw.  1877.  S.  75. 

*»)  Im  Jahre  1850  wurden  die  Ingenieure  A.  A.  Humphreys  und  L.  H.  Abbot  von  dar  Mord- 
amerikanischen  Regierung  beauftragt,  für  die  Regulierung  des  unteren  Mississippi  die  notigen  Unter- 
suchungen zu  machen.  Der  Mississippi  hat  eine  mittlere  Breite  von  1000—1500  m  und  eine  Maximsi* 
tiefe  von  45  m.    Unterhalb  der  Ohio-Einmündung  beträgt  der  Unterschied  des  niedrigsten  und  höchsten 


§  2. 


Die  Werkkanäle. 


776 


Streifen  eine  Horizontalgeschwindigkeitskurve  in  Parabelform  and  alle  diese  Parabeln  haben 
den  gleichen  Parameter. 

Wenn  man  die  mittleren  Geschwindigkeiten  aller  Vertikalen  eines  Querprofils  von  der  zur 
Stromrichtung  lotrechten  Wasserspiegellinie  horizontal  auftragt,  so  ergibt  sich  gleichfalls  eine  Parabel, 
deren  Scheitel  im  Stromstrich  liegt  und  deren  Achse  angenähert  lotrecht  zu  dem  betreffenden  Quer- 
profil  steht  d.  h.  <^^90°.  Die  Gleichung  dieser  Parabel  ist:  yf  =  P  (vmz  —  vmy)  (Abb.  282)  (16) 
P  ist  der  Parameter  dieser  Parabel. 

Die  Planimetrierung  der  von  der  mittleren  Horizontal-Geschwindigkeitsparabel  eingeschlossenen 
Flache  und  die  Division  dieser  Flächengrösse  durch  die  Profilbreite  b  im  Wasserspiegel  gibt  die  mittlere 
Profilgeschwindigkeit  v,  d.  b.  den  Wert,  welcher  in  der  Formel  (5)  gemeint  ist. 

Die  Beziehungen  zwischen  den  mittleren  Vertikalgeschwindigkeiten  am  Ufer  v'a  und  y"u  und 
im  Stromstrich  Vmx  einerseits  und  der  mittleren  Profilgeschwindigkeit  v  andererseits  lassen  sich  aus- 
drücken durch  die  Formel  (Abb.  232) 

'n+a,v"u 


v  =  2/3  Vm*  + 


/a,  v'i 


3b 


!) 


(17) 


Abb.  282. 


Bei  Werkkanälen  ist  das  Profil  meist  symmetrisch 
v'n  =  v"u  und  Sj  =  a9  =  ---  und  es  wird  deshalb 
v  =  2,8vmj:-fl/8vu  und  va  =  3v  —  2vms       (18)  u.  (18a) 

Der  französische  Ingenieur  Darcy  hat  zuerst  durch 
seine  in  den  Jahren  1849  bis  1851  auf  der  Pumpstation 
Chaillot  bei  Paris  unternommenen  Versuche  den  Einfluss  des 
Grades  der  Rauheit  auf  den  Widerstand  des  benetzten 
Umfanges  in  einwandfreier  Weise  festgestellt. 

Diese  Versuche  wurden  mit  verschiedenen  offnen  mit  aus- 
wechselbarem Umfang  versehenen  Gerinnen  und  mit  11  gusseisernen 
Rohrleitungen  von  0,036  bis  0,50  m  Lichtweite  und  2,5  m  Stücklange 
und  über  100  m  Gesamtlange  vorgenommen.     Im  Jahre  1852  wurden 

auf  Empfehlung  der  Pariser  Akademie  der  Wissenschaften  dem  Ingenieur  Darcy  grossere  Hilfsmittel 
und  Mitarbeiter  für  die  Fortsetzung  seiner  Untersuchungen  rar  Verfügung  gestellt  U). 

Nach  dem  1858  erfolgten  Tode  Darcys  übernahm  sein  Gehilfe  H.  Bazin  die 
Leitung  der  Untersuchungen  und  von  ihm  stammen  die  heute  in  allen  Ländern  bekannten 
und  viel  gebrauchten  Formeln  für  die  Bewegung  des  Wassers  in  Flüssen,  Kanälen  und 
Rohrleitungen  her.  Die  ursprüngliche  Bazinsche,  1865  in  dem  in  der  Fussnote  11  bereits 
erwähnten  Werke  veröffentlichte  Geschwindigkeitsformel  lautet: 


R.J 


-  K) 


v2  oder  v 


l/-+r 


l/R.  J 


(19) 


Wasserstandes  15,0  m  und  die  maximale  Abflussmenge  ca.  83000  cbm/sek.  Das  Resultat  der  zehnjährigen 
Arbeit  war  das  von  der  Nordamerikanischen  Regierung  herausgegebene  Werk :  Report  upon  the  Physies 
and  Hydraulics  of  the  Mississippi-River,  upon  the  protection  of  the  alluvial  region  against  overflow  and 
upon  deepening  of  the  mouths  bored  upon  surveys  and  investigations  raade  under  the  acts  of  congress 
directing  the  topographical  and  hydrographical  survey  of  the  delta  of  the  Mississippi  river  with  such 
investigations  as  might  lead  to  determine  the  most  practicable  plan  for  securing  it  Crom  inundation  and 
the  best  mode  of  deepening  the  Channels  at  the  mouths  of  tbe  River.  By  A.  A.  Humphreys  and 
L.  H.  Abbot,  Philadelphia  1861.  Mit  20  Tafeln. 

**)  H.  Darcy,  Recherches  exp&imentales  relatives  au  mouvement  de  l'eau  dans  les  tuyauz 
de  conduite  1857. 


776 


III.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 


Für  a  und  ß  worden  die  folgenden  Angaben  gemacht: 


1.  Bei  sehr  glatten  Wänden  (geglätteter  Zementputz,  sorgfältig  gehobelte 
Bretter  etc.) 

2.  Bei  glatten  Wänden  (Hausteine,  Backsteine,  Bretter  etc.) 

3.  Bei  weniger  glatten  Wänden  (Bruchsteinmauerwerk,  rauhere  Felswände  etc.) 

4.  Bei  Wänden  in  Erde 


0,00015 
0,00019 
0,00024 
0,00028 


0,0000045 
0,0000133 
0,0000600 
0,0003500 


Ende  der  sechziger  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts  fanden  die  epochemachenden 
Untersuchungen  der  schweizer  Ingenieure  Gangui  11  et  und  Kutter  statt.  Sie  haben 
den  Wert  für  c  in  der  Darcy-Bazinschen  Formel  auf  eine  andere  Form  gebracht, 
indem  sie 

fi 


—  =  m  und 
a 


=  in, 


setzten  und  dadurch  c 


-V; 


in.  K 


erhielten. 


t 


Um  die  Koeffizienten  m  und  ml  vor  dem  Wurzelzeichen  zu  haben,  wurde  ferner 

— '— -  = f        gesetzt.    Hieraus  ergab  sich  die  sogenannte  abgekürzte  Kuttersche 

mi  +  Ä      b+yR 

Formel  v  =  — ^jL  .  i/rj  i*\ 
b+^R    V  ) 

In  dieser  Formel  wird  a  konstant  =  100  und  b  mit  der  Rauhigkeit  veränder- 
lich angegeben.    Kutter  gibt  für  b  folgende  12  Rauhigkeitsstufen  an: 

Stufe     I  b  =  0,12  Stufe    VII  b  =  0,56 

II  b  =  0,15  ,      VIII  b  =  0,72 


(20) 


III  b  =  0,20 

IV  b  =  0,27 
V  b  =  0,35 


IX  b  =  0,93 

Xb  =  1,22 

XI  b  =  1,67 

XII  b  ^  2,44 


,      VI  b  =  0,45 

Wenig  später,  besonders  aus  Anlass  des  von  Humphreys  und  Abbot  veröffent- 
lichten Werkes,  welches  erst  Mitte  der  sechziger  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts  in 
Europa  eine  lebhaftere  Erörterung  hervorrief16),  erweiterten  Ganguilett  und  Kutter 


i*)  Allgemeine  Bauzeitung  1869  und  1870,  Abdruck  des  Aufsatzes  von  1870  ist  auch  gesondert 
veröffentlicht  unter  dem  Titel:  W.  R.  Kutter,  Die  neuen  Formeln  für  die  Bewegung  des  Wassers  in 
Kanälen  und  regelmassigen  Flusstrecken.  2.  Aufl.  Wien  1877.  S.  143. 

»*)  Grejbenau,  H.,  Theorie  der  Bewegung  des  Wassers  in  Flüssen  und  Kanälen.  Nach  dem 
Bericht  Humphreys  und  Abbots  Aber  die  physikalischen  und  hydraulischen  Verhältnisse  des  Missis- 
sippi-Stroms. Deutsch  bearbeitet.  Manchen  1867. 

Borneman,  K.  R,  Über  die  Humphreys-Abbotsche  Theorie  der  Bewegung  des  Wassers 
in  Flossen  und  Kanälen.  Civiling.  1867.  S.  203. 

Grebenau,  Die  Humphreys-Abbotsche  Theorie  der  parabolischen  Bewegung  des  Winoom. 
Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1867.  8.  251. 

Fournil,  V.,  Resum^  des  experiences  hydrauliques  executes  par  le  gouvernement  Americain 
sur  le  Mississippi  et  remarques  sur  les  cousequences  qui  en  decoulent  relat.  ä  la  theorie  des  eanx 
courantes.  Paris  1867. 

Bericht  des  Komitees  zur  Beurteilung  der  von  H.  Grebenau  herausgegebenen  Bearbeitung  der 
Humphreys- Ab  bot  sehen  Theorie  der  Bewegung  des  Wassers  in  Flüssen  und  Kanälen.  Zeitschr. 
des  österr.  Ing.-  u.  Arch.-Ver.  1867.  8.  109. 

Kutter,  W.  R.,  Über  die  neue  Theorie  der  Bewegung  des  Wassers  von  Humphreys  und 
Abbot  in  Beziehung  auf  Gewässer  mit  starken  Gefallen.  Allg.  Bauz.  1868—1869.  S.  153. 

Wiebe,  A.,  Die  neue  Experünental-Theorie  der  Bewegung  des  Wassers  in  Flüssen  von  Hum- 
phreys und  Abbot.    Zeitschr.  f.  Bauw.  1867.  8.  297. 


§  2. 


Die  WebkkanIlb. 


777 


die  Formel  (20),  indem  sie  in  den  Ausdruck  für  c  in  der  Eytelwein-Ch6zyschen  Formel 
die  Grösse  dieses  Zahlenwertes  vom  Gefalle  abhängig  machten  und  den  Rauhigkeitsgrad 
in  eine  direkte  Beziehung  zu  dem  hydraulischen  Halbmesser  brachten.  Diese  neuere 
Kuttersche  Formel  lautet: 


23+1+  O'00'65 


+{«+*?*)  jfrj 


.  VrTj»). 


(21) 


c  wird  nach  dieser  Formel  mit  Zunahme  des  Gefälles  bei  grossen  Querschnitten 
kleiner  bei  kleinen  Querschnitten  grösser,  welche  Abhängigkeit  in  der  Bazinschen 
Formel  und  in  der  abgekürzten  Kutterschen  Formel  nicht  vorhanden  ist.  Der  den 
Rauhigkeitsgrad  ausdrückende  Beiwert  n  ist  auch  in  eine  Beziehung  gebracht  zum  Werte  R. 

Für  den  Koeffizienten  n  bezw.  für  1/n  werden  folgende  Werte  angegeben: 


l/n 


1.  Kanäle  mit  sorgfältig  gehobelten  Holzwanden  oder  glattem  Zementputz 

2.  Kanäle  aus  behauenen  Quadersteinen,  gut  gefugten  Backsteinen  oder 
rohen  Brettern 

3.  Kanäle  aus  Bruchsteinen 

4.  Kanäle  mit  gepflasterter  Böschung  und  Sohle 

5.  Kanäle  in  Erde 

6.  Kanäle  in  Kies  mit  Graswuchs     . 

7.  Kanäle  und  Flüsse  in  Kies  mit  schlecht  unterhaltenen  unregelmässigen 
Böschungen 

S.  Flösse  mit  gröberem  Geschiebe,  sehr  unregelmässigen  Ufern  und  Sohle 
und  mit  Wasserpflanzen 


0,010 


100 


0,013 

77 

0,017 

58 

0,020 

50 

0,025 

40 

0,030 

33 

0,035 

29 

0,040 

25 

Auf  Grund  der  Veröffentlichungen  von  6  a  n  g  u  i  1 1  e  t  und  Kutter  hat  B  a  z  i  n  seine 


Formel  umgearbeitet  und  ihr  die  Form  v  = 


87  l/R 

y+Y& 


Viu 


87 


l+r£ 


VßJ 


VlTT18)     (22) 


gegeben.     Für   den   einzigen  veränderlichen  Koeffizienten  y  gibt  er  folgende  Werte  an: 


1.  Wände  mit  Zementputz  oder  gehobelten  Brettern 

2.  Wände  aus  rohen  Brettern,  Hausteinen,  gut  gefügtem  Ziegelmauerwerk 

3.  Wände  in  Bruchsteinen  oder  rohem  Beton 

4.  Wände  mit  Stoinpflasterung  oder  sehr  regelmässiger  Kieseindeckung 

5.  Wände  in  Erde  mit  Pflatizenwuchs,  aber  regelmässigen  Profilen      .    . 

6.  Ungewöhnlich  rauhe  und  unregelmässige  Wände  in  Flüssen  .... 


y 
y 
y 
y 
r 
y 


0,06 
0,16 
0,46 
0,85 
1,30 
1,75 


Die  Formeln  20,  21  und  22  sind  heute  die  fast  in  der  ganzen  Welt  am 
meisten  gebrauchten,  und  es  sind  deshalb  in  den  nachfolgenden  Tabellen  VI  und 


i?)  Frank,  Die  Formeln  über  die  Bewegung  des  Wassers  in  Röhren.   Civiling.  1881.    Heft  3. 

y.  Wagner,  Harmonische  Resultate  der  Gan gui lle t-Kutter sehen  Formel  für  die  mittlere 
Flussgeschwindigkeit.    Protokoll  des  sächsischen  Ingen ieurvoreins,  85.  Hauptvers.  S.  27. 

1 8)  Etüde  d'une  nouvelle  formale  pour  calculer  le  dlbit  des  cannaux  decouverts.  Ann.  des  ponts 
et  chaussecs  1879.  4.  c. 


»  hsvvvk  htv*M%>     Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


>•% 


*t+  sie  sich  nach  den  Formeln  21  und  22  ergeben,  für 


\  ii  v    W  c;  l«   >ou 

.  jt-ti  Wciu  \ru  !v  umi  J  mammengestellt,  welche  für  Werkkanäle  besonders  in  Frage 
^•uinion.     Mu  lim*  üumr  Tabellen  wird  die  Anwendung  dieser  Formeln  einfach  und 


»v  »JlK"!»!. 


Tabelle  VI. 

NWmi  ttwt  laM  c  in  der  Formel  (21)  v  =  c  ^RJ  nach  Qangnillet  and  Katter. 


■=— — — — 

Hydraulischer 
Halbmesser 

Gefalle  1  = 

»• 

0,0001 

0,0002 

0,0004 

0,0010 

0,0100 

\    \*u«m»  «mI  sorgfältig  gehobelten 

0,20 

i 

74 

77 

78 

79 

80 

tu«*«  *****  oder  glattem  Zement- 

0,80 

81 

84 

85 

86 

86 

m«.4  u      0.010 

0,50 

88 

90 

91 

91 

91 

1,00 

100 

100 

100 

100 

100 

2,00 

109 

107 

106 

105 

105 

8,00 

118 

111 

HO 

109 

108 

£  Kanäle  ans  behauenen  Quader- 

0,20 

58 

56 

58 

59 

59 

steinen,  gut  gefugten  Backsteinen 

0,80 

60 

68 

64 

64 

65 

oder  rauhen  Brettern  n  =  0,013 

0,50 

67 

69 

69 

70 

70 

1,00 

77 

77 

77 

77 

77 

2,00 

85 

84 

88 

82 

82 

|           8,00 

89 

88 

87 

86 

85 

8.  Kanäle  aua  Bruchsteinen 

0,20 

89 

• 

41 

42 

42 

43 

n      0,017 

0,80 

45 

46 

47 

47 

48 

0,50 

50 

51 

51 

52 

52 

1,00 

58 

58 

58 

58 

58 

2,00 

67 

66 

65 

64 

64 

8,00 

71 

70 

69 

68 

68 

4.  Kanäle  mit  gepflasterter  Böschung 

0,20 

82 

34 

35 

86 

86 

und  Sohle  n  =  0,020 

0,80 

87 

88 

39 

40 

40 

.  0,50 

42 

48 

48 

44 

44 

1,00 

50 

50 

50 

50 

50 

2,00 

57 

56 

56 

55 

55 

3,00 

61 

59 

59 

58 

58 

5.  Kanäle  in  Erde  n  =  0,025 

0,20 

24 

25 

26 

27 

27 

0,80 

29 

30 

80 

81 

31 

0,50 

88 

34 

84 

85 

35 

1,00 

40 

40 

40 

40 

40 

. 

2,00 

47 

46 

45 

45 

45 

3,00 

51 

49 

48 

48 

47 

6.  Kanäle  in  Kies  mit  Graswuchs 

0,20 

19 

20 

21 

22 

22 

n  =  0,080 

0,30 

23 

24 

24 

25 

25 

0,50 

27 

27 

28 

29 

29 

1,00 

33 

33 

33 

38 

88 

2,00 

40 

40 

39 

88 

88 

i 

3,00 

43 

42 

42 

41 

41 

9)  A.  Flamant,  Inspecteur  General  des  Ponte  et  Cbaussles:  Hydraulique  1900.  Paris. 


§  2. 


Die  WerekaxIle. 


779 


Tabelle  VII. 

Werte  der  Zahl  c  in  der  Formel  (22)  v  =  ey^RJ  nach  Bas  in. 


Hydraulischer 
Halbmesser 

B=* 

P 


1 


Winde  mit 

Zenrantpnti 

oder  gehobelten 

Brettern 

y  =  0,06 


Winde  ans  rohen 
Brettern,  Hau- 
steinen, gut  ge- 
fügtem Xlegel- 
Maaerwerk 
y=0.1C 


oder  rohem 

Beton 

y-0,46 


Winde  mit  Stein- 
pfasterung  oder 

•ehr  regelmässiger 

Kiesfindeekang 

7  =  0^5 


Winde  in  Erde 
mit  Plnnsenwuehs, 


Profilen 
7  =  1.30 


Ungewffhnlkh 
ranne  vnd  un- 


Wlnde  in 
Flüssen 
7  =  1.75 


3 


6 


0,20 

0,22 
0,24 
0,26 
0,28 
0,30 

0,35 
0,40 
0,45 
0,50 
0,55 

0,60 
0,65 
0,70 
0,80 
0,90 

1,00 
1,10 
1,20 
1,30 
1,50 

1,70 
2,00 
2,50 
3,00 
3,50 


76,7 
77,1 

77,5 
77,8 
78,1 
78,4 

79,0 
79,4 
79,8 
80,2 
80,4 

80,7 
80,9 
81,1 
81,5 

81,8 

82,0 
82,2 
82,4 
82,6 
82,9 

83.1 
83,4 
88,7 
84,0 
84,2 


64,1 
64,9 
65,5 
66,2 
66,8 
67,3 

68,4 
69,4 
70,2 
70,9 
71,5 

72,1 
72,6 
73,0 
78,8 
74,4 

75,0 
75,4 
75,9 
76,3 
76,9 

77,5 
78,1 
79,0 
79,6 
80,1 


42,9 
44,0 
44,8 
45,7 
46,5 
47,8 

48,8 
50,4 
51,6 
52,7 
53,7 

54.6 
55,4 
56,1 
57,4 
58,6 

59,6 
60,5 
61,3 
62,0 
63,2 

64,8 
65,6 
67,4 
68,7 
69,8 


30,0 
30,9 
31,8 
32,6 
33,4 
34,1 

35,7 
87,1 
38,4 
39,5 
40,5 

41,4 
42,3 
43,1 
44,6 
45,9 

47,0 
48,0 
48,9 
49,8 
51,3 

52,6 
54,8 
56,6 
58,3 

59,8 


22,3 
23,1 
23,8 
24,5 
25,2 
25,8 

27,2 
28,5 
29,6 
30,6 
31,6 

32,5 
33,3 
34,1 
35,5 
36,7 

37,8 
88,8 
89,7 
40,6 
42,2 

48,6 
45,3 
47,7 
49,7 
51,3 


17,7 
18,4 
19,0 
19,6 
20,2 
20,7 

22,0 
23,1 

24,1 
25,0 
25,9 

26,7 
27,4 
28,1 
29,4 
30,6 

31,6 
82,6 
33,5 
84,3 
35,8 

87,1 
38,9 
41,2 
43,8 
44,9 


Um  nun  zunächst  einen  Überblick  über  die  bei  ausgeführten  Anlagen  gewählten 
Wasserspiegelgefälle  und  über  die  angewendeten  Werte  von  c  zu  geben,  sind  in  der 
nachstehenden  Tabelle  VIII  für  15  Werkkanäle  die  bezüglichen  Angaben  gemacht: 

Tabelle  VHI. 

Znsammenstellung  der  gewählten  Werte  für  J  nnd  v  bei  15  Anlagen  mit  Angabe  der  Werte  für 

v 


c  = 


l/RJ 


in  abgerundeten  Zahlen. 


Bezeichnung  der  Anlage  und 
Beschreibung  des  Profils 

Wasser- 

spiegel- 

Gefllle  J 

Wassertiefe  t 

und  Spiegel- 

breite  h  in 

P-  =  B 

p 

in  m 

Geschwin- 
digkeit in 
m/sek. 

Wasser- 

menge  in 

cbni/sek. 

__       V 

"T 

1.  N  o  v  a  1  e  8  a  an  (1.  Cenischia. 
Rechteckiges  Profil  in  Beton. 
Taf.  XII,  Fig.  2  n.  3 

1:370 
0,0027 

t  =  l,0 

b  =  0,90 

-SJ--M. 

1,55 

1,4 

53,4 

780 


IIL    Theodor  Koehx.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


Fortsetzung  von  Tabelle  VIÜ. 


Bezeichnung  der  Anlag»  und 
Betenreibiing  des  Profils 


2.  Kabelwerk.  Rechteckige» 
Tunnelprofil  mit  flach  abge- 
rundeter 8ehle  nnd  Glattputz. 
Tat  XX,  Fig.  8 

8.  La  Dernier-Vallorbe. 
Rechteckige«      Tnnnelprofil 
mit  flachgewölbter  8ohle  in 
Beton  mit  Glattputz.    Taf. 
XXX,  Fig.  10 

4.  Les  Clees.  Rechteckiges 
Profil  mit  Betonanskleidnng 
und  Glattputz 

5.  La  Gonle.  Rechteckiges 
Profil  mitabgemndetenKcken 
in  Beton  mit  Glattputz.  Taf. 
XVIII,  Fig.  2 

6.  Jajce.  Rechteckiges  Profil 
zwischen  Betonwänden  oder 
Holzwftnden,  S.  493,  Abb.  99 

7.  Bergamasca.  a)  Recht- 
eckigen nicht  ausgekleidetes 
Profil  im  Stollen.     Taf.  IX, 

Fig.  2 

b)  Rechteckiges  Profil  im 
Stollen  mit  Beton  ausge- 
kleidet   Taf.  IX,  Fig.  3 

c)  Rechteckiges  offenes  Pro- 
fil zwischen  geputzten  Be- 
tonwinden. Taf.  IX,  Fig.  5 

8.  Morbegno.  Trapezförmiges 
Profi)  mit  Betonauskleidung 
und  Glattputz.  Taf.  XVI, 
Fig.  6  a -g 

9.  Turbigo.  a) Trapezförmiges 
Profil  mit  Betonauskleidung 
und  Glattputz,  Böschung 
1:1,25.    Taf.  V,  Fig.  3 

b)  wie  ad  a.  Taf.  V,  Fig.  4. 

10.  Vizzola.  a) Trapezförmiges 
Profil,  Böschung  1 : 1  mit  Be- 
ton ausgekleidet  und  geputzt 
Taf.  I,  Fig.  4 

b)  Trapezförmiges  Profil,  Bö- 
schung 4 : 1  mit  sehr  glatt- 
geputzten  Beton  wänden.  Taf. 
II,  Fig.  3 


Gefälle  J 


1:1883 
0,00075 


1:883 
0,003 


1:3400 
0,00029 

1:1300 
0,00076 


1:1000 
0,001 

1:1000 
0,001 


1:837 
0,0012 

1:2000 
0,0005 

1:1000 
0,001 


1:8370 
0,00012 


1:8370 
0,00012 

1:6666 
0,00015 


1 :  1870 
0,00053 


nnd  SpUgel- 
nreHebni 


*=B 

F 
in  m 


t 
b 


1,85 

1,80 


t 
b 


2,65 
2,20 


t  =  2,0 
b  =  2,0 


t 
b 
t 
b 

t 
b 


=  2,5i 
=  3,4' 
=  1,4} 
=  3,4' 

1,5 
4,0 


t  =  1,40 
b  =  4,50 


t 
b 

t 
b 

t 
b 


1,40 
4,00 

1,55 
5,00 

2,5 
4,5 


t=-2,80 
b  =  29,00 


t 
b 

t 
b 


3,40 
23,50 

3.50 
17,60 


t  =   3,90 
b_-  8,30 


2,48 


4,50 


5,7 


4,0 


6,0 


8,0 


71,40 
32,12 


65,45 

25,88 

52,05 
21,49 


0,54 


8,98 


=  0,64 


=  0,666 


7,8 
4,26 
5,60 

6,0 
7,0 

6.8 
7,3 


5,6 
6,8 

7,75 
8,10 


10,6 
9,03 


=  1,02 
=  0,76 

=  0,86 


=  0^60 


=  0,82 


-=0,96 


=  1,17 


=  2,22 


=  2,58 


=  2,43 


digkeit  In 


Wi 


28,56  __    öft 
14,39  -1'98 


1,50 


8,52 


1,0 


2,25 
9,87 

2,0 


2,03 


2,30 


1, 


2,36 


1,00 


1,09 


1,845 


2,45 


8,65 


20,0 

IM« 


•ehntttliehel 
beträgt 


4.0 


18,0 
8,0 

12,0 


12,88 


12,88 


12,55 


25 


71,5 


71,5 


70 


70 


?»J 


75,0 


86,0 


72 


80,3 
77,8 

68,2 


69,3 


73,2 


73,9 


70,0 


61,8 


68,0 


78 


76 


§  2. 


Die  WerkkakIle. 


781 


Fortsetzung  von  Tabelle  VIII. 


Bezeichnung  der  Anlage  and 
Beschreibung  des  Profils 


Wasser- 

Spiegel- 
Gefille  J 


Wassertiefet 
«ad  Spiegel- 
breite  b  in 


P 
in 


Geschwin- 
digkeit in 
m/sek. 


Wasser- 

menge  in 
cbnVsek. 


Y=r 


ywr 


=  2,22 


47,6 


=  2,35 


45 


=  2,77 


55,0 


28,0 


=  2,82 


54,0 


11.  Jonage-Cueset-Lyon.        1:10000      t=  2,50      168,75 
Trapezförmiges    Profil    mit       0,0001        b  =  75,0  76,0 
Böschungen  1:3,    z.  T.  mit 
Kalkbeton,  z.  T.  mit  Kies- 
deckung und  Faschinen  be- 
festigt. Tal  XXXVIII,  Fig.  4 

12.  Lechwerk  Gerathofen.      1:8700       t=  2,50        81,0 
Trapezförmiges    Profil    mit     0,000115      b=8S,0         84,42 
Kiesdecknng,      Böschungen 
1:2.    Abb.  134,  S.  559 

13.  Wangen.    Trapezförmiges      1:8000       t=  4,0         102,0 
Profil  mit  Kiesdeckung,  B0-     0,000125      b  =  35,0         36,89 
schung  1:2.     In  Hohe  von 
8.0  m  über  Sohle  beiderseits 
1,0  m    breite    Banqnette, 
Sohlenbreite    17,0  m.     Tai. 
XXn,  Fig.  6a 

14.  Hafslund.      Rechteckiges      1:2000       t=6,5  6,5 
Profil,  z.  T.  zwischen  Beton*       0,0005        b  =  10,0 
winden,  z.  T.  in  den  Felsen 
eingesprengt 

15.  Kykkelsrud.     TrapezfOr-      1:1788       t  =   9,0 
miges  Profil  mit  1/10,  Anzog     0,000377      b  =  10,8 
der  Wände  z.  T.  in  rauhem 
Felsen  eingeschnitten,  z.  T. 
mit  Betonwänden  eingefasst. 
Taf.  XXXIV.  Fig.  3  und  4 


Mit  Hilfe  dieser  Tabelle  VIII  wird  man  beim  Entwerfen  eines  Werkkanals  leicht 
ein  vorläufiges  Gefälle  wählen  können,  indem  man  dasjenige  Beispiel  als  Vorbild  nimmt, 
welches  dem  eignen  Falle  am  ähnlichsten  ist. 

Gleichzeitig  mit  der  Wahl  des  Gefälles  ist  auch  das  Profil  für  die  auf  Grund 
der  Vorarbeiten  bestimmte  grösste  sekundliche  Wassermenge  Q  vorläufig  festzulegen, 
wobei  die  Widerstandsfähigkeit  des  benetzten  Umfangs  gegen  die  Angriffe  des  fliessenden 
Wassers  zu  berücksichtigen  ist. 

Bis  heute  liegen  keine  abschliessenden  Untersuchungen  über  die  ausschleifenden 
Wirkungen  des  Wassers  in  Werkkanälen  und  über  ihren  Einfluss  auf  die  Unterhal- 
tungskosten vor. 

In  Tabelle  IX  Spalte  3  sind  diejenigen  Sohlen-Geschwindigkeiten  angegeben,  welche 
bei  Werkkanälen  nach  Ansicht  des  Verfassers  zulässig  sind,  ohne  dass  ein  erhebliches 
Ausschleifen  oder  ähnliche  Beschädigungen  am  benetzten  Umfange  eines  Werkkanals  ein- 
treten, während  in  Spalte  2  Zahlen  nach  Telford  beigefügt  sind20). 


2648  ==3'06 


0,71 

120 

0,74 

60 

0,98 

• 

100,0 

2,0 

130 

2,5 

200 

60 


**>)  A.  Flamant,  Hydranliqne.  Paris  1900.  S.  298.    (Die  in  Klammern  angegebenen  französischen 
Worte  sind  die  Bezeichnungen  nach  A.  Flamant  für  die  Zahlen  Spalte  2.) 


782 


III.    Theodor  Koehw.    Aubbau  ton  Wasserkräften.    Eikzelheiten. 


Tabelle  IX. 

GrOsste  zulässige  Geschwindigkeiten  an  der  Sohle  für  verschiedene  Arten  des  benetzten  Umfange«. 


Art   der  Wände 


Geschwindigkeit  an  der  Sohle 


1 


2 


i 


8 


Weiche  Erde  (Terre  detrempee) 

Weicher  Ton  (Argile  tendre) 

Sand  (8able) 

Kies  bis  Bohnengrosse  (Gravier) 

Grober  Flusakies  (Caüloux) 

Schotter  (Pierres  cassees)  und  Trocken-Pflasterung 

Nagelfloh  and  weicher  Schiefer  (Cailloax  agglomeres,  schiste  tendre) 
Steinschflttangen  mit  Böschungen  von  1 : 1,5  nnd  weniger,  Trocken- 
mauerwerk   

Lagerhafter  Felsen  (Rocher  en  couchee),  Bruchsteinmauerwerk  in 
hydraulischem  Kalk,  Bekleidung  in  Beton  mit  Zementputz, 
Auskleidung  mit  glatten  Holzbohlen 

Harter  Felsen  (Rocher  dar),  Hausteinmauerwerk,  sehr  gutes  Ziegel- 
mauerwerk in  Zementmörtel,  fetter  Stampfbeton  in  Zementmörtel 
mit  Zementputz 


von  0,076 
„  0,152 
,  0,305 
,  0,609 
,  0,914 
,     1,220 


,     1.520 


.    1,830 


,    3,050 


bis    - 

!  0,450 

,  0,750 

,  1.200 

.  1,500 


,   2,000 


,   2,500 


,   3,500 


Die  Geschwindigkeit  an  der  Sohle  eines  Kanalprofils  nimmt  vom  Stromstrich 
nach  den  Ufern  zu  ab  (S.  775).  Angenähert  kann  man  annehmen,  dass  die  mittlere 
Profilgeschwindigkeit  gleich  sei  dem  0,75 fachen  der  mittleren  Vertikalgeschwin- 
digkeit im  Stromstrich  y  =  0,75  vMX  (Abb.  232)  nnd  dass  die  Geschwindigkeit  an  der 
Sohle  im  Stromstrich  v»,  =  0,7ö  Vn  ist ,  sodass  die  grösste  Sohlengeschwindigkeit  im 
Stromstrich  etwa  gleich  der  mittleren  Profilgeschwindigkeit  angenommen  werden  darf. 
Es  kann  also  für  die  Wahl  der  Befestigungsart  nach  Tabelle  IX  bei  gewählter  mittlerer 
Profilgeschwindigkeit  diese  letztere  direkt  zugrunde  gelegt  werden. 

Die  grösste  bekannte  Geschwindigkeit  in  einem  Werkkanal  ist  bei  dem  Wasser- 
kraft-Elektrizitätswerk der  Niagara  Falls  Power  Co.  (Kap.  II  §  28  S.  545)  zur 
Anwendung  gekommen,  wo  bei  einem  2150,0  m  langen,  in  harten  Felsen  eingeschnittenen 
Tunnel  bei  einem  Querschnitte  von  31,2  qm  und  einem  Gefälle  von  7°/©o  sich  bei 
260,5  cbm/sek.  eine  Geschwindigkeit  von  8,85  m/sek.  ergab.  Grössere  Geschwindigkeiten 
als  in  Werkkanälen  kommen  in  Überlaufkanälen  vor,  aber  solche  Überlaufkanäle  sind 
meistens  kurz  und  werden  nur  selten  mit  der  grössten  Wassermenge  beanspucht  (vgL 
Abschnitt  c  dieses  §). 

Bei  Aufsuchung  des  vorteilhaftesten  Profils  sind  eine  ganze  Reihe  von  verschie- 
denen Gesichtspunkten  zu  berücksichtigen.  Die  nachstehenden  Betrachtungen  sollen 
zunächst  Hinweise  auf  die  theoretisch  günstigen  Profilformen  geben.  Freilich  wird  man 
häufig  aus  praktischen  Erwägungen  das  theoretisch  günstigste  Profil  für  die  Ausführung 
nicht  wählen  können,  aber  es  ist  doch  zu  empfehlen,  das  letztere  zunächst  aufzusuchen, 
um  zu  sehen,  um  wie  viel  die  Querschnittsfläche  des  gewählten  Profils  grösser  wird«  als 
diejenige  des  theoretisch  günstigsten. 

Es  ist  die  seid.  Wassermenge,  welche  dnreh  ein  Profil  in  der  Zeiteinheit  dienet:  Q  =  F.t; 
wenn  v   die  mittlere  Profilgeschwindigkeit   bedeutet,   nnd   nach  Einsetzung   des  Wertes  fttr  t  nach 

Gleichung  (5)  wird  Q  =  F.c.yRJ  =  c.l/~  .J 


(28) 


Hieraus  folgt  J  =  J^£  u*d  F 


V  c«.J 


(34  n.  25) 


§  2.  Die  WerkkanIle.  783 

In  Abb.  238  ist  F  =  b-±-b* .  t  =  (b  —  t  cotg .  <p)  t  (26) 

und  wenn  das  Verhältnis  w-  =  tj  gesetzt  wird  P  =  ijb%  (1  — 17  cotg  qp)  (27) 

Es  ist  der  benetite  Umfang  p  =  b|  +  -3^-    und    bt  =  b  -  2  t .  cotgcp  (28)  u.  (29) 

sin  <p 

Hieraus  ergibt  sich  p  =  b  +  2 1  [ -J cotgo>\  =  b  +  2t . tg?/,        (30) 

\Binq>  / 

Setzt  man  wieder  -ir  =  fy  so  wird  p  =  b  (1  -{-  2 1? .  tg  ¥/»)  (31) 

Fflhrt  man  die  Ausdrücke  von  31  und  27  in  die  Gleichung  25  ein,  so  wird 

Wenn  man  diesen  Ausdruck  in  31  einsetzt,  so  wird 


B_i/Q'    ra+zijtgf/,)»]* 


Ein  Profil  wird  nun  nach  der  Gleichung  23  für  die  Wasserführung  am  günstigsten,  wenn  p  ein 

Minimum  wird;   p  ist  eine  Funktion  von  «.    Man  hat  also  den  Ausdruck  --= — —  ---■    -  -   nach  n  zu 

r  '  17  (1  —  ifcotg.gp) 

differenzieren  und  den  ersten  Differentialquotienten  =  0  zu  setzen.    Hieraus  ergibt  sich 

g+2?tgr/,)(^-i)     ^ 

17*  (1  —  17  cotg.  y)1 

Der  Ausdruck  wird  =  0,  wenn  entweder  1  +  2iytg9/«  =  0  d.  h.  17  =  — 1/2  cotg  ?/8  wird  oder 

2 1? 
wenn  — r-* 1=0  wird,  d.  h.  «  =?=  1/2 .  sin  w. 

sin  9?  '  x 

Durch  Bildung  des  zweiten  Differentialquotienten  findet  man,  dass  für  den  ersten  Ausdruck  das 
Maximum,  für  den  zweiten  das  Minimum  der  Funktion  von  17  eintritt 

Es  wird  also  der  benetzte  Umfang  p  zum  Minimum,  wenn  17  =  1/2 .  sin  9  und 

2t 
t  =  tj .  b  =  1/2  b  sin  9,  beziehungsweise  b  =  — —  (34)  wird.    Setzt  man  diese  Werte  in 

2  ~— —  COS  CD 

die  Gleichung  (30)  ein,  so  wird  für  das  günstigste  Profil  p  =  2t. . —    (35) 

und  wenn  man  in  die  Gleichung  (26)  F  =  (b  —  t .  cotg  q>)  t  den  obigen  Ausdruck  für  b  ein- 

setzt,  wird  P - 1«  (LZ~U!)  (36)  und  R  =  *  =  1/2 1  und  t  =  tC^^fZ  (37) 
7  \     sm<jp    /  v    '  p  r  c*J(2 —  cosy)2  v    ' 

In  dem  für  die  Wasserabführung  günstigsten  trapezförmigen 
Querschnitt  ist  also  der  hydraulische  Halbmesser  von  dem  Böschungs- 
winkel unabhängig.  Die  Böschungslänge  einer  Seite  muss  gleich  der 
halben  Spiegelbreite  sein. 

Wird  g>==90°,  also  das  Profil  ein  rechteckiges,  so  wird  b  =  2t;  F  =  2t2;  und 
p  =  4t;  R  wie  beim  trapezförmigen  Querschnitt  =  1/2 1.  — 

Soll  dasjenige  trapezförmige  Profil  gesucht  werden,  für  welches  die  kleinsten 
Anlagekosten  notwendig  sind,  so  wird  bei  gleichem  Q  und  J  ausser  p  auch  F-  zu 
einem  Minimum  werden  müssen.  Die  Anlagekosten  sind  natürlich  nicht  allein  von  der 
Querschnittsfläche  F,  sondern  noch  von  vielen  anderen  Umständen  (Höhe  der  Hebung 
des  Bodens,  Transportlängen,  Ausgleich  von  Abtrag  und  Auftrag,  Lage  des  Grund- 
wasserspiegels, Art  der  Befestigung  von  Sohle  und  Böschungen  u.  a.  m.)  abhängig, 
sodass  diese  Betrachtungen  nur  relativen  Wert  haben.  Immerhin  aber  können  sie  die 
Übersicht  erleichtern. 


784 


IIL    Tbbooob  Koehh.    Ausbau  von  Wasserkräften.    EmzsiJBBmur. 


Setzt  man  in  die  Gleichung  (27)  den  Ausdruck  (32)  für  b  ein,  so  wird 

2  ***/,)• 


'-  m)w 


*?cotgy) 
Soll    F    als    Funktion    von   rj    ein    Minimum    werden,    so    wird    der   Ausdruck 

(,« —        /     i )  nach  17  zu  differenzieren  und  der  erste  Differentialquotient  =  0  zu 
17(1—  ij.cotgy)/ 

setzen  sein.    Man  sieht,  dass  diese  Funktion  dieselbe  ist,  wie  diejenige  aus  Gleichung  33 

2t 

und  deshalb  muss  auch  F   am  kleinsten  werden  für  t  =  l/2b.sing>  und  b  =  — 

sin  9) 

Um  also  bei  gegebenem  q>9  b,  Q  und  J  das  günstigste  trapezförmige  Profil  zu 

finden,  braucht  man  nur  aus  A  (Abb.  233)  mit  7*b  einen  Kreisbogen  zu  schlagen,  so  wird 

der  Schnittpunkt  des  Bogens  mit  der  Böschungslinie  zugleich  den  Schnittpunkt  der  Sohle 

angeben.    Für  das  günstigste  Profil  ergeben  sich  auch,  indem  man  in  die  Gleichung  (32) 

den  Wert  für  ti  =  l/2.üng>  einsetzt,  b=j/-y 


64  Qi 


(39) 


(40  u.  41) 
(42) 


c* .  J .  sin'qp .  (2  —  co&9>)* 

F  =  1/4  b* .  siny .  (2  —  cos 9)  und  p  =  b  (2  —  cos 9)) 

Im  günstigsten  Profil  ist  die  Sohlenbreite  b1  =  b(l — cos  q>) 

t_ siny 

bx      2(1  —  cos  9) 

Hieraus  ergibt  sich  t~  für  verschiedene  Neigungswinkel  der  Böschungen  wie  folgt 

"1 


Für  vertikale  Seiten- 
bOschungen 

tg  «?  =  <» 


1:1/2 
tgo>  =  2 


1:1 
tg?  =  l 


Für  Böschungen 

1:1,5 
tgy  =  2/3 


1:2 
tg«>  =  l/2 


1:3 
tgo>  =  l/3 


J^ 
W 


=  0,50 


=  0,81 


=  0,21 


=  0,65 


=  2,11 


=  3,04 


Aus  Gleichung  (39)  folgt,  dass  wenn  man  bei  gegebenen  Q  und  J  zum  Beispiel 

wegen  des  Grunderwerbs  b  zu  einem  Minimum  machen  will,  qp  =  90°  werden  muss. 

Beispiel :  Wenn  man  die  eekL  Wassermenge  Q  =  60  cbm/sek.  und  das  Gefälle  J  =  1 :  8700  und 
das  BOschungsverhältnis  1:2  wie  beim  Lechwerk-Gersthofen  wählte  und  wollte  das  günstigste 

Profil  suchen,  so  würde  zu  setzen  sein  F  =  t» .  (—  ™-*)  =  t»  f ^~— )  =  t1 . 2,47.     Da  ein  Profil 

\      sin  <p    /  V     0,447     / 

mit  Eiesdeckung  angenommen  ist,  soll  c  vorläufig  =  45  gewählt  werden.    Es  ist  dann  nach  (23) 

*n      am*    ak    -|/*~~i    j      *      i/(60)sT87Ö07r2      CK1 
60  =  2,47 t».  45.  |/ g.J  oder  t=  [/  ^2^7)^45)^"  =  5'51  "^ 

b  ergäbe  sich  =     -  -  =  "/£  =  24,66:  \h  =  b  —  2 1 .  cotg©  =  24,66  —  22,04  =  2,62,  R  wurde  =  \  =  2.76. 

S1D  <p       0,44/  £ 

Für  diesen  Wert  von  R  wurde  nach  Bazin,  Tab.  VII,  Spalte  6,  der  Bei  wert  c  ^2  48,7  zu  setzen  sein. 
Man  konnte  also  die  Rechnung  mit  c  —  48,7  wiederholen.  Da  aber  die  Bestimmung  des  Bei  wertes  c 
ohnehin  unsicher  bleibt,  und  man  Oberhaupt  mit  Rücksicht  auf  die  Ablagerungen  in  der  Sohle,  auf  den 
Graswuchs  etc.  in  der  Praxis  lieber  etwas  zu  ungünstige  Annahmen  macht,  so  genügt  die  angestellte 

Rechnung.   F  ergab  sich  zu  74,94  qm  und  v=    I,    zu  rd.  0,80  m  sek.   Eine  Wassertiefe  von  5,51  m  wUrde 

ohne  feste  Bekleidung  nur  bei  einem  sehr  undurchlässigen  Terrain  zulässig  sein  und  bei  durchlässigem  Terrain 
eine  sehr  sorgfältige  Dichtung  von  Sohle  und  Böschung  erfordern.  Die  Geschwindigkeit  von  0,80  m,  sek.  wurde 
immerhin  eine  Bedeckung  der  Böschungen  von  etwas  grosserer  Dicke  und  mit  etwas  gröberem  Kiese  ver- 
langen, als  sie  bei  der  tatsächlich  beim  Lechwerk  zugrunde  gelegten  Geschwindigkeit  von  0,74  notwendig 
war.    Wenn  sich  die  Wasserspiegellinie  gerade  in  TenainhOhe  befände,  so  würde  sich  zwar  mit  dem  thore- 


§  2.  Die  WerkkanJLle.  785 

tisch  besten  Profil  gegenüber  dem  beim  Lechwerk  gewählten  Profil  von  81,0  qm  Querschnitt  (Abb.  134, 
S.  559)  eine  Ersparnis  von  6,06  qm,  also  von  6,06  ebm  Bodenbewegnng  pro  lfm.  Kanal  ergeben,  da  aber 
die  WasserspiegeUinie  zum  Teil  höher  lag  als  das  Terrain  und  deshalb  Dämme  nötig  waren,  so  kam 
es  noch  darauf  an,  den  besten  Ausgleich  zwischen  Auftrag  und  Abtrag  zu  finden,  und  in  dieser  Be- 
ziehung war  das  tatsächlich  gewählte  Profil  dem  theoretisch  günstigsten  vorzuziehen.  Auch  hätte  man 
zu  berücksichtigen  gehabt,  dass  bei  dem  theoretisch  günstigsten  Profile  der  Boden  hoher  za  heben  ge- 
wesen wäre  als  bei  dem  gewählten  Profil  und  dass  bei  ersterem  ein  Teil  des  Bodens  unter  Wasser- 
andrang auszuheben  gewesen  wäre,  also  im  Anschlag  mit  höheren  Einheitspreisen  hätte  zum  Ansatz 
gebracht  werden  müssen.  Man  wird  überhaupt  Wassertiefen  von  mehr  als  4,5  m  bei  grOsster  Füllung  für 
Erdprofile  mit  Kiesdeckung  mit  Rücksicht  auf  die  Schwierigkeit  der  Dichtung  und  die  Gefahr  des  Durch- 
bräche selten  wählen,  es  sei  denn,  dass  man  entweder  mit  der  Sohle  bereits  unter  dem  Grundwasser- 
spiegel liegt,  als  Wasserdruck  also  nur  die  Differenz  zwischen  diesem  und  dem  Kanalspiegel  in  Frage 
kommt,  oder  dass  man  den  Kanal  in  ganz  zweifellos  undurchlässigem  Boden  von  genügender  Mächtigkeit 
einschneiden  kann.  Beim  Lechwerkkanal  waren  ferner  noch  Schiffahrtsinteressen  zu  berücksichtigen 
und  daraus  ergab  sich  bereits  eine  Mindestbreite  im  Wasserspiegel  von  2 . 8,6  =  17,2  m,  unter  welcher 
die  Wassertiefe  nicht  weniger  als  etwa  2,0  m  betragen  durfte.  Bei  dem  ermittelten  für  die  Wasser- 
führung theoretisch  günstigstem  Profile  war  die  Gesamtspiegelbreite  24,66  m  und  die  Breite,  unter 
welcher  noch  mindestens  eine  Wassertiefe  von  2,0  m  vorhanden  gewesen  wäre,  hätte  nur  24,66  —  8,0 
=  16,66  m  betragen,  also  man  hätte  schon  wegen  der  Schiffahrt  das  für  die  Wasserführung  günstigste 
Profil  entsprechend  umgestalten  müssen. 

Soll  für  bestimmte  Werte  von  Q,  t  oder  b  und  J  der  Winkel  q>  gefunden  werden,  bei 
welchem  das  für  die  Wasserführung  günstigste  Profil  entsteht,  so  ist  der  Ausdruck  aus 

Gleichung  (36)  für  F  =  t2 1 : —  i  nach  q>  zu  differenzieren  und  der 

erste  Differentialquotient  =  0  zu  setzen.  Man  erhält  dann  2  .  cos  q>  = 
sin2  <jp  -f-  cos2  9  =  1;  cos  9  =  1/2 ;  also  <p  =  60°.  Böschung  1 : 0,577.  Den 
günstigsten  Querschnitt  bildet  demnach,  wenn  man  bezüglich  des  Win- 
kels g>  freie  Wahl  hat,  ein  halbes  regelmässiges  Sechseck  (Abb.  234),  in 

welchem  F  =  1,725 12 ;  t  =  -=-5-  (angenähert) ;  p  ==  3,45 1 ;  b  =  2,3 1;  bt  =  1,15 1  ist,  denn. 

R  wird  wieder  =  -5-. 

Diese  Neigung  von  1 : 0,577  oder  angenähert  1:1/2  wird  in  Einschnittsprofilen  oft 
mit  Vorteil  gewählt  werden,  wenn  eine  Befestigung  der  Böschungen  mit  Trockenmauern 
oder  Betonmauern  notwendig  ist. 

Soll  eine  gewisse  Geschwindigkeit  nicht  überschritten  werden  und  will  man  mit 
Rücksicht  auf  die  Dichtung  von  Sohle  und  Böschungen  auch  die  Wassertiefe  t  festlegen, 
so  sind  bei  gegebenem  Böschungswinkel  und  bei  gegebener  Wassermenge  Q  auch  das  kleinste 

Q 
Profil  und  das  Gefälle  festgelegt,  denn  es  ist  F  =  —  =  t2 .  cotg .  g>  +  bt  t  und 

u  Q        *       *  a  Q       ,     .        .      2t         Q  (2  —  cosq>\ 

bi  =— —  —  t  .  cotgop  und  p  =  — —  tcotgcp  +  — ; =  —  +  2tl — = —  I. 

1       v.t  x  vt  DT^   '    smy       vt   '        \    smgp     / 

Hieraus  wäre  R  zu  bestimmen,  alsdann  nach  den  Tabellen  VI  bis  VIII  der  Bei 

wert  c  zu  wählen  und  J  =  - «— fr  zu  berechnen. 

er .  K 

Wie  aus  der  Tabelle  VII  deutlich  hervorgeht,  hängt  die  Geschwindigkeit  bei  ge- 
gebenem Gefälle  in  erheblichem  Masse  von  dem  Rauhigkeitsgrad  des  benetzten 
Umfanges  ab.  Man  wird  daher  häufig  zu  untersuchen  haben,  ob  ein  Profil  mit  Beton- 
bekleidung der  Sohle  und  Böschungen  nicht  billiger  wird  als  eines,  welches  zum  Schutze 
des  Dammes  oder  Einschnittbodens  z.  B.  mit  Kiesdeckung  versehen  ist. 

Handbach  der  Ing.-Witiensch.    III.  TeiL    13.  Bd.  50 


786  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

Beispiel:  Das  normale  Profil  der  Anlage  Wangen  (Taf.  XXII,  Fig.  6a)  hat  bei  4,0  m  Wasser 
tiefe  einen  Querschnitt  von  102,0  qm  nnd  einen  benetzten  Umfang  von  36,89  m,  sodass  R  —  2.77  m  nnd 
v  bei  100  cbm/sek.  =  0,98  m/sek.  wird;  e  sei  hier  =  52,5  angenommen  fttr  J  =  0,000125  (S.  781  ad  13). 

Um  zu  untersnchen,  wie  sich  die   Kosten  eines  Profils  mit  Betonbekleidung  nnd  Böschungen 

▼on  1 : 1  stellen  würden,  bei  dem  man  Ci   etwa  zu  75  annehmen  könnte,  wenn  R  ungefähr  denselben 

Wert  behielte,  würde  man  die  Geschwindigkeit  t,   im  gesuchten  Profil  bei  gleichem  Gefalle  J  vorläufig 

▼       75  098 
berechnen  können  nach  Vi  =Ci  .      =     /0 i  -  —  1,40  m/sek.     t  soll  gleichfalls  =  4,0  m  angenommen 

C  OdfO 

werden  und  auch  im  gesuchten  Profil  soll  in  Höhe  von  3,0  m  über  der  Sohle  beiderseitig  ein  Bankett 
von  je  1,0  m  angelegt  werden.    Bei  einer  Böschung  von  1 : 1  wird  cotgqp  =  1  und  es  wird  F  —  -  -  —  -  ^ 

V|  1,4 

=  rd.  7 1 ,4  qm.  Bezeichnet  b,  die  8ohlenbreite,  so  ist  71 ,4 = 3*  +  th  4 + 2  X  4  + 1  woraus  sich  bt  =  13.35  m, 
ferner  b  =  23,35  m  bei  t  =  4  m  und  b'  =  26,15  bei  V  =  5,4  m  ergeben.  Der  benetzte  Umfang  p,  wäre 
=  26,66  und  R  =  2,68,  woraus  sich  v,  =  1,373  ergeben  würde.  Mit  diesem  Wert  könnte  man  nun  die 
Rechnung  wiederholen.  Da  aber  der  Unterschied  in  der  Geschwindigkeit  nur  klein  ist,  kann  es  bei  der 
Unsicherheit  in  der  Bestimmung  des  Wertes  von  c,  mit  dem  Profil  sein  Bewenden  haben.  Hiernach 
würde  also  für  das  mit  Beton  ausgekleidete  Profil  pro  lfm.  Kanal  102—71,4  =  30,6  cbm  weniger  Boden 
zu  bewegen  sein,  wenn  man  die  Wasserspiegellinie  in  Terrainhöhe  annimmt,  und  es  wurden  dadurch 
80,6.0,7  =  21,42  Mk.  pro  lfm.  Kanal  an  Erdarbeiten  gespart  werden  können.  Die  Kiesdeckung  der 
Böschungen  und  Sohle  bei  dem  Erdprofil  soll  einschliesslich  der  Dichtungsarbeiten  und  des  Mehranshubs 
von  Boden  mit  1,6  Mk.  pro  qm  veranschlagt  werden,  sodass  die  Bekleidung  mit  Kies  36,89 . 1.6  =  59,02  Mk. 
pro  lfm.  Kanal  kosten  würde.  Nimmt  man  bei  dem  mit  Beton  ausgekleideten  Profil  eine  durchschnittliche 
Dicke  der  Bekleidung  von  18  cm  an,  so  sind  pro  lfm.  Kanal  26,66  X  0,18  =  rd.  4,80  cbm  Beton  notwendig. 
welche  in  der  Voraussetzung,  dass  der  Kies  an  Ort  und  Stelle  gewonnen  werden  könnte,  etwa  mit  15  Mk. 
pro  cbm  zu  veranschlagen  waren.  Für  die  Putzschicht  zur  Glättung  der  Böschungen  und  der  Sohle  hätte 
man  noch  etwa  0,50  Mk.  pro  qm  oder  pro  lfm.  Kanal  26,66  X  0,5  =  13,30  zu  rechnen ,  sodass  die  Beklei- 
dung mit  Beton  und  Glattputz  pro  lfm.  Kanal  85,30  Mk.  Jcosten  würde.  Es  würden  also  das  Profil  mit  Beton- 
bekleidung Mehrkosten  verursachen:  85,30  —  (59,02 -f- 21,42)  =  4,86  Mk.  pro  lfm.  Kanal,  welchen  Mehr- 
kosten bei  den  Strecken  mit  5,4  m  Sohlentiefe  unter  Terrain  ein  um  (40,60  —  26,15)  =  14,35  qm  kleinerer 
Grunderwerb  pro  lfm.  zugunsten  des  Profils  mit  Betonauskleidung  gegenüberstände. 

Wie  aus  Tabelle  IX  hervorgeht,  ist  man  in  bezug  auf  die  Geschwindigkeit  bei 
Profilen  mit  Kies  und  Schotterbedeckung  in  engeren  Grenzen  gebunden,  hat  aber  grösseren 
Spielraum  bei  allen  Profilen  mit  fester  Bekleidung  des  benetzten  Umfanges.  Man  kann 
deshalb  noch  Vergleiche  für  verschiedene  Gefälle  anstellen,  um  das  gunstigste  zu  finden, 
wobei  der  Nutzwert  der  verschiedenen  Lösungen  in  Berücksichtigung  zu  ziehen  ist.  Ist 
H  in  m  die  Druckhöhe  in  den  Turbinen  bei  einem  Wasserspiegelgefalle  J  in  m  und  Ht 
diejenige  bei  einem  zweiten  stärkeren  Ju  so  verhalten  sich  die  erzielbaren  Leistungen 
in  PS#  an  den  Turbinen  bei  einem  bestimmten  Q  in  cbm/sek.  wie  H :  H,  und  wenn  man 
in  beiden  Fällen  während  a  Stunden  die  Kraft  jährlich  ausnutzen  kann,  so  verhalten 

sich  auch  die  jährlichen  Leistungen  in  PS, -Stunden  ~  *„  *      *     =  s  wie  ö-.      Der 

*  ^.MplU.a       i)  Mi 

Ausdruck  (A —  B).C  würde  den  Aufwand  in  Mk.  darstellen,  welchen  man  jährlich 
höchstens  für  das  Profil  mit  dem  schwächeren  Gefalle  mehr  aufwenden  dürfte,  wenn 
C  den  Nutzwert  pro  PS»-Stunde  in  Mk.  bedeutet.    Bezeichnet  man  mit  D  in  Mk.  die 

I)    fi  2 
Mehrkosten  des  Profils  mit  dem  schwächeren  Gefalle  J,  so  würde      *   *    etwa  die  jähr- 
lichen Mehraufwendungen  bei  einer  Verzinsung  von  4,5%  jährlich,  einer  Tilgung  in 
60  Jahren  und  einer  Quote  für  Unterhaltung  und  Bedienung  von  je  0,5%  bedeuten. 

Es  müsste  also  sein  (A  —  B) .  C  >     '    '  .    In  der  Praxis  wird  man  für  den  Nutzwert 

(Einnahmen  weniger  Ausgaben)  pro  PSrStunde  C  bei  derartigen  Rechnungen  stets  un- 
günstigste Werte  einsetzen  um  sicher  zu  gehen. 

Mitunter  wird  es  nicht  möglich  sein,  ein  einheitliches  Profil  und  ein  einheitliches) 


§  2.  Die  Werkkanäle.  787 

Gefälle  für  die  ganze  Kanalstrecke  durchzufahren,  sondern  man  wird  durch  die  örtlich- 
keit gezwungen  sein,  oder  durch  die  Rücksichtnahme  auf  die  möglichste  Einschränkung 
der  Anlagekosten  dazu  geführt  werden,  das  Profil  und  das  Gefalle  streckenweise  zu 
ändern  (vgl.  z.  B.  Anlage  Wangen  S.  429,  Bergamasca  Taf.  IX,  Fig.  4  und  5,  Turbigo 
Taf.  V,  Fig.  3  und  4).  Wird  ein  Profil,  in  welchem  gleichförmige  Bewegung  herrscht, 
verengert  (Abb.  235)  und  ist  die  Strecke  des  verengerten  Profils  so 

lang,  dass  sich  in  ihm  abermals  eine  gleichförmige  Bewegung  bilden    * 

kann,  so  kann  man  mit  Hilfe  der  folgenden  Formeln  die  Rech-    "■£" "T    1"     % 

nungen  durchfuhren: 

Es  seien  J  das  relative  Gefälle  der  beiden  Strecken  mit 

gleichförmiger  Bewegung,  R,  v,  t  der  hydraulische  Halbmesser,  die  "H^ 

Geschwindigkeit  und  die  Wassertiefe  des  oberen  Profils,  R',  v',  t'  * 

der  hydraulische  Halbmesser,  die  Geschwindigkeit  und  die  Wassertiefe  in  dem  unteren 

verengerten  Profil,  dann  gelten  die  Gleichungen: 

v2  v*      R       v2 

R.J  =  ^;  K'.J  =  ^;   £  =  $,  (43) 

Der  Beiwert  c  der  allgemeinen  Geschwindigkeitsformel  v  =  c .  j/R  J  ist  von  R  und  v 
abhängig  und  braucht  daher  in  beiden  Fällen  nicht  gleich  zu  sein,  er  kann  aber  zunächst  an- 
näherungsweise als  gleich  angenommen  werden.  Es  sei  nun  ferner  vorausgesetzt,  dass  das 
obere  Profil  in  ein  rechteckiges  mit  gleichem  Q,  v  und  demselben  t  verwandelt  sei  und 
dass  b  die  Breite  dieses  Profils  bedeute.  Hierbei  ist  zu  beachten,  dass  der  hydraulische 
Halbmesser  der  gleiche  sein  muss.  Also  wenn  bY  die  Sohlenbreite  des  für  die  Rechnung 
in  ein  rechteckiges  umzuwandelnden  vorhandenen  Profils  und  (p  den  Böschungswinkel  be- 

1       sinqp 

Zahlenwerte  für  t,  bj  und  g>  oder  direkt  für  R  leicht  b  berechnen  lässt.    Gesucht  soll 

werden  die  Wassertiefe  t'  in  dem  unteren  engeren  Profil,  welches  zunächst  auch  als 

rechteckig  anzunehmen  ist  mit  einer  vorläufigen,  unter  Berücksichtigung  der  örtlichkeit 

oder  der  möglichst  kleinen  Anlagekosten  gewählten  Breite  b'.     Zur  Auffindung  eines 

t'      v** 
ersten  Annäherungswertes  kann  man  nach  (43)  setzen :  —  =  —i. 

v'1      tf  b* 

Es   ist   ferner  t .  b .  v  =  t' .  b'  .  v' ;  -j  =  f*\*t  und  unter  Benutzung  der  obigen 

t'8      b*  "l/b* 

Näherungsgleichung  -^  =  ^  und  V  =  t,  y  -—  (44) 

Hat  man  auf  diese  Weise  t'  angenähert  ermittelt,  so  kann  man  Zahlenwerte  für 
v'  und  R'  berechnen  und  danach  auch  den  richtigen  Wert  für  c'  wählen  und  t'  aus  der 
Formel  Q  =  b1 1'  c'  j/R'  J  genauer  berechnen.  Ergibt  sich  eine  grössere  Abweichung  von 
dem  zuerst  ermittelten  Werte  von  t',  so  wird  man  neue  Zahlenwerte  für  R'  und  c'  er- 
mitteln und  die  Rechnung  wiederholen.  Kleinere  Abweichungen  kann  man  unberück- 
sichtigt lassen,,  da  die  Bestimmung  der  Werte  von  c  ohnehin  immer  unsicher  bleibt. 
Die  Erhöhung  h,  welche  der  Wasserspiegel  am  Anfang  des  verengerten  Profils  erfahren 
muss,  ist: 


k-*-*»(yg-i} 


(45) 

Wäre  z.  B.  b'=4/5b,  so  würfle  sich  h  =  0,164  too  1/6 1  ergeben.  Bei  b'  =  l/2b 

würde  h=0,6t. 

SO» 


788         M.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


Zwischen  den  Profilen  A  und  B  muss  die  Geschwindigkeit  des  Wassers  von  v  zu 

v'* v« 

y'  übergehen,  wozu  eine  Druckhöhe  hx  =  — ~ vorhanden  sein  muss.  Die  Wasserhöhe 

bei  A  wäre  also  demnach  tf-f-h^    Daraus  ergibt  sich  aber,  dass  die  Geschwindigkeit 
bei  A  nicht  mehr  v,  sondern  entsprechend  dem  grösseren  Querschnitte  FA  =  b(t/4-h1) 

zu   va  =  ,  .^  .  ,  .   wird.    Deshalb   ist   die   Grösse  h*    erneut   zu   berechnen   aus   der 
Wt'  +  bj) 


Gleichung   h1.  =  — ~ 

Von  Profil  A  nach  aufwärts  wird  der  Wasserspiegel  in  einer  asymptotischen  Stau- 
kurve allmählich  in  den  normalen  Wasserspiegel  der  gleichförmigen  Bewegung  übergehen. 
Wegen  Berechnung  der  Stau  weite  vergl.  S.  636/637.  Ergibt  sich  mit  dem  vorläufig  ge- 
wählten b'  und  der  Annahme,  dass  die  Sohle  parallel  zum  ursprünglichen  Wasserspiegelge- 
fälle  J  in  ungebrochener  gerader  Linie  durchläuft,  ein  Aufstau,  welcher  für  die  Verhältnisse 
nicht  passt,  so  wäre  das  nächstliegende,  dass  man  die  Sohle  im  verengten  Profile  ent- 
sprechend vertieft.  Geht  das  nicht  an,  so  wird  man  aus  den  Ergebnissen  der  Rechnungen 
nunmehr  schon  in  der  Lage  sein,  für  b'  eine  andere  passendere  Grösse  zu  wählen,  mit 
der  dann  die  Rechnung  zu  erneuern  ist,  oder  man  kann  unter  Beibehaltung  des  ge- 
wählten bezw.  ermittelten  Wertes  von  b'  und  mit  einem  passend  gewählten  Werte  für 

t'  das  Gefälle  in  dem  verengten  Profil  verstärken  und  es  ergibt  sich  J'  =  T-^-v^-^-5^ 

D     t     C     IC 

Ausser  auf  die  günstigste  Wasserführung  hat  man  bei  dem  Entwerfen  eines  Werk- 
kanals auch  darauf  Rücksicht  zu  nehmen,  dass  die  in  den  Werkkanal  hinein  gelangenden 
Geschiebe  und  Sinkstoffmengen,  welche  bei  schwachem  Betriebe  und  in  den  Betriebs- 
pausen zur  Ablagerung  kommen  zu  den  Grundablässen  geführt  werden,  damit  künstliche 
Räumungen  der  Kanalsohle,  welche  immer  in  unliebsamer  Weise  die  Betriebskosten  ver- 
grössem,  vermieden  werden.  So  zum  Beispiel  sind  die  Ablagerungen  in  dem  Werkkanal 
der  Anlage  Jonage-Cusset-Lyon  doch  so  beträchtlich,  dass  von  Zeit  zu  Zeit  Bagger- 
arbeiten nötig  werden.  Auf  S.  132  sind  diejenigen  Geschwindigkeitszahlen,  bei  welchen 
sich  nach  Du  Buat,  Franzius,  Suchier  noch  die  Sinkstoffe  und  Geschiebe  von  ver- 
schiedener Korngrösse  bewegen,  mitgeteilt,  und  es  ist  auf  S.  133  und  134  gezeigt,  dass 
die  Schleppkraft  an  der  Sohle  S  =  1000 .  t .  J  in  kg/qra  ist,  wenn  das  Gewicht  eines  cbm 
Wassers  =  1000  kg  gesetzt  wird.  Der  Widerstand,  den  das  Geschiebe  der  Schleppkraft 
entgegenstellt,  beträgt  pro  qm  W  =  (y0  — 1000) V.r,  wenn  y0  das  Gewicht  pro  cbm  des 
Geschiebes,  V  das  Volumen  des  Geschiebes  auf  einem  qm  und  r  =  tga  den  Reibungs- 
beiwert bedeuten.  Es  sind  also  die  Wassertiefe,  das  Gefälle  und  der  Reibungs- 
winkel auf  die  Geschiebeabführung  von  Einfluss,  und  es  folgt  daraus,  dass  bei  gleichem 
Gefalle  die  tieferen  Profile  und  bei  gleichem  Gefalle  und  gleicher  Tiefe  die  Profile  mit 
fester  glatter  Sohle  in  bezug  auf  die  Geschiebeabfübrung  den  Vorzug  verdienen. 

Bezeichnet  d  in  m  die  Dicke  einer  auf  l  qm  der  Sohle  gleichmässig  verteilt 
liegenden  Geschiebeschicht,  so  muss  sein  1000 .t.J>(y0  —  1000) . d . tg a.  Die  Formel 
gilt  für  wagerechte  Sohle.  Ist  der  Neigungswinkel  der  Sohle  in  der  Längsachse  eines 
Werkkanals  /?,  so  tritt  zu  der  Schleppkraft  des  Wassers  pro  qm  Sohlenfläche  noch  die  be- 
wegende Kraft,  welche  die  Erdschwere  auf  das  Geschiebe  selber  ausübt  =  (y0 — 1000) .  d .  sin£, 
und  es  wird  der  Widerstand  Wt  =  (yc  —  1000)  d .  tga .  cos/7.  In  diesem  Falle  muss  also 
sein:  1000t.  J-+  (y0  — 1000) d sin/? >(y0  — 1000). d. tga.  cos/?.  (46) 

Da  das  Gefälle,  welches  man  der  Sohle  eines  Werkkanals  geben  kann,  fast  in 
allen  Fällen  schwächer  als  1 :  250,  also  tg  ß&  sin  ß<i  0,004  und  cos/?~  1  sein  werden,  so  kann 


§  2.  Die  WerkkakIle.  789 

die  Neigung  der  Kanalsohle  bei  gleichem  J  und  t  nur  einen  verschwindenden  Einfluss  auf 
die  Bewegung  der  Ablagerungen  haben.  Man  gibt  aber  dennoch  häufig  der  Sohle  eine  gegen 
diejenige  des  Wasserspiegels  verstärkte  Neigung,  um  durch  Absenkung  des  Wasserspiegels 
an  den  Turbinen  oder  Druckkammern  eine  grössere  Spülwirkung  erzielen  zu  können. 
So  wurde  bei  der  Anlage  Lechwerk-Gersthofen  der  Sohle  ein  Gefälle  von  1:2500 
bei  einem  normalen  Wasserspiegelgefälle  von  1 :  8700  und  der  Sohle  des  Werkkanals  der 
Anlage  Kykkelsrud  bei  einem  normalen  Wasserspiegelgefalle  von  1:1733  ein  Gefälle 
von  1 :  660,  der  Sohle  des  allerdings  nur  rd.  600,0  m  langen  Werkkanals  der  Anlage 
Füre  et  Morge  ein  Gefälle  von  1:260  bei  einem  normalen  Wasserspiegelgefälle  von 
beinahe  l:oo  gegeben.  Bei  der  Anlage  Hagneck  Taf.  XXXII,  Fig.  6,  steigt  die  Sohle 
des  Werkkanals  nach  dem  Krafthause  zu  an,  weil  die  Spülung  durch  Absenkung  des 
Wasserspiegels  am  Wehr  erfolgt. 

Beispiel:  Nimmt  man  in  einem  Werkkanal  von  5  km  Lange  bei  einem  Wasserspiegelgefalle 
von  1 :  10000  ein  ebensolches  Sohlengefälle  und  auf  der  ganzen  Lange  eine  gleichmäßige  Tiefe  von 
4,0  m  an,  so  ist  auf  der  ganzeu  Knnallänge  die  Schleppkraft  gl  eich  massig  1000 . 4 . 0,0001  =  0,4  kg/qm. 
Wenn  man  nun  zu  SpOlzwecken  den  Wasserspiegel  am  unteren  Ende  so  stark  absenkt,  dass  ein 
Wasserspiegelgefälle  von  1 :  2500  entsteht,  so  verringert  sich  die  Wassertiefe  vom  oberen  bis  zum 
unteren  Ende  auf  4,0— 5000 . 0,0003  =  2,50  m.  Die  Schleppkraft  wird  hier  nunmehr  1000.2,5.0,0004  = 
ltO  kg/qm.  Sie  wird  also  gegenüber  derjenigen  bei  dem  Wasserspiegelgefälle  von  1:10000  an  dem 
unteren  Ende  nur  um  das  21/*  fache  wachsen,  während  sie  an  dem  oberen  Ende  bei  gleicher  Wassermenge 
Q  =  0,4  kg  bleibt  und  entsprechend  der  hyperbolischen  Senkungskurve  des  Wasserspiegels  (vergl. 
G.  Tolkmitt,  Handb.  der  Ing.-Wiss.  1892.  Bd.  in.  Stauwerke.  S.  240)  von  oben  nach  unten  anwächst 
Würde  man  dagegen  der  Sohle  ein  Gefälle  von  1 :  2500  geben,  so  würde  die  Wassertiefe  bei  einem 
durchschnittlichen  Wasserspiegelgefälle  von  1 :  10000  am  unteren  Ende  5,5  m  sein  und  die  Schleppkraft 

vom  oberen  bis  zu  dem  unteren  Ende  ungefähr  gleichmässig    '  "^  ' —  =  0,475    bleiben.      Senkt    man 

wiederum  den  Wasserspiegel  am  Ende  so  ab,  dass  ein  Wasserspiegelgefälle  von  1 :  2500  entsteht,  so 
würde  die  Wassertiefe  in  der  ganzen  Kanallänge  gleichmässig  noch  4,0  m  und  die  Schleppkraft 
1000 . 4 .0,0004  ==  1,6 kg/qm  betragen,  d.  h.  sie  würde  gegenüber  dem  ersten  Falle  auf  der  ganzen 
Kanallänge  um  das  vierfache  gewachsen  sein. 

Es  ist  nun  leider  noch  nicht  aufgeklärt,  welche  Geschwindigkeit  vg  des  Geschiebes 

einer  bestimmten  Schleppkraft  S  entspricht,  sodass  man  die  Gesehiebemenge,  welche  über 

1  qm  in  der  Zeiteinheit  bewegt  wird,  noch  nicht  rechnerisch  ermitteln  kann. 

Franz  Kräuter  entwickelt  im  6.  Bd.  „Der  Flussbau1,  des  III.  Teils  .Der  Wasserbau" 
d.  Handb.  der  Ing.-Wissenschaften  1907,  S.  15  und  16  für  die  sekL  durch  ein  Profil  bewegten  Geschiebe- 
mengen die  Gleichung 

G  =  x  (1000  J)*f(t  —  to) .  tdx, 

o 

worin  r  eine  durch  Versuche  noch  aufzufindende  .Abfuhrziffer"")  für  die  verschiedenen  Arten  von 

A  b 

Geschieben  und  Sinkstoffen,  b  die  Sohlenbreite  des  Profils  und /tdx  die  Flache  des  Durchflussprofils 

o 

über  der  Sohle  bedeuten.  Hierbei  ist  angenommen,  dass  sich  v  Lagen  von  Kiesel  oder  Sand  je  von  der 
Dicke  d  in  m  übereinander  befinden ,  dass  die  unterste  Lage  die  Geschwindigkeit  0  hat  und  dass  sich 
jede  Lage  gegen  ihre  Unterlage  mit  einer  Geschwindigkeit  vg  bewegt,  derart,  dass  die  zweite  Lage  von 
unten  die  Geschwindigkeit  vg,  die  dritte  Lage  die  Geschwindigkeit  2vg  und  die  vi»  die  Geschwindigkeit 
(v —  l).vg  besitzen,  sodass  die  ganze  über  1  qm  bewegte  Geschiebemenge 

_(*-!)  (v-i) 

q  =  v .  d  — 2      •  y8  =-  e  i— 2 —  • v*  ^ 

t  und  to  in  m  in  der  obigen  Formel  bedeuten  die  Wassertiefen  über  der  untersten  bezw.  obersten 
Kiesschicht  und  haben  bei  wagerechter  Sohle  die  Werte 

. (yo-1000) tga,    A       jfo-lOOOJigq 

t-e       1000. J      '    t°-d       lOÖO      " 

*i)  Nach  Kreuter  sind  seit  einigen  Jahren  eingehende  Forschungen  im  Werke,  aber  noch  nicht 
abgeschlossen.   Bis  jetzt  soll  nur  feststehen,  dass  %  wie  nicht  anders  zu  erwarten  eine  sehr  kleine  Zahl  ist 


790         HL    Thbodor  Koehh.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Nach  der  Kreut ersehen  Formel  würde  daher  die  Geschiebeabfnhr  in  quadratischem  Ver- 
hältnis von  dem  Wasserspiegel-GefaJle  abhängig  sein,  sodass  bei  Verdopplung  des  Gefälles  eine  Ver- 
vierfachung der  Geschiebeabfuhr  eintreten* würde.  Man  wird  zunächst  abzuwarten  haben,  wie 
weit  die  praktischen  Versuche  die  Richtigkeit  der  Krenterschen  Formel  bestätigen. 

Unter  Beachtung  der  vorstehend  gegebenen  theoretischen  Hinweise  wird  man  nun- 
mehr nach  dem  Studium  der  im  Kapitel  II  beschriebenen  ausgeführten  Beispiele  im 
gegebenen  Falle  die  richtige  Wahl  für  die  Grösse  und  Form  des  Kanalprofils  und  für 
das  Gefälle  treffen  können;  es  mögen  aber  nachstehend  noch  einige  praktische  Hin- 
weise folgen: 

Werkkanälen  in  Bodei}.  mit  Befestigung  in  Kies  wird  man  meistens  eine  gerad- 
linige Sohle  geben.  Dagegen  gibt  man  bei  Profilen  mit  fester  Sohle  letzterer  entweder 
in  Form  eines  stumpfen  Winkels  Neigungen  von  etwa  1 :  10  nach  der  Mitte  oder  macht 
sie  gewölbt  Diese  Wölbungen  oder  Neigungen  sollen  dazu  dienen»  die  Ablagerungen  des 
Kanals  in  der  Mitte  zu  sammeln  und  ihre  Bewegung  in  der  Längsrichtung  zu  erleichtern, 
da  im  Stromstrich  die  grösste  Wassergeschwindigkeit  herrscht.  Bei  dem  Werkkanal  der 
Anlage  Bheinfelden  (S.  580)  wurde  in  der  Mitte  der  Kanalsohle  eine  vertiefte  vier- 
eckige Schlammrinne  angelegt.  Auch  bei  dem  nur  200,0  m  langen  Werkkanal  der  An- 
lage Hagneck  hat  man  eine  gleiche  Anordnung  getroffen  (S.  475  und  Taf.  XXXII, 
Fig.  6).  Ob  solche  Kies-  oder  Schlammrinnen  einen  grösseren  praktischen  Wert  haben, 
ist  noch  nicht  mit  Sicherheit  festgestellt. 

Die  Neigungswinkel  der  Böschungen  bei  Einschnittsprofilen  in  Boden 
hängen  vonr  der  Beschaffenheit  des  Bodens  ab  und  müssen  jedenfalls  kleiner  sein  als 
der  natürliche  Böschungswinkel  des  Materials,  wenn  es  unter  Wasser  kommt. 

Bei  der  Anlage  Jonage-Cnsset-Lyon  wurden  im  Einschnitt  Neigungen  von  meistens  1:3 
bei  einer  normalen  Wassertiefe  von  2,5  m  gewählt  (S.  508  u.  Taf.  XXXVIII,  Fig.  8  bis  6).  Beim  Lech- 
werk  (6.  558)  haben  die  Böschungen  eine  Neigung  von  1 :2  bis  cur  Wassertiefe  von  3,5  m.  Bei  der 
Anlage  Wangen,  wo  die  Wassertiefe  bei  voller  Füllung  4,4  m  beträgt,  sind  gleichfalls  zweifache 
Böschungen  gewählt  Man  hat  aber  in  Hohe  von  3,0  m  Aber  der  Sohle  ein  Bankett  von  1,0  m  Breite 
beiderseitig  angeordnet 

Liegt  die  Sohle  des  Einschnittprofils   im  Schwimmsand,  so  muss  man  den  Fus 

der  Böschungen  durch  Trockenmauern  oder  durch  Spundwände  sichern,  wie  es  z.  B.  bei 

dem  Unterkanal  des  Lechwerks  (S.  559)  geschehen  ist 

Bei  Dammprofilen  kommt  vor  allen  Dingen  die  Dichtigkeit  des  Dammes  in  Frage. 
Wie  gross  die  Dammbreite  am  Fusse  sein  muss,  um  die  Dichtigkeit  bei  gegebener  Wasser- 
tiefe zu  gewährleisten,  hangt  von  dem  verwendeten  Dammaterial  und  von  den  kunst- 
lichen Mitteln  ab,  welche  zur  Dichtung  des  Dammes  angebracht  werden  sollen.  Bei 
Dämmen,  deren  wasserberührte  Böschungen  nicht  durch  eine  undurchlässige  Decklage 
gedichtet  sfiid,  wird  die  Basisbreite  mindestens  das  fünf-  bis  sechsfache  der  grössten 
Wassertiefe  über  der  Basis  betragen  müssen.  Im  übrigen  sei  auch  auf  die  Angaben  im 
§  1,  B.  Talsperren  S.  706  verwiesen.  Die  Kronenbreite  der  Kanaldämme  wird  nicht 
unter  0,4  h  bis  0,5  h  zu  bemessen  sein  und  sie  ergibt  sich  bei  gegebener  Breite  des  Damm- 
fuBses  von  selbst,  wenn  man  für  die  luftseitige  Böschung  einen  Neigungswinkel  gewählt 
hat.  Unbefestigte  Aussenböschungen  dürfen  keinenfalls  steiler  als  1 : 1,5  angelegt  werden. 
Bei  grösserer  Dammhöhe  ist  es  sehr  zu  empfehlen,  kleine  Bankette  anzulegen,  damit  der 
Regen  keine  tiefen  Rinnen  auswaschen  kann.  Soll  die  Krone  des  Dammes  z.  B.  als 
Treidelweg  oder  Fahrweg  dienen,  so  werden  sich  aus  dieser  Zweckbestimmung  von  selbst 
die  Breitenabmessungen  ergeben.  Die  Kronenhöhe  eines  Kanaldammes  über  dem  höchsten 
Wasserspiegel  wird  mindestens  0,5  m,  bei  breiten  und  schiffbaren  Kanälen  aber  1,0  bis 
ljö  m  betragen  müssen.    Gepflasterte  wasserseitige  Böschungen   können  eine  Neigung 


§  2.  Die  Wekkkanale.  791 

von.  1:1,5  erhalten;  wenn  das  Pflaster  mit  Mörtel  ausgegossen  ist  oder  wenn   die  Be- 
festigung der  Böschungen  mit  einer  Betondecke  erfolgt,  werden  oft  Neigungen  von  1 : 1, 
wie  z.  B.  bei  der  Anlage  Yizzola  (S.  345  u.  Taf.  I,  Fig.  3,  4u.  6)  und  St.  Maurice 
Lausanne  (Taf.  XXIX,  Fig.  4  u.  5),  oder  Neigungen  von  1:1,25  wie  bei  der  An- 
lage Turbigo  (Taf.  V,  Fig.  3  bis  5)  gewählt     Die  billigste  Befestigung  von  Sohle  und 
Böschungen  der  Profile  in  Boden  besteht,  wenn  das  Material  an  Ort  und  Stelle  ge- 
wonnen werden  kann,  in  einer  Decklage  von  gutem,  groben  Flusskies  oder  Schotter  von 
0,50  bis  0,70  m  mittlerer  Stärke.    Hierbei  wird  man  entsprechend  der  mit  der  Tiefe 
wachsenden  Schleppkraft  des  Wassers  das  gröbste  Material  in  der  Sohle  und  den  unteren 
Teilen  der  Böschungen  verwenden.  Bei  hohen  Böschungen  ist  es  zweckmässig,  der  Kies- 
lage durch  eine  oder  mehrere  wagerechte  Stufen   einen  grösseren  Halt  zu  verleihen. 
Kann  man  auf  die  Dichtigkeit  des  die  Kanalwandungen  bildenden  Bodens  nicht  mit 
Sicherheit  rechnen,  so  muss  unter  der  Kieslage  noch  eine  Dichtungslage  aus  gutem  Ton 
oder  Lehm  angebracht  werden  und  zwar  je  nach  der  Wassertiefe  und  der  Reinheit  des 
verwendeten  Materials  in  Stärken  von  0,20  bis  0,50  m.     Wird  eine  solche  Dichtungs- 
schicht erforderlich,   so  empfiehlt  es  sich,  den  Böschungen  eine  schwache  Neigung  von 
weniger  als  1 : 2  (1 : 2,5  bis  1 : 3)  zu  geben.    Das  Dichtungsmaterial  für  die  Sohle  und 
Böschungen  muss  in  ganz  dünnen  Schichten  aufgebracht  and  sorgfältigst  festgestampft 
werden.    Damit  es  nicht  von  dem  Wasser  aufgelöst  wird,  ist  es  zweckmässigerweise  mit 
einer  Schicht  aus  möglichst  feinem  Sande  von  5  bis  10  cm  zu  bedecken  und  auf  diese 
Schicht  ist  dann  die  Kiesdeckung  aufzubringen.     Statt  der  Dichtungsschicht  auf  den 
Böschungen  und  der  Sohle  kann  natürlich  auch  bei  Kanaldämmen  ebenso  wie  bei  Stau- 
dämmen die  Verwendung  von  Kernen  aus  Ton  oder  Beton  in  Frage  kommen  (S.  707  u.  ff.). 
Ist  in  der  Nähe  guter  fester  Rasen  von  Viehweiden  zu  finden,  so  kann  für  die  oberen 
Teile  der  Innenböschungen,  welche  nur  zeitweise  bei  höheren  Wasserständen  im  Werk- 
kanal unter  Wasser  sind,  eine  Rasendecke  zugleich  als  Befestigung  und  Dichtung  genügen. 

Bei  der  Kanalanlage  Jonage-Cusset-Lyon  wurde  als  Dichtung»-  and  Deckungsschicht 
streckenweise  eine  Lage  aus  lehmigem  Sand  (70°/o  Sand  und  30°/o  Lehm  oder  Ton)  verwendet,  welche 
in  dünnen  Schichten  von  10  cm  aufgetragen,  alsdann  mit  hydraulischem  Kalkpulver  bestreut  und  mit 
geriffelten  Walzen  oder  Stampfen  zusammengepresst  wurde  (S.  510).  Diese  Decklage,  welche  je  nach  der 
Wassertiefe  in  Stärken  von  0,30  bis  1,50  m  ausgeführt  wurde,  gewann  schon  nach  einigen  Tagen  die 
Festigkeit  einer  guten  Chausseedecke  und  hat  sich  als  dicht  herausgestellt.  Die  Kosten  haben,  je  nach 
der  Starke  der  aufgebrachten  Schicht,  etwa  1,05  bis  2,00  Mk.  pro  cbm  einschliesslich  der  Kosten  für 
den  Kalk,  aber  ausschliesslich  der  Kosten  für  die  Gewinnung  des  lehmigen  Sandes  betragen. 

Die  Befestigungen  der  Böschungen  mit  Spreutlagen,  Deckfaschinen,  Pack- 
werk, Kopfrasen  oder  Flechtzäunen  etc.  kommen  für  Werkkanäle  bo  gut  wie  nicht 
in  Betracht,  weil  wegen  der  grossen  Rauhigkeit  dieser  Befestigungsarten  der  Beiwert  c 
in  der  Geschwindigkeitsformel  zu  klein  angenommen  werden  müsste  und  sie  deshalb  als 
wirtschaftlich  unzweckmässig  zu  betrachten  sind. 

Die  Bekleidung  der  Böschungen  und  der  Sohle  mit  Beton  versieht  man,  um 
möglichst  glatte  Profilwände  zu  erzielen,  zweckmässigerweise  mit  einem  Glattputz  aus 
Zement  oder  hydraulischem  Kalkmörtel  (600— 1000  kg  Zement  oder  hydraulischer  Kalk 
auf  lebm  Mörtel),  welcher  in  Lagen  von  1,0  bis  1,5  cm  auf  gebrächt  und  glatt  gerieben 
wird.  Diese  an  sich  sehr  zweckmässige  Bekleidung  mit  einer  festen  Decke  darf  aber 
bei  hohen  Dämmen  nicht  verwendet  werden,  es  sei  denn,  dass  man  Material  für  die 
Dämme  zur  Verfügung  hat,  dessen  Sackmass  sehr  klein'  ist.  Bei  Bodenarten,  welche 
ein  grösseres  Sackmass  haben,  können  sich  unter  der  festen  Decke  leicht  Hohlräume 
bilden,  welche  einen  Bruch  der  Decke  und  eine  Gefahrdung  des  Dammes  befürchten 
lassen. 


,.*** 


III.     Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 


Bei  ganz  oder  ztun  Teil 
gemauerton  Profilen  ist  mit 
Sorgfalt  darauf  zu  achten,  dass 
die  Fundamente  den  gewach- 
senen Boden  erreichen.  Alles 
bröcklige  und  lose  Gestein  oder 
der  nicht  tragfähige  Boden  muss 
sorgfältig  beseitigt  werden,  da- 
mit ein  standsicherer  und  was- 
serdichter Anschluss  der  Mauer 
an  den  Grund  erzielt  wird. 
Bei  der  Berechnung  solcher 
Kanalmauern  mnss  man  sich 
auf  das  genaueste  darüber 
Rechenschaft  geben,  bis  zn  wel- 
cher Stelle  man  den  Wasser- 
druck und  Erddruck  in  Rech- 
nung zu  stellen  bat  Wenn,  wie 
z.  B.  bei  einem  Profil  nach 
Taf.  LIII.  Fig.  6  der  Anlage 
Bergamasca,  welches  an 
einem  stark  geneigten  Abhang 
eingeschnitten  wurde,  der  Zwik- 
kel  zwischen  der  abwärts  ge- 
legenen Mauer  und  dem  natür- 
lichen Felsen  mit  Steinen. 
Schutt  oder  Sand  ausgefüllt 
und  darauf  die  Kanalsohle  in 
Beton  gelegt  wird,  so  darf  nun 
nicht  nur  den  Wasserdruck  im 
Kanalprofil  selbst  in  Rechnung 
setzen,  sondern  man  muss  an- 
nehmen, dass  der  tolle  Wasser- 
druck bis  zur  Fundamentsohle 
der  Mauer  zur  Wirkung  kom- 
men kann. 

Hohe  Kanalmauern,  wel- 
che an  der  Wasserseite  einer 
verhältnismässig  wenig  schwan- 
kenden Temperatur  (von  0  bis 
20°),  an  der  Luftseite  aber 
der  Sonne  und  dem  Froste 
ausgesetzt  sind ,  erleiden  sehr 
starke  innere  Spannungen;  in- 
folgedessen bilden  sich  sowohl 
in  vertikaler  als  in  horizontaler 
Richtung  leicht  Hisse  und  Fu- 
gen und   es   ist   deshalb  ange- 


I  2.  Die  Werkkkanäle.  793 

zeigt,  bei  Berechnung  derartiger  Mauern  auch  den  Auftrieb  nach  Fecht  (S.  662)  in 
der  gef&hrdetesten  Fuge  in  Rechnung  zu  stellen,  sofern  die  Lnftseite  nicht  gegen  die 
unmittelbaren  Einwirkungen  der  Temperatur  geschützt  wird.  Wo  es  irgend  angängig 
ist,  sollte  man  hohe  Kanalmauern  Inftseitig  mit  Boden  hinterfüllen  oder  aber  luft- 
seitig  eine  Schutzmauer  vorlegen,  welche  sich  unabhängig  von  der  eigentlichen  tragenden 
Kanalmauer  den''  Einwirkungen  der  Temperatur  folgend  bewegen  kann  (S.  723).  Diese 
Massregeln  sind  am  so  mehr  am  Platze,  je  langer  und  je  höher  die  Kanalmauer  wird. 
Bei  der  Anlage  Bergamasca  kippte  am  26.  September  1901  die  auf  Taf.  LIII,  Fig.  6 
dargestellte  Kanalwand  auf  über  60,0  m  Lange  um.  Man  hat  sie  nachträglich  unter 
Berücksichtigung  des  grössten  Wasserdruckes  verstärkt  und  mit  einer  Anschüttung 
versehen. 

Abb.  237").    Jetziges  Profil  des  Werkkanals  am  FahrhOfli  der  Alling*  Wangen. 


Besondere  Sorgfalt  erfordert  die  Ausbildung  des  Profils,  wenn  der  Werkkanal 
an  einer  Stelle  durch  Wasser  führende  Schichten,  welche  zu  Rutschungen.  Neigung 
haben,  geführt  werden  mnss.  Man  muss,  wo  derartig  gefährliche  Stellen  nicht  zu  um- 
gehen sind,  die  Breite  des  Profils  so  weit  nur  immer  möglich  einschränken.  Kleinere 
Verluste  an  Gefälle  in  solchen  verengerten  Strecken  spielen  meistens  im  Vergleich  zu 
den  ersparten  Anlagekosten  keine  grosse  Rolle. 

Ea  wurde  schon  im  Abschnitt  a  dieses  |  auf  die  Stelle  tun  Fahrhofli  des  Werkkanals  Wangen 
verwiesen  (8,  427).  Abb.  2S6  stellt  das  ursprüngliche  Normalprofil  für  diese  Stelle  dar.  Die  alte 
Tcrrainlinie  ist  punktiert  eingetragen.  Wie  Abb.  236  zeigt,  Hess  man  einen  Teil  der  Sohle  unbefestigt, 
in  der  Absicht,  durch  diese  Stelle  das  ans  höheren  Schichten  kommende  Sickerwasser  in  den  Kanal  ein- 
treten zu  lassen.  Die  Kanalmauer  war  sorgfältig  auf  Pfahlrost  fundiert  nnd  eine  Spundwand  bildete  den 
Abacblass  nach  dem  Flosse  in.  Han  nahm  an,  dass  diese  Spundwand  dicht  genug  sein  würde,  um  ein 
Durchdringen  des  Wassere  nach  dem  Flusse  hin  zu  verhüten.  Es  hüben  sich  aber  Wasseradern  durch 
die  Spundwand  und  wahrscheinlich  auch  unter  die  Spnndwand  hindurch  gebildet,  durch  welche  dann  nicht 
nur  das  Sickerwasser  aas  den  oberen  nassen  Schichten,  sondern  auch  das  Kanalwasser  ge- 
nossen ist  und  welche  schliesslich  durch  Ausspülung  des  Untergrundes  den  Ein- 
sturz der  Kanalmauer  auf  einer  Länge  von  50,0m  und  eine  Beschädigung  der  Mauer 
auf  weiteren  50,0  m  im  August  1905  mr  Folge  gehabt  haben.  Um  den  Betrieb  des  Werkes 
in  möglichst  kurier  Zeit  wieder  aufnehmen  zu  können,  ist  in  der  Länge  der  Durch  brach  b  teile  ein  vor- 
läufiges Gerinne  an  der  linken  Kanalseite  in  den  Kanal  eingebaut  worden,  welches  durch  eine  Längs- 
wand aus  Eisenbeton  und  zwei  Querwände  ans  Holz,  die  an  den  Enden  der  vorläufigen  Ltugswand  den 
Aüschluss  an  die  unbeschädigt  gebliebene  Kanalmauer  vermittelten,  (Abb.  237  u.  238)  gebildet  wurde. 
Ende  November  1905  konnte  das  Wasser  nn  der  Bruchstelle  in  dieses  Gerinn«  übergeleitet  werden.  Die 
Kanalsohle  wurde  vor  dem  Einbau  der  Eisenwund  mit  Beton  völlig  geschlossen  und  ausserdem 


»«)  Die  Abb.  287  bis  289  sind  der  Zettschi-,  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1906.  S.  869,  K.  Meyer 
„Das  Elektrizität» werk  Wangen  a.  d.  Aare"  entnommen. 


794  III.    Theodor  Kokhk.     Ausbau  vom  WassbrkrIften.     Einzelheiten. 

wurde  das  Kanalprofil   mit   einer    12  cm   starken    Decke   »na  Eisenbeton  ausgekleidet     Die  gebrochene 
beciehungaweise   beschädigte   Mauerstrecke   von   100,0  m   Linge  ist  mit  Hilfe  von   Druckt  uftgrflndnng 

Abb.  238.     Ansicht  der  AbacUDMwaDd  wahrend  des  Bans  der  neuen  Ufsnnaner. 


Abb.  239.     Bau  der  flusseitigeu  neuen  Kanalinauer  der  Anlage  Wa 


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(Abb.  239)  wieder  hergestellt.    Ausserdem  wurde  aber  am  roebtaeitigan  Flussufer  das  Aarebett  so  verbreitert, 
daas  am   linksseitigen  Ufer  ein   starker  Damm   gegen  die   neue  Ufermauer  geschattet  werden 


§  2.  Die  Werkkanäle.  'W 

konnte  (Abb.  237).  Auch  der  flusseitig  gelegen*  Teil  des  neuen  Profil»  ist  mit  einer  Eisenbetondecke 
ausgekleidet.  Wahrend  die  beiden  Hoüsquerwinde  (Abb.  238)  wieder  beseitigt  sind,  hst  man  die  Langn- 
wand  ans  Eisenbeton  im  Kanal  belassen,  da  sie  den  Durehfluse  des  Wassere  nicht  nennenswert  behindert 

Bei  derüsinede  la  Pombliere  (Savousn) 
der  Societe  Lyonnaise  de  l'lndustrie  tUer      , 
tro-Chimiqne  La  Volts  mnsate  infolge  von  Ver' 
sacknogen  einen  Teils  des  8280,0  m  langen  Werk"  *• 
kanils    '/i    der  gansen   Kanallange   aufgegeben    und   w 
nen  hergestellt  werden.    Georges  Contsgne  be- 
richtet in  der  Compte  rendn  du  Congres  de  1s  Honille 
Blanche.  Grenoble  1902.  2.  Volume  S.  259  Ober  d  esen 
Fall  wie  folgt: 

,Le  canal  de  denvation  etait  entierement 
lennine  en  jain  1900,  lorsqne  snx  prämiere  esesis  de 
mise  en  esn,  le  15  juin  1900,  des  dislocstions  se 
produisirent  dsns  eertnines  psrties  maconness  du 
canal,  ä  la  trsveraee  d'nn  massif  de  terrain  triasique. 
Cet  aeeident  montrait  qne  ce  massif  ne  presentait 
pas  une  stabilite  süffisante,  et,  ponr  eviter  cet 
endroit  dangereux,  on  dnt  reconatruire,  en  suivant 
nn  nouvesn  traed,  le  tiers  environ  dn  canal.  An 
cours  de  ces  derniers  trsvaux  de  nombreusea  galeries 
de  sondage  fnxent  faitee  ponr  etudier  la  diaposttion 
geologique  dn  aoos-aol,  qui  revelflrent  U  presence 
d'nn  ruisaeau  souterrain,  recoupant  en  profondenr 
l'ancien  trace  en  dessous  dn  point  oü  las  msconneries 
s'etaient  affaissees.  Ce  petit  conrs  d'eau  doit  vraisem- 
blablement  desagreger  eur  son  parcon»  Ins  rochee 
solnbles  dn  tria*,  gypses  et  cargneules,  et  prodnire 
des  exesTstionB  qni  expliquent  des  lors  le  dtffaut 
de  atabiliW  dn  troncon  de  l'ancien  canal  qni  a  dn. 
etre  abandonne.  Quoi  qu'il  en  soit,  ls  nouveau  trace, 
de  memo  qne  les  denx  antres  tiers  conaerves  de  l'an- 
cien trace,  ne  travsrse  plus  actuellement  qne  des 
terrahia  de  solidite  soigneneemsnt  controlee,  et  de- 
puis  U  nouvelle  et  definitive  mise  en  esn  dn  canal, 
qni  a  en  lieu  le  3  deeembre  1901  aueun  mouveinent 
de  terrain  n'a  ete  perceptiblo  le  long  dn  canal 
aetnel ,  tandis  qna ,  an  contraire ,  des  monvements 
notables  ont  ete  encora  constates  aar  le  troncon  dn 
canal  qni  s'etait  tlfiiniii1  le  15  jnin  1900,  bien  qne  ce 
troncon  soit  reale  depnis  lors  k  sec.* 

Auch  bei  der  Wasserkraftanlagn  Ar  die  elek- 
trische Sisenbahu  Bex-Gryon  •  Villars  (Bhons- 
tal),  welch«  von  der  Societe  des  Forces  Mo 
trices  de  l'Avaucon  ün  Jahre  1901  dem  Betrieb 
abergeben  wurde,  ist  ein  Teil  des  1*32,0  m  langen, 
überall  bedeckt  angelegten  Werkkanals  auf  ver- 
schiedenen Stellen,  wo  das  Tsrrain  wasserführend 
war,  versackt  und  es  hat  sehr  umfangreicher  Ent- 
wlsaernngnn  des  Terrains  bedurft,  um  die  Bewe- 
gungen des  Werkkanals  inm  Stillstand  an  bringen. 
Der  Avancon  ist  ein  kleiner  Gebirgshaefa.  Das  ge- 
wonnene Gefalle  betrug  162,0  m,  die  im  Werkkanal  abzufahrende  Waasennenge  800  1/aek.  Das  Profil 
des  Werkkanals  ist  in  Zementbeton  mit  elliptischem  Querschnitt  und  0,78  qm  benetzter  Fliehe  herge- 
stellt.   Das  SoUengefille  betrag  1 :  8220. 

Die  Stelle,  wo  ein  Kanal  im  Damm  in  ein  Profil  zwischen  gemauerten  Wänden 
oder  in  eine  Kanalbrücke  oder  in  eine  Dnckeranlage  übergehen  mnsa,  wird  nach  den  im 


gfi 


796  III.     Theodor  Koeiin.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

Abschnitt  a  gegebenen  Gesichtspunkte«  beim  generellen  Projekt  festzulegen  sein.  Di» 
Wahl  zwischen  einem  Profil  mit  beiderseitigen  hohen  gemauerten  Wänden,  oder  einer 
Kanalbrücke,  oder  einem  Dücker  ist  durch  vergleichende  Koatenüberschläge  zur  Ent- 
scheidung zu  bringen. 

Bei  der  neuen  Sitterzuleitnng  der  Anlage  Kabelwerk  (S.  420)  wurde  zur  Über- 
schreitung der  Urnasch  an  Stelle  einer  Kanalbrücke  in  Stein  oder  Beton  eine  Unter- 
dückerung  in  einer  eisernen  Rohrleitung  von  1600  mm  Lichtweite  gewählt 
(Abb.  240),  weil  sich  die  Kosten  um  50000  Frs.  billiger  stellten.     Diese  syphonartige 


Leitung  konnte  bei  einem  Druckgefalle  von  4°/w>  4  cbm/sek.  abführen,  sodass  der  Druck- 
verlust  gegenüber  einer  offenen  Kanalbrücke  nicht  erheblich  ins  Gewicht  fiel. 

Ein  Profil  mit  beiderseitigen  Ufermauern  auf  BogenBtellungen  und  mit  An- 
schüttung von  Dämmen  zu  beiden  Seiten  zeigt  der  Werkkanal  der  Anlage  Pont  St 
Martin  (S.  382  u.  Taf.  XIV,  Fig.  2). 

Für  grössere  Kanalbrücken  kann  das  Profil  der  Anlage  Vizzola  (Taf.  II,  Fig. 3 
und  S.  344—346)  zur  Nachahmung  empfohlen  werden.  Die  Dichtung  durch  die  einge- 
legte Aspbaltschicht  hat  sich  vollkommen  bewährt.  Obwohl  bei  Frost  in  den  Scheiteln 
einzelner  Bögen  und  in  den  Aussen  wänden  Risse  bis  zu  5  mm  Weite  entstehen,  ist  der 
Kanal  seit  seiner  Erbauung  (1898)  doch  so  wasserdicht  geblieben,  dass  die  inneren 
Leibungen  der  tragenden  Bögen  ziemlich  trocken  sind  und  die  Bogenöffnungen  als  Lager- 
räume verwendet  werden  können. 

Für  Brückenkanäle  von  grösserer  Länge  wird  man  aber  auf  billigere  Konstruk- 


§  2- 


Die  WeekkakIle.  797 


tionen  als  die  von  Viz/ola  Bedacht  zu  nehmen  haben,  und  es  kommen  hierfür  Kanal- 
brücken in  Eisen  oder  in  armiertem  Beton  besonders  in  Frage.  Kanalbrücken  in  Eisen 
gehören  vollkommen  in  das  Gebiet  des  Brückenbaus  and  können  hier  nicht  besprochen 
werden. 

Ein  Beispiel  für  eine  Anlage  in  armiertem  Beton  bietet  die  1104,0  m  lange  Kanal- 
brücke in  Borgone  {Italien),  welche  anf  Taf.  LIII,  Fig.  2—5  und  in  Abb.  241  darge- 
stellt ist.     Der  wasserberührte  Querschnitt  beträgt  bei  bordvoller  Füllung  5,2  qm. 

Wo  starke  Fröste  und  sehr  _„      _,_     .      , ,  _  . .      , 

Abb.  242  ii.  248.    Anschlüsse  eine«  HoUkwuU»  ut  einen 
heisser  Sonnenschein  zu  erwarten  Betonkttnal  der  Anlage  Jajce. 

sind,  würde  es  zweckmässig  sein, 
den  tragenden  Kanalkasten  mit 
einer  Schutzumhüllung  aus  Holz 
oder  armiertem  Beton  zu  versehen 
und  den  Zwischenraum  zwischen 
der  Hülle  und  der  tragenden  Kon- 
struktion mit  einem  schlechten 
Wärmeleiter  (Sägespane  oder  Ton) 
auszufüllen,  weil  sich  sonst  durch 
die  grossen  Temperatu  rdifferenzen 
zwischen  den  luftseitigen  und  Was- 
ser sei  tigen  Kanal  wänden  Span- 
nungen entwickeln ,  welche  zur  5fatt 
Zerstörung  des  Materials ,  min-  Abb.  243. 
destens  aber  zur  Bildung  von 
Rissen  führen  müssen.  Da  man 
solchen  Kanalbrücken  mit  Rück- 
sicht auf  die  Kostenersparnis 
meistens  ein  grösseres  Wasser- 
spiegel gefalle  gibt ,  sodass  Ge- 
schwindigkeiten von  2,5  m/sek. 
und  mehr  entstehen,  ist  auch  bei 
stärkstem  Frost  ein  Zufrieren  des 
Wasserspiegels  während  des  Be- 
triebes ausgeschlossen.  Wenn  aber 
der  Betrieb  während  der  Nacht 

unterbrochen  werden  soll,  so  würde  sich  eine  Abdeckung  des  offnen  Profils  mit  Holz- 
boblen  oder  Betonplatten  sehr  empfehlen.  Um  das  wasserführende  Querprofil  möglichst 
einschränken  zu  können,  wird  man  bei  Kanalbrücken  die  wasserberührten  Flächen  mit 
einem   besonders  sorgfältig  geglätteten  Putz  versehen. 

In  holzreichen  Gegenden  können  auch  Kanalbrücken  in  Holz  in  Frage  kommen. 
Ein  Beispiel  hierfür  bietet  die  Anlage  Jajce  (Taf.  LIII,  Fig.  1  und  S.  493).  Die  Abb. 
242  und  243  zeigen  zwei  Lösungen  für  den  Anschluss  des  Holzkanals  an  den  Beton- 
kanal, wie  sie  bei  der  erwähnten  Anlage  verwendet  wurden.  Um  das  tragende  Holzwerk 
vor  dem  Verfaulen  zu  schützen,  würde  es  zweckmassig  sein,  dasselbe  mit  einer  Holz- 
bekleidung  zu  versehen.  Den  Zwischenraum  zwischen  der  Bekleidung  und  dem  eigent- 
lichen Wasserkasten  sollte  man  mit  gut  geschlemmtem  Ton  ausfüllen,  welcher  die  Luft 
von  dem  Holzwerk  des  Wasserkastens  abhält  und  ihn  so  vor  dem  Verfaulen  wirksam 
schützt. 


798         III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

Eine  sehr  umfangreiche  Verwendung  von  Holz  ist  für  das  Kraftwerk  am  Jehlam- 
flusse  in  Gaschmir  vorgesehen,  welches  die  Hauptstadt  Sr inagar  mit  Kraft  versorgen 
soll  Bei  einer  Gesamtlänge  von  aber  10,0  km  sollen  die  ersten  2600,0  m  des  Werk- 
kanals aus  einem  gemauerten  Profil  von  etwa  3,0  m  Sohlenbreite,  die  übrige  Strecke  in 
Holz  ausgeführt  werden  und  zwar  zum  Teil  als  rechteckiges  Gerinne  von  2,5  m  Breite 
und  2,7  m  Höhe  und  zum  Teil  als  eisenarmiertes  Holzrohr  von  2,5  m  lichtem  Durch- 
messerss). 

Wegen  der  Ausbildung  der  Tunnelprofile  mag  lediglich  auf  die  zahlreichen  im 
Kap.  H  gegebenen  ausgeführten  Beispiele  verwiesen  werden.  Es  sei  nur  hervorgehoben, 
dass  man  das  benetzte  Profil  bei  Tunneln  fast  stets  mit  einer  Betonauskleidung  versiebt, 
weil  man  selten  ganz  zuverlässig  festzustellen  vermag,  ob  das  Gebirge  wirklich  undurch- 
lässig ist. 

e)  Der  Einlauf  und  die  Regulierungswerke.  Bei  Werkkanälen  ohne  Schiff- 
fahrt liegt  der  Einlauf  am  besten  unmittelbar  neben  dem  Wehr  und  dicht 
bei  dem  Grundablass  (Kiesfreilauf).  Die  Achse  des  Einlaufs  ist  am  besten  lot- 
recht zur  Achse  des  Kiesfreilaufs  zu  legen. 

Bei  Werkkanälen  mit  Schiffahrt  muss  die  Einfahrt  spitzwinklig  zur 
Flussachse  liegen,  um  das  Einfahren  der  Fahrzeuge  zu  erleichtern.  Es  ist  auch 
empfehlenswert,  die  Einfahrt  80,0  bis  100,0  m  aufwärts  des  Wehres  anzulegen,  wie  es 
zum  Beispiel  bei  dem  Lechwerk-Gersthofen  geschehen  ist  (Taf.  XL V,  Fig.  1),  damit 
die  Fahrzeuge  nicht  an  das  Wehr  selbst  herangetrieben  werden  und  Schaden  leiden 
können.  Auch  ist  es  empfehlenswert!,  die  Einfahrt  von  dem  Einlauf  zu  trennen, 
damit  letzterer  seine  wünschenswerteste  Lage  nahe  dem  Grundablass  des  Wehres  er- 
halten kann. 

An  dem  grossen  Tessinwehr  der  Anlage  Vis  sola  liegt  zwischen  dem  Überfallwehr  und  der 
Einfahrt  das  breite  Regnliernngswerk  (Kinlanf)  nnd  die  Einfahrt  selbst  ist  durch  eine  rd.  80,0  m  lange 
Leitmaner  nach  oben  verschoben  (Tal  I,  Fig.  1  n.  2). 

Bei  der  Anlage  Marbach-Stuttgart  am  Neckar  ist  die  offene  Einfahrt»  welche  zugleich  auch 
den  Einlanf  bildet,  in  unmittelbarem  Anschlnss  an  das  Überfallwehr,  aber  sehr  spitz  zur  Hanptrichtang 
desselben  angelegt,  sodass  schon  der  Strom  die  Fahrzeuge  nach  dem  Einlanf  hinleitet  nnd  überdies  sind 
am  Wehre  hölzerne  Schatzbftcke  angebracht  (Taf.  XLVI),  welche  verhindern,  dass  ein  Fahrzeug  über  das 
Wehr  stürzen  kann.  Es  kommen  übrigens  nur  kleine  Fahrzeuge  überhaupt  in  Frage  nnd  die  Schiffahrt 
ist  sehr  unbedeutend. 

Bei  der  Tu rbigo- Anlage  konnte  die  Einfahrt  ausnahmeweise  unterhalb  des  Einlaufe  liegen 
(Taf.  V,  Fig.  1  u.  2).  Vor  dem  Einlauf  im  Zuge  des  linken  Ufers  des  Navigho  Grande  wurde  eine 
Treidelbrücke  angelegt  und  das  Wasser  an  der  Einfahrt  für  die  Schiffs  wird  stets  ruhig  sein. 
weil  der  Kiesfreilauf  nur  bei  Hochwasser  geöffnet  wird,  wenn  Schiffahrt  nicht  stattfindet  and  das  Nadehrehr, 
abgesehen  von  dem  Ausnahmefall  einer  grösseren  Reparatur  im  Werkkanal,  immer  geschlossen  bleibt. 

Der  Wasserstand  im  Werkkanal  mnss  reguliert  werden  können. 
In  den  meisten  Fallen  wird  man  auch  die  Forderung  stellen,  dass  der  Werkkanal  für 
die  Zwecke  von  Reparaturen  trocken  gelegt  werden  kann.  Von  den  36  im  Kap.  II 
beschriebenen  Anlagen  haben  3  (Chevres,  Ontario  Power  Co.  undMarklissa)  überhaupt 
keinen  Werkkanal,  bei  den  übrigen  32  Anlagen  kann  mit  den  vorhandenen  Einrichtungen 
der  Werkkanal  ganx  oder  zum  Teil  trocken  gelegt  werden  mit  Ausnahme  der  Anlage 
Marbach-Stuttgart  (Taf.  XLVI).  Hier  ist  der  Werkkanal,  welcher  abgesehen  vom 
Unterwasserkanal  nur  etwa  620,0  m  lang  ist,  bis  an  das  Kraftwerk  offen  und  im  Falle 
einer  an  der  Sohle  notwendig  werdenden  Reparatur  müsste  die  Absperrung  am  grossen 


ts)  Zettachr.  1  <L  ges.  Turbinen wese n  1908.  Heinrich  Hornberger,  Waaserkraftanlagcn  in 
(Mindiana  l*L 


§  2.  Die  WerkkahIle.  799 

Hauptwehr  durch  einen  zeitweisen  Fangedamm  erfolgen.  Die  Regulierung  des  Wasser- 
spiegels im  Werkkanal  erfolgt  bei  höheren  Wasserständen  selbstwirkend  durch  die  zwei 
Überfallwehre  und  im  übrigen  durch  die  Gründablässe  beim  Kraftwerk.  Bei  den  Anlagen 
Chevres  und  Hagneck  kann  durch  das  Schützenwehr  eine  so  starke  Absenkung  des 
Wasserspiegels  im  Flusse  herbeigeführt  werden,  dass  bei  Chfevres  (Taf.  XXVII,  Fig.  1),  wo 
das  Krafthaus  unmittelbar  beim  Wehre  liegt,  das  Vorbecken,  und  bei  Hagneck  (Taf. 
XXXn,  Fig.  6)  der  nur  200  m  lange,  in  der  Sohle  nach  dem  Krafthause  ansteigende 
Werkkanal  trocken  gelegt  werden  kann. 

Liegt  das  Regulierungswerk  unmittelbar  am  oder  in  der  Nähe  des  Einlaufs, 
so  spricht  man  von  einem  geschlossenen,  liegt  das  Regulierungswerk  dagegen  weiter 
unterhalb  im  Werkkanal,  von  einem  offenen  Einlauf. 

Ob  der  Einlauf  nun  offen  oder  geschlossen  ist,  stets  hat  man 
dafür  zu  sorgen,  dass  das  an  der  Sohle  rollende  und  in  den  unteren 
Schichten  des  Wasserquerschnitts  treibende  gröbere  Geschiebe,  sowie 
auch  alle  an  der  Oberfläche  schwimmenden  grösseren  Körper  wie  Holz 
und  besonders  das  Stückeis  möglichst  ganz  von  dem  Eintritt  in  den 
Werkkanal  abgehalten  werden. 

Offene  Einlaufe  bestehen  z.  B.  bei  den  Anlagen:  St.  Maurice-Lausanne, 
Hagneck,  Hafslund,  Jonage-Cussot-Lyon,  Marbach,Rheinfelden,  Niagara 
Falls  Power  Co.  und  Sault  St.  Marie. 

Bei  St.  Maurice-Lausanne  ist  das  Regulierungswerk  erst  900  m  unterhalb 
des  Einlaufs  angelegt  (Taf.  XXVIII,  Fig.  5).  Der  eigentliche  Werkkanal  hinter  dem 
Regulierungswerk  hat  eine  Sohlenbreite  von  4,0  m  und  einen  benetzten  Querschnitt  bei 
normaler  Wassertiefe  von  rd.  23  qm.  Der  Vorkanal  dagegen  eine  Sohlenbreite  von  7,75  m 
und  einen  benetzten  Querschnitt  bei  normaler  Wassertiefe  von  31,5  qm.  Die  Ge- 
schwindigkeiten verhalten  sich  in  diesen  beiden  Kanalstrecken  bei  der  normalen  Wasser- 
menge von  40  cbm/sek  wie  1,8 : 1,27  m/sek.  Man  hat  durch  eine  rd.  50  m  lange  Grund- 
mauer (Unterwasserdamm)  (Taf.  XXIX,  Fig.  1),  welche  an  den  linken  Wehrpfeiler  des 
Schützenwehres  anschüesst,  für  die  Abweisung  des  Geschiebes  in  ziemlich  wirksamer  Weise 
Sorge  getragen.  Hätte  man  das  Regulierungswerk  am  Einlauf  beim  Wehr  errichten 
wollen,  so  hätte  man  die  flusseitige  Mauer  des  Vorkanals  um  3  m  höher,  also  erheblich 
stärker  machen  müssen,  um  das  Hochwasser  vom  Vorkanal  abzuhalten.  Allerdings  hätte 
man  in  diesem  Falle  dem  Kanal  auch  nur  den  normalen  Querschnitt  von  23  qm  zu 
geben  brauchen,  aber  die  dadurch  erzielten  Ersparnisse  wären  kleiner  gewesen  als  die 
Mehrkosten  für  die  höhere  Kanalmauer.  Ausserdem  wäre  das  Regulierungswerk  am 
Wehre  selbst  nicht  unerheblich  teuerer  geworden  als  an  dem  gewählten  Platze. 

Bei  Hagneck  liegt  die  Sohle  des  Kanaleinlaufs  etwa  2,5  m  über  der  Schwelle 
der  Grundablässe,  sodass  grobes  Geschiebe  bei  richtiger  Bedienung  der  Grundablässe 
kaum  in  den  Werkkanal  hinein  zu  gelangen  vermag. 

Bei  der  Anlage  Hafslund  kann  das  verhältnismässig  kurze  Stück  des  offenen 
Werkkanals  (Taf.  XXXÜI,  Fig.  6)  durch  einen  vor  den  Regulierungsschützen  angelegten 
Grundablass  sehr  wirksam  gespült  werden,  sodass  das  in  den  Werkkanal  hineingelangende 
Geschiebe  vor  dem  Regulierungswerk  leicht  wieder  zu  entfernen  ist. 

Bei  der  Anlage  Jonage-Cnsset-Lyon  (Taf.  XXX VIH,  Fig.  7)  wird  der  in 
der  konkaven  Linie  liegende  Einlauf  durch  einen  Steindamm  im  Zuge  des  Rhoneufers 
begrenzt,  welcher  allerdings  nur  wenig  über  der  Sohle  des  Flusses  liegt  und  daher  nur 
sehr  unvollständig  das  Eindringen  von  Geschiebe  in  den  Kanal  verhindert  Infolgedessen 
sind  von  Zeit  zu  Zeit  Baggerarbeiten  im  Kanal   nötig.     Das  Regulierungswerk  liegt 


800         HL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

5575,0  m  unterhalb  des  Einlaufes  und  die  aufwärts  von  ihm  gelegene  Strecke  des  Werk- 
kanals kann  durch  die  vorhandenen  Einrichtungen  nicht  trocken  gelegt  werden. 

Bei  der  Anlage  Marbach-Stuttgart  kann  zwar  das  Geschiebe  frei  in  den  Werk- 
kanal eintreten  (Taf.  XL  VI),  aber  es  wird  durch  den  sogenannten  Leerschuss  neben  der 
Schleuse  und  durch  den  neben  dem  Rechen  sehr  günstig  liegenden  Grundablass  wirksam 
abgeführt.  Der  allerdings  nur  kleine  Absatz  gegen  die  Kanalsohle  auf  welchem  der 
Rechen  steht,  verhindert  immerhin  das  Eintreten  des  gröberen  Geschiebes  in  die  Tur- 
binenkammern (Taf..  LXI,  Fig.  1). 

Bei  der  Anlage  Rheinfelden  fehlt  ein  wirksamer  Schutz  zur  Abhaltung  des 
Kieses  und  infolgedessen  kommt  sehr  viel  Kies  mit  in  den  Werkkanal  und  bis  zu  den 
Rechen  vor  dem  Krafthause.  Es  haben  sich  aus  diesem  Umstände  bereits  Übelstande 
ergeben,  gegen  welche  man  über  kurz  oder  lang  wohl  durch  Anlegung  einer  Grundmauer 
vom  Grundablass  schräg  herüber  zum  rechten  Rheinufer  (etwa  in  der  auf  Taf.  XLV1L, 
Fig.  2,  durch  eine  gestrichelte  Linie  angedeuteten  Richtung)  wird  Abhilfe  schaffen  müssen. 
Die  Regulierung  des  Wasserstandes  im  Werkkanal  ist  bei  Rheinfelden  durch  die 
Bedienung  der  Wehrschützen  möglich  und  erfolgt  im  übrigen  selbstwirkend  durch  zwei 
lange  Überläufe  an  der  linksseitigen  Kanalmauer.  Die  Trockenlegung  des  Werkkanals 
kann  mit  Hilfe  der  Brücke  bewirkt  werden,  welche  auf  eisernen  Gitterböcken  ruhend 
den  Werkkanal  am  Einlauf  überspannt.  Diese  Gitterböcke  haben  Vorrichtungen  zur 
Aufnahme  von  Dammbalken,  mit  deren  Hilfe  man  nötigenfalls  dem  Wasser  den  Eintritt 
in  den  Werkkanal  verwehren  kann  (S.  580). 

Bei  der  Anlage  Sault  St.  Marie  (S.  551)  liegt  das  Regulierungswerk  auch  erst 
800,0  m  abwärts  des  offenen  Einlaufs,  der  Rest  des  noch  rd.  3000,0  m  langen  Werk- 
kanals kann  aber  durch  das  Regulierungswerk  trocken  gelegt  werden.  Aufwärts  des 
Regulierungswerkes  musste  der  Kanal  über  das  normale  Profil  hinaus  verbreitert  werden, 
und  man  hat  das  Regulierungswerk  deshalb  der  Kostenersparnis  wegen  bei  Beginn  des 
schmäleren  Normalprofiles  angeordnet.  Eine  Abhaltung  von  Geschiebe  kommt  in  diesem 
Falle  nicht  in  Frage,  da  der  Werkkanal  aus  dem  grossen  Lake  Superior  ausmündet. 

Geschlossene  Einlaufe  finden  sich  bei  den  Anlagen  Vizzola,  Turbigo,  Berga- 
masca,  Funghera,  Ala  Geres,  Novalesa  a.  d.  Cenischia,  Pont  St.  Martin, 
Morbegno,  La  Goule,  Les  Clees,  Kubelwerk,  Wangen,  Beznau,  Kin- 
derwerk, Vallorbe,  Kykkelsrud,  Jajce,  Avignonnet,  Livet,  Champ 
(Füre  et  Morge),  Ontario  Power  Co.,  Lechwerk-Gersthofen. 

Wird  das  Wasser  aus  stark  Geschiebe  führenden  Flüssen  entnommen,  so  liegt  das 
Regulierungswerk  bei  geschlossenem  Einlauf  am  besten  im  Zuge  der  Ufermauer  dicht 
oberhalb  des  Grundablasses,  weil  hier  durch  die  Spül  Wirkung  des  letzteren  die  Einlauf- 
schwelle am  leichtesten  von  Geschiebe  frei  zu  halten  ist.  Je  höher  man  die  Einlauf- 
schwelle über  den  Fachbaum  des  Grundablasses  legen  kann,  um  so  wirksamer  wird  der 
Eintritt  von  Geschiebe  in  den  Werkkanal  verhindert  werden  können.  Wie  bereits  beim 
§  1  Wehre,  S.  655,  erwähnt,  ist  es  zweckmässig,  der  Flussohle  vor  dem  geschlossenen 
Einlauf  eine  möglichst  glatte  Befestigung  und  dieser  Befestigung  eine  möglichst  starke 
Neigung  nach  dem  Grundablass  zu  geben.  Die  Höhe  der  Einlaufschwelle  ist  beschrankt 
durch  die  Rücksicht  auf  die  in  den  Kanal  sekl.  einzuführenden  Wassermengen  und  durch 
den  niedrigsten  Stauspiegel  vor  dem  Wehre.  Je  kleiner  die  Wassertiefe  über  der  Ein- 
laufschwelle wird,  um  so  grösser  muss  die  Breite  des  Einlaufs  bei  gegebener  sekl.  Wasser- 
menge sein  und  je  teurer  wird  im  allgemeinen  das  Einlauf-Bauwerk.  Je  ruhiger  anderer- 
seits das  Wasser  in  den  Werkkanal  eintritt,  um  so  weniger  Geschiebe  und  Sinkstoffe 
wird  es  mit  sich  führen  können.  Dieselben  Gesichtspunkte  sind  auch  massgebend  für 
die  Abwehr  des  Grund-  und  Stückeises  vom  Einlauf. 


§  2.  Die  Werkkanäle.  801 

Um  einen  möglichst  grossen  Wert  von  fi  bei  Berechnung  der  Durchflussquer- 
schnitte  der  Regulierungsschützen  in  den  auf  S.  629  und  630  angegebenen  Formeln  an- 
wenden zu  können,  ist  es  empfehlenswert,  die  Begrenzungsmauern  des  Regulierungsbau- 
werkes  und  bei  Griesständern  die  Vorderfläche  derselben  in  Holz  oder  Eisen  mit  gut 
abgerundeten  Führungsflächen  zu  versehen. 

Namentlich  wenn  Grundeisbildung  in  dem  Flusse  zu  befürchten  ist,  empfiehlt  es 
sich,  die  Eintrittsgeschwindigkeit  nicht  über   1,5  m/sek.  anwachsen   zu  lassen.    Einer 

solchen  Eintrittsgeschwindigkeit  von  1,5  m/sek.  entspricht  ein  Gefall verlust  h=  0  -  =0,115. 

*  g 

Neben  dem  Vorteil,  welchen  eine  kleine  Eintrittsgeschwindigkeit  in  betriebstechnischer 
Beziehung  bietet,  insofern  sie  die  Menge  der  in  den  Werkkanal  eintretenden  Sinkstoffe 
und  des  Grundeises  verringert,  bedeutet  sie  auch  einen  Gewinn  an  Kraft,  denn  mit  jedem 
Dezimeter  mehr  Druckhöhe,  welcher  am  Regulierungswerk  verloren  geht,  verliert  man 
pro  1  cbm/sek.  Wassermenge  1  PS«.  Hätte  man  also  eine  normale  Wassermenge  von 
10  cbm/sek.  und  eine  Betriebsdauer  von  3000  Stunden  im  Jahr,  so  würde  1  dem  mehr 
Gefällverlust  an  dem  Regulierungswerk  einem  Verlust  von  30000  PS«-Stunden  jährlich 
gleichkommen.  Den  kapitalisierten  Wert  dieser  Kraftmenge  könnte  man  also  wirtschaft- 
lich für  die  Erweiterung  der  Regulierungsöffnungen  aufwenden  und  dabei  noch  die  oben- 
genannten betriebstechnischen  Vorteile  mit  erzielen. 

Wenn  das  Wasser  aus  einem  See  entnommen  wird,  wie  bei  den  Anlagen  La 
Goule  (S.  397,  Abb.  62)  oder  wie  bei  La  Dernier-Vallorbe  (Taf.  XXX,  Fig.  1  u.  2), 
so  spielt  die  Geschiebe-  und  Sinkstoffabführung  keine  Rolle  und  auch  die  Erscheinung 
der  Grundeisbildung  tritt  kaum  in  störender  Weise  auf.  Man  ist  deshalb  mit  der  Lage 
des  Einlaufs  weniger  gebunden.  Bei  der  Anlage  La  Goule  hat  sich  indessen  der  Übel- 
stand herausgestellt,  dass  sich  vor  dem  in  einer  Ecke  des  Ufers  angelegten  Einlauf 
Stückeis  und  andere  schwimmende  Körper  ansammeln,  und  es  ist  deshalb  in  solchen 
Fällen  zu  empfehlen,  vor  dem  Einlauf  einen  hölzernen  Abweiser,  welcher  sich  entweder 
gegen  Pfähle  stützen  oder  an  den  Ufern  durch  Seile  verankert  sein  kann,  anzulegen, 
damit  die  an  der  Oberfläche  schwimmenden  Körper  nach  dem  Strom  des  ausfliessenden 
Gewässers  abgewiesen  werden. 

Eine  Lage  des  Einlaufs  mit  Regulierungswerk  lotrecht  oder  nahezu  lotrecht  zur 
Stromachse  macht  die  Freihaltung  des  Vorbeckens  vor  dem  Einlauf  von  Geschiebe  und 
Grund-  und  Stückeis  schwierig,  wenn  nicht  unmöglich  und  sollte  daher  grundsätzlich 
bei  Werkkanälen  vermieden  werden.  Bei  der  Anlage  Vizzola  (Taf.  I,  Fig.  I  u.  2), 
wo  eine  derartige  Lage  des  Einlaufs  gewählt  ist,  kommt  sehr  viel  Geschiebe  durch  die 
Einlaufschützen  in  den  Vorkanal.  Man  hat  deshalb  in  der  flusseitigen  Ufermauer  des 
Vorkanals  Grundablasschützen  eingelegt,  durch  welche  eine  Spülung  ermöglicht  wurde. 
Noch  ungünstiger  liegt  der  Einlauf  bei  der  Anlage  Les  Clees  (Taf.  XIX,  Fig.  1).  Es 
ist  hier  bald  unterhalb  des  Einlaufs  ein  zweites  Regulierungswerk  eingelegt,  und  es  sind 
vor  demselben  Grundablasschützen  angeordnet,  sodass  eine  Spülung  des  vorderen  Endes 
des  Werkkanals  ermöglicht  ist.  Diese  Spülung  ist  aber  während  des  Betriebes  nicht 
ohne  Beeinträchtigung  der  Wasserführung  zu  den  Druckkammern  möglich,  und  da  sie 
deshalb  nur  in  den  Betriebspausen  vorgenommen  werden  kann  und  der  in  der  Kanal- 
sohle vor  den  Grundablässen  angelegte  Kiessack  überdies  viel  zu  klein  ist,  kommen  viel 
Geschiebe  und  Sinkstoffe  mit  in  das  untere  Ende  des  Werkkanals  hinein. 

Bei  der  Anlage  Turbigo  (Taf.  V,  Fig.  1)  hätte  der  Einlauf  besser  im 
Zuge  des  linken  Ufers  des  Natiglio  Grande  gelegen,  denn  bei  Hochwasser 
füllt  sich  der  Raum  zwischen  der  Treidelbrücke  und  dem  Einlauf- Bauwerk  mit  Ge- 

Hsndbueh  der  Ing.- Wissenseh.    III.  Teil.    18.  Bd.  51 


802         HL    Thbodob  Kosmr.    Ausbau  von  Wassebkräftbet.    EnrzKLHEmar. 

schiebe  an  und  dasselbe  gelangt  hernach  durch  die  Einlaufschützen  in  den  Werkkanal, 
wenn  es  nicht  durch  Baggern  beseitigt  wird.  So  mnsste  z.  B.  nach  einem  Hochwasser 
im  Herbst  1906  lange  Zeit  im  Werkkanal  gebaggert  werden,  um  die  grosse  Menge  Ge- 
schiebe, welche  in  den  Werkkanal  hineingelangt  war,  zu  entfernen.  Man  sollte  des- 
halb derartige  tote  Zwickel  vor  dem  Regulierungswerk  wie  bei  der 
Anlage  Turbigo  stets  zu  vermeiden  suchen. 

Bei  der  Anlage  Füre  et  Morge  (Taf.  XXII,  Fig.  1  und  7)  liegt  zwar  das  Regu- 
lierungswerk am  Einlauf  sehr  günstig  zum  Grundablass,  aber  die  Schwelle  der  Einlauf- 
schätzen liegt  nur  ganz  wenig  über  dem  Vorboden,  und  es  kommen  infolgedessen  so  viel 
Geschiebe  und  Sinkstoffe  in  das  hinter  dem  Einlauf  angelegte  Ablagerungsbecken  hinein, 
dass  man  nachträglich  eine  Holzbrücke  in  dem  Ablagerungsbecken  parallel  zum  Regu- 
lierungswerk anlegen  musste,  auf  welcher  sich  ein  elektrisch  betriebener  Bagger  be- 
wegt (S.  637). 

Auch  bei  der  Anlage  Wangen  (Taf.  XXII,  Fig.  2)  hätte  nach  Ansicht  des  Ver- 
fassers das  erste  Regulierungswerk  des  Einlaufs  besser  im  Zuge  des  linken  Aareufers 
gelegen,  weil  der  Zwickel  vor  dem.  Regulierungswerk  und  der  Uferlinie  durch  die  Spül- 
wirkung des  Grundablasses  nicht  von  Geschiebe  und  Grundeis  und  auch  nicht  von  dem 
Stückeis  befreit  werden  kann.  Bei  der  Anlage  Pont  St.  Martin  (Taf.  XTTT,  Fig.  1) 
hätte  gleichfalls  die  Lage  des  Regulierungswerkes  im  Zuge  der  vor  dem  Einlauf  ange- 
legten Schwelle  den  Vorzug  verdient,  mit  einer  glatten  und  nach  dem  Grundablass  zu 
geneigten  Befestigung  der  Flussohle  vor  der  Einlaufschwelle.  Auch  der  Grundablass 
hätte  besser  direkt  im  Zuge  der  Einlaufschwelle  gelegen.  Die  erforderliche  Länge  des 
Überfallwehres  hätte  sich  durch  eine  noch  spitzere  Lage  zur  Flussachse  erzielen  lassen. 
Man  hat  bei  dieser  Anlage  mit  den  grossen  Mengen  von  Sand,  welche  sich  in  dem 
Becken  vor  den  Turbinenkammern  ablagern,  sehr  viel  zu  kämpfen.  Es  war  allerdings 
die  gewählte  Stauhöhe  des  Wehres  zu  klein,  um  der  Einlaufschwelle  die  wünschenswerte 
Höhe  über  der  Flussohle  zu  geben,  und  es  ist  deshalb,  wie  hier  noch  einmal  ausdrück- 
lich hervorgehoben  werden  mag,  auch  bei  Festsetzung  der  Stauhöhe,  wenn  man  nicht 
durch  behördliche  Vorschriften  gebunden  ist,  der  Gesichtspunkt  zu  beachten,  dass  es 
möglich  wird,  die  Einlaufschwelle  mit  einen  scharfen  Absatz  von  mindestens  0,50  m, 
besser  1,0  m  und  mehr  über  Flussohle  zu  legen« 

Bei  Bemessung  der  für  die  Einführung  der  beabsichtigten  sekl.  Wassermenge 
nötigen  Wassertiefe  ist  in  Gegenden,  wo  starker  Frost  eintreten  kann,  zu  berücksichtigen, 
dass  sich  unter  Umständen  eine  Eisdecke  vor  dem  Einlauf  bilden  kann,  namentlich  wenn, 
wie  in  Gebirgsflüssen ,  N.W.  im  Winter  eintritt.  Die  Wassergeschwindigkeit  wird  vor 
dem  Wehre  dann  sehr  klein'  und  das  Gefrieren  der  Oberfläche  möglich.  Die  kleine  Ge- 
schwindigkeit vor  dem  Wehre  ist  wegen  der  Ablagerung  des  Geschiebes  und  der  Sink- 
stoffe andererseits  sehr  erwünscht,  auch  findet  erfahrungsgemäss  unter  einer  geschlossenen 
Eisdecke,  wenn  sie  nicht  ganz  lokal  ist,  sondern  sich  etwa  1  km  und  mehr  aufwärts 
erstreckt,  Grundeisbildung  nicht  statt.  Geht  das  Eis  bei  Tauwetter  auf,  so  kann 
dasselbe,  wenn  das  Regulierungswerk  an  der  richtigen  Stelle,  d.  h.  im  Zuge  der  Ufer- 
mauer des  Grundablasses  liegt,  leicht  abgeführt  werden.  Man  hat  nur  dafür  zu  sorgen, 
dass  in  der  Grundablasschütze  selbst  oder  daneben  eine  Eisschütxe  angebracht  wird. 

Der  Verschluss  der  Öffnungen  eines  Regulierungswerkes  erfolgt  allgemein  durch 
Schützentafeln  in  Holz  oder  Eisen.  Schützentafeln  in  Holz  werden  selten  eine  grössere 
Breite  als  5,00  m  erhalten.  Bei  Verwendung  von  Eisen  ist  man  in  bezug  auf  die  Schützen- 
breite für  alle  in  der  Praxis  möglichen  Fälle  unbeschränkt. 


§  2. 


Die  Werkkanäle. 


803 


In  der  nachstehenden  Tabelle  X  sind  für  eine  Reihe  von  Anlagen  die  Abmessungen 
der  Schützen  angegeben.  Da  auch  die  Wassermenge  und  die  Anzahl  der  Schützen- 
öffnungen mitgeteilt  ist,  so  kann  man  erkennen,  wie  in  der  Praxis  die  Einteilung  der 
Gesamtlichtweite  des  Regulierungswerkes  in  einzelne  Öffnungen  gewählt  wurde. 


Tabelle  X. 

Abmessungen  von  Einfluastiffnungen  an  Regulierungswerken. 


Bezeichnung  des 
Werkes 


Wasser- 
menge in 
cbm/sek. 


Anzahl 

der 

Öffnungen 


Eine  Schutze  für  je 
eine  Öffnung 


Breite  in 
m 


Hohe  in 
m 


Zwei  Schützen  in  2  paral). 
Ebenen  vorn,  übereinander 


Breite 
a)  der  unteren 
a()  der  oberen 
Schütze  in  m 


Hohe 
h)  der  unteren 
ht)  der  oberen 
Schütze  in  m 


1.  Tnrbigo 

2.  Bergamo 

3.  Funghera 

4.  Pont  St.  Martin  • 

5.  Morbegno 

6.  La  Goule 

7.  Les  Clees 

8.  Kubelwerk 

9.  Kanderwerk 

10.  St.  Maurice-Lausanne 

11.  Kykkelsrud 

12.  Sinaia 

13.  Champ(FureetMorge) 

14.  Lechwerk-Gersthofen 


15.  Wangen 

16.  Jonage-Cusset-Lyon 

17.  Ontario  Power  Co. 

18.  Sault  St.  Marie 


A.  Hölzerne  Schützen. 


65  bis  71,5 

12,5 
2,7  bis  5 
80  bis  40 

25 
6  bis  18 
4 
4 

6 

40 
200 


17  bis  40 
25  bis  60 


100  bis  120 


100  bis  150 

325,25 
900 


10 
2 
8 
8 

16 
2 
2 
2 

8 

5 
10 


3,0 
3,0 
2,3 
1,2 
1,6 
vergl.  S.  397 
etwa  1,20 

rd.  5  qm 
Eintritts- 
Querschnitt 


3,5 


2,0 

3,0 

1,5 

2,50 

2,10 

2,0  (S.  403) 


15 
6 


2,0 
4,50 


3,0 


1,60 
2,00 


B.  Eiserne  Schützen. 


6 

10 
7/ 
25 

4 


\ 


4,95 
4,0 
6,1 
14,6 


8,20 
3,47 
1.83 
8,0 


a 
»i 

a 

a, 

a 


1,5 
1,5 

2,35 
2,35 
4,40 
4,40 


a  =5,0 
aj  =  5,0 


h 

h 

h 
h, 


0,6 
1,0 

3,0 
8,20 
1,60 
1,50 


h  =1,25 
h,  =  1,90 


Bei  stark  geschiebeführenden  Flüssen,  ist  es  zweckmässig,  den  Verschluss  einer 
Öffnung  durch  zwei  in  parallelen  Ebenen  vor-  und  übereinander  liegende  Schützentafeln 
zu  bewirken  und  namentlich  dann,  wenn  es  nicht  möglich  ist,  der  Einlaufschwelle  eine 
grössere  Höhe  über  der  Sohle  zu  geben.  Man  kann  dann  bei  höherem  Wasserstande, 
wenn  die  Geschiebeführung  »im  Flusse  wächst,  die  untere  Schütze  schliessen  und  das 
Wasser  nur  durch  die  obere  eintreten  lassen.  Da  auch  die  Sättigung  der  Wasserfäden 
mit  Sinkstoffen  von  der  Sohle  bis  zum  Spiegel  abnimmt,  wird  man,  wenn  nur  die 
Wasserfaden  der  oberen  Schichten  in  den  Werkkanal  eintreten  können,  verhältnismässig 
wenig  Sinkstoffe  in  den  Werkkanal  hineinbekommen.  Dass  die  Eintrittsgeschwindigkeit 
alsdann  grösser  wird,  also  eine  grössere  Höhendifferenz  zwischen  dem  Wasserspiegel  tor 

51* 


804  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

und  hinter  dem  Regulierungswerk  eintritt,  bedeutet  in  der  Regel  keinen  Verlust  an 
Kraft,  da  man  meistens  das  Hochwasser  ohnehin  von  dem  Kanal  abhalten  wird.  Wenn 
der  obere  Rand  der  Eintrittsöffnongen  noch  etwa  50  cm  eintaucht,  werden  an  der  Ober- 
fläche schwimmende  Körper  bei  massiger  Durchflussgeschwindigkeit  am  Regulierungs- 
werk zurückgehalten  werden.  Wird  die  Durchflussgeschwindigkeit  grösser  als  etwa 
1,6  m/sek.,  so  tauchen  Laub  und  leichtere  Schwimmkörper  vielfach  schon  unter  und 
gelangen  mit  in  den  Werkkanal.  Man  kann  bei  zweiteiligen  Schützen  aber  durch  Herab- 
lassen der  oberen  Schützentafel  die  Eintauchtiefe  regulieren.  Pflegt  in  der  Jahreszeit 
des  Laubfalls  N.W.  einzutreten,  so  wird  man  vorteilhaft  bei  der  Einteilung  der  Schützen- 
tafeln in  obere  und  untere  und  bei  der  Festsetzung  der  lichten  Weite  der  Einflussöff- 
nungen  darauf  in  der  Weise  Rücksicht  nehmen,  dass  man  die  gezogene  Schützentafel 
auch  bei  N.W.  noch  0,50 — 0,60  m  tief  eintauchen  lässt,  um  möglichst  viel  Laub  zurück- 
zuhalten. 

Als  Nachteil  der  Lage  des  Regulierungswerkes  im  Zuge  der  Ufermauer  des  Grund- 
ablasses könnte  angeführt  werden,  dass  wegen  des  Richtungswechsels  der  Wasserfaden 
um  90°  die  der  Geschwindigkeit  des  ankommenden  Wassers  entsprechende  Druckhöhe 
verloren  geht  Indessen  bei  einer  guten  Anlage  soll  die  Geschwindigkeit  des  ankommenden 
Wassers  am  Wehre  wogen  der  beabsichtigten  Ablagerung  möglichst  klein  und  jedenfalls 
bei  kleineren  und  mittleren  Wasserständen  kleiner  als  0,5  m/sek.  sein,  und  es  wird  des- 

v  * 

halb  dieser  Verlust  h=~  nur  weniger   als  0,0127  m   betragen,  also  für  den  wirt- 

schaftlichen  Wert  der  Anlage  nicht  ins  Gewicht  fallen.  Als  weiterer  Nachteil  der  be- 
sprochenen Anordnung  könnte  gelten,  dass  durch  das  Ziehen  der  Grundablasschützen  zu 
Spülzwecken  der  Wasserspiegel  vor  dem  Einlaufe  abgesenkt  wird  und  auch  dadurch 
DruckgefUle  verloren  geht.  Indessen  auch  dieser  Einwand  ist  nicht  von  Bedeutung, 
denn  bei  niedrigen  Wasserständen  findet  meistens  auch  nur  eine  geringe  Ablagerung 
statt,  und  es  genügt  die  Spülung  in  den  Betriebspausen  oder  während  der  schwach 
belasteten  Stunden.  Bei  hohen  Wasserständen  ist  aber  die  Absenkung  des  Wasserspiegels 
vor  den  Grundablasschützen  für  den  Betriebswert  der  Anlage  der  Regel  nach  belanglos, 
weil  man  die  hohen  Wasserstände  entweder  vom  Werkkanal  überhaupt  abhält  oder  durch 
vermehrten  Wasserzuflnss  den  Verlust  an  Gefalle  leicht  ersetzen  kann. 

Soll  durch  das  Regulierungswerk  das  Hochwasser  vom  Werkkanal  abgehalten 
werden,  so  muss  der  Verschluss  des  Regulierungswerkes  über  den  Schützenöffnungen  ein 
wasserdichter  sein,  und  zwar  mindestens  bis  zu  1,0  m  über  dem  höchsten  bekannten 
Wasserspiegel.  Dieser  Abschluss  erfolgt  entweder  in  der  Weise,  dass  das  Regulierungs- 
werk aus  einer  in  Stampfbeton,  Hau-  oder  Ziegelsteinen  hergestellten  zusammenhängenden 
Mauer  besteht,  in  welcher  die  Schützenöffnungen  ausgespart  sind,  wie  z.  B.  bei  dem 
alten  Regulierungswerk  der  Anlage  Jonage-Cusset-Lyon  (Taf.  XXXIX,  Fig.  2  u.  3),  oder 
dass  der  Abschluss  aus  armiertem  Beton  zwischen  gemauerten  Pfeilern  hergestellt  wird, 
wie  z.  B.  bei  dem  ntaen  Regulierungswerk  der  oben  genannten  Anlage  (Taf.  XL,  Fig.  1), 
oder  in  der  Weise,  dass  die  Vorderflächen  der  eisernen  Gitterböcke  durch  eiserne  Kasten- 
trager  mit  dicht  schliessender  vorderer  Blechwand  bekleidet  sind,  wie  z.  B.  bei  der 
Anlage  Wangen  (Abb.  75,  S.  424),  oder  schliesslich  in  der  Weise,  dass  der  Abschluss  aus 
einer  festen  Bohlenwand,  welche  sich  gegen  eiserne  oder  hölzerne  Schützenböcke  oder 
Griessäulen  lehnt,  besteht,  wie  bei  der  Anlage  Lechwerk  Gersthofen  (Abb.  133,  S.  558). 

Bei  vielen  Werkkanälen  hat  man  sich  nicht  mit  einem  Regulierungswerk  begnügt, 
sondern  hinter  dem  ersten  noch  ein  zweites  angelegt.  Ein  Grund  dafür  ist  die  grössere 
Sicherheit,  denn  wenn  an  dem  ersten  Werk  eine  Beschädigung  vorkommen  sollte,  so  kann 


§  2.  Die  Werkkanäle.  805 

man  darch  das  zweite  den  Wasserspiegel  hinter  dem  ersten  so  regulieren,  dass  das 
erste  nur  einen  kleinen  Druck  auszuhalten  hat.  Auch  die  Möglichkeit,  den  Werkkanal 
stückweise  spülen  und  trocken  legen  zu  können,  kann  als  Grund  für  2  oder 
mehr  Regulierungswerke  angeführt  werden.  Bei  der  Anlage  Wangen  (Taf.  XXII,  Fig.  2) 
ist  der  Hauptgrund  für  das  zweite  Regulierungswerk  der,  dass  man  bei  H.W.  den  soge- 
nannten Spülkanal  mit  zur  Abfuhrung  des  Hochwassers  benutzen  will,  sodass  also  die 
Schützen  des  ersten  Werkes  in  solchem  Falle  meist  ganz  geöffnet  sein  werden  und  die 
Aufgabe,  den  Wasserstand  im  Werkkanal  zu  regulieren,  ganz  allein  dem  zweiten  Regu- 
lierungswerk zufällt.  Auch  kann  man  während  Betriebspausen  bei  völliger  oder  teil- 
weiser Schliessung  des  zweiten  Werkes  und  Öffnung  des  ersten  in  dem  hinter  dem  ersten 
Werk  liegenden  Ablagerungsbecken  einen  sehr  starken  Spülstrom  erzeugen.  Ahnliche 
Gründe  waren  für  die  Anlegung  des  zweiten  Regulierungswerkes  bei  der  Anlage  Fung- 
hera  (Taf.  X,  Fig.  1)  massgebend. 

Oft  werden  bei  Regulierungswerken,  welche  unmittelbar  am  Einlauf  liegen,  grobe 
Rechen  vor  die  Einlaufschützen  gelegt  zur  Abhaltung  gröberer  schwimmender  Körper 
und  besonders  des  Treibeises.  Die  lichte  Weite  zwischen  den  Stäben  wählt  man  bei 
derartigen  Rechen  zwischen  5  und  8  cm,  und  in  den  meisten  Fällen  stellt  man  sie  lot- 
recht auf.  Soll  auch  Laub  zurückgehalten  werden,  so  müssen  Feinrechen  aufgestellt 
werden,  deren  lichte  Weite  zwischen  den  Rechenstäben  nicht  grösser  als  3  bis  4  cm  sein 
darf.  Es  ist  zweckmässig,  die  flachen  Rechenstabe  solcher  Feinrechen  nicht  lotrecht 
zur  Fläche  des  Rechens,  sondern  spitzwinklig  dazu  derart  aufzustellen,  dass  der  Spül- 
strom das  Laub  leichter  ins  Unterwasser  führen  kann.  Aus  denselben  Gründen  wendet 
man  statt  der  Flacheisenstäbe  auch  oft  Rundstäbe  für  derartige  Rechen  an.  Die  Reini- 
gung vertikal  stehender  Feinrechen  von  Laub  oder  von  festgeklemmten  Kieselsteinen 
durch  Harken  ist  schwierig,  und  es  empfiehlt  sich  deshalb,  den  Rechen  aus  einzelnen 
Tafeln  zusammenzusetzen,  welche  notfalls  herausgehoben  und  gereinigt  werden  können. 
Eine  dauernde  Bedienung  der  am  Einlauf  angelegten  Rechen  wird  meistens  nicht 
beabsichtigt,  um  die  Betriebskosten  nicht  zu  belasten,  vielmehr  wird  man  danach  streben, 
für  die  Bedienung  des  Wehres  und  des  Einlauf s  mit  1—2  Mann  pro  Schicht  auszu- 
kommen. Die  Hauptrechen  befinden  sich  vor  den  Druckkammern  oder  Turbinenkammern, 
und  diese  müssen  während  des  Laubfalls  ohnehin  dauernd  bedient  werden. 

Die  Standsicherheit  des  Regulierungswerkes  ist  unter  Annahme  der  höchsten 
Wasserspiegeldifferenz  zwischen  Ober-  und  Unterwasser  zu  berechnen.  Besondere  Sorg- 
falt verlangt  die  Fundierung  des  Regulierungswerkes  und  der  Anschluss  an  das  Ufer. 
Sind  Felsen  oder  wasserundurchlässige  Schichten  von  festem,  mächtigen,  tragfahigen  Lehm 
oder  Ton  zu  erreichen,  so  sollte  man  die  Fundierung  des  Regulierungsbauwerkes  mög- 
lichst bis  auf  diesen  Grund  heruntertreiben,  um  eine  unbedingte  Sicherheit  vor  Unter- 
spülungen zu  erzielen.  Es  sei  in  dieser  Beziehung  auf  die  Mitteilungen  über  die  Be- 
schädigungen andern  alten  Regulierungswerk  der  Anlage  Jonage-Cusset-Lyon  erinnert 
(S.  513).  Kann  man  feste  und  undurchlässige  Schichten  nicht  erreichen,  so  ist  man 
darauf  angewiesen,  durch  die  Tiefe  des  Fundamentes  des  Regulierungswerkes,  durch 
den  dichten  Abschluss  der  Sohlen  vor  und  hinter  dem  Regulierungswerke  mittelst  un- 
durchlässiger Betondecken  und  gegebenenfalls  durch  Herd-  oder  Grundmauern  am  An- 
fang und  am  Ende  der  ersteren  die  Widerstände  durchsickernder  Wasseradern  so  zu 
vergrössern,  dass  dem  Wasserdruck  unter  allen  Umständen  das  Gleichgewicht  gehalten 
wird.  Leider  liegen  durch  Versuche  begründete,  für  alle  Fälle  brauchbare  Zahlen  zur 
Berechnung  der  Widerstände,  welche  die  Wasseradern  im  Boden  finden,  noch  nicht  vor. 
Diese  Widerstände  hängen  natürlich  ganz  von  der  Beschaffenheit  des  Baugrundes  und 


806 


HL    Thxodob  Koehn.    Ausbau  von  WasbkrkbIitek.    Edvzblhbitbh. 


toh  seiner  Belastung  ab.  Selbstverständlich  mnss  man  mit  dem  Fundament  des  Regu- 
liernngswerkes  guten  und  tragfthigep  Baugrund  erreichen,  und  man  wird  bei  den  An- 
nahmen für  die  zulässige  Belastung  pro  qm  besonders  vorsichtig  sein  müssen.  Im 
übrigen  ist  es  zu  empfehlen,  mit  der  Fundierung  des  Regulierungswerkes  mindestens  so 
tief  unter  die  Sohle  herabzugehen,  als  die  denkbar  grösste  Differenz  zwischen  den 
Wasserspiegeln  vor  und  hinter  dem  Werke  betragen  kann.  Abo  in  Abb.  244  mnss  sein 

...    ...  a  +  Dicke  der  Betonsohle 

ADD.  244. 


.%///'  /,/// 


j>  *■+*- 


^>  h.  Weitere  ungefähre 
Anhaltspunkte  mögen  fol- 
gende Zahlen  bieten: 

1.  Es  nflssan  die  lot- 
rechten Berthruagsliaien  «W 

Fundamentmaueni,  Spaud- 
winde  and  Grundmauern  out 
dem  Boden  im  Achesusrhaitt 
mindestens  das  4  bis  Stäche 
der  höchsten  Wasserspiegel- 
differenz  betragen. 

2.  Es  müssen  die  hori- 
zontalen Berflhnmgslinien  dor 

Betonsohle,  der  Fundament-  und  Grundmauern  mit  dem  Boden  in  demselben  Schnitt  ebenfalls  mindestens 
dss  4  bis  ftfaehe  der  höchsten  Wasserspiegeldifferenx  betragen. 

Diese  Angaben  sind  so  zu  verstehen,  dsss  beide  Bedingungen  erfüllt  sein  müssen,  also  es  mflnnoa 
in  der  Skizze  Abb.  844  sein:  a  +  2b  +  c  +  4d-fe  +  2f  +  g>4'bis6.h  und  i-f  k  +  l  +  m>4bis6.k 

Bei  Starken  der  Fundamentmauern  (k  und  m)  toq  weniger  als  1,5  m  bleiben  die  Langen  b 
und  f  süsser  Ansatz. 

Bei  sehr  durchlässigem  Boden  (Eies),  bei  welchem  die  Dichtigkeit  des  Materials 
in  der  Tiefe  nicht  zunimmt,  muss  man  das  Hauptgewicht  auf  die  Längenentwickelung  des 
Bauwerks  legen,  und  es  können  hierbei  mitunter  erheblich  grössere  Längen  als  6  h  not- 
wendig werden. 

Ebenso  wichtig  wie  die  Sicherung  der  Fundamentsohle  selbst  gegen  Unterspülung 
ist  die  Sicherung  des  Anschlusses  an  das  Ufer.  Welche  Folgen  ein  ungenügender 
Anschluss  an  das  Ufer  haben  kann,  zeigt  das  Beispiel  der  Jonageanlage.  Es  muss  dafür 
gesorgt  werden,  dass  etwa  sich  bildende  Wasseradern  auch  auf  dem  denkbar  kürzesten 
Wege,  welchen  sie  zwischen  Ober-  und  Unterwasser  nehmen  könnten,  noch  den  genügen- 
den Widerstand  finden,  um  das  Gleichgewicht  herzustellen.  Deshalb  darf  der  Widerstand 
in  irgend  einer  Schnittlinie  des  Ufers  vom  Oberwasser  zum  Unterwasser  niemals  kleiner 
sein  als  derjenige,  welchen  das  Wasser  im  Achsenschnitt  des  Regulierungswerkes  selbst 
findet.  Liegt  das  Regulierungswerk  unmittelbar  am  Einlauf  und  im  Zuge  des  Fluss- 
'  ufers,  so  ist  es  am  zweckmäßigsten,  die  Fundierung  der  Ufermauer,  gleichbleibende 
Untergrundverhältnisse  vorausgesetzt,  in  der  Tiefe  der  Fundierung  des  Regulierungs- 
werkes selbst  so  weit  fortzusetzen,  dass  die  kürzeste  Linie  in  horizontaler  Richtung  und 
in  Höhe  des  niedrigsten  Wasserspiegels  gemessen,  bei  durchlässigem  Boden  das  8 — 12  fache 
der  höchsten  Wasserspiegeldifferenz  beträgt  (Abb.  246).  liegt  das  Regulierungswerk 
innerhalb  einer  Kanalstrecke,  so  sind  die  beiderseitigen  Ufermauern  möglichst  in  derselben 
Tiefe  wie  das  Regulierungswerk  selbst  zu  fundieren  und  oberhalb  und  unterhalb  so  weit 
fortzusetzen,  dass  die  obengenannte  Bedingung  erfüllt  ist.  Anstatt  langer  Ufermauern 
kann  man  aber  auch  die  Mauer  des  Regulierungswerkes  beiderseits  so  tief  in  das  Ufer 
fortsetzen,  dass  dieselbe  Widerstandslänge  im  Ufer  erzeugt  wird  (Abb.  246).  Es  ist  zu 
empfehlen,  die  in  das  Ufer  sich  fortsetzenden  Ankermauern,  gleiche  Untergrundrerhält- 
nisse  vorausgesetzt,  eben  so  tief  zu  fundieren,  wie  die  Mauer  des  Regulierungswerkes 


§  2. 


Die  WebkkahIlb. 


807 


selbst  und  ihre  Stärke  würde  so  zu  berechnen  sein,  dass  sie  dem  einseitigen  Wasserdruck 
und  Erddrnck  zu  widerstehen  vermögen.  Ihre  Höhe  muss  ungefähr  dem  höchsten  Wasser- 
spiegel entsprechen. 

Die  Stärke  der  Sohlenbefestigung  hinter  dem  Regulierungswerk  ist  von  dem 
Auftrieb  abhängig,  welcher  sich  auf  diese  Sohle  äussern  kann.  Wie  stark  dieser  Auftrieb 
werden  kann,  lässt  sich  mangels  ausreichender  Versuchsergebnisse  leider  für  alle  Fälle 
rechnerisch  noch  nicht  ermitteln24).  In  reinem  groben  Sande  oder  Kies  muss  mit  dem 
vollen  Wasserdruck  gerechnet  werden,  während  der  Auftrieb  um  so  kleiner  angenommen 
werden  kann,  je  feiner  das  Korn  des  Baugrundes  wird  und  je  mehr  lehmige  und  tonige 
Bestandteile  er  enthält.    Der  Auftrieb  wird  Null  bei  undurchlässigem  Boden.    Am  besten 


Abb.  245. 

Ftyfk 


Abb.  246. 


HIMIIIIBMI««MMI^^ 


ist  es,  zur  Verhütung  von  Materialverschwendung  durch  einige  Bohrlöcher  vor  der  Aus- 
führung den  Auftrieb  zu  messen.  Da  die  Entleerung  des  Kanals  überhaupt  nur  selten 
stattfindet  und  jedenfalls  niemals,  wenn  im  Flusse  Hochwasser  herrscht,  so  würde  es  zu 
unnötiger  Materialverschwendung  führen,  wollte  man  für  die  Bestimmung  des  Auftriebe 
flusseitig  den  höchsten  Wasserspiegel  und  abwärts  des  Regulierungswerkes  ein  leeres 
Becken  annehmen.  Es  wird  vielmehr  die  Annahme,  dass  eine  Entleerung  bei  M.W. 
erfolgt,  für  die  Bestimmung  des  Auftriebs  völlig  genügen,  es  sei  denn,  dass  die 
Differenz  zwischen  höchstem  H.W.  im  Flusse  und  dem  Betriebs-Wasserspiegel  im  Kanal 
grössere  Werte  ergeben  würde. 

Da  die  höchste  Beanspruchung  der  Sohle  gegen  Auftrieb  nur  selten  erfolgt,  ist 
es  gerechtfertigt,  die  zulässige  Beanspruchung  des  Betons  pro  qcm  auf  Druck  höher 
anzunehmen  als  sie  für  die  Mauern  und  Pfeiler  der  betreffenden  Anlage  angenommen 
wurde.  Wegen  der  rechnerischen  Behandlung  solcher  Aufgaben  sei  auf  L.  Brennecke: 
„Die  Schiffsschleusen",  Handbuch  der  Ing.-Wissensch.  Dritter  Teil.  Wasserbau,  8.  Band 
1904,  S.  29  u.  ff.  verwiesen. 

An  dieser  Stelle  mag  noch  eine  eigentümliche  Art  eines  Einlaufs  erwähnt 
werden,  welche  bei  der  Anlage  Usine  de  Premont  der  Societö  d'ßlectro-Chimie 
(S.  819)  angewendet  ist 

Die  Anlage  befindet  sich  an  der  Mont  Cenisbahn  auf  französischer  Seite  zwischen  den  Stationen 
La  Praz  und  Saint-Michelle  de  Manrienne  und  nutzt  eine  Kraft  des  Are  mit  einem  Nutzgefälle  von 
75,0  m  aus.  Für  den  Ein  lauf  war  durch  die  örtlichkeit  eine  Stelle  gegeben,  an  welcher  das  Fluss- 
bett sehr  eng  und  am  linken  Ufer  durch  eine  Eisenbahn,  am  rechten  durch  eine  Chaussee  eingefasst 
war.  Der  Are  führt  viel  Laub  und  Abfälle  von  Papierfabriken  etc.  Es  war  deshalb  notwendig,  diese 
schwimmenden  Körper  wirksam  zurückzuhalten.    Die  in  den  Kanal  einzuführende  Wassermenge  betrug 

*<)  L.  Brenn  ecke,  Über  die  Grösse  des  Wasserdrucks  im  Boden.  Zeitschrift  für  Bauw. 
1886.  S.  101.  —  Der  Auftrieb  hängt  sicher  auch  von  der  Dichtigkeit  ab,  mit  welcher  die  Betonsohle 
auf  dem  Boden  ruht.  Bei  gleichen  Bodenverhältnissen  wird  eine  im  Trocknen  sorgfältig  gestampfte 
Betonsohle  kleineren  Auftrieb  zu  erleiden  haben,  als  eine  mit  Trichtern  unter  Wasser  geschüttete. 


808  III.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

5  cbm  sek.  Man  konstruierte  einen  eisernen  Kasten  von  20,0  m  Länge,  4,0  m  Breite  und  1,20  m  Höhe.  Dieser 
Kasten  hat  einen  rechteckigen  Querschnitt  und  seine  aufwärts  liegende,  wagrechte  Wand 
ist  ans  perforierten  Blechplatten  gebildet  Die  Löcher  haben  12  mm  Durchmesser  und  ihre  Zahl 
ist  so  gross,  dass  25°,o  der  80  qm  betragenden  Fläche  geöffnet  sind.  Der  Kasten  wurde  auf  einer  zeit- 
weiligen Bracke  über  dem  Niveau  des  Wassers  montiert  und  dann  auf  2  an  den  beiderseitigen  Ufern  in 
dem  Felsen  eingeschnittene  Plattformen  niedergelassen,  nachdem  in  dem  Flussbett  in  der  Breite  des  Kasteos 
durch  Wegräumung  von  Sand,  Kies  und  vorspringenden  Felszacken  eine  entsprechend  tiefe  Rinne  herge- 
stellt war.  Die  linksseitige  Öffnung  des  Kastens  wurde  durch  Mauerwerk  geschlossen,  die  rechtsseitige 
blieb  offen  und  sie  mündet  in  eine  unter  der  Chaussee  angelegte  Kammer,  in  welcher  sich  die  Regulie- 
rungssch fitzen  des  Werkkanals  befinden.  Nachdem  der  Kasten  an  Ort  und  Stelle  festgelegt  war,  schloss 
man  mittelst  Bohlen  und  Tonschlag  die  Fugen  zwischen  Kasten  und  Flussohle  und  schon  nach  einigen 
Tagen  soll  sich  der  Fluss  selbst  diese  Fuge  durch  die  Ablagerung  von  Sand  und  Kies  tot  dem  Kasten 
so  gedichtet  haben,  dass  das  Wasser  bis  zur  Oberfläche  des  Kastens  stieg  und  ihn  Oberfloss.  Bei  Niedrig- 
waserr  ergiesst  sich  das  Wasser  durch  die  Öffnungen  des  Kastendeckels,  nnd  man  kann  mit  Gummischuhen 
auf  demselben  gehen,  ohne  sich  die  Stiefel  nass  zu  machen.  Wenn  alle  Öffnungen,  <L  h.  20  qm  frei 
sind,  ergibt  sich  bei  5  cbm  sek.  nur  eine  Geschwindigkeit  von  0,25  m/sek^  also  wenn  selbst  •/*  der  Öff- 
nungen verstopft  wären,  so  wurde  die  Eintrittsgeschwindigkeit  immer  noch  nicht  mehr  als  1,0  m  betragen. 
Nach  neunjähriger  Erfahrung  hatte  man  aber  festgestellt,  dass  sich  nicht  mehr  als  10*/« 
der  Ltteher  verstopfen.  Die  schwimmenden  Körper,  wie  Laub  und  die  Abfälle  der  Papierfabriken 
werden  sehr  wirksam  zurückgehalten  und  legen  sich  zum  Teil  auf  den  Öffnungen  fest  Zu  ihrer  Entfer- 
nung genügt  es,  in  einer  Betriebspause  die  Schützen  des  Regulierungswerkes  für  einige  Augenblicke  zu 
schliessen,  sodass  Wasser  in  den  Kasten  nicht  mehr  eintreten  kann,  und  alle  Schwimmkörper  werden 
vom  Wasser  gehoben  und  von  dem  äusseren  Strome  fortgeführt  Während  diese  Art  des  Einlaufen  für 
die  Zurückhaltung  der  grösseren  Schwimmkörper  sehr  wirksam  ist,  gelangt  dagegen  der  Sand  nnd  klein- 
körniger Kies  selbstverständlich  in  grossen  Massen  in  den  Kasten  und  von  hier  in  die  Kammer  vor  den 
Regulierungsschützen.  Da  hier  der  Platz  fehlte,  ein  grösseres  Ablagerungsbassin  anzulegen,  so  kommen 
auch  Sand  und  Kies  in  den  Werkkanal  und  der  Verschleiss  der  Turbinen  soll  ein  ungewöhnlich  grosser 
sein  (vergl.  S.  819).  Durch  den  eisernen  Kasten  war  das  Hochwasserprofil  beschränkt  und  so  hat  man 
denn  in  den  Felsen  auf  der  rechten  Seite  einen  4,0  m  breiten  und  4,0  m  hohen  Hochwasserkanal  an- 
gelegt, welcher  das  Wehr  umgeht  Dieser  Kanal  ist  an  der  oberen  und  unteren  Ausmündung  durch 
Schützen  verschliessbar.  Der  Werkkanal  ist  durch  einen  Dücker  unter  dem  Hochwasserkanal  hindurch- 
geführt 

d)  Die  Überläufe  und  die  AblautkanEle.  Sowohl  bei  offnem  als  auch  bei  ab- 
schliessbarem  Einlauf  wird  man  meistens  dafür  Sorge  tragen,  dass  durch  Anlegung 
Ton  Überläufen  eine  Überflutung  der  Kanalufer  seltatwirkend  verhindert  wird.  Die 
Länge  und  die  Höhenlage  der  Überläufe  ist  so  zu  berechnen,  dass  die  grösste  sekl. 
Wassermenge,  welche  unter  den  ungünstigsten  Umständen  in  den  Kanal  hineingelangen 
könnte,  über  die  Überläufe  unschädlich  in  den  Fluss  zurückgeführt  werden  würde.  In 
der  Regel  wird  man  nicht  bloss  einen,  sondern  mehrere  Überläufe  anlegen.  Man  sucht 
dafür  solche  Stellen  aus,  bei  denen  die  Zurückführung  des  Wassers  in  den  Fluss  auf 
die  kürzeste  und  billigste  Weise  ermöglicht  ist.  Naturgemäss  wird  am  häufigsten  in 
der  Nähe  der  Druck-  oder  der  Turbinenkammern  ein  Überlauf  anzulegen  sein,  —  es 
sei  denn,  dass  es  sich  um  kurze  Werkkanäle  handelt,  bei  denen  die  Regulierung  des  Wasser- 
standes durch  das  Wehr  selbst  schon  ausreichend  veranlasst  werden  kann,  —  damit  der 
Wasserstand  hier  selbstwirkend  im  Interesse  eines  gleichförmigen  Ganges  der  Turbinen 
reguliert  wird,  und  damit,  wenn  die  Turbinen  plötzlich  abgestellt  werden  ohne  dass  der 
Wärter  am  Einlauf  benachrichtigt  ist,  die  grösste  sekl.  Wassermenge,  welche  bis  zu  den 
Kammern  gelangen  kann    unschädlich  zum  Abfluss  kommt. 

Bei  der  Anlage  Beznau  (Taf.  XXV,  Fig.  2)  ist  der  1200,0  m  lange  Werkkanal 
fast  geradlinig  und  kann  vom  Wehre  aus  bis  zum  Krafthause  übersehen  werden.  Die 
sekl.  Wassermenge  steigt  bis  zu  300  cbm/sek.  Man  konnte  auf  einen  Überlauf  im  eigent- 
lichen Sinne  am  Krafthause  verzichten ,  weil  die  Regulierung  des  Zuflusses  am  Wehre 
und  am  Einlauf  in  genügender  Weise  vorgenommen  werden  kann.    Überdies  ist  am  Kraft- 


§  2.  Die  Werkka*1le.  809 

hause  ein  grösserer  Grundablass  angelegt  und  wenn  der  Wasserspiegel  am  Krafthause 
über  eine  gewisse  Höhe  steigt,  so  kann  wenigstens  ein  Teil  des  Wassers,  selbst  bei  ge- 
schlossenen Grundablasschützen,  über  die  Schützen  hinweg  ins  Unterwasser  gelangen. 

Bei  Chevres  (Taf.  XXVII,  Fig.  1),  wo  das  Krafthaus  unmittelbar  am  Wehre 
liegt,  war  ein  Überlauf  an  den  Turbinenkammern  gleichfalls  entbehrlich. 

Auch  bei  der  Anlage  Hagneck  (Taf.  XXXII,  Fig.  6)  fehlt  ein  Überlauf  mit 
Rücksicht  auf  den  nur  250,0  m  langen  Werkkanal,  dessen  Wasserspiegel  durch  die 
Schützen  des  beweglichen  Wehres  genügend  geregelt  werden  kann. 

Beim  Lech werk-G er sthofen  (S.  560,  Abb.  135)  hat  man,  trotzdem  der  obere 
Kanal  bis  zum  Krafthause  2965,3  m  lang  ist,  gleichfalls  auf  Überläufe  im  eigentlichen 
Sinne  verzichtet  Ehe  aber  der  Wasserspiegel  die  Dammkrone  erreichen  könnte,  würde 
das  Wasser  über  die  Mauern  der  Kammerschleuse  stürzen  und  zum  Abfluss  kommen. 
Ausserdem  ist  ein  Grundablass  in  der  Kammerschleusenwand  vorhanden.  Auch  der  in 
der  Nähe  des  Krafthauses  befindliche  Stauweiher  mit  500000  cbm  Füllraum  kann  zum 
Ausgleich  mit  herangezogen  werden. 

Bei  der  Anlage  Jonage  ist  zwar  an  den  Turbinenkammern  auch  kein  Überlauf 
vorhanden,  dafür  sind  aber  vor  und  hinter  dem  Regulierungswerk  grosse  Überläufe 
angelegt. 

Die  theoretische  Ausflussmenge  aus  einer  Öffnung  in  einer  vertikalen 
Wand  ist  ganz  allgemein  (Abb.  247  a). 

Q  =  l/2i./yVx.dx  (47) 

worin  bedeuten: 

g  die  Erdbeschleunigung  für  unsere  Breitengrade  =  9,81  m,  also  V/2g  =  4,429  m, 
x  die  Tiefe  eines  Wasserfadens  von  der  Breite  y  unter  dem  Wasserspiegel. 

Bei  einer  dreieckigen 
Ausflussöffnung  (Abb.  247  b),  deren 
Spitze  nach  unten  steht  und 
deren  Basis  die  Länge  b  hat,  be- 
sitzt ein  Flächenelement  mn   in 

der  Tiefe  *  unter  dem  Wasser- 

h x 

Spiegel  eine  Fl&chengrösse  von  y .  d  x  =     ,      .  b  .  dx. 

Die  Wassermenge,  welche  durch  dieses  Flächenelement  fiiesst,  beträgt: 

dQ  =  ^=-5.  b  .  V2gi .  dx  =  --•  V2g(h .  xV«dx  -  x8/*dx). 

Nach  Integration  zwischen  den  Grenzen  x  =  h  und  x  =  0  ergibt  sich 

Q  =  -£-.V2g(2/3haA  —  2/5hi/»)=b.4/15V2glit/f  =  4/15b.h.y2gh       (48) 

Für  ein  beliebiges  Parallelogramm  ist 

Q  =  2/3b.h.V2ih  (49) 

Für  eine  dreieckige  Öffnung  mit  der  Spitze  nach  oben  (Abb.  247c) 

Q  =  2/5 .  b .  h .  V2i'h  (50) 

Für  einen  trapezförmigen  Querschnitt  (Abb.  247  d)  ist 

Q  =  2/15.(2B  +  3b).h.  Y2$h  (5 1 ) 

Für  einen  kreisförmigen  oder  elliptischen  Querschnitt  kann  man  bei  einem  Abstand 
h  des  Schwerpunktes  der  Überfallfläche  F  vom  Wasserspiegel  angenähert  setzen 

Q  =  F./2gh  (52) 


810         III.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräfte».    Einzelheitch. 

Die  wirkliche  Durchflussmenge  ist  stets  erheblich  kleiner  als  die  theoretische 
und  zwar  infolge  der  Einschnürung  (Kontraktion)  des  ansfliessenden  Strahles  und  des  Ge- 
schwindigkeitsyerlnstes  durch  die  gegenseitige  Reibung  der  Wasserteilohen.  Wenn 
das'  Kanalprofil  nicht  allmählich  in  dasjenige  des  Überlaufrahmens  übergeht,  sondern 
wenn  der  Überlaufrahmen  scharfkantig  in  einer  lotrechten  Wand  eingeschnitten  ist,  gegen 
welche  die  Wasserfluten  fliessen,  so  muss  ein  Teil  der  Wasserfaden,  vorausgesetzt,  dass 
das  Kanalprofil  grösser  ist  als  das  Profil  des  Überlaufrahmens,  seine  Richtung  zunächst 
einmal  an  der  lotrechten  Wand  des  Überlaufs  um  90°  ändern  und  abermals,  wenn  dieser 
Teil  der  Wasserfaden  in  den  Überlaufrahmen  eintritt.  Hierbei  entsteht  die  Erscheinung 
der  Einschnürung,  indem  die  Wasserföden  nicht  mit  den  Wänden  des  Überlaufrahmens 
in  Berührung  bleiben,  sondern  sich  von  diesen  in  Form  parabolischer  Bogen  loslösen. 
Infolgedessen  ist  der  Querschnitt  des  eingeschnürten  Wasserstrahles  Fx   kleiner  als  der 

F 
Querschnitt  des  Überlaufrahmens  F.    Das  Verhältnis   F*    nennt   man   den  Einschnü- 
rungsbeiwert (Kontraktions-Koeffizienten). 

Die  wirkliche  Ausflussmenge  wird  sowohl  durch  den  Einschnürungsbeiwert  als 
auch  durch  die  gegenseitige  Reibung  der  Wasserteilchen  beeinflusst,  und  man  nennt  das 

Verhältnis  der  wirklichen  Ausflussmenge  Qx  zur  theoretischen  Q,  also  -jy  den  Ausfluss- 

beiwert  und  gebraucht  dafür  meistens  den  griechischen  Buchstaben  fi. 

Es  sind  von  einer  grossen  Anzahl  von  Hydrotekten  Untersuchungen  über  die 
Grösse  des  Ausflussbeiwerts  angestellt  und  zwar  meistens  für  rechteckige  Überlauf- 
öffnungen mit  vollkommener  Einschnürung.  Die  Angaben,  welche  eine  Anzahl  bekannter 
Autoren  gemacht  hat,  sind  in  der  nachstehenden  Tabelle  wiedergegeben. 

• 

Tabelle  XL 

Zahlenangaben  für  den  Ausfluaaheiwert  bei  rechteckigen  Oberlanfrahmen  mit  vollkommener 

Einschnürung. 


Name  des  Autors 


1 

Zahlenwerte  von  p 

0,556  bis  0,628 

0,591    , 

,    0,718 

0,623 

0,60     , 

,    0,66 

0,592    , 

.    0,66 

0,625    , 

,    0,769 

0,589    , 

,    0,682 

0,685    , 

,    0,678 

0,56     , 

,    0,74 

0,593    , 

.    0,641 

Lesbros  und  Poncelet 

Castel  und  D'Aubuisson 

J.  B.  Francis 

Mohn 

Boileau 

Bazin 

Smeaton  und  Brindley 

J)u  Buat 

Simpson  und  Blackwell 

Parrochetti 

Bei  Beobachtung  von  Überläufen  mit  allmählich  wachsender  Wassertiefe  findet 
man,  dass  sich  der  überfallende  Wasserstrahl  so  lange  in  Unruhe  befindet,  bis  sich  die 
Einschnürung  vollkommen  ausgebildet  hat.  Nach  voller  Ausbildung  der  Einschnürung 
ist  die  Oberfläche  des  Wasserstrahls  ganz  glatt,  und  es  bleibt  der  Ausflussbeiwert  bis 
zu  einer  gewissen  Wasserhöhe  (0,50  bis  0,60  m)  ziemlich  konstant  derselbe. 

Für  genaue  Wassermessungen  werden  die  Überlaufrahmen  meistens  so  einge- 
richtet, dass  sich  eine  vollkommene  Einschnürung  ausbilden  kann,  und  man  schneidet 


§  2. 


Dib  WerkkanXle. 


811 


sie  deshalb  in  einer  lotrechten,  glatten  Wand  scharfkantig  ein.  Die  Einschnürung  hängt 
auch  von  der  Dicke  des  Überfallrahmens  ab  und  nach  Cipolletti16)  darf  bei  Über- 
fallhöhen bis  zu  h  =  0,12  m  die  Rahmendicke  des  Überlaufs  nicht  mehr  als  1/10  h,  bei 

Überfallhöhen  von  h  >>  0,12  bis  zu  0,60  m,  mnss  sie  weniger  als  ~  und  am  besten  nicht 

mehr  als  1/4  h  betragen,  wenn  man  sicher  sein  will,  eine  vollkommene  Einschnürung 
zu  erzielen. 

Die  nachstehende  Tabelle  gibt  ein  interessantes  Bild  über  das  Verhältnis  zwischen 
Wanddicke  des  Überlaufrahmens  und  Höhe  des  Wasserstrahles  bei  Beginn  und  bei  voller 
Ausbildung  der  Einschnürung.  Die  Tabelle  zeigt  aber  auch  die  interessante  Tatsache, 
dass  bei  Herabminderung  der  Höhe  des  Überlaufstrahles  die  Einschnürung  nicht  bei 
derselben  Höhe,  bei  welcher  sie  begonnen  hat,  aufhört,  sondern  bei  einer  kleineren  Höhe. 


Tabelle  XII. 

Ergebnisse  der  Versuche  von  CesareCipoiletti  zur  Feststellung  des  Verhältnisses  zwischen  Höhe 
des  fiberfallenden  Wasserstrahls  und  Dicke  des  Überfallrahmens,  bei  welchem  die  Einschnfiraog  beginnt! 

sich  vollkommen  aasbildet  und  wieder  aufhört. 


Dicke  des 
Oberfall- 

Hohe  des  Überlaufstrahles  in  m  bei 

i 

Tag  des 

Beginn  der 

vollkommener 

Beginn  der 

i     vollkommener 

Versuches 

rshmens  in 
m 

Einschnürung 

Einschnürung 

Berührung 

i        Berührung 

1 

ansteigei 

ide  Höhe 

abfallende  Höhe 

0,010 

0,085 

0,090 

_^m 

0,020 

0,020 

0,055 

0,120 

— 

0,040 

0,080 

0,070 

0,120 

— 

0,045 

0,040 

0,090 

0,125 

— 

0,065 

i 
i 

0,050 

0,115 

0,180 

— 

0,085 

i 
i 

!       0,060 

0,180 

0,160 

0,105 

0,095 

i 

|       0,070 

0,150 

0,180 

0,125 

0,110 

1 

0,060 

0,170 

0,205    t 

0,160 

0,180 

i 

0,090 

0,210 

0,240 

0,180 

0,160 

28.  Mai  1885 

0,100 

0,240 

0,280 

0,200 

0,170 

i 

0,110 

0,800 

0,825 

0,210 

0,200 

i 

0,120 

0,820 

0,880 

0,240 

0,280 

i 

0,180 

0,890 

0,400 

0,290 

0,260 

1 

0,140 

0,440 

0,450 

0,280 

0,270 

1 

0,150 

0,470 

0,480 

0,820 

0,810 

* 

0,160 

0,480 

0,500            ' 

0,850 

0,810 

i 

1       0,170 

0,500 

0,520            i 

0,370 

0,855 

i 
i 

0,180 

0.590 

0,610            ! 

0,895 

0,860 

i 

0,190 

0,610 

0,640 

0.440 

0,420 

0,200 

1 

0,620 

■ 

0,655 

0,450 

0,425 

J.  B.  Francis  fand  durch  seine  zahlreichen  Versuche  in  Lowell  (Mass.)  bei 
Boston  (S.  7  und  622),  dass,  wenn  die  Kanalsohle  um  das  Dreifache  der  Höhe  h  des 
überfallenden  Wasserstrahls  unter  der  Schwelle  des  Überfallrahmens  lag  und  wenn 
die  seitlichen  Ränder  des  Überlaufrahmens  mindestens  um  2  h  von  den  Wänden  des 
Zufübrungskanals  entfernt  waren,  es  alsdann  auf  die  Grösse  des  Ausflussbeiwerts  ohne 


26)  Cesare  Cipolletti:   Esperimenti  e  formole  per  grandi  stramazzi  a  soglia  inclinata  od 
orizzontale.  Mailand  1886  bei  Ulrico  Hoepli. 


812         IIL    Theodor  Koehx.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

merkbaren  Einfluss  blieb,  wenn  man  die  Tiefe  der  Sohle  und  die  Entfernung  der  Kanal- 
wände vergrösserte.  Hieraus  würde  folgen,  dass  nur  bis  zu  den  angegebenen  Massen 
eine  allmähliche  Überführung  des  Kanalprofils  in  den  Überlaufrahmen  mit  Bezug  auf 
die  Grösse  der  Durchflussmenge  von  praktischem  Werte  sein  kann.  J.  B.  Francis 
fand  weiter: 

1.  Dass  die  Einschnürung  an  der  wagerechten  Schwelle  eines  in  einer  lot- 
rechten Wand  unter  Berücksichtigung  der  obigen  Gesichtspunkte  eingeschnittenen  Über- 
fallrahmens bei  Wassertiefen  von  0,08 — 0,5  m  fast  konstant  blieb  und  einem  Ausfluss- 
beiwert  von  0,623  entsprach. 

2.  Dass  die  Einschnürung  an  den  aufrechten  Seiten  des  Überfallrahmens  gleich- 
falls konstant  blieb,  wenn  die  lichte  Weite  des  Überlaufrahmens  mindestens  das  Drei- 
fache oder  besser  das  Vierfache  der  Höhe  des  überfallenden  Wasserstrahles  betrug.  Bei 
kleineren  lichten  Weiten  im  Verhältnis  zur  Höhe  wurde  eine  Verkleinerung  der  Ein- 
schnürung für  die  seitlichen  Rander  festgestellt. 

3.  Bei  weiten  Überlaufrahmen,  bei  denen  also  das  Verhältnis  der  lichten  Weite 
zur  Höhe  grösser  als  4 : 1  war,  wurde  der  Wert  der  Einschnürung  pro  Seitenwand  zu 
1/10  h,  d.  h.  also  bei  einem  rechteckigen  Querschnitt  die  gesamte  seitliche  Einschnürung 
im  Werte  von  1/5  h  festgestellt86). 

Hiernach  ergibt  sich  die  Formel  für  die  Wassermenge,  welche  durch  einen 
Überlauf  mit  rechteckigem  Querschnitt  bei  vollkommener  Einschnürung  fliesst,  zu: 

Q  =  0,623  (b  —  0,20  h)  2/3 h  V 2gh  (53) 

Diese  Formel  gibt  nach  Gipolletti  noch  vollkommen  einwandfreie  Resultate, 
solange  die  Wasserhöhe  nicht  mehr  als  0,60  beträgt. 

Zn  beachten  ist  noch,  dass  h  immer  ca.  1,0  m  vor  dem  Überlauf  zu  messen 
ist,  da  die  Absenkung  des  Wasserspiegels  über  der  Schwelle  etwa  0,20  h  betragen  kann 
(vergl.  S.  627). 

Für  Überläufe,  mit  denen  man  zugleich  genaue  Wassermessungen  vornehmen  will, 
wird  man  gut  tun,  die  Wasserhöhe  des  Überlaufs  nicht  wesentlich  über  0,50  bis  0,60  m  zu 
steigern,  weil  man  dann  bei  vollkommener  Einschnürung  mit  einem  konstanten  /r=  0,623 

rechnen  kann.    Für  grössere  Überfallhöhen  schwanken  die  Angaben 
Abb.  248.  £er  verschiedenen  Autoren  um  ca.  10  bis  12%. 

Man  kann  bei  einer  gegebenen  lichten  Weite  eines  recht- 
eckig gedachten  Überlaufrahmens  die  Wirkungen  der  Einschnürung 
an  den  Seitenwänden  dadurch  eliminieren,  dass  man  den  Rahmen 
bei  gleicher  Sohlenweite  trapezförmig  macht.  Zu  suchen  ist  für 
diesen  Zweck  die  Länge  blf  nämlich  die  Länge  der  Grundlinien  der  Dreiecke,  welche 
der  rechteckige  Überlaufrahmen  aus  dem  Trapez  ausschneidet  (Abb.  248).  Die  theo- 
retische Ausflussmenge  aus  jedem  dieser  Dreiecke  beträgt  q  =  4/15  ba .  h  V2gh  (vergl 
Gleichung  43).    Der  Einschnürungsverlust  an  einer  Seitenwand  ist  nach  Gleichung  (53) 

—  0,10  h  2/3 .  V2g .  h '/'.  Durch  Gleichsetzung  dieser  beiden  Werte  findet  man  bt  =0,25 h. 
Wenn  man  also  den  Überlaufrahmen  trapezförmig  macht,  derart,  dass,  wenn  b  die  lichte 
Weite  an  der  Sohle  ist,  die  Weite  in  der  Höhe  h  über  der  Sohle  b  +  0,5  h  beträgt,  so 

kann  man  statt  der  Formel  (53)  nunmehr  schreiben  Q=jü.  2/3  b .  h .  V2gh  (54),  worin 
ft  dann  also  bei  vollkommener  Sohleneinschnürung  zu  0,62$  konstant  bis  zu 
Werten  von  h  =  0,6m  gesetzt  werden  darf. 

**)  Cesare  Gipolletti:  Esperimenti  e  formole  per  grandi  stramazxi  a  soglia  inclinata  od 
orizzontale.  Mailand  1886.  S.  84. 


§  2.  Die  WekkkanXle.  gl 3 

Bei  Formel  (54)  ist  angenommen,  dass  die  Geschwindigkeit  des  beim  Überlauf- 
rahmen ankommenden  Wassers  =  0  zu  setzen  ist,  und  man  wird  bei  Berechnung  von 
Überläufen  in  Werkkanälen,  sofern  sie  parallel  zur  Kanalachse  angelegt  sind,  diese  An- 
nahme machen  müssen. 

Bei  genauen  Wassermessungen  kann  man  aber  die  Geschwindigkeit  des  ankom- 
menden Wassers  nicht  vernachlässigen.  Auch  bei  Überläufen  in  Werkkanälen,  welche 
nicht  parallel  zur  Stromrichtung  des  Kanals  liegen,  wird  man  bei  der  Berechnung  der 
Überlaufweiten  die  Geschwindigkeit  des  ankommenden  Wassers  zu  berücksichtigen  haben. 
Ist  v0  die  Geschwindigkeit  des  ankommenden  Wassers,  so  ist  die  theoretische  Druckhöhe, 

•v* 
durch  welche  diese  Geschwindigkeit  erzeugt  wird,  h0  =  ^-    und  es  wird 

Q  =  2ß(i .  b  .  V2£{(h  +  h0)8/'  -  h08/8}  (55) 


und  h 


Q         ,  .  i/JVi 


-<—   1 


ho8/i 


-  ho  (56) 


2/3/i  b]/2g 

Aus  diesen  Betrachtungen  über  die  Überläufe  mit  voller  Einschnürung  ergeben 
sich  die  Massregeln,  welche  man  zu  treffen  hat,  wenn  man  einen  Überlauf  mögliehst 
leistungsfähig  machen  will,  d.  h.  wenn  der  Ausflussbeiwert  /*  möglichst  gross  werden 
soll.  Man  darf  also  in  diesem  Falle  den  Überlaufrahmen  nicht  scharfkantig  in  eine 
lotrechte  Wand  einschneiden,  sondern  man  muss  die  zu  dem  Überlaufrahmen  führenden 
Seitenwände  abschrägen  und  abrunden,  und  zwar  ist  diese  Abschrägung  an  den  Seiten- 
wänden noch  von  Wirksamkeit  bis  zu  einer  Entfernung  von  2  h  vom  Rande  des  Über- 
laiifrahmens  und  die  Abschrägung  nach  der  Sohle  zu  ist  noch  wirksam  bis  zu  3  h  unter 
der  Schwelle  des  Überlaufs.    Man  muss  ferner  die  Dicke  des  Überlaufrahmens  grösser 

machen  als  7-  und  einen  Wert  zwischen  h/3  und  h/2  wählen.    Macht  man  die  Dicke 
4 

aber  grösser  als  h/2,  so  tritt  wiederum  eine  Verzögerung  der  Wasserfäden  ein  (S.  628). 
Abwärts  vom  Überlaufrahmen  muss  man  die  Mauerkrone  mit  1 :  7  und  mehr  abfallen 
lassen.  Bei  der  angegebenen  Mindestneigung  ist  es  alsdann  auf  die  Grösse  der- über- 
fallenden Wassermenge  ohne  Belang,  ob  das  Wasser  auf  einer  derart  geneigten  Fläche 
weiter  fliesst  oder  ob  es  lotrecht  abstürzt.  Bei  derartig  angelegten  Überläufen  darf 
man  fi  je  nach  der  Vollkommenheit  der  überleitenden  Flächen  und  der  Rauhigkeit  der 
Wände  =  0,75  bis  0,77  setzen. 

Durch  die  Versuche  von  Morin  ist  festgestellt,  dass  wenn  der  Wasserspiegel  des 
Unterwassers  ganz  oder  fast  bis  an  die  0.  K  der  Schwelle  des  Überlaufrahmens  heran- 
reicht, eine  Sohleneinschnürung  nicht  mehr  eintritt,  und  es  würden  deshalb  in  diesem 
Falle,  auch  wenn  der  Überlauf  den  oben  besprochenen  Anforderungen  nicht  entspräche, 
für  fi  Werte  von  0,714  bis  0,769  angenommen  werden  können.  Die  von  Morin  fest- 
gestellte Tatsache  scheint  darauf  zurückzuführen  zu  sein,  dass  in  der  erwähnten  Voraus- 
setzung die  Luft  nicht  mehr  an  die  Schwelle  heran  und  in  den  bei  Einschnürung  sich 
bildenden  Hohlraum  eintreten  kann. 

Wegen  der  Formeln  für  unvollkommene  Überfälle  kann  auf  Kap.  III,  §  1 A  S.  623 
verwiesen  werden. 

Für  die  Verwendung  der  gegebenen  Formeln  ist  zunächst  die  sekl.  Wassermenge  Q 
zu  bestimmen,  welche  höchstenfalls  über  den  Überlauf  fliessen  soll,  und  man  wird  sie, 
wenn  man  nur  einen  Überlauf  hat,  meist  gleich  derjenigen  Wassermenge  annehmen, 
welche  höchstenfalls  in  den  Werkkanal  eintreten  kann.    Sind  mehrere  Überläufe  hinter- 


814         III.    Theodor  Koehx.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

einander  vorhanden,  so  kann  man  diese  grösste  Wassermenge  auf  dieselben  verteilen. 
Die  grösste  Wassertiefe  im  Werkkanal  und  das  Wasserspiegelgefälle  sind  ans  den  Über- 
legungen bei  Festlegung  des  Kanalprofils  und  beim  Entwurf  des  Regulierungswerkes  gleich- 
falls bekannt,  und  wenn  man  die  0.  K.  der  Schwelle  eines  an  einer  bestimmten  Stelle  anzu- 
legenden Überlaufs  festlegt,  so  ergibt  sich  daraus  auch  die  Höhe  des  überfallenden 
Wasserstrahls  h  am  Anfang  des  Überlaufs.  Nimmt  man  an,  dass  die  grösste  sekl.  Wasser- 
menge zu  einer  Zeit,  wo  der  Betrieb  im  Kraftwerke  ruht,  an  den  Überlauf  herankommt, 
sodass  die  ganze  sekl.  Wassermenge  über  den  Überlauf  stürzt,  so  kann  man  für  die 
Berechnung  der  Weite  b  des  Überlaufrahmens  die  ermittelte  Höhe  h  des  überfallenden 
Wasserstrahls  am  Anfang  des  Überlaufs  für  die  ganze  Weite  als  gleichmässig  vorhanden 
ansehen.  Soll  ein  Teil  Qt  der  grössten  sekl.  Wassermenge  Q  abwärts  des  Überlaufs  im 
Werkkanal  weiter  fliessen,  so  ist  die  über  den  Überlauf  zur  Abführung  zu  bringende 
Wassermenge  nur  noch  Q — Qu  und  es  wird  sich  aus  dem  bekannten  Profil  des  Werk- 
kanals abwärts  des  Überlaufs,  aus  Qx  und  den  früher  ermittelten  Werten  für  die  Füll- 
höhe tt  eine  Höhe  hx  des  überfallenden  Wasserstrahls  am  Ende  des  Überlaufs  ergeben. 

Für  die  Berechnung  der  lichten  Weite  des  Überfallrahmens  b  würde  man  dann 

Vi    I    Vi 

genau  genug  die  mittlere  Überfallhöhe  — ~—  annehmen  können. 

Wegen  der  baulichen  Einrichtung  der  Überläufe  kann  auf  die  vielen  im  Kap.  II 
gegebenen  Beispiele  verwiesen  werden,  aber  die  folgenden  Angaben  mögen  hier  noch 
Platz  finden: 

Von  der  Abschrägung  der  Seitenwände  und  der  Krone  des  Überlaufs  vor  und 
hinter  dem  engsten  Überlaufrahmen,  um  eine  möglichst  glatte  Überführung  der  Wasser- 
faden in  den  Überlaufrahmen  zu  erzielen,  war  bereits  S.  813  die  Bede  und  ferner  ist 
es  selbstverständlich,  dass  man  sie  so  wenig  rauh  wie  möglich  machen  muss.  Man  gibt 
dem  Rahmen  selbst  am  besten  eine  flache  Abrundung  und  lässt  dann,  wenn  wegen  der 
Standsicherheit  der  Überlaufmauer  grössere  Dicken  erforderlich  sind,  die  Krone  des 
Überlaufs  abwärts  des  Rahmens  mit  1 : 7  und  mehr  abfallen.  Um  den  Überlauf  will- 
kürlich regulieren  zu  können,  ist  es  zweckmässig,  in  den  Seitenwänden  des  Rahmens 
Dammbalkenschlitze  anzuordnen,  oder  wenn  der  Überlauf  so  breit  ist,  dass  man  die 
ganze  Öffnung  nicht  mit  einer  Balkenlänge  schliessen  kann,  auf  der  Krone  in  geeigneten 
Abständen  vertikale  I-Eisen  einzulassen,  welche  den  Bohlen  oder  Balken  als  Stütze  dienen 
können. 

Handelt  es  sich  um  eine  grosse  Wassermenge  und  infolgedessen  um  eine 
grosse  Länge  des  Überlaufs,  so  kann  man  häufig  dadurch  die  Baukosten  verringern, 
dass  man  die  Überlaufschwelle  nicht  geradlinig,  sondern  in  Form  von  Kreisbögen  oder 
Vielecken  anlegt.  Als  Beispiele  hierfür  können  der  grosse  Überlauf  der  Anlage  Jonage- 
Cusset-Lyon  (Taf.  XLI,  Fig.  1  u.  S.  516),  sowie  der  Überlauf  der  Urfttal sperre 
(Taf.  XLIX,  Fig.  3  u.  4  u.  S.  591)  und  die  Überläufe  der  Queistalsperre  bei 
Marklissa  (Taf.  L,  Fig.  1  u.  S.  600)  gelten. 

Wie  bei  den  Wehren,  so  ist  es  auch  bei  den  Überläufen  am  besten,  das  Wasser 
lotrecht  von  der  Krone  des  Überlaufs  herabfallen  zu  lassen,  wenn  es  sich  um  sogenannte 
vollkommene  Überfälle  handelt.  Um  den  Stoss  des  Wassers  auf  das  Sturzbett  abzu- 
schwächen, wird  zweckmässig  ein  Wasserpolster  angelegt,  indem  man  das  abwärts  ge- 
legene Ende  des  Sturzbettes  durch  eine  Wand  abschliesst.  Die  Höhe  dieses  Wasser- 
polsters richtet  sich  nach  der  Höhe  des  Wasserfalles  und  der  Stärke  des  überfallenden 
Strahles. 


§  2.  Die  Whukkakäi-k.  *  815 

Bei  der  Anlage  Vizzola  (S.  347/348)  ist  zum  Beispiel  zwischen  der  Überlaufkrone 
und  der  Sohle  des  Sturzbettes  ein  Höhenunterschied  von  9,80  m.  Der  überfallende 
Strahl  kann  eine  Stärke  (z)  bis  zn  rd.  0,52  m  haben'7). 

Das  Wasserpolster  ist  2,30  m  hoch  angelegt  und  hat  sich,  ebenso  wie  die  ans 
einer  1,0  m  starken  Betondecke  hergestellte  Sohle  des  Sturzbettes  als  ausreichend  er- 
wiesen. 

Bei  der  Jonageanlage  (Tai.  XLI,  Fig.  3)  liegt  die  Sohle  des  Sturzbettes  2,06 
bezw.  2,45  m  unter  der  Überlanfschwelle.  Die  Höhe  des  Überfallstrahles  kann  bis  zu 
1,50  m  betragen,  and  das  Wasserpolster  ist  für  den  2,05  m  hohen  Wasserfall  auf  0,30  m, 
für  den  2,45  m  hohen  Wasserfall  auf  0,40  m  angenommen.    Eine  sehr  zweckmässige 

Abb.  249.    Schnitt  dnrcb.  den  Werkkanal  und  den  in  der  Nahe  der  Druckkammern  angelegten  Über 
lanfkanal  der  Anlage  Faderno  (an  der  Adda). 


Anlage  eines  Sturzbettes  zeigt  auch  die  Ennepe-Sperrmauer  (Taf.  LIU,  Fig.  14),  wo 
das  Wasser  rd.  33,60  m  auf  der  Luftseite  der  Mauer  abstürzt  und  in  einem  etwa  3,0  m 
hoben  Wasserpolster  seine  lebendige  Kraft  einbüsst. 

Ist  der  Höhenunterschied  zwischen  dem  ersten  Sturzbett  und '  dem  Wasserspiegel 
des  Flusses,  in  welchen  das  Überlaufwasser  geführt  werden  soll,  noch  gross,  so  legt  man 
die  Sohle  des  Ablautkanals  meistens  kaskadenförmig  an  und  wird,  falls  die  Höhe  einer 
Stufe  mehr  als  1,50  m  beträgt,  auf  der  betreffenden  Stufe  wiederum  ein  Wasserpolster 
schaffen.  Als  Beispiel  eines  typischen  kaskadenförmigen  Ablaufkanals  sei  auf  die  Anlage 
Novalesa  an  dar  Cenischia  (Taf.  XII,  Fig.  6  bis  9  u.  S.  375)  verwiesen.  Bei  grossen 
Wassermengen  und  höheren  Stufen  ist  es  zweckmässig,  zur  weiteren  Abminderung  des 
Wasserschlages  vor  oder  in  der  lotrechten  Stnfenwand  Fallöcher  anzulegen  und  diese 
über  der  Sohle  der  nächsten  Stufe  wagerecht  ausmünden  zu  lassen. 


">  *-fm-?mi-V<>. 


75' 

ÖfiV  90*.  19,62- 


816         III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelhettek 

Auf  diese  Weise  wird  der  Schlag  des  über  die  Stufe  lotrecht  herabfallenden  Wassers 
durch  die  wagerechten  Wasserstrahlen,  welche  aus  den  Öffnungen  heraustreten,  gemildert. 
Man  wird  die  Zahl  und  Grösse  der  lotrechten  Fallöcher  so  einrichten,  dass  etwa  die 
Hälfte  der  grössten  sekl.  Wassermenge  hindurch  kann,  die  andere  Hälfte  aber  über  die 
Stufe  abstürzt.  Beispiele  hierfür  bieten  die  Überlaufkanäle  der  Anlagen  Vizzola 
(S.  347  u.  ff.  und  Abb.  44),  Pont  St.  Martin  (Taf.  XIV,  Fig.  3  u.  4  und  S.  383), 
Paderno  (Abb.  249). 

Mit  Rücksicht  darauf,  dass  die  Ablaufkanäle  nur  selten  und  für  kurze  Dauer  mit 
der  grössten  sekl.  Wassermenge  belastet  sein  werden  und  dass  durch  sie  der  Regel  nach 
bei  richtiger  Bedienung  der  Regulierungsschützen  nur  ein  kleiner  Überschuss  abfliessen 
soll,  kann  man  für  sie  unbedenklich  grössere  Geschwindigkeiten  als  bei  den  Werkkan&len 
zulassen,  ohne  fürchten  zu  müssen,  dass  die  Sohle  und  die  Seitenwände  zu  schnell  aus- 
geschliffen werden.  Dieses  Ausschleifen  erfolgt  natürlich  um  so  starker,  je  grösser  die 
Wassergesch windigkeit  ist,  je  mehr  das  Wasser  durch  Sand  und  Kies  verunreinigt  ist 
und  je  häufiger  der  Überlauf  in  Tätigkeit  tritt.  Bei  Ablaufkanälen  aus  gutem  Brach- 
stein- oder  bestem  Klinkermauerwerk  sollten  die  rechnungsmässig  grössten  Geschwindig- 
keiten nicht  mehr  als  8  bis  10  m/sek.,  bei  Zementkanälen  die  Geschwindigkeiten  nicht 
mehr  als  6  bis  7  m/sek.  betragen.  Wird  der  Ablaufkanal  aus  Bruchsteinmauerwerk 
hergestellt  oder  die  wasserberührte  Fläche  mit  solchem  Mauerwerk  verblendet,  ist  es 
bei  sehr  starkem  Gefälle  zweckmässig,  einzelne  Bruchsteine  aus  dem  Profil  herausragen  zu 
lassen,  um  den  Rauhigkeitsgrad  der  wasserberührten  Fläche  nach  Möglichkeit 
zu  erhöhen.  Die  vorstehenden  Steine  müssen  in  der  Längsrichtung  gegeneinander  ver- 
setzt sein,  damit  möglichst  viel  Wirbel  entstehen  zur  Vernichtung  der  lebendigen  Kraft  der 
einzelnen  Wasseradern.  Es  ist  aber  selbstverständlich  darauf  zu  achten,  dass  die  vor- 
ragenden Bruchsteine  tief  genug  in  das  Fundament  oder  in  die  Seitenwände  eingreifen, 
damit  sie  von  der  Gewalt  des  Wassers  nicht  herausgerissen  werden  können.  Die  Fugen 
sind  mit  gutem  Zement  sorgfaltig  auszufüllen.  Für  Kanäle  aus  Klinkermauerwerk  finden 
diese  Betrachtungen  sinngemässe  Anwendung.    Bei  der  Profilierung  muss  man  bei  stark 

geneigten  Ablaufkanälen  im  Gegensatz  zu  den  Werkkanälen  ausserdem 

p 

darauf   Bedacht   nehmen,    dass    der   hydraulische   Halbmesser   R  = 

P 

möglichst  klein,  also  der  benetzte  Umfang  möglichst  gross  wird. 

Das  Einfachste  und  Billigste  ist  es  natürlich ,  wenn  man  das  Überlaufwasser  wie 
bei  den  Anlagen  Funghera,  La  Goule,  Les  Clees  (Abb.  65,  S.  404),  Kubelwerk, 
Hafslund,  Livet  (Abb.  118,  S.  530),  ohne  weitere  künstliche  Ablaufkanäle  frei  über 
den  natürlichen  Felsen  abstürzen  lassen  kann. 

Aus  Ersparnisrücksichten  hat  man  bei  der  Anlage  Geres  Ala  (Taf.  XI,  Fig.  1 
und  S.  370)  anstatt  kaskadenförmiger  Ablaufkanäle  bei  rd.  100,0  m  Fallhöhe  Ablauf- 
rohre aus  Zement  verlegt,  welche  sich  den  steilen  Abhängen  anschmiegen.  In  das 
Ablau  frohr  der  obersten  Druckkammer  sind  drei  Fallschächte,  in  das  der  zweiten  Druck- 
kammer vier  eingelegt,  in  denen  die  lebendige  Kraft  des  Wassers  vernichtet  werden  soll. 
Jeder  Fallschacht  ist  durch  eine  lotrechte  Scheidewand  in  zwei  Teile  geteilt.  Das 
Wasser  stürzt  aus  dem  oberen  Ablaufrohr  in  den  ersten  Teil  des  Fallschachtes,  muss 
unter  die  Scheidewand  hindurch  und  steigt  dann  in  dem  zweiten  Teil  des  Schachtes 
bis  zur  Ausmündung  des  unteren  Ablaufrohres  auf.  Indessen  die  Rohrlängen  von  einem 
Fallschacht  zum  andern  sind  so  gross,  dass  sich  in  ihnen  wegen  der  starken  Neigung 
Geschwindigkeiten  entwickeln,  denen  die  Betonrohre  nicht  gewachsen  sind.  Deshalb 
war  bei  der  Ceres  Ala- Anlage  nach  zwei  Jahren  der  Verschleiss  der  Rohre  schon 


§  2.  Die  WebkkahAle.  817 

so  gross,  dass  man  an  die  Verlegung  von  eisernen  Rohren  als  Ersatz  für  die  Zement- 
rohre denken  musste.  Wenn  man  für  Ablaufkanäle  mit  grösserem  Fall  Zementrohre 
verwenden  will,  so  wird  man  am  besten  lotrechte  Fallschächte  —  bei  denen  man  in 
der  Fallhöhe  bei  ausreichendem  Wasserpolster  sehr  weit  gehen  kann  —  mit  Rohrstrecken 
abwechseln  lassen,  welche  so  schwach  geneigt  sind,  dass  in  ihnen  Geschwindigkeiten  von 
höchstens  6  bis  7,0  m/sek.  entstehen  können. 

Bei  Verwendung  röhrenförmiger  Ablaufkanäle  muss  man  ihre  Wandungen 
so  stark  machen,  dass  sie  den  ganzen  statischen  Druck  zwischen  Ober-  und  Unter- 
wasser aushalten  können,  denn  man  wird  es  immerhin  als  möglich  anzunehmen  haben, 
dass  sich  durch  irgend  einen  Zufall  das  Rohr  verstopft  und  unter  den  Druck  des 
ganzen  Höhenunterschiedes  zwischen  Unter-  und  Oberwasser  gelangen  kann.  Schon 
aus  diesem  Gesichtspunkt  wurde  man  Ablaufrohre  aus  armiertem  Beton  für  Druckhöhen 
von  mehr  als  40,0  m  bei  dem  heutigen  Stande  der  Technik  und  den  bisher  vorliegenden 
Erfahrungen  wohl  kaum  wählen.  Da  nun  aber  auch  den  in  solchen  Rohren  auftretenden 
Geschwindigkeiten ,  wenn  sie  auf  längeren  Strecken  mit  1 :  10  und  mehr  geneigt  sind, 
nur  guter  Stahl  widerstehen  kann,  so  ist  die  Verwendung  dieses  Materials  für  derartige 
Ablaufrohre  das  gegebene. 

Bei  der  Anlage  La  Dernier-Vallorbe  (Taf.  XXXI,  Fig.  1  u.  6  u.  S.  464)  sind 
zwei  stählerne  Rohre  von  je  0,850  m  Durchmesser  als  Ablauikanäle  verlegt  worden.  Die 
grösste  Wassermenge  beträgt  20  cbm/sek.,  sodass  auf  jedes  Rohr  10  cbm/sek.  entfallen. 
Die  gesamte  Druckhöhe  zwischen  der  Druckkammer  und  der  Ausmündung  in  den  Fluss 
beträgt  237,0  m,  die  Länge  jedes  Rohres  etwa  722,0  m.  also  das  Gefalle  J  auf  1,0  m 
durchschnittlich  =  0,328  m.     Die   Geschwindigkeit   im  Rohre   ergibt  sich,    wenn  man 

R  =  -j  ==  0,213  und  c  zu  70  in  der  Formel  v  =  cVRJ  annimmt,   zu  rd.   18,7  m/sek., 

Q 
während  sich  bei  voller  Füllung  und  10  cbm/sek.  v  =  ^zufv  17,7  ergeben  würde.   Die 

Stärke  der  verwendeten  Stahlplatten  beträgt  9  mm.  Die  Rohre  sind  auf  Betonfun- 
damenten in  gusseisernen  Schalen  gelagert  und  an  allen  Knickpunkten  durch  mächtige 
Betonklötze  festgelegt.  Jedes  Rohr  kann  durch  eine  Schütze,  welche  sich  in  der  Druck- 
kammer befindet,  trocken  gelegt  werden.  An  dem  oberen  Ende  der  Rohre  sind  Steige- 
rohre aufgesetzt,  damit  jederzeit  die  Zuführung  von  Luft  gesichert  ist.  Ausser- 
dem sind  im  Verlauf  des  Rohres  an  zwei  Stellen  selbstwirkende  Luftventile  angeordnet, 
welche  durch  Federn  für  gewöhnlich  geschlossen  gehalten  werden,  sich  aber  öffnen,  so- 
bald durch  den  Wasserstrom  eine  grössere  Luftverdünnung  im  Rohre  eintritt.  Taf.  LIX, 
Fig.  18  zeigt  die  Einzelheiten  eines  solchen  Luftventils.  Da  die  Rohre  auf  grösseren 
Längen  offen  liegen,  sind  an  zwei  Stellen  Dilatationsvorrichtungen  angeordnet.  Die  Aus- 
mündung der  Rohre  in  den  Turbinenkanal  erfolgt  parallel  zur  Stromrichtung  der  Orbe 
(Taf.  XXXI,  Fig.  6)  und  über  dem  höchsten  Wasserspiegel.  Die  aus  den  Ablaufrohren 
austretenden  Strahlen  treffen  bei  N.W.  immer  noch  ein  Wasserpolster  von  1,50  m  Stärke, 
welches  bei  höheren  Wasserständen,  d.  h.  zu  Zeiten,  wenn  die  Ablaufkanäle  ihre  grösste 
Wassermenge  führen,  auf  3,20  m  ansteigen  kann.  Die  Sohle  des  an  der  Ausmündungs- 
stelle gebildeten  Beckens  besteht  aus  einer  0,70  m  starken  Betonlage,  und  diese  ist  durch 
einen  Bohlenbelag  auf  hölzernen  Querschwellen  gegen  Ausspülungen  geschützt. 

An  verschiedenen  Stellen  der  Rohre  sind  Mannlöcher  angeordnet,  damit  man  in 
der  Lage  ist,  das  Innere  zu  tevidieren  und  sich  von  dem  Grade  des  Verschleisses  und 
sonstigem  Zustande  der  Rohre  zu  überzeugen. 

Handbuch  der  Ing.-WiiMnsch.    III.  Teil.    13.  Bd.  52 


818         III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Für  ähnliche  Anlagen  ist  es  zu  empfehlen,  wie  bei  La  Dernier-Vallorbe,  die 
Wassermenge  auf  zwei  Bohre  zu  verteilen,  weil  man  dann  eines  auf  längere  Zeit  not- 
falls zur  Ausführung  von  Reparaturen  ausser  Betrieb  setzen  kann.  Ergibt  sich  z.  B. 
bei  der  Revision,  dass  die  Sohle  bereits  erheblich  ausgeschliffen  ist,  so  könnte  man  eine 
Drehung  des  betreffenden  Rohres  vornehmen,  anstatt  dasselbe  vollständig  auszuwechseln. 

Bei  der  Anlage  La  Dernier-Vallorbe  kommt  das  Wasser  aus  einem  2632,0  m 
langen  Tunnel  und  es  wird  infolgedessen  auch  bei  strengstem  Frost  eine  Temperatur 
von  2  bis  3°  über  Null  haben.  Wie  weit  die  Ablaufleitungen  bedeckt  und  wie  weit  sie 
offen  sind  kann  man  ungefähr  aus  Taf.  XXXI,  Fig.  1  erkennen.  Nach  den  Mitteilungen 
der  Verwaltung  haben  sich  wie  zu  erwarten  bis  jetzt  niemals,  auch  nicht  im  Winter 
1906/1907,  trotzdem  die  Temperatur  auf  —  18°  C.  sank,  störende  Eisbildungen  in  den 
Ablaufrohren  gezeigt. 

Wenn  viel  Wasser  überfliesst,  ist  die  Wassergeschwindigkeit  in  solchen  geschlossenen 
Rohrleitungen  so  gross,  dass  eine  Eisbildung  unmöglich  wird,  wenn  dagegen  nur  wenig 
Wasser  überfliesst,  kann  die  Unterkühlung  an  den  Rohrwandungen  für  die  Bildung  einer 
festen  Eisschicht,  welche  schliesslich  zu  einem  festen  Eispfropfen  anwachsen  kann,  gross 
genug  sein.  Es  wird  deshalb  die  bedeckte  Verlegung  stählerner  Ablaufrohre  den  Vor- 
zug verdienen,  wo  starke  Fröste  zu  erwarten  sind. 

Erinnert  sei  an  dieser  Stelle  daran,  dass  Intze  die  zwei  5,0  m  im  Lichten 
weiten  Abfallschächte  an  den  Überläufen  der  Queistalsperre  bei  Marklissa  (S.  601  u. 
Taf.  L,  Fig.  7),  durch  welche  bei  40,0  m  Fallhöhe  je  390  cbm/sek.  hindurchstürzen  können, 
mit  einer  Stahlpanzerung  versehen  hat,  da  sich  rechnungsmässig  eine  Geschwindigkeit 
de*  Wassers  in  den  Schächten  von  ~  20  m/sek.  ergab. 

Für  die  Berechnung  der  Ablaufkanäle  gelten  die  im  Abschnitt  b  gegebenen 
Formeln.  Sofern  die  Abläufe  wiederum  kaskadenförmig  mit  Überläufen  angelegt  werden 
sollen,  kommen  die  in  diesem  Abschnitt  mitgeteilten  Formeln  53  bis  56  zur  Anwendung. 

e)  Die  Ablagerungsbecken.  Wenn  man  auch  bei  richtiger  Anordnung  des 
Wehres,  des  Einlaufe  und  des  Regulierungswerkes  das  gröbere  Geschiebe  vom  Werkkanal 
abhalten  und  bei  genügender  Stauhöhe  am  Wehre  einen  grossen  Teil  der  Sinkstoffe  vor 
dem  Wehre  zur  Ablagerung  bringen  kann,  so  treten  doch  die  feineren  Sipkstoffe  mit  in 
den  Werkkanal  hinein,  weil  sie  bei  den  Geschwindigkeiten,  welche  sich  in  den  für 
Wasserkraftanlagen  geeigneten  Flusstrecken  mit  Gefällen  von  1 :  1500  und  mehr  ent- 
wickeln, in  allen  Wasserschichten  treiben. 

Ausscheiden  können  für  die  Betrachtungen  dieses  Abschnittes  alle  diejenigen 
Fälle,  wo  das  Triebwasser  direkt  aus  einem  natürlichen  See  oder  "aus  einem  grosseren 
künstlichen  Staubecken  entnommen  wird,  also  z.  B.  Fälle  wie  bei  den  Anlagen  La  Goule, 
La  Dernier-Vallorbe,  Lac  Tanay,  Sault  St.  Marie,  Urft-Talsperre  und 
die  Queis-Talsperre-Marklissa,  denn  hier  liegen  grosse  Ablagerungsbecken  vor 
dem  Einlauf,  während  nachstehend  nur  von  solchen  Ablagerungsbecken  die  Rede  sein 
soll,  welche  abwärts  des  Eütlaufs  anzulegen  sind. 

Durch  den  Sand  und  Schlick  leiden  die  Turbinen  und  Druckrohre. 

Der  Ver8chlei88  zeigt  sich  besonders  an  den  Organen  der  Turbinenreguliemng, 
den  Leitschaufeln,  den  Spaltschiebern,  den  äusseren  oder  inneren  Ringschiebern  etc.,  aber 
auch  an  den  Laufrädern  und  Turbinengehäusen.  Dieser  Verschleiss  ist  um  so  grösser, 
je  stärker  der  Prozentsatz  des  mitgeführten  Sandes  und  Schlickes  und  je  grösser  die 
Geschwindigkeit  ist,  mit  welcher  das  Wasser  die  Turbinen  durchströmt. 

Bei  der  Anlage  Pont  St  Martin  z.  B.,  wo  der  Wasserdruck  11,0  bis  14,0  m 


§  2.  Die  WerkkanIlb.  819 

beträgt  and  die  1000  pferdigen  Francis-Schacht-Turbinen  187  Umi/Min.  machen,  war  es 
nötig,  im  Sommer,  da  die  Dora  Baltea  auch  schon  bei  mittleren  Wasserständen  Sand 
und  Schlick  in  grossen  Mengen  mit  sich  führt,  wegen  der  ungenügenden  Anlagen  zur 
Abscheidung  des  Sandes  und  des  Schlicks  die  Leitschaufelkränze  alle  3  bis  4  Wochen 
herauszunehmen  und  ganz  oder  zum  Teil  zu  erneuern. 

In  der  bereits  erwähnten  Anlage  der  Usine  Prämont*8),  wo  12  Turbinen  von 
160  PS«  und  4  Turbinen  von  480  PSe  unter  einem  Druck  von  75,0  m  arbeiten,  müssen 
die  Leiträder  alle  18  bis  20  Tage  erneuert  werden,  und  die  Laufräder  halten  nicht 
länger  als  eine  Saison. 

Die  Verwaltung  der  Usine  de  Prämont  berechnet  die  reinen  Reparaturkosten 
durch  Verschleiss  der  Turbinen  auf  1,56  Frs.  =  1,25  Mk.  pro  Jahr  und  PS«  für  die 
kleinen  Einheiten  und  auf  0,50  bis  0,60  Frs.  =  0,40  bis  0,4&  Mk.  für  die  grossen  Ein- 
heiten. Für  den  Mehrverschleiss  der  übrigen  Turbinenteile,  der  Druckrohre  etc.  infolge 
des  unreinen  Wassers  wird  man  aber  wohl  noch  einen  Zuschlag  von  10  bis  20°/*  zu 
den  obigen  Kosten  hinzuzurechnen  haben. 

Sobald  der  Verschleiss  beginnt,  nimmt  auch  der  Nutzeffekt  der  Turbine  ab,  und 
es  kommen  zu  den  Kosten  der  häufigen  Reparaturen  noch  die  Verluste  an  Kraft  hinzu. 
Um  die  Reparaturkosten  in  solchen  Fällen  einzuschränken,  werden  die  Leit-  und  Lauf- 
räder so  eingerichtet,  dass  man  die  dem  Verschleiss  am  meisten  ausgesetzten  Teile  leicht 
herausnehmen  und  ersetzen  kann. 

Die  Verluste  an  Kraft,  welche  durch  die  Verschlechterung  des  Nutzeffektes  um 
10  bis  50%  infolge  des  Verschleisses  der  Turbinen  entstehen  können,  fallen  um  so 
stärker  ins  Gewicht,  je  höher  der  Preis  ist,  zu  dem  man  eine  PSe-Stunde  verwerten 
kann  und  je  dringlicher  der  Kraftbedarf  gerade  in  der  Zeit  ist,  wo  die  grössten  Bei- 
mengungen von  Sand  im  Betriebswasser  vorkommen. 

Hat  man,  wie  z.  B.  in  Pont  St.  Martin,  drei  1000  PSe-Turbinen  im  ständigen 
Betriebe,  und  arbeiten  diese  infolge  des  Verschleisses  der  Leitschaufeln  und  Laufräder 
an  100  Tagen  toit  um  durchschnittlich  15%  verschlechtertem  Nutzeffekt,  so  macht  das 
bei  12stündigem  Betriebe  und  voller  Belastung  1000 . 3  .  15 .  12  =  540000  PS,-Stunden 
jährlich  aus,  und  wenn  man  den  Wert  der  PS*-Stunde  nur  mit  2,5  Pfennigen  anrechnet, 
so  stellt  der  Verlust  an  Kraft  immerhin  schon  einen  Wert  von  13500  Mk.  pro  Jahr  dar. 

Bei  sehr  verunreinigtem  Wasser  müssen  auch  die  Reserven,  welche  in  dem  Kraft- 
hause aufzustellen  sind,  grösser  sein,  weil  eben  häufigere  Reparaturen  vorkommen,  und 
trotzdem  wird  durch  den  schnellen  Verschleiss  der  Turbinen  die  Betriebssicherheit  der 
Gesamtanlage  beeinträchtigt. 

In  der  Regel  wird  die  Sättigung  des  Wassers  mit  Sand  und  Schlick  bei  N.W. 
klein,  bei  H.W.  gross  sein  (S.  130).  Sie  kann  im  oberen  Laufe  von  Gebirgsflüssen 
bei  H.W.  nach  Sturzregen  4—5%  des  Rauminhaltes  der  sekl.  Wassermenge  betragen, 
wird  nicht  selten  bei  H.W.  1%  und  auch  bei  mittleren  Wasserständen  noch  1 — 2°/oo 
ausmachen.  Rechnet  man  mit  einer  Sättigung  des  Wassers  durch  Sand  und  Schlick 
von  1  %  des  Raumgehaltes  und  nimmt  im  Werkkanal  eine  Wasserführung  von  40  cbm/sek. 
an,  welche  z.  B.  derjenigen  der  Anlage  St.  Maurice-Lausanne  entspricht,  so  würde  also 
jedes  cbm/sek.  Wasser  10  1/sek.  Sand  und  Schlick  mit  in  den  Kanal  hineinführen,  sodass 
bei  40  cbm/sek.  400  1  Sinkstoffe  pro  Sekunde  und  1440  cbm  in  der  Stunde  in  dem 
Ablagerungsbecken  zur  Ausscheidung  gebracht  werden  müssten.     Bei  nur  l%o   der 


'8)  A.  Bo ucherf  Usine  de  Premont  ä  Saint-Michel  de  Maurienne.    Compte  rendu  du  Congres 
de  Ja  Houille  Blanche  1892.  II.  VoL  8.  825. 

52* 


820  HL    Theodor  Koehn.    Ausbau  vom  Wasserkräften.    Einzelhettek. 

Sättigung  würden  in  der  Stunde  144  cbtn  und  in  12  Stunden  1728  cbm  zur  Ablagerung 
kommen  müssen. 

Die  meisten  Ablagerungsbecken,  welche  bei  neueren  Wasserkraftanlagen  zur  Aus- 
führung gebracht  sind,  erfüllen  ihre  Aufgabe  nur  unvollkommen,  weil  sie  zu  klein  sind 
und  weil  auch  im  übrigen  ihre  Anordnungen  dem  Zwecke  nicht  entsprechen. 

Bei  der  Anlage  Pont  St  Martin  z.  B.  hat  das  Becken  vor  dem  Krafthause  nur 
einen  Inhalt  von  rd.  2400  cbm,  betragt  also  bei  30  cbm/sek.  normaler  Wasserführung 

im  Werkkanal  nur  das  80fache  dieser  Wassermenge.    Der  grösste  Querschnitt  vor  den 

Q 
Turbinenkammern    ist  104,56  qm,    sodass   die    Wassergeschwindigkeit   daselbst  v  =  jj 

noch  rd.  0,86  m/sek.  beträgt,  eine  Geschwindigkeit,  welche  zu  gross  erscheint.  Den- 
noch findet  eine  starke  Ablagerung  in  dem  Becken  statt  (Taf.  XIV,  Fig.  3).  Aber  die 
Neigung  der  Sohle  ist  zu  klein  und  die  Grundablisse  liegen  nicht  an  der  richtigen 
Stelle,  sodass  die  Spülwirkung  unzureichend  ist  (S.  382).  Infolgedessen  muss  von  Zeit 
zu  Zeit  der  Sand  aus  dem  Becken  während  der  Betriebspausen  von  Hand  herausge- 
nommen werden,  wodurch  die  Betriebskosten  in  unliebsamer  Weise  erhöht  werden. 

Bei  mehreren  Wasserkraftanlagen  hat  man  sich  damit  begnügt,  an  einer  oder 
mehreren  Stellen  die  Sohle  des  Werkkanals  zu  vertiefen  und  sogenannte  Kiessacke  zu  bilden. 
So  wurden  z.  B.  bei  der  Anlage  Morbegno  zwei  solche  Kiessäcke  angelegt.  Der  Kanal 
führt  26  cbm/sek.  und  hat  bei  4,0  m  Breite  und  2,6  m  Wassertiefe  einen  trapezförmigen 
Querschnitt  von  ungefähr  10  qm,  sodass  die  Wassergeschwindigkeit  2,5  m/sek.  betrügt. 
Der  erste  Kiessack  liegt  900,0  m  unterhalb  des  Einlaufbeckens  längs  eines  Überlaufs. 
Seine  Sohle  ist  auf  100,0  m  Länge  um  2°/o  gegen  das  normale  SohlengefiLlle  geneigt,  so- 
dass um  unteren  Ende  des  Kiessackes  ein  Absatz  von  2,0  m  entstand.  An  dieser  Stelle 
wird  demnach  der  Querschnitt  auf  rd.  18  qm  vergrössert  und  die  Geschwindigkeit  würde 
noch  *8.  1,33  m/sek.  betragen.  Bei  dieser  Geschwindigkeit  findet  aber  eine  genügende 
Ablagerung  von  feinem  Sand  und  Schlick  nicht  statt.  Gröberes  Geschiebe,  welches  in 
den  Kanal  hineingelangt  sein  sollte,  wird  sich  dagegen  allerdings  in  dem  Kiessack  fangen. 
Die  Neigung  der  Sohle  um  2%  ist  unzureichend,  weil  sie  die  Spülwirkung  der  Grund- 
ablässe nur  unwesentlich  erhöht  Einschliesslich  des  normalen  Kanalprofils  über  dem 
Kiessack  würde  das  Ablagerungsbecken,  wenn  dieser  Name  für  die  getroffene  Einrichtung 
überhaupt  gebraucht  werden  darf,  einen  Rauminhalt  von  1400  cbm  oder  nur  das  56  fache 
der  sekl.  Wassermenge  des  Werkkanals  haben. 

Bei  der  Anlage  St.  Maurice-Lausanne  (S.  465)  sind  2  Ablagerungsbecken  angelegt, 
das  eine  am  Ende  des  offenen  Vorkanals  und  das  zweite  vor  den  Druckkammern.  Jedes 
dieser  Becken  hat  einen  Rauminhalt  von  rd.  14000  cbm.  Die  normale  Wasserführung 
des  Werkkanals  soll  nach  vollendetem  Ausbau  40  cbm/sek.  betragen.  Sie  kann  aller- 
dings in  dem  offenen  Vorkanal,  da  -derselbe  dem  Hochwasser  zugänglich  ist,  auf  mehr 
ah  das  Doppelte  steigen.  Wenn  man  aber  nur  40  cbm/sek.  zur  Grundlage  nimmt,  so 
würde  der  Bauminhalt  der  beiden  Becken  mit  zusammen  rd.  28000  cbm  Inhalt  das 
700  fache  der  sekl.  Wassermenge  des  Werkkanals  betragen.  Dennoch  hatten  sich  die 
beiden  Becken  bereits  1904  als  unzureichend  herausgestellt,  trotzdem  damals  noch  bei 
weitem  nicht  die  volle  Betriebswassermenge  durch  den  Kanal  floss.  Die  Ursache  hier- 
von lag  in  diesem  Falle  nicht  an  der  Grösse  der  Becken,  sondern  an  der  ungenügenden 
Sohlenneigung  und  den  sonstigen  nicht  zweckentsprechenden  Anordnungen.  Es  fand  in 
beiden  Becken  eine  sehr  starke  Ablagerung  statt,  aber  der  abgelagerte  Sand  konnte 
durch  die  Spülwirkung  der  Grundablisse  nicht  entfernt  werden.  Es  hatten  deshalb  bei 
gefülltem  Ablagerungsraum  die  über  die  Ablagerungsschicht  hinwegstreichenden  Wasser- 


§  2.  Die  Werkkanäle.  821 

mengen  reichliche  Gelegenheit,  Sand  aufzunehmen.     Die  Reinigung   der  Becken  musste 
auch  hier  von  Zeit  zu  Zeit  von  Hand  geschehen. 

Wenn  man  wie  bei  dem  Prahowawehr  der  Wasserkraftanlage  Sinaia  in  Rumä- 
nien29) (Taf.  LI,  Fig.  5  und  6  und  LIII,  Fig.  7)  einen  etwa  nur  3,30  m  breiten  sogenannten 
Kiesfang  hinter  den  Einlaufschützen  anlegt,  so  wird  dieser  kleine  Sack  zwar  alles 
gröbere  Geschiebe,  welches  am  Boden  rollt,  auffangen,  solange  bis  der  kleine  Raum 
des  Kiessackes  gefüllt  ist,  und  wenn  die  Schützen  des  zweiten  Regulierungswerkes  ge- 
schlossen sind,  kann  durch  Ziehen  der  Schützen  der  Kiesschleuse  ein  sehr  starker  Spül- 
strom erzielt  werden,  der  den  Kiesfang  selbstwirkend  reinigen  wird.  Aber  für  die 
Ausscheidung  von  Sinkstoffen  ist  ein  derartiger  Kiesfang  so  gut  wie 
unwirksam. 

Bei  der  Anlage  Rheinfei  den  hat  man  quer  über  den  WArkkanal  eine  Kies- 
rinne von  2,50  m  Breite  und  1,0  bis  1,25  m  Tiefe  angelegt,  welche  sich  gleichfalls  wegen 
ihrer  winzigen  Abmessungen  als  unwirksam  herausgestellt  hat 

Es  soll  deshalb  an  dieser  Stelle  versucht  werden,  Leitsätze  für  die  Ausbildung 
wirksamer  Ablagerungsbecken  aufzustellen.  Nach  den  Angaben  (S.  132)  bezeichnet  Du 
Buat  eine  Geschwindigkeit  von  0,081  m/sek.  als  diejenige,  bei  welcher  brauner  Töpfer- 
lehm, eine  Geschwindigkeit  von  0,162  m/sek.  als  diejenige,  bei  welcher  feiner  aus  solchem 
Lehm  ausgeschiedener  Sand  und  eine  .Geschwindigkeit  von  0,216  als  diejenige,  bei  welcher 
grober  Sand  noch  bewegt  wird.  Die  Abscheidung  aller  lehmigen  im  Wasser  in  feinste 
Teilchen  aufgelösten  Stoffe  ist  nur  in  Ablagerungsbecken  erzielbar,  in  welchen  das  Wasser 
völlig  zur  Ruhe  kommt  und  stundenlang  bleiben  kann.  Diese  Stoffe  sind  zwar  auch 
unerwünscht,  aber  den  Turbinen  etc.  nicht  in  dem  Masse  schädlich  wie  Sand.  Letzterer 
muss  möglichst  vollkommen  aus  dem  Betriebswasser  ausgeschieden  werden.  Diese  Aus- 
scheidung lässt  sich  nur  erreichen,  wenn  man  die  Geschwindigkeit  im  Ablagerungsbecken 
etwa  auf  das  Mass  von  0,16  m  verringert.  Nimmt  man  0,166  m/sek.  als  Grundlage, 
so  legt  das  Wasser  im  Ablagerungsbecken  in  6  Sekunden  1,0  m  und  in  einer  Minute 
10,0  m  zurück.  Der  mittlere  Querschnitt  des  Ablagerungsbeckens  müsste  daher  6 .  Q  qm 
gross  sein,  wenn  Q  in  cbm  die  sekundliche  Wassermenge  ist,  für  welche,  der  Werk- 
kanal gebaut  werden  soll. 

Wenn  man  mit  Sinkstoffen  ganz  oder  zum  Teil  gesättigtes  Wasser  in  ein  Profil 
mit  erheblich  erweitertem  Querschnitt  überführt,  so  geht  die  Ausscheidung  der  Sinkstoffe 
nicht  plötzlich  vor  sich,  sondern  die  schwereren  Stoffe  sinken  zunächst  in  die  unteren 
Schichten,  bewegen  sich  aber  noch  vorwärts.  Erst  nach  einiger  Zeit  kommen  die 
schwereren  Sinkstoffe  zur  Ausscheidung  und  Ablagerung.  Während  die  Trübung  des 
Wassers  durch  die  feineren  lehmigen  und  tonigen  Teile  oft  erst  nach  stundenlangem 
Stehen  des  Wassers  zum  grössten  Teil  verschwindet,  wird  die  Ausscheidung  des  schwereren 
Sandes  bei  einer  Geschwindigkeit  von  0,166  m/sek.  nach  5  bis  6  Minuten,  d.  h.  auf 
einem  Wege  von  etwa  50,0  bis  60,0  m  erfolgt  sein  und.  jedenfalls  wird  sich  in  dieser 
Zeit  der  Sand  aus  dem  oberen  Teile  des  Querschnitts  bis  etwa  zur  halben  Tiefe  ziemlich 
vollkommen  ausgeschieden  haben.  Nimmt  man  6  Minuten  als  Grundlage,  so  würde  sich 
eine  Länge  des  Ablagerungsbeckens  von  60,0  m  ergeben  und  damit  ein  Inhalt  von 
6.60.Q=±=360.Q  cbm. 

Wenn  die  beabsichtigte  Geschwindigkeit  von  0,166  erhalten  bleiben  soll,  auch 
wenn  der  Ablagerungsraum  mit  Sand  gefüllt  ist,  so  muss  zu  dem  oben  berechneten 
Inhalt  des  Ablagerungsbeckens  noch   der  Ablagerungsraum   hinzukommen.     Man  wird 


*»)  Erbaut  von  der  E.-A.-G.  vorm.  W.  Lahmeyer  <fc  Co.,  Frankfurt  a.  M. 


822         III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

in  der  Regel  den  Werkkanal  nicht  grösser  machen  als  er  für  die  grösste  Betriebs- 
wassermenge, welche  man  in  den  Turbinen  verwenden  will,  nötig  ist.  Infolgedessen  wird 
anch  bei  hohen  Wasserständen  der  Kanal  der  Regel  nach  nur  die  für  den  Betrieb  not- 
wendige Wassermenge  und  einen  kleinen  Überschuss,  welcher  über  die  Überläufe  stürzt, 
führen.  Man  kann  also  eine  stärkere  Spülung  des  Ablagerungsbeckens  nur  in  den 
schwach  belasteten  Stunden  oder  während  der  Betriebspausen  vornehmen.  Der  Regel 
nach  hat  man  während  12  Stunden  einen  starken  und  während  weiterer  12  Stunden 
einen  schwächer  belasteten  Betrieb.  Infolgedessen  wird  im  Durchschnitt  die  Regel  gelten, 
dass  der  Ablagerungsraum  in  dem  Becken,  als  welcher  derjenige  Raum  bezeichnet  werden 
soll,  welcher  unter  der  im  normalen  Gefälle  fortgesetzt  gedachten  Kanalsohle  liegt, 
mindestens  für  12  Stunden  gross  genug  sein  muss.  Rechnet  man  mit  einer  Beimengung 
an  Sinkstoffen  zum  Wasser  von  l°/oo  des  Rauminhaltes,  so  würde  jeder  cbm/sek.  1  Liter 
führen,  und  es  würden  in  12  Stunden  im  Ablagerungsraum  Q .  0,001 .  43200  =  43,2 .  Q 
zur  Ablagerung  kommen  müssen.  Hiernach  ergäbe  sich  als  wünschenswerter  Rauminhalt 
eines  Ablagerungsbeckens  [360  +  43>2]  .Q,  oder  abgerundet  —  400  .  Q  cbm.  Es  sei 
deshalb  als  Leitsatz  1  aufgestellt: 

1.  Ein  wirksames  Ablagerungsbecken  sollte  ungefähr  einen 
Rauminhalt  von  dem  400 fachen  derjenigen  sekl.  Wassermenge  haben, 
für  welche  der  Werkkanal  gebaut  werden  soll,  und  der  Querschnitt 
sollte  möglichst  ^6.Q  qm  sein. 
In  einem  guten  Ablagerungsbecken  muss  der  abgelagerte  Sand  mit  einem  mög- 
lichst kleinen  Aufwand  von  Spülwasser  aus  dem  Becken  entfernt  werden  können.  Das 
Wasserspiegelgefälle  wird  sich  in  dem  Ablagerungsbecken  infolge  des  vergrösserten  Quer- 
schnitts verringern  und  damit  auch  die  Schleppkraft  des  Wassers.  Da  es  aber  wünschens- 
wert ist,  dass  die  abgelagerten  Sinkstoffe  schon  während  des  12  stündigen  Tagesbetriebes 
möglichst  dicht  an  die  Spülschützen  herangeführt  werden,  wird  man  die  Wassertiefe 
nach  dem  Spülschütz  zu  vergrössern  müssen,  um  den  infolge  des  geringen  Wasserspiegel- 
gefälles verursachten  Verlust  an  Schleppkraft  tunlichst  wieder  auszugleichen.  Man  wird  also 
der  Sohle  des  Ablagerungsbeckens  eine  möglichst  starke  Neigung  nach  den  Spülschützen 
hin  geben  und  sie  möglichst  glatt  machen.  Könnte  man  die  Neigung  so  stark  machen, 
dass  sie  dem  natürlichen  Böschungswinkel  der  Sinkstoffe  unter  Wasser  entspräche,  also 
etwa  einer  Neigung  von  1 : 3  bis  1  :  4,  so  würde  bei  geöffneten  Schützen  mit  ganz  wenig 
Spülwasser  eine  vollkommene  Reinigung  des  Beckens  erzielt  werden  können.  Derartig 
starke  Neigungen  der  Sohle  wird  man  allenfalls  im  Querschnitt,  aber  in  dem  Längs- 
schnitt in  der  Regel  nicht  erzielen  können,  da  die  Kosten  zu  gross  würden,  und  auch 
sehr  oft  die  Höhendifferenz  zwischen  Beckensohle  und  dem  Flusse  hierfür  nicht  aus- 
reicht. Je  mehr  man  sich  aber  diesen  wünschenswerten  Grenzwerten  mit  der  Sohlen- 
neigung nähern  kann,  um  so  weniger  Spülwasser  wird  man  gebrauchen.  Bei  einer 
Beckenlänge  von  60,0  m  würde  eine  Längsneigung  von  1 :  20  eine  Vertiefung  der  Sohle  am 
unteren  Ende  um  3,0  m  nötig  machen.  Es  wird  daher  oft  zweckmässig  sein,  das  Becken 
in  zwei  Teile  zu  zerlegen  und  jeden  dieser  Teile  mit  besonderer  Neigung  und  besonderen 
Spülschützen  zu  versehen.  In  Abb.  250  ist  ein  Schema  eines  Ablagerungsbeckens  darge- 
stellt. Man  wird  zweckmässig  das  durchschnittliche  Gefälle  1  :  20  so  verteilen,  dass  man 
der  Sohle  im  Anfang  ein  schwächeres  Gefälle  etwa  1 :  30  gibt  und  es  allmählich  in  1 :  10 
überführt.  Bei  einer  Neigung  der  Sohle  von  1 :  10  bei  Berechnung  des  Sohlenwiderstandes 
(nach  Formel  46,  S.  788)  fallt  dieselbe  schon  nennenswert  ins  Gewicht  und  zwar  um  so 
mehr,  je  glätter  die  Sohlenfläche  gemacht,  je  kleiner  also  der  Reibungswinkel  a  wird.  Um 
die  Spülwirkung  der  Spülschützen  zu  erhöhen,  ist  es  zweckmässig,  dieselben  im  Zuge  der 


§  2.  Die  WkbxeanAle.  823 

tiefsten  Rinne  im  Ablagerungsbecken  anzulegen  and  zwar  am  untersten  Ende  und  an 
der  tiefsten  Stelle  dieser  Rinne.  Damit  sich  bei  gefülltem  Ablagerungsraum  und  ge- 
schlossenen Schätzen  möglichst  leicht  ein  Spültrichter  in  der  Ablagerung  bildet,  wird 
man  zweckmässigerweise  die  Öffnung,  welche  die  Spülschütze  verschliesst ,  nach  aussen 
konisch  erweitern. 

Als  zweiter  Leiteatz  kann  demnach  gelten: 

2.  Der  Sohle  des  Ablagerungsbeckens  ist  eine  möglichst  starke 
Neigung  nach  dem  unteren  Ende  zu  geben,  wobei  für  die  Längsnei- 
gung durchschnittlich  1:20  und  für  die  Querneigungen  1:4  bis  1:7 
anzustreben  sind.  Die  Spülschätzen  müssen  möglichst  im  Zuge 
der  tiefsten  Rinne  im  Becken  liegen  und  am  unteren  Ende  der- 
selben. Alle  Flachen  der  Sohle  sind  möglichst  glatt  zu  machen. 
Bei  Ausbildung  der  Spülschätzen  ist  zu  beachten,  dass  sio  nnter 
Umständen  ganz  mit  Sinkstoffen  bedeckt  serb  können.  Es  ist 
deshalb  zweckmässig,  der  Spülöffnung  eine  nach  aussen  konisch 
erweiterte  Form  zu  geben. 


Wie  oben  bereits  erwähnt,  scheiden  sich  in  dem  Becken  die  Sinkstoffe  zunächst 
aus  den  oberen  Schichten  aus.  Es  ist  deshalb  wünschenswert ,  das  Triebwasser  so  aus 
dem  Ablagerungsbecken  zu  fähren,  dass  die  Wasserfaden  gezwungen  sind  aufzusteigen 
und  dass  nur  das  Wasser  aus  der  oberen  Hälfte  des  Wasserquerschnitts  entnommen  wird. 
Hieraus  folgt,  dass  man  die  Führung  des  Wassers  aus  dem  Becken  in  den  Werkkanal 
in  Form  eines  Überlaufes  anzulegen  hat.  Um  hierbei  grössere  Gefällverluste  zu  ver- 
meiden   und   das  Wasser  ruhig   überfliessen   zu   lassen,    wird   man   die  Geschwindigkeit 

nicht  über  1,0  m  steigern,  womit  ein  Gefällverlust  von  etwa  6  cm  (h  =  „— )  verbunden 

Bein  wärde.  Je  kleiner  man  die  Geschwindigkeit  des  übertretenden  Wassers  machen 
kann,  um  so  ruhiger  erfolgt  der  Ausfluas  und  um  so  weniger  Sinkstoffe  werden  mit  in 
den  Werkkanal  geführt  werden.  Die  Tiefe  des  überfallenden  Wasserstrahls  wird  man 
nicht  grösser  als  t/i  wählen,  wenn  t  die  Wassertiefe  im  Werkkanal  beim  Eintritt  in 
das  Becken  bedeutet.  Hiemach  würde  dann  die  lichte  Weite  b  des  Überlaufrahmens 
nach  der  Formel  (9  a)  für  die  unvollkommenen  Überfälle  (S.  623)  zu  berechnen  sein.  Die 
Geschwindigkeit  in  dem  Kanal  k  jenseits  des  Überlanfs  aus  dem  Becken  (Abb.  250)  kann 
gleich  derjenigen  auf  der  normalen  Werkkanalstrecke  oberhalb  oder  unterhalb  des 
Ablagerungsbeckens  gewählt  werden.  Ist  diese  Geschwindigkeit  kleiner  als  I,50m/sok., 
sodass  unter  Umständen  sich  aber  dem  Becken  A  und  dem  Kanal  k  längs  des  Beckens 
eine  zusammenhängende  Eisdecke  bilden  kann,  so  wird  man  diesen  Umstand  bei  Be- 
stimmung der  Tiefe  des  überfallenden  Strahles  zu  berücksichtigen  haben,  indem  man 
bei  der  Berechnung  der  lichten  Weite  b  des  Überfallrahmens  eine  Höhe  =  der  stärksten 
Eisdecke  (etwa  0,25  m)  in  Abzug  bringt. 

Der  dritte  Leitsatz  könnte  daher  lauten: 


824         III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheitex. 

3.  Der  Ausfluss  des  Wassers  aus  dem  Ablagerangsbecken  erfolgt 
am  besten  seitlich  über  einen  Überlauf,  bei  dem  die  Höhe  des 
überfallenden  Wasserstrahls  kleiner  als  die  halbe  Wassertiefe 
im  Werkkanal  bei  der  Einmündung  in  das  Becken  sein  sollte. 

Zu  3  wäre  noch  zu  bemerken,  dass  man  zweckmässig  in  die  Krone  des  Überlaufs 
vertikale  1-Eisen  einlegt,  um  die  Höhe  des  überfallenden  Wasserstrahls  je  nach  der  Ver- 
unreinigung des  Wassers  und  je  nach  dem  Wasserbedarf  in  dem  Krafthause  durch  ein- 
faches Vorsetzen  von  Bohlen  verändern  zu  können.  Da  die  Reinigung  des  Wassers 
nach  dem  unteren  Ende  des  Ablagerungsbeckens  zunimmt,  so  wird  man  auch  den  Über- 
lauf zum  Werkkanal  an  das  untere  Ende  legen,  und  man  wird,  wenn  die  Gesamtlänge 
des  Beckens  zur  Erreichung  der  erforderlichen  starken  Sohlenneigung  in  zwei  Teile  ge- 
teilt ist,  den  Überlauf  nur  am  unteren  Teile  des  Beckens  anlegen,  beziehungsweise  die 
erforderliche  Überfallweite  b  vom  unteren  Ende  des  Beckens  an  abmessen.  Unterhalb 
des  Beckens  wird  es  zweckmässig,  wenn  auch  nicht  durchaus  nötig  sein,  ein  Regulierungs- 
werk  anzulegen,  um  durch  dasselbe  auch  die  aus  dem  Becken  austretende  sekl.  Wasser- 
menge Q  und  damit  die  Geschwindigkeit  im  Becken  selbst  regeln  zu  können. 

Da  man  das  Wasser  der  Spülschützen  in  einem  Ablaufkanal  dem  Flusse  zufuhren 
muss,  so  wird  man  zweckmässigerweise  auch  den  für  die  selbstwirkende  Regulierung  der 
Wasserführung  im  Werkkanal  erforderlichen  Überlauf  am  Becken  selbst  anlegen. 

Zur  Ersparnis  von  Betriebskosten  ist  es  erwünscht,  die  Bedienung  der  Spülschützen 
im  Ablagerungsbecken  dem  Wärterpersonal  am  Wehre  mit  übertragen  zu  können.  Ist  die 
Anlegung  des  Ablagerungsbeckens  nicht  in  einer  Entfernung  bis  höchstens  1000,0  m  vom 
Wehre  möglich,  so  dürfte  es  im  allgemeinen  am  besten  sein,  dasselbe  an  die  Druck- 
oder Turbinenkammern  zu  verlegen,  damit  es  von  dem  für  die  Bedienung  der  Druck- 
kammer- oder  Turbinenkammerschützen  erforderlichen  Personal  mit  bedient  werden  kann. 
Die  Lage  des  Ablagerungsbeckens  vor  der  Druckkammer  oder  vor  der  Turbinenkammer 
hat  noch  den  weiteren  Vorteil,  dass  der  Stauinhalt  des  Beckens  für  den  Betrieb  am 
vorteilhaftesten  ausgenützt  werden  kann,  wie  im  Kap.  HI,  §  1,  C.  Stauweiher  S.  747 
näher  begründet  worden  ist. 

Da  es  zur  Verhütung  von  Versandungen  wünschenswert  ist,  die  Sohle  der  Spül- 
schützen des  Ablagerungsbeckens  etwas  über  die  Flussohle  zu  legen,  so  wird  sich  mit 
Rücksicht  auf  die  erstrebenswerte  Längsneigung  der  Beckensohle  ein  wirksames  Ab- 
lagerungsbecken unmittelbar  am  Wehre  oder  in  der  Nähe  desselben  in  der  Regel  nur 
erzielen  lassen,  wenn  die  Tiefe  des  gestauten  Wassers  am  Wehre  mindestens  3,0  m  be- 
trägt, es  sei  denn,  dass  die  Flussohle  abwärts  des  Wehres  seht  stark  abfällt.  Es  kann 
dieser  Gesichtspunkt  mit  massgebend  sein  für  die  Bestimmung  der  Stauhöhe  am  Wehr, 
wenn  man  in  dieser  Beziehung  freie  Hand  hat.  Auch  ist  zu  beachten,  dass  die  Ge- 
schwindigkeit des  ankommenden  Wassers  um  so  kleiner  wird,  je  höher  der  Stau  am 
Wehre  ist,  und  also  auch  die  Stauweite  um  so  länger  ausfällt  und  infolgedessen  um 
so  wirksamer  bereits  im  Flusse  selbst  eine  Ausscheidung  von  Sinkstoffen  aus  dem 
Wasser  erfolgt. 

Dass  diese  Leitsätze  unschwer  ausführbar  sind,  lässt  sich  durch  ihre  Anwendung 

auf  einige  praktische'  Beispiele  erkennen. 

Beispielsweise  hätte  bei  der  Anlage  St  Maurice-Lausanne  nach  Leitsatz  1  das  Becken 
40.400=16000  cbm  Rauminhalt  haben  müssen.  Das  tatsachlich  vor  den  Druckkammern  angelegte 
Decken  hat,  wie  erwähnt,  einen  Rauminhalt  von  ungefähr  14000  cbm.  Es  wäre  also  nur  eine  verhalt- 
niamäasig  geringe  Vergrößerung  des  Stauinhaltes  selbst  nötig  gewesen.  Da  der  Wasserspiegel  an 
der  Druckkammer  bereits  84,69  bis  86,10  je  nach  den  Wasserständen  (S.  456)  Aber,  der  Rhone  liegt, 


g  2.  Die  Werkkanäxe.  825 

bo  hätte  es  keine  Schwierigkeiten  gehabt,  der  Bohle  das  Gefalle  nach  Leiteatz  2  zu  geben.  Die  Lange 
des  ausgeführten  Beckens  betragt  200,8  m  and  die  Breite  vergrössert  sieh  allmählich  von  4,0  auf  85,0  m. 
Man  bitte  demnach  die  Lange  erheblich  verkürzen  können  bei  entsprechender  YerftrOBsernng  der  Ver- 
breiterang, welche  nicht  allmählich,  sondern  mit  scharfem  Anaweichen  einer  oder  beider  Seitenwinde 
hinter  der  EminundungBstelle  des  Werk  kau  als  leicht  durchzufahren  gewesen  wäre.  Am  Wehre  selbst 
wäre  ein  wirksames  Ablagernngsbecken  nach  den  Ansprüchen  der  obigen  Leitsätze  deshalb  nicht  mög- 

Abb.  251.    Grundriss  des  Wehres  und  des  Ablagerungsbeckens  der  Wasserkräfte  nlage  La  Pombliere 
(Savoie)  der  Soeiete  Lyonnaise  de  ['Industrie  Electro-Chimique  La  Volts. 


lieh  gewesen,  weil  bei  hohen  Wasserstanden  das  bewegliche  Wehr  gern  ans  dem  Flusse  beseitigt  wird. 
Die  Stauhöhe  ist  dann  zu  gering,  am  den  nötigen  Spületrom  m  erzielen,  such  fallt  die  Flussohle  nicht 
stark  genug  ab,  um  der  Beckensohle  das  erforderliche  Gefalle  geben  tu  können. 

Bei  der  Anlage  Pont  St  Martin   hätte  sich  gleichfalls  ohne  sehr  erhebliche  Mehrkosten  ein 
den  Anforderungen  der  Leiteätze  entsprechendes  Ablagerungabecken  am  Krafthanse  herstellen   lassen 


(Taf.  XIV,  Fig.  3).  Um  die  nötige  Querneigung  der  Beckensohle  zn  erzielen,  hätte  man  zum  Beispiel 
in  dsr  Achse  einen  Grat  bilden  und  dann  links  und  rechts  von  diesem  Grat  eine  Rinne  unter  durch- 
schnittlich 1:20  Neigung  anlegen  können.  Es  wäre  dann  allerdings  nötig  gewesen,  auch  am  rechten 
Ufer  Spülscbntzen  einzubauen,  deren  Ablaofkanal  unter  das  Krafthaue  hindurch  in  den  Turbinenkanal 
hätte  geführt  werden  können. 

Eine  für  die  hier  vorliegende  Besprechung  interessante  Anlage  ist  diejenige  des  Kraftwerkes 
LaPombliere  (Savoyen)  inderNähe  von  Moutiers,  welche  der  Soeiete  Lyennaise  de  l'Industrie 


826 


III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


]£lectro-Chimique  La  Volta  gehört.  Abb.  251  zeigt  den  Grundriss  des  Wehres  mit  dem  Ablagerungs- 
beckeD,  Abb.  252  bis  254  Ansicht  und  Schnitte.  Da  die  Wassermengen  der  Isere  in  einigen  Standen 
von  20  auf  200  cbm,  sek.  an  der  Wehrstelle  ansteigen  können,  mnsste  ein  Schützen  wehr  gewählt  werden. 
Für  den  Werkkanal  sollen  höchstens  20  cbm;  sek.  entnommen  werden.  Durch  das  Wehr,  welches  durch 
2  je  10  m  breite,  nach  dem  System  Stoney  konstruierte  Schützen  geschlossen  werden  kann,  wird  nur 
ein  Stau  von  2,50  m  erzeugt.  Die  Sohle  der  Isere  fällt  aber  hinter  dem  Wehr  stark  ab,  sodass  in  dem 
neben  dem  Wehr  angelegten  Ablagerungsbecken  der  Sohle  ein  starkes  Längsgefllle  hatte  gegeben  werden 
können.  Der  Einlauf  des  Ablagerungsbeckens  und  die  Spülschützen  liegen  an  sich  vortrefflich,  aber  der 
benetzte  Querschnitt  des  Beckens  misst  durchschnittlich  nur  etwa  20  qm,  sodass  die  Wassergeschwindig- 
keit in  demselben  bei  20  cbm/sek.  Wasserführung  noch  immer  1,0  m  betragt.    Die  Lange  des  Ablage- 

Abb.  258.    Schnitt  A  der  Abb.  251. 


I  *  0| 

rung8beckens  ist  94,0  m.  Vor  den  Spülschützen  zweigt  der  Einlauf  zum  Werkkanal  ab.  Der  gesamte 
Stauraum  des  Ablagerungsbeckens  beträgt  nur  rd.  1760,0  cbm,  während  er  nach  dem  Leitsatz  1 
20 .  400  =  8000  cbm  hätte  betragen  sollen.  Um  die  Geschwindigkeit  des  Wasser*  im  Ablagerungsbecken 
wenigstens  an  den  tiefsten  Stellen  auf  rd.  0,166  m  sek.  zu  beschränken,  hätte  der  Querschnitt  daselbst 
6  Q  =  120  qm  sein  müssen.  Wenn  die  Sohle  des  Beckens  hinter  der  Einlaufschwelle  2,0  m  unter  den 
normalen  Stau  gelegt  wäre  und  die  erste  Spülschütze  46,0  m  vom  oberen  Ende  und  man  hätte  der 
Sohle  in  der  Achse  des  Beckens  ein  durchschnittliches  Gefälle  von  1 :  20  gegeben,  so  wäre  die  Wasser- 
tiefe  am  ersten  Spülschütz  4,30  m  geworden;  die  Tiefe  der  Floss- 
Abb.  254.    Schnitt  B  der  Abb.  251.   sohle  hinter  dem  Wehre  hätte  aber  noch  eine  Tiefe  von  4,50  m 

gestattet  und  wenn  man  der  Sohle  von  beiden  Seiten  nach  der 
Mitte  eine  Querneigung  von  etwa  1:7  gegeben  hätte,  so  wäre  bei 
einer  Breite  des  Beckens  von  ungefähr  87,0  m  (anstatt  8,0  m,  Abb.  254) 
ein  Querschnitt  von  rd.  120  qm  an  dieser  tiefsten  Stelle  entstanden. 
Nach  dem  Moster  der  schematischen  Figur,  Abb.  250,  hätte  man  die 
Sohle  hinter  dem  ersten  Spülschütz  steil  ansteigend  machen  können, 
um  sie  im  zweiten  Teile  des  Beckens  wiederum  mit  einem  Gefälle 
von  1 :  20  abfallen  zu  lassen.  Der  zweite  Teil  des  Beckens,  in  ähn- 
licher Weise  angelegt,  hätte  auch  etwa  einen  Stau  räum  bei  normalem  Stau  am  Wehr  von  etwa  4000  cbm 
erhalten  müssen.  Anstatt  die  flusseitige  Begrenzungsmauer  des  Beckens  mit  der  Krone  auf  den  nor- 
malen Wasserspiegel  vor  dem  Wehr  zu  legen,  hätte  man  dieselbe  besser  hochwasserfrei  angelegt,  um 
den  Eintritt  des  Hochwassers  in  das  Ablagerungsbecken  auf  den  Einlauf  zu  beschränken.  Die  zweiten 
Spülschützen  wären  dann  an  der  abwärts  gelegenen  Begrenzungsmauer  des  erweiterten  Beckens  anzu- 
legen gewesen  und  auf  derselben  Mauer  hätte  man  einen  Überlauf  mit  der  Krone  auf  der  Kote  des 
höchsten  Hochwassers  im  Unterwasser  des  Flusses  anzuordnen  gehabt  Die  Breite  dieses  Überlaufs 
wäre  so  zu  berechnen  gewesen,  dass  20  cbm  'sek.  bei  einem  Wasserspiegel  im  Becken  auf  der  Höhe  des 
höchsten  Hochwassers  hätten  überfallen  können.  Bei  solcher  Anordnung  hätten  in  das  Becken  bei  H.W. 
nur  20  cbm  sek.  -f-  der  durch  den  Werkkanal  entnommenen  Wassermenge  -f-  der  durch  die  Spülschatsen 
abfliessenden  Wassermenge  eintreten  können.  Um  das  Wasser  aus  dem  Ablagerungabecken  in  den 
Werkkanal  zu  führen,  hätte  auf  der  rechtsseitigen  Begrenzungsmauer  des  ersteren  ein  Überlauf  ange- 
legt werden  müssen,  welcher  beim  normalen  Stau  noch  20  cbm  sek.  in  den  Workkanal  hätte  fahren 
können.  Unterhalb  des  längs  der  rechten  Begrenzungswand  des  Ablagerungsbeckens  anzulegenden  Kanals 
hätte  dann  der  Einlauf  zum  Werkkanal  und  die  Regulierungsschützen  ihren  Platz  gefunden.  Ein  Über- 
lauf für  die  niedrigen  Wasserstände  wäre  entbehrlich  gewesen,  da  der  Wasserspiegel  im  Becken  sowohl 
durch  die  Spülschützen  als  auch  durch  die  Wehrschützen  selbst  in  ausreichender  Weise  regulierbar  gewesen 
wäre.  Die  Mehrkosten  für  ein  derartig  erweitertes  Becken  wären  kaum  grösser  als  50000  Mk.  gewesen 
und  hätten  bei  6,2  °/o  für  Verzinsung,  Tilgung,  Unterhaltung  und  Betrieb  etwa  eioe  jährliche  Belastung 


§  2.  Die  WerkkanIle.  827 

von  3100  Mk.  ausgemacht.  In  dem  Krafthause  sind  11000  PSe  installiert,  sodass  auf  die  PS«  und  Jahr 
nur  eine  Mehrbelastung  von  rd.  0,80  Mk.  entfallen  wäre.  Diese  Mehrbelastung  würde  durch  die  Erspar- 
nisse an  Unterhaltungskosten  der  Turbinen  und  durch  die  YergrOsserung  des  durchschnittlichen  Nutz* 
effektes  der  Turbinen  wahrscheinlich  mehr  als  gedeckt  worden  sein. 

Wenn  man  zum  Schluss  noch  die  Anlage  Wangen  iü  bezug  auf  die  Ablagerung  betrachtet, 
so  ist  zunächst  wegen  des  Ablagerungsbeckens  hinter  dem.  Einlauf  (Taf.  XXII,  Fig.  2  u.  3)  daran  zu 
erinnern ,  dass  dasselbe  auch  für  die  Abführung  des  Hochwassers  mit  verwendet  werden  soll ,  und  in 
dieser  Hinsicht  konnte  es  nicht  besser  angelegt  werden.  Man  hätte  aber  vielleicht  doch  noch ,  um  in 
den  Werkkanal  nur  das  Wasser  aus  den  oberen  Schiebten  zu  führen,  am  linken  Ufer  des  Einlauf beckens 
unter  entsprechender  Verschiebung  seiner  Begrenzung  nach  Nordwesten  und  dann  vor  dem  zweiten 
Regulierungswerk  schräg  herüber  zum  linken  Ufer  der  Spülrinne  eine  Überlaufmauer  in  Beton  errichten 
können,  deren  Krone  bei  einer  Länge  von  ungefähr  70  m  etwa  auf  -1-420,0,  also  um  1,20  m  hoher  als 
die  Schwelle  des  Eislaufs  (Abb.  75,  S.  424),  hätte  liegen  können,  um  bei  normalem  Stau  noch  100  cbm/sek. 
mit  1,0  m  sek.  Geschwindigkeit  dem  zweiten  Regulierungswerk  zuzuführen.  Durch  eine  solche  Über- 
laufmauer wäre  ein  grosser  Teil  der  Sinkstoffe  schon  zurückgehalten  worden.  Das  Becken  vor  den 
Turbinenkammern  (Taf.  XXIII,  Fig.  1  u.  3)  ist  von  dem  Beginn  der  Erweiterung  des  normalen  Kanal- 
profils an  gerechnet  etwa  200,0  m  lang  und  hat  einen  Rauminhalt  von  ca.  80400  cbm.  Nach  dem 
Leitsatz  1  wäre  ein  Ablagerungsbecken  von  etwa  100 .  400  =  40000  cbm  erforderlich  gewesen.  Es  würde 
zu  weit  führen  ein  Projekt  für  ein  derartiges  Becken  hier  an  dieser  Stelle  näher  zu  erläutern.  Es  sei 
deshalb  nur  angedeutet,  dass  man  zum  Beispiel  die  rechte  Kanalmauer  etwa  70,0  bis  100,0  m  vor  den 
Turbinenkammern  hätte  rechts  ausbiegen  lassen  können,  so  weit  es  die  örtlichkeit  gestattete  und  dass 
man  der  Sohle  auf  dieser  Strecke  nach  den  am  rechten  Ufer  vor  den  T.urbinenkammern  anzulegenden 
Spülschützen  eine  scharfe  Neigung  hätte  geben  können.  Auf  diese  Weise  wäre  der  Absatz  vor  dem 
Rechen  grösser  geworden,  und  man  hätte  daselbst  auch  der  Sohle  eine  stärkere  Querneigung  nach  dem 
Grundablass  hin  geben  können,  um  die  Spülwirkung  zu  verstärken. 

im  §  6  dieses  Kapitels  „Krafthäuser,  A.  Baulieber  Teil'  wird  noch  eine  Umgestaltung*  des 
Ablagerungsbeckens  vor  den  Tarbinenkammern  der  Anlage  Ldchwork-Gersthofen  besprochen,  worauf 
hier  verwiesen  sein  mag. 

f)  Die  Druckkammern,  die  Tarbinenkammern  und  die  Rechen.  An  das  untere 
Ende  des  Werkkanals  schliessen  sich  entweder  die  Druckkammern  oder  die  Turbinen- 
kammern an.  In  beiden  Fällen  ergibt  sich  meistens  die  Notwendigkeit,  das  Kanalprofil 
vor  den  Kammern  zu  erweitern,  womit  dann  auch  die  Gelegenheit,  wie  im  Abschnitt  e 
bereits  besprochen,  geboten  ist,  ein  Ablagerungsbecken  anzulegen,  welches  bei  genügender 
Grösse  zugleich  als  Aufspeicherungsbecken  (Stauweiher)  für  die  zeitweise  Vermehrung  der 
Kraftleistung  gute  Dienste  leisten  kann. 

Jedes  aus  einer  Druckkammer  ausmündende  Druckrohr  muss  für 
sich  abschliessbar  sein.  Der  Verschluss  befindet  sich  entweder  unmittelbar  ander 
Äohrmündung  wie  bei  den  Anlagen  La  Dernier-Vallorbe  (Taf.  XXX,  Fig.  6  und  8), 
Ky  kkelsrud  (Taf.  XXXIV,  Fig.  8),  Avignonnet  (Taf.  XXXVII,  Fig.  9),  Füre  et  Morge 
(Taf.  XLII,  Fig.  11)  oder  beim  Eintritt  des  Wassers  in  die  Druckkammer.  Im  ersten 
Falle  muss  hinter  dem  Verschluss  auf  dem  Druckrohre  ein  ins  Freie  führendes  Lüftungs- 
rohr gesetzt  werden,  damit  einerseits  mitgerissene  Luft  aus  dem  Rohre  entweichen  und 
andererseits- Luft  ins  Rohr  eintreten  kann,  wenn  bei  oben  geschlossenem  Rohre  eine 
teilweise  Entleerung  desselben  stattfindet.  Im  zweiten  Falle  müssen  ebensoviel  einzelne 
Kammern  wie  Druckrohre  vorhanden  sein. 

Wie  bereits  im  Abschnitt  d  „Überläufe"  gesagt,  wird  man  in  der  Regel  ganz 
in  der  Nähe  der  Druckkammern  noch  einen  Überlauf  mit  Ablaufkanal  in  den  Fluss 
anlegen,  damit  der  Wasserstand  daselbst  selbstwirkend  reguliert  wird. 

Stets  zu  empfehlen  ist  es,  das  Wasser  aus  dem  Werkkanal  oder  dem  Vorbecken 
in  die  Druckkammern  über  eine  gegen  die  Kanal-  oder  Beckensohle  erholte  Schwelle 
oder  über  eine  Überlauf  mau  er  treten  zu  lassen,  damit  nur  die  obersten  von  Sinkstoffen 
am  meisten  gereinigten  Wasserfäden  in  die  Kammern  eintreten  können.  Hierbei  gelten 
dieselben  Gesichtspunkte,  welche  schon  im  Abschnitt  e  „Ablagerungsbecken"  besprochen 


828         HL    Theodor  Koehn.    Ausbau  tost  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

sind.  Es  erscheint  auch  hierbei  als  die  beste  Anordnung,  wenn  man  das  Wasser  ans 
dem  Werkkanal  oder  dem  Becken  über  eine  Überlaufsmaner  in  Richtung  lotrecht  zur 
Achse  des  Beckens  übertreten  lässt,  während  die  Spülschützen  des  Beckens  dann  am 
unteren  Ende  desselben  so  anzulegen  sind,  dass  die  Öffnung  in  Richtung  der  Kanal-  oder 
Beckenachse  liegt.  Als  gutes  Muster  kann  in  dieser  Beziehung  die  Druckkammer  der 
Anlage  Avignonnet  (Taf.  XXXVII,  Fig.  1  u.  9)  dienen.  Höhe  und  Lange  solcher  zu  der 
Druckkammer  führenden  Schwellen  oder  Überlaufmauern  ergeben  sich  aus  der  grössten 
sekl.  Wassermenge,  welche  den  Druckrohren  noch  zugeführt  werden  soll.  Man  wird 
auch  hier  die  Geschwindigkeit  der  über  die  Schwelle  oder  die  Überläufe  tretenden 
Wasserfäden  möglichst  nicht  über  1  m/sek.  wählen,  damit  das  Wasser  ruhig  und  ohne 
Wirbelbildung  in  die  Druckkammer  eintritt. 

Vor  oder  hinter  den  Schützen  der  Druckkammern  wird  stets  eine  Vorrichtung 
zu  treffen  sein,  durch  welche  schwimmende  feste  Körper  zurückgehalten  werden.  In  der 
Regel  besteht  diese  Vorrichtung  in  einem  mit  einer  Neigung  von  30—45°  gegen  die 
Wagerechte  aufgestellten  Feinrechen,  welcher  fast  stets  aus  Flacheisenstäben  mit  lichten 
Weiten  zwischen  den  Stäben  von  1,5  bis  4  cm,  je  nach  der  Grösse  der  sekL  Wasser- 
menge und  der  Art  der  Turbinen,  gebildet  wird.  Ist  zu  befürchten,  dass  der  Werkkanal 
Grundeis  oder  Stückeis  führt,  so  muss  der  Rechen  vor  den  Schützen  liegen,  damit  das 
bis  an  den  Rechen  gelangte  Eis  entweder  über  den  Überlauf  oder  mit  Hilfe  der  Spül- 
wirkung nach  dem  Grundablass  und  den  Eisschützen  geführt  werden  kann. 

Bei  den  Druckkammern  der  Anlage  Vizzola  (Tafel  II,  Fig.  2)  liegt  der  Rechen 
vor  den  Schützen  und  seine  Schwelle  2,32  m  über  der  Beckensohle,  Eisbildung  ist  selten. 
Etwaiges  Stückeis  kann  leicht  über  den  Überlauf  abgeführt  werden.  Grundeisbildung 
findet  infolge  des  mit  glattem  Zementputz  versehenen  benetzten  Umfanges  des  Werk- 
kanals nicht  oder  doch  zum  mindesten  nicht  in  störender  Weise  statt 

Bei  der  Anlage  Bergamasca  (Taf.  IX,  Fig.  6)  und  ebenso  bei  der  Anlage 
Funghera  (Taf.  X,  Fig.  9  und  10)  liegt  der  Rechen  gleichfalls  vor  den  Schützen. 
Etwaiges  Stückeis  kann  bei  letztgenannter  Anlage  über  den  Überlauf,  und  Grundeis  mit 
Hilfe  der  Spülschütze  vom  Rechen  beseitigt  werden  und  zwar  sowohl  während  des  Be- 
triebes als  auch  in  besonders  wirksamer  Weise  in  einer  Betriebspause,  wenn  der  Wasser- 
druck gegen  den  Rechen  aufhört. 

Bei  der  Anlage  Novalesa  an  der  Cenischia  konnte  der  Rechen  hinter  den 
Schützen  angeordnet  werden  (Taf.  XII,  Fig.  4  und  5),  weil  der  Werkkanal  zum  grössten 
Teil  überdeckt  und  infolgedessen  Eisbildung  ausgeschlossen  ist.  Der  Vollständigkeit  wegen 
sei  noch  verwiesen  auf  die  Druckkammern  der  Anlage  Morbegno  (Taf.  XVII,  Fig.  4 
und  5),  Kanderwerk  (Taf.  XXVI,  Fig.  4a  und  b),  Niagara  Falls  Power  Co. 
(Abb.  126,  S.  546)  und  Live t  (Taf.  XLI,  Fig.  7  u.  8). 

Oberhalb  des  Rechens  muss  eine  ausreichend  breite  Bedienungsbrücke  angelegt 
werden,  deren  Breite  sich  nach  der  Höhe  und  der  Neigung  des  Rechens  richtet.  Man 
muss  imstande  sein,  die  mit  langen  hölzernen  Stielen  versehenen  eisernen  auf  den  Rechen- 
stäben gleitenden  Rechenharken  vom  unteren  Ende  des  Rechens  bis  zur  Oberkante 
emporzuziehen,  ohne  dass  der  Harkenstiel  anstösst 

Die  Druckkammern  selbst  müssen  von  oben  zugänglich  sein,  damit  der  Wirter 
sich  leicht  und  schnell  davon  überzeugen  kann,  ob  der  Wasserspiegel  glatt  und  ruhig 
ist  und  das  Wasser  ohne  Wirbel  und  Rückstösse  in  die  Druckrohre  eintritt,  und  ferner, 
damit  man  jede  Kammer  nach  Trockenlegung  leicht  und  bequem  revidieren  kann.  Zur 
ruhigen  Einführung  des  Wassers  in  die  Druckrohre  ist  es  erforderlich,  dass  sich  die  Aus- 


§  2.  Die  Werkkanäle.  829 

mündung  trompetenartig  nach  der  Drukkammer  zu  erweitert,  derart,  dass  der  Eintrittsquer- 
schnitt um  mindestens  20°/o  grösser  wird  als  der  Querschnitt  des  Druckrohres  und  dass 
die  Eintrittsgeschwindigkeit  nicht  grösser  wird  ab  1,5  m/sek.  Der  Ausflussbeiwert  p  für  gut 
abgerundete  Ausmündungen  kann  zu  0,97  angenommen  werden,  sodass  also  hiernach  der 

Ausmiindung8querschnitt  F  sein  müsste  >  t  k  n  Q7*  ^m  Trichterbildungen  zu  ver- 
hüten und  um  es  zu  vermeiden,  dass  Luft  in  grösseren  Mengen  mit  in  die  Druckrohre 
gerissen  wird,  legt  man  den  Scheitel  der  Ausmündung  bei  Rohrdurchmessern  bis  zu  1,50  m 
am  besten  um  das  Mass  des  vollen  Durchmessers  des  Druckrohres  unter  den  normalen 
Wasserspiegel  in  der  Druckkammer.  Bei  grösserem.  Rohrdurchmesser  wird  man  das 
Mass  von  1,50  m  als  Mindestmass  betrachten  können.  In  der  Druckkammer  der  Anlage 
Champ  (Füre  et  Morge)  zum  Beispiel  liegt  der  Scheitel  des  ausmündenden  3,30  m 
im  Lichten  weiten  Druckrohres  so,  dass  über  dem  Scheitel  der  Ausmündungsöffnung 
noch  eine  Wasserhöhe  von  2,10  m  verbleibt  (S.  538  u.  Taf.  XLII,  Fig.  11). 

Mündet  das  Druckrohr  nicht  seitlich,  sondern  lotrecht  in  der  Sohle  aus,  wie  z.  B. 
bei  der  Anlage  Livet  (Taf.  XLI,  Fig.  7  und  8),  so  ist  es  zweckmässig,  über  der  Aus- 
flussöffnnng  eine  geschlossene  Decke  anzulegen,  welche  möglichst  weit  über  den  Rand 
der  letzteren  hinausreicht,  damit  die  Wasserfaden  gezwungen  werden,  sich  seitlich  nach 
der  Öffnung  hin  zu  bewegen.  Ohne  eine  solche  Platte  über  der  Ausflussöffnung  treten 
leicht  tiefe  Trichterbildungen  ein,  welche  viel  Luft  mit  in  die  Druckleitung  hineinreissen. 

Ein  eigenartiger  Verschluss  durch  regulierbare  Glockenventile  ist  bei  der  lotrechten 
Ausmündung  der  Druckleitung  aus  der  Sohle  der  Druckkammern  der  Anlage  Jonage- 
Cusset-Lyon  verwendet  (Taf.  XL,  Fig.  4)M). 

Die  Schützen-  oder  Schieberanlagen  zum  Abschluss  der  Druckkammern  oder  der 
Druckrohre  selbst  müssen  zur  Erzielung  vollkommen  dichter  Verschlüsse  mit  besonderer 
Sorgfalt  ausgeführt  werden.  Auch  die  Möglichkeit  eines  schnellen  Schliessens  der 
Schützen  ist  für  den  Fall  eines  Rohrbruches  von  Wichtigkeit.  Aus  dem  letztgenannten 
Grunde  werden  bei  Anlagen  mit  hohem  Druck  oft  Vorrichtungen  getroffen,  mittelst  deren 
im  Falle  eines  Bruches  die  Schliessung  der  Schützen  von  dem  Krafthause  aus  bewerk- 
stelligt werden  kann.  So  können  z.  B.  die  Schützen  der  Anlage  Funghera  durch 
einen  Elektromotor  vom  Krafthause  aus  geschlossen  werden  (S.  368).  Bei  der  Anlage 
Jajce  kann  auf  elektromagnetischem  Wege  eine  Sperrklinke,  welche  die  gezogenen 
Schützen  in  ihrer  Lage  hält,  ausgeklinkt  werden,  sodass  dieselben  sich  alsdann  selbstwirkend 
senken  und  die  Öffnung  schliessen  (Abb.  100,  S.  494).  —  Bei  der  Anlage  Kübel  werk 
ist  30,0  m  abwärts  der  Ausmündung  des  Druckrohres  aus  der  Staumauer  eine  Drossel- 
klappe eingebaut,  welche  mit  Hilfe  eines  Elektromotors  von  dem  Krafthause  aus  ge- 
schlossen werden  kann  (S.  413).  —  Bei  der  Anlage  Lac  Tanay-Vouvry  wird  ein 
durch  eine  horizontale  Achse  geführtes  Glockenventil  durch  einen  mit  beweglichem 
Gegengewicht  versehenen  Hebel  offen  gehalten.  Wenn  aber  ein  Rohrbruch  eintritt,  wird 
die  Druckdifferenz  zwischen  Rohrmündung  und  Ventil  so  gross,  dass  sich  das  Ventil 
selbst  wirkend  schliesst  (S.  471). 

Neuerdings  ist  bei  der  im  Frühjahr  1907  in  Betrieb  gesetzten  Wasserkraftanlage 
am  Poschiavino  bei  Brusio  eine  Einrichtung  getroffen,  wonach  an  den  Druckrohr- 
mündungen Stahldeckel  mit  einem  Scharnier  befestigt  sind  und  durch  eine  aui  einer 
Welle  aufgewickelte  Kette  offen  gehalten  werden.     Die  Abwärtsbewegung  jedes  Deckels 


80)  Einzelheiten   dieser  Glockenventile    sind    auf   Taf.  LVII,    Fig.   1—5    dargestellt    und   im 
Kap.  III.  4.  Schützen  (S.  867)  besprochen. 


830  IIL     Theodor  Koehh.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Ewzelhkitkk. 

ist  durch  eine  Sperrvorrichtung  gehindert,  welche  im  Falle  eines  Rohrbruchs  auf  elektro- 
magnetischem Wege  vom  Krafthause  aus  gelöst  werden  kann.  Nach  Lösung  der  Sperr- 
vorrichtung  schliesst  der  Wasserdruck  den  Deckel  selbstwirkend  (S.  359). 

Es  ist  zweckmässig,  das  Bewegungsgetriebe  an  den  Druckkammern  zu  überdachen, 
besonders  wenn  elektrische  Apparate  mit  dem  Getriebe  verbunden  Bind.  Die  Druck- 
kammern selbst  kann  man  offen  lassen,  wenn  von  oben  her  weder  Steine  noch  Laub 
oder  dergleichen  in  sie  hineinfallen  können.  Häufig  sind  sie  mit  Bohlen  oder  mit 
eisernen  Riffelplatten,  wie  z.  B.  beim  Kauderwerk,  überdeckt,  oder  man  schliesst  die 

Druckkammer    oben    bis    anf 

Abb.  255.     Ansicht  des  Vorbeckans   und   der  Druck kwnmer  der         .:„;_»  r:mjn:™xn,-»-~-  j        v. 
Üsine  de  1.  Pombliere  bei  Montier«  (Ssvoie).  «'»»S6  Einsteigeöffnungen  durch 

eine  Betondecke,  wie  es  z.  B. 
bei  der  Anlage  St.  Maurice 
Lausanne  (Taf.  XXIX,  Fig. 9) 
geschehen  ist.  Kleinere  Druck- 
kammern werden  auch  wohl 
vollkommen  überdacht,  wie  bei 
den  Anlagen  Funghera  und 
Novalesa  an  der  Cenischia. 
Anf  alle  Fälle  muss  eine 
ausreichende  Laftznfüh- 
rnng  zu  jeder  Druckkammer 
gesichert  sein,  damit,  wenn  die 
Schützen  geschlossen  sind  und 
das  Druckrohr  entleert  wird, 
Luft  eintreten  kann. 

Wenn  das  Druckwasser 
direkt    für    die    Servomotoren 
der     Turbinenreguliernng     ge- 
braucht werden  soll,  so  ist  ein« 
Filtration    desselben    erforder- 
lich.   Diese  Filtration  erfolgt  entweder  im  Krafthause  mittelst  sogenannter  Revolverfilter 
oder  durch  grössere  Filteranlagen,  welche  mit  den  Druckkammern  verbunden  werden. 
Beispiele  liir  die  letztgenannten  Anordnungen  bieten  die  Anlagen  Vizzola  (S.  347)  und 
Fnnghera  {Taf.  X,  Fig.  8  u.  S.  368). 

Bei  der  schon  erwähnten  Usine  de  la  Pombliere  bei  Mootiers11)  ist  eine 
Druckkammer  mit  Überlauf  maner  angelegt,  bei  welcher  die  Stelle  des  Rechens  eine  wage- 
rechte perforierte  Blechplatte  vertritt  (Abb.  255  u.  256a — e).  Das  Wasser  muss 
in  dünnen  Strahlen  von  0,40  m  und  weniger  über  eine  60,0  m  lange  Überlauf  mauer  aus 
dem  Werkkanal  in  ein  Vorbecken  treten.  Letzteres  ist  mit  einem  perforierten  Blech 
überdeckt,  dessen  Oberfläche  etwa  180  qm  beträgt.  Nimmt  man  V»  der  Flache  dieser 
Blechtafel  als  perforiert  an,  so  ergäbe  sich  ein  lichter  Durchflussquerschnitt  von  60  qm, 
und  das  Wasser  würde  bei  der  grössten  Wasserentnahme  von  20  cbm/sek.  mit  einer 
mittleren  Geschwindigkeit  von  etwa  0,35  m/sek.  durch  das  perforierte  Blech  in  das  Vor- 
becken eintreten,  wenn  man  den  Durchfiussbeiwert  /i  zu  0,96  H)  setzt.  Ist  die  znfiiessende 
Wassermenge  grösser  als  der  Konsum  im  Krafthause,  so  rliesst  ein  Teil  des  Wassers 
über  das  perforierte  Blech  hinweg  und  ergiesst  sich  in  den  Überlanfkanal.  Hat  sich 
*■)  Georges  Contagne:  .Usine  de  la  Pombliere*.  Compte  reodu  du  Congres  de  U  Houüle 
Blanche  Qrenoble  1908.  Vol.  II.  S.  281. 

«)  Deutsches  Banhandbnch  1879.  Band  1.  &  312. 


I   2. 


Die  Werkkanäle. 


831 


viel  Laub  auf  den  Öffnungen  des  perforierten  Bleches  festgesetzt,  so  genügt  es,  in  einer 
Betriebspause  auf  ganz  kurze  Zeit  die  Schützen  an  der  Druckkammer  zu  schliessen  und 
damit  den  Druck  auf   das  perforierte  Blech  zu  beseitigen.     Augenblicklich  erheben  sich 

Abb.  256.    Gnmdriss  des  Vorbeckens  und  der  Druckkammer  der  üaine  de  U  Fombliere 
bei  Moutiera  (Sbvom). 


dann  alle  Schwimmkörper   und  werden  von  dem  Strom 
in  den  Ablaufkanal  geführt.    Die  Sohle  des  Werkkanals 

selbst  ist  längs  der  Überlaufmauer  gegen  den  normalen  Abb.  256e.  Schnitt  nach  e. 
Querschnitt  um  0,91  m  vertieft  und  am  Ende  vor  den 
Grunda  blas  schützen  (Abb.  256  e)  noch  einmal  in  scharfem 
Absatz  um  1,10  m  tiefer  gelegt.  Nach  Ansicht  des 
Verfassers  wäre  es  für  die  Spülwirkung  vorteilhafter 
gewesen,  der  Sohle  des  Werkkanals  längs  der  Über- 
fallmauer ein  kontinuierliches,  vom  Anfang  bis  zum 
Ende  allmählich  auf  1 :  10  anwachsendes  Sohlengefaüe 
nach  den  Spülschützen  hin  zu  geben.  Das  Projekt  zu 
dieser  interessanten  Anlage  rührt  von  dem  Ingenieur 
Ch.  von  Hailer  in  Genf  her. 

Werden  bei  einer  Anlage  Schachtturbinen 
mit  liegender  Welle  verwendet,   so  befinden  sich   die  Turbinenkaminern  meistens 
vor  dem  Krafthause  und  gehören  zum  Teil  zum  Werkkanal  und  zum  Teil  zum  Kraft- 


832  III.    Theodor  Eobhk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

hause,  wie  z.  B.  die  Turbinenkammern  der  Anlage  Tnrbigo  (Taf.  VII,  Fig.  1),  Pont 
St.  Martin  (Taf.  XV,  Fig.  1,  2,  3),  Wangen  (Taf.  XXIII,  Fig.  1  u.  2)  und  Lechwerk- 
Gersthofen  (Taf.  XLV,  Fig.  3,  4  u.  5  u.  Abb.  138,  S.  662).  Die  Anlage  Sault  St. 
Marie  bietet  einon  insofern  interessanten  Fall,  als  trotz  der  Verwendung  liegender  Schacht- 
turbinen die  Turbinenkammern  mit  unter  das  Dach  des  Krafthauses  verlegt  wurden. 
Man  hat  hier  in  kühner  Weise  die  Trennungswände  zwischen  der  Dynamohalle  und  den 
Turbinenkammern  ganz  in  Stahl  ausgeführt  (Abb.  130,  S.  553),  während  bei  den  vier 
obengenannten  anderen  Beispielen  in  jeder  Turbinenkammer  nur  eine  ringförmige  Öffnung 
in  Eisen  oder  Stahl  geschlossen  ist,  in  welcher  die  Turbinenwelle  und  die  Regulierungs- 
wellen die  Trennungswand  zwischen  Dynamohalle  und  Turbinenkammern  durchdringen. 

Bei  den  Anlagen  Turbigo  und  Pont  St.  Martin  tritt  weder  Stückeis  noch 
Grundeis  in  störender  Weise  auf,  und  es  konnte  deshalb  der  Rechen  hinter  den 
Turbinenkammerschützen  liegen;  dagegen  ist  bei  den  drei  anderen  Anlagen 
der  Rechen  vor  den  Schützen  aufgestellt. 

Bei  Anlagen  mit  stehenden  Schachtturbinen  liegen  die  Turbinenkammern 
naturgemäss  stets  unter  dem  Maschinenflur  des  Krafthauses  und  gehören  demnach  — 
in  manchen  Fällen  allerdings  mit  Ausnahme  ihrer  Vorkammern  und  der  Rechenanlage  — 
mit  zum  Krafthause,  sodass  die  Besprechung  ihrer  baulichen  Einrichtung  eigentlich  in 
den  §  6,  Krafthäuser,  A.  Baulicher  Teil,  gehörte.  Da  aber  in  diesem  Abschnitt  die 
Rechenanlagen  noch  einer  eingehenderen  Besprechung  unterzogen  werden  sollen  und 
die  Einrichtung  derselben  wiederum  von  der  Gestaltung  der  Turbinenkammern  abhängig 
ist,  so  sollen  schon  hier  einige  wesentliche,  bei  der  Anlage  von  Turbinenkammern 
stehender  Turbinen  zu  beachtender  Gesichtspunkte  mit  besprochen  werden. 

Beispiele  für  Turbinenkammern  stehender  Schachtturbinen  bieten  die  Anlagen 
Beznau  (Taf.  XXIV,  Fig.  2),  Chevres  (Taf.  XXVIII,  Fig.  1),  Hagneck  (Taf.  X* YfTT, 
Fig.  5),  Marbach-Stuttgart  (Taf.  XLVI,  Fig.  1)  und  Rheinfelden  (Taf.  XLVII, 
Fig.  5). 

Eine  besondere  Art  der  Ausbildung  erfordern  die  Turbinenkammern,  wenn  es  sich 
nicht  um  stehende  Schachtturbinen,  sondern  um  stehende  Gehänse- 
turbinen handelt,  bei  denen  das  Wasser  den  gusseisernen  oder  stählernen  Turbinen- 
gehäusen (Turbinenkesseln)  in  geschlossenen  Druckleitungen  zugeführt  wird.  Beispiele 
hierfür  bieten  die  Anlagen  Hafslund,  Kykkelsrud  (Taf.  XXXIV,  Fig.  8),  Jonage- 
Cusset-Lyon  (Taf.  XL,  Fig.  4),  Niagara  Falls  Power  Co.  (Abb.  126,  S.  546)  und 
die  Canadian  Niagara  Falls  Power  Co.  (Taf.  LXIV,  Fig.  1  u.  2  u.  S.  547). 
Bei  der  Niagara  Falls  Power  Co.  liegen  die  ganzen  Druckkammern  mit  Aus- 
nahme des  Rechens  unter  dem  Dache  des  Krafthauses. 

Alle  Turbinenkammern  müssen  schnell  und  leicht  trocken  gelegt  werden  können, 
damit  man  kleinere  Störungen  ohne  grossen  Zeitverlust  beseitigen  und  Reparaturen  aus- 
führen kann. 

Bei  einer  Turbinenkammer  für  eine  liegende  Schachtturbine  braucht  man  nur 
die  Schützen  oberhalb  zu  schliessen,  das  Entleerungsventil  in  der  Sohle  der  Kammer  zu 
öffnen  und  die  letztere  entleert  sich  schnellstens  von  selbst.  Bei  stehenden  Schacht- 
und  Gehäuseturbinen  muss  man  meist  auch  noch  den  Turbinenkanal  am  Unterwasser 
schliessen  und  das  Wasser  aus  der  Kammer  durch  Pumpen  entfernen,  wenn  man  an  alle 
Teile  der  Turbinen  herankommen  will.  Bei  der  Niagara  FallsPowerCo.  und  eben- 
falls auch  bei  der  Canadian  Niagara  Falls  Power  Co.  liegen  allerdings  die 
Turbinengehäuse  so  hoch  über  dem  Unterwasserspiegel  des  Turbinenkanals,  dass  die  ganze 
Turbine  von  aussen  auch  während  de9  Betriebes  jederzeit  zugänglich  ist.   Bei  der  Anlage 


§  2.  Die  WkrkkanIle.  833 

Kykkelsrud  (Taf.  XXXIV,  Fig.  8)  ist  die  Tnrbinenkammer  während  des  Betriebes 
trocken,  da  sie  gegen  das  Unterwasser  dicht  abgeschlossen  ist  Bei  allen  niedrigen 
Wasserständen  kann  die  ganze  Turbine  auseinander  genommen  werden,  ohne  den  Unter- 
wasserspiegel abzuschliessen,  nur  wenn  höhere  Wasserstände  eintreten,  muss  das  Unter- 
wasser bei  Reparaturen  mit  Hilfe  von  Dammbalken  abgeschlossen  werden  und  eine  Ent- 
leerung des  Turbinenkanals  durch  Pumparbeit  stattfinden.  -  Ungefähr  das  Gleiche  gilt 
von  der  Anlage  Jonage-Cusset-Lyon  (Taf.  XL,  Fig.  4),  von  den  Anlagen  Hagneck 
(Taf.  XXXHI,  Fig.  5)  und  Marbach-Stuttgart  (Taf.  LXI,  Fig.  1).  Dagegen  muss 
bei  den  Anlagen  Beznau  (Taf.  XXIV,  Fig.  2),  Chevres  (Taf.  XXVIII,  Fig.  1)  und 
Rhein felden  (Taf.  XL VII,  Fig.  5)  auch  bei  niedrigen  Wasserständen  ein  Abschluss 
des  Unterwassers  erfolgen,  wenn  die  unteren  Turbinenkränze  einer  Besichtigung  und 
Reparatur  unterzogen  werden  sollen.  Bei  Rheinfelden  und  Hag  neck  findet  der 
Abschluss  am  Oberwasser  durch  Drehtore  mit  stehender  Achse  (Abb.  274,  S.  868) 
statt,  welche  in  1 — 2  Minuten  geschlossen  werden  können,  während  das  Unterwasser  durch 
Dammbalken  abgeschlossen  werden  muss.  Bei  Chfevres  geschieht  der  Abschluss  am  Ober- 
wasser durch  eine  Zylinderschütze  mit  wagerechter  Drehachse  (Abb.  275/76,  S.  870)  gleich- 
falls in  1 — 2  Minuten,  während  das  Unterwasser  durch  einen  schwimmenden  eisernen 
Ponton  abgeschlossen  werden  kann,  welcher  in  die  Öffnung  des  Turbinenkanals  gefahren 
und  dort  versenkt  wird.  Die  vollkommenste  Einrichtung  in  bezug  auf  schnelle  Ent- 
leerung und  Trockenlegung  der  Turbinenkammern  zeigt  die  Anlage  Beznau,  bei  welcher 
der  Abschluss  der  Turbinenkammern  am  Ober-  und  Unterwasser  durch  eiserne  Schützen- 
tafeln erfolgt,  und  zwar  kann  diejenige  am  Oberwasser  mit  Hilfe  eines  Öldruckzylinders 
und  einer  Kolbenstange  gleichfalls  in  wenig  mehr  als  1  Minute  erfolgen,  während  die 
Schliessung  am  Unterwasser  mit  Hilfe  von  Laufkatzen  und  Flaschenzügen  bewirkt  wird 
(Abb.  263  u.  S.  853).  Hier  ist  aber  eine  zentrale  Pumpenanlage  vorhanden,  welche 
durch  alle  Turbinenkammern  hindurchläuft  und  an  welche  jede  Kammer  angeschlossen 
werden  kann,  sodass  nach  Schliessung  der  Schützen  die  Entleerung  der  Kammer  in 
wenigen  Minuten  zu  erzielen  ist.  Eine  solche  zentrale  Pumpenanlage  befindet  sich  auch 
bei  der  Anlage  Hagneck. 

Von  der  Rechenanlage  wurde  bereits  gesagt,  dass  sie  stets  auf  einer  Schwelle 
aufruhen  sollte,  welche  gegen  die  Sohle  des  Beckens  oder  des  Werkkanals  einen  Absatz 
bildet,  damit  verhindert  wird,  dass  die  an  der  Sohle  treibenden  Geschiebe  und  Sink- 
stoffe direkt  durch  den  Rechen  hindurch  und  so  in  die  Turbinen  hineingelangen  können. 
Die  Rechen  sollen  alle  gröberen  schwimmenden  Körper  zurückhalten  und  hierzu  sind 
besonders  zu  rechnen  kleinere  schwimmende  Holzteile,  Laub,  Stück-  und  Grundeis. 
Um  die  Freihaltung  der  Rechen  von  schwimmenden  Körpern  zu  erleichtern,  ist  es  sehr 
zweckmässig,  die  Schwelle  des  Rechens  nicht  in  einem  Winkel  von  90°  gegen  die 
Richtung  des  ankommenden  Wasserstroms  aufzustellen,  sondern  in  einem  möglichst 
spitzen  Winkel.  Wie  bereits  erwähnt  wurde,  liegt  die  Rechenschwelle  der  Anlage 
Vizzola  (Taf.  H,  Fig.  1  u.  2)  parallel  zur  Richtung  des  ankommenden  Wassers,  also 
in  der  denkbar  besten  Anordnung.  Spitzwinklig  liegt  sie  bei  der  Anlage  Beznau 
(Taf.  XXIV,  Fig.  3)  und  es  würde  hier  der  sich  längs  des  Rechens  entwickelnde  Strom 
die  Freihaltung  des  Rechens  namentlich  von  Stückeis  sehr  wirksam  unterstützen,  wenn 
nicht  die  Rechenfläche  durch  mehrere  massive  Treppenanlagen  unterbrochen  und  so  tote 
Winkel  gebildet  worden  wären.  Noch  spitzer  liegt  die  Rechenanlage  am  Krafthause 
Rheinfelden,  nur  ist  hier  das  Becken  vor  dem  Rechen  vom  Anfang  bis  zum  Ende  zu 
stark  verengert  (Abb.  147,  S.  681)  und  die  Durchflussgeschwindigkeit  des  Wassers  durch 
die  Rechenstäbe  bei  vollem  Betriebe  zu  gross,  sodass  die  an  den  Rechen  angetriebenen 

Haadtaeh  dar  In*-WlM«n*eh.    HI.  T«il.    13.  Bd.  53 


834  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

schwimmenden  Körper  mit  grosser  Wucht  an  die  Fläche  des  Rechens  herangedrückt 
werden.  Aach  bei  den  Anlagen  Wangen  (Taf.  XXIII,  Fig.  1)  und  Lechwerk-Gerst- 
hofen  (Taf.  XLV,  Fig.  3)  sind  die  Rechen  spitzwinklig  gestellt,  wenn  auch  nur  wenig. 
Bei  der  letztgenannten  Anlage  liegen  die  Eisschützen  nicht  an  der  Stelle,  wo  die  die 
Rechenfläche  schneidende  Wasserspiegellinie  in  die  Ufermauer  einschneidet,  sondern 
weiter  aufwärts,  sodass  sich  ein  toter  Winkel  bildet,  in  welchem  das  Eis  und  die  dort 
sich  ansammelnden  sonstigen  Schwimmkörper,  wenn  die  der  Ufermauer  zunächst  liegende 
Turbine  auch  im  Betriebe  ist,  festsetzen.  Bei  der  Anlage  Wangen  reinigt  der 
Strom  längs  des  Rechens  denselben  wenigstens  zum  Teil  selbstwirkend,  solange  noch  die 
am  rechten  Ufer  gelegene  Turbinenkammer  als  Grundablass  benutzt  wird.  Wenn  aber 
später  vor  dieser  Kammer  auch  ein  Rechen  aufgestellt  sein  wird,  bildet  sich  auch  hier 
in  der  Wasserspiegellinie  ein  toter  Winkel,  der  durch  Abschrägung  der  spitzen  Ecke 
am  Leerlauf  zu  beseitigen  sein  würde. 

Man  wird  meistens,  wie  bereits  erwähnt,  durch  die  Anlage  von  Überlaufen  vor 
oder  neben  dem  Rechen  dafür  Sorge  tragen,  dass  der  grösste  Teil  des  Stückeises  nicht 
bis  an  den  Rechen  herankommt,  und  man  kann  die  Abführung  des  Stückeises  über  die 
Überläufe  durch  Einlegen  und  Verankern  schwimmender  Abweiser,  welche 
etwa  50  cm  tief  eintauchen,  unterstützen.  Kommt  das  Stückeis  bis  an  den  Rechen 
heran,  so  rollt  es  durch  den  Strom  zum  Teil  verlängs  des  Rechens,  wenn  derselbe  sehr 
spitz  gegen  die  Stromrichtung  steht.  Auch  kann  in  diesem  Falle  durch  einige  Leute 
mit  Stangen  das  Stückeis  leichter  nach  den  Eisschützen  zu  getrieben  werden.  Je  grosser 
aber  die  Durchflussgeschwindigkeit  des  Wassers  am  Rechen  ist,  mit  um  so  grösserer 
Kraft  wird  das  Stückeis  am  Rechen  festgehalten.  Der  Strom  schiebt  die  Eisstücke  auf 
den  Rechen  empor  und  klappt  sie  dann  flach  gegen  die  Rechenfläche  und  zwar  mit  um 
so  grösserer  Energie,  je  mehr  Durchflussquerschnitt  des  Rechens  bereits  durch  Eisstücke 
geschlossen  ist. 

Im  Abschnitt  c  „Der  Einlauf"  ist  bereits  hervorgehoben,  welche  Massregeln  zu 
treffen  sind,  um  möglichst  wenig  Stückeis  in  den  Werkkanal  hineingelangen  zu  lassen, 
und  es  wurde  auch  bereits  gesagt,  dass  bei  Geschwindigkeiten  von  1,50  m/sek.  und  mehr 
sich  eine  zusammenhängende  Eisdecke  im  Werkkanal  nicht  mehr  bilden  kann. 

Ungleich  grösser  als  die  Schwierigkeit  der  Beseitigung  des  Stückeises  kann  diejenige 
der  Beseitigung  des  sogenannten  Grundeises  werden.  Hier  können  die  Schwierigkeiten 
so  anwachsen,  dass  unter  Umständen  der  Betrieb  unterbrochen  werden  muss.  In  dem 
Geschäftsbericht  der  Society  Lyonnaise  des  Forces  Motrices  du  Rhone  (Jonage-Cusset-Lyon) 
für  die  Generalversammlung  im  Juni  1905  befindet  sich  folgender  Passus: 

,Le  deux  janvier  par  an  frois  de  15  degres  et  an  vent  terrible  ane  quantite*  d'aigoilles  de  glaces 
se  sont  formees  dans  la  eonche  profonde  de  l'eau  du  canal  alorsque  la  surface  restalt  libre. 
Ce  phlnomene,  excessivement  rare  dans  nos  pays,  a  airete*  le  service  de  nos  excitatrices  et  interrompa 
notre  erploitation  pendant  ane  aait. 

Nous  avons  tout  lieu  de  croire  que  ce  fait  ne  se  renouvellera  pas,  mais  nous  avoos  du  songer 
k  mettre  le  Service  de  nos  abonnements  ä  l'abri  de  tout  alea  de  cette  natore." 

Also  hier  sind  Grundeisbildungen  in  dem  Masse  störend  geworden,  dass  die 
kleinen,  als  konische  Reaktionsturbinen  gebauten  Erregerturbinen  (250  PS»  bei 
250  Uml./Min.  und  2200  1/sek.  bei  12,0  m  Gefälle)  völlig  zum  Stillstand  kamen. 

Auch  das  Kraftwerk  Rheinfelden  hatte  wiederholt  unter  Störungen  durch 
Grundeis  zu  leiden  und  diese  Störungen  haben,  allerdings  neben  anderen  Ursachen,  die 
Verwaltung,  dazu  veranlasst,  eine  Dampf reserve  aufzustellen. 

Die  Direktion  der  Aktieselskabet  Hafslund  hat  auf  Anfrage  dem  Verfasser 
bezüglich  des  Grundeises  folgende  Mitteilung  gemacht: 


§  2.  Die  Werkkanäle.  835 

„Im  Flusse  Glommen  kommt  Grandeis  5— 10  mal  jeden  Winter  vor  und  zwar  sind  die  Bedin- 
gungen hierfür,  daas  der  Fluas  nicht  mit  Eis  belegt  ist  und  die  Temperatur  plötzlich  bis  unter  10—12° 
sinkt  Wenn  der  Fluss  mit  Eis  belegt  ist  oder  bei  bewölktem  Himmel  kommt  Grundeis  nicht  vor,  mag 
auch  die  Temperatur  viel  tiefer  sein. 

Die  obengenannten  Bedingungen  treten  deshalb  am  häufigsten  Anfang  Dezember  ein,  wenn  die 
erste  Kälteperiode  hereinbricht.  Es  bilden  sich  dann  im  Wasser  kleine  Eisnadeln,  die  anfangs  nur  ver- 
einzelt auftreten,  aber  nach  und  nach  sich  zu  grösseren  schwammfthnlichen  Massen  vereinigen  von 
Dezimetern  im  Durchme  ser.  An  der  Oberfläche  des.  Wassers  siebt  man  nur  hier  und  da  einige  Eis- 
nadeln schwimmend,  steckt  man  aber  eine  Holz-  oder  Eisenstange  ins  Wasser  hinein,  so  dauert  es  nicht 
lange  bis  dieselbe  mit  einer  bedeutenden  Eiskruste  überzogen  wird. 

Grosse  Mengen  dieser  schwammartigen  Massen  geben  ziemlich  tief  im  Wasser,-  weil  sie  vom 
Boden  des  Flusses  Sandkörner  oder  Steine  mitnehmen,  wodurch  das  Eigengewicht  schwerer  als  Wasser  wird. 

Die  Schwierigkeiten  an  dem  Rechen  entstehen  nun  in  folgender  Weise: 

Am  Fnsse  des  Rechens  sammeln  sich  nach  und  nach  grössere  Mengen  von  diesen  schwamm- 
artigen Massen  an  und  wachsen  allmählich  in  die  Höhe.  Der  Wasserdruck  auf  dem  Rechen  ist  vor  der 
Eisnadelsammlong  nur  einige  wenige  mm,  dagegen,  wenn  die  Eisnadelmassen  nach  und  nach  den  Durch- 
flussquerschnitt verengt  haben,  wird  der  Druck  auf  den  Rechen  entsprechend  grösser  und  wirkt  dieser 
Druck  wieder  in  der  Weise,  dass  die  Eisnadelmassen  zu  einer  kompakten  Masse  zusammengedrückt 
werden.  Wenn  man  gar  nichts  hiergegen  machte,  würde  im  Laufe  einiger  Stunden  der  ganze  Rechen 
mit  einer  festen  Eisschicht  bedeckt  werden. 

Die  Eisnadelbildung  beginnt  in  der  Regel  in  der  Nacht  gegen  3,  4  oder  5  Uhr,  dauert  gewöhn- 
lich ein  oder  zwei  Tage  und  hat  sich  dann  entweder  eine  Eisschicht  auf  dem  Wasser  gebildet  oder  der 
Himmel  hat  sich  mit  Wolken  belegt,  worauf  das  Wasser  wieder  klar  wird  uod  die  bestehenden  Eis- 
nadeln sich  im  Wasser  auflösen.* 

Über  die  Art  der  Entstehung  des  Grundeises  existiert  bis  heute  eine  allgemein 
anerkannte  Theorie  noch  nicht.  Es  hat  aber  1906  der  schweizerische  Ingenieur  Dr.  phil. 
6.  Lüscher  in  Aarau  eine  eingehende  Studie:  „Das  Grundeis  und  daherige  Störungen 
in  Wasserläufen  und  Wasserwerken  veröffentlicht98),  in  welcher  alle  bisherigen  Theorien 
besprochen  werden  und  alsdann  auf  Grund  eigener  Beobachtungen  eine  neue  Erklärung 
gegeben  wird,  welche  viel  für  sich  zu  haben  scheint.  Deshalb  mögen  hier  aus  der 
Lüscher  sehen  Schrift  Mitteilungen  über  Art  und  Entstehung  des  Grundeises  folgen, 
während  wegen  eines  genauen  Studiums  dieser  wichtigen  Frage  auf  das  erwähnte  Buch 
verwiesen  sei. 

Lüscher  unterscheidet  drei  Arten  von  Grundeis  und  zwar  1.  das  blättrige 
Grundeis,  2.  das  körnige  Grundeis  und  3.  das  Gallerteis. 

Die  Grundeisbildung  hat  ihren  Ursprung  in  der  Bildung  des  Oberflächeneises. 
Bei  schnellfliessendem  Wasser  können  sich  die  bei  niedrigen  Temperaturen  entstehen- 
den Eiskristalle  nicht  zu  einer  Eisdecke  zusammenschliessen.  Nach  Lüscher  wird  eine 
Eisde'cke  meistens  bereits  bei  Wassergeschwindigkeiten  von  ca.  0,8  bis  1,0  m/sek.  nicht 
mehr  zu  stände  kommen.  Werden  die  im  Wasser  treibenden  Eiskristalle,  welche  oft 
so  klein  sind,  dass  sie  beim  Anschauen  einer  Wasserfläche  mit  blossem  Auge  nicht  wahr- 
genommen werden  können  durch  die  Strömung  des  Wassers  in  einem  Querschnitt  und 
durch  die  Gewichtsunterschiede  der  Wasserfäden  infolge  der  verschiedenen  Temperatur 
zur  Tiefe  geführt,  so  bleiben  sie  an  rauhen  Gegenständen  der  Sohle  und  der  Böschungen 
haften  und  die  Wasserbewegung  kann  sie  dort  andrücken  und  halten.  Auch  sollen 
elektrische  Kräfte  mitwirken,  weil  aneinanderreihende  Eisteilchen  positiv  elektrisch  und 
die  von  den  Eisteilchen  geriebenen  Fremdkörper  aber  negativ  elektrisch  geladen  werden*4). 
Eiskörperchen,  welche  sich  an  einem  rauhen  Gegenständ  in  der  Tiefe  festgesetzt  haben, 
kühlen  den  Körper,  an  dem  sie  haften,  und  auch  das  umgebende  Wasser  allmählich  bis 


88)  Verlag  von  Emil  Würz  vorm.  J.  J.  Christen,  Aarau. 

8«)  H.  Ebert  und  B.Hof  f  mann,  Naturwissenschaftliche  Rundschau  Nr.  88.  1900.  XV.  Jahrg. 

58» 


836  HI.    Theodor  Kobhn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheitex. 

» 

auf  eine  Temperatur  nahe  0°  ab  und  zwar  ist  der  Vorgang  so  zu  denken,  dass  die  zu- 
erst an  dem  rauhen  Gegenstand  anhaftenden  Kristalle  geschmolzen  werden  und  dadurch 
die  Körpertemperatur  allmählich  auf  0°  bringen.  Indem  sich  alsdann  um  den  Gegen- 
stand auf  diese  Weise  zunächst  gesetzmassig  orientierte  Kristallsterne  bilden,  entsteht 
das  sogenannte  blättrige  Grundeis. 

Bei  anhaltendem  Frost  kann  das  Wasser  die  in  ihm  massenweise  schwimmenden 
Kristallelemente  nicht  mehr  in  grosser  Zahl  schmelzen,  sie  treiben  vielmehr  in  grossen 
Mengen  im  Wasser  fort.  Zur  Tiefe  gefuhrt,  schliefen  sie  sich  an  das  blättrige  Grund- 
eis, welches  wie  gesagt  noch  aus  gesetzmässig  orientierten  Kristallen  besteht,  mechanisch 
an  oder  sie  häufen  sich  im  fliessenden  Wasser  selber,  namentlich  an  ruhiger  fliessenden 
Stellen,  zu  kleineren  Klumpen  zusammen.  Diese  mechanischen,  schwammartigen  An- 
haftungen  und  Zusammenballungen  nennt  Lüscher  das  körnige  Grundeis,  welch 
letzteres  um  so  weisser  und  fester  wird,  je  grösser  der  Frost,  je  stärker  die  treibende 
Strömung  ist  und  je  länger  die  Bildungsdauer  anhält.  Die  Tatsache,  dass  bei  der  Bil- 
dung des  Grundeises  an  der  Sohle  keine  festen  Eisschichten  wie  an  der  Oberfläche  ent- 
stehen können,  erklärt  Lüscher  wie  folgt: 

.Das  Wasser  der  Flflsse  und  Seen  enthalt  stets  anorganische  Salze  gelöst  und  ist  meist  auch 
organisch  stark  verunreinigt.  Ein  Milliontel  von  Salzen  im  Wasser  genügt,  um  diesem  die  Eigenschaften 
einer  wissrigen  Salzlösung  zu  erteilen. 

Aus  einer  Salzlösung  gefriert  eher  stets  reines  Eis,  das  Salz  wird  heim  Gefrieren  ausgeschieden,  so- 
dass die  entstandenen  Kristalle  von  sehr  dünnen  Schichten  salzhaltigeren  Wassers  umgehen  werden. 

Da  nun  der  Gefrierpunkt  einer  Salzlösung  mit  dem  Salzgehalt  sinkt,  so  braucht  es  weiterer 
K&lteeinwirknng,  um  die  den  Kristall  umgebende  dünne  Wasserschicht  zum  Gefrieren  zu  bringen. 

Diese  überschüssige  Kälte  hat  an  der  Wasseroberfläche  Zutritt  und  kittet  die  einzelnen  Kristalle 
unter  sich  und  mit  der  Oberflftchenschicht  zusammen,  sie  fehlt  aber  unter  Wasser  bei  der  Bildung  des 
Grundeises,  sodass  die  einzelnen  Kristalle  unter  sich  lose  bleiben." 

Ist  eine  Fluss-  oder  Kanalstrecke  mit  einer  geschlossenen  Eisdecke  überzogen,  so 
kann  die  Aussentemperatur  nicht  mehr  in  dem  Masse  auf  die  Bildung  von  Eiskristallen 
im  Wasser  hinwirken  wie  bei  offener  Wasserfläche,  und  die  sich  bildenden  Eiskristalle 
schliessen  sich  an  die  Eisdecke  an.  So  erklärt  es  sich,  dass  sich  unter  einer  ge- 
schlossenen Eisdecke  blättriges  und  körniges  Grundeis  nicht  bildet  (vergl.  den  Bericht 
aus  Hafslund  S.  835). 

Die  Schwierigkeiten  an  den  Rechen  von  Wasserkraftanlagen  entstehen,  wenn  das 
am  Grunde  angehäufte  Eis  plötzlich  zum  Auftrieb  gebracht  wird.  Dieser  Auftrieb  kann 
durch  die  strahlende  Wärme  bei  klarem  Wetter  verursacht  werden,  woraus  es  sich 
erklärt,  dass  nach  den  Mitteilungen  der  Aktieselskabet  Hafslund  Störungen  durch 
Grundeis  bei  bewölktem  Himmel  nicht  vorkommen.  Der  Auftrieb  kann  aber  auch  durch 
mechanische  Ursachen,  also  zum  Beispiel  durch  starke  Bewegung  der  Oberfläche  durch 
Wind  verursacht  werden,  wie  unter  andern  aus  den  Mitteilungen  der  Soci6t6  Lyonnaise 
des  Forces  Motrices  du  Rhone  (S.  834)  hervorgeht.  Kommt  dieses  Grundeis  zum  Auf- 
trieb, so  bleibt  es  zum  grössten  Teile  dennoch  in  den  tieferen  Schichten,  weil  es  durch 
die  mitgenommenen  kleineren  Sandkörner  und  Steinchen  beschwert  ist. 

Man  kann  aus  dem  Obigen  für  Werkkanäle  in  Gegenden,  in  welchen  starke 
Fröste  zu  erwarten  sind,  folgende  Schlüsse  ziehen:  Bei  langen  Werkkanälen  in  Boden 
mit  einfacher  Kiesdeckung  sollte  man  die  Geschwindigkeit  nicht  über  0,80  m/set 
steigerp,  damit  sich  bei  starkem  Frost  schnell  eine  geschlossene  Eisdecke  bilden  kann. 
Hat  man  eine  grössere  Geschwindigkeit  im  Werkkanal  gewählt,  so  muss  man  den  be- 
netzten Umfang  so  glatt  wie  möglich  machen,  damit  sich,  wenigstens  im  Werkkanal 
selbst,  Grundeis  in  grösseren  Mengen  nicht  bilden  kann.    Da  ferner  die  Abkühlung  des 


§  2.  Die  Weruahäle.  837 

• 

Wassers  bei  einer  bestimmten  sekl.  Wassermenge  am  so  kleiner  wird,  je  kleiner  die 
Spiegelbreite  ist,  so  werden  auch  in  einem  Querschnitt  die  sich  an  der  Oberflache 
bildenden  Eiskristalle  in  um  so  grösserer  Zahl  zum  Schmelzen  gebracht  werden,  je  grösser 
die  Wassertiefe  im  Werkkanal  im  Verhältnis  zur  Spiegelbreite  wird. 

Was  nun  das  Gallerteis  betrifft,  so  tritt  es  meist  auf,  wenn  nach  Tauwetter 
plötzlicher  Frost  eintritt  oder  umgekehrt,  wobei  stark  gekühlte  Wassermassen  mit 
grösseren  Mengen  von  Eispartikeln,  welche  von  einer  zerstörten  Oberflächen-Eisschicht, 
oder  von  auftreibendem  Grundeis,  oder  von  Schneefall  herrühren  können,  in  die  tieferen, 
wärmeren  Wasserschichten  getrieben  werden.  Es  entstehen  gallertartige  Massen,  deren 
Zellenwände  aus  salzreicherem  Wasser  bei  einer  Temperatur  wenig  über  0°  starke  Grenz- 
flächenspannungen gegen  das  reinere  Wasser,  mit  denen  die  Zellen  gefüllt  sind,  besitzen. 
Zellenwände  und  Zelleninhalt  können  hierbei  ihre  Rolle  vertauschen.  Bei  einer  Temperatur 
von  0°  erstarrt  der  Zelleninhalt,  während  die  salzreicheren  Zellenwände  mit  etwas 
niedrigerem  Gefrierpunkt  noch  flüssig  bleiben,  indem  zu  ihrer  Erstarrung  die  erforder- 
liche überschüssige  Kälte  fehlt.  Soweit  die  letztere  Zutritt  hat,  bringt  sie  vielmehr  stets 
neue  Zellen  zum  Erstarren.  Auf  solche  Weise  kann  das  lockere  unzusammenhängende 
Gallerteis  in  der  ganzen  Wassermasse  entstehen.  Stark  begünstigt  wird  die  Gallerteis- 
bildung dort,  wo  kühlere  Wassermassen  mit  ihren  Treibeispartikeln  in  wärmeres  Wasser 
unter  eine  abwärts  an  ruhiger  Stelle  bereits  gebildete  Oberflacheneisschicht  getrieben 
werden.  In  ähnlicher  Weise,  wie  durch  den  schnellen  Wechsel  in  der  Aussentemperatur, 
wird  die  Bildung  von  Gallert  eis  begünstigt,  wenn  das  ursprünglich  auf  fast  0°  abgekühlte 
Wasser  eines  Werkkanals  aus  einer  längeren  überdeckten  Strecke,  in  welcher  es  Erd- 
wärme aufnehmen  konnte,  unvermittelt  in  ein  offenes  Profil  übergeht  oder  umgekehrt, 
oder  wenn  ein  durch  Massen  von  schwimmenden  Eispartikeln  abgekühltes  Wasser 
plötzlich  aus  einem  engeren  Profil  mit  grosser  Geschwindigkeit  in  ein  weiteres  mit 
kleiner  Geschwindigkeit  gelangt.  Obwohl  das  Gallerteis  genau  genommen  nicht  zu  dem 
Grundeis  im  eigentlichen  Sinne  gehört,  wird  es  doch  in  der  Praxis  dazu  gerechnet, 
weil  es  meist  nicht  allein  auftritt  und  weil  es  vom  Grundeis  schwer  zu  unter- 
scheiden ist. 

Es  könnte  demnach  scheinen,  als  ob  die  im  Abschnitt  e  „Ablagerungsbecken" 
empfohlene  Art  der  Profilerweiterung  der  Gallerteisbildung  günstig  wäre.  Indessen 
bei  Werkkanälen  ist  der  Aufenthalt  des  Wassers  in  solchen  Ablagerungsbecken  doch  zu 
kurz  (6 — 10  Minuten),  als  dass  eine  Gallerteisbildung  in  schädlichem  Umfange  in  ihm 
sich  entwickeln  könnte,  selbst  wenn  sich  im  Ablagerungsbecken  am  unteren  Ende  eine 
Oberflächeneisschicht  gebildet  haben  sollte,  unter  welche  das  im  offenen  Werkkanal 
unterkühlte  Wasser  treten  könnte.  Was  im  übrigen  die  Mittel  betrifft  zur  Verhin- 
derung der  Bildung  von  Gallerteis  in  Werkkanälen,  so  ist  besonders  durch  die  richtige 
Anlage  des  Einlaufs  und  des  Regulierungswerkes  dafür  zu  sorgen,  dass  Stück- 
eis aus  dem  See  oder  Fluss  möglichst  vollständig  zurückgehalten  wird  und  auch  dem 
Grundeis  aus  dem  Flusse  der  Eintritt  in  den  Werkkanal  tunlichst  verwehrt  wird,  damit 
eine  Unterkühlung  des  Wassers  im  Werkkanal  durch  das  Schmelzen  dieses  Eises  nach 
Möglichkeit  vermieden  wird.  Ferner  wird  man  bei  Werkkanälen  mit  grossem  Querschnitt 
und  grosser  Spiegelweite,  wie  z.  B.  beim  LechwerkGersthofen,  wenn  die  normale 
Geschwindigkeit  die  Bildung  einer  Eisoberfläche  bei  starkem  Frost  gestattet,  im  Betriebe 
durch  möglichstes  Konstanthalten  des  Wasserspiegels  dafür  zu  sorgen  haben,  dass  diese 
Eisoberfläche  nicht  plötzlich  zerbricht,  sondern  bei  eintretendem  Tauwetter  allmählich 
zum  Schmelzen  gebracht  wird.  Ist  die  obere  Eisschicht  aber  zerbrochen,  so  sollte  sie 
so  schnell  wie  möglich  zur  Abführung  kommen.    Bei  kleineren  Kanalprofilen  mit  ge- 


838  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

ringer  Wassertiefe  wird  man,  soweit  es  die  verfügbaren  Anlagekosten  gestatten,  das  Profil 
am  besten  ganz  abdecken,  wie  es  z.B.  bei  der  Anlage  Novalesa  an  der  Cenischia 
geschehen  ist,  wo  der  2341,0  m  lange  obere  Werkkanal  mit  einer  normalen  Wassertiefe 
Ton  1,0  m  auf  0,90  m  Spiegelbreite  ganz  abgedeckt  wurde  (S.  374  a.  Tai.  XII,  £ig.  2). 

Auch  bei  der  Anlage  La  Goal e,  wo  der  Werkkanal  im  ganzen  520,0  m  lang 
ist  und  auf  440,0  m  im  Tunnel  liegt,  hat  man  die  offenen  Strecken  mit  Bohlen  ab- 
gedeckt (S.  398). 

Schliesslich  wirkt  auch  die  Wahl  eines  im  Verhältnis  zur  Breite  tiefen  Profils 
der  Bildung  von  Gallerteis  entgegen,  weil  die  Abkühlung  aller  Wasserschichten  auf 
nahezu  0°  bei  derartigen  Profilen  nicht  so  leicht  eintritt. 

Das  Gallerteis  ist  übrigens  so  dünnflüssig,  dass  es  sowohl  durch  den  Rechen  als 
auch  darch  die  Turbinen  unschädlich  hindurchgeht,  sofern  es  nicht  in  sehr  grossen 
Massen  auftritt. 

Wegen  Beseitigung  des  in  sehr  grosser  Menge  auftretenden  Gallerteises  von  dem 
Rechen  wird  weiter  unten  noch  einiges  mitgeteilt  (S.  841). 

Bei  der  Anlage  Hafslund  (vergl.  Taf.  XXXIII,  Fig.  6)  ist  die  Stellung  des 
Rechens  insofern  ungünstig,  als  sich  ein  Strom  längs  des  Rechens  nach  dem  Über- 
lauf oder  dem  Grnndablass  nicht  bilden  kann.  Auch  ist  kein  genügend  grosser  Absatz 
zwischen  Beckensohle  und  Rechenschwelle  gebildet  Hätte  man  z.  B.  den  Rechen  un- 
gefähr parallel  mit  der  linken  Ufermauer  des  Werkkanals  gestellt  und  der  Rechenschwelle 
einen  hohen  Absatz  gegen  die  Sohle  des  Beckens  gegeben,  so  würde  es  wahrscheinlich 
möglich  gewesen  sein,  den  grössten  Teil  des  Grundeises  durch  zeitweises  Ziehen  der 
Spnlschützen  zur  Abführung  zu  bringen.  Der  Rechen  besteht  aus  zwei  Absätzen  **),  einem 
unteren  und  einem  oberen,  und  die  Rechenstäbe  haben  gegen  die  Wagerechte  nur  eine 
Neigung  yon  60°.  Die  Schwierigkeiten  beim  Auftreten  des  Grundeises  kommen  im 
wesentlichen  nur  an  dem  unteren  Teile  des  Rechens  vor.  Man  hat  sie  anfangs  in  der 
Weise  zu  bewältigen  versucht,  dass  man  Leute  anstellte,  welche  durch  Eisenharken  an 
Holzstielen  die  lichten  Zwischenräume  zwischen  den  Stäben  von  Eis  freihalten  mussten. 
So  lange  der  Betrieb  verhältnismässig  klein  war,  genügte  diese  Massregel,  wenn  sie  auch 
in  unliebsamer  Weise  die  Betriebskosten  erhöhte.  Als  der  Betrieb  aber  nach  Vol- 
lendung des  zweiten  Ausbaus  stärker  wurde,  konnten  die  Arbeiter  nur  mit  Mühe  die 
obersten  2,0  bis  3,0  m  des  Rechens  einigermassen  freihalten.  Man  hat  deshalb  zu  einer 
maschinellen  Vorrichtung  greifen  müssen,  und  es  ist  nach  vielen  Versuchen  die  in 
Abb.  257  dargestellte  Vorrichtung  ausgeführt  worden,  welche  ihren  Zweck  vollständig 
erfüllen  soll"). 

Durch  einen  15  pferdigen  elektrischen  Motor  wird  eine  Zahnradwelle  angetrieben  and  darch  die 
letztere  werden  Eisenrahmen  mit  Querstäben,  welche  auf  den  unteren  Rechen  liegen,  derart  in  auf-  und 
abgehender  Bewegung  gehalten,  dass  jeder  Punkt  des  Rechens  5  bis  6  mal  in  der  Minute  von  einem 
Eisenstabe  geschabt  wird.  Hierdurch  bekommen  die  Eisnadelklumpen  nie  genügende  Ruhe,  um  sich  zu 
grossen  Massen  aufeinander  legen  zn  können,  das  Triebwasser  nimmt  vielmehr  immer  das  Grundeis 
mit  sich  durch  den  Rechen,  bevor  es  zn  grossen  Klumpen  sich  zusammenballen  kann.  Einige  Rahmen 
werden  heraufgezogen,  während  eine  gleiche  Zahl  anderer  abwärtsgehen,  sodass  die  Bewegungskraft 
des  Motors  im  wesentlichen  nur  zur  Überwindung  der  Reibungen  verwendet  wird. 

Bei  Hafslund  findet  wahrscheinlich  in  dem  nur  270,0  m  langen  Werkkanal  selbst, 
dessen  Sohlenbreite  10,0  m  und  dessen  normale  Wassertiefe  6,5  m  beträgt,  bei  einer 


•*)  Man  hat  die  Absicht,  den  Rechen  so  umzubauen,  dass  der  Absatz  beseitigt  wird  und  der 
Rechen  in  einer  Ebene  von  unten  nach  oben  verläuft. 

sc)  Nach  Umbau  des  Rechens  soll  auch  die  Schabevorrichtung  so  umgebaut  werden,  dass  die 
ganze  Rechenfliche  von  unten  bis  oben  geschabt  werden  kann. 


§  2.  Die  Werkkamäle.  839 

Wassergeschwindigkeit  von  2  m/sek.  eine  Grundeisbildang  nur  in  verschwindendem  Masse 
statt,  es  wird  vielmehr  das  Grnndeis  ans  dem  Glommen  in  den  Werkkanal  hineingeführt. 
Bei  der  Anlage  Rheinf  elden  (Taf.  XL VII)  kann  das  Grandels  ans  dem  Rhein  unge- 
hindert in  den  Werkkanal  eintreten.  Die  Geschwindigkeit  in  letzterem  beträgt  1 ,5 — 2,0  m/aek. 
Der  Rechen  steht  hier  ganz  ohne  Absatz  auf  der  Beckensohle,  and  da  die  Durcbfluss- 
geschwindigkeit  durch  den  Rechen  sehr  gross  ist,  wird  das  Grundeis  mit  grosser  Wucht 
namentlich  gegen  die  unteren  Teile  des  Rechens  getrieben.     Je  mehr  Querschnitten  äche 

Abb.  257.     Vorrichtung  t 


min  durch  das  Grundeis  von  unten  beginnend  geschlossen  wird,  um  so  grösser  wird  die 
Geschwindigkeit  und  mit  um  so  grösserer  Kraft  wird  das  Grnndeis  zusammengeballt. 
Wäre  die  Rechenschwelle  etwa  um  0,5 — 1,5  m  gegen  die  Beckensohle,  bezw.  Kanalsohle 
erhöht,  und  hätte  man  der  Sohle  längs  der  Rechenschwelle  nach  dem  Freilauf  zu  eine 
möglichst  starke  Neigung  gegeben,  so  würde  ein  grosser  Teil  des  Grundeises  an  der 
Schwelle  zurückgehalten  und  schon  durch  den  Strom  des  Wassers  gegen  den  Grundablass 
za  geführt  worden  sein,  wo  es  dann  durch  das  Ziehen  der  Schützen  hatte  abgeführt 
werden  können. 

Bei  den  Rechenanlagen,  deren  Schwellen  auf  der  Sohle  des  Beckens 
oder  des  Werkkanals  liegen,  wie  es  z.  B.  bei  den  vier  Anlagen  mit 
stehenden  Schach  tturbinen,  Beznaa,  Chevres,  Hagneck  und  Rheinf  elden 


840         HL    Theodor  Eokhn.    Ausbau  vom  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

der  Fall  ist,  zeigt  sich  oft  noch  eine  andere  Schwierigkeit,  welche  von  dem  Kiese  her- 
rührt. Abgesehen  von  dem  Übelstande«  dass  bei  derartigen  Anlagen  der  bis  tot  den 
Rechen  geführte  kleinere  Kies  und  der  Sand  ungehindert  in  die  Turbinen  hinein- 
gelangen können,  werden  auch  grössere  Kieselsteine  auf  die  schräge  Rechenfl&che 
heraufgetrieben,  und  sie  klemmen  sich  dann  vielfach  zwischen  den  Stäben  fest.  Auf 
diese  Weise  kann  unter  Umständen  in  kurzer  Zeit  ein  grösserer  Teil  des  freien  Durch- 
flussprofils geschlossen  werden.  Je  mehr  Kieselsteine  den  Querschnitt  verengen,  um  so 
grösser  wird  die  Geschwindigkeit  des  durchfliessenden  Wassers  und  um  so  schneller  werden 
noch  weitere  Kieselsteine  nachgetrieben.  Bei  der  Anlage  Rheinfelden,  wo,  wie  bereits 
mehrfach  erwähnt,  der  Rechen  sehr  spitzwinklig  zur  Stromrichtung  des  ankommenden 
Wassers  steht,  kann  man  beobachten,  wie  die  Kieselsteine  zwar  ein  Ende  lang  auf  der 
Rechenflache  entlangrollen  oder  -springen,  um  aber  dann  doch  durch  den  Strom  des 
Wassers  fest  zwischen  die  Stäbe  gedrückt  zu  werden. 

Nach  den  Angaben  von  M.  A.  Boucher87)  sollen  in  Chevres,  bevor  die  neue  Grund- 
mauer geschaffen  war,  wenn  die  Arve  Hochwasser  hatte,  70  Mann  am  Rechen  nötig 
gewesen  sein,  um  den  Kies  zu  beseitigen,  was  natürlich  in  sehr  unliebsamer  Weise  die 
Betriebskosten  beeinflussen  musste.  Auch  in  Rheinfelden  wird  zur  Reinigung  des 
Rechens,  wenn  der  Rhein  reichlich  Geschiebe  und  Laub  führt,  viel  Personal  nötig.  An 
jeder  Rechenharke  müssen  5  Mann  stehen,  weil  weniger  Leute  wegen  des  starken  Stroms 
nicht  imstande  sind  die  Rechenharken  von  unten  nach  oben  heraufzuziehen. 

Alle  diese  Erfahrungen  und  Überlegungen  müssen  nach  Ansicht  des  Verfassers 
dazu  führen,  namentlich  bei  grösseren  Anlagen  mit  Schachtturbinen,  eine  andere  Art 
der  Aufstellung  der  Rechen  als  die  geneigte  zu  wählen.  Man  kann  zwar  bei  geneigt  ge- 
stellten Rechen  die  geschilderten  Schwierigkeiten  dadurch  etwas  verringern,  dass  man 
nicht  scharfkantige  Flacheisen,  sondern  Eisen  mit  abgerundeten  Ecken  für  die  Rechen- 
stäbe verwendet,  und  dass  man  letztere  nicht  lotrecht  zur  Rechenfläche,  sondern  spitz- 
winklig und  zwar  flussabwärts  gerichtet,  anordnet,  weil  durch  beide  Massregeln  das 
Festklemmen  des  Kieses  erschwert  und  seine  Beseitigung  erleichtert  wird,  aber  erstens 
lässt  sich  dadurch  eine  durchgreifende  Verbesserung  auch  nicht  erzielen  und  zweitens 
halten  die  scharfkantigen  und  lotrecht  zur  Rechenfläche  stehenden  Stäbe  das  Laub  wirk- 
samer zurück.  Es  scheint  deshalb  richtiger,  statt  den  Rechen  geneigt  mit  einem  Winkel 
von  40  bis  45°  gegen  die  Horizontale  aufzustellen,  ihn  vollkommen  wagerecht 
zu  legen  und  die  Stäbe  parallel  zur  Rechenschwelle  anzuordnen.  Auf 
diese  Weise  wird  es  leicht  möglich,  die  Rechenschwelle  0,5  bis  2,0  m  über  der  Becken- 
sohle anzuordnen  und  der  Sohle  längs  der  Rechenschwelle  eine  starke  Neigung  nach 
dem  Spülablass  zu  geben.  Das  Wasser  muss  also  vertikal  von  oben  nach  unten  durch 
den  Rechen  hindurchtreten,  um  dann  jenseits  der  die  Rechenfläche  abschliessenden  lot- 
rechten Wand  wieder  aufzusteigen. 

Während  die  Durchflussfläche  des  geneigt  gestellten  Rechens  bei  Chevres  z.B. 
gerade  dann  am  kleinsten  ist,  wenn  die  grösste  sekl.  Wassermenge  hindurchfliessen  muss, 
weil  der  Wasserspiegel  am  Wehre  wegen  der  Öffnung  der  Wehrschützen  sinkt,  würde 
die  Durchflussfläche  bei  einem  liegenden  Rechen  stets  dieselbe  bleiben.  Alle  an  der  Ober- 
fläche schwimmenden  Körper  werden,  wenn  die  Durchflussgeschwindigkeit  nicht  zu  gross 
(<£  1,5  m/sek.)  angenommen  wird,  nicht  auf  den  Rechen  gelangen,  sondern  sich  an  der 
vertikalen  Abechlusswand  sammeln  und  durch  den  Strom  nach  den  Eisschätzen  hingetrieben 
werden.    Überdies  würde  es  nur  geringer  Kraft  bedürfen,  um  an  der  vertikalen  hinteren, 


3?)  Compte  rendu  du  Congree  de  la  Houüle  Blanche.  G renoble  1902.  1.  Volume,  &  884. 


|  2.  Die  WeekkavIle.  841 

geschlossenen  Wand  haftende  Körper  mit  Holztafeln  an  hölzernen  Stangen  nach  den  Ein- 
schätzen hin  zu  schieben.  Das  gilt  besonders  auch  von  einem  grossen  Teil  des  Grund 
eises,  welches  nicht  mehr  von  dem  Strom  des  ankommenden  Wassers  gegen  die  Rechen- 
fläche getrieben  würde,  sondern  gegen  die  geschlossene  vertikale  Wand,  wo  es  von  dem 
Stoss  des  Wassers  und  der  nachdringenden  Eisnadel  zusammengeballt  werden  würde. 
Als  ein  weiterer  Vorteil  des  liegenden  Rechens  kann  gelten,  dass  man  die  lichte 
Weite  zwischen  den  Stäben  grösser  machen  könnte,  weil  die  an  der  Oberfläche  treiben- 
den Körner  nicht  mehr  zu  den  Rechen  gelangen  können  nnd  weil  auch  Fische  nur  aus- 
nahmsweise den  Weg  durch  einen  solchen  Rechen  nehmen  würden.  Dadurch  würde 
aber  wiederum  ein  grösserer  Teil,  namentlich  des  gallertartigen  Grandeises  leicht  und 
unschädlich  durch  den  Rechen  hindurchgelangen.  Ausserdem  wird  bei  einem  liegenden 
Rechen  stets  die  ganze  Rechenflache  ziemlich  gleichmassig  für  den  Durchgang  des  Grund- 

Abb.  258.     Querschnitt  durch  die  vorhandenen  Rech  eil  an  lagen   im  Krafthaose  der  Anlage  Beznau  mit 
Darstellung  der  vorgeschlagenen  Anordnung  eines  liegenden  Rechens. 


eises  benutzt  werden,  während  bei  den  stehenden  Rechen  vornehmlich  die  unteren 
Teile  vom  Grundeis  betroffen  werden  und  deshalb  die  Verstopfung  des  Rechens  in  der 
Regel  von  unten  beginnt  und  nach  oben  fortschreitet. 

Auch  bei  der  vorgeschlagenen  Anordnung  liegender  Rechen  ist  es  vorteilhaft,  die 
Rechenschwelle  möglichst  spitzwinklig  zur  Stromrichtung  aufzustellen.  Der  Kies  und 
gröberer  Sand  werden,  wenn  der  Absatz  vor  der  Schwelle  am  oberen  Ende  mindestens 
0,5  m  betragt  und  nach  dem  Grundablass  hin  wächst,  nicht  auf  den  Rechen  kommen 
können,  ebenso  wird  sich  ein  grosser  Teil  des  Grundeises,  welcher  sich  in  den  tieferen 
Schichten  bewegt,  vor  der  Schwelle  sammeln  und  durch  die  Spülwirkung  um  so  wirk- 
samer ins  Unterwasser  getrieben  werden  können ,  je  grösser  die  Neigung  der  Sohle  ist. 

Man  könnte  nun  noch  auf  der  vorderen  Rechenschwelle  eine  auf  einzelnen  eisernen 
Gitterstützen  ruhende  Bedienungsbrücke  errichten  (Abb.  259),  um  gallertartiges  Eis, 
wenn  es  sich  in  grösseren  Mengen  ansammeln  sollte,  durch  Schleppnetze  aus  feinem 
Drahtgeflecht  oder  durch  eine  ähnliche  Einrichtung,  welche  in  Richtung  der  Rechen- 
schwelle stromabwärts  zu  ziehen  wäre,  zu  beseitigen.    Auch  könnten  mit  Hilfe  einer 


842 


III.     Thbodob  Koehh.     Ausbau  vom  Wasserkräfte-*.     Einzelheiten. 


solchen  Bedienungsbrücke  Schabewerke  nach  dem  Muster  derjenigen  der  Anlage  Hafs- 
Inud  (Abb.  257)  eingerichtet  werden,  welche  in  diesem  Falle  auf  maschinellem  Wege 
nicht,   wie  bei  dem  erwähnten,   auf  und  ab,   sondern  auf  der  wagerechten  Fläche  hin 

Abb.  269.     Querschnitt   durch   die  vorhandene  Rechenanlage    »m  Krafthaute   der  Anlage  Chevres  mit 
Darstellung  der  vorgeschlagenen  Anordnung  eines  liegenden  Rechen*. 


Abb.  260.      Querschnitt    durch    die  vorhandene    ifechenanlage    am 

Krafthause  der  Anlage  Rheinfelden  mit  Darstellung  der  vorge- 

geachlagenen  Anordnung  eines  liegenden  Rechens. 


und  her  zu  ziehen  und  zu  schieben  wären.  Nach  Ansicht  des  Verfassers  würde  sich 
allerdings  bei  einem  richtig  angelegten  liegenden  Rechen  die  Notwendigkeit,  Schabe- 
werke einzubauen,  überhaupt  nie  ergeben.     Zur  Veranschaulichung  der  vorgeschlagenen 

Anordnungen  sind  in  den 
Abb.  258.  259  und  260  für  die 
Anlagen  Beznau,  Chevres 
und  Rheinfelden  in  die 
Querschnitte  durch  die  Rechen- 
anlage liegende  Rechen 
schematisch  eingezeichnet. 

Bei  der  Anlage  Chevrea 
sinkt  bei  Hochwasser  wenn  alle 
Schützen  des  Wehres  gprogen  sind, 
der  Wasserspiegel  am  Bechern  »af 
-{-  366,7ri.  Die  vorhandene  Recbea- 
9ch  welle  liegt  bündig  mit  der  Becken- 
sohle  auf  -j-  364,75,  sodass  nur  eine 
Wassert iefe  von  2,0  m  am  Rechen 
vorhanden  ist.  Bei  Hochwasser 
schluckt  jede  Turbine  21,5  com  »ct. 
weil  das  DrackgefUIe  auf  4,30  m 
abfallt  (S  448).  Beim  normale» 
Winter-Stau  liegt  der  Wasserspiegel 
am  Rechen  dagegen  auf  -f-  370,00, 
es  ist  also  eine  Wassertiefe  von  5,25  m  vorhanden  und  jede  Turbine  verbraucht  bei  8,15  m  Gefalle  nur 
rd.  14,1  cbm  sek.  Die  Weite  jeder  Turbinen  kam  ine  r  betragt  7,5  m  von  Pfeilermitte  in  Pfeilerini  tte  ge- 
messen. Bei  einer  Dicke  der  Rechenstabe  von  1,2  cm  und  einer  lichten  Weite  (wischen  den  SUben 
von  4  cm  entfallen  auf  eine  Turbinen  kammerbreite  144  Staböflnungon.    Die  benetite  Lange  eines  Stabes 


§  2.  Die  WebkkanIle.  843 

betragt  bei  2,0  m  Wassertiefe  2,88  m,  es  ist  also  für  jede  Kammer  ein  Durchflassprofil  F  vorhanden  von 

144.0,04.2,88=16,8  qm.    Nimmt  man  den  Durchflassbeiwert  p  durchschnittlich  zu  0,70  an,  so  kann 

21  5 
man  überschläglich  setzen:  Q=/*.F.y  ond  v  =  a7—t^ö==  *»89  m/sek    Diese  Geschwindigkeit  würde 

herrschen,  wenn  die  ganze  Dnrchflnssfliche  des  Rechens  frei  wäre,  sie  steigert  sich  aber,  sobald 
ein  Teil  durch  Xies  oder  Schwimmkörper  verschlossen  wird.    Der  genannten  Durchfluss- 

v1 

geschwindigkeit  entspräche  bereits  ein  Druckrerlust  h  =  tT-  =  rd.  0,184,  wenn  man  die  Geschwindig- 

keit  des  ankommenden  Wassers  vernachlässigt.  Beim  normalen  Winter-Stau  wird  dagegen  die  normale 
Durchflussfiäche  F  =  42,8  qm  und  v  nur  =0,88  m/sek.  Bei  dieser  Anlage  tritt  also  der  Nachteil 
des  stehenden  Rechens,  dass  bei  dem  grüssten  Wasserverbrauch  der  Turbinen  der  Durcfaflussquer- 
schnitt  am  kleinsten  wird,  scharf  hervor.  —  Bei  einem  liegenden  Rechen  kann  man  den  Durchfluss- 
beiwert  zu  0,90  bis  0,96  annehmen,  weil  wegen  des  mangelnden  Luftzutritts  sich  die  Einschnürung  nicht 
ausbilden  kann.  Die  lichte  Rechenfläche  kann  daher  um  28  bis  27%  kleiner  sein.  Würde 
man  die  lichte  Weite  zwischen  den  Stäben  bei  einem  liegenden  Rechen  zu  5  cm  wählen  und  die  Stab- 
dicke wiederum  zu  1/2  cm,  so  würden  auf  je  1,0  m  Rechenbreite  16  Staböffnungen  entfallen  und  auf  1  qm 
Rechenfiäche  rd.  0,80  qm  Durchflussquerschnitt,  anstatt  rd.  0,78  qm  bei  geneigtem  Rechen  mit  4  cm 
Stabweite.  Aus  dieser  Rücksicht  könnte  also  die  Rechenfläche  beim  liegenden  Rechen  abermals 
4°/o  kleiner  sein.  Wenn  man  von  der  Weite  der  Turbinenkammern  für  die  zur  Unterstützung  des 
Rechens  notwendigen  Träger  0,20  m  abzieht,  so  würde  sich  für  je  1  m  Breite  der  Rechenfläche  eine 
Durchflussweite  pro  Kammer  von  7,80 . 0,80  =  5,84  qm  ergeben.    Wenn  14,1  cbm/sek.  mit  rd.  0,50  m/sek. 

141 
hindurchfliessen  sollten,  so  würde  die  Breite  b  (Abb.  259)  der  Rechenfläche  sein  müssen  =/vng   koä  ne 

0,96  .o,o4.U,t> 

^2  5,00  m.    Die  Geschwindigkeit  bei  21,5  cbm/sek.  würde  nur  0,77  m/sek.  und  der  Gefäll  verlast  am 

Rechen  selbst  rd.  0,029  m  betragen. 

Man  könnte  nun  die  Krone  der  Rechenschwelle  etwa  0,5  m  höher  als  die  vorhandene  Schwelle 
legen ,  es  würde  also  dann  bei  Hochwasser  in  der  Rhone ,  also  bei  einem  Wasserspiegel  auf  +  866,75 
am  Rechen  noch  eine  Wassertiefe  von  1,50  m  über  der  Rechenschwelle  vorhanden  und  damit  ein  Quer- 
schnitt pro  Kammer  von  7,80 . 1,50  — 10,95  qm  frei  sein.  Wenn  man  einen  Durchflussbeiwert  für  das 
übertretende  Wasser  von  0,85  (S.  624)  annimmt,  so  müsste  das  Wasser  bei  einem  Verbrauch  von  21,5  cbm/sek. 

21 5 
pro  Turbine  mit  einer  Geschwindigkeit  von  nQ    ■■'    QK  =  2,81  m/sek.  übertreten,  wodurch  ein  Gefäll- 

U,oO  .  lv,«7t> 

verlnst  von  0,27  m  entstünde,  wenn  man  die  Geschwindigkeit  des  ankommenden  Wassers  vernachlässigen 

wollte.     Da  aber  üe  Geschwindigkeit  des  ankommenden  Wassers  bei  H.W.  gleich  oder  grösser  als 

2,81  m  sek.  ist,  so  würde  ein  Gefallverlust  an  der  erhöhten  Rechenschwelle  überhaupt  nicht  eintreten. 

Beim  normalen  Betriebe  ist  ein  Querschnitt  von  7,80 . 4,75  =  84,68  qm  über  der  Rechen  schwelle  vor  jeder 

14 1 
Kammer  vorbanden,  also  die  Übertritt-Geschwindigkeit  des  Wassers  nur  etwa  aöc- oVßö  =  0,48  m/sek. 

Der  Raum  unter  dem  Rechen  würde  gleich  der  lichten  Öffnung  der  Turbinenkammerschütze  zu  bemessen 
sein  und  ebenso  müsste  an  jeder  Stelle  unterhalb  des  Rechens  mindestens  ein  gleiches  Durchflussprofil 
vorhanden  sein.  Bei  einer  solchen  Anlage  würde  der  eiserne  Rechen  selbst  zweifellos  billiger  werden, 
die  bauliche  Anlage  aber  etwas  teurer,  als  die  bei  Che v res  ausgeführte,  indessen  würden  die  Mehr- 
kosten gegenüber  den  Vorteilen  kaum  ins  Gewicht  fallen. 

g)  Die  Ausführung  der  Werkkanäle.  In  diesem  Abschnitt  können  nur  einige 
wenige  Gesichtspunkte  zur  Sprache  kommen,  da  eine  ausführliche  Behandlung  des  Stoffes 
zu  weit  führen  würde. 

Für  die  zu  wählende  Ausführungsart  der  Erdarbeiten  sind  die  Masse  des  zu  be- 
wegenden Bodens,  die  durchschnittlichen  Transportwege  und  die  Zeit,  welche  für  die 
Arbeit  zur  Verfügung  steht,  massgebend.  Handelt  es  sich  um  grössere  Massen,  längere 
Transportwege  und  schnelle  Ausführung,  so  wird  man  sowohl  beim  Lösen  und  Ausheben 
als  auch  beim  Transport  und  Einbau  den  maschinellen  Betrieb  vorherrschen  lassen 
müssen,  weil  die  Kosten  für  die  Heranschaffung,  Unterhaltung  und  Tilgung  der  Arbeits- 
maschinen auf  die  grossen  Massen  verteilt,  nur  kleine  Quoten  pro  Einheit  ergeben. 
Bei  kleineren  Massen  wird  dagegen  für  die  Lösung  und  den  Aushub  des  Bodens  die 


844         IIL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Handarbeit,  für  den  Transport  und  Einbau  der  Kippwagenbetrieb  mit  Menschen-  oder 
Pferdekraft  vorherrschen. 

Ist  Wasserhaltung  nötig,  so  geschieht  sie,  abgesehen  von  den  Fällen,  wo  der 
Wasserandrang  nur  klein  ist,  am  besten  in  der  Weise,  dass  man  zu  beiden  Seiten  der 
Baugrube  je  nach  der  Beschaffenheit  des  Untergrundes  in  Abstanden  von  20,0  bis  40,0  m 
Saugrohre  1,0  bis  3,0  m  unter  die  beabsichtigte  Sohle  absenkt,  diese  Rohre  durch  ein 
gemeinsames  Saugrohr  miteinander  verbindet  und  an  eine  Pumpe  anschliesst  Auf  diese 
Weise  kann  man  den  Aushub  ganz  im  Trocknen  vornehmen,  wodurch  an  dem  Einheite- 
preis pro  cbm  des  Aushubs  oft  schon  soviel  gespart  werden  kann,  als  der  Pumpenbetrieb 
und  die  Tilgung  der  hierfür  erforderlichen  Anlage  kostet. 

Wenn  das  Material,  welches  im  Einschnitt  gewonnen  wird,  in  Dämme  eingebaut 
werden  muss  und  wenn  dieses  Material  je  nach  seiner  Beschaffenheit  gesondert  in  dem 
Dammkörper  seinen  Platz  zu  finden  hat,  so  ist  eine  besonders  sorgfältige  Vorarbeit  er- 
forderlich, um  alle  Anordnungen  für  den  Aushub  und  den  Bodentransport  so  treffen  zu 
können,  dass  an  jeder  Stelle  der  Dämme  das  gewünschte  Material  zur  Hand  ist,  ohne 
dass  ein  zeitweises  Aussetzen  des  Bodens  und  eine  doppelte  Bewegung  notwendig  wird. 

Es  ist  unbedingt  notwendig,  den  die  Basis  von  Kanaldämmen  bildenden  Terrain- 
streifen von  weicher  Erde  und  allen  Boden  zu  befreien,  welche  noch  von  Wurzelwerk 
durchzogen  sind.  Auch  darf  solcher  Abräumungsboden  nicht  in  die  Dämme  eingebaut 
werden,  sondern  ist  auszusetzen,  um  später  nach  Fertigstellung  der  Dämme  als  Bekleidung 
der  äusseren  Dammböschungen  und  der  inneren  Böschungen,  soweit  sie  über  dem  Hoch- 
wasserspiegel des  Werkkanals  liegen,  zu  dienen. 

Bei  felsigem  Untergrund  kommen  Dämme  meistens  nicht  in  Betracht.  Ist  es 
dennoch  der  Fall,  so  muss  aueh  hier  das  bröcklige  Gestein  abgeräumt,  eine  lager- 
hafte Fläche  geschaffen  und  nötigenfalls  künstlich  aufgerauht  werden.  Durch  Schlitze 
parallel  zur  Dammkrone  sind  die  Widerstände  etwaiger  Wasseradern  in  der  Dammsohle 
zu  vergrÖ8sern.  Alle  Spalten  und  Risse  im  Felsen  sind  durch  Wasserspülung  sorgfaltig 
zu  reinigen  und  mit  Zementmörtel  auszugiessen. 

Um  dem  inneren  Dammfuss  den  nötigen  Halt  zu  geben,  wird  man  ihn  in  Gruben 
von  0,30  bis  1,0  m  Tiefe  und  einer  Breite,  die  sich  nach  der  Höhe  des  Dammes  zu  richten 
hat,  eingreifen  lassen  und  diese  Gruben  mit  möglichst  dichtem  Material  von  lehmigen 
Sand  oder  Ton  ausstampfen  (Abb.  111,  S.  510).  Die  erste  Schicht,  welche  auf  die 
Basisfläche  aufgebracht  wird,  darf  nicht  höher  sein  als  0,15  bis  0,30  cm  und  muss 
sorgfältigst  festgestampft  werden,  damit  eine  dichte  Verbindung  des  Dammes  mit  dem 
Terrain  überall  gesichert  ist  —  Bei  feuchtem  Terrain  und  bei  solchem,  welches  zeit- 
weise bei  höheren  Wasserständen  im  Flusse  überflutet  wird,  ist  durch  Anlage  von 
offenen  Gräben  oder  mit  Steinen  ausgefüllten  Drainagegruben  für  eine  möglichst  schnelle 
und  gründliche  Entwässerung  des  an  den  Damm  angrenzenden  Terrains  zu  sorgen,  da 
die  Trockenlegung  des  Terrains,  auf  welchem  die  Dämme  stehen,  ihre  Standsicherheit 
und  ihre  Dichtigkeit  begünstigt  —  Ist  ein  zu  Rutschungen  geneigtes  Terrain 
mit  der  Linie  des  Werkkanals  nicht  zu  umgehen,  so  sollte  möglichst,  bevor 
das  Gleichgewicht  der  Massen  in  erheblicher  Weise  durch  die  Kanalarbeiten 
gestört  wird,  für  eine  gründliche  Trockenlegung  gesorgt  werden. 

Das  Aufbringen  einer  Dichtungslage  von  reinem  Ton  oder  Lehm,  sowie  der  zuge- 
hörigen Decklage  von  Sand  und  Kies  oder  Schotter  erfolgt  am  besten  erst  nach  völliger 
Fertigstellung  der  Dammschüttung.  —  Bekleidungen  der  Böschungen  mit  Beton  oder 
Pflasterungen  in  hydraulischem  Mörtel  dürfen  unbedingt  erst  aufgebracht  werden,  wenn 


§  2. 


Die  Werkkanäle. 


845 


die  Dämme  sich  gehörig  gesetzt  haben.  —  Besteht  der  Damm  aas  vorwiegend  sandigem 
Material,  so  ist  es  sehr  zu  empfehlen  —  wenn  es  ohne  zu  grosse  Kosten  ausführbar  ist  — 
das  Kanalprofil,  bevor  man  die  Decklagen  aufbringt,  vorsichtig  mehrfach  mit  Wasser  zu 
füllen.  Durch  die  Versickerung  des  Wassers  in  die  Sohle  und  in  die  Dämme  lagert  sich 
alsdann  der  Sandboden  so  dicht  zusammen,  dass  man  spätere  Sackungen  nicht  mehr  zu 
befürchten  hat.  —  Soll  dagegen  die  Befestigung  und  die  Dichtung  der  wasserseitigen 
Böschungen  aus  sandigem  Lehm  mit  hydraulischem  Kalk  nach  dem  Muster  der  Anlage 
Jonage-Cusset-Lyon  (S.  510)  hergestellt  werden,  so  ist  am  besten  diese  Decklage 
zugleich  mit  dem  Fortschreiten  der  Dammschüttung  aufzubringen,  weil  man  dann  den 
nötigen  Platz  hat,  um  schwerere  Walzen  und  Stampfmaschinen  zu  verwenden. 

Bei  der  Anlage  Jonage-Cnsset-Lyon  wurden  diese  Lagen  in  Schichten  von  10  cm  aufge- 
bracht, dann  mit  hydraulischem  Kalkpulver  im  Verhältnis  16  Liter  Kalkpulver  zu  1  cbm  Boden  bestreut, 
mittelst  Sprengtonnen  befeuchtet  und  dann  durch  Walzen  mit  gezahnter  Oberfläche  die  10  cm  starke 
Schicht  auf  5  cm  zusammengepreßt  Bei  etwas  magerem  Boden  als  30%  Lehm  auf  70%  Sand  wurde 
die  Kalkmenge  erhöht. 

Die  bei  der  Jonage  anläge  verwendete  Dampfwalze88)  hatte,  ein  Walzenge  wicht 
von  7  t.  An  Stellen,  wo  diese  grosse  Dampfwalze  sich  nicht  mehr  bewegen  konnte, 
hat  man  mit  je  einem  Pferde  bespannte  eiserne  Zylinderwalzen  von  600  kg  Leergewicht 
und  1000  kg  Gewicht  einschliesslich  eines  gefüllten  Kieskastens  angewendet.  Durch  die 
Kanelierungen  der  Walzen  wurde  zugleich  die  Mischung  des  Kalkes  mit  dem  sandigen 
Lehm  vorgenommen  (Taf.  LUI,  Fig.  8  und  9).  Ausser  diesen  Walzen  hat  man  bei  der 
Jonage-Anlage  noch  eine  Stampfmaschine  (Pi6tineuse,  System  Bony),  welche  auf  Taf.  LIII, 
Fig.  11  bis  14  dargestellt  ist,  verwendet.  Das  Gewicht  der  Maschine  ruht  abwechselnd 
auf  einer  von  den  beiden  Stampfen,  und  die  Maschine  bewegt  sich  beim  Stampfen  von  selber 
vorwärts.  Die  ganze  Maschine  wiegt  7600  kg.  Die  zugehörige  Dampfmaschine  leistet  10  PS«. 
Jede  Stampfe  hat  eine  Stampffläche  von  1,20  m  Länge  und  0,35  m  Breite,  also  eine 
Oberfläche  von  0,42  qm.  Das  auf  den  zu  stampfenden  Boden  zu  übertragende  Gewicht 
beträgt  ungefähr  1,75  kg/qcm.  Bei  Verwendung  dieser  Stampf maschine  musste  die 
Mischung  des  Kalkpulvers  mit  dem  sandigen  Lehm  zuvor  durch  Harken  oder  eiserne 
Eggen  bewirkt  werden89). 


Bei  der  Jonage-Anlage  sind  im  ganzen  843000  cbm  von  solcher  Decklage  (Corrois)  herge- 
gestellt.    Die  Kosten  pro  cbm  haben  betragen: 

#t  — — 


Gegenstand 


bei  Verwendung  von 


der  Dampfzylin- 
derwalze Resal 
Frs. 


Piltinense 

Bony 

Frs. 


Pferdewalze 
Frs. 


Aasbreitling  des  Bodens 

Lieferung  und  Ausbreitung  des  Kalkes 

Mischung  des  Kalkes  und  des  lehmigen  Sandes  .... 

Anfeuchtong 

Fesiwalzen 

Feststampfen 

Unterhaltung  und  Abschreibung  der  Maschinen  und  Gerate 


0,55 
0,40 

0,05 
0,20 

0,10 


0,55 
0,40 
0,06 
0,05 

0,50 
0,04 


1,30 


1,60 


0,55 
0,40 
0,05 
0,05 
1,44 

0,01 


2,50 


>8)  Beschrieben  in  Nr.  19  des  zweiten  Halbjahrbandes  1893  der  Ann.  d.  p.  et  eh. 
*•)  Ren 6  Chauvin,  Constrnction  dn  Canal  de  Jonage.   Paris  1902.    Librairie  polytechniqne 
Ch.  Christian  Beranger,  Rne  des  Saints-Peres  15. 


846         Ilf.    Theodor  Koehn.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    Eihzelheiteh. 

Die  Böschungsflächen  über  dem  höchsten  Wasserstande,  beziehungsweise  oberhalb 
der  Berme,  sowie  die  Aussenböschungen  werden  meistens  mit  Matterboden  belegt  und 
mit  Gras  angesät.  Das  Ansäen  nimmt  man  am  besten  bei  feuchter  Witterung  vor  und 
der  Samen  mnss  möglichst  mit  breiten  Brettern  festgeklopft  werden.  Ausserdem  ist  die 
Bepfianzung  der  nicht  von  Wasser  berührten  Flächen  mit  Weiden  und  Akazien  sehr  zu 
empfehlen,  weil  durch  das  sich  sehr  verbreitende  Wurzelwerk  dieser  Gestrauche  die 
Festigkeit  der  Böschungen  gegen  Ausspülung  durch  Regengüsse  eine  sehr  grosse  wird. 

Die  Befestigung  der  Bermen  erfolgt  am  besten  durch  eine  Kieslage.  Die  Befestigung 
der  Kronen  hängt  natürlich  ganz  davon  ab,  welchen  Zwecken  dieselben  dienen  sollen. 

Deckungslagen  aus  Stampfbeton  werden  meistens  aus  einer  Mischung  von  0,80  cbm 
groben  Kies  mit  Steingrössen  von  nicht  über  5  cm  Durchmesser,  0,50  cbm  Sand,  100 
bis  150  kg  hydraulischen  Kalk  und  100  bis  150  kg  Zement  auf  1  cbm  Stampfbeton 
hergestellt  Die  Stärke  der  Decklage  richtet  sich  nach  der  Wassertiefe.  Bei  Wasser- 
tiefen bis  zu  3,5  m  reicht  eine  Stärke  von  0,20  bis  0,25  m  für  die  Sohle  und  die  unteren 
Teile  der  Böschung  aus.  Für  die  oberen  Teile  der  Böschung  kann  man  die  Betonst&rke 
auf  0,10  bis  0,15  m  verringern.  Die  Hauptsache  ist,  dass  das  Material  gut  gemischt, 
alsdann  so  angefeuchtet  wird,  dass  eine  plastische  Masse  entsteht  und  dass  das  Material 
möglichst  sofort  nach  der  Mischung  eingestampft  wird.  Es  ist  in  Lagen  von  nicht  mehr 
als  20  cm  Höhe  aufzubringen  und  festzustampfen.  Das  sorgfaltige  Stampfen  des  Betons  ist 
für  die  Dichtigkeit  und  Festigkeit  der  Decklage  von  ausschlaggebender  Bedeutung.  Die 
äussere  Holzschalung,  welche  zur  Herstellung  des  Stampfbetons  in  der  projektmässigen 
wasserseitigen  Böschungsfläche  herzustellen  ist,  muss  so  sorgfältig  ausgeführt  werden, 
dass  die  Decklage  eine  gleichmässige  Stärke  erhält,  sowie  eine  vollkommen  ebene  Ober- 
fläche. Unter  keinen  Umständen  darf  die  Betonlage  bei  Frostwetter, 
oder  wenn  Nachtfröste  zu  befürchten  sind,  ausgeführt  werden.  Bei 
sonnigem  Wetter  in  der  heissen  Jahreszeit  muss  die  Decklage  mehrere  Tage  hindurch 
nach  Beseitigung  der  Schalung  angefeuchtet  oder  mit  nassen  Säcken  bedeckt  werden, 
weil  sonst  leicht  durch  die  schnelle  Verdunstung  des  Wassers  im  Beton  Bisse  entstehen. 

Die  auf  diese  Decklage  anzubringende  Putzschicht  von  1,5  bis  2  cm  Stärke  wird 
aus  Mörtel  in  einer  Mischung  von  350  bis  500  kg  hydraulischen  Kalk  und  350  bis  500  kg 
Zement  auf  1  cbm  gewaschenen  scharfen  Sand  hergestellt  und  durch  Reibhölzer  oder 
Bügeleisen  geglättet.  Wird  dieser  Putz  bei  einer  Temperatur  von  09  und 
darunter  aufgebracht,  oder  tritt  in  den  nächstfolgenden  Nächten  nach 
Fertigstellung  des  Putzes  Frost  ein,  so  löst  sich  der  Putz  los  und  fällt  ab. 
Man  muss  deshalb  bei  der  Disposition  der  Gesamtarbeit  von  vornherein  darauf  Rücksicht 
nehmen,  dass  die  Herstellung  der  Decklage  in  Beton  und  ganz  besonders  die  Putzschicht 
bei  gelindem  Wetter  zur  Ausfuhrung  kommt.  In  den  ersten  6  bis  8  Tagen  nach  Her- 
stellung des  Putzes  ist  er  auch  sehr  sorgfältig  gegen  die  Einwirkungen  der  heissen 
Sonne  zu  schützen,  weil  er  sonst  stark  rissig  wird.  Am  wünschenswertesten  ist  es, 
wenn  man  bald  nach  dem  Abbinden  der  Putzschicht  den  Kanal  unter  Wasser  setzen  kann. 

Bei  dem  Brückenkanal  in  Stampfbeton  der  Anlage  Vizzola  (Tai.  II,  Fig.  3)  hat 
sich  die  Dichtungslage  aus  Asphalt-Filzplatten  bewährt.  Es  wurden  3  Lagen  übereinander 
aufgebracht.  Zunächst  wurde  die  vollständig  trockene  Fläche  des  Betons  mit  Besen  und 
Bürsten  auf  das  sauberste  gereinigt  und  dann  mit  heissem  Asphaltteer  bestrichen. 
Hierauf  wurde  erst  eine  Lage  Asphaltfilz  aufgelegt  und  befestigt  und  diese  wiederum 
mit  heissem  Teer  bestrichen  und  so  fort  bis  3  Schichten  übereinander  lagen.  Waren 
1,0  bis  2,0  lfm.  des  Profils  auf  diese  Weise  mit  der  im  ganzen  3  cm  starken  Dichtung»- 


§  3.  Schützen.  847 

schiebt  belegt,  so  wurde  sofort  eine  15  cm  starke  Decklage  aus  fettem  Sandbeton  mit 
Hilfe  einer  Holzschalung  aufgebracht  und  sorgfaltig  festgestampft.  Diese  Schicht 
blieb  solange  in  der  Schalung ,  bis  sie  völlig  abgebunden  war,  damit  durch  die  Sonne 
keine  Risse  entstehen  konnten.  Schliesslich  ist  dann  diese  Decklage  noch  mit  einem 
Glattputz  versehen.  Es  ist  bei  derartigen  Arbeiten  von  besonderer  Wichtigkeit,  dass 
der  heisse  Asphaltteer  nicht  Zeit  hat  von  den  Asphaltschichten  abzufliessen,  sondern  so 
schnell  wie  möglich  mit  der  Decklage  versehen  wird. 

Mit  besonderer  Sorgfalt  sind  die  Anschlüsse  von  Brückenkanälen  an  die  Einschnitte 
oder  Dämme  zu  behandeln  (Taf.  II,  Fig.  1).  Der  Brückenkanal  muss  sich  soweit  in  den 
Damm  oder  Einschnitt  fortsetzen,  dass  die  Reibung  zwischen  Dammaterial  und  Aussen- 
wandung  des  Brückenkanals  gross  genug  wird,  um  die  Bildung  von  Wasseradern  zu  ver- 
hindern. Als  ungefähren  Anhalt  für  die  Länge,  mit  welcher  der  Brückenkanal  in  den 
Erdkanal  einzugreifen  hat,  kann  man  bei  Dämmen  etwa  das  15— 20fache,  bei  Ein- 
schnitten etwa  das  12 — 18fache  der  Wassertiefe  im  Erdkanal  annehmen.  Die  Pfeiler- 
Stellungen  des  Brückenkanals,  deren  Fundamentbreiten  und  Tiefen  so  zu  wählen  sind, 
dass  eine  Sackung  ausgeschlossen  ist,  gehen  schliesslich  in  eine  starke  Betondecke  über. 
Zur  grösseren  Sicherheit  wird  man  meistens  aufwärts  der  Stelle,  wo  das  Profil  des 
Brückenkanals  beginnt,   wenigstens  die  Sohle  des  Kanals  und   die  unteren  Teile  der 

Böschungen  des  Erdprofils  mit  einer  Decklage  in  Beton  von  20  bis  25  cm  abdichten. 

Bei  der  Anlage  Vizzola  gabelt  sich  beim  Beginn  des  BrackenkanaLs  der  Schiffahrtskanal  ab 
(Taf.  II,  Fig.  1).  Man  hat  zur  grösseren  Sicherheit  aufwärts  der  ersten  Schleuse  auf  die  zur  Sohlen- 
befestigung angelegte  1,0  m  starke  Betonschicht  noch  eine  Schicht  von  reinem  geschlemmten  Ton  von 
0,25  bis  0,50  m  Stärke  aufgebracht  und  diese,  um  sie  vor  Auflösung  und  Fortepülung  zu  schlitzen,  mit 
einer  Pflasterung  von  Flachziegel  bedeckt 

Um  die  Reibungswiderstande  von  Wasseradern  längs  der  Aussenflächen  der  in  das 
Erdreich  einbindenden  Mauern  des  Brückenkanals  zu  vergrössern,  wird  man  dieselben 
nicht  glatt  machen,  sondern  vielmehr  mit  kleinen  pfeilerartigen  Vorsprüngen  versehen. 

Ein  Beispiel  für  den  Anschluss  von  Brückenkanälen  in  armiertem  Beton  an  einen 
festen  Endpfeiler  zeigt  Taf.  Uli,  Fig.  5. 

Wegen  weiterer  diesbezüglicher  Einzelheiten  wird  auf  den  zweiten  Teil  des  Hand- 
buches der  Ingenieur-Wissenschaften,  der  Brückenbau,  verwiesen. 

Bemerkung:  Eine  Ableitung  von  Formeln  für  die  Ermittlung  des  wirtschaftlich  günstig- 
sten Querschnitts  von  Werkkanaien  und  für  das  wirtschaftlich  günstigste  Gefälle  unter 
Berücksichtigung  des  Nutzwertes  und  der  Betriebskosten  konnte  vom  Verfasser  erst  wahrend 
Drucklegung  des  §  2  vollendet  werden.  Es  wird  deshalb  diese  Ableitung  als  Anhang  nach 
§  3  folgen. 


§3.  Schützen. 

Hierzu  Tafel  LIV  bis  LVI  i). 

Die  Besprechungen  dieses  §  sind  in  folgende  Abschnitte  eingeteilt: 
1.  Verschlüsse,  welche  in  ebenen  Flächen  auf  und  ab  bewegt  werden, 

a)  Hölzerne  Schützen, 

b)  Eiserne  Schützen, 


i)  Die  Abbildungen  und  Figuren  der  Tafeln  sind  angefertigt:  z.;  T.  nach  der  Veröffentlichung 
von  Ben 6  Chauvin  „Construction  du  Canal  de  Jonage";  z.  T.  nach  der  Veröffentlichung  von  TL  Tur- 
rettini  „Usine  de  Chevres,  Genf  1900";  und  z.  T.  nach  der  Veröffentlichung  der  Ingenieure  Saldini, 
Milani,  Semenza,  Salmojraghi:  „Di  Aleuni -Impianti  pel  Trasporto  Dell'  Energia  Elettrica.  II 
Canale  Industriale  di  Paderno",  —  II  Politecnico,  Mailand  1896;  z.  T.  schliesslich  nach  Zeichnungen  und 
Abbildungen,  welche  dem  Verfasser  von  den  Werken  freundL  zur  Verfügung  gestellt  wurden. 


848  M.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Eihzelheiteh. 

c)  Die  statische  Berechnung  der  Schätzentafeln, 

d)  Die  Aufzugsvorrichtungen  und  einige  Angaben  zu  ihrer  Berechnung. 

2.  Glockenschützen, 

3.  Drehschützen, 

4L  Selbstwirkende  Schützen. 

1.  Verschlisse,  welche  im  ebenen  Fliehen  auf  ud  ab  bewegt  werden*  Bei 
Wasserkraftanlagen  ist  der  bei  weitem  am  häufigsten  angewendete  Verschluss  yon  Durch- 
flussöffnungen die  im  Aufrisse  rechteckige  Schützentafel,  welche  sich  mit  ihren  beider- 
seitigen Bindern  auf  Falzen  oder  Nuten  stützt  und  in  ganz  herabgelassenem  Zustande 
auf  einer  Schwelle  aus  Holz,  Stein  oder  Eisen  aufruht  Meist  bewegen  sich  die  Schützen 
beim  öffnen  oder  Schliessen  der  Durchflussöffnungen  in  lotrechten  Ebenen.  Wenn  es 
sich  aber  um  Wehröffnungen  mit  beweglichen  Losständern  handelt,  welche  an  ihren 
oberen  Enden  in  wagerechten  Scharnieren  drehbar  sind  und  bei  Hochwasser  ganz  aus 
dem  Flussprofil  entfernt  und  unter  die  Bedienungsbrücke  emporgezogen  werden  sollen, 
stellt  man  die  Losstander  auch  wohl  schräg,  um  Anschläge  und  Absätze  in  der  Fluss- 
sohle  zu  Tenneiden.  Infolgedessen  bewegen  sich  die  Schützentafeln  auf  einer  zur  wage- 
rechten Ebene  spitzwinklig  geneigten  (im  Winkel  von  82  bis  85°)  Ebene.  Ein  Beispiel 
für  letzteren  Fall  bietet  das  Wehr  der  Anlage  St.  Maurice-Lausanne  (Taf.  XXIX,  Fig.  2). 

a)  Hölzerne  Schützen  finden  noch  bei  Durchflussöffnungen  bis  zu  etwa  5,0  m  lichter 
Weite  Verwendung.  Bei  grösseren  Lichtweiten  ist  zu  befürchten,  dass  sich  die  Bohlen 
der  Schützentafeln  werfen  und  die  Dichtigkeit  des  Verschlusses  leidet.  Die  einzelnen 
Bohlen  werden  mit  gehobelter  Längsfaser  aufeinander  gesetzt  und  mit  atigearbeiteten 
Nuten  und  Federn  oder  mit  eisernen  Federn  dicht  zusammen  geschlossen.  Durch  Holz- 
leisten und  Eisenbeschläge  oder  nur  durch  letztere  werden  die  Tafeln  zusammengehalten. 
Die  Eisenbeschläge  dienen  zugleich  zur  Aufnahme  der  Angriffspunkte  für  die  Aufzugs- 
Vorrichtungen  (Abb.  261  und  S.  455). 

Über  die  Stärke  der  einzelnen  Bohlen  entscheidet  die  statische  Berechnung  (S.  858). 
Kleinere  Boblenstärken  als  5  cm  werden  in  der  Regel  nicht  verwendet. 

Ein  Beispiel  einfacher  hölzerner  Schützen  bieten  die  Turbinenkammerverschlüsse 
der  Anlage  Marbach-Stuttgart  (Taf.  L1V,  Fig.  1  u.  2).  Bei  grösseren  Wassertiefen 
als  2,5  bis  3,0  m  verteilt  man  den  Gesamtverschluss  am  besten  auf  zwei  oder  mehrere 
Schützentafeln,  welche  sich  entweder  in  ein  und  derselben  lotrechten  Ebene,  wie  bei  den 
Einlaufschützen  der  Anlage  Ghamp  (Füre  et  Morge),  (Abb.  122,  S.  537)  oder  wie  bei 
der  Wehranlage  des  Kraftwerkes  S  i  n  a j  a  (Taf.  LIV,  Fig.  3  bis  5)  in  zwei  parallel  hinter- 
einander liegenden  Ebenen  bewegen. 

Zweckmässig  werdep  die  Höhen  der  einzelnen  Schützentafeln  so  gewählt,  dass  der 
Wasserdruck  auf  jede  ungefähr  gleich  gross  wird,  woraus  sich  ergibt,  dass  die  untere 
Schützentafel  die  kleinste  Höhe  und  die  oberen  entsprechend  grössere  Höhen  zu  erhalten 
haben.  In  den  weitaus  meisten  Fällen  wird  man  sich  auf  zwei  Schützentafeln  über- 
einander beschränken  können.  Liegen  die  beiden  Schützentafeln  in  derselben  Ebene,  so 
wird  in  der  Regel,  um  die  zum  Aufziehen  und  besonders  zum  ersten  Anziehen  benötigte 
Kraft  zu  verringern,  die  Hebevorrichtung  so  angeordnet,  dass  zunächst  die  oberste  Tafel 
gehoben  wird,  und  erst,  wenn  diese  um  ein  gewisses  Mass  gehoben  ist,  auch  die  untere 
Tafel  der  Bewegung  folgen  muss,  wie  z.  B.  bei  den  oben  erwähnten  Einlaufschützen  der 
Anlage  Champ  (Füre  et  Morge).  Die  Wahl  der  Vorrichtung  zum  Mitnehmen  der 
zweiten  Tafel  hängt  von  der  verfügbaren  Höhe  zwischen  dem  Griesholm  und  dem  Wasser- 
spiegel ab,  und  es  können  die  gebräuchlichen  Einzelheiten  hier  wohl  als  bekannt  voraus- 
gesetzt werden. 


Hilft— >  4ar  Inf.-WiwaMk    in.  Teil.    11  Bd. 


860 


HL    Theodor  Kosh*.    Ausbau  von  Wasserkräftex.    E^hzelhettkn. 


i  Einlaufschützen  empfiehlt  es  sich  im  allgemeinen,  zweiteilige  Ver- 
schlüsse auf  zwei  parallele  lotrechte  Ebenen  zn  Terteilen  and  jeder  Tafel 
eine  besondere  Aufziehvorrichtung  zu  geben,  damit  man  bei  niedrigem 
Wasserstande  nur  die  untere  Schütze  zn  ziehen  braucht  und  sie  selbst  oder  die  obere 
Tafel  noch  so  weit  eintauchen  lassen  kann,  dass  treibende  Gegenstände,  ohne  unterzu- 
tauchen, nicht  in  den  Werkkanal  hinein  gelangen  können.  Bei  höheren  Wasserständen 
braucht  dann  unter  Umständen  nur  die  obere  Tafel  gezogen  zu  werden.  Man  bemisst 
die  Durchflussweiten  zweckmässig  so  ausreichend,  dass  die  obere  Tafel  noch  0,50  bis 
0,60  m  eingetaucht  bleiben  kann,  um  auch  bei  höheren  Wasserständen  treibende  Gegen- 
stände zurückzuhalten.  Die  geschlossene  untere  Schütze  hat  dann  die  sehr  erwünschte 
Wirkung,  dass  nur  die  oberen,  weniger  mit  Sinkstoffen  verunreinigten  Wasserschichten 
in  den  Werkkanal  eintreten  können  (vergl.  §  2,  S.  802  u.  803). 

Auf  einer  Sohle  aus  hartem  feinkörnigem  Gestein  bietet  eine  glatt  abgeschliffene 
Anschlussfläche  einen  genügend  dichten  Anschluss.  Ist  die  Sohle  aus  Beton  oder  aus 
weicherem  oder  aus  hartem  aber  grobkörnigem  Gestein  hergestellt,  so  verankert  man  in 
derselben  am  besten  ein  wenn  möglich  gehobeltes  U-  oder  I-Eisen,  wie  zum  Beispiel  bei 
den  Schützen  der  Anlage  Marbach-Stuttgart  (Taf.  LIV,  Fig.  1)  —  oder  man 
bekleidet  die  Sohle  mit  Bohlen  und  legt  auf  diese  als  Anschlussfläche  eine  gusseiserne 
oder  schmiedeeiserne  Platte,  wie  z.  B.  bei  der  Anlage  St.  Maurice-Lausanne 
(Taf.  XXIX,  Fig.  2),  —  oder  man  verankert  in  der  Sohle  einen  Fachbaum  aus  Holz. 
Im  letzteren  Falle  und  ebenso  bei  hölzernen  Wehren  lässt  man  entweder  die  Schützen- 
tafel auf  dem  gehobelten  Fachbaum  stumpf  aufstossen,  sodass  Holz  auf  Holz  schüesst, 
oder  man  armiert  auch  hier  die  Anschlussfläche  noch  mit  einer  eisernen  Platte.  Zu 
beachten  ist  aber,  dass  bei  Grundablasschützen  und  bei  beweglichen 
Wehren,  bei  denen  das  Flussprofil  bis  zur  Sohle  gänzlich  frei  werden 
soll,  an  den  Anschlussflächen  keine  vorstehenden  scharfen  Ecken  oder 
Kanten  entstehen  dürfen,  an  welchen  Kies  oder  Sand  festgehalten 
werden  können. 

Die  Dichtung  zweier  in  einer  Ebene  übereinander  liegender  Schützentafeln  in  der 
Schlussfuge  erfolgt  meistens  so,  dass  die  gehobelten  Langholzflächen  stumpf  aufeinander 
ruhen.  Bei  Schützentafeln,  welche  sich  in  zwei  hintereinander  liegenden  lotrechten 
Ebenen  bewegen,  wird  die  Dichtung  durch  einen  schwach  keilförmigen  Anzug,  welchen 
man  den  sich  berührenden  Bohlen  der  unteren  und  oberen  Tafel  gibt,  erzielt,  oder 
man  stellt  die  Berührungsflächen  aus  glatten,  am  besten  auch  schwach  keilförmig  bear- 
teten eisernen  Beschlägen  her. 

Um  in  den  Gleit-  und  Schlussfläcben  der  Falzen  und  Nuten  die  Reibung*) 
hölzerner  Schützentafeln  zu  verringern,  versieht  man  die  letzteren  meistens  mit  eisernen 


*)  Reibungszahlen  der  gleitenden  Reibung. 


■ 

Lage 

Baibwigssaatai  der 

Beibnngesehlea  dar 

Reibende  Körper 

glättenden  Bewegung   j 

Buk« 

i 

ä 

trocken    ;  im  Warner  | 

trocken    |  te  Waeter 

l 

Holz  auf  Holz 

Eiche  auf  Eiche 

— ■ 

0,48 

— 

0,62 

— 

+ 

0,84 

0,25 

0,54 

0,71 

j_ 

0,19 

— 

0,48 

— 

2 

Tanne,  Esche,  Buche 
auf  demselben  Holz 

— 

0,88 

0,58 

^^ 

8  S. 

Beschlägen  ans  Flacheisen.  Sind  die  Falzen  oder  Noten  selbst  in  hartem,  feinkörnigen 
Gestein  hergestellt  and  die  Anschlussflächen  glatt  abgearbeitet,  so  schliessen  die  eisernen 
Beschläge  der  hölzernen  Schfitzentafeln  auf  Stein  dicht  genug.  Bei  Verwendung  von 
Beton,  oder  weniger  hartem,  oder  hartem,  aber  grobkörnigem  Gestein  für  die  Falzen 
and   Nuten   werden   die  Gleit-  nnd  Schlussflachen  meistens 

derch  venudrerta  Etw-pUtt«,  oder  WdzeiB«.  gebadet,  »od«,  ÄSÄTÄSSS 
Eisen  auf  Eisen  reibt.    Sind  die  Falzen  oder  Nuten  ans  Holz,     im  Weaver  Fluse  (England). 
so  versieht   man   auch   die  Gleit-  nnd  Schlnsanachen  zweck- 
mässig mit  wenn  möglich  gehobeltem  Flacheisen. 

Eine  interessante  Art  hölzerner  zweiteiliger  Schätzen 
ist  an  dem  Scböt zenwehre  in  der  Spree  bei  Charlotte n- 
bnrg  verwendet. 

Jede  2,18  m  breite  and  2.8  m  hohe  Schotee  besteht  ans  einem 
oberen  nnd  einem  unteren  Teil.  Der  letztere  ist  0,99  m  hoch  und  durch 
Scharniere  mit  dem  oberen  Terbnnden.  Durch  eine  Winde  Torrichtung 
Hast  sich  die  Schöbe,  nachdem  sie  durch  Schraubenspindeln  Aber 
Wasser  gehoben  ist,  um  die  als  Scharniere  ausgebildeten  Angriffspunkt« 
der  Schraubenepindel  drehen  und  unter  die  Bedien  uugnbrucke  wag- 
recht aufhangen,  wobei  der  untere  Schützen  teil  umklappt  und  nach 
unten  hingt*). 

Bei  grossen  hölzernen  Schützentafeln  werden  die  Bei- 
bnngswiderstände  so  bedeutend,  dass  man  die  gleitende  Reibung  durch  Verwendung  von 
Bollen  oder  Walzen  in  rollende  umgestalten  muss  (S.  865).     Ein  Beispiel  bietet  die 


Fortsetzung  der  Note  i 


Lage 
der  Faser 

Ballmngaialiltn  dir 

BalbnntuaUaa  dar 

Reibende  Körper 

ftaBaads  Bawaguna 

Buk* 

troekan 

ha  Wawar 

tnxken 

in  Wuaar 

S 

Höh  im  Mittel 

= 

0,80 

- 

0,50 

- 

4 

Hola  auf  Stein 

im  Mittel 

In  diaaar  Spalt* 

- 

- 

0,60 

- 

5 

Stein  auf  Stein 

im  Mittel 

gang  In  dar 

— 

- 

0,68 

— , 

6 

Eisen  auf  Stein 

im  Mittel 

BkfatnngdM' 
Fwn  baider 

— 

— 

0,45 

— 

7 

Metall  auf  Metall 

Bronze  auf  Bronze 

+  du*  «U  lot- 

0,20 

— 

0,21 

- 

8 

Brcnze  auf  Gusseisen 

recht  tat  Fm« 
daa  aialiandaa 

0,21 

0,31 

— 

— 

9 

Bronze  auf  Schmiede- 

KBrpara, 
_j_  diu  (ich 
liii-uh.iU  »Bf 

0,18 

" 

0,19 

10 

Gusseisen  auf  Guse 

Linghnli  In  dar 

Bfeatns  dar 
Fuara  dta  lati- 

- 

031 

0,28 

- 

11 

Gusseisen  auf  Schmiede- 

0,18 

- 

0,19 

- 

12 

Schmiedeeisen  auf 
Schmiedeeisen 

0,44 

- 

0,18 

- 

18 

Stahl  auf  Stahl 

- 

- 

0,15 

- 

14 

Metall  auf  Metall  im 
Mittel 

0,20 

" 

0,18 

»}  Hohr,  Stauanlage  in  der  Spree  bei  CbarloUenburg.    Zeitschr.  f.  Bauw.  : 


862         III.    Theodor  Kokhk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelbbiten. 

Schützenanlage    eines    Wehres    im   Weaverflnss    anweit    Northwich    in    England 
(Abb.  262)*). 

Die  hölzerne  4,57  ra  lange  und  3,96  m  hohe  Schütze  D  ist  durch  eiserne,  lotreehtxtehen.de  BalwaO 
armiert,   deren  Rollen   auf  eisernen  Rollbahnen  B  der  steinernen  Falzen  laufen.    Die  Dichtung  erfolgt 


Querschnitt  durch  die  Kiataufechilt7.cn  der  Anlage  Wangen. 


durch  einen  lotrechten,  holxernen  Dkhtungastab  E,  welcher,  durch  eiserne  Bügel  C  in  seiner  Stellung  festge- 
halten, durch  den  Wasserdruck  gegen  die  gehobelte  Fische  des  Stieles  F  und  gegen  die  Platte  a  gedrückt  wird, 
b)  Eisen«  Sebitx«E.  Zn  eisernen  Schützentafeln  wird  meistens  Schmiede- 
eisen oder  Stahl  verwendet.  Schätzentafeln  ans  Gnsseisen  sind  der  Gefahr  des 
Braches  leichter  ausgesetzt,  und  es  macht  grosse  Schwierigkeiten,  die  gebrochenen  Stücke, 
welche  nicht  mehr  mit  den  Aufziehvorrichtnngen  verbunden  sind,  herauszubringen. 

So  hatte  man  c  B.  bei  der  Anlage  Jonage-Cnsset-L jon   ursprünglich    Ar   das   alte  Begn 
liernngswerk  guaaeiserne  Schotten  verwandet  (Taf.  L1V,  Fig.  6  n.  7),  hat  aber  später,  als  das  b 

•)  Zentral«,  d.  Banverw.  1885.  S.  8  u.  327. 


§  3.  Schützen.  868 


alte  RegulieniDgswerk  durch  ein  neues  ersetzt  wurde,  vorgezogen  (8.  518),  schmiedeeiserne  Kasten  schützen 
zu  verwenden,  weil  die  gasseisernen  Schütten  im  Betriebe  mehrfach  gebrochen  waren. 

Bei  schmiedeeisernen  Schützen  wird  der  Wasserdruck  auf  die  Falzen  und  Nuten 
durch  wagerechte  Rippen  übertragen,  während  durch  eine  vordere  Blechhaut,  welche 
unter  Umständen  noch  durch  Zwischenkonstruktionen  zu  verstärken  ist,  die  Dichtung 
erzielt  wird. 

Sowohl  zur  Bildung  der  Auflagerflächen  in  den  Falzen  und  Nuten,  als  auch  zur 
Übertragung  des  Zuges  und  Druckes  beim  Heben  und  Senken  der  Tafel  werden  lotrechte 
Träger  verwendet. 

Abb.  268.    Schmiedeeiserne  Kaatenachutze  am  Unterwasser  der  Turbine nkammer  der  Anlage  Beznan. 


Bei  Verteilung  der  wagerechten  Rippen  wird  man  darauf  achten,  dass  jede  Rippe 
ungefähr  den  gleichen  Druck  erhält.  Infolgedessen  liegen  die  unteren  Rippen  enger  zu- 
sammen als  die  oberen. 

Bei  eisernen  Schützentafeln  aus  Walzträgern  ist  die  rechteckige  Grund- 
rissform  die  gegebene,  wie  sie  z.  B.  gewählt  wurde  bei  den  Schützen  des  neuen 
Regulierungswerkes  am  rechten  Ufer0)  der  Anlage  Jonage-Cusset-Lyon  (Taf.  LV, 
Fig.  1  u.  2)  und  bei  den  Schützen  des  Einlaufe  der  Anlage  Wangen  (Abb.  75,  S.  424, 
welche  nebenstehend  der  Einfachheit  halber  wiederholt  ist).  Zum  Verschluss  der  Turbinen- 
kammern am  Unterwasser  der  Anlage  Beznau  (S.  436)  wurden  Eastenschützen  ver- 
wendet (Abb.  263),  welche  beim  Herablassen  mit  Wasser  nach  Bedarf  gefüllt,  und,  wenn 
sie  gehoben  werden  sollen,  wieder  entleert  werden,  um  den  Auftrieb  mitwirken  zu  lassen. 


S)  Die  erwähnten  Schützen  von  4,0  m  Breite  und  3,47  ™  Höhe  schliessen  die  Öffnungen  am 
rechten  Ufer  (Taf.  XXXIX,  Fig.  1  u.  5).  Die  grösseren  Schfltxentafeln  am  linken  Ufer  von  5,440  m 
Breite  und  8,15  m  Höhe  sind  mit  genieteten  Rippen  versehen,  deren  Höhe  an  den  Enden  nur  272  nun, 
in  der  Mitte  aber  500  mm  betragt,  derart,  dam  der  Vordergurt  einen  stumpfen  Winkel  bildet,  wahrend 
der  flnssabwirts  gerichtete  Gurt  geradlinig  ist.     Es  haben  gekostet: 

Die  6  Schätzen  am   rechten  Ufer  einschl.   Aufzugs  Vorrichtungen     Frs.     80000 
Die  (ihrigen  20  Schützen  wie  vor 243  000 


TLL    Theodor  Koehn.     Ausbau  ton  WabsbkkbIvtcii.     Edjejilhbjte«. 


3  8.  Schütze*.  866 

Werden  genietete  Rippen  notwendig,  so  gibt  man  ihnen  entweder  parallele  Gnrte, 
oder  man  macht  einen  Gnrt  gerade  und  den  anderen  gekrümmt,  oder  auch  beide  Garte 
gekrümmt.    Bei  den  4,615  m  Gfrundries  der  Wehr***»»  der  Anlag«  Wangen, 

breiten  Schützen  der  Wehr- 
anlage Wangen  (Taf.  XXII, 
Fig.  8>  n.  b,  welche  neben- 
stehend wiederholt  sind),  ist    l*"-'"  ""  "    i 
der  aufwärts  gelegene  Gnrt                                                                  Sduiitt  m_b-  j 
gekrümmt.     Bei  den  schon  erwähnten  Schützen   der   linken  Seite  des  neuen  j 
Regulierungswerkes   der   Anlage  Jonage-Cnsset-Lyon   bilden   die   aufwärts  I 
gerichteten  Garte  stumpfe  Winkel,  die  abwärts  gerichteten  eine  gerade  Linie.  | 
Bei  den  Grandablasschützen  der  Anlage  Champ  (Fnre  et  Morge)  (Abb.  264)  ist  ] 
der  Vordergart  geradlinig  and 
der  abwärts  gerichtete  trapez- 
förmig.     Fischbanchförmige 
Trager  worden  bei  den  Schützen 
der  Anlage  Horbegno  (Taf. 
XVII,  Fig.  1  u.  2)  gewählt,  nm 
die  Gegengewichte  beim  Auf- 
ziehen  in   den  Hohlraum  der 
Schützentafel  eintauchen  lassen 
zu  können.  Gerade  Vordergurte 
und     parabolisch     gekrümmte 
Hintergurte  zeigen  die  Rippen 
bei  dem  Grandablasschütz  der 
Anlage  Avignonnet(Abb.  265) 
and  bei  den  Wehrschützen  der 
Anlage    Chevres    (Taf.    LV, 
Fig.  3  bis  6). 

Die  Eisenhant  der  ebenen 
«orderen  Schlussflsche  ist  bei  d«n 
letztgenannten  Scbfltxen  ins  Platten 
gebildet,  welche  nnten  16  mm  und 
oben  13  mm  stark  sind.  In  der  Hori- 
zontalprojektion liegen  8  Platten 
nebeneinander,  in  dem  A  ufriss  S  Plat- 
ten übereinander  und  zwar  ist  die 
unterste  Plattenreibe  1,60  m  hoch, 
die  dann  folgende  1,40  m  und  die 

4  obersten  1,50  m  hoch.  Die  Stowe 
sind  durch  170  mm  breite  Futterbleche 
gedeckt  nnd  durch  Nietung  verbunden. 
Die  nenn  Bippen  sind  so  verteilt,  daas 
jeder  Gitterträger  denselben  Druck 
von  ca.  40  t  erhalt.  Der  höchste  Ge- 
aamtdruck   auf  eine  Schütze  betrügt 

p  =  8'*?*     10  =  361,25  t.    An  den 

Enden  sind  die  Trflger  mit  je  2  guss- 
eisernen LagerstQcken  versehen,  auf  welche  der  Druck  durch  starke  Bolzen  übertragen  wird.    Die  Walzen- 
bahn ist  an  diesen  gusseisemen  Stücken  befestigt,  kann  sich  also  etwas  drehen,  sodass  ihre  vollkommene 
Berührung  mit  den  Walzen,  von  denen  noch  die  Rede  sein  wird,  auch  wenn  die  Scnfltzentafel  selbst  sich 


866         IIL    Theobor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

etwas  durchbiegt,  gesichert  ist     Die  an  den  SchQtsentafeln  auf  die  beschriebene  Weise  befestigten 
Walzenbahnen  sind  aus  je  2  Stücken  von  zusammen  8,61  m  Länge  zusammengesetzt. 

Die  seitliche  Führung  der  eisernen  Schätzentafel  erfolgt  meistens  in 
zusammenhängenden  Falzen  oder  Nuten,  aber  auch  mitunter  in  einzelnen,  am  Mauer- 
werk verankerten  Führungsstücken,  wie  z.  B.  bei  den  neuen  Regulierungsschützen  der 
Anlage  Jonage-Gusset-Lyon  (Tai.  LV,  Fig.  1  u.  2).  Letztere  Art  der  Führung  hat 
den  Vorzug  kleineren  Materialaufwandes  und  vielleicht  etwas  geringerer  Reibungswider- 
stande, erfordert  aber  natürlich  eine  besonders  sorgfaltige  Montage  der  einzelnen  Füh- 
rungsstücke. 

Bei  massigen  Lichtweiten  und  Stauhöhen  erzielt  man  die  Dichtung  in  den  Nuten 
und  Falzen,  indem  man  die  Gleit-  und  Scblussflächen  der  Schützentafeln  mit  Bronze- 
leisten bekleidet,  welche  auf  den  glatten  Flächen  der  in  den  Falzen  oder  Nuten  ver- 
ankerten oder  verschraubten  Flacheisen  oder  Fassonstücke  schliessen.  Man  bekleidet 
aber  wohl  auch  noch  die  Gleitflächen  in  den  Nuten  und  Falzen  ebenfalls  mit  Bronzeleisten. 

Um  das  Ansaugen  der  Gleitflächen  aneinander  zu  verhindern, 
macht  man  bei  eisernen  Schützentafeln  die  bronzenen  Leisten  der 
Schützen  oder  der  Falzen  oder  Nuten  in  lotrechter  Richtung  geriffelt, 
wie  es  z.  B.  bei  den  4,615  m  langen  und  2,15  m  hohen  Wehrschützen  der  Anlage 
Wangen  geschehen  ist  (S.  423).  Von  der  Art  der  Dichtung  in  den  Falzen  bei  grösseren 
Lichtweiten  und  Stauhöhen  wird  später  die  Rede  sein. 

Die  Dichtung  in  der  Sohle  erfolgt  entweder  derart,  dass  die  vordere  Blech  wand 
durch  ein  Stahlblech  oder  ein  Walzeisen  verstärkt  und  versteift  wird  und  stumpf  auf 
einer  gehobelten  Fläche  eines  verankerten  Gusstückes,  oder  eines  Flacheisens  oder  Walz- 
trägers schliesst,  wie  z.  B.  bei  der  Reguliernngsschütze  der  Anlage  Jonage-Cusset- 
Lyon  (Tai  LV9  Fig.  2)  und  bei  den  Wehrschützen  Ch&vres  (Taf.  LV,  Fig.  3),  oder 
indem  man  die  Schützen  mit  der  ebenen  Fläche  einer  ganzen  Wehnippe  aufruhen  lässt. 
wie  bei  der  Wehrschütze  der  Anlage  Wangen  (Taf.  XXII,  Fig.  4),  oder  schliesslich, 
indem  man  die  Schützentafel  unten  mit  einer  Holzbohle  versieht  wie  z.  B.  bei  den  Ein 
laufschützen  der  Anlage  Wangen  (Abb.  75  auf  S.  424  u.  852). 

Die  Dichtung  zweier  in  lotrechten  Ebenen  hintereinander  liegenden  eisernen 
Schützentafeln  erfolgt  entweder  wie  bei  der  mehrfach  erwähnten  Einlaufischütze  der 
Anlage  Wangen  durch  Holzbohlen  oder  durch  eiserne  oder  besser  durch  bronzene 
Dichtungsleisten  mit  geringem  keilförmigen  Anzug. 

Bei  Verwendung  genieteter  Rippen  und  der  weiter  unten  be- 
schriebenen Stoneyschen  Walzenführung  kann  man  jede  lichte  Weite, 
welohe  sich  in  der  Praxis  bei  Wasserkraftanlagen  als  wünschenswert 
ergeben  kann,  schliessen  und  im  Bedarfsfalle  die  Abmessungen  von  Schützentafeln 
zweifellos  noch  erheblich  grösser  wählen  als  diejenigen  der  nachstehend  angeführten 
Beispiele.  Man  wird  aber  aus  Gründen  der  grösseren  Betriebssicherheit,  wenn  sonst 
die  Verhältnisse  es  gestatten,  mehreren  Schützenöffnungen  vor  nur  einer  oder  zweien 
den  Vorzug  geben,  damit  wenn  eine  Schütze  den  Dienst  einmal  versagen  sollte,  immer 
noch  die  übrigen  für  den  Durchfluss  am  Wehre  und  für  den  Zufluss  zum  Krafthause 
zur  Verfügung  bleiben. 

Die  lichte  Weite  der  Grundablasschütze  der  Anlage  Champ  (Füre  et  Morge)  betragt  8,0  m  bei 
1,5  m  Tafelhdhe  (Abb.  264  u.  8.  534).  Beim  Hauptwehr  der  Anlage  Rheinfelden  betragt  die  lichte  Wehe 
zwischen  den  Pfeilern  einer  SchatienOffnnng  22,5  m  bei  1,5  m  Tafelhöhe  (Taf.  XL VII,  Fig.  8—4  ud 
S.  578),  bei  dem  Omndablass  der  Anlage  Avignonnet  (Abb.  265  und  8.  500)  die  lichte  Weite  10,0  m  bei 
7,0  m  Tafelhöhe.    Bei  der  Anlage  Beznau  a.  d.  Aare  ist  die  lichte  Weite  der  Wehröffnungen  zwischen 


§  3.  Schützen.  857 

den  Pfeilern  15,0  m  und  die  Tafelhöhe  6,3  m  (Taf.  XXV,  Fig.  1  und  S.  483).  Die  Tafelbreite  der  Regu- 
ierungsschfltzen  des  Werkkanals  der  Anlage  Sault  St  Marie  (Michigan,  Vereinigte  Staaten  von 
N.-Amerika)  beträgt  14,6  m  bei  8,0  m  Höhe  (8.  552). 

Für  grössere  Lichtweiten  (>  5,5  m)  und  grössere  Wassertiefe  (>  3,5  m)  ist  der 

Verschluss   durch  ebene   oder  geriffelte  Gleitbahnen  nicht  mehr  anwendbar,   weil  die 

Reibungswiderstände  zu  gross  werden.    Man  muss  deshalb  die  gleitende  Reibung  durch 

rollende  ersetzen9).    Eine  derartige  Lösung  zeigt  Abb.  266,  welche  eine  Rollschütze  des 

Wasserkraft-Elektrizitätswerkes  Saut  Mo rtier  (Frankreich)  darstellt  (S.  606  ad  25  der 

Literaturangaben  zu  Kap   II).  v      _,  „     .  »  „      Abb.  266.   Rollenschütze  der 

Der  Druck  der  Schätzen  anf  das  Mauerwerk  wird  durch  Rollen     Wasserkraftanlage  Saut 
Übertragen,  welche  zwischen  zwei  U-Eisen  laufen.    Die  Dichtung  wird  hier         Mortier  snr  Ain. 
durch  eine  gebogene  Blechplatte  ersielt,  welche  an  einer  im  Mauerwerk  flEi^saggsja 

befestigten  gehobelten  Platte  federnd  anschliesst  und  durch  den  Wasser-  ^ 

druck  selbst  angepresst  wird. 

Für  grössere  Lichtweiten  und  Druckhöhen  ist  die  Art 

der  Dichtung  und  die  Ausbildung  der  Walzenbahnen,  wie  sie 

nach  dem  Muster  des  in  dem  Kanal  Liverpool-Manchester 

verwendeten,  von  dem  englischen  Ingenieur  Stoney  erdachten 

Systems   für    die   Wehranlage   Chfevres  in  sehr  geschickter 

Weise  Anwendung  fand,  vorbildlich  geworden  (Taf.  LV,  Eig.  3  und  7  bis  12). 

In  jedem  1,48  m  breiten  Falz  der  steinernen  Pfeiler  ist  Stromabwirts  die  gusseiserne  Bahn  (k) 
für  die  Walzenreihe  der  Aufzugsvorrichtung,  stromaufwärts  das  Fflhrungsstftck  0)  für  den  Dichtungsstab 
fest  mit  dem  Mauerwerk  verankert.    Jede  feste  Walzenbahn  (k)  besteht  aus  drei  Stocken  Übereinander 
und  ihre  Vorderfliche  ist  so  sorgfaltig  gehobelt  und  zusammengepasst,  dass  nirgends  auch  nur  der 
geringste  Vorsprang  oder  eine  Unebenheit  vorhanden  ist.    Auf  einer  Höhe  von  0,25  m  von  der 
Sohle  aufwärts  ist  die  Walzenbahnfläche  unterbrochen  und  die  Vorderfläche  nicht  mehr 
parallel  zur  Wehrachse  sondern  schräg  dazu  gestellt,  um  zu  verhindern,  dass  sich  Eies 
in  der  Grundfläche  des  Falzes  ansammeln  und  dann  den  Schluss  der  Schutze  verhindern 
kann  (Taf.  LV,  Fig.  10).    Diese  Massregel  ist  von  besonderer  Wichtigkeit    Das  der  Rollen- 
bahn gegenüberliegende,  im  Mauerwerk  verankerte  Dichtungsstück  (1)  hat  nach  der  Wehrftflnung  zu  eine 
gehobelte,  schräge  Fläche,  welche  mit  der  gleichfalls  gehobelten  Dichtungsfläche  eines  an  der  Schätzen- 
tafel  selbst  befestigten  Dichtungsstflckes  einen  spitzen  Winkel  einschliesst    In  den  von  den  beiden 
Dichtongsflächen  gebildeten  Winkel  legt  sich  ein  kreisrunder  Stahlstab,  welcher  an  einem  Dreharm  be- 
weglich an  der  Schfltzentafel  hängt  und  durch  den  Wasserdruck  selbst  in  den  Winkel  hineingepresst 
wird.     Die  Dichtung  durch  diesen  Stab  ist  eine  ziemlich  vollkommene.    Das  im  Mauerwerk  des  Falzes 
befestigte  Dichtungsstack  und  die  Walzenbahn  sind   durch  gusseiserne  Querstucke  (m)  miteinander  ver- 
bunden.    Je  zwei  solcher  Querstücke  eines  Pfeilers  sind  durch  lange  Bolzen  miteinander  verankert. 
Zwischen  der  an  der  Schfltzentafel  befestigten  und  der  in  dem  Mauerwerk  des  Falzes  verankerten  Walzeu- 
bahn  liegt  eine  zwischen  2  Flacheisen  montierte  Walzenreihe  (w),  durch  welche  der  von  der  Schfltzen- 
tafel aufgenommene  Wasserdruck  auf  das  Mauerwerk  übertragen  wird.    Ober  die  eigentliche  Aufzugs- 
Vorrichtung  wird  weiter  unten  näheres  mitgeteilt.    Hier  mag  gleich  erwähnt  werden,  dass  die  Walzen- 
reihe  sich  mit  der  halben  Geschwindigkeit  der  Schfltzentafel  selbst  bewegt,  infolgedessen  gegen  die 
letztere  zurückbleibt.   Die  Walzen  waren  bei  der  ersten  Anlage  aus  Gusseisen  mit  stählernen 
Achsen  hergestellt    Bei  gezogenen  Schützen  schlug  das  Wasser  aber  mit  solcher  Ge- 
walt gegen  die  Waisen,  dass  die  Achsen  verbogen  und  die  Walzen  selbst  zertrümmert 
wurden.    Man  hat  deshalb  neuerdings  die  alten  Waisen  ausgewechselt  und  durch  neue 
aus   gehärtetem  Stahl  mit  Bronzeachsen  ersetzt    Die  Wehrpfeiler  wurden  bei  der  ersten  An- 
lage  am  unteren  Teile  durch  gusseiserne  Platten  gepanzert,  um  sie  gegen  Ausschleifen  zu  schätzen. 
Man  bat  neuerdings  diese  gusseisernen  Platten  beseitigt  und  sie  durch  Stahlplatten  ersetzt,  welche 
aber  den  Falz  soweit  hinwegragen,  als  es  die  8chfltsentafel  erlaubt    Auf  diese  Weise 
wird  bei  gehobenen  Schfltzentafeln  der  Stoss  des  Wassers  von  den  Falzen  abgewiesen. 


6)  VergL  Aber  eiserne  Schfltsenwehre  mit  Rollen  auch  Zeitschr.  f.  Baukunde  1884  S.  825; 
Zeitschr.  f.  Bauw.  1884.  S.  825—880;  Zeitschr.  d.  Arch.-  u.  Ing.-Ver.  zu  Hannover  1885.  S.  106;  Zen- 
tralbL  d.  Bauverw.  1885.  S.  227. 


868         Hl    Theodor  Kosh*.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Edizklhbitbx. 


Bei  Neuanlagen  lässt  sich  die  gleiche  Wirkoog  «ach  erreichen,  wenn  man  dem  Mauerwerk  des  Pfeilen 
•inen  Anzug  nach  innen  gibt»  sodass  die  Tordere  Kante  des  Falxes  gegen  die  hintere  nach  dem  Innen  der 
Wehrtflnnng  vorspringt  Vorausgesetzt  ist  hierbei,  dass  das  Steinmaterial  des  Pfeilen  hart  genug  ist,  am  die 
Angriffe  des  Wassers  dauernd  aushalten  zu  können,  andernfalls  ist  hier  eine  Panzerung  wie  bei  Che  vre* 
wohl  an  empfehlen.    Hier  betragt  nftmlich  der  Wasserdruck  in  den  ersten  Momenten  nach  Beginn  der 

Hebung  der  Schätzen  ca.  8,50  m,  also  die  theoretische  Geschwindigkeit  v  =  V2ghoo  12,8  m/sek. 

Statt  des  voll  abgedrehten  Rundstabes  ist  bei  der  Anlage  Avignonnet  ein 
bronzener  Hohlzylinder  verwendet. 

Da  die  Fläche  des  Dichtungsstabes  nur  klein  ist,  so  ist  auch  der  Wasserdruck 
auf  ihn  verhältnismässig  klein  und  deshalb  der  Reibungswiderstand  des  Dichtungsstabes 
beim  Aufziehen  der  Schützentafel  unbedeutend. 

Die  Dichtung  der  Schützentafel  an  der  Sohle  ist  bei  der  Anlage  Chfevres  durch 
Grusstücke  (d)  erzielt,  deren  Schlussfläche  gehobelt  ist. 

Für  jede  Öffnung  sind  iwei  Gusstncke  (d)  von  je  5,81  m  Lange  verwendet,  welche  je  0,81  m 
in  die  Pfeiler  eindringen  und  in  der  Mitte  der  Wehrftffhung  durch  Bolxen  miteinander  verbunden  sind. 
Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  die  Gnsstncke  auf  das  genaueste  snsammengepasst  und  auf  das  sorg- 
fältigste wagerecht  montiert  sind,  damit  die  Schlussflache  der  Schfitzentafel  sich  mit  ihnen  überall  be- 
rührt Die  Schlnssflftche  liegt  25  cm  aber  der  Sohle  der  Wehrftftnung.  An  der  abwärts  gerichteten 
Seite  der  Gusstücke  sind  grossere  viereckige  Offnungen  ausgespart,  um  den  Hohlraum  unterhalb  der 
Schlussflache  sorgfaltig  mit  Beton  ausfüllen  su  können.  Wichtig  ist  es,  wie  bei  Chevres  alle  Ver- 
s  prünge  und  Ecken,  an  welchen  sich  Kies  oder8and  lagern  könnte,  an  vermeiden.  Da  die 
eigentliche  Schlussflache  mit  gut  abgerundeten  Übergangsfllchen  25  cm  über  der  übrigen  Sohle  der 
Durchflussöffnung  liegt,  halt  der  Strom  die  Schlussflache  sicher  rein. 

Nach  dem  Muster  von  Chevres  sind  die  meisten  neueren  Anlagen  von  ähnlichen 
Abmessungen  ausgebildet,  so  z.  B.  die  Schützen  der  Wehre  Ton  Beznau  und  Hagneck 
und  die  Grundablasschützen  der  Anlagen  Avignonnet  und  Rheinfelden. 

c)  Die  statische  Berechnung  der  Schitsentafeln.  1.  Hölzerne  Schützen- 
tafeln. Der  Wasserdruck  in  der  Tiefe  t  in  m  auf  einen  Streifen  der  Schützentafel 
von  1  cm  Höhe  ist: 

wenn  1  in  cm  die  Breite  der  Schützentafel  bedeutet  und  man  den  Wasserdruck  auf 
1  em  Höhe  gleichmässig  verteilt  annimmt.  Der  Druck  p  auf  den  lfd.  Zentimeter  dieses 
Streifens  der  Schützentafeln  ist  also: 

P  =  y  =  0,ltkg.  (2) 

Zur  Bestimmung  der  Bohlendicke  e  in  cm  ist  zu  setzen: 

i-¥  =  V6«be''  (3) 

wobei  q  =  der  zulässigen  Beanspruchung  (für  Holz  pro  qcm  =  60  kg),  b  =  dem  in 
Betracht  gezogenen  Teil  der  Höhe  der  Bohle  =  1  cm  zu  setzen  ist,  also 

V2o.t.  -?  =  V«.60.e2 

4 

md  •"f-VÄ-Ä-sö-'/r  {4) 

worin,  wie  gesagt  e  und  1  in  em,  t  aber  in  m  auszudrücken  sind. 

2.  Eiserne  Schützentafeln.  Zur  Berechnung  der  Blechwand  einer  Schütze, 
wie  derjenigen  der  Anlage  Wangen  (s.  Abb.  auf  S.  855),  hat  man  wieder  den  Wasser- 
druck p  pro  cm  der  Schützentafel  auf  einen  Streifen  von  1  lfd.  Zentimeter  Höhe  =  0,1 1 


§  3.  Schützen.  869 


in  kg.    Für  die  Tafellange  l  in  em  wird  der  Gesaintdruck  auf  einen  Streifen  von  1  cm 
Höhe  und  bei  der  Tiefe  t  in  m  nach  (1)  wieder  Z  =  0,lZt 

Da  man  bei  Schützentafeln  stets  mit  grossen  Sicherheiten  zu  rechnen  pflegt,  setzt 
man  an  Stelle  des  wirklichen  durch  ein  Trapez  darzustellenden  Wasserdruckes  auf  einen 
Blechstreifen  zwischen  zwei  Rippen  ein  Rechteck  ab  Druckfigur,  indem  man  annimmt, 
dass  der  Wasserdruck  gleichmftssig  verteilt  und  zwischen  zwei  Rippen  pro  qcm  so  gross 
wäre,  als  auf  den  untersten  Streifen  der  untersuchten  Blechtafel. 

Bezeichnet  man  die  Höhe  der  untersten  Blechtafel  mit  m  in  cm  und  die  höchste 


Druckhöhe  vor  der  Schützentafel  mit  tt  in  Metern,  so  wird  Vt  Z .  —  =  V«  Q 1  *i*     und 
nach  Einsetzung  des  Wertes  für  Z  =  0,1  lii  die  Blechstftrke  ^  in  cm 


-?-V«»?  «» 


Hierbei  darf  q  zu  700  bis  1000  kg  gesetzt  und  die  Höhe  m  ist  in  cm,  t  aber  in  m 
auszudrücken.  Bezeichnet  man  mit  n  die  Entfernung  der  Rippen  von  Mitte  zu  Mitte 
im  zweiten  Felde,  mit  o  diese  Entfernung  im  dritten  Felde  usf.,  so  ergibt  sich  für 
das  zweite  Feld  

*-  2'r     Q 

und  für  das  dritte  Feld 


i-Y 


0,8.  t, 


2    r     9 

Für  die  Berechnung  der  Rippen  geht  man  ebenfalls  von  einem  gleichmassig  ver- 
teilten Wasserdruck  aus.  Der  ganze  Druck  auf  die  zweite  Rippe  von  unten  dee 
Schnitts  a — b  der  Schütze  Wangen  (s.  Abb.  auf  S.  865)  ist  also  zum  Beispiel 

V.  [o.W.V  m  +  0,1*. 1* .n]  =  0,11  [^"j"^11]; 

der  ganze  Druck  auf  die  dritte  Rippe  von  unten  =  0,1 1  I— — 5— * —     usf.     Da    man 

nun  möglichst  den  Druck  auf  alle  Rippen  gleichmässig  verteilt,  so  müssen  sein 

(t,m  +  t1.n)  =  (t1n  +  t,.o)==(tBo  +  t4q)  usf. 

Bezeichnet  man  das  Widerstandsmoment  einer  untersuchten  Rippe  in  der  Mitte 
mit  R,  so  muss  sein 

wobei  pr  den  Oesamtdruck  auf  einen  lfd.  cm  Länge  der  Rippe  bedeutet, 

also  pr  =  0>l(mtl'^nM  für  das  unterste  Feld. 

Beispiel:  Für  die  zweite  Rippe  von  unten  und  für  £  =  1000  muss  sein: 


H, — __     n 

80000       ' 


mtt  +  nt,l      461,5"  [85,0.4,130x40,0.3,781 

"J  =  8ÖÖÖÖ  [ 2 j  =  8Ö3'62  m  ' 


2 

wenn  man  einen  höchsten  Wasserspiegel  von  rd.  2,0  Aber  O.  K.  Schutzentafel  annimmt  und  den  Gegen- 
druck Yernachlässigt.  Das  Widerstandsmoment  des  tatsächlich  verwendeten  Profils  der  Rippe  durfte 
etwa  doppelt  so  stark  gewählt  sein,  als  unter  den  gemachten  Annahmen  die  obige  R^Jmnng  als  not- 
wendig ergab. 

d)  Die  Aufzugsvorriehtungen  und  einige  Angaben  ra  ihrer  Berechnung.    Bei 

hölzernen  Schützentafeln  von  grösseren  Abmessungen  und  ebenso  bei  eisernen  Tafeln, 
welche  nicht  auf  Rollen  oder  Walzen  laufen  und  deren  Heruntergehen  durch  ihr  eigenes 


860  III.     Theodor  Koehk.     Ausbau  ton  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

Gewicht  nicht  zuverlässig  gesichert  ist,  wird  das  rieben  und  Senken  durch  steife  Stangen 
(Leitern,  Zahnstangen,  Schraubenspindeln,  Kolbenstangen  etc.)  bewirkt,  damit  man  beim 
Senken  der  Schützen  einen  Druck  ausüben  kann.  Einfache.  Wipphebel  oder  Ketten, 
welche  sich  um  eine  mittelst  Einsteckhebel  gedrehte  Trommel  wickeln  (Tai.  LI,  Fig.  8 
u.  9),  genügen  aber  für  hölzerne  Schützentafeln  von  kleinen  Abmessungen. 

Eine  einfache  Auf  rieh  Vorrichtung  mit  Wipphebel  ergibt  sich,  wenn  man  eine  in  der  Mittelachse 
der  Schatz«  befestigte,  bis  Ober  den  Qriesholm  geführt«  Holzlatte  beiderseitig  mit  Sprossen  versieht  und 
einen  gabelförmig  endenden  Hebel  unter  die  Sprossen  greifen  lSsst.  Beim  Herunterdrücken  de«  Hebels 
wird  die  Schatze  jedesmal  am  etws  15  cm  gehoben.  Zum  Schatze  des  Griesholmes  legt  man  auf  den- 
selben ein  abgerundetes  Bohlenstflck. 

Eine  andere  Ähnliche  Auf  rieh  Vorrichtung  besteht  darin,  dass  man  die  konvergent  nach  oben 
angebrachten  Holzleisten  zn  einer  Leiter  aasbildet,  zwischen  deren  Sprossen  der  Wipphebel  einfasst. 

Bei  den  hölzernen  Schätzen  am  Cavourkanal  (Piemont)  wurde  statt  der  Leiter  eine  mit 
Lochern  versehene  Eisenstange  an  den  Schätzen  befestigt.  In  diese  Locher  greifen  zwei  Haken  ein. 
welche  mittelst  Scharniers  mit  dem  Ende  des  kurzen  Armes  eines  eisernen  Hebels  verbunden  sind  '•). 

Abb.  267.    Fallenzug  mit  doppelter  Windevorrichtung  des  kdnigl.  Flnssbaoamtes  Weilheim  (Württemberg!. 


Zahnstangen  und  Schranbenspindetn  werden  durch  Vorgelege  ange- 
trieben, welche  meistens  aus  Zahnrädern  und  Schnecken  zusammengesetzt  sind.  Taf.  LIV. 
Fig.  1  und  2  zeigen  ein  einfaches  Zahnstangenvorgelege  für  einzelne  Holzsehützen  vor 
den  Tnrbinenkammem  der  Anlage  Marbach-StuUgart,  Fig.  3  nnd  6  desgleichen 
für  eine  Doppelfalle  am  Einlanf  des  Kraftwerkes  bei  Sinaja  (Rumänien).  Abb.  287 
stellt  einen  Fallenzug  mit  Doppelwindevorrichtang  dar,  wie  er  von  dem  Königlichen 
Strassen-  und  Flussbauamt  Weilheini,  Württemberg,  verwendet  wurde. 

Statt  der  Kurbel  mit  einem  Handgriff  verwendet  man  auch  Bäder  mit  Griffen  in 
Form  von  Steuerrädern,  wie  z.  B.  bei  den  Torbinenkammerschützen  der  Anlage  Turbigo 
(Taf.  VU,  Fig.  1). 

Um  die  Geschwindigkeit  der  Hebung  nach  Bedarf  beschleunigen  zu  können,  wird 
oft  das  Handgetriebe  mit  einem  maschinellen  Antriebe  so  verbunden,  dass  man  nach 
Wahl  den  einen  oder  den  anderen  Antrieb  benutzen  kann. 

Die  einfachst«  Art  des  maschinellen  Antriebes  bietet  der  Elektromotor.  Bei 
den  Fatlenaufzügen   des  LechwerkB-Gersthofen  (Abb.  139,   S.  663,   welche  hier 


ess,  Der  Cavourkanal,  Zeitschr.  d.  Area-  n.  Jng.-Ver.  zn  Hannover  1878.  S.  128. 


§  3.  Schützen.  861 

wiederholt  ist)8)  ist  die  Einrichtung  so  getroffen,  dass  die  Triebwelle  von  zwei  zu  einer 
Turbinenkammer  gehörigen  Schützentafeln  beim  Motorbetrieb  gekuppelt  werden  kann, 
sodass  beide  Schützentafeln  gleichzeitig  gesenkt  and  gehoben  werden  können,  während 
sie  beim  Handbetrieb  unabhängig  voneinander  sind.  Es  ist  zweckmässig,  bei  der- 
gleichen Anlagen  die  Schneckengänge  und  kleineren  Zahnräder  in  Kapseln  einzuschliessen, 
um  sie  vor  Staub  und  Regen  zu  schützen.  Bei  den  Wehrschützen  der  Anlage  Wangen 
(Taf.  LVI,  Fig.  3)  ist  die  Anordnung  so  getroffen,  dass  man  an  den  Kurbel-Vierkant  des 
Vorgeleges  einen  auf  einem  Geleise  fahrbaren  elektrischen  Motor  anschlieast  und  auf 
diese  Weise  die   einzelnen  Schützentafeln  nacheinander  aufziehen   und  herunterbringen 

Fallen »nfxOgp  mit  Elektromotoren  an  den  Turbinen  kümmern  des  Lechwerkes  Geratbofen. 


kann  (Abb.  268  u.  269).  Für  die  Stromleitung  werden  in  solchen  Fällen  besondere  Kabel 
über  die  Bedien  nngsbrücke  gelegt,  an  welche  der  Motor  durch  Steckkontakte  angeschlossen 
werden  kann. 

Taf.  LVI,  Fig.  4  o.  5  stellen  ein  Vorgelege  für  die  Schützen  des  neuen  Regu- 
lier ungsworkes  der  Anlage  Jonage-Cusset-Lyon  dar,  bei  welchem  durch  Ausrück- 
vorrichtungen  für  den  Handbetrieb  und  den  hydraulischen  Betrieb  drei  verschiedene  Auf- 
zugsgeschwindigkeiten erzeugt  werden  könne».  Der  hydraulische  Motor  ist  mit  dem  Trage- 
bock des  Vorgeleges  selbst  fest  verbunden.  Das  Druckwasser  wird  durch  eine  kleine 
Tnrbine,  welche  sich  in  einem  Häuschen  am  rechten  Ufer  des  Regulierungswerkes 
befindet,  geliefert  (S.  516).  Eine  andere  Aufziehvorrichtung  derselben  Anlage  zeigen 
Taf.  LV,  Fig.  1  u.  2.  Hier  werden  durch  das  Handvorgelege  zwei  röhrenförmige  Muttern 
gedreht,  welche  mit  einem  Bund  auf  dem  gasseisernen  Führangslager  m-n  aufruhen.    Die 

*)  Geliefert  van   der  Vereinigten    Maschinenfabrik   Augsburg  und    Maschinenbau-  Gesell  schart 

Nürnberg  A.-G. 


862  III.     Theodor  Kokhw.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

bronzenen  Spindeln  müssen  bei  Drehung  der  Muttern  gleichmässig  auf-  bezw.  absteigen 
und  die  Schätzen  öffnen  nnd  schliessen. 

Abb.  268.     AufzngHvoniclitangeii  für  die  WehmchQtzen  der  Anlage  Wangen  a.  d.  Aare  (S.  421  n.  ff.). 


Abb.  269.    Fahrbarer  Antrifibsmotor  flu-  die  WebnehtttMn  dar  Stehen  die  Losstander,  auf 

Anlage  Wangen  a.  d.  Aare.  ^^  ^  die  Schutoentafo],,  ^ 

wegen,  schräg,  so  urnss  auch  das 
Vorgelege  eine  entsprechend 
schiefe  Lage  erhalten,  wie  es  z.  B. 
Abb.  270  zeigt 

Ein  Beispiel  für  Aufzugs™ 
Yorrichtungen  mit  nur  einer,  in 
der  Schwerlinie  der  Schützentafel 
angreifenden  Stange  bietet  das 
Beguliernngswerk  der  Anlage 
Ghamp  (Pure  et  Horge,  Abb. 
122,  S.  537). 

Bei  Aufzugsvorrichtungen 
mit  Vorgelege  für  Hand  und  ma- 
schinellen Betrieb  werden  bei 
weitem  am  häufigsten  je  zwei 
Zahnstangen  oder  Schrauben- 
spindeln angeordnet,  weil  hierbei  weniger  leicht  Verklemmungen  der  Schützen  in  den 
Nuten  und  Falzen  als  bei  nur  einer  Stange  vorkommen,    dagegen  wird  immer   nur  eine 


§  3.  Schütz».  888 

Stange  pro  Schätze  angewendet,  wenn  es  sich  nm  direkte  Hebung  der  Schützen  mittelst 
Kolbenstangen  handelt,  welche  durch  Presswasser  oder  TressSl  bewegt  werden.  Eine 
derartige  Einrichtung  war  bei  den  gusseisernen  Schützen  des  alten  Regulierungswerkes 
der  Anlage  Jonage-Cusset-Lyon  zur  Anwendung  gebracht  (Taf.  LVI,  Fig.  6  u.  7). 
Ähnlich  ist  die  Hebevorrichtung  bei  den  6,0  m  breiten,  eisernen  kastenförmigen 
Schützentafeln  vor  den  Turbinenkammern  der  Anlage  Beznau  (Taf.  XXIV,  Fig.  2  und 
S.  434).  Die  in  einem  Pressölzylinder  unter  30  Atmosphären  bewegte  Kolbenstange  greift 
an  die  Schütze  in  der  Schwerlinie  mit  einem  Universalgelenk  an,  um  Verklenunungen 

Abb.  270.   AnbragvvQirielitangen  der  hölzernen  Webnchntzen  der  Anlage  St  Manrice-Linsanne  (8. 455). 

"■  -■  •—  "-•■ ■—■-■ " *■*-  "  ■ >-■--  * . --n  ariwilnU»  .lad  mit  Hilf»  <ta  uT  doo 


naotrSW*  alt  wundla  Bol»nnl«k«D  Wwärte»  tltmtneo  Gr 
Bockwlad«  ksÄMkbnt  ™d  fHtiwauIrt.  Dia  üb  eUren  Knda  d.r 
LMngtlMkH  «i  d»n  Cm» *— 4— ■  o»f«t*(t,  lodiii  il*  mit  mUr  *•  I 


BolMHgri.nk.il  udu  bkutuiu  «*«•*!■*,  udui  «i.  mit  anUr  dl*  Broek*  aiUappt  ward«  kann« 


und  Verbiegungen  zu  vermeiden  (Abb.  271).  Ähnlich  ist  ferner  die  Aufzugavorrichtung 
der  Schützen  an  den  Entnahmekanslen  bei  der  Talsperre  von  Villar  (Spanien),  wo  die 
vier  Schützen,  deren  Bewegungswiderstände  je  8,6  t  betragen,  durch  je  eine  in  einem 
Drackwasserzylinder  von  0,5  m  innerem  Durchmesser  angetriebene  Kolbenstange  bewegt 
werden  (S.  696). 

Bei  grossen  und  schweren  eisernen  Schützen,  welche  auf  Walzen  oder  Rollen 
laufen  und  durch  ihr  eigenes  Gewicht  heruntergehen,  werden  statt  der  Zahnstangen 
Drahtseile  verwendet.  Letztere  laufen  über  Seiltrommeln  und  tragen  an  ihren  freien 
Enden  Gegengewichte,  welche  oft  als  eiserne,  mit  Eisenbarren  oder  mit  Sand  oder  Beton 
ausgefüllte  Kostenträger  ausgebildet  sind.  Beispiele  hierfür  bieten  die  Wehr&chützen  der 
Anlagen  Chevres  (Taf.  LV,  Fig.  3),  Hagneck  (Taf.  XXXII,  Fig.  3  u.  6),  Beznau 
(Taf.  XXV,  Fig.  1)  und  die  Grundablasschütze  der  Anlage  Avignonnet  (Abb.  266, 
S.  855).  Der  Antrieb  der  Seiltrommeln  erfolgt  durch  Zahnrad-  und  Schnecbenvorgelege 
von  Hand  oder  motorisch.  In  bezug  auf  die  ganze  AufzugBvorrichtung  solcher  Schützen- 
tafeln kann  die  Anlage  Chevres  wiederum  als  nachahmenswertes  Muster  betrachtet 
werden. 


864  III.     Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

Die  Schiltzentafeln  <Taf.  LV,  Fig.  8,  6,  12  u.  13)  werden  durch  4  Suhlkabel  tob  88  mm  Durch- 
nwsser  und  zwar  je  zwei  an  jedem  Ende  gehoben.  Jedes  der  zwei  Kabeln  eines  Endes  geht  Ober  ein«  so 
der  Schützentafel  befestigte  Rolle  and  auf  der  BedienungsbrQeke  aber  iwei  Seiltrommeln.  Je  vier  Seilenden 
ström  au  fwftrta  und  stromabwärts  tragen  ein  Gegengewicht  Die  oben  schon  beschriebenen  Walxenreihen  (n) 
werden  beim  Heben  der  Schützen  mitgehoben,  aber  nur  mit  dar  halben  Geschwindigkeit  Jede  Waise 
hat  eine  Lange  von  500  mm  and  einen  Durchmesser  von  800  mm.  Durch  die  Beschränkung  auf  die 
halbe  Geschwindigkeit  wird  das  Gleiten  der  Walsenreihe  verhindert  nnd  die  rollende  Bewegung  gesichert. 
Zo  dem  Zwecke  sind  zwei  an  der  Bedienungsbracke  festgemachte  Stahlseile  (p)  um  die  oberste  mit  zwei 
Seilnuten  versehene  Waise  gelegt  nnd  alsdann  Ober  eine  Holle  (r)  geführt,  welche  an  der  Schutie  selbst 
befestigt  ist  nnd  deren  Achse  lotrecht  iut  Achse  der  Wslsenreihe  steht  Anf  diese  Weise  musa  beim 
Haben  die  Walienreihe  die  Halft*  des  Weges  der  Scnütsentafd  lurücklcgen.    Bei  der  Anlage  Cbevres 

Abb.  271.    Ansicht  der  Pressfilivlinder  für  die  Hebung  der  TurbinönkammerschOticn  dar  Anlage  Bernau. 


war  von  vornherein  nur  Handbetrieb  vorgesehen,  da  man  die  Hebung  damit  für  die  dortigen  Wasser- 
verhlltnisse  der  Rhone  schnell  genug  bewirken  konnte  (8.  867).  Bei  dar  Wehrschatse  der  Anlag« 
Bernau  nnd  auch  bei  der  Grnndablasschntze  der  Anlage  Avignounet  (Abb.  265,  &  855)  ist  k*m 
dem  Handbetrieb  auch  motorischer  vorgesehen.  Die  Schatientafel  der  letztgenannten  Anlage  ist  10,0  m 
breit  nnd  7,0  m  hoch  und  kann  mit  Handbetrieb  in  ca.  6'/i  Stunden,  mit  elektromotorisehem  Antrieb  in 
1  Stunde  und  40  Minuten  7,0  m  gehoben  werden. 

Wegen  selbsttätiger  Vorrichtungen  zum  Schliessen  von  Aiistiussüffiraagen  in  Druck- 
kammern wird  auf  Kap.  III,  §  2,  Werkkanälo  S.  829  nnd  anf  die  diesbezüglich«  Er- 
gänzung in  §  4,  Drnckrohre  (S.  942),  verwiesen. 

Die  zur  Hebung  einer  Schätze  erforderliche  Zugkraft  ergibt  sich  aus  dem  Eigen- 
gewicht der  Schütze  Q,  und  den  von  dem  Wasserdruck  P  abhängigen  Reibungsverlusten. 
Den  Wasserdruck  P  in  einer  Tiefe  t  berechnet  man  bei  kleineren  nnd  mittleren 
Schätzentafeln  so,  dass  man  als  Druckfigur  statt  eines  Dreiecke  oder  eines  Trapezes  ein 
Rechteck  zugrunde  legt  von  der  Hohe  der  Schlitzen  tafel  in  m  nnd  der  Grundlinie  H 
in  m.  wenn  H  die  grösste  denkbare  Drnckhühc  des  Wassers  bedeutet,  welche  auf  die 
Schützen tafol  wirken  kann.  Bei  grosseren  Schützen  wird  dagegen  in  der  Praxis 
meistens  zur  Berechnung  der  Reibungsverluste  die  theoretisch  richtige  Druckfigur  des 
Wasserdrucks   zugrunde   gelegt   und,    um    Zufälligkeiten  Rechnung   zu   tragen,   ein   ent- 


§  8.  Schützen.  865 

sprechend  gross  gewählter  Reibungsbeiwert  in  die  Rechnung  eingeführt.  Bei  Grund- 
ablasschützen  in  geschiebereichen  Flössen  wird  man  noch  die  Anfültung  der  Sohle  tot 
der  Schätze  mit  Geschiebe  voraussetzen  müssen,  sodass  zu  dem  Wasserdruck  noch  ein 
Erddruck  hinzukommt,  den  man  am  einfachsten  berücksichtigt,  indem  man  als  Gewicht 
eines  cbm  Wassers  von  der  erwähnten  Schütze  nach  unten  nicht  1000  kg,  sondern 
1500  bis  1800  kg  annimmt. 

Beispiel:  Eine  Schotee  des  GrandabUsses  4er  Anlage  Champ  (Abb.  264)  ist  8,0  m  lang 
und  1,5  m  hoch.  Betet  man  voraus,  dass  der  höchste  Wasserstand  1,0  m  naher  als  die  Oberkante  der 
Schutze  liegen  kann  und  dass  tot  der  Schliessnjehe  der  letzteren  bis  zum  Rande  Geschiebe  liegt,  so 
wird  der  gesamt«  Druck  P  gegen  die  Schütze,  wenn  man  den  Gegendruck  des  Unterwassers  anch  noch 
vernachlässigt: 

P  =  8,0  [(1,0  X  1,5 X  1000)  +  ^.laoojl  M28200  kg. 

Nimmt  man  als  Beibnngawert  von  Eisen  auf  Eisen  (trocken)  0,40  an,  um  einen  weiteren  Sicher- 
heitsgrad  der  Rechnung  an  erzielen  und  setzt  das  Eigengewicht  der  Schutze  mit  4500  kg  ein,  so  ist  rar 
Hebung  der  Schatze  ein  Zug  nötig  Ton  Z  =  28200  X  0,40  +  4500=  15780  kg,  sodass  auf  jede  der  zwei 
an  den  Enden  der  Schütze  angebrachten  Zahnstangen  7890  kg  entfallen,  d.  h.  bei  einer  zulässigen  Inan- 
spruchnahme von  700  kg/qcm  müsste  jede  Zahnstange  einen  Querschnitt  von  jQ  12  qcm  haben.  Die 
tatsächlich  ausgeführten  Zahnstangen  sind  ans  je  einem  80  mm  hohen  stählernen 

140  Abb.  272. 

Flacheisen  gebildet  und  durch  Backen  aus  U  •  Eisen  -,  „    verstärkt.     Die    Ganghöhe 

der  Zahnstangen  betragt  47  mm. 

Wird  die  gleitende  Reibung  in  rollende  verwandelt,  so  wird 
nach  Abb.  272 

Q.2r  — f.P  und  Q  =  -^-,  {8) 

wenn  P  den  Gesamtwasserdnick  auf  die  Schütze  in  kg,  r  den  Halb- 
messer einer  Walze  und  f  den  Hebelarm  oder  die  Reibungszahl  der 
rollenden  Bewegung  in  cm  bedeuten.  Man  setzt  z.  B.  für  Pock- 
holz  auf  Pockholz  f =0,047  cm,  für  Ulmenbolz  auf  Pockholz  f =0,081  cm, 
für  Eisen  auf  Eisen  und  Stahl  auf  Stahl  bei  Schützen  im  Mittel  f  =  0,055  cm. 

Die  Walzen  sind  so  zu  verteilen,  dass  sie  möglichst  alle  den  gleichen  Druck  p  er- 
halten.   Zu  dem  Zwecke  moas  nach  Abb.  272 

/tM.m+l.pA  =  /t..n  +  i..o\  _  /*.  •  o  +  t.  .  o\ 

usw.  sein. 

Greift  Q  nicht  am  oberen  Rande  der  Walze  an,  sondern  wie  in  Abb.  262,  S.  851 

P 
und  Abb.  266,  S.  857  in  der  Achse  der  Walze,  so  wird  Q  — ;  -  -  (f  4  \i  a) ,    worin  a  den 

Halbmesser  des  Zapfens  in  cm  und  n  die  Reibungszahl  der  Zapfenreibung  (für  gut  ein- 
geschliffene Stahlzapfen  in  Bronzelagern  ohne  Schmierung  =  0,08  bis  0,10)  bedeuten. 

Beispiel:  Rechnet  man  bei  den  10,0  m  breiten  und  8,50  m  hohen  Schützentafeln  der  Anlage  Chevres 
Tafel  LV  mit  einer  dreieckigen  Druckfigur  des  Wasserdruckes  und  nimmt  an,  dass  die  höchste  Druck- 
hohe  des  Wassers  gleich  der  Hohe  derSchützenUfel  ist,  so  wird  P  =  —  .  10  .  1000  kg  =  861250  kg. 
Der  Durchmesser  der  Walzen  betragt  20  cm  und  bei  doppelter  Sicherheit  muss  der  Zug 

,  =  L«»^!55  =  19ln(-_MOO)k,Ä 

Für  eine  einfache  Windetrommel  mit  Einsteckhebel  nach  Abb.  273a  gilt 
zur  Berechnung  der  für  die  Hebung  erforderlichen  Kraft  die  Formel 

p=a«,  (9) 

'i    V 

III.IW.rtl  d.r  Int.-WlH.DKh.    III.  T.U.     11  Bd.  55 


866 


III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräfte».    Eixzelhute*. 


wobei  das  Güteverh&ltnis  t]  bei  Ketten  zu  0,95,  bei  Seilen  je  nach  der  Dicke  zu  0,8 
bis  0,9  anzunehmen  ist.  Ein  Mann  kann  hierbei  eine  Kraft  P  von  ca.  25  kg  zur  Wir- 
kung bringen. 

Beim  Zahnradvorgelege  gilt  für  jedes  Räderpaar  an  einer  Achse  mit  den 
Halbmessern  der  Teilkreise  rn  und  rB+i  gleichfalls  Formel  (9),  wobei  P  für  einen  Mann 
zu  10  bis  15  kg  und  i\  für  jeden  Zahneingriff  zu  ^  0,92  zu  setzen  ist.  Die  Kurbel  zum 
Angriff  der  Kraft  P  mit  dem  zugehörigen  Zahnrad,  —  und  die  Windetrommel  mit  dem 
Seil  oder  das  in  die  Zahnstange  eingreifende  Zahnrad  gelten  je  als  ein  Räderpaar.  Nach 
Abb.  273  b  ist 


nach  Abb.  273  c  ist 


P  —  ?A  T± 


Q 


*»     li    1* 


rt   r,    0,92 . 0,92 

Q 


r, "  r,  r5    0,92 . 0,92 . 0,85 


(10) 


(10a) 


a 


Abb.  278. 


e 


Die  Anzahl  der  Zahne  beträgt  bei  kleinen  Rädern  gewöhnlich  nicht  unter  7.   Das 

vv,        .  ,,u  .    r.        Anzahl  der  Zähne  am  grossen  Rad        N       ,        .      .   . 

tberseteungsverhkltmg  -  =  AmM  der  ^^  &m  flg^-Eg— ,-  schwankt  be. 

Hebevorrichtungen  zwischen  3  und  8. 

Bei  Schrauben  oder  Schnecken  mit  rechteckigem  Gewinde  ist,  wenn  h  die  Steig- 

höhe  der  Schraube  und  n  =  -j—  das  Steigungsverhältnis  bedeuten,  nach  Abb.  273  d 


An 


P  = 


^.0,92*2*^17.     r4.0,92 


Q 


(10b) 


Es 


bei  einem  Steigungs- 


▼erbiltnis  ,     von 
an 


•    .    . 


1/8  bei  einer  drehbaren  Spin- 
del oder  Schnecke      .    .    . 


0,04 


0,218 


0,05 


0,258 


0,06 


0,07 


0,294    |     0,326 


0,08 


0,850 


0,10 


0,125 


0,405    •     0,457 


Bei  einem  Getriebe  mit  drehbarer  Mutter  nach  Abb.-  27 3 e  sind  die  Werte 
von  fjn  nur  etwa  V*  so  gross  wie  bei  drehbarer  Spindel  anzunehmen.    Es  ist  also 

r.  ta  h 


P  = 


Q 


(10c) 


rt .  0,92  "  rs  .  0,92  *2rcr6 .  »A?. 
Wenn,  wie  es  in  der  Regel   der  Fall  ist,  durch  eine  Kurbel  gleichzeitig  xwei 
Schraubenspindeln  bewegt  werden  sollen,  so  wird 

r, .  0,92     r,  0,92    2  n  r6 .  */*  »?• 


§  3.  Schützen.  867 

Zar  Ermittelung  der  Geschwindigkeit  vn,  mit  welcher  eine  Schütze  gehoben  werden 
kann,  darf  man  bei  Handbetrieb  annehmen,  dass  der  Handkurbel  eine  Umfangs- 
geschwindigkeit yt  von  0,6  bis*  0,8  m/sek.  gegeben  werden  kann.    Bei  einem  Vorgelege 

nach  Abb.  273c  wird  Il  =  Il.I!l.Ä  nud  v 6  =  v1  .Ü.Ii.Il  (H) 

wenn  v6  die  Hebungsgeschwindigkeit  am  Seile  bedeutet. 

Beispiel:  Bei  der  Hebevorichtung  der  Anlage  Chevres  (Taf.  LVI,  Fig.  1  und  2)  ist  der  Hebel- 
ann einer  Handkurbel  a  =  0,805  m, 
das  Zahnrad  b  hat  17  Zähne,  das  Triebrad  e  85  Zahne, 
das  Zahnrad  d  14  Zähne,  das  Haupttriebrad  e  86  Zfthne, 
die  Winkelrftder  f  und  g  je  27  Zähne, 
das  Zahnrad  der  Windetrommel  h  32  Zähne  und 
der  Durchmesser  der  Seiltrommel  ist  0,965  m, 

das  Steigungsverhältnis  ^ —  der  Schnecke  durch  den  Halbmesser  des  Winkelrades  g 

ergibt  ^. 

Danach  verhält  sich  die  Umfangsgeschwindigkeit  der  Handkurbel  zur  Hebungsgeschwindigkeit 

t      v,       85x86x82x27      2.0,805      620       ,  *.    n  u  v    •  *  u  -i. 

a  ®°  ^  =~i7xl4x27      X    0,965   °°T~  Hebungsgeschwindigkeit 

Vfl=^  =  Jf==0'00129m/8ftL 
Die  Schatze  wird  also  in  776  Sek.  um  1,0  m  und  in  einer  Stunde  und  rd.  5  Min.  5,0  m  hoch 
gehoben.    In  einer  Minute  kann  eine  Schütze  0,00129  60  &  0,077  m  gehoben  werden.    Wenn  2  Mann, 
welche  zur  Hebung  einer  Schutze  nötig  sind,  alle  6  Schützen  nacheinander  gleichmässig  heben  sollen, 

0  077    SO 
so  wurden  sie  in  einer  Stunde  dieselben  - — „— —  =  0,77  m  heben  können.    Mit  Rücksicht  aber  auf  die 

o 

Versäumnisse  beim  Gehen  von  einer  Schütze  zur  anderen  wird  man  in  einem  solchen  Falle  die  so  er- 
mittelte Zahl  etwa  mit  0,7  bis  0,8  zu  multiplizieren  haben,  sodass  man  nur  mit  einer  Hebung  der  sechs 
Schätzen  von  rd.  0,58  bis  0,68  m  stündlich  rechnen  könnte. 

Die  verfügbare  Zeit  zur  Hebung  von  Wehr-  und  zur  Schliessung  von  Einlaufschützen 
ergibt  sich  aus  den  Beobachtungen  des  Wasserspiegels  im  Flusse  bei  aussergewöhnlichen 
Hochfluten. 

Man  wird  daraus  erkennen,  um  wieviel  cbm/sek.  die  Wasserführung  des  Flusses 
in  einer  gewissen  Zeit  anwachsen  kann  und  daraus  die  Zeit  bestimmen,  in  welcher  die 
Durchflussöffnungen  am  Wehre  freigemacht  werden  müssen.  Umgekehrt  wird  man  aus 
der  Zeit,  in  welcher  der  Wasserstand  vor  Beginn  der  Hochflut  bis  zum  höchsten  Stande 
steigen  kann,  die  Schnelligkeit  bestimmen,  mit  welcher  die  Einlaufschützen  gedrosselt 
werden  müssen,  um  die  Hochflut  vom  Werkkanal  abzuhalten. 

2.  Glockenschützen  (Zylindersehütien).    Bei  den  Glockenschützen  gleicht  sich 

der   Wasserdruck    auf    die    zylindrischen   lotrechten    Schliessflächen    vollkommen   aus, 

sodass  von  den  Aufzugsvorrichtungen  nur  der  lotrechte  Wasserdruck  zu  überwinden  ist. 

Ein  gutes  Beispiel  bieten  die  Glockenschützen   in  den  Turbinenkammem   der  Anlage 

Jonage-Cusset-Lyon  (Taf.  LVII,  Fig.  1—5  und  Taf.  XL,  Fig.  4). 

Die  kreisrunde  Durchflossfiffriung  im  Boden  hat  einen  Durchmesser  von  3,0  m  bei  den  16  grossen 
Schfltxen  und  von  2,0  m  bei  den  kleinen  Schützen.  Jede  Glockenachtttze  besteht  aus  einem  gusseisemen 
festen  Deckel  und  einer  beweglichen  Trommel.  Der  kalottenformige  Deckel  ist  durch  12  Stehbolzen  (A) 
auf  dem  Sitzring  verankert.  Letzterer  ruht  auf  dem  Beton  und  ist  mit  diesem  durch  Anker  in  feste 
Verbindung  gebracht  Die  bewegliche  Trommel  T  legt  sich  mittelst  Ringe  (b1)  aus  weichem  Metall 
(Legierung  von  Blei  und  Antimon)  sowohl  oben  auf  den  Deckel  als  auch  unten  auf  den  Sitzring.  Um 
Wasserschlüge  gegen  die  Trommel  bei  au  schnellem  Heben  zu  vermeiden,  ist  auf  dem  festen  Deckel 
ein  Sitzventil  s  angebracht»  durch  welches  das  Turbinenrohr,  das  Turbinengehause  und  die  Glocke  bei 
geschlossener  Glockenschatze  und  geleertem  Turbinengehause  zunächst  vollgefüllt  werden  können,  ehe 

55* 


§  8.  Schützen.  869 

Die  zwei  Aufzugsketten  laufen  je  Ober  drei  Ftthrungsrollen  und  sind  mit  einem  Gegengewicht  (Fig. 
4  und  5)  verbunden,  welches  den  grftssten  Teil  des  Eigengewichtes  der  Trommel  ausbalanziert.  An  das 
Gegengewicht  greift  die  Galische  Kette  an,  durch  welche  die  Glocke  gehoben  wird.  Auf  diese  Weise 
kann  jede  Trommel  durch  ein  einfaches  Handvorgelege  schnell  und  leicht  gehoben  werden.  Bas  kleine 
Sitzventil  wird  gleichfalls  mittelst  Seilübertragung  im  Innern  des  Maschinenhauses  bedient.  Die  16  grossen 
Schätzen  mit  3  m  Dm.  haben  einschliesslich  der  Aufzugsvorrichtungen  und  allem  Zubehör  Frs.  111118, 
die  8  kleinen  Schätzen  mit  2  m  Dm.  Frs.  13400  gekostet. 

8.  Drehschütxen.  Bei  den  Drehschützen  wirkt  der  Wasserdruck  auf  Schliessung 
hin.     Sie  haben  entweder  lotrechte  oder  wagerechte  Drehachsen. 

Drehschützen  oder  Drehtore  mit  lotrechten  Drehachsen  und  einflügligen  Torhälften 
wurden  z.  B.  als  Verschluss  des  Werkkanals  der  Wasserkraftanlage  Paderno  a.  d.  Adda 
verwendet  (S.  21,  25,  606  und  652  sowie  Taf.  LVII,  Fig.  6—8) 9). 

Bei  dieser  Anlage  sollen  die  Drehtore  das  Hochwasser  in  der  Adda  vom  Werkkanal  abhalten, 
aber  keinen  vollkommenen  Verschluss  bilden,  sondern  es  soll  zwischen  den  Vorderkanten  in  der  ganz  aus- 
geschwenkten Lage  der  Torhälften  immer  noch  ein  Durchflusspalt  von  1,50  m  lichter  Weite  verbleiben, 
welcher  als  ausreichend  berechnet  war,  um  beim  höchsten  Wasserstand  der  Adda  das  erforderliche  Be- 
triebswasser durchzulassen.  Die  Konstruktionseinzelheiten  und  auch  die  Art  des  Bewegungsantriebes 
gehen  aus  den  Figuren  deutlich  genug  hervor. 

Zu  derselben  Gattung  von  Drehschätzen  gehören  auch  die  Stemmtore  von  Schiffs- 
schleusen. 

Drehtore  mit  lotrechten  Drehachsen  und  zweiflügligen  Torhälften  sind 
u.  a.  bei  der  Anlage  Hag  neck10)  als  Verschlüsse  der  im  lichten  6,0  m  weiten  Turbinen- 
kammern verwendet. 

Die  Drehachse  je  einer  Torhälfte  sitzt  derart  zwischen  den  beiden  Flügeln,  dass  der  Wasser- 
druck auf  den  einen  (äusseren)  Flögel  grösser  ist  als  auf  den  anderen  (inneren)  und  auf  diese  Weise 
selbstwirkend  einen  dichten  Verschluss  herstellt  (Abb.  274,  vergL  ferner  Abb.  94,  S.  476  und  Taf.  XXX II f, 
Fig.  2  u.  5).  Die  geöffneten  Tore  stehen  mit  ihrer  wagerechten  Mittellinie  parallel  zur  Stromrichtung  des 
Wassers.  Im  geschlossenen  Zustande  schliessen  die. inneren  Enden  der  beiden  Torhälfton  gegeneinader 
und  die  äusseren  Enden  je  in  einem  Mauerfalz.  Das  Getriebe  zum  öffnen  und  Schliessen  der  Tore  greift 
mit  einem  einarmigen  Hebel  an  die  Drehachse  an  und  durch  eine  Kuppelvorrichtung  kann  das  Getriebe  von 
je  zwei  Torhälften  an  eine  gemeinschaftliche  Transmissionswelle  angeschlossen  werden.  Da  nur  der 
Unterschied  der  Wasserdrücke  auf  die  Flügel  je  einer  Torhalfte  zu  überwinden  ist,  erfolgt  das  Offnen 
und  Schliessen  leicht  und  schnell  (1  bis  V/t  Minuten). 

In  ähnlicher  Weise  sind  die  zwanzig  5,60  m  breiten  Turbinenkammern  der  Anlage 
Rheinfei  den  (S.  581  u.  Taf.  XLVII,  Fig.  5)  durch  zweiflügelige  Drehtore  ans  Stahl 
geschlossen. 

Jede  Torhalfte  ist  5,0  m  hoch  und  2,75  m  breit.  Der  höchste  Wasserdruck  auf  ein  geschlossenes 
Tor  beträgt  rd.  70  t.  Die  Drehzapfen  sind  oben  an  der  Eisenkonstruktion,  welche  die  vordere  Wand 
des  Maschinenhauses  trägt,  verankert.  Der  Bewegungsantrieb  erfolgt  durch  Handräder  auf  der  Bedienungs- 
galerie des  Maschinensaales  und  greift  am  wagerechten  oberen  Ende  des  äusseren  Flügels  jeder 
Torhälfte  an.  Die  vorderen  lotrechten  Endflächen  der  äusseren  Flügel  beider  Torhälften  stemmen  sich 
im  geschlossenen  Zustande  gegeneinander,  während  die  inneren  Endflächen  in  Mauerfalzen  schliessen. 
Auch  hier  ist  nur  der  Druckunterschied  auf  die  beiden  Flügel  einer  Torhalfte  zu  überwinden  und 
die  Öffnung  und  Schliessung  kann  leicht  und  schnell  bewirkt  werden.  Aber  die  Dichtigkeit  des  Ver- 
schlusses soll  mangelhaft  sein,  sodass  bei  Reparaturen  in  einer  Turbinenkammer  die  Abdichtung  doch 
noch  durch  Dammbalken  erfolgen  inuss. 

Drehtore  mit  wagerechten  Achsen  worden  bei  der  Anlage  Chevres  zum 
Verschluss  der  Tnrbinenkammern  verwendet. 


9)  II  Politecnico.  Mailand  1899.  II  Canale  Industriale  di  Paderno.  Di  Alcuni-Impianti  pel  Tras- 
porto  del  Energia  Elettrica  per  cura  degli  Ingg.  Saldini,  Milani,  Semenza,  Salmojraghi. 
io)  Geliefert  von  Theodor  Bell  &  Co.  in  Krienz  (Schweiz). 


870         III.    Theodor  Kokhn.    Ausbau  von  WasbsbkrIftbk.    Einzelheiten. 

Jedes  Drehtor  dreht  sich  um  4  wagerechte  Bolzen-Scharniere  (Abb.  873  n.  876  n.  Taf.  XXVIII, 
flg.  1  u.  8).  Im  geschlossenen  Zustande  rnht  du  Tor  anf  einem  gehobelten  Profileilten.  In  die 
Seitenwinde  der  ahsogcb Kernenden  Kammer  sind  entsprechend  der  Zylinderflacha  der  DrehschQtze  Flach 
eisen  mit  gehobelter  Vorderfllche  eingelassen  and  verankert,  an  welcher  die  Diehtungaleisten  der  Drefa- 
achutie  achlieatwa.  Alle  übrigen  Teile  der  Schatte  sind  mindestens  6  mm  von  der  Hauer  entfernt,  so- 
dass Reibung  nur  an  den  Diehtungaleisten  stattfindet  Die  obere  Dichtung  wird  in  ähnlicher  Weise  wie 

Abb.  27S  und  276.    Drehschutte  mit  wagerechten  Drehachsen  tarn  Verschluss  der  Tnrbinenkammern 


bei  den  Wehrschutxen  von  Chevres  durch  einen  zylindrischen  Eisenatab  zwischen  2  spitzwinklig  an- 
einander stehenden  gehobelten  Fliehen  hergestellt  Die  Hebung  der  Drehschatzen  wird  durch  eine  Ksttr 
bewirkt,  welche  sich  am  eine  Trommel  aufwickelt  und  zwar  bei  den  zuerst  eingebauten  Schätzen  nach 
Abb.  277  und  bei  den  splter  eingebauten  nach  Taf.  XXVIII,  Fig.  1.  Eine  gemeinschaftliche  Wolle, 
welche  durch  einen  Elektromotor  angetrieben  wird  (Taf.  XXV11I,  Fig.  8),  kann  alle  Ketten  trommeln  in 
Bewegung  setzen  und  zwar  im  aufwickelnden  oder  abwickelnden  Sinne ,  je  nachdem  das  eine  oder  das 
nndrre  Wickelrad  eingerückt  wird  (Abb.  278).  Unabhängig  von  der  gemeinschaftlichen  Transmission« welle 
kann  dsnn  such  noch  jsde  DrebschQtze  von  Hand  angetrieben  werden.    Die  vollkommene  Hebung  eine« 


§  3.  Schützen.  871 

Dreht  oree  dauert  5  Minuten,  die  Schliessung  kann  in  der  Hälfte  dar  Zeit  erfolgen.  Der  Zog  in  der 
Kette  betragt  5328  kg. 

4.  Selbsttätig  wirkende  Schützen.  Zu  dieser  Gruppe  gehören  die  Klappen- 
Wehre,  welche  sich  bei  einem  gewissen  Wasserstande  selbstwirkend  umlegen  und  die 
Darchflnssöffnung  ganz  oder  teilweise  freigeben.  Bei  den  Klappenwebren  nach  Chanoine 
(S.  654)  könnte  man  die  Klappen  selbstwirkend  machen,  wenn  die  Streben,  welche  die 
Klappen  im  aufgerichteten  Zustande  stützen,  etwa  mit  Hilfe  einer  von  einem  Schwimmer 
mit  Bolle  und  Gegengewicht  angetriebenen  Zahnstange  ans  ihren  Stutzpunkten  in  den 
Eteenschuben  herausgezogen  würden11). 

Ebenso  hierher  gehören  die  Klappenwehre  nach  dem  Muster  des  Krantzschen 
Wehres  bei  Dinant  in  der  Haas  (Belgien)  (S.  654),  bei  welchem  die  wagerechte  Dreh- 

Abb.  278.  Schneckenantrieb  der  Auf  enge  Vorrichtung 

■u  Abb.  277  mit  dem  Hebel  tum  Einrücken  der 

Winkelr&der  auf  der  Haupttransmissioiis  welle. 


achse  der  Schützentafel  so  tief  liegt,  dass  der  Wasserdruck  auf  den  oberen  Teil  der 
Tafel  bei  Überschreitung  eines  gewissen  Wasserstandes  grösser  wird  als  auf  den  unteren 
und  die  Klappe  sich  deshalb  umlegt.  Macht  man  den  unteren  Klappenteil  schwerer 
als  den  oberen,  so  kann  der  Wasserdruck  bei  sinkendem  Wasserspiegel  die  Klappen 
auch  selbsttätig  wieder  schliessen. 

Selbsttätig  auf  Öffnen  und  Schliessen  wirken  auch  die  Doell sehen  Schmetter- 
lings-Klappen (S.  654)"). 

Für  WasBerkraftanlagen  sind  alle  derartigen  Konstruktionen  bisher  sehr  selten 
zur  Ausführung  gekommen,  da  sie  erstens  immerhin  ansicher  in  ihrer  Wirkung  sind 
und  zweitens  zu  wenig  dicht  schliessen. 

Um  aus  regulierten  Seen,  Talsperren  oder  Stauweihern  je  nach  dem  Wasserstande 
im  Becken  bestimmte  Wassermengen  selbstwirkend  abfitessen  zn  lassen,  sind  eine  ganze 

ii)  J.  Schlicbting,  Handb.   d.   Ing.-Wissensch.    1892.    Dritter  Band,    Wasserbau,    Erste   Abt 
I.  Hälfte.  S.  304.  Fig.  58  uod  Taf.  XII,  Fig.  15-18. 
1')  Wie  ad  11  S.  306,  Fig.  59»  und  b. 


872         m.    Theodob  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Reihe  selbstwirkender  Schützen  mit  lotrecht  auf-  und  abbewegten  Schützentafeln  kon- 
struiert18), so  n.  a.  von  Carnot  für  die  Regulierung  des  Lacd'Annecy  (S.  224),  von 
Chauvillerain  für  eine  konstante  Wassermenge  von  400  1/sek.  bei  schwankendem 
Wasserspiegel  und  von  Lecoultre  und  Konsorten  für  die  Regulierung  derLacs  de 
Joux  et  Brennet  (S.  226  u.  463).  Aber  alle  derartigen  Vorrichtungen  haben  sich 
entweder  bereits  als  nicht  ausreichend  sicher  herausgestellt  oder  es  liegen  noch  keine 
l&ngeren  Erfahrungen,  welche  einen  günstigen  Schluss  zuliessen,  mit  ihnen  vor. 


Nachtras  zu  §  2,  Werkkanäle 

(eingeschaltet  in  denken  auf  8.  786  vorletzte  Zeile)» 

Ableitung  von  Formeln  für  die  Ermittlung  des  wirtschaftlich  günstigstem  Querschnitts 
Ton  Werkkanälen  und  für  das  wirtschaftlich  gunstigste  Gefälle  unter  Berücksich- 
tigung des  Nutswertes  und  der  Betriebskosten  (vergl.  Bemerkung  S.  847). 

Nach  der  allgemeinen  Geschwindigkeitsformel  ist 

v  =  2=cVRX 
F 

Wenn  v  in  m/sek.,  Q  in  cbm/sek.,  F  in  qm  und  R  in  m  ausgedrückt  werden, 

dann  ist  auf  1,0  m  Kanallänge  der  Gefällverlust 

J=F*c^Rinm'  (1) 

also  der  Verlust  auf  L  m  Länge:  H=  wVr  .  L  in  m.  (2) 

Der  durch  diesen  Gefällverlust  verursachte  Verlust  an  nutzbarer  Arbeit  in  den 
Turbinen  ist,  wenn  tj  den  Wirkungsgrad  der  Turbinen  (meistens  gleich  0,75  bis  0,80  zu 
setzen)  und  1000  kg  das  Gewicht  eines  cbm  Wassers  bedeuten : 

Q*  Q. 1000. 9    .     p.  /o, 

V=  F^"R  L' 75 m  PSe'  (3) 

Wird  jährlich  während  a  Stunden  durchschnittlich  mit  Q  cbm/sek.  gearbeitet  und 

bezeichnet  x  in  Mark  den  Nutzwert  (Einnahme  weniger  Ausgabe)  einer  PS*-Stnnde,    so 

gehen  jährlich  verloren: 

.        L     Q»a.l000.ij.x   .     u    ,  iA* 

A=F*'        c'.R.75        mMark  W 

und  wenn  man  für  den  zweiten  Faktor  zur  vorläufigen  Vereinfachung  der  Schreibweise 

J  einsetzt 

A=~£  in  Mark.  (5) 

Man  kann  nun  auch  für  eine  bestimmte  Gattung  des  Querprofils  eines  Werkkanals 
die  Baukosten  pro  lfm.  als  Funktion  von  F  darstellen.  Denn,  wenn  man  die  Kosten  K 
in  Mark  eines  entworfenen  Querprofils  pro  lfm.  berechnet  hat,  so  kann  man  sie  für 
eine  bestimmte  Strecke  durch  F .  ^  in  Mark  ausdrücken,  wenn  nt  in  Mark  die  Kosten 


18)  Albert  Crolard:  Regularisation  du  dlbit  des  cours  d'eau  par  le  moyen  des  lacs  ou  des 
reservoi»  artificiels.    Compte  rendu  du  Congres  de  la  Houille  Blanche.    Grenoble  1902.  I.  VoL  8.  208 


§  3.  Nachtrag  zu  §  2,  WerkkahXlb.  873 

pro  q m/lfm.  des  benetzten  Querschnitts  bedeuten.  Allerdings  ist  das  nur  solange  zulässig 
als  die  Arten  der  Sohlen-  und  Böschungsbefestigting,  der  Dichtung  etc.  dieselben  bleiben 
und  solange  als  man  angenähert  auf  der  betrachteten  Strecke  (von  der  Lange  L)  gleich- 
bleibende durchschnittliche  Boden-  und  Transportverhältnisse,  gleiche  Grundwasserstände, 
gleiche  Art  der  Bodenunterbringung  etc.  annehmen  darf.  Es  wird  aber  fast  immer  möglich 
sein,  einen  Werkkanal  in  einige  Strecken  zu  zerlegen,  derart,  dass  für  jede  Strecke  die 
obigen  Voraussetzungen  zutreffen. 

Die  jährlichen  direkten  und  indirekten  Betriebskosten  setzen  sich  zusammen  aus 
den  Kosten  für  Verzinsung  (in  der  Regel  4,5  °/o),  für  Tilgung  (bei  Tilgung  in  50  Jahren 
etwa  0,7  °/o),  für  Erneuerung,  Unterhaltung  und  Bedienung  (in  der  Regel  etwa  1%)  und 
wenn  diese  jährlichen  Betriebskosten  in  Prozenten  ausgedrückt  mit  «  bezeichnet  werden, 
so  lassen  sich  die  jährlichen  Betriebskosten  des  Werkkanals  ausdrücken  durch 

Ax  —  Fx,«.  L  =  F£L  in  Mark.  (6) 

Es  müssen  nun  für  das  günstigste  Profil 

A  +  A,-£;  +  F*L  (7) 

zu  einem  Minimum  werden  und  man  hat  daher  den  ersten  Differentialquotienten  nach 
F  gleich  0  zu  setzen,  also  0  = «|-  -f-  £•  (8) 

Wie  man  leicht  übersieht,  liefert  die  Bildung  des  zweiten  Differentialquotienten 
einen  positiven  Wert,  also  gibt  Gleichung  (8)  ein  Minimum.  Es  wird  also  der  günstigste 
Querschnitt 

Da  nach  Gleichung  (1)  J  —  _,,  >T> ,  so  ist  unter  Berücksichtigung  von  Gleichung  (9) 


J^m666.>^.«|Vci>B)»  (10) 

welche  Gleichung  sich  zur  direkten  Berechnung  eines  ersten  Annäherungswertes  für  das 
wirtschaftlich  günstigste  Gefälle  benutzen  lässt,  wenn  man  für  R  eine  vorläufige  An- 
nahme macht. 

Wenn  die  sekundliche  Wassermenge  Q,  wie  es  fast  immer  der  Fall  ist,  während 
eines  durchschnittlichen  Betriebsjahres  in  weiten  Grenzen  schwankt,  so  ist  in  Gleichung  (4) 
anstatt  Q*a,  einzusetzen  Q'^i  +  Qt8at +  Q$8*8  +  •  •  •  Q*n  •  an  worin  Qt,  Qf,  Qa,  .  .  .  Qu 
diejenigen  sekl.  Wassermengen  bedeuten,  welche  während  a^  ag,  at  .  .  .  an  Stnnden 
jährlich  verfügbar  sind. 

Die  Geschwindigkeiten  im  Werkkanal,  also  auch  die  Gefälle  werden  sich  den 
Wassermengen  Q  entsprechend  ändern.  Da  aber  die  mittlere  Füllung  meistens  nicht 
sehr  erheblich  schwanken  wird,  kann  man  R  für  die  Zwecke  der  vorliegenden  Rechnung 
ohne  zu  grosse  Fehler  zunächst  trotzdem  auch  als  konstant  einführen  und  wenn  nötig, 
nach  Erzielung  eines  ersten  Resultats  für  F  die  Rechnung  mit  einem  genaueren  R  wieder- 
holen usf.  Da  ferner  nach  Bazin  c  vom  Gefälle  nicht  abhängig  ist  und  die  Bestimmung 
seines  Wertes  immer  unsicher  bleibt,  so  kann  es  als  statthaft  gelten,  auch  c  als  konstant 
anzunehmen.  Meistens  schwankt  auch  der  Wirkungsgrad  gut  gebauter  moderner  Turbinen 
zwischen  halber  Belastung  bis  zur  Vollbelastung  nur  in  engen  Grenzen,  sodass  auch 
hierfür  ein  passend  gewählter  Wert  als  konstant  angenommen  werden  darf. 


874  III.     Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Im  übrigen  ändern  sich  die  Verhältnisse  nicht  und  es  kann  der  günstigste  mittlere 
Wert  für  F  aus  Gleichung  (9)  gefunden  werden,  indem  man  setzt 

V  _  j/2W^T^%  +  Qs»*8  +  -  -  ■   Qn3*nJ  .  1000  -  ?  >  X 

1  —  y  &.jL.ib.*l.*  •  (  ' 

Ein  Mittelwert  für  Q  lässt  sich  aus  (11)  und  (9)  berechnen,  wenn  man  für  a  in 
Gleichung  (9)  den  Wert  (%  -f-  a,  -j-  *s  +  •  •  •  »n)  =  &  einsetzt 

Y/2.  a.lOOOay.x        V  (at +  a2  + %  +  ...an)  (12) 

r  c8R.7ö.x1  .  i 
wonach  dann  ein  mittleres  Gefälle  J  nach  Gleichung  (10)  berechnet  werden  könnte.    Die 
einzelnen ,  den  verschiedenen  Werten  von  Ql9  Qg,  Q8  usf.  entsprechenden  Gefalle  Jl9  Jg.. 

Q  2  Q  2 

Js  .  .  etc.  ergeben  sich  aus  J  =  ™ — V~~p>  ^*  ==  W"Vr  e*°* 

Beispiel:  Bei  der  Anlage  Les  Cl 6 es  (Tabelle  VII l,  S.  780)  sei  die  durchschnittliche  WassermeDge 
des  durchschnittlichen  Jahres  4  cbm  sek.,  der  Nutzwert  einer  PS« -Stande  sei  zu  0,025  Mark,  die  jähr- 
liche Betriebsdauer  a  zu  3000  Stunden,  der  Wirkungsgrad  der  Turbinen  zu  0,75,  c  zu  72,  R  vorläufig 
zu  0,666,  die  Kosten  %x  pro  qm  Querschnittflache  und  1  lfm.  Kanallänge  mit  Rücksicht  auf  den  strecken 

62 
weisen  Felsausbruch  und  die  Auskleidung  der  Wandungen  mit  Beton  zu  25  Mk.  und  e  =  ^  =  0,062  ange- 
nommen, dann  ist  der  wirtschaftlich  günstigste  Querschnitt  nach  Formel  (9) 

-1/^636673000.0,025.0,75 

F  =  4  |/-72M),666. 25.0,062   -  =  *>*****• 

Das  tatsächlich  ausgeführte  Querprofil  des  Werkkanals  Les  Cläes  hat  ca.  4,0  qm  Querschnitt 

Q 
und  die  Geschwindigkeit  beträgt   „  =  1  m  sek.    Im  günstigsten  Profil  würde  sein : 

40 
▼  =  g^gg  -■=  1,68  m/sek. 

Es  wird  das  Gefälle  im  günstigsten  Profil 

J  =  *%s  =  -iL  =  0,000813  oder  1 :  1230 
FVR      cfR 

gegen  ein  Gefälle  im  ausgeführten  Kanal  von  1 :  3400  =  0,00029. 
Zur  Kontrolle  empfiehlt  es  sich  J  nach  (10)  zu  rechnen 

j_ i j._ 

' '•  ~1230- 


/'26,666.3000.0,75.0,025V,«   ,„  '/» 

l «TÖm )     • (72  '  0,666) 


Die  Länge  des  Werkkanals  der  Anlage  Les  CUes  beträgt  rd.  3600  m.  Das  günstigste 
Profil  würde  kosten,  wenn  unsere  Annahme,  dass  die  Kosten  pro  qm  Querschnittsfläche  und  lfm.  Linieo- 
länge  nur  25,0  Mk.  betragen,  auch  für  das  kleinere  Profil  als  zutreffend  vorausgesetzt  wird,  2,386 .  25 .  3600 
=  214740  Mk.  und  die  jährlichen  direkten  und  indirekten  Betriebskosten  würden  betragen 

A  =  214740 . 0,062  =  13813,88  Mk. 
An  Gefälle  gehen  im  Werkkanal  verloren  3600.0,000813  =  2,926  m,  also  an  Arbeitsleistung 
in  Geldeswert  jährlich  nach  unseren  Annahmen  bezüglich  der  Betriebsdauer  und  des  Wertes  einer  PSe -Stande 
At  =  2.926  X  4  x  10  X  3000  X  0,025  =  8778,0  Mk.    Also  A  +  A,  =  13314,0  +  8778,0  =  22092  Mk. 
Bei  der  ausgeführten  Anlage  geht  an  Arbeitsleistung  nur  verloren 

A»  =  3600  X  0,0029  X  4,0  X  8000  X  0,025  =  3132  Mk. 
Aber  die  jährlichen  direkten  und  indirekten  Betriebskosten  des  Werkkanals  betragen  dafür 

A  =  4,0  X  25  X  3600  X  0,062  ==  22320  Mk. 
Demnach  A  -f  At  in  diesem  Falle  =  22320  +  3132  =  25452  Mk.,  also  jährlich  3360  Mk.  mehr. 

Nun  wird  es  aber  nicht  oder  nicht  in  allen  Fällen  angängig  sein,  anzunehmen,  dass 
die  Anlagekosten  des  Werkkanals  pro  qm/lfm  der  Querschnittsfläche  die  gleichen  bleiben, 
auch  wenn  der  Querschnitt  z.  B.  erheblich  abnimmt,  denn  viele  vorbereitende  Arbeiten, 
ferner  die  Amortisation  der  Geräte  etc.  bleiben  dieselben,  gleichgültig,  ob  der  Querschnitt 
etwas  grösser  oder  kleiner  ist  und  deshalb  wird  der  Einheitspreis  in  der  Regel  Ton 


Nachtrag  zu  §  2,  WerkkanIlb. 


875 


(13) 


Abb.  279. 


den  grossen  zu  den  kleinen  Querschnitten  anwachsen.  Wenn  man  für  zwei  Querschnitte 
also  z.  B.  für  den  der  grasten  Geschwindigkeit,  welche  man  bei  dem  gewählten  Material 
für  Böschungen  und  Sohle  zulassen  will,  entsprechenden  kleinsten  Querschnitt  und  für 
einen  grösseren  die  Kosten  ermittelt  hat,  dann  wird  es  meistens  statthaft  sein,  anzu- 
nehmen, dass  sich  die  Verminderung  der  Einheitspreise  nach  der  geraden  Linie  vollzieht. 
Wenn  alsp  nach  (Abb.  279)  xt  und  x,  die  Einheitspreise  in  Mark  pro  qm  der  Quer- 
schnitte ft  und  ^  sind  (x1  <  x,  da  ft  >  fa)  so  ist 

h  —  Jt 
Abo  ist  für  einen  beliebigen  Querschnitt  F 

(xl  +  x)-xl  =  tgd.(f1-F)  (14) 

und  x  =  tgd(fx  —  F). 

Nach  Gleichung  (6)  werden  daher  die  Betriebskosten 
Ai  =  F[x1+tgd(f1-F)].«.L.  (15) 

Wenn  man  zur  Vereinfachung  der  Schreibweise  für  tg  d .  *  =  o>  setzt,  so  wird 

A  +  A^^  +  Fx^L  +  fF^-^oi.L.  (16) 

Der  erste  Differentialquotient  gleich  0  gesetzt  ergibt 

0  =  -j|  +  *,«  +  [f,-2F]a».  (17) 

Wie  man  leicht  übersieht,  wird  auch  hier  der  zweite  Differentialquotient  positiv, 
also  Gleichung  (17)  liefert  ein  Minimum.  Man  kann  nun  zur  Vereinfachung  der  Rech- 
nung ohne  grossen  Fehler  für  F  in  der  eckigen  Klammer  zunächst  einen  passenden  Zahlen- 
wert einsetzen.  Wenn  man  dann  für  fo  .  e  -f-  (f  —  2  F)w]  den  Buchstaben  %  einführt,  so 
wird  die  Form  der  Gleichung  wiederum 


F  =  ^/2£  =V2(Qt\  +0»%+  .  .  .  Qn'a»)  lOÖO.yx 


(18) 


X         r  c%R.lö[xi€  +  ({1  —  2¥)tgd.e 

Nachdem  man  einen  ersten  Zahlenwert  ermittelt  hat,  kann  man  für  F  unter  der 
dritten  Wurzel  dann  einen  genaueren  Wert  einführen  und  die  einfache  Rechnung 
einmal  oder  mehrfach  wiederholen,  bis  die  gewünschte  Genauigkeit  erreicht  ist. 

Beispiel:  Wenn  man  in  obigem  Beispiel 

für  fx  =  4,0  qm  den  Einheitspreis  Mi  wie  oben  zu  25,0  Mk. 
,    f,  =  2,0    ,     ,  ,  *,  aber  ,   30,0    , 

ermittelt  hätte,  so  würde 


*'=-?7^H=2'5 


und 


<u  =  etg6  =  2,5 . 0,062  =  0,155. 

Macht  man  für  F  unter  der  dritten  Wurzel  zunächst  eine  Annahme  und  führt  hierfür  den 

Wert  2,5  qm  ein,  so  wird 

%  =  25 . 0,062  +  [4,0  —  5,0] .  0,155  =  1,395. 

Für  R  kann  man  im  Hinklick  auf  den  vorläufig  gewählten  Wert  für  F  =  2,5  qm  nun  schon 
eiuen  besser  passenden  Wert  als  0,666  wählen  und  er  möge  mit  0,57  eingesetzt  werden.  Wenn  man 
will,  kann  man  auch  für  c  nach  Tabelle  VII  oder  VIII  noch  einen  etwas  anderen,  vielleicht  auch  etwas 
genaueren  Wert  wählen.  Indessen  bei  der  Unsicherheit,  welche  bis  heute  noch  in  bezug  auf  die  Be- 
stimmung der  Zahlenwerte  für  den  Beiwert  c  herrscht,  soll  hier  davon  Abstand  genommen  werden. 


Demnach  wird 


F-4.^* 


666 .  300  J .  0,025 . 0,75 


=  2,632  qm. 


72».  0,57. 1,895 

Man  könnte  nun  noch  die  Rechnung  einmal  oder  mehrfach  wiederholen,  indem  man 
zunächst  für  F  unter  der  Wurzel  den  ermittelten  Wert  2,632  einsetzt  usf.  Da  dieser 
Wert  grösser  ist  als  der  angenommene  Wert,  so  wird  nach  dem  Bau  der  Formel  die  neue 


876         DI.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasbebkräften.    Einzelheiten. 

• 

Rechnung  noch  einen  etwas  grösseren  Wert  für  F  ergeben.  Man  sieht  jedenfalls  ans  der 
Rechnung,  dass,  wie  nicht  anders  zu  erwarten,  bei  Berücksichtigung  der  steigenden  Anlage- 
kosten  pro  qm/lfm  bei  Verkleinerung  des  Querschnitts  der  wirtschaftlich  günstigste  Quer- 
schnitt des  Werkkanals  grösser  wird  als  wenn  man  diesen  Umstand  ausser  acht  liest 

4 
v  ist  =  2632  =  1)Ö2 m/set- 


R  wird  in   dem   für  die  Wasserführung  günstigsten  Profil  nach  Formel  37  (S.  788)  =  „ 
Es  ist  ferner  t  =  y^ 2L  aD<)  da  es  sich  am  einen  rechteckigen  Querschnitt  handelt,  also  o>  =  90* 


ist,  so  wird  t=  1/^^1,15  m  und  demnach  R  =  0,575.    Daraus  ergibt  sich 


J  "  c^E  -  72TW  -  °'000775  °dM  l  •■  129°- 
Der  Verlust  an  Arbeitsleistung  in  Geldeswert  wäre  also  in  unserem  Beispiel 

A  =  3600 . 0,000775 . 4,0 .  10,0 .  3000 . 0,025  =  8370  Mk. 
Der  Einheitspreis  pro  qm/lfm  des  Querschnitts  wäre  nach  (14) 

«l-|-x  =  25  +  ts0,(fl-F)  =  25  +  2,5(4,O  —  2,632)  =  28,42  Mk. 
Demnach  betragen  die  jährlichen  Betriebskosten  des  gunstigsten  Werkkanals 

At  =  3600 . 2,632 .  28,42 . 0,062  =  16  695,80  Mk. 
Es  ist  A  +  A1  =  8370  +16695  =  25 065  Mk.  Also  wird  das  günstigste  Profil  unter  Berücksichtigung 
der  wachsenden  Einheitskosten  für  die  erste  Aulage  bei  kleinerem  Querschnitt  nur  noch  jährlich  um 
25452  —  25065  =  887  Mk.  günstiger.  Es  ergäbe  sich  aber  immerhin  der  fernere  Vorteil, 
dass  für  das  günstigste  Profil  nur  Mk.  269280  anstatt  Mk.  360000  für  das  ausgeführte 
Profil  aufzuwenden  gewesen  wären. 

Gewiss  kann  man  mit  solchen  wissenschaftlich  abgeleiteten  Formeln  allein  beim 
Projektieren  nicht  auskommen,  vielmehr  ist  für  ihre  Handhabung  immer  vorausgesetzt, 
dass  der  erfahrene  Ingenieur  die  richtigen  Annahmen  für  die  Betriebsdauer,  die  sekl. 
Wassermengen,  den  Nutzwert  pro  PSe,  für  die  Einheitskosten  der  Anlage  x  und  Xj  etc. 
zu  machen  imstande  ist.  Dennoch  ist  es  wohl  zuzugeben,  dass  man  mit  Hilfe  der 
Formel  leicht  und  schnell  eine  klare  Übersicht  gewinnen  kann,  und  dass  das  Fehlen 
polcher  Formeln  vielfach  zu  wirtschaftlich  nicht  zweckmässig  gewählten  Querschnitts- 
formen und  Grössen  der  Werkkanäle  geführt  hat.  Da  die  Formeln  alle  einfach  sind, 
werden  sie  sich  vielleicht  in  die  Praxis  einführen. 


§  4.  Druckrohre. 

(Hierzu  Tai.  LYIII  bis  LX)  *). 

Die  Besprechungen  dieses  Paragraphen  sind  in  folgende  Abschnitte  ei] 

1.  Die  Bestimmung  des  lichten  Durchmessers  der  Druckleitung. 

2.  Die    Festigkeit    zylindrischer   Druckleitungen    und    die  Vorrichtungen   zum 
Schutze  der  Druckrohre  gegen  Wasserschläge. 

3.  Die  verschiedenen  Materialien  für  Druckleitungen. 

4.  Die  Verlegung  eiserner  Druckrohre. 


i)  Die  Figuren  der  Tafel  LX  sind  aus  Ch.  L 6p ine,  Les  Jnstallations  Hydro-Älectriqnes  de  U 
Socitte*  de  Füre  et  Morge.  Paris  1903;  die  Figuren  der  Taf.  LVIII  und  LDL  zum  Teü  dem  eben  ge- 
nannten Werk ,  zum  Teü  aus  T  h.  Koehn,  Die  Kanalisation  von  Charlottenburg  —  Berlin  und  seine 
Bauten  —  1896,  Bd.  I,  S.  370  und  zum  Teil  aus  der  Schweizerischen  Bauz.,  der  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher 
lug.,  dem  Bulletin  technique  de  la  Suisse  Romande  entnommen. 


§  4.  Druckbohbe.  877 

5.  Die  Vorrichtungen  zum  Ausgleich  der  L&ngen&nderungen  und  die  Veranke- 
rungen an  den  Knickpunkten. 

6.  Die  Vorrichtungen  zum  Abschluss  und  zur  Entleerung,  Entlüftung  und  Unter- 
haltung der  Druckleitungen. 

7.  Die  Einmündung  der  Druckrohre  in  die  Turbinen. 

1.  Die  Bestimmung  des  lichtem  Durchmessers*  Für  die  Berechnung  der  Wider- 
stände, welche  sich  der  Bewegung  des  Wassers  in  geschlossenen  Bohrleitungen  entgegen- 
stellen, gelten  dieselben  Formeln  wie  für  offene  Leitungen,  und  es  genügt  deshalb  auf 
die  Mitteilungen  in  Kap.  m  §  2  S.  772  bis  777  zu  verweisen.  Die  dort  mitgeteilten 
Formeln  (6),  (20),  (21),  (22)  sind  ohne  weiteres  für  Druckrohre  verwendbar. 

Bei  der  Kutterschen  Formel  21  (S.  777)  wird  n  etwa  zu  0,013  und  bei  der 
Bazinschen  Formel  22  y  etwa  zwischen  0,16  und  0,46  zu  wählen  sein.  Vergl.  die 
Tabellen  VI  und  VII,  S.  778  u.  779. 

Frühling  und  G.  Oesten*)  empfehlen  die  Verwendung  der  abgekürzten  Kutter- 
schen Formel  20  (S.  776)  und  die  Berechnung  des  Wertes  c  für  b  =  0,36,  woraus  sich 

.  100 /D- 

<^nn  C  =A7  -lVtT  erIPbt>  wenn  D  den  Durchmesser  in  m  bedeutet. 

E.  Sonne1)  empfiehlt  neuerdings  für  l&nger  im  Gebrauch  befindliche  Rohr- 
leitungen den  Wert  c  zu  ermitteln  aus  c=  29  +  30  jf)  ^d  fügt  hinzu:  ^Es  ist  anzu- 
nehmen, dass  man  nach  Einführung  dieser  Werte  von  einer  Berechnung  der  bei  Krüm- 
mungen usw.  eintretenden,  sogenannten  besonderen  Widerstände  (S.  886/888)  in  der 
Regel  absehen  kann". 

Wenn  neue  Bohre  innen  auch  ganz  glatt  sind,  so  ist  doch  bei  einer  eisernen 
Leitung  trotz  sorgfaltigen  Anstrichs  infolge  der  mitgerissenen  Luft  Rostbildung  nicht  zu 
vermeiden,  wenn  nicht  der  Anstrich  von  Zeit  zu  Zeit  erneuert  wird.  Bei  kalk-  und 
eisenhaltigem  Wasser  bilden  sich  Niederschläge  (Bekrustungen),  welche  fest  an  den  Rohr- 
wandungen haften  und  dadurch  die  Wandungen  rauh  machen.  Solche  Bekrustungen 
sind  nur  durch  kraftiges  Bürsten  und  Kratzen  zu  beseitigen. 

Die  LeitungBfthigkeit  der  Rohre  nimmt  infolge  der  Rostbildungen  und  Be- 
krustungen ab  und  die  Widerstandshöhen  (Gefällverluste)  nehmen  zu.  Bezeichnet  man 
das   Verhältnis   der  Widerstandshöhen   in    der   alten   Leitung   zu   derjenigen  in    der 

neuen  Leitung  mit  -^  =  a,  so  ist  nach  E.  Sonne 

für  D  =  0,1         0,2         0,4         0,6         0,8         1,0  m 
o  =  2,0         1,8         1,6         1,4         1,20        1,1 
d.  h.  also   die  Einwirkungen  der  Bekrustungen  auf  die  Wasserführung   nehmen  mit 
wachsendem  Dm.  ab. 

Die  oben  gemachten  Angaben  für  die  Ermittelung  des  Beiwertes  c  berücksichtigen 
den  Einfluss  der  Bekrustung  und  Rostbildung.    Für  ganz  neue  Leitungen  würden  sich 

demnach  die  Widerstandshöhen  um  -  kleiner  ergeben. 

Bei  Wasserkraftanlagen  wird  meistens  die  seid.  Wassermenge  Q,  welche  den 
Turbinen  zugeführt  werden  soll,  bekannt  sein  und  man  wird  Annahmen  für  die  Geschwin- 


i)  Handb.  d.  Ing.-Wissench.  Teü  m.  Wasserbau.  Bd.  3.  1904.  Die  Wasserversorgung  der 
Stldte,  8.  80  u.  81. 

*)  E.  Sonne,  Grundlagen  für  die  Berechnung  der  Wasserleitungen.  Zeitschr.  d.  Vor.  deutscher 
lag.  1907.  6.  1615  u.  ff. 


III.     Theodor  Koehn.     Ausbau  vom  Wasserkräften.     Eineki.heite?t. 


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§  4. 


Druckbohre. 


881 


Tabelle  IL 


*D 


WuMnntDgen  Q  =  0,001  — .—  v  in  1/tek.,  wenn  D  in  mm  ausgedruckt  wird. 


Dm.  D 

Geschwindigkeit  des  Wassers  v  in  m/sek. 

in  mm 

0,50 

i      0,60 

0,70 

0,80 

0,90 

1,00 

135 

1,50 

1,75 

250 

24,544 

29,452 

84,361 

39,270 

44,179 

49.087 

61,859 

78,681 

85,908 

300 

35,343 

42,411 

49.480 

56,549 

68,617 

70,686 

88357 

106,03 

123,70 

850 

48.106 

57,727 

67,848 

76,969 

86,590 

96,211 

120,26 

144,32 

168.87 

400 

62,832 

75,398 

87,965 

100,53 

113,10 

125,66 

157,08 

188,50 

219,91 

450 

79,522 

95,426 

111,33 

127.28 

143,14 

159,04 

198,80 

288,57 

27833 

500 

98,175 

117,81 

187,45 

157,08 

176,72 

196,85 

245,44 

294,53 

848,61 

550 

118,79 

142,55 

166,31 

190,07 

218,82 

237,58 

296,98 

856.37 

415,77 

600 

141,87 

169,65 

197,92 

226,19 

254,47 

282,74 

853,48 

424,11 

49430 

650 

165,92 

199,10 

232,28 

265,46 

298,65 

331,88 

414,79 

497,75 

580,70 

700 

192,42 

230,91 

269,39 

307,88 

846,36 

384,85 

481,06 

577,27 

673,48 

750 

220,89 

265,07 

809,25 

353,43 

897,61 

441,79 

552,23 

662,68 

778,13 

800 

251,83 

801,59 

851,86 

402.12 

452,89 

502,66 

628,82 

758,98 

879,65 

850 

283.78 

340,47 

897,22 

453,96 

510,71 

567,45 

709,81 

851,18 

993,04 

900 

318,09 

881,70 

445,32 

508,94 

572,56 

636,17 

795,22 

954,26 

1 118,8 

950 

854,41 

425,29 

496,18 

567,06 

637,94 

708,82 

886,08 

1068,2 

1240.4 

1000 

392,70 

471,24 

549,78 

628,32 

706,86 

785.40 

981.75 

1 178,1 

1  374,4 

1500 

888,56 

1060,3 

1237,0 

1  413,7 

1590,4 

1  767,12      2  208,9 

2650,68 

3092,5 

2000 

1570,8 

1884,9 

2199,1 

2  513.8 

2827,4 

3 141,6 

•  8927,0 

4  712,4 

5  496,9 

2500 

2454,4 

2  945,2 

8486,2 

8  927,0 

4417,8 

4908,8 

6135,9 

7  863^ 

8590.4 

3000 

3534.2 

4  241,1 

4948,0 

5  654,9 

6861,7 

7068,4 

8885,6 

10  602,6 

12  370,1 

3500 

4810,5 

5  772,7 

6  734,9 

7  697,0 

8599,4 

9621.0 

12026,1 

14481,5 

16886.5 

4000 

6283.1 

7  539,8 

8  796,5 

10  058,1 

12  018.6 

12566,2 

15708,0 

188493 

21  991,2 

4500 

7952,0 

9542,5 

11 138.0 

12  728,5 

14  318,9 

15904,0 

19880,4 

23856,0 

27  882.6 

5000 

9817,5 

11781,0 

13  744,5 

• 

15  708,0 

17  671,5 

19685,0 

24  573,8 

29452,5 

84861,8 

n  D* 
Wassermengen  Q  ==  0,001  -7—  ▼  in  1/sek. 


Dm.  D 

Geschwindigkeit  des  Wassers  v  in 

m/sek. 

in  mm 

2,00 

2,25 

2,50 

2,75 

8,00 

3,50 

4,00 

4,50 

5,00 

250 

98,175 

110,46 

122,78 

185,00 

147,28 

171,12 

196,87 

220,91 

245,46 

300 

141,37 

159,04 

176,71 

194,38 

212,06 

247,34 

282,74 

818,08 

853.48 

350 

192,42 

216,48 

240,58 

26438 

288,63 

336,75 

384,84 

482,95 

481,06 

400 

251,33 

282,03 

313,44 

844,78 

376,13 

438,81 

501,50 

564,19 

626,87 

450 

318,09 

857,02 

396,69 

436,36 

476,08 

555,36 

634,70 

714,04 

793,38 

500 

392,70 

441,78 

490,88 

589,86 

589,04 

687,23 

785,40 

883,56 

981.76 

550 

475,17 

584,43 

593,95 

658,34 

712,78 

88154 

950,82 

1068,86 

1 187,90 

600 

565,49 

636,17 

706,85 

777,58 

848,22 

969,60 

1180,09 

1272,84 

1418,70 

650 

668,66 

746,60 

829,56 

912,52 

995.48 

1 161,40 

1327,30 

1 493.20 

1 659,12 

700 

769,69 

865,90 

962,12 

1 058,3 

1154,5 

1846,9 

1589,4 

1 781,80 

1924,24 

750 

883,58 

994,0 

1104,5 

1 214,9 

1 325,3 

1546,3 

1  767,1 

1988,0 

2209.0 

800 

1005,3 

1 128,4 

1256,6 

1382,3 

1507.9 

1  759,3 

2  010,6 

2256,8 

2  518,2 

850 

1134,9 

1276,8 

1  418,6 

1560,5 

1702,4 

1986,1 

2  2693 

2558,6 

28373 

900 

1272,3 

1431,4 

1  591,1 

1  749,4 

1908,5 

2226,6 

2544,6 

2862,8 

8  1823 

950 

1 417,6 

1594,8 

1 772,1 

1949,2 

2126,4 

2480,8 

2885,3 

3189,6 

3  544,2 

1000 

1 570,8 

1  767,1 

1968,5 

2 159,9 

2356,2 

2  748,9 

8 141,6 

85843 

8  927,0 

1500 

3534,24 

3  976,0 

4417,8 

4859,6 

5  801,4 

6185,0 

7068,5 

7  952,0 

8885,6 

2000 

6  283,2 

7  068,5 

7854,0 

8  689,4 

94243 

10  993,8 

12566,4 

14 137,0 

15  708  0 

2500 

9  817,6 

11044,6 

12  271,8 

13  499,1 

14  726,4 

17  180,8 

196853 

22089,2 

24548,6 

8000 

14 1363 

15  904,% 

17671,2 

19438,7 

21205,2 

24740,2 

28  278,6 

81808,8 

35  842,4 

3500 

19  242,0 

21  646,9 

24  052,2 

26  457,8 

28863,0 

38  673,0 

38484,0 

48293,8 

48 104,4 

4000 

25 182,4 

28  274,4 

31 416,0 

84  557,6 

37  698,6 

43982,4 

50264,8 

56548,8 

62  882,0 

4500 

31806,0 

35784,8 

39  760,8 

43  737,0 

47  712,0 

55665,2 

68  616,0 

71  569,6 

79621,6 

5000 

39  270,0 

44 178,8 

49 147,6 

53996,3 

58905,0 

68  722,6 

78540,0 

88  357,6 

982953 

Hanftaeh  d«r  Ing>WiiMBMh.    in.  T«iL    13.  B4. 


56 


882         III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

4  Q  -.  /4  Q 

digkeit  ^  =  51 machen,   woraus  sich  dann  der  Dm.  D=  1/ — —  ergibt.    (1). 

In  beziig  auf  die  Geschwindigkeit  sagt  A.  Fl  am  an  t  in  seiner  bekannten  Hydrau- 
lique,  Encyclopgdie  des  Traveaux  publics,  Paris  1900,  S.  155: 

„II  n'est  paa  iu  utile  ie  rappeler  ici  que  ponr  diverses  causts  et  en  particulier  ponr  eviter 
„les  coaps  de  bälier  dans  les  conduites,  il  e>t  d'usage  de  limiter  la  vite**e  moyenne  de  IVau 
„qu'el'es  debitent.  Cette  limitation  de  Ja  vitesae  n'a  ävidemment  rien  d'absolu  et  peut  ddpendre 
,des  pr&autions  plus  ou  moina  nombreuses  qu'on  aura  prises  d'autre  part  pour  se  mettre  k  Tabrl 
„des  coups  de  bdlier,  eile  peut  aussi  6tre  fonction,  dans  une  certaine  mesure,  de  la  pression  mo- 
„yenne  dans  les  conduites.  Cependant,  on  peut  admettre  en  glnlral  les  limites  ci-apres,  ponr  les 
„conduites  de  differents  diametres: 


.DUmitrM 

VitMM  muima 

DlamHr.1 

VitMM  m.Tlnu 

,0,10  m 

0,75  m 

0,40  m 

1,25  m 

,0,15   , 

0,80  , 

0,50  , 

1,40  , 

.0,20   , 

0,90  , 

0,60  , 

1,60  , 

.0,25  , 

1,00  , 

0,80  , 

1.80  , 

,0,80  , 

1,10  , 

1,00  , 

2,00  , 

„Bien  des  ingänieurs  se  tiennent  meme  notablement  au-deasous  des  ces  limites  qui  sont 
„rarement  atteintes." 

Zur  Ergänzung,  und  teilweisen  Berichtigung  dieser  Mitteilung  sind  die  tatsächlich 
zugelassenen  Geschwindigkeiten  bei  21  ausgeführten  Anlagen  vom  Verf.  einer  Prüfung 
unterzogen  und  die  Resultate  in  der  vorstehenden  Tabelle  I  zusammengestellt. 

Tabelle  II  gibt  zur  Erleichterung  der  ersten  Übersicht  beim  Projektieren  die 
Wassermengen  Q,  welche  bei  einem  bestimmten  Dm.  D  und  einer  Geschwindigkeit  v 
durch  eine  Leitung  fliessen. 

Bei  der  Festigkeitsberechnung  der  Druckrohre,  soweit  es  -sich  um  die  Berücksich- 
tigung der  Druckerhöhung  durch  Wasserschläge  handelt  (S.  903  u.  909),  ist  die  grosste 
sekl.  Wassermenge  Qm*x  zugrunde  zu  legen.  Will  man  aber  den  wirtschaftlich  vorteil- 
haftesten Dm.  D  suchen,  so  muss  man  von  einer  mittleren  Wassermenge  Q  in  cbm/sek. 
ausgehen,  welche  etwa  im  Jahresdurchschnitt  während  des  Betriebes  durch  das  Druckrobr 
fliessen  soll.  Bedeutet  (h)  den  Druckverlust  in  einer  Leitung  von  einer  bestimmten  Länge 
mit  einem  Dm.  D  bei  gegebener  Wassermenge  Q  in  cbm/sek.,  welche  im  Jahresdurchschnitt 
während  a  Stunden  den  Turbinen  zugeführt  wird,  so  beträgt  der  durch  den  Druckverlust 
in  der  Leitung  verursachte  Verlust  an  PS9-Stunden  im  Jahr. 

V  =  Q.a.(h)  10  =  -5^.v.a.(h).10,  (2) 

wenn  man  einen  Wirkungsgrad  der  Turbinen  von  0,75  annimmt.    Bezeichnet  man  den 

Nutzwert  (reiner  Nutzen  nach  Abzug  aller  Betriebskosten)  einer  PS«-St.  in  Pf.  mit  x,  so 

V.x 
gehen  durch  den  Druckverlust  im  Rohr  -r^  Mk.  pro  Jahr  verloren. 

Die  jährlichen  Betriebskosten  einer  Druckleitung  setzen  sich  zusammen  ans  den 
Kosten  für  Verzinsung  (4l/t%),  für  Tilgung  (0,7%),  für  Erneuerung  (0°/o),  für  Unter- 
haltung und  Bedienung  (1%);  zusammen  *  v.  H.  (etwa  6,2  °/o)  der  Anlagekosten. 

Bezeichnen  K  und  Kt  die  Anlagekosten4)  in  Mk.  zweier  verglichener  Drucklei- 


*)  Gnsseiserne  Druckrohre  kosten  etwa  für  1  kg  0,10  Pfg.  ab  Werk  und  0,12—0,15  Pfg. 
pro  kg  fertig  verlegt  einschliesslich  Lieferung  des  Dichtungsmaterials.  0 

Von  einem  schlesischen  Hüttenwerk  wurde  im  Jahre  1906  dem  Verfasser  für  eine  Druckrohi- 
leitung  aus  geschweiftsten  Rohren  folgender  Anschlag  gemacht 

a)  Bei  2850  mm  1.  W.,  9  mm  Wandstärke,  12  m  Rohrlange,  Gewicht  pro  m  ca.  555  kg,  Preis 
pro  m  ML  185  oder  0,84  Mk.  pro  kg  ab  Werk  einschliesslich  Verbindungsschrauben  und 


§  4.  Dbuckrohre.  883 

tungen  mit  den  Dm.  D  und  D„   so  würde  der  Dm.  D  den  Vorzog  verdienen,    wenn 

— m — <-^~m — sein  wurde- 

Man  kann  den  nnter  Berücksichtigung  der  Betriebskosten  wirtschaftlich 
günstigen  Querschnitt  einer  Druckleitung  auch  direkt  nach  den  für  Werkkanäle  ent- 
wickelten Gleichungen  (S.  872  bis  876)  berechnen. 

Es  war  nach  Gleichung  7  die  Summe  von  der  in  der  Leitung  jährlich  durch  Reibung 
verloren  gehenden  Arbeitsleistung  in  Mk.  und  den  jährlichen  indirekten  und  direkten  Be- 
triebskosten der  Leitung  selbst 

.    .    A        L  Q8  a .  1000  ??x      _  T     ,         ,  uvv 

A  +  A1  =  p—-^^-jj-/-  +  F. ^.fi. L.    (x  und  %x  in  Mk.) 

Wenn,  wie  es  meistens  der  Fall  ist,  die  sekl.  Wassermenge  nicht  das  ganze  Jahr 
gleich,  sondern  wechselnd  ist,  so  wird  der  Wert  von  Q  in  obiger  Formel  zu  berechnen 
sein,  aus 


-VE 


%  "t"  y«  %  i  •  •  •  •  y^  *n 


"T"  &a  T"  *S    i     •  •  •  •  an) 

und  a  ist  natürlich  gleich  dem  Nenner  in  obiger  Gleichung,  d.  h.  gleich  der  Summe  der 

D*t*  D 

einzelnen  Zeiten.   Setzt  man  F=    -  -  in  qm,  R  =  —  inm,  und  die  Anlagekosten  pro  lfm. 

Fxi  =  ~4    .xl  =  D;r<Jy1.x/, 

worin  8  die  Dicke  der  Rohrwandung  in  m,  y,  das  Gewicht  pro  cbm  Eisen  in  Tonnen, 

x'  die  Kosten  pro  Tonne  Eisen  in  Mk.   bedeuten,   dann  wird  die   obige  Gleichung  zu 

64Q8a.l000j7.x  .       yl    T  ,a, 

-^--  +  Dndylx'e\  .L.  (3) 


A    I     Aj  — 


lbDbn* 

Und  wenn  man  zur  Auffindung  des  günstigsten  Querschnitts  den  ersten  Differential- 
quotienten nach  D  gleich  0  setzt: 

64Q3.a.l00O.?.x 

15D67i2c2       -r*°r\**-  w 

b)  Bei  1500  mm  1.  W.,  7  mm  Wandstärke  und  12,0  m  Baulänge,  Gewicht  pro  m  ca.  295  kg, 
Preis  pro  m  Mk.  105  oder  rd.  0,36  Mk.  pro  kg,  im  übrigen  wie  vor. 

Die  zum  Teil  aus  Flusseisen,  zum  Teil  ans  Siemens-Martin-Stahl  hergestellte  Druckleitung  von 
0,78  m  1.  Dm.  und  1060  m  Lange  der  Anlage  Novalesa  an  der  Ceniscbia  wog  800000kg  und  hat 
fertig  verlegt  280000  Lire  gekostet,  also  etwa  0,63  Mk.  pro  kg  bei  bedeckter  Verlegung. 

Die  294,0  m  lange  Druckleitung  der  Anlage  Kubelwerk  von  1,6  m  1.  Dm.  wog  einschliesslich 
der  Verbindung srohre  am  Krafthause  ungefähr  150000  kg  und  hat  fertig  verlegt  einschliesslich  der 
Armatur  der  Staumauer  235000  Frs.  gekostet,  also  etwa  1,56  Frs.  pro  kv.  Die  Verlegung  erfolgte  offen. 
Der  verhältnismässig  hohe  Preis  ist  wohl  auf  besondere  Schwierigkeiten  beim  Transport  und  bei  der 
Verlegung  zurückzuführen. 

Für  die  überschlägliche  Gewichtsberechnung  bei  Aufstellung  des  Kostenanschlages  kann  man 

den  kubischen  Inhalt  der  Rohrwandungen  aus  (Da2  —  Di2)  —  .  L  berechnen, 

für  Gusseissen  ein  Gewicht  von  7,250  t  pro  cbm 

,    Schweisseisen  r  „  „     7,870  *     r       „ 

„    Siemens-Martin-Stahl      „  „  ,     7,860  „     „        „ 

annehmen  und  bei  guss eisernen  Muffenrohren   von  4,0  m  Baulänge  8 — 10 °o  des  Gewichtes  für 
die  Muffen, 

bei  gusseisernen  und  schmiedeeisernen  Flanschenrohren  und  Baulängen  von  4,0—5,0  m 
8— 10°/o  für  Flanschen,  Bolzen  und  Nieten  und  für  Baulängen  von  8,0—10,0  m  5 — 7°/o  hinzurechnen.  Ver- 
stärkungsringe etc.,  wie  bei  den  Druckleitungen  der  Anlage  Jajce  (8.495)  und  Ontario  Power  Co. 
(S.  543)  sind  besonders  zu  berechnen. 

56» 


884         III.    Thbodor  Kobhv.    Ausbau  vov  WabbemkbAbtek.    TSesimlmkitkh. 
_  Daher  also  der  günstigste  Dm.  in  m 


f  lDJi'.c'.d.ft.x'.s  *  ' 


Beispiel:  Nimmt  man  z.  B.  die  oberste  Strecke  der  Druckleitung  des  Kabelwerkes  (Tat  XXI, 
Füg.  1),  wobei  Q  =»  4,6  ebm/sek.v  a  su  8000  Standen  jährlich,  17  der  Wirkungsgrad  der  Turbinen  su  0,75, 
der  Nntswert  einer  PS« -8t.  »  zu  0,025  Mark,  c  =  60,  4  =  0,0055  m,  y*  =  7,87  t,  %'  sn  500  Mk.  pro  t, 

e  zu  — ^  angenommen  sei,  so  wird 

V/~6T7i^7ä000 .  1000. 0,75 .0,085  ftM 

|r   15. «».0,0055. 00». 7,87. 500. 0,0e2°°^Wm# 

Die  Beanspruchung  der  Rohrwandungen  in  kg/qcm  wurde* sieh  nach  Formel  (89)  (8.  889)  ergeben  sn 
und  da  p  =  1,7  kg/qcm  anzunehmen  ist,  wird  kg  =  Vi .  1,7  -f ,  wenu  D  und  (5  in  cm  ausgedruckt  werden 


k*  =  Vt.l,7.^gc/>857  kg/qcm, 

was  noch  erheblich  unter  der  Grenze  für  die  zulässige  Belastung  läge.    Der  tatsächlich  gewählte 
Durchmesser  ist  1,6  m  (vergl.  Tab.  I,  8.  879,  ad  10). 

Würde  man  die  Kosten  für  1  t  Eisen  der  fertigen  Druckleitung  «'  an- 
statt mit  500  Mk.  mit  1000  Mk.  einführen,  so  ergäbe  sich  D=2,07  m. 

Die  Kosten  einer  Druckleitung  pro  lfm.  von  2,82  m  Dm.  mit  0,0055  Wandstärke  (ohne  Berück- 
sichtigung der  Fels-,  Maorer-  und  Erdarbeiten)  sind  2,32  * .  0,0055 . 7,87 .  500  =  157,56  Mk.  und  wenn 
man  entsprechend  den  Verhältnissen  beim  Knbelwerk  annimmt,  dass  die  Leitung  mit  0,0055  m  Wandstärke 
95,0  m  lang  sei,  so  werden  bei  0  =  0,062  die  jährlichen  Betriebskosten  für  diese  Teilstrecke 

A«  157^6.95.0,062  =  14987,20.0,062  =  928,02  Mk. 
betragen.  Die  Geschwindigkeit  des  Wassers  im  Rohr  von  2,82  m  Durchmesser  beträgt  jgg  =  1,09  m/sek» 

also  der  QeflÜlverlust  nach  Formel  11  8.  886  auf  1  lfm.  J  =  ^r^r  =  0,00057  m. 

ov  .  ZJSa 


Demnach  beträgt  der  verlorene  Arbeitswert  jährlich  bei  3000  Stunden  Betrieb,  75°/«  Nutseffekt 
in  den  Turbinen  und  0,025  ML  Nutswert  pro  PS« -St 

At  =  4,6 .  10 . 0,00057 .  95 .  8000 . 0,025  =  186,68  Mk., 
also  ist  A  +  At  =  928,02  +  186,68  =  1114,70  Mk. 

Bei  der  tatsächlich  ausgeführten  Leitung  mit  1,6  m  lichtem  Dm.  sind  die  Anlagekosten  der 
Druckleitung  auf  95,0  m  Länge  (soweit  die  Wandstärke  0,0055  m  reicht)  ohne  Berücksichtigung  der 
Fels-,  EruV  und  Maurerarbeiten: 

1,6  ».0,0055. 7,87. 500. 95  =108,78x95  =  10 384,0  Mk. 

Also  die  jährlichen  Betriebskosten  10334x0,062  =  640,72  Mk.    Die  Geschwindigkeit  im  Rohre  beträgt 

QOgfl     4 

2£8  m/sek^  also  der  Druckverlust  pro  lfm.  J=  J~    '     =0,00861  m.    Demnach  beträgt  der  Verlost 

WJr .  1,0 

an  Arbeitswert  jährlich  unter  den  obigen  Annahmen 

4,6. 10. 0,(X»61. 95. 8000. 0,025  =  1182,75  Mk. 

Also  A  +  At  =  1182,75  +  640,72  =  1838,5  Mk.,  d.  h.  bei  dem  günstigsten  Querschnitt  würde  das 
Gesamtergebnis  um  1828,5  — 1114,7  =  7083  Mk.  jährlich  günstiger.  Allein  es  ist  nicht  tu  vergossen, 
dass  die  Fundamente  der  an  sich  günstigeren  Druckleitung  mit  dem  grösseren  lichten  Dm.  etwas  teurer 
gewesen  sein  wurden  als  diejenigen  des  tatsächlich  ausgeführten  Rohres,  wodurch  ein  Teil  des  Vorteils 
jedenfalls  noch  wieder  aufgewogen  worden  wäre. 

Da  die  Wandungen  wegen  der  guten  Nietang  und  der  Gefahr  des  Röstens  nicht 
gern  schwächer  als  5  nun  gemacht  werden,  so  wird  man  in  der  Regel  die  obere  Strecke 
nach  Formel  5  rechnen  nnd  den  ermittelten  Dm.  soweit  reichen  lassen  können,  bis  durch 
das  Anwachsen  des  Druckes  p  die  höchste  zulässige  Beanspruchung  k,  erreicht  ist.  Für 
die  weiter  unterhalb  liegende  Strecke  mass  man  aber  die  Wandstärke  von  dem  Drucke 


§  4.  Druckrohre.  885 

p  pro  qcm  abhängig  machen  und  deshalb  in  Formel  3  für  d  nach  Formel  28  (S.  889)  setzen 


sr— r- .    Dann 
2 .  k«     ^^ 


A-f  A1  = 


64Q8.a.lOOO.i7X  .  D* 


+^£*r*YL-  ® 


75D57ifc* 

Der  erste  Differentialquotient  gleich  0  gesetzt  ergibt: 

n_       64Q»a.lO0O?.%    ,  Drcftx'sp 
0_  15D*rc"c*        +         E        •  (7) 

also  der  wirtschaftlich  günstigste  Dm. 

64Qsa.l000.7.x.kc 


D^ 


lbffttc2yl  .  x'.s.p 

Beispiel:  Nimmt  man  wieder  die  Druckleitung  des  Kubelwerkes  (Taf.  XXI,  Fig.  2)  als  Beispiel, 
betrachtet  die  unterste  Strecke,  wählt  k»  wie  oben  zunächst  =  857  kg/qcm,  so  wird,  da  der  Druck  am 
unteren  finde  etwa  gleich  9,2  kg/qcm  ist,  der  günstigste  Durchmesser 

~  _ V/äTTiro* .  8000  >  1000  ■  0,75 . 0,025 .  857      -  AR 
K     15  .*».  601 . 7,87 .  500 . 0,062 . 9,2     sei'bö,n» 

165   92 
also  6  =  *   '     =  2,13  cm.    Die  tatsachlich  gewählte  Wandstarke  bei  D  =  1,60  m  ist  1,45  cm.  Also 

k.  =  ^^c/>  508  kg/qcm. 

Man  erkennt  ans  Formel  8,  dass  der  wirtschaftlich  günstigste  Dm.  um  so  grösser 
wird,  je  grösser  der  Nutzwert  pro  PS#-Stunde,  je  länger  die  jährliche 
Betriebsdauer  und  je  billiger  der  Preis  pro  Tonne  Eisen  oder  Stahl 
der  fertigen  Rohrleitung  angenommen  werden  dürfen. 

Man  kann  nun  aus  Gründen  der  zweckmässigen  und  billigen  Herstellung  der  Bohre 
natürlich  mit  dem  Dm.  nicht  häufig  wechseln,  sondern  wird  sich  mit  derjenigen  An- 
näherung an  den  günstigsten  Querschnitt  begnügen,  welche  bei  kurzen  Leitungen  durch 
die  Wahl  eines  passenden  Querschnitts,  bei  längeren  Leitungen  durch  die  Wahl  von 
einigen  passenden  Querschnitten  erreichbar  ist. 

Auch  ist  dabei,  abgesehen  von  den  Fragen  des  mehr  oder  weniger  leichten  Trans- 
portes, der  Vorteil  geringeren  Kapitalaufwandes  zu  berücksichtigen.  In  dem  obigen  Bei- 
spiel würde  der  Aufwand  für  die  95,0  m  lange  Rohrleitung  der  obersten  Strecke  beim 
günstigsten  Profil  14968,20  Mk.,  beim  ausgeführten  Profil  10334,0  Mk.  betragen  haben, 
wenn  man  600  Mk.  für  die  t  Gewicht  als  Einheitspreis  zugrunde  legt. 

Ausserdem  kann  man  sich,  wie  an  dem  Beispiel  gezeigt,  durch  eine  einfache  Rechnung 
leicht  überzeugen,  um  wieviel  Mark  jährlich  ein  von  dem  wirtschaftlich  günstigsten  ab- 
weichend gewählter  Dm.  der  Druckleitung  die  Betriebskosten  ungünstig  beeinflussen  kann. 

Es  ist  nun  noch  zu  beachten,  dass  der  Preis  jc*  pro  t  Eisen  oder  Stahl  der  Druck- 
leitung nicht  unabhängig  ist  vom  Dm.,  da  natürlich  die  verhältnismässigen  Arbeitskosten 
bei  kleineren  Dm.  wachsen,  also  die  Einheitskosten  xf  mit  wachsendem  Dm.  abnehmen. 

Nach  dem  Vorbild  der  Ableitung  auf  S.  875  kann  man  setzen,  wenn  man  die  Ein- 

heitspreise  für  zwei  beliebige  Dm.  D'  und  D*  zu  W  und  %H  ermittelt  hat  -y —m  =  tg  a. 

Für  die  Ermittelung  des  Verhältnisses  von  %*  zu  x*  geben  die  Angaben  in  der  Fussnote 
4  ad  a  und  b  (S.  882/883)  einen  Anhalt. 

Nach  dem  Vorbild  der  Entwickelung  von  Formel  18  (S.  875)  würde  sich  für  den 
wirtschaftlich  günstigsten  Dm.  der  Ausdruck  ergeben 


»-V. 


64Q*a.l000i;.x.k,  lo. 


16naea^p[«'t  +  (0/  —  2D)tga.«] 


886 


m.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


Zur  Auflösung  der  Gleichung  würde  man  zunächst  Ar  D  unter  der  Wurzel  eine 
Annahme  machen  und  nach  Ermittelung  eines  ersten  Wertes  für  D  mit  diesem  die 
Rechnung  wiederholen  usf.  bis  die  gewünschte  Genauigkeit  erreicht  ist. 

Der  gesamte  Druckyerlust  (h)  in  einer  Druckleitung  setzt  sich  zusammen  aus 
den  Verlusten : 

a)  In  der  Einflussmundung,  d)  an  den  Schiebern  und  Drosselklappen, 

b)  in  der  geraden  Strecke,  e)  an  den  Stellen,  wo  Querschnittsrerinde- 

c)  an  den  Knickpunkten,  rangen  eintreten,  sowie  an  den  Abzweig- 

stellen, 
a)  Der  Verlust  an  der  Ausmündungsstelle   des  Betriebwassers  aus   der 


Druckkammer  setzt  sich  zusammen  aus  der  Druckhöhe 


2g 


welche  nötig  ist,    am 


das  Wasser  aus  der  Geschwindigkeit,  mit  welcher  es  zufliesst,  in  die  Durchflussgeschwin- 
digkeit, welche  es  im  Druckrohre  erreichen  soll,  überzuführen  und  aus  dem  Verlust  durch 
Einschnürung  in  der  Eintrittsöflnung.  Setzt  man  v0  =  0,  so  lässt  sich  der  Gesamtverlust  an 

v* 

der  Einflussmündung  des  Druckrohres  ausdrücken  durch  h0  =  (1  -(-  £0)  5-  (10),  wobei  £> 

*g 
für  allmählich  trompetenartig  erweiterte  Ausmündungen  etwa  zu  0,25  bis  0,15,  für  scharf- 
kantige, nicht  erweiterte  Öffnungen  zu  0,50  bis  0,25  anzunehmen  ist.  Wird  der  Werkkanal 
mit  einem  glatten  Profil  ohne  Absätze  allmählich  in  das  Druckrohr  übergeführt,  so  darf 
man  h0  =  0  setzen. 

b)  Der  Druckverlust    in   m  Wassersäule    ausgedrückt    auf   einer 
geraden  Strecke  berechnet  sich  pro  lfm.  aus 

Y  =  F=rrr&  =  cl^:j  =  c|/4J 


zu  J  = 


D*/i*c*      c*D' 


4vi 


Also  ist  der  Gesamtverlust  auf  einer  Strecke  von  der  Länge  L  in  m,  ht  =  -»  •  L 


4x2jt 
und  wenn  man  für  — ^  =  f,  setzt,  so  wird  hj  =  &". 

c 

W  ei  ab  ach  hat  zur  Berechnung  von 


C,   die  Formel  ?,  =  0,01439  + 


D*2g' 
0,0094711 


c*D 
(12) 


(13) 


angegeben. 


Tafel  für  Werte  von  £t  auf  geraden  8trecken  nach  Weisbach. 


für  t  in  m/sek.  = 

Mtfl- 

0,5 
0,0278 

0,6 
0,0266 

0,7 
0,0257 

0,8 
0,0250 

0,9 
0,0244 

1,0 
0,0289 

1,25 
0,0229 

1,5 
0,0221 

1,75 
0,0215 

fOr  t  in  m/sek.  = 

2.0 
0.0211 

2,5 
0,0204 

8,0 
0,0108 

4,0 
0,0191 

5,0 
0,0187 

6,0 
0,0183 

7,0 
0,0180 

8,0 
0,0178 

9,0 
0,0176 

für  v  in  m/sek.  — ■ 

10,0 
0,0174 

12,0 
0,0171 

14,0 
0,0169 

16,0 
0,0168 

18,0 
0,0166 

20,0 
0,0165 

— 

— 

— 

A.  Flamant»)  gibt  anstatt  (12)  die  Formel  hi  _  ^OO^JL 


n- 


(M> 


6)  A.  Flamant,  Hydrautiqne.  Paris  1900.  8.  150.    Der  Autor  geht  ans  tob  der  Formel  (11) 


DJ      t»      A     _  ^    1  b 

-T-rs-sund  setzt  fnr-^  =  T — 
4        c*  c       ^ 


Durch  Einführung  eines  Zahlen  werte»  a  =  4b  kommt  er  zn  der 


§  4. 


Druckrohre. 


887 


Setzt  man  in  die  Formel  v  =  e,y8J  nach  Dupnit  c  =  50,9,  so  wird  nach  Einsetzung  von 


Q 

F 


4Q 


für  y  and  von 


x.D* 
und  J  (Druckverlust  auf  1,0  m  Länge)  = 


-für  R,D  =  0,3.l/^- 

Q*    (0,3)* 


DJ 


QS(0,8)J 


also  der  Druckverlust  auf  einer  Länge  L  des  Rohrstranges  hi  =  ~-rJ      •  L* 

c)  Zur  Berechnung  der  Verluste  bei  Richtungs- 
änderungen im  Rohr  gibt  Weisbach  folgende  Formel: 

1.  Bezeichnen  ht  den  Druckverlust,  w  den  Zentriwinkel 
der  Krümm ungss teile,  q  den  Halbmesser  der  Krümmung, 
r  die  halbe  Rohrweite,  so  ist  (Abb.  280) 

(18) 


(15) 
(16) 
(17) 


Abb.  280. 


\*     <a 


h,_?*2i  90 


worin  f8  =  0,13i  +  1,847 


er  «• 


Werte  für  Ja  bei  Krümmungen  nach  Weisbach. 


8- 


0fl 
0,181 


0,2 
0,138 


0,8 
0,158 


0,4 
0,206 


0,5 
0,294 


0,6 
0,440 


0,7 
0,661 


0,8 
0,977 


0,9 
1,408 


1,0 
1,978 


2.  An  einem  Knierohre  (Abb.  281)  ist  nach  Weisbach  der  Druckverlust 


h8  =  [0,9457   sin2  |  +  2,047  sin4  ~] .  ~ 


2 


g 


(19) 


h8  =  £s  • 


2  g 


Abb.  281. 


Werte  für  £s  bei  Knickpunkten  nach  Weisbach. 


für  ü>  = 


20 
0,046 


40 
0,139 


60 
0,364 


80 
0,740 


90 
0,984 


100 
1,260 


110 
1,556 


120 
1,861 


130 
2,158 


140  Grad 
2,431 


Die  Werte  sind  für  Rohrleitungen  von  30  mm  aufwärts  gültig,  wäh-      Abb.  282. 
rend  für  engere  Rohrleitungen  £3  bedeutend  grösser  ausfällt. 

d)  Der    Druckverlust    an    einem    Schieber    oder    einer 
Drosselklappe  berechnet  sich  zu  (Abb.  282) 


K  =  S*. 


2  g 


(20) 


• 


Werte  für  f4  bei  Schiebern  nach  Weisbach. 


Bei    der   Stellhöhe    s  = 

und 

wird 


8  = 

V« 

«/• 

6'«. 

i 

F  ~~ 

1     0,948 

0,856 

0,740 

0,609 

0,466 

0,315 

fr- 

!     0,07 

i 

0,26 

0,81 

2,06 

5,52 

17,0 

I 

V«  von  d 
0,159 
97,8 


Für  Drosselklappen  gilt  gleichfalls   die  Formel  (20),   nur  hat  der  Koeffizient 
£4  alsdann  folgende  Werte: 


Formel  D5J4  =  a4v7  oder  D    J  =  a.v   ,  woraus  Formel  (14)  abgeleitet  ist.    Zum  bequemeren  Gebrauch 
dieser  Formel  gibt  er  zur  Berechnung  von  D,  J,  v  Tabellen  für  Dm.  bis  zu  1,40  m. 


888 


m.    Thbodob  Koehn.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    Eihzelheiten. 


Werte  fttr  f4  bei  Drosselklappen. 

Stellwinkel  der  Drosselklappe  gegen  die  Rohrachse 

^^^ 

5° 
0,24 

10* 
0,52 

15° 
0,90 

20° 
1,54 

25° 
2,51 

80* 
8,91 

85» 
6,22 

40* 

10,8 

45° 
18,7 

50° 
82,6 

55* 

58,8 

118 

65* 
256 

70» 
751 

909 

OD 

e)  Die  Druckverluste  an  den  Stellen,  wo  Querschnittsveränderungen 
stattfinden.  1.  Wird  ein  Querschnitt  an  einem  Flansch  derart  verengert,  dass  das  Rohr 
mit  dem  kleineren  Dm.  scharfkantig  an  ein  weiteres  anschliesst,  so  ist  der  Druckverlust 

fi  bedeutet  einen  Einschnürungswert,  v,  die  Geschwindigkeit  im  verengten  Quer- 
schnitt. Ist  Ft  der  Querschnitt  des  engeren  Rohres  und  ¥x  der  Querschnitt  des  weiteren 
Rohres,  so  gelten  folgende  Werte  für  f6  und  p  bei  Rohrverengerungen  (nach  Weissbach  1843): 


h6  =  &-2^  worin?6  = 


fttr  F, :  F,  = 

0,01 

0,1 

0,2 

0,4 

0,6 

0,8 

1,0 

&« 

0,50 

0,47 

0,42 

0,88 

0,25 

0,15 

0,00 

f»  = 

0,64 

0,65 

0,66 

0,70 

0,75 

0,84 

1,00 

F. 
Sind  derartige  Verengerungen  an  einem  Flansche  so  gering,  dass  —c^l  wird,  so 

berücksichtigt  man  bei  der  Unsicherheit  des  Wertes  für  f6  am  einfachsten  und  genau  genug 
alle  Druckverluste  durch  derartige  kleine,  in  einem  Strange  aufeinander  folgende  Ver- 
engerungen, indem  man  für  Ft  den  kleinsten  Querschnitt  und  für  ¥t  den  grössten  setzt 
und  den  hieraus  ermittelten  Wert  für  J6  an  Stelle  von  2  (£6)  einfuhrt. 

Bei   einer   allmählichen   zentralen  Verengerung  des  Rohrstranges  kann 

man  f6  =  0,076  einführen,  da  nach  Formel  (21)  /<  =  1  zu  setzen  ist. 

v  * 

2.  Bei  einer  allmählichen  zentralen  Erweiterung  wird  1^  =  ^. ^-,  wenn 

Vf  die  Geschwindigkeit  in  dem  erweiterten  Profil  Ft  bedeutet. 

Es  wird  nach  Fliegner  (Zivilingenieur,  1875.  S.  98)  angenähert: 

^=(^-l)f.8ina,  (22) 

wenn  a  den  ^C  bezeichnet,  den  die  Wandungen  des  Erweiterungsstückes  im  Achsen- 
schnitt einschliessen. 

3.  Für  Abzweige  mit  verengertem  Querschnitt  (gegenüber  demjenigen  des  Haupt- 

v  * 

Stranges) ,  in  welchem  die  Geschwindigkeit  v4  herrscht,  wird  h7  =  £7  .  ^-,  wobei  ausser- 
dem die  Richtungsanderung  nach  Formel  19  zu  berücksichtigen  ist. 

£7  für  rechtwinkligen  und  scharfkantigen  Abzweig  =0,5, 
£7  für  rechtwinkligen  Abzweig  mit  gebrochenen  Kanten  =  0,25,  (23) 

£7  für  rechtwinkligen,  aber  gut  abgerundeten  Abzweig  =  0,06  —  0,01, 
£7  für  spitzwinkligen  Abzweig  unter  dem  ^C  (90  +  <*)  in  der  der  Stromrichtung 
entgegengesetzten  Richtung    =  0,5  +  [0,3  .  sin  a  -f-  0,2  .  sin'a]. 

Hiernach  ist  der  Gesamtverlust  aus  a  bis  e 


+2(&)^+*&)^+-(W-l£      (*) 


§  4.  Dbuckbohre.  889 

2.  Die  Festigkeit  zylindrischer  Rohre  mmd  die  Vorrichtungen  zum  Schutze 
der  Druckrohre  gegen  Wasserschläge.  Da  der  Kreis  in  bezug  auf  Widerstandsfähig- 
keit und  Materialaufwand  die  günstigste  Querschnittsform  darstellt,  so  kommen  andere 
als  kreisförmige  Druckrohre  in  der  Praxis  nur  an  Spezialbauwerken  (Dficker  etc.)  vor, 
wo  für  den  Durchgang  zylindrischer  Rohre  der  Raum  zu  klein  ist. 

a)  Gleichmässig  verteilter,  der  Höhe  der  ruhenden  Wassersäule 
entsprechender  Innendruck  >  als  der  gleichmässig  verteilte  äussere 
Druck. 

Es  mögen  bezeichnen: 

D  den  inneren  Rohrdurchmesser  in  cm,  H  =  die  statische  Hohe  der  Wassersäule  in  m, 

6  die  Wanddicke  in  cm,  pi  den  gleichmässig  verteilten  inneren  Wasser- 
kz  die  znlissige  Materialspannung  in  kg/qcm,  druck  in  kg/qcm  —  0,1  H  kg/qcm, 

Kz  Zugfestigkeit  des  Rohrmaterials  in  kg/qcm,  p»  den  gleichmassig  verteilten  äusseren  Druck 

<f  =  ^  das  SicherheiteverhAltnis.  in  ^«f'    .  ■_.,_, 

fci  p  =  pi  —  pm  den  inneren  Überdruck  in  kg/qcm. 

Betrachtet  man  ein  Stück  Rohr  von  1,0  cm  Länge,  so  gilt  die  Festigkeitsgleichung 

D.pi  — (D  +  2d).pft  =  2dkI  (25) 

demnach  ist  das  Verhältnis  der  Wanddicke  zum  Dm. 

A  —  1/.     P*~P»  /9ßx 

D~  /iBk.  +  Pi  (26) 

und  die  Zugspannung  k,  =  V»  •  (pi  —  P»)  •  -r  ■ —  P*  (27) 

Wenn  pm  im  Vergleich  zu  k,  sehr  klein  ist,  kann  man  annäherungsweise  setzen: 

und  man  erhält  dann  kB  =  1/t  p .  -p  (20) 

Die  in  den  kreisförmigen  Querschnitten  infolge  des  Wasserdruckes  auftretende 
Längsspannung  ist  nur  etwa  halb  so  gross  wie  die  Tangentialspannung,  und  sie  spielt 
deshalb  für  die  Bestimmung  der  Wandstärken  bei  der  zunächst  hier  vorliegenden  Be- 
trachtung keine  Rolle. 

C.  v.  Bach6)  hat  neuere  Formeln  gegeben,  welche  der  Elastizität  der  Rohre  und 
der  Verschiedenheit  der  Spannungen  in  den  einzelnen  Teilen  des  Querschnittes  Rechnung 
tragen.  Die  Spannung  ist  an  der  inneren  Kreisringschale  der  Rohrwandung  am  grössten 
und  nimmt  mit  wachsendem  Halbmesser  nach  der  äusseren  Wandungsscbicht  hin  ab. 
Die  Bach  sehen  Formeln  sind  unter  der  Voraussetzung,  dass  sich  die  Rohre  frei  bewegen 
können,  aufgestellt  und  lauten: 


-Ji/^-J 


(80) 


•)  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1880.  8.  288.  864  488. 

C.  Bach,  Die  Msschinenelemente.  9.  Aufl.  Stuttgart  1908.  8.  89. 


890  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


(i+ff)"-> 

p  _         _  kt  (32) 

1,3(1 +  p)  +0,4 


Aus  der  Formel  (30)  ergibt  sich,  dass  die  Wandstärke  des  Rohres  unendlich  gross 

sein  müsste  für  p  =  -■?-. 

Als  Zugfestigkeit  für  Gusseisen  Kz  gilt  1300  kg/qcm  und  als  diejenige  Inanspruch- 
nahme auf  Zug,  bei  welcher  die  Elektrizitätsgrenze  des  Gusseisens  liegt,  750  kg/qcm. 
Je  nach  der  Sicherheit,  welche  man  beansprucht,  wird  die  zulässige  Inanspruchnahme 
festzusetzen  sein.    In   der  Regel   lässt   man   bei   gutem   Gusseisen  nur   eine 

Betriebsspannung  von  65  bis  85  kg/qcm  zu,   sodass  a=-|-^=^20  bis   15,3 

würde. 

Bei  Druckrohren  aus  gutem  Flusseisen  kann  man  bei  zehnfacher  Sicherheit  (a  =  10) 
noch  Inanspruchnahmen  von  400  bis  600  kg/qcm  und  bei  Druckrohren  aus  Siemens- 
Martin- Stahl  Inanspruchnahmen  im  normalen  Betrieb  von  700  bis  1000  kg/qcm  zu- 
lassen. Bei  genieteten  Röhren  sind  die  Nietlöcher  abzuziehen.  Bei  Schweissrohren  wird 
man  nur  90  bis  95°/o  der  sonst  zulässigen  Inanspruchnahme  für  die  Schweisstelle 
zugrunde  legen. 

Bei  der  Anlage  Novalesa  a.  d.  Cenischia  (444,7  m  Druckhöhe  und  0,78  m  1.  Dm.)  wurde 
eine  zulässige  Inanspruchnahme  für  Siemens-Martin  Stahl  hei  einem  Zuschlag  von  15°/o  -zu  der  ruhenden 
Wassersäule  für  Wasserschlage  von  101)0  kg  qcm  angenommen. 

Bei  der  Anlage  Champ  (Füre  et  Morge)  (35,0  m  Druckhöhe  und  3,30  m  Dm.)  ist  für 
Siemens-Martin-Stahl  in  der  Annahme  eines  gleichmassig  verteilten,  der  ruhenden  Wassersäule 
entsprechenden  Innendruckes  nur  eine  zulässige  Beanspruchung  von  440  kg  zugrunde  gelegt7). 

Zu  dem  gleichmässig  verteilten  inneren  Druck  pi  =  0,l  H  kg/qcm  kommt  noch 
der  Druck  der  äusseren  Luft.  Da  aber  der  gleiche  Druck  pro  Einheit  auch  auf  den 
äusseren  Umfang  des  Rohres  wirkt,  so  wird  er  für  den  Zustand  der  vollen  Füllung 
der  Leitung  meistens  bei  obiger  Rechnung  vernachlässigt,  obwohl  der  äussere  Druck  auf 
einer  um  2  d  grösseren  Breite  wirksam  ist. 

b)  Ungleichmässig  verteilter  Innendruck.  Die  Untersuchungen  mit 
Hilfe  der  oben  angegebenen  Formeln  (20  bis  32)  genügen  für  die  Berechnung  der  grössten 
Beanspruchung  des  Leitungsmaterials  nicht  immer,  wenn  es  sich  um  grössere  Rohrweiten 
(mehr  als  1,5  m  Dm.)  und  um  wenig  geneigte  Leitungen  handelt,  denn  wenn  eine  solche 
Leitung  nur  bis  zum  Scheitel  gefüllt  ist,  der  Scheitel  selbst  aber  noch  druckfrei  bleibt, 
so  nimmt  der  Druck  vom  Scheitel  nach  der  Sohle  hin  zu,  und  es  treten  Biegungs- 
spannungen  auf,  die  um  so  grösser  werden,  je  grösser  der  Dm.  ist  und  je  kleiner 
die  Fläche  wird,  auf  welche  sich  der  Gegendruck  der  Auflagerung  äussert.  Der  Zu- 
stand des  druckfreien  Scheitels  flachliegender  Leitungen  tritt  besonders 
bei  der  Rohrfüllung  auf.  Kommt  der  Scheitel  einer  flachliegenden  Lei- 
tung nach  vollendeter  Füllung  unterDruck,  so  wird  die  Erhöhungder 
Wasserpressung  zunächst  eine  Verminderung  der  grössten  inden  Rohr- 
wandungen herrschenden  Zugspannungen  bewirken. 

Philipp  Forchheimer  hat  in  seiner  Abhandlung  „Zur  Festigkeit  weiter  Rohre" 
in  der  Zeitschr.    d.  österr.  Ing.-  u.  Arch.-  Ver.    1904   Nr.  9   und  10   die  Formeln   zur 


?)  Ch.  L 4p ine,  Les  Installations  Hydrofilectriques  de  la  Socilte*  de  Füre  et  Morge.   Parte 
1908.  S.  64. 


§  4. 


Drückrohre. 


891 


Abb.  283. 


Berechnung  der  grössten  Biegungssp&nnungen  bei  druck  freiem  Scheitel  bei  verschiedenen 
Auflagerungen  entwickelt. 

Nachstehend  sind  unter  Nr.  33  bis  41   die  Forchheim  er  sehen  Formeln  kurz 
wiedergegeben : 

a)  Für  ein  volles  Rohr  mit  druckfreiem  Scheitel  und  der  Auflagerung 

nur  an  der  tiefsten  Stelle  A  (Abb.  283). 

Wenngleich  dieser  Fall  in  der  Praxis  kaum  vorkommt,  so  ist 

doch  seine  Betrachtang,  weil  er  einen  Grenzfall  bietet,  von  Wert. 

3 
Das  Moment  in  kg/cm  an  der  Sohle  wird  M<>  =*  -.  y  r8         (33) 

und  allgemein  das  Moment  an  einer  dnreh  den  <£  9>  bestimmten  Stelle : 

M»>  =  *£  [l -(*-?)  «in,. +  ^J*].  (84) 

Das  Moment  hat  seinen  grössten  Wert  am  Auflager,  woselbst 
es  die  Krümmung  verflacht. 

In  nachstehender  Zusammenstellung  sind  die  einzelnen  Werte  für 

m  -3  nach  Forchheimer  angegeben. 


für       <p  = 


wird 


I 
yr» 


0* 
+0,750 


15° 
+0,868 


30° 

+0,062 


45° 
0,156 


60» 
-0,282 


75° 
-0,820 


90° 


105° 


-0,285  —0,197 


120° 
—0,078 


135* 

+0,046 


150° 
+0,152 


165°      180* 
+0,225  +0,250 


Mit  der  Krümmungsändernng  sind  Längenänderungen  der  einzelnen  Dm.  verbanden.  Jeder  Dm. 
reicht  von  einer  Stelle  tp  zn  einer  Stelle  («>  +  «)  und  die  Lftngenfinderang  des  zu  9  gehörenden  Durch- 
messers wird  durch  Vf^^f+n)  angegeben. 


Es  ist  fjf  +  fj(?+n)  =|j  (l  —  n  * --£Cosy -  ^  siny), 


(35) 


worin  bedeuten  r  den  Halbmesser  in  cm, 

E  den  Elastizitätsmodul  in  kg'qcm8), 

J  das  Trägheitsmoment  der  rechteckigen  Schnittfläche  der  Rohrwandung  von  1  cm  Lange  und 


der  Höhe  6  =  der  Wandstärke  in  cm 


mm 


'-H* 


fl  in  cm  die  Verschiebung  eines  Ringteilchens  in  der  Richtung  des  Halbmessers,  also  die  Ver- 
größerung des  Abstandes  vom  Mittelpunkt, 
y  =  Gewicht  des  Wassers  pro  cm*  =  0,001  kg. 


für  <p 
wird 


yr» 


0° 

15° 

80° 

45° 

60° 

75° 

—0,234 

—0,196 

-0,105 

+0,0084 

+0,114 

+0,188 

90° 
+0,215 


ß)  Für  ein  volles  Rohr  mit  druckfreiem  Scheitel  und  einer  Auflagerung 

in  ganzer  Breite  zwischen  B  bis  C  (Abb.  284). 

Auf  Erde  gebettete  Rohre  sind  in  voller  Breite  unterstutzt.  Wie  gross  aber  die  Gegendrücke 
auf  die  einzelnen  Stellen  sind  und  welche  Richtung  sie  haben,  ist  unsicher  nnd  hangt  von  der  Art  der 
Verlegung  (Unterstopfung)  ab.  Man  kann  aber  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  annehmen,  dass  die 
Gegendrücke  in  der  Sohle  am  grössten  sind  und  von  hier  ans  nach  beiden  Seiten  bis  zn  B  bezw.  G  auf 


8)  Für  Gusseisen  ist 

£  =    750  000  bis  1 050  000, 

„    Schweisseisen 

E  =  2000000, 

,    Flusseisen 

E  =  2150000, 

,    Siemens-Martin-Stahl 

E  =  2  200000. 

8J» 


HL    Theodor  Kobhv.    Ausbau  voh  WabbkbkrIften.    Einzelheiteit. 


Abb.  284. 


2 


0  sbnehmen.  Forchheim  er  macht  die  Annahme,  dass  der  Gegendruck  gegen  ein  Stück  Bohrobor- 
fliehe  fiberall  in  der  Richtung  des  betreffenden  Rohrhalbmessers  wirke  nnd  proportional  sei  dem  Koahras 
des  <£e>,  also  etwa  =  a  cos?.    Die  Summe  der  lotrechten  Teilkräfte  der  Gegendrücke  oder 

/t     ,  /sina>.eose>4-o>\ 

a.rcos'*)de>  =  ftr  ( — T — g  7  == 

-  »/,  -  *, 

muas  dann  gleich  dem  Gewichte  des  Rohrinhalts  =  y  *r*  sein,  w< 
a  =  2yr  folgt.     Da  nun  der  Wasserdruck  auf  die  Innenleimmg  pro 
Flächeneinheit  yr{l  +  cos<p)  (96) 

?-  beträgt,  hat  die  Resultierende  Ton  Druck  und  Gegendruck  auf  der  unteren 
Rohrhälfte  die  Groese 

yr(l+coso>) —  acoso;=»yr(l — coso?).  (37) 

Gerade  so  gross  ist  aber  der  Wasserdruck  auf  ein  Wandteilcben,  welches 
lotrecht  über  dem  betrachteten   auf  der  oberen  Rohrhälfte  liegt.    Der 
Rohrquerscbnitt  wird  also  nicht  nur  bezüglich  seines  lotrechten,  sondern 
auch  bezüglich  seines  wagerechten  Durchmessers  symmetrisch  belastet  und  gebogen. 

Das  Moment  an  der  Sohle  ist  M«  =  y  r»  (|  —  Vi)  =  0,137  y  r*  (38) 

und  allgemein 

M?  =  2g-  y—  —  e>  sin  <p  —  cos  yj.  (39) 


Fflr      <r  = 

ist     --.-  = 

yr 

0° 

15# 

80* 

45* 

60° 

75« 

90* 

0,187 

0,120 

0,073 

0,0054 

-0,0069 

-0.125 

—0,1« 

Ferner  ist 


EJ 


2       o*1  cosa> Sy  sin  e> ji'cosy 3  coso> 

~ ~  "1    "         b  ö  öö  ö        • 


yi*''-*^       8  8  32  8     *  (40) 

In  dem  zuletzt  betrachteten  Falle  ß  ist  die  Längenänderung  eines  Durchmessers  infolge 
der  doppelten  Symmetrie  =  2  17  und  es  ergibt  sich  daher 


für  <p       = 
E.J 


2 


yr* 


?  = 


0,0987 


15° 
-0,0614 


80* 
-0,0476 


45» 

-0,0007 


60° 
+0,0467 


75° 
0,0820 


90» 
0,0951 


y)  VollesRohr,  druckfreier  Scheitel,  Auflagerung  in  beliebiger  Breite 

B'C  (Abb.  284)  gekennzeichnet  durch  den  ^a. 

Das  grosste  Moment  herrscht  am  tiefsten  Punkte  und  lässt  sich  ausdrucken  durch 

M.  =  ^(I-«B.,=:^(,-g(  ,41) 

wenn  man  die  Auflagerbreite  2r  sin«  (Abb.  284)  mit  b  beseichnet. 
Hierfür  kann  man  als  Nähernngsformel  auch  setzen 

(41s) 


M«  =  *£-  (8  -  n  mna). 


Fflr 
wird 


0» 
0,75 


15» 
0,547 


80* 
0,857 


45# 

(0,195)  su  kleiner  Wert  nach  der  Nähenmgsfonnel 
0,821  Wort  nach  genauerer  Bechnung  (41) 


(41a) 


Beispiel  in  ß:  Betrachtet  man  1  cm  Länge  des  Rohres  der  Anlage  Champ  (Fürest 

Taf.  LX,  Kg.  10)  mit  880,0  cm  lichtem  Dm.  an  einer  8telle,  wo  die  Wanöfctflrke  0,7  cm 

nähme  eine  Auflagerung  in  Boden  wie  nach  (Abb.  984)  zwischen  B  und  C  an,  so  wurde  das 

moraent  am  tiefsten  Punkt  M9  =  0,187 . 0,001 .  165«  =  rd.  615  kg/cm,  das  Widerstandsmoment  ist 


0,7* 


6 


=  0,0617  cm*. 


§  4- 


u  «MKl; 


893 


615 
Di«  Beanspruchung  ks  würde  also- sein  =  q^««  =  rd.  7588  kg/qcm,  d.  h.  das  Bohr  würde 

wahrscheinlich  brechen. 

Man  hat  deshalb  das  Bohr  in  ein  starkes  Betonbett  gelegt,  welches  eine  Vermegung  des 
Rohres  verhindern  soll9). 

Zur  Berechnung  der  erforderlichen  Betonstärke  einer  solchen  Einhüllung  kann 
folgende  Überlegung  dienen :  Die  Summe  aller  wagerechter  Wasserdrücke  auf  eine  Rohr- 
hfilfte  bei  druckfreiem  Scheitel  beträgt  2  .  y .  r*  in  kg. 

Hiervon  entfallen  auf  den   oberen  Quadranten  ^r~  und  auf  den  unteren  Qua- 

3  r*y 
dranten     ^   .  Von  den  Drücken  im  oberen  Quadranten  werden  durch  den  Rohrquerschnitt  im 

r*y  r*y 

Scheitel  —^  übertragen,  sodass  durch  einen  Gegendruck  im  Kämpfer  •=*■  aufzunehmen  sind. 

Von  dem  Gesamtdruck  im  unteren  Quadranten  werden  durch  den  Rohrquerschnitt 

6  4rf 

in  der  Sohle  w  r*y  übertragen ,  sodass  durch  den  Gegendruck  im  Kämpfer  —-   aufzu- 

o  o 

nehmen  sind.    Demnach  beträgt  der  erforderliche  Gesamtgegendruck  im  Kämpfer 

G  =  i^  +  ^  =  r*yinkg.  (42) 

Beispiel:  Betrachtet  man  die  Druckleitung  der  Anlage  Ghamp  (Füre  et  Morge)  (Taf.  LX,  Fig.  10) 

im  Zustände  der  Füllung,  aber  mit  druckfreiem  Scheitel,  so  wird  die  erforderliche  wagerechte  Gegenkraft 

im  Kämpfer  auf  1  cm  Länge  des  Rohres  r'  y  =  165" .  0,001  =  27,225  kg.    Nimmt  man  die  sulassige 

Belastung  des  Betons  auf  Abscheren  in  wagerechter  Fuge  su  0,8  kg/qcm  an,  so  muss  die  Dicke  des 

27  225 
Betonbettes  im  Kämpfer  sein  -  '       oo  34  cm.    Bei  der  ausgeführten  Anlage  ist  die  Dicke  0,50  m. 

0,o 

Aus  den  Formeln  33  bis  41  and  den  obigen  Angaben  folgt,  dass  man  bei  der 
Füllung  der  Rohre  mit  grosser  Vorsicht  zu  Werke  gehen  muss  und  die  Rohre  nur 
langsam  anfallen  darf,  damit  nicht  auf  die  Rohrwandangen,  welche  während  des  ZuStandes 
des  druckfreien  Scheitels  infolge  der  Beanspruchungen  durch  die  Biegungsmomente  im 
Scheitel,  der  Sohle  und  dem  Kämpfer  etwa  schon  elliptisch  verbogen  sind,  auch  noch 
Wasserschläge  einwirken  können.  Es  hat  sich  wiederholt  ereignet,  dass  bei  der 
Füllung  Druckrohre  gebrochen  sind,  welche  dem  gleichmassig  verteilten  vollen  Überdruck 
bei  der  betreffenden  Anlage  vollkommen  hätten  widerstehen  können. 

c)  Die  gleichmässig  verteilten  äusseren  Drücke  >  als  die  gleich- 
massig  verteilten  Innendrücke.  Wie  bereits  erwähnt  kann  man  den  atmo- 
sphärischen äusseren  Gegendruck  bei  gefülltem  Rohr  vernachlässigen,  dagegen  kann  bei 
grösseren  inneren  Durchmessern  der  äussere  atmosphärische  Druck  gefahrlich  werden, 
wenn  bei  dicht  geschlossenen  Schützen  in  der  Druckkammer  durch  teilweise  Entleerung 
des  Rohres  Luftleere  im  Innern  eintritt.  Bei  völliger  Luftleere  würde  der  atmo- 
sphärische Aussendruck  1  kg/qcm  betragen. 

Beim  Wssserkraft-ElektriziUtswerk  an  der  Arve  bei  Chedde  (Baute  Ssvoie)  (S.  604  ad  19) 
-wurde  eines  der  zwei  verlegten  Druckrohre  mit  1400  mm  innerem  Dm.  und  6  mm  Wandstärke  bei  der 
Inbetriebsetzung  von  dem  äusseren  Luftdruck  in  die  Form  einer  8  zusammengedrückt,  weil 


•)  Bei  den  Druckrohren  der  Anlage  Jajce  mit  1600  mm  i.  Dm.  wurden  auf  der  oberen  nicht 
sehr  stark  geneigten  Leitungsstrecke  Versteifungsringe  um  die  Bohre  gelegt  (Taf.  LVIII, 
Fig.  7)  und  bei  den  mit  schwacher  Lftngsneigang  verlegten  Druckrohren  der  Anlage  Ontario 
Power  Co.  (Taf.  XL1V,  Fig.  1  und  8  bis  5  nnd  Taf.  LVIII,  Fig.  6)  wurde  die  Leitung  nicht  nur 
mit  Versteifungsringen  versehen,  sondern  auch  mit  Beton  fest  umhüllt 


894  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

der  obere  Schieber  geschlossen  wurde,    der  untere  aber  aufblieb  und  das  Laftrohr  am  oberen  Ende 
ungenügend  dimensioniert  war. 

Man  muss  daher,  wenn  die  Rohrverschlüsse  in  der  Druckkammer  dicht  schliessend 
vor  der  Mündung  liegen  sollen,  sodass  der  freie  Luftzutritt  in  die  Druckleitung  an  der 
Einmündnngsstelle  verhindert  ist  (S.  827),  genügend  grosse  Luftrohre  (mit  i£  V»  des 
Querschnitts  der  Druckrohrleitung)  unmittelbar  hinter  der  Ausmündung  aus  der  Druck- 
kammer anlegen. 

Kleinere  Wandstärken  als  4  mm  werden  für  Druckleitungen  überhaupt  nicht, 
kleinere  als  5  mm  selten  verwendet.  Bezeichnet  k*  die  zulässige  Beanspruchung  des 
Rohrmaterials  auf  Druck,  so  gilt  für  die  Berechnung  der  Wandstärke  nach  dem  Vorbild 
der  Formel  (26)  die  Gleichung 

6  =  ?   £TZ*  (43) 

t   kd  —  p  x    ' 

und  für  pi=  0;  d  =  -£  .  &-  und  k«  — ~J*.  (44) 

Ferner  genauer  nach  C.  v.  Bach,  wenn  der  äussere  Überdruck  pa  —  Pi  =  p 
gesetzt  wird 

i) 


8~  2 


"£     I 


Flanschen10),  Laschen,  überplattete  Nietungen  etc.  erhöhen  natürlich  die  Festig- 
keit eines  Rohres  gegen  äusseren  Druck.    Die  zulässige  Inanspruchnahme  auf  Druck  ist 

für  Gusseisen  etwa  =  dem  51/*  fachen  der  zulässigen  Inanspruchnahme  auf  Zug, 
also  ca.  358  bis  468  kg, 

für  Schweiss-  und  Flusseisen  etwa  =  dem  4/s  fachen  der  zulässigen  Inanspruch- 
nahme auf  Zug,  also  ca.  320  bis  480  kg, 

für  Siemens-Martinstahl  etwa  =  dem  7/o  fachen  der  zulässigen  Inanspruchnahme 
auf  Zug,  also  ca.  545  bis  777  kg 
anzunehmen. 

Bei  inneren  Durchmessern  bis  zu  0,48  m  bei  schmiedeeisernen,  und  bis  0,77  m 
bei  stählernen  Rohren  genügt  daher  nach  (44)  die  Mindestwandstärke  von  0,5  cm  auch 
den  Beanspruchungen  durch  den  äusseren  atmosphärischen  Druck.  Bei  grösseren  Durch- 
messern ist  aber  eine  rechnerische  Kontrolle  zu  empfehlen,  wenn  nicht  für  ausreichende 
Luftzuführung  unter  allen  Umständen  gesorgt  ist. 

d)  Beanspruchung  der  leeren  Leitung  durch  eine  Eiuzellast.  Kann 
im  Scheitel  eine  Einzellast  P  auftreten  und  macht  man  die  sehr  ungünstige,  praktisch 
sich  kaum  verwirklichende  Annahme,  dass  der  ganze  Gegendruck  in  der  tiefsten  Sohlen- 
linie wirkt,  so  wird  (Abb.  285) 10*)  bei  leerem  Rohre 

p 
VLtp  =  M0  +  o  r  (1  —  cos  <p).  (46) 

Das  Moment  am  Kämpfer,  in  diesem  Falle  mit  M0  bezeichnet,  wird 


io)  Ph.  Forchheimer,  Berechnung  des  zulässigen  Aussendrucks  bei  Ringen  und  Röhren. 
Zeitechr.  d.  Osten*.  Ing.-  u.  Arch.-Ver.  1899.  Nr.  29. 

ioa)  A.  Frühling,  Handb.  d.  Ing. -Wissenden.  III.  T.  4.  Bd.  Die  Entwässerung  der  Städte. 
1903.  S.  123. 


M- 


Druckeohkk. 


895 


M, 


— fe?)p-r==-°>182P 


(47) 


und  das  Moment  im  Scheitel  und  in  der  Sohle 


M 


=  —  0,182  P.r  +  y  =  +  0,318  Pr 


■(?)  =-v,ioä  r  .r-f-g  ==-f  i'jöio  rr  (4g) 

Erscheint  es  bei  sehr  weiten  Rohren  geboten,  in  der  Berechnung  der  Beanspruchungen 
durch  äussere  Drücke  beim  Zustande  der  Entleerung  nach  der  Formel  44  oder  45 
ausserdem  noch  das  Eigengewicht  der  Rohrleitung  zu  berücksichtigen,  so  rechnet  man 
ungünstig  genug,  wenn  man  unter  Benutzung  der  Formel  47  und  48  für  P  das  halbe 
Rohrgewicht  pro  lfd.  Zentimeter  einführt. 

e)  Beanspruchung  zylindrischer  Rohre  durch  Erddruck.  Bei  leeren 
Druckrohren,  welche  mit  Boden  bedeckt  und  in  einer  Baugrube  verlegt  sind,  wird  man 
am  einfachsten  einen  über  die  wagerechte  Projektion  der  Aussenleibung  der  oberen  Rohr- 


Abb.  285. 


Abb.  286. 


hälfte  gleichförmig  verteilten  Druck  p,  sowie  einen  über  die  lotrechte  Projektion  des 
ganzen  Rohres  gleichmässig  verteilten,  beiderseitig  wirkenden,  wagerechten  Erddruck  pt 
voraussetzen  und  weiter  annehmen,  dass  die  lotrechten  Gegendrücke  des  Bodens  im 
unteren  Halbrohre  ebenfalls  gleichmässig  verteilt  und  auch  =  p  seien  (Abb.  286).  Meist 
wird  angenommen,  dass  die  wagerechten  Drücke  lis  bis  ll$  der  lotrechten  ausmachen. 
Bei  grösseren  Rohrdurchmessern  kann  man  die  Zunahme  der  Erddrücke  nach  unten 
dadurch  berücksichtigen,  dass  man  die  lotrechten  Drücke  p  auf  Grund  der  mittleren 
Tiefenlage  t  in  m  des  Scheitels  und  pt  auf  Grund  der  mittleren  Tiefenlage  tj  des  Kämpfers 
bestimmt.  Hat  der  Füllboden  das  Eigengewicht  yx  (0,0014  bis  0,002  kg/cm8),  so  ist 
dann  p  =  yx  t  und  fx  =  V*  bis  1ls  .  yx  tt  in  100  kg/qcm. 

Nur  bei  kleineren  Bedeckungen  bis  zu  etwa  0,70  m  Höhe  wird  der  ganze  Erddruck 
des  aufgeschütteten  Bodens  zur  Wirkung  kommen  können.  Bei  grösseren  Bedeckungstiefen 
dagegen  wird  anzunehmen  sein,  dass  eine  nach  unten  wachsende  Pressung  des  Bodens 
an  den  Wänden  der  Baugrube  stattfindet.  Genauere  Ermittelungen  über  diese  Erd- 
drücke fehlen  noch ;  angenähert  wird  man  bei  den  verschiedenen  Füllhöhen  t  in  m  über 
dem  Scheitel  mit  folgenden  lotrechten  Erddrücken  pro  qcm  Grundfläche  rechnen  können11), 
wenn  man  das  Gewicht  yx  zu  0,002  annimmt. 


Bei  einer  Überschüttungshöhe  über  dem 
Scheitel  t  von 

kann  der  lotrechte  Erddruck  p  pro  qcm  in 
Rechnung  gesetzt  werden  mit 


1,0        1,5    !    2,0 


3,0 


0,16  >   0,22  !   0,26  I   0,31 


4,0 


0,33 


5,0  m  nnd  mehr 


0,34  kg 


i')A.  Frühling,  Handb.  d.  Ing.-Wissensch.   III.  T.   4.  Bd.   Die  Entwässerung   der   Städte. 
1903.  S.  118. 


896 


HL    Theodor  Kojehk.    Ausbau  von  WahrrmtrAftebt.    ErazBLHEmDL 


Bei  grösseren  Füllhöhen  als  5,0  m  über  dem  Scheitel  wird  der  Erddrnck  auf  die 
Rohre  in  Rohrgruben  kaum  noch  zunehmen. 

Liegt  das  Rohr  unter  einer  Strasse,  so  kann  noch  eine  mobile  Belastung  hinzu- 
kommen. Da  aber  dann  auch  mit  einer  festen  Strassendecke  über  der  Rohrgnibe  in 
den  meisten  Fällen  zu  rechnen  sein  wird,  welche  einen  Teil  des  Druckes  seitlich  über- 
trägt, so  wird  man  den  lotrechten  Erddrnck  selbst  nur  mit  etwa  */•  der  obigen  Zahl  in 
Rechnung  zu  setzen  brauchen.  Nimmt  man  an,  dass  die  mobile  Last  gleichmässig  ver- 
teilt 5000  kg/qm  betragt  und  dass  ihre  Wirkung  auf  das  Rohr  über  eine  Tiefe  von  5,0  m 
nicht  hinausreicht,  im  übrigen  aber  mit  dem  Quadrat  der  Tiefe  abnimmt,  so  würden  sich 
etwa  folgende  lotrechte  Drücke  ergeben: 


Bei  t  in  m 
Gesamtdruck  p  einschliessl.  mobiler  Last  pro  qcm 


1,0 
0,43 


2,0 
0,85 


3,0 
0,29 


4,0 
0,24 


0,22 


Danach  würde  man  also  für  grössere  Rohrtiefen  als  3,0  m  bei  Annahme  einer 
mobilen  Last  und  fester  Strassendecke  kleinere  Drücke  als  bei  einfacher  Zafüllung  der 
Rohrbaugrube  mit  losem  Boden  erhalten. 

Nach  den  gemachten  Annahmen  sind  die  lotrechten  und  wagerechten  Drücke 
auf  beide  Rohrhälften  symmetrisch  verteilt,  und  es  muss  im  Scheitel  und 
in  der  Sohle  die  eine  Rohrhälfte  auf  die  andere  einen  Druck  pt  .  r  (Abb.  286)  ausüben. 

Es  ist  das  Moment  an  einer  durch  den  Zentriwinkel  <p  bestimmten  Stelle»*) 


Mc,>  =  ^(,  +  $)=-£sin.,  +  P,r.<l 


p  r* 
cosy)  —  ^-  (1  —  cosy)»  + 


+  M0  =  — (p  —  pi)  o  ain8y  +  Mo 


(49) 


Die  Lftsung  von  (49)  lautet: 
EJ 


und 


-p-  n  =  —  (P  ~  Pi)  $  (1  +  cos*?)  +  Mo  +  Cisin?  +  C,  cos  9p 

EJ  dw       t  .  r*    .  .   ~  p    . 

*   J        (P"PJ  q  -Sinycosoj  +  Cicosjp —  CiSinp 

dj 


(50) 


(51) 


Daraus,  dass  für  <p  =  0  und  -5-  der  Differentialquotient  t^  =0  werden  muss,  folgt  Cl  =  Ct=0 


oder 


EJ 


TV=  —  (P  —  Pi)  6  (1  +  coö»  +  Mo 


(52) 


und  daraus,  dass  der  Viertelumfang  seine  Länge  nicht  verändern  darf,  folgt 

n 


f  = 


2 


oder 


EJ 

rV 

f  =  0 


3J/"     A 


=  0 


oder 


z 

[— (P — Pi)  [5  (3  9  +  »»  9  COß  9)  +  Mo  9 \  —  0 


M0  =  (p  — Pi)  -4- 


(58) 


1*)  Nach  Philipp  Forchheimer,  Zur  Festigkeit  weiter  Rohre.   Zeitschr.  d.  Qeterr.  lag.-  u. 
Arch.-Ver.  1904.  Nr.  10,  8.  151.    Wegen  der  Bedeutung  der  Buchstaben  siehe  8.  891. 


§  4.  Druckrohre.  897 

Ans  49  und  53  folgt 

Mf  =  (p  —  p1)~(l~2sin»9)  =  M0(l-2sin8y).  (54) 


r» 


Für  <p  =  90°  wird  M  =  —  (p  —  pi) .  -r.  (55) 

Ist  6  in  cm  die  Stftrke  der  Rohrwandung   und  werden  p  und  p,  in  kg/qcm,  r  in  cm,  k  die  zu- 
lässige Beanspruchung  in  kg/qcm  ausgedrückt,  so  muss  für  einen  Ring  von  1  cm  Länge  sein 


(V4         I 


oder  /  (56> 

k*l,5r» 


Nach  Gleichung  (50)  wird  die  Krümmung  am  Scheitel  und  an  der  Sohle  verflacht  und  an  den 
Kämpfern  verschärft. 

Die  Halbmesser  verändern  ihre  Länge  um 

^  =  ^gP^j-(28in>-)),  (57) 

der  lotrechte  Durchmesser  wird  also  um  2  y  =  —il —  (58) 

verkürzt,  der  wagerechte  um  eben  so  viel  verlängert 

Beispiel:  Bei  der  Anlage  Champ  (Fnre  et  Morge)  ist  r  =  165.  Bei  einer  Überschüttung 
mit  Boden  (Gewicht  yx=  0,0016)  von  t  — 0,40  m  würde  p  =  0,064,  pt  =  0,016  zu  setzen  sein,  und  es 

ergäbe  sich  ein  Moment  im  Scheitel  von  M  =  — j- '- =  826  cra/kg  und  bei  einer  Wand- 

stärke  von  0,7  cm  würde  die  Beanspruchung  kd  =  — ^-„~  —  3992  kg/qcm.    Zu  dieser  Beanspruchung 

kann  bei  voller  Füllung,  aber  druck  fr  eiern  Scheitel,  wie  S.  892/893  gezeigt  wurde,  noch  ein  Moment 
=  615  kg/cm  und  eine  Beanspruchung  von  7528  kg/qcm  hinzukommen,  was  den  Bruch  des  Rohres  sicher 
herbeifuhren  müsste,  wenn  nicht  durch  die  Einbetonierung  (Taf.  L1X,  Fig.  10)  die  wagerechten  Gegen- 
drücke pi  so  verstärkt  wären,  dass  eine  Verlängerung  des  wagerechten  Durchmessers  nicht  oder  nicht 
in  erheblichem  Masse  eintreten  kann. 

Wegen  der  Beanspruchung  der  Rohrwandungen  bei  Auflagerung  der  Rohre  auf 
einzelnen  Pfeilern  siehe  S.  926  und  927. 

f)  Die  Beanspruchungen  durch  Wasserschläge  und  die  Vorrich- 
tungen zum  Schutze  der  Druckrohre  gegen  solche.  Die  in  einer  Druck- 
leitung von  der  Länge  L  in  m  und  dem  lichten  Querschnitt  F  in  qm  mit  der  Geschwin- 
digkeit y  in  m/sek.  in  Bewegung  befindliche  Wassersäule  hat  eine  Arbeitsfähigkeit  (leben- 

FLyv* 

dige  Kraft)  in  m/kg  von  A=  — 0— —  (59)  wobei  das  spezifische  Gewicht  y  =  1000  kg  zu 

setzen  ist.  Wenn  eine  solche  strömende  Wassersäule  durch  Schliessung  der  Regulierungs- 
organe der  Turbine  oder  eines  Schiebers  oder  einer  Drosselklappe  in  ihrer  Bewegung 
plötzlich  gehemmt  würde,  so  müsste  sich  die  Vernichtung  der  obigen  Arbeitsfähigkeit  in 
einer  Erhöhung  des  hydraulischen  Druckes  auf  die  Rohrwandungen  äussern.  Nach 
Formel  (24)  ist  die  hydraulische  Druckhöhe  bei  ungestörter  Bewegung  des  Wassers  am 
unteren  Ende  der  Leitung,  wenn  H  die  Höhe  (Gefalle)  der  ruhenden  Wassersäule  ist 

h^H  —  (h).  (60) 

Diese  Druckhöhe  muss  sich  also  infolge  der  Hemmung  der  Wassersäule  um  einen  Wert 
h0=der  Druckerhöhung  vergrössern. 

Nach  Wissen  des  Verfassers  war  A.  Budau  1905  der  erste,  welcher  dieses 
wichtige  Problem  in  einer  für  die  Praxis  des  Ingenieurs  brauchbaren 

Handbuch  der  Inc-Wiismseh.    HL  Teil.    18.  Bd.  57 


898  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Weise   behandelt   hat   und  die  nachfolgenden  Angaben   erfolgen  grösstenteils  auf 
Grund  der  Budauschen  Veröffentlichung18). 

Der  genannte  Autor  kommt  für  den  in  der  Praxis  tatsächlich  nicht  vorkommenden 
Fall  eines  plötzlichen  Schiasses  der  mit  strömendem  Wasser  versehenen  Leitung  zu 
folgendem  Ausdruck  für  die  Druckerhöhung 


h0  -  h,  -  \  -  -j/v  -r  ^7  -  b.-  (61) 


Hierin  bedeuten 

hg  die  Druckerhöhung  am  unteren  Ende  der  Leitung  in  m  Wassersäule, 
hs  den  Gesamtdruck  am  unteren  Ende  der  Leitung  in  m  Wassersäule, 
hi  den  Betriebsdruck  am  unteren  Ende  der  Leitung  in  m  Wassersäule  H— (h\ 
6  die  Wandstärke  des  Rohres  \  .    ,   ,.  . .  ,        ,  .  ,       T.  •  i_  -A 

D  den  Dm.  des  Rohres  '  m  beUeb,«*n'  aher  *leichen  Längeneinheiten, 

E  den  Elastizitätsmodul  des  Rohrmaterials  pro  qm.    Die  Zahlenangaben  in  Fussnote  8  S.  891 

sind  mit  IQ4  zu  multiplizieren, 
v  die  Geschwindigkeit  des  Wassers  in  m/sek. 
g  =  9,810  m  und  y  das  Gewicht  eines  cbm  Wassers  =  1000  kg. 

Budau  nimmt  an,  dass  die  Arbeitsfähigkeit  A  der  als  völlig  unelastisch  Torausgesetzten 
Wassersäule  dazu  aufgebraucht  wird,  um  die  Rohrwandungen  elastisch  auszudehnen  und  dass  sich  die 
elastische  Erweiterung  des  Rohres  bei  im  Längsprofil  gleichmässig  geneigter  Leitung  von  der 
Länge  L  durch  die  schraffierten  Flächen  der  Abb.  287  darstellen  lässt  In  der  Abb.  287  bedeuten  D 
den  normalen  1.  Dm.  der  Leitung,  Dt  den  Dm.  am  unteren  Ende,  welcher  der  elastischen  Erweiterung 

durch  den  normalen  Betriebsdruck  hx  entsprechen  würde,  und  Dt  den  Dm.  der 
elastischen  Erweiterung  am  unteren   Ende  entsprechend  dem  Gesamtdrucke  h*. 
'Mffflff&iffffflffffffffb   Ist  eine  Druckleitung  im  Längsprofile  geknickt,  so  mfisste  man  die  Untersuchung 
M        *  von  Knickpunkt  zu  Knickpunkt  vornehmen,  um  die  Voraussetzung  gleichmässiger 

linearer  Druckzunahme  auf  einer  Strecke  L  machen  zu  können.  Die  Formel  (61) 
"fVt"¥h  enthält  auffälligerweise  die  Länge  der  Rohrleitung  nicht.  Budan 
erklärt  das  als  ganz  einleuchtend,  da  jedem  Meter  Länge  der 
Energie  führenden  Wassersäule  ein  Meter  Energie  aufnehmender 
Rohrwandung  gegenüberstehe.  Bei  der  Annahme,  dass  der  Abschlnss  nicht  plötzlich,  sondern 
innerhalb  einer  bestimmten  Zeit  erfolgt,  behält,  wie  die  Formeln  64  bis  67  zeigen  werden,  die  Länge 
ihren  Einfluss. 

Beispiel:  In  einer  Rohrleitung  von  1800  mm  Dm.  ströme  Wasser  mit  einer  Geschwindigkeit 
v  =  2  m/sek.  Die  untersten  Rohre  aus  Stahlblech  haben  16  mm  Wandstärke;  die  Leitung  stehe  unter 
einer  Druckhöhe  von  90  m,  also  einem  Drucke  von  90000  kg/m*.  Wie  hoch  wird  der  Druck  bei  plötz- 
lichem Abschlüsse  sieigen? 

Es  ist  nach  Formel  (61) 

n*  -w  -t-»1800x   iooox9,8i  ' 

h,=  V225565  =  475  m; 
der  Druck  pro  Flächeneinheit  wird 

pi'  =  47,5  kg/qcm, 
und  die  Druckerhöhung 

(ho)  =  475  —  90  =  385  m. 

Die  Drucksteigerung  wird  also  bei  dem  angenommenen  —  praktisch  unmöglichen  —  plötzlichen 

Abschlüsse  nicht  ganz  40  Atm.,   also   mehr  als  das  vierfache   von   pi  betragen.    Dabei  würden  die 

untersten  Rohre  eine  Beanspruchung 

,  D    p       180      47,5       aonn  ,    ,     . 

^)  =  ¥•  *  =^xT6-=s2672  kg/cm 

erleiden,  was  allerdings  aber  die  Elastizitätsgrenze  gehen,  aber  noch  einige  Sicherheit  gegen  Brach  be- 
deuten wurde.    Die  normale  Beanspruchung  der  Rohrwandung  beträgt  dagegen  nur 

.         D    p  _  180     9       _  ,    .    m 

k,  =  I-i=X"l6  =  506kg/qcm- 

>•)  Professor  A.  Budau,  Wien,  Druckschwankungen  in  Turbinenzuleitungsrohren.  Zeitschr.  d. 
«stetT.  Ing.-  u.  Arch..Ver.  1905.  Nr.  29-81.  Vergl.  hierzu  auch:  Gomte  de  Sparre:  Des  effets  de 
resonance,  qui  peuvent  se  produire  pour  les  hautes  chutes  dans  les  coups  de  belier.  La  Houille  Blanche, 
Revue  Generale  des  Forces  Hydro-Electr.  1907.  S.  208  u.  ff. 


§  4.  Druckrohre.  899 

Würde  die  Blechwand  der  Rohre  nur  8  mm  stark  sein,  so  waren  dieselben  normal  mit 
<s>  1000  kg/qcm,  also  hoch  beanspracht.  Bei  einem  plötzlichen  Abschlösse  jedoch  würde  die  Druck- 
erhöhung weitaus  weniger  betragen  als  bei  starken  Wänden,  da  eben  die  schwächeren  Rohrwandungen 
sich  leichter  dehnen  können.    Es  berechnet  sich  für  <J  =  8  mm  der  Druck  pro  Flächeinheit: 

pi  =Vll68xl08 £2  841 000  kg/m' &3  34,1  kg/qcm, 

also  weniger  als  das  Vierfache  des  normalen  Betriebdrucks  pi  bei  90,0  m  Wassersäule  =  9,0  kg/qcm; 
ferner  wäre 

k\h.)  =  ^  X  ^-  -  8886  kg/cm«, 

also  lange  nicht  das  Doppelte  des  oben  gefundenen  Wertes  von  2672  kg/m*,  wie  bei  halb  so  starken 
Wandungen  zu  erwarten  gewesen  wäre. 

Das  berechnete  Beispiel  lässt  erkennen,  dass  bei  hohen  Gefällen  eine  absolute 
Sicherheit  bei  plötzlichem  Abschlüsse  nur  durch  übermässige  Verstärkung  der  Rohrwan- 
dungen zu  erzielen  sein  würde,  was  .die  Leitungen  ausserordentlich  verteuern  müsste. 
Tatsächlich  erfolgt  die  Schliessung  einer  Druckleitung  niemals  plötzlich,  wenngleich  mit 
Rücksicht  auf  die  Ansprüche  an  die  Gleichförmigkeit  des  Ganges  der  von  den  Turbinen 
anzutreibenden  elektrischen  Generatoren  die  Reglerorgane  der  modernen  Turbinen  so 
vervollkommnet  sind,  dass  eine  sehr  schnelle  Schliessung  (zwei  bis  sechs  Sekunden)  er- 
folgen kann.  Obwohl  die  Wasserschläge  selbst  bei  sehr  schneller  Schliessung  schon  erheb- 
lich kleiner  sind  als  sie  bei  plötzlicher  Schliessung  werden  müssten,  so  ist  es  wirt- 
schaftlich dennoch  geboten,  an  längeren  Rohrleitungen  Vorrichtungen 
2u  treffen,  welche  es  unmöglich  machen,  dass  auch  nur  angenähert 
so  starke  Wasserschläge  auftreten  können,  wie  sie  durch  plötzliches 
Schliessen  entstehen  müssten.  Weil  es  bisher  an  brauchbaren  Formeln  fehlte, 
um  die  betreffenden  Kräfte  mit  einiger  Sicherheit  berechnen  zu  können,  findet  man 
allerdings  auch  häufiger  solche  Sicherheitsvorrichtungen  bei  Anlagen,  bei  denen  die 
Festigkeit  der  Leitung  vollkommen  ohne  dieselben  ausreichend  sein  würde. 

Die  Schliessung  von  Drosselklappen  erfolgt  im  allgemeinen  erheblich  langsamer 
als  die  der  Reglerorgane  in  den  Turbinen  und  noch  sehr  viel  langsamer  werden  Schieber 
mit  Schraubenspindeln  geschlossen. 

Bei  Schliessung  einer  mit  strömendem  Druckwasser  gefüllten  Leitung  in  einer 
bestimmten  Schlusszeit  T  wird  die  bewegte  Wassersäule  auf  den  Abschlussapparat  einen 
Stoss  ausüben,  der  sich  in  der  Flüssigkeit  und  auf  die  Rohrwandungen  als  Druckerhöhung 
äussert  und  sich  infolge  der  sehr  kleinen  Zusammendrückbarkeit  des  Wassers  nach  rückwärts 
gegen  den  Einströmungsquerschnitt  mit  abnehmender  Stärke  fortpflanzen  muss  (Abb.  287). 
Da  sich  hierbei  die  Rohrwandungen  ausdehnen  und  wieder  zusammenziehen,  so  entstehen 
Schwingungen  und  infolgedessen  schwankende  Drücke.  Da  nun  der  Regulator  der  Turbine 
immer  dann  schliesst,  wenn  eine  Druckerhöhung  eintritt,  wodurch  der  Druck  noch  mehr  ge- 
steigert wird  und  sich  immer  dann  öffnet,  wenn  eine  Druckabnahme  in  der  Leitung  erfolgt, 
infolgedessen  diese  Druckabnahme  weiter  sinkt,  so  können  die  Schwingungen  des 
Wassers  und  der  Rohrwandungen  in  sehr  ungünstigen  Fällen  infolge 
Resonanz  der  Schwingungen  zu  sehr  hohen  Werten  anwachsen,  zu  deren 
genauer  Bestimmung  bis  heute  nach  Wissen  des  Verfassers  noch  die  empirischen  Anhalts- 
punkte fehlen.  Es  ist  daher  zu  empfehlen  bei  Festsetzung  der  Wandstärken,  auch  wenn 
die  Wasserschläge  mit  Hilfe  der  nachstehenden  Formeln  berücksichtigt  werden,  dennoch  die 
zulässigen  Beanspruchungen  nicht  höher  als  nach  den  Angaben  S.  890  u.  894  anzunehmen. 

Nach  dem  Gesetze  von  der  Massenbeschleunigung  (Antrieb)  ist 


/pdt  =  y"Mdv.  (62) 


57* 


900 


III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


Die  Masse  der  Wassersäule  ist  M  = 


L.F.y 

g 


Die  Stosskraft  p  hängt  von  der  Zeit  ab,  innerhalb  welcher  der  Abschlnss  erfolgt, 
sie  wächst  von  0  beim  Beginn  des  Abschlusses  bis  zu  einem  Höchstwert  an,  welcher 
wahrscheinlich  im  letzten  Moment  des  Abschlusses  erreicht  wird.  Budau  macht  für 
den  Verlauf  der  Druckerhöhungen  drei  Annahmen  (Abb.  288)  und  zwar  nach  Kurve  II 
die  Annahme  einer  linearen  und  nach  den  Kurven  I  und  III  einer  parabolischen 
Drucksteigerung.     Bei  der  linearen  Zunahme  nach  Kurve  II  würde  sich  verhalten: 

Stosskfaft  nach  Verlauf  der  Zeit  t  vom  Beginn  des  Abschlusses pu  _  t 

___T 


Stosskraft  am  Ende  des  Abschlusses 


Abb.  288. 


oder  pii  =  Pn.-ij. 


(62) 


t=T 


■-..« 


/p 
-tjt  .  t .  dt  =  Mv 

t  =  0 

und  integriert  T  =  -~ — 

,      D        2Mv      2LFy.v  /ßOX 

oder  Pn  =  -7jr-  = ^ — .  (63) 

Dividiert  man  die  letztere  Gleichung  durch  den  Querschnitt  F,  so  erhält  man  die 

Stosskraft  pro  Flächeneinheit.    Druckt  man  dieselbe  in  m  Wassersäule  aus,   d.  h.  setzt 
p 

y .  h0  =  -J?,  so  wird  der  Höchstwert  der  Druckerhöhung  bei  Beendigung  des  Abschlusses 

h0  =  LJ^I  (64) 


und  der  Gesamtdruck 


gT 


h,=  hi  + 


2Lv 
gT' 


(65) 


Bei  Annahme  einer  Drucksteigerung  nach  Kurve  III  ergibt  sich 

,        ,     ,   3 .  L .  v 

*■ =  l  +  ~7t~' 


(66) 


die  Druckerhöhung  würde  also  um  Ö00/o  grösser.    Nimmt  man  die  Abhängigkeit  der 
Stosskraft  P  von  t  nach  Kurve  I  als  Parabel  mit  dem  Scheitel  in  0'  an,  so  ergibt  sich 


bt  —  lH+g'-g-T"- 


(67) 


Budau  ist  der  Ansicht,  dass  die  Formel  (67)  die  zutreffendste  sein  wird.  Sie  wurde 
eine  Fortsetzung  als  Sinuslinie  entsprechend  den  Druckschwankungen  gestatten. 

Beispiel:  Eine  580,0  m  lange  Rohrleitung  von  1,800  m  Dm.,  in  welcher  das  Wasser  mit  der 
Geschwindigkeit  v  =  2  m  strömt,  werde  in  4  Sekunden  geschlossen;  das  Gefälle  betrage  90,0  m,  sodass 
die  untersten  Rohre  stets  unter  einem  Drucke  von  90  m  Wassersäule  stehen. 

Der  maximale  Druck  am  Ende  des  Abschlusses  ist  nach  (67) 

b*=90+TOT§T  =  90  +  44'8  =  184'8  * 

Die  Druckerhöhung  beträgt  sonach  44,3  m  Wassersäule,  d.  L  co  4'/t  Atm. 

Professor  A.  Rateau")  gelangt  nach  einer  analytischen  Behandlung,  in  der  jedoch  der  Emfluas 

ha      2  +  i 
der  Rohrerweiterung  auf  die  Druckerhöhung  nicht  berücksichtigt  wird,  su  dem  Ausdruck  jr^oITV 


1«)  Frofesseur  A.  Rateau,  Tratte*  des  Turbo-Machiiies,  Paris.  1900.  S.  245. 


§  4. 


Drugkbohbe. 


901 


L.v 


Abb.  289. 


wobei  n  =  -  '  ,  -  ist    Hiernach  ergäbe  sich  bei  dem  obigen  Beispiel  n  =  0,828  und 

entsprechend  einer  Druckerhöhung  von  85,0  m. 

M.  L.  Allievi18)  hat  die  Frage  des  hydraulischen  Stosses  in  Rohrleitungen  mit  Berücksichti- 
gung der  Elastizität  der  Rohrwände  und  auch  der  Zusammendrflckbarkeit  des  Wassers  behandelt  und 
kommt  zu  dem  Schlüsse,  dass  die  DruckerhGhung  nach  Kurve  IV  (Abb.  288)  sinusartig  verläuft 

Nach  Allievi  wurde  man  bei  dem  obigen  Beispiel  noch  innerhalb  der  Schlusszeit,  also  inner- 
halb 4  Sekunden,  einen  Maximalwert  der  Druckzunahme  bei  t  =  1,6  Sekunden  erhalten,  der  127,6  —  90 
=  87,6  m  beträgt,  hierauf  wurde  Druckabnahme  folgen,  sodass  bei  t  =  8  Sekunden  der  Druck  128,8  m 
betragen  wurde,  dann  bis  zum  Abschlüsse  Druckzunahme  auf  125  m. 

Budau  weist  noch  darauf  hin,  dass  behufs  Aufstellung  einer  empirischen  Formel 
sich  die  Kurve  der  maximalen  Druckerhöhungen  über  einen  gegebenen  Anfangsdruck  hj 
hinaus,  welche  am  Ende  einer  bestimmten  Leitung  bei  Abschluss  innerhalb  verschiedener 
bestimmter  Zeiten  mit  Berücksichtigung  des  Nachgebens  der  Rohrwandungen  auftreten 
können,  wahrscheinlich  durch  eine  gleichseitige  Hyperbel  darstellen  lasse.  Die 
maximale  Druckerhöhung  wird  mit  wachsender  Schlusszeit  kleiner  und  muss  zur  Zeitachse 
asymptotisch  verlaufen,  da  bei  einer  unendlich  langen  Schlusszeit  keine  Druckerhöhung 
stattfindet.  In  der  Abb.  289  sind  N1JT'  und  NB  die  Asymptoten. 
N  ist  der  Koordinatenmittelpunkt.  Die  X-Achse  halbiert  den 
rechten  Winkel  N'NB  und  die  Y-Achse  geht  durch  N  und  bildet 
mit  NN'  einen  Winkel  von  45°.  Bei  einer  gleichseitigen  Hyperbel 
stehen  bekanntlich  die  Asymptoten  rechtwinklig  aufeinander  und 
die  Mittelpunktgleichung  lautet:  x*  —  y*==as.  Wenn  man  die 
Druckerhöhung  bei  plötzlichem  Schluss,  also  für  T  =  0  nach 
Formel  (61)  berechnet  und  als  Länge  0  A  (Abb.  289)  auf  einer 
wagerechten  Linie  NB  aufträgt,  und  dann  ferner  eine  zweite  Druck- 
erhöhung (h,)  bei  einem  Abschluss  in  einer  beliebigen  Zeit  T2  an 
einer  Druckleitung  feststellen  kann,  so  Hesse  sich  danach  der 
Koordinatenmittelpunkt  N  finden  und  die  gleichseitige  Hyperbel  der  maximalen  Druck- 
erhöhungen für  die  betreffende  Leitung  als  Funktion  von  t  konstruieren. 

Es  wäre  sehr  wünschenswert,  wenn  Betriebsleiter  von  Wasser- 
kraftanlagen, denen  die  Möglichkeit  der  Feststellung  von  Drucker- 
höhungen bei  verschiedenen  Schlusszeiten  gegeben  ist,  die  Kosten  und 
Arbeit  aufwenden  würden,  um  die  Richtigkeit  der  Budauschen  An- 
nahmen und  Rechnungen  zu  bestätigen.  Jedenfalls  sollten  am  unteren 
Ende  von  Druckleitungen  jedesmal  Vorrichtungen  angebracht  werden, 
um  Druckmesser  (möglichst  selbstschreibende)  aufsetzen  zu  können. 
Die  Kosten  sind  im  Verhältnis  zu  den  Gesamtkosten  unbedeutend.  Die 
genaue  Kenntnis  der  Druckverhältnisse  in  der  Druckleitung  wird  aber 
oft  zu  Verbesserungen  in  der  Anlage  und  im  Betriebe  führen16). 

Für  die  Druckerhöhung  durch  Schliessung  eines  Schiebers,  welche  stets  verhält- 
nismässig langsam  (in  mehreren  Minuten)  vor  sich  geht,  hat  Forchheimer17)  folgenden 

Ausdruck  ermittelt :    h0  =  0,4  V^~  •  ^  —  •  (68) 

i&)  M.  L.  Allievi,  Revue  de  Mäcanique.  Janaar-  und  März-Nummer.  1904. 

16)  Bei  verschiedenen  Werken  sind  solche  Druckmesser  angebracht,  so  z.  B.  auf  dem  Druckrohr 
der  Anlage  Livet  (S.  528). 

17)  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1893.  S.  216. 

Toukowski,  Über  den  hydraulischen  Stoss  in  den  Wasserleitungsrohren.  St.  Petersburg 
1900.  Voss  Sortiment  Leipzig. 


L.....T — -J 


902 


III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


Tabelle  III. 

Übersicht  Aber  die  Wandstärken,  die  Art  der  Verlegung  yon  Druckrohrleitungen,  die  Entfernung  der  Stfltz- 


3 


I 
J 


Bezeichnung 

der 

Anlage 


Anzahl  der 
Druckleitungen  und 

a)  Innerer  Dm.  in  m 

b)  Wandstärken  in  mm 


Länge 

der 
Druck- 
leitung 

'    in  m 

(ungefähr) 


Druck- 

hohe  am 

Ende  der 

Leitung 

in  m 

säule 


Geschwindig- 
keit des 
Wassers  in 
der  Druck- 
leitung 
in  m/sek. 


a)  Art  der  Verlegung 
der  Druckleitung  und 

b)  bei  offener  Ver- 
legung die  Entfernung 
der  Stutspfeiler  von 
Mitte  su  Mitte  in  m 


2 


3 


6 


1. 


Vizsola, 

Tai  II,  Fig.  2 

u.  S.  849 

Bergamasea, 

Tftf.  IX,  Fig.  6 

u.  8.  865 


8. 


4. 


5. 


6. 


Fungh 

Taf  .  XT Rg-  8 
u.  8.  868 


10  Druckleitungen 
a)  2,0  m 


1  Druckleitung  mit 

a)  2,5  m 
1  Druckleitung  mit 

a)  1,8  m 

2  Druckleitungen  mit 
a)  1,5  m 


Ala  Ceres, 

Taf.  XI  u. 

8.  871 


Noralesaa.d. 


Tal  XII, 

Fig.  1  u.  5 

u.  a  875 


1  Druckleitung  für 
der  drei  hintereinander  ge- 
schalteten Krafthäuser 

a)  1,10  m 

2  Druckleitungen  für  jedes 
der  zwei  übereinander 
liegenden  Krafthäuser 

a)  0,72  m 


7. 


8. 


9. 


Morbegno, 

Tal  XVÖ, 

Fig.  8—6  u. 

8.892 

La  Goule, 

TalXVmu. 

8.  888 


2  Druckleitungen 
a)  2,50  m 


1  Druckleitung 
a)  2,25  m 


Les  Clees, 
Tal  XIX  u. 
8.408  u.  405 


Kubelwerk, 

Taf.  XXL 

Fig.  1  u.  2 

u.  8.  411  u. 

416 


1  Druckleitung 
a)  1,2  m 


1  Druckleitung 

a)  1,6  m 

b)  oben  5,5  mm,  unten 

14,5  mm 


etwa  46,0 


etwa 
50,0 
etwa 
65,0 

etwa 
100,0 


etwa  200 
bis  250 


1060 


68,0 


90,0 


etwa  80,0 


294 


28,0  bis 
25,0 


27,5  bis 
24,0 


68,0 


100  bis 
95,0 


444,70 
für  das 
untere, 

414,18 
für  das 

obere 
Krafthaus 

80  bis  28,0 


,0bis 
24,0 


47,0 


92  bis  87 


2,27  bis  2,55 


2,04 
1*81 


1,42 


1,55 


Ml 


2,85 


normal  2,14 
4,0 


2,66  bis  8,54 


2,28 


a)  offen  auf  guss- 
eisernen Lagerschalen 

b)  7,725 

a)  offen  auf  gusseiser- 
nen Lagerschalen 

b)  etwa  6,0  bis  8,0 


a)  offen  in 
Betongewolbe 
b)? 


bedeckt 


bedeckt 


a)  offen  in 

Lagerschalei 


a)  auf  derhalbenLlage 

offen,  auf  dersweiton 

Hälfte  bedeckt 

b)  etwa  6,0  m 


a)  auf  einem  Tefl  der 

Länge  äffen,  auf  dem 

Rest  bedeckt 


a)  o  ff  e  n  auf  gusseiser- 
nen Lagerschalen     ! 

b)  oben  7,454,  unten 

5,51  bis  5,94         I 


Tabelle  III. 
pfeiler  bei  offener  Verlegung  und  die  Art  der  Sicherheits vorfiel itungen  gegen  Wssserschlage  bei  21  Anlagen. 


Art,  Grosse  und  Um- 
drehungszahl der  Turbinen 
(die  Tafelangaben  beliehen 
sich  auf  die  Darstellung 

Art  der  Sicherheitsvorrichtungen  gegen  Wasserschlage 

Wind- 

Standrohre 

heite- 

Sjnchreüe 
Neben- 

liil 

kl 

»3bS 

os.ji 

Liegende  Piccard.  &  Pictet 
Turbinen    (System 

Schwamkrug)  von  1600  PS. 
mit  500  Uml./Miu. 


Stehende  konische  Qe- 
hftusetnrbraen  von  500 PS, 
u.  200  Uml./Min.  von  660 
PS,  u.  S75  UraL/Min.  o. 
eine  liegende  Franeis-Ge- 
haoseturbiiie  von  1500  PS. 
u.  350  DmL/Hin. 

Liegende  Piccard  *  Pictet 
GehÄusetnrbinen  mit  Spalt- 
schieber (Tai.  LXXII,  Fig. 
1  u.  2)  von  800  PS.  mit 
480  Uml./Min. 

Liegende  Pel  tun  -Turbinen 
von  500  PS.  mit  375  Uml  / 
Min.  u.  deagl.  von  1000 
PS.  mit  300  Uml.  Min. 
(Taf.  LXXVI,  Fig.  4  u.  6) 


Drackrohr  mundet  oben 
in  den  Stauweiber.   An 

der  Mündung  dichter 
Verschluss  und  deshalb 
Luftrohr  an  der  Luft 

eeito  der  Sperrmauer 


- 

- 

fax 

den 
Rlin- 
ken- 
regler 

~ 

904 


III.    Theodor  Kokhn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


Fortsetzung  der  Tabelle  III. 


Anzahl  der 
Druckleitungen  und 

a)  Innerer  Dm.  in  m 

b)  Wandstärken  in  mm 


Länge 

der 
Druck- 
leitung 
in  m 
(ungefähr) 


Druck- 
hohe am 
Ende  der 
Leitung 

in  m 
Wasser- 
säule 


Geschwindig- 
keit des 
Wassers  in 
der  Druck- 
leitung 
in  m/sek. 


a)  Art  der  Verlegung 
der  Druckleitung  und 

b)  bei  offener  Ver- 
legung die  Entfernung 
der  Stützpfeiler  ron 
Ifitte  zu  Mitte  in  m 


6 


10. 


11. 


12. 


18. 


14. 


15. 


Kanderwerk, 

Taf.  XXVI, 

Fig.  5-8  u. 

S.  438  u.  439 


St.  Maurice- 
Lausanne, 
Taf.  XXVIII, 
Fig.  5,  S.  456 
u.  Taf.  XXIX, 
Fig.  9  u.  12 

La  Dernier- 
Vallorbe, 

Taf.  XXXI, 
Fig.  1  u 

Taf.  XXX, 

Fig.  9  u. 

S.  464 


Lac  Tanay- 

Vouvry, 

8.  471 


Hafslund, 
Taf.  XXXIII, 
Fig.  6  ii.  S.  483 


Kykkelsrud, 

Taf.  XXXIV, 

Fig.  2,  7  u.  8 

u.  S.  488 


2  Druckleitungen 
a)  1.6  m 


1  Druckleitung  (projektiert 
sind   noch   2  weitere  Lei- 
tungen) a)  2,7  m,  b)  oben 
7  mm,  unten  10  mm 


1  Druckleitung  (projek- 
tiert sind  noch  2  weitere 
Leitungen),  a)  1,2  m  oben 
und  1,0  m  unten,  b)  auf 
den  obersten  134  m  mit 
1,2  m  Dm.  8  mm  folgen 
144,0  m  mit  1,2  m  Dm. 
und  12  mm,  219,0  m  mit 
1,1  m  Dm.  und  14,  16  und 
18  mm  —  der  Rest  mit 
1,0  m  Dm.,  18,  19  und 
20  mm 

1  Druckleitung  a)  mit  0,5  m 
auf  den  obersten  635,0  m, 
dann    Teilung    in    zwei 
Rohre,   deren  I.  Dm.  von 
0,325  bis  auf  0,305  m  ab- 
nehmen 
b)     der    unteren    Doppel- 
leitung von  8  bis  18  mm,  des 
oberen  Leitungsstuckes  7 
bis  11,5  mm 

1  Druckleitung  a)   1,6  m. 
4  Druckleitungen 

a)  8,0  m  (vorgesehen  noch 

2  weitere   Leitungen   mit 

3,0  m  Dm.) 


1  Druckleitung  a)  1,25  m 

2  Druckleitungen 

a)  2,50  m  (vorgesehen  sind 

noch  1  kleines  Rohr  und 

10  grosse  Rohre) 


rd.  775 


65  bis  61    1,5  bis  2,24 


rd.  470 


620,0 


36,10  bis 
34,69 


234,0 


bedeckt 


2,78 


2,56 


1935 


ver- 
schiedene 
Längen 
zwischen 
ca.  45,0  u. 

110 

ca.  32,0 


920,0 


18  bis  16,5 


18.25  bis 
16,0 


in  dem  oberen 
Leitungs- 
stack 1,76 

in  dem 
unteren  2,46 


a)  offen  in  w 
eisernen  Lagerschalen 
b)3,0 


a)  offen 

b)  siehe  Abb.  306, 

S.  925 


bedeckt 


im  kleinen 
Rohr  1,5, 

im  grossen 
Rohr  3,3 


2,68  bis  13,07 


froher  offen,  später 

mit  einem  Beton- 
gewdlbe    Oberdeckt 


bedeckt  (ganz  in 
Beton  eingehüllt) 


§  4. 


Drückrohre. 


906 


Fortsetzung  der  Tabelle  HL 


Art,  Grösse  und  Um- 
drehungszahl der  Turbinen 
(die  Tafelangaben  beziehen 
sich  auf  die  Darstellung 
der  Turbinen) 


Art  der  Sicherheit« Vorrichtungen  gegen  Wasserschlage 


Wind- 
kessel 


Standrohre 


Sicher- 
heits- 
ventile 


Synchrone 
zwangs- 
läufige 
Heben- 
anslleae 


2  — 


c 

•  sSS 

öS  ■* 

1     X 


8 


9 


10 


1 


11 


12 


13 


14 


15 


Teilweise  beaufschlagte 

Girard-Turbinen  von  je 

900  PS«  iL  800  UmL/Min. 

mit  Spaltschieber 


Liegende  Francisreaktions- 

turbinen  von    1000  PSe 

mit  800  Üml./Mio. 


Liegende  Pelton-Turbinen 

von    1000   PS«   mit   875 

UmL/Min.  (Taf.  LXXVI, 

Fig.  4-6) 


LiegendePelton-Räder  von 

500  PS«  mit  1000  Uml./ 

Min.  (Taf.  LXXVI, 

Fig.  7-12) 


6  stehende  Jonval- Tur- 
binen von  1400  PS«  mit 
143  UmL/Min.,  4  stehende 
Francis  -  Gehauseturbinen 
von  2050  PS«  mit  150 
UmL/Min. 

1  stehende  Erregerturbine 
von  280  PS«  u.  325  Uml./ 
Min.,  (Taf.LXVII,  Fig.  1), 
4  desgl.  Francis-Turbinen 
von  3000  PS«  mit  150 
UmL/Min.  (Taf.  LXV,  Fig. 
1—2).  Yorges.  Verdoppe- 
lung dieser  Anlage  u.  Er- 
weiterung durch  8  Tur- 
binen von  je  5000  PS« 


Wie  ad  1,  ausserdem 
befindet  sich  an  der 
Stelle,  wo  das  flach 
geneigte  obere  Ende 
(400  m  lang)  der  Druck- 
leitung in  das  steilere 
untere  Ende  übergeht, 
ein  Standrohr  von  ca. 
7,0  m  Dm. 

Wie  ad  1.  Ferner  3  Stand- 
rohre von  je  0,5  m  1 
Dm.  auf  den  untersten 
800  m  der  Druckleitung 


Die  Ausmündung  ist  in 

der  Druckkammer  dicht 

verschliessbar.  daher 

Luftrohr  unmittelbar 

unterhalb    der   Aus- 

mündung  aus  der 

Druckkammer 


wie  ad  1 


Da  jedesDruckrohr  oben 
in    der    Druckkammer 

dicht  abgeschlossen 
werden  kann,   ist   un- 
mittelbar hinter  der  Aus- 
mündung ein  Lüftungs- 
rohr aufgesetzt 


nach 
Abb.  298 
S.  912  in 

jedem 
Turbinen- 
rohr 


mit 
jeder 
gross. 
Tur- 
bine 
ver- 
bun- 
den 


für 
jede 
Tur- 
bine 


an 
jeder 
Tut. 
bine 


906 


IIL    Theodor  Eoehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzedheiten. 


Fortsetzung  der  Tabelle  IIL 


9 
0 

«2 

ö 


Bezeichnung 

der 

AnUge 


Anzahl  der 
Druckleitungen 

a)  Innerer  Dm.  in  m 

b)  Wandstarken  in  mm 


Länge 

Druck- 
höhe am 

der 
Druck- 
leitung 

Ende  der 

Leitung 

in  m 

in  m 

(ungefähr) 

Wasser- 
säule 

Geschwindig- 
keit des 
Wassers  in 
der  Druck- 
leitung 
in  m/sek. 


6 


a)  Art  der  Verlegung 
der  Druckleitung  und  i 

b)  bei  offener  Ver-    j 
legung  die  Entfernung 

der  Stützpfeiler  von 
Mitte  zn  Mitte  in  m 


16. 


17. 


18. 


19. 


20. 


21. 


Jajce, 
Taf.  XXXVI, 

S.  1-4, 
LVIII, 
Fig.  7  n. 
S.  495 

Ayignonnet, 

8.  503  n. 

Abb.  106, 

8.  505, 

Taf.  XXXVII, 

Fig.  9 


Livet 
Taf.  XLI, 
iff.  8 


Champ  (Füre 
et  Morge), 
Taf.  XLII, 

Fig.  11, 

Tal  XLÜI, 

Fig.  2  u.  8  u. 

8.  588 

Ontario 

Power  Co., 

8.  543 


Urfttalsperre, 
Taf.  XLVni, 
4  n.  10 
n.  S.  592 


2  Druckleitungen 

a)  1,6  m 
b)  6  bis  12  mm 


7  Druckleitungen 
a)  2,2  m  Dm. 


1  Druckleitung  als  lot- 
rechter 8tollea  a)  8J0  m, 
an  den  sich  ein  fast  wage- 
rechtes eisernes  Rohr 
a)  2,5,  m  anschliesst 
b)  5  bis  15  mm 


1  Druckleitung  a)  8,3  m, 
hiervon  2200  m  ans  armier- 
tem Beton  (Taf.  LVIII, 
Fig.lu.2u.Tsf.LX,Fig.l 
bis  9)  und  2500  m  in  Stahl 
b)  7  bis  10  mm 


1  Druckleitung  (projektiert 
sind  noch  2  weitere  Lei- 
tungen) 
a)  5,50  m 


2  Druckleitungen 
a)  1,5  m  Dm. 


236,0 

78.0  bis 
74,5 

28  bis  30,0 

28  bis  18 

— 

64  bis  60,0 

4700 

85  bis  25,0 

1850 

53,4 

120 

110  bis  70 

3,0 


2,0 


weise  5,1  im 

Stollen  durch 

schnittlich 

2,2  in  der 


Leitung 
1,98  bis  3,22 


5,0 


1,72  bis  8,24 


a)  offen  auf  gnss- 

eisernen  Schalen 

(Taf.  LIX,  Fig.  16) 

b)  am  Stoss  3,5,  sonst 

4,80 


a)  offen 
b)  10,0  bis  12,0 


I 


bedeckt 


bedeckt 


bedeckt  und 
Betonbett  ganz 
gehüllt 


bedeckt 


Hierin  bedeuten  H  den  Ruhedruck  in  m  Wassersäule,  r  den  lichten  Halb- 
messer der  Rohrleitung  in  m  aufwärts  des  Schiebers,  R  den  Halbmesser  des  dichtenden 
Schieberkeilrandes  in  m,  L  die  Länge  des  Stranges,  in  dem  das  Wasser  vor  Schlussdes 
Schiebers  in  Bewegung  war,  in  m.,  T  die  Schliesszeit  des  Schiebers  in  Sekunden,  nämlich 
die  Zeit,  in  welcher  der  Schieberkeil  den  Weg  2  r  zurücklegt 

Hat  der  Schieber  den  lichten  Querschnitt  F  qm  und  folgen  auf  ihn  stromaufwärts 
Leitungen  mit  den  Längen  L19  L*  .  .  .  .  und  den  grösseren  Querschnitten  Ft,  Ft  .  .,  so 
gilt  für  den  Rückschlag 


,§  4.  Druckrohre. 

Fortsetzung  der  Tabelle  III. 


|  Art  der  Sieherheitsvorrichtiingen  gegen  Wuserochlage 


m 


'•=°'4i/g^-!?(L'i+L'^+ )     <69> 

Von  den  Mitteln,  welche  in  der  Praxis  angewendet  werden,  um  die  Wasserschläge 
unschädlich  zn  machen,  sind  zu  nennen: 

1.  Windkessel.  4.   SynclironeNebenauslässe,  weiche  Zwangs - 

2.  Standrohre.  läufig   gleichzeitig   mit  den   Abuchluss- 

3.  Sicherheitsventile.  Organen  der  Turbinen  bewegt  werden, 


906 


HL    Theodor  Koehh.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


bestimmten    Zeit   geschlossen    werden, 
um  Wasservergeudung  zu  vermeiden. 

6.  Verlangsamung  des  Schlussvorganges 
gegen  das  Ende  der  Schlussbewegung 
hin. 

7.  Bei  Freistrahl-Hochdruckturbinen  die 
Verwendung  von  mehreren  Freistrahl- 
düsen pro  Laufrad,  von  denen  eine 
überhaupt  nicht  geschlossen  wird. 


Abb.,  290. 


um  dem  Wasser,  welches  durch  den  Ab- 
schliissdes  Turbinenleitrades  der  Francis- 
Turbine  oder  der  Düsen  bei  den  Schwam- 
krug-  und  Freistrahlturbinen  zurückge- 
halten werden  könnte,   einen  Ausweg 
in  das  Unterwasser  zu  gestatten. 
5.  Synchrone  freiläufige  Nebenauslässe  mit 
Kataraktkolben,  welche  wie  diejenigen 
ad  4  wirken,  aber  selbsttätig  nach  einer 
Tabelle  DI  gibt  einen  Überblick  über  die  bei  21  von  den  im  Kap.  II  beschriebenen 
Anlagen  verwendeten  einschlägigen  Sicherheitsvorrichtungen. 

1.  Windkessel.  Bewegt  sich  durch  den  linken  Schenkel  eines  U förmigen  Rohres 
(Abb.  290)  eine  Wassermenge  mit  der  Geschwindigkeit  v  und  fliesst  durch  den  Hahn  J  ab,  so 
wird  eine  Drucksteigerung  stattfinden,  wenn  man  den  Hahn  plötzlich  schliesst.  Durch 
diese  Drucksteigerung  wird  ein  Zusammendrücken  des  im  rechten  geschlossenen  Bohr- 
schenkel befindlichen  Luftvolumens  eintreten  und  die  im  Strom  gehinderte  Flüssigkeit 
wird  in  Schwankungen  geraten.  Schliesst  man  den  Hahn  J  nur  teilweise,  so  wird  eben- 
falls ein  Schwankungsimpuls  gegeben.  Die  Schwankungen  werden  zwar 
kleiner  sein  als  beim  plötzlichen  vollen  Abschluss  des  Hahnes,  sie  werden 
aber  so  lange  dauern,  bis  die  Stösse  der  Flüssigkeitsteilchen  gegeneinan- 
der und  namentlich  gegen  die  frisch  in  den  linken  Rohr- 
schenkel eintretenden  Teilchen,  sowie  die  Reibung  des  Wassers 
an  den  Rohrwänden  den  entsprechenden  Energiebetrag  aufgebraucht 
haben.  Man  kann  diese  Schwankungen  steigern,  wenn  man  jedesmal, 
wenn  das  Wasser  im  rechten  Schenkel  ansteigt,  den  Hahn  J  um  einen 
bestimmten  Betrag  schliesst  und  dann  wieder  öffnet  Bei  einer  mit 
Windkessel  K  und  Regulator  versehenen  Hochdruckturbine  (Abb.  291) 

Abb.  291.  würden  an  Stelle  des  Hahnes  J  die  Reglerorgane  der 

_  Turbine  treten.    Die  Schwankungen  der  Wasser- 

säule werden  um  so  rascher  abnehmen,  je 
mehr  Wasser  durch  die  Rohrleitung  strömt, 
da  das  frisch  in  die  Leitung  eintretende 
Wasser  durch  seine  Trägheit  den  Schwingungen 
in  der  Wassersäule  Widerstand  entgegensetzt 
und  so  zur  Dämpfung  der  Letzteren  beiträgt.  So  erklärt  es  sich,  dass  man 
einen  infolge  der  in  der  Leitung  stattfindenden  Schwingungen  unruhig  gewordenen  Regu- 
lator zur  Ruhe  bringen  kann,  indem  man  durch  Ziehen  eines  Leerschusses  dem  Wasser 
in  der  Rohrleitung  grössere  Geschwindigkeit  gibt.  Der  Umstand,  dass  die  Windkessel 
zur  Vergrösserung  der  Schwingungen  im  Druckrohr  direkt  beitragen,  hat  dazn 
geführt,  dass  man  neuerdings  bei  Wasserkraftanlagen  anderen  Mitteln,  die  Wasser- 
schläge unschädlich  zu  machen,  den  Vorzug  gibt.  In  der  Tabelle  HI  sind  Hinweise 
durch  Angabe  der  Tafelfiguren  und  Seitenzahlen  auf  die  mit  Windkesseln  ausgerüsteten 
Anlagen  gegeben. 

2.  Standrohre.  Bei  raschem  Abschluss  wird  der  grösste  Teil  der  lebendigen 
Kraft  des  in  der  Rohrleitung  strömenden  Wassers  dazu  verwendet  werden,  dem  Wasser 
im  Standrohre  Geschwindigkeit  zu  erteilen.  Es  ist  nun  aber  eine  ziemlich  grosse  Energie- 
menge dazu  nötig,  der  ruhenden  Wassermasse  im  Standrohr  Bewegung  zu  verleihen  und 
letztere  kann  auf  keinen  Fall  plötzlich  von  der  Ruhe  auf  eine  bestimmte  Geschwindigkeit 


§  4.  Drückrohre.  909 

gebracht  werden.  Es  müssen  deshalb  auch  bei  Verwendung  von  Standrohren  am  unteren  Ende 
der  Leitung  bei  schneller  Schliessung  der  Rohrleitung  erhebliche  Druckerhöhungen  auf- 
treten, welche  eine  Rohrausweitung  während  eines  kurzen  Zeitraum*  nach  dem  Stosse 
zur  Folge  haben  werden.  Da  aber  beim  Zusammenziehen  der  Rohre  diese  Energie« 
menge  zum  grössten  Teil  wieder  an  die  Wassersäule  abgegeben  wird,  so  kann  man 
annehmen,  dass  die  kinetische  Energie  der  in  der  Druckleitung  fliessenden  Wassermenge 

L .  F  .  y .  v2 
=  — : — -k1 —  durch  die  Arbeit  verbraucht  wird ,    welche  Abb.  292. 

g  * 

dazu  nötig  ist,  um  die  ruhende  Wassersaule  im  Standrohr 

(Abb.  292)  yon  der  Höhe  \  =  (h  —  ^  —  i  C^*-)    nach ^      . 

Gleichung  (24)  auf  die  Höhe  hx  +  (h)  —  hier  ist  (h)  in  der 
Bedeutimg  zu  nehmen,  welche  sich  aus  Abb.  292  ergibt  — 
zu  heben.  Bezeichnen  jx  die  Höhe  des  Schwerpunktes  der 
ruhenden  Wassersäule  im  Standrohr  über  der  Druckrohr- 
leitung, ferner  yt  die  Höhe  des  Schwerpunktes,  wenn  die  Wassersäule  ihren  höchsten 
Stand  erreicht  hat,  also  j2  —  yt  die  Hebung  des  Schwerpunktes,  so  kann,  wenn  der  Quer- 
schnitt des  Standrohres  gleich  dem  Querschnitt  der  Druckleitung  ist, 

yJDH  +(h)].F.y-ylh1F.y  =  ^!^  (70) 

gesetzt  werden.     Da  jt  =  -^  und  yt  =       ^  —  ist,  so  folgt 

oder  2(h).h1+(h)«»=— . 
Durch  Auflösung  der  quadratischen  Gleichung  ergibt  sich 

(h)=]/vT^s_hl.  (7i) 

Wenn  der  Querschnitt  des  Standrohres  nicht  geich  F,  sondern  gleich  Fj  ist,  wird 

(h)  =  "|/v  +  ^-V  (71a) 

Der  sich  aus  den  Gleichungen  (71  u.  71a)  ergebende  Wert  für  (h)  wird  stets  grösser 
sein,  als  die  tatsächlich  auftretende  Erhöhung  des  Wasserspiegels  im  Standrohr,  da  ein  Teil 
der  kinetischen  Energie  durch  Wirbelbildung  und  durch  Überführung  in  Wärme  aufgezehrt 
wird.  Wenn  die  Höhe  des  Standrohres  kleiner  ist  als  fi  [ht  +  (h)],  worin  pi  einen  Zahlen- 
wert <1  darstellt,  für  den  bis  heute  empirische  Zahlenwerte  noch  fehlen,  so  wird  ein 
Teil  Q'  des  Wassers  überfliessen  und  die  Schwingungsenergie  der  ganzen  Wassermasse 

Q' 
im  Verhältnis  tt^-fü  verkleinert,  wobei  Q  die  bewegte  Wassermenge  der  ganzen  Rohr- 
leitung von  oben  bis  zum  Standrohr  bedeutet.    Für  die  annäherungsweise  Berechnung 
der  Zeit,  in  welcher  die  maximale  Druckerhöhung  (h)  erreicht  sein  wird,  macht  Budau 
noch  folgende  Angaben  für  den  Fall  gleichen  Querschnitts  von  Standrohr  und  Leitung: 

Stowt  die  bewegte  Waasermasae  der  Druckleitung  M'  gegen  die  ruhende  des  Standrohres  M", 
so  mufls  —  da  das  Wasser  als  unzusammendruckbar  vorausgesetzt  ist  —  eine  Deformation  der  Rohre 

M'y* 

eintreten,  welche  die  Energiemenge  — = —  in  sieh  aufnimmt;  während  diese  Ausweitung  der  Rohre  er- 
folgt, beginnt  schon  die  Bewegung  der  Masse  M",  und  wenn  die  Ausweitung  nach  einem  sehr  kurzen 


910         HL    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Zeitraum  ihren  Höchstwert  erreicht,  bewegen  sich  die  beiden  Wassernüssen  mit  gemeinsamer  Ge» 
schwindigkeit  v„   die  sich  nach  der  Lehre  von  dem  Stosse  unelastischer  Körper  ans  der  Gleichung 

M'v 

Vi  =  w<  i  ij//  berechnen  lasst    Diese  Geschwindigkeit  hat  die  Wassermasse  in  der  Rohrleitung  und 

im  Standrohr  nach  dem  Stosse.  Nun  hebt  sich  aber  die  Wassersäule  im  Standrohr;  dadurch  entsteht 
eine  Gegenkraft,  welche  die  Bewegung  verzögert.  Dabei  ziehen  sich  die  Rohre  allmählich  wieder  zu- 
sammen und  geben  die  zuvor  aufgenommene  Energie  wieder  an  die  Wassermasse  ab.  Schliesslich, 
wenn  die  Bewegung  des  Wassers  ihr  Ende  erreicht  hat,  wird  auch  der  vorberechnete  Höchstwert  de» 
Aufstieges  (h)  erreicht  sein. 

Für   die   hier   in   Betracht  kommende   Bewegung  gilt   die   aus  der  Dynamik  wohlbekannte 

d's 
Differentialgleichung  -r-y  =*  —  q,  worin  —  q  die  Verzögerung  der  in  der  Rohrleitung  strömenden  Wasser- 
masse ist.    Die  gegenwirkende  Kraft  ist  das  Gewicht  des  sich  Ober  das  Anfangsniveau  erhebenden 
Wasserkörpers  im  8tandrohre.    Diese  Gegenkraft  ist  der  Erhebung  direkt  proportional,  kann  also  durch 
k  =  Eonst.  X  s  ausgedrückt  werden.    Für  s  =  (h)  ist  k  =  F  (h)  y,  daher  Konst  —  Fy  und  k  =  Fy  s. 

Die  Beschleunigung  ist  gegeben  durch  den  Quotienten  aus  Kraft  und  Masse,  demnach 

g_      *>« Fya ag 

H       M'  +  M"  "FyL      Fyh^L+h/ 

*  g 

Danach  nimmt  obige  Differentialgleichung  die  Form  an: 

dt»  ^L  +  hi      ü# 
Die   letztere   Gleichung    ist    die    Differentialgleichung   der   Sinusschwingungen.     Setzt    man 

V . --£-r-  =  «t  so  lautet  das  allgemeine  Integral  derselben 

s  =  A  coso  t  -|-  B  sina  t, 
wobei  A  =  (h)  sin/9  und  B  =  (h)  cos0  ist  und  ß  die  Phase  der  Schwingung  andeutet 

Da  in  dem  betrachteten   Falle   die  Phasenverschiebung  verschwindet,  indem   die   Zeit  von 
Passieren  der  Mittellage  an  gezählt  wird,  so  ist  1  =  0,  A  =  0  und  B  =  (h),  daher 

für  s  =  (h)  wird  t  =  T,  somit  ist 


1==ßinVir+V 

und 


Vi 


g      .T  =  arc.sinl  =  -£ 


L  +  h,  — ~~*        2 

also  schliesslich 


l-f- 


+  h. 


(72) 


2   '      8 
Daraus  ergibt  sich,   dass  der  Höchstwert  der  berechenbaren  Druckerhöhung  am  Ende   der 

Leitung  um  so  später  eintreten  wird,  je  länger  die  Leitung  und  je  höher  das  Standrohr  (Anmerkung: 
Höhe  der  vorhandenen  Wassersäule  im  Standrohr)  ist.  Aber  es  möge  nochmals  betont  werden,  dass  in- 
folge der  ZusammendrÜckbarkeit  des  Wassers  und  der  dadurch  bedingten  Fortpflanzungsgeschwindigkeit 
des  Druckes  in  dem  Wasser  erhebliche  Abweichungen  von  den  oben  gefundenen  Rechnungsresoltaten 
namentlich  dann  zu  gewärtigen  sind,  wenn  die  Leitung  sehr  lang  ist. 

Beim  Zurücksinken  des  Wassers  im  Standrohr  wird  die  Wassermasse  eine  der 
zuvor  gehabten  Geschwindigkeit  entgegengesetzte  annehmen,  welche  im  Augenblicke,  wo 
das  ursprüngliche  Niveau  ht  erreicht  wird,  ihren  Grösstwert  hat,  dann  aber  wieder 
abnehmen  wird. 

Aus  Gleichung  (71a)  ergibt  sich,  dass  die  Druckerhöhung  grösser  werden  muss, 
wenn  der  Querschnitt  des  Standrohres  kleiner  ist  als  derjenige  der  Rohrleitung. 

Die  Geschwindigkeit  des  Wassers  im  Standrohr  beim  Aufsteigen  und  Niedersinken 
wird  ferner  bei  gegebener  Druckhöhe  ht  um  so  kleiner  sein,  je  grösser  der  Querschnitt 


§  4.  Druckrohre.  Sil 

des  Standrohres  ist,  um  so  grösser  also  die  ans  der  Buhe  durch  den  Stoss  in  Bewegung 
zu  setzende  Wassermasse  wird.  Es  wird  die  Amplitude  der  Niveauschwanknngen  der 
Wassersäule  bei  gegebenen  hl(  F,  v  und  L  mit  wachsendem  Querschnitt  des  Standrohres 
abnehmen,  ebenso  die  Dauer  der  durch  einen  Wasserschlag  verursachten  Schwingungen 
abnehmen,  weit  die  dämpfenden  Wirkungen  der  Wassersäule  im  Standrohr  auf  die  Schwin- 
gungen in  der  Hauptleitung  zunehmen,  wie  sich       _      _.  .     _ „ 

>  i_-  ¥s.-i_i  i  •  j  i.  r~  <p  UberfOhrnng  der  Druckleitung  in  des  Stand- 
aus  der  obigen  Entwickelung  des  Ausdruckes  für  T  ^h,  ^  d-r  Anlag«  Champfrure  etMorge). 
ergibt,  wenn  man  Tür  das  Standrohr  verschiedene 
Werte  für  seinen  Querschnitt  F,  einführt.  Man 
macht  daher  das  Standrohr,  sofern  die  aus  ande- 
ren Rücksichten  zu  wählenden  Wandstärken  der 
Druckrohrleitung  nicht  ohnehin  stark  genug  Bind, 
um  auch  dengrössten,  durch  Resonanz  der  Schwin- 
gungen etwa  denkbaren  Druckerhöhungen  ge- 
wachsen zu  sein,  möglichst  ebensoweit  wie  das 
Druckrohr. 

Eine  gute  Lösung  für  ein  SUndrohr  am 
unteren  Ende  weist  die  Anlege  Champ  (Fure  et  Morge) 
auf,  wo  das  Ende  der  Druckleitung  durch  einen  Krümmer 
direkt  in  das  Standrohr  überfahrt  ist  (Taf.  LVIII,  Fig.  1 
ii.  2,  letztere  ist  nebenstehend  der  Einfachheit  wegen 
wiederholt.     VergL  auch  Abb.  12S,  S.  539). 

Bei  der  Anlage  St.  Maurice  Lausanne 
(3.  457)  sind  auf  dem  470  m  langen  Druckrokre  von 
2700  m  1.  Dm.  bei  H  =  80,10  m  auf  den  untersten 
800,0  m  der  Leitun  gelange  drei  Stand  robre  von  je 
500  mm  Dm.  aufgesetzt.  Ea  sollen  aber  die  Wirkungen 
dieser  Standrohre  auf  die  Herabminderung  der  Wssser- 
schlige  nicht  befriedigt  haben.    Ea  würde  nach  Ansicht 

de«  Verfassen  vorauciehen  gewesen  sein,  statt  der  drei  kleinen  Standrohre  ein  grosses  mit  einem  Quer- 
schnitt gleich  der  Summe  derjenigen  der  drei  kleinen  am  unteren  Ende  der  Leitung  auflusetseti. 

Da  sich  bei  Druckleitungen,  welche  im  Längsprofil  geknickt  sind,  sofern  auf  eine 
schwach  geneigte  Strecke  eine  steile  folgt,  an  den  Knickpunkten  Luftblasen  bilden  können, 
welche  dann  wie  Windkessel  wirken,  bringt  man  die  Standrohre  mitunter  aoch  an  solchen 
Knickpunkten  an,  wie  z.  B.  bei  der  Anlage  Kanderwerk  (S.  438).  Auf  diese  Weise 
wird  dann  gleichzeitig  eine  Entlüftung  des  Rohres  erzielt. 

Bei  derartiger  Anordnung  des  Standrohres  wurde  für  die  Berechnung  der  Grösse  (h) 
nach  den  Formeln  (71  bezw.  71a)  am  Standrohre  nur  die  Länge  L,  vom  Standrohr  bis  zur 
Druckkammer  einzusetzen  sein.  Man  könnte  ferner  zur  Berechnung  des  Gesamtdruckes  h,  am 
unteren  Ende  der  Druckleitung  nach  Formel  67  oder,  falls  auch  am  unteren  Ende 
ein  Standrohr   aufgesetzt   wird,   zur   Berechnung  der  Druckerhöhung  (hY   daselbst  nach 

/  „t         f.     vi  . 

den  Formeln  71  bezw.  71  a  für  den  Wert  h,  setzen  =  ( H  —  7; SC  -=-- )  +  (h)  worin 

\  2  g        p,  2  g  / 

(yl  £f  V1      \ 

- — h-Cö— I    d'e  Wider- 
■  %        £ ,    *  8  ' 
stände  der  ganzen  Leitung  nach  Formel  24  bedeuten.    Anstatt  der  Länge  der  ganzen 
Leitung  L  wurde  man  nur  L„  das  ist  die  Länge  der  Druckleitung  vom  oberen  Stand- 
rohr bis  zur  Turbine  in  die  Formeln  67  oder  71  bezw.  71a  einzuführen  haben. 

c)  Sicherheitsventile.  Ähnlich  wie  Standrohre  verhalten  sich  die  Sicherheits- 
ventile, nur  müssen  dieselben  entsprechend  gross  sein,  damit  bei  jeder  stärkeren  Druck- 


912         HL    Theodor  Kokhn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheitch. 

erhöhung  genügend  Wasser  ausfliessen  kann,  um  eine  Abnahme  der  Schwingnngsenergie 
zu  bewirken. 

In  dem  von  der  Firma  Ganz  A  Co.  in  Loebersdorf  erbauten  Wasserkraft  -  Elektrizitätswerk 
Hobenfnrt  der  Firma  J.  Spiro  &  Söhne  in  Krnmau  befinden  sich  am  unteren  Ende  der  580,0  m  langen 
Druckleitung  acht  Sicherheitsventile  von  je  120  mm  Durchströmungs-Dm ,  was  einer  Gesamtanstritts- 
fläche  von  45,2  qcm  entspricht  gegenüber  4200  qcm  Leitradqaerschnitt  der  vier  geplanten  3piraltarinnea, 
von  denen  drei  bereits  eingebaut  sind.  Diese  Sicherheitsventile  sind  wie  die  bei  Dampfkessel  üblichen 
ausgeführt  und  haben  Gewichtsbelastung,  die  so  bemessen  ist,  dass  ein  öffnen  der  Ventile  «rat  eintritt, 
wenn  der  Druck  in  der  Leitung  um  etwa  10  bis  15°/o  gestiegen  ist 

A.  Budau  berichtet,  dass  er  diese  Ventile  selbst  beobachtet  habe  und  er  empfiehlt  ihre  An- 
wendung, wo  die  Wandstärken  der  Rohre  und  der  Druck  des  Wassers  in  der  Leitung  bei  raschem  Ab- 
schluss  der  Turbinen  ohne  solche  Ventile  wirklich  eine  Bruchgefahr  für  das  Rohr  befürchten  lassen. 

Bei   der  Anlage  La   Dernier-Vallorbe  (S.  904)    sind   an  8telle  von   Sicherheitsventilen 

Sicherbeitsscheiben  aus  Stahl  (Abb.  293)  verwendet,  in  welche  ringförmige  Nuten  eingedreht  sind. 

Der  abzuscherende  Querschnitt  der  von  der  Nut  eingeschlossenen  kleineren  Scheibe  a  ist 

Abb.  293.     auf  Grund  von  Versuchen  so  gewählt,  dass  bei  der  höchst  zulässigen  Druckerhöhung  die 

Sicherheit*-  kleinere  Scheibe  herausgedrückt  wird.    Jedes  Turbinenrohr  hat  einen  Abzweig,  in  welchen 

denZ^'11?  eme  8°l°he  Scheibe  eingelegt  ist.    Nach  Bruch  derselben  kann  das  Rohrende  durch  einen 

leitungen  der  Schieber  abgeschlossen  und  eine  neue  Scheibe  eingelegt  werden. 

Anlage  La  Die  Vorrichtungen  4 — 7  (S.  907/908)  gehören  ganz  in  das  Gebiet  des  Tur- 

VaHorbe.  bineningenieurs,  und  es  mag  genügen,  auf  die  Angaben  in  Tabelle  HI,  wo  die 
M  Hinweise  auf  die  Beschreibungen  und  zeichnerischen  Darstellungen  gegeben 

L^J     sind  und  auf  Kap.  ÜI  §  5  Turbinen  zu  verweisen. 

Nach  den  Angaben  der  Turbinenfirma  über  die  an  den  Turbinen  selbst 
anzubringenden  Sicherheitsvorrichtungen  und  über  die  Schlusszeit  der  Tur- 
binen, wird  der  Bauingenieur  die  Druckerhöhungen  in  der  Leitung  rechnerisch 
ermitteln  können  und  sich  über  die  Anbringung  eines  oder  mehrerer  Stand- 
rohre entscheiden«    Oft  fällt  auch  die  Berechnung  und  Lieferung  der  Druckleitung  den 
Turbinenlieferanten  zu. 

Aus  den  Formeln  (8)  und  (9)  und  den  Beispielen  S.  883 — 885  ergibt  sich,  dass  man 
bei  langen  Leitungen  und  grösseren  Druckhöhen  die  wirtschaftlich  vorteilhafteste  Material- 
verteilung dadurch  erzielen  kann,  dass  man  den  lichten  Dm.  der  Druckleitung  von  oben 
nach  unten  abnehmen  lässt.  So  wurde  z.  B.  wie  aus  Tabelle  III  ad  12,  Spalte  3  hervor- 
geht, der  Dm.  der  Druckleitung  bei  der  Anlage  Dernier-Vallorbe  von  1,2  m  obenauf 
1,0  m  unten  verkleinert. 

Bei  der  Wasserkraftanlage  des  Elektrizitätswerkes  der  Northern  California 
Power  Co.  bei  Kilarc  nimmt  der  Dm.  der  Druckleitung  von  dem  Staubecken  bis  zum 
Krafthause  von  1.380  bis  auf  1,070  ab  (vergl.  S.  610  ad  52). 

Bei  Verwendung  von  geschweissten  Rohren  zwingt  ausserdem  noch  das  Interesse 
der  Fabrikation  dazu,  für  möglichst  lange  Strecken  den  äusseren  Dm.  festzuhalten  und 
die  Verstärkung  der  Rohrwandungen  durch  Verkleinerung  des  inneren  Dm.  zu  erzielen. 
So  wurde  z.  B.  bei  der  Anlage  Lac  Tanay-Vouvry  der  innere  Dm.  der  Doppelleitung 
(Tab.  III  ad  13,  Spalte  3,  S.  904)  von  325  auf  305  mm  allmählich  verringert  Das  obere 
Leitungsstück  mit  0,5  m  Dm.  hat  0,196  qm,  die  Doppelleitung  am  oberen  Ende  mit 
0,325  m  Dm.  nur  0,166  qm,  diejenige  am  unteren  Ende  mit  0,305  m  Dm.  nur  0,146  qm 
Durchflussfläche. 

Auch  bei  der  neuen  Kraftanlage  Brusio  (450  m  Wassersäule  S.  359),  wo  gleich- 
falls geschweiste  Rohre  verwendet  wurden,  nimmt  der  innere  Dm.  von  oben  nach 
unten  ab. 

Bei  langen  und  schwierigen  Transportverhältnissen  für  die  Druckrohre  bis  zur 
Baustelle  wird  u.  U.  für  das  Mass  der  stufenweisen  Verkleinerung  des  Dm.  der  Gesichts- 


§  4.  Druckrohre.  913 

putikt  ausschlaggebend  sein,  dass  man,  wegen  der  besseren  Ausnutzung  des  Laderaums 
die  Rohre  auf  dem  Transport  ineinander  stecken  kann.  Dieser  Gesichtspunkt  kann 
besonders  bei  Transporten  über  See  von  Wichtigkeit  sein.  Man  wird  also  z.  B.  eine 
Strecke  in  drei  möglichst  gleich  lange  Strecken  einteilen  und  die  Durchmesser  mit  mög- 
lichster Annäherung  an  die  im  Hinblick  auf  den  Materialaufwand  in  den  Wandungen 
und  auf  die  Druckverluste  wirtschaftlich  günstigsten  Ziffern  wählen  18). 

3.  Die  verschiedenen  Materialien  für  Druckleitungen.  A.  Eiserne  Rohre. 
Obwohl  das  Gusseisen  für  Rohrweiten  bis  zu  1,20  m  1.  Dm.  bei  ziemlich  stossfreien 
Betriebsdrücken,  wie  z.  B.  bei  Wasserversorgungsanlagen  bis  zu  60  Atm.,  eine  vollkommen 
genügende  Festigkeit  besitzt,  findet  man  bei  Wasserkraftanlagen  gusseiserne  Leitungen 
selten.  Diese  Tatsache  hat  verschiedene  Ursachen.  Erstens  handelt  es  sich  bei  Kraft- 
anlagen meistens  nicht  entfernt  um  so  grosse  Längen  wie  bei  Wasserversorgungsanlagen, 
und  es  fallt  daher  ein  Preisunterschied  pro  lfm.  oder  kg  nicht  so  stark  ins  Gewicht. 
Zweitens  muss  man  bei  Gusseisen  mehr  als  beim  Schweisseisen,  Flusseisen  und  Siemens- 
Martin-Stahl  mit  Zufälligkeitsfehlern  rechnen  und  erfahrungsgemäss  kommen  bei  guss- 
eisernen Rohren  viel  häufiger  Brüche  als  bei  Rohren  aus  den  oben  genannten  Materialien 
vor,  Drittens  können  bei  Wasserkraftanlagen  wegen  der  schnellen  Schliessung  der  Tur- 
binenregler viel  stärkere  Stösse  als  bei  Wasserversorgungsanlagen  auftreten  und  das 
Gusseisen  bietet  bei  harten  und  starken  Stössen  keine  genügende  Sicherheit.  Schliesslich 
werden  beim  Bruch  gusseiserner  Rohre  oft  grosse  Stücke  aus  der  Wandung  heraus- 
gedrückt werden,  und  die  Verheerung,  die  das  unter  Druck  aus  der  Bruchstelle  aus- 
tretende Wasser  anrichten  kann,  wird  um  so  grösser,  je  stärker  das  Terrain  geneigt  ist, 
auf  welchem  das  Druckrohr  liegt.  Bei  Rohren  aus  Schweisseisen,  Flusseisen  oder  Siemens- 
Martin-Stahl  entstehen  dagegen  meistens  nur  kleinere  Risse  oder  schlimmstenfalls  Spalten, 
aus  denen  sehr  grosse  sekl.  Wassermengen  nicht  entweichen  können. 

Wo  das  Druckrohr  unbedeckt  verlegt  werden  muss,  können  gusseiserne  Rohre 
schon  deshalb  kaum  in  Frage  kommen,  weil  sie  durch  äussere  Stösse  oder  Schläge  zu 
leicht  verletzt  werden  können.  Meistens  kommen  für  Wasserkraftanlagen  auch  Dm.  in 
Frage,  welche  sich  in  Gusseisen  überhaupt  nicht  mehr  mit  der  nötigen  Sicherheit  her- 
stellen lassen.  Wo  es  sich  um  geringere  Drücke  (15  bis  30  m)  und  schwach  geneigte, 
lange  Leitungen  handelt  und  man  der  Kostenersparnis  halber  wegen  der  mangelnden 
Steifigkeit  gegen  Biegungsspannungen  bei  druckfreiem  Scheitel  (S.  891/893)  Rohre  aus 
Schmiedeeisen,  Flusseisen  oder  Siemens-Martin-Stahl  nicht  wählen  will,  wird  meistens 
den  Druckrohren  aus  armiertem  Beton  oder  aus  Holz  der  Vorzug  vor  gusseisernen 
gegeben. 

a)  Gusseiserne  Rohre.  Wo  die  Druckleitung  keinen  grösseren  Dm.  als  1,20m 
zu  haben  braucht,  in  den  Boden  sicher  eingebettet  werden  kann  und  wo  die  Längs- 
neigung der  Leitung  und  die  ganze  örtlichkeit  derartig  sind,  dass  bei  einem  etwaigen 
Bruche  das  aus  der  Druckleitung  entweichende  Wasser  keine  grossen  Zerstörungen 
anrichten  kann,  ist  nach  Ansicht  des  Verfassers  auch  für  Wasserkraftanlagen  gegen  die 
Verwendung  gusseiserner  Druckrohre  bis  zu  Wasserdrücken  Von  30—40  m  Wassersäule19) 


*8)  Während  des  Druckes  dieses  Abschnittes  erschien  in  der  Zeitschr.  f.  d.  ges.  Turbinen wesen. 
Heft  28.  1907.  S.  416—421  von  Dr.-Ing.  W.  Banersfeld  auf  Anregung  von  Prof.  £.  Beichel,  Berlin 
eine  Abhandlang  Aber  „Die  wirtschaftliche  Berechnung  von  Hocbdruckturbinenleitungen". 

*•)  In  den  von  dem  Verein  deutscher  Ingenieure  1900  aufgestellten  „Normalien  zu  Rohrleitungen 
für  Dampf  von  hoher  Spannung11  ist  gesagt:  „Bis  8  Atm.  ist  Gusseisen  für  Rohrleitungen  bei  allen  Dm., 
von  8  bis  18  Atm.  nur  bis  150  mm  Dm.,  von  13  bis  20  Atm.  überhaupt  nicht  mehr  zulässig.  Zeitschr. 
d.  Ver.  deutscher  Ing.  1900.  S.  1483. 

Handbuch  der  Ing.-Wiaeensch.    III.  Teil.    13.  Bd.  58 


914 


IIL    Theodor  Koken.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


nichts  einzuwenden,  vorausgesetzt,  dass  durch  die  Art  der  Turbinenregulierung  und  der 
angebrachten  Schutzmassregeln  starke  Wasserschläge  ausgeschlossen  sind.  Bedingung  ist 
ferner  naturlich,  dass  die  Rohre  in  senkrechter  Form  mit  der  Muffe  nach  unten  behufs 
Vermeidung  von  Blasenbildungen  gegossen  sein  müssen,  damit  eine  gleichmässige  Material- 
Verteilung  vorausgesetzt  werden  kann. 

Da  die  Rechnung  namentlich  för  kleinere  innere  Drücke  Wandstärken  ergibt,  welche  sich  nickt 
mehr  sicher  genug  giessen  lassen,  so  haben  sich  in  der  Praxis  Formeln  herausgebildet,  welche  den 
praktischen  Bedurfhissen  der  Giessereitechnik  und  zu  gleicher  Zeit  der  Festigkeit  genügen.  Der 
Verein  Deutscher  Gas-  und  Wasserfachmänner  hat  zusammen  mit  dem  Verein  Deutscher 
Ingenieure  im  Jahre  1878  Normalien  för  gusseiserne  Wasserleitungsrohre  festgesetzt,  welche  1882 
nachgeprüft  und  in  einzelnen  Punkten  verändert  sind.    Die  normalen  Wandstarken  werden  nach  diesen 

Vereinbarungen  ausgedrückt  durch  die  Formel  ^«ä  +  W  mm  (73)  und  zwar  für  Bohre,  welche  einem 

Betriebsdruck  von  höchstens  10  Atm.  und  einem  Probedruck  von  höchstens  20  Atm.  ausgesetzt  sind. 

Für  einen  Betriebsdruck  von  4  bis  7  Atm.  ist  eine  Verminderung  der  Wandstärke  von  5  bis 
15  •/•  zulässig. 

Tabelle  IV. 

Die  Hauptabmessunpen  gusseiserner  Muffenrohre  nach  den  Festsetzungen  des  Vereins  deutscher 

Ingenieure  und  des  Vereins  der  Gas-  und  Wasserfachmanner  Deutschlands. 


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1100 
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14 

14 

14,5 

14.5 

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17 

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852 

8,5 

869 

105 

85 

104,08 

28,88 

445,15 

111,29 

878 

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107 

86 

116.07 

32,28 

496,51 

124,13 

408 

9 

421 

107 

86 

124,04 

84,27 

580,48 

182,61 

429 

9,5 

448 

110 

88 

186,89 

39,15 

586,71 

146,68 

454 

9,5 

478 

110 

88 

145,15 

41,26 

621,82 

155,46 

480 

9,5 

499 

112 

89 

158,87 

44,90 

680,38 

170,10 

506 

9,5 

525 

112 

89 

178,17 

48,97 

741,65 

185,41 

582 

10 

552 

115 

91 

188,04 

54,48 

806,64 

201,66 

588 

10 

608 

117 

92 

212,90 

62,84 

918,94 

228,49 

684 

10,5 

655 

120 

94 

288,90 

71,15 

1026,75 

256,69 

686 

10,5 

707 

122 

95 

278,86 

83,10 

1178,54 

294,64 

788 

11 

760 

125 

96 

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790 

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97 

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111,29 

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101 

472,76 

160,17 

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18 

1074 

140 

104 

559,76 

195.99 

2435,08 

608,76 

1152 

18 

1178 

145 

106 

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243,76 

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1256 

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150 

108 

783,15 

294,50 

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856,78 

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84,0 

39,0 


Die  einfachste  und  billigste  Verbindung  gusseisemer  Rohre  bilden  die  Muffen. 
In  die  Muffe  werden  zunächst  Hanfstricke  eingelegt,  damit  das  flüssige  Blei  nicht  in  das 
Rohr  eindringen  kann  und  dann  wird  die  Muffe  mit  Blei  ausgegossen  und  verstemmt 
Die  normale  Muffe  der  oben  erwähnten  Vereinbarung  ist  in  Abb.  294  dargestellt 

Es  haben  sich  den  verschiedenen  Bedürfnissen  der  Praxis  entsprechend  sehr  viele 
verschiedene  Muffentypen  herausgebildet,  von  denen  hier  nur  einige  wenige  angefahrt 
werden  mögen. 


§  *■ 


Drtjcxbohhb. 


915 


Die  sogenannte  Berliner  Muffe  (Abb.  295}  hat  eine  schwalben  seh  wanxsrtige  Erweiterung,  sodass 
das  Blei  ohne  »ehr  starke  Znaammenpressung  sieht  herausgedrückt  werden  kann. 

Die  in  Abb.  896  dargestellte  Hoffe  mit  ringförmiger  Bille  nun  Festhalten  der  Bleidichtung 
wurde  unter  anderen  bei  den  Wasserleitungen  von  Wien,  Dortmund,  Braunseh  weig  nad  Kiel 
verwondet  Einen  hohen  Grad  von  Beweglichkeit  beertet  die  in  Liverpool  inr  Anwendung  gekommene 
kugelförmige  Hoffen  Verbindung  (Abb.  297).  Eine  von  den  v.Bollachen  Werken  in.  Choindes  für  Wasser- 
drücke von  16  bis  60  Atro.  hergestellte  Muffen  form,  bei  welcher  durch  Sieherheitsringe  die  Bleidichtung 


Abb.  294.    Deutsche  Normalmuffe. 


Abb.  295.    Berliner  Muffe. 


JC-  7mm>*  2  t 

Abb.  297.    Kugelförmige  Hoffe  (Liverpool). 


festgehalten  wird,  zeigt  Abb.  298.  Diese  Stahsrheitsringe  sind  je  nach  dem  Rohrdurchmeeeer  zwei-  oder 
dreiteilig  und  werden  mittels  Ankerschrauben,  welche  hinter  entsprechende  AngBaes  an  der  Muffs  fassen, 
festgehalten. 

Auf  Taf.lVlII,  Fig.  13  und  14")  sind  zwei  amerikanische  Huffentvpen  für  Hochdruck- 
Wasserleitungen  dargestellt  mit  erheblich  Aber  10  Atm.  Betriebedruck. 

Bei  der  Muffe  Fig.  18  ist,  um  der  Rohrengiesssrei  die  Anfertigung  von  neuen  Modellen  so 
ersparen,  der  Muffenwulst  durch  einen  aufgesogenen  Schrumpfring  verstärkt  worden.  Die  beiden  Blei 
eingösse  wurden  mit  Hilfe  von  besonderen  Gussformen  eingebracht  und  kraftig  verstemmt  Das  Bohr- 
ende sitzt  lose  in  der  Muffe  und  gestattet  eine  beschrankt«  Beweglichkeit.  Die  Ausdrehungsn  ans  der 
Hoffe,  in  welche  dss  Blei  hineingreift,  erhöhen  die  Betriebssicherheit  dsr  Dichtung.  Die  in  Tat.  LVm, 
Fig.  14  dargestellte  Hoffe  ist  für  eins  Leitung  verwendet,  welche  speziell  Feuer!  Oscbtwocken  dient. 
Des  zerstörenden  Einflusses  dss  Beewsssers  wegen,  welches  im  Betriebsfalle  neben  dem  Brunnenwasser 
mit  znr  Verwendung  kommt,  sind  die  Bohre  besonders  sterkwandig  ausgeführt  Der  Bleieinguss  ist 
wie  üblkb.  durch  Hanfstrick  begrenzt.  Zur  Aufnahme  des  Bleies  sind  nicht  nur  in  die  Muffe,  sondern 
such  in  das  Bohrende  ringförmige  Erweiterungen  eingedreht 

Für  Waaserkraftanlagen  ist  auch  bei  gusseiBernen  Druckleitungen  die  Flanschen- 
verbindung zuverlässiger  als  die  Muffenverbindung,  wenngleich  letztere  weniger  beweglich 
ist.  Aach  für  gnsseiserne  Flanschenrohre  Bind  in  Deutschland  Normalien  auf- 
gestellt (Tab.  V). 

Die  Arbeit&leiste  wird,  wenn  os  sich  um  grossere  Drücke  handelt,  abgedreht.  Als 
DichtungBeinlagen  werden  meistens  ringförmige  Platten  aus  mit  Leinöl  getränkter  Pappe 


■0)  Zeitschr.  d.  Ter.  Deutscher  Ing.  1905.  S.  1266. 


916 


III.    Thbodob  Koehn.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


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Stuckes  von     ! 

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Gewicht  eines 

Flansches  nebst 

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Gewicht  eines 

Rohres  von 

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bei  vorstehender 

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§  4. 


Drückrohre. 


917 


Abb.  299.   Flansch  nach  der  Normalien,  Tabelle  V. 

WH 


gebraucht  Für  Rohrleitungen,  welche  Erschütterungen  ausgesetzt  sind,  insbesondere  bei 
Überschreitung  von  Brücken  empfiehlt  sich  die  Anwendung  von  Dichtungsringen  aus 
gutem  Kautschuk,  welcher  seine  Elastizität  nicht  so  bald  verliert.  Empfohlen  werden 
als  Dichtungsringe  auch  Bleiringe  mit  Kautschukeinlage.  Der  dichtende  Anschluss  des 
Bleies  wird  durch  die  Elastizität  des  Kautschukkerns  dauernd  erhalten,  während  der 
Kautschuk  gegen  die  schädlichen  Einwir- 
kungen der  Luft  und  des  unreinen  Wassers 
durch  die  Bleihülle  geschützt  ist. 

Eine  für  grösseren  Druck  zweckmässige 
Dichtung  ist  die  Riedl ersehe  (Abb.  300). 
An  einem  Rohrende  befindet  sich  eine  Aus- 
sparung, in  welcher  eine  Lederstulpe  von 
winkelförmigem  Querschnitt  mittelst  eines 
eingelegten  Spannringes  festgehalten  wird. 
Die  glatt  abgedrehten  Rohrflanschen  werden 
ohne  weitere  Dichtungsmittel  fest  gegen- 
einander geschraubt. 

Für  grössere   Druckhöhen    hat   man 
auch  Kupferringe  zur  Dichtung  genommen  und  zwar  entweder  Drahtringe  mit  kreisför- 
migem Querschnitt  (Abb.  301)  oder  mit  besonderer  Profilierung  (Abb.  302). 

Um  die  gusseisernen  Rohre  von  mehr  als  0,60  m  1.  Dm.  auch  für  Hochdruck- 
leitungen besser  geeignet  zu  machen,  hat  man  sie  mit  umgelegten  Stahlringen  versehen. 

Derartige  Rohre  anter  der  Bezeichnung  tuyaax  frettes  d'aeier  a  chaud  liefert  z.  B.  die  Socilte* 
anonyme  de  haute  fourneaax  et  fonderies  in  Pont  a  Mousson*))« 


7 


Abb.  300.  Riedlenche  Rohrver- 
bindnng  mit  selbatwirkender  Ab- 
dichtung durch  eine  Lederstulpe 
yon  winkelförmigem  Querschnitt. 


Abb.  301.    Kupferner  Dichtungs- 
ring zur  Flanschendichtung. 


Abb.  302.    Goetze's  profilierter 
Kupferring  zur  Flanschen- 
dichtung. 


Vor  der  Verlegung  muss  jedes  gusseiserne  Druckrohr  durch  Druckproben  mit 
dem  doppelten  des  höchsten  Betriebsdruckes  geprüft  werden.  Während  das  Rohr  unter 
dem  hohen  Druck  steht,  wird  es  mit  eisernen  Hämmern  von  0,5  bis  1,5  kg  Gewicht 
gehämmert,  damit  ungesunde  Stellen  im  Guss  wie  Blasen  etc.  sich  zeigen. 

Zum  Schutze  der  Rohre  gegen  Rosten  werden  dieselben  am  besten  gleich  auf  der 
Hütte  mit  scharfen  Bürsten  gereinigt,  sodass  überall  die  metallisch  reine  Oberfläche  her- 
vortritt, alsdann  auf  150—190°  erwärmt  und  in  kochende  Asphaltmasse  10  bis  20  Minuten 
lang  eingetaucht.  Nach  dem  Herausziehen  lässt  man  die  Rohre  in  lotrechter  Lage 
abtropfen,  sodass  ein  dünner  und  gleichförmiger  Überzug  zurückbleibt.  Um  das  Trocknen 
des  Asphalts  zu  beschleunigen,  gibt  man  ihm  einen  Zusatz  von  Benzin  und  um  das  Ab- 
blättern zu  verhindern,  ist  es  zweckmässig,  ihm  etwas  Leinöl  beizumischen.    Wegen  des 


si)  Imbeaux,  L'alimentation  en  eau  et  rassainisaement  des  villes  k  l'exposition  universelle  a 
1900.  Bd.  I.  S.  250. 


918 


III.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


dichten  Anschlusses  des  Bleies  in  den  Muffen  muss  das  Schwanzende  des  Rohres  und 
die  innere  Muffe  vom  Asphalt  frei  bleiben.  Zu  diesem  Zwecke  bestreicht,  man  die 
betreffenden  Teile  mit  Kalkmilch,  von  welcher  der  Asphalttiberzug  später  leicht  abge- 
löst werden  kann.  Rohre  von  grossen  Abmessungen  werden  auch  oft  mit  kochender 
Asphaltmasse  angestrichen,  wenn  die  Vorrichtungen,  um  solche  in  kochende  Asphalt- 
masse zu  tauchen,  fehlen. 

ß)  Rohre  aus  Schweisseisen,  Flusseisen  und  Siemens-Martin-Stahl 
werden  entweder  genietet  oder  geschweisst. 

Die  Nietung  der  Rohre  erfolgt  in  den  Quernähten  mit  einfacher,  in  den  Längs- 
nähten  mit  doppelter  Nietung  entsprechend  der  Inanspruchnahme.  Bei  der  Nietung 
(Abb.  803)  werden  die  Längsnähte  mit  einer  Lasche  überdeckt  und  mit  doppelter  Nietung 


Abb.  803. 


Abb.  804. 


Abb.  805. 


zu  beiden  Seiten  der  Stossfuge  versehen,  wobei  die  Rohrbleche  unter  der  Lasche  mit 
ihren  abgehobelten  Kanten  zusammenstossen.  Ebenso  kann  man  die  einzelnen  Rohr- 
schüsse stumpf  zusammenstossen  lassen  und  sie  dann  mit  einer  Lasche  und  einfacher 
Nietung  verbinden. 

Billiger  und  häufiger  werden  die  Längsnähte  so  hergestellt,  dass  man  die  einzelnen 
Blechtafeln  schief  überplattet  und  dann  mit  doppelter  Nietung  verbindet  (Abb.  304). 
Die  Verbindung  der  einzelnen  so  zusammengenieteten  Rohrschüsse  erfolgt  am  einfachsten 
und  billigsten,  indem  man  dieselben  ofenrohrartig  ineinander  steckt  und  vernietet. 

Die  Verbindung  der  aus  mehreren  Blechschüssen  bis  zu  Baulängen  von  5  bis 
etwa  10  m  hergestellten  Rohre  Auf  der  Baustelle  geschieht  entweder  auch  durch  Ver- 
nietung oder  durch  Flanschverbindungen.  Bei  der  Vernietung  werden  entweder  die  ein- 
zelnen Baulängen  ofenrohrartig  ineinander  gesteckt  und  mit  einer  Nietreihe  vernietet 
oder  es  werden  wie  oben  die  einzelnen  Baulängen,  mit  abgehobelten  Kanten  zusammen- 
stossend,  mit  Laschen  und  beiderseitiger  Vernietung  verbunden.  Alle  Nietverbindungen 
müssen  sorgfältig  verstemmt  werden,  weil  sonst  Wasserdichtigkeit  nicht  zu  erzielen  ist. 
Die  Flanschverbindung  der  Rohre  durch  Umbordung  nach  Abb.  305,  welche  zugleich  das 
Rohr  in  der  Längsrichtung  etwas  elastisch  macht,  kann  bei  vorzüglichem  Eisen  und 
bei  kleinem  Dm.  Verwendung  finden.  Der  zwischen  die  Umbordungen  gelegte,  etwas 
vorspringende  Dichtungsring  aus  weichem  Eisen  wird  von  aussen  angestaucht  und  gehörig 
verstemmt. 

Meistens  werden  an  den  Enden  der  einzelnen  Baulängen  Flanschen  aus  Winkel* 
eisen  aufgenietet  und  mittelst  Schraubenbolzen  verbunden M).  Zur  Dichtung  der  Flansdran- 


**)  Wegen  der  Berechnung  der  Flanschen  und  Wandungen  vergL  M.  Westphal, 
der  Festigkeit  loser  und  fester  Flanschen,  Zeitsehr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1897.  a  1086  und  C  Bach, 
Versuche  mit  Flanschverbindungen,  Zeitsehr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1899.  S.  .821  u.  ff. 


§  4.  Dbuckbohre.  919 

Verbindungen  werden  dieselben  Mittel  verwendet,  welche  bereits  bei  den  gasseisernen 
Rohren  erwähnt  worden. 

Zn  empfehlen  sind  auch  Kupfomnge  mit  Aebestumhüllung.  Letztere  soll  die 
galvanischen  Wirkungen  zwischen  Kupfer  und  Eisen  verbäten. 

Bei  der  Wasserkraftanlags  des  Elektrizitätswerkes  Lnaern-Engelberg  wurde  für  die  Flansch- 
verbindunguu  der  Hochdruckleitung  aas  Siemens-Martin- Stahl  im  oberan  Teile  eine  Dichtung  (Bauart 
Theodor  Bell  &  Co.  in  Krioni)  verwendet,  bei  welcher  in  die  Dich  tun  gafuge  und  mar  in  eine  in 
die  beiderseitigen  Flanschen  angedrehte  ringförmige  Nnt  ein  Ksutschukring  gelegt  wurde.  Letzterer 
wird  durch  einen  Flacheisenring  gehalten,  der  ein  wenig  in  die  Flanschen  eingelassen  ist,  um  ihn 
vor  Verschiebung  parallel  zur  Leitungaachse  in  schatten. 

Für  den  unteren  Teil  der  Hochdruckleitung  wurde  zwischen  die  abgefasten  Flanschen  ein  X- 
fürmiger  Ring  {Bauart  Gebr.  Salier  in  Winterthnr)  mit  beiderseitigen  Eautschukschnaren   eingelegt*'). 

Bei  Drackhöhen  von  mehr  als  100  m  Wassersäule 
edet  man  neuerdings  oft  geschweisste  Rohre. 
Die  Schweissung  der  Rohre  erfolgt  mittelst  besonderer 
Maschinen  zwischen  WassergasBtichflaromen.  Bleche  bis 
zn  15  mm  Dicke  werden  mit  stumpf  abgeschnittenen 
Kanten  übereinander  geschweisst.  Bleche  von  grösserer 
Dicke  hobelt  man  an  den  Schweisskanten  schräg  ab.  Bei 
Durchmessern  von  750  bis  1400  mm  werden  Baulängen 
von  10  m  ohne  Schwierigkeit  hergestellt.  Bei  Rohren  mit 
grosseren  Dm.  wird  die  Schweissnng  sehr  teuer.  Auf  be- 
sonderen Wunsch  können  geschweisste  Rohre  in  erheblich 
grösseren  Baolangen  als  10  m  hergestellt  werden. 

So  hat  s.  B.  die  Firma  Fitsner  in  Lanrahntte  (Ober- 
Schlesien}  für  die  Stadt  Hamburg  ein  600  mm  weites  geschweisstes 
Flanachenrohr  von  20,0  m  Lange  und  12  mm  Wandstarke  geliefert.  ___^^_^__^_ 

Die  Festigkeit  der  Schweisstelle  wird  meistens  zu  '  J  *" 

95%  der  ursprünglichen  Materialfestigkeit  auf  Zog  angenommen u). 

Die  Verbindung  der  einzelnen  Baulängen  bei  geschweissten  Rohren  geschieht  ent- 
weder mittelst  angewalzter  Muffenformen  in  Eisen,  oder  es  werden  an  den  Rohrendan 
flanschartige  UmbÖrdelungen  angewalzt.  Bei  der  Hochdruckleitung  der  Wasserkraft- 
anlage  Brusio  mit  450  m  Wassersäule  (S.  912)  wurde  die  Verbindung  der  geschweissten 
Rohre  nach  Abb.  306 ")  hergestellt.  Die  als  Flanschen  dienenden  Stahlringe  werden  auf 
das  Rohr  vor  der  SchweiBsung  aufgezogen,  sodass  sie  nach  der  Herstellung  des  Rohres 
nicht  mehr  heruntergenommen  werden  können.  Die  Dichtung  erfolgt  durch  einen  7  mm 
starken  runden  KantBchukring.  Ähnlich  ist  die  Rohrverbindung  bei  der  Drnckrohr- 
leitung  der  Anlage  Vouvry-Lac-Tanay  (Taf.LVDI,  Fig.  11),  nur  dass  hier  die  aus- 
gedrehte Nnt  für  den  Dichtungsring  fehlt,  ferner  diejenige  nach  Taf.  LVIII,  Fig.  12  der 
Aufgpeicherungsanlage  Ölten  Aarbarg  (S.  754). 

Zum  Schutze  gegen  Rosten  werden  die  geschweissten  und  genieteten  Stahl*  and 
Schweisseisenrohre,  nachdem  sie  von  allen  Unsauberkeiten  und  Rost  gereinigt  sind,  mit 
einem  Mennigeanstrich  versehen  und  dann  mit  einem  heissen  Asphaltlack  überzogen. 


IS)  Zeitachr.  d.  Ver.  deutscher  lug.  1900.  S.  1520. 

I«)  Die  Firma  Schulz,  Knand  4  Co.  in  Essen  a.  d.  Bohr  stellen  geschweisste  Rohre  mit 
angewaliten  Hoffen  ans  Siemens-Martin-Stahlblech  her,  welches  bei  25%  Dehnung  eine  Zugfestigkeit 
von  8400—4000  kg/qcm  aufweist  Für  die  Festigkeit  der  Schweisstelle  Bind  95  %  garantiert.  Bei  Rohr- 
weiten von  600  bia  750  mm  betragt  die  normale  B  anlange  etwa  4,0  m,  bei  grosseren  Durchmessern  bis 
sa  10,0  m. 

■B)  Die  Rohrleitung  in  Brusio  ist  von  der  A.-Q.  der  Dilliuger  Hottenwerke  geliefert. 


920  III.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Freiliegende  der  Sonne  ausgesetzte  Rohre  werden  dann  noch  zweck- 
mässig mit  Kalkmilch  überstrichen. 

Zu  erwähnen  wären  noch  die  sogenannten  Mannesmannrohre,  welche  nach  dem 
Hohl  walzverfahren  von  den  deutsch-österreichischen  Mannesmannwerken  hergestellt 
werden.  Die  Dichtigkeit  und  Festigkeit  dieser  Rohre  ist  sehr  gross,  auch  lassen  sie 
sich  in  grossen  Baulängen  herstellen.  Da  aber  die  Herstellung  der  Walzen  für  den  ver- 
hältnismässig kleinen  Bedarf  bei  Wasserkraftanlagen  zu  teuer  wird,  haben  Mannesmann- 
rohre für  die  hier  in  Frage  kommenden  Zwecke  nur  selten  Verwendung  gefunden. 

B.  Druckrohre  aus  armiertem  Beton.  Bis  zu  einer  Druckhöhe  von  20 
bis  30  m  Wassersäule  sind  besonders  in  Frankreich,  aber  auch  in  anderen  Ländern 
häufiger  Druckleitungen  in  armierten  Beton  ausgeführt.  Namentlich  da,  wo  es  sich  um 
grosse  Durchmesser  und  schwach  geneigte  Leitungen  handelt,  bei  denen  volle  Füllung 
des  Rohres  mit  druckfreiem  Scheitel  zusammenfallen  kann,  oder  bei  denen  bei  kleineren 
Druckhöhen  grössere  Überschüttungen  vorhanden  sind,  sodass  stärkere  Biegungsmomente 
auftreten  (S.  895),  ergeben  sich  bei  Verwendung  von  armiertem  Beton  gegenüber  Rohren 
aus  Schmiedeeisen  oder  Stahl  erhebliche  Ersparnisse.  Als  Muster  für  ein  Druckrohr  in 
armierten  Beton  kann  dasjenige  der  Anlage  Champ  (Füre  et  Morge)  gelten. 

Man  hat  dort  die  3,30  m  im  Lichten  weite  Druckleitung  bis  zu  einer  Druckhöhe  von  20,0  m  auf 
einer  Länge  von  2200,0  m  in  armierten  Beton  ausgeführt  Zunächst  wurde  ein  Bett  aus  Kiesbeioo  in 
hydraulischem  Kalk  von  25,0  cm  Stärke  bis  zur  Höhe  des  halben  Durchmessers  hergestellt  Die  Bau- 
grube wurde  in  Form  eines  Polygons  ausgehoben  und  dann  das  Bett  aus  hydraulischem  Kalk-Kiesbeton 
mit  Hilfe  von  zylindrischen  Leeren  eingestampft  (Taf.  LX,  Fig.  1).  Die  Wandstärke  des  Betonrohres 
schwankt  zwischen  0,20  bis  0,25  m.  Sie  schliesst  eine  Armatur  aus  Rundeisen  in  sich,  welche  sieh  ans 
kreisförmig  gebogenen  und  aus  parallel  zur  Achse  laufenden  Rundstäben  derart  zusammensetzt,  da» 
Maschen  von  0,10  auf  0,11  m  Seite  gebildet  wurden.  Die  ringförmig  zu  biegenden  Rundstäbe  wurden 
in  den  richtigen  Längen  von  11,30  m  geliefert  und  in  den  Werkstätten  auf  der  Baustelle  mit  besonderen 
Biegemaschinen  gebogen  (Taf.  LX,  Fig.  2).  Die  Enden  wurden  dann  zusammen gesch weiss t.  Damit  die 
Schweißstellen  keine  schwachen  Punkte  bilden  konnten,  wurden  die  Querschnitte  der  Enden  vor  dem 
Schweissen  warm  aufgestaucht  und  so  etwas  yergrössert.  An  sechs  Schmiedefeuern  konnten  sechs 
Schmiede  mit  je  einem  Hilfsmann  im  Mittel  je  50  Ringe,  zusammen  300  Ringe  pro  Tag  schweissen, 
welche  für  eine  als  durchschnittlich  vorgesehene  tägliche  Leistung  von  30,0  m  Rohrlänge  ausreichten. 
Um  diese  Armierungsringe  an  Ort  und  Stelle  in  richtiger  Lage  aufstellen  zu  können,  wurden  mittelst 
Leeren  fünf  rechteckige,  5  cm  starke  Leisten  in  Zementbeton  parallel  zur  Achse  des  Rohres  auf  dem 
Bette  hergestellt  (Taf.  LX,  Fig.  3).  Durch  diese  Führungsleisten  erhielten  die  Ringe  genügenden  Halt 
und  konnten  nun  im  richtigen  Abstände  von  10  cm  voneinander  auf  12,0  bis  14,0  m  Leitungslänge 
aufgestellt  werden.  Alsdann  wurden  im  Innern  im  Abstände  von  11  cm  voneinander  die  parallel  zur 
Achse  laufenden  Rundstäbe  mit  Stahldraht  an  den  kreisförmigen  Armierungseisen  festgebunden  (Taf.  LX, 
Fig.  4).  Um  nun  den  Guss  des  Betons  zu  ermöglichen,  war  ein  Kern  (Taf.  LX,  Fig.  5)  notwendig,  ferner 
zwei  viertelkreisförmige  Schalen,  welche  den  oberen  Teil  des  Rohres  umschlossen  und  auf  dem  fertigen 
Bett  aus  hydraulischem  Beton  aufruhen  konnten,  schliesslich  lotrecht  stehende  Stirnstücke,  nm  die  so 
gebildete  Form  lotrecht  zur  Leitungsachse  abzuschliessen.  Die  oberen  Schalen  waren  aus  Holz  geformt 
und  innen  mit  Zinkblech  verkleidet,  ebenso  die  Stirnstücke.  Der  Kern  war  in  Eisen  in  einer  Länge 
von  4,5  m  hergestellt  und  wog  3000  kg.  Bei  jedem  Guss,  welcher  ungefähr  l1/*  Stunden  in  Anspruch 
nahm,  wurden  4,0  m  Rohr  hergestellt.  Eine  Stunde  nach  Beendigung  des  Gusses  war  der  Zement  soweit 
abgebunden,  dass  man  die  Schalen  und  die  Stirnstücke  abnehmen  und  mit  der  Verschiebung  des  Kernes 
vorgehen  konnte.  Durch  eine  besondere  sinnreiche  Vorrichtung  2  6)  wurde  es  ermöglicht,  den  schweren 
Kern  innerhalb  V/t  Stunden  in  seine  neue  Lage  zu  rücken.  Auf  diese  Weise  konnten  mit  jedem  Kern 
drei  Rohrstücke  a  4,0  m  pro  Tag,  d.  h.  12,0  m  Leitungslänge  gemacht  werden,  und  da  drei  Kerne  vor- 
handen waren,  konnte  man  täglich  bis  zu  36,0  m  Rohrlänge,  im  Durchschnitt  etwa  30,0  m  fertigstellen. 
Der  Kern  ruhte  während  des  Gusses  an  einem  Ende  auf  dem  fertigen  Rohr,  am  anderen  Ende  auf  dem 
hölzernen  Stirnstück  aus  Holz  auf  (Taf.  LX,  Fig.  7).    Die  Achse  des  Kernes  war  mit  Schraubengewinde 


ss)  Entworfen  von  der  Firma  Rosignol  &  Delamanche  in  Grenoble,  welcher  die  Herstellung  des 
armierten  Betonrohres  übertragen  war. 


§  4.  Druckrohre.  921 

versehen  und  die  Buchsen,  an  welchen  die  Speichen  befestigt  waren,  bewegten  sich  auf  der  Achse,  wenn 
letztere  gedreht  wurde.  Durch  Drehung  der  Hebel  p— p  wurde  zunächst,  wenn  der  Kern  verschoben 
werden  sollte,  der  Durchmesser  dee  Kernes  ein  wenig  verkleinert,,  sodass  er  sich  aberall  von  dem  Beton 
loslöste.  Die  Achse  de«  Kernes  hing  alsdann  auf  zwei  Laufridern  a  und  c,  welche  auf  einem  I-Trlger 
liefen.  Wenn  nun  die  Schrauben  in,  m  etwas  ansog,  verringerte  man  die  Entfernung  o  y  und  das  ganze 
Gewicht  des  Kernes  ruhte  schliesslich  auf  den  beiden  Laufrfidern  a  und  c.  Durch  Schieben  oder  Ziehen 
könnt«  man  nunmehr  die  Rttder  s  and  c  auf  dem  T-Triger  1—1  tum  Rollen  bringen  und  so  den  Kern  aus 
der  Lage  AB  CD  in  die  Lage  A'B'C'D'  versetzen.  Der  erwähnte  T  Träger  1—1  ruhte  in  zwei  Trag- 
gestellen  snf  zwei  exzentrischen  Scheiben  g—g.  Sollte  der  T- Träger  selber  verschoben  werden,  so  musste 
man  mittelst  der  Kurbel  h  und  den  Ezzenterscheiben  g— g  den  Träger  1—1  so  weit  senken,  daas  er  auf 
den  Rollen  i— j  anfmhte.  Dann  konnte  man  ihn  auf  diesen  Rollen  verschieben,  vorausgesetzt,  dass  der 
Kern  inzwischen  sein  festes  Auflager,  nftmlich  an  einem  Ende  auf  dem  fertigen  Rohre  und  am  anderen 
Ende  auf  dem  Stinistflck  gefunden  hatte,  und  dass  man  durch  Drehen  der  Achse  die  Speichen  eo  weit 
gespannt  hatte,  dass  der  Durchmesser  des  Kernes  sein  normales  Mass  von  8300  mm  erreicht  hatte. 
Die  Traggestolle  f,  f  für  den  I-Trlger  werden  dann  von  Hand  geruckt  und  in  der  neuen  Stellung  auf- 
gestellt. Das  so  hergestellte  Druckrohr  bat  sich  bei  den  Proben  ab  vollkommen  dicht  erwiesen.  Zur 
Überfahrung  der  Leitung  aus  dem  Betonrohr  in  das  Stahlrohr  hatte  man  im  Abstände  von  1,0  nnd 
1,50  m  von  dem  stumpfen  Ende  des  Stahlrohres  zwei  Winkelsisen  100/100  mm  auf  das  Stahlrohr  genietet 
und  in  die  radialen  Schenkel  dieser  Winkeletsen  im  Abstsnde  von  0,11  m  von  Mitte  zu  Mitte  Locher 
von  18  nun  Dm.  gebohrt.  Durch  diese  Locher  sind  die  zur  Rohrachse  parallelen  Rundeisen  des  armierten 
Zementrohres  gezogen  und  dann  am  Ende  umgekröpft.  Die  kreisförmigen  Rundstlbo  der  Armierung 
sind  in  derselben  Weise  wis  auf  der  normalen  Betonrobrstrecke  angebracht.  Beim  Giessen  des  Anscbluss- 
stuckes  von  Betonrohr  diente  das  Ende  des  Stahlrohres  als  Kern.  Dieser  Anschlags  soll  sich  als  völlig 
dicht  bewahrt  haben. 

G.  Sonstiges    Mate-  Abb.  307.    Holzrohr. 

rial  für  Druckleitungen. 
Zu  erwähnen  wären  hier  zu- 
nächst die  Druckleitungen  ans 
Holz,  welche  etwa  für  Druck- 
hohen  von  15  bis  zo  20  m  Was- 
sersäule in  Frage  kommen 
können. 

Zum  Beispiel  bei  der  Wasserkraft  anläge  an  den  Trentonflllen  in  den  Vereinigten  Staaten 
von  Nordamerika,  welche  der  West  Csnada  Fluss  (N.T.)  in  der  Nähe  des  Städtchen  Trenton 
bildet,  wurde  von  der  Erbauerin,  der  ünioa  Gas-  aud  Electric  Company  der  grösste  Teil  der 
1 126,0  m  langen  Druckleitung  zwischen  den  18,0  m  hohen  Staudamm  und  dem  Krafthause  aus  Holz- 
rohren hergestellt  Diese  haben  einen  Durchmesser  von  2134  mm  und  sind  aus  Texas-Piniedanben  von 
60  mm  Wandstärke  zusammengesetzt  und  durch  Eisanbander  zusammengehalten*'). 

Auf  S.  610  Nr.  51  wurde  bereits  die  Druckleitung  aus  Holz  dos  Wassorkraft-EIektrizitlte  Werkes 
der  Northern  California  Co.  bei  Volta  am  Battle  Creek  erwähnt.  Hier  sind  die  ersten  250,0  m 
der  2050  m  langen  Druckleitung  von  1000  mm  Dm.  aus  Rotholzdauben ,  welche  von  Eisenreifen  mit 
Spannschlössern  zusammengehalten  werden,  gebildet 

Bei  dem  zur  Versorgung  von  Srinsgar  der  Hauptstadt  Kaschmirs  mit  elektrischer  Energie 
erbauten  Wasserkraft-Elektrizitätswerke  (20000  PS«)  wurde  ein  Teil  des  Werkkanals  als  eisenarmiertes 
Holzrohr  von  2,5  m  1.  Dm.  ausgeführt  (S.  798)"). 

Die  Firma  Herzog  in  Logelbach  i.  E.  liefert  Holzrohre,  welche  gleichfalls  fass- 
artig aus  Danben  mit  schmiedeeisernen  Reifen  zusammengesetzt  sind  (Abb.  307);  Rohre 
von  0,5  m  Dm.  haben  eine  Daubendicke  von  6  cm  und  kosten  pro  1  m  Länge  10  Mk., 
Rohre  von  1,8  m  Dm,  haben  eine  Danbendicke  von  8  cm  und  kosten  pro  lfm.  36  Mk. 
Die  Baulänge  beträgt  5  m.    Die  schlank  konisch  gearbeiteten  Rohre  werden  am  engeren 


ii)  Zeitschr.  f.  d,  ges.  Turbinenweseu.  1906.  S.  366. 
*")  Heinrieb  Hornberger  in  St  Francisco,  Waaeerkraitanlagen  i: 
ges.  Turbinonwesen  1906.  3.  124. 


922         III.    Thbodob  Eoehn.    Ausbau  von  WasskbkbIften.    Einzelheiten. 

Ende  aussen,  am  weiteren  Ende  innen  auf  25  cm  Länge  abgedreht,  sodass  sie  dicht  in- 
einander gekeilt  werden  können.  Kleinere  Lacken  werden  mit  feinem  Moose  ausgestopft. 
Die  Lebensdauer  solcher  Leitungen  soll  mindestens  25  Jahre  betragen,  doch  liegen  Aus- 
führungen von  höherem  Alter  schon  vor29). 

Für  Druckhöhen  von  15—20  m  Wassersaule  dürften  solche  Holzrohrleitungen  auch 
an  den  Verbindungsstellen  dicht  genug  sein. 

Nicht  selten  werden  in  den  Felsen  eingesprengte  Tunnel  als  Druck- 
stollen benutzt. 

Beispiele  hierfür  bieten  die  Anlagen  Livet  S.  531  (lotrechter  Druckstollen  von  8,0  m  Dm. 
Taf.  XLI,  Fig.  7  u.  8),  die  Urfttalsperre  (Druckstellen  von  2,50  m  1.  W.  und  2,12  m  L  Hohe 
T»f.  XLVIII  und  8.  588  n.  592)  ferner  die  Etschwerke  bei  Meran-Bozen  (Druckstellen  von  8,0  m 
L  W.  S.  602  n.  603,  Nr.  10  n.  11). 

Derartige  in  den  Felsen  eingesprengte  Druckstollen  werden  stets  mit  Beton  aus- 
gekleidet, weil  man  sich  auf  die  Dichtigkeit  des  Felsens  nicht  verlassen  kann.  Es  ist 
zweckmässig,  dem  Druckstollen  eine  stärkere  Neigung  zu  geben,  damit  die  Luft  sich  an 
einem  höchsten  Punkte  sammeln  und  dort  in  einen  nach  oben  geöffneten  Schacht  ent- 
weichen kann.  Bei  schwach  geneigten  Druckstollefn  von  grösserer  Länge  (mehr  als  150  m) 
empfiehlt  es  sich,  besondere  Entlüftungsschächte  anzulegen.  Schliesst  ein  schwach 
geneigter  Druckstollen  an  ein  stark  geneigtes  Druckrohr  an,  so  wird  man  auf  die  Über- 
gangsstelle einen  Luftschacht  oder  ein  oben  offenes  Steigerohr  setzen. 

4.  Die  Verlegung  eiserner  Druckrohre.  Während  man  gusseiserne  Drucklei- 
tungen wegen  der  Gefahr  der  Beschädigung  durch  Schlag  oder  Wurf  immer  in  Bau- 
gruben verlegt  und  mit  Boden  bedeckt,  findet  man  bei  Leitungen  aus  Schweisseisen, 
Flusseisen  oder  Siemens-Martin-Stahl  —  der  Kürze  halber  sollen  alle  drei  Materialarten 
in  diesem  Abschnitt  mit  „Schmiedeeisen*  bezeichnet  werden —  sowohl  die  bedeckte  als 
auch  die  offene  Verlegung. 

Die  offene  Verlegung  schmiedeeiserner  Leitungen  wird  in  der  Anlage  meist  billiger 
als  die  bedeckte.  Das  ist  besonders  der  Fall  bei  steilen  Leitungslinien,  wenn  der  Boden 
zur  Bedeckung  der  Rohre  noch  durch  besondere  Bauwerke  gestützt  werden  muss.  Abge- 
sehen von  der  Kostenfrage  hat  die  offene  Verlegung  den  Vorteil,  dass  man  die 
Leitung  jederzeit  beobachten  und  etwaige  Haarrisse  feststellen  kann,  bevor  es  zum  Bruche 
kommt  und  ferner  den,  dass  man  in  der  Lage  ist,  das  Rohr  durch  Erneuerung  des  An- 
striches sorgfältiger  zu  unterhalten.  Die  offene  Lage  hat  aber  den  Nachteil, 
dass  die  Leitung  der  Sonnenwärme  und  der  Kälte  ausgesetzt  ist  und  deshalb  höheren 
Spannungsveränderungen  unterliegt  als  die  bedeckte  Leitung.  Solange  das  Rohr  mit 
fliessendem  Wasser  gefüllt  ist,  wird  bei  den  Geschwindigkeiten,  die  bei  Wasserkraft- 
anlagen gewählt  werden,  trotz  Sonnenschein  und  Frost  die  Temperatur  des  Eisens 
höchstens  um  15  bis  20°  schwanken.  In  der  Regel  muss  man  aber  die  Annahme  machen, 
dass  die  Leitung  sowohl  bei  Sonnenhitze  als  auch  bei  starkem  Frost  leer  sein  kann,  und 
man  wird  deshalb  mit  Temperaturdifferenzen  bis  ca.  60°  C  zu  rechnen  haben.  Die 
lineare  Ausdehnung  eines  Stabes  beträgt  bei  100  °  Temperaturunterschied  auf  1  m  Länge 
a)  für  Schmiedeeisen  0,00122  m  oder  1/819,  b)  für  weichen  Stahl  0,001073  m  oder  1/927, 
c)  für  Gusseisen  0,001110  m  oder  1/901.  Legt  man  den  Ausdehnungswert  ad  a)  zugrunde, 
so  würde  bei  60  °  Temperaturdifferenz  bei  einer  Rohrlänge  von  200  m,  wenn  man  sich 
das  eine  Ende  fest  verankert  denkt,  eine  Längenänderung  von  0,146  m  eintreten.  Obwohl 
der  grösste  Teil  dieser  Längenänderung  durch  die  Biegung  der  Flanschen  und  die  Zu- 


**)  Zeitaehr.  cL  Arch.-  n.  Ing.-Ver.  in  Hannover  1878,  wo  eine  unter  12  m  Druck  stehende  Hob- 
rohrleitung von  1,8  m  Lichtweite  nnd  180,0  m  Länge  beschrieben  ist 


§  4.  Dbügkbohbe.  923 

sammendrückung  des  Dichtungsmaterials,  sowie  durch  die  Elastizität  der  Rohrwandungen 
selbst  ausgeglichen  wird,  werden  dennoch  bei  grösseren  Rohrlängen  Dilatationsvorrich- 
tungen einzubauen  sein,  sofern  es  sich  um  1.  Dm.  von  mehr  als  etwa  0,80  m  und  um  grössere 
Drücke  handelt.  Wenn  die  von  Temperaturdifferenzen  bewirkten  Längenänderungen 
allein  durch  die  Elastizität  des  Materials  (abgesehen  von  der  Elastizität  der  Flanschen, 
Dichtungen  und  Knickpunkte)  aufgenommen  werden  müssen,  so  wird  sich  bei  1°  Differenz 
gegen  diejenige  Temperatur,  bei  welcher  das  Rohr  verlegt  ist,  etwa  eine  Zug-  oder  Druck- 
spannung von  25  kg/qcm  (x  =  E .  0,0000122  ~  25  kg.  Wegen  der  Werte  des  Elastizitäts- 
moduls E,  vergl.  S.  891)  ergeben.  Bei  der  Temperaturerhöhung  entsteht  eine 
Druckspannung,  welche  der  von  dem  strömenden  Wasser  und  dem  hydraulischen 
Druck  erzeugten  axialen  Zugspannung  entgegenwirkt,  sodass  die  axiale  Gesamtepannüng 
sich  verringert*.  Bei  der  Temperaturabnahme  entsteht  aber  eine  Zugspannung, 
welche  sich  mit  der  von  dem  Wasser  erzeugten  addiert  Grössere  Spannungen  infolge 
der  Temperaturdifferenz  können  deshalb,  wie  erwähnt,  nur  bei  leeren  Rohren  auftreten 
und  wenn  man  die  sehr  ungünstige  Annahme  einer  höchsten  Temperaturdifferenz  von 
60  °  macht , .  so  könnten  infolge  davon  axiale  Spannungen  von  höchstens  1500  kg/qcm 
verursacht  werden.  Da  man  aber  nie  genau  wissen  kann,  welche  Spannungen  bereits 
in  den  Wandungen  bei  der  Herstellung  und  bei  dem  Einbau  der  Rohre  in  die  Druck- 
leitung erzeugt  sind,  so  werden  bei  grösseren  Durchmessern  und  grösseren  Druckhöhen, 
wo  das  Material  schon  durch  das  Wasser  grösseren  Beanspruchungen  ausgesetzt  zu  sein 
pflegt,  meistens  Dilatationsvorrichtungen  verwendet.  Von  ihnen  wird  im  näch- 
sten Abschnitt  die  Rede  sein.  Ihre  Wirksamkeit  hängt  von  der.  Art  der  Montage  und 
von  vielen  anderen  Umständen  ab,  die  sich  nicht  immer  alle  von  vorneherein  übersehen 
lassen ,  sie  bilden  aber  immer  schwache  Punkte  in  der  Leitung.  Die  Verankerung  an 
einem  Enickpunkte  der  Druckleitung  muss  bei  Verwendung  von  Dilatationsvorrichtungen 
aufwärts  und  abwärts  des  Enickpunktes  jedenfalls  stärker  ausfallen,  als  wenn  solche 
Stellen,  die  man  theoretisch  wenigstens  als  beweglich  annehmen  muss,  nicht  vorhanden 
sind.  Aus  diesen  Gründen  muss  die  bis  jetzt  ziemlich  allgemein  angenommene  Not- 
wendigkeit der  Einlegung  von  Dilatationsvorrichtungen  in  schmiede- 
eiserne Druckleitungen  jedenfalls  als  ein  wesentlicher  Nachteil  der 
offenen  Verlegung  gegenüber  der  bedeckten  angesehen  werden.  Aus 
der  vorstehenden  Tabelle  III  ist  zu  ersehen,  welche  von  den  im  Kap.  II  beschriebenen 
Anlagen  bedeckte  und  welche  offene  Druckleitungen  haben.  Zur  besseren  Übersicht  sind 
die  Leitungslängen  und  Dm.  beigefügt. 

Auch  die  Rücksicht  auf  die  Eisbildung  im  Druckrohr  kann  bei  der  Entschei- 
dung zwischen  offener  und  bedeckter  Verlegung  eine  Rolle  spielen.  Da  in  der  Regel 
grössere  Geschwindigkeiten  als  1  m/sek.  bei  Wasserkraftanlagen  gewählt  werden,  so  ist 
eine  Bildung  von  festem  Eis  während  des  Betriebes  nicht  wohl  denkbar.  Dagegen  kann 
sich,  wenn  das  Wasser  bis  auf  fast  0°  abgekühlt  in  die  Druckleitung  tritt,  bei  starkem 
Frost  und  offener  Rohrleitung  im  Druckrohr  gallertartiges  Eis  bilden,  welches  in 
den  Turbinen  Betriebsstörungen  verursachen  kann  (S.  835  u.  ff.). 

Kommen  bei  starkem  Frost  längere  Betriebspausen  vor,  so  darf  man  bei  offenen 
Leitungen  die  Wassersäule  im  Rohr  nicht  ganz  im  Ruhezustand  lassen,  sondern  muss 
durch  Öffnung  von  Nebenauslässen  für  eine  Bewegung  sorgen,  weil  andernfalls  ein  volles 
oder  teilweises  Einfrieren  des  Druckrohres  denkbar  wäre. 

Die  stündliche  Wärmeüberführung  W  einer  eisernen  Druckleitung  an  die 
kältere  umgebende  Luft  wird  ausgedrückt  durch  die  Formel: 

W  —  kDreL  (t,  —  t»)  in  W.E.  (74) 


924         III.    Thjgodor  Eoehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Hierin  bedeuten  k  eine  Erfahrungszahl ,  welche  etwa  =  10  zu  setzen  ist,  t*  die  mitt- 
lere Wassertemperatur,  t,  die  Temperatur  der  umgebenden  Luft,  D  den  äusseren  Dm. 
und  L  die  Länge  der  Druckleitung.  Da  1  cbm  Wasser  bei  einer  Abkühlung  um  1* 
1000  Wärmeeinheiten   abgeben    kann,    so   muss   die   stündliche  Wassennenge,    welche 

W 

durch  das  Rohr  fliesst,  sein  Q  ==  ^™ -.- -^-^-pr- (75),  wenn  die  Temperatur  des  Wasser» 

nicht  unter  7*  °  G  abgekühlt  werden  soll.  Bezeichnet  man  die  Oberfläche  des  Rohres 
DttL  mit  S  und  nimmt  man  tz  —  tm  =  20°,  tm  zu  1°  an  so  wird 

q=—ööö-=/6S'  <76> 

wofür  bei  zweieinhalbfacher  Sicherheit  in  der  Praxis  oft  Q  =  S  gesetzt  wird ,  d.  h.  es 

müssen  stündlich  durch  die  Leitung  soviel  Kubikmeter  fliessen,   als  die  Oberflache  der 

offenen  Rohrleitung  Quadratmeter  misst 

Beispiel:  Eine  offene  Druckleitung  von  1,6  m  Dm.  sei  500,0  m  lang,  dann  ist  die  Oberfläche 
2512  qm.  Es  müssen  also  stündlich  2512  cbm  während  der  Betriebspause  durch  die  Leitung  abftieasenv 
und  wenn  man  eine  Betriebspause  von  10  Stunden  annimmt,  taglich  25120  cbm. 

Zwar  wird  eine  Temperatur  von  — 20  bis  — 21°  C  zu  den  Ausnahmen  gehören,  in- 
dessen es  wird  im  Betriebe  die  Öffnung  der  Nebenauslässe  bei  Beginn  der  Betriebs- 
pausen  nicht  wohl  von  Fall  zu  Fall  geregelt  werden  können,  sondern  ein  für  alle  Mal 
für  den  schlimmsten  Fall  eingerichtet  werden  müssen.  Wird  mit  Qt  das  während  der 
Betriebspausen  eines  Kalendertages  durch  die  Leitung  zum  Abfluss  zu  bringende  Wasser- 
quantum bezeichnet  und  nimmt  man  a  Frosttage  im  Jahre  an,  so  beträgt  die  Jahres- 
wassermenge Qt .  a,  und  die  Pferdekraftstunden,  welche  damit  geleistet  werden  könnten, 

berechnen  sich  zu 

Qt.a.H.10 

K-~~360Ö       '  (77) 

Bei  einer  Wasserkraftanlage  an  fliessendem  Wasser  ohne  Aufspeicherungsbecken 
ist  es  ohne  Belang,  ob  man  das  Wasser  während  der  Betriebspausen  durch  den  Leer- 
schuss  oder  durch  die  Rohrleitung  fliessen  lässt.  Hat  man  aber  eine  Aufspeicherungs- 
anlage und  ist  der  sekl.  Wasserzufluss  gering,  der  Bedarf  an  Energie  während  der  Be- 
triebsstunden aber  gross,  so  bildet  das  durch  das  Druckrohr  während  der  Betriebspause 
zum  Abfluss  gebrachte  Wasser  einen  direkten  Verlust,  und  wenn  man  den  reinen  Nutzen 

K  k 
aus  dem  Verkauf  einer  PS«  mit  etwa  k  Pfennig  einsetzt,  so  würden  t  *  Mk.  (78)  ver- 
loren gehen.  Aus  dieser  Überlegung  ergeben  sich  Anhaltspunkte  für  die  Mehrkosten, 
welche  man  wirtschaftlich  noch  gegebenenfalls  für  die  Anlage  einer  bedeckten  Rohrlei- 
tung an  Stelle  einer  offenen  aufwenden  könnte,  wenn  man  lediglich  die  zuletzt  be- 
sprochenen Gesichtspunkte  im  Auge  hat. 

Offene  Druckleitungen  werden  stets  durch  einzelne  Fundamentklötze  ans  Beton 
oder  Mauerwerk  gestützt.  Auf  Taf.  XXI,  Fig.  1  und  2  ist  das  Längsprofil  der  Druck- 
rohrleitung des  Kubelwerkes  dargestellt,  und  es  sei  ferner  verwiesen  auf  Taf.  Q, 
Fig.  2  Druckrohrleitung  der  Anlage  Vizzola,  auf  Taf.  LVIII,  Fig.  7  Druckrohrleitung 
der  Anlage  Jajce,  sowie  auf  Abb.  308  Druckrohrleitung  der  Anlage  La  Dernier- 
Vallorbe.  Die  Lagerung  auf  den  Fundamentklötzen  erfolgt  entweder  direkt  auf  dem 
Mauerwerk  in  einem  gut  abgeglichenen  Zementbett  oder  auf  gusseisernen  Lagerschalea 
Ein  Beispiel  einer  solchen  Schale  zeigt  Taf.  LIX,  Fig.  16. 

In  Tabelle  III  sind  die  Entfernungen  der  Fundamentklötze  bei  einer  Anzahl  aus1 
geführter  Druckrohrleitungen  angegeben.  Die  für  den  einzelnen  Fall  theoretisch  zulässige 
Entfernung  lässt  sich  aus  folgenden  drei  Überlegungen  ermitteln: 


§  i.  Dbuckbokbe.  926 

1.  Es  darf  die  durch  das  Biegnngsmoment  entstehende  Spannung  kh  einschliesslich 
der  sonstigen  axialen  Spannungen  in  kg/qcm  die  zulässige  Inanspruchnahme  des  Rohr- 
materials sieht  übersteigen.  Ist  das  Gewicht  der  Druckleitung  pro  lfd.  om  im  gefüllten 
Zustande  p  in  kg,  die  Entfernung  von  Pfeilermitte  zu  Pfeilermitte  in   der  Rohrachse 


! 

et 

3 

I 

I 

3 

I 


gemessen  l  in  cm,  das  ganze  Gewicht  des  gefüllten  Rohres  P  in  kg,  der  Neigungswinkel 
der  Leitung  gegen  die  Horizontale  a  und  W  das  Widerstandsmoment  des  Druckrohres 
in  cm",  so  muss  sein  wenn  man,  um  ungünstig  zu  rechnen,  das  Rohr  nicht  als  konti- 
nuierlichen Träger,  sondern  als  Träger  auf  zwei  Stützen  auffasst: 

tt-  .  cos  o  =  g-  cos  a  =■  W  .  kb.  (79) 


926         III.    Thsodok  Koshk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Etnzelheitew. 

Dm  Widerstandsmoment  ist  W  =  55 .     *  ~ -,  wenn  Da  den  äusseren  und  D% 

den  inneren  Dm.  in  Zentimeter  bezeichnen,  also 

,    PZ cos«. 4 Da pZ*coga.4D» 

*b  —  n  (Da* — D,*) —  7i  (Da4  —  Di4)  (8Ü) 

und  lg  ^fg(D>4-Di4)^T/^;^(Da4-Di4) 
P  cos  a  4Dt  V     p  .  cosa .  4  D» 

Beispiel:  Das  Druckrohr  des  Kubelwerkes  von  160  cm  innerem  Dm,  und  161,1  cm  äusserem 
Dm.  hat  auf  dem  obersten  Ende  eine  Neigung  gegen  die  Wagerechte  von  1 :  100  (Taf.  XXI,  Pig  1). 
p  ist  =  22,26  kg,  J«745  cm,  pl  =  P  =  16584  kg,  cos a  =  0,9209 00 >,  slnaooO 

w       16  584  X  745  X  161,10  X  4,0      t  Qö  .    , 

*  =    8,1416  (161,10* -160,0*)  "1W  kg/qcm' 

Der  höchste  Wasserdruck  an  der  betreffenden  Stelle  ist  17,0  m  Wassersäule.    Es  ist  also  die  Tangential- 

Spannung  nach  Gleichung  (29) 

v       1   piDi       1    1,7 .  160      OKt.  .    . 
k,  =re__==_.___c/3 250  kg/qcm 

and  wenn  man   die  Längsspannung   gleich    der  halben  Tangentialspannung   annimmt,   wird    entere 
t/3 125  kg/qcm.    Die  von  dem  Rohrgewicht  herrührende  Längsspannung  P  sin  o  wird  co  0. 

Die  Spannung,  welche  äusserstenfalls  durch  Temperatoiveränderungen  eintreten  könnte,  wenn 
man  das  Rohr  unbeweglich  eingespannt  annähme,  also  die  Nachgiebigkeit  in  dem  Dichtungsmittel  der 
Flanschen  und  in  diesen  selbst,  sowie  in  den  Dilatationsvorrichtungen  als  nicht  vorhanden  betrachten 
wollte,  wäre  kt  =  ß .  E .  t .  F  (82).    Hierin  bedeuten 

ß  die  Ausdehnungszahl  für  Schweisseisen  =  -^-^5 — » 

E  den  Elastizitätsmodul  =  2 .  10*,  t  die  Temperatur  in  Celsiusgraden, 
F  die  Fläche  des  Stabes. 

Die  Temperaturändenmg  bei  gefülltem  Rohr  kann  höchstens  20°  betragen,  also  es  wäre  die  tob 

0.0012   2    10*   SO 
der  Temperaturänderung  herrührende  höchste  Längsspannung  kt  ;=  — '-r£ : —  =^80  kg,  demnach 

die  Summe  aller  Längsspannungen  <  725  kg. 

Es  empfiehlt  sich  zur  Kontrolle  der  ermittelten  Biegungsspannung  fa>  die  Länge  /  nach 
Formel  (81)  für  den  Wert  Von  kb  =  120  kg/qcm  zn  berechnen. 

/  -  1/139.8,1416  (1,611*- 1,600*). W„nÄK  m 

'-  V 20,26.4.161,1 ^745  «■■ 

was  genau  übereinstimmt.    Wollte  man  unter  Vernachlässigung  der  Längsspannungen,  welche  von  der 
Temperatoränderung  und  von  dem  Wasserdrucke  herrühren  können,  l  für  einen  Wert  von  kb  =750 

x*i              _*-j       •  u    #      1/750 . 8,1416  (1,611*  —  1,600*) .  108  ^  tQ  ÄO  . 

ermitteln,   so   würde   sich   1=  y — 00  26  4   161  1 ^18,62  m  ergeben. 

2.  Es  darf  ferner  der  auf  einen  Pfeiler  übertragene  Gesamtdruck  —  p .  Z  =  P  keine 
grössere  Pressung  auf  das  Mauerwerk  oder  die  Lagerschale  und  den  Baugrund  hervor- 
rufen als  das  betreffende  Material  mit  genügender  Sicherheit  vertragen  kann  (vergl.  die 
Angaben  S.  673). 

Beispiel :  Für  die  im  obigen  Beispiel  betrachtete  Druckleitung  ist  bei  l  =  745  cm,  P  =  16684  kg. 
Nimmt  man  eine  Höhe  der  Fnndamentmauern  von  2,0  m  an  und  ein  Gewicht  des  Betons  von  2000  kg/cbm,  so 
ist  der  Druck  des  Mauerwerks  allein  pro  qcm  Grundfläche  0,2 . 2  =  0,4  kg.  Bei  einem  zqj&qsigen  Druck  auf 
den  Baugrund  von  2  kg/qcm  dürfte  also  der  von  dem  Rohrgewicht  herrührende  Druck  nur  1,6  kg/qcm 


und  es  müsste  die  Grandfläche  des  Fundamentes  >    t  0    >  10865  qcm  sein.     Würde  die  Brette  der 

1,0 

Fundamentmaaer  gleich  dem  äusseren  Dm.  des  Rohres  also  00 161,0  cm  gewählt»  so  müsste  die  Dicke  der 

101,1) 

3.  Mit  Rücksicht  auf  die  Schwingungen ,  welchen  das  Rohr  durch  Wasserschläge 
»nsgesetzt  sein  kann,  wird  man  im  allgemeinen  die  Forderung  stellen,  dass  die  elastische 


§  4.  Druckrohre.  927 

Durchbiegung  f  des  Rohres  bei  ruhendem  Druck  möglichst  klein  sei  und  för  den  Wert 
von  kb  aus  Formel  80  nicht  mehr  als  1fiflflQ  beträgt 

fMt=E.J.884  W 

wenn  man  das  Rohr  wieder  als  Träger  auf  zwei  Stützen  mit  gleichmäßig  verteilter 
Belastung  p  l  =  P  betrachtet.    Hierin  bedeuten : 
E  den  Elastizitätsmodul  (vergl.  S.  891), 

J  das  Trägheitsmoment  in  cm*  =  ^^=^(DÄ4  —  Dfl  ~  0,05  (Da4  —  Di4) 

W  ist  nach  (79)  =     *    ', ,  also  J  =       fi  . — -.      Durch    Einsetzung    dieses 

Aasdruckes  in  (83)  ergibt  sich  f  =  ~.  „*  ,  (84) 

Beispiel:  Es  würde  sich  also  bei  den  obenerwähnten  Drnckrohren  ergeben 

,         5 .  745« .  189  AA.        r^     l 


24 . 2 .  10# .  161,1      w> — 14900" 

Bei  bedeckter  Verlegung  gibt  man  den  Rohren  anstatt  Einzelunterstfitzungen  fort- 
laufende Unterstützung  in  einem  Betonbett  oder  auf  einer  Schotterunterlage  und  hinter- 
stopft die  Rohre  sorgfältig  bis  zum  Kämpfer.  Die  Überdeckung  des  Scheitels  erfolgt 
je  nach  den  klimatischen  Verhältnissen  mit  0,40 — 1,20  m  Boden  und  man  kann  dann 
sicher  sein,  dass  grössere  Temperaturdifferenzen  in  dem  Rohrmaterial  nicht  vorkommen, 
sodass  jede  DilatationsYorrichtung  vollkommen  entbehrlich  wird.  Man  hat  nur  dafür 
zu  sorgen,  dass  bei  langen  und  stark  geneigten  Leitungen  längs  der 
Druckleitung  bei  Sturzregen  die  Bildung  grösserer  Wasserrinnen, 
welche  die  Unterbettung  der  Rohre  fortschwemmen  könnon,  ausge- 
schlossen ist.  Zu  diesem  Zwecke  legt  man  an  geneigten  Stellen  Abweisungsmauern 
an,  durch  welche  der  Strom  des  Regenwassers  seitlich  abgeführt  wird. 

Eine  Verlegungsart,  welche  die  Vorteile  sowohl  der  offenen,  als 
der  bedeckten  Lage  in  sich  vereinigt  —  allerdings  abgesehen  von  den  Kosten  — 
wurde  bei  der  Anlage  Funghera  (Taf.  X,  Fig.  8)  gewählt.  Dort  sind  nämlich 
die  zwei  Druckrohre  durch  ein  Betongewölbe  überdeckt,  welches  so  weit  ist,  dass 
man  überall  an  die  Rohre  heran  kann.  In  diesem  Gewölbe  schwankt  die  Temperatur 
nur  in  kleinen  Grenzen. 

Bei  der  Anlage  Hafslund  sind  die  Rohre  nachträglich  überdeckt,  um  die 
Schwierigkeiten  infolge  von  Gallerteisbildung  in  den  Rohren,  unter  denen  der  Betrieb 
früher  zu  leiden  hatte,  zu  vermeiden80). 

Ähnlich  ist  auch  die  Überdeckung  der  Druckleitung  bei  der  Urfttalsperre 
(Taf.  XLVIII,  Fig.  4b). 

Wie  schon  im  Abschnitt  2  erwähnt,  muss  man  bei  Rohren  von  grossem  Dm.  mit 
schwacher  Längsneigung  den  Zustand  der  vollen  Füllung  des  Rohres  bei  druckfreiem 
Scheitel  ins  Auge  fassen  wegen  der  starken,  sowohl  im  Scheitel  und  der  Sohle  als  in 
den  Kämpfern  auftretenden  Biegungsmomente,  und  man  bettet  deshalb  solche  Rohrlei- 


80)  Auf  eine  Anfrage  hat  der  Direktor  des  Werkes  Herr  Knud  Bryn  dem  Verfasser  wie  folgt 
geantwortet:  ,In  unseren  Drnckrohren  nnd  Turbinen  haben  wir,  seitdem  die  Rohre  überbaut  sind,  nie 
Schwierigkeit  mit  Eis  gehabt  Die  Lufttemperatur  in  diesem  eingeschlossenen  Baume  sinkt  auch  wahrend 
der  grossten  Süsseren  Kalte  nicht  unter  0  Grad,  indem  das  durchlaufende  Wasser  als  ein  grosser  Heia- 
apparat 


928 


IIL    Theodor  Köehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


tungen  entweder  bis  etwas  über  dem  Kämpfer,  wie  bei  der  Anlage  Champ  (Füre  et 
Morge,  Taf.  LX,  Fig.  10)  oder  wie  bei  der  Druckleitung  der  Ontaria  Power  Co. 
(Taf.  LVIII,  Fig.  6)  am  ganzen  Umfange  in  Beton  ein. 

Bei  einigen  Anlagen,  so  z.  B.  bei  der  zuerst  verlegten  Druckleitung  der  Anlage 
Novalesa-Cenischia  hat  man  trotz  der  bedeckten  Lage  an  steilen  Stellen  die  Einzel- 
unterstützung durch  Betonmauern  gewählt  und  zwar  nach  mündlichen  Mitteilungen  aus 
dem  Grunde,  damit  das  Rohr,  wenn  bei  einem  entstehenden  Bisse  das  austretende 
Wasser  die  Unterbettung  fortspülen  sollte,  seine  Untersützung  nicht  verliert  und  nicht 
völlig  zum  Bruche  kommen  kann. 

Bei  der  bedeckten  Verlegung  der  Druckleitung  aus  geschweissten  Rohren 
Vouvry-Lac  Tanay  und   ebenso  bei  derjenigen  der  Aufepeicherungsanlage  Ölten  - 

Abb.  309.    Längsprofil  der  Seilbahn  zum  Transport  der  Drnckrohre  bei  der  Anlage  Vouvry-Lae  Tanay. 


Aar  bu  rg  und  früher  schon  bei  dem  Wasserkraft-Elektrizitätswerk  der  Walliser  Industrie- 
Gesellschaft  in  Vernayaz  (Rhonetal)  (S.  606  ad  27)  wurden  keilförmige  Zwischenstücke 
(Taf.  LVIII,  Fig.  10  und  12)  verwendet,  mit  deren  Hilfe  es  möglich  wurde,  nach  jeder 
Richtung  hin  kleinere  Knicke  bis  10°  zu  bilden  und  sich  so  dem  Terrain  gut  anzu- 
schmiegen.   Diese  Einrichtung  soll  sich  gut  bewährt  haben. 


Der  Transport  der  Druckrohre  an  die  Baustelle  erfolgt  bei  geeigneten 
Zufahrtstrassen  durch  Wagen  bis  zu  einer  oberhalb  der  Leitungslinie  gelegenen  Stelle, 
und  man  lässt  dann  die  Rohre  auf  Schlitten  oder  Schleifen  bis  zur  Baustelle  herunter- 
gleiten. Findet  sich  eine  derartige  geeignete  Zufahrtstrasse  nicht,  so  werden  die  Rohre 
entweder  auf  Gleisen  mit  motorisch  angetriebenen  Windevorrichtungen  zur  Baustelle 
emporgefahren,  wie  es  aus  Abb.  308  ersichtlich  ist,  oder  man  transportiert  die  Drnck- 
rohre durch  Seilbahnen  an  die  höher  gelegene  Stelle,  wie  es  z.  B.  bei  der  Anlage 
Vouvry-Lac  Tanay  geschehen  ist.  Die  diesbezüglichen  Vorrichtungen  geben  aus 
Taf.  LIX,  Fig.  13  und  14  und  Abb.  309  mit  genügender  Deutlichkeit  hervor. 

Zum  Verlegen  der  Rohre  an  Ort  und  Stelle  werden  entweder  dreibeinige  Böcke 


§  4.  Druckrohre.  929 

mit   Flaschenzügen   (Taf.  LVIII,  Fig.  2  und  Abb.  310)  oder  auf  Gleisen   verschiebbare 
Gerüste  nach  Tal.  L1X,  Fig.  15  benutzt 

Bei  der  Anlage  Ghamp  (Füre  et  Morge)  wurden  die  in  der  Werkstatt  herge- 
stellten Rohrschüsse  auf  dreierlei  Weise  an  Ort  and  Stelle  zusammengesetzt. 

Eine  Methode  bestand  darin,  das»  die  Rohre  auf  einer  ans  Bohlen  hergestellten  und  auf  dem 
Betonbett  erbauten  Plattform  au  Röhrenden  von  80 — 40  m  verbunden  wurden.  Nach  Fertigstellung 
eines  solchen  Stuckes  wurde  das  gante  Bohrende  mittelst  der  FIsscheninge  (Abb.  310)  gehoben  und 
nach  Beseitigung  der  hölzernen  Plattform  in  das  Betonbett  gelegt,  nachdem  dasselbe  zuvor  auf  das 
sorgfältigst*  gesäubert  war. 

Abb.  310.    Verlegung  der  Druckleitung  aus  Siemens-Martin  Stahl  der  Anlage  Champ. 


Bei  der  aweiten  Verlegnngsart,  welche  angewendet  werden  konnte  für  Wandstärken  von  S  mm 
und  mehr,  worden  die  Rohrschflsso  an  Rohratrecken  bis  zu  60  m  Lange  auf  einer  ans  Bohlen  herge- 
stellten Plattform  auaaminengeaetat,  welche  lings  des  Betonbettee  auf  dem  natürlichen 
Terrain  errichtet  war.  Nach  Fertigstellung  eines  solchen  Stockes  wurde  dasselbe  vorsichtig  in  das 
Betonbett  hinein  gerollt ,  wobei  die  innere  Leibung  und  besonders  die  Kanten  des  Betonbettes  durch 
Faschinen  geschützt  wurden. 

Die  dritte  Art  der  Verlegung  bestand  darin,  daaa  die  in  der  Werkstatt  in  10  m  langen  Schüssen 
hergestellten  Rohrenden  an  die  Baustelle  gefahren  worden  und  dort  nach  Einbettung  in  das  Betonbett 
direkt  miteinander  vernietet  wurden,  indem  das  eine  Röhrende  in  das  andere  hineingesteckt  wurde. 
In  dem  Beten  wurden  an  der  Stossfnge  für  die  Nietung  entsprechende  Blume  freigelassen '<). 

Eine  grössere  Dückeranlage  ist  bereits  in  §  2,  S.  795,  Abb.  240  erwähnt. 
Wenngleich  diese  Druckleitung  einen  Teil  eines  Werkkanals  bildet,  so  würde  sie  doch 
ebenso  für  eine  Druckleitung  dienen  können. 

*i)  Die  erste  und  zweite  Art  der  Verlegung  wurde  von  der  Firma  Bouchayer  *  Viatlet  in 
Grenoble,  die  dritte  von  der  Firns  Jova,  Qrenoble  ausgefohrt. 

Handbuch  der  Inc-WiaMoacb.    in.  Tul.    IS.  Bd.  59 


930 


III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


m~—>659-. ...—->-•« 


Die  Versenkung  eines  Dückers  der  Kanalisation  von  Charlottenburg  durch 
die  Havel  bei  Spandan  ist  auf  Taf.  UX,  Fig.  3  und  4  zur  Darstellung  gebracht51). 

Eine  grössere  Ausfuhrung  ähnlicher  Art  ist  bei  der  Versenkung  der  Druckrohre 
durch  den  Niederhafen  in  Hamburg  ins  Werk  gesetzt88). 

Auf  der  eben  genannten  Tafel  zeigen  Fig.  7—12  die  bei  bei  Verlegung  des  Druck- 
rohres  der  Kanalisation  von  Charlotten  bürg  unter  dem  Güterbahnhof  Westend 
vom  Verfasser  angewandte  Verlegungsart.  Das  eigentliche  Druckrohr  liegt  hier  in  einem 
Mantelrohr  auf  Schienen  und  kleinen  Rollen,  sodass  es  im  Falle  einer  Reparatur  ohne 
Aufgrabung  herausgezogen  und  wieder  eingeschoben  werden  kann88). 

5.  Die  Vorrichtungen  cum  Ausgleich  der  Lfingenänderungen  und  die  Ver- 
ankerung an  den  Knickpunkten.  Wie  bereits  im  vorigen  Abschnitt  gesagt,  kommen 
sogenannte    Dilatationsvorrichtungen    nur     bei    offener    Verlegung   der 

Dilatetionsstück  in  der  Drackrohr-  Druckrohre  in  Frage.  Bei  kleinen  Dm.  genügen  ab 
leitung  der  Anlage  Jajce.  Dilatations Vorrichtung  die  Krümmerstücke  an  den  Knick- 
punkten. Man  gibt  auch  wohl,  um  Längs&nderungen  un- 
schädlich auszugleichen,  der  Leitungslinie  im  Grundriss 
Knicke  von  etwa  10°,  sofern  auf  Längen  von  mehr  als 
100  m  Knickpunkte  im  Aufriss  der  Linie  nicht  vorkommen. 
Bei  kleineren  Längen  gewähren  auch  für  grosse  Dm  die 
Krümmerstücke,  mit  welchen  die  Druckrohre  aus  der  Druck- 
kammer austreten  und  in  das  Krafthaus  einmünden,  aus- 
reichende Nachgiebigkeit.  So  sind  z.  B.  bei  der  Anlage 
Avignonnet  (Abb.  107,  S.  504),  wo  es  sich  nur  um  eine 
Druckrohrlänge  von  etwa  28  m  und  Dm.  von  2,20  m 
handelt  und  sowohl  an  der  Druckkammer  als  auch  an  dem 
Krafthause  Krümmer  liegen,  keine  weiteren  Dilatations- 
vorrichtungen angebracht 

Bei  den  Anlagen  Vizzola  (2  m  Dm.),  Morbegno 
(2,5  m  Dm.),  Bergamasca  (2,5  m  und  1,8  m  Dm.),  bei 
denen  die  Druckrohrlängen  zwischen  etwa  45  und  68  m 
liegen,  und  gleichfalls  am  Krafthause  Krümmer  vorhanden 
sind,  hat  man  jedes  Druckrohr  in  dem  Mauerwerk  der 
*. -**>  -J  Druckkammer  in  einer  Stopfbüchse  beweglich  gemacht 

Bei  Druckleitungen  mit  mittleren  und  grösseren  Dm.  von  mehr  als  100  m  Lange 

werden  meistens  gusseiserne  Stopfbüchsen  nach  dem  Muster  von  Taf.  IJX,  Fig.  17 

eingelegt. 

Beim  Kabelwerk,  wo  die  Druckrohrl&nge  bei  1,6  m  Dm.  294  m  betrigt,  sind  an  iwei  SteUen 
derartige  Stopfbüchsen  eingebaut  (Taf.  XXI,  Fig.  1  und  2)  und  man  hat  im  Betriebe  Bewegung« 
der  Röhrenden  in  der  Stopfbuchse  von  20  mm  beobachtet. 

Die  Druckleitung  der  Anlage  St.  Maurice-Lausanne  (Taf.  XXVIII,  Fig.  5  und  &  456)  hü 
bei  einer  Gesamtlange  von  470,0  m  und  2,7  m  1.  Dm.  ebenfalls  zwei  derartige  Stopfbüchsen.  Es  ist  aber 
hervorzuheben,  dass  die  Leitungslinie  im  Grundriss  zwei  Knickpunkte  aufweist,  welche  immerhin  eise 
unschädliche  Bewegung  der  Druckleitung  gestatten,  obwohl  die  Rohre  an  den  Knickpunkten  auf  Beton- 
blöcken verankert  sind. 


•i)  Th.  Koehn,  Die  Kanalisation  von  Charlottenburg.  —  Berlin  und  seine  Bauten«  —  18Mb 
S.  870—371. 

£3)  C.  Merkel,  Die  Versenkung  der  Dttckerrohre  durch  den  Niederhafen  und  die  Mündung* 
anläge  der  neuen  Stammsiele  in  Hamburg.  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1906.  S.  41,  81,  183,  208 
mit  zahlreichen  Abbildungen. 


§  4.  Druckrohre.  931 

Bei  der  Anlage  La  Dernier  Vallorbe  (Taf.  XXXI,  Fig.  1  und  S,  465),  wo  ein  im  ganzen 
620,0  m  langes  Drnckrohr  von  1,2  m  bis  1,0  m  innerem  Dm.  verlegt  wurde,  hat  man  ausser  der  Dila- 
tationsvorrichtung an  der  Ansmflndangsstelle  ans  der  Druckkammer  selbst,  noch  vier  solche  Stopfbüchsen 
angeordnet  und  zwar  von  oben  nach  unten  gemessen  in  Entfernungen  von  84,0  m,  144,0  m,  219,0 
und  110,0  m.  Das  Rohr  ist  auf  der  obersten  Strecke  77%»  *nf  der  zweiten  81,2%,  auf  der  dritten 
43%,    auf  der  untersten  24%  geneigt. 

Statt  der  gusseisernen  Stopfbüchsen  wurde  bei  der  Druckleitung  der  Anlage 
Jajce  (1,6  m  Dm.)  als  Dilatationsvorrichtung  an  einem  Knickpunkte  ein  federndes 
keilförmiges  Fassonstück  (Abb.  101,  S.  4Ö5  [nebenstehend  wiederholt]  und 
Taf.  LVIII,  Fig.  7)  verwendet. 

Wenn  an  schärferen  Knickpunkten  (von  mehr  als  10°)  einer  Druckleitung,  bei  lose 
aufliegenden  Rohren  durch  den  hydraulischen  Druck  und  die  Arbeitsfähigkeit  des  strömen- 
den Wassers  die  Gleichgewichtslage  gestört  werden  würde,  muss  die  Druckleitung  auf 
Mauerwerk»  oder  Betonkörpern  mit  entsprechenden  Abmessungen  verankert  werden. 
Ebenso  wird  bei  steilen  Leitungen,  wo  die  Reibung  nicht  gross  genug  ist,  um  ein  Herab- 
gleiten zu  verhindern,  eine  Verankerung  notwendig.  Als  Beispiele  seien  die  Druckleitung 
Kubelwerk  (Taf.  XXI,  Fig.  1  und  2)  und  die  Druckleitung  der  Yizzola-Anlage 
(Taf.  II,  Fig.  2)  genannt.  Einzelheiten  von  Verankerungen  zeigen  die  Fig.  3 — 5  und  8—9, 
Taf.  LVIII. 

Im  nachstehenden  sind  einige  Formeln  für  die  Berechnung  der  Verankerungen 
angegeben84),  welche  genügende  Anhaltspunkte  für  die  Wahl  der  Mittel  zur  Verankerung 
bieten  dürften.    Die  technischen  Einzelheiten  ergeben  sich  im  übrigen  von  selbst. 

1.  Betrachtet  man*  einen  Knickpunkt,  bei  dem  der  obere  Strang  gegen  die  Wage- 
rechte (Abb.  311)  unter  dem  ^a,  der  untere  Strang  unter  dem  ^Cat  geneigt  ist,  so 
wird  zunächst  zu  untersuchen  sein,  welche  in  Richtung  des  oberen  Leitungsstückes 
wirkende  axiale  Gegenkraft  nötig  ist,  um  das  Herabgleiten  der  Druck- 
leitung zu  verhindern. 

Es  mögen  bezeichnet  werden 

mit  p  das  Gewicht  des  aufwärts  vom  Knickpunkte  liegenden  gefüllten  Leitungsstückes  pro  lfm, 

mit  L  seine  Lange  bis  zur  nächsten  Dilatationsvorrichtung, 

mit  pi  and  Li  die  entsprechenden  Grössen  des  abwärts  vom  Knickpunkt  liegenden  gefüllten 

Leitungsstückes, 
mit  Q  die  sekL  Wassermenge,  welche  durch  die  Rohrleitung  fliessen  soll, 
mit  D  den  lichten  Dm.,  mit  r  den  lichten  Halbmesser  der  Druckleitung, 
mit  f  den  Reibungsbeiwert  zwischen  den  Rohrwandungen  und  den  Auflagerstellen. 

Für  den  Fall,  dass  keine  Dilatationsvorrichtungen  vorhanden,  sondern  dass  alle 
Rohre  durch  Flanschen  fest  verbunden  sind,  wird  man  annehmen  können,  dass  die 
Leitung  auf  einer  Länge  L  an  dem  nächstfolgenden  Verankerungspunkt  gewissermassen 
hängt  und  auf  einer  gleichen  Länge  L  auf  den  unteren  Verankerungspunkt  schiebt 
oder  umgekehrt.  Es  werden  also  in  solchem  Falle  die  Längen  L  bezw.  Lx  gleich  der 
halben  Entfernung  zweier  Verankerungspunkte  zu  setzen  sein. 

Der  von  der  Auflagerung  auf  einer  schiefen  Ebene  herrührende  nach  unten 
gerichtete  axiale  Schub  des  oberen  Leitungsstückes  ist  (Abb.  311) 

A'  =  p .  f .  L .  cos  a  —  p  .  L  .  sin  a r™r-*  •  L  .  — r- .  1000. 


**)  Nach  Wissen  des  Verfassers  finden  sich  in  der  Literatur  bis  jetzt  noch  keine  diesbezüg- 
lichen Angaben.  Anfragen  des  Verfassers  bei  den  Herren  Professoren  G.  v.  Bach  in  Stuttgart  und  Ph. 
Forchheimer  in  Graz  bestätigten  diese  Annahme. 

59* 


932 


HL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Edüeelheiteii. 


Der  letzte  Auschruck  auf  der  rechten  Seite  ergibt  sich  ans  den  Gef&lherlusten  pro 
lfm.  in  m  Wassersäule  nach  Gleichung  11  S.  886,  mal  der  Lange  L,  mal  dem  Gewicht 
der  Wassersaule  pro  lfm. 

A/=pL(fcosa  — sin  a)  —  ~g?~.L.  1000.  (85) 


Abb.  311. 


Für  das  abwärts  vom  Knickpunkt  gelegene  Leitungsstück  ist  die  in  Richtung  der 
Achse  des  oberen  Leitungsstückes  wirkende  Komponente  der  von  der  Auflagerung  auf 
einer  schiefen  Ebene  und  von  den  Druckverlusten  der  fliessenden  Wassersäule  herrüh- 
renden axialen  Kräfte: 

f                                          16  Q«  1 

A"  =    px  L,  ff  cos  (*i  —  sin  a  ) j~ri .  L, .  1000  .  [cos  (c^  —  a)  —  sin  (o,  —  a) .  tgaj.  (86» 

Man  sieht  aus  Formel  (86),  dass  für  ax  =  90°  und  a  =  0°  d.  h.  also,  wenn  der 


§  4.  Druckrohre.  933 

<£  am  Knickpunkt  ein  rechter  wird,  A"  =  0  werden  muss.  Wenn  04  a  0,  also  der 
untere  Schenkel  wagerecht  und  der  obere  Schenkel  lotrecht  wird,  so  muss  A"  gleich- 
falls 0  werden.  Es  wird  dann  aber,  da  a^>ax  die  zweite  eckige  Klammer  in  Formel  (86) 
zu  [cos(a  —  oj-f-siiifa — a,)tg(90  —  a)\ 

Die  gesamte  von  der  Schwerkraft  herrührende,  in  Richtung  des  oberen  Leitungs- 
stückes wirkende  axiale  Kraft  ist  also 

A  =  A'  +  A".  (37) 

Wie  aus  dem  nachstehend  gegebenen  Beispiele  hervorgeht,  ergeben  das  zweite  Glied 
der  Gleichung  (85)  und  das  zweite  Glied  in  der  ersten  eckigen  Klammer  der  Gleichung 
(86),  durch  welche  die  Reibungsverluste  des  fliessenden  Wassers  in  den  Leitungen  aus- 
gedrückt werden,  nur  Werte,  welche  meistens  <Ctkk  des  ersten  Gliedes  sind,  und  man 

macht  deshalb  keinen  grossen  Fehler,  wenn  man  das  zweite  Glied  ganz  vernachlässigt. 
Aus  Gleichung  (86)  ist  ferner  zu  ersehen,  dass  die  axialen  Schübe  sehr  wesentlich  von 
dem  Reibungswert  abhängen.  Der  Wert  von  f  ist  furSchweisseisen  und  Stahl  auf  Gusseisen, 
also  für  den  Fall,  dass  die  Rohre  in  Lagerschalen  gelagert  sind,  =0,19  bis  0,20.  Für 
den  Fall,  dass  die  Rohre  direkt  auf  dem  Mauerwerk  aufliegen.  =  0,45  zu  setzen.  Man 
wird  daher  bei  flach  geneigten,  offen  verlegten  Leitungen,  um  die 
axiale  Beweglichkeit  zu  erleichtern,  die  Lagerung  in  Schalen,  bei 
steilen  Leitungen  aber,  um  den  Reibungswinkel  zu  vergrössern,  die 
Lagerung  direkt  auf  dem  Mauerwerk  vorziehen. 

Die  von  der  Auflagerung  auf  den  schiefen  Ebenen  herrührenden  lotrechten 
Auflagerdrücke  auf  den  Verankerungspfeiler  sind 

P'  =  A'.sina  (88) 

ferner 

P"  =  A"sina  +  [ — -. x     A"  , ^—\  .[cos(90— at)  —  sin (90— ajtgal.  (89) 

1    Leos (o^—a)  —  sm(a1  —  a)tgaj   L      v  l/  x  x/-ö  j    \    / 

Der  Wert  P"  setzt  sich  also  zusammen  aus  der  Summe  der  lotrechten  Kompo- 
nente der  in  Richtung  des  unteren  Leitungsstückes  wirkenden  axialen  Kraft  bei 
Zerlegung  in  jene  und  in  A"  (zweites  Glied)  -f"  der  lotrechten  Komponente  von  A" 
(erstes  Glied),  wofür  man  einfacher  auch  schreiben  kann 

P"  =  — 7 v    A"  , r-r— .  sin  o,.  (89a) 

cos  fa  —  a)  —  sin  (ax  —  a)  tg  a  l  x       ' 

Wird  z.  B.  der  ^C  ax  =  0,  d.  h.  also  das  untere  Leitungsstück  wagerecht,  so  muss 
P"  =  0  werden,  da  die  betreffenden  axialen  Kräfte  wagerecht  gerichtet  sind.  Das  zweite 
Glied  der  Gleichung  (89)  erhält  dann  den  Wert  —  A"  sin  a. 

Hinzu  kommt  ferner 


>/// 


,  /1       cos  a\    ,       ,  cos  ax  /rVAV 

=  P1  \ 2~-j  +  ft  J*  "2  ^ 


worin  1  und  \  die  Entfernungen  von  Auflagermitte  zu  Auflagermitte  der  nächstliegenden 
Fundamentpfeiler  aufwärts  und  abwärts  vom  Knickpunkte  bedeuten. 

Schliesslich  ist 

P  =  +  [F  +  P"  +  P'"]  (91) 

Alle  wagerechten  Komponenten,    welche   aus   der  Auflagerung   der  Leitung   auf 
schiefen  Ebenen  herrühren,  sind 

W  =  A'  cos  a  +  A"  cos  a  =  ±  [A  .  cos  a].  (92) 


934    •      III.    Thbodob  Eoehn.    Ausbau  vom  Wasserkräfte*.    EnrzELHsrrair. 

2.  Der  in  der  Richtung  des  oberen  Leitungsstückes  wirkende  Stoss 

der  fliessenden   Wassersäule,   welcher  durch  die  Ablenkung  des  Wassers  am 

Knick  verursacht  wird,  ist 

.        ,  1000  Qv  r.  ,  vi  .    . 

Aj  =  k —  .[1  — cosfo— a)]  in  kg.  93) 


Hierin  bedeuten  Q  die  sekl.  Wassermenge  in  cbm/sek.,  v  die  Geschwindigkeit  in 
m/sek.  und  g  die  Erdbeschleunigung.  =  9,81  m,  k  einen  Erfahrungswert,  wofür  sichere, 
auf  genauen  Versuchen  beruhende  Angaben  noch  fehlen,  welcher  aber  ungefähr  zu  0,75  **) 
angenommen  werden  kann. 

Aus  Gleichung  (93)  ersieht  man,  dass  die  von  dem  Stoss  der  fliessenden  Wasser- 
säule herrührende  axiale  Kraft  ausser  von  dem  Produkt  aus  Wassermenge  und  Geschwin- 
digkeit sehr  wesentlich  von  der  Grösse  des  ^£  (at  —  a)  am  Knick  abhängt  und  dass  der 
grösste  Wert  von  At  eintritt,  wenn  (ax  —  a)  =  90  °  wird,  das  heisst  wenn  die  Rohrstücke 
am  Knickpunkt  einen  rechten  Winkel  bilden.  Nur  wenn  es  sich  um  grosse  Ge- 
schwindigkeiten und  grosse  Werte  von  Q  handelt  und  wenn  der  <$C  (o^ —  a)  >  45° 
ist,  spielen  die  von  dem  Wasserskis  herrührenden,  in  diesem  Zusammenhange  zu 
betrachtenden  Kräfte  eine  erhebliche  Rolle.  In  der  Regel  macht  man  keinen  grossen 
Fehler,  wenn  man  sie  ganz  vernachlässigt. 

Die  nach  unten  gerichtete  lotrechte  Komponente  der  axialen  Stosskraft  ist 

P1=  +  A1.sina  (94) 
und  die  wagerechte  Teilkraft 

Wt  =  +  Aj .  cos  a  (95) 

3.  Die  Ringfläche  BC  (Abb.  311)  ist  grösser  als  die  Ringfläche  B'C. 
Es  muss  deshalb  aus  dem  Druck  der  ruhenden  Wassersäule  nach  Abb.  311  eine  nach 
oben  gerichtete,  nach  Abb.  312  eine  nach  unten  gerichtete  Resultierende  entstehen, 
von  der  die  Annahme  gemacht  werden  darf,  dass  ihre  Lage  durch  die  Halbierung  des 
Zentriwinkels  der  Krümmung  bestimmt  sei.  Bedeutet  H  in  m  die  Höhe  der  Wassersaale 
im  Schnittpunkt  der  Rohrachsen,  so  ist  1000 .  H  der  Wasserdruck  pro  qm  in  kg.  Die 
dem  Wasserdruck  ausgesetzte  Oberfläche  der  grösseren  Ringfläche  in  qm  ist 

— llb^ {R + °>6366  r)- 

Die  Oberflache  der  kleineren  Ringfläche  ist 

£5^i|L=^  (r  _  06366  r) 

Hierin  bedeuten:  R  den  Halbmesser  der  Achse  des  Krümmerbogens  in  m  und 
0,6366  r  die  Entfernung  des  Schwerpunktes  des  Halbkreisbogens  mit  dem  Halbmesser 

r  =  -~-  vom  Mittelpunkt  in  m.    Demnach  ist  die  Differenz  der  Drücke  auf  die  grossere 

und  auf  die  kleinere  Ringfläche 

Z0  =  1000  H .  — ygö-— -  •  1,2732  kg. 

Der  Gesamtdruck  auf  ein  Stück  einer  halbkreisförmigen  Ringfläche  von  der  Lange  1 
im  Achsenschnitt  gemessen  verhält  sich  zur  Summe  aller  parallel  zur  Ebene  des  lot- 

")  G.  Tolkmiit  nimmt  für  die  Berechnung  des  Stossdrnckes  auf  eine  schrlggestellte  Wehr 
klappe  denselben  Wert  für  k  an.  Handb.  d.  Ing.-Wissensch.  1892.  III.  Band.  Wasserbau.  Ente 
Abteilung.  1.  Hälfte.  S.  247 


§  4. 


Druckrohre. 


935 


m 


rechten  Achsenschnittes  gerichteten  Drnckkomponenten  wie   g— .     Demnach    ist    die 

Resultierende  aller  parallel  zum  Achsenschnitt  gerichteten  Drücke  und  Gegendrücke  im 
Krümmerstück,  welche  in  0  (Abb.  311)  angreifend  und  in  ihrer  Lage  durch  die  Ebene 
des  lotrechten  Achsenschnitts  und  die  Halbierungslinie  des  <£  (at  —  a)  bestimmt  gedacht 
werden  kann 

Z  =  1000  H .  2^%MZ^t  •  1,2732.  (96) 

Die  Komponente  dieser  Kraft  Z  in  Richtung  der  Achse   des   oberen  Lei- 
tungsstückes ist 


A,  =  ±  [lOOO  2-Hr'ffi~a)  •  1,2732 


cos  a 


(97) 


Die  von  der  Kraft  Z  herrührenden  lotrechten  Komponenten  sind 

P/  =  A, .  sin  a  (98) 

Ferner  der  Anteil,  welcher  von  der  Zerlegung  der  Kraft  Z  in  eine  unter  dem  ^C.a  gegen 
die  Wagerechte  gerichtete  axiale  und  in  eine  lotrechte  Komponente  herrührt 

[cos(^)+8in(*  +  ^)tg«]     (99) 


P,"  =  1000 .  H . 2  * f*  ":£?  ~  C)  •  1,2732 

loU 


also  P,  =  ±[P,'4-Pt"]  =  ±Z.cos(^i-?). 


(100) 


Die  von  Z  herrührende  wagerechte  Komponente  ist 

W,  =  ±  [A,  .  cos  a]  (101) 

4.  Bei  Vernachlässigung  des  schraffierten  hufähnlichen  Körpers 
EFFX  (Abb.  311)  kann  man  annehmen,  dass  die  Wasserdrücke  und  die 
Gegendrücke  auf  die  Flächen  EF  und  EF1  gleich  sind.  Während  der  Wasser- 
druck bei  EF  in  der  Achse  des  oberen  Leitungsstückes  nach  unten  gerichtet  ist,  muss 
der  Gegendruck  in  dem  Schnitte  EFt  in  der  Achse  des  unteren  Leitungsstückes  nach 
oben  gerichtet  sein  und  beide  Kräfte  werden  eine  bei  einem  Knickpunkt  wie  Abb.  311 
nach  oben  gerichtete,  bei  einem  Knickpunkt  wie  Abb.  312  nach  unten  gerichtete  Resul- 
tierende haben ,  deren  Lage  durch  die  Halbierungslinie  des  ^C  (#i  —  er)  bestimmt  ist. 
Da  die  Drücke  und  Gegendrücke  durch  die  Schwerpunkte  der  Schnittflächen  E  F  und  E  Ft 
gehen,  können  sie  an  sich  nicht  auf  Erweiterung  des  Knickpunktwinkels .  180  —  (ax — a) 
hinwirken,  sondern  zunächst  nur  auf  Verschiebung  des  ganzen  Knickes  mit  unverän- 

dertem  ^    Die  axialen  Drücke  und  Gegendrücke  sind  =  — r— .  H  .  1000  in  kg,  wenn 


H  und  D  in  m  ausgedrückt  werden.     Es  ist  also  die  Resultierende  (Abb.  311) 

D«7T.H 


Z1== 


.  1000  sin 


*  (*?-)]• 


(102) 


Zerlegt  man  Zt  in  eine  Lotrechte  und  in  eine  Komponente  parallel  zur  Achse  des 
oberen  Leitungsstückes,  so  ist  die  letztere 


A8  —  rfc  Zt . 


cos  a 


(103) 


Die  von  Zx  herrührenden  lotrechten  Kräfte  setzen  sich  zusammen  aus 

P'8  =  A8 .  sin  a  (104) 


936  HL    Theodor  Koebn.     Ausbau  vox  Wasserkräften.     Einzelheiten. 


und  aus  der  bei  der  obigen  Zerlegung  von  Z,  sich  ergebenden  lotrechten 

P8"  =  Z,  [cos  (*p)  +  sin  (^±1)  .  tg«],  (105, 

also  P8  =  ± [P,'  +  P8"J  =  T  Zcos  (?!41?)-  (106) 

Die  von  Z,  herrührende  wagerechte  Komponente  ist 

W8  =  ±[A8.cosc].  (107) 

Es  ist  demnach . 

die  Summe  aller  Kräfte  in 

Richtung  des  oberen  Rohres  -A=±A-|-A1±A8±A4  ^ 

die  Summe  aller  lotrechten  Kräfte  .    .  2'  P  =  +  P  +  Pt  ±  P2  ±  P8  |    l108) 

die  Summe  aller  wagerechten  Kräfte  .  JW  =  ±W  ^-W^W,  ±W8  j 

Bezeichnet  man  die  Kräfte  in  Richtung  des  im  oberen  Leitungsstücke  fliessenden 
Wassers  als  positiv,  die  entgegengesetzten  als  negativ,  so  kann  A,  As  und  A8  negativ 
und  positiv  sein,  At  muss  aber  immer  positiv  sein,  solange  es  sich  um  Knickpunkte  in 
einer  abwärts  fallenden  Leitung  und  nicht  um  sogenannte  Scheitelpunkte  bandelt 
Bezeichnet  man  die  nach  unten  gerichtete  lotrechte  Kraft  als  positiv,  so  müssen  P  und  P, 
immer  positiv  sein,  so  lange  es  sich  nicht  um  Scheitelpunkte  handelt,  P2  und  P8  können 
positiv  und  negativ  sein  und  zwar  werden  sie  negativ,  d.  h.  nach  oben  gerichtet,  wenn 
ai^>a  (Abb.  311)  und  positiv  wenn  at<ia  ist  (Abb.  312).  Bezeichnet  man  schliesslich 
bei  Lage  der  Druckleitung  nach  Abb.  311  und  312  die  in  der  Bildfläche  nach  rechts 
gerichteten  wagerechten  Kräfte  als  positiv,  die  nach  links  gerichteten  als  negativ,  so 
muss  W,  unter  obiger  Voraussetzung  positiv,  W,  W2  und  W8  können  positiv  und 
negativ  sein«  Da  nun  die  Kräfte  Pfi  und  P8,  wie  das  nachstehende  Beispiel 
lehrt,  sehr  beträchtliche  Werte  haben  können,  und  wenn  sie  negativ  sind, 
auf  das  Kanten  des  Fundamentklotzes  in  Richtung  des  fliessenden 
Wassers  hinwirken,  wenn  sie.  positiv  sind,  aber  dem  Kanten  entgegen- 
wirken, so  können  im  allgemeinen  die  Abmessungen  der  Fundamente 
an  Knickpunkten  mit  <*!<<<*  (Abb.  312)  erheblich  kleiner  als  an  Knickpunkten  nach 
Abb.  311  ausfallen. 

Man  kann  nun  die  Annahme  machen,  dass  die  Angriffspunkte  der  Kräfte  A,  W, 
und  P'  +  P"  bei  E  (Abb.  311  und  312),  der  Angriffspunkt  der  Kraft  P"'  in  der  Mitte 
der  Auflagerfläche  der  Rohrleitung  liegen  und  dass  alle  übrigen  Kräfte  im  Schnittpunkt  0 
der  Rohrachsen  angreifen.  Damit  sind  alle  äusseren  auf  das  Verankerungsmauerwerk  wir- 
kenden Kräfte  nach  Lage,  Richtung  und  Grösse  bestimmt,  und  man  kann  alsdann  rech- 
nerisch oder  besser  graphisch  das  Fundamentmauerwerk  auf  Kanten  in  einer  ungünstig 
zu  wählenden  Fuge,,  auf  Abscheren  in  einer  zur  Achse  des  oberen  Leitungsstückes  paral- 
elen  Fuge,  auf  Gleiten  in  einer  ungünstig  gewählten  wagerechten  Fuge  untersuchen 
und  die  grössten  Kantenpressungen  ermitteln  (vergl.  die  Angaben  auf  S.  661 — 664). 

Beispiel:  Es  sei  der  unterste  Knickpunkt  der  Druckleitung  der  Anlage  Kabelwerk  (Tmf.  XXI, 
Fig.  2,  welche  der  Einfachheit  halber  hier  wiederholt  ist)  betrachtet    Es  sind  nach  Abb.  (312) 

D  =  1,6  m,  r  »  0,8  m,  F  der  Querschnitt  des  Rohres  =  D1  *A  =  2,01  qm, 
Q  =  4,6  cbm  sek,  c  =  50, 

▼  *=  8  22  2,28  in  sek.,  L  =  50,130  m,  L,  =  48,26  m,  H  =  86,49  mf 

tga  =- ^  =  0,758,  also < a  =  37*  10*,  < at  =  0°,  sina  =  0,604,  cosa  =  0,797. 

sin  fe  £°)^  °'319  J  c°8  (öl  *  ")  =  0>M8;  ""  (a~2  °l)  =  +  0,S19  (S*  FormeI  1Ö*  "■ 10S)* 


§  4.  Dbuc 

Die  Wandstärke  der  Rohrleitung  soll  ' 
fachheit  halber  durchschnittlich  zu  14  mm  ang 
werden,  sodass  sich 

p  =  p,^2600  kg 
ergibt.    Es  sei  ferner  angenommen,  dass  die  Ven 
am  oberen  Knickpunkt   der  Druckleitung  diesei 
stark  geung  sei,  um  alle  axialen  Schabe  von  d 


Abb.  312. 


Stelle  an  nach  aufwärts  aufzunehmen,  welche  um 
von  dem  hier  zu  betrachtenden  Knickpunkte  entfe) 
und   dass   ebenso   an   dem   zu   betrachtenden   Kn 
die  Krilfte  der  abwärts  gerichteten  Rohrleitung 
Li  =  46,26  m  aufzunehmen  seien.    Die  tatsächlii 
abwarte  des  Knickpunktee  vorhandene  Dila- 
tati ob s Vorrichtung    ist   also    fortzudenken, 
ebenso   ist  angenommen,    dass    der   Ver- 
wik  erring  spuckt  jenseits  des  Flusses  den 
hier  zu  betrachtenden  Kräften  keine  Gegen- 
kräfte entgegenstellen  kann.  Der  Reibnugs- 
wert  f  soll  unter  der  Annahme,  dass  die 
Bohre  auf  den  eineeinen  Zwischen pf eil eru 
und  auf  der  Brücke  in  gusseisernen  Schalen 
liegen,  0,20  sein. 

Es  ist  dann  nach  Formel  (85)  und 
wenn  man  die  Vorzeichen  im  oben  genann- 
ten Sinne  verwendet, 


;  2000.  50,130  .  (0,20.0,797  -  0,604)  - 


, 


_  16.4,6* 
8,14":  1,6»;  50* 


50180   =[-207764 
i6J=4-58474kg, 


nach  (86)   A"=    2600.4 


: .  0.20  - 


8 T4~r6'"50' '  482601  "  [0,?97  ~  (~  0,6°*  ■  °'758)]  =  -  31  556    k*- 
Es  iit  bekanntlieh  cos  (—  a)  —  cos  {-\-  a)  und  sin  (—  a)  ~  —  sin  (-(-  oj. 
Demnach  ist  nach  (87)  A  —  A'  ■    A"  ■  =  4- 26918  kg. 
Es  ist  nach  (88)  P'  =  A' .  sin  a  =  584  U  .0,604^  +  Si  31«  kg. 


938         IIL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräfte*.    Einzelheiten. 

p-ist  =  0,  da  ak  =  0ist 

Zur  Berechnung  von  P"'  soll  die  Entfernung  1  yom  Knickponkt  E  (Abb.  312) 

=  5,085  + 1,27  + 1,495  =  8,7  m 
und  die  Entfernung  lt  =  5,6  +  2  =  7,6  m  angenommen  werden.  Die  Auflagerdrücke  der  Brücke,  welche 
bei  der  Anlage  Kubelwerk  gleichfalls  auf  dem  Verankerungsmauerwerk  ruht,  aollen  hier  ausser  Ansatz 
bleiben.    Es  ist  demnach  nach  (90) 

P'"=  [2600  .  8,7  (l  -°^)  +-??^iZ£]  =  +  28497  kg, 

demnach  P  nach  (91)  =  F  +  P"  +  P"'  =  85818  +  28497  =  +  58815. 
Die  wagerechten  Komponenten  berechnen  sich  nach  Formel  (92)  zu 

W  =  26918 . 0,797  =  +  21 454  kg. 

2.  Der  Stoss  der  fliessenden  Wassersäule  am  Knickpunkt  in  Richtung  der 
£chse  des  oberen  Leitungsstackes  ist  nach  Formel  (98) 

A, =0,75 .  100° -4,6. 2,2g  (1  _ om)  =  +  mfi  ^ 

Diese  axiale  Kraft  beträgt  also  weniger  als  1  ▼.  H.  von  A 

Pt  ist  =  162,8 . 0,604  =  +  98,3  kg  und 
Wt  =  162,8 . 0,797  =  +  129,8  kg. 

8.  Die  durch  die  Halbierungslinie  des  <$Z(a  —  al)  =  a  ihrer  Lage  nach  bestimmte, 
nach  unten  gerichtete  Kraft  Z,  welche  von  der  Verschiedenheit  der  Grösse  der 
unteren  und  oberen  Krümmerflächen  herrührt,  ist  nach  (90) 

2280 
Z  =  1000 .  86,49 . 2 . 0,80* .  8,14 .  ^—^ .  1,2782  =  91 400  kg. 

Es  ist  (a  -  «,)  =  87«  W  also  ^-^-  =  .^^-  =  0,2065. 

Die  Komponente  dieser  Kraft  in  Richtung  des  oberen  Leitungsstückes 

0  819 
nach  (97)  As  =  91400  .^7  = —  86583  (negativ,  weil  gegen  die  Strömung  gerichtet), 

nach  (98)  P,'  =  85 280. 0,604  =  —  22096  (negativ,  weil  aufwärts  gerichtet). 
Die  nach  unten  gerichtete  lotrechte  Komponente  von  Z,  welche  sich  bei  der  Zerlegung  in  At  und 
in  diese  Komponente  ergibt»  ist 

nach  (99)  P,"  ist  =  91 400  [0,948  +  0,819 . 0,758]  =  +  108747, 
also  nach  (100)  P,  =  108747  -  22096  =  +  86651  kg, 

nach  (101)  Wt  =  —  86588 . 0,797  =  —  29 144  kg  (negativ,  weil  nach  links  gerichtet). 
4.  Die  axialen  Drücke  und  Gegendrücke  am  Knick  sind 

=  ^ .  H .  1000  =  2,01 .  86490  =  178  845  kg. 

4 

Die  nach  unten  wirkende,  durch  die  Halbierungslinie  des  <£  a  in  ihrer  Lage  bestimmte  Resul- 
tierende dieser  Drücke  und  Gegendrücke  ist  nach  (102) 

Zi  =  2 .  178  845 . 0,819  =  110918  kg. 
Ihre  Komponente  in  Richtung  des  oberen  Leitungsstückes  nach  (103) 

0819 
A,  =  110918.^=3=  =  — 44889  kg  (negativ,  weil  gegen  die  Strömung  gerichtet). 

Die  lotrechte  Komponente  von  A,  ist  nach  (104) 

P',  =  —  44889 . 0,604  =  —  26  810  (negativ,  weil  aufwärts  gerichtet). 
Die  lotrechte  Komponente  von  Zt  bei  der  Zerlegung  in  A9  und  Ps" 
nach  (105)  Pa"  =  110  918. 1,189  =  +  131 956  kg, 

nach  (106)  P8  =  P,'  +  P,"  =  181 956  —  26810  =  110918 . 0,948  =  105 146  kg, 
nach  (107)  W,  ist  =  —  44389.0,797  =  —  85888  kg. 
Es  ist  demnach  -ZA  =  26 918  +  162,8  —  36588  —  44889  =  —  58891 
und  es  findet  eine  Beanspruchung  des  Fundaments  auf  Abscheren  nicht  statt    Wäre  2K  positiv,  so 
müsste  das  Fundament  zunächst  so  gross  bemessen  sein,  dass  es  in  einer  unter  dem  <£a  zur  Wage- 
rechten gerichteten  Fuge  von  E  (Abb.  312)  beginnend  abwärts  nicht  abgeschert  werden  könnte. 

Wenn  die  zulässige  Beanspruchung  des  Betons  auf  Abscheren  zu  0,8  kg/qcm  angenommen  würde, 

y  a 
so  müsste  die  Fläche  der  Fuge  -^  =  x  qcm  gross  sein,  also  die  wagerechte  Querschnittsfläche 

x.cosa. 


§  4. 


Druckbohre. 


939 


Die  Breite  des  Fundamentklotzes  a  sei  zu  2,5  m  angenommen,  demnach  mfisste  das  Fundament 
von  der  lotrechten  £  J  an  nach  rechts  gerechnet  —5-= —  m  lang  sein,  um  der  Scherfestigkeit  zu  genügen. 

£,0 

Die  Summe  der  lotrechten  Komponenten  ist 

2?  =  58815  +  98,3 4. 86651  +  105 146  =  250710  kg, 
der  wagerechten  ^W  =  21454+  129,8  —  29144  —  35888  =  —  42694  kg. 

Wenn  die  Druckfestigkeit  des  Betons,  welchen  man  für  das  Auflager  selbst  aus  besserem 
Mörtel  herstellen  wird,  zu  10  kg/qcm  angenommen  wird,  so  mfisste  die  Auflagerfläche  25071,0  qcm 
gross  sein.    Der  äussere  Rohrdurchmesser  ist  162,8  cm,  sodass  das  Rohr  auf  mindestens 

25071,0 


162,8 


00 154  cm 


aufruhen  mfisste.  Eine  Verankerung  des  Rohres  nach  unten  würde  entbehrlich  sein, 
da  keine  nach  oben  gerichteten  Kräfte  auftreten  und  die  horizontalen  Schübe  durch 
Winkeleisenringe,  welche  auf  dem  Rohre  zu  vernieten  und  in  den  Beton  einzulassen  wären,  aufgenommen 
werden  konnten. 

Die  Höhe  des  Fundamentklotzes  bis  zur  Sohle  sei  zu  5,0  m  angenommen,  das  Gewicht  pro  cbm 
Beton  yi  zu  2000  kg.  Der  yon  dem  Betonmauerwerk  selbst  herrührende  lotrechte  Druck  auf  die 
Fundamentsohle  ist  daher  0,2 . 5  =  1  kg/qcm.  Es  sei  angenommen,  dass  die  lotrechte  Kraft  F=+85318  kg 
und  die  wagerechte  Kraft  W=  -f  21464  kg  in  E  angreifen,  alle  übrigen  Kräfte  sollen  am  Schnittpunkt 
der  Rohrachse  0  angreifend  angenommen  werden.    Die  Entfernung  c  (Abb.  312)  von  EJ  ist 

c  =  | .  sin  ?-  =  -'|^  .  0,319  =  0,129  m. 

Man  kann  sich  alle  lotrechten  Kräfte  ersetzt  denken  durch  eine  einzige  Kraft  2F,  welche  bei 
einer  Entfernung  £  von  der  lotrechten  EJ  angreift 

-ZP.(c  —  |)  =  P'.c 


f  =  c- 


P'c 
2P 


0,129- 


35818.0.129 
25Ö710 


=  0,111  m. 


Wiederholung  von  Abb.  188a  u.  b  und  Abb.  184  (S.  663). 


i  ■•■*•-* 


Wenn  die  Kantenpressung  bei  Ji  5  kg  nicht  übersteigen  soll,  also  wenn  die  von  den  äusseren 
Kräften  herrührende  Kantenpressung  nicht  grösser  als  5  —  1  =  4  kg  sein  soll  und  wenn  eine  Zug- 
spannung an  der  gegenüberliegenden  Kante  nicht  eintreten  darf,  so  muss  nach  Abb.  183/184  auf  S.  663, 

2  2V 
welche  vorstehend    wiederholt    sind,    4  =  -5- — r~rr' tää— s^n    ******  woraus  sich  u  zu  1,560  m  und 

3  (u  -|-  § ) .  100 .  250 

(u  -f-  i)  =  1,671  m  ergeben,  wobei  u  die  Bedeutung  hat,  welche  sich  aus  Abb.  312  ergibt. 

b  muss  sein  =  3  (u  +  §)  =  8 .  (1,560  +  0,111)  =  5,013  m. 

Es  muss  ferner  bei  den  gemachten  Annahmen  nach  Gleichung  (52)  S.  664  die  Kantenpressung 
an  der  Kante  Gi  =  0  werden,  da 


nj  =  2 . 


2? 

ab 


r3.(u+f) 


—  1 


ist  (a  bedeutet  die  Breite  des  Fundamentes). 


Da  das  Gewicht  des  Mauerwerks  selbst  hierbei  nicht  berücksichtigt  ist,  so  wird  die  tatsächliche 
Kantenpressung  bei  Gt  =  1  kg/qcm. 

Um  zu  untersuchen,  ob  der  Mauerklotz  auf  der  Sohlenfuge  gleiten  kann,  ist  die  Grösse  des 
<£/?,  welchen   die  Resultierende  aller  Kräfte  mit  dem  Lote  zur  wagerechten  Soblenfuge  einschliesst, 

2  W 

zu  ermitteln  tg£=  ^p.    Zu  der  oben  ermittelten  Summe  P  kommt  noch  das  Gewicht  des  Mauerwerks 


940  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Eekzelheiteh. 

M  =  5,013. 5,0. 2,5. 2000  =125  325  kg 

«£/?  ist  also  erheblich  kleiner  als  der  Reibungswinkel  zwischen  Mauerwerk  und  Erde  (20*  bei  doppelter 
Sicherheit  S.  662),  sodass  Gleiten  nicht  eintreten  könnte,  auch  wenn  man  sich  das  Mauerwerk  nickt  wie  is 
Abb.  312  fest  eingespannt,  sondern  anf  der  Sohlenfnge  an  sich  verschiebbar  dichte.  Ans  der  Betrach- 
tung der  GrossenverhAltnisee  und'  der  Richtung  der  wagerechten  Kräfte  und  ihrer  Hebelarme  um  die 
Kanten  J,  und  G,  im  Vergleich  zu  den  lotrechten  Kräften  und  deren  Hebelarme  ergibt  sack  ohne 
weiteres,  dass  in  dem  vorliegenden  Beispiel  ein  Kanten  nicht  eintreten  kann,  sodass  die  Hj^Aifg 
überflüssig  ist 

Damit  ist  die  Untersuchung  des  Yerankerangsmanerwerkes  abgeschlossen.  Das 
tatsächlich  beim  Kabelwerk  ausgeführte  Verankerungsmauerwerk  ist  erheblich  gröeser 
als  das  oben  rechnerisch  als  notwendig  ermittelte.  Die  grosse  verwendete  Mauermasse 
wird  auch  dadurch  nicht  erklärlich,  dass  tatsächlich  die  Brücke  auf  dem  Fundament- 
klotz  mit  aufruht,  auch  nicht  durch  den  Umstand,  dass  sich,  entgegen  der  gemachten 
Annahme,  dicht  unterhalb  des  Knickpunktes  eine  Dilatationsvorrichtung  befindet,  sodass 
tatsächlich  A"  =  0,  also  A=A'  =  58474  kg  anstatt +26918  kg,  und  2k  anstatt 
=  —  53891  kg  zu— 22335  kg,  also  2Vf  anstatt  =  — 42  694  kg  zu  —17801  kg 
T  wurden.     Bei    ausgeführten 

\  Anlagen  findet  man  vielfach 

ganz  gewaltige  Mauermassen 
aufgewendet*),  was  zum  Teil 
wohl  darauf  zurückzuführen 

Abb.  814.  ***>   ^a*8  *"*  Jetzt   **  **er 

Literatur  Angaben  über  die 

Berechnungsweise  derartiger 

Mauerkörper  noch    fehlten. 
Nach  den  bisherigen 

Berechnungen   würden    ein- 
f   springende  Knicke  (Abb.  312) 

stets  einen  Druck  auf  ihre 
Unterlage  ausüben.  Es  kann  jedoch  auch  bei  ihnen  eine  Vorkehrung  gegen  das  Ab- 
heben, also  eine  Verankerung  oder  Übermauerung  notwendig  sein,  wie  nachstehende 
Betrachtung  zeigt87). 

Vorausgeschickt  werde,  dass  ein  an  beiden  Enden  geschlossener  mit  (als 
betrachtbarer)  Pressluft  gefüllter,  beliebig  gebogener  Strang  von  kreisrundem 
(Abb.  313)  nicht  das  Bestreben  hat,  seine  Krümmung  zu  ändern,  weil  für  jeden  Bohrquer- 
schnitt die  Resultierende  aller  auf  einer  Seite  des  Schnittes  angreifenden  Aussenkr&fte  durch 
den  Querschnittsmittelpunkt  geht,  also  kein  Biegungsmoment  erzeugt.  Selbst  wenn  man 
den  Strang  mit  Wasser  statt  mit  Luft  füllen  würde,  träte,  falls  er  in  einer  wagerechten 
Ebene  liegt,  noch  keine  Verbiegung  ein.  Die  Sachlage  wird  aber  eine  andere,  sobald 
in  einer  lotrechten  Ebene  liegende  Bögen  oder  Kniee  vorhanden  sind.  Ist  ein  solches 
Knie  eingemauert  und  desgleichen  eine   zweite   höher  gelegene  Stelle  im  Abstand  L 


*•)  An  dem  untersten  Verankerungspunkt  der  Druckleitung  der  neuen  Anlage  B ratio  (8.  919, 
wo  allerdings  6  Rohre  von  ca.  755  mm  Dm.  nebeneinander  liegen,  der  Wasserdruck  etwa  425  m  betragt  und 
der  Knickpunkt  einen  ausspringenden  <<  (ai— a)  hat,  wurden  1200  ebm  ßeton  und  viel  Verankerung»' 
eisen  verwendet. 

s?)  Die  nachstehenden  Ausführungen  bis  lum  Schlüsse  des  Abschnittes  5  hat  Herr  Profeaeer 
Philipp  Furch  he  im  er  dem  Verfasser  rar  Veröffentlichung  in  diesem  Bande  freundlichst  zur  Ver- 
fügung gestellt. 


f  4.  Dbückbohbe.  941 

bezeichnet  ferner  a  den  Neigungswinkel  des  Stranges  und  p  das  Gewicht  seiner  Längen- 
einheit nach  der  Fällung,  also  p  cos  a  die  Belastung  senkrecht  zum  Strang,  so  beschreibt 
letzterer  nach  der  üblichen  Bezeichnungsweise  die  elastische  Linie  (Abb.  314) 


pl4cosa 

y  —  "24E7 


\V       J1»+1V' 


welche  Linie  Wendepunkte  an  den  Stellen  x=  l^±  py»)  1  besitzt  und  in  der  Mitte 

den  Pfeil  f=|^  (109) 

aufweist    Die  Durchbiegung  muss  mit  einer  Verlängerung  verbunden  sein,  welche  man 

genügend  genau  nach  der  Formel 

8  P       p2 17  cos8  a 
Verlängerung  =  -^  =  „  8ÖDE»  J1  (1 10) 

berechnen  kann.  Eine  Zerlegung  der  Kurve  in  drei  an  den  Wendepunkten  aneinander 
stossende  Bögen  und  Berechnung  der  einzelnen  Bogenlängen  führt  auf  nahezu  gleichen 
Zahlenwert.  Die  Dehnung  muss  Zugkräfte  in  der  Rohrrichtung  hervorrufen.  Hat  die 
Zugkraft  am  unteren  Ende  die  Grosse  S,  so  wirkt,  wenn  man  um  klareren  Einblick  in 
das  Kräftespiel  zu  erlangen,  das  Wasser  durch  einen  reibenden  Stoff  ersetzt,  an  der 
Stelle  x  eine  Zugkraft  S  +  pxsina,  welche  sich  über  den  Querschnitt  der  Rohrwand  — 

er  messe  F  —  verteilt.    Die  Züge  rufen  zusammen  eine  Dehnung 

i  1 

™/[S  +  PXSma]dx=  2     (Hl) 

E*y  ef 

hervor.     Die  Gleichsetzung  der  Ausdrücke  (HO)  und  (111)  liefert 

p2leFcos2a     plsinof  /119 

b-553ÖÖE7*~   ~2~-  (lU) 

Nun  beträgt  der  lotrechte  Zug  aufwärts,  welchen  die  Verankerung  auszuhalten 
bat  (falls  überhaupt  ein  Zug  und  nicht  ein  Druck  auftritt) 

S  sin  a —  ~  pl  cos2  a 

und  der  wagerechte  Schub,  dem  der  Mauerpfeiler  widerstehen  muss 

S  cos  a  +  s  P*  8*n  acos  a. 

äs 

Aus  (112)  geht  daher  hervor,  dass  für  ein  Rohr  vom  Durchmesser  2  r  und  der  Wandstärke  S 
(also  für  J  =  rrr8d,  Y  =  2nrd)  bei  Bezeichnung  des  Eigengewichtes  des  Rohrinhaltes 
mit  y  (also  für  p  =  nyr*) 

der  lotrechte  Ankerzu* -  P'16F  <**»<»  sine     pl _ yM W «wna_ rcyr*J    (m) 
aer  lotrec&te  AnJcerzug  -      ^-^  £  Jf  2  -     8800  E  r  d  2        (' 

j  Ll    o  i_  i_       pM6Fcos8a     yMecossa 

der  wagerechte  Schub  =  ^ö51_ =|~-_ 

beträgt.    Für  Wasser  fällt  in  (112)  das  zweite  Glied  weg  und  wird  (113)  zu: 

T    .      ,.       .   .                y*Z6cos*asina      nyr%lco&2a  /4<jiX 

Lotrechter  Ankerzng  =     880QErd r— f (114) 

Befindet  sich  auf  dem  Pfeiler  ein  Knick,  stossen  hier  also  zwei  Strecken  ver- 
schiedener Neigung,  a  und  04,  und  gleicher  oder  abweichender  Längen  1  und  lt  zu- 
sammen, so  kann  nur  die  obere  Strecke  einen  Aufwärtszug  ausüben,  während  die  vom 
Knie  aus  fallende  Rohrfahrt  unter  allen  Umständen  drückt.  Das  Ergebnis  ist  gemäss 
(113)  ein  lotrechter  aufwärt«  gerichteter  Zug  (oder  wenn  negativ,  ein  abwärts  wirkender 
Druck) 


942  III.     Theodor  Koehn.     Ausbau  von  WassebebAitek.     Etnzklheiten. 

y* . (1* cob1  a  sin a  —  l.'ooa'o,  sina.)     nyr* ,.     ...         .    .  „,, 

Es  kann  also  nach  (115)  die  Anbringung  eines  Ankers  nötig  sein,,  wie  eingangs 
behauptet  wurde;   doch  tritt  dieser  Fall  nur  selten  ein. 

6.  Die  Vorrichtung  zum  Abschlags  zur  Entleerung,  Entlüftung  und  aar  Uiter- 
Haltung  der  Druckleitungen.  Über  die  für  den  gewöhnlichen  Betrieb  gebräuchlichsten 
Abschlüsse  in  den  Druckkammern  ist  bereits  im  §  2,  S.  829  berichtet,  and  es  sind  an 
diesem  Ort  auch  einige  selbstwirkende  Verschlüsse  erwähnt,  welche  im  Falle  eines  Itohr- 
bruches  in  Wirksamkeit  treten  sollen.  Derartige  selbstwirkende  Rohrverschlnsse  werden 
...  .      _.  nur    bei    höheren   Drücken    (mehr  als    80  in)  und 

Abb.  315.    Schieber  mit  elliptischer  Grund-  T    ..  ...  ■      t?  \ 

risaform  (Wiener  Wasserleitung),  grosseren  Leitungslangen  in  Frage  kommen. 

Ergänzend  sei  hier  noch  auf  eine  Einrichtung  ver- 
wiesen, welche  bei  der  bereits  8.  919  erwähnten,  rd.  640,0  n 
langen  Hochdruckleitung  des  Wasserkraft- Elektrizitätswerk  n 
Lazern-Engelberg  bei  Obermat  verwendet  wurde,  fcr 
Verschluss  wird  hier  durch  ein  Tellerv-ent.il  bewirkt,  das  durch 
ein  Hebelwerk  mit  Gegengewicht  offen  gehalten  wird.    Du 

Abb.  816.     Stoasfreier  Wasserst  hieber  nach  Forcbbeimer. 


Gegengewicht  ist  verschiebbar  und  lasat  sich  auf  eine  bestimmte  Wassergeschwindigkeit  einstellen,  bei 
deren  Überschreitung  das  Ventil  sich  selbsttätig  ach  liegst.  Um  den  Stoss  beim  Schlieaaon  abiubrenu". 
ist  die  Spindel  des  Ventils  mit  einem  Press  wanserkolben  verbanden,  der  ständig  unter  Druck  steht  ati 
so  auch  das  Ventil  entlastet**). 

Die  normalen  Betriebsverschlüsse  von  Druckleitungen  bestehen  bei  lichtem  Dm.  bis  m 
1,20  m  meist  ans  gusseisornen  Rohrschiebern  (vergl.  Abb.  315).  Der  kreisrunde,  gasseiseroe 
Schieberkeil  hat  V*  bis  V«  Anzug.  Die  Dichtungsringe,  die  Spindel  und  Spindelmutter  be- 
stehen  ans   Kotguss.     Zweckmässig    ist    eine    elliptische   Grandrissform    des   Geh&utes. 

•  8)  Die  Konstruktion,  welche  der  bei  der  Anlage  Vouvrv-Lac  Tanay  angewendeten  »bauet 
ist,  stammt  von  den  L.  v.  Rollschcn  Eisenwerken  (vergl.  ZeiUchr.  d.  Ver.  Dentscher  Ing.  1906.  S,  I**" 
woselbst  eine  Abb.  des  Ventils  gegeben  ist,  und  Schweiz.  Baas.  21.  Juli  1906). 


§  4.  Drügkbohbe.  943 

Abb.  316  a  und  b  stellen  den  stossfreien  Wasserschieber  Bauart  Forchhei mer  dar.  Die 
Schieberplatte  ist  beiderseitig  flügelartig  nach  unten  verlängert,  sodass  die  dazwischen 
spitz  verlaufende  Durchgangsöffhung  den  Abschluss  verlangsamt89). 

Statt  der  Schieber  werden  vielfach  auch  Drosselklappen  verwendet  und  sie  bilden 
für  grössere  Dm.  als  1,20  m  die  Regel.  Unter  anderen  aus  Taf.  LXV,  Fig.  1,  2  und  3, 
Taf.  LXXII,  Fig.  3  und  4,  Taf.  LXXV,  Fig.  6  und  8  geht  die  Konstruktion  derartiger 
Verschlüsse  hervor.  Bei  hohen  Wasserdrücken  und  grösseren  Dm.  wird  man  regelmässig 
an  den  Schiebern  oder  Drosselklappen  Umlaufrohre  anbringen,  welche  mit  Hahn- 
oder  Schieberverschlüssen  versehen  sind,  und  durch  welche  beim  Offnen  und  Schliessen 
des  Schiebers  ein  Ausgleich  der  Drücke  auf  beiden  Seiten  herbeigeführt  wird. 

Jedes  Hauptdruckrohr  muss  für  sich  am  unteren  Ende  abschliessbar  sein  und 
entleert  werden  können,  ebenso  jeder  Turbinenabzweig,  sei  es  durch  die  Turbine  selbst, 
sei  es  durch  einen  besonderen  Entleerungsschieber. 

Weist  das  Längsprofil  der  Druckleitung  Scheitelpunkte  auf,  an  welchen  sich 
Luft  ansammeln  kann,  so  muss  an  ihnen  je  ein  Entlüftungsrohr  angelegt  werden, 
welches  selbsttätig  wirkend  eingerichtet  oder  so  gebaut  sein  kann,  dass  es  von  Zeit  zu 
Zeit  von  Hand  geöffnet  wird. 

Um  das  Innere  des  Druckrohres  reinigen  und  nötigenfalls  während  einer  betriebs- 
schwachen Periode  (sofern  mehrere  Druckrohre  vorhanden  sind)  mit  neuem  Anstrich 
versehen  zu  können,  ist  es  zweckmässig,  einige  Mannlöcher  auf  der  Druckleitung  anzu- 
ordnen, wie  es  z.  B.  bei  der  Anlage  Novalesa-Cenischia  S.  376  und  bei  der  Anlage 
Champ  (Füre  et  Morge)  S.  538  geschehen  ist 

Die  Entfernung  solcher  Mannlöcher  voneinander  wird  sich  nach  der  Gesamtlänge 
der  Leitung  und  dem  Dm.  zu  richten  haben. 

Bei  letztgenannter  Anlage  befinden  sich  auf  der  2500  m  langen  Strecke  des  genieteten  Siemens- 
Martin- Stahlrohres  drei  Mannlöcher  und  zwar  das  eine  am  Krafthanse,  das  zweite  1000,0  m  aufwärts 
und  das  dritte  an  der  Stelle,  wo  das  Stahlrohr  mit  dem  armierten  Betonrohr  verbunden  ist.  Die  recht- 
eckigen Rahmen  der  mit  einem  gusseisernen  Deckel  versehenen  Mannlöcher  haben  eine  lichte  Öffnung 
von  35/45  cm  Seitenlänge. 

7.  Die  Einmündung  der  Druckrohre  in  die  Turbinen.  Die  Druckleitung  wird 
in  das  Krafthaus  entweder  oberhalb  oder  unterhalb  des  Maschinenflures  eingeführt. 
Einen  Grenzfall  der  ersteren  Art  zeigt  das  S.  604  ad  15  genannte  Wasserkraft- 
Elektrizitätswerk  Toulouse,  wo  das  Druckrohr  über  dem  First  des  Daches  liegt 
und  die  Turbinenrohre  für  die  Spiralgehäuseturbinen  von  je  417  PS#  beiderseitig  mit 
einem  Krümmer  abzweigen  und  dann  lotrecht  durch  die  Dachfläche  zu  den  Turbinen 
herabgeführt  werden. 

Eine  mittlere  Lage  weist  die  Einmündung  der  Druckrohre  bei  den  Anlagen  Vizzola 
(Taf.  II,  Fig.  2  und  Abb.  47,  S.  350)  und  bei  der  Anlage  Avignonpet  (Abb.  108, 
S.  505)  auf.  In  beiden  Fällen  handelt  es  sich  um  voll  beaufschlagte  Gehäuseturbinen. 
Jede  Turbine  (bei  Vizzola  2000  PS«,  beiAvignonnet  2700  PS«)  hat  hierbei  ihr 
eigenes  Druckrohr.  Diese  Art  der  Einführung  ist  zur  Nachahmung  sehr  zu  empfehlen, 
wenn  die  Örtlichkeit  ähnlich  wie  bei  den  genannten  Anlagen  liegt.  Das  Wasser  macht 
den  kürzesten  Weg,  und  so  entstehen  die  kleinsten  Gefällverluste.  Soll  die  Turbine  wegen 
Reparaturen  auseinandergenommen  werden,  so  muss  allerdings  auch  der  grosse  Ein- 
mündungskrümmer über  der  Turbine  beseitigt  werden,  was  aber  mit  Hilfe  des  Laufkrans 
schnell  und  leicht  geschehen  kann  (Abb.  49,  S.  351,  welche  umstehend  wiederholt  ist). 

Bei  Freistrahlturbinen  (Peltonräder  und  Schwamkrugturbinen  mit  wage- 
rechter Achse)  liegt  das  Hauptdruckrohr  meistens  in  Höhe  der  Turbinenachse  über  dem 

89)  Derartige  Schieber  werden  von  H.  Breuer  <k  Co.  in  Höchst  a.  M.  angefertigt 


944  III.     Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

Maschinenflur  und  die  Abzweigrohre  münden  geradlinig  in  der  Richtung  des  wagerecbten 
Dm.  der  Drackrohrleitnng  aus.  Beispiele  hierfür  bieten  die  Anlagen  Kubelwerk 
(Taf.  XXI.  Fig.  5—6}  und  La  Dernier-Vallorbe  (Taf.  XXXI,  Fig.  2—4). 

Bei  der  Anlage  Vouvrj-Lac  Tanay,  welche  gleichfalls  Hochdruck  -Freistrahl- 
tnrbinen  hat,  liegen  die  Druckleitungen  unter  dem  Maschinenflur  nnd  die  Turbinen- 
abzweigrohre  zweigen  lotrecht  ans  dem  Scheitel  der  Druckleitung  ab  (Taf.  I.XXV1. 
Fig.  8).  Die  Einführung  der  Abzweigrohre  in  die  Turbinen  erfolgt  bei  den  znletit 
erwähnten  drei  Anlagen  mittetet  Krümmerstücke  von  90°  Krümmung.  Mao 
zieht   diese  Art  der  Einmündung  der  geradlinigen' im  allgemeinen  vor.    weil  sich 

Ansicht  des  MaBchinciisanIes  des  Krnfthauses  Vizzola  wahrend  der  Montag«. 


solche  Krümmerstücke  leichter  montieren  nnd  bei  Reparaturen  leichter  herausnehmen 
lassen,  als  Stücke,  welche  zwischen  der  Druckleitung  einerseits  und  der  Turbine  anderer- 
seits unelastisch  eingekeilt  sind. 

Geradlinige  Turbinenleitungen  ohne  Krümmer  ausserhalb  der  Turbine 
bei  Lage  der  Hauptdruckrohrleitung  über  dem  Flur  in  Höhe  von  etwa  der  Turbinen- 
achse  zeigen  die  Anlage  Novalesa  a.  d.  Cenischia  (Taf.  XU  n.  S.  973)  und  diejenige 
der  Walliser  Industrie-Gesellschaft  in  Vemayaz  (Taf.  LXXV,  Fig.  1—3).  In 
den  beiden  letztgenannten  Fällen  handelt  es  sich  um  eine  Art  von  Schwamkragturbinen, 
bei  denen  die  Stirnwände  des  Turbinengehäuses  aus  dünnen  und  elastischen  Blechen 
bestehen,  sodass  hier  das  Einsetzen  nnd  Herausnehmen  geradliniger  Stücke  keine 
Schwierigkeiten  bietet 

Bei  Francis-  und  Girard tnrbinen  mit  liegenden  Wellen  findet  man  die  Lege 
der  Druckrohre  unter  dem  Maschinenflur  häufiger  als  diejenige  über  demselben. 
Der  Grund  dafür  mag  darin  gefunden  werden,  dass  sich  zwischen  den  Fundamentmauern 
des  Krafthauses  der  für  die  Hauptdruckrohre  erforderliche  Raum  so  zu  sagen  tob 
selber  ergibt  und  dass  man  es  vorgezogen  hat,  den  Maschinenraum  von  Rohrleitungen 
möglichst  frei  zu  halten. 


§  4.  ,    Dbugebohre.  945 


Beispiele  hierfür  bieten  folgende  Anlagen:  1.  Morbegno  (Taf.  XVII,  Fig.  7  und  S.  392,  sowie 
Taf.  LXX,  Fig.  8)"),  2.  Fanghera  (Taf.  X,  Fig.  11  und  12),  3.  Ceres  Ala  (Taf.  XI,  Fig.  6-7), 
4.  Bergamasca  (Taf.  IX.  Fig.  6—7),  5.  La  Goule  (Taf.  XVIII,  Fig.  6—13),  6.  Les  Clees-Yverdon 
(Taf.  XIX,  Fig.  4).  7.  Kanderwerk  (Taf.  XXVI,  Fig.  5— 8),  8.8t  Maurice-Lausanne  (Taf.  XXIX, 
Fig.  10-12),  9.  Jajce  (Taf.  XXXVI,  Fig.  1-4),  10.  Cham p  (Füre  et  Morge)  (Taf.  XLIII,  Fig.  2), 
11.  Urft-Talsperre  (Taf.  XLVIII,  Fig.  8  und  9),  12.  Ontario  Power-Co.  (Taf.  XUV,  Fig.  5 
und  Taf.  LXXIV,  Fig.  1-8),  18.  Niagara  Falls  Hydraulie  Power  and  Manufacturing-Co. 
Taf.  XL1V,  Fig.  8),  14.  Paderno  a.  d.  Adda  (Taf.  LXIX,  Fig.  5-8). 

Bei  der  Anlage  C  h  a  m  p  (Abb.  123,  S.  539),  ebenso  wie  bei  der  Anlage  Kander- 
werk (Taf.  XXVI,  Fig.  5)  liegen  die  Hauptdruckleitungen  ausserhalb  des  Krafthauses 
auf  Pfeilern,  welche  die  Verlängerung  der  unter  die  Druckrohre  hindurchführenden 
Turbinenkanäle  bilden.  Bei  der  Anlage  Champ  liegt  das  Druckrohr  offen,  bei  der 
Anlage  Kanderwerk  sind  die  beiden  Druckrohre  nachträglich  mit  Schutzwänden  und 
Dach  in  Holz  überdeckt. 

Da  bei  stehenden  Turbinen  das  Gehäuse   stets  unter  dem  Maschinenflur 

liegt,  so  hat  naturgemäss  auch  die  Hauptdruckleitung  ihren  Platz  unter  dem  Maschinenflur. 
Beispiele  hierfür  bieten   die   Anlagen   Hafslund  (Taf.   XXXIII,   Fig.   6),   Kykkelsmd 
(Taf.  XXXIV,  Fig.  7  nnd  8)  und  die  Anlage  Montbovon  (Schweiz)  (Taf.  LXXV,  Fig.  5). 

Die  Abzweigung  der  Turbinenrohre  vom  Hauptrohre  erfolgt  meistens  durch  ge- 
radlinige, rechtwinklige  Stutzen.  Spitzwinklige  Abzweige,  wie  bei  der 
Anlage  Jajce,  sind  zwar  für  Wasserführung  etwas  besser,  weil  sie  etwas  kleinere  Druck- 
verluste ergeben,  die  Ausführung  ist  aber  schwieriger  und  teurer.  Überdies  sind  bei 
guter  Abrundung  die  Druck  Verluste  auch  bei  rechtwinkligem  Abzweige  (vergl.  die 
Angaben  S.  887/888)  nicht  so  erheblich,  dass  sie  ins  Gewicht  fallen. 

Sollen  nur  zwei  Turbinen  von  einem  Druckrohr  gespeist  werden,  so  führt  man  in 
der  Regel  das  Hauptrohr  mittelst  eines  Hosenrohrs  in  die  zwei  Abzweige  mit  mög- 
lichst sanfter  Krümmung  über,  wie  bei  der  Anlage  Morbegno  (Taf.  LXX,  Fig.  2), 
Sollen  mehrere  Turbinen  von  einem  Druckrohre  gespeist  werden,  so  legt  man  entweder 
wie  beim  Kubelwerk  (Taf.  XXI,  Fig.  3)  ein  Verteilungsrohr  _L-förmig  rechtwinklig 
zur  Hauptleitung  und  parallel  zum  Krafthaus,  oder  man  legt  die  Hauptleitung  selbst 
parallel  zur  Krafthauswand,  indem  man  sie  nötigenfalls  durch  Krümmer  in  diese  Richtung 
überführt,  wie  z.  B.  bei  der  Anlage  Ceres  Ala  (Taf.  XI,  Fig.  6). 

Sind  mehrere  Druckleitungen  vorhanden  und  sollen  dieselben  eine  grössere 
Anzahl  von  Turbinen  speisen,  so  wird  man  im  Interesse  der  Betriebssicherheit  die 
Forderung  stellen,  dass  jede  Turbine  von  jeder  Hauptleitung  gespeist  werden  kann.  Zu 
diesem  Zwecke  kann  man  entweder  wie  bei  der  Anlage  Funghera  (wo  zwei  Haupt- 
rohre vorhanden  sind)  die  Druckleitungen  in  ein  grösseres  Verteilungsrohr  münden  lassen 
(Taf.  X,  Fig.  11),  aus  dem  dann  die  Turbinenrohre  abzweigen,  oder  man  verbindet  die 
Hauptdruckleitungen  am  Maschinenhause  durch  Krümmer  wie  bei  der  Anlage  Kander- 
werk (Taf.  XXVI,  Fig.  5)  und  sorgt  durch  den  Einbau  von  Drosselklappen  an  ent- 
sprechenden Stellen  dafür,  dass  im  Falle  der  Ausserbetriebsetzung  einer  Druckleitung 
jede  Turbine  von  der  im  Betriebe  befindlichen  Leitung  aus  dennoch  gespeist  werden  kann. 

Literaturangaben  zu  Kap.  III,  §  4,  Druckrohre. 

G.  Bacb,  Die  Maschinenelemente.  9.  Aufl.  1903. 

—  Elastizität  und  Festigkeit.    Berlin  1889—1890. 

—  Versuche  mit  Flanschen  Verbindungen.    Zeitschr.  d.  Ver.  Deutscher  Ing.  1899.  S.  321  u.  ff. 


*o)  Bei  der  Anlage  Morbegno  wurde  die  Lage  der  Druckrohre  unter  dem  Maschinenflur 
schon  dadurch  bedingt,  dass  die  zwei  Druckleitungen  unter  einer  am  Krafthause  entlangführenden  Strasse 
hindurchgeführt  werden  raussten. 

Handbuch  der  Ing.-WiM©n»ch.    III.  Teil.    13.  Bd.  60 


946  III.     Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

Launhardt,  Über  die  Beanspruchung  von  Wasserleitungsrohren.    Zeitschr.  d.  Aren.-  und  Ing.- Ver.  in 

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Sehe  ff  ler,  Die  Elastizitätsverhältnisse  der  Röhren  nnd  Bestimmung  der  Wanddicke  derselben.    Orgaa 

für  Eisenbahnwesen.  1859,  als  Separatabdruck  erschienen  Wiesbaden  1859. 
Grashof,  Festigkeitslehre.  2.  Aufl.  Berlin  1878. 
Philipp  Forch heimer,  Berechnung  des  zulässigen  Aussendruckes  bei  Ringen  und  Röhren.  Zeitschr. 

d.  österr.  Ing.-  n.  Arch.-Ver.  1899.  Nr.  29. 

—  Zur  Festigkeit  weiter  Rohre.    Zeitschr.  d.  österr.  Ing.-  u.  Arch.-Ver.  1904.  Nr.  9  u.  10. 

—  Zeitschr.  d.  Ver.  Deutscher  Ing.  1893.  S.  216. 

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Föppl,  Technische  Mechanik.    3.  Band.  Festigkeitslehre.  2.  Aufl.  S.  315. 
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Wissensch.  III.  Teil.  Der  Wasserbau.  3.  Bd.  1904. 

—  Handb.  d.  Ing.- Wissensch.  III.  Teil.  Der  Wasserbau.  4.  Band.  1908. 

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1907.  S.  1615  u.  ff. 
Über  die  Verbindung  eiserner  Rohre.    Wochenschr.  d.  Ver.  Deutscher  Ing.  1879.  S.  226. 
Reuleaux,  Der  Konstrukteur.  4.  Aufl.  Braunschw.  1882 — 89. 

v.  Roessler,  Über  Flanschdichtungen.    Zeitschr.  d.  Ver.  Deutscher  Ing.  1903.  S.  588. 
M.  Westphal,   Berechnung  der  Festigkeit  loser  und  fester  Flanschen.    Zeitschr.  d.  Ver.  Deutscher 

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Th.  Koehn,  Die  Kanalisation  von  Charlottenburg.    Berlin  und  seine  Bauten.  1886. 
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1905.  Nr.  29—31. 
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Ch.  Läpine,  Les  Installations  Hydro-Älectriques  de  la  Soctete"  de  Füre  et  Morge.  Paris  1908. 
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applications.  Grenoble  1907.  S.  203  u.  ff. 


§  5.  Turbinen.  .  947 


§   5.   Die  Turbinen.    Hierzu  Taf.  LXI  bis  LXXVI. 
Bearbeitet  von  N.  Baashuus,  Ingenieur. 

1.  Einleitung.  7.  Die  Peltonturbinen. 

2.  Turbinensysteme    und    Turbinencharak-  8.  Die  Schwamkrug-  oder  radiale  Girard- 
teristik.  turbinen. 

3.  Erster  Entwurf  von  Turbinenanlagen.  9.  Andere  Turbinensysteme. 

4.  Verwendung  der  Turbinen  bei  verschie-  10.  Lagerung  und  Kupplung  von  Turbinen- 
denen  Gefallen.  wellen. 

5.  Saugrohrwirkung  und  zulässige  Saughöhe.  11.  Turbinenbremsung  und  Wassermessung. 

6.  Die  Francisturbinen.  12.  Geschwindigkeitsregulatoren  und  Neben- 

auslässe. 

1.  Einleitung.  Eine  Wassermenge  von  q  kg  Gewicht,  welche  sich  im  Oberwasser- 
graben einer  Turbinenanlage  befindet,  besitzt  in  bezug  auf  den  um  H  m  tieferliegenden 
Unterwassergraben  eine  potentielle  Energie  von  q .  H  mkg,  die  eine  Turbine  mit  möglichst 
wenigen  Verlusten  in  die  drehende  Bewegung  einer  Welle,  überzuführen  hat.  Fliesst 
dem  Oberwasser  ununterbrochen  ebensoviel  Wasser  zu ,  wie  durch  die  Turbine  und  den 
Unterwasserkanal  abfliesst,  und  beträgt  diese  Wassermenge  Q  cbm/sek.,  so  ist  bei  einem 
Nettogefalle  von  H  m  die  von  der  Turbinenwelle  erzeugte  Arbeit, 

A  =  e .  1000 . Q . H mkg/sek.  oder  in  Pferdestärken  gemessen:   N  =  e ^^ —      (1) 

wo  1000  das  Gewicht  in  kg  von  1  cbm  Wasser  und  e  der  Nutzeffekt  oder  Wirkungsgrad 
der  Turbine  ist.  Ein  Mittelwert  für  e  ist  0,75,  für  welchen  Gleichung  1  übergeht  in 
die  einfache  Form:  N  =  10.Q.H.  (2) 

Der  Nutzeffekt  wird  auch  in  °/o  angegeben  (z.  B.  100 . 0,75  =  75  %). 

In  der  Turbine  wird  die  eingangs  erwähnte  potentielle  Energie  des  Wassers 
in  kinetische  Energie  umgesetzt.  Die  Geschwindigkeit ,  mit  der  das  Wasser  aus 
der  Öffnung  eines  mit  Wasser  gefüllten,  weiten  Gefasses  ausströmt  (Abb.  317),  ist  be- 
kanntlich von  dem  Druckunterschied  vor  und  hinter  der  Öffnung  abhängig.  Ist  das 
Gefass  oben  offen ,  strömt  das  Wasser  in  die  freie  Luft  aus ,  und  beträgt  der  Höhen- 
unterschied zwischen  Wasserspiegel  und  Ausflussöffnung  h  m,  so  ist  die  Austrittsge- 
schwindigkeit theoretisch  c0  =  |/2gh.    Wenn  Q  cbm/sek.  ausströmen,    so   beträgt   die 

kinetische  Energie  des  ausströmenden  Wassers  nach  der  Mechanik :  ^ .  -  1000  .  c0*  mkg 

pro  Sekunde.  Setzt  man  hierin  den  obigen  Wert  von  c»  ein ,  so  sieht  man ,  dass  diese 
kinetische  Energie  gleich  1000. Q.h,  was  die  potentielle  Energie  von  Q  cbm/sek.  in 
bezug  auf  den  Höhenunterschied  von  h  m  ist. 

Lässt  man  das  ausströmende  Wasser  auf  irgend  einen  Körper  stossen,  so  übt  der 
Wasserstrom  auf  denselben  einen  Druck  aus.  Um  den  Körper  an  seinem  Ort  festzuhalten, 
müsste  man  eine  Kraft  P,  in  kg  messbar,  aufwenden.  Wenn  sich  der  Körper  in  der 
Richtung  des  Wassers  fortbewegt,  wird  die  Kraft  kleiner,  bis  sie  schliesslich  gleich  Null 
wird ,  wenn  sich  Wasser  und  Körper  mit  derselben  Geschwindigkeit  fortbewegen.  Ist 
nun  der  vom  Wasser  getroffene  Körper  an  einer  drehbaren  Welle  befestigt  (Abb.  317),  so 
dreht  sich  dieselbe  unter  dem  Einfluss  der  an  einem  Hebelarm  R  m  wirkenden  Kraft  P 
Macht  die  Welle  n  Uml./Min.,  so  bewegt  sich  der  vom  Wasser  getroffene  Punkt  mit  einer 

30* 


948 


IIL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Eikzelheitek. 


Abb.  817. 


9tr U.    n 

Geschwindigkeit  von  v  =  — ajr\~  m/sek.   Die  hierbei  geleistete  Arbeit  betragt  bekanntlich 

P.v 

P .  y  mkg/sek.  =  ~=^-  PS«,  welche  mittelst  Zahnrader,  Riemen  usw.  zum  Antreiben  ?on 

Arbeitsmaschinen  oder  mittelst  angekuppelter  Dynamomaschinen  zur  Erzeugung  elek- 
trischen Stromes  angewendet  werden  kann.  Da  eine  Energieumwandlung  stets  mit  Ver- 
losten verknüpft  ist,  so  ist  diese  Arbeit  kleiner  als  das  dem  Wasser  innewohnende 
Arbeitsvermögen  und  zwar  im  Verhältnis  des  Wirkungsgrades. 

An  der  in  Abb.  317  gezeigten  schematischen  Turbine  sei  nun  auch  das  Wesen  des 
Wirkungsgrades  kurz  erläutert.  Es  muss  dem  Wasser  eine  bestimmte  Richtung  gegeben 
werden,  damit  es  in  der  günstigsten  Weise  seine  Energie  abgeben  kann.  Zu  dem  Zweck 
wird  es  durch  einen  Leitapparat  geführt,  der  in  Abb.  317  als  eine  kurze  konische  Düse 

angedeutet  ist  Wäre  diese  Düse  lang, 
krumm  oder  von  rauher,  innerer  Ober- 
fläche, so  würde  sie  dem  durchströmen- 
den Wasser  einen  grossen  Widerstand 
entgegensetzen.  Zur  Überwindung  des- 
selben muss  ein  Teil  der  zur  Verfügung 
stehenden  Höhe  h  aufgewendet  werden, 
welcher  deshalb  an  der  Erzeugung  der 
nutzbringenden  Geschwindigkeit  Co  nicht 
** brutto  mehr  teilnehmen  kann.  Dieser  durch 
Reibung  verloren  gehende  Teil  von  h  sei 
mit  % .  h  bezeichnet.  Es  bleibt  dann  zur 
Geschwindigkeitserzeugung  nur  h—  *h 
übrig,  weshalb  die  Geschwindigkeit  c. 

nicht  mehr  gleich  l/2gh,  sondern  gleich 


OHT. 


m. 


1/2  g  (h  —  rh)  =  V(l  —  %) .  2gh,  also  klei- 
ner ist.    Die  kinetische  Energie  von  Q 


1  Q.1000 
2 


cbm/sek.  beträgt  somit  £  •  ^       ~~  Co*  =  (1  —  t)  .  Q .  h .  1000   gegenüber  Q .  h  .  1000  bei 

*        g 

widerstandslos  gedachtem  Leitapparat.    Der  Wirkungsgrad  von  dem  Leitapparat  allein 

1 % 

wäre  demnach  gleich  — z — 

Von  dem  Leitapparat  gelangt  das  Wasser  in  das  Laufrad.  Dieses  ist  mit  einer 
Reihe  von  gekrümmten  Schaufeln  versehen,  an  welchen  das  Wasser  während  der  Drehung 
des  Rades  entlang  fliegst  (vergl.  Abb.  317).  Bei  zweckentsprechender  Gestaltung  dieser 
Schaufeln  wird  dem  Wasser  sein  Arbeitsvermögen  in  möglichst  vollkommener  Weise 
entzogen. 

Durch  die  zwischen  Wasser  und  Schaufeln  wiederum  auftretenden  Reibungsver- 
luste wird  die  Wassergeschwindigkeit  in  den  Schaufeln  verringert,  und  dieses  bedeutet 
einen  weiteren  Verlust  an  Energie,  der  ebenfalls  als  ein  Verlust  an  dem  gesamten  vor- 
handenen Gefälle  aufgefasst  und  ausgedrückt  werden  kann. 

Beim  Laufrad  kommt  aber  noch  ein  weiterer,  wesentlicher  Verlust,  der  Abfluss- 
verlust vor.  Da  die  Abmessungen  des  Laufrades  immer  von  endlicher  Grösse  sind,  so 
muss  das  Wasser  das  Laufrad  stets  mit  einer  nicht  zu  vernachlässigenden  Geschwindig- 
keit c,  verlassen.    Diese  können  wir  uns  als  durch  die  sogenannte  Geschwindigkeitshöhe 


§  5.  Turbinen.  949 

Co* 

^-  hervorgebracht  denken,   welcher  Bruchteil   von   dem  gesamten  Gefälle  H  für   die 

Kraftgewinnung  ebenfalls  verloren  geht. 

Ist  ferner  die  Unterkante  des  Laufrades  wie  in  Abb.  317  gezeigt,  um  eine  gewisse 
Höhe  h'  über  dem  Unterwasserspiegel  aufgestellt,  so  geht  auch  dieser  Teil  von  dem 
Nettogefälle  H  (s.  Abschn.  11,  S.  977)  für  die  Kraftgewinnung  verloren. 

Da  die  vorgenannten  Verluste  rechnerisch  alle  als  Verlust  an  Gefälle  ausgedrückt 
werden  können,  so  lassen  sie  sich  auf  H  beziehen,  und  deren  Summe  möge  mit -2t. H 

TT \-U 

bezeichnet  werden ;  der  hydraulische  Wirkungsgrad  wäre  dann -%- Sollte    nun 

aber   ein  Teil   der  auszunützenden  Wassermenge   gar  nicht   an   das  Laufrad   gelangen, 

sondern  etwa  durch  unzweckmässige  Konstruktion  an  demselben,  vorbeispritzen,  so  wird 

dieser  Teil,  q,   keine  Kraft  abgeben,  und  der  hydraulische  Wirkungsgrad  würde  dann 

H  —  J2tH  Q— q 
sem*= g .-^-, 

Von   den   verschiedenen  Bestandteilen  des  hydraulischen  Wirkungsgrades  inter- 

c** 
essieren  den  Bauingenieur  nur  der  Abflussverlust  *~-   und   der   durch  Hochstellen    der 

Turbine  über  dem  Unterwasserspiegel  entstehende  Verlust  h' ;  der  erstere  wird  bei  der 
Besprechung  der  Saugrohre  für  Francisturbinen,  der  letztere  bei  der.  Aufstellung  der 
Freistrahlturbinen  behandelt  werden. 

Ausser  den  eben  behandelten  hydraulischen  Verlusten  treten  aber  auch  mecha- 
nische Verluste  auf,  denn  die  Welle  muss  in  Lagern  geführt  werden,  welche  je  nach  Art 
und.  Ausführung  etwas  Kraft  verzehren.  Geht  die  Welle  durch  Gehäuse  oder  Saugrohre, 
so  muss  sie  mit  Stopfbüchsen  abgedichtet  werden,  was  ebenfalls  mit  Arbeitsverlusten 
verknüpft  ist.  Diese  betragen  zusammen  rd.  1  bis  3  %  der  Turbinenleistung.  Erst  nach 
Berücksichtigung  dieser  mechanischen  Verluste  erhält  man  den  Gesamtwirkungsgrad  e, 
welcher  bei  Beurteilung  von  Turbinen  in  Betracht  kommt  und  für  die  einzelnen 
Turbinensysteme  später  näher  behandelt  werden  soll  (s.  Abschn.  3). 

2.  Turbinensysteme  und  Turbinencharakteristik.  Je  nach  der  Wirkungsweise  des 
Wassers  teilt  man  die  Turbinen  in  zwei  grosse  Gruppen,  in  Aktions-,  Freistrahl-  oder 
Druckturbinen   und    in   Reaktions-,  Presstrahl-   oder  Überdruckturbinen   ein. 

Die  den  beiden  Gruppen  zugrundeliegenden  theoretischen  Grundsätze  sind  zwar 
ganz  verschieden,  aber  nichtsdestoweniger  ist  das  praktische  Resultat  in  bezug  auf  die 
Güte  ungefähr  dasselbe.  Darum  wird  nur  auf  die  äusseren  Eigenschaften  und  Anforde- 
rungen eingegangen,  die  für  die  Wahl  massgebend  und  im  wesentlichen  die  Folgenden  sind : 

Umdrehungszahl.  Bei  demselben  Gefälle  läuft  die  Turbine,  die  nach  dem 
Drucksystem  konstruiert  ist,  langsamer  als  eine  gleich  starke  Turbine,  die  nach  dem 
Überdrucksystem  konstruiert  ist.  Bei  hohen  Gefällen  ist  deshalb  die  Druckturbine 
besonders  am  Platz,  weil  eine  Überdruckturbine  viel  zu  schnell  laufen  würde.  Bei 
niedrigen  Gefällen  dagegen  kommt  nur  die  Überdruckturbine  in  Betracht,  weil  die 
Druckturbine  für  die  meisten  praktischen  Verwendungen  zu  langsam  laufen  würde.  Die 
Umfangsgeschwindigkeit  (am  Dm.  des  Laufradeintrittes  gemessen)  beträgt  bei  den  Druck- 
turbinen etwa  0,45  bis  0,48  V2gH,  bei  den  Überdruckturbinen  etwa  0,55  bis  0,85  V2  g  H 
(H  =  Nettogefalle).  Jede  Turbine  hat  aber  eine  bestimmte,  günstigste  Umfangsgeschwin- 
digkeit, und  man  sucht  immer,  die  Turbine  mit  der  dieser  Geschwindigkeit  entsprechenden 
Umdrehzahl  laufen  zu  lassen.  Über-  oder  Unterschreitungen  machen  sich  bald  durch 
Abnahme  an  Leistung  und  Wirkungsgrad  bemerkbar. 


950  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Eintauchen  in  das  Unterwasser.  Die  Druckturbine  muss  so  aufgestellt 
und  betrieben  werden,  dass  das  Unterwasser  nicht  bis  an  das  Laufrad  hinaufsteigen 
kann,  d.  h.  sie  muss  um  einen  gewissen  Betrag  über  dem  höchsten  Unterwasserspiegel 
aufgestellt  werden  (vergl.  h',  Abb.  317),  welcher  Teil  des  Gefälles  für  die  Kraftgewinnung 
verloren  geht.  Bei  hohen  Gefallen,  für  welche  die  Druckturbinen  heutzutage  nur  in  Be- 
tracht kommen,  spielt  dieser  Gefälleteil  keine  grosse  Rolle,  weil  er  doch  meistens  klein 
bleibt  im  Verhältnis  zum  ganzen  Gefalle. 

Die  Überdruckturbinen  dagegen  können  unbeschadet  ihres  Wirkungsgrades  ganz 
in  das  Unterwasser  eintauchen,  welches  den  grossen  Vorteil  bietet,  dass  bei  schwankenden 
Unterwasserstanden  immer  das  ganze,  jeweilige  Gefalle  voll  ausgenutzt  werden  kann. 

Beide  Turbinenarten  können  mit  Saugrohr  ausgerüstet  werden  (vergl.  Abschnitt 
5  und  7),  wodurch  die  Ausnutzung  schwankender  Unterwasserspiegel  in  Verbindung 
mit  der  praktisch  sehr  wertvollen  hochwasserfreien  Aufstellung  der  Turbinen  und  der 
angetriebenen  Maschinen  erfolgen  kann.  Druckturbinen  mit  Saugrohr  werden  jedoch 
zurzeit  wenig  verwendet,  während  kaum  eine  einzige  Überdruckturbine  ohne  Saugrobr 
ausgeführt  wird. 

Die  wichtigsten  heutzutage  verwendeten  Druckturbinen  sind  die  Peltonturbinen 
auch  Löffel- -oder  Becherturbinen  genannt  sowie  die  radial  beaufschlagten  Girard- 
turbinen,  auch  Schwamkrugturbinen  genannt.  Die  wichtigste  Überdruckturbine 
ist  die  Francisturbine. 

Je  nach  der  Durchflussrichtung  des  Wassers  durch  das  Laufrad  teilt  man  beide 
vorgenannten  Arten  von  Turbinen  auch  in  Axial-  und  Radialturbinen  ein. 
Bei  den  ersteren  durchströmt  das  Wasser  das  Laufrad  in  einer  Ebene  parallel  zur 
Turbinenachse  (s.  Abb.  336,  S.  974),  bei  den  letzteren  in  einer  Ebene  senkrecht  zu  derselben 
(die  Francisturbine,  Abb.  328,  S.  963  und  die  radiale  Girardturbine  Taf.  LXXV,  Fig.  1 
bis  3).  Einige  Turbinen  weisen  gleichzeitig  beide  Durchströmungsarten  auf,  z.  B.  die 
neueren  Francisturbinen,  bei  welchen  das  Wasser  in  das  Laufrad  radial  eintritt  und  aus 
demselben  z.  T.  axial  austritt,  Abb.  326  und  327,  S.  963.  Dasselbe  gilt  auch  für  gewisse 
Löffelturbinen.  Bei  den  Radialturbinen  spricht  man  ausserdem  von  „innen  beauf- 
schlagten" Turbinen  (Schwamkrugturbinen  Abb.  335,  S.  973,  und  Taf.  LXXV,  Fig.  1 
bis  3),  wenn  der  Leitapparat,  auch  Leitrad  genannt,  von  dem  aussen  liegenden  Laufrad 
umschlossen  wird,  und  von  „aussen  beaufschlagten"  Turbinen  (Francisturbinen 
Abb.  324,  S.  962  und  Abb.  333,  S.  971),  wenn  der  Leitapparat  das  Laufrad  umgibt 
oder  aussen  angebracht  ist. 

„Vollturbinen"  sind  solche,  bei  denen  der  Wassereintritt  am  ganzen  Umfang 
des  Laufrades  stattfindet  (Francisturbinen  Abb.  325,  S.  962),  „Partialturbinen"  solche, 
bei  denen  der  Wassereintritt  nur  an  einem  Teil  des  Laufradumfanges  stattfindet  (Abb.  332 
und  333,  S.  971).  Die  Francisturbinen  sind  immer  Vollturbinen,  die  Peltonturbinen 
sind  immer  Partialturbinen,  und  die  Schwamkrug-  oder  radialen  Girardturbinen  können 
sowohl  voll  als  partial  beaufschlagt  werden. 

Je  nachdem  die  Anordnung  der  Turbine  so  getroffen  ist,  dass  die  Welle  der 
Turbine  sich  in  vertikaler  bezw.  horizontaler  Lage  befindet,  spricht  man  von  Vertikal- 
bezw.  Horizontalturbinen  oder  von  stehenden  bezw.  liegenden  Turbinen. 

Es  kommen  auch  die  Benennungen  Doppel(zwilling-)turbine  und  mehr- 
fache Turbine  vor.  Darunter  versteht  man  Turbinen,  bei  denen  zwei  oder  mehr 
Leit-  und  Laufräder  auf  einer  Welle  sitzen.  Turbinen  mit  nur  einem  Leit-  und  Laufrad 
werden  im  Gegensatz  hierzu  Einzelturbinen  genannt. 


§  5.  Turbinen.  951 

Die  vorgenannten  Systeme  und  Anordnungen  sind  in  der  Ausführung  miteinander 
kombiniert.  Beispielsweise  ist  die  Hagneckturbine  (Taf.  LXD,  Fig.  1  bis  3)  eine  radiale, 
von  aussen  beaufschlagte  Reaktions-  oder  Überdruckturbine  (Francisturbine)  mit  Saug- 
rohr.   Sie  ist  ferner  eine  vertikale,  vierfache  Vollturbine. 

Die  verschiedenen  Turbinen  unterscheiden  sich  auch  noch  durch  ihre  Schluck- 
fähigkeit.  Bei  gleichen  äusseren  Dimensionen  und  bei  gleichem  Gefalle  schlucken 
die  Francisturbinen  das  grössere  Quantum  Wasser,  die  Peltonturbinen  dagegen  ein  viel 
kleineres  Quantum.  Eine  Mittelstellung  nehmen  die  radialen  Girard-  oder  Schwamkrug- 
turbinen  ein.  Aber  auch  innerhalb  der  verschiedenen  Turbinensysteme  ist  die  Schluck- 
fähigkeit eine  sehr  verschiedene. 

Die  sogenannten  „ Schnelläufer il  unter  den  Francisturbinen  schlucken  ein 
viel  grösseres  Quantum  als  die  im  Gegensatz  hierzu  genannten  „Langsamläufer". 
Ähnliches  gilt  auch  für  die  anderen  Turbinensysteme.  Da  die  geleistete  Arbeit  den 
Wassermengen  proportional  ist,  so  ergeben  die  verschiedenen  Turbinensysteme  unter  den 
genannten  Umständen  also  eine  recht  verschiedene  Anzahl  von  Pferdestärken.  Ebenso 
ergeben  sie,  wie  bei  Besprechung  der  Druck-  und  Überdruckturbinen  erwähnt  wurde, 
eine  verschiedene  Tourenzahl,  indem  die  Francisturbine  eine  um  mehr  als  50  %  grössere 
Umfangeschwindigkeit  (Umdreh-  oder  Tourenzahl)  als  die  gleich  starke  Pelton-  oder 
Schwamkrugturbine  aufweisen  kann.  Durch  Kombinationen  der  verschiedenen  Schluck - 
tahigkeiten  und  Umfangsgeschwindigkeiten  entsteht  eine  sehr  grosse  Mannigfaltigkeit, 
welche  der  Turbinenbauer  durch  Koeffizienten  der  Schluckfähigkeit  und  der  Umfangs- 
geschwindigkeit voneinander  unterscheidet.  Es  lassen  sich  aber  diese  beiden  Koeffizienten 
zu  einem  einzigen,  der  sogenannten  Charakteristik  vereinigen  *),  welche  mit  Vorteil  auch 
von  Bauingenieuren  und  Elektrotechnikern  verwendet  werden  kann.     Dieselbe  lautet: 

und  sie  gibt,  wenn  für  H,  N  und  n  das  Nettogefälle  in  Meter,  die  Turbinenleistung  in 
PSe  und  die  Umdrehungszahl  pro  Minute  (Uml./Min.)  eingesetzt  werden,  einen  neuen 
Koeffizienten  wieder,  welcher  leicht  zum  Charakterisieren  der  verschiedenen  Turbinen- 
Systeme  und  der  Verschiedenheiten  innerhalb  derselben  dienen  kann.  Denn,  wenn  die 
so  ausgerechnete  Charakteristik  einen  Wert  von  etwa  350  bis  250  ergibt,  so  hat  man 
es  mit  einer  schnellaufenden  Francisturbine  von  etwa  75  bis  79°/o  Wirkungsgrad  zu 
tun;  wenn  die  Charakteristik  einen  Wert  von  etwa  225  bis  100  hat,  so  zeigt  dieser 
Wert  an,  dass  die  betreffende  Turbine  eine  normale  Francisturbine  mit  etwa  80  bis 
84°/o  Wirkungsgrad  ist.  Ist  die  Charakteristik  75  bis  50,  so  ist  die  zugehörige  Turbine 
ein  Langsamläufer  mit  etwa  82  bis  80  %  Wirkungsgrad.  Ebenso  zeigt  eine  Charakte- 
ristik von  20  an,  dass  die  Turbine  eine  Peltonturbine  von  etwa  75  %  Wirkungsgrad  ist, 
während  eine  Charakteristik  von  5  oder  darunter  einer  Peltonturbine  von  etwa  81% 
Wirkungsgrad  entspricht. 

Die  Schwamkrugturbinen  haben  eine  Charakteristik  von  etwa  75  bei  den  voll- 
beaufschlagten bis  herab  auf  5  oder  weniger  bei  den  partial  beaufschlagten  Konstruk- 
tionen. Sie  überspannt  somit  das  ganze  Gebiet  der  Peltonturbinen  und  einen  Teil  des 
Gebietes  der  Francisturbinen  und  füllt  zugleich  die  Lücke  zwischen  diesen  beiden 
Systemen  aus.    Ihr  Wirkungsgrad  beträgt  etwa  75  bis  80%. 

Es  ist  aus  dem  Vorstehenden  ersichtlich,  dass  alle  Turbinen  untereinander 
durch  die  Charakteristik  unterschieden  werden  können,  und  dass  dieser  Umstand  dazu 


i)  Ableitung  8.  »Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  Ing."  1905.  Nr.  3.  S.  92. 


952  IIL    Theodok  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

benatzt  werden  kann,  dass  man  von  der  schnell  zu  ermittelnden  Charakteristik  einer 
Turbine,  die  man  entwerfen  will,  auf  das  zu  verwendende  System  und  auf  den  zn 
erwartenden  Nutzeffekt  schliessen  kann.  Ist  beispielsweise  das  Nettogefälle  von  H  m 
und  eine  auszunutzende  Wassermenge  von  Q  cbm/sek.  per  Turbine  gegeben,  so  rechnet 
man  erst  die  Leistung  aus.  Diese  ist  rd.  N  =  10 .  Q .  H,  in  PS«  ausgedrückt.  Mit 
der  wählbaren  oder  aus  irgend  einem  Grunde  vorgeschriebenen  Tourenzahl  von  n  Umi/Min. 
rechnet  man  dann  aus  obiger  Formel  die  Charakteristik  aus,  und  die  Grösse  derselben 
gibt  unmittelbar  an,  welches  Turbinensystem  für  den  vorliegenden  Fall  in  Frage  kommt 
Näheres  hierüber  siehe  nächsten  Abschnitt. 

3.  Erster  Entwurf  von  Turbinenanlagen8).  Sehr  häufig  wird  der  Bau  von 
Wasserkraftanlagen  von  Wasserbauingenieuren  oder  Elektrotechnikern  eingeleitet  und 
durchgeführt.  Im  folgenden  sei  deshalb  auseinandergesetzt,  wie  der  Wasserbauingenieur 
oder  Elektrotechniker  eine  Menge  Aufgaben  aus  dem  Gebiete  des  Turbinenbaues  selb- 
ständig mit  einer  Genauigkeit  lösen  kann,  die  für  den  vorläufigen  Entwurf  vollständig 
ausreichend  ist. 

Nachdem  man  sich  über  auszunutzende  Wassermenge  und  Gefalle  schlüssig 
geworden  ist,  treten  als  nächste  Fragen  diejenigen  nach  der  zu  wählenden  Turbinenart, 
nach  dem  Wirkungsgrad  und  der  Umdrehungszahl  derselben,  vor  allem  aber  nach 
dem  Platzbedarf  der  Turbinen  bezw.  des  Maschinenhauses  auf.  Sind  diese  Fragen, 
die  für  wirtschaftliche  Vorarbeiten  und  andere  Ermittelungen  ausreichend  sind,  an- 
nähernd richtig  beantwortet,  so  bedarf  man  vorderhand  der  Hilfe  des  Turbineninge- 
nieurs nicht. 

Die  Gesamtleistung  N'  =  10 .  Q .  H  wird  bei  grösseren  Anlagen ,  je  nach  dem 
Verwendungszweck,  auf  mehrere  Einheiten  zu  je  N  PS«  verteilt.  Die  Wahl  der  Tur- 
binenart hat  unter  Berücksichtigung  von  den  örtlichen  Verhältnissen  und  dem  Gefalle, 
sowie  von  verlangter  Leistung  und  Umdrehungszahl  des  Maschinensatzes  zu  erfolgen. 
Die  Charakteristik  leistet  hierbei  gute  Dienste  (vergl.  Abschnitt  2).  Da  bei  gegebenem 
Gefalle  die  Leistung  und  Umdrehungszahl  für  die  Querschnittsverhältnisse  der  Turbine 
massgebend  sind,  und  die  Effektsverluste  in  der  Turbine  wiederum  von  denselben  abhängen, 
so  bildet  die  Charakteristik  zugleich  einen  Anhaltspunkt  zur  Beurteilung  des  Wirkungs- 
grades der  projektierten  Turbinen. 

In  der  nachstehenden  Zahlentafel  ist  eine  Reihe  von  Charakteristiken  für  Francis- 
turbinen zusammengestellt,  und  unter  jeder  derselben  ist  der  zugehörige  Wirkungsgrad 
der  Turbine  angeführt.  Die  ersten  Zahlen  beziehen  sich  auf  nur  ein  Leit- und  Laufrad, 
die  letzteren  stellen  Mittelwerte  dar,  die  bei  den  günstigsten  Einbau  Verhältnissen  als 
erreichbar  betrachtet  werden  können.  Vielfach  findet  man  in  der  Literatur  Mit- 
teilungen über  Turbinen,  bei  welchen  diese  Angaben  noch  überschritten  wurden.  Die 
von  den  Turbinenlieferanten  geleisteten  Garantien  in  bezug  auf  den  Wirkungsgrad 
werden  aber  selbstverständlich  etwa  2  bis  4°/o  niedriger  als  die  angegebenen  Ziffern  liegen. 

kN  =  350    325    300    275    250    225    200    175    150    125    100    75    50 
e=    75      76      77      78      79      80      81      82      83      84      84    82    80% 

Bei  jeder  Turbine  schwankt  der  Wirkungsgrad  mit  veränderter  Füllung  (d.  h.  Wassennenge)  mW 
zwar  so,  dass  derselbe  bei  etwa  0,85  bis  0,75  der  maximalen  Füllung  seinen.  Grftsstwert  erreicht  Ia 
der  Zahlentafel  ist  dieser  Grftsstwert  der  Wirkungsgrade  angegeben.  Die  angegebenen  Charakteristiken 
beziehen  sich  aber  auf  die  maximalen  Leistungen  (PSe),  weil  diese  Angabe  bei  der  Frage  nach  der  TurtoM 


2)  Nach  einem  Aufsati  des  Verfassers  in  »Elektrotechnische  Zeitschrift*  1905.  Nr.  42. 


§5.  Turbinen.  953 

ausschlaggebend  ist.  Der  Wirkungsgrad  bei  Abgabe  der  maximalen  Leistung  ist  zwar  etwas  niedriger 
ungefähr  2  bis  7°/o)  als  derjenige,  welcher  in  der  Zahlentafel  angegeben  ist,  aber  dieser  Nutzeffekts- 
abfali ist  in  der  Praxis  von  geringer  Bedeutung,  weil  die  Turbine  nur  kurze  Zeit  des  Jahres  mit  voller 
Leistung  arbeitet,  und  ihr  während  dieser  Zeit  des  kleinsten  Gefälles,  d.  h.  des  höchsten  Wasserstandes 
so  wieso  reichlich  Wasser  zur  Verfügung  steht.  Sobald  wieder  der  normale  Wasserstand  eintritt,  nimmt 
das  Gefalle  zu,  die  der  Turbine  zuzufahrende  Wassermenge  folglich  ab,  sodass  die  Turbine  nunmehr  mit 
dem  der  geringeren  Füllung  entsprechenden  besseren  Wirkungsgrad  arbeitet.  Nach  Ablauf  des  normalen 
Wasserstandes  tritt  der  niedrigste  Wasserstand  ein,  welcher  durch  Erhöhung  des  Gefälles  und  Erniedrigung 
der  Wassermenge  gekennzeichnet  ist.  Wahrend  dieser  Zeit  arbeitet  die  Turbine  mit  halber  oder  noch 
geringerer  Füllung,  für  welche  der  Wirkungsgrad  wieder  abnimmt.  Bei  halber  Füllung,  welche  für  die 
hier  in  Frage  kommende  Genauigkeit  mit  halber  Leistung  vertauscht  wird ,  kann  derselbe  zu  etwa  14 
bis  4  °/o  niedriger  als  die  in  der  Zahlentafel  angegebenen  günstigsten  Wirkungsgrade  angenommen  weiden. 
Von  diesen  einer  vorläufigen  Einschätzung  dienenden  Angaben  beziehen  sich  0,85,  2  und  14  vorzugsweise 
auf  Turbinen  von  hoher  Charakteristik  (oo  850) ,  während  0,75,  7  und  4  vornehmlich  für  Turbinen  mit 
niedriger  Charakteristik  (oo  100)  gelten.  Für  zwischenhegende  Charakteristiken  lassen  sich  leicht  Zwischen- 
werte auffinden. 

Wie  aus  der  Zahlentafel  ersichtlich,  erreicht  man  bei  einer  mittleren  Charakteristik 
den  besten  Wirkungsgrad,  weshalb  man  bei  der  Wahl  der  Leistung  und  der  Umdrehungs- 
zahl der  Maschinensätze  so  vorgehen  sollte,  dass  eine  solche  Turbine  zur  Anwendung 
kommen  kann.  Bei  sehr  niedrigen  Gefällen  würden  aber  dann  die  Turbinen  für  die 
meisten  Verwendungszwecke  zu  langsam  laufen  und  zu  gross  und  zu  teuer  ausfallen, 
während  sie  bei  recht  hohen  Gefallen  zu  schnell  laufen  würden.  Im  ersteren  Falle  muss 
man  deshalb  zu  den  schnell  laufenden  Turbinen  greifen  oder  zu  mehreren  Leit-  und  Lauf- 
rädern auf  einer  Welle.  Im  zweiten  Falle  wendet  man  langsam  laufende  Francisturbinen, 
Schwamkrugturbinen  oder  Peltonturbinen  an. 

Das  Kuppeln  mehrerer  Leit-  und  Laufräder  auf  einer  gemeinsamen  Welle,  wodurch 
allerdings  der  Platzbedarf  steigt,  ist  das  beste  Mittel  zum  Erhöhen  der  Umdrehungs- 
zahl, denn  dadurch  wird  ein  besserer  Wirkungsgrad,  sowohl  bei  voller  als  bei  teilweiser 
Beaufschlagung,  erreicht.  Soll  beispielsweise  eine  Dynamomaschine,  die  bei  175  Uml./Min. 
1000  PS«  aufnimmt,  von  einer  Turbine,  der  ein  nutzbares  Gefälle  von  12  m  zur  Verfügung 

steht,  angetrieben  werden,  so  ist  die  Charakteristik:  kx  —  —-ä-y'y==r££ 250,    falls  die 

ganze  Kraft  von  einer  Turbine  mit  nur  einem  Leit-  und  Laufrad  geleistet  werden  soll. 
Aus  der  Zahlentafel  geht  hervor,  dass  man  mit  einer  solchen  Turbine  etwa  79°/o  Wir- 
kungsgrad erreichen  kann.  Erscheint  dieses  zu  wenig,  oder  wird  auf  gute  Ausnutzung 
des  Wassers  bei  teilweiser  Beaufschlagung  grosses  Gewicht  gelegt ,  oder  aber  wechselt 
das  Gefälle  stark,  so  verwendet  man  zweckmässiger  eine  Doppelturbine.  Da  nun  auf 
jedes  Rad  die  halbe  Kraft  kommt,  so  setzt  sich  die  für  den  Wirkungsgrad  massgebende 

175t  /5ÖÖ      250 
Charakteristik  folgendermaßen  zusammen :   k*  =  -y^- 1/  -j=^  =  -/=■=  1?5 >   entsprechend 

einem  Wirkungsgrade  von  etwa  82%.  Gehen  die  Forderungen,  welche  die  Doppelan- 
ordnung der  Turbine  verlangten,  noch  weiter,  so  könnte  man  eine  drei-  oder  vierfache 

250  250 

Turbine  verwenden,  für  welche  die  Charakteristiken  —^2^150  bezw.  ->_-  2^125  sind. 

In  den  letzten  Fällen  kann  man  bei  zweckentsprechender  Anordnung  in  Zeiten  von 
knappem  Wasserzugang  eines  oder  zwei  Räder  abkuppeln,  sodass  die  übrig  bleibenden 
die  vorhandene  geringere  Wassermenge  mit  bestem  Wirkungsgrad  ausnutzen. 

Auch  oei  der  Peltonturbine  schwankt  aus  ähnlichen  Gründen  wie  bei  der  Francis- 
turbine der  Wirkungsgrad  mit  den  Querschnittsverhältnissen  der  Turbine ,  so  dass  auch 


muss 


954         HL    Theobor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

für  diese  die  Charakteristik  über  den  Wirkungsgrad  Aufschlags  gibt.  Nachstehende 
Zahlentafel  diene  als  Anhaltspunkt  für  die  Beurteilung: 

kir  =  20  17,5  15  12,6  10  .7,5  5 
e  =  75  76  77  78  79  80  81°/o. 
Die  Charakteristik  bezieht  sich  hierbei  auf  nur  einen  Leitapparat  und  der 
Wirkungsgrad  stellt  wieder  Mittelwerte  dar,  welche  bei  den  günstigsten  Einbau  Ver- 
hältnissen als  erreichbar  betrachtet  werden  können.  Die  von  den  Turbinenlieferanten 
geleisteten  Garantien  werden  selbstverständlich  etwa  2  bis  4%  niedriger  als  die 
angegebenen  Ziffern  liegen. 

Auch  in  dieser  Zahlentafel  sind  die  Wirkungsgrade  der  günstigsten  Füllungen  nnd  die  Chirtk- 
teristiken  für  die  maximalen  Leistungen  angegeben.  Das  Verhalten  der  Peltonturbinen  bei  verschiedenen 
Füllungen  ist  noch  wenig  aufgeklärt  Als  Annäherung  kann  angenommen  werden,  dass  der  güns- 
tigste Wirkungsgrad  bei  0,75  der  maximalen  Leistung  liegt ,  und  dass  der  Wirkungsgrad  bei  voller  und 
halber  Leistung  etwa  3  bis  6°/o  kleiner  ist  als  die  in  der  Zahlentafel  angegebenen.  — 

Ähnlich  wie  bei  den  Francisturbinen  kann  man  zur  Erreichung  einer  hohen  Um- 
drehungszahl bei  einem  gewünschten  Wirkungsgrade  oder  zur  Erreichung  eines  hoben 
Wirkungsgrades  bei  einer  gewünschten  Umdrehungszahl  mehrere  Leitapparate  auf  ein 
Laufrad  wirken  lassen  oder  mehrere  Räder  nebeneinander  auf  dieselbe  Welle  setzen 
Sollen  z.  B.  400  PS«,  mit  einem  Wirkungsgrad  von  mindestens  77%  bei  einem  nutz- 
baren Gefalle  von  75  m  geleistet  werden,  so  bestimmt  sich  die  Turbine  folgendennassen. 
Aus  der  Zahlen tafel  folgt,    dass  die  Turbine  eine  Charakteristik   von  etwa    15  haben 

•    Die  Umdrehungszahl  ist  dann  n  =  kN  .  H  . |AS=  15 .  75  ]/V7i?  =  166   (GL  3 

nach  n  aufgelöst).  Dieses  erscheint  zu  niedrig,  weshalb  man  zwei  Leitapparate  an  einem 
Rad  anordnet.  Jeder  leistet  nun  200  PSe  und  die  zugehörige  Umdrehungszahl  rechnet 
sich  zu  166l/2  =  235  aus.  Mit  vier  Leitapparaten  auf  zwei  Räder  verteilt  kommt  eine 
Umdrehungszahl  von  166^4=332  heraus,  und  mit  sechs  Leitapparaten  an  drei  oder 
auch  bloss  an  zwei  Laufrädern  verteilt,  wächst  die  Umdrehungszahl  auf  166  V6  ^400. 
Weil  ktf  gleich  gross  war  in  allen  diesen  Fällen,  so  werden  diese  Turbinen  bei  sonst 
günstigen  Verhältnissen,  praktisch  gesprochen,  denselben  Wirkungsgrad  (77  °/o)  aufweisen, 
obwohl  ihre  Umdrehungszahlen  sehr  verschieden  sind. 

Im  folgenden  seien  einige  Angaben  darüber,  wie  man  in  einer  Mehrheit  von 
Fällen  auch  zugleich  alle  Hauptabmessungen  der  Turbine  sehr  einfach  bestimmen  kann, 
angeführt. 

Satzturbinen  oder,  wie  man  sie  auch  bezeichnet,  Serien turbinen  sind 
solche,  die  gleiche  Winkel-  und  Querschnittverhältnisse  besitzen.  Sie  sind  untereinander 
ganz  ähnlich  gebaut  und  unterscheiden  sich  nur  durch  die  Grösse.  Die  verschiedenen 
Grössennummern  eines  solchen  Satzes  haben  dieselbe  Charakteristik,  auch  wenn  sie  bei 
verschiedenen  Gefällen  arbeiten.  Bei  gleichem  Gefälle  stehen  die  Umdrehungszahlen 
zum  Durchmesser  im  umgekehrten,  die  verbrauchten  Wassermengen  und  die  Leistungen 
zum  Quadrat  des  Durchmessers  im  geraden  Verhältnis.  Bei  verschiedenen  Gefallen 
verhalten  sich ,  wie  übrigens  bei  allen  Turbinen ,  die  Umdrehungszahlen  und  die 
Wassermengen  wie  die  Quadratwurzel  aus  dem  Gefälle  (VB).  Die  Leistungen  entsprechen 
H .  VH.  Da  alle  vom  Wasser  durchflossenen  Querschnitte  im  Verhältnis  zueinander 
stehen,  und  diese  Verhältnisse  für  die  verschiedenen  Grössennummern  eines  Satzes  die- 
selben sind,  so  können  alle  vorgenannten  Grössen  in  einfache  Beziehung  zum  Laufrad- 
durchmesser gebracht  werden,  welche  Beziehungen  für  den  ganzen  Satz  gültig  sind. 
Beträgt  beispielsweise  der  Durchmesser  des  Gehäuses  für  eine  Turbine  mit  1000  m& 
Laufraddurchmesser   2100  mm,   so  beträgt  der  Gehäusedurchmesser  für  eine  Turta* 


TURBIKEN. 


955 


800 
desselben  Satzes,  aber  mit  800  mm  Laufraddurchmesser,  ^t^k  •  2100  =  1680  mm  etc.  Das- 
selbe gilt  auch  für  die  Turbine  in  weiterem  Sinne  aufgefasst,  nämlich  auch  für  ihren  Zufluss 
und  Abfluss,  Absperr-  und  Regelungsvorrichtungen,  kurz  für  die  ganze  Turbinenanlage.  Nun 
sind  in  Büchern  und  Zeitschriften  viele  ausführlichen  Beschreibungen  und  massstäb- 
lichen  Zeichnungen  sowohl  von  ganzen  Turbinenanlagen  als  von  Einzelheiten  derselben  zu 


Abb.  318.    Maschinenhaus  der  Anlage  St.  Maurice. 


\^^J  V,:.',.j.i  \«„://'3         \i/«/rü//f        ^«^tii 


MM® — JZ&m. — Mmm 


mm — umm 


finden.  Jede  beschriebene  Turbinenanlage  kann  nun  als  eine  von  den  vielen  G rosse n- 
nummern  eines  Satzes  aufgefasst  werden,  der  durch  die  zugehörige  Charakteristik  gekenn- 
zeichnet ist,  und  dessen  andere  Nummern  ihr  ähnlich  sind  und  leicht  durch  Vergrösse- 
rung  oder  Verkleinerung  nachgebildet  werden  können.  Hat  man  eine  Turbinenanlage  mit 
Turbinen  von  einer  bestimmten  Charakteristik  zu  entwerfen,  so  sucht  man  also  in  der 
vorhandenen  Literatur  diejenigen  Turbinen  heraus,  die  angenähert  dieselbe  Charakteristik 
haben.  Findet  sich  dabei  eine  Anlage ,  die  wegen  der  örtlichen  Verhältnisse  so  gebaut 
wurde,  wie  man  es  für  den  in  Frage  kommenden  Entwurf  beabsichtigt,  so  kann  diese 
Anlage,  wenn  sie  sich  sonst  gut  bewährt  bat,  ohne  weiteres  zum  Ausgangspunkte  für  die 


956  III.    Theodor  Koehn,    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Grössenbestimmung  der  neuen  Anlage  benutzt  werden.  Hierzu  ist,  wie  schon  angedeutet, 
nur  das  Verhältnis  zwischen  dem  Dm.  der  zugrunde  gelegten  Turbine  und  demjenigen 
der  zu  entwerfenden  Turbine  nötig.  Wenn  die  Dm.  nicht  bekannt  sind,  so  gestattet  jedoch 

VE 

die  Eigenschaft  der  Satzturbinen,  dass  der  Durchmesser  dem  Bruch  —  entspricht,  eine 

Ausrechnung  des  Verhältnisses  zwischen  ihnen.  Einige  Beispiele  mögen  das  Gesagte 
erläutern. 

Es  seien  Turbinen  auf  wagerechter  Welle  für  750  PS«  und  200  UmL/Min.  bei  einem  nutzbares 
Gefälle  von  20,5  m  zu  entwerfen.    Die  Charakteristik  ist 


kH_.?go-,/_Z5o_ 


Es  kann  also  eine  Einzel-Francisturbine  verwendet  werden.  Wegen  des  hohen  Gefälles  konuat 
nur  eine  Gehäusetuibine  in  Betracht.  Die  Turbinen  der  Anlage  St.  Maurice,  vergl.  Tai.  XXIX, 
Fig.  10—12,  leisten  je  1000  PS«  bei  800  Um  1. /Min.  und  32  m  Gefalle,  aber  ihre  Charakteristik  ist  eben- 
falls 125.  Der  Laufrad-Dm.  ist  hier  bekannt  =1000  mm,  aber  auch  ohne  diese  Kenntnis  kann  mai 
das  Verhältnis  zwischen  dem  Dm.  der  neuen  Turbine  und  demjenigen  der  St  Mauriceturbine  anfirtellai. 

i/H~   l/H        t/20  5   i/S2 
Dasselbe  ist  — - :  — '-  =  ^öqq'  :  300  =  *'2*  Somit  ist  die  neue  Turbine  in  jeder  Richtung  hin  um  1,2  mal 

grösser  als  die  St  Mauriceturbine.  Die  letztere  nimmt,  wie  man  aus  den  masstftblkhen  Zeichnung«! 
abmessen  kann,  etwa  3,5  x  3,5  cq  12  qm  Bodenflache  ein.  Die  neue  wird  somit  etwa  12  X  l,2*££l8qm 
Bodenflache  beanspruchen.  Die  Rohrleitung  (innerhalb  des  Maschinenhauses)  für  fünf  Einheiten  » 
St  Maurice  hat  2700  mm  Dm.  Diejenige  der  zu  entwerfenden  Anlage  konnte  man  deshalb,  wem 
keine  sonstigen  Rücksichten  eine  andere  Abmessung  verlangen,  mit  1,2  x  2700 &£ 3300  mm  annehmen. 
Sogar  Rechen  und  Schätzten  konnten  in  derselben  Weise  annäherungsweise  bestimmt  werden.  Das 
Maschinenbaus  in  St  Maurice  hat  14x35,5  =  500  qm  Grundfläche.  Falls  die  elektrischen  Mw*»— 
annlich  und  auch  ungefähr  im  Verhältnis  1,2  zu  1,0  grosser  werden  sollten,  bo  kann  man  also  rasch 
über  den  Bodenbedarf  der  neuen  Anlage  unterrichtet  sein.  Derselbe  beträgt  etwa  1,2.14.1,2.35,5 
££  17 .  48  SS  750  qm  (vergl.  Abb.  318). 

Ein  zweites  Beispiel  sei  das  Folgende :  Bei  einem  nutzbaren  Gefalle  von  155  m  sollen  0,950  ebm'sek. 
ausgenutzt  werden.  Die  Leistung  beträgt  somit  rd.  1500  PS© ^  10. 155.0,95,  und  die  Turbine  saU 
450  UmL/Min.  machen.  Die  Charakteristik  beträgt  dann  kH  =  31,8.  Es  kommt  also  eine  Peltontmiän* 
mit  mehreren  Leitapparaten  oder  eine  radiale  Girardturbine  zur  Verwendung.  Turbinen  mit  ühnftr11— 
Charakteristik  sind  die  1000  PSe -Turbinen  im  Kübel  werk  (s.  Abb.  319,  ferner  Taf.  XXI,  Fig.  3  and 
Taf.  LXXY1,  Fig.  1-3).  Dieselben  machen  300  Üml./Min.  bei  92  m  nutsbarem  Gefälle.  Ihre  Charak- 
teristik ist  somit  33,3,  also  ziemlich  gleich.    Da  dieselbe  sechs  Leitapparate  besitzt,  so  ist  die  für  des 

33  3 
Wirkungsgrad  massgebende  Charakteristik      '  -  =13,6,  sodass  nach  der  Zahlentafel  auf  77  bis  78* • 

Wirkungsgrad  gerechnet  werden  kann.     Das  Grftssenverhältnis  zwischen  beiden  ist  gegeben  dnics 

xf'      ==  y'ao  . --  -  =  0,865 ,  welches  für  die  Bemessung  der  zu  entwerfenden  Turbine  mmssgebea 

ist  Die  Kubelwerkturbine  beansprucht  etwa  3  X  4,5  =  13,5  qm  Bodenfläche,  hat  eine  Höhe  der  Wellet- 
mitte  über  dem  Kussboden  .von  900  mm  und  eine  Höhe  des  Zulaufrohres  Aber  dem  Fuasboden  t«s 
1150  mm  (s.  Abb.  319).  Die  entsprechenden  Masse  der  neuen  Turbine  sind  10  qm,  800  und  1000  ssa 
(s.  Abb.  320). 

Die  beschriebene  Art  der  Massbestimmung  kann  nur  als  eine  angenäherte  ange- 
sehen werden,  weshalb  es  ratsam  ist,  eher  etwas  reichlich  zn  rechnen.  Denn  die  aus- 
führende Firma  wird  sich  möglichst  an  vorhandene  Modelle  halten.  Ferner  sei  dafor 
gewarnt,  dass  man  übertriebene  Schlüsse  macht,  also  dass  man  etwa  von  der  Ausführung 
einer  50  PS.-Turbine  auf  die  Abmessungen  einer  1500  PS#-Turbine,  oder  von  Turbinen 
mit  2000  mm  auf  die  Masse  einer  solchen  mit  400  mm  Durchmesser  schlieft  Bei 
soweit  auseinander  liegenden  Grössen  wird  naturlich  eine  Unsicherheit  eintreten. 

In  dieser  Verbindung  wird  es  vielleicht  erwünscht  sein,  einige,  wenn  auch  nur 


%  5.  Turbinen.  957 

angenäherte  Angaben  über  vorläufige  Gewiclitsbostimtmuigen  von  Turbinen  zu  erfahren, 
wobei  auch  auf  Tabelle  VII,  Seite  256  und  257  verwiesen  sein  mag. 

Bei  gleichem  Gefalle  werden  die  Gewichte  von  Turbinen  verschiedener 

Grösse,  aber  von  demselben  Satze,  ungefähr  im  Verhältnis  stehen:  (  --- 1    bis  ifr)  , 
und  zwar  sollte  man  die  erste  Beziehung  wählen,  wenn  j,  <1»  und  die  letztere,  wenn 

°;>i  i»t. 

Bei  gleicher  Grösse  werden  die  Gewichte  von  Turbinen  für  verschiedene 
Gefälle  ungefähr  im  Verhältnis  L-M  bisjp  stehen  und  zwar  so,  dass  man  die  erste 
H  '  H 

l  <r"  1.    nn/t    Aia    lpt7tnrn     wann    — *^ 

Abb.  318.     1000-PS.TnrbiDe  im  Kubelwerk. 


Ist  beispielsweise  das  Gewicht  G,  einer  Turbine,  die  1000  PS.  nnd  300  Oml./Min. 
bei  32  m  Gefälle  leistet,  bekannt,  so  kann  man  das  Gewicht  G,  einer  Turbine  desselben 
Satzes,  die  750  PS,  und  200  Uml./Min.  bei  20,5  m  Gefalle  leistet,  folgendermassen  aus- 
rechnen. 

„    .     D.      t/20,5  300      ,„       ,  H,      205      nÄ.      ..      imt 
Es  ist  g-y  32-MÖ-1'2  ^H'^^  =0'64-    AlB°  1St 

G,  =  1,2'.  ffiM* .  G,  <Ä>  1,3 G,. 
In   einem  anderen  Falle  sei  das  Gewicht  G,   einer  Turbine  von  1000  PS,  und 
300Umdr./Min.  bei  92  m  Gefalle  bekannt,  und  es  boII  das  Gewicht  G,  der  zo  demselben 
Satze  gehörigen  Turbine  von  1600  PS,  und  4Ö0  Umdr./Min.  bei  155  m  Gefälle  ermittelt 
werden. 


958  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Es  ist  5*  =  0,865  und  J  - 1,685.  Folglich  Gt  =  0,866» .  l/p65 .  1,685 .  G,  öi  1,2  G,. 
Dx  llj 

Ebenso  wie  die  Massbestimmung,  so  ist  auch  die  Gewichtsbestimmung  nur  ab 
eine  angenäherte  zu  betrachten.  Besonders  sei  vor  Schlussfolgerungen  aus  weit  ausein- 
ander liegenden  Fällen  gewarnt.  Vorhandene  Modelle  der  später  genauer  berechnenden 
Maschinenbauanstalt  werden  natürlich  einen  berichtigenden  Einfluss  ausüben,  aber  immer- 
hin gibt  die  hier  gezeigte  Berechnungsweise  wenigstens  einen  Begriff  Ton  dem  Zusammen- 
hange zwischen  Gewicht,  Grösse  und  Gefälle  einer  Turbine. 

Da   die  Gewichte   als  Grundlage  für   die  Preise  dienen,   kann   man  weiter  vom 

Gewicht  auf  die  Preise  schliessen.    Wenn  ^r  und  ^  von  1,0  nicht  weit  abliegen,  so 

kann  man  den  Preis  sogar  einfach  im  Verhältnis  zum  Gewicht  setzen. 

4.  Verwendung  der  Turbinen  bei  verschiedenen  Gefällen.  Eine  Turbine,  die 
für  ein  bestimmtes  Gefalle  konstruiert  ist,  kann  auch  für  andere,  grössere  oder  kleinere, 
aber  nicht  zu  weit  abliegende  Gefälle  verwendet  werden,  vorausgesetzt,  dass  für  das 
neue  Gefalle  solche  Anforderungen  an  Leistung  und  Umdrehungszahl  gestellt  werden, 
dass  den  nachstehenden  Auseinandersetzungen  entsprochen  wird. 

An  der  in  Abb.  317  schematisch  dargestellten  Turbine  lassen  sich  die  Verhält- 
nisse leicht  erläutern.  Aus  der  Düse  strömt  das  Wasser  heraus  mit  der  Geschwindigkeit 
von  angenähert  c0^V2gh.  Hat  die  Düse  einen  Querschnitt  von  F0  qm,  so  ist  die 
Wassermenge  Q  =  F0 .  V2gh  cbm/sek.    Denken  wir  uns  aber  dieselbe  Turbine  für  ein 

doppelt  so  grosses  Gefälle  b8  =  2h  verwendet,  so  strömt  aus  F0,  l/~  =  V2mal  so  viel 

wie  früher  aus,  weil  die  Geschwindigkeit  jetzt  V2g(2h)  geworden  ist.  Ähnlich  verhalten 
sich  alle  Turbinen,  sodass  ganz  allgemein  die  Wassermenge  Qt  für  das  Nettogefalle  Ht 
den  Wert  

besitzt,  wenn  Qt  die  Wassermenge  für  das  Gefälle  Ht  beträgt. 

Qt  cbm/sek.  bei  H£  m  Gefälle  ergeben  eine  Leistung  von  rd.  Nt  =  10 .  Qj .  Hi,  und 
Qg  cbm/sek.  bei  H,  m  Gefälle  ergeben  dementsprechend  eine  Leistung  von  rd.  Nt=  10 .  Qr  Hf. 
Die  drei  letzten  Gleichungen  ergeben  durch  Kombination  die  Leistung  Nt  der  Turbine 
bei  H,  m  Gefalle  zu  

welcher  Wert  ebenfalls  mit  dem  Rechenschieber  leicht  ermittelt  werden  kann. 

Ebenso  wie  die  Wassergeschwindigkeiten  proportional  VH  sind,  so  sind  es  auch 
die  Umfangsgeschwindigkeiten,  sodass  die  Umdrehzahl  n,  einer  Turbine  bei  Hf  m 
Gefälle  _ 

**=y^.nt  (6) 

beträgt,  wenn  nt  die  Tourenzahl  bei  Hx  m  Gefalle  ist. 

Es  ist  notwendig,  dass  Wassermengen,  Leistungen,  Umdrehzahlen  und  Gefälle  sieb 
zueinander  wie  obenstehend  verhalten,  damit  die  Turbine  bei  Hs  m  ebenso  günstig  arbeite 
wie  bei  Ht  m  Gefälle ;  kleine  Abweichungen  jedoch  sind  zulässig.  Die  angegebenen  Be- 
ziehungen gelten  für  alle  Turbinensysteme,  unter  Ht  und  Hf  immer  die  effektiven  oder 
Nettogefälle,  s.  Abschn.  11,  verstanden. 


§  5. 


Turbinen. 


959 


Abb.  321. 


UW 


Beispiel:  Eine  Turbine,  die  bei  8  m  Gefälle  200  PS«  bei  125  Uml./Mm.  leistet  und  dabei 
2,84  ebm/sek.  Wasser  verbraucht,  wird  bei  5,5  m  Gefälle  114  PS«  bei  104  Ural.  Mio.  leisten  und  dabei 
1,94  ebm/sek.  verbrauchen. 

5.  Saugrohrwirkung  und  zulässige  Saughöhe.  Die  Wirkung  des  Saugrohres 
beruht  auf  dem  Unterdruck  (unter  dem  atmosphärischen  Druck),  der  in  dem  gehobenen 
Teil  eines  Gefasses  entsteht,  das  mit  Wasser  gefüllt  ist  und  unter  Wasser  ausmündet 
(Abb.  321). 

Der  Unterdruck  oder  absolute  Druck  an  einem  beliebigen  um  h8  über  dem  Unter- 
wasserspiegel liegenden  Punkt  ist  dann  (a  —  hB),  worin  a  der  Atmosphärendruck  ist,  der 
bei  gewöhnlichem  Barometerstand  am  Meer  10,33  m,  also  im  allgemeinen  etwa  10  m 
Wassersäule  entspricht.  Da  der  absolute  Druck  bis  auf  Null 
herabsinken  kann,  so  kann  man  theoretisch  Saughöhen  bis 
10  m  ausnützen.  In  der  Praxis  muss  man  aber  schon  früher 
halt  machen. 

Teilen  wir  das  Nettogefälle  H  in  das  Druckgefälle  hd 
vom  Oberwasserspiegel  bis  zu  einem  Punkt  unmittelbar  unter 
dem  Laufrad  und  in  das  Sauggefälle  h.,  von  diesem  Punkt  bis 
zum  Unterwasserspiegel  (Abb.  321),  so  ist  der  für  den  Durch- 
fluss  durch  die  Turbine  und  die  Kraftabgabe  massgebende 
Druckunterschied 

(a-J-hd)-(a-h.)  =  hd  +  b.  =  H,  (7) 

also  gleich  dem  Nettogefälle.    In  bezug  auf  die  Kraftgewinnung 

ist  somit  das  Sauggefälle  dem  Druckgefalle  gleichwertig.    Man 

darf  deshalb  eine  Überdruckturbine  ohne  Einbusse  an  Gefalle, 

Leistung  oder  Wirkungsgrad  um  eine  gewisse,  im  folgenden  bestimmte  Höhe  über  dem 

niedrigsten  Unterwasserspiegel  aufstellen,    wovon  in  der  Praxis  ausgiebiger  Gebrauch 

gemacht  wird. 

Ursprünglich  wurden  die  Saugrohre  zylindrisch  ausgeführt  und  nur  in  der  Absicht 
verwendet,  die  Turbinen  hochwasserfrei  aufzustellen  und  Schwankungen  des  Unterwasser- 
spiegels auszunutzen.  Später  wurde  ein  weiterer  Zweck  damit  verfolgt.  Statt  zylindrisch 
wurde  das  Saugrohr  schwach  konisch  mit  nach  unten  zunehmendem  Dm.  ausgeführt. 
Bei  zweckmässiger  Konizität  wirkt  dann  das  Saugrohr  derart,  dass  als  Abflussverlust 

Co* 

aus  der  Turbine  nicht  derjenige  aus  dem  Laufrad,  ~     (s.  Einleitung),  sondern  derklei- 

s  g 

c* 

nere  Verlust  ~  (Abb.  321)  in  Rechnung  kommt,  was  den  Wirkungsgrad  der  Turbine 

*g 

etwas  verbessert. 

Die  Bestimmung  der  zulässigen  Saughöhe  hat  unter  Berücksichtigung  dieser 
konischen  Gestaltung  des  Saugrohres  zu  geschehen.  Man  denke  sich  ein  horizontal 
liegendes ,  schwach  konisches  Rohr  von  Wasser  durchflössen  (Abb.  322),  welches  den 
Querschnitten  entsprechend  an  der  engen  Stelle  die  grosse  Geschwindigkeit  c,  hat,  die 
allmählich  auf  die  kleinere  Geschwindigkeit  c8  abnehme.  Mündet  die  weite  Öffnung  in 
die  Aussenluft  aus,  so  herrscht  an  dieser  Stelle  der  Atmosphärendruck  a.    Die  dem 

Wasser  an  der  Austrittsstelle  innewohnende  Energie  (a+^3  1  müssen  wir  nun  an  jeder 

Stelle  des  Rohres  wiederfinden.    Denn  vorläufig  sei  von  Reibungsverlusten  abgesehen, 
und  eine  Verminderung  oder  Vermehrung  der  Energie  tritt  bei  horizontal  liegendem  Rohr 


960  III.     Theodor  Koehh.     Ausbau  vok  WiWMOlWPt.    KnrxKiJOKmar. 

Dicht  ein.  Folglich  mau  die  Summe  aus  Druck  (pO  und  Geschwindigkeitshöhe  (a*-)  **>  dw 
Stelle  2  gleich  sein  der  obengenannten  Energie: 

daraus 

Der  absolute  Druck  p'  an  der  engen  Stelle  ist  somit  infolge  der  Konizität  des  Rohres 
kleiner  als  der  Atmosphärendruck  geworden,  was  er  bei  zylindrischem  Rohr  nicht  ge- 
wesen wäre. 

Denkt  man  sich  nun  weiter  das  enge  Ende  dieses  Rohres  nm  b.  m  in  die  Höbe 
gehoben  (Abb.  323),  so  ist  klar,  dass  dadurch  eine  weitere  Verringerung  des  absoluten 
Druckes  um  die  Höhe  b,  stattfindet,  sodass  nunmehr  der  absolute  Druck  an  dieser  Stelle 

c  t ,.  i 

p  =  »  —  ---3— h,<a  —  h»  beträgt. 

l% 

Findet  aber  ein  'Widerstand  gegen  das  Ans-  oder  Durchströmen  des  Rohres  statt, 
was  immer  der  Fall  sein  wird  (Reibung),  so  ist  zur  Oberwindung  desselben  eine  Höbe 
bw  erforderlich,  welche  den  absoluten  Druck  wieder  vergrössert,  sodass  p  in  Wirklichkeit 

-    I -    I 

Abk.  822.  Abb.  828.  p  =  a  —      2g      —  b.  +  hw  (8) 

betragt.  Man  wird  aber  immer  bestrebt  sein, 
hw  im  Interesse  eines  guten  Wirkungsgrade! 
möglichst  klein  zu  halten,  sodass  von  seiner 
Berücksichtigung  meistens  abgesehen  werden 
kann.  Durch  eine  solche  Vernachlässigung  wird 
auch  nur  eine  Sicherheit  der  Rechnung  gegen 
die  ans  zu  hoher  Sanghöhe  entstehenden  Übelstande  (Gefällsvertust  und  unstetiger 
Betrieb)  eingeführt. 

Hit  dem  absoluten  Druck,  an  der  höchsten  Stelle  des  Sangrohres  gleich  Null  ge- 
setzt, würde  man  aus  Gleichung  8  die  theoretisch  maximale  Sanghöhe  erhalten. 

Aber  mit  p  gleich  1,5  bis  2  m  gesetzt,  was  praktischen  Ausführungen  entspricht, 
bestimmt  sich  die  maximale,  zulässige  Saughöhe  zu 

b.  =  .-5!~''-l,6bi8  2.  (9) 

Zu  dieser  Formal  int  au  bemerken,  dass  sie  nur  so  luge  gilt,  als  die  Geschwindigkeit  (Cji  »■ 
höchsten  Punkt  so  gross  ist,  dass  die  im  Wasser  enthaltene  und  in  dem  partiellen  Vakuum  «ich  u» 
scheidende  Luft  Tom  Wasser  wieder  mitgerissen  nnd  abgeführt  wird.  Bei  den  meisten  Turbinen  trift 
dieses  bei  den  grosseren  Beaufschlagungen  (Belastungen)  ja  auch  zu,  bei  den  kleineren  Beaufschlagung« 
aber  häufig  nicht  mehr,  sodass,  wsnn  es  im  allgemeinen  als  Regel  gilt,  dsss  kleine  Sangkskea 
tunlichst  anzustreben  sind,  dieses  dann  ganz  besonders  für  solche  Turbinen  gilt,  die  mit  stark  ab- 
nehmender Belastung  arbeiten  müssen.  Da  somit  die  zulässige  Saughöhe  mit  der  Konafanttwi 
der  Turbine  in  innigstem  Zusammenhang  steht,  so  sollte  bei  der  Projektierung  tob  Turbine nan lag» 
keine  Sanghöhe  von  mehr  als  6—6  m  festgelegt  werden,  bevor  mit  deu  in  Aussicht  genommenen  Turbines- 
lieferantan  Rücksprache  genommen  ist 

Die  Saugrohre  Bind  derart  auszuführen,  dass  kein  Eindringen  von  Luft  stattfinden 
kann,  sonst  wird  die  Sangwirkung  abgeschwächt,  wodurch  Verlust  an  Leistung  and  Nutz- 
effekt entsteht.  Zu  dem  Zweck  müssen  sie  etwa  300  bis  400  mm  unter  dem  tiefsten 
Unter  Wasserstand   eintauchen.     Je  höher   das  Sauggefälle,   um  so  leichter  entsteht 


§  5.  Turbinen.  961 

die  Gefahr,  dass  Luft  eindringen  kann;  die  Stelle  der  Undichtigkeit  ist  schwer  aufzu- 
finden, da  kein  Wasser  ausspritzt,  sondern  eben  Luft  eintritt.  Zum  Untersuchen ,  ob  das 
Saugrohr  richtig  funktioniert,  bringt  man  es  an  einem  hochgelegenen  Punkt  mit  einem 
Vakuummeter  in  Verbindung.  Dasselbe  sollte  nun  ein  Vakuum  anzeigen,  das  grösser  ist, 
als  der  Höhenunterschied  zwischen  dem  angebohrten  Punkt  und  dem  Unterwasserspiegel. 

Die  Saugrohre  funktionieren  am  sichersten,  wenn  sie  unmittelbar  hinter  der 
Turbine  möglichst  senkrecht  sind.  Muss  ein  Saugrohr  von  der  Turbine  entfernt  aus- 
münden, so  sollte  man  es  deshalb  zuerst  möglichst  senkrecht  hinunter,  dann  horizontal 
nach  der  Seite  fahren  (Taf.  VII,  Fig.  1  und  Taf.  XV,  Fig.  3).  Der  obere  gusseiserne 
Teil  des  Saugrohres  wird  an  das  Fundament  solid  befestigt  und  trägt  das  Leitrad.  Die 
Fortsetzung  des  Saugrohres  besteht  entweder  aus  einem  konischen  Blechrohr  oder  einem 
Betonschacht.  Das  erstere  ist  kräftig  zu  befestigen  und  sollte  in  einen  geräumigen 
Unterwasserkanal  ausmünden ,  damit  das  Wasser  ohne  Widerstände  (Stauung)  abfliessen 
kann.  Der  Abstand  von  Unterkante  Saugrohr  bis  zur  Sohle  der  Unterwasserkammer 
sollte  etwa  gleich  dem  unteren  Dm.  des  Saugrohres  bis  herab  zu  */*  dieser  Strecke  sein. 
Das  Betonsaugrohr  gibt  ein  gutes  Fundament  für  die  Turbine  ab  und  gestattet  die  zweck- 
mässigste  Überführung  des  Wassers  in  den  Unterwasserkanal,  Paderno,  s.  Taf.  LXIX, 
Fig.  5—8,  Kykkelsrud,  Turbigo  u.a.).  Bei  der  Ausführung  ist  darauf  zu  sehen, 
dass  die  Geschwindigkeit  ganz  allmählich  abnimmt,  und  dass  scharfe  Krümmungen  und 
Ecken  vermieden  werden.  Die  Gesetze,  nach  denen  die  Geschwindigkeitsabnahme  statt- 
finden soll,  damit  die  Saugrohrwirkung  richtig  erfolge,  sind  noch  nicht  erforscht.  Lineare 
Abnahme  scheint  gute  Resultate  zu  ergeben. 

Beispiel:  Es  soll  für  40m  Gefälle  ein  Vorprojekt  einer  Turbine  von  8000  PS«  mit  175  UmL/Min. 
gemacht  werden.    Wegen  schwankenden  Unterwasserspiegels  soll  die  Turbine  so  hoch  als  zulässig  auf- 

gestellt  werden.    Die  Charakteristik  der  Turbine  betrogt:  kx  == -^-~\/ -=  =  95.     Es  kann  also  eine 

Einzel-Francisturbine  ▼erwendet  werden.  Eine  ahnliche  Turbine  wäre  die  der  Anlage  Morbegno  (vergl. 
Taf.  LXX)  und  die  Anordnung  derselben  sei  auch  für  dieses  Projekt  als  zweckmässig  angenommen.  Die 
Morbegnoturbine  leistet  2000  PS«  mit  150  UmL/Min.  bei  80  m  Gefälle.  Ihre  Charakteristik  ist  somit  96 
und  die  neue  Turbine  kann  deshalb  nach  diesem  Vorbild  angenommen  werden.    Das  Grftssenverhaltnis 

beider  Turbinen  ist  nach  Abschnitt  3,  l/r~.J     =0,99  £ß  1,0,  also  kann  die  gleiche  Turbine  vorgesehen 


werden,  allerdings  wegen  des  höheren  Gefälles  und  der  grosseren  Leistung  mit  schwererem  Spiralgehäuse 
und  stärkerer  Welle.  Eine  Umrechnung  der  Morbegnoturbine  auf  40  m  Gefälle  nach  Abschnitt  4  wird 
natürlich  auch  eine  Leistung  von  8000  PS«  bei  175  UmL/Min.  ergeben. 

Aus  der  Zeichnung  der  als  Vorbild  gewählten  Turbine  geht  hervor,  dass  die  Saugrohrdurch- 
messer  oben  1800  mm,  unten  2000  mm  sind.  An  Hand  der  Gleichung  9  ist  nun  die  zulässige  Saughohe 
zu  bestimmen.    Vorerst  muss  die  Wassermenge  bestimmt  werden.     Dieselbe  ist  nach  Gleichung  2  rd. 

Q ===  in  äi\  ==  ? »*>  cbm/sek.,  somit  ist  die  Geschwindigkeit  c,  =  — l —  =  5,6  m  und  Cg  =  — '- —  =  2,4  m. 
1Ü.4Ü  ^iftt  J*   ot 

Die  zulässige  Saughohe  ist  dann: 

Die  vorstehenden  Auseinandersetzungen  beziehen  sich  auf  die  Saugrohre  der 
Francisturbinen.  Saugrohre  für  Druckturbinen  sind  unter  dem  Abschnitt  Peltonturbinen 
gebracht. 

6.  Die  Francisturbine  verdankt  ihre  grosse  Verbreitung  der  ausserordentlichen 
Anpassungsfähigkeit  an  die  verschiedensten  Anforderungen.  Sie  wird  gebaut  für  Gefälle 
zwischen  1  und  130  m  (vergl.  Schweiz.  Bauzeitg.  1904,  S.  227).  Sie  kann  so  konstruiert 
werden,  dass  sie  bei  niedrigen  Gefallen  schnell  d.  h.  mit  hoher  Umdrehzahl,  und  auch  so, 

Handbuch  der  Ing.-WisMnaeh.    ML  Tau    1&  Bd.  61 


962  XU.     Thbodok  Koshs.     Ausbau  vom  Wasörrcrafte».     Edizklhbjtks. 

dass  sie  bei  hohen  Gofallon  langsam  läuft,  wu  beides  gewöhnlich  den  Anfordeumfn 
der  Praxis  entspricht.  Sie  hat  einen  guten  Wirkungsgrad  und  lässt  sich  für  veränderlichen 
Wasser-  und  Kraftverbrauch  gut  regulieren,  ohne  dass  der  Wirkungsgrad  dabei  wesent- 
lich beeinflnsst  wird.  Die  Grenzen,  innerhalb  welcher  diese  vorteilhafte  ReguUerfahigkeit 
vorhanden  ist,  sind  etwa  halbe  Beaufschlagung  bis  volle.  Weil  sie  eine  Überdruckturbine 
ist,  und  man  sie  deshalb  mittelst  eines  Saugrohres  über  dem  Qnterwasserspiegel  auf- 
stellen kann,  ohne  dass  dabei  etwas  an  Gefälle  oder  Wirkungsgrad  geopfert  wird,  so 
können  die  Turbinen  selber  wie  die  angekuppelten  Maschinen  mit  horizontaler  Achse 

Abb.  824.     Schnitt  und  Qrandri»  einer  Abb.  825.     Zodels  Regulierschieber. 


nnd  doch  hochwasserfrei  aufgestellt  werden.  Abb.  324  zeigt  Schnitt  und  Grundrist  tm 
Leit-  und  Laufrad.  Das  Wasser  wird  durch  die  Leitschaufeln  radial  in  das  Laufrad 
hineingeführt  nnd  verlaset  dasselbe  zum  Teil  axial,  zum  Teil  radial.  Das  Saugrohr 
schliesst  sich  an  das  Laufrad  an  nnd  führt  das  Wasser  nach  dem  Unterwasserspieiel 
ab.  Die  gezeigten  Leitschaufeln  sind  um  Zapfen  drehbar  und  werden  mit  einem  Mecha- 
nismus, der  von  einer  oder  zwei  Regulierwellen  betätigt  wird,  zu  gleicher  Zeit  verdreht 
Der  Wasserzufluss  zum  Laufrad  wird  dadurch  reguliert,  weil  die  Durchnussöffnnngsn 
durch  die  Verstellung  vergrössert  oder  verkleinert  werden. 

Die  in  Abb.  324  gezeigte  Finksche,  Regulierung,  bei  der  die  ganze  Leitschsaf«! 
gedreht  wird,  wird  am  häufigsten  verwendet  und  hat  die  besten  Resultate,  besonder» 
bei  niedriger  Beaufschlagung,  ergeben.  Abb.  325  zeigt  den  Zodelschen  Regaber- 
schieber. Samtliche  Leitschaufeln  sind  durch  einen  Schnitt  konzentrisch  zum  Laufrad- 
durchmesser in  zwei  Teile  geteilt,  in  einen  äusseren,  feststehenden  Teil  nnd  in  onan 
inneren,  um  die  Turbinenachse  drehbaren  Teil  a.  Durch  Drehung  des  letzteren  wird  die 
Grosse  sämtlicher  DnTchflossqnerschnitte  beeinflnsst  Damit  gute  Wasserführung  bei 
kleinen  Öffnungen  gewahrt  bleibe,  ist  die  Rückseite  der  feststehenden  Schaufeln  mit  in- 


S  5. 


Turbinen. 


963 


geschraubten  Blechfährungen  c  versehen,  die  in  die  Zwischenräume  des  drehbaren  Schaufel- 
ringes hineinragen.  Taf.  LXHI,  Fig.  1  zeigt  den  Sc haad sehen  Leitapparat.  Auch 
dieser  besteht  aus  einem  feststehenden  und  einem  beweglichen  Schaufelteil.  Der  erstere 
bildet  die  eigentliche  Leitschaufel ,  der  zweite  ist  eine  um  Zapfen  drehbare  Regulier- 
zunge, welche  von  einem  gemeinsamen  Regulierring  angetrieben  wird.  Taf.  LXV,  Fig.  1 
zeigt  die  sogenannte  Spaltschieberregulierung.  Der  Schieber  ist  ein  dünner  guss- 
eiserner oder  bronzener  Zylinder,  der  zwischen  Leitrad  und  Laufrad  eingesteckt  ist.  Durch 
axiales  Verschieben  desselben  werden  die  Durchflussöffnungen  in  ihrer  Grösse  verändert. 

Bei  niedrigen  Gefallen  werden  die  Leitschaufeln  aus  Gusseisen,  bei  grösseren  Ge- 
fällen und  bei  unreinem  Wasser  (Holz,  Steine)  aus  Stahlguss  hergestellt. 

Unter  den  Laufrädern  sind  ebenfalls  verschiedene  Typen  entstanden,  je  nach  den 
verschiedenen  Querschnittsverhältnissen.     In  Abb.  326  bis  328  ist  ein  Schnitt  durch 


Abb.  326.    Schnelläufer. 


Laufradtypen 

Abb.  327.    Normale  Francisturbine. 


Abb.  328.    Langsamllufer. 


>*£3䣣££ 


drei  Laufräder  für  den  gleichen  Dm.  aufgezeichnet.  Abb.  326  ist  ein  ausgeprägter 
Schnelläufer  mit  einer  Charakteristik  von  etwa  300.  Kennzeichnend  ist  die  im  Verhältnis 
zum  Dm.  sehr  grosse  Breite  am  Eintritt  und  die  starke  Erweiterung  der  Schaufel  nach 
dem  Saugrohr  zu  Diese  extremen  Verhältnisse  sind  begründet  in  der  grossen  Schluck- 
fähigkeit dieser  Turbinen,  welche,  wie  a.  a.  0.  bereits  erwähnt,  hauptsächlich  bei  kleinen 
Gefällen  (rd.  1  bis  10  m)  angewendet  werden,  weil  sie  bei  verhältnismässig  grosser  Kraft- 
leistung  eine  recht  hohe  Umdrehzahl  aufweisen.  Die  Erweiterung  nach  dem  Saugrohr 
wird  vorgenommen,  damit  das  Wasser  mit  kleiner  Geschwindigkeit  d.  h.  kleinem  Ab- 
flussverlust das  Laufrad  verlässt.  Abb.  327  stellt  ein  normales,  modernes  Francislauf- 
rad mit  einer  Charakteristik  von  etwa  150  dar.  Da  die  Schluckfähigkeit  desselben  be- 
deutend geringer  ist  als  diejenige  des  Schnelläufers,  so  ist  die  Eintrittsbreite  klein, 
und  der  Saugrohrdm.  kleiner  als  der  Eintrittsdm.  gehalten.  Solche  Typen  werden  für 
mittlere  Gefalle  (rd.  10  bis  50  m)  verwendet.  Abb.  328  zeigt  einen  Langsamläufer  mit 
einer  Charakteristik  von  etwa  50,  wie  sie  bei  hohen  Gefallen  (rd.  75  bis  130  m)  und 
grossen  Leistungen  verwendet  werden.  Kennzeichnend  ist  die  sehr  kleine  Eintrittbreite 
und  die  schlanke  Überführung  des  Wassers  nach  dem  kleinen  Saugrohr.    Das  gezeich- 

61* 


964         IIL    Theodor  Kokhn.    Ausbau  von  WabbebkbIftev.    Edtzblüküikv. 

nete  Laufrad  ist  als  Doppelrad  ausgebildet,  damit  die  recht  beträchtlichen  axialen 
Schübe  aufgehoben  werden.  Bei  100  m  Gefalle  würde  ein  Rad  von  dieser  Konstruktion 
mit  1000  mm  Eintrittsdm.  etwa  1000  PS«  pro  Kranz  (das  Doppelrad  also  2000  PSJ  bei 

etwa  500  Umdrehungen  leisten.    Die  Charakteristik  ist  also  k*  =  -jtü^  "]/-=  =  50. 

Das  Laufrad  ist  meistens  aus  Gusseisen,  häufig  sind  aber  die  Schaufeln  ans 
gepresstem  Blech  hergestellt,  die  dann  in  die  Nabe  und  den  Ring  eingegossen  sind. 
Bei  hohen  Gefällen  werden  die  Laufräder  mitunter  aus  Bronze  oder  sogar  aus  Stahlguss 
hergestellt. 

Ob  man  Einzel-,  Doppel-  oder  mehrfache  Turbinen  verwenden  soll,  hangt  von  der 
gewünschten  Tourenzahl,  von  den  Kosten,  sowie  von  dem  angestrebten  Nutzeffekt  ab, 
vergl.  Abschn.  3.  Die  Einzelturbine  ist  am  billigsten.  Der  auftretende  axiale  Druck 
des  Laufrades  wird  durch  ein  Kammlager  oder  Spurlager  aufgenommen.  Die  Doppel- 
turbine bat  den  Vorteil,  dass  normalerweise  keine  axialen  Drucke  auftreten,  da  der 
Druck,  der  von  dem  einen  Laufrad  entsteht,  von  dem  anderen  aufgehoben  wird. 
Trotzdem  wird  eines  der  Lager  als  Kammlager  ausgebildet,  da  durch  Verstopfungen,  Ver- 
schleiss  usw.  ein  einseitiger  Druck  auftreten  kann.  Die  Doppelturbine  hat  einen  etwas 
höheren  Wirkungsgrad  als  die  gleich  starke  und  gleich  schnellaufende  Einzelturbine,  weil 
die  Reibungsarbeit  auf  den  Spurzapfen  wegfällt,  weil  pro  Laufrad  nur  die  halbe  Wasser- 
menge kommt  und  die  Querschnittsverhältnisse  hierfür  günstiger  gestaltet  werden  können. 

a)  Francisturbinen  in  offenem  Schacht.  Bei  niedrigen  Gefallen  (1  bis 
16  m)  kann  die  Francisturbine  in  einem  offenen  Schacht  aufgestellt  werden,  cL  h.  der 
Oberwasserkanal  wird  hinter  dem  Rechen  erweitert  und  vertieft,  und  die  Turbine  wird 
in  dem  so  gebildeten  Schacht  aufgestellt ,  wobei  das  Wasser  dem  Leitapparat  von  allen 
Seiten  zufliesst.  Es  ist  bei  dieser  Aufstellung  darauf  zu  achten,  dass  die  Turbine  tief 
genug  angebracht  wird,  sonst  kann  Luft  mit  in  die  Turbine  hineingesaugt  werden, 
wodurch  Arbeitsleistung  und  Wirkungsgrad  stark  geschädigt  werden.  Zwischen  Ober- 
wasserspiegel und  Oberkante  Leitrad  sollte  man  bei  mittelgrosser  vertikalachsiger  Turbine 
mindestens  1,5  m  Entfernung  haben,  bei  horizontaler  Aufstellung  etwa  das  Doppelte. 

Vertikal turbinen.  Bei  Gefallen  zwischen  etwa  1  und  5  m  wird  die  Francis- 
turbine meistens  mit  vertikaler  Welle  angeordnet.  Ist  die  Arbeitswelle  horizontal,  was 
am  häufigsten  der  Fall  ist,  so  wird  die  Kraft  von  der  Turbinenwelle  mittelst  eines  konischen 
Zahnräderpaares  an  dieselbe  übertragen.  Pas  Gewicht  der  vertikalen  Welle  mit  dem 
Laufrad  und  dem  einen  Zahnrad  sowie  auftretende  Kräfte,  die  vom  Wasser  und  den 
Zahnrädern  herrühren,  müssen  von  einem  Spurlager  aufgenommen  werden,  welches  ein 
wichtiges  Detail  der  Turbine  bildet.  Dasselbe  muss  bequem  zugänglich  (für  Wartung, 
Reinigung)  und  so  fest  gelagert  sein,  dass  keine  Vibrationen  auftreten  können. 

Eine  solche  Turbine  ist  in  Taf.  LXI,  Fig.  1  u.  2*)  dargestellt,  Anlage  Stuttgart- 
Marbach.  Die  Turbine  ist  auf  der  Sohle  des  Schachtes  aufgestellt,  in  welchem  ein 
gusseiserner  Fundamentring  eingemauert  ist.  Dieser  Ring  hat  in  der  Mitte  ein  Trag- 
kreuz, auf  das  sich  eine  schmiedeiserne  Tragstange  stützt.  Die  Tragstange  steht  fest 
und  ist  oben  mit  einem  Spurlager  versehen,  welches  die  sie  umgebende  hohle,  gusseiserne 
Turbinenwelle  trägt. 

Behufs  Montage  und  Besichtigung  ist  eine  Öffnung  im  Mauerwerk  vorgesehen,  die 
mit  Steigeisen  zum  bequemen  Befahren  versehen  ist.  Das  Wasser  verlässt  die  Turbine 
durch   das  Saugrohr,   welches  hier  in  Beton  ausgeführt  ist  und  direkt  in  den  Unter- 

*)  Einer  Broschüre  der  E.-A.  vorm.  Sehackert  <fc  Co.  entnommen. 


§5.  Turbinen.  985 

wasserkanal  ausmündet.  Vermittelst  des  Sangrohres  konnte  die  Turbine  ohne  Nachteil 
über  dem  höchsten  Unterwasserspiegel  aufgestellt  werden,  sodass  sie,  nachdem  der  Zu- 
fluss  abgesperrt  ist,  trocken  gelegt  werden  kann.  Eonische  Zahnräder  überführen  die 
Kraft  auf  die  horizontale  Welle ,  die  mittelst  einer  Zodelkuppelung  mit  der  Welle  der 
Dynamomaschine  verbunden  ist. 

Eine  andere,  ganz  ähnliche  Anlage  zeigt  Taf.  LXI,  Fig.  3  und  44),  Anlage  Winters- 
hall-Lengers. Während  bei  der  vorigen  Turbine  das  grosse  Zahnrad  über  der 
horizontalen  Welle  angebracht  war  („Obergriff"),  ist  es  hier  unterhalb  derselben  ange- 
bracht („Untergriff").  Die  letztere  Anordnung  ist  besonders  dort  zu  finden,  wo  mehrere 
vertikale  Turbinen  eine  gemeinsame  horizontale  Welle  treiben.  Um  die  hohe  Tourenzahl 
der  gewählten  Dynamomaschine  zu  erreichen  (600  Uml./Min.),  wurde  von  der  hori- 
zontalen Vorgelegewelle  aus  eine  weitere  Übersetzung  durch  Riemenübertragung  erzielt 

Bei  Gefällen  über  etwa  5  m  sucht  man  die  Turbine  mit  horizontaler  Welle 
anzuordnen.  Wenn  die  Turbine  eine  Einzelturbine  (Turbine  mit  nur  einem  Leit-  und 
Laufrad)  ist,  so  ist  die  horizontale  Aufstellung  auch  meistens  angängig.  Muss  man  aber 
zum  Zweck  einer  hohen  Umdrehungszahl  eine  mehrfache  Turbine  anwenden,  so  fällt 
die  Turbine  dadurch  in  der  Richtung  der  Welle  sehr  lang  aus.  Eine  Folge  hiervon  ist, 
dass  die  Grundfläche  der  Anlage  ebenfalls  gross  ausfallt,  und  dass  grosse  Erdmassen 
ausgehoben  werden  müssen,  weil  Horizontalturbinen  tief  aufzustellen  und  die  Saugrohre 
unter  dem  Maschinenhaus  hinwegzuführen  sind  (vergl.  Anlage  Wangen,  Taf.  XXIII, 
Fig.  I  und  2).  Wo  die  örtlichen  Verhältnisse  dieses  nicht  gestatten,  geht  man  auch 
bei  Gefällen  von  mehr  als  6  m  zu  einer  vertikalachsigen  Turbine  über.  Yertikalachsige 
Anordnungen  sind  auch  dort  notwendig,  wo  der  Unterwasserspiegel  sehr  stark  schwankt 
und  die  Forderung  aufgestellt  wird,  dass  die  Dynamomaschine  über  dem  höchsten  Unter- 
wasser liegen  soll. 

Eine  vertikale  Turbine  ist  in  Tafel  LXII,  Fig.  1 — 3ft),  Anlage  Hagneck  dar- 
gestellt, vergl.  auch  Taf.  XXXIII,  Fig.  1—5.  Das  Gefälle  schwankt  zwischen  5,8  und  9  m. 
Die  Leistung  jeder  Turbine  beträgt  1300  PSe  normal,  1500  PS«  maximal.  Die  Um- 
drehzahl  ist  100  pro  Min.    Die  Charakteristik  der  gesamten  Turbine  beträgt 


bei  dem  hohen  Gefälle  und 


,         100-1/1500      0_ 

kK  =  ^l/P  =  400 
5,8   V  V5,8 


beim   kleinen  Gefälle.     Da  in  dem  letzten   Fall  vier  Räder  beaufschlagt  werden,  ist 

400 
die  Charakteristik  von  einem  Leit-  und  Laufrad :  -=r-  =  200. 

V4 
Da  es  sich  hier,  wenigstens  zur  Zeit  der  Ausfuhrung  dieser  Anlage,  um  eine 
grosse  Leistung  bei  hoher  Umdrehzahl  und  kleinem  Gefalle  handelte,  so  schritt  man  zur 
Ausführung  von  vierfachen  Turbinen,  und  um  an  Grundfläche  zu  sparen,  führte  man 
dieselben  mit  stehender  Welle  aus.  Die  Leiträder  und  Saugkessel  ruhen  vermittelst 
Säulen  auf  einer  gasseisernen  Bodenplatte  auf,  und  die  Kessel  sind  mit  der  Hauer 
kräftig  verschraubt.  Die  Welle  mit  den  vier  Laufrädern  und  dem  Rotor  der  Dynamo- 
maschine werden  von  dem  auf  dem  Zwischenboden  befindlichen  Ringspurlager  getragen. 


*)  Ans  W.  Wagenbach,  .Turbinenanlagen«,  Taf.  IV. 

A)  Aus  H.  Rupp,   „Das  Elektrizitätswerk  Hagneck ■,  Zeitschr.  d.  Ver.   deutscher  Ing.f   1901, 
S.  987  u.  ff. 


966         m.    Theodor  Kokhh.    Ausbau  vom  WasseucrIftkn.    EmEUHBrnar . 

Man  findet  auch  Anlagen,  wo  das  Spurlager  auf  dem  Tragkreuz  der  Dynamomaschine 
ruht,  wobei  der  Zwischenboden  in  Wegfall  kommen  kann.  Man  hat  dadurch  tot  allem 
erreicht,  dass  das  der  Wartang  und  Besichtigung  bedürftige  Spurlager  im  Maschmensaal 
angebracht  ist  Die  Leitrader  sind  mit  drehbaren  Schaufeln  versehen  (rergl.  Taf.  LXHI, 
Fig.  1),  und  mit  drei  voneinander  unabhängigen  Regulierwellen  verstellbar,  sodass  einsehe 
Krause  vollständig  abgeschlossen  werden  können,  wenn  wenig  Wasser  vorhanden  ist 
Zur  bequemen  Besichtigung  der  oberen  Leiträder  sind  dieselben  mit  Galerien  umgeben. 
Mannlöcher  in  den  Kesseln  gestatten  Besichtigung  der  Laufräder.  Der  Ablauf  des 
Wassers  findet  durch  zwei  Saugrohre,  die  in  Beton  ausgeführt  sind  und  sich  zu  einem 
einzigen  vereinigen,  statt.  Dm  an  Höhe  zu  sparen,  sind  die  Laufräder  ziemlich  nahe 
aneinander  gerückt  worden ;  um  aber  dennoch  genügend  reichlich  bemessenen  Abfiuss  n 
erhalten,  wurden  die  Saugkessel  mit  einem  rechteckigen  Querschnitt  ausgeführt  (etwa 
1,25.5  =  6,25  qm). 

Ähnliche  Anlagen  sind  auch  in  Rheinfelden  (Taf.  XLVQ,  Fig.  5  u.  6)  und 
Beznau  (Taf.  LXIII,  Fig.  1—3  und  Taf.  XXIV)6)  ausgeführt  worden. 

Horizontalturbinen.  Wie  bereits  erwähnt,  findet  bei  Gefällen  über  ca.  5m 
die  horizontale  Aufstellung  am  häufigsten  Verwendung,  wodurch  die  einfachste  und 
sicherste  Übertragung  der  Kraft  stattfindet.  Bis  zu  etwa  15  m  Gefalle  kann  die  Turbine 
in  einem  offenen  Schacht  angebracht  werden.  Wenn  etwa  6  m  hiervon  als  Sauggefalle 
ausgenützt  werden,  so  entfallen  auf  den  Schacht  der  Druckseite  9  m,  vergl.  Taf.  XV, 
Fig.  3  u.  4  Während  bei  vertikaler  Anordnung  das  Maschinenhaus  über  dem  Schacht 
gebaut  ißt,  und  die  Turbinen  somit  vom  Laufkran  des  Maschinenhauses  bestrichen 
werden  können,  so  ist  dieses  bei  horizontaler  Anordnung  nicht  mehr  der  FalL  Denn 
hier  wird  das  Maschinenhaus  neben  dem  offenen  Schacht  angebaut  und  enthält  nur  die 
angetriebenen  Maschinen,  deren  Wellen  vermittelst  Stopfbüchsen  durch  die  Wand  des 
Schachtes  hindurchgehen.  Zur  Montage  und  Demontage  der  Turbinen  bedient  man  sich 
in  solchen  Fällen  entweder  gewöhnlicher  Flaschenzüge,  die  an  Gerüsten  angebracht  Werden 
oder  besonderer  über  den  Turbinen  angebrachten  Krane  (vergl.  die  Anlage  Lech werk- 
Gersthofen,  Taf.  XLV,  Fig.  4).  Von  den  Traglagern  ist  gewöhnlich  nur  eines  während 
des  Betriebes  zugänglich,  die  anderen  müssen  wasserdicht  abgeschlossen  und  mittelst 
langer  Rohre  geschmiert  werden. 

Taf.  LXVII,  Fig.  2  *),  stellt  eine  horizontalachsige  Einzelturbine  in  offenem  Schacht 
dar,  Anlage  Glattfelden.  Im  Boden  und  in  der  Wand  sind  kräftige  Fundamentringe 
eingemauert,  an  welche  die  Turbine  angeschraubt  ist  Zur  Aufnahme  des  axialen 
Schubes  des  Laufrades  dient  ein  Kammlager.  Die  Regulierwelle  geht  mittelst  einer 
Stopfbüchse  durch  den  Mauerring  und  wird  aussen  vom  Regulator  betätigt. 

Taf.  LXIX,  Fig.  1—4  *),  stellen  eine  horizontalachsige  Doppelturbin*  in  offenem 
Schacht  dar,  Anlage  Borstendorf.  Bemerkenswert  sind  die  Aussparungen  in  der 
Sohle  der  Turbinenkammer,  wodurch  der  unteren  Partie  der  Leiträder  das  Wasser  mit 
geringer  Geschwindigkeit  zufliessen  kann. 

Taf.  LXVIIP)  stellt  eine  ähnliche  Turbine  dar,  Anlage  Lechwerk-Gersthofen. 
Bai  de   Hauptlager    sind  durch   Schalung  des  gangbaren   Kanales  unter  dem   Ober- 


«)  Aus  E.  Reichel,  .Turbinenbau  auf  der  Weltausstellung  in  Paris  1900".  Zeftschr.  d.  V«. 
deutscher  Ing.  1901.  S.  1564. 

?)  Aus  W.  Wagenbach,  ,Turbinenanlagen\  Taf.  XVI. 

«)  Ans  W.  Wagen b ach,  »Turlrinenanlagen",  Taf.  XVIU. 

9)  Aus  Kurt  Meyer,  .Das  Elektrizitätswerk  Oersthofen  am  Lech".  Zeitschr.  d.  Ter. 
deutscher  Ing.  1908.  S.  1109. 


f  ö. 


TUBBIHEN. 


967 


wasserkanal  während  des  Betriebes  zugänglich  gemacht  worden ,  was  eine  teuere,  aber 
sehr  gute  Konstruktion  ist  (vergl.  Taf.  XLV,  Fig.  4). 

Taf.  LXVII,  Fig.  41*),  zeigt  die  Ansicht  der  Doppeltnrbinen  für  die  Wasserkraft- 
anlage Turbigo  (Taf.  VII,  Fig.  1). 

Taf.  LXVII,  Fig.  5 10),  zeigt  die  Ansicht  einer  vierfachen  Turbine  für  die  Anlage 
Wangen  a.  d.  Aare.  Durch  einen  eisernen  Schacht ,  der  bis  zum  Oberwasserspiegel 
hinaufführt,  werden  die  mittleren  Lager  wahrend  des  Betriebes  ebenfalls  zugänglich  ge- 
macht (Taf.  XXIII,  Fig.  2). 

Taf.  LXVII,  Fig.  S 10),  zeigt  die  Ansicht  einer  sechsfachen  Turbine  für  die  Anlage 
Pasiano. 

b)  Francisturbinen  in  geschlossenem  Gehäuse.  Kann  man  das  Wasser 
mittelst  eines  Eanales  an  das  Maschinenhaus  nicht  hinleiten,  oder  ist  das  Gefälle  höher 
als  etwa  15  m,  so  stellt  man  die  Turbine  in  einem  geschlossenen  Gehäuse  auf,  dem  das 
Wasser  durch  eine  eiserne  Rohrleitung  zugeführt  wird.  Da  die  Rohre  bequem  durch 
das  Gelände  geführt  werden  können,  so  hat  diese  Aufstellung  gegenüber  der  Aufstellung 
im  offenen  Schacht  den  grossen  Vorteil   dass  man  in  bezug  auf  den  Platz  für  die  Anlage 

Verschiedene  Aufstellungen  von  Keeseltnrbmen  mit  horizontaler  Welle. 
Abb.  829.  Abb.  880.  Abb.  881. 


sowie  in  der  Anordnung  der  Turbinen  sehr  frei  ist.  Ferner  kann  die  Turbine  im 
Maschinensaal  selbst,  aufgestellt,  einer  ständigen  Beaufsichtigung  unterzogen  und  von  dem 
Laufkran  des  Maschinenhauses  bestrichen  werden. 

Während  man  bei  den  Turbinen  in  offenem  Schacht  die  Zuleitung  des  Wassers 
so  reichlich  bemessen  muss,  dass  geringe  Wassergeschwindigkeiten  und  infolgedessen 
geringe  Reibungs-,  d.  h.  Gefällsverluste  sowie  günstige  Bedingungen  für  eine  gute  Regu- 
lierung entstehen,  so  sind  diese  Verhältnisse  bei  den  Gehäuseturbinen  etwas  ungünstiger, 
weil  man  hier  im  Interesse  einer  billigen  Anlage  die  Rohr-  und  Gehäusedimensionen 
beträchtlich  reduzieren  wird. 

Die  horizontalachsige  Aufstellung  der  Gehäuseturbinen  ist  die  weitaus  häufigere. 
Bei  stark  schwankendem  Unterwasserspiegel  muss  man  aber  auch  die  Gehäuseturbinen 
mit  stehender  Welle  ausführen. 

Das  Gehäuse,  in  welchem  Leit-  und  Laufrad,  manchmal  auch  der  obere  Teil  des 
Saugrohres,  aufgestellt  werden,  wird  aus  Eisen  (Gusseisen  oder  Blech),  bei  hohen  Ge- 
fällen auch  aus  Stahlguss  hergestellt.  Das  einfachste  Gehäuse  ist  der  Blechkessel,  ein 
Zylinder,  in  dem  die  Turbine  mit  der  Welle  parallel  zur  Zylinderacbse  aufgestellt  wird. 
Der  Zutritt  kann  dabei  yon  oben,  unten  oder  von  der  Seite  stattfinden  (s.  Abb.  329  bis 


io)  Bildstock  nach  Photographie,  welche  dem  Verf.  von  der  betreffenden  Turbinenfinn*  tot 
Verfügung  gestellt  wurde. 


968.        IIL    Theodob  Koehn.    Ausbau  von  WasserkbIftbn.    Edtzelheiteit. 

331).  Eine  andere  häufig  verwendete  Gehäuseform  ist  das  Spiralgeh&use  (Taf.  LXXI, 
Fig.  1  bis  4).  Um  das  Leitrad  herum  ist  ein  rohrformiges  Gehäuse  gelegt,  welches  der 
Wasserentnahme  entsprechend  einen  abnehmenden  Querschnitt  hat.  Von  diesem  Bohr 
tritt  das  Wasser  direkt  in  das  Leitrad  hinein.  Das  Spiralgehäuse  kann  man  so  anbringen, 
dass  der  Eintritt  in  dasselbe  von  unten,  oben  oder  von  der  Seite  her  stattfindet.  Das 
Spiralgehäuse  nimmt  wenig  Platz  ein  und  vibriert  nicht  unter  dem  Einfluss  des  strömenden 
Wassers.  Sein  Hauptvorteil  ist  der,  dass  die  Turbine  die  der  Zuflussgeschwindig- 
keit, c,  entsprechende  Geschwindigkeitshöhe,  (ö"  h  fest  ganz  ausnutzt. 

Beide  Gehäusekonstruktionen  gestatten  sowohl  vertikal-  als  horizontalachsige  An- 
ordnung der  Turbine. 

Vertikalturbinen.  Wegen  des  sehr  schwankenden  Unterwasserspiegels  wurden 
die  Turbinen  der  Anlage  Eykkelsrud  in  Norwegen  mit  vertikaler  Welle  angeordnet 
Vorläufig  sind  nur  zwei  Generatorturbinen  ä  3000  PS9  und  zwei  Erregerturbinen  a 
280  PS«  aufgestellt  (Kap.  II,  21,  S.  490  und  Taf.  XXXIV,  Fig.  7  und  8). 

Die  eine  Generatorturbine,  Taf.  LXV,  Fig.  1 n),  ist  als  Kesselturbine  ausgeführt. 
Die  Leitschaufeln  sind  feststehend,  und  ein  Spaltschieber  reguliert  den  Wasserzufluss. 
Ein  Ringspurlager,  das  auf  zwei  kräftigen  Blechträgern  ruht,  trägt  die  Welle,  das  Laufrad 
und  den  Rotor  der  Dynamomaschine.  Drei  Halslager  sichern  die  Welle  gegen  seitliches 
Schwanken.    Der  Abfluss  geschieht  durch  einen  Betonkrümmer. 

Die  Erregerturbinen  sind  ebenfalls  als  Kesselturbinen  ausgebildet  (Taf.  LXVII, 
Fig.  I)11).  Der  Leitapparat  hat  drehbare  Schaufeln,  das  Laufrad  ist  auf  einer  hohlen 
gusseisernen  Welle  aufgekeilt ,  die  auf  einer  Tragstange  aufruht.  Die  Tragstange  ruht 
auf  einem  Tragkreuz,  das  im  Saugrohr  befestigt  ist.  Vier  Halslager  sichern  die  Welle 
gegen  seitliches  Schwanken.  Der  Abfluss  des  Wassers  findet  durch  ein  eisernes  Saug- 
rohr statt. 

Die  zweite  Generatorturbine  (Taf.  LXV,  Fig.  2  und  3) ")  ist  als  vertikale  Spiral- 
turbine ausgebildet.  Das  Spiralgehäuse  ist  in  kräftiger  Blechkonstruktion  gehalten  und 
besitzt  der  Festigkeit  und  guten  Wasserführung  wegen  eine  vertikale,  spiralförmige 
Scheidewand.     Der  Leitapparat  hat  drehbare  Schaufeln. 

In  Taf.  LXIV,  Fig.  3  und  4 u)  ist  die  5500 PS«  Francisturbine  der  Niagara  Falls 
Power  Co.  zur  Darstellung  gebracht11).  Die  Turbine  mit  dem  Zufuhrungsrohr  und  den 
beiden  Saugrohren  ist  in  einem  tiefen  Schacht  aufgestellt.  Die  Turbine  ist  eine  Einzel- 
Frantisturbine  in  Kesselgehäuse  mit  Spaltschieberregulierung  und  ausnahmsweise  mit 
zwei  Saugrohren  ausgeführt.  Die  lange  Welle  ist  abwechselnd  aus  kurzen  Nickelstahl- 
wellen mit  angeschmiedeten  Flanschen,  welche  die  Führung  bilden,  und  aus  Ersparnis- 
rucksichten  aus  langen  Blechzylindern  hergestellt.  Auf  einem  Zwischenboden  unterhalb 
der  Dynamomaschine  ist  das  Spurlager  aufgestellt.  Dieser  Turbine  in  Konstruktion  und 
Einbau  ziemlich  ähnlich  sind  die  in  Taf.  LXHI,  Fig.  5  und  6")  und  Taf.  LXIV,  Fig.  1 
und  2")  dargestellten  10000  PS,  Turbinen  der  Canadian  Niagara  Falls  Power  Co. 


n)   Aus  J.  Einback:   »Ausnutzung  der  Wasserkräfte  des  Glommen«  bei  Kykkelsrnd*, 
Zeitschr.  d.  Yer.  deutscher  Ing.  1904.  &  624  u.  ff. 

it)  Aus  »Neuere  Turbinenanlagen",  Zeitschr.  d.Ver.  deutscher  Ing.,  1901.  8.  1239. 

is)  Vergl.  L.  Zodel,  8chweis.  Bau.  1902.  8.  67. 

14)  Aus  W.  Wagenbach,  „Tiirbinenanlagen".  Taf.  XIV  u.  XV. 

i»)  Vergl.  L.  Zodel,  »Grosse  moderne  Turbinenanlagen",  Schweif.  Bans.  1904.  8.  4  n.  ff. 


<f  , 


§  5.  Turbinen.  969 

Der  doppelten  Kraft  entsprechend  sind  sie  aber  als  Zwillings-  d.  h.  Doppeltnrbinen  in 
Kesselgehäuse  gebaut. 

Horizontalturbinen.  Die  horizontale  Aufstellung  in  Verbindung  mit  der 
Spiralform  des  Gehäuses  hat  sich  immer  mehr  eingebürgert  und  ist  diejenige  Anordnung, 
die  beim  Entwerfen  einer  Anlage  immer  angestrebt  wird.  Es  bestehen  Ausführungen 
von  nur  einigen  wenigen  Pferdestärken  "an  bis  12000  PS«  und  mehr  und  für  kleine  Gefälle 
von  5  m  an  bis  hinauf  zu  130  m.  Die  Anordnung  wird  mit  Einzelturbinen  oder  Doppel- 
turbinen, selten  mit  Vierfachturbinen  angetroffen.  Die  Doppelspiralturbine  wird  entweder 
mit  einem  gemeinsamen  Spiralgehäuse  und  zwei  getrennten  Saugrohren  (Taf.  XVIII, 
Fig.  13)  oder  mit  zwei  getrennten  Spiralgehäusen  und  einem  gemeinsamen  Saugrobr 
(Taf.  LXXIV)  angeordnet. 

Die  Aufstellungen  der  Kesselturbinen  gehen  aus  Textfig.  329  bis  331  hervor. 

Taf.  LXXI16)  zeigt  eine  Einzel-Spiralturbine  mit  horizontaler  Welle  für  die  Anlage 
Jajce  gebaut.  Die  Turbine  ist  ein  ausgeprägter  Langsamläufer  (k*  =  43).  Der  Leit- 
apparat hat  drehbare  Schaufeln,  das  Laufrad  ist  separat  auf  einer  Nabe  aufgeschraubt. 
Vor  dem  Einlauf  in  das  Spiralgehäuse  ist  eine  Drosselklappe  eingebaut,  die  vom  Maschinen- 
saal bedient  werden  kann.  Die  Welle  ist  rechts  von  dem  einen  Lager  (Fig.  1)  mittelst 
einer  Zodelkupplung  mit  der  Dynamomaschine  gekuppelt.  Fig.  9  zeigt  eine  Ansicht  von 
den  Leitschaufeln  und  dem  Laufrad,  nachdem  der  Deckel  entfernt  worden  ist. 

Taf.  LXX17)  zeigt  eine  Turbine  der  Anlage  Morbegno.  Die  Welle  der  Dynamo- 
maschine trägt  in  ihrer  Verlängerung  das  Laufrad,  der  ganze  Maschinensatz  hat  somit 
nur  zwei  Lager.  Dadurch  ist  die  Kupplung  vermieden,  und  es  entsteht  eine  sehr  ge- 
drängte Konstruktion. 

Taf.  LXXm,  Fig.  3 — 518),  Anlage  Füre  et  Morge  zeigen  eine  Einzel-Spiral- 
turbine mit  Regulierung  durch  einen  Spaltschieber,  welcher  hier  von  der  Saugrohrseite 
betätigt  wird. 

Auf  der  Taf .  LXXIV 1V)  ist  die  11 340  PS.  Turbine  für  die  Ontario-Power  Co. 
am  Niagara  dargestellt.  Der  Zulauf  erfolgt  schräg  von  unten  durch  zwei  Spiralgehäuse 
aus  Blech.  In  der  Verlängerung  des  Zuflussrohres  ist  ein  Sicherheitsventil  angeordnet, 
welches  dieselbe  Aufgabe  hat  wie  der  im  Abschnitt  12  erwähnte  Nebenauslass,  nämlich 
Drucksteigerungen  zu  verhüten.  Die  Leitapparate  haben  drehbare  Schaufeln.  Der  Wasser- 
abfluss  geschieht  durch  ein  gemeinsames  Saugrobr.  Die  Welle  hat  wegen  der  grossen 
Länge  drei  Lager  und  ist  zwischen  den  beiden  Ästen  des  Saugrohres  in  zwei  Stücke  geteilt. 

Taf.  LXIX,  Fig.  5  bis  8*°)  stellen  die  Turbine  für  die  Anlage  Paderno  dar. 
Der  Zufluss  erfolgt  schräg  von  unten.,  das  Kesselgehäuse  ist  zweiteilig.  Die  Leit- 
apparate sind  mit  dem  Zodelschen  Regulierschieber  versehen.  Der  Abfluss  erfolgt  durch 
ein  Betonsaugrohr,  welches  dem  Unterwassergraben  zu  gekrümmt  ist,  sodass  das  Wasser 
ohne  Stauung  entweichen  kann. 


16)  Ans  E.  Reich  el,  »Turbinenbau  auf  der  Weltausstellung  in  Paria  1900",  Zeitschr.  d.  Ver. 
deutscher  Lug.  1900,  8.  1856  n  ff. 

if)  Aus  Th.  Koehn,  .Der  elektrische  Betrieb  mittelst  Dreiphasendrehstrom  auf  den  italienischen 
Vollbahnlioien  in  der  Valtellina*,  Juli  1903. 

18)  Aus  Ch,  Llpine,  ,Les  Installations  Hydro-lSlectriques  de  la  Soci^te*  Füre  et  Morge",  1903. 

19)  Ans  A.  Ungerer,  »Deutsche  Turbinen  am  Niagara11.  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  Ing. 
1905.  8.  2016. 

*o)  Ans  U.  An co na,  .Die  Kraftübertragung  von  Paderno  nach  Mailand".  Zeitschr.  d.  Ver. 
deutscher  Ing.  1899.  8.  1121,  und  W.  Wagenbach,  .Turbinenanlagen11,  Tafel  XLI  n.  XLII. 


970  III.    Theodor  Kokhn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Taf.  LXXII,  Fig.  3  und  4  und  Taf.  LXXIII,  Fig.  1  und  2 ")  zeigen  eine  Kessel- 
turbine  der  Anlage  Füre  et  Morge.  Der  Zufluss  ist  schräg  von  unten  angeordnet,  der 
Leitapparat  hat  feste  Schaufeln  und  Spaltschieberregulierung,  deren  Betätigung  von  der 
Deckelseite  erfolgt. 

7.  Die  Peltonturbinen  werden  gebaut  für  Gefalle  von  etwa  50  m  an  bis  zu  den 
höchsten.  Das  höchste  Gefalle,  das  in  einer  solchen  Turbine  ausgenutzt  wurde,  betragt 
zurzeit  920  m.  Die  Konstruktion  der  Peltonturbine  gestattet  bei  vorgeschriebener  Kraft- 
leistung eine  weitgehende  Rücksicht  auf  die  Tourenzahl.  Sie  ist  mit  einfachen  Mitteln 
regulierbar  für  veränderlichen  Wasser-  und  Kraftverbrauch,  ohne  dass  der  Wirkungs- 
grad dabei  wesentlich  beeinflusst  wird.  Die  Grenzen  dieser  vorteilhaften  RegulierfiLhig- 
keit  sind  etwa  halbe  bis  volle  Beaufschlagung.  Sie  kann  sowohl  mit  vertikaler  (z.  B. 
bei  der  Anlage  Necaxa,  vergl.  S.  611)  als  horizontaler  Welle  aufgestellt  werden.  Die 
letzte  Aufstellung  kommt  aber  fast  ausschliesslich  zur  Verwendung. 

Die  Peltonturbine  (auch  Peltonrad,  Peltonmotor  oder  Becherturbine  genannt)  ist 
eine  Druckturbine  und  muss  deshalb  so  hoch  aufgestellt  werden,  dass  das  Laufrad  mit  dem 
Unterwasser  nicht  in  Berührung  kommt,  weil  dieses  die  Leistung  und  den  Wirkungsgrad  sehr 
schädlich  beeinflussen  würde.  Wo  der  Unterwasserspiegel  stark  variiert,  gehen  somit 
bei  niedrigen  Wasserstanden  mehrere  Meter  von  dem  Gefälle  verloren.  Bei  recht  hohen 
Gefallen  macht  dieses  prozentual  nur  wenig  aus.  Eine  Anwendung  des  Saugrohres  ist 
auch  bei  den  Peltonturbinen  angängig,  wird  aber  selten  ausgeführt.  Während  im  Sang- 
röhr  der  Francisturbinen  das  Unterwasser  bis  zum  Laufrad  hinaufgehoben  wird,  so  darf 
im  Saugrohr  der  Peltonturbinen  das  Unterwasser  nur  bis  etwa  1  m  unterhalb  des 
niedrigsten  Punktes  des  Laufrades  hinaufsteigen.  Der  Niveauunterschied  zwischen  dem 
Unterwasserspiegel  im  Saugrohr  und  demjenigen  ausserhalb  des  Saugrohres  bewirkt  einen 
Druckabfall  in  dem  Raum,  in  welchem  sich  das  Laufrad  und  die  Einlaufdüse  befindet 
sodass  der  absolute  Druck  an  dieser  Stelle  kleiner  wird  als  der  äussere  Luftdruck.  Die 
Folge  hiervon  ist,  dass  das  Wasser  aus  dem  Leitrad  mit  einer  gesteigerten  Geschwindig- 
keit herausfliesst,  was  eine  Steigerung  der  Turbinenleistung  mit  sich  bringt.  Damit  nun 
das  Unterwasser  im  Saugrohr  höher  stehe  als  der  aussenliegende  UnterwasserspiegeL 
muss  das  Gehäuse  gegen  die  Aussenluft  abgeschlossen  sein,  und  die  Unterkante  des 
Saugrohres  muss  unterhalb  des  niedrigsten  Wasserspiegels  ausmünden.  Es  muss  aber 
in  den  luftverdünnten  Raum  doch  stetig  etwas  Luft  hineingelassen  werden,  weil  das  die 
Laufradschaufeln  verlassende  Wasser  fortwährend  Luft  mitreisst  und  zum  Saugrohr  hinaus- 
führt. Zu  dem  Zweck  wird  das  Gehäuse  durch  einen  Hahn  gelüftet,  der  selbsttätig  so  viel 
Luft  zuführt,  wie  vom  Wasser  jeweilig  abgeführt  wird,  sodass  der  Unterwasserspiegel  iß 
Saugrohr  auf  gewünschter  Höhe  stehen  bleibt.  Der  genannte  Lufthahn  wird  zu  diesem 
Zweck  von  einem  Schwimmer  betätigt,  der  die  Variationen  des  Unterwasserspiegels  mit 
macht.  Die  Saugrohre  der  Peltonturbinen  werden  so  gross  ausgeführt,  dass  die  Wasser- 
geschwindigkeit klein  ausfallt,  und  die  bei  Francisturbinen  übliche  Eonicität  derselben 
wird  nicht  verwendet. 

In  Abb.  332  **)  ist  eine  einfache  Peltonturbine  dargestellt,  wie  sie  ursprünglich 
von  Pelton  konstruiert  wurde.  Sie  besteht  aus  dem  Einlauf  mit  dem  Rohransclilns 
und  der  auswechselbaren  Düse  mit  kreisrundem  Querschnitt  (d.  h.  Leitapparat)  und  der 
Reguliervorrichtung.     Diese  ist  hier  als  eine  Nadel  ausgebildet,  die  in  die  Düsenöffnung 


»i)   Aas    Ch.    Lupine,     „Les    Installation*    Hydro-Äleclriques    de    la    Socteto    Fnre   et 

Morge".  1903. 

*2)  Zeichnung  aus  „Hütte44. 


§  5.  Turbinen.  971 

mitteist  Handrades  oder  auch  mittelst  eines  automatischen  Regulators  hineingeführt  wird 
and  dadurch  den  Durchflussquerschnitt  ändert.  Bei  zweckentsprechender  Ausbildung 
dieser  Düse  und  der  Nadel  lassen  sich  günstige  Wirkungsgrade  auch  bei  kleiner  Beauf- 
schlagung erreichen.  Gegenüber  anderen  Konstruktionen  hat  die  gezeigte  Düse  den 
Vorteil,  dass  kein  Wasserverlust  infolge  von  Undichtigkeiten  entsteht.  Das  aus  der 
Düse  mit  der  Geschwindigkeit  von  angenähert  V2gH  austretende  Wasser  strömt  nun 
gegen  die  auf  der  Nabe  sitzenden  Lauf radaclmu  fein ,  die  in  der  Form  eines  Doppel- 
bechors gestaltet  sind.  Die  Form  des  Doppelbechers  bedingt  in  der  Mitte  eine  scharfe 
Schneide,  welche  den  Wasserstrahl  in  zwei  gleiche  Hälften  teilt.  In  jeder  Hälfte  werden 
nun  die  Geschwindigkeit  und  die 

Richtung  des  Wassers  allmähüch  Abb"  m-   M"teH,fc 

geändert,  sodass  es  die  Schanfel 
mit  kleiner  Geschwindigkeit  in 
axialer  Richtung  verläset.  Darauf 
strömt  das  Wasser  gegen  die  Wand  H 
and  sinkt  derselben  entlang  nach 
dem  anter  der  Turbine  befind- 
lichen Unterwasserkanal.  Welle, 
Lager  und  Gehäuse  vervollstän- 
digen die  Turbine.  Aus  der  Dop- 
pelanordnang  der  Laufrad-Schanfel 
folgt,  dass  normalerweise  kein  einseitiger  axialer  Schub  der  Welle  auftritt 

Taf.  LXSVI,  Fig.  4  bis  6  zeigen  einen  Einlauf  mit  Düse  von  rechteckigem  Quer- 
schnitt und  Regulierung  durch  eine  Zunge.  Die  Zunge  ist  um  einen  Zapfen  drehbar 
und  wird  von  dem  Regulator 
dem  Kraftbedarf  entsprechend 
verstellt. 

Abb.  333")  zeigt  einen 
Einlauf  mit  rechteckigem  Quer- 
schnitt nebst  Regulierung.  Auf 
der  Aussenseite  der  Düse  be- 
findet sich  eine  um  Zapfen 
drehbare  Blende,  die  je  nach 
ihrer  Stellung  die  Grösse  des 
Ausflussqnerschnittes  ändert. 
In  der  Abbildung  ist  die  Blende 
ganz  heruntergelassen,  die  Düse 
also  geschlossen. 

Abb.  334")  stellt  eine 
Peltonschaufel  in  perspek- 
tivischer Ansiebt  dar.  Die  mittlere  Schneide,  die  den  Wasserstrom  in  zwei  Hälften  teilt, 
sowie  die  beiden  zylinderförmigen  Flächen,  an  denen  das  Wasser  entlang  fliesst,  sind 
recht  deutlich  ersichtlich.  Diese  Schaufeln  werden  meist  einzeln  hergestellt,  bearbeitet 
und  dann  auf  der  Laufradscheibe  befestigt.  Sie  werden  bei  kleineren  Gefallen  aus  Guss- 
eisen, bei  hohen  Gefällen  oder  bei  unreinem  Wasser  aus  Bronze  oder  sogar  Stahl- 
guss  gemacht. 

*s)  Abb.  aas  W.  Malier,  Francistorbinen. 

**)  Abb.  ans  W.  Müller,  Francisturbinen, 


972  III.     Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

Löffelturbinen  sind  ebenso  wie  die  Peltontnrbinen  nach  dem  Aktion»-  oder 
Drnckprinzip  (s.  Absehe.  2)  konstruiert,  aber  sie  sind  radial  von  aussen  beaufschlagt 
mit  teilweiser  axialer  Ablenkung,  während  die  Peltontnrbinen  Axialturbinen  sind. 
Abb.  334  zeigt  einen  Schnitt  durch  ein  Löffelrad,  an  welchem  die  radiale  Durch- 
Strömung  des  Wassers  ersichtlich  ist.  Da  die  Schaufelzahl  bei  den  Löffelrädern  ver- 
hältnismässig sehr  gross  sein  muss,  und  die  Befestigung  so  vieler  Schaufeln  konstruktive 
Schwierigkeiten  bietet,  so  werden  die  Schaufeln  in  einem  Stück  mit  der  Laufradscheibe 
gegossen,  oder  als  ein  Ring  hergestellt,  der  mit  der  Nabe  verschraubt  wird. 

Taf.  LXXVI,  Fig.  4-6")  stellen  die  für  das  Kabelwerk  gebaute  500  PS,-Turbioe 
dar.  Sie  besteht  aus  einem  Gehäuseunterteil,  der  als  Fondamentrahmen  ausgebaut  ist 
und  die  beiden  Lager  trägt.  Auf  demselben  sitzt  der  Gehäuseoberteil,  der  den  Regu- 
lator und  die  Einlaufe  trägt.  An  dem  Einlauf  krümmer  ist  der  Nebenauslass  (s.  Abschnitt  12i 
angebracht;  derselbe  wird  vom  Regulator  gesteuert  und  zwar  so,  dass  eine  plötzlich 
schliessende  Bewegung  des  Regulators  ein  öffnen  des  Neben- 
Abb.834.  Eine  PaltansdiauM.  anBlaflses  bewirkt,  damit  der  Überschuss  an  Wasser  zum 
Nebenauslass  heransfliesst,  ohne  die  für  den  Reguliervorgang 
und  für  die  Festigkeit  von  Turbine  und  Rohrleitung  schäd- 
liche Drucksteigerung  hervorzurufen.  Die  Konstruktion  des 
Nebenauslasses  ist  so  eingerichtet,  dass  sich  die  Öffnung 
selbsttätig  und  langsam  wieder  schlisset,  wodurch  ein  Ver- 
.  geuden  von  Wasser  vermieden  wird.  Um  auf  die  ver- 
langte  Kraft  und  Umdrehungszahl  zu  kommen,  ist  die  Tur- 
bine mit  zwei  Düsen  versehen.  Zwei  Laufräder,  die  als  Löffelräder  konstruiert  sind, 
nehmen  das  Wasser  der  Düsen  aaf. 

Taf.  LXXVI,  Fig.  1-3»)  zeigen  die  1000  PS.-Turbinen  für  das  Kabelwerk. 
Die  Konstruktion  ist  derjenigen  der  vorigen  Turbine  im  wesentlichen  ähnlich.  Die  Lauf- 
rftder  haben  angegossene  Peltonschaufeln  und  die  Einlaufdüsen  haben  Blendenregulierong. 
Im  ganzen  sind   es  sechs  Düsen,  die  auf  zwei  Laufräder  gerichtet  sind  (vergl.  &.  415). 

Taf.  LXXVI,  Fig.  7-9«)  zeigen  die  für  das  Elektrizitätswerk  Vouvrv  gebaute 
Turbine.  Das  Nettogefälle  dieser  Anlage  beträgt  etwa  900  m.  Die  Turbine  hat  zwei 
Leitdüsen,  von  welchen  das  Wasser  auf  ein  Laufrad  wirkt.  Die  eine  Düse  ist  regulierbar 
und  wird  von  einem  Regulator  verstellt.  Die  andere  Düse  arbeitet  Btets  voll  geöffnet 
Das  Laufrad  ist  fliegend  auf  die  Welle  der  Dynamomaschine  aufgekeilt,  wodurch  ei» 
sehr  gedrängte  Konstruktion  erreicht  wird,  da  die  Kuppelung  und  die  Turbinenlager  in 
Wegfall  kommen  können. 

Taf.  LXXVI,  Fig.  11  und  12")  zeigen  eine  andere  für  dieselbe  Anlage  gelieferte 
Turbine,  welche  im  wesentlichen  der  vorigen  gleich  ist. 

8.  Radiale  Gtrard-  oder  Sehwamkrugturbinen  werden  heutzutage  nur  für  Hoch- 
druckanlagen verwendet.  Früher  kamen  sie  auch  bei  Hittelgefällen  vor,  worden  aber 
auf  diesem  Gebiet  vollständig  von  den  Francisturbinen  verdrängt.  Auch  bei  Hocbgeiallen 
haben  sie  eine  harte  Konkurrenz  zu  bestehen,  nämlich  mit  den  Peltontnrbinen,  denen 
vielfach  der  Vorzug  gegeben  wird.  Bei  der  Besprechung  der  Francisturbinen  wurde 
angegeben,  dass  die  niedrigste  Charakteristik  derselben  etwa  50  beträgt.  In  Abschnitt  3 
wurde  angegeben,   dass  die  höchste  Charakteristik  der  Peltontnrbinen  etwa  20  betragt 


«»)  Ana  Korsteiner,  .Das  Elektriiiutewerk  Kübel*.    Schweif.  Bauz.  1904.  Kr.  1+-84. 
■•)  Au  Kurt  Meyer,    .Das  Elektrizitätswerk  Vouvrv'.    Zetraebr.   d.  Ver.  deuUKker  lag. 
)3.  S.  919  u.  ff. 


%  6.  Turbinen.  973 

Hierfür  kann  man  noch  Turbinen  mit  einer  Düse  anwenden.  Für  den  Wirkungsgrad 
wäre  es  aber  besser,  Turbinen  mit  zwei  Düsen  zn  verwenden.  Ist  die  Charakteristik 
höher  als  20,  muss  man  jedenfalls  mehrere  Düsen  anwenden  und  das  macht  die  Eon- 
straktion kompliziert  und  teuer.  Man  kann  deshalb  sagen,  dass  das  Feld,  für  welches 
die  Schwamkrogtnrbinen  in  Frage  kommen,  zwischen  den  Charakteristiken  50  und  20 
liegt.  Darüber  hinaus;  etwa  bis  kH  =  75,  haben  sie  einen  schweren  Kampf  mit  den 
Francisturbinen  zu  bestehen  und  anter  20  treten  ihnen  die  Peltontarbinen  mit  Erfolg 
entgegen. 

Die  radiale  Girardtnrbine,  auch  Schwamkrugturbine  genannt,  ist  eine  radial,  von 
innen  beaufschlagte  Druckt  arbine  and  muss  deshalb  über  dem  höchsten 
Unterwasserspiegel  aufgestellt  werden  ebenso  wie  die  Peltonturbinen.    Bei  schwanken- 

Abb  feia 


dem  Unterwasser  gehen  folglich  zu  gewissen  Zeiten  einige  Meter  vom  Gefalle  verloren. 
Eine  Anwendung  des  Saugrohres  ist  wie  bei  den  Peltonturbinen  möglich.  Ihre  Regolier- 
fähigkeit  ist  gross,  sodass  der  Wirkungsgrad  bei  verminderter  Beaufschlagung  noch  gut 
ist,  and  sie  ist,  wie  aas  der  Charakteristik  hervorgeht,  sehr  anpassungsfähig  in  Bezug 
auf  die  Umdrehzabl  bei  gegebenem  Gefälle  und  Leistung.  Die  erzielten  Wirkungsgrade 
betragen  etwa  75  bis  80%-  Sie  wird  bei  niedrigerer  Charakteristik  als  Partial- 
torbine,  bei  hoher  als  Vollturbine  gebaut.  Die  Regulierung  des  Lettapparates  gescnieht 
beispielsweise  mittelst  schwingbaren  Blenden  (vergl.  Taf.  LXXV,  Fig.  3),  wodurch  der 
Darchflnssquerschnitt  dem  Kraft-  und  Wasserverbrauch  entsprechend  reguliert  wird. 
Wenn  nötig,  wird  die  Zahl  der  Düsen  vergrössert,  wodurch  die  Schluckfähigkeit  wächst. 
Genügt  ein  blosses  Vermehren  der  Düsen  nicht,  kann  man  zu  anderen  Konstruktionen 
greifen,  welche  die  Schluckfähigkeit  noch  mehr  vergrössern.  Die  Laufräder  sind  meistens 
aus  Gusseisen.  Aus  gasstechnischen  Gründen  und  wegen  der  Aaswechselbarkeit  abgenutzter 
Räder  werden  Naben  and  Schaufelkränze  getrennt  hergestellt  und  miteinander  verschraubt- 


974  m.    Theodor  Koshs.     Ausbau  vom  WabbekkbArbn.     Einzelheiten. 

Tai.  LXXV,  Fig.  1—3")  »igen  die  Turbinen  für  die  Anlage  Vernayas.  Der 
Znfluas  erfolgt  durch  daB  unterhalb  der  Welle  liegende  Rohr  von  300  mm.  Dm.,  an 
welches  die  Düao  angeschraubt  ist.  An  das  Bohr  ist  auch  das  eine  Lager  befestigt. 
Die  Regulierung  geschieht  mittelst  einer  schwingbaren  Blende.  Das  Wasser  strömt  nach 
Verlassen  des  Laufrades  radial  nach  aussen,  hier  nach  unten.  Das  Laufrad  ist  als  ein 
besonderer  Schaufelkranz  hergestellt,  der  an  die  Nabe  angeschraubt  ist  Um  den  Kranz 
liegen  zwei  stählerne  Schrumpfringe  von  erheblichem  Gewicht,  welche  die  Festigkeit 
erhöhen  und  als  Schwungrad  dienen. 

Abb.  335  zeigt  die  Ansicht  einer  ähnlichen  für  die  Anlage  Novalesa  gebauten 
Turbine  (vergl.  Seite  376).    Das  Gehäuse  der  Turbine  ist  abgehoben. 

9.  Andere  Tnrbinensysteme.    Die  beschriebenen  drei  Systeme,  die  Francis-,  die 

Pelton-  und  die  radiale  Girard-  oder  Schwamkrugturbine ,  sind  die  jetzt  gebräuchlichsten 

•  vi.  »M    b  t.  -u   .i-  L    s     n      i.  1 1       ^__t-  Turbinensysteme.  DerVolistän- 

Abb.  836.     Schnitte  durch  eine  Henscnel-Jonvalturbine.  ,.,-,..  .     ■         •        ,        • 

digkeit  halber  sind  nachstehend 
einige  Turbinen  angeführt,  die 
teils    früher    gebaut    wurden, 
--  i  teils  aus  besonderen  Gründen 

eine     ausserge  wohnliche     Kon- 

■  strnktion  erhielten. 

,  Die  Henscliel-Jonval 

I  turbine   {vergl.  Seite  6)    ist 

_'<     ~  —  —  ^~z         eine     Überdruckturbine      mit 

,a   '  axialem  Durcbnuss.    Ihre  kon- 

--  j  slruktive  Durchführung  ist  an- 

hro-e  scheinend  eine  sehr  einfache, 

— i  aber   sie    lässt    sich    nicht   so 

;  rationell    regulieren    wie    die 

;  Francis  turbine,  der  sie,  da  die 

4  Elektrotechnik    grosse    Anfor- 

•  derungen  an  die  Regulierfähig- 

■  keit  stellt,  hat  weichen  müssen. 
Sie  wurde  mit  vertikaler  und 
horizontaler  Welle,  in  einfacher 
und  doppelter  Anordnung,  mit 
und  ohne  Saugrohr,  in  offenen 
Schacht     oder     geschlossenem 

Gehäuse,  für  niedrige  Gefälle  bis  zu  etwa  40  m  gebaut.  Abb.  336 ")  zeigt  einen  Schnitt 
durch  eine  Jonvalturbine  in  offenem  Schacht  mit  Saugrohr.  Verglichen  mit  Abb.  328, 
S.  963,  fällt  der  charakteristische,  rein  axiale  Durchfluss  ohne  weiteres  auf. 

Die  axiale  Girardturbine  ist  eine  Druckturbine  mit  axialem  Durchfluss. 
Sie  muss  über  dem  höchsten  Unterwasserspiegel  aufgestellt  werden,  nutzt  somit  nicht 
immer  daB  ganze  vorhandene  Gefälle  aus.  Sie  wurde  als  Vollturbine  und  als  Partial- 
turbine,  in  offenem  Schacht  oder  geschlossenem  Gehäuse,  für  niedrige  Gefälle  bis  auf 
etwa  50  m,  immer  mit  vertikaler  Welle  gebaut.    Ihre  Bpgulierfahigkeit  ist  eine  gani 

*»)  Aus  E.  Reiche],  .Tnrbinenbau  auf  der  Weltausstellung  in  Paris  1900*.  Zeitschr.  d.  Ter. 
deutscher  log.  1901.  S.  1631. 

*»)  Abb.  aus  Quant»;  .  Wasserkraft  maschinell",  1907,  S.  26. 


f  6.  Turbinen.  975 

gute,  aber  auch  dieses  Turbinensystem  ist  von  den  Francisturbinen  verdrängt  worden. 
Ausserlich  ist  die  axiale  Girardturbine  der  Jonvalturbine  fast  ähnlich.  Der  Unterschied 
liegt  im  wesentlichen  in  der  Schaufelung  und  der  Verwendung  ohne  Saugrohr. 

Um  den  Vorteil  der  Jonvalturbine,  nämlich  die  Eigenschaft,  dass  sie  im  Stau- 
wasser oder  mit  Saugrohr  ohne  Beeinträchtigung  des  Nutzeffektes  arbeiten  kann,  mit 
dem  Vorteil  der  Girardturbine,  dass  sie  sich  verhältnismässig  gut  regulieren  lässt,  zu 
verbinden,  konstruierte  man  vor  dem  Durchdringen  der  Francisturbinen  axiale  Grenz- 
turbinen. Dieselben  unterscheiden  sich  von  den  Jonval-  oder  Girardturbinen  äusserlich 
nicht,  sondern  nur  in  der  Schaufelung.  Es  genügt  hier  zu  erwähnen,  dass  die  Grenz- 
turbine in  das  Gebiet  gehört,  wo  sich  die  Prinzipien  der  Druckturbine  und  der  Über- 
druckturbine gerade  berühren  (daher  der  Name). 

Man  kann  übrigens  auch  Radialturbinen  nach  dem  Prinzip  der  Grenzturbinen 
ausführen.  Eine  solche  Turbine  zeigt  Taf.  LXXV,  Fig.  4  bis  8*9),  die  für  die  Anlage 
Montbovon  gebaut  ist.  Die  Turbine  ist  als.  innen  beaufschlagte  Radialturbine  mit 
vertikaler  Welle  ausgeführt,  deren  Schaufelung  nach  dem  Grenzprinzip  konstruiert  ist. 
Das  Wasser  strömt  von  rechts  durch  die  Drosselklappe  zu  und  biegt  dann  nach  oben 
um,  worauf  es  den  Leitapparat  mit  den  festen  Schaufeln  durchfliegt.  Der  Wasserzufluss 
wird  durch  einen  vertikal  bewegten  Ringschieber  im  Spalt  reguliert.  Das  Laufrad  um- 
schliesst  das  Leitrad  und  ist  fliegend  auf  das  untere  Ende  der  Dynamowelle  angebracht. 
Nach  Verlassen  des  Laufrades  tritt  das  Wasser  in  den  Saugkessel  aus,  der  sich  als  Saug- 
rohr fortsetzt. 

Taf.  LXXII,  Fig.  1  und  290),  zeigt  eine  ähnliche  Turbine  aber  mit  horizontaler 
Welle  für  die  Anlage  Les  C16es  (vergl.  Seite  405). 

Die  Abbildungen  der  Taf.  LXVI81)  (Anlage  Forces  Motrices  du  Rhone) 
zeigen  eine  sogenannte  Konusturbine,  für  grosse  Leistungen  bei  niedrigen  und 
schwankenden  Gefällen,  welche  ebenfalls  der  Francisturbine  hat  weichen  müssen.  Die 
Konusturbine  ist  ein  Zwischending  zwischen  einer  Jonval-  und  einer  Francisturbine. 
Das  Wasser  strömt  diagonal  nach  unten.  Die  erwähnte  Turbine  ist  dreikränzig,  und 
jeder  Kranz  hat  seine  eigene  Reguliervorrichtung,  die  nach  Wasserstand  und  Kraftbedarf 
getrennt  oder  zusammengekuppelt  vom  Regulator  betätigt  werden  kann.  Das  Spurlager 
ist  auf  dem  Gehäusedeckel  angebracht  und  durch  einen  grossen  Entlastungskolben  (P) 
entlastet. 

Taf.  LXII,  Fig.  4  bis  782)  zeigen  eine  Konusturbine  in  offenem  Schacht  für  das 
Elektrizitätswerk  Chevres.  Es  sind  je  eine  Turbine  in  zwei  Etagen  an  derselben  Welle 
angeordnet.  Die  Turbine  der  unteren  Etage  arbeitet  bei  hohen  Gefällen  allein,  während 
beide  zusammen  arbeiten,  wenn  infolge  von  Hochwasser  das  Gefälle  zurückgeht.  Fig.  7 
zeigt  einen  Schaufelschnitt  mit  sogenannter  Gitterschieberregulierung.  Die  gezeichnete 
Stellung  zeigt  den  Leitapparat  in  geschlossenem  Zustand.  Wird  der  äussere  Ring  gedreht, 
so  werden  die  Durchflussöffhungen  frei. 

Taf.  LXIII,  Fig.  4M)  zeigt  eine  Konusturbine  der  Anlage  La  Goule,  die  sich 
einer  Francisturbine  stark  nähert.     Die  Regulierung  derselben  geschieht  nach  Art  der 


89)  Aus  E.  Reichel,  .Turbinenbau  auf  der  Weltausstellung  in  Paris  1900%  Zeitschr.  d.  Ver. 
deutscher  Jng.  1901,  S.  1391  und  W.  Wagenbach,  ,  Turbinenanlagen ",  Taf.  XLIV. 

80)  Einer  Broschüre  der  Maschinenfabrik  örlikon  entnommen. 

3i)  Aus  Rena  Chauvin,  »Constructions  du  Canal  de  Jonage",  Taf.  LH. 

3«)  Aus  Fr.  Hey,  »Wasserkraftanlage  Chevres  bei  Genf*.  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  Ing. 
1896.  S.  1230  und  Th.  Turrettini,  „Usine  de  Chevres*. 

33)  Einer  Broschüre  der  Maschinenfabrik  Oerlikon  entnommen. 


Abb.  387.    Spnrlager. 


976  IIL     Tbeodob  Koken.     Ausbad  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

Zodelregulierung.  Es  ist  diese  Anordnung  ein  Umbau  einer  älteren  Axial tnrbine.  Auch 
hier  ist  ein  Entlastungskolben  angebracht,  dessen  untere  Seite  Wasser  von  der  Druck 
leitung  durch  ein  besonderes,  nicht  eingezeichnetes  Rohr  erhalt,  wodurch  die  Welle  ge- 
hoben, bezw.  der  Spurzapfen  entlastet  wird. 

10.  Lagerung  und  Kupplung  von  Turbinenwellen.  Vertikale  Wellen 
werden  entweder  als  gasseiserne  Hohlwellen,  die  sich  auf  einer  schmiedeisernen  Trag- 
stange stützen  oder  als  Vollwellen  aus  Schmiedeisen  oder  Flosstahl,  die  an  einem  Ring 
zapfen  aufgehängt  sind,  ausgeführt,  in  beiden  Fällen  mit  hochwasserfrei  gelegenem  Spur- 
zapfen. Beispiele  der  Verwendung  von  Gusswellen  bieten  die  Anlagen  Marbach  (vergl. 
Taf.  LXL.  Fig.  I)  und  Kykkelsrud  (Erregerturbine)  (Taf.  LXVII,  Fig.  1).  Die  Ver- 
wendung von  Vollwellen  mit  Ringspurzapfen,  die  bei  allen  grösseren  Turbinen  vorkommen, 
geht  aus  der  Beschreibung  von  Hagneck  (vergl.  Taf.  LXTI,  Fig.  1),  Niagara  (vergl. 
Taf.  LXIU,  Fig.  5),  Kykkelsrud  (vergl.  Taf.  LXV,  Fig.  1)  hervor. 

Zur-  Sicherung  der  Welten  gegen  seitliches  Schwanken 
werden  Halslager  (Taf.  LXIU,  Fig.  2  u.  3  und  Taf.  LXVII, 
Fig.  1)  angebracht  und  zwar  möglichst  nahe  an  den  rotieren- 
den Teilen. 

Zum  Tragen  von  Welle,  Rädern,  ev.  Wasserdruck  usw. 
dienen  Spurlager.  Abb.  337  zeigt  ein  solches  für  eine 
Hohlwelle.  Die  Laufflächen  werden  von  oben  geschmiert. 
Durch  die  Schraube  ist  die  Möglichkeit  einer  HÖhenver- 
stellung  nach  erfolgter  Abnutzung  geboten. 

Taf.  LXIU,  Fig.  5  zeigt  ein  Ringspurlager.  Die 
Laufflächen  umschliessen  die  Stahlwelle.  In  den  Laufflächen 
ist,  wenn  grosse  Gewichte  zu  tragen  sind,  ein  kreisförmiger 
Hohlraum,  in  dem  öl  von  hober  Pressung  (etwa  20  Atm.i 
hineingepresst  wird,  eingedreht.  Dadurch  werden  Entlastung 
und  gute  Schmierung  erreicht.  Weitere  Entlastung  wird 
wenn  nötig  durch  besondere  Kolben  (s.  Taf.  LXIU,  Fig.  4. 
sowie  Taf.  LXVI,  Fig.  3,  P,  u.  A.)  erzielt 

Horizontale  Wellen  werden  aus  Schmiedeisen, 
Flusstahi  oder  in  besonderen  Fällen  sogar  aus  Nickelstahl  hergestellt.  Sie  werden  tob 
Traglagern  unterstützt,  die  möglichst  nahe  an  den  rotierenden  Teilen  angebracht 
sind.  Heutzutage  werden  bierfür  selbstschmierende  Lager  (Ringschmierlager)  verwendet 
Liegen  solche  Traglager  im  Wasser,  so  werden  sie  mittelst  Stopfbüchsen  abgedichtet 
Znr  Aufnahme  von  axialen  Schüben,  die  vom  Wasserdruck  auf  dem  Laufrad  herrühren 
und  unter  Umständen  recht  beträchtlich  ausfallen  können,  dienen  Kammlager  (vergl. 
Taf.  LXXIV,  Fig.  1,  rechts)  oder  am  Ende  der  Welle  angebrachte  Spurlager  (vergl. 
Taf.  LXXU,  Fig.  3). 

Wegen  Herstellung,  Hontage  und  Transport  können  die  Wellen  nur  in  be- 
schränkter Länge,  etwa  6  bis  8  m  angefertigt  werden.  Ist  der  Wellenstrang  länger, 
so  werden  die  Wellenstücke  untereinander  mittelst  Kupplungen  verbunden.  Die  ge- 
bräuchlichsten Kupplungen  sind  die  Schalen-Kupplungen  (Abb.  338),  die  Scheibenkupp- 
lungen (Abb.  339)  und  die  Zodelkupplungen  (Abb.  340).  Die  zwei  ersten  Kupplungen 
sind  starr,  die  letzte  ist  elastisch  und  isolierend.  Bei  Übertragung  grosser  Kräfte  werden 
Scheibenkupplungen ,  deren  Scheiben  in  einem  Stück  mit  den  Wellen  geschmiedet  sind, 
verwendet  (S.  Kykkelsrud,  Taf.  LXV,  Fig.  1,  Niagara,  Taf.  LXXIV,  Fig.  1  u.  a.). 
Ein  Beispiel  von  der  Kupplung  einer  gusseisernen  Hohlwelle  mit  einer  schmiedeisernen 


I » 


TüBBDTRtr. 


977 


Welle  mittelst  Scheibenkuppelung  zeigt  Abb.  SS7.  Anf  Taf.  LXXITI,  Fig.  3  ist  eine 
Kautschukbandkupprang  dargestellt.  Schlingen  ans  Kautschuk  verbinden  die  vorstehenden 
Zapfen  der  beiden  KnpplongsbJÜften.  Kupplungen  erfordern  exakte  Herstellung  und 
Hontage.    Schlecht  montiert  verursachen  sie  ein  Heisslanfen  der  Lager. 

Zar  Kupplung  dor-  Turbinenwellen  mit  den  Wellen  der  Dynamomaschinen  dienen 
ebenfalls  die  oben  genannten  Kupplungen. 


Abb.  388.   Schslenknpplung.  Abb.  389.    Scheibenkopplnng. 


Abb.  840.    Zodelkapplnng. 


11.  Tnrhinenbreiuaung'  and  Wassermessung'.  Die  von  einer  Turbine  abgegebene 
Leistung  N  in  PS«  wird  mit  einem  Bremsdynainometer  (s.  „Hätte")  gemessen  oder, 
wenn  die  Turbine  mit  einer  Dynamomaschine  direkt  gekuppelt  ist,  mittelst  der  Ab- 
lesungen an  den  elektrischen  Instramenten  unter  Berücksichtigung  des  Wirkungsgrades 
der  Dynamomaschine  und  der  Phasenverschiebung  festgestellt.  Ist  die  Welle,  an  der 
dte  Kraftmessnng  erfolgt,  nicht  direkt  mit  der  Turbinenwelle  gekuppelt,  sondern  etwa 
mittelst  Kiemen  oder  Zahnräder  angetrieben,  so  gestaltet  sich  die  Leistnngsmessang 
schwieriger,  weil  der  Kraftverbrauch  dieser  Übertragungsmittel  festzustellen  und  zu  der 
abgelesenen  Kraft  hinzuzuzahlen  ist. 

Zur  Ermittelang  des  Wirkungsgrades  der  Turbine  müssen  Nettogefalle  (auch 
Nutzgefälle  oder  effektives  Gefalle  genannt)  und  verbrauchte  Wassermenge  festgestellt 
werden.  Bei  Francisturbinen  in  offenem  Schacht  ist  das  Nettogefälle  gleich  dem  Höhen- 
unterschied zwischen  Oberwasserspiegel  und  Unterwasserspiegel  direkt  bei  der  Turbine 
gemessen.  Bei  Turbinen  mit  langer  Zuleitung  dagegen  nicht,  denn  im  letzten  Fall  treten 
Reibungsverluste  im  Rohr  auf,  die  der  Turbine  nicht  angerechnet  werden  dürfen  (vergl. 
Formel  24,  S.  888).  Um  das  Nettogefälle  zu  erhalten,  verbindet  man  möglichst  nahe  an 
der  Turbine  das  Druckrohr  mit  einem  Manometer  und  misst  damit  den  Druck.  Bei  Francis- 
turbinen hat  man  dann  den  Höhenunterschied  zwischen  der  Stelle,  wo  der  Druck  gemessen 
wird  und  dem  Unterwasserspiegel  unmittelbar  an  der  Turbine  noch  hinzuzuzählen. 

Die  Messung  des  U.W.  Spiegole  gestaltet  sich  in  den  meisten  Anisgen  schwierig,  wenn  nicht 
sehen  beim  B»u  des  Msechinenhmses  die  nötigen  Vorkehrungen  getroffen  werden,  um  den  D.W.-Spiegol 
bequem  erroichoii  zu  können  (Mannlöcher  im  Fnssboden,  Hesscbicbte  n.  dgl.). 

Bei  Pelton-  und  Schwamkrugtorbinen  ohne  Saugrohr  hat  man  den  Höhenunter- 
schied zwischen  der  Druckstelle  und  der  Düsenmitte  hinzuzuzählen.    Bei  Pelton-  and 

HAndbath  dir  Int.-WbMDKh.    nX  T*U.    IS.  Bd.  62 


978         IH    Theodor  Koehn.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    Einzelheiteh. 

Schwamkrugturbinen  mit  Sangrohr  ist  ferner  die  Ablesung  eines  an  den  Saugraum  ange- 
schlossenen Vakuummeters  hinzuzuzählen. 

In  denjenigen  Fällen ,  wo  das  Wasser  an  der  Anschlusstelle  für  das  Manometer 
eine  grosse  Geschwindigkeit  besitzt,  muss  ausserdem  noch  der  Ritiflww  der  Zuflussge- 

schwindigkeit  berücksichtigt  werden.  Die  Geschwindigkeit  (c)  repräsentiert  nämlich  eine 

ci 
Geschwindigkeitshöhe  ^—  die  das  Manometer  nicht  anzeigt,  welche  aber  bei  den  meisten 

Konstruktionen  der  Turbine  zugute  kommt.  Nach  vorgenommener  Wassermessung  kann 
dieser  Faktor  leicht  berücksichtigt  werden.  Die  Summe  dieser  Faktoren  ergibt  das 
Nettogefalle  EL 

Das  totale  oder  Bruttogefille  einer  Wasserkraftanlage  ist  der  Höhenunterschied  uriscfcea 
Oberwasserspiegel  beim  Wehr  und  dem  Unterwasserspiegel  bei  der  Ausmündung  in  den  Flu».  Dieses 
Qeftlle  kann  naturlieh  unter  Umständen  bedeutend  grösser  sein  als  das  für  die  Turbine  massgebende 
Nettogefalle. 

Die  Messbng  der  Wassermenge  ist  bedeutend  schwieriger.  Wenn  es  sich  um 
grössere  Mengen  handelt,  geschieht  die  Messung  am  besten  mit  einem  Woltm  an  sehen 
Flügel  (vergl.  8.  202  u.  ff.).  Zur  Verwendung  desselben  ist  im  Oberwasser-  oder  Unter- 
wasserkanal eine  längere  gerade  Strecke  gleichen  Profiles  erwünscht  Auf  der  Mitte 
dieser  Strecke  wird  das  Kanalprofil  genau  ermittelt,  und  die  Wassergeschwindigkeit  wird 
mittelst  des  Flügels  an  vielen  Stellen  des  Profiles  festgestellt.  Die  Länge  der  gerades 
Strecke  sollte  etwa  6  bis  10  m  sein,  aber  man  kann  schliesslich  auch  unter  ungünstigeren 
Umstanden  Messungen  vornehmen.  Beispielsweise  wurde  das  Wasser  in  der  Anlage 
Kykkelsrud  hinter  dem  Rechen,  vergl.  Taf.  XXXIV,  Fig.  7  u.  8  mit  Woltman-Flügel 
gemessen. 

Bei  kleinen  Wassermengen  wird  meistens  mit  Überfällen  gemessen  (vergl. 
Kap.  I,  §  4,  S.  195  und  Kap.  HI,  §  1,  S.  621  u.  ff.).  Da  die  Beiwerte  /*  bei  den  ver- 
schiedenen Formeln  für  die  Berechnung  der  Wassermenge  stark  schwanken,  je  nach 
der  Beschaffenheit  des  Überfalles,  so  ist  darauf  zu  achten,  dass  man  diejenigen  Werte 
Ton  /i  anwendet,  innerhalb  deren  Gültigkeitsbereich  der  verwendete  Überfall  an  Grösse 
und  Form  liegt.  Am  besten  ist  es,  wenn  man  in  den  Kanal  ein  Gerinne  aus  Höh  mit 
Überfall  genau  so  einbaut,  wie  der  Autor,  dessen  Werte  von  fi  man  verwenden  will,  bei 
seiner  Ermittelung  der  Überfallbeiwerte  verwendete.  Nur  mit  solchen  Überfielen  und 
wenn  bei  der  Ablesung  der  Überfallhöhen  genau  so  verfahren  wird  wie  beim  Original- 
Überfall,  kann  man  zuverlässige  Resultate  erhalten.  Hat  man  erst  diesen  Überfall  gebaut, 
ist  das  Messen  selbst  sehr  bequem  und  schnell  auszuführen  im  Gegensatz  zu  des 
Messungen  mit  dem  Woltman-Flügel,  die  oft  so  lange  dauern,  dass  man  während  der 
Messzeit  den  Wasserspiegel  an  der  Messteile  auf  konstanter  Höhe  nicht  halten  kann. 

In  Rohrleitungen  kann  die  Wassermenge  mittelst  der  Pitotschen  Röhren 
(S.  200)  oder  des  Woltm  an -Flügels  gemessen  werden.  Diese  Apparate  werden  durch 
ein  Loch  in  der  Rohrwandung  hinein  gesteckt,  und  die  Geschwindigkeiten  längs  eines 
Durchmessers  können  nun  festgestellt  werden.  Wenn  die  Geschwindigkeiten  unregel- 
mässig ausfallen,  muss  längs  mehreren  Durchmessern  gemessen  werden. 

Die  Schirmmessung*4)  erfordert  einen  offenen  Kanal  gleichen  Profiles  von 
10  bis  SO  m  Länge.  Da  die  Kanäle  der  Hochdruckanlagen  bequem  so  angelegt  und  bei 
kleineren  Wassermengen  solche  Kanäle  aus  Holz  verhältnismässig  leicht  beschafft 
werden  können,  so  wird  sich  dieses  genaue  und  rasche  Messverfahren  offenbar  bald  ein- 
bürgern.   In  den  Kanal  wird  ein  Schirm,  der  das  Profil  mit  geringem  Spiel  ausfüllt, 

»*)  Vergl  E.  Schmitthenner,  „Ein  neues  Waasermessverfaliren".  Zeitachr.  d.  Y«r.  deataefar 
Ing.  1907.  8.  627. 


§  6.  TuBimra.  979 


und  vom  Wasser  mitgef&hrt     Die  Wanderung  des  Schirmes  mal  dem 
Kanalquerschnitt  ergibt  die  Wassermenge  Ar  die  Beobachtongszeit. 

Nachdem  die  Turbine  bei  einer  bestimmten  Beaufschlagung  auf  ihre  Umdrehungs- 
zahl gebracht  ist,  werden  N  in  PS«,  H  in  m  und  Q  in  cbm/sek.  nach  dem  Vorstehenden  be- 
stimmt. Die  theoretisch  vorhandene  Energie  beträgt  1000 .  Q .  H,  während  die  nutzbare 
Arbeit  zu  75 .  N  gemessen  wurde,  beides  in  mkg/sek.  ausgedruckt.    Der  Gesamt- Wirkungen 

75  .  N 
grad  der  Turbine  ist  somit :  e  =  iaaa  q   tt* 

12.  Cfaehwiadigkeitsregulatorea  und  NebenamsUase.  Die  meisten  angetriebenen 
Maschinen,  insbesondere  die  Dynamomaschinen,  stellen  grosse  Anforderungen  an  die 
Oleichmassigkeit  der  Umdrehungszahl.  Es  wird  verlangt,  dass  sich  dieselbe  bei  schwanken- 
dem Kraftbedarf  möglichst  wenig  ändere.  Eine  unregulierte  Turbine  würde  bei  einer 
Entlastung  eine  höhere86),  bei  einer  Überlastung  eine  niedrigere  Umdrehungszahl  annehmen 
als  die  normale.  Veränderungen  in  der  Umdrehungszahl  treten  auch  bei  schwankendem 
Gefalle  auf.  Die  automatischen  Geschwindigkeitsregulatoren  sind  an  die  Turbinen  an- 
geschlossene Maschinen,  welche  die  Umdrehungszahl  innerhalb  der  zulässigen  Grenzen  halten. 

Die  Konstruktion  und  Wirkungsweise  der  Regulatoren  gehen  aus  folgender  Be- 
schreibung hervor96): 

.Weil  bei  einem  Wassermotor,  dem  die  Arbeit  in  Form  einer  bestimmten  pro  Sekunde  von  einer 
gegebenen  Höhe  herabfallenden  Wassermenge  geboten  wird,  das  Gefalle  möglichst  unverändert  an  er- 
halten ist,  kann  eine  Regulierung  nur  dadurch  eingeleitet  werden,  dass  die  dem  Motor  angeführte  W  asser- 
menge  veränderlich  gemacht  wird.  Da  die  Wassermengen  aber  je  nach  der  Starke  des  Motors  und 
dem  Gefälle  ausserordentlich  verschieden  sein  können,  so  ist  ersichtlich,  dass  eine  sehr  grosse  Mannig- 
faltigkeit in  den  Mitteln  vorhanden  sein  wird,  mit  welchen  die  Wassermengen  unmittelbar  auf  der  Tur 
bine  veränderlich  gemacht  werden.  Aber  auch  hier  kann  man,  wie  bei  den  Dampfmaschinen,  bestimmte 
Gruppen  unterscheiden,  und  auch  da  ist  der  dort  aufgestellte  Satz  richtig,  dass  sich  eine  Regulierung  um 
so  besser  bewährt,  je  einfacher  sie  ist  und  je  weniger  Gelenke  und  bewegte  Teile  sie  besitzt  Es  haben 
sich  daher  auch  hier  gewisse  Konstruktionen  als  typisch  herausgestellt  und  finden  immer  allgemeinere 
Verbreitung. 

Ebenso  wie  bei  den  Dampfmaschinen  ist  ein  Zentrifugalregulator  der  Ausgangspunkt  für  die 
Regulierung;  während  es  aber  bei  den  Dampfmaschinen  durch  besonders  empfindliche  Konstruktionen 
möglich  ist,  den  Zenirifugalregulator  unmittelbar  auf  die  Dampfverteilung  bestimmend  einwirken  su 
lassen,  hat  man  bei  den  Turbinen  Zwischenglieder  nötig;  denn  die  Arbeitsfähigkeit  eines  Zentrifugal- 
regulators reicht  nicht  aus,  um  die  meist  bedeutenden  Widerstände  zu  überwältigen,  welche  mit  der 
Wasserzufuhr  zur  Turbine  verbunden  sind.  Das  wird  auf  den  ersten  Blick  klar,  wenn  man  sich  eine 
Turbine  vorstellt,  die  bei  verhältnismässig  geringem  Gefälle  und  grossen  Wassermengen  für  starke 
Arbeitsschwankungen  eingerichtet  werden  soll. 

Der  Zentrifugalregulator  fasst  daher  nicht  unmittelbar  die  Reguliervorrichtung  der  Turbine  an, 
sondern  wird  dazu  benutzt,  eine  Art  Steuerung  für  eine  weitere  Vorrichtung  zu  betätigen,  durch  welche 
eine  motorische  Kraft  ausgelöst  wird,  die  nun  erst  die  Reguliervorrichtung  an  der  Turbine  in  Bewegung 
setzt  Diese  Vorrichtung  wird  Servomotor  genannt,  und  man  wird  je  nach  der  Energieform,  durch 
welche  sie  wirksam  wird,  mechanische,  hydraulische,  elektrische,  und  dergL  Servomotoren  zu  unter- 
scheiden haben.  Es  werden  sich  also  bei  den  selbsttätigen  ReguUervorrichtungen  für  Turbinen  ganz 
allgemein  vorfinden: 

1.  Der  Zentrifugalregulator  C, 

2.  die  von  diesem  beeinfiusste  Steuerung  des  Servomotors  8, 
8.  der  Servomotor  M  selbst  und 

4.  die  vom  8ervomotor  bewegte  Reguliervorrichtung  R  unmittelbar  an  der  Turbine  (s.  Abb.  841 
und  342). 


**)  Die  grösste  Umdrehungszahl,  welche  eine  Wasserturbine  überhaupt  annehmen  kann,  ist 
1,8  mal  der  normalen  Umdrehungszahl 

'•)  Aus  E.  Reichel,  Turbinenbau  auf  der  Weltausstellung  in  Paris  1900.  S.  Z.  d.  V.  D.  1. 1900. 
S.  1118  u.  f. 

62* 


HL     Theodor  Koehk.     Ausbau  vom  WAascsKSlrrcir.     Einzelhktteh. 


Hit  dar  Anordnung  dieser  Tier  Konstruktionsgliedsr  wäre  aber  noch  kein«  Regulierung  n  er- 
sielen,  die  den  praktischen  Bedürfnissen  genügt.  Jede  Einwirkung  des  Zentrifugalregulators  hatte  mr 
eise  Betätigung  de*  Servomotor«  mr  Folge,  aber  so  lange,  da»  ein  .Üborregulieren*  eintreten  mssste, 
welche«  im  nächsten  Augenblick  die  entgegengesetzte  Bewegung  verlangen  würde,  wodurch  ein  llatigti 
Schwanken  entstünde.  Man  leitet  daher  von  der  durch  den  Servomotor  eingeleiteten  Beweg  nag  eint 
Taübewsgung  ab  and  auf  die  Steuerung  des  Servomotors  so  zurück,  dass  diese  wieder  auf  ihre  «xsprtug- 
liehe  Stellnng  xurnckgeachoben  and  der  Servomotor  wirkungslos  wird.  Jeder  Stellung  den  Zentrifngai- 
regolatora  entspricht  somit  eine  bestimmte  Stellnng  des  Servomotors,  also  auch  eine  bestüujnto  Beauf- 
schlagung der  Turbine. 
„   .      .,    .       _      .   A*?.'  •"•        ,  „  ,    ,  Biese     Rückführung    bildet    dea 

Hyürauhacher  GsechwmdwkeitweguLUor  im  Schnitt         nnften  limnXBAm  Teü  z,  Äbb. ««  o. 

342,  jeder  selbsttätigen  Tin^inennwrolierusG. 
Für  die  Betätigung  des  Servo- 
motor« wird  man  jene  Energieform  wiklea. 
welche  am  einfachsten  in  haben  ist  Bei 
grosseren  Gefällen  steht  Brackwasser  aar 
Verfügung,  man  wird  also  einen  hydrau- 
lisch wirkenden  Servomotor  verwende», 
der  überdies  die  leicht  herstellbar*  nad 
einfache  Form  eines  Zylinders  mit  Kolbei 
erhalten  kann  >').  Nun  ist  das  der  Tarbiae 
lufiiesaende  Wasser  häufig  unrein.  Die 
Stonerteile  des  Servomotors  sind  jedem 
sehr  klein  und  empfindlich,  und  es  macht 
sich  daher  als  weitere  Zugabe  aar  Bege- 
ljerung  die  Anlage  eines  Filters  snr  Bshu- 
guog  des  Begulierwassers  notwendig.  8i»d 
die  Gefalle  gering,  dann  worden  die  Zylin- 
der der  Servomotoren  an  grosse  Abs** 
sangen    erhalten, 

würde  schwer  und  schwerfällig  i 
In  aolchon  Fallen  wählt  man  als  weiten 
Zugabe  ein  eigenes  kleines  Pumpwerk  ant 
Akkumulator  snr  Erzeugung  des  Brack- 
wassers, oder  man  benntat  euch  Öl  ah 
Regulicrflüssigkeit ,  welches  (wie  das  ti- 
trierte Wasser  anter  Umstanden  auch)  sack 
dem  Gebrauch  den  Pampen  immer  wieder 
zugeführt  wird»). 

Mechanisch  wirkende  Servomotoren  verwendet  man  meistens  in  Form  von  Wellen,  anf  d» 
durch  die  Turbinen  eine  gewisse  Energiemenge  übertragen  werden  kann.  Ber  Zontrifugalreajulator  be- 
dient ala  Steuerung  eine  Riemengabel,  Klinkvorrichtting  und  dergL,  durch  welche  die  erwähnt*  Welk 
snr  Betätigung  der  Reguliervorrichtung  veranlasst,  also  ein-  oder  ausgerückt  wird").  Im  allgemeine» 
gestaltet  sich  diese  Art  von  Regulierung  mit  der  Rückführung  etwas  verwickelter  ala  die  früheren. 
Infolge  vieler  Gestänge  nnd  Gelenke  kann  leicht  schädlicher  Totgang  eintreten  und  dadurch  die  Wirknag 
der  Regulierung  sehr  beeinträchtigt  werden. 

Elektrisch  betriebene  Servomotoren  gehören  su  den  Seltenheiten«));  ihnen  ist  vielleicht  neck 
eine  grossere  Zukunft  beschienen. 

Läuft  den  Turbinen  das  Wasser  im  offenen  Kanal  mit  geringer  Geschwindigkeit  an,   nnd  wiri 
das    Wasser    durch    die   Reguliere orrichfcung   plötzlich   daran   gehindert,  in  die  Turbine  einintrstsn,  eise 
i  Niagara  Falls  Powei 


Abb.  842. 
Hydraulischer  Geeefawindigkeitsregnlstor  im  Grundriss. 


,  Tat  LUX 


")  S.  Anlage  Niagara  Falls  Power  Co.,  Taf.  LXIV,  Fig.  5—7 ;  Anlage  Jaje« 
Fig.  8  u.  4;  Anlage  Kabelwerk,  Taf.  LXXVI,  Fig.  1—6. 

bb)  S.  Anlage  Societe  Lyonnaise  des  Forces  Motrices  Bn  Rhftne,  Jonsge-Cnaset- 
Lyon,  Taf.  LKVJ. 

«•)  S.  Anlage  Les  Clees,  Taf.  LXXII,  Fig.  1  n.  2;  Anlage  Vernayss,  Tal  LXXV,  Fig.  3. 

40)  8.  Lechwerk-Gerathofen,  Taf.  LXVffl,  Fig.  5  u.  6;  AnlageJajce;  Ta».  1XXI,  Fig.  6-8 
and  S.  495;  Anlege  St.  Hanrice-Laaasnne,  S.  458. 


c 


§  6.  Turbinen.  981 

gewisse  Wassermenge  also  plötzlich  verzögert,  so  werden  sieh  Stösse  einstellen,  die  im  Obergraben  eine 
Blickstauwelle  erzeugen,  sonst  aber  an  den  starken  Bauteilen  wirkungslos  oder  unmerklich  verlaufen. 
Anders  aber  gestaltet  sich  die  Sache,  wenn  das  Wasser  den  Turbinen  in  längeren  geschlossenen  Bohr- 
leitungen mit  grosser  Geschwindigkeit  zugeführt  wird.  Bei  plötzlicher  Unterbrechung  des  Wasserlauf  es 
oder  bei  bedeutenden  Verzögerungen  werden  in  den  Bohrleitungen  Wasserschläge  von  gewaltiger  Grösse 
entstehen,  die  zum  Bruch  der  Rohrleitung  fuhren  können,  jedenfalls  aber  Beschleunigungen  der  Turbinen- 
laufräder veranlassen,  und  daher  in  empfindlichster  Weise  auf  die  Regulierung  zurückwirken  können. 
Diese  Wasserwirkungen  für  den  regelmässigen  Gang  der  Turbinen  unschädlich  zu  machen,  war  daher  von 
jeher  das  Bestreben  der  Tnrbmenkonstrukteure. 

Im  Anfang  ist  man  diesen  Stosswirkungen  in  ähnlicher  Weise  begegnet  wie  bei  den  Druckrohr 
leitungen  bei  Pumpen  u.  dergl.  Man  hat  Steigrohre  und  Windkessel  von  bedeutender  Grösse  in  die 
Bohrleitungen  eingebaut  und  damit  gute  Erfolge  erzielt,  sich  jedenfalls  damit  helfen  können,  wenn  die 
Turbinenanlagen  schon  fertiggestellt  waren  und  die  WasserBchläge  sich  erat  nachher  empfindlich  geltend 
gemacht  haben. 

Neuerdings  versucht  man  bei  Partialturbinen,  diesen  Wasserwirkungen  unmittelbar  an  den 
Turbinen  selbst  zu  begegnen.  Die  Reguliervorrichtungen  daran  sind  so  eingerichtet,  dass  man  bei  ver- 
änderlicher Wassersnfuhr  nicht  die  Wassergeschwindigkeit  in  der  Rohrleitung  ändert,  sondern  das  nicht 
gebrauchte  Aufschlagwasser  an  der  Turbine  vorbeiströmen  läset.  In  diesem  Falle  ist  also  der  Wasser- 
verbrauch bei  jeder  Leistung  der  Turbine  und  damit  die  Waesergeschwindigkeit  in  der  Bohrleitung  un- 
veränderlich, Stösse  sind  völlig  vermieden,  aber  auf  Kosten  der  Anmchlagwassermenge.  Wo  nun  das 
Druckwasser  in  gleichmäßiger  Menge  vorhanden  ist,  die  bei  NichtVerwendung  nicht  aufgespeichert  oder 
etwa  anderen  Turbinen  zugeführt  werden  kann,  ist  solche  Regulierung  vollständig  am  Platze;  wo  man 
aber  mit  der  vorhandenen  Aufschlagwassermenge  sparsam  umgehen  muss,  macht  sich  das  Bedürfnis 
geltend,  das  nicht  verbrauchte  Wasser  zu  gewinnen,  und  dies  hat  zu  den  neuesten  Konstruktionen  ge- 
fuhrt, bei  denen  man  zwar  auch  das  überflüssige  Wasser  unmittelbar  nach  Einwirkung  der  Regulierung 
durch  Nebenauslässe  an  der  Turbine  vorbeilaufen  lässt,  aber  nur  auf  kurze  Zeit.  Durch  besondere  sehr 
sinnreiche  Konstruktionen  werden  diese  Nebenauslässe  wieder  langsam  —  meist  durch  Kataraktwirkung  — 
geschlossen  und  so  das  Wasser  in  der  Bohrleitung  entsprechend  ohne  bemerkbare  Stösse  verzögert**). 

Durch  diese  besondere  Einrichtung  werden  aber  natürlich  die  Turbinenkonstrnktionen  abermals 
verwickelter  gemacht,  sodass  der  eigentliche  Motor  schliesslich  von  einer  ganzen  Reihe  von  Beiwerk 
umgeben  und  verdeckt  wird. 

Besonders  in  der  Schweiz  haben  sich  beim  Betriebe  elektrischer  Bergbahnen  alle  diese  Schwierig- 
keiten in  voller  Höhe  gezeigt  und  sind  durch  die  erwähnten  Konstruktionen  in  oft  überraschender  Weise 
gelöst  worden." 

Abb.  343  zeigt  einen  hydraulischen  Geschwindigkeitsregulator  mit  vertikal- 
stehendem  Servomotorzylinder  für  die  Anlage  Paderno  (vergl.  Taf.  LXIX,  Fig.  6 — 8). 

Der  Servomotor  wird  häufig  von  den  übrigen  Bestandteilen  des  Regulators  örtlich 
getrennt  aufgestellt.  Bei  den  in  Taf.  LXY  dargestellten  beiden  Turbinen  der  Anlage 
Kykkelsrud  befindet  sich  der  Servomotor  (Steuerzylinder)  unten  an  der  Turbine, 
während  die  übrigen  Teile  im  Maschinensaal  aufgestellt  und  mittelst  Rohrleitungen  und 
leichten  Gestänges  mit  dem  Servomotor  verbunden  sind.  Im  Gegensatz  hierzu  ist  der 
Regulator  der  Erregerturbine  in  Kykkelsrud  (Taf.  LXV1I,  Fig.  1)  komplett  im 
Maschinensaal  aufgestellt  und  mittelst  einer  (nicht  eingezeichneten)  Welle  mit  der 
Regulierung  der  Turbine  verbunden. 

Das  Parallelschalten  der  Dynamomaschinen  erfordert  die  Möglichkeit  einer  Ver- 
änderung der  Umdrehzahl  des  Maschinensatzes  innerhalb  kleiner  Grenzen.  Zu  dem 
Zweck  sind  die  Regulatoren  mit  besonderen  VerStellvorrichtungen  im  Reguliergestänge 
versehen,  welche  häufig  mittelst  eines  kleinen  Elektromotors  vom  Schaltbrett  aus  betätigt 
werden  können41). 

Ausser  den  genannten  Regulatoren ,  welche  die  Wasserzufuhr  dem  Arbeitsbedarf 
anpassen,  gibt  es  noch  sogen.  Bremsregulatoren,  bei  welchen  der  Wasserdurchflus* 

*i)  Anlage  Montbovon,  Tat  LUCY,  Fig.  6  n.  &  606  ad  26;  Anlage  Kabelwerk,  Taf. 
LXXVI,  Fig.  1—8  u.  5  sowie  S.  416. 

«)  8.  Anlage  Fanghera.  8.  868;  Anlage  Geres  AU,  8.  872. 


982  HL     Thbodob  Koehm.     Ausbau  vom  Wiwmhm     Eiseelheitk». 

der  Tnrbine  immer  der  gleiche  ist,  während  die  überschüssige  Energie  einfach  vernichtet, 
d.  h.  abgebremst  wird.  Die  Bremsregulatoren  sind  nur  für  kleine  Kräfte  (bis  etwa 
300  PS«)  nnd  dort,  wo  das  Wasser  immer  reichlich  vorhanden  ist  oder  dem  Nachbar 

fortwährend   andienen 
Abb.  818.    Hydraulischer  GeaeLwindigkeiteregulator,  Pmderno.  nraa«    verwendbar 

Die  hydrauli- 
schen Regnlatoren  wer- 
den für  kleine  bis  in 
dengrössten  Leistungen 
verwendet  Sie  regu- 
lieren sehr  genau  and 
arbeiten  geräuschlos. 
Das  Pumpwerk ,  das 
bei  niedrigen  GefäUen 
die  Drnckflüssigkeit  fär 
den  Servomotor  liefert, 
wird  entweder  ab  eine 
Zentralanlage  mit  eige- 
nem Antrieb  {Turbine 
oder  Elektromotor),  für 
alle  Turbinen  einer  An- 
lage aasreichend,  oder 
als  Einzolpumpen,  die 
von  den  Turbinen  salbet 
angetrieben  werden, 
angeordnet. 
Mechanische  Regulatoren  werden  hauptsächlich  für  kleinere  Turbinen  verwendet 
Sie  erfordern  bei  gleicher  Regnlierfeinheit  grössere  Schwungmomente  als  die  h ydrauliscben 
Regulatoren.  Die  Schwungmomente  („GD,B)  bilden  ein  Mass  für  die  in  den  rotierenden 
Teilen  enthaltene  lebendige  Kraft.  Dieselben  werden  im  Laufrad,  in  der  Kupplung,  im 
Rotor  der  Dynamomaschine  oder  in  einem  besonderen  Schwungrad  untergebracht 

Die  Regnlierfeinheiten,  die  mit  modernen,  selbstwirkenden  Geschwindigkeitarega- 
latoren  erzielt  werden  können,  betragen  je  nach  der  Grosse  der  Schwungmomente  und 
der  Nebenauslasse : 

mit  hydraulischen  Regulatoren 
etwa  1—2,  2 — 4,  4 — 6,  8 — 16%  über  oder  anter  der  normalen  Umdrehnhl, 
bei    10,      26,      60.       100  °/°  plötzlicher  Belastangg&ndertmg, 
mit  mechanischen  Regulatoren 
etwa  2—8,  3 — 5,  6—10,  16—30%  über  oder  unter  der  normalen  Umdrahzahl, 
bei    10,      26,       50,        100    °/o  plötzlicher  Belastangsftndernng. 

Literatnrangaben  zum  §  6,  Tnrbinen. 
A.  Pfarr,  Di«  Turbinen  für  Wawerkraftbetriob,  Berlin. 
Viktor  Gelpke,  Turbinen  und  Tnri>inenanlagen,  Berlin. 

K.  Reichel,  Neuere  Turbinen  an  lagen.  Z.  i  T.  L.  log.  1893.  S.  709  u.  893  ond  1900.  S.  1117  a.  f. 
L.  Qnants,  Wasaerbaftmasehinen,  Berlin  1907. 

Wilh.  Mflller,  Die  Frnnris-Tnrbinen  und  die  Entwicklung  des  modernen  Turbinen  bauen,  Haaaever. 
WilL  Wagenbaeh,  Neuere  Tnrbinenanlagen.  Berlin  1905. 
F.  Praiil,  Die  Tnrbinen  nnd  deren  Begulatoren  anf  der  Weltausstellung  in  Parkt  1900.  Zttrica  1904 


6. 


Krafthäusek.    A.  Der  bauliche  Teil. 


983 


§  6.  Krafthfluser. 

A.  Der  bauliche  Teil  der  Krafthäoser. 

Hierzu  Tafel  LXXVII. 
Die  Besprechungen  dieses  §  sind  gegliedert  in 


1.  Aligemeines, 

a)  Die  Wahl  der  Stelle  für  das  Krafthaus, 

b)  Die  Höhenlage  des  Maschinenflurs, 

c)  Die  Lichtgebung  durch  Tageslicht, 

d)  Wände  und  Fussboden, 

e)  Die  Laufkräne  und  die  Höhe  des  Ma- 
schinensaales mit  Tab.  I, 

f)  Heizung, 

g)  Lüftung, 

n)  Übersicht  über  die  bei  82  Anlagen  ge- 
wählten Maschinen-  und  Fernleitungs 
Spannungen  mit  Tab.  II, 

2.  Krafthäuser   mit  liegenden   Schacht- 


3.  Krafthäuser  mit  stehenden  Schacht- 
turbinen, 

4.  Krafthäuser  mit  stehenden  Gehäuse- 
turbinen, 

5.  Krafthäuser  mit  liegenden  Gehäuse- 
turbinen, 

6.  Die  Kabelkanäle, 

7.  Die  Schalträume, 

8.  Die  Transformatorenräume, 

9.  Die  Nebenräume, 
10.  Die  Bedachung. 


turbinen, 

1.  Allgemeines,  a)  Die  Wahl  der  Stelle  für  das  Krafthaus.  Bei  Aufstellung 
der  Entwürfe  für  das  Wehr  und  den  Werkkanal  werden  die  Stellen  für  den  Einlauf 
und  die  Ausmündung  des  Betriebswassers  bestimmt  und  damit  das  theoretische  Druck- 
gefälle, welches  man  erzielen  will  oder  kann,  festgelegt.  An  welcher  Stelle  zwischen 
Einlauf  und  Ausmündung  man  das  Krafthaus  zu  legen  hat,  ist  in  der  Hauptsache  eine 
Kostenfrage.  In  den  meisten  Fällen  wird  das  Krafthaus  in  der  unmittelbaren  Nähe  der 
Ausmündungsstelle  zu  errichten  sein,  sodass  der  Unterwasserkanal  oder  die  Turbinen- 
kanäle nur  ganz  kurz  werden. 

Von  den  im  Kapitel  II  beschriebenen  35  Werken  liegt  bei  den  nachstehend  auf- 
geführten 25  Anlagen  d.  h.  bei  rd.  71%  das  Krafthaus  unmittelbar  an  der  Ausmün- 
dungsstelle. 


1.  Turbigo,  Taf.  IV,  Fig.  1  u.  2. 

2.  Funghera  (8.  368). 

3  Ceres  Ala,  Taf.  XI,  Fig.  1,  vergL  das  unterste 
Krafthaus  (Zentrale  Rusia)  der  3  fach  ge- 
staffelten Anlage. 

4.  Noyalesa  a.  d.  Cenischia,  Taf.  XII,  Fig.  1. 

5.  Morbegno,  Taf.  XVI,  Fig.  1  und  Taf.  XVII, 

Fig.  8. 

6.  La  Goule,  Taf.  XVIII,  Fig.  1  u.  7. 

7.  Les  Cläes-Yyerdon  (S.  405). 

8.  Kubelwerk,  Taf.  XX,  Fig.  1  u.  9  und  Taf. 

XXI,  Fig.  2-5. 

9.  Wangen,  Taf.  XXIII,  Fig.  1  -und  8.  481  u.  ff. 

10.  Besnau,  Taf.  XXIV,  Fig.  3  und  Taf.  XXV, 

Fig.  2  und  8.  434. 

11.  Kanderwerk,  Taf.  XXV,  Fig.  3  und  Taf. 

XXVI,  Fig.  8  und  8.  489  u.  ff. 

12.  Chevres,  Tal  XXVII,  Fig.  1. 

18.  La  Dernier-Vallorbe,  Taf.  XXX,  Fig.  1 

und  Taf.  XXXI,  Fig.  6  und  8.  465. 
14.  Lac  Tanay  bei  Vouvry  (Abb.  98,  8.  469). 


15.  Rafslund,  Taf.  XXXIII,  Fig.  6  und  8.  488. 

16.  Kykkelsrud,  Taf.  XXXIV,  Fig.  2  und  8. 490. 

17.  Jajce,  Taf.  XXXV,  Fig.  1  und  Taf.  XXXVI, 

Fig.  1  und  8.  495. 

18.  Livet  (Abb.  118,  8.  580  u.  8.  581). 

19.  Ontario  Power  Co.,  Taf.  XIIV,  Fig.  3,  4 

u.  5  und  S.  543. 

20.  Niagara  Falls    Hjrdraulic  Power   and 

Manufaeturing  Company,  Taf.  XLIV, 
Fig.  7  (das  Krafthaus  ist  durch  den  Buch- 
staben (b)  bezeichnet),  Fig.  8  u.  9  und 
Abb.  128,  8.  *49. 

21.  Sault  St  Marie  (Abb.  129,  8.  552). 

22.  Bheinfelden,  Tat  XLVH,  Fig.  1  und  &  581. 
28.  Stuttgart-Marba6h,Taf.XLVIundS.572. 
24  Ürft-Talsperre,  Taf.  XLVIII,  Fig.  5  u.  10 

und  S.  598. 
25.  Queis-Talsperre  bei  Marklissa,  Taf.  L 
(das  im  Bau   befindliche  Kraft  haas  wird 
dicht  am  Queis  errichtet). 


984         HL    Theodor  Koehn.    Ausbau  vom  WAflaHuaüLFroar.    EmsLHBBEH. 

Bei  der  Anlage  Turbigo  war  ursprünglich  der  Werkkanal  auf  der  reckten  Seite 
des  Naviglio  Grande  projektiert  (S.  355  und  Taf.  IV,  Fig.  1).  Da  das  bis  zur 
Aumündungsstelle  gewinnbare  Gefälle  7,5  bis  8,2  m  beträgt  und  das  Terrain  am  rechten 
Ufer  des  Naviglio  Grande  nicht  erheblich  höher  als  der  Wasserspiegel  des  genannten 
Kanals  liegt,  so  hätte  der  neue  Werkkanal  auf  seinem  unteren  Laufe  in  einem  Damm 
liegen  müssen  und  am  unteren  Ende  bei  3,5  m  Wassertiefe  mit  der  Sohle  etwa  4  m  über 
Terrain.  Bei  dieser  Lage  des  Werkkanals  hatte  man  durch  einen  Kostenvergleich  prüfen 
müssen,  ob  nicht  durch  Verschiebung  des  Kraftwerkes  aufwärts  und  durch  Anlegung 
eines  längeren,  ganz  in  das  Terrain  einzuschneidenden  Unterwasserkanals  eine 
vorteilhaftere  Anordnung  erzielbar  gewesen  wäre.  Bei  der  gewählte]!  Lage  am  linken 
Ufer  hingegen  konnte  der  Werkkanal  bis  an  das  Krafthaus  heran  im  Einschnitt 
bleiben  und  es  ergab  sich  deshalb  die  Lage  des  Krafthauses  unmittelbar  an  der  Aus- 
mündung ohne  weiteres  als  die  vorteilhafteste. 

Bei  der  Anlage  Vizzola  (Taf.  I,  Fig.  1  und  6)  hätte  es  in  Frage  kommen 
können,  das  Kraftbaus  näher  an  den  Einschnitt  bei  Castel  Novate  (Abb.  42,  S.  343) 
heranzuschieben,  um  die  Länge  des  Brückenkanals  abzukürzen;  allein  man  musste  es 
vermeiden,  in  der  Nähe  der  oberen  Schleusengruppe  (Taf.  III,  Fig.  2)  die  mehr  als 
20  m  tiefer  liegenden  Fundamentgruben  des  Krafthauses  und  des  Unterwassarkanals 
auszuheben  und  zog  es  deshalb  vor,  das  Krafthaus  in  der  Nähe  der  unteren  Schleusen- 
gruppe anzulegen.  Die  Verlegung  des  Krafthauses  noch  näher  an  die  Ausmündung  in 
den  Tessin  heran  musste  deshalb  ausser  Betracht  bleiben,  weil  der  Brückenkanal  pro 
lfm.  erheblich  teurer  wurde  als  der  Untenvasserkanal  und  weil  die  elektrischen  Fern- 
leitungen zum  grössten  Teil  in  Richtung  kanalaufwärts  verlaufen,  also  bei  einer  Ver- 
schiebung des  Krafthauses  abwärts  länger  geworden  wären. 

Bei  der  Anlage  Bergamasca  (Taf.  IX,  Fig.  6)  konnte  man  das  Krafthaus 
deshalb  nicht  weiter  flussabwärts  verschieben,  weil  das  Terrain  so  flach  wird,  dass  es 
im  Überschwemmungsgebiet  des  Brembo  liegt.  Es  war  deshalb  vorteilhafter,  den  Unter- 
wasserkanal durch  dieses  Gebiet  bis  zur  Ausmündungsstelle  zu  graben. 

Zwei  voneinander  unabhängige  Gründe  sprachen  bei  der  Anlage  Pont  St  Martin 
(Taf.  XIII,  Fig.  1)  für  die  gewählte  Lage  des  Krafthauses.  Erstens  beabsichtigte  man 
in  der  Nähe  des  Krafthauses  eine  Kalzium-Karbid-Fabrik  (S.  378)  anzulegen  und  musste 
für  dieselbe  einen  Eisenbahnanschluss  haben,  welcher  bei  weiterer  Verschiebung  des 
Kraftwerkes  abwärts  erheblich  teurer  geworden  wäre,  zweitens  aber  fallt  das  Terrain 
weiter  abwärts  stark  und  schon  auf  der  letzten  Strecke  vor  dem  Krafthause  musste 
man  eine  Art  Brückenkanal  mit  beiderseitiger  Dammschüttung  (Tal  XIV,  flg.  2) 
anlegen.  Die  Verlängerung  dieses  Profils  wäre  pro  lfm.  erheblich  teurer  geworden  als 
der  Unterwasserkanal. 

Bei  der  Anlage  St.  Maurice-Lausanne  (Taf.  XXVIII,  Fig.  5)  wird  den 
Krafthause  das  Betriebswasser  nach  vollem  Ausbau  durch  drei  Druckrohre  von  je  2,7  m 
Dm.  zugeführt,  und  es  ergab  sich  aus  einem  Kostenvergleich,  dass  die  weitere  Verlänge- 
rung dieser  Druckrohrleitung  stromabwärts  erheblich  teurer  geworden  wäre  als  bei  den 
gegebenen  Höhenverh&ltnissen  des  Terrains  die  Anlegung  des  Unterwasserkanals1). 

Bei  der  Anlage  Hagneck  (Taf.  XXXII,  Fig.  2)  wurde  die  Stelle  für  das  Kraft- 
haus mit  Rücksicht  auf  das  Längennivellement  des  Terrains  gewählt,  welches  sich  bald 


i)  Auf  8.  457  rnuss  es  vom  Unterwassokanal  statt  —  «bis  er  die  Jura- Simplen-! 
kreuit*  —  heiseen  „Ms  er  die  Jura-Simplon-Straaee  kreuzt*.    Die  Strasse  ist  hier  durch  eine  Bride 
ht  armiertem  Beton,  System  Hennefciqtie,  überfahrt 


§  «■ 


Kraptbäubkb.    A.  Der  badliche  Teil. 


abwärts  des  Krafthanses  stark  verflacht,  sodass  auch  hier  der  Werkkanal  pro  lfm.  teurer 
geworden  wäre  als  der  Unterwasserkanal.  Dazu  kam  aber  noch,  dasB  man  die  Zngang- 
lichkeit  des  Krafthanses  durch  'die  Verlängerung  der  vorhandenen  Strasse  am  ein- 
fachsten und  billigsten  Q^^j^tt  durch  die  Sperrmanor  im  Sionlenuiae  bei  ClMremont  mit  an- 
erreichen  konnte.  mittelbar  ansebliesMiidem  Kraftbanse. 

In  dem  engen 
schlnchtartigen  Tal  des 
Drac  (Abb.  108,8.498) 
musste  man  eine  sich 
bietende  Verbreiterang 
der  Talsole  (Taf. 
XXXVII,  Fig.  1)  für 
die  Erbauung  des  Kraft- 
baosesderAnlageAvig- 
nonnet  benutzen.  Auch 
war  an  der  gewählten 
Stelle  die  Herstellung 
einer  Brücke  und  der 
Bau  einer  Zufahrte- 
strasse  im  Anschluss 
an  eine  vorhandene 
Chaussee  am  leichtesten 
zu  erreichen.  Man 
konnte  aber  den  Unter- 
wasserkanal nicht  auf 
dem  kürzesten  Wege 
in  den  Drac  fuhren, 
weil  dann  die  Ausmün- 
dimg desselben  in  ein  nach  der  Floasmitte  zu  "konvexes  Ufer  gekommen  wäre  and  man 
die  Versandtang  der  AosmOndang  hätte  befürchten  müssen.    Es  wurde  deshalb  die  Ana- 

mündung  des  Unterwasserkanals  abwärts 

■  ■  n.  ii  i     ,  ,,     ,         ..        Abk.  844.    Gmndrififl  dar  Sperrmauer  im  Siouleflnse 

bis  an  eine  Stelle  verlegt,  wo  die  Ansmim-  mit  Kranbaus. 

dang  an  einer  konkaven  Uferlinie  erfol- 
gen konnte. 

Der  Kostenvergleich  zwischen  einer 
Verlängerung  des  Oberwasserkanals  und 
einer  entsprechenden  Verkürzung  des  Unter- 
wasserkanals ist  für  die  Lage  des  Kraft- 
hanses bei  der  Anlage  Jonage-Cnsset- 
Lyon  zugunsten  des  längeren  Unterwasser- 
kanals ausschlaggebend  gewesen  (Taf. 
XXXVIIL  Fig.  1  nnd  2).  Man  brauchte 
für  den  Damm  auf  der  letzten  Haltung 
des  Oberwasserkanals  den  Einschnittboden  ans  dem  Unterwasserkanal.  Überdies  wäre, 
wie  Fig.  1  zeigt,  durch  Verschiebung  des  Kraftbanses  abwärts  eine  wesentliche  Ver- 
kürzung der  Femleitungskabel  nach  Lyon  gleichfalls  nicht  za  erzielen  gewesen.  Aach 
die  Zagänglichkeit  des  Krafthanses  durch  eine  vorhandene  Strasse  spielte  bei  der  Wahl 
der  Stelle  eine  Bolle. 


986 


HL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheitev. 


Das  Krafthaus  der  Anlage  Champ  (Füre  et  Morge)  (Taf.  XLHI,  Fig.  3)  ist 
mit  einer  Front  an  die  Chaussee  Grenoble-La  Mure   gelegt,   einmal   wegen   der 

besseren     Zuganglichkeit 

Abb.  845  und  846.   Querschnitt  und  Gnmdriss  der  Staumauer  im  Patapeco-       j        m.  „  j 

flusa  mit  eingebautem  MasekinensaaL  md  «weiten«,  um  aus  dem 

Überschwemmungsgebiet 
des  Drac  herauszukom- 
men. Das  TurbinenwasBer 
wird    durch    einen    mit 

Dämmen     eingefassten 
Unterwasserkanal  in  den 


\£"Zfo^jjjffi  gTjg-,  Drac  zurückgeleitet.  (Abb. 

^^^         ^ "'  123,  S.  539). 

Die  Krafthäuser  der  Anlage  Niagara  Falls  Power 
C  o.  musste  man  in  der  Nabe  des  Einlaufe  anlegen  (Abb.  125, 
S.  546),  weil  es  unmöglich  war,  für  einen  offenen  oder  über- 
wölbten Werkkanal  durch  die  Stadt  Niagara- Falls  (Tal 
XLIV,  Fig.  7)  das  nötige  Terrain  zu  erwerben.  Man  fahrte 
deshalb  das  Betriebswasser  aus  den  Turbinen  in  einem  aus- 
gesprengten Tunnel  unter  die  Stadt  hindurch  in  den  Fluss. 

Beim  Lechwerk-Gersthofen  ergab  es  sich  schon 
aus  Gründen  der  Bodenbewegung  als  vorteilhaft,  den  Unter- 
wasserkanal  4274,6  m  und  den  Oberwasserkanal  nur  2965,3  m 
lang  zu  machen  (Abb.  135,  S.  560).  Auch  wäre  die  Dichtung 
des  Oberwasserkanals,  der  allmählich  in  einem  Damm  zu 
liegen  gekommen  wäre,  bei  der  Durchlässigkeit  des  Bodens 
schwieriger  und  kostspieliger  geworden.  Dazu  kam,  dass  in 
der  Nähe  der  für  das  Krafthaus  gewählten  Stelle  geeignete 
Terrains  für  die  Fabriken,  der  Hauptabnehmerin  des  Kraft- 
werkes, nämlich  der  Farbwerke  Meister,  Lucius,  Brüning 
&  Co.  erworben  werden  konnte,  und  dass  die  Zugänglichkeit 

•  

der  Stelle  durch  Anschlags  an  die  Chaussee  und  an  die  Eisen- 
bahn verhältnismässig  leicht  zu  erzielen  war.  Schliesslich  kam 
in  Betracht,  dass  die  Stadt  Augsburg,  welche  das  Haupt- 
4onsumgebiet  für  den  Kleinverkauf  des  Stromes  bildet,  fiuss- 
aufwärts  liegt  und  dass  bei  einer  Verschiebung  des  Kraft- 
hauses nach  abwärts  die  elektrischen  Fernleitungen  hatten 
verlängert  werden  müssen. 

Bei  Talsperren  kann  es  sich  als  die  einfachste  und 
billigste  Lösung  ergeben,  das  Krafthaus  unmittelbar  an  die 
Luftseite  der  Sperrmauer  zu  verlegen,  wie  es  z.  B.  bei  der 
Sperrmauer  am  Siouleflusse  im  Departement  Puy  de 
Dome  zu  Queille  bei  Clairemont  geschehen  ist  (Abb.  217, 
S.  734,  umstehend  wiederholt*)  und  Abb.  344). 

In  ähnlicher  Weise  liegt  das  Krafthaus  beim  Wasser- 
kraft-Elektrizitätswerk am  Catawba  River  in  der  Nähe 


t)  B.De  laBrosse,  Las  Installation* Hydro-Älectriqi 
la  Region  des  Alpes  8.  89. 


§  6.  KrafthIuser.    A.  Der  bauliche  Teil.  967 

von  Rockhill  Süd-Karx>lina  «(S.  609,  ad  45)  und  das  Kraftbaas  der  Atlanta 
Water  and  Electric  Power  Company  an  den  Morganfällen  (Abb.  355,  S.  1101). 

Bei  der  Wasserkraftanlage  am  Patapsco-Fluss  bei  Ilchester*)  etwa  25  km 
südlich  von  Baltimore  ist  sogar  das  Krafthaus  direkt  in  den  Staudamm  hineingelegt 
(Abb.  845  und  346).  Es  handelt  sich  hier  allerdings  nur  um  kleine  Einheiten  von 
300  KW.  Der  Staudamm  ist  zwischen  den  Ufern  67  m  lang,  an  der  Sohle  12,2  m  breit 
und  bat  7,27  m  Kronenhöhe  über  der  Flussohle  im  Oberwasser.  Die  Krone  hegt  rd. 
8  m  über  dem  normalen  Unterwasserspiegel.  Das  nutzbare  Gefälle  kann  aber  bei  Hoch- 
wasser dadurch  etwas  grösser  werden  als  die  Differenz  zwischen  Ober-  und  Unterwasser- 
spiegel, dass  man  durch  Ziehen  der  Freilaufschätzen  die  Ejektorwirkung  (S.  988  und 
Abb.  348  u.  349)  des  strömenden  Wassers  mit  benutzt. 

An  beiden  Enden  ist  der  Damm  8,0  m  höher  als  die  Überfallkrone,  um  die  Ufer  gegen  Über- 
schwemmung zu  schätzen  und  um  bequeme  Zuginge  zu  dem  Innern  des  Dammes  zu  schaffen.  Der 
Überlaufrahmen  ist  51,0  m  lang  und  kann  mittelst  Staubohlen  noch  um  0,60  m  erhöht  werden.  Die 
Staukure  reicht  etwa  1,2  km  flussaufwArts  bis  zum  Unterwasser  einer  Baumwollfabrik  mit  Wasserkraft- 
betrieb in  Ilchester.  Der  Dammkörper  besitzt  eine  Decke  aus  Eisenbeton,  welche  auf  19  Streben  aus 
Beton  ruht.  Diese  Decke  ist  an  der  Sohle  0,45  m  dick  und  nimmt  nach  der  Krone  zu  bis  auf  0,25  m 
ab.  Der  Beton  ist  im  Verhältnis  1  Zement,  2  Sand  und  4  Eies  gemischt  und  mit  19  mm  dicken 
gewellten  Eisenstäben,  welche  in  Abständen  von  0,115  m  liegen,  armiert  Die  Streben  stehen  im  Abstand 
yon  je  8,65  m  und  sind  unten  0,61  m  und  oben  0,40  m  dick.  Die  Mischung  des  Betons  für  dieselben 
geschah  im  Verhältnis  von  1  Zement,  3  Sand  und  6  Teile  Kies.  Die  Kanten  der  Strebepfeiler  und  der 
Betondecke  an  den  Einlaufen  des  Turbinenwassers  und  dem  Freigerinne  sind  mit  19  mm  dicken  gewellten 
Eisenstäben,  die  in  Sätzen  von  je  3  zusammengelegt  sind,  verstärkt 

Das  Wasser  flieset  auf  einen  gekrümmten  Abfallrücken  bis  etwa  zur  Hälfte  der  Abfallhohe 
und  stürzt  dann  lotrecht  in  das  Unterwasser  ab,  dessen  felsiger  Untergrund  durch  das  Wasserpolster 
yor  Ausschleifungen  geschützt  ist.  Der  eigentliche  Maschinenraum  im  Damminnern  ist  83,0  m  lang  and 
zwischen  den  Streben  mit  einer  inneren  Wand  und  Decke  abgeschlossen.  Die  Entfernung  dieser  inneren 
Umschliessungswand  yon  der  Aussenwand  der  Sperrmauer  beträgt  überall  mindestens  1,5  m,  sodass 
etwaiges  Sickerwasser  nicht  in  das  Innere  des  Maschinenraumes  dringen  kann,  sondern  in  das  Unter- 
wasser unschädlich  abgeführt  wird.  Auch  in  dem  Teil  der  Sperrmauer,  welcher  z.  Z.  noch  nicht  ausge- 
nutzt ist  und  daher  noch  keine  Doppelwand  enthält,  soll  sich  ausser  am  Boden  kein  Wasser  ansammeln. 
Die  Fenster  der  luftseitigen  lotrechten  Wand  des  Maschinenraumes  liegen  unter  dem  Wasserfall  und 
lassen  für  gewöhnlich  ausreichendes  Tageslicht  in  den  Maschinenraum  ein.  Nur  wenn  das  Flusswasser 
infolge  von  starken  Niederschlägen  getrübt  ist,  muss  man  auch  bei  Tage  künstliches  Licht  anwenden. 

Der  Maschinenflur  ruht  auf  den  nach  unten  pfeilerartig  verbreiterten  Streben  und  besteht  eben- 
falls aus  Eisenbeton.  An  den  Stellen,  wo  die  Maschinen  stehen,  ist  er  mit  Eisenträgern  und  Beton- 
rippen versteift.  Der  88,0  m  lange  Maschinenraum  ist  8,0  m  hoch  und  an  den  Streben  5,5  m,  im  übrigen 
aber  8,2  m  breit  (Abb.  846).  Vorläufig  sind  2  Lef fei- Turbinen  mit  865  mm  LaafraddnrchmejBser  aufge- 
stellt. Sie  machen  240  UmL/Min.  und  treiben  je  einen  Allis-Chalmers  Drehstrom-Erzeuger  von  300  KW 
bei  11000  Volt  und  60  Per./Sek.  an.  Die  Erregermaschinen  werden  mit  Riemen  von  der  Dynamowelle 
angetrieben.  Baum  für  einen  dritten  Maschinensatz  ist  noch  vorhanden.  Die  Zuführung  des  Betriebs- 
wassers erfolgt  durch  je  ein  eisernes  Bohr  von  1,0  m  Dm.,  dessen  Mündung  2,0  m  unterhalb  der 
Dammkrone  liegt  und  mit  einem  Rechen  abgedeckt  ist  Eine  Verstopfung  dieses  Rechens  ist  nicht  zu 
befürchten,  da  Schwimmkörper  nicht  an  ihn  herankommen.  Neben  dem  Maschinenraum  sind  zwei  Frei- 
gerinne angelegt  Die  unter  dem  Maschinenflur  befindlichen  Turbinenkanäle  führen  offen  ins  Unter- 
wasser.   Erwähnt  sei  noch,  dass  an  einem  Ende  des  Dammes  ein  hölzerner  Fischpass  angelegt  ist 

Der  Maschinenraum  ist  für  die  drei  kleinen  Einheiten  sehr  geräumig,  es  ist  aber 
wahrscheinlich,  dass  man  mit  reichlichem  Niederschlagwasser  an  den  Wänden  und 
Decken  zu  kämpfen  haben  wird.  Immerhin  zeigt  diese  Lösung  die  ausser- 
ordentliche Frische  und  UnTOreingenommenheit,  mit  welcher  man  in 
Amerika  an  dergleichen  Aufgaben  herantritt.  Wenn  in  Deutschland  die 
Ausnützung   auch   der  kleineren  Wasserkräfte  durch   Talsperren   den 


•)  Zeitsdlr.  d.  Ter.  deutscher  Ing.  1907.  R  1640.  Electrica!  World.  8.  August  1906.  S.  207. 


988 


IIL    Theodor  Kork*.    Ausbau  vom  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


wünschenswerten  Umfang  annehmen  soll,  so  wird  man  anch  hier  zu 
neuen  und  billigen  Konstruktionen  übergehen  müssen,  damit  der  wirt- 
schaftliche Nutzen   in  das  richtige  Verhältnis   zum   aufzuwendenden 

Baukapital     gebracht 

Abb.  847a  und  b.    Schematiche  Darstellung  eines  Krafthaoßes  im        wird  (vergl.  S.  712). 

Wehrpfeiler  und  am  Ufer.  D        Vorschlag       bei 

Anordnung  b  wird  na«h  Ansieht  de«  V«r£ua«»  in  den  meisten  Flllen  den  Vor-  wawiM«^,       ^«» 

sog  vor  der  Anordnung  naeh  a  verdienen.  Ausnützung    einer  Staustufe 

in  kanalisierten  Flüssen  das 
Krafthaus  direkt  in  das 
Wehr  zu  bauen,  ist  in 
a  Deutschland  schon  häufiger 
und  zwar  nach  Wissen  des 
Verfassers  zuerst  von  Prüs- 
mann  gemacht  (Abb.  347a 
u.  b).  Die  Verwirklichung 
dieses  Vorschlages  wurde 
aber  doch  erhebliche  Nach- 
teile im  Gefolge  haben,  deren 
Berücksichtigung  in  den  mei- 
stenFällen  dazu  führen  durfte, 
das  Erafthaus  lieber  an  das 
Ufer  zu  setzen.  Man  ist  im 
letzteren  Falle  in  der  Er  Wei- 
terungsfähigkeit freier, 
—  ein  Gesichtspunkt  der  oft 

Abb.  848.    Laoenlan  der  Kraftanlage  Chevers  mit  der  neuen  Grundmauer  nebst  Eisabweiser  (vergL 

S.  447)  zur  Abhaltung  des  Kieses  und  Eises  vom  Oberwasserkanal  und  den  neuen  Schützen  zur  Ausnutzung 

der  ijjektorwirkjing  (vergl.  Taf  XXVII,  Fig.  1)  in  der  Mauer  zwischen  Unterwasserkanal  und  Rhone. 


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§  6.  KbatthIusbr.     A.  Der  bauliche  Tun..  989 

gewiss  von  grosser  "Wichtigkeit  ist,  —  kann  also  das  Krafthans  je  nach  dem  Wachsen  des 
Kraftbedarfes  stückweise  errichten.  Die  Anlegung  der  Baugrube  und  besonders  die  Wasser- 
haitang und  der  Materialtransport  Werden  am  Ufer  bequemer  und  billiger.  Man  hat  nicht 
nötig,  das  Krafthans  durch  eine  Brücke  zugänglich  zu  machen.  Schliesslich  ist  es  grund- 
sätzlich vorzuziehen,  im  Hinblick  auf  das  in  der  Gegenwart  unübersehbare  Bedürfnis  der 
Zukunft  möglichst  wenig  feste  Einbauten  im  Flusse  selber  zu  errichten.  Die  Hehrkosten 
eines  kurzen  Einlauf beckens  (Abb.  347  b)  dürften  demgegenüber  nicht  ins  Gewicht  fallen. 

Neuerdings  sind  die  Resultate  von  Versuchen  veröffentlicht,  welche  q.  a.  bei  der 
Kraftanlage  von  Chövres  gemacht  wurden,  um  festzustellen,  welches  Mehrgefälle  sich 
bei  höheren  Wasserständen  durch  Benatzung  der  Ejektorwirkang  des  aus  den  Schützen- 
öffnungen fliessenden  Freiwassers  erzielen  laset  (Abb.  848). 

Man  hat  zu  diesem  Zwecke,  da  man  eine  Turbine  nicht  einbauen  konnte,  in  die  Öffnung  Nr.  4  bei 
A  anter  Benutzung  der  Dammbalhenschl ha»  eine  eiserne  Hüfstchfitse  mit  nachbaachahnlichein  Querschnitt 
eingebaut  und  in  dieser  Schütze  eine  regulierbare  DurehflnesOffnung  D  angelegt,  durch  welche  die  grSeate 
Verbraachswassermenge  einer  Turbine  hindurch flieeaen  konnte.  Auf  diene  Weise  wurden  die  Yerhllt- 
nisee  möglichst  ähnlich  gestaltet,  wie  sie  beim  Einbau  einer  Turbine  vorhanden  gewesen  wlren.  Es 
sind  dann  die  WebrOffnnngen  S  und  5  an  drei  Tagen  stundenweise  geöffnet  und  sorgfältigst  die  Wasser- 
stande bei  A  und  ß  (Abb.  348)  gemessen.  Das  Resultat  ist 
in  der  umstehenden  Zahlentafel  wiedergegeben.  Abb,  849.     Schema  eines  in  die  Wehr- 

Hieraus  ersieht  man,  dass  günstigstenfalls  ein    C^AusS?-1**? EeHo^k^Mldes 
Gewinn  an  Gefalle  und  an  Leistung  von  37,9°/o  erzielt      durch  die  Wenrsffhnngen  Messenden 
worden  ist.   Um  Bich  die  VersuchsreBultate  wenigstens  Wassers, 

zum  Teil  zunutze  zu  machen,  hat  man  bei  Chevres 
nachträglich  in  die  Trennmauer  zwischen  Rhone  und 
Unterwasserkanal  Schützen  eingebaut  (Abb.  348). 

Ähnliche  Versuche  sind  in  Vessy  an  der 
Arve  am  26.  August  1905  gemacht  worden*). 

Auf  Grund  dieser  Versuche  iet  ebenfalls  der 
Vorschlag  gemacht,  die  Turbinenanlage  direkt  in  die 
Wehrpfeiler  einzubauen  (Abb.  349).  In  Chevres 
z.  B.  würde  eine  derartige  Anordnung  kaum  emp- 
fehlenswert gewesen  sein,  weil  ohne  sehr  erhebliche 
Verlängerung  der  Wehrachse  die  Turbinen  nicht 
in  den  Pfeilern  hätten  untergebracht  werden  können, 
da  man  mit  den  lichten  Weiten  zwischen  den  Wehr- 
Öffnungen  wegen  der  Abführung  des  Hochwassers 
doch  an   bestimmte   Masse   gebunden   war  (S.  443). 

Im  allgemeinen  sind  gegen  den  Einbau  der  Turbinen  in  die  Wehrpfeiler  selbst  die- 
selben Gründe  anzuführen,  welche  weiter  oben  schon  erwähnt  wurden.  Auch  dürften 
die  Anlagekosten  bei  einem  Krafthause  am  Ufer  kleiner  werden.  Verfasser  halt  es 
deshalb  für  zweckmässiger,  den  Mehrgewinn  an  Kraft  bei  Hochwasser  durch  Auf- 
stellung von  mehr  Einheiten  zu  erzielen,  als  durch  den  Einbau  der  Turbinen 
in  die  Wehrpfeiler  und  durch  die  so  erreichbare  unmittelbare  Ausnutzung  der 
Ejektorwirkang. 

Über  den  Raumbedarf  für  Krafthäuser  wird  in  den  nächsten  Abschnitten 
gesprochen  werden,  sodass  auch  dieser  Gesichtspunkt  bei  Auswahl  der  Stelle  für  das 
Krafthaas  berücksichtigt  werden  kann.  Es  sei  auch  auf  Kap.  m  §  5  (S.  954  n.  ff.)  verwiesen, 

*)  H.  E.  Grüner,  Basel,  Die  Ausnutzung  des  Hochwassers  bei  Wasserkraftanlagen.  Zeitschr. 
d.  Ver.  deutscher  lag.  1906.  S.  1821,  wo  auch  Ober  die  Versuche  in  Chevres  berichtet  ist 


990 


III.    Theodor  Koehk.    Ausbau  voh  WabbkrkbAttbx.    Eixzklhbiten. 


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§  6.  KbafthIubeb.    A.  Der  bauliche  Teil.  991 

wo  eine  Näherungsmethode  zur  überschläglichen  Berechnung  des  Raumbedarfs  aus  dem 
Vergleich  mit  ausgeführten  Anlagen  angegeben  ist. 

Abgesehen  von  den  oben  besprochenen  Sonderfällen  des  Einbaus  des  Krafthauses 
in  das  Wehr  ist  der  volle  Ausbau  des  Krafthauses  gleich  in  der  ersten  Ausfuhrung  auch 
im  übrigen  nur  dann  als  wirtschaftlich  beste  Lösung  anzusehen,  wenn  die  volle  Aus- 
nützung  der  zur  Verfügung  stehenden  Wasserkraft  in  so  kurzer  Zeit  nach  der  Betriebs- 
eröffnung zu  erwarten  steht,  dass  die  Zins-  und  Tilgungsersparnisse  gegenüber  den  Mehr- 
kosten bei  Ausführung  eines  zweiten  und  dritten  Ausbaus  des  Krafthauses  verschwindend 
sind.  Man  wird  deshalb  nicht  selten  auf  die  Erweiterungsfähigkeit  der  Anlage 
bei  Auswahl  der  Stelle  für  das  Krafthaus  entsprechend  Rücksicht  zu 
nehmen  haben. 

Wichtig  ist  natürlich  auch  die  Beschaffenheit  des  Baugrundes.  Bei  felsigem,  gut 
lagerhaften  Untergrunde  in  erreichbarer  Tiefe  kann  man  u.  U.  das  Krafthaus  auf  einzelnen 
Pfeilern  fundieren.  Dass  man  ein  Krafthaus  wie  bei  dem  Wasserkraft-Elektrizitätswerk 
Stockfors  Traesliberi  (Holzschleiferei)  in  Kotka  (Finnland)  ganz  auf  schmiedeeiserne 
Säulen  stellt  (S.  608  ad  39),  gehört  immerhin  zu  den  Ausnahmen. 

Bei  weniger  tragfähigem  Untergrunde  wird  man  bestrebt  sein,  sofern  es  sich  um 
grössere  Einheiten  handelt,  das  ganze  Krafthaus  auf  einer  zusammenhängenden  Platte 
zu  gründen,  einmal  um  Sackungen  einzelner  Maschinen-Fundamentpfeiler  zu  vermeiden 
und  dann,  um  die  Schwingungen,  welche  durch  den  Gang  der  Maschinen  erzeugt  werden, 
möglichst  zu  verringern.  Zur  Erzielung  einer  möglichst  gleichmässigen  Verteilung  der 
Drücke  auf  die  Betonplatte  legt  man,  namentlich  bei  Bodenarten  von  geringerer  Trag- 
fähigkeit, in  die  Betonplatte  eiserne  Träger  ein,  wie  es  z.  B.  beim  Krafthause  Les 
C16es-Yverdon,  welches  auf  weichem  Mergel  zu  fundieren  war  (S.  405),  und  heim 
Krafthause  Wangen  (S.  432  und  Taf.  XXTTT,  Fig.  2)  geschehen  ist. 

Einige  weitere  Angaben  über  Rücksichten  bei  Fundierung  werden  noch  in  den 
Abschnitten  2 — 5  folgen. 

Dass  das  Krafthaus  gut  zugänglich  sein  muss,  ist  oben  bei  Erwähnung  ein- 
zelner Beispiele  schon  hervorgehoben.  Man  muss  in  der  Lage  sein,  die  schwereren 
Maschinenteile  beim  Bau  ohne  allzu  grosse  Kosten  unter  den  Kran  bringen  zu  können6), 
und  es  ist  auch  für  den  Betrieb  von  Wichtigkeit,  dass  man  zu  Wagen  oder  zu  Rad 
bequem  an  die  Kraftstation  heran  kann,  weil  meist  der  Aufsicht  führende  Ingenieur  in 
der  Nähe  des  Krafthauses  wohnen  muss  und  behufs  Ersparnis  von  Betriebskosten  hier 
auch  am  einfachsten  und  billigsten  die  Verwaltung  der  Beserveteile  für  die  Fernleitungen 
und  unter  Umständen  auch  für  die  Anschlüsse  Btc.  untergebracht  werden. 

b)  Die  Höhe  des  Maschinenflurs.  Man  wird  den  Maschinenflur,  wenn  irgend 
möglich,  soweit  über  Hochwasser  legen,  dass  die  elektrischen  Maschinen  hochwasserfrei 
bleiben.  Allerdings  ist  man  in  dieser  Beziehung  bei  Verwendung  liegender  Turbinen  an 
die  höchst  zulässige  Saughöhe  von  6,5  bis  7,0  m  gebunden.  Soll  der  Maschinenflur  unter 
dem  Spiegel  des  höchsten  Unterwassers  liegen,  so  muss  man  die  Wände  und  den  Fuss- 
boden  des  Maschinensaals  wasserdicht  anlegen.  Ein  Beispiel  bietet  die  auf  S.  1010 
besprochene  und  in  Abb.  354,  dargestellte  Anlage  der  Manchester  Traction, 
Light  and  Power  Co.  Auch  die  Bäume  unter  dem  Maschinenflur,  soweit  sie  für  die  Be- 
dienung der  Maschinen  zugänglich  zu  halten  sind,  sind  gegen  das  Eindringen  von  Hoch- 


*)  Bei  der  Anlage  Hagneck  (Tal  XXXII,  Fig.  1  und  2)  kann  man  die  schweren  Maschinen- 
teile auch  per  Kahn  an  das  Krafthans  heranbringen  und  durch  einen  Kran  auf  die  Höhe  des  Maschinen- 
flurs heben  (S.  477). 


992         III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  vom  Wasserkräften.    Edtzelhkitbn. 

wasser  zu  schützen.  Liegen  die  seitlichen  Lichtgebungsoffnungen  unter  dem  höchsten 
Hochwasser,  so  müssen  sie  mit  Fenstern,  welche  ähnlich  denjenigen  Ton  Schiffskajüten 
wasserdicht  abgeschlossen  werden  können,  versehen  sein.  Derartige  Fenster  sind  z.  B. 
für  die  Unterflurräuihe  der  Anlage  Morbegno  verwendet.  Zweckmassig  ist  es,  für  das 
Sickerwasser  Sammelkanäle  und  einen  Pnmpensnmpf  anzulegen,  ans  denen  das  Wasaer 
durch  Pumpen  entfernt  werden  kann.  Als  Beispiel  sei  auf  das  Krafthaus  der  Anlage 
Kykkelsrud  (Taf.  XXXIV,  Fig.  8  und  S.  490)  verwiesen. 

c)  Die  Lichtgebung  durch  Tageslicht  Ein  Haupterfordernis  eines  guten 
Krafthauses  ist  eine  reichliche  Tagesbeleuchtung. 

Bei  einreihiger  Aufstellung  der  Gruppen  ist  reichliches  Seitenlicht  und  Vermei- 
dung von  Oberlicht  am  meisten  zu  empfehlen  und  zwar  stellt  man  immer  die  elektrischen 
Maschinen,  welche  die  sorgfältigste  Bedienung  erfordern,  der  Lichtquelle  am  nächsten, 
wie  es  z.  B.  bei  der  Anlage  Vizzola  (Taf.  II,  Fig.  2  und  Abb.  48,  S.  351)  geschehen  ist. 

Als  feinere  Beispiele  seien  genaont: 

1.  Das  Krafthans  Turbigo,  Taf.  VI,  Fig.  8,  9.  Chevres,  Taf.  XXVÜI,  Kg.  1/2  ».  5 
Taf.  VII,  Fig.  1  u.  2,  und  Abb.  86,  8.  449, 

2.  das  Kraftbaas  Pont  8  t.  Martin,  Taf.  XIV,  10.  La    Dernier-Vallorbe,    Taf.    XXXI. 
Fig.  5  u.  8  und  Taf.  XV,  Fig.  1  u.  2,  Fig.  1-5, 

8.  das  Krafthans  Morbegno,    Taf.  XVII,  11.  Hagneck,  Taf.  XXXII,  Fig.  6  und  Taf 


Fig.  7  und  Abb.  61,  8.  895,  XXXIII,  Fig.  1—5, 

4.  das   Krafthans    Les   CUes-Yverdon,  12.  Kykkelsrud,  Taf.  XXXIV,  fig.  7  m.  & 
Taf.  XIX,  Fig.  4  u.  6  und  Abb.  66,  8.  405,  18.  Avignonnet,  Abb.  107,  8.  504, 

5.  Kabelwerk,  Taf   XXI,  Fig.  8,  4  u.  5  14.  Champ    (Füre   et   Morge),    Tal    XLfflt 
und  Abb.  78,  8.  415  and  Abb.  74,  8.  416,  Fig.  1—8, 

6.  Wangen,  Taf.  XXIII,  Fig.  1—5,  15.  Gersthof en,  Taf.  XLV,  Fig.  4  u.  5  nd 

7.  Beznau,  Taf.  XXIV,  Fig.  1-4,  Abb.  143,  8.  572. 

8.  Kanderwerk,    Taf.  XXV,    Fig.  4   and 
Taf.  XXVI,  Fig.  5. 

Der  besseren  Lichtwirkung  wegen  wird  man  der  Deckenkonstruktion  einen  mög- 
lichst hellen  Anstrich  geben. 

Öffnet  man  bei  einreihiger  Aufstellung  auch  noch  die  Wandflächen  oberhalb  des 
Laufkranes  durch  Fenster,  so  wird  man  in  den  meisten  Fällen  durch  Seitenlicht  ohne 
Oberlicht  eine  ausreichende  Beleuchtung  erzielen  können.  Diese  hochliegenden  Fenster 
begünstigen  eine  wirksame  Lüftung,  wenn  durch  Öffnung  der  Türen  und  durch  in  Höhe 
des  Fussbodens  liegende  Zuluftkanäle  für  den  Eintritt  kühlerer  Aussenluft  und  für  den 
erforderlichen  Höhenunterschied  zwischen  Eintritt  und  Austritt  der  Luft  gesorgt  wird 
(S.  998  u.  ff). 

Wenn,  wie  es  bei  Verwendung  von  liegenden  Schachtturbinen  und  bei  Einmündung 
der  Druckrohre  von  oben  in  die  Turbinen  (S.  943)  der  Fall  ist,  nur  die  eine  Lingswand 
für  die  Hauptlichtgebung  in  Frage  kommt,  ist  es  zweckmässig,  diese  Wand,  wenn  möglich 
nach  Norden  zu  legen  und  zwar  einmal  wegen  der  besseren  Lichtgebung  und  zweitens  zur 
Vermeidung  einer  zu  starken  Erwärmung  des  Innenraumes  im  Sommer. 

Werden  beide  Längsfronten  mit  grossen  Seitenfenstern  versehen,  so  empfiehlt  es 
.sieb,  die  Fenster  an  der  Sonnenseite  mit  einfachen  Holzladen  auszurüsten. 

Auch  zweireihige  Anlagen  sind  häufiger  ohne  Oberlicht  ausgeführt,  wie  z.  B.  die 
Krafthäuser  Funghera  (Taf.  X,  Fig.  11  und  12)  und  Jajce  (Taf.  XXXVI,  Fig.  1—4). 
Im  letzteren  Falle  wurde  eine  dreischiffige  Anlage  und  ein  eisernes  Gerüst  mit  Beton- 
ausfüllung mit  Bücksicht  auf  die  Erdbebengefahr  gewählt.  Man  konnte  hier  durch  die 
oberen  Seitenlichter  des  Mittelbaues  vollkommen  genügendes  Licht  einführen. 


§  6.  KrafthIusek.    A.  Dkr  bauliche  Teil.  993 

Bei  den  Anlagen  Jonage  Gusset-Lyon  (Taf.  XL,  Fig.  2  bis  4  und  Abb.  115, 
S.  520),  sowie  bei  Rheinfelden  (Taf.  XLVII,  Fig.  3,  5  und  6  und  Abb.  147,  S.  581) 
wurde  trotz  einreihiger  Aufstellung  der  Maschinensätze  ausser  Seitenlicht  dennoch  Ober- 
licht verwendet.  So  gut  die  Lichtgebung  durch  das  Oberlicht  zweiffellos  auch  wird,  es 
begünstigt  doch  im  Winter  stark  die  Abkühlung  und  im  Sommer  trägt  es  mehr  zur 
Erwärmung  des  Raumes  als  zu  seiner  Lüftung  bei.  Selbstverständlich  ist  sorgfältigst  darauf 
zu  achten,  dass  sich  keine  Tropfstellen  über  den  elektrischen  Maschinen  bilden  können. 

Eine  doppelreihige  Anlage  mit -Seiten-  und  Oberlicht  zeigt  das  Krafthaus 
der  Urfttalsperre  (Taf.  XLVHI,  Fig.  8—10).  Hier  ist  das  im  First  angelegte  Ober- 
licht so  kurz,  dass  eine  Tropfgefahr  für  die  elektrischen  Maschinen  nicht  besteht 

Die  künstliche  Beleuchtung  der  Krafthäuser  wird  im  Teil  B  dieses  §  besprochen. 

d)  Wände  und  Fussboden.  Die  Wände  und  der  Fussboden  sind  zur 
Vermeidung  von  Staub  möglichst  glatt  und  abwaschbar  zu  machen.  Bei 
einigen  Anlagen  ist  in  dieser  Beziehung  ein  gewisser  Luxus  getrieben,  indem  z.  B.  die  Seiten- 
wände bis  1,5 — 2  m  hoch  mit  glasierten  Kacheln  oder  Stuccolustro  (falscher  Marmor)  be- 
kleidet wurden.  Die  bezüglichen  Mehrkosten  spielen  im  Vergleich  zu  den  Gesamtanlage- 
kosten keine  erhebliche  Rolle  und  da  derart  hergestellte  Wände  immerhin  in  bezug  auf  pein- 
lichste Sauberkeit  erziehlich  wirken,  so  kann  ein  solcher  Luxus  u.  U.  wohl  als  gerecht- 
fertigt angesehen  werden.  Ein  solider  Glattputz  mit  Ölanstrich,  welcher  abwaschbar 
ist,  genügt  aber  auch  vollkommen. 

Der  Fussboden  wird  vielfach  aus  Terrazzomosaik  hergestellt  oder  mit  sauberen 
Fliesen  oder  mit  Holzdielen  (wie  der  Flur  über  den  Turbinenkammern  bei  Chevres 
Taf.  XXVm,  Fig.  3)  belegt.  Zur  Isolierung  gegen  Erde  legt  man  zweckmässigerweise 
um  die  elektrischen  Maschinen  herum  entweder  einen  sauberen  Holzfussboden  oder  besser 
einen  Belag  aus  bestem,  dicken  Linoleum  und  zwar  bündig  mit  der  übrigen  Flur- 
ebene,  um  ein  Stolpern  der  Wärter  zu  vermeiden. 

Um  im  Winter  die  Kälte  und  im  Sommer  die  Wärme  abzuhalten,  empfiehlt  es 
sich  die  Mauerstärken  der  Wände  nicht  zu  knapp  zu  wählen,  sie  aus  wärmeisolierendem 
Material  herzustellen  und  wenn  angängig  Luftschichten  einzulegen. 

e)  Der  Laufkran  und  die  Höhe  des  Maschinensaales.  Jeder  Maschinen- 
saal muss  mit  einem  Laufkran  versehen  sein,  damit  etwaige  Reparaturen  leicht  und 
schnell  ausgeführt  werden  können.  Die  nachstehende  Tabelle  I  gibt  eine  Übersicht  über 
die  Tragfähigkeit  der  verwendeten  Kräne  bei  einigen  Anlagen,  über  die  Höhe  der  Kran- 
bahn über  Maschinenflur  und  über  die  Gesamthöhe  des  Maschinensaales  bis  zur  Dach- 
binder-Unterkante. Über  die  Raumbedürfhisse  wird,  wie  schon  erwähnt,  in  den  folgen- 
den Abschnitten  noch  einiges  mitgeteilt  werden,  allgemein  gilt  aber,  dass  bei  einreihiger 
Aufstellung  zwischen  den  äussersten  Vorsprüngen  der  Maschinen  und  mindestens  einer 
Längswand  noch  soviel  Platz  vorhanden  sein  muss,  dass  man  daselbst  die  grössten 
Maschinenteile  bequem  absetzen  kann.  Bei  zweireihiger  Aufstellung  kann  dieser  Platz 
im  Mittelweg  gewonnen  werden. 

e)  Heizung.  Obwohl  im  vollen  Betriebe  die  Wärmeentwickelung  der  elektrischen 
Maschinen  (S.  995)  stark  genug  ist,  um  den  Maschinensaal  ausreichend  zu  erwärmen,  ist 
es  doch  zweckmässig,  an  ein  bis  zwei  Stellen  Rauchrohre  einzubauen  und  über  Dach 
zu  fuhren,  um  nötigenfalls  durch  eiserne  Regulieröfen  den  Maschinensaal  heizen  zu 
können.  Die  Kosten  hierfür  sind  gering.  Meistens  ist  bei  der  Betriebseröffnung  der 
Kraftbedarf  noch  nicht  so  gross,  dass  ein  stärkerer  und  fortlaufender  Betrieb  stattzu- 
finden hat  und  dann  kann  der  Aufenthalt  in  dem  kalten  Maschinensaal  für  das  Personal 
gesundheitsschädlich  sein  und  eine  Beheizung  direkt  notwendig  werden. 

Handbuch  der  Iag.-WiM«ii»eh.    DI.  Teil.    18.  Bd.  $8 


III.     Theodob  Kokhb.     Ausbau  i 


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§  6.  Krafthäuser.    A.  Der  badliche  Teil.  995 


f)  Lüftung.  Auf  eine  ausreichende  Lüftung  muss,  namentlich  in  wärmeren 
Gegenden,  unbedingt  Bedacht  genommen  werden,  weil  die  Wärmeentwickelung  der 
Maschinen  so  gross  werden  kann,  dass  der  Aufenthalt  in  dem  Maschinensaal  gesundheits- 
nachteilig wird.  Abgesehen  davon  leiden  aber  auch  die  elektrischen  Maschinen  bei  zu 
grosser  Innentemperatur  des  Maschinensaales.  Infolge  der  unvermeidlichen  Erwärmung  der 
Maschinenwickelung  während  des  Betriebes  über  die  Höhe  der  Raumtemperatur  hinaus  sind 
Betriebsstörungen  zu  befürchten,  wenn  letztere  zu  hoch  wird.  Jedenfalls  wird  die  Wick- 
lung ein  und  derselben  Maschine  viel  später  der  Erneuerung  bedürfen,  wenn  die  Baum- 
temperatur in  massigen  Grenzen  gehalten  wird  und  bei  sachgemässer  Anlage  der  Lüftung 
werden  sich  die  aufgewendeten  Kosten  als  wirtschaftlich  vorteilhafte  Ausgabe  erweisen. 
Der  Gesichtspunkt  einer  ordentlichen  Lüftung  des  Maschinensaales 
und  der  Transformatorenräume  ist  bei  ausgeführten  Krafthäusern 
bisher  in  den  meisten  Fällen  noch  nicht  in  genügender  Weise  berück- 
sichtigt, obwohl  die  aus  dem  Mangel  der  Lüftung  entstehenden  Übel- 
stände von  den  Elektrotechnikern  längst  erkannt  wurden.  Es  mögen 
daher  im  nachfolgenden  einige  Anhaltspunkte  gegeben  werden,  wonach  der  projektierende 
Bauingenieur  die  generellen  Anordnungen  für  die  Lüftung  treffen  kann.  Diese  Anord- 
nungen werden  den  Kostenanschlag,  wenn  von  vornherein  vorgesehen,  nicht  nennenswert 
belasten,  sind  aber  nachträglich  entweder  überhaupt  nicht,  oder  nur  mit  grossen  Kosten 
und  unter  unliebsamen  Störungen  des  Betriebes  einzubauen.  Für  die  endgültigen  Einzel- 
heiten des  Projektes  der  Lüftungsanlage  wird  sich  der  entwerfende  Bauingenieur  bei 
grösseren  Krafthäusern  zweckmässig  mit  einer  Spezialfirma  in  Verbindung  zu  setzen  haben. 

Man  darf  annehmen,  dass  der  gesamte  Energieverlust  in  einer  elektrischen 
Maschine  oder  einem  Transformator  sich  in  Wärme  umsetzt  und  dem  Betriebsraum  zu- 
strömt. Bezeichnen:  A  die  Leistung  der  Maschinen,  bezw.  der  Transformatoren,  in  KW, 
rf  die  Prozentzahl  des  wirtschaftlichen  Wirkungsgrades  (vergl.  die  Zahlentafeln  S.  334 
u.  1040),  W  die  in  einer  Stunde  erzeugte  Wärmemenge  in  W.E.  (kg/Kalorien),  dann  gilt 
genau  genug :  W  =  8,6 .  A .  (100  —  rf)  in  WJE. «)  (1) 

Wird  durch  einen  Widerstand  die  Spannung  von  E  auf  E^  Volt  verringert 
und  beträgt  die  Stromstärke  J  Ampere,  so  strömen  dem  Betriebsraum  aus  dem  Wider- 
stände stündlich 

W  =  0,860  J  (E  —  EJ  in  W.E.  (2) 

zu.    Wenn  man  die  Stärke  des  Widerstandes  durch  R  in  Ohm  ausdrückt  und  die  Strom- 
stärke wieder  durch  J  in  Ampere,  so  gilt: 

W  =  0,860  R  J*  in  W.E.  (3) 

Selbstverständlich  werden  die  Energieverluste  in  den  Leitungen,  Schaltern,  Kon- 
takten etc.  gleichfalls  in  Wärme  umgesetzt  dem  Betriebsraume  zuströmen,  man  kann 
aber  diese  kleinen  Wärmequellen  vernachlässigen  und  sich  damit  begnügen,  nur  die  in 
den  Maschinen,  Transformatoren  und  Widerständen  liegenden  Hauptwärmequellen  zu 
berücksichtigen. 

Um  die  Temperatur  eines  cbm  Luft  um  1°  zu  erhöhen,  sind  rd.  0,203  W.E.  bei 
unveränderlichem  Rauminhalt  erforderlich7).  Es  findet  aber  bekanntlich  durch  jede 
Wand  eines  umschlossenen  Raumes  fortgesetzt  ein  Wärmeausgleich  statt,  falls  die 
Temperaturen  zu  beiden  Seiten  verschieden  sind.  Die  Grösse  dieses  Wärmeausgleiches 
ist  in  der  Hauptsache  abhängig  von  der  Art  und  Dicke  des  Materials  der  Wände,   des 


«)  Nach  Angaben  der  Siemens-Schuckert-Werke,  Berlin. 

7)  Matte,  Des  Ingenieurs  Taschenbuch.  1905.  Abt  I.  S.  292. 


996  HI.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    EnnsELHErnof. 

Fussboden*,  der  Dachflächen  usw.,  sowie  von  der  Grösse  des  Temperaturunterschiedes 
aussen  und  innen. 

Es  wurde  bereits  oben  (S.  993)  empfohlen,  die  Umfassungswäade  des  Maschinen- 
Saales  und  der  Transformatorenräume  aus  wärmeisolierendem  Material  herzustellen,  und 
es  empfiehlt  sich  weiter  —  namentlich  in  heissen  Klimaten  —  bei  einseitiger  Licht- 
gebung  die  lichtgebende  Hauptfront  nach  der  der  Sonne  abgekehrten  Himmelsrichtung 
zu  legen. 

Zur  rechnungsmässigen  Bestimmung  der  durch  die  Umschliessungsflachen  aus- 
strahlenden Wärme  sind  in  nachstehender  Tafel  Zahlenwerte  für  den  Erfahrungsbeiwert  k 
mitgeteilt,  welcher  angibt,  wieviel  W.E.  stündlich  durch  1  qm  Umfangsfläche 
für  jeden  Grad  Temperaturunterschied  stündlich  durchgehen. 

Zahlentafel  für  Wärmedurehgangswerte  k  (vergL  Hatte  1905.  IL  S.  114). 

1.  Für  volles  Ziegelmauerwerk. 

Starke  der  Mauer  (ohne  Putz)  in  m  =  0,1%  0,25,  0,88,  0,51.  0,64,  0,77,  0,90,  1,03,  1,16, 

k  =  2,40,  1,70,  1,80,  1,10,  0,90,  0,80,  0,65,  0,60,  0,55. 

2.  Ziegelmauerwerk  mit  Luftschicht. 

Mauerstarke  in  m  =  0,24,  0,87,  0,5,  0,68,  0,76,  0,89, 

k  =  l,4,    1,1,    0,9,0,8,    0,7,    0,6, 

8.  Sandstein  und  Kalksteinmauerwerk. 

Mauerstärke  in  m  =  0,80,  0,40,  0,50,  0,60,  0,70,  0,80,  0,90,  1,00,  1,10,  1,20, 

für  Sandstein      k  =  2,20,  1,90,  1,70,  1,65,  1,40,  1,80,  1,20,  1,10,  1,00,  0,95, 

für  Kalkstein      k  =  2,5,    2,2,    2,0,    1,8,    1,7,    1,5,  1,4,    1,8,    1,10,1,05. 

4.  Sandstein  mit  Ziegelstein-Hintermauerung. 

Starke  der  Sandsteinmauer  in  m  =  0,25,  0,25,  0,25,  0,50,  0,50,  0,50,  0,50, 

Starke  der  Ziegel-Hintermauerung  in  m  =  0,88,  0,51,  0,64,  0,12,  0,25,  0,88,  0,50, 

k  =  l,0,    0,9    0,75,1,8,    1,0,    0,85,0,75, 

5.  Stampfbeton. 

Starke  in  m  =  0,05,  0,10,  0,15,  0,20,  0,25,  0,80, 
k  =  8,4,    2,7,    2,8,    2,0,    1,7,    1,5. 

6.  Türen  und  Fenster. 

Türen.  Fenster. 

Fichtenholz  2—8  cm,  4 — 5  cm  dick  Einfaches  Fenster 

k=        2  1,5  k  =  5 

Eichenbolz   2—8  cm    4—5  cm  dick  Doppelfenster 

k=      2,8  2,0  k  =  2,25 

7.  Fussboden  und  Decken. 

a)  Steingewölbe  mit  Fliessenbelag  k=l,66,  d)  Gewölbe  mit  Dielung  als  Fussboden  k= 0,45, 
Steingewölbe  mit  Asphaltguss  k  =  l,58,  als  Decke        k=0,7, 
Steingewölbe  mit  Linoleum  k  =  l,66,  e)  Balken  mit  einfacher  Bretterlage  k  =  lA 

b)  Eichener  Stabfussboden  in  Asphalt  k  =  1,4,  f)  Balkenlage     mit    Windelboden,    Fottuag, 

c)  Massiver  Fussboden    aber   dem    Erdreich  Bohr  und  Putz,  wenn  kalte  Luft  oberhaft 
k  =  1,4,  k  =  0,48, 

wenn  kalte  Luft  unterhalb  k  =  0,22. 

8.  Dächer. 

Teerpappdacb  auf  Schalung  k  =  2,18,  Ziegeldach  k  =  4,85, 

Zinkdach  oder  Kupferdach  wie  vor  k  =  2,17,  Holzzementdach  k  =  1,82, 

Schieferdach  wie  vor  k  =  2,1,  Wellenblechdach  k  =  10,4. 

Um  also  die  Anzahl  n  der  W.E.,  welche  von  innen  nach  ansäen  standlich  aus- 
strömen oder  von  aussen  nach  innen  eintreten  können,  zu  berechnen,  sind  die  Fliehen  F 
in  qm  mit  dem  Beiwert  k  und  dem  Temperaturunterschied  d  in  Celsiusgraden  zu  multipli- 
zieren. Bei  deutschen  Verhältnissen  wird  man  für  die  nachstehenden  Berechnungen 
eine  Temperatur  von  30  °  im  Freien  als  Höchsttemperatur  ansehen  können,  und  es  kann, 


§  6. 


Krafthäuser.    A.  Der  bauliche  Teil. 


997 


da  eine  solche  Temperatur  immerhin  nur  kurze  Zeit  herrschen  wird,  noch  als  statthaft 
erscheinen,  im  Betriebsraum  36°  vorübergehend  zuzulassen.  Es  wäre  daher  die  höchst 
zulässige  Übertemperatur  mit  6°  einzusetzen,  also  die  qm  der  Umschliessungsflächen 
mit  dem  Ausströmungsbeiwert  k  und  mit  6  zu  multiplizieren. 

Aus  diesen  Überlegungen  und  mit  Hilfe  der  angegebenen  Zahlen  lässt  sich  auch 
eine  Übersicht  gewinnen,  inwieweit  es  erforderlich  ist,  eine  anderweitige  künstliche 
Beheizung  der  Maschinenräume  vorzusehen.  Die  Transformatorenräume  bedürfen 
einer  ständigen  Aufsicht  nicht  und  ihre  Beheizung  kommt  deshalb  nicht  in  Frage. 

Wie  sich  die  etwa  erforderliche  Beheizung  verhältnismässig  leicht  und  einfach 
erzielen  lässt,  so  lässt  sich  in  den  meisten  Fällen  auch  die  Abführung  der  durch  die 
Maschinen  erzeugten  W.E.  in  der  heissen  Jahreszeit  durch  verhältnismässig  einfache 
Mittel  erreichen,  wenn  von  vornherein  bei  der  Bauanlage  darauf  Rücksicht  genommen  wird. 

Das  einfachste  und  zweckmässigste  Mittel  zur  Abführung  der  W.E.  aus  Maschinen- 
sälen und  Transformatorenräumen  ist  der  Luftwechsel.  Die  Anbringung  von  wasser- 
führenden Kühlschlangen  oder  Kühlregistern  an  den  Wänden  des  Maschinensaales  oder 
Transformatorenraumes  selbst  würde  zu  starken  Niederschlägen  führen  und  feuchte  Wände 
erzeugen,  was  durchaus  unerwünscht  ist. 

Die  Grösse  des  erforderlichen  Luftwechsels  wird  ausgedrückt  durch  die  Formel 

L  =  owt-h in  cbm/stunden-  w 

Hierin  bedeuten: 
L  den  stündlichen  Bedarf  an  frisch  zu-  oder  abzufahrender  Luft  in  cbm, 
w  die  durch  den  Luftwechsel  stundlich  abzuführenden  W.E.  =  Wf  n, 
t  die  hochstzulässige  Raumtemperatur  in  Celsinsgraden  (in  Kopfhöhe  gemessen), 
ti  die  höchste,  praktisch  in  Rechnung  zu  stellende  Aussentemperatur  in  Celsinsgraden,  be- 
ziehungsweise die  Temperatur  der  Zuluft, 
a  die  Ausdehnungszahl  der  Luft  =  0,003665  =  1 :  273. 

Nachfolgende  Zahlentafel  ergibt  für  eine  Reihe  von  Fällen  die  zu-  oder  abzu- 
führende Luftmenge  L  in  cbm,  für  eine   zu  beseitigende  Wärmemenge  von  100  W.E.  *). 


Tafel  der  stündlich  ah-  oder  zuzuführenden  Luftmeng« 

\  L  in 

cbm  zur  Beseitigung 

einer 

Wärmemenge 

von  100  W.E. 

Temperatur 

Standlich  zu-  oder  abzuführende  Lnftmenge  in  cbm,  wenn  die  zulfi 

ssige  Temperatur  t 

der  Zuluft 

des  Baumes  oder  der  Abluft  beträgt: 

tx  in  C° 

18° 

19°   |   20°   |   21° 

22° 

23° 

24° 

25° 

26° 

27° 

28° 

29°  |   80° 

15 

116 

87 

70 

60 

50 

44 

40 

86 

88 

80 

28 

26 

24 

16 

174 

117 

88 

70 

60 

51 

44 

40 

86 

88 

80 

28 

26 

17 

848 

175 

117 

88 

71 

60 

51 

45 

40 

36 

88 

80 

28 

18 

850 

175 

117 

88 

71 

60 

51 

45 

40 

86 

33 

30 

19 

— 

— 

351 

176 

118 

89 

71 

60 

51 

45 

40 

86 

33 

20 

— 

— 

— 

352 

177 

118 

89 

71 

60 

51 

45 

40 

86 

Bemerkung:  Die  Zahlen  gelten  angenähert  nach  Formel  4  auch  für  andere  Werte  für  tL  und  t, 
wenn  nur  die  Differenz  dieselbe  bleibt. 


Wenn  man  also  z.  B.,  deutsche  Verhältnisse  zugrunde  gelegt,  eine  Aussentempe- 
ratur ^  =  30°  C  annimmt  und  die  höchste  zulässige  Temperatur  im  Maschinensaal  zu 
36°  C,  so  müssten  L  ~0,60 .  w  cbm  Luft  stand  lieh  durch  den  Raum  getrieben  werden. 


»)  Hatte,  Des  Ingenieurs  Taschenbuch.  1905.  Abt.  IL  S.  104  u.  105. 


998 


IIL    Theodor  Kokhk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Eikzelheitek. 


Die  Herbeiführung  des  Luftwechsels  kann  nun  geschehen: 

1.  Durch  Anlagen,  deren  Wirkung  auf  Ausnutzung  der  Tempera- 
turdifferenz (Druckdifferenz)  beruht  und 

2.  durch  mechanische  Lüftungsanlagen,  deren  Wirkung  auf  maschi- 
neller Erzielung  von  Luftüber-  oder  Luftunterdruck  beruht. 

Zu  der  ersten  Art  der  Anlagen  gehören  natürlich  auch  Fenster  und  Türen,  aber 
sie  sind  ron  unzureichender  Wirksamkeit,  weil  die  genügende  Höhe  der  Luftsäule  fehlt. 
Oft  findet  man  an  ein  und  derselben  Seite  zu  Lüftungszwecken  Luftlöcher  a  und  a,  in 
den  Wänden  (Abb.  350)  angebracht.  Diese  Art  von  Lüftung  verfehlt  aber  vollkommen 
ihren  Zweck,  weil  die  Luftströmung  sich  an  der  einen  Wand  entlang  bewegt  und  daher 
zur  Wärmeabfuhrung  aus  dem  Raum  ungenügend  beitragt. 

Die  Geschwindigkeit  der  Luft  in  Kanälen  hängt  ab  von  der  Höhe  h  der  Luft- 
saule, (Höhendifferenz  zwischen  Eintritts-  und  Austrittsmündung),  sowie  von  der  Differenz  d 
der  Temperatur  der  Aussenluft  bezw.  Zuluft  t,  und  der  Temperatur  in  dem  gelüfteten 
Räume  und  in  den  Kanälen  t,  t',  t",  t'"  usw.9). 

In  der  nachstehenden  Zahlentafel  sind  Angaben  für  die  Geschwindigkeiten  v  der 
Luft  in  m/sek.  gemacht  gültig  für  den  kleinsten  freien  Querschnitt  des  Kanals 
bis  zu  Temperaturdifferenzen  (t  —  t,)  von  8°  und  für  Höhen  h,  wie  sie  für  Krafthäuser 
meistens  in  Betracht  kommen. 

Lnftgeschwindigkeit  v  in  m/sek.  für  den  kleinsten  freien  Querschnitt  von  Kanälen. 


Habe  der 
Luftstale 

Temperaturunterschied 

h  in  m 

|       d  =  2° 

d  =  4° 

d  =  6° 

d  =  8°C 

2 

^^^ 

0,3 

0,33 

3 

— 

0,34 

0,2 

0,47 

4 

— 

0.42 

0,51 

0,59 

5 

0,34 

0,49 

0,59 

0,69 

6 

0,39 

0,55 

0,67 

0,77 

7 

0,43 

0,60 

0,73 

0,83 

8 

0,47 

0.65 

0,78 

0,88 

9 

0,50 

0,68 

0,82 

04» 

10 

• 

0,52 

0.72 

0,87 

0,98 

Man  darf  das  Mass  h  nicht  vom  Maschinenflur  ab,  sondern  muss  es  ron  der 
Oberkante  der  Maschinen,  der  Transformatoren  oder  der  Widerstände  ab  rechnen  (TergL 
Abb.  350). 

Ab  kleinster  Querschnitt  des  Kanals  wurde  die  Summe  der  Querschnitte  der  Ein- 
trittsöffhungen  a  bezw.  b  zu  verstehen  sein,  welche  gleich  derjenigen  der  Austritts- 
Öffnungen  a^  bt  bezw.  b,  sein  muss.  Sind  also  die  zuzuführende  Luftmenge  L  und  die 
Differenz  (t  —  tj)  gegeben,  so  kann  man  auf  Grund  der  vorstehenden  Zahlentafel  den 

Querschnitt  q  der  Luftzufuhrungs-  und  Abfuhrungsöffnungen  q  =  —  in  qm  berechnen 

oder  bei  gegebenem  Querschnitt  q  den  erreichbaren  Luftwechsel  L=q .  v  ermitteln.  Um 
von  der  Windrichtung  unabhängig  zu  sein,  ist  es  zweckmässig  zwei  Reihen  gegenüber- 
liegender Öffnungen  a  und  b  und  bj  und  s^  (Abb.  350)  anzulegen.    Auf  der  Windseite  wird 


•)  Bezüglich  der  Formeln  zur  Berechnung  der  Luftgeschwindigkeit  sei  auf  Hatte,  Des  Ingenieurs 
Taschenbuch.  1905.  Abt  IL  8.  109  verwiesen. 


§  ß.  KeafthIüsek.     A.  Der  bauliche  Teil.  999 

dann  stets  die  untere  Öffnung  a  oder  b  für  den  Eintritt  der  Frischluft,  und  für 
Aastritt  der  Luft  auf  der  gegenüberliegenden  Seite  b,  oder  aL  zu  öffnen  sein. 

Um  die  Hohe  h  zu  vergrossem,  kann  man  natürlich  die  Lnftsebächte  über  Dach 
führen,  oder  sofern  z.  B.  für  Wohnzwecke  etwa  höhere  Aufbauten  vorhanden  sind,  an 
oder  in  diesen  Luftschachte  mit  entsprechenden  Querschnitten  anlegen.  Hervorzu- 
heben bleibt,  dasB  bei  allen  derartigen  Anlagen  die  ,  ,  ,  _ 
ci  i__  an  j  m  -  i_t*i  ■■  i-  t  m.  r  Abb.  350.  Schematischei Quer- 
Entnahmestelle  der  Frischluft  möglichst  frei  von  scbnitt  durch  ein  Krafthaus 
Staubbildung  sein  mnss  und  dass  die  Luft  nicht  zu  mitLaftiuigaanlageunterAns 

,  ,.  X      t  -i  »  r       •!•    t    ii  •  „.    utltzuug  der  Druckdifferenz. 

feucht  sein  darf,  weil  sonst  freilich  die  ganze  Luf-  ° 

tungsanlage  unter  Umständen  mehr  schaden  als 
nützen  kann.  Dachreiter  und  hochgelegene  Fenster  können 
nur  dann  eine  wirksame  Lüftung  des  Raumes  in  Maschinenhöhe 
ermöglichen,  wenn  möglichst  nahe  am  Boden  ausreichende  Off- 
nungen für  den  Eintritt  von  Frischluft  vorhanden  sind. 

Für  grössere  Anlagen  wird  man  selten  —  nament- 
lich in  wärmeren  Gegenden  —  mit  Lüftungen,  deren  Wirkung 
nur  auf  Ausnützung  der  Temperaturdifferenz  beruht,  auskommen 
können,  sondern  zu  elektrisch  angetriebenen  Venti- 
latoren zu  greifen  haben.  Derartige  Ventilatoren,  sind  in  der 
Beschaffung    sowohl    wie    im   Betriebe    verhältnismassig   billig. 

Sie  können  dort,  wo,  wie  z.  B.  in  Transformatorenräumen,  keine  Bedienung  vorhanden 
ist,  durch  einen  Temperaturkontakt  in  Betrieb  gesetzt  werden,  sodass  sie  nur  dann 
laufen,  wenn  es  die  anzulässig  gesteigerte  Raumtemperatur  verlangt. 

Es  ist  für  Krafthäuser  am  meisten  zu  empfehlen,  die  Ventilatoren  als  Drücker 
arbeiten  zu  lassen.  Die  vollkommenste  Anlage  entsteht  aber,  wenn  auch  noch  Saug- 
ventilatoren in  den  oberen  Wandflächen  hinzugefügt  werden,  welche  die  Luft  aus 
dem  Maschinenraum  saugen.  Es  ist  wünschenswert  in  dem  Maschinenraum  Überdruck 
zu  haben,  damit  ans  den  Nebenräumen,  z.  B.  aus  dem  Akkumulatorenraum ,  keine 
schlechte  Luft  eintreten  kann  und  damit  die  Wärmeausstrahlung  durch  die  Wände  be- 
fördert wird.  Zu  diesem  Zweck  wird  man  die  Drücker  erheblich  leistungsfähiger  wählen 
als  die  Sauger.  Die  erforderliche  Betriebskraft  eines  Ventilators  ergibt  sich  zu 
0,0000048.  L.h^Q.h' 

s-    ,<i+«y    -75,  mre-  '■ 

Hierin  bedeuten: 

t,  die  Temperatur  der  Zuluft, 

L  die  verlangt«  Luftmenge  in  chm,<  Stunden, 

h  die  Druck  höbe  in  m  Luftsäule, 

i?  den  Wirkungsgrad  des  Ventilators  (j*n.Auniinm(l>^— 0,Wlwiai*nUBAa*4niet,04&b«uni*citen). 

Q  die  Loflmenge  in  cbm'sek., 

h'  die  Drnekhöhe  in  mm  Wassersäule  =  1,293  h.    Wegen  a  siehe  8.  99"/. 
Bei  Berechnung  der  Druckhöhe  h  sind  übrigens  eine  ganze  Reihe  von  Widerständen 
zu  berücksichtigen,  deren  Besprechung  hier  zu  weit  führen  würde.    Es  sei  deshalb  wegen 
der  bezüglichen  Formeln  auf  die  Literaturangabe  in  Fussnote  10  verwiesen. 

Beispiel:  In  dem  Krafthanse  der  Anlage  Vizzola  (Tat.  II,  Fig.  1  u.  2  und  Abb.  47,  48  u.  49, 
S.  350/851)  sind  10  Maschinen  von  zusammen  rd.  14000  KW  Leistung  aufgestellt  Nimmt  man  einen 
Wirkungsgrad  der  Stromerzeuger  von  93°/o  an  und  macht  ferner  die  Annahme,  dass  70V  der  Maschinen 
gleichzeitig  voll  belastet  arbeiten,  so  werden  nach  Formel  (1)  stündlich  14000.  8,6.  (100  —  93)  .  0,7  - 
589960,0  W.E.  erzeugt      Es  soll   hier   die   Annahme   gemacht  werden,   dass   die  Temperatur   im 


m)  Hatte,  Des  Ingenieurs  Taschenbuch.  1903.  Teil  11.  S.  106—111  u.  Teil  I.  S.  1306. 


1000         HL    Thäodok  Kobhh.    Ausbau  vom  WaübkukrIftew.    EmELHEtrax. 


Masehinensaale  nicht  höher  als  die  Aussentemperatur  steigen  darf, 
ein  Wärmeausgleich  dut  durch  den  kahleren  Fusshoaen  und  durch  die  nach  den  Drnckrohren 
Wand  in  einer  Höhe  von  etwa  8,5  m  zu  erwarten.  Nimmt  man  die  Temperatordifferens 
Faasboden  und  dieser  Wand  einerseits  and  dem  Innenraam  andererseits  an  10  Grad  an,  so  wurde,  da 
die  ausgleichenden  Fliehen  rcL  91,20 .  16,7  -f  91,20 . 8,5  «  2398  qm  gross  sind,  wenn  man  den  Anegfeka- 
beiwert  k  zo  1,4  zugrunde  legt,  stündlich  2898.1,4.10  =  38572  WJL  ausstrahlen.  Es  blieben  also 
durch  Luftwechsel  abzufahren:  589960  —  35572  =  554388  W.E.  Hatte  man  hingegen  eine  A 
peratur  von  z.  B.  40°  C  angenommen  und  eine  höchste  Baumtemperatm-  von  86  •,  so  hatte 
554388  W.E.  noch  die  von  aussen  durch  die  von  der  Aussenloft  umspulten  UmfaasungsiUehen  dringen- 
den W.E.  =  K .  4 .  k  -f-  F'4k'  -{-.•..  FB'4k>»'  hinzuaddieren  müssen.  —  Wenn  man  bei  unseren  Annahmen 
in  den  Baum  gegen  die  Aussentemperatur  um  6  Grad  abgekühlte  Luft  einführte,  so  würde  ein 
Luftwechsel  L  nach  Formel  (4)  von  554388 . 0,60  =  rd.  832633  cbm  stündlich  erforderlich  seht.  Es  müastea 
also  sekL  rd.  93  cbm/sek.  oder  rd.  560  cbm/Min.  zugeführt  werden.  Wenn  man  sich  die  10  Druck- 
rohre von  je  2,0  m  Dm.  mit  Betongewölben  umgeben  und  diese  Gewölbe  an  dem 
Schieberhause  einige  Meter  lotrecht  heraufgeführt  und  ihre  entsprechend  erweiterten 
Mündungen  behufs  Abhaltung  von  Staub  und  Ungeziefer  durch  feinmaschige  Siebe 
verschlossen  dächte,  so  würden  diese  Kanüle  sehr  geeignet  für  die  Zuführung 
gekühlter  Luft  sein.  Man  hätte  sich  diese  Kanüle  unter  dem  Maschinenflur  fortgesetzt  und  bis 
an  die  Generatoren  herangefahrt  zu  denken.  Jeder  Generator  selbst  wäre  etwa  mit  einer  auf  dem 
Bande  der  Maschinengrube  stehenden  geschlossenen  Blecbumhflllung  zu  umgeben,  deren  Mündungsöffhumg 
in  Höhe  von  etwa  Maschinenoberkanto ,  also  um  rd.  2,0  m  über  dem  Flur  anzulegen  wäre,  damit  die 
Bedienungsmannschaften  durch  die  austretende  Luft  nicht  belästigt  werden  könnten.  0a  auf  jedes 
dieser  Lüftungsrohre  demnach  9,3  cbm/sek.  entfallen  würden ,  müsste  bei  einer  Austrittsgesehwin 

93 
der  Luft  von  2,5  m/sek.  jede  Austrittsöffnung  eines  Luftschacbtes  am  Generator  ^~  £fi  3,8  qm 

J,o 

sein.    Es  wäre  nun  in  jedem  Luftkanal  unter  dem  Maschinenflur  ein  Druckventilator  für  560  cbm/Min. 

einzubauen,  wofür  etwa  eine  Motorleistung  von  3  PS«  erforderlich  sein  würde")- 

Die  Oberfläche  jedes  Drnckrobres  beträgt  bei  rd.  40  m  ausnutzbarer  Länge  etwa  251  qm  und 
wenn  man  den  Ausstrahlungsbeiwert  k  für  Eisen  zu  10  und  die  Temperaturdifferenz  zwischen  dem 
Betriebswasser  und  der  Luft  an  heissen  Tagen  zu  18°  annimmt,  so  würden  durchschnittlich  durch  jedes 
Bohr  stündlich  251 .  18 .  10  =  45 180  W.E.  an  das  Wasser  abgegeben  werden  können,  also  in  allen 
10  Luftkanälen  451800  W.E. 

Durch  jedes  Bohr  fliessen  7,1  bis  8  cbm/sek.  Wasser,  also  stündlich  25560  bis  28800  cbm, 
welche  also  nur  um  0,00177°  bezw.  0,00157°  C  erwärmt  würden. 

Um  die  oben  als  erforderlich  ermittelte  stündliche  Luftmenge  von  382633  cbm  um  6°  C  abzu- 
kühlen, sind  832633.0,203.6  =  r<L  897470  W.E.  abzuführen,  sodass  also  die  Kühlanlage  ausreichend 
erscheint 

Die  10  Ventilatoren  würden  etwa  5000  Mk.  kosten,  die  Betongewölbe  dürften,  wenn  sie  von 
vornherein  beim  Bau  hergestellt  wären,  etwa  mit  12000  Mk.  zu  veranschlagen  sein«  sodass  die  gsnimte 
Lflftnngseinrichtang  einschliesslich  der  Blechumhüllungen  an  den  Generatoren  etwa  auf  20—25000  Mk. 
zu  stehen  gekommen  wäre. 

Der  nachträgliche  Einbau  der  besprochenen  Lüftungsanlage  würde  dagegen,  soweit  er  unter 
dem  Maachinenflur  zu  liegen  käme,  grosse  Schwierigkeiten  verursachen  und  wenn  überhaupt  anaffihrbar, 
um  ein  vielfaches  teurer  werden. 

Die  Stromkosten  für  den  Ventilatorenantrieb  spielen  bei  Wasserkraftanlagen  selten  eine  erheb- 
liche Bolle;  in  Vizzola  aber  würde  das  noch  um  so  weniger  der  Fall  gewesen  sein,  weil  gerade  hn 
Sommer  wegen  der  Schneeschmelze  im  oberen  Tessin  Wasser  immer  reichlich  vorhanden  in  sein  pflegt 
Jedenfalls  würde  an  der  Erhaltung  der  Maschinen  ganz  erheblich  mehr  gespart  worden  sein,  als 
Kosten  für  Verzinsung,  Tilgung,  Erneuerang  und  Erhaltung  der  Ventilationsanlage  hätten  ausmachen 

Zur  weiteren  Vervollkommnung  der  besprochenen  Anlage  würden  dann  an  den 
beiden  Giebelwänden  noch  je  ein  oder  je  zwei  Saugventilatoren  einzubauen  gewesen  sein. 

Tatsächlich  hat  die  starke  Temperaturerhöhung  in  dem  Maschinenraum  der  An- 
lage Vizzola  dazu  beigetragen,  dass  die  Wicklung  einzelner  Maschinen  bereits  nach 
achtjährigem,  allerdings  sehr  intensivem  Betriebe  einer  Erneuerung  bedarf. 


ii)  Hatte,  Des  Ingeniears  Taschenbuch.  1905.  Aht  I.  S.  1308. 


S  6. 


KrjmthAubeb.     A.  Der  bauliche  Tktl. 


1001 


Noch  wichtiger  »1b  in  europäischen  Ländern  ist  die  Einrichtung  einer  guten  Lüftung 
für  elektrische  Krafth&neer  in  den  tropischen  Gebieten,  wie  z.  B.  für  den  Maschinen- 
Baal  der  Mezican  Light  and  Power  Company  Ltd  an  den  Necaxafällen  —  das 
Krafthaas  liegt  etwa  150  km 

Ton  der  Stadt  Mexiko  ent-     Abh-  ■"-  InM™8  de*  U^$un£?1£l  ""SS*  Li8ht  'nd  PoWM 

Company  Ltd.  an  den  NecsM-FsUen. 
fernt,  —  woTon  die  Abb.  351 
u.  352  eine  Vorstellig  geben. 
In    diesem    Maschinen 
hause   sind    6  Drehatromgenera- 
toren")  von  je  5600  KW- Leis- 
tung aufgestellt   Das  Masehinen- 
haus   ist   von  Fhurhöhe   bis  Bnm 
Dachfirst  19,8  m  hoch,  in  Flur- 
hohe  80,0  m  breit  und  einschl. 
der  Nebenrtume  id.  70,0  m  lang. 
Die    Generatoren     werden    Ton 
stehenden  Peltonturbmen  von  je 
8200  FS.  mit  300  Uml.-Min.'») 
angetrieben.     Da   auf  100  PS«, 
wenn  man  die  Nebenrtume  noch 
hinzurechnet,  etwa  4,85  qm  kom- 
men,  so  ist  wie  der  Vergleich 
mit  den  Angaben  in  Tabelle  IT, 
8.  1012  seigt,  die  Bodenflftche  ver- 
hältnismässig knapp.  Obwohl  das 
Wasser     in    Druck  rohrleitnngen 
zugeführt   wird    und    man   also 
sonst  wohl  liegende  Haschi- 
nen hatte  wählen  müssen, 
entschtoss  man  sich  hier 
doch  an  stehenden  Maschi- 
nen,  weil  wegen  des  vul- 
kanischen  Charakters   der 
Gegend  Erdbeben    in   be- 
furchten sind  und  man  die 
bebaute  Fliehe  deshalb  nach 
Möglichkeit    einschränken 
wollte.      Aus     demselben 
Grunde  hat  man  auch  eine 
Eisen  konsöuktion  mit  Be- 
tonsuafDllung  gewählt  Die 
Anordnung   eines    Daches 
anf  Polonceanbragern  mit 
Dachreiter  ist  wahrschein- 
lich im  Hinblick  auf  die 
bessere    Lüftung    gewählt 
worden.      Es    wire    aber 
besser  gewesen,  aar  Abhal- 
tung der  Warme  ein  flaches  Dach  mit  Holaiement  ahne  Oberlicht  aufzusetzen   und  für  künstliche 
Lüftung  eu  sorgen.    Man  hatte  die  eine  nach  Norden  gestellte  Ltngswand  mit  Seitenlicht  versehen 
und  an  der  nach  Baden  gerichteten  Wand  sur  weiteren  Lichtgebung  in  passenden  Feustergrosaan  licbt- 
a  Wandteile  aus  Glaasteinen,  welche  sehr  gut  w armeisolierend  wirken,  herstellen  können. 

u  den  Siemens-Schuckertwerken,  Berlin  (vergl.  Modem  Mexico  Toi.  XX,  Nr.  7, 

n  Escher,  Wyss  4  Co.,  Zürich. 


Abb.  852.    Ansteht  des  im  Bau  befindlichen  Krafibeuses  der  Mexican  Light 
and  Power  Company  Ltd.  an  den  Neoaxa-Fallan. 


"}  Geliefert  i 
1906,  8.  88). 

is)  Geliefert  ( 


[ 


1002  IH.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften,    Einzelheiten. 

Ans  dem  oben  gegebenen  Beispiel  kann  man  hier  leicht  übersehen,  welche  Temperator  in  einem  aolchen 
Maschinenraum  entstehen  muas  bei  einer  Aussentemperatnr  von  Aber  40 •,  und  es  haben  sieh  tat- 
sächlich auch  für  den  Konstrukteur  der  elektrischen  Maschinen  ans  dem  Mangel 
einer  künstlichen  Lüftung  erhebliche  Schwierigkeiten  ergeben.  Dabei  wäre  aber 
gerade  hier  eine  künstliche  LuftzufOLhrung  deshalb  verhältnismässig  leicht  anzubringen  gewesen,  weil 
die  sechs  eisernen  Druckrohre  von  je  30"  =  762  mm  Dm.  bis  unmittelbar  an  das  Krafthaus  in  einen 
etwa  865,0  m  langen  Tunnel  herangeführt  werden.  Dieser  Tunnel  wäre  als  Luftungskanal  unmittel- 
bar verwertbar  gewesen.  Man  hatte  nur  unter  den  Maschinenflur  einen  oder  mehrere  grosse  Lnft- 
schächte  anzulegen  gehabt,  welche  man  an  den  einzelnen  Maschinen  hatte  ausmunden  lassen  können. 

Bemerkt  sei  noch,  dass  bei  derartigen  Anlagen  die  Luftschächte  vor  der  Betriebs- 
eröffnung sorgfaltigst  sanber  gemacht  werden  müssen,  damit  Staubbildung  ver- 
mieden wird,  und  dass  man  zur  Abhaltung  von  Ungeziefer  die  Eintrittsöffnungen  mit 
feinmaschigen  Sieben  versehen  muss. 

g)  Über  die  Maschinen-  und  Fernleitungsspannungen,  welche  bei 
32  im  Kap.  II  beschriebenen  Anlagen  gewählt  wurden,  gibt  die  nachstehende 
Tabelle  II  Auskunft,  um  die  vorläufige  allgemeine  Übersicht  zu  erleichtern. 

2.  Krafthäuser  mit  liegenden  Schachtturbinen,  Bei  dieser  Art  von  Krafthäusern, 
welche  noch  bei  Druckhöhen  bis  zu  15m  (S.  764)  gebaut  werden,  bildet  die  aufwarte 
gelegene  Wand  des  Maschinensaales  zugleich  eine  Wand  der  Turbinenkammern. 

Beispiele  hierfür  sind  die  Anlagen 

1.  Turbigo  (Tat  VII,  Fig.  1),  3.  Wangen  (Tai.  XXIII,  Fig.  1—3), 

2.  Pont  Saint-Martin    (Taf.  XV,  Fig.  1  4.  Sault  St.  Marie  (Abb.  130,  S.  553), 
und  4),  5.  Lechwerk-Gersthofen  (S.  1008). 

Von  der  Ausbildung  der  Turbinenkammer  war  schon  im  Kap.  III,  §  2  Werk- 
kanäle (S.  832)  die  Rede,  sodass  nur  wenig  hinzuzufügen  ist.  Lassen  die  klimatischen 
Verhältnisse  Eisbildung  nicht  befürchten,  so  kann  man  durch  Verlegung  des  Rechens 
hinter  die  Kammerschützen  in  die  einzelnen  Turbinenkammern  hinein  nicht  unerheblich 
an  Breite  des  Gesamtquerschnitts  sparen  und  die  Anlage  verbilligen  (vergl.  die  Anlagen 
Turbigo  und  Pont  Saint-Martin  und  Tabelle  III.  S.  1009). 

Für  jede  Turbinenwelle  ist  eine  besondere,  völlig  abschliessbare  Kammer  anzu- 
legen, damit  jede  Turbine  für  sich  ausser  Betrieb  gesetzt  werden  kann. 

Um  Wirbelbildungen  zu  vermeiden,  welche  Luft  mit  ansaugen  könnten,  wird  der 
Durchflussquerschnitt  der  Turbinenschächte  meistens  so  bemessen,  dass  die  Geschwindig- 
keit der  absteigenden  Wassersaule  0,80  m/sek.  nicht  erheblich  übersteigt. 

Die  Höhenlage  der  Sohle,  auf  welcher  die  Turbinen  ruhen,  ist  bestimmt  1)  durch 
die  höchstzulässige  Saughöhe  (6,5  bis  7,0  m)  und  2)  durch  die  Höhe  des  Maschinenflurs, 
welcher  wie  S.  991  bereits  gesagt,  tunlichst  so  hoch  liegen  muss,  dass  alle  Teile  der  elek- 
trischen Maschinen  hoch  wasserfrei  stehen.  Da  das  Wasser  bei  Schachtturbinen  mit  liegender 
Welle  stets  am  ganzen  Umfange  eintreten  muss,  so  ist  es  notwendig,  die  Leitschaufelkrinze 
mit  ihrem  unteren  Teile  so  hoch  über  der  Sohle  des  Schachtes  anzuordnen,  dass  auch 
in  die  untersten  Leitschaufeln  genügendes  Wasser  gelangt.  Turbinen  mit  einem  Kranz 
(Einradschachtturbinen)  hat  das  Krafthaus  Glattfelden  (Taf.  LX VII,  Fig.  2),  Turbinen 
mit  zwei  Kränzen  haben  die  Anlagen  Lechwerk-Gersthofen  (Taf.  XLV,  Fig. 4 
und  Taf.  LXVm,  Fig.  1—4);  Turbigo  (Taf.  VH,  Fig.  1)  und  Pont  Saint  Martin 
(Taf.  XV,  Fig.  1 — 4);  mit  drei  Kränzen  die  Manchester  Traction  Light  and 
Power  Co.  (Abb.  354,  S.  1010);  mit  vier  Kränzen  die  Anlagen  Wangen  (Tat  XXIII, 
Fig.  1  bis  3)  und  Sault  St.  Marie  (Abb.  130,  S.  553);  mit  sechs  Kränzen  die 
Anlage  Pasiano  (Taf.  LXVII,  Fig.  3).  Mehr  Kränze  als  sechs  werden  selten  zur 
Verwendung  kommen.  Bei  den  Turbinen  mit  zwei,  vier  und  sechs  Kränzen  kann 
kein   erheblicher   axialer  Schub  auf  die  Welle  ausgeübt    werden,    da  sich  die  Schübe 


KkafthXuber.     A.  Des  bauijchk  Tkii,. 


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1006  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  WasbekkbIftks.    Eduelhettbk. 

von  je  zwei  Kränzen  bei  guter  Ausführung  der  Turbinen  und  bei  richtigem  Funk- 
tionieren der  Regler  aufheben.  Bei  ein-,  drei-  und  fünfkränzigen  Turbinen  dagegen  wird 
ein  erheblicher  seitlicher  axialer  Schub  ausgeübt,  und  es  müssen  deshalb  die  ringförmigen 
Schilde,  welche  die  Turbinenkammern  von  dem  Maschinenraum  trennen  und  durch 
welche  die  Turbinenwelle  und  die  Regulierungswellen  in  den  Maschinenraum  eindringen, 
besonders  versteift  werden.  Auch  ist  besondere  Sorgfalt  auf  die  Ausfuhrung  der  Stopf- 
büchsendichtung zu  legen. 

Wegen  der  eigenartigen  Ausführungsart  eines  liegenden  Turbinenschachtes  in 
Eisen  bei  dem  Krafthanse  der  Manchester  Traction  Light  and  Power  Co. 
sei  auf  Abb.  354  und  S.  1010  verwiesen. 

Der  eiserne  scheibenförmige  Schild,  mit  welcher  die  Durchdringungsöffnung  der 
Turbinenwelle  in  der  Mauer  des  Maschinensaales  geschlossen  zu  werden  pflegt,  bildet 
meistens  einen  Teil  des  Turbineugehäuses  und  legt  sich  mit  einer  konischen  Fläche 
gegen  den  Beton  der  Wand,  sodass  der  Wasserdruck  direkt  auf  Dichtung  hinwirkt 
Wie  derartige  Scheiben  ausgebildet  werden,  lässt  sich  am  besten  aus  den  Abbildungen 
Taf.  LXVII,  Fig.  2,  3  und  5  und  Taf.  LXVIII,  Fig.  1  und  4  erkennen. 

Der  Verschluss  der  Turbinenkammern  erfolgt  fast  immer  durch  hölzerne  oder 
eiserne,  in  lotrechten  Ebenen  bewegte  Schützen.  Um  notfalls  bei  Verklemmungen  einer 
Schütze  an  dieselbe  heranzukönnen,  wird  man  zweckmässig  vor  den  Schützen  Damm- 
balkenschlitze anordnen,  die  wegen  der  verhältnismässig  grossen  lichten  Weite  der 
Kammern  meistens  doppelt  gemacht  werden  (vergl.  Anlage  Turbigo,  Taf.  VII,  Fig.  1 
und  Anlage  Wangen  Taf.  XXIII,  Fig.  2). 

In  der  Regel  deckt  man  die  Turbinenkammern  durch  einen  Bohlenbelag  auf  eisernen 
Trägern  ab.  Man  muss  aber  dafür  sorgen,  dass  taan  leicht  genügend  grosse  Öffnungen 
freilegen  kann,  um  auch  die  grössten  Stücke  der  Turbinen  ohne  Schwierigkeiten 
herausheben  zu  können.  Es  bedeutet  bei  grösseren  Anlagen  jedenfalls  eine  wünschenswerte 
Vervollkommnung,  wenn  man  auch  über  den  Turbinenkammern  einen  Laufkran  anlegt, 
welcher  alle  Kammern  bestreicht,  wie  es  z.  B.  beim  Lechwerk-G  ersthof en  (Taf.  XLV, 
Fig.  4  und  Abb.  139,  S.  563)  und  bei  der  Anlage  Turbigo  (Taf.  VII,  Fig.  1)  der  Fall 
ist.  Bei  der  Anlage  Sault  St.  Marie  (Abb.  130,  S.  553)  liegen  die  Turbinenkammem 
unter  dem  Dach  des  Krafthauses.  Auch  hier  ist  über  die  Turbinenkammern  hinweg 
ein  Geleise  für  einen  Laufkran  gelegt.  Es  genügt  indessen  auch,  den  nötigen  Platz 
zur  Aufstellung  von  Hebezeugen  vorzusehen,  welche  gegebenenfalls  an  Ort  und  Stelle 
gebracht  werden  können,  und  durch  entsprechende  Anordnung  der  eisernen  Decken- 
träger die  erforderliche  Unterstützung  zu  schaffen. 

Wenn  das  Krafthaus  so  zwischen  Ober-  und  Unterwasserkanal  steht,  dass  die 
abwärts  gerichtete  Längsfront  den  Unterwasserkanal  quer  schneidet,  ist  es  das  natürlichste, 
jeder  Turbine  ihren  eigenen  Turbinenkanal  zu  geben,  welcher  in  Richtung  der 
Kanalachse  unter  dem  Maschinenhaus  hindurch  läuft  und  direkt  in  das  Unterwasser  aas- 
mündet. Bei  der  Anlage  Pont  Saint  Martin  (Taf.  XIV,  Fig.  3  und  8  und  Taf.  XV, 
Fig.  1 — 4)  stehen  die  Achsen  von  Ober-  und  Unterwasserkanal  am  Krafthause  fast  lotrecht 
aufeinander  und  infolgedessen  haben  alle  Turbinen  hier  einen  gemeinschaftlichen 
Turbinenkanal,  welcher  parallel  mit  der  Längsachse  des  Krafthauses  verläuft 

Die  nach  unten  konisch  zu  erweiternden  Saugrohre  (S.  959  u.  ff.)  der  Turbinen  werden 
entweder  in  der  Betonmasse  des  Fundamentes  ausgebildet,  wie  bei  den  Anlagen  Lech- 
werk-Gersthofen  und  Pont  Saint-Martin,  oder  sie  tauchen  als  eiserne  Bohre  mit 
ihrer  Mündung  unter  den  niedrigsten  Wasserstand  im  Turbinenkanal  ein,   wie  bei  den 


§  6.  Kxafthauser.    A.  Der  bauliche  Teil.  1007 

Anlagen  Wangen,  Sault  St  Marie,  der  Atlanta  Water  and  Electric  Power 
Co.  (Abb.  355,  S.  1010)  und  der  Manchester  Traction  Light  and  Power  Co: 
(Abb.  354).  Bei  Herstellung  in  Beton  wird  das  Saugrohr  mit  Hilfe  von  eingelegten 
eisernen  Trägern  syphonartig  ausgebildet,  damit  die  Wassersäule  im  Saugrohr  nicht 
abreissen  kann. 

Die  Abmessungen  eines  Turbinenkanals  werden  so  zu  wählen  sein,  dass  eine  grössere 
Geschwindigkeit  als  1,50  m/sek.  auch  bei  der  grössten  sekl.  Wassermenge  nicht  erforderlich 
ist.  Bei  kleineren  Gefällhöhen  zwischen  Ober-  und  Unterwasser  fehlt  es  meistens  an 
Konstruktionshöhe  für  die  Turbinenkanäle  und  man  ist  deshalb  darauf  angewiesen,  ihnen 
bei  kleinerer  Wassertiefe  eine  grössere  Breitenentwicklung  zu  geben.  So  sind 
z.  B.  die  Turbinenkanäle  bei  Turbigo  5,0  m  breit  und  2,5  m  hoch,  beim  Lech  werk 
Gersthofen  an  der  niedrigsten  Stelle  2,0  m  hoch  und  ca.  7,0  m  breit.  Die  Herstellung 
der  Decken  flacher  Kanäle  erfolgt  mit  Hilfe  von  eisernen  Trägern,  wie  beim  Lechwerk- 
Gersthofen.  Wenn  jede  Turbine  ihren  eigenen  Turbinenkanal  bat,  so  ist  man  bei 
etwaigen  Reparaturen  zweifellos  unabhängiger  als  bei  gemeinschaftlichem  Turbinenkanal, 
obwohl  bei  solider  Ausführung  an  den  Turbinenkanälen  kaum  Reparaturen  vorkommen 
können.  Immerhin  wird  man  jeden  Turbinenkanal,  um  ihn  nötigenfalls  trocken  legen 
zu  können,  an  der  Ausmündung  mit  Dammbalkenschlitzen  versehen. 

Bei  der  Anlage  Lechwerk-Gersthofen  hat  man  vorsichtshalber  an  der  Aus- 
mündung noch  eine  Eisenkonstruktion  angebracht,  gegen  welche  Holznadeln  gestellt 
werden  können,  falls  eine  Regulierung  des  Wasserspiegels  im  Turbinenkanal  notwendig 
sein  sollte  (Taf.  XLV,  Fig.  4,  welche  umstehend  des  direkten  Vergleichs  mit  Abb.  353  wegen 
wiederholt  ist).  Bei  der  eben  genannten  Anlage  ist  die  Ausbildung  der  Turbinen- 
kammern insofern  eigenartig  und  interessant,  als  man  die  aufwärts  gerich- 
tete Schildfläche  des  Turbinengehäuses,  die  in  ihr  untergebrachten 
Regulierungsorgane  und  das  daselbst  befindliche  Lager  der  Turbinen- 
welle von  aussen  durch  einen  unterirdischen  Kanal  zugänglich  gemacht 
hat,  sodass  diese  Teile  der  Turbine,  welche  bei  den  übrigen  Anlagen  während  des 
Betriebes  völlig  unter  Wasser  stehen,  jederzeit  zugänglich  sind. 

Im  Kap.  HI,  §  2,  S.  833  ist  bereits  darauf  hingewiesen,  dass  es  bei  Kraftwerken 
mit  reichlicher  Geschiebe-  und  Sinkstofführung,  bei  denen  auch  Eisbildung  zu  erwarten 
steht,  zweckmässig  ist,  die  Rechenanlage  möglichst  spitzwinkelig  zur  Stromrichtung 
im  Oberkanal  anzuordnen.  Um  die  an  der  angezogenen  Stelle  erörterten  Gesichtspunkte 
im  Zusammenhang  mit  der  Besprechung  der  Krafthäuser  noch  näher  zu  erläutern,  sind 
auf  Taf.  LXXVII,  Fig.  1  bis  3  sowohl  die  ausgeführte  Grundrissanordnung  des  Kraft- 
hauses der  Anlage  Lechwerk-Gersthofen  als  auch  zwei  vom  Verfasser  entworfene 
weitere  Lösungen  gegeben.  Bei  der  Lösung  Fig.  3  sind  auch  die  auf  S.  822—824  auf- 
gestellten Leitsätze  bezüglich  der  Grösse  und  Einrichtung  von  Ablagerungsbecken,  wenig- 
stens annäherungsweise,  erfüllt.  Man  könnte  sich  bei  beiden  Lösungen  die  Turbinen- 
kanäle der  Turbinen  1  und  2  lotrecht  zur  Achse  des  Krafthauses,  wie  bei  der  ausge- 
führten Anlage  (vergl.  den  umstehenden  Querschnitt),  für  die  übrigen  drei  Sätze  aber 
einen  gemeinsamen  Turbinenkanal  nach  Abb.  353  angelegt  denken.  Auch 
würde  es  möglich  sein,  wie  in  Abb.  353  angedeutet,  einen  liegenden  an  Stelle  des 
geneigt  gestellten  Rechens  anzuordnen.  Bei  beiden  vom  Verfasser  vorgeschlagenen 
Lösungen  ist  des  Beispiels  wegen  dem  Gesichtspunkte  der  Erweiterungsfähig- 
keit Rechnung  getragen,  obwohl  bei  der  ausgeführten  Anlage  dieser  Gesichtspunkt 
kein  wirkliches  Interesse  hatte,  da  die  volle  Ausnutzung  der  verfügbaren  Wasserkraft 
alsbald  nach  der  Betriebseröffnung  von  vornherein  zu  erwarten  stand. 


1008  III.    Thbodoe  Koehk.     Aubiiau  TON  Wa88BSKb1ftes.     Eimeelheiteit. 

Mit  besonderer  Sorgfalt  ist  die  Dichtung  desjenigen  Teiles  der  Kntfthaoswand 
vorzunehmen,  welcher  unter  dem  Wasserdruck  der  Turbinenkanunera  steht.  Wenn  nun 
diesen  Teil  nicht  wie  bei  der  Anlage  Sault  St.  Marie  ganz  in  Stahl  herstellen  will, 
so  wird  man  ihn  meistens  ans  fettem  Stampfbeton  (260  kg  Zement  and  250  kg  hydrau- 
lischem Kalk  auf  1  cbm  Sand)  ausführen  and  zwar  je  nach  der  Druckhöhe  in  Starken 

Querschnitt  durch  du  aasgeführte  Krafthans  der  Anlage  I.echwerk   Gersthoten. 


von  etwa  1,50  bis  2,70  m.  Es  empfiehlt  sich  weiter,  wie  es  bei  der  Anlage  Pont 
Saint  Martin  geschehen  ist,  die  der  Turbinenkammer  zugekehrte  Fläche  der  tragen- 
den Wand  nach  dem  Abbinden  mit  einem  Putz  (400  kg  Zement  und  400  kg  hydrau- 
lischen Kalk  auf  1  cbm  Sand)  sorgfaltig  abzugleichen.  Nach  dem  völligen  Abbinden 
und  Austrocknen  der  Wand  ist  sie  mit  heissem  Asphalt  zu  bestreichen  and  mit  zwei 
bis  drei  Schichten  Asphaltpappe  oder  Asphaltfilz  zu  bespannen  (vergL  S.  383).  Vor  dem 
Auflegen  der  folgenden  Schicht  ist  die  vorhergehende  sorgfältig  mit  heissem  Asphalt  zu 


§  6. 


KrafthIusbb.    A.  Der  bauliche  Teil. 


1009 


l. 


bestreichen.  Mögliebst  sofort  nach  dem  Verlegen  der  letzten  Aspbaltschicht  ist  auf  diese 
eine  Deckschicht  aus  Zementkalkbeton  Ton  ca.  10—15  cm  Dicke  aufzubringen,  damit 
der  Asphalt  nicht  abfliessen  kann,  und  diese  Deckschicht  ist  wiederum  mit  einem  Glatt- 
putz zu  versehen.  Bei  Pont  Saint  Martin  ist  die  Wand  im  ganzen  2,0  m  stark 
und  es  haben  sich  keinerlei  Undichtigkeiten  gezeigt.  Um  auf  alle  Fälle  im  Maschinen- 
saal eine  trockene  Wandfläche  zu  haben,  kann  man  zur  Vorsicht  noch  eine  dünne  Blend- 
wand mit  Luftschicht  vorlegen. 

Über  die  Grössenverhaltnisse  des  Maschinensaales  bei  vier  von  den  in  diesem 
Abschnitt  genannten  Anlagen  im  Verhältnis  zu  der  Anzahl  der  aufgestellten  Turbinen- 
PS,  gibt  Tab.  III  Aufschluss: 

Tabelle  in. 

Übereicht  Aber  die  Bodenflächen  des  Maschinensaales  bei  liegenden  Schachtturbinen. 


T%            •    1_                         Ji 

Anzahl  der  auf- 

Anzahl, Leistung 

Grösse  des  Ma- 

Bodenflache des 

Bezeichnung  der 

gestellten 

in  PS«  und 

schinensaales  : 

Maschinensaales 

Nr. 

Anlage  und  Angabe 

Nutz  PS. 

Uml  /Min.  der 

Lange  in  m  mal 

pro  100  auf- 

Gefalle 

der  Ausffihrungs- 
zeit 

(die  Errftgertarbinen 

sind  nieht  mit- 

gereehiitt) 

aufgestellten 
Maschinensätze 

Breite  in  m=Bo- 
denfl&che  in  qm 

gestellte 
Nutz-PS« 

m  m 

1 

2 

3* 

4 

5 

6 

7 

1. 

Lechwerk  -  Gerst- 

7500 

5  ä  1500  mit 

48,541.11,18 

7,6 

10,0 

hofen  1900-1908, 

Taf.  LXVIII 

96  Üml./Min. 

=  572,8  qm 

Taf.  XLV 

2. 

Wangen  1901  bis 
1904,  Taf.  XXIII 

10500 

7  a  1500  mit 
150  Uml./Min. 

56,70 .  10,0 
=  567  qm 

5,4 

6,31-9,27 

3. 

Pont  Saint  Martin, 

1899-1901, 

Taf.  XV 

5000 

5  a  1000  mit 
187  UmL/Min. 

39,0 . 9,0 
=  351,0  qm 

7,0 

14,0 

4. 

Turbigo  1908-1904, 
Taf.  VII 

7  500 

5  a  1500  mit 
125  UmL-Min. 

40,0 .  10.0 
==400  qm 

5,3 

7,5-8,2 

*  Die  Tafelangaben  in  Spalte  3  beziehen  sich  auf  die  Darstellung  der  Turbinen. 


Bei  der  Anlage  Lechwerk-Gersthofen  ist  die  Fläche  pro  100  PS«  deshalb 
so  gross,  weil  an  jeder  Turbinenwelle  eine  Drehstrommaschine  nnd  eine  Gleichstrom- 
maschine angekuppelt  werden  kann.  Wenn  man  hierfür  einen  Streifen  in  der  ganzen 
Länge  des  Maschinensaales  von  ca.  2,18  m  in  Abzug  bringt,  so  würde  sich  pro  100  PS« 
auch  nur  eine  Bodenfläche  im  Maschinensaal  von  ca.  6,2  qm  ergeben,  welches  Mass  im  Ver- 
gleich zu  den  Anlagen  Wangen  und  Turbigo  durch  die  kleinere  Tourenzahl  begründet 
erscheint. 

Die  Breite  von  9,0  m  des  Maschinensaales  von  Pont  Saint  Martin  ist  sehr 
reichlich  bemessen,  und  es  hätte  sich  an  der  Breite  ohne  Schaden  für  den  Betrieb  etwa 
1 ,5  m  sparen  lassen,  wodurch  die  Bodenfläche  auf  292,5  qm  beschränkt  worden  wäre,  so- 
dass auf  100  installierte  PS«  der  Hauptmaschinen  5,85  qm  entfallen  wären.  Zu  bemerken 
ist  aber,  dass  man  beim  ersten  Ausbau  nur  vier  Einheiten  aufstellte  und  man  sich  vor- 
behalten wollte,  für  die  fünfte  Gruppe  eine  grössere  Einheit  zu  wählen. 

Je  kleiner  die  Einheiten  sind,  um  so  grösser  muss  natürlich  die  verfügbare 
Bodenfläche  pro  100  PS«  sein.     Als  gute  Masse  sind  zu  empfehlen  bei  Maschinensätzen 

Handbuch  dar  Ing.-Wiu«nseli.    HL  T«iL    18.  Bd.  64 


1010  III.     Theodor  Koehx.     Avsbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

von  1500  bis  3000  PS,  und  125  bis  150  Uml./Min.  5,3  bis  5,5  qui  Bodenßäche  pro 
100  aufgestellte  PS.  der  Hauptmaschinen ,  bei  Maschinensätzen  yoo  750  bis  1250  PS, 
und  187  bis  250  Uml./Min.  5,8  bis  6,3  qm  Bodenfläche  pro  100  PS.. 

Zur  Vervollständigung  sollen  zum  Scbluss  dieses  Abschnittes  noch  zwei  vor- 
stehend bereits  mehrfach  erwähnte  amerikanische  Anlagen  wegen  der  eigenartigen  An- 
ordnung des  Krafthauses  und  der  Turbinenkammern  kurz  beschrieben  werden. 

Bei  derWasserkraitanlagederMan  ehester  Traction  Light  and  Power  Co. ") 
vertreten  sechs  eiserne  liegende  Rohrkessel  die  Stelle  der  Turbinen- 
schächte  (Abb.  354). 

Durch  ein  steinernes  Wehr  vod  165,0  m  Lunge  wird  der  Merrimac  gestaut  und  dadurch  ein 
Gefälle  von  7,65  bis  9.15  m  gewonnen.  Wahrend  9  Monaten  stehen  mindestens  3000,  wahrend  6  Monaten 
mindestens  6000  PS.  zur  Ausnutzung  zur  Verfugung.  Die  Anlage  ist  auf  6000  PS.  ausgebaut  Y«a 
dem  Wehr  fuhrt  ein  Kanal  von  150,0  m  Lange  den  Turbinen  das  Wasser  zu.  Das  KrafUwos  i*i 
unmittelbar    an    den    Flugs   gelegt   und   eine   kleine   Bucht   desselben    vertritt    den    Unterwasserkanal- 

Der  Werkkanal,   dessen   Einlauf  durch 
Abb.  354.     Querschnitt  durch  das  Krafthaus  der  Manchester     gechg  Schätzen   von   3x3,66  um  Quer 
Traction  Light  and  Power  Co.  schnitt  reguliert  wird,  hat  eine  Breite 

von    19,0  m    in    der  Sohle   und   82,6  m 
in  der  Wasserlinie  bei  einer  Waaaeitiefe 
von  3,66  m.    Vor  dem  Krafthanse  er- 
weitert  sich   der  Werkkanal   zu  einem 
Becken  von  40,0  m  Breite.     Die  Tur- 
binenkammern sind  lotrecht  zur  Kanal- 
achse   gelegt    und    in    die    Abschlug 
mauer  gegen  das  Becken  sind  die  Mün- 
dungen der  sechs  eisernen  Rohrkessel, 
welche  die  Stelle  der  Turbinenschai-hte 
vertreten,    mit  je  1,52  m    lichtem  Dm. 
eingemauert.      Jede   der  sechs   grossen 
Turbinen    leistet    bei    7,65  in    Gefall 
1035  PS.  bei  180  Uml./MiiT.    Jede  Tur- 
B  bine  hat  drei  Laufrader  von  1000  ruh 
;  Dm,,   welche  durch  Schieber   der  Lom- 
bard Governer  Co. ,   Boston ,  gesteuert 
werden.      Die   beiden   ersten    Laufrad™ 
gieasen   in  ein   gemeinschaftliches  Saugrohr,   das   dritte  Laufrad  in   ein   besonderes  Saugrohr  ans.     Als 
Erregerturbine  ist  eine  Doppelturbine  ähnlicher  Bauart  mit  zwei  Kränzen  von  305  mm  Laufraddureh- 
messer,   75  PS.  und  600  Uml.  Min.  aufgestellt.      Die  grossen  Turbinen  sind  mit  Drehstromerzeuger 
(12000  Volt  Spannung)  gekuppelt.    Der  Maschinenflur  konnte  nicht  hoch  wasserfrei  gelebt 
werden  nnd  infolgedessen  sind  Boden  und  Seitenwinde  wasserdicht  ausgeführt    Im  Maschinenäsr 
ist  ein  Saugbottich  angelegt,   aus  welchem  notfalls  eine  elektrisch  angetriebene,  hochwasserfrei  auf 
gestellte  Zentrifugalpumpe  etwaiges  Sickerwasser  entfernen  kann.    Jede  Turbinenkanuner  kann  durch 
elektrisch  angetriebene  Schätzen  für  sich  geschlossen  werden. 

Die  Wasserkraftanlage  der  Atlanta  Water  and  Electric  Power  Co.11 
(erbaut  1902 — 1904)  ist  insofern  interessant,  als  hier  die  Turbinenschächte  direkt  in  der 
Sperrmauer  liegen  nnd  das  Krafthaus  unmittelbar  hinter  der  Sperrmauer  steht  (Abb.  355'. 
An  den  Morganfallen  des  den  Südostabhaneen  der  Aileghani-Monntaine  entströmenden 
('hsttahoochec-Flusses  wurde  eiu  Wehr  quer  Über  den  Flosa  von  275,0  m  Lange  und  16,0  m  durch 
schnitt!  »eher  Hohe  erbaut,  durch  welches  ein  Druck  gefalle  von  rund  14,6  m  geschaffen  ist.  Auf  ungefähr 
215.0  m  Linge  ist  die  Krone  der  Staumauer  als  Überlauf  angelegt,   wahrend   auf  dem  Rest  der  Mauer 


14)  Engeneering  Record,  1903.  I.  S.  107.  190t.  I.  S.  668  und  Wagenbach,  Turbinen  anlagen 
Berlin  1905. 

i»)  Engeneering  News.  1904.  II.  S.  15,  Engeneering  Record.  1904.  I.  S.  504  nnd  Wagenbach. 
Turbinenau lagen.  Berlin  1905. 


§  6.  Kkafthäuber.     A.  Der  bauliche  Teil.  1011 

ilie  Krone  3,0  m  über  dem  normalen  Oberwasserspiegel  liegt  und  so  dem  unmittelbar  hinter  der  Mauer 
Ober  dem  Floss  selbst  erbauten  Mast  hin  enhausa  Schutz  gewahrt.  Im  Krafthause  können  12750  PS«  in- 
stalliert werden  zur  Versorgung  der  Stadt  Atlanta  in  Georgia  mit  elektrischer  Energie.  Die  in  die 
Staumauer  eingebauten  sieben  grossen  Turbinenkammern  aind  mit  eisernen  Rohren  von  8,66  m  Dm.  und 
H  mm  Wandstärke  ausgekleidet.  Für  die  Erregerturbinen  dienen  zwei  Stahlrohre  von  0,915  m  Dm.  und 
4.75  min  Wandstarke.  Ausserdem  sind  noch  drei  Freilaufrohre  von  1,88  m  Dm.  eingebaut  Die  grossen 
Doppelturbinen  leisten  bei  einem  Gefalle  von  14,6  m  und  187,5  Uml./Min.  2400  PS«  nnd  giesaen  je  in 
ein  Saugrohr  von  8,05  m  aus.  Jeder  Turbine nschacht  kann  durch  eine  Schütze  geschlossen  werden.  Vor 
jeder  Schutze  ist  durch  vorspringende  Pfeiler  eine  Vorkammer  gebildet,  in  welcher  sich  der  Rechen 
hefindet  Letzterer  kann  durch  Dammbalken  trocken  gelegt  werden.  Sinter  jeder  Schütze  ist  auf  jedem 
Turbinen  seh  seht  ein  Luftrohr  aufgesetzt,  welches  bis  Über  Wehrkrone  fahrt. 

Abb.  355.    Querschnitt  durch  das  Krafthaus  der  Atlanta  Water  and  Electric  Power  Co. 


3.  Krafthäuser  mit  stehenden  SchachUiirbinen.  Die  Wahl  stehender  Schacht- 
turbinen  kann  dort  notwendig  werden,  wo  der  Höhenunterschied  zwischen  Qber-  und 
Unterwasser  für  liegende  Schachtturbinen  von  gleicher  Tourenzahl  und  Leistung  zu  klein 
sein  würde,  wie  bei  der  Anlage  Marbach-Stuttgart  (Tai.  LXI,  Fig.  1  nnd  2)  und 
der  Wasserkraftanlage  der  Gewerkschaft  Wintershall,  Kraftzentrale  Lengers 
(Taf.  LXI,  Fig.  3  und  4).  Für  stehende  Schachtturbinen  braucht  man  für  die  Unter- 
bringung einer  gleichen  Zahl  der  Leit-  und  Laufkränze  erheblich  geringere  Höhen- 
masse als  bei  liegenden  Schachtturbinen  von  gleicher  Leistungsfähigkeit. 

Über  die  Abmessungen  des  Maschinensaales  bei  fUnf  Anlagen  mit  stehenden 
Schachtturbinen  gibt  die  nachstehende  Tabelle  IV  ad  a  Auskunft. 

Zweckmässig,  wenn  auch  nicht  notwendig,  kann  die  Wahl  stehender  Turbinen 
werden,  wo  die  Schwankungen  zwischen  den  Wasserständen  des  Unterwassers  so  gross 
sind,  dass  bei  liegenden  Schachtturbinen  und  direkter  Kuppelung  der  elektrischen  Strom- 
erzeuger letztere  nicht  mehr  mit  Sicherheit  hochwasserfrei  aufgestellt  werden  könnten, 
wie  bei  der  Anlage  Chevres  (Taf.  XXVIII,  Fig.  1),  oder  wo  die  für  eine  liegende  Tur- 
binenanlage nötige  Breitenentwickelung  nur  mit  grossen  Unkosten  (Felssprengungen, 
Abtrag  von  steilen  Hängen,  schwierige  Fundierang  etc.)  möglich  sein  würde.  Beide 
letztgenannten  Gesichtspunkte  sind  wohl  bei  den  Anlagen  Rheinfelden  (Taf.  XLVII, 
Fig.  1  und  5)  und  Beznau  (Taf.  XXIV,  Fig.  2  bis  4)  massgebend  gewesen,  während 

64* 


1012 


III.    Theodor  Koehk.    Ausbau  ton  Wassebkbäften.    Einzelheiten. 


Tabelle  IV. 
Übersiebt  Ober  die  Bodenfiftcbe  des  MascbinenstaJs  bei  stehenden  Turbinen. 


Laufende  Nr.  '1 

i 
i 

Bezeichnung  der 
Anlage  und  Zeit 
der  Ausführung 

Anzahl,  Grösse  und 

Tourenzahl  der 

Maschine 

(die  ErregtrmMchinen 

nicht  mitgerechnet) 

Nutzgefalle 
in  m 

Gesamt- 
breite *•) 
des  Fun- 
daments 

in  m 
ungefähr 

Lftnge  X  Breite 

in  m  und  Boden- 

flache  in  qm  des 

Maschinensaals 

Verflgtere 
Bodanl&ehe 
pro  100  PS* 

Spalt«  3 

1 

2 

3*               |                4 

5 

6                |        7 

1. 


2. 


8. 


6. 


7. 


8. 


a)  bei  stehenden  Schachtturbinen***) 


Chevres  1893-1896 
(Taf.  XXVIII) 


Bernau  1902-1908 
(Taf.  XXIV) 


Hagneck  1897-1900 
(Taf.  XXXIII) 


Rheinfelden  1895 

bis  1897 

(Taf.  XLVII) 


5  zu  1200 
PS«  mit  80 
UmL/Min. 
10  zu  1200 
PS«  mit  120 
Uml./Min. 


180001 

PS« 

Taf. 

i  LXII, 

Fig.  4 

bis  7 


4,3-8,5 


11  zu  1000  PS«  mit 

66,6  UmL/Min. 

=  11000  PS« 

TatLXIII,Fig.l—  8 

5  zu  1400  P8«  mit 

100  UmL/Min. 

=  7000  PS« 

Taf.  LXII,  Fig.  1—8 


9  zu  840 

PS«  mit  50 

UmL/Min. 

11  zu  840  i  PS« 

PS«  mit  68 

Uml./Min. 


16800 
f  PS. 

) 


Marbach-Stuttgart 

1897  bis  1900 

|(Taf.LXI,Fig.lu.2) 


4  zu  800  PS«  mit 
85,70  UmL/Min. 

=  1200  PS« 
und  Zahnraduber- 
tragung,  Taf.  LXI 


17,00 


127,56  X  10.2 
=  1801  qm 


3,5—5,5 


20,00 


5,8-9,0 


4,2—5,6 


2,7—8,2 

ausnahmsweise  bei 

hohem  Hochwasser 

kann  das  Gefalle 

ganz  verschwinden 


16,60 


20,25 


19,50 


1100  qm 


46,0X11,0 
=  506  qm 


150.0  x  10,0 
=  1500  qm 


27,0  X  13,0 
=  851  qm 


Kykkelarud  1901 

bis  1904 

(Taf.  XXXIV) 


b)  bei  stehenden  Gehäuse-Turbinen. 


Jonage-Cusset  Lyon   8  zu  1250 


4  X  8000  mit 
150  UmL/Min. 

=  12000  PS« 

Taf.  LXV  und 

Taf.  LXVII,  Fig.  1 


1892- lb98 
(Taf.  XL) 


The  Mexican  Light 

and  Power  Co.  Ltd. 

an  den  Necaxa- 

Fällen  (S.  1001) 

1901-1905 


PS«  mit  120 

UmL/Min. 

8  zu  1850 

PS«  mit  120 
Uml  /Min. 


20800 
PS«, 
Taf. 

LXVI 


6  X  8200  PS« 

(Peltonrfider)  mit 

800  UmL/Min. 

=  49200  PS« 


16,0 


11,0- 18,0 


225,5 


80,0 


45,5  X  14,0 
=  637  qm 


31,90 


Mittelbau: 

31,25  X  12,40  m 

Zwei  Langahauser 

mit  56,35x11,96  m 

=  1784,46  qm 


80,6  X  70,0 

=  2142,0 
(alle  Nebenriume 
sind  mitgerechnet) 


I 


7,23 


10.0 


7.« 


8.» 


29,25 


54 


8,34 


4,85 


*  Die  Tafelangaben  in  Spalte  3  beziehen  sich  auf  die  Darstellung  der  Turbinen  (vergl.  §  5). 
**)  Die  Gesamtbreite  ist  gerechnet  von  dem  Ende  der  Pfeilerköpfe  am  Unterwasser  bis  an  der 
Vorderkante  der  Pfeiler  im  Oberwasser,  an  welchen,  wie  bei  1,  2,  3  und  4,  der  Rechen  steht  bexw. 
welche  die  Vorkammern  bilden  wie  bei  5  und  7.  Bei  der  Anlage  6  liegt  das  Krafthaus  nicht  unmittel- 
bar am  Oberwasser  und  es  ist  daher  die  Gesamtbreite  bis  zur  Aussenkante  der  iussersten  Krafthaus- 
wand genommen. 

***)  Bei  der  Anlage  Stuttgart  sitzt  auf  der  vertikalen  Welle  ein  Kammrad,   welches  dam 
~nden  Generator  antreibt,  bei  allen  anderen  Anlagen  sitzen  die  Generatoren  auf  den  stehenden  Wellen. 


§  6.  KRAFrHiuaER.    A.  Deb  baulich*  Teil.  1013 

bei  der  Anlage  Hag  neck  (Taf.  XXXIII,  Fig.  5)  in  erster  Linie  der  letztgenannte  Ge- 
sichtspunkt ausschlaggebend  gewesen  zu  sein  scheint. 

Mit  Rücksicht  auf  die  Erzielung  eines '  möglichst  hohen  Wirkungsgrades  strebt 
man  bei  Wasserkraft-Elektrizitätswerken  stets  dahin,  die  Turbinen  so  schnell  laufen 
zu  lassen,  dass  eine  direkte  Kuppelung  mit  den  elektrischen  Stromerzeugern  ohne  allzu 
grossen  Kupferaufwand  möglich  ist.  Hohe  Tourenzahlen  der  Turbinen  lassen  sich,  ohne 
die  Breitenentwickelung  des  Krafthauses  zu  vergrössern,  bei  stehenden  Schachtturbinen 
durch  Anordnung  mehrerer  Kränze  übereinander  erzielen  (S.  953).  Meistens  werden  die 
unteren  Kränze  bei  geringem  Wasserzufluss  und  grossem  Gefälle  allein  eingeschaltet  und 
die  oberen  Kränze  nur  bei  grossem  Zufluss  und  kleinem  Gefälle  zur  Mitwirkung  heran- 
gezogen (S.  450  Chevres,  S.  477  Hagneck  und  S.  585  Rheinfelden).  Wie  sehr 
der  Raumbedarf  steigt,  sobald  man  wegen  der  kleinen  Tourenzahl  der  Turbinen  z.  B. 
Zahnradübertragung  wählt,  zeigt  die  Anlage  Marbach-Stuttgart.  Hier  ist  keineswegs 
verschwenderisch  mit  dem  Raum  umgegangen.  Der  Zahnradantrieb  hat  natürlich  ebenso 
wie  der  Riemenantrieb  eine  erhebliche  Verschlechterung  des  Nutzeffektes  der  Anlage  zur 
Folge  und  ausserdem  noch  den  Nachteil,  dass  er  sehr  geräuschvoll  ist  und  infolgedessen 
nicht  selten  Schwierigkeiten  mit  der  Nachbarschaft,  falls  das  Krafthaus  in  der  Nähe 
bewohnter  Häuser  sich  befindet,  verursacht. 

Es  ist  nicht  zweckmässig,  die  Bodenfläche  des  Maschinensaales  zu  knapp  zu  wählen, 
weil  bei  zu  gedrängter  Anlage  die  Unterhaltung  der  Maschinen  erschwert  wird.  Erfah- 
rungsgemäss  geht  das  Bestreben  aller  Betriebsleiter  dahin,  im  Interesse  der  Ersparnis 
von  Betriebskosten  die  Einheiten  zu  vergrössern  (siehe  Tabelle  II  im  Kap.  I  §  1,  S.  9), 
und  es  ist  auch  aus  diesem  Gesichtspunkt  namentlich  bei  Anlagen,  welche  nicht  von 
vornherein  voll  ausgebaut  werden,  wohl  zu  raten,  die  Bodenfläche  des  Maschinensaals 
reichlich  zu  bemessen.  Der  Bedarf  an  Bodenfläche  des  Maschinensaals  selbst  ist  bei 
stehenden  Schachtturbinen  deshalb  an  sich  etwas  grösser  als  bei  liegenden,  weil  die 
Stromerzeuger  mit  ihren  grössten  Ausdehnungen  in  der  wagerechten  Ebene  liegen. 
Gespart  wird  aber  in  der  Breitenentwickelung  des  Gesamtbaues  bei  stehenden  Schacht- 
turbinen dadurch,  dass  die  Turbinenkammern  nicht  vor,  sondern  im  wesentlichen  unter 
dem  Maschinensaal  ihren  Platz  finden.  Es  wird  aber  durch  die  kompliziertere  Ge- 
staltung der  Saugkanäle  sowohl,  als  auch  wegen  der  schwierigeren  Lagerung  der  Tur- 
binenwellen bei  stehenden  Schachtturbinen  die  Verwendung  von  viel  mehr  Eisen  in  den 
Fundamenten  notwendig  als  bei  liegenden  Anlagen  und  infolgedessen  sind  die  Kosten 
der  Maschinenfundamente  und  der  Ausbildung  der  Turbinenkammern  und  der  Saugkanäle 
bei  stehenden  Schachtturbinen  pro  cbm  Rauminhalt  nicht  unwesentlich  höher  als  bei 
liegenden.  Man  vergleiche  in  dieser  Beziehung  die  Tabelle  I  in  §  5  des  Kapitel  I 
„Wirtschaftliche  Vorarbeiten"  S.  242/45,  woraus  hervorgeht,  dass  das  Krafthaus  Chevres 
pro  aufgestellte  PS»  57,9  Mk.,  das  Krafthaus  der  Anlage  Turbigo  nur  25  Mk.  und  das 
Krafthaus  Lechwerk-Gersthofen  (trotzdem  an  jede  Welle  zwei  Stromerzeuger 
gekuppelt  sind  S.  567/568)  30  Mk.  gekostet  haben.  Was  also  an  der  Breite  der  Gesamt- 
anlage gespart  wird,  kann  leicht  durch  die  schwierige  und  teurere  Konstruktion  der 
Fundamente  wieder  aufzuwenden  sein,  und  es  ist  bei  Aufstellungen  von  vergleichenden 
Kostenanschlägen  jedenfalls  sorgfältig  zu  prüfen,  welche  Einheitssätze  pro  cbm  Beton- 
masse in  beiden  verglichenen  Fällen  einzusetzen  sind.  Dass  stehende  Turbinen  pro  PS« 
in  der  Beschaffung  im  allgemeinen  erheblich  teurer  sind  als  liegende,  geht  ebenfalls  aus' 
der  oben  angezogenen  Tabelle  hervor,  ebenso  aus  Tab.  VII  in  Kap.  I,  §  5,  S.  256/257. 

Wegen  der  Verschlüsse  der  Turbinenkammern  bei  stehenden  Schachtturbinen  kann 
auf  Kap.  III,  §  2,  Werkkanäle  S.  832  und  833  und  auf  Kap.  m,  §  3  Schützen  (S.  864  und 


1014         III     Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

869/870)  verwiesen  werden.  Es  sei  nnr  noch  einmal  kurz  hervorgehoben,  dass  man  jeden- 
falls da,  wo  eine  starke  Ausnutzung  der  Wasserkraft  zu  erwarten  steht,  ein  grosses 
Interesse  daran  hat,  bei  eintretenden  Schäden  an  den  Turbinen  die  Reparaturen  schleunigst 
ausfuhren  und  zu  diesem  Zwecke  die  Kammern  so  schnell  wie  möglich  abschliessen  und 
trockenlegen  zu  können.  In  solchen  Fällen  sollte  man  deshalb  von  vornherein  möglichst 
vollkommene  Anordnungen  treffen.  Hierzu  gehören  neben  den  leicht  und  schnell  zu 
bedienenden  Abschlüssen  am  Oberwasser  auch  zentrale  Pumpenanlagen,  wie  sie  muster- 
gültig z.  B.  bei  der  Anlage  Beznau  (S.  434)  und  auch  in  Hag  neck  (S.  478)  geschaffen 
wurden.  Meistens  ist  auch  der  Abschluss  der  Turbinenkanäle  am  Unterwasser  für 
Reparaturen  an  den  unteren  Turbinenkränzen  nötig.  Man  hat  sich  bei  vielen  Anlagen 
mit  Anbringung  von  Dammbalkenschlitzen  begnügt.  Bei  der  Anlage  Ch&vres  stellte 
sich  indessen  heraus,  dass  das  Einsetzen  der  Dammbalken  und  ihre  Dichtung  sowie  die 
Pumpenarbeit  wegen  der  mangelnden  Dichtigkeit  der  Balken  zu  viel  Zeit  in  Anspruch 
nahm.  Man  hat  deshalb  nachträglich  das  Mauerwerk  in  der  Tiefe  der  Dammbalken- 
schlitze  vom  Schlitz  bis  zum  Pfeilerkopf  abgestemmt,  um  eine  Anschlussflache  für  eine 
eiserne  Schwimmponton-Schütze  zu  schaffen.  Nach  mehreren  missglückten  Versuchen  soll 
man  nach  mündlichen  Angaben  schliesslich  nach  dem  Muster  der  Pontons  zum  Schlieasen 
von  Trockendocks  Schützen  konstruiert  haben,  welche  schwimmend  vor  jede  Turbinen- 
kammermündung  gefahren  werden  und  durch  Einlassen  von  Wasserballast  in  wenigen 
Minuten  gesenkt  werden  können.  Auf  dem  Ponton  selbst  ist  eine  Pumpe  mit  elektrischem 
Motor  montiert,  welche  das  Wasser  aus  der  Turbinenkammer  herauspumpt.  Sobald  die 
Wasserspiegeldifferenz  zwischen  Unterwasser  und  Innenraum  anwächst,  wird  der  Ponton 
so  stark  gegen  die  Schlussfläche  gedrückt,  dass  mit  Hilfe  von  etwas  vorgeworfenen  Ton 
sehr  bald  genügende  Dichtigkeit  hergestellt  sein  soll. 

Einfacher  und  zweckmässiger  als  dieser  in  Che vr es  nachträglich  eingebaute  Ver- 
schluss erscheint  die  Verwendung  kastenförmiger  Tafeln  mit  rechteckigem  Querschnitt 
wie  sie  bei  Beznau  verwendet  wurden  (Taf.  XXIV,  Fig.  2  und  Abb.  263,  S.  853). 

Meistens  liegen  die  Ringsparlager  und. die  Hilfsmaschinen  wie  Ölpumpen  etc.  unter 
dem  Maschinenflur,  und  da  dieselben  der  Bedienung  bedürfen,  so  müssen  die  entspre- 
chenden Räume  eine  ausreichende  Beleuchtung  und  Lüftung  erhalten.  Als  mustergültige 
Anlagen  können  in  dieser  Beziehung  Chevres  (Taf.  XXVIII,  Fig.  1)  und  Beznau 
(Taf.  XXIV,  Fig.  4)  gelten.  Im  übrigen  wird  man  aus  dem  Studium  der  Querschnitte 
durch  die  Krafthäuser  der  in  diesem  Abschnitt  genannten  Anlagen  alle«  weitere  ent- 
nehmen können. 

Um  alle  Turbinenteile  mit  dem  Laufkran  auf  den  Maschinenflur  heben  zu  können, 
müssen  in  allen  Zwischendecken  genügend  grosse  Öffnungen  (von  2,5  bis  3,0  Dm.)  aus- 
gespart werden. 

4.  Krafthftuer  mit  stehendem  Gehäuseturbinen.  Die  Gründe  für  die  Wahl 
stehender  Gehäusetufbinen  können  dieselben  sein,  welche  bereits  im  Abschnitt  3,  S.  1001 
erwähnt  wurden. 

Bei  den  Anlagen  Hafslund  (Taf.  XXXUI,  Fig.  6)  und  Ky kkelsrud  (Taf.  XXXIV, 
Fig.  8)  war  neben  der  Schwierigkeit  und  Kostspieligkeit  durch  Felssprengungen  die 
nötige  Breite  für  Aufstellung  liegender  Turbinen  zu  schaffen,  auch  der  Umstand  mass- 
gebend, dass  der  Unterwasserstand  grösseren  Schwankungen  als  um  das  Mass  der  höchst- 
zulässigen Saughöhe  unterworfen  ist,  man  aber  die  elektrischen  Maschinen  unbedingt 
hochwasserfrei  unterbringen  wollte. 

Bei  der  Anlage  Jonage-Cusset-Lyon  (Taf.  XL,  Fig.  4)  war  für  die  Wahl 
stehender  Gehäuseturbinen  wohl   besonders  die  Kostspieligkeit  der  Fundierung  (S.  518) 


§  6.  KrafthIuser.    A.  Der  bauliche  Teil.  1015 

ausschlaggebend.  Letztgenannte  Anlage  bildet  eigentlich  einen  besonderen 
Typ  für  sich.  Vor  dem  Krafthause,  aber  unmittelbar  im  Zusammenhange  mit  ihm, 
liegen  die  ähnlich  wie  Torbinenkammern  bei  liegenden  Schachtturbinen  ausgebildeten 
Druckkammern  und  ans  ihren  Sohlen  münden  die  Druckrohre  aus.  Auch  hier  sind 
die  Räume  unter  dem  Maschinenflur  durch  Fenster  mit  reichlichem 
direkten  Licht  versehen. 

Ein  direkter  Zwang  zur  Verwendung  stehender  Schachtturbinen  lag  bei  der 
Wasserkraftanlage  der  Niagara  Falls  Power  Co.  (S.  545  bis  548)  dadurch  vor,  dass 
man  (vergl.  Taf.  LXIV,  Fig.  7)  durch  das  Gebiet  der  Stadt  Niagara-Falls  wegen  der 
unerschwinglichen  Hohe  der  Grunderwerbskosten  keinen  offenen  oder  verdeckten  Werk- 
kanal nach  dem  Unterwasser  anlegen  konnte.  Andererseits  wäre  die  Verwendung  eines 
Druckstollens  unter  der  Stadt  hinweg  misslich  und  die  Beschaffung  des  nötigen 
Platzes  für  das  Krafthaus  in  der  tiefen  Schlucht  des  Niagara-Flusses  unterhalb  der  Fälle 
(S  549)  sehr  kostspielig  geworden.  Erwähnt  sei,  dass  sich  bei  der  in  Rede  stehenden 
Anlage  die  Auflagerung  der  Turbinengehäuse  auf  Eisenkonstruktionen  insofern  als 
ein  Übelstand  herausgestellt  hat  als  trotz  der  geringen  Spannweite  der  Träger  die  Tur- 
binengehäuse sowie  die  Wellen  und  Druckrohre  beim  Betriebe  in  starke  Vibration  geraten. 
Infolge  dieser  Erfahrung  hat  man  bei  der  neuesten  Anlage  an  der  kanadischen  Seite  der 
Niagaraf&lle,  der  Toronto  and  Niagara  Power  Company  (1904),  die  Turbinen 
direkt  auf  den  Felsen  gesetzt  und  zu  beiden  Seiten  je  einen  Turbinenkanal  angelegt 

Dass  bei  der  S.  1001  und  in  Tab.  IV  erwähnten  Anlage  der  Mexican  Light 
and  Power  Company  der  Wunsch,  wegen  der  Erdbebengefahr  eine  möglichst  kleine 
bebaute  Grundfläche  zu  haben,  für  die  Wahl  stehender  Gehäuseturbinen  (Peltonräder) 
ausschlaggebend  gewesen  zu  sein  scheint,  sei  an  dieser  Stelle  noch  einmal  hervorgehoben. 

In  Tab.  IV  ad  b  sind  für  drei  Anlagen  die  Raumverhältnisse  des  Maschinensaals 
angegeben. 

5.  KrafthIuser  mit  liegenden  Gehäuseturbinen.  Anlagen  dieser  Art  sind  natur- 
gemäss  die  bei  weitem  häufigsten,  da  sie  für  alle  Gefalle  von  mehr  als  etwa  4,0  m  ver- 
wendbar sind.  Man  ist  hierbei  in  der  Wahl  der  Stellung  des  Krafthauses  an  einem 
gewählten  Platz  weniger  beschränkt,  da  man  mit  dem  Druckrohr  beliebige  Krümmungen 
machen  kann,  wenngleich  man  selbstverständlich  zur  Vermeidung  von  Gefällverlusten 
und  schwierigen  Krümmerkonstruktionen  der  wenigst  gekrümmten  Linienführung  des 
Druckrohres  an  sich  den  Vorzug  zu  geben  hat. 

Über  die  verschiedene  Art  der  Einmündung  der  Druckrohre  in  die  Turbinen  wurde 
bereits  in  §  4,  Druckrohre,  S.  943—945,  berichtet.  In  Tabelle  V  sind  Angaben  über  den 
Flächenraum  des  Maschinensaals  bei  17  Anlagen  gemacht  und  zwar  ist  unterschieden  in 
I.  Krafthäuser  mit  voll  beaufschlagten  Gehäuseturbinen, 

a)  einreihige  Aufstellung, 

b)  zweireihige  Aufstellung. 

II.  Krafthäuser  mit  teilweise  beaufschlagten  Hocbdruckturbinen. 

Namentlich  das  Beispiel  des  Krafthauses  der  Urfttalsperre  (Tab.  V  ad  13)  zeigt, 
dass  die  zweireihigen  Anlagen  den  geringsten  Bedarf  an  Bodenfäche  pro 
100  PS«  haben,  was  sich  daraus  erklärt,  dass  man  den  Mittelgang  für  beide  Reihen 
zum  Absetzen  der  Stücke  bei  Reparaturen  zur  Verfugung  hat.  Der  Mittelgang  braucht 
nicht  viel  breiter  zu  sein  als  der  Streifen  zwischen  den  Stromerzeugern  und  der  zunächst 
liegenden  Längswand  bei  einreihiger  Aufstellung.  Ein  Zahlen  beispie  1  wird  am  besten 
klar  machen,  welche  Ersparnis  an  Grundfläche  des  Maschinensaales  bei  zweireihiger 
Aufstellung  möglich  ist. 


III.     Theodor  Koshs.     Ausbau  toh  W. 


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§  6. 


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1018  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Als  Beispiel  sei  die  Anlage  Funghera  (Taf.  X,  Fig.  11)  genommen  und  vorausgesetzt,  das*, 
wie  dort  tatsächlich  der  Fall,  sechs  Maschinensätze  aufzustellen  seien.  Wenn  dann  die  Lange  des 
Maschinensatzes  in  der  Richtung  der  Welle  gemessen  8,0  m,  die  Breite  lotrecht  dazu  4,5  m,  der  Mindest  - 
abstand  der  Maschinenteile  von  den  Umfassungswänden  zu  2,0  m,  der  Mindestabstand  der  Maschinen 
untereinander  zu  3,8  m,  die  Breite  des  Bedienungsganges  längs  der  Generatoren  bei  einreihiger  Auf- 
stellung mindestens  zu  3,0  m,  der  Mittelgaog  bei  doppelreihiger  Aufstellung  zu  3,5  m  angenommen  wird, 
so  ist  unter  Weglassung  aller  Hilfsmaschinen,  für  welche  der  Raumbedarf  in  beiden  Fällen  als  gleich 
angenommen  werden  kann 

die  Bodenfläche: 

a)  bei  einreihiger  Aufstellung  (Welle  lotrecht  zur  Längsachse  des  Maschinensaals) 

|6x4,5-f2  x2  +  (6-  1).  3,8]  X  [2,0  +  8,0  +  3,0]  =  650  qm, 

b)  bei  zweireihiger  Aufstellung:  * 

[3x4,5  +  2x2  +  (3-l).3,8)X[2x2,0  +  2x8f0  +  8,5]  =  589,85  qm. 

Die  einreihige  Anordnung  ad  a  erfordert  also  ca.  ll°/o  mehr  Bodenfläche  als  die 
zweireihige.  Aach  die  Wege,  welche  der  Laufkran  und  die  Maschinenwärter  zurückzu- 
legen haben,  werden  bei  der  zweireihigen  Anlage  kleiner.  In  der  Regel  stellt  man  die 
Maschinen  mit  ihrer  Welle  lotrecht  zur  Längsachse  des  Maschinensaals.  Als  Aus- 
nahme sei  auf  die  Anlage  Funghera  verwiesen,  bei  der  die  Maschinenwellen  parallel 
zur  Längsachse  stehen.  Bei  der  Anlage  La  Goule  wurde  die  zuletzt  aufgestellte 
grössere  liegende  Maschine  parallel  zur  Längsachse  aufgestellt,  weil  die  zuerst  auf- 
gestellten Maschinen  stehende  waren  und  der  Maschinensaal  deshalb  nur  eine  Breite  von 
8,0  m  hatte.  Die  Aufstellung  der  Wellen  parallel  zur  Längsachse  des  Maschinensaals, 
gegen  welche  sich  auch  vom  betriebstechnischen  Standpunkte  nichts  einwenden  lässt 
darf,  was  den  Bedarf  an  Bodenfläche  betrifft,  mit  der  Aufstellung  der  Wellen  lotrecht 
zur  Längsachse  als  gleichwertig  gelten.  Das  mag  an  dem  obigen  Beispiel  der  Anlage 
Funghera  kurz  zahlenmässig  erläutert  werden. 

Bei  den  oben  angegebenen  Massen  verlangt 
c)  die  zweireihige  Aufstellung  mit  den  Wellen  parallel  zur  Längsachse 

[3 x  8,0 +  2 X 2 +  2 x  3,8]  x  [2x2,0  +  2x4,5  +  3,5]  =  587,4  qm 
also  fast  genau  dieselbe  Bodenfläche  wie  die  zweireihige  Aufstellung  ad  b. 

Die  Ausmündungen  der  Saugrohre  müssen  natürlich  unter  dem  tiefsten 
Wasserstande  im  Turbinenkanal  liegen.  Je  nach  der  Lage  des  Unterwasser- 
kanals, oder  wo  solcher  fehlt,  des  Flusslaufes  zum  Krafthause  ist  entweder  die  Anlegung 
eines  gemeinsamen  Turbinenkanals,  sei  es  für  alle,  sei  es  für  einzelne  Gruppen 
von  Maschinen  oder  die  Anlegung  je  eines  Turbinenkanals  für  jede  Turbine  baulich 
die  billigste  Lösung.  Betriebstechnisch  ist  an  sich  die  letztere  Lösung  deshalb 
vorzuziehen,  weil  dann  jede  Turbine  völlig  unabhängig  von  der  anderen  wird.  Aller- 
dings darf  man  die  Bedeutung  dieses  Grundes  nicht  überschätzen,  da  Reparaturen  an 
den  Turbinenkanälen  sehr  selten  vorkommen. 

Je  einen  besonderen  Turbinenkanal  für  j e d e  Turbine  haben  die  Anlagen  der  Tabelle  V 
ad  1,  3,  4,  6,  9  und  16. 

Zwei  parallele  Turbinenkanäle  die  Anlagen  ad  2,  11  und  18. 

Einen  gemeinsamen  Turbinenkanal  die  Anlagen  ad  5,  8,  10,  12,  14  und  15. 

Ist  die  Möglichkeit  vorhanden,  dass  ausnahmsweise  das  Unterwasser  im  Kanal 
oder  Fluss  nach  Betriebspausen  oder  bei  ungewöhnlicher  Trockenheit  oder  wenn  ein 
Staubecken  oberhalb  vorhanden  ist,  so  tief  absinken  kann,  dass  die  Saugrohre  nicht 
mehr  eintauchen  könnten,  so  muss  man  in  dem  Turbinenkanal  oder  in  den  Turbinen- 
kanälen  kleine  Stauschwellen  anordnen  oder  durch  eine  bewegliche  Schützenanlage  die 
erforderliche  Eintauchtiefe  der  Saugrohre  sicherstellen. 

Als  Beispiele  seien  angeführt  die  Anlagen: 

1.  Les  CUes  (Taf.  XIX,  Fig.  4),  3.  Champ  (Füre  et  Jforge)  (Taf.  XLUI,  Fig.  2), 

2.  Kubelwerk  (Taf.  XXIf  Fig.  4),  4.  Ontario  Power  Co.  (Tat  XLIV,  Fig.  *). 


§  6.  Krafthäüser.    A.  Der  bauliche  Teil.  1019 

Die  Abmessungen  der  Turbinenkanäle  wird  man  meistens  so  treffen,  dass  die 
Geschwindigkeit  des  Wassers  in  ihm  bei  grösster  Belastung  der  Turbinen  1,5  m/sek. 
nicht  wesentlich  übersteigt. 

Wenn  das  Krafthaus  hart  am  Unterwasserkanal  oder  am  Flusse  liegt  und  ein 
genügend  hoher  Wasserstand  stets  als  vorhanden  vorausgesetzt  werden  darf,  ist  die  ein- 
fachste Lösung,  gar  keinen  Turbinenkanal  anzulegen,  sondern  die  Saugrohre  direkt 
ins  Unterwasser  ausmünden  zu  lassen,  wie  bei  der  Anlage  St.  Maurice  Lau- 
sanne (Taf.  XXIX,  Fig.  12). 

6.  Die  Kabelkanäle.  Im  Interesse  der  Betriebssicherheit  ist  es  erforderlich,  die 
von  den  Maschinen  zu  dem  Schaltraum  führenden  Kabel  in  einem  möglichst  geräumigen 
Kabelkanal  unterzubringen.  Dieser  Kabelkanal  iquss  jederzeit  leicht  zugänglich  sein  und 
hochwasserfrei  liegen.  Seine  Abmessungen  sind  so  zu  wählen,  dass  die  einzelnen  Kabel 
mit  den  nötigen  Abständen  so  neben-  oder  übereinander  liegen  können,  dass  kein  Kabel 
verschoben  zu  werden  braucht,  um  an  ein  anderes  heranzukommen. 

Die  vollkommenste  Anlage  entsteht,  wenn  unter  dem  Maschinen- 
flur ein  bequemer  begehbarer  Kanal  mit  wenn  möglich  direkter  Tages- 
beleuchtung (Fenster)  vorgesehen  wird,  wie  z.  B.  bei  der  Anlage  Beznau  (Taf.  XXIV, 
Fig.  2).  Die  Kabel  können  in  begehbaren  Kanälen  auf  einfachen  Stützen  beiderseits  an 
den  Seitenwänden  untergebrächt  und  durch  verschiedenfarbige  Anstriche  so  deutlich 
gemacht  werden,  dass  man  auf  den  ersten  Blick  übersieht,  zu  welcher  Maschine  jedes 
Kabel  gehört  und  an  welche  Maschinenklemmen  es  angeschlossen  ist.  Die  nachfolgende 
Tabelle  VI  enthält  einige  vergleichende  Angaben  über  Grössenverhältnisse  von  Kabel- 
kanälen. Wenn  zwischen  der  Höhe  des  Maschinenflurs  und  dem  höchsten 
Unterwasserstande  der  Platz  fehlt,  um  einen  begehbaren  Kabelkanal 
unterzubringen,  so  wird  man  sich  allerdings  begnügen  müssen,  in  den 
Maschinenflur  mit  Riffelplatten  oder  Holztafeln  abzudeckende  Kabel- 
kanäle anzulegen,  wie  z.  B.  bei  den  Anlagen  Wangen  (0,60  m  breit  und  0,20  tief) 
(Taf.  XXHH,  Fig.  2).  Hierbei  wird  natürlich  die  Querschnittsfläche  des  Kabelkanals 
pro  100  aufgestellter  Maschinen-PSe  oder  KW  sehr  viel  kleiner  als  bei  den  begehbaren 
und  auch  noch  viel  kleiner  als  bei  den  halbbegehbaren  (Beispiel  Funghera,  vergl. 
Tab.  VI).  Bei  der  Anlage  Jonage-Cusset-Lyon  wählte  man  gleichfalls  einen  mit 
Riffelplatten  abgedeckten  Flurkanal  (0,87  m  breit  und  0,30  m  tief)  (S.  521),  obwohl  hier 
das  Verhältnis  von  Flurhöhe  und  H.W.  im  Unterwasser  die  Anlegung  eines  begehbaren 
Unterflurkanals  gestattet  hätte. 

7.  Die  Schalträume.  Bei  zahlreichen,  älteren  Krafthäusern  haben  die  Erbauer  des 
Krafthauses  keine  genügende  Bücksicht  auf  die  Raumbedürfnisse  des  Elektrotechnikers 
für  die  Unterbringung  seiner  Schaltapparate  genommen.  Es  sind  daher  aus  einer  Zwangs- 
lage heraus  oft  allzu  gedrängte  Schaltanlagen  entstanden,  welche  die  Übersichtlichkeit 
erschweren,  Gefahren  für  die  Bedienungsmannschaften  im  Gefolge  haben  und  alle  Repa- 
raturarbeiten an  der  Schaltanlage  verteuern  und  verlangsamen.  Wenn  man  die 
Raumbedürfnisse  für  die  Schaltanlage  nicht  genügend  berücksichtigt, 
so  wird  sich  ein  solcher  Fehler  stets  in  unliebsamer  Weise  in  den 
Betriebskosten  bemerkbar  machen.  In  Tabelle  VII  ist  eine  vergleichende 
Zusammenstellung  gegeben,  welche,  soweit  es  bei  dem  verfügbaren  Material  möglich 
war,  ein  ziemlich  zutreffendes  Bild  gibt,  wie  gross  die  verfügbare  Bodenfläche  pro  100 
aufgestellte  Maschinen-PS«  und  KW  bei  den  verschiedenen  Anlagen  gewählt  wurde. 


III.     Theodor  Koehn.     Ausbau  ton  Wasserkräfte».     EnrzEiAKrrnc. 


1 

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§  6. 


A.  KhafthIuheh.  Des  bauliche  Teil. 


1021 


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08 


1022 


III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


Tabelle  VII. 


Übersicht  Aber  die  Grosse  der  Bodenuacbe 


55 


Bezeichnung  der 

Anlage  und  Art 

des  Stromes 


1. 


2. 


3. 


6. 


7. 


Vizzola,  Taf.  II, 
Drehs  trom 

Turbigo,  Taf.  VIII, 
Drehstrom 

Pont  St  Martin, 
Taf.  XV,  Drehstrom 

Wangen,  Taf. 
XXIII,  Drehstrom 

Bergamasca, 
Tuf.  IX,  Drehstrom 


Funghera,  Taf.  X, 
Drehstrom 


Kubelwerk, 
Taf.  XXI,  Dreh  ström 


8.    Ceres  Ala,  Taf.  XI, 
Drehstrom 


|i       Les  Clöes- 
;        Yverdon, 
i  Taf.XlX,Drehstrom 


10. 


11. 


La  Goule. 
Taf.  XVIII,  Em- 
phasen-Wechsel- 
strom 

Chevres, 
Taf.  XXVIII, 
Zweiphasen- 
Wechselstrom  und 
Gleichstrom 


1-.  i      La  Dernier- 
Vallorbe, 
'|  Drehstrom  und  Ein- 
,l     phasen- Wechsel- 
strom 
Taf.  XXXI  und  S.  466 


Anzahl  und  Gesamtleistung  der  in  dem 
Krafthause  aufgestellten 

sfttze 


a)  in  PS« 


b)  in  KW 


In 


Avignonnet. 

Drehstrom  und 

Gleichstrom 

(S.  504) 


10x2000  =  20000 


5X1500  =  7500 


5X1000  =  5000 


7x1500  =  10500 


1x400* 
Sx600}  =  8000 
1X800/ 

6x1500  =  9000 


4X500 

2x1000 

1  X  lOOOin  einer 

Dampfmaschine 


5000 


4x700  =  2800 


6x300=1800 


8X500  \ 
1X650     =3650 
1  X 1000 1 


15  X  1200  =  18000 


Aufgestellt  5  X  1000 

=  5000,  noch  Platz  für 

3  Sätze,  also  zusammen 

8000 


13500 


5065 


3875 


7090 


2025 


6075 


3375 


1890 


1215 


2466 


12150 


annung  an  den 
Maschinenklemmen 
in  Volt 


Spannung  in  der 

Fernleitung 

in  Volt 


also  zusammen 
5400 


11000 


11000 


3000 


11000 


7000 


8000 


10000 


12000 


5200 


5500 


2750  \  Wecbsel- 
5500 1    ström 


11000 


11000 


15000 


11000  u.  25000 


24000 


10000 


12000 


»200 


5500.  später  auf 

etwa  25000  V 

erhöht 


5500,  Wechsel- 
strom 


!!13500{ 

!  i 


Drehst rom  u. 

Einphasen- 

Wechsel- 

strom 


13  500 


Aufgestellt 
,|     4  X  1750, 
j;  noch  Platz  für 
'!     3  X  1750 


=  12250 


8267. 
3  Maschinen 
liefern  Droh- 
strom, 
1  Maschine 
Gleichstrom 


15  000  i,  15000  bis  260u- 

fttr  Drehstrom,  l>  für  Drehstrom. 

2400  .  2400 

2  für  Gleichstrom 

für  Gleichstrom  ■ 


§  6. 


Krafthätjbeb.    A.  Der  bauliche  Teil. 


L023 


Tabelle  VII. 


für  die  Schaltanlage  bei  16  Anlagen. 


8 


9 


Ungefähre  Boden- 
fläche der  Schalt- 
anlage in  qm 


In  wieviel  Etagen  ist  die 
Schaltanlage  unter- 
gebracht? 


Bodenfliehe  fa 
qm  der  Schaltan- 
lage pro  100  in 
dem  Krafthaas« 
«angestellter 

(nach  Spalte  8) 

a)  Pöe    b)  KW 


Bemerkungen 


419,0 


550,7 


128,0 


258,0 


Zusammen  133,7 


(5,4  X  15,30  X  2,0) 

+  H,0  X  10,2 

=  308,0 


90,0 


I    (3,10x10,0x2,0) 
+ 10,0  x  8,0 
=  142,0 


10,40  X  3,75  =  40,13 


Zusammen  rd.  132 


Zusammen  295 


752 


390,0 


4  Etagen 


4  Etagen 


1  Etage 


2  Etagen 


1  Etage 


2,09 


7,30 


2,56 


2,46 


3,10 


10,9 


3,8 


3,64 


Knapp 


Sehr  geräumig 


Transformatorenanlage  im  Krafthause 


i 


4,44       6,66 


Der  Raum  unter  dem 

Podium  der  8chalttafel  ist 

mitgerechnet,  im  übrigen  in 

einer  Etage 


4  Etagen 


Der  Raum  unter  dem 

Podium  der  Schalttafel  ist 

mitgerechnet,  im  übrigen  in 

einer  Etage 

1  Etage 


3,42 


2  Etagen 


4  Etagen 


4  Etagen 


4  Etagen 


5,07 


Schaltanlage  an  einem  Ende  des-  Ha- 

schinensaales.    Der  Strom  wird  in  dem 

Krafthause  transformiert 


1,8 


5,1 


2,23 


3,60 


1,64 


2,66 


7,5 


3,30 


5,35 


2,43 


a)9,4 
b)6,9 


3,18 


14,0 
10,1 


4,72 


Knapp 


Schaltanlage  an  einem  Ende  des  Ma- 
schinensaales.   Der  Strom  wird  in 
Fnnghera  transformiert 


Sehr  knapp  mit  Rücksicht  auf  die  Klein- 
heit der  Maschinen-Sätze 


Zu  knapp  (rergl.  S.  452) 


Reichlich 

a)  Wenn  für  die  drei  freien  Plätze  Sätze 

zu  1000  PSe 

b)  Wenn  solche  von  2000  PSe  aufgestellt 

werden 


1024 


IIL    Theobor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheitex. 


Fortsetzung  der  Tabelle  VII. 


1 

2                 |                                  8 

4                              5 

2 

Bezeichnung  der 

Anlage  und  Art 

des  Stromes 

i, 

Anzahl  und  Gesamtleistung  der  in  dem 
Krafthause  aufgestellten  Maschinen- 
sätze 

Spannung  an  den 

Maschinenklemmen 

in  Volt 

1                  : 

Spannung  in  der 
in  Volt 

^ 

a)  in  PS« 

b)  in  KW 

i 

14. 
15. 

16. 

Urft-Talsperre, 

Taf.  XLVIII, 

Drehstrom 

Morbegno, 

Taf  XVII,  Fig.  7 

Drehstrom 

Beznau, 

Taf.  XXIV  und 

Taf.  LXXV1II 

Drehstrom 

Aufgestellt   * 
6x2000, 
Platz  fQr  noch 
2X2000 

Aufgestellt 

8x2000, 

Platz  für  noch 

1X2000 

11X1000  = 

=  16000 

=  8000 
11000 

10800, 
Drehstrom 

5400 
7425 

5000 

20000 
8000 

35000,  Transfor- 
matoren im 
Krafthanse 

20000 
8000  u.  25000 

Wenn  die  ganze  Kraft  für  ein  und  denselben  Abnehmer  bestimmt  ist,  wie  bei 
der  Anlage  Morbegno  (S.  392),  so  wird  naturgemäss  die  Schaltanlage  sehr  vereinfacht 
und  der  Raumbedarf  kleiner,  aber  die  bei  der  genannten  Anlage  gewählten  Abmessungen  sind 
dennoch  sehr  knapp  (Taf.  XVII,  Fig.  7  und  Taf.  LXXIX,  Fig.  5).  Bei  den  Anlagen  Rhein- 
felden  nnd  Lechwerk-Gersthofen  wird  der  grösste  Teil  der  Kraft  in  Form  von 
Gleichstrom  an  Grosskonsumenten  abgegeben,  deren  Etablissements  in  der  Nihe  des 
Krafthanses  liegen.  Auch  hierbei  ergibt  sich  infolgedessen  ein  kleinerer  Raumbedarf. 
Ferner  nimmt  natnrgemäss  der  Raumbedarf  pro  100  aufgestellte  Maschinen-PS»  oder 
KW  mit  der  Grösse  der  Maschineneinheiten  ab. 

Die  verfügbaren  Bodenflächen  z.  B.  bei  den  Anlagen  Vizzola  S.  352,  Les  C16es 
Yverdon  S.  405,  Kubelwerk  S.  415,  Chevres  S.  452,  Urfttalsperre  S.  593. 
Lechwerk-Gersthofen  S.  569,  Rheinfelden  S.  584  haben  sich  als  recht  beengt 
herausgestellt.  Man  sollte  daher  bei  neuen  Anlagen,  wenn  es  sich  um  kleinere  Ein- 
heiten bis  zu  600  PS#  handelt,  nicht  weniger  als  4  bis  5  qm  pro  100  aufgestellte 
Maschinen-PS«  zur  Verfügung  stellen,  sofern  die  Leitung  des  gesamten  Stromes  nach 
einer  Stelle  erfolgt  und  nicht  weniger  als  8  bis  10  qm,  wenn  eine  Verteilung  des 
Stromes  auf  verschiedene  Linien  in  Frage  kommt.  Bei  grösseren  Einheiten  wurden 
3  bis  4  qm  pro  100  aufgestellte  Maschinen-PS«  genügen,  sofern  der  Strom  zum  grasten 
Teil  nach  einer  Stelle  geleitet  wird  und  6  bis  8  qm,  sofern  die  Verteilung  auf  ver- 
schiedene Leitungsstränge  zu  erfolgen  hat. 

Wird  der  Strom  noch  in  dem  Krafthause  selbst  transformiert,  so  ist  es  za 
empfehlen,  für  die  Bodenfläche  des  Schaltraumes  Zuschläge  zu  den  obigen  Zahlen  von 
etwa  1  bis  l1/*  qm  pro  100  aufgestellte  PS«  zu  machen. 

Im  Teil  B  dieses  §  (S.  1055)  werden  noch  einige  Angaben  über  die  erforderlichen 
Mindestlängen  nnd  Breiten  von  Schalträumen  folgen,  auf  die  hier  verwiesen  sei. 

Nur  bei  sehr  grossen  Krafthäusern  wird  die  Unterbringung  der  Schaltanlage  für  die 
Fernleitungen  —  getrennt  von  derjenigen  der  Maschinen,  welche  im  Maschinensaal 
bleiben  muss  —  in  einem  besonderen  Hause  in  Frage  kommen.  Eine  solche  Anord- 
nung wurde  z.  B.  bei  der  Ontario  Power  Co.  (205000  PS«)  (Taf.  XLIV,  Fig.  4  und  5 
und  S.  544)  gewählt.     In-  der  Regel   findet  die  Schaltanlage  ihren  Platz  entweder  in 


§  6. 


Kbafthauser.    A.  Der  bauliche  Teil. 


1025 


Fortsetzung  der  Tabelle  VII. 


6 


Ungefähre  Boden- 
flftche  der  Schalt- 
anlage in  qm 


In  wieviel  Etagen  ist  die 
Schaltanlage  unter- 
gebracht? 


8 


Bodenfliehe  in 
qmderSchftHan- 
Mge  pro  100  in 
dem  ErafthanM 
aaJjrefttelltor 
(dm£  Spalt«  8) 


PS« 


in  KW 


9 


Bemerkungen 


(15,50  X  828) 

+  2  (20,68  X  6,34) 

=  812,4 


97,0 


497 


8  Etagen 
(vergi.  S.  1056) 


1  Etage.    Darstellung  des 

Schaltraumes  Taf.  LXXIX, 

Fig.  6 


4  Etagen 


1,95 


1,21 


4,5 


2,89 


1,79 


6,7 


Transformatoren  im  Krafthause, 
Raum  knapp 


Strom  wird  ausschliesslich  zum  Betriebe 
der  elektrischen  Vollbahn  Lecco-Collico- 
Chiavenna  und  Collico-Sondrio  ver- 
wendet.   Raum  trotzdem  zu  knapp. 

Geräumig. 


einem  in  der  Mitte  oder  am  Ende  des  Maschinensaales  liegenden  Anbau.  Die  letztere 
Anordnung  hat  den  Vorzug,  dass  die  Schaltbrettwärter  mit  einem  Blick  den  ganzen 
Maschinensaal  übersehen  können,  wenn,  was  fast  immer  der  Fall  ist,  sie  ihren  Stand- 
punkt auf  einem  erhöhten  Podium  haben.  Bei  der  Lage  in  der  Mitte  kann  man 
meistens  eine  bessere  Beleuchtung  durch  Seitenlicht  erzielen  und  alle  Maschinenkabel 
werden  kürzer.  Letztgedachte  Ersparnis  an  Ä^schinenkabel  wird  allerdings  u.  U.  hin- 
fällig, wenn  die  Fernleitungen  in  Richtungen  der  Längsachse  des  Maschinensaals  abgehen 
und  man  daher  den  Strom  in  der  Hälfte  der  Maschinenkabel  in  entgegengesetzter 
Richtung  zu  derjenigen  der  Fernleitung  führt. 

Sehr  geräumig  und  übersichtlich  sind  z.  B.  die  Schaltanlagen  bei  der  Anlage 
La  Dernier-Vallorbe  (Abb.  91  und  92,  S.  466,  Taf.  XXXI,  Fig.  2  bis  5  und  Tab.  VH 
ad  12),  wo  der  Schaltraum  in  der  Mitte  und  bei  der  Anlage  Beznau  (Taf.  LXXVIII 
Tab.  VII  ad  16),  wo  der  Schaltraum  am  Ende  des  Maschinensaales  liegt. 

Für  die  Übersicht  des  Schaltbrettwärters  sind  Schaltpulte,  wie  bei  der  Anlage 
Beznau  (Taf.  LXXVIII,  Fig.  1  und  2)  oder  drehbare  in  einer  Bogenlinie  um  den  Sitz 
des  Wärters  aufgestellte  Schaltsäulen  (S.  1060)  am  meisten  zu  empfehlen,  weil  der 
Wärter  hierbei  mit  dem  Gesicht  nach  dem  Maschinensaal  seinen  Dienst  verrichtet. 

Um  an  bebauter  Fläche  zu  sparen,  wird  zweckmässig  die  gesamte  für  die  Schalt- 
anlage erforderliche  Bodenfläche  auf  mehrere  (2 — 4)  Etagen  verteilt.  Hierbei  ist  die 
wünschenswerte  räumliche  Trennung  der  Niederspannung»-  und  Hochspannungsanlagen 
auf  die  einfachste  Weise  durchführbar.  Die  Blitzschutzvorrichtungen  zum  Schutze  der 
Fernleitung,  der  Schaltanlage  und  Maschinen  (S.  1056  u.  1060)  werden  bei  oberirdischen 
Fernleitungen  am  besten  in  der  obersten  Etage  untergebracht  (Taf.  LXXVIII,  Fig.  2 
und  3,  Blitzschutzanlage  La  Dernier-Vallorbe  und  Abb.  356  desgl.  Beznau). 

Wände,  Boden  und  Decken  der  Schalträume  sollten  stets  aus 
unbrennbaren  Stoffen  hergestellt  werden.  Man  sollte  also  die  Verwendung 
von  Holz  für  Fenster  und  Decken  und  Asphalt  und  Holz  als  Fußbodenbelag  ausschliessen. 
In  den  Räumen,  wo  ölwiderstände  aufgestellt  werden  sollen,  muss  jede  Öffnung  in  dem 
Fussboden,  durch  welche  etwa  Kabel  heraufgeführt  werden  mit  einem  5  bis  10  cm  hohen 
unverbrennbaren  Rand  umgeben  sein,  ebenso  müssen  die  abwärts  führenden  Treppen  in 

Handball  d«r  Int-WiaMnieh.    UL  T«fL    18.  Bd.  65 


§  6.  KbafthIübbk.    A.  Deb  bauliche  Teil.  1027 

den  Raum  so  einmünden,  dass  man  von  einer  kleinen  Stufe  auf  den  Fussboden  herab- 
steigt, damit  das  etwa  durch  Blitzschlag  oder  Kurzschluss  entzündete  brennende  Öl, 
wenn  die  ölgefässe  zerspringen  sollten  auf  keinen  Fall  in  die  unteren  Etagen  herab- 
fliessen  kann.  Ferner  sollte  man  dem  Fussboden  solcher  Räume  ein  Gefälle  nach  einer 
Aussenwand  geben  und  in  dieser  einige  Ausgüsse  ans  glasiertem  Ton  anbringen, 
durch  welche  notfalls  brennendes  öl  unschädlich  ins  Freie  geführt  wird. 

Für  den  Austritt  der  Hochspannungsleitungen  ans  dem  Gebäude  legt  man  meistens 
für  jeden  Draht  oder  für  je  zwei  bis  drei  Drähte  eine  besondere  Öffnung  an,  welche 
am  besten  mit  einem  feuerfesten  Material  ausgekleidet  wird.  Zur  weiteren  Isolierung 
wird  dann  der  Draht  innerhalb  der  Wand  selbst  meistens  in  einem  starken  Glasrohr 
geführt 

Beim  Entwurf  aller  einschlägigen  baulichen  Einzelheiten  sollte 
der  Bauingenieur  stets  in  engster  Fühlung  mit  dem  Elektrotechniker 
bleiben. 

8.  Die  Transformatorenräume.  Soll  der  Strom  nicht  mit  der  Maschinenspannung, 
sondern  mit  einer  erhöhten  Spannung  in  die  Fernleitungen  geschickt  werden  (vergl. 
Tab.  II,  S.  1003  u.  ff.),  so  ist  möglichst  in  unmittelbarem  Zusammenhange  mit  dem  Schalt- 
raum ein  Raum  für  Transformatoren  vorzusehen.  Man  wird  die  Transformatoren  wegen 
ihres  grossen  Gewichtes  mit  Vorliebe  zur  ebenen  Erde  oder  in  einem  durch  eine  flach- 
geneigte Rampe  zugänglichen  Kellergeschoss  unterbringen  und  zwar  so,  dass  der  Schalt- 
raum für  die  Hochspannung  direkt  darüber  liegt. 

Beispiele  hierfür  sind  die  Anlagen: 

1.  Fanghera  (Taf.  X,  Fig.  11  und  8.  369),  5.  Champ  (Füre  et  Morge)  (Taf.XLIII,  Fig.  5 

2.  Eanderwerk   (Taf.  XXV,  Fig.  4,  Taf.  und  S.  540), 

XXVI,  Fig.  5  und  Abb.  88,  S.  440),  6.  Urfttalsperre  (Taf.  XLVIII,  Fig.  8  und 

8.  B  e  s  n  a  n  (Taf.  LXXV1II,  Fig.  2  and  8. 485),  8.  593). 

4.  Kykkelsrad  (Taf.  XXXIV,  Fig.  8  and 

&  491), 

Man  versieht  den  Transformatorenraum  in  der  Regel  mit  einem  Gleise,  auf  welchem 
ein  nach  Art  der  Schiebebühnen  ausgebildeter  Wagen  läuft  Lotrecht  zu  dem  Haupt- 
gleise  werden  dann  bei  grösseren  Transformatoren  kleine  Gleise  (für  jeden  Transformator 
eines)  angelegt,  auf  welchen  die  einzelnen,  auf  kleinen  Wagengestellen  stehenden  Transfor- 
matoren geschoben  werden.  Auf  diese  Weise  ist  es  leicht,  die  schweren  Stücke  schnell 
auszuwechseln. 

Wegen  der  Lüftung  der  Transformatorenräume  vergl.  S.  998.  Für  die  Be- 
messung des  Raumbedürfnisses  ergeben  einerseits  die  angezogenen  Beispiele  Anhalts- 
punkte, andererseits  werden  noch  einige  Zahlenangaben  im  Teil  B  dieses  §  S.  1056 
u.  ff.  folgen.  Bei  der  Konstruktion  der  Decke  ist  auf  die  zahlreichen  elektrischen 
Leitungen,  welche  sie  durchdringen  müssen,  entsprechend  Rücksicht  zu  nehmen.  Es  sind 
deshalb  ebenso,  wie  beim  Entwurf  des  Schaltraumes,  sorgfältige  Erkundigungen  bei  dem 
entwerfenden  Elektrotechniker  nötig. 

Wenn  Wasserkühlung  der  Öltransformatoren  vorgesehen  werden  soll,  ist  auf 
die  von  dem  Druckrohr  oder  den  Turbinenkammern  abzuzweigenden  Kühlwasserleitungen 
Bedacht  zu  nehmen.  Bei  Luftkühlung  der  Transformatoren  werden  zweckmässig  ent- 
sprechende Luftkanäle  unter  dem  Transformatorenräume  (vergl.  Anlage  Kykkelsrud) 
angelegt,  über  deren  Abmessungen  man  sich  nach  den  Angaben  (S.  998)  ein  ungefähres 
Bild  machen  kann.  Einer  ständigen  Bedienung  bedürfen  die  Transformatoren  nicht  und 
man  hat  deshalb  in  einigen  der  neuesten  Anlagen,  wie  z.  B.  bei  der  mehrerwähnten 

65* 


1028  .       III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  WabsebkrIvtbk.    Einzelheiten. 

Anlage  in  Brusio  (S.  359  und  940  und  919)  jedön  einzelnen  Transformatorenstand  an 
drei  Seiten  durch  Monierwände  und  vorn  nach  dem  Schiebebühnengleis  zu  durch  eine 
Wellblechjalousie  abgeschlossen.  Schliesst  man  die  letztere,  so  ist  jede  Gefahr  der 
Berührung  der  Transformatoren  durch  Unachtsamkeit  etc.  ausgeschlossen. 

Kleinere  Transformatorenräume  sind  auf  Taf.  LXXIX  in  Fig.  4  (Krafthaus  Pont 
St.  Martin)  und  in  Fig.  2  (Transförmatorenunterstelle  in  Voiron  der  Anlage  Champ, 
Füre  et  Morge)  dargestellt. 

9.  Die  Nebenräum©.  Zu  jedem  Krafthause  gehört  eine  Reparaturwerkstatt, 
in  welcher  kleinere  Reparaturen  ausgeführt  werden  können.  Je  nach  der  Zahl  und 
Grösse  der  aufgestellten  Maschinen  ist  dieselbe  mit  einem  Schmiedefeuer,  einigen  Dreb- 
und  Hobelbänken,  sowie  mit  Arbeitsbänken  und  Schraubstöcken  auszurüsten.  Die  Repa- 
raturwerkstatt wird  meistens  an  einem  Ende  des  Maschinensaales  derart  angelegt,  dass 
die  Stücke,  welche  von  dem  Laufkran  auf  einen  Wagen  gelegt  sind,  leicht  und  bequem 
in  die  Werkstatt  geschoben  werden  können,  wie  z.  B.  bei  den  Anlagen: 

1.  Champ  (Füre  et  Morge)  (Taf.  XLIII,  8.  Pont  St.  Martin  (Taf.  XV,  Fig.  1); 
Fig.  1);                                                              4.  Morbegno  (Tat  XVII,  Fig.  7); 

2.  Ceres  Ala  (Taf.  XI,  Fig.  6);  5.  ürfttalsperre  (Taf.  XLVIII,  Fig.  8). 

Bei  der  Anlage  La  Dernier-Yallorbe  ist  an  einem  Ende  des  Maschinensaals 
ein  4  m  breiter  Streifen  desselben  als  Werkstatt  benutzt  (Taf.  XXXI,  Fig.  2  und  3). 
Diese  Anordnung  hat  den  Vorzug,  dass  man  die  Stücke  direkt  mit  dem  Kran  in  die 
Werkstatt  bringen  und  auf  die  Arbeitsbank  legen  kann.  Wenn  man  das  Schmiedefeuer 
ausserhalb  unterbringt,  so  wird  in  der  Werkstatt  kein  Staub  erzeugt  und  lässt  sich  auch 
aus  diesem  Gesichtspunkte  nichts  gegen  diese  Anordnung  einwenden. 

Bei  der  Anlage  Chevres  wurden  in  einem  besonderen  Gebäude,  welches  am  Ende 
des  Vorbeckens  lotrecht  zum  Krafthause  Aufstellung  gefunden  hat,  im  Kellergeschosse 
die  Transformatoren  und  darüber  die  Reparaturwerkstatt  untergebracht  (S.  452). 

Zu  den  unentbehrlichen  Nebenräumen  gehören  ferner  helle  und  mit 
abwaschbaren  Fussboden,  Wänden  und  Türen  versehene  Klosetträume  für  die  Auf- 
sicht führenden  Angestellten  und  das  Bedienungs- Personal,  ferner  ein  heizbarer  Baum 
mit  Kleiderschränken  für  das  Personal,  ein  heller  und  geräumiger  Lagerraum 
für  Schmier-  und  Putzmaterial  und  ein  desgl.  für  Reserveteile. 

Wünschenswert  sind  ferner  ein  oder  zwei  Diensträume  für  die  Aufsicht  und 
ein  Baderaum  für  das  Bedienungs -Personal.  Alle  diese  Nebenräume  müssen 
möglichst  hell  und  aus  gutem  Material  hergestellt  werden,  damit  überall 
und  jederzeit  im  ganzen  Krafthause  die  peinlichste  Ordnung  und  Sauber- 
keit verlangt  und  erzielt  werden  kann. 

Bei  einigen  Anlagen  sind  auch  Wohnungen  in  dem  Krafthause  mit  untergebracht» 
wie  z.  B.  bei  den  Anlagen  Morbegno,  Lechwerk-Gersthofen  und  Ürfttalsperre. 

Es  ist  gewiss  sehr  erwünscht,  dass  jederzeit  ein  Maschinist  und  vor  allen  Dingen 
der  Maschinenmeister,  auch  wenn  der  Betrieb  ruht,  im  Haus  sind  und  unter  Umstanden 
lässt  sich  durch  Ausnützung  des  Raumes  über  den  vorerwähnten  Nebenräumen  zu  Wohn- 
zwecken die  Anlage  billiger  herstellen,  als  wenn  man  besondere  Wohnhäuser  für  die 
Angestellten  baut.  Wo  *ber  die  letztgedachte  Ersparnis  nicht  erheblich  ins  Gewicht 
fällt,  sollte  man  die  Wohnungen  vom  Krafthause  trennen.  Der  Verkehr  zu  den  Woh- 
nungen verträgt  sich  meistens  nicht  gut  mit  dem  Betriebe  und  für  die  Grundrissbildung 
der  Wohnungen  ist  man  an  Verhältnisse  gebunden,  welche  an  sich  gar  nichts  mit  Woh- 
nungen zu  tun  haben.  So  werden  dann  solche  Wohnungen  meist  recht  nüchtern  und 
unwohnlich. 


§  6.  Krafthäüser.    B.  Die  elektrische  Einrichtuno.  1029 

Die  Wohnungen  in  getrennten  Häusern  können  dagegen  viel  behaglicher  ausfallen 
und  werden  meistens  nicht  wesentlich  teurer.  .Der  Raumbedarf  für  eine  Maschinen- 
meisterwohnung (Chef  d'usine)  ist  bei  kleineren  Anlagen  etwa  drei  Zimmer,  Küche, 
Mädchenstabe,  Kammer,  Badestube;  bei  grösseren  Anlagen  ein  Zimmer  mehr.  Die 
Maschinenwärter  und  ähnliche  Angestellte  erhalten  etwa  zwei  bis  drei  Zimmer,  Kammer, 
Küche  und  Badestube. 

10.  Die  Bedachung  des  Krafthauses.  Das  Dach  des  Maschinensaales  sollte, 
abgesehen  von  der  selbstverständlichen  Forderung  der  Wasserdichtigkeit,  möglichst  wärme- 
isolierend und  wenn  möglich  unbrennbar  sein.  Ferner  muss  die  Gefahr  des  Tropfens 
vermieden  werden. 

Alle  möglichen  Arten  von  Dächern,  bei  denen  die  obigen  Anforderungen  nicht 
oder  nur  zum  Teil  Erfüllung  gefunden  haben,  sind  aber  bei  Krafthäusern  tatsächlich 
verwendet  und  es  genügt  wohl  auf  die  im  Kapitel  II  beschriebenen  zahlreichen  Beispiele 
zu  verweisen.  Den  obengenannten  drei  wünschenswerten  Anforderungen  wird  entsprochen, 
wenn  man  wegen  der  Wärmeisolierung  metallische  Eindeckung  und  wegen  der  Unbrenn- 
barkeit  Holz  ausschliesst  und  ferner  indem  man  entweder  doppelte  Decken  mit  Luft- 
schicht oder  Decken  von  isolierendem  Material  in  grösserer  Dicke  hergestellt.  Bei  einer 
derartigen  Ausführung  erwärmt  sich  die  untere  Deckenfläche  so  stark,  dass  eine  Tropf- 
gefahr nicht  besteht. 

Die  Krafthäuser  der  Anlagen  Vi zzola  (Taf.  II,  Fig.  2  und  Abb.  87,  S.  350)  und 
Turbigo  (Taf.  VII,  Fig.  1)  sind  nach  dem  System  Bianchi  mit  Hohlziegelplatten 
unbrennbar  eingedeckt  (S.  352).  Bei  dem  Mittelbau  des  Krafthauses  Jonage-Cusset- 
Lyon  (Taf.  XL,  Fig.  3  und  Abb.  115,  S.  520)  ist  die  Eindeckung  durch  doppelte  Zement- 
platten mit  Luftschicht  erfolgt  und  die  Dichtung  durch  Holzzement  bewirkt  (vergl.  521). 
.Schwemmsteinkappen  zwischen  I  Trägern  wurden  zur  Eindeckung  bei  dem  Kraft- 
hause Urfttalsperre  (Taf.  XLVHI,  Fig.  9  und  10)  verwendet  (vergl.  S.  593).  Hier 
sind  ausserdem  durch  Rückfallflächen  des  Daches  äussere  Regenrohre, 
welche  leicht  einfrieren  können,  vermieden.  Die  Regenrohre  werden  im 
Innern  des  Maschinensaales  herab  und  in  die  Turbinenkanäle  hineingeführt,  was  bei 
ähnlichen  Anlagen  zur  Nachahmung  empfohlen  werden  kann. 


B.  Die  elektrische  Einrichtung  der  Krafthäüser. 

Hinzu  Taf.  LXXYIII  bis  LXXX. 
Bearbeitet  von  J.  Lauf  er,  Oberingenieur,  Berlin. 

Die  elektrische  Einrichtung  der  Krafthäuser  setzt  sich  zusammen  aus: 

1.  Den  Dynamomaschinen  (Generatoren  oder  Stromerzeuger), 

2.  der  Erregeranlage, 

3.  den  Verbindungsleitungen  zwischen  der  Schaltanlage  einerseits  und  den  Gene- 
ratoren, Erregermaschinen  und  Transformatoren  andererseits, 

4.  den  Transformatoren, 

5.  der  Schaltanlage, 

6.  dem  Blitz-  und  Überspannungsschutz, 

7.  der  Beleuchtung  des  Krafthauses. 

Im  {olgenden  sollen  die  sämtlichen  Teile  eines  elektrischen  Krafthauses  einer 
Besprechung  unterzogen  werden.  Im  Anschluss  hieran  sind  unter  8.  die  Gesichtspunkte 
für  die  Wahl  des  Stromsystems,   unter  9.   die  Theorie  der  Leitungsberechnung  kurz 


1030         IIL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

erörtert,  unter  10.  eine  Zusammenfassung  der  Bezeichnungen  und  Formeln  und  unter  11. 
Angaben  über  Gewichte  und  Preise  hinzugefugt. 

1.  Generatoren*  a)  Gleichstrommaschinen.  Die  Generatoren  setzen  die 
von  den  Turbinen  gelieferte,  mechanische  Energie  in  elektrische  um.  Bei  dieser  Um- 
wandlung werden  die  Erscheinungen  benutzt,  welche  man  unter  dem  Namen  Induktion1) 
zusammenfasst  und  worunter  man  die  gegenseitige  Beeinflussung  eines  magnetischen  Feldes 
und  eines  in  diesem  befindlichen  elektrischen  Leiters  versteht. 

In  einem  Leiter,  der  sich  in  einem  magnetischen  Felde  befindet,  wird  eine  elektro- 
motorische Kraft  (abgek.  E.M.E.)  oder  eine  „Spannung"  hervorgerufen  (induziert), 
sobald  der  Leiter  in  dem  Felde  so  bewegt  wird,  dass  er  Kraftlinien  schneidet 

Bei  jeder  Dynamomaschine  wird  man  also  zwei  Hauptteile  unterscheiden  können: 
Einen  das  Magnetfeld  erzeugenden  Teil,  die  sog.  Feldmagnete,  und  einen  die  zu 
induzierenden  Leiter  tragenden  Teil,  den  Anker  der  Dynamo. 

Die  Induktion  in  einer  Dynamomaschine  geht  folgendermassen  vor  sich:  In 
Abb.  357  seien  N  und  S  der  Nord-  bezw.  Südpol  der  Feldmagnete.  Zwischen  diesen  Polen 
drehe  sich  in  der  Pfeilrichtung  der  Eisenring  a,  auf  welchem  sich  eine  aus  Kupferdraht 
hergestellte  Windung  b  zunächst  in  der  Stellung  1  befinden  möge.  Die  schwach  gezo- 
genen Pfeillinien  sollen  die  Kraftlinien  des  von  den  Feldmagneten  erzeugten  Magnet- 
feldes bezeichnen. 

Wir  wollen  zunächst  einmal  betrachten,  wie  die  Anzahl  der  in  einer  gewissen 
Zeit  —  z.  B.  pro  Sekunde  —  von  der  Windung  b  geschnittenen  Kraftlinien  während 
einer  Umdrehung  variiert.  Von  der  Stellung  1  aus  bewegt  sich  der  Ankerumfang  und 
mit  ihm  die  auf  ihm  liegende  Windung  während  einer  unendlich  kleinen  Zeit  parallel 
zur  Kraftlinienrichtung  und  daher  werden  während  dieser  Zeit  Kraftlinien  nicht 
geschnitten;  die  induzierte  E.M.K.  wird  also  in  der  Stellung  1  Null  sein.  Bewegt  sich 
jetzt  die  Windung  von  der  Stellung  1  auf  die  Stellung  2  zu,  so  wird  die  Anzahl  der 
pro  Sekunde  geschnittenen  Kraftlinien  immer  grösser  werden,  bis  sie,  wenn  die  Windung 
in  Stellung  2  angelangt  ist,  ihr  Maximum  erreicht.  In  Stellung  3  wird  die  Anzahl  der 
pro  Sekunde  geschnittenen  Kraftlinien  wieder  gleich  der  in  Stellung  1,  jedoch  treten  die 
Kraftlinien  von  der  anderen  Seite  in  die  Windung  ein  und  die  in  der  Spule  induzierte 
E.M.K.  wird  dementsprechend  ebenfalls  umgekehrt  gerichtet  sein 2).  In  Stellung  4  ist  die 
Anzahl  der  geschnittenen  Kraftlinien  wieder  maximal  und  wird  von  da  ab  wieder  geringer, 
bis  sie  in  Stellung  1  bei  gleichzeitigem  Richtungswechsel  der  induzierten  E.M.K.  auf  Null 
herabgesunken  ist,  worauf  das  Spiel  von  neuem  beginnt. 

Aus  dem  Vorstehenden  ist  ohne  weiteres  ersichtlich,  dass  keineswegs  gerade  der 
Dynamoanker  bewegt  werden  muss,  um  in  der  Ankerwindung  b  eine  E.M.K.  hervorzu- 
rufen. Es  ist  vielmehr  offenbar,  dass  man  ebensogut  die  Feldmagnete  in  Rotation  ver- 
setzen und  hierbei  den  gleichen  Effekt  erzielen  könnte. 

Man  sieht  ferner,  dass  die  induzierte  E.M.K.  ihre  Stärke  und  Richtung  periodisch 
wechselt,  mit  anderen  Worten,  dass  in  der  Windung  ein  Wechselstrom  hervorgerufen 
wird.  Wenn  man  die  Windung  aufschneidet  und  die  beiden  Enden  zu  zwei  auf  der 
Ankerwelle  sitzenden  Schleifringen  führt,  kann  der  Strom  mittelst  auf  den  Ringen  schlei- 
fender Metall-  oder  Graphitklötze  —  der  sog.  Bürsten  —  abgenommen  werden.    Hat 


i)  Michael  Faraday  hat  die  elektrische  Induktion  entdeckt  und  vollständig  erforscht  (geh. 
1791,  f  1867).    Vergl.  L.  Graeti,  Die  Elektrizität  und  ihre  Grundlagen,  Stuttgart  1908. 

*)  Die  Richtung  des  induzierten  Stromes  kann  man  mit  Hilfe  der  sog.  , Drei-Finger-Regel*  oder 
»Rechte-Hand-Regel*  bestimmen.   Vergl.  L.  Graeti,  Die  Elektrizität  u.  ihre  Grundlagen.  Aufl.  1903.  S.  217. 


S  6. 


KßAFTHiUSER.       B.    DlE   ELEKTRISCHE    EINRICHTUNG. 


1031 


man  die  Dynamo  aber  mit  feststehendem  Anker  und  rotierenden  Magneten  ausgeführt, 
so  kann  man  sogar  die  Schleifringe  und  Bürsten  entbehren  and  die  beiden  Enden  der 
Windung  zn  zwei  festen  Klemmen  führen,  von  denen  man  den  erzeugten  Strom 
abnehmen  kann. 

Es  ist  ferner  leicht  einzusehen,  dass  es  anwirtschaftlich  wäre,  auf  dem  ganzen 
Umfange  dea  Ankers  nur  eine  Windung  anzubringen.  Man  bewickelt  vielmehr  den 
ganzen  Ankerumfang  und  erhält  ho  erheblich  stärkere  Wirkungen. 

Da  im  Dynamoanker  stets  ein  Wechselstrom  induziert  wird,  so  muss  man  bei 
einer  Gleichstromdynamo  besondere  Einrichtungen  treffen,  um  aus  dem  Anker  einen 
stets  in  derselben  Richtung  fliessenden  Strom  entnehmen  zu  können.  Eine 
Vorrichtung,  welche  dies  ermöglicht,  ist  der  sog.  Kommutator.'  Die  Wirkungsweise 
des  Kommutators  kann  man  sich  folgendermassen  erklären:  In  Abb.  358  ist  statt  der 
in  Abb.  357  gezeichneten  einzelnen  Windung  eine  Drahtspirale  um  den  Eisenkern  c 
herumgelegt,  welche  man  sich  aus  aneinandergereihten  Einzelwiudungen  entstanden  denken 
kann.  In  jeder  dieser  Windungen  wird  eine  ihrer  jeweiligen  Stellung  entsprechende 
E.M.K.  erzeugt.    Sämtliche  auf  der  linken  Ankerbälfte  induzierten  E.M.Ke.  werden  sich, 


Abb.  357. 


Abb.  858. 


Abb.  359. 


da  die  einzelnen  Windungen  „hintereinander  geschaltet"  sind,  addieren.  Der  gleiche 
Vorgang  findet  auf  der  rechten  Ankerbälfte  statt,  jedoch  sind  die  hier  induzierten 
t'.M.Ke.  denen  auf  der  linken  Ankerhälfte  entgegengesetzt  und,  da  die  Maschine  absolnt 
symmetrisch  ist,  gleich.  Die  Summen  der  E.M.Ke.  der  einzelnen  Windungen  der  rechten 
und  linken  Ankerhälfte  werden  sich  also  das  Gleichgewicht  halten  und  in  der  Anker- 
wickelung selbst  wird  kein  Strom  fliessen.  Legt  man  nun  an  den  Punkten  a  und  b, 
(deren  Verbindungslinie  man  „neutrale  Zone"  oder  „neutrale  Achse"  nennt,  weil  die 
Induktion  an  dieser  Stelle  gleich  Null  ist),  feststehende  Bürsten  auf  die  aussen  blank 
gedachte  Wickelung  und  schaltet  zwischen  diese  einen  Stromverbranchskörper  r,  so  wird 
aus  beiden  Ankerhälften  über  die  Bürste  a  ein  Strom  durch  r  und  über  b  wieder  in  den  Anker 
hineinfiiessen.  Dieser  Strom  wird  bei  stillstehenden  Bürsten  stets  in  gleicher  Richtung 
verlaufen,  also  ein  Gleichstrom  sein,  während  in  jeder  Ankerspule  ein  Strom  von 
wechselnder  Richtung  flieset,  je  nach  der  Stellung,  in  welcher  sich  die  Spule  zu  den 
erregenden  Polen  befindet. 

Durch  die  oben  beschriebene  Anordnung  wäre  also  das  Problem  der  Gleichstrom- 
erzeugung  gelöst  und  es  sind  früher  tatsächlich  Dynamomaschinen  gebaut  worden,  bei 
denen  die  aussen  blanken  Ankerleiter  als  Kommutatorsi  äbe  benutzt  wurden.  Man  ist 
aber  von  dieser  Bauart  abgekommen,  da  sich  mancherlei  Unzuträglichkeiten  dabei  ergaben 
und  man  läset  jetzt  (vergl.  Abb.  359)  die  Bürsten  bl  und  b,  auf  einem  besonderen  Kom- 
mutator schleifen,  wie  dies  in  Abb.  359  schematisch  dargestellt  ist.    Jedes  Segment  des 


1082  III     Theodor  Koehh.     Ausbau  vom  Wabserkräjteh. 

Kommutators  ist  mit  dem  Ende  der  einen  und  dem  Anfang  der  nächsten  Ankerspule  ver- 
banden oder  anders  ausgedrückt,  zwischen  je  zwei  Segmente  ist  stets  eine  Ankerspole  ge- 
schaltet Die  Börsten  müssen  natürlich  in  Richtung  des  Ankernmfanges  so  breit  sein,  das» 
sie  vor  dem  Verlassen  eines  Segmentes  das  nächste  bereits  berühren,  damit  keine  Strom- 
unterbrechnng  stattfindet.  Die  gleichzeitige  Berührung  zweier  Segmente  durch  die  Bürste 
verursacht  ein  „Kurzscbliessen"  der  zwischen  den  beiden  Segmenten  liegenden  Anker- 
spule  d.  h.  es  entsteht  ein  geschlossener  Stromkreis,  der  aus  Spule,  erstem  Segment, 
Bürste  und  zweitem  Segment  gebildet  wird.  Wie  aus  Abb.  358  ersichtlich,  ist  der  Anker- 
strom in  den  vor  der  Bürste  liegenden  Ankerspulen  umgekehrt  gerichtet  wie  in  den 
Spulen  hinter  der  Bürste.    Es  inuss  also   in  der  Spule,   die  durch  die  Barste  kurzge- 

Abb.  360.     Gleichstrom-Dynamo. 


schlössen  ist,  ein  Stromrichtungswechsel  eintreten.  Dieser  Wechsel  mass,  da  sich  die 
Spule  nur  während  einer  sehr  kleinen  Zeit  in  der  gedachten  Stellung  befindet,  äusserst 
rasch  vor  sich  gehen;  es  tritt  daher  „Selbstinduktion"  auf  (vergl.  S.  1071  u.  ff.),  wodurch 
in  den  kurzgeschlossenen  Spulen  ein  Strom  erzeugt  wird,  welcher  von  der  Bürste  in  dem 
Augenblick,  in  dem  sie  das  Segment  verläset,  unterbrochen  werden  mass.  Dies  Unter- 
brechen zusammen  mit  der  durch  den  Eurzschlusstrom  hervorgerufenen  hohen  Strom- 
belastung gibt  Anlass  zur  Funkenbildung.  Diese  Erscheinung,  das  „Feuern"  der  Dynamo, 
ist  sehr  unerwünscht,  da  hierdurch  der  Kommutator  leidet,  und  man  muss  dafür  sorgen,  das« 
die  Funkenbildung,  welche  sich  nie  vollständig  vermeiden  l&sst,  möglichst  gering  wird. 
Hau  erreicht  dies,  indem  man  die  Bürsten  im  Sinne  der  Drehrichtung  der  Dynamo 
etwas  verschiebt,  eine  Massnahme,  welche  auch  aus  anderen,  später  zu  erörternden 
Gründen  erforderlich  ist 

Man  nimmt  für  die  Herstellung  des  Ankerkörpers  Eisen,  weil  dasselbe  den  Kraft- 
linien einen  geringeren  magnetischen  Widerstand  bietet  als  andere  Materialien  z.  B.  die 


§  6.  KbaftuIubeb.    B.  Die  elektrische  Einrichtung.  1033 

Luft.  Es  gehen  deshalb  bei  einer  Dynamo  mit  eisernem  Anker  die  meisten  Kraftlinien 
durch  den  Anker  und  es  wird  dadurch  ein  grosser  Teil  derjenigen  Kraftlinien  für  die 
Induktion  nutzbar  gemacht,  der  bei  Verwendung  eines  anderen,  unmagnetischen  Materials 
für  den  Ankerkörper  ungenutzt  ausserhalb  des  Ankers  verlaufen  und  von  den  Anker- 
drähten nicht  geschnitten  werden  würde. 

Eine  besondere  Rolle  spielt  dies  bei  Verwendung  mehrpoliger  Maschinentypen, 
wie  sie  für  grössere  Leistungen  in  Betracht  kommen.  Bei  derartigen  Maschinen  stehen 
die  ungleichnamigen  Pole  sehr  nahe  beieinander  (s.  Abb.  360)  und  die  Gefahr,  dass  ein 
Teil  der  Kraftlinien  nicht  durch  den  Anker  geht,  ist  hier  besonders  gross.  Immerhin 
wird  trotz  der  Verwendung  eines  Eisenankers  noch  ein  Bruchteil  der  Kraftlinien  direkt 
von  Pol  zu  Pol  gehen,  ohne  den  Anker  zu  schneiden;  die  Anzahl  dieser  mit  dem  Aus- 
druck Streulinien  —  kurz  auch  Streuung  —  bezeichneten  Kraftlinien  ist  allerdings 
bei  guten  Maschinen  sehr  gering. 

Die  Verwendung  des  Eisens  für  den  Ankerkörper  bringt  aber  neben  den  erwünschten 
auch  einige  unerwünschte  Erscheinungen  mit  sich.  Da  das  Eisen  selbst  ein  Leiter  ist, 
so  ist  es  natürlich,  dass  bei  der  Rotation  auch  in  ihm  Induktionsströme  entstehen  werden.« 
Diese  Ströme,  welche  sich  nicht  nutzbar  machen  lassen,  sind  unwillkommen,  einmal,  weil 
zu  ihrer  Erzeugung  eine  gewisse  Energie  aufgewendet  werden  muss  und  ferner,  weil  sie 
den  Anker  erwärmen.  Um  die  Entstehung  dieser  sog.  Wirbelströme  nach  Möglich- 
keit zu  vermeiden,  stellt  man  den  Ankerkörper  nicht  aus  einem  massiven  Eisenstück 
her,  sondern  man  setzt  ihn  aus  einzelnen  Blechen  zusammen,  die  voneinander  durch 
Papierzwischenlagen  isoliert  sind.  Für  den  Durchgang  der  Kraftlinien  bietet  diese 
Unterteilung  des  Ankerkörpers  kein  Hindernis,  da  die  Ebenen  der  einzelnen  Ankerbleche 
in  der  Richtung  des  Kraftlinienflusses  liegen. 

Das  Ankereisen  wirkt  aber  nicht  nur  als  elektrischer  Leiter,  in  welchem  Ströme 
induziert  werden,  sondern  es  wird  auch  durch  die  Ankerwickelung  magnetisiert,  wird 
also  seinerseits  ein  Magnetfeld  erzeugen.  Dies  von  den  Ankerwindungen  hervorgebrachte 
Magnetfeld  wirkt  dem  von  den  Feldmagneten  erzeugten  entgegen;  man  wird  also,  um 
seine  Wirkung  auszugleichen,  bei  steigendem  Ankerstrom  die  Feldmagnete  stärker 
erregen  müssen. 

Die  Wirkung  des  vom  Ankerstrom  erzeugten  Magnetfeldes  fasst  man  mit  anderen, 
im  gleichen  Sinne  wirkenden  Einflüssen,  deren  Erörterung  hier  zu  weit  führen  würde, 
unter  dem  Namen  Ankerrückwirkung  oder  Ankerreaktion  zusammen.  Es  sei 
hier  nur  darauf  hingewiesen,  dass  die  Ankerrückwirkung  bei  steigender  Strombelastung 
im  allgemeinen  ein  Sinken  der  Maschinenspannung  hervorruft,  welches  durch  Verstärkung 
des  Magnetfeldes  d.  h.  Vergrössemng  des  Erregerstromes  ausgeglichen  werden  muss. 

Die  Ankerrückwirkung  verursacht  aber  nicht  nur  eine  Schwächung  des  von  den 
Magneten  erzeugten  Feldes,  sondern  sie  verzerrt  dasselbe  auch,  sodass  die  neutrale 
Zone  sich  um  einen  gewissen  Winkel  gegen  die  Linie  a  b  (Abb.  358)  im  Sinne  der 
Ankerdrehrichtung  verschiebt.  Man  muss  also  auch,  um  die  volle  von  der  Maschine 
erzeugte  Spannung  nutzbar  machen  zu  können,  die  Bürsten  um  den  gleichen  Winkel  ver- 
stellen. Da  die  Grösse  des  Verschiebungswinkels  von  der  Ankerrückwirkung,  also  vom 
Ankerstrom  abhängig  ist,  wird  die  Bürstenstellung  für  verschiedene  Belastungen  ver- 
schieden sein  und  man  wird  bei  wechselnder  Belastung  die  Bürsten  nachstellen  müssen. 
Bei  guten  Maschinen  ist  allerdings  überhaupt  nur  eine  geringe  Verschiebung  selbst  bei 
starken  Belastungsunterschieden  erforderlich  und  man  ist  sogar  neuerdings  durch  die 
Einführung  der  sog.  Wendepole  und  der  kompensierten  Maschinen  in  der  Lage,  Dynamos 
zu  bauen,  die  konstante  Bürstenstellung  bei  den  verschiedensten  Belastungen  gestatten. 


1034         III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Edvzelheitek. 

Die  Leistung  einer  Dynamomaschine  ist  bestimmt  durch  das  Produkt  aus  der  von 
ihr  gelieferten  Stromstärke  und  Spannung  und  wird  in  Watt  (1000  Watt  =1  Kilowatt 
=  1,372  PS;  1  PS  also  =0,736  KW)  gemessen,  während  das  Mass  für  die  Strom- 
stärke das  Ampere  und  für  die  Spannung  das  Volt  ist.  Diese  Einheiten  basieren  auf 
dem  Zentimeter-Gramm-Sekunden-System  und  wurden  mit  Rücksicht  auf  die  Bedürf- 
nisse der  Praxis  so  festgelegt,  dass 

1  Volt8)  =  108  Z.G.S.-Einheiten, 

1  Ampere*)  =  10-1  Z.G.S.-Einheiten, 

1  Watt  =  0,001  Kilowatt  (KW)  =  107  Z.G.S.-Einheiten  beträgt*). 

Die  yon  einer  gegebenen  Spannung  in  einem  Gleichstromkreise  erzeugte  Strom- 
stärke ist  von  dem  elektrischen  Widerstände  dieses  Stfomkreises  abhängig.  Diese  Ab- 
hängigkeit wird  durch  das  Ohm  sehe  Gesetz6)  bestimmt: 

■— *•  «-*SfW 

Für  Wechselstromkreise  ist  das  Ohm  sehe  Gesetz  nicht  ohne  weiteres  gültig, 
sondern  es  treten  hier  kompliziertere  Verhältnisse  auf  (vergl.  S.  1071  ff). 

Als  technische  Einheit  des  elektrischen  Widerstandes  gilt  das  Ohm  (fi)  =  l(P 
Z.G.S.-Einheiten. 

Das  Verhältnis  zwischen  den  technischen  Einheiten  und  denen  des  Z.G.S.-Systems 
ist  so  gewählt,  dass  das  Ohm  sehe  Gesetz  auch  ohne  weiteres  für  die  in  technischen 
Einheiten  ausgedrückten  Grössen  Gültigkeit  hat. 

In  Abb.  360  ist  eine  moderne  Gleichstromdynamo  dargestellt.  Die  Maschine 
besteht  aus  dem  kreisförmigen  Gusseisengestell,  welches  die  zur  Vermeidung  von  Wirbel- 
strömen meist  aus  gestanztem  Eisenblech  hergestellten  und  durch  Schrauben  am  Magnet- 
gestell befestigten  Magnetpole  mit  ihrer  Wicklung  hält  und  gleichzeitig  als  Magnetjoch 

dient.     Das  Magnetgestell  setzt  sich  mit  zwei  Pratzen 
Abb.  861.    Ankerblech.  auf  ejne  gußeiserne  Grundplatte  auf,  auf  welcher  auch 

die  den  Anker  tragenden  beiden  Lager  aufgebaut  sind. 
Die  Anker  bleche  sind  ringförmig  und  werden 
aus  vorzüglichstem,  weichem  Eisen  hergestellt.  Die 
Bleche  werden  meist  in  der  nebenstehend  skizzierten 
Form  gestanzt  (Abb.  361),  erhalten  also  am  Rande  eine 
Verzahnung,  wodurch  bei  dem  fertigen  Ankereisenkörper  der  Dynamowelle  parallel- 
laufende Nuten  entstehen,  in  welche  die  Wicklung  eingebettet  wird,  damit  keine  Ver- 
schiebung derselben  stattfinden  kann.  Die  Nuten  werden  gewöhnlich  noch  mit  Isolier- 
material ausgekleidet,  damit  die  mit  Baumwolle  isolierte  Wicklung  selbst  bei  einer 
Verletzung  der  Baumwollisolation  keinen  „Schluss"  gegen  den  Ankerkörper  bekommt, 
d.  h.  mit  dem  Ankerkörper  in  elektrisch  leitende  Verbindung  tritt. 

Der  Kommutator  (auch  Kollektor  genannt)  ist  mit  der  Ankerwickelung  durch 
Kupferblecbstreifen  verbunden ;  er  besteht  aus  einer  grossen  Anzahl  prismatischer  Stücke 
hartgezogenen  Kupfers,  welche  auf  eine  auf  die  Dynamowelle  aufgekeilte  eiserne,  mit  Iso- 
liermaterial verkleidete  Buchse  aufgelegt  und  voneinander  ebenfalls  sorgfältig  isoliert 
werden.     Durch  geeignete  Druck  Vorrichtungen  werden    die  einzelnen  Kommutatorseg- 


8)  Genannt  nach  Volta,  dem  Entdecker  der  Eontaktelektrizit&t;  geb.  1745,  gest.  1827. 

*)  Genannt  nach  A  mpere,  welcher  die  Theorie  der  Elektrodynamik  aufstellte;  geb.  1775.  gest.  183$. 

&)  Näheres  s.  Graetz,  Dio  Elektrizität  und  ihre  Anwendungen.  10.  Aufl.  S.  308 — 316. 

6)  Aufgestellt  1827  von  Ohm  (Ohm  geb.  1787,  f  1854). 


§  6. 


KJUFTHÄU8ER.      B.   DlE   ELEKTRISCHE  EINRICHTUNG. 


1035 


Oi   Oi 


mente  in  ihrer  Lage  gehalten.  Nach  Fertigstellung  wird  der  Kommutator  abgedreht  und 
poliert,  da  eine  absolut  glatte  und  kreisrunde  Kommutatorfläche  eine  Hauptbedingung 
für  einen  guten,  funkenfreien  Gang  der  Dynamo  bildet. 

Die  Stromabnahme  vom  Kommutator  erfolgt  durch  die  Bürsten,  heutzutage  meist 
Kohlenklötze,  welche  durch  die  Bürstenträger  gehalten  werden.  Die  früher  gebräuch- 
lichen Kupfergazebürsten  wendet  man  heute  nur  noch  ausnahmsweise  bei  Maschinen  für 
grosse  Stromstärken  an,  da  die  Kohlebürsten  den  Kommutator  weniger  angreifen  und 
sie,  da  bei  ihnen  der  Übergangswiderstand  an  der  Auflagefläche  erheblich  grösser  ist 
als  bei  Kupferbürsten,  geringere  Neigung  zur  Funkenbildung  haben  als  die  letzteren. 

Der  Schaltung  nach  kann  man  drei  Arten  von  Gleichstromdynamos  unterscheiden : 
Die  Nebenschlussdynamo,  die  Hauptstromdynamo  und  die  Compound- 
dynamo. 

Die  drei  Arten  der  Schaltung  werden  durch  die  nachstehenden  Figuren  erläutert 
(Abb.  362):  I  stellt  die  Schaltung  einer  Nebenschlussmaschine  dar.  Diese  Bezeichnung 
rührt  daher,  dass  die  Magnetwickelung  m  im  Nebenschluss  zum  Anker  liegt;  ein  Teil 
des  Ankerstromes  wird  also  zur  Erregung  der  Dynamo  benutzt  Die  Spannung  der 
Nebenschlussmaschinen  ist  von   der   von 

ihnen  gelieferten  Stromstärke  nahezu  un-  ^b.  362. 

abhängig.    Diese  Maschinen  werden  daher  I  I  M 

dort  angewendet,  wo,  z.  B.  in  Lichtanlagen, 
konstante  Spannung  bei  variabler  Strom- 
stärke vei  langt  wird.  Die  Regulierung 
der  Nebenschlussmaschinen  wird  dadurch 
möglich  gemacht,  dass  in  den  Stromkreis 
der  Magnetwickelung  ein  veränderlicher 
Widerstand,  der  sog.  Regulierwiderstand 
oder  Magnetregulator,  geschaltet  wird, 
wodurch  man  in  der  Lage  ist,  den  Mag- 
netisierungsstrom und  damit  die  Spannung  der  Maschine  zu  verändern« 

Bei  den  Hauptstrommaschinen  H  wird  der  gesamte  Ankerstrom  um  die 
Magnete  geführt;  die  Spannung  der  Maschine  sinkt  und  steigt  ateo  mit  der  Belastung. 
Hauptstrommaschinen  werden  als  Dynamos  heute  nur  ziemlich  selten7)  angewendet. 

Die  GompoundmaschinenlH  sind  aus  einer  Verbindung  der  Nebenschluss-  mit 
der  Hauptstromdynamo  hervorgegangen  und  haben  zwei  getrennte  Erregerwickelungen, 
eine  Hauptstrom-  und  eine  Nebenschlusswickelung.  Während  eine  gewöhnliche  Neben- 
schlussdynamo infolge  der  Ankerreaktion  bei  zunehmendem  Strom  die  Neigung  hat,  ihre 
Klemmenspannung  zu  verringern,  kann  man  eine  Gompoundmaschine  so  konstruieren, 
dass  ihre  Spannung  bei  allen  Belastungen  konstant  ist,  ja  man  kann  sogar  die  Maschine 
übercompoundieren  d.  h.  so  bauen,  dass  bei  steigender  Last  ihre  Klemmenspannung 
zunimmt. 

Das  automatische  Konstanthalten  der  Klemmenspannung  ist  besonders  in  solchen 
Betrieben  (z.  B.  Bahnanlagen)  wertvoll,  in  denen  die  Belastung  in  hohem  Grade  und 
sehr  schnell  schwankt,  sodass  man  nicht  mehr  in  der  Lage  ist,  die  Spannung  von  Hand 
nachzuregulieren. 


wwww 


m 


Oi 

mm 

TVWWW 


7)  Hauptstrommaschinen    sind    z.   B.   die  Dynamos    der   Anlage   St.  Maurice  Lausanne 

(S.  458  und  S.  1064). 


1036  III.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

b)  Beiden  Wechselstrommaschinen  hat  man  ein- und  mehrphasige  zu  unter- 
scheiden. Um  diesen  Unterschied  deutlich  zu  machen,  muss  auf  die  Theorie  des  Wechsel- 
stromes wenigstens  oberflächlich  eingegangen  werden8). 

Unter  einem  Wechselstrom  versteht  man  einen  solchen,  welcher  periodisch  seine 
Richtung  wechselt.  In  Abb.  363  ist  der  Verlauf  eines  Wechselstromes  graphisch  darge- 
stellt, wobei  die  Zeiten  t  als  Abszissen,  die  Momentanwerte  des  Stromes  i  als  Ordinaten 
aufgetragen  sind.  Die  in  Abb.  363  dargestellte  Wechselstromwelle  ist  „sinusförmig*, 
d.  h.  sie  verläuft  in  Form  einer  Sinuskurve,  es  gilt  also  für  sie  die  Gleichung 

i  =  J  sin  2  n  n  t. 
In  dieser  Gleichung  stellt  i  den  Momentanwert  des  Stromes  dar,  J  seinen  Maximalwert, 
n  die  Periodenzahl  oder  Frequenz  d.  h.  die  Anzahl  der  in  der  Sekunde  vollführten  vollen 
Wechsel.  Die  Zeit,  welche  der  Wechselstrom  braucht,  um  die  in  Fig.  363  gezeichnete 
Wechselstromwelle  zu  durchlaufen,  nennt  man  eine  Periode.  Die  in  der  deutschen  Praxis 
fast  ausschliesslich  gebräuchliche  Frequenz  beträgt  50  Perioden  pro  Sekunde.   Die  Anzahl 

der  in  der  Sekunde  vollführten  Strom- 
Abb.  863.  richtungswechsel  nennt  man  Polwechsel- 

zahl, weil  jedesmal  dann  eine  Richtungs- 
änderung  der  im  Ankerdraht  induzier- 
ten E.M.K.  eintritt,  wenn  der  Draht 
den  neutralen  Punkt  passiert  d.  h.  ans 
dem  Wirkungsbereich  eines  Poles  in 
den  des  entgegengesetzten  kommt.  Die 
Polwechselzahl  einer  Maschine  ist  des- 
halb gleich  der  doppelten  Periodenzahl. 
Bei  gegebener  Umdrehungszahl  und 
Frequenz  einer  Dynamo  ist  demnach 
ihre  Polzahl  eindeutig  bestimmt  und  zwar 
•  +  Polzahl  X  Umdrehungszahl  p.  M. 
I8t  6072 

=  Periodenzahl  pro  Sek.;  es  ist  also,  da  die  Polzahl  stets  eine  gerade  Zahl  sein  muss. 
nicht  angängig,  die  Dynamos  für  eine  beliebige  Tourenzahl  zu  bauen,  sondern  man  ist 
an  ganz  bestimmte  Werte  gebunden.  Die  in  der  Praxis  für  50  periodige  Maschinen 
üblichen  Tourenzahlen  sind  folgende:  3000,  1500,  1000,  750,  600,  500,  375,  300,  250, 
215,  187,  150,  125,  107  usw. 

Bei  den  folgenden  Betrachtungen  soll,  wie  in  der  Praxis  allgemein  üblich,  stets 
vorausgesetzt  werden,  dass  wir  es  mit  sinusförmigen  Wechselströmen  zu  tun  haben  und 
es  sei  hier  gleich  bemerkt,  dass  man  dies,  ohne  einen  grossen  Fehler  zu  begehen,  tun 
kann,  weil  die  modernen  Wechselstrommaschinen  einen  fast  genau  sinusförmigen  Wechsel- 
strom erzeugen. 

In  der  Praxis  ist  es  üblich  geworden,  die  Erscheinungen  aus  dem  Wechselstrom- 
gebiet an  Hand  des  sog.  Vektordiagrammes  zu  betrachten: 

Wir  wollen  annehmen,  es  stelle  der  Radius  OE  des  Kreises  in  Abb.  364  den  in 
einem  beliebigen  Masstab  gezeichneten  Maximalwert  oder  die  Amplitude  eines  Wechsel- 
stromes (vergl.  Abb.  363)  dar  und  der  Radiusvektor  OX  rotiere  mit  konstanter  Geschwin- 
digkeit um  den  Mittelpunkt  O  und  zwar  derart,  dass  er  eine  volle  Umdrehung 
zurücklegt,  während  der  in  Abb.  363  dargestellte  Wechselstrom  eine  volle 


•)  Näheres  s.  Kapp,  Wechselstrome.  3.  Aufl.  Kap.  I  u.  II. 


§  6. 


Krafthäüaeb.    B.  Die  elektrische  Einrichtung. 


1037 


Periode  vollendet.  Der  Winkel  a  stellt  ein  Mass  für  die  Zeit  dar,  die  der  Radius 
braucht,  um  von  der  Anfangsstellung  in  die  gezeichnete  Stellung  zu  gelangen.  Bei  einer 
Umdrehung  legt  der  Radiusvektor  den  Winkel  2  n  zurück ,  in  der  Zeiteinheit  also  den 
Winkel  2  n  n,  wobei  n  die  Umdrehungszahl  bedeutet.     Der  Winkel  a  ist  demnach 

a  =  2nnt 
und  die  Vertikalprojektion  XxO  des  Radiusvektor  hat  die  Grösse  OX   sin  a  =  OX  sin 
2  n  n  t,  stellt  also,  da  der  Wechselstrom  eine  Sinusfunktion  der  Zeit  ist,  in  jeder  Vektor- 
stellung den  Momentanwert  des  Wechselstromes  dar. 

Die  Vektormethode  liefert  ein  bequemes  Mittel,  Wechselströme  von  gleicher  Perioden- 
zahl darzustellen,  welche  zeitlich  gegeneinander  verschoben  sind,  d.  h.  nicht  gleichzeitig 
ihren  Maximalwert  erreichen.  In  Abb.  365  sind  drei  Wechselströme  in  rechtwinkeligen 
Koordinaten  dargestellt,  deren  Maxima  um  1/s  Periode  d.  h.  so  gegeneinander  verschoben 
sind,  dass  die  jeweilige  Summe  der  drei  Ströme  gleich  Null  ist.    Stellt  man  den  gleichen 


Abb.  864. 


Abb.  865. 


Abb.  366. 


Zusammenhang  mit  Hilfe  des  Vektordiagramms  dar  (s.  Abb.  366),  so  ergibt  sich  ein 
erheblich  übersichtlicheres  Bild  und  man  kann  die  Vorzüge  des  Vektordiagramms  klar 
erkennen.  Die  Momentanwerte  der  drei  Wechselströme  würden  sich  auch  hier  durch 
Messung  der  Vertikalprojektionen  der  Vektorradien  ergeben  und  ihre  algebraische  Addition 
ergibt  stets  0.  Eine  solche  zeitliche  Verschiebung  zwischen  Wechselströmen  nennt  man 
Phasenverschiebung,  deren  Grösse  durch  den  Winkel  q>  ausgedrückt  wird,  den  die 
Vektorradien  im  Diagramm  miteinander  bilden.  So  haben  z.  B.  die  in  Abb.  366  dar* 
gestellten  Ströme  gegeneinander  eine  konstante  Phasenverschiebung  von  120°. 

Der  in  Abb.  365  und  366  dargestellte  dreiphasige  Wechselstrom,  sog.  Drehstrom, 
ist,  wie  aus  den  in  Kap.  II  beschriebenen  Anlagen  schon  ersehen  wurde,  die  für  Kraft- 
übertragungen hauptsächlich  verwendete  Stromart. 

Bisher  haben  wir  bei  unseren  Ausführungen  stets  von  den  Maximal-  und  Momen- 
tanwerten des  Wechselstromes  bezw.  der  Wechselspannung  gesprochen.  Diese  Werte 
interessieren  jedoch  den  Praktiker  erst  in  zweiter  Linie,  ihm  kommt  es  vielmehr  darauf 
an,  zu  wissen9),  welche  Wirkungen  äussert  ein  Wechselstrom,  dessen  Amplitude  die 
Grösse  Jm^x  haben  möge.  Man  kann  nachweisen,  dass  diese  Wirkung  einem  Werte  if 
entspricht,  der  bei  sinusförmigem  Verlauf  die  Grösse  hat: 


if  = 


max 


10 


) 


n 


Man  nennt  if  den  effektiven  Wert  des  Wechselstroms. 


•)  VergL  Holmboe,  Berechnung  und  Ausführung  der  Hochspannungs- Fernleitungen.   1.  Aufl. 
S.  8  und  4. 

io)  Yergl.  Kapp,  Elektr.  Wechselströme.  3.  Aufl.  Kap.  II. 


1038 


IIL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  WasserkbIftest.    Einzelheiten. 


Abb.  867. 


** 


Ebenso  ergibt  sich  für  die  effektive  Wechselstromspannimg  er  der  Wert 

Emuc 

Mit  Hilfe  des  Vektordiagrammes  kann  man  aber  nicht  nur  den  Zusammenhang 
gleichartiger  Grössen  zeigen,  sondern  man  kann  ein  einziges  Diagramm  benutzen, 
um  das  Verhältnis  zwischen  beliebigen  Grössen  darzustellen,  sofern  sie  nur  sinusförmig 
verlaufen  und  gleiche  Periodenzahl  besitzen.  So  ist  das  Vektordiagramm  namentlich 
sehr  nützlich  für  die  Zusammensetzung  verschiedener  Ströme  oder  Spannungen  gleicher 
Periodenzahl.    In  diesen  Diagrammen  pflegt  man  mit  den  Effektivwerten  von  Strom  und 

Spannung  zu  arbeiten.  Diese  Änderung  gegenüber 
unserer  bisherigen  Methode,  dem  Radiusvektor  die 
Länge  Jmax  bezw.  Ebuk  zu  geben,  äussert  sich  im 
Diagramm  nur  durch  eine  Vergrösserung  des  Mass- 
stabes, ist  aber  für  das  Resultat,  das  dann  ebenfalls 
als  Effektivwert  erscheint,  belanglos. 

Die  graphische  Zusammensetzung  verschiede- 
Abb.  868.  ner,   gegeneinander  vor* 

schobener  Ströme  und 
Spannungen  erfolgt  wie 
die  Zusammensetzung  von 
Kräften  in  der  bekannten 
Weise  im  Parallelogramm 
der  Kräfte. 

Es  seien  ii  und  ij 
in  Abb.  367  zwei  in  einem 
Punkt  zusammenfliessende 
Wechselströme,  um  den 
Winkel  g>  gegeneinander 
verschoben;  man  zeichnet 
das  bekannte  Kräfteparal- 
lelogramm und  es  ergibt 
sich  is  als  resultierender 
Strom.  Man  beachte  also, 
dass  man  phasenver- 
schobene Wechsel- 
,  ströme    nicht    alge- 

0  *  braisch    addieren 

kann,  sondern  die  Addition  stets  geometrisch  vorzunehmen  hat. 

Die  ausgedehnteste  Verwendung  in  der  Praxis  hat  für  Kraftübertragungen,  wie 
bereits  erwähnt,  der  dreiphasige  Wechselstrom,  der  sog.  Drehstrom  gefunden.  Da 
nach  Abb.  366  die  Summe  der  drei  Ströme  in  jedem  Augenblick  gleich  Null  ist,  so  kann 
man  jede  Leitung  als  Rückleitung  für  die  in  jedem  Moment  in  den  beiden  anderen 
Leitungen  fliessenden  Ströme  benutzen,  sodass  man  beim  Dreiphasensystem  mit  drei 
Leitungen  auskommt  an  Stelle  von  sechs  Leitungen,  welche  erforderlich  wären,  wenn 
jede  Hinleitung  ihre  eigene  Rückleitung  erhalten  mässte. 

Dies  Zusammenlegen  der  sechs  Leitungen  in  drei,  das  „Verketten*,  wird  am 
besten  gleich  in  der  Dynamo  bewirkt  und  kann,  in  zweierlei  Weise  geschehen.  Entweder 
man  verbindet  wie  Abb.  368  a  zeigt,  das  Wickelungsende  der  Phase  I  mit  dem  Anfang 


b 


Abb.  869. 


%  6.  KbaithIuser.     B.  Die  elektrische  Einrichtung,  1039 

der  Phase  II  usf.  bis  man  wieder  bei  Phase  I  ankommt  und  schliesst  die  Leitungen 
an  den  Verbindungsstellen  an,  oder  man  vereinigt,  wie  Abb.  368b  schematisch  andeutet, 
die  Anfange  der  drei  Wickelangen  und  erhält  drei  freie  Enden,  von  welchen  der  in  der 
Maschine  erzeugte  Strom  abgenommen  werden  kann.  Es  ist  in  der  Praxis  Brauch, 
geworden,  die  in  Abb.  368a  gegebene  Schaltung  schematisch  so  darzustellen  wie  Abb.  369a 
und  die  Schaltung  nach  368  b  derart  wie  Abb.  369  b  zeigt  Nach  der  Form  dieser  sche- 
matischen  Darstellung  bezeichnet  man  die  erstens  als  Dreieck-,  die  zweite  als  Stern 
Schaltung. 

Abb.  870.    Drehstromdynuno  mit  ErragenEuchine. 


In  Abb.  370  ist  eine  Drehstromdynamo  dargestellt,  welche  im  Ausseren  einem 
Emphasen-  oder  Zweiphasengenerator  fast  völlig  gleicht.  Die  ein-  und  mehrphasigen 
Wechselstrommaschinen  werden  fast  allgemein  mit  feststehendem  Anker  und  rotierendem 
Magnetsystem  ausgeführt,  weil  es  bequemer  ist,  die  in  der  Wickelung  erzeugten,  meist 
hochgespannten  Ströme  von  festen  Klemmen  als  mittelst  Bürsten  abzunehmen  und  sich 
ausserdem  die  feststehende  Ankerwickelung  leichter  isolieren  läset  als  ein  bewegter  Anker. 
Der  aktive  Eisenkörper  des  Ankers  wird  ans  einzelnen  kreisaegmentförmigen  Blech- 
paketen gebildet,  welche  nach  Art  einer  Galleschen  Kette  miteinander  zu  einem  Blech- 
ring vereinigt  werden.  Dieser  Blechring  wird  von  dem  gusseisernen  Statorgehäuse 
umschlossen,  welches  ihm  die  nötige  Stabilität  verleiht  Zur-  Erregung  des  Generators 
ist  natürlich  Gleichstrom  erforderlich,  den  man  bei  Maschinen  mit  festen  Magneten  und 
rotierendem  Anker  erzeugen  könnte,  wenn  man  der  Maschine  einen  Kommutator  gäbe 
und  einen  Teil  der  erzeugten  Energie  in  Form  von  Gleichstrom  entnähme.  Dies  Ver- 
fahren ist  jedoch  wenig  gebräuchlich,  sondern  man  erzengt  den  für  die  Erregung  erfor- 
derlichen Gleichstrom    gewöhnlich  durch  besondere  Erregermaschinen.     Hierauf  wird 


1040 


III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 


weiter  unten  noch  näher  eingegangen  werden.  Die  Abb.  370  zeigt  eine  sogen,  angebaute 
Erregermaschine  d.  h.  eine  Gleichstromdynamo,  deren  Anker  auf  der  verlängerten  Welle 
des  Drehstromgenerators  sitzt,  für  welchen  sie  den  Erregerstrom  liefern  soll. 

Das  Magnetsystem,  welches  innerhalb  des  Ankers  rotiert,  wird  durch  das  ans 
Gusseisen  —  manchmal  auch  aus  Stahlguss  —  hergestellte  Polrad  gebildet,  auf  welches 
die  die  Magnetwickelung  tragenden  Pole  aufgeschraubt  sind.  Die  Zuführung  des  Erreger- 
stromes zur  Magnetwickelung  erfolgt  durch  zwei  auf  der  Dynamowelle  sitzende  Schleif- 
ringe, auf  denen  Bürsten  schleifen. 

Es  bliebe  nun  noch  übrig,  die  verschiedenen  Antriebsarten  der  Dynamos  zu 
besprechen. 

Die  für  Turbinenanlagen  mit  nicht  zu  geringem  Gefalle  gebräuchlichste  Art  des 
Antriebes  ist  die  der  direkten  Kuppelung.  Diese  Art  des  Antriebes  ist  die  weitaus  zu- 
verlässigste, weil  hier  jedes  Zwischenglied  zwischen  Turbine  und  Dynamo  fortfallt.  Die 
diesem  Bande  beigegebenen  Tafeln  zeigen  eine  ganze  Reihe  von  Konstruktionen,  nach 
denen  die  Verbindung  zwischen  Turbine  und  Dynamo  bewirkt  werden  kann.  Welche 
Art  die  zweckmässigste  ist,  hängt  von  den  gegebenen  Verhältnissen  ab.  Der  direkte 
Riementrieb,  bei  welchem  die  Dynamo  von  einer  auf  der  Turbinenwelle  sitzenden 
Riemenscheibe  aus  angetrieben  wird,  ist  verhältnismässig  selten ;  seiner  Anwendung  steht 
aber,  wo  sie  zweckmässig  erscheint,  natürlich  nichts  im  Wege. 

Wir  wollen  an  dieser  Stelle  noch  erwähnen,  dass  es  aus  später  zu  erörternden 
Gründen  unzulässig  ist,  ein-  oder  mehrphasige  Wechselstrommaschinen,  welche  parallel 
arbeiten  sollen,  voneinander  mechanisch  abhängig  zu  machen. 

Nachstehende  Tabellen  geben  Auskunft  über  den  Wirkungsgrad  verschiedener 
Drehstrom-  und  Gleichstromgeneratoren: 


Tabelle  I. 

Wirkungsgrade  von  Drehstromgeneratoren  bei  voller  Last  und  cos  <p  =  0,8  einschliesslich  aller 

mechanischen  Verloste. 


Tourenzahl 

Leistung 

in  KW  bei 

cos  <p  =  0,8 

p.  M. 

25 

50 

100 

200 

500 

1000 

L     . 

2000 

•/• 

% 

7o 

°/o 

•/• 

•A 

•.'• 

1000 

87,3 

89,2 

90,4 

— 

— 



— 

750 

87,5 

88,7 

90,2 

91,5 

— 



— 

500 

— 

89,0 

90,3 

91,2 

92,2 

93,2 

93£ 

300 

— 

88,5 

89,5 

90,6 

91,9 

92,4 

9342 

215 

— 

— 

89,0 

91,0 

92,0 

98,0 

93,7 

150 

— 

— 

88,6 

91,1 

92,3 

!        92£ 

107 

— 

i 

— 

88,8 

90,5 

91,5 

1        93.0 

Tabelle  II. 

Wirkungsgrade  von  Gleichstromdynamos  hei  voller  Last  einschliesslich  aller  mechanischen  Verluste. 


Leistung  in  KW  .    . 
Tourenzahl  p.  M. 
Wirkungsgrad  in  °/o 


25 
1200 

88 


50 

900 

90,5 


100 
800 
91 


150 
700 
91,5 


200 

550 

92 


900 
400 
92£ 


§  6. 


KbafthXubeb.    B.  Die  elkkxbibohe  EkNBiGEttuvo. 


1041 


c)  Regulierung  und  Parallelschaltung.  Da,  wie  wir  später  erst  sehen 
werden,  ein  Spannungsverlust  in  den  Leitungen  zwischen  dem  Kraftwerk  und  den  Sekun- 
där-Transformatoren  auftritt,  welcher  von  der  Belastung  der  letzteren  abhängt  und  mit 
dieser  steigt  bezw.  sinkt,  während  die  auf  der  Sekundärseite  der  Transformatoren  ange- 
schlossenen Verbrauchskörper  (Lampen,  Motoren  etc.)  eine  möglichst  konstante  Spannung 
verlangen,  ist  eine  Regulierung  der  Dynamospannung  in  gewissen  Grenzen  notwendig. 

Bei  Gleichstromdynamos  kann  man  die  Spannung  einmal  durch  Verände- 
rung der  Tourenzahl  und  zweitens  durch  Verstärken  oder  Abschwächen  des  Erreger- 
stromes regulieren.  Die  letztere  Methode  ist  die  üblichere,  doch  wird,  besonders  bei 
sehr  grossen  Spannungsvariationen  (vergl.  das  im  Abschnitt  9  über  die  Kraftübertragung 
St  Maurice-Lausanne  Gesagte)  auch  häufig  die  Spannung  durch  Tourenveränderung 
variiert. 

Die  Spannung  der  Wechsel-  und  Drehstrommaschinen  wird  ausschliesslich 
durch  Verstärken  oder  Abschwächen  des  Erregerstromes  reguliert;  eine  Spannungsände- 
rung durch  Tourenregulierung  ist  hier  nicht  zulässig,  da  sich  dann  die  Periodenzahl 
ändern  würde  und  dies  ist  mit  Rücksicht  auf  die  angeschlossenen  Motoren,  deren 
Tourenzahl  hierdurch  beeinflusst  würde,  unzulässig. 

Das  Parallelschalten  von  Gleichstrom -Nebenschlussdynamos  wird  in  ein- 
fachster Weise  dadurch  bewirkt,  dass  die  mit  anderen  parallel  zu  schaltende  Dynamo 
zunächst  auf  dieselbe  Spannung  gebracht  wird,  welche  die  anderen  Maschinen  haben  und 
dann  der  Schalter  eingelegt  wird,  worauf  die  Dynamo  durch  Verstärken  der  Erregung 
je  nach  Wunsch  belastet  werden  kann. 

Das  Parallelschalten  der  ein-  und  mehr- 
phasigen Wechselstrommaschinen  ist  etwas  kom- 
plizierter, da  die  parallel  zu  schaltenden  Maschinen 
nicht  nur  gleiche  Spannung,  sondern  auch  gleiche 
Frequenz  und  gleiche  Phase  haben  müssen.  Beim 
Parallelschalten  zweier  Drehstrommaschinen  ver- 
ändert man  die  Tourenzahl  der  zuzuschaltenden 
Dynamo  solange,  bis  ihre  Frequenz  mit  der  des 
bereits  auf  das  Netz  arbeitenden  Generators  über- 
einstimmt. Dann  reguliert  man  die  Spannung  ein 
und  legt  den  Maschinenschalter  ein,  sobald  man  an 
den  Instrumenten  sieht,  dass  Phasengleichheit  vor- 
handen .ist. 

Die  Einrichtungen,  welche  man  getroffen  hat,  um  das  Parallelschalten  der 
Wechselstrom-  und  Drehstrommaschinen  zu  erleichtern,  sind  mannigfach.  Im 
Nachstehenden  sollen  zwei  dieser  Vorrichtungen  beschrieben  werden. 

In  Abb.  371  sind  die  Leitungen  a  und  b  mit  den  Sammelschienen  verbunden, 
B.t  bt  und  a,  b2  mit  den  gleichpoligen  Leitungen  der  Generatoren,  von  denen  ange- 
nommen werden  soll,  dass  sie  eine  hohe  Spannung  erzeugen,  welche  man  für  Messzwecke 
herabtransformieren  muss,  damit  man  nicht  gezwungen  ist,  die  Messinstrumente  für  die 
hohe  Generatorenspannung  zu  isolieren.  Zur  Herab transformierung  dienen  die  in  Abb.  371 
angedeuteten  sog.  Messtransformatoren.  Handelt  es  sich  um  niedrige  Spannungen  (bis 
etwa  500  Volt),  so  werden  im  allgemeinen  keine  Messtransformatoren  benutzt  und  die 
von  den  Messinstrumenten  kommenden  Leitungen  werden  direkt  an  die  Sammelschienen 
bezw.  Dynamos  angeschlossen.    Der  Spannungszeiger  SÄ  gibt  die  Sammelschienenspannung 


Abb. 

871. 

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Handbuch  der  Ing.-WiseenselL    HL  Teil.    18.  Bd. 


66 


1042 


III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheitex. 


an,  Sm  wird  mittelst  des  Umschalters  U  mit  der  zuzuschaltendep  Maschine  verbanden 
und  zeigt  deren  Spannung.  Das  Instrument  Sy,  der  sog.  Synchronismus-Span- 
nungszeiger,  zeigt  die  Summe  der  Sammelschienen-  und  Maschinenspannung  an, 
welche  im  Moment  der  Phasengleichheit  ein  Maximum  ist,  da  sich  die  Vektorradien 
dann  direkt  addieren.  Die  parallel  zum  Synchronismusvoltmeter  geschaltete  Glühlampe  *, 
die  „Phasenlampe"  leuchtet  im  Moment  der  Phasengleichheit  hell  auf  und  bleibt 
hell,  so  lange  Phasengleichheit  besteht.  Dreht  sich  aber  die  zuzuschaltende  Maschine 
noch  nicht  mit  der  richtigen  Tourenzahl,  so  dass  die  Frequenz  von  der  der  bereits 
auf  die  Sammelschienen  arbeitenden  Generatoren  abweicht,  so  wird  im  Vektordiagramm 
der  Radiusvektor  der  einen  Spannung  schneller  rotieren  als  der  andere,  es  wird  sich 
also  die  relative  Lage  der  Vektorradien  langsam  ändern.  Während  im  Moment  der 
Phasengleichheit  (s.  Abb.  372)  die  beiden  Radien  in  eine  Gerade  fallen,  OE  und  OE1, 
werden  sie  nach  einiger  Zeit  die  Lagen  OE  und  OE\  haben.    Die  Spannung,  welche  die 


Abb.  372. 


/  Moschlrnnsponnung 

E* 


,Schienenspannung 


/ 
VE 


wvww 

/WWW! 


Abb.  373. 


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Phasenlampe  und  das  Phasenvoltmeter  erhalten,  hat  sich  in  dieser  Zeit  von  EEl  auf 
EE'j  verringert  und  wird,  je  weiter  die  gegenseitige  Verschiebung  der  Spannungen  fort- 
schreitet, geringer  werden,  bis  sie  beim  Zusammenfallen  von  OE  und  OE1  =  0  wird, 
um  von  da  an  wieder  zu  wachsen.  Die  Phasenlampe  wird  also  abwechselnd  aufleuchten 
und  erlöschen  und  dadurch  anzeigen,   dass  der  Synchronismus  noch  nicht  erreicht  ist. 

Vielfach  wird  auch  die  Schaltung  so  ausgeführt,  wie  die  gestrichelte  Linie,  Abb.  37 L 
andeutet;  in  diesem  Falle  misst  das  Synchronismusvoltmeter  nicht  die  Summe,  sondern 
die  Differenz  zwischen  Maschinen-  und  Sammelschienenspannung.  Es  wird  also  im 
Moment  der  Phasengleichheit  auf  Null  stehen,  während  gleichzeitig  die  Phasenlampe 

erlischt. 

Die  in  Abb.  371  dargestellte  Parallelschaltvorrichtung  ist  ausserordentlich  einfach, 
hat  jedoch  den  Nachteil,  dass  das  Beobachten  der  drei  Voltmeter  bei  einer  grosseren 
Anzay  von  Generatoren  schwierig  werden  kann.  Für  diese  Fälle  eignet  sich  die  in 
Abb.  373  dargestellte  Schaltung.  Hier  besitzt  jeder  Generator  sein  eigenes  Voltmeter 
und  seine  Phasenlampe,  welche  folgendermassen  geschaltet  sind :  Der  nlit  dem  Voltmeter 
Sm  verbundene  Umschalter  legt  das  Voltmeter  in  der  Stellung  1  an  den  Transformator 
der  zugehörigen  Maschine  und  gibt  deren  Spannung  an.  Gleichzeitig  brennt  eine  Glüh- 
lampe, sobald  der  zugehörige  Schalter  geschlossen  ist,  mit  der  Summe  der  Maschinen- 
und  Sammelschienenspannung,  welche  für  den  Moment  der  Phasengleichheit  ein  Maximum 
ist.  Sobald  die  Phasenlampe  nur  noch  sehr  langsam  ihre  Lichtstärke  variiert,  wird  der 
Voltmeterumschalter  auf  Kontakt  2   gestellt.     Hierdurch   wird  das  Voltmeter  S»   in 


§  6.  KbafthIuser    B.  Dib  elektrische  Einrichtung.  1043 

Hintereinanderschaltung  mit  einem  Widerstand  R  parallel  zur  Phasenlampe  gelegt  und 
man  legt  den  Schalter  in  dem  Moment  ein,  in  welchem  das  Synchronismusvoltmeter  die  , 
volle  Spannung  anzeigt. 

Neuerdings  hat  man  auch  Schalter  konstruiert,  welche  das  Parallelschalten  selbst- 
tätig besorgen.  Hierbei  werden  die  beim  Parallelschalten  auftretenden,  in  unseren  Bei- 
spielen zum  Aufleuchtenlassen  der  Phasenlampe  benutzten  Spannungsdifferenzen  zur  Betä- 
tigung eines  Elektromagneten  benutzt.  Letzterer  wirkt  auf  die  Auslösevorrichtung  des 
Generatorschalters ,  die  im  Moment  des  Synchronismus  freigegeben  wird,  wodurch  der 
Schalter  selbsttätig  einschaltet. 

Die  Verteilung  der  Gesamtbelastung  eines  Kraftwerkes  auf  die  einzelnen  Maschinen- 
sätze  kann  bei  Wechselstrom-  und  Drehstromanlagen  nicht  durch  Veränderung  der 
Erregung  bewirkt  werden.  Hierdurch  würde  man  nur  Ausgleichsströme  zwischen  den 
parallel  arbeitenden  Maschinen  hervorrufen.  Man  inuss  vielmehr,  um  die  Belastung  zu 
verteilen,  die  Kraftzufuhr  zu  den  einzelnen  Generatoren  ändern  können  und  dies  geschieht 
durch  Verstellen  des  Regulators  der  Antriebmaschine  während  des  Betriebes.  Hierzu 
bedient  man  sich  zweckmässig  der  Anordnung  nach  dem  jetzt  erloschenen  DRP.  72282, 
bei  welcher  der  Turbinenregulator  durch  einen  kleinen,  von  der  Schalttafel  aus  ge- 
steuerten Elektromotor  beeinflusst  und  hierdurch  die  Leistung  bezw.  die  Umdrehungszahl 
der  Antriebsmaschine  verändert  werden  kann. 

Die  Vorrichtung  zur  Fernbeeinflussung  des  Regulators  durch  einen  Elektromotor 
gibt  gleichzeitig  ein  bequemes  Mittel  in  die  Hand,  um  die  beim  Parallelschalten  not- 
wendige Veränderung  der  Tourenzahl  von  der  Stelle  aus  zu  bewirken,  an  welchei  die 
Messinstrumente  beobachtet  werden.  Hierdurch  wird  die  sonst  erforderliche  Verstän- 
digung zwischen  Schalttafelwärter  und  Maschinisten  —  etwa  durch  Signale  —  während 
des  Parallelschaltens  überflüssig. 

2.  Erregeranlagen.  Am  einfachsten  erfolgt  die  Erzeugung  des  zur  Erregung 
einer  Wechselstrom-  oder  Drehstrommaschine  erforderlichen  Gleichstromes,  indem  man 
an  die  Hauptmaschine  eine  Gleichstromdynamo  anbaut  (vergl.  Abb.  370),  welche  den 
Erregerstrom  für  die  mit  ihr  verbundene  Hauptdynamo  liefert.  Diese  Anordnung  wird 
sehr  häufig  angewandt,  hat  jedoch  den  Nachteil,  dass  die  Spannung  der  Hauptmaschine 
bei  Tourenschwanküngen  der  Antriebsmaschine  verhältnismässig  grosse  Änderungen  auf- 
weist, indem  nicht  nur  die  Spannung  der  Hauptmaschine  infolge  verminderter  Touren- 
zahl geringer  wird,  sondern  auch  gleichzeitig  die  Spannung  der  Erregermaschine  und 
damit  der  Erregerstrom. 

Man  wendet  daher  in  grösseren  Kraftwerken  häufig  die  sog.  Zentralerregung  an, 
bei  welcher  die  Erregerdynamo  unabhängig  von  den  Hauptgeneratoren  angetrieben  werden. 

Bisweilen  werden  zum  Antrieb  der  Erregerdynamos  Drehstrommotoren  benutzt, 
welche  von  den  Sammelschienen  des  Kraftwerks  mit  oder  ohne  Zwischenschaltung  von 
Transformatoren  gespeist  werden.  Eine  solche  Anordnung  ist  in  dem  Schaltungsschema 
Abb.  389  dargestellt.  Nachteile  dieser  Anordnung  sind  die  Übertragung  von  Störungen 
im  Drehstromteil  auf  die  Erregeranlage  und  ferner  der  Umstand,  dass  die  erste  Inbe- 
triebsetzung Schwierigkeiten  macht,  da  man  Drehstrom  zum  Betriebe  der  Motoren  erst 
zur  Verfügung  hat,  wenn  die  Hauptmaschinen  erregt  sind.  Man  muss  daher  in  solchen 
Fällen  entweder  noch  eine  besondere  von  einer  unabhängigen  Turbine  angetriebene 
Erregerdynamo  vorsehen,  mit  der  dann  die  Ersterregung  eines  der  Hauptgeneratoren 
erfolgt  oder  eine  der  Hauptdynamos  mit  einer  Erregerdynamo  kuppeln  und  so  für  die 
erste  Inbetriebsetzung  sorgen. 

66* 


1044  IH     Theodor  Eoebv,     Ausbau  vok 

Als  sehr  zweckmässig  hat  es  sieb  ferner  erwiesen,  eise  kleine  Akkumulatoren- 
batterie aufzustellen,  welche  mit  den  Erregerdynamos  parallel  auf  die  Erregeraammel- 
sebienen  arbeitet  (vergl.  Schema  Abb.  389  und  390),  tos  denen  meist  auch  die  Beleuchtung 
des  Kraftwerkes  abgezweigt  ist.  Durch  die  Anwendung  der  Batterie  erhält  nun  eine 
sehr  konstante  Erregerspannimg  und  gewinnt  ausserdem  den  Vorteil,  dass  die  Beleuch- 
tung des  Kraftwerks  auch  dann  intakt  bleibt,  wenn  man  gezwungen  ist,  das  ganze  Werk 
still  zu  setzen. 

S.  VerbindungsleUungen.   Als  Verbindungsleitnngen  zwischen  den  Dynamo- 
maschinen  und  der  Schaltanlage  benutzt  man  fast  allgemein  eisenbandarmierte  Bleikabel 
In  Abb.  374  ist  der  Querschnitt  eines  dreifach  verseilten  Kabels  dargestellt,  wie  es  zur 
Fortleitung  von  Drehströmen  benutzt  wird. 

Die  Kabel  bestehen  ans  dem  oder  den 
Kupferleitern,  der  Isolationsschicht,  einem  Blei- 
mantel und  einer  äusseren  Schutzhülle. 

Die  Knpferleiter  sind  bei  kleineren  Quer- 
schnitten massive  Drähte,  bei  grösseren  Quer- 
schnitten wird  der  Leiter  aus  mehreren  miteinan- 
der verseilten  Dr&hten  hergestellt. 

Jeder  Leiter  ist  von  einer  Isolationsschicht 
umgeben,  deren  Stärke  sich  nach  der  Betriebs- 
spannung des  Kabels  richtet.  Bei  dem  in  Abb.  374 
dargestellten  Drehstromkabel  werden  die  drei  Leiter 
verseilt  und  die  entstehenden  Zwischenräume  durch 
sog.  Einlanffäden  ausgefällt. 

Zum  Schutz  gegen  das  Eindringen  von 
Feuchtigkeit  erhält  das  Kabel  einen  Bleimantel  und  zum  Schutz  gegen  mechanische 
Beschädigungen  eine  Armatur  aus  Bandeisen.  Die  beiden  in  Abb.  374  im  Schnitt  zu 
sehenden  Eisenbänder  legen  sich  in  offenen  Spiralen  um  das  Kabel,  so  dass  die  obere 
Bandeisenlage  die  von  der  unteren  gelassenen  Zwischenräume  deckt.  Die  Biegsamkeit 
des  Kabels  wird  durch  die  Armierung  nur  in  geringem  Masse  beeinträchtigt 
Über  die  Verlegung  der  Verbindungskabel  vergl.  S.  1019. 

4.  Transformatoren.  Nicht  immer  wird  es  möglich  sein,  die  Spannung,-  welche 
angewendet  werden  mnss,  um  eine  bestimmte  Energiemenge  auf  eine  gewisse  Entfernung 
ökonomisch  zu  übertragen,  in  den  Generatoren  direkt  hervorzubringen.  Man  erzengt 
selbst  bei  grossen  Maschineneinheiten  Spannungen  von  etwa  12000  Volt  ab  nicht  mehr 
gern  direkt  in  den  Maschinen,,  da  es  Schwierigkeiten  macht,  die  Wicklung  für  derartig 
hohe  Spannungen  betriebssicher  zn  isolieren11).  Bei  kleinen  Maschinen  liegt  diese  Grenze 
noch  erheblich  tiefer.  Braucht  man  also  Spannungen  Aber  12000  Volt  für  die  Über- 
tragung, so  wird  man  diese  meistens  mit  Hilfe  von  Transformatoren  zu  erzengen  haben, 
welche  man  heute  bis  etwa  80000  Volt  betriebssicher  herstellen  kann. 

In  Abb.  375  ist  ein  Transformator  schematisch  dargestellt.  Er  besteht  aus  einem 
Eisenkörper  a,  der  zur  Vermeidung  von  "Wirbelströmen  ans  einzelnen  Blechen  zusammen- 
gesetzt ist  und  zwei  auf  dem  Eisenkörper  sitzenden  Spulen  b  und  c    Die  Spule  b  hat 

1 1)  Allerdings  hat  mau  auch  schon  mit  gutem  Erfolg«  Maschinen  fflr  hohen  Spannungen  gebaut. 
So  arbeitet  ■.  B.  die  Morbegno- Anlage  mit  20000  Tolt  Haacbinenapannniig,  jedoch  ist  hier  die  Perioden- 
sahl  nur  15,  wodurch  sich  die  Isolations Verhältnisse  günstiger  gestalten. 


§  6. 


Erafthäubbr.    B.  Die  elektrische  Einrichtung. 


1046 


Abb.  375. 


Abb.  376. 


eine  geringe  Anzahl  Windungen  dicken  Drahtes,  während  die  Spule  c  ans  vielen  Win- 
dungen dünnen  Drahtes  besteht  Verbindet  man  die  Enden  der  sog.  Primärspule  b  mit 
den  Klemmen  eines  Wechselstromgenerators,  so  wird  der  Eisenkörper  magnetisiert  werden 
und  der  Magnetismus  wird,  da  der  magnetisierende  Strom  ein  Wechselstrom  ist,  beständig 
seine  Stärke  und  Richtung  wechseln.  Nach  dem  im  Abschnitt  1  Gesagten  wird  in 
einem  Leiter  eine  E.M.K.  induziert,  wenn  er  in  einem  magnetischen  Felde  so  bewegt  wird, 
dass  er  Kraftlinien  schneidet.  In  allgemeinerer  Fassung  lautet  das  Induktionsgesetz :  In 
einem  Leiter,  welcher  sich  in  einem  ringförmigen,  magnetischen  Felde  befindet,  wird 
eine  E.M.K.  induziert,  wenn  die  Anzahl  der  von  dem  Ringe  umschlossenen  Kraftlinien 
sich  ändert.  Hiernach  ist  ohne  weiteres  klar,  dass  beim  Transformator  in  der  Sekun- 
därspule c  eine  ebenfalls  wechselnde  E.M.K.  hervorgerufen  wird.  Die  Grösse  dieser 
E.M.K.  ist  bei  gegebener  Primärspannung  von  dem  Verhältnis  der  Primärwindungszahl 
zur  Sekundärwindungszahl  abhängig  und  diesem  Verhältnis  annähernd  umgekehrt 
proportional. 

Der  Art  der  Ausfuhrung  nach  unterscheidet  man  Kern-  und  Manteltrans- 
formatoren. Die  in  Abb.  375  dargestellte  Type  ist  ein  Kerntransformator, 
während  in  Abb.  376  eine  Manteltype  schematisch  gezeichnet  ist.  Der  Eisenkörper  a 
greift  hier  gewissermassen  wie 
ein  Mantel  um  die  Wicke- 
lungen b.  In  der  Praxis  wer- 
den sowohl  Kern-  als  auch 
Manteltransformatoren  gebaut 
Bei  beiden  Typen  werden  die 
Kraftlinien  auf  ihrem  ganzen 
Wege  durch  Eisen  geführt,  so- 
dass der  Energieaufwand  zur 
Erzeugung  des  magnetischen 
Feldes  ein  Minimum  wird. 

Auf  Taf.  LXXIX,  Fig.  2  ist  ein  Drehstrom-Kerntransformator  abgebildet.  Aus 
Gründen  der  bequemeren  Ausfuhrung  und  auch  aus  anderen  Rücksichten  wird  die  Wick- 
lung in  einzelne  Spulen  zerlegt,  welche  auf  die  Eisenkerne  geschoben  werden.  Die  in 
der  Abbildung  sichtbaren  Spulen  sind  die  Hochspannungsspulen;  die  Niederspannungs- 
spulen liegen  innerhalb  der  Hochspannungsspulen. 

Als  Isolation  der  Hoch-  und  Niederspannungswicklung  gegeneinander,  sowie  gegen 
das  Eisengestell  dient  bei  dem  auf.  Taf.  LXXIX  dargestellten  Apparat  in  der  Hauptsache 
die  Luft.  Bei  Spannungen  über  10000  Volt  lässt  sich  jedoch  eine  sichere  Isolierung  durch 
Luft  nicht  »mehr  erzielen.  Man  setzt  daher  den  Eisenkörper  mit  Wicklung  in  einem 
mit  öl  gefüllten  Blechkasten,  sodass  statt  der  Luft  das  Öl  als  Dielektrikum  benutzt 
wird.  Das  ölgeföss  wird  meistens  mit  Rippen  versehen,  welche  wie  die  Rippen  an  Heiz- 
körpern wirken  und  die  Abführung  der  in  dem  Transformator  entwickelten  Wärme 
erleichtern.  (Taf.  LXXIX,  Fig.  2,  4  und  7)lf). 

Bei  sehr  grossen  Leistungen  (von  ca.  1000  KW  ab)  reichen  aber  die  Kühlrippen 


ii)  Von  den  Figuren  auf  Taf.  LXXIX  sind  Nr.  1,  2  und  7  der  Broschüre  von  Ch.  Llpine: 
Lee  Installation*  Hydro -Electriquee  de  la  Soci6t*  de  Füre  et  Morge.  1903.  8.  78  und  99,  Fig.  8  und  4 
einer  Broschüre:  »Impianto  Idroelettrica  di  Pont  Saint  Martin  der-Societa  Industriale' Elettro- 
chimica  di  Pont  Saint  Martin,  Fig.  5  und  6  einer  Broschüre  von  Theodor  Koehn:  »Der  elek- 
trische Betrieh  mittelst  Dreiphasen  -  Drehstrom  auf  den  italienischen  Vollbahnlinien  in  der  Valtellina*, 
Juli  1908  entnommen. 


1046 


III.     Theodoe  Koehh.     Ausbau  von  WabberkkIftem.     Einzelheiten. 


"i* 


...I 


zur  Abführung  der  Wärme  nicht  mehr  aas  und  man  muss  daher  die  Transformatoren 
künstlich  kühlen.  Dies  kann  sowohl  durch  Wasser  als  auch  durch  bewegte  Luft 
geschehen. 

Bei  den  wassergekühlten  Transformatoren  wird  entweder  direkte  Berieselung  des 
ölgefasses  angewendet,  indem  man  ein  mit  vielen  kleinen  Löchern  versehenes  Rohr  um 
den  oberen  Teil  des  Transformators  legt  und  das  aus  den  Löchern  austretende  Kühl- 
wasser an  den  Wänden  des  ölgefasses  herabrieseln  lagst,  oder  die  Kühlang  wird,  wie 
Abb.  377  zeigt,  durch  eine  ron  Wasser  durch- 
flossene  Kühlschlange,  die  in  den  ölkessel  gelegt 
wird,  bewirkt. 

Bei  Anlagen,  in  denen  Druckwasser  rar  Ver- 
fügung steht,  kann  dieses  ohne  weiteres  als  Kühl- 
wasser für  die  Transformatoren  benutzt  werden, 
anderenfalls  muss  das  Druck w asser  durch  eine 
kleine,  meist  von  einem  Elektromotor  angetriebene 
Pumpe  geliefert  werden.  Eine  dritte  Art  der 
Kühlung  besteht  darin,  dass  man  das  Transfor- 
matoröl  durch  eine  ausserhalb  des  Ölkessels  in 
fliessendem  Wasser  liegende  Kühlschlange  zirku- 
lieren lässt. 

Bei  luftgekühlten  Transformatoren  (Taf. 
LXXIX,  Fig.  6)  wird  die  Pressluft  durch  einen 
elektrisch  betriebenen  Ventilator  erzeugt.  Vielfach 
findet  man  hier  die  Anordnung,  dass  sämtliche  zu 
kühlenden  Transformatoren  über  einem  gemauerten 
Kanal  aufgestellt  werden,  in  welchen  der  Venti- 
lator die  Luft  drückt  und  aus  welchem  sie  den 
Transformatoren  durch  entsprechende  Öffnungen 
zugeführt  wird  (vergl.  S.  491,  Anlage  Kjkkels- 
rnd,  Taf.  XXXIV,  Fig.  8). 

Der  wesentlichste  Vorteil  der  Transforma- 
toren ist  der,  dass  sie,  wie  schon  oben  angedeutet, 
erlauben,  fast  unbegrenzt  hohe  Spannungen  zu 
erzeugen,  ohne  dass  die  Sicherheit  des  Betriebes 
hierbei  in  irgendwie  beträchtlicher  Weise  litte. 
Die  Transformatoren  sind  ferner  für  die  viel 
empfindlicheren  Generatoren  ein  vorzüglicher  Schutz  gegen  Überspannungen,  welche  in 
jeder  Hochspannungsanlage  auftreten.  Schliesslich  zeichnet  sich  der  Transformator  durch 
eine  ganz  ausserordentliche  Anspruchslosigkeit  in  bezug  auf  Wartung  ans,  da  er  keinerlei 
bewegte  Teile  hat.  Diese  Eigenschaft  kommt  allerdings  bei  den  im  Krafthaas  stehenden 
Primärtransformatoren  wenig  zur  Geltung,  da  im  Kraftwerk  schon  mit  Rücksicht  auf 
des  übrigen  Betrieb  ständige  Aufsicht  vorhanden  sein  muss.  Desto  angenehmer  wird 
sie  aber  bei  den  Seknndärtransformatoren  im  Leitungsnetz  empfunden,  die  häufig  so 
aufgestellt  werden  müssen  (z.  B.  bei  weit  vom  Kraftwerk  entfernten  Konsumstellen),  dass 
eine  ständige  Überwachung  ausgeschlossen  ist. 

Diesen  Vorzügen  des  Transformators  stehen  allerdings  auch  Nachteile  gegenüber, 
als  deren  erheblichster  angesehen  werden  kann,  dass  der  Transformator,  auch  wenn  er 
unbelastet  läuft,  stets  eine  gewisse  Energie  verzehrt,  die  zur  stetigen  Ummagnetisiernnt 


-im 


:r§ 


§  6.  KrafthXdser.     B.  Die  elektrische  Einrichtung.  1047 

des  Eisenkernes  verbraucht  wird.  Hau  hat  vielfach  versucht,  diese  sog.  Leerlanfgver- 
luste  einzuschränken  und  hat  dies  dadurch  erreicht,  dass  man  z.  B.  in  Vorteilungs- 
netzen, in  denen  viele  Transformatoren  parallel  arbeiten,  eine  Anzahl  derselben  bei 
schwachem  Konsum  mittelst,  sog.  Transformatorenschalter  automatisch  auf  der  Primar- 
nnd  Sekundärselte  abschaltete  und  bei  zunehmendem  Konsum  wieder  selbsttätig  ein- 
schaltete. Ausserdem  hat  man  neuerdings  durch  die  Verwendung  der  sogen,  legierten 
Bleche  die  Leerlaufsverluste  erheblich  reduzieren  können. 

Nachfolgende  Zahlentafel  gibt  Auskunft  über  den  Wirkungsgrad  von  Transforma- 
toren verschiedener  Grösse: 


Leistung  in  KW 

Wirkungsgrad  bei  voller  List  ii 
OlxTSpanmmg 


1  10  30     !     50         100 

93,0  |   96,2  I   97,2  |   97,6  |    98,0 

ca.  4000-6000  Volt 


200    !    500    !  1000  i  2000 

98,2  I    98.4  |   98,6  |    98,6 

ca.  10000  Volt 


5.  Schaltanlagen.  Von  den  für  eine  Schaltanlage  erforderlichen  Apparaten  Bind 
zuerst  die  Sicherungen  zu  erwähnen,  welche  in  ihrer  ursprünglichen  Ausführung  nichts 
weiter  als  einfache  Bleistreifen  sind ,  welche  bei  Überschreitung  einer  gewissen  Strom- 
stärke durchschmelzen  and  so  die  Leitungen,  in  welche  sie  geschaltet  Bind  und  die 
Stromverbrauchskörper  oder  Stromerzeuger  vor  all  zu  starker  Inanspruchnahme  schützen. 


Die  Sicherungen  haben  im  Laufe  der  Zeit  erhebliche  Abänderungen  erfahren.  So 
hat  man  zunächst  die  Bleistreifen  durch  Silberdrähte  ersetzt,  da  das  Silber  ein  wesentlich 
besserer  Leiter  ist  als  Blei,  man  hierdurch  weniger  Material  verwenden  und  so  die 
beim  Durchschmelzen  einer  Sicherung  auftretenden,  manchmal  explosionsartigen  Erschei- 
nungen mildern  konnte.    Eine  solche  Silberdrahtsichenmg  ist  in  Abb.  378  dargestellt. 

Bei  Spannungen  von  etwa  700  Volt  ab  wirken  jedoch  die  gewöhnlichen  Silber- 
drahtsicherungen nicht  mehr  zuverlässig  genug,  da  der  beim  Durchschmelzen  auftretende 
Lichtbogen  bisweilen  stehen  bleibt.  Man  hat  daher  andere  Konstruktionen  geschaffen, 
z.  B.  die  in  Abb.  379  dargestellten  sogen.  Röhrensicherungen,  bei  denen  der  Schmelz- 
streifen in  einer  Röhre  von  unverbrennlichem  Material  liegt.  Die  beim  Durchschmelzen 
auftretenden  Gase  treten  mit  grosser  Vehemenz  aus  den  beiden-  Öffnungen  der  Röhre 
aus  und  löschen  hierbei  den  sich  bildenden  Lichtbogen  mit  Sicherheit  aus. 

Die  beim  Bau  der  Schaltanlagen  zur  Verwendung  kommenden  Schalter  sind 
für  Spannungen  bis  ca.  500  Volt  einfache  Hebel  (s.  Abb.  380),  welche  an  einem  Ende 


1048  III.     Theodor  Koehk.     Ausbau  tob  WasbebkbIften.     Einzelheiten. 

drehbar  gelagert  sind  und  am  anderen  Ende  in  federnde  Kontakte  eingedrückt  werden. 
Diese  Schalter  werden  meist  so  ausgeführt,  dass  beim  Ausschalten  zunächst  eine  Feder 
angespannt   wird,   welche    dann   das   zwischen    den   Kontakten    liegende   Knpferstück 
,  momentan  herausreisst ,  damit  kein 

Stehenbleiben  des  bei  Ausachalten 
unter  Strom  entstehenden  Licht- 
bogens eintritt. 

Bei  Spannungen  über  500  Volt 

werden  jetzt  fast  ausschliesslich  01- 

schalter   verwendet,  die   aus   einem 

mit  öl  gefüllten  Blechkasten  bestehen, 

in  welchem  sich  die  Schaltkontakte 

befinden  (s.  Abb.  381,  aus  dem  öl- 

kasten  herausgenommener  Schalter). 

Die  Betätigung  der  Ölscbalter  erfolgt 

entweder  mittelst  Handkurbel  oder 

mittelst  Gestänge.    Eine  der  vielen 

möglichen   Gestängeantriebe    ist   in 

Abb.    382    dargestellt.      Schliesslich 

werden  auch  die  ölsohalter  vielfach  elektromotorisch  oder  elektromagnetisch  ein-  und 

anageschaltet,   eine  Anordnung,   die  zwar  tener  ist,   aber  den  grossen  Vorzug  hat,  dass 

man  in  der  Disposition  der  Schaltanlage  viel  freier  ist.    Die  Betätigungsmotoren  oder 

Abb.  382.     Ölschalter  mit  Gestänge.  Abb.  388.     Maxim  hIhubbcIi alter. 


Magnete  werden  durch  Druckknöpfe  gesteuert  und  durch  Glühlampen  wird  dem  Bedienen- 
den angezeigt,  dass  die  beabsichtigte  Schaltoperation  wirklich  vollzogen  ist. 

Die  ölschalter  haben  sich  bis  zu  den  höchsten  Spannungen  ausgezeichnet  bewährt 
und  werden  vielfach  als  selbsttätige  Maximalausschalter  ausgeführt  (s.  Abb.  383),  welche 
die  bei  Spannungen  über  5000  Volt  nicht  mehr  ganz  zuverlässigen  Sicherungen  ersetzen. 

Bei  Spannungen  bis  zu  ca.  25000  Volt  und  nicht  zu  grossen  abzuschaltenden 
Energiemengen  werden  die  Ölschalter  so  gebaut,  dass  sich  bei  zwei-  oder  dreipoligen 


§  6. 


KrafthIusär.     B.  Die  elektrische  Einrichtung. 


Schaltern  die  zwei  bezw.  drei 
Utiterbrechangastellon  in  einem 
gemeinsamen  ölgefäss  befinden. 
Bei  höheren  Spannungen  werden 
ausschliesslich  einpolige  Schalter 
verwendet,  die  durch  mechanische 
Kupplang  (durch  Stangen  etc.)  zn 
mehrpoligen  vereinigt  werden. 
Ein  derartiger  Schalter  ist  in 
Abb.  384  abgebildet.  Die  drei 
Ölgefässe  sind  zur  Erzielung  einer 
grösseren  Betriebssicherheit  durch 
feuerfestes  Mauerwerk  voneinan- 
der getrennt.  Auch  derartige 
Schalter  können  für  Maximal-, 
Minimal-  oder  Röckstromauslosung 
eingerichtet  werden. 

Als  einen  Nachteil  der  auto- 
matischen Maximalausschalter  bat 
man  es  früher  empfanden,  dass 
diese  anf  jeden  noch  so  kurzen 
Stromstoss  sofort  reagierten  und 
anf  diese  Weise  häufig  unbeab- 
sichtigte, den  Betrieb  des  Kraftwer- 
kesstörendeStromnnterbrechungen 
hervorriefen.  Man  hat  diesen  Übel- 
stand   durch    Einführung    der 
Zeitrelais    beseitigt,    welche 
eine   verzögerte  Auslösung  des 
Schalters  bewirken. 

In  Abb.  385  ist  ein  zwei- 
poliges Maximal -Zeitrelais  ab- 
gebildet. In  geeigneter  Weise 
wird  bei  demselben  ein  Dreh- 
■feld 13}  erzeugt,  welche  auf  die 
beiden  Aluminiumscheiben  ein 
Drehmoment  ausübt ,  dessen 
Stärke  von  dem  Betriebsstrom 
abhangig  ist.  Dieses  Dreh- 
moment wird,  so  lange  der 
durch  den  Schalter  fliessende 
Strom  ein  gewisses  Mass  nicht 
überschreitet,  durch  ein  ent- 
gegengesetzt gerichtetes  Dreh- 
moment aufgehoben ,  welches 
von   einem  an   einem  Seiden- 

13)  Vergl.  S.  1051  u.  Kapp, 
Wechselströme;  8.  Aufl.,  Kap.  XIII. 


Abb.  384.    Mechanisch  gekoppelte  einpolige  Schalter. 


Abb.  385.    Zweipoliges  Maximal-Zeitrelais. 


1050 


III.    Theodok  Koehn.    Ausbau  von  WassebkrIften.    EorzELHErrar. 


faden  hängenden  Gewicht  ausgeübt  wird.  Übersteigt  der  Betriebsstrom  eine  gewisse 
Grenze,  so  überwiegt  das  Drehmoment  der  Aluminiumscheibe  and  diese  beginnt  sich  zu 
drehen,  wobei  sich  gleichzeitig  der  Seidenfaden  auf  die  mit  der  Aluminiumscheibe  auf 
der  gleichen  Achse  sitzende  Schnurtrommel  aufwickelt.  Das  Gewicht  hebt  sich  hierbei 
und  berührt,  oben  angekommen,  zwei  Kontaktfedern,  welche  den  Stromschluss  des  auf 
die  Auslösevorrichtung  des  Schalters  wirkenden  Hilfsstromkreises  bewirken. 

Es  ist  ohne  weiteres  klar,  dass  ein  solches  Relais  erst  wirken  wird,  wenn  die 
Überlastung  oder  der  Kurzschluss  eine  gewisse  Zeit  angedauert  hat  und  zwar  wird  die 
Zeit  zwischen  dem  Anfang  der  Bewegung  und  dem  Berühren  der  Kontaktfedern  um  so 
kürzer  sein,  je  grösser  das  auf  die  Aluminiumscheibe  ausgeübte  Drehmoment,  also  die 
Überlastung  im  Betriebsstromkreise  ist.  Die  Rückführung  des  Gewichts  in  seine  Ruhe- 
lage erfolgt  selbsttätig,  da  bei  normalem  Leitungsstrom  das  von  dem  Gewichte  ausge- 
übte Drehmoment  überwiegt. 

Als  Messinstrumente  verwendet  man  für  Gleichstrom  die  sogen.  Präzisions- 
instrumente nach  dem  Prinzip  von  Deprez  d'Arsonval14).  Bei  diesen  Instru- 
menten bewegt  sich  zwischen  den  Polen  eines  permanenten  Stahlmagneten  die  vom  Strom 

durchflössen  Spule.    Zwei  Federn 


Abb.  886. 

fVWWVWI 


Abb.  887. 

-7WWVWS- 


tWWVWc 


besorgen  die  Stromzuführung  zur 
Spule  und  halten  gleichzeitig  den 
Zeiger  des  Instrumentes   in   der 
Nullstellung.      Die    Präzissionsin- 
strumente  werden  so  gebaut,  dass 
der  Ausschlagwinkel  des  Zeigers 
dem    die   Spule   durchfliessenden 
Strom   proportional   ist;    die  In- 
strumente haben  also  eine  gleich- 
massig  geteilte  Skala. 
Um  das  Pendeln  des  Instrumentes  zu  vermeiden,  wird  die  Spule  auf  einen  Alu- 
miniumrahmen gewickelt,  in  welchem  bei  jeder  Bewegung  des  Zeigers  Wirbelströme  her- 
vorgerufen werden,  die  bremsend  wirken.     Der  Zeiger  wird  also  bei  einer  Veränderung 
der  die  Spule  durchfliessenden  Stromstärke  nicht  hin-  und  herschwingen,   sondern  sich 
infolge   der   dämpfenden  Wirkung   der  Wirbelströme  sofort  auf  den  neuen  Stromwert 
einstellen. 

Einen  sehr  erheblichen  Vorteil  bieten  die  Präzisionsinstrumente,  wenn  es  sich  um 

die  Messung  grosser  Ströme  handelt.     Man   kann   hier   die   in  Abb.  386  angegebene 

Schaltung  anwenden.    Man   legt   in   den  Hauptstromkreis   einen  Widerstand   von   der 

bekannten  Grösse   r  und  schaltet  den  Präzisions-Stromzeiger,    der  den  Widerstand  R 

haben  möge,  dem  Widerstände  r  (auch  Nebenschluss  oder  Shunt  genannt)  parallel.    Durch 

R 
Wahl  des  Verhältnisses  —  bat  man  es  in  der  Hand,  dem  den  Stromzeiger  durchfliessenden 

Strom  eine  beliebige  Grösse  zu  geben.    Der  Strom  i  ist  J  stets  proportional  und  man 
kann  das  Instrument  so  eichen,  dass  es  den  Wert  des  Stromes  J  anzeigt 

Die  Methode  der  Messung  mit  Nebenschlüssen  liefert  ein  bequemes  Mittel,  um 
mit  einem  Stromzeiger  die  in  verschiedenen  Leitungen  fliessenden  Ströme  zu  messen. 
Man  braucht  dazu  nur  in  jede  Leitung  einen  Nebenschluss  zu  legen  und  den  Strom- 
zeiger auf  die  verschiedenen  Leitungen  umschaltbar  zu  machen,  wie  Abb.  387  zeigt. 


")  VergL  Krause,  Messungen  an  elektrischen  Maschinen.    Kap.  L 


§  6.  KrafthIuseb.     B.  Die  elektrische  Ejhbichtukg.  1051 

Die  Präzisionsspannungszeiger  zeigen  genau  die  gleiche  Konstruktion  wie  die 
Präzisionsstromzeiger.  Der  einzige  Unterschied  ist  der,  dass  die  Drehspnle  mit  einem 
konstanten  Widerstand  in  Serie  geschaltet  wird,  welcher  in  das  Instrument  selbst  ein- 
gebaut wird,  sodass  die  zu  messende  Spannung  direkt  an  die  Klemmen  des  letzteren  gelegt 
werden  kann. 

Die  Form  der  in  Kraftwerken  verwendeten  Instrumente  ist  meist  die  aus  Abb.  393 
■m  ersehende  runde.  Neuerdings  werden  aber  auch  vielfach  die  sogen.  Profilinstrumente 
angewendet,  wie  ein  solches  in  Abb.  388  dargestellt  ist.  Diese  Instrumente  Bind  für 
Schalttafeln  recht  empfehlenswert,  da  sie  wenig  Platz  beanspruchen.  Man  kann  eine 
erhebliche  Anzahl  dieser  Instrumente  auf  einer  Schalttafel  unterbringen,  ohne  die  Über- 
sichtlichkeit zu  stören  (vergl.  Abb.  394).  Dadurch,  dass  die  Skala  gekrümmt  ist  und 
man  die  Instrumente  gewöhnlich  zu  oberst  auf  der  Schalttafel  anbringt,  um  den  weiter 
unten  in  handlicher  Höhe  liegenden  Teil  für  Schalter  frei  zu  behalten,  könnten  Unge- 
nauigkeiten  in  der  Ablesung  entstehen.     Die  Instrumente  werden 

daher  entweder  nach   vorn  geneigt  oder  die  Ebene  der  Skalen-       „  „^ä1-,?88: 

.,,.,,  it*.i  -  .  •  Profil  Voltmeter. 

kreises  wird   horizontal   angeordnet.     Die  letztere  Ausführung   ist 

in  Deutschland  wenig  üblich,  wird  jedoch  in  Amerika  viel  benutzt- 

Zur  Messung  der  Wechselströme  werden  entweder  Hitz- 
draht oder  Ferraris -Instramente  benatzt.  Eei  den  Hitzdraht- 
instrumenten wird  der  zu  messende  Strom  durch  einen  Draht 
geleitet,  der  durch  den  Stromdurchgang  erwärmt  wird  und  sich 
infolgedessen  ausdehnt  und  zwar  um  so  mehr,  je  grösser  die 
Erwärmung,  also  der  den  Draht  durchmessende  Strom  ist.  Die 
durch  die  Ausdehnung  des  Hitzdrahtes  hervorgebrachte  Bewegung 
wird  in  geeigneter  Weise  auf  den  Zeiger  des  Instrumentes  über- 
tragen. Bei  den  Ferrarisinstrumenten  wird  das  nach  seinem  Ent- 
decker —  dem  Professor  Ferraris  genannte  —  „ Ferraris- 
Prinzip''  angewendet:  Man  benutzt  hierbei  das  durch  die  gleich- 
zeitigen Induktionswirkungen  zweier  oder  mehrerer  phasenver- 
schobener Wechselströme  hervorgebrachte,   seine   Richtung  stetig 

verändernde  Magnetfeld  —  das  Drehfeld  —  zur  Ausübung  eines  Drehmomentes  auf 
einen  in  seinem  Bereich  liegenden  Metallkörper.  Bei  den  Ferrarisinstrnmenten  wirkt 
das  Drehfeld  meist  auf  eine  Aluminiumtrommel,  deren  Bewegung  auf  den  Zeiger  des 
Instrumentes  übertragen  wird. 

Bereits  auf  Seite  1041  wurde  erwähnt,  dass  die  hochgespannten  ein-  oder  mehr- 
phasigen Wechselströme  im  allgemeinen  nicht  direkt  gemessen  werden,  sondern  man 
transformiert  sie  durch  sogen.  Messtransformatoren  erst  auf  eine  niedrige  Spannung 
(ca.  110  Volt)  herab  und  verbindet  die  Instrumente,  deren  Skalen  entsprechend  den  der 
Primärwicklung  der  Messtransfonnatoren  zugeführten  Spannungen  bezw.  Strömen  geeicht 
sind,  mit  den  Sekundärklemmen  der  Messtransformatoren.  Man  erreicht  hierdurch  den 
Vorteil,  dass  die  Instrumente  selbst  nur  für  die  niedrige  Spannung  isoliert  zu  werden 
brauchen,  und  dass  das  Berühren  der  Instrumente  gefahrlos  ist.  Durch  die  Anwendung 
der  Messtransfonnatoren  ist  es  möglich  geworden,  in  Schaltanlagen  die  Hochspannung 
von  der  Schalttafel  selbst  zu  verbannen. 

Die  zweckmässige  Anordnung  der  Schaltanlage  ist  für  Hochspannongsanlagen 
von  allergrösster  Wichtigkeit,   da  hiervon  eine  glatte  Betriebsführang   in   hohem  Grade 


1052  HL     Theodor  Koran*.     Ausbau  toh  WAasERKBlFTEir.     Edizblhkitem. 

Schon  beim  Entwurf  des  Schaltongs Schemas  ist  darauf  Bedacht  zu  i 
daas  die  Übersichtlichkeit  der  Anlage  nicht  Ton  vornherein  durch  Verwendung  aU  an 
vieler  Apparate  beeinträchtigt  wird.  Ein  Schaltnngsschema,  welches  allen  Bedürfnissen 
einer  normalen  Anlage,  bei  welcher  die  Hochspannung  direkt  in  den  Maschinen  erzeugt 
wird,  gerecht  wird,  ist  in  Abb.  389  gegeben. 

Schal  techema  flu-  eine 


b  Ausschalter, 

c  **■•""»■*-  A  nisitflial tfr. 

d  Maximal-  and  Rückstrom- Am 

o  Blitzableiter, 

f  Oberspannungsscbutc, 

g  Stromzeiger, 


1  Maximal- Zeitrelais, 
m  Waaaawtran  lerder, 
n  Erdplatte, 
o  Sichernag, 
p  Umschalter, 
q  Wattstun  de  nzthler, 
r  Magnetregulator, 
S  Anläse- Widerstand 
t  Transformator, 
u  Droeselspuls, 
v  Glühlampe, 


Jeder  Generator  erhllt  an  Messinstrtiinenten  Slromzeiger,  Leistangsieiger  nnd  Zahler,  welche 
ho  die  Sekundärklemmen  von  Messtransformataren  angeschlossen  werden. 

Die  Abschalter,  welche  jeder  Generator  erhalt,  dienen  dazu,  den  gesamten  an  einer  Maschine 
gehörigen  Apparate  ngatz  von  den  Samroelschienen  abtrennen  nnd  hierdurch  spannnngslos  machen  zu 
können,  damit  etwaige  Reparaturen  nnd  Besichtigungen  gefahrlos  ausgeführt  werden  können. 

Die  Erregung  der  Generatoren  wird  im  vorliegenden  Falle  durch  eine  Zentral -Erregeranlag« 
bewirkt.  Als  Stromercenger  für  den  Erregentrom  dient  eine  von  einer  besonderen  Turbine  angetrishea 
gedachte  Erregerdynamo  nnd  als  Reserve  hierfür  ein  Dreh  atrom-Gleichstrom-Umf  inner.  Ferner  ist  eine 
kleine  Akkumulatorenbatterie  für  den  Notfall  vorgesehen. 

Die  Beleuchtung  des  Kraftwerkes  und  der  Strom  für  etwaige  Hilfsmotoren  in  dar  Werkstatt  etc. 
soll  ebenfalls  von  den  Erregersammelschienen  abgenommen  werden. 


§  6.  KkafthXuseb.    B.  Die  elektrische  Einrichtung.  1053 

Die  Regelung  der  Spannung  der  Drehstromgeneratoren  erfolgt  mittelst  der  Magnetregulatoren, 
deren  Wellen  man  zweckmassig  miteinander  mechanisch  kuppelt ,  sodass  die  Veratellung  sämtlicher 
Regulatoren  mittelst  eines  Handrades  vorgenommen  werden  kann.  Die  Kupplung  ist  lösbar  einzu- 
richten, damit  man  auch,  falls  erforderlich,  jeden  Generator  für  sich  regulieren  kann.  Die  Stärke  des 
Erregerstromes  wird  durch  ein  im  Erregerstromkreise  liegendes  Amperemeter  gemessen.  Den  zweipoligen 
Ausschaltern,  welche  im  Erregerstromkreise  vorgesehen  sind,  gibt  man  am  besten  eine  Verriegelung, 
da  ein  Ausschalten  unter  Strom  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  einen  Defekt  des  Generators  zur  Folge 
haben  wurde;  man  kann  diese  Schalter  jedoch  nicht  gut  entbehren,  da  es  doch  erwünscht  ist,  den 
ErregerstromkreiB  einmal  spannungslos  machen  zu  können. 

Jeder  Generator  läset  sich,  wie  aus  dem  Schema  ersichtlich,  auf  zwei,  voneinander  völlig 
unabhängige  Sammelschienensysteme  umschalten.  Diese  Anordnung  ermöglicht  es,  ein  Sammelschienen- 
system  ganz  aus  dem  Betriebe  zu  nehmen,  um  dasselbe  reinigen  oder  andere  Arbeiten  an  ihm  vor- 
nehmen zu  können. 

Aus  dem  gleichen  Grunde  sind  auch  für  die  Verteilung  zwei  Sammelschienensysteme  vorge- 
sehen worden f  auch  gibt  die  Anordnung  der  doppelten  Schienensysteme  die  Möglichkeit,  den  Licht- 
vom  Kraftbetriebe  völlig  zu  trennen,  was  u.  U,  erwünscht  sein  kann. 

In  die  Verbindungsleitungen  zwischen  den  Generator-  und  Verteilungssammelschienen  können 
etwa  gewünschte  Zähler  für  den  Gesamtstrom  sowie  Blitzschutzapparate  eingebaut  werden,  sofern  die 
übrigen  in  dem  Schema  angedeuteten  Blitzschutzapparate  (HörnerbÜtzableiter,  Wasserstrahlerder,  Drossel- 
spulen) noch  keinen  ausreichenden  Schutz  geben  sollten.  Auf  die  Frage  des  Blitz-  und  Überspannungs- 
schutzes soll  weiter  unten  näher  eingegangen  werden. 

Die  von  den  Verteilungssammelschienen  ausgehenden  Leitungen  erhalten  je  drei  an  Stromtrans- 
formatoren angeschlossene  Amperemeter,  zwei  8atc  Abschalter  und  einen  Maximal-Ölansschalter,  dessen 
Betätigung  durch  drei  ICaximal-Zeitrelais  erfolgt. 

Die  Spannung  der  Zentrale  wird  durch  drei  Spannungsseiger  gemessen,  welche  an  den  Sekundär- 
klemmen dreier  Hesstransformatoren  liegen.  Mit  Hilfe  des  zweipoligen  Umschalters ,  der  für  die  volle 
Betriebsspannung  ausreichen  muss,  kann  man  drei  verschiedene  Schaltungen  vornehmen:  sind  die  beiden 
obersten  Kontakte  verbunden,  so  kann  man  die  8pannung  zwischen  der  unteren  und  mittleren,  sowie 
s wischen  der  oberen  und  mittleren  Sammelschiene  messen:  sind  die  beiden  Mittelkontakte  verbunden, 
so  ist  eine  Spannungsmessung  zwischen  der  obersten  Schiene  einerseits  und  der  mittleren  bezw.  unteren 
andererseits  möglich;  sind  schliesslich  die  untersten  beiden  Umschalterkontakte  miteinander  verbunden, 
so  wird  die  Spannung  aller  drei  Phasen  gegen  Erde  gemessen.  Man  kann  mit  Hilfe  dieser  letzten 
Schaltung  also  jederzeit  während  des  Betriebes  feststellen,  ob  ein  Isolationsfehler  vorhanden  ist,  da  die 
Verschlechterung  der  Isolation  eines  Drahtes  gegen  Erde  auch  sofort  ein  Sinken  seiner  Spannung  gegen 
Erde  zur  Folge  hat. 

In  Abb.  890  ist  ein  Schema  für  eine  Anlage  mit  Transformatoren  gegeben.  Die 
allgemeine  Anordnung  ist  gegenüber  Abb.  389  etwas  vereinfacht,  indem  auf  die  Ver- 
wendung doppelter  Sammelschienensysteme  verzichtet  ist.  Hingegen  sind  die  Sammel- 
schienen als  Ringleitung  ausgebildet  und  es  ist  durch  die  in  diese  eingebauten  Abschalter 
erreicht,  dass  man  einzelne  Stücke  des  Schienensystems  spannungslos  machen  kann, 
allerdings  nicht,  ohne  gleichzeitig  einen  Maschinensatz  bezw.  eine  Fernleitung  aus  dem 
Betriebe  zu  nehmen.  Dies  ist  für  viele  Fälle  aber  zulässig,  da  fast  stets  sowohl  für  die 
Generatoren  als  auch  für  die  Fernleitungen  Reserve  vorhanden  ist 

Die  Apparate  für  die  Fernleitungen  sind  genau  so  geblieben,  wie  in  Abb.  889.  Der  Hauptunter- 
schied '  gegenüber  dem  Schema  Abb.  889  besteht  darin ,  dass  jetzt  die  von  den  Generatoren  erzeugte 
Spannung  nicht  direkt  zur  Übertragung  benutzt  wird,  sondern  dass  die  GeneratorenspannuDg  vermittelst 
der  Transformatoren  erhöht  wird.  Hierdurch  kompliziert  sich  natürlich  das  Schaltungsschema  etwas, 
doch  ist  diese  Komplikation,  wie  ein  Vergleich  der  Abb.  889  und  390  zeigt,  unerheblich,  sobald  man  jeden 
Transformator  mit  dem  zugehörigen  Generator  als  einen  Maschinensatz  betrachtet  und  zwischen  beiden 
weder  Schalter  und  Sicherungen  noch  Sammelschienen  anordnet. 

In  sehr  vielen  Fällen  wird  es  möglich  sein,  diese  Schaltung  anzuwenden  und  man  sollte  ihr, 
wo  immer  angängig,  den  Vorzug  geben,  da  sie  an  Einfachheit  und  Übersichtlichkeit  kaum  übertroffen 
werden  kann.  Manchmal  ist  es  aber  erwünscht,  einen  Teil  der  von  den  Generatoren  erzeugten  Energie 
mit  niederer  Spannung  abzugeben  —  beispielsweise  an  Fabriken,  die  sich  in  der  Nähe  der  Kraftzentrale 
angesiedelt  haben  —  während  der  Rest  der  Energie  mit  hoher  Spannung  auf  eine  grossere  Entfernung 


1054 


IIL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräfte*.    Einzelheiten. 


fortgeleitet  werden  soll.    In  diesen  Fällen  kann  man  die  Anordnung  von  Sammelschienen   zwischen 
Generatoren  and  Transformatoren  nicht  umgehen. 

Zwei  weitere  Schaltungsschemata  für  Drehstromanlagen  zeigen  die  Figg.  2  und  3 

der  Tal  LXXX 15). 

In  beiden  Anlagen  erzengen  die  Maschinen  den  hochgespannten  Strom  direkt;  eine  Herauf- 
transformiernng  findet  also  nicht  statt. 

Der  Zweck  der  einzelnen  Apparate  geht  ans  den  Zeichnungen  selbst  hervor.  Charakteristisch 
ist  für  beide  Anlagen  die  ringförmige  Anordnung  der  Sammelschienen. 

Abb.  390.    Schaltschema  einer  Anlage  mit  Drehstrom  und  Hochspannungs-Transformatoren. 


Zeichenerklärung. 

a  Abschalter, 

b  Ausschalter, 

c  Maximalausscnalter, 

d  Maximal-  u.  Rückstrom- 
Ausschalter. 

e  Blitzableiter, 

f  Überspannungssehutx, 

g  Stromzeiger, 

h  Stromtransformator, 

i  Spannungstransfor- 
mator, 

k  Leistungszeiger, 

1  Drehstrom  •  Spannung* 
transfonnator, 

m  Wasserstrahlerder, 

n  Erdplatte, 

o  Sicherung, 

p  Umschalter, 

q  Wattstundenzähler, 

r  Magnet-Regulator. 

8  Drosselspule, 

t  Glühlampe, 

u  Zellenschalter, 


Das  Schema  der  Anlage  Hagneck  zeigt  noch  eine  andere  Eigenart.  Die  an  die  Generatoren 
direkt  angebauten  Erregermaschinen  werden  wieder  ihrerseits  von  besonderen,  als  sekundäre  Erreger- 
maschinen  bezeichneten  Gleichstromdynamos  erregt.  Dies  hat  den  Vorteil,  dass  die  Spannung  der  Dreh- 
stromgeneratoren von  den  Belastangsstössen  im  Drehstromnetz  unabhängiger  wird  und  ferner,  dass  m*c 
in  der  Lage  ist,  die  Spannung  der  ganzen  Zentrale  durch  Regulieren  an  einem  einzigen  Handrade  zn 
verändern. 

Die  Fig.  1  der  Taf.  LXXX  stellt  das  Schema  der  Gleichstrom- Hochspannungs- 
anlage St.  Maurice-Lausanne  dar;  auf  diese  Anlage  wird  im  Abschnitt  8  noch 
näher  eingegangen  werden. 

15)  Fig.  1  der  Tafel  LXXX  ist  der  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1903.  S.  78  „Die- Kraft  Über- 
tragung von  St.  Maurice  nach  Lausanne",  Fig.  2  einer  Broschüre  von  G.  H.  Perrin  „Les  Installations 
de  la  Compagnie  vaudoise  des  forces  motrices  des  Lacs  de  Joux  et  de  TOrbe,  Extrait  du  Bulletin  tech- 
nique  de  la  Suisse  romande".  1904,  Fig  8  der  Zeitschr.  d.  Ver.  deutscher  Ing.  1901.  S.  944.  Aufsatz  von 
Professor  H.  Rupp,  «Das  Elektrizitätswerk  Hagneck*  entnommen. 


§  6.  Krafthauseil    B.  Die  elektrische  EnraaoHTUva.  1055 

Zur  Konstruktion  der  Schalttafeln  dient  ein  ans  Winkeleisen  oder  Rohren  gebil- 
detes Eisengerüst,  auf  welchem  die  Marmor-  oder  Schieferplatten,  welche  die  Vorder- 
seite der  Schaltwand  bilden,  befestigt  werden.  Abb.  391  zeigt  rechts  oben  den  Schnitt 
durch  eine  Schaltwand. 

Die  Konstruktion  der  Eisengerüste ,  welche  meist  die  Hochspannung  führenden 
Teile  tragen,  ist  aus  Abb.  392,  sowie  Taf.  LXXIX,  Fig.  1  und  5  ersichtlich.  Neuer- 
dings wird  auf  eine  Trennung  der  Phasen  durch  feuerfeste  Zwischenwände  Wert  gelegt, 
etwa  in  der  Art  wie  der  in  Abb.  384  dargestellte  Schalter  zeigt. 

Wir  kommen  nun  zur  Besprechung  der  Disposition  einer  Schaltanlage,  es 
mögen  jedoch  noch  einige  Angaben  über  den  Raumbedarf  von  Gleichstrom-  und  Dreh- 
stromschaltanlagen vorausgeschickt  werden,  welche  als  Mindestforderungen  zu  gelten  haben : 

Gleichstromanlagen  bis  etwa  500  Volt.  Die  Tiefe  des  Schaltraumes,  d.  h. 
die  Richtung  senkrecht  zur  Schalttafel,  ist  von  der  Anzahl  der  Maschinensätze,  Fern- 
leitungen usw.  unabhängig  und  richtet  sich  nur  nach  der  Anzahl  der  hintereinander 
angeordneten  Schalttafeln. 

Für  eine  Hauptschalttafel,  auf  welche  z.  B.  die  Apparate  für  die  Dynamos  gesetzt 
werden,  kann  man  1,25  m  Tiefe  rechnen,  für  ein  Verteilungsschaltgerüst  (z.  B.  zur  Auf- 
nahme der  Speiseleitungsapparate)  ca.  0,5  m.  Schalttafeln  und  Gerüste  sollen  möglichst 
von  beiden  Seiten  zugänglich  sein.  Bedienungsgänge  zwischen  zwei  Schalttafeln  sollen 
nicht  unter  2  m  sein,  für  Montagegänge  genügen  0,75  m. 

Wenn  man  der  Schaltbühne  —  dem  Stande  des  Schalttafelwärters  —  eine  Breite 
von  2,0  m  gibt,  würde  eine  Gesamttiefe  des  Schaltraumes  von  6,50  m  erforderlich  sein, 
wovon  2  m  auf  die  Bühne,  1,25  m  auf  die  Hauptschalttafel,  2  m  auf  den  Gang  zwischen 
Haupt-  und  Verteilungsgerüst,  0,5  m  auf  das  Verteilungsgerüst  und  0,75  m  auf  den 
Montagegang  hinter  diesem  entfallen. 

Die  Breite  des  Schaltraumes  (gemessen  in  Richtung  der  Schalttafel)  ist  von  der 
Anzahl  der  Maschinensätze,  Abzweige  etc.  und  von  der  in  Betracht  kommenden  Strom- 
stärke abhängig. 

Man  kann  ungefähr  damit  rechnen,  dass  für  den  zu  einer  Maschine  gehörigen 
Apparatensatz  bis  500  Amp.  ca.  0,5  m,  von  500 — 1000  Amp.  ca.  0,7  m,  darüber  bis 
etwa  3000  Amp.  ca.  1  m  Schalttafelbreite  erforderlich  ist.  Für  einen  Abzweig  kann 
man  bis  ca.  500  Amp.  etwa  0,3  m  Breite  des  Verteilungsgerüstes  rechnen,  darüber  bis 
ca.  1000  Amp.  0,4  m. 

Die  Raumhöhe  soll  mindestens  3  m  betragen. 

Bei  grösseren  Schaltanlagen  mit  Kabelableitungen  empfiehlt  es  sich,  die  Räume 
unter  der  Schaltanlage  für  die  Einführung  der  Kabel  freizuhalten. 

Drehstromanlagen  bis  etwa  500  Volt.  Die  Raumtiefe  ist  nach  denselben 
Grundsätzen'  zu  bestimmen  wie  bei  Gleichstromanlagen. 

Bei  Bestimmung  der  Schalttafel  breite  kann  man  bis  ca.  500  Amp.  pro  Maschinen- 
satz mit  etwa  0,8  m,  darüber  bis  1000  Amp.  mit  etwa  1  m  rechen;  für  Abzweige  sind 
ca.  0,4  bezw.  0,6  m  erforderlich. 

Im  Übrigen  gilt  das  bei  Gleichstromanlagen  Gesagte. 

Drehstromanlagen  bis  etwa  10000  Volt.  Bei  diesen  Anlagen  gliedert  sich 
die  Schaltanlage  —  wie  schon  erwähnt  —  in  die  eigentliche  Schalttafel  oder  Schalt  wand 
mit  den  Messinstrumenten  und  den  Antrieben  der  Schalt-  und  Regulierapparate  sowie 
die  Hochspannungsgerüste. 

Für  die  Bemessung  der  Schaltwand  gilt  das  oben  im  Absatz  „ Drehstromanlagen 
bis  500  Volt*  Gesagte. 


1056  III.     Theodor  Eobhm.     Ausbau  von  WassekerIptem.     Kutzeliisiten. 

Die  Tiefe  des  Hochspannungsraiimes  richtet  sich  nach  der  Anzahl  der  hinter- 
einander stehenden  Gerüste  und  zwar  kann  man  rechnen:  für  ein  Gerüst  1,25  m,  für 
einen  Bedienungsgang  zwischen  Gerüst  und  Wand  1,5  m,  zwischen  zwei  Gerüsten  oder 
zwischen  Gerüst  and  Schaltwand  2  m.  Danach  ergibt  sich  für  einen  Raum  mit  einem 
Gerüst  eine  Raumtiefe  von  4,25  m,  mit  zwei  Gerüsten  7,2  m. 

Die  Breite  des  Hochspannungsraumes  ist  wieder  von  der  Anzahl  der  Maschinen- 
sätze nnd  Ableitungen  abhängig;  man  kann  damit  rechnen,  dass  pro  Maschinensatz  oder 

Abb.  891.    Schnitt  durch  die  Schaltanlage  des  Kraftwerks  der  Urfttaliperre. 


Abzweig  bei  Spannungen  bis  5000  Volt  eine  Gerüstbreite  von  1  m,  ■  darüber  bis  10000  Voit 
1,2  m  erforderlich  ist.  An  den  beiden  Enden  der  Gerüste  sind  Gänge  von  je  1,5  m 
Breite  erforderlich. 

Die  Höhe  der  Schaltränme  soll  mindestens  3,5  m  betragen. 

Bei  Kabelleitungen  ist  es  vorteilhaft,  den  Raum  unter  der  Schaltanlage,  bei  Frei- 
leitungen den  Raum  über  der  Schaltanlage  zur  Aufnahme  des  Blitz-  und  Überspannungs- 
schutzes  frei  zu  halten. 

Transformatorenräume.  Da  der  Transformatorenraum  meist  in  engster 
Verbindung  mit  den  Schalträumen  steht,  sollen  hier  noch  einige  Bemerkungen  über 
Transformatorenräume  hinzugefügt  werden:  Die  Transformatorenräume  sind  so  aufzu- 
stellen, dass  zwischen  den  einzelnen  Transformatoren  und  zwischen  Transformator  und 
Wand  je  nach  Grösse  ein  Gang  bis  zu  1,25  m  vorhanden  ist.  Ferner  ist  darauf  zu 
achten,    dass  jeder  Transformator  ohne  Standänderung  der  anderen  aus  dem  Raum 


§  6.  Krafi-hAuser.     B.  Die  elektrische  Einrichtung.  1057 

gebracht  werden  kann  und  schliesslich  ist  für  gute  Ventilation  des  Transformatoren- 
raomes  Sorge  zu  tragen. 

Von  grösster  Wichtigkeit  ist  eine  nicht  zu  gedrängte  Anordnung  der  Schaltanlage. 
Die  Hochspannung  soll  von  der  Niederspannung  vollständig  getrennt  sein;  sämtliche 
Hochspannung  fuhrenden  Teile  sind  in  verschliessbaren  Räumen  unterzubringen,  die  nur 
von  instruiertem  Personal  betreten  werden  dürfen.  Die  Leitnngsfühnmg  soll  durchaus 
übersichtlich  sein  und  alle  Hochspannungsleitungen  sollen  durch  einen  Anstrich  als  solche 
gekennzeichnet  werden. 

Schalttafeln,  Eisenge- 
rüste, sowie  überhaupt  alle 
Metallteile,  welche  der  Be- 
rührung zugänglich  sind,  sol- 
len gut  geerdet  werden,  da- 
mit selbst,  wenn  sie  infolge 
eines  Isolationsfehlers  ein- 
mal Hochspannung  bekom- 
men sollten,  keine  Gefahr 
für  das  Bedienungspersonal 
entsteht. 

Die  Abb.  391  zeigt 
einen  Querschnitt  durch  die 
Schaltanlage  des  Kraftwerkes 
der  Urfttalsperre '•)  (Eifel) 
(vergl.  Taf.  XLVm,  Fig.  8 
und  S.  593). 

Mittelst  der  von  den 
Genenttoren  kommenden  Kabel 
wird  der  erzeugte  Drehstrom  zu- 
nächst Dach  dem  6000  VoltSch.lt- 
raum  geleitet,  in  weichem,  auf 
einem  Eisengerflst  montiert,  sämt- 
liche 5000  Volt-Apparate:  die  Ma- 
achinenaicherungen  und  Mess- 
tisnsfonnatoren  für  die  Dynamo- 
maschinen untergebracht  sind. 
Vom  5000  Voltraum  fahren  die 
Leitungen  zur  Unterapannnngs- 
seite  der  Transf onnatoren,  welche 
die  Generatorenspannung  auf 
35000  Volt  heran f transformieren. 
Der  85000  Volt-Schaltranm  liegt 

unmittelbar  Ober  dem  Transformatoren  räum.  Die  35000  Volt  Schalter  sind,  wie  ans  der  Zeichnung  zu 
sehen,  in  iwei  Reiben  angeordnet.  Jeder  Schalter  besteht,  wie  Abb.  392  zeigt,  aas  drei  einpoligen 
Schaltern,  welche  durch  eine  Kupplungsstange  zu  einem  dreipoligen  Schalter  vereinigt  werden.  Die 
Betätigung  erfolgt  elektromotorisch  durch  den  Ober  dem  Schalter  angeordneten  Schaltmotor,  welcher 
mittelst  einer  Schubstange  auf  den  Schalter  wirkt.  Jeder  Schalter  ist  für  sich  in  eine  vorn  offene  Zelle 
aus  feuerfestem  Hauerwerk  eingeschlossen,  damit  ein  etwaiger  Brand  eines  Schalten  leicht  lokali- 
siert werden  kann.  Die  Messtransformatoren,  Maximal  -  Zeitrelais  und  Schaltmotoren  haben  auf  der 
durch  die  Einmaueruug  der  Schalter  gewonnenen  Plattform  Platz  gefunden.  Die  Sammelachienen  sind 
an  Eisenkonstruktionen  befestigt  und  liegen  unmittelbar  unter  der  Decke  des  Hochspannnngarauinea. 

In  dem  Ober  dem  35000  Volt-Schal  träum  liegenden  Stockwerk  sind  die  Blitzableiter  nnd  Drossel- 
spulen untergebracht;  der  Wasserstrahl-  EnlungSBpparat  sowie  die  Wasser  widerstände  sind  hingegen  im 
Transformatorenraum  angeordnet,  in  welchem  messendes  Wasser  zur  Verfügung  steht,  da  die  Trans- 
formatoren durch  Wasserberieselung  gekohlt  werden. 

'*)  Nach  den  Gründest  würfen  nnd  unter  der  Aufsicht  des  Herrn  Prof.  Dr.  Rasch,  Aachen,  erbaut 

HiBdlreeh  d«r  Jjig.-Wi.tM.di.    III.  TaU.    13.  Bd.  67 


1058  HI.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  WasserkbIktei«.     Eivzxlhbitek. 

Die  Konstruktion  der  Fem leitnngsausfQn rangen  ans  dem  Krsftbaose  g*hi  ans  der  oben  gegebene« 
Qnerschnittsieichnnng  mit  genügender  Deutlichkeit  hervor. 

Eine  Abbildann  der  Apparaten  wand  ist  in  Abb.  898  gegeben,  welche  die  dnrchane  fibenicatlics* 
Anordnung  der  Instrumente  zeigt.  Die  Schaltbohne  ist  etwa  8,80  m  aber  tfasdunenhansnar  gelegt, 
sodass  man  von  dort  ans  eine  bequeme  Übersieht  aber  den  gansen  Maschinensaal  erhart. 

Abb.  898.    Schalttafel  im  Kraftwerk  der  Urfttalsperre. 


Abb.  884.    Schalttafel  mit  Frofilinstnunenten. 


™      •     '  '  /".'.'// 


In  Abb.  394  ist  eine  Schalttafel  dargestellt,  welche  zeigt,  in  welch  einfacher  Weise 
sich'  eine  Schalttafel  disponieren  lasst,  wenn  man  für  die  Schalter  elektrischen  Antrieb 
und  als  Mesa  Instrumente  Profil  Instrumente  verwendet. 

Die  beiden  Hittelfelder  dienen  aar  Aufnahme  der  Apparat«  für  die  Zentralerregeranlage,  die  anderes 
sechs  Felder  sollen  die  Apparate  für  12  Drehstromgeneratoren  aufnehmen,  von  denen  jeder  ein  Drehstrom 
Amperemeter  and  ein  Wattmeter  als  Profilinatramente  and  einen  Prtiisionsetrnroieiger  für  den  Erreger- 
snrem  erhalt.  Die  Betätigung  des  Schaltere  erfolgt  durch  einen  Doppeldracktsater;  hinter  den  mit  li 
und  ®  bezeichneten,   roten  beiw.  grünen  Olaascbildern  befinden  sich  Signslgtflhlampen,   welche   anf 


g  6.  '  Keafthäüser.    B.  Die  kuhctrischk  Ewhichtubo.  1069 

leuchten,  sobald  der  Schaltmotor  du  durch  den  Doppeid rucktaster  gegebene  Kommando  vollzogen  bat 
Der  an  jeder  Dynamo  gehörige  Magnetregidator  wird  durch  das  auf  dem  unteren  Teil  der  Srhaltwand 
befindliche  Handrad  betätigt;  mittelst  das  grossen,  auf  dem  mittelsten  der  drei  Seitenfelder  sitzenden 
Handrade  können  die  sechs,  anf  der  entsprechenden  Schalttafelseite  befindlichen  Msgnetregulatoren 
gemeinsam  betätigt  werden,  jedoch  ist  es  anch  möglich,  die  einzelnen  Regnlatoren  in  einfacher  Weise 
auszukuppeln,  sodass  jeder  fQr  sich  verstellt  werden  kann. 

In  der  Anordnung  der  eigentlichen  Schaltraume  ist  man  völlig  frei  und  könnte 
sie  ähnlich  legen  wie  bei  der  Schaltanlage  der  Urfttalsperre.  Eine  weitere  Anordnung 
einer  Schaltanlage  ist  in  den  Figg.  1  nnd  2  der  Taf.  LXXVI1I")  dargestellt 

Die  Fig.  1  zeigt  das  Sehalt  pult,  welche«  rar 
Aufnahme  der  Apparate  für  die  Generatoren  dient;  in  *">■  395-    Ausfahrbare  Schalttafel, 

der  Mitte  des  Pultes  sind  die  Sa mmelschien instrumenta, 
ror  denselben,  dem  Bedienenden  jederzeit  vor  Augen, 
die  General voltmeter  angeordnet.  Die  hinter  dem  Schalt- 
pult stehende  Sehaltwand  nimmt  die  Apparate  fQr  die 
abgehenden  Fernleitungen  anf. 

In  Fig.  2  ist  ein  Schnitt  durch  die  gesamte 
Schaltanlage  gegeben,  ans  welchem  die  Anordnung  der 
Eiaengerüste  für  die  Hochspannung,  der  Sammelschienen 
und  dee  Tranaformatorenraumes  zu  ersehen  ist 

Die  Fig.  8  zeigt  eine  ÜbenpannungsBcfantz- 
anlage  mit  den  oben  sitzenden  Hornerblitsableitern,  den 
tiefer  liegenden  Drosselspulen  und  den  ganz  vorn  be- 
findlichen Wasserstrahl-  Erdungsapparaten. 

Weitere  Ansichten  von  Kraftwerks -Schaltan- 
lagen zeigen  die  Fig.  1,  8  nnd  5  der  Tafel  LXX1X. 

Eine  Spezi&lkonstruktion,  welche  sich  in 
letzter  Zeit   viele  Freunde  erworben  hat,   Bind 
die  sog.  ausfahrbaren  Schalttafeln.     In 
Abb.  395  ist  eine  derartige  Schalttafel  abge- 
bildet.     Wie   man   sieht,  ist    der   gesamte    zu 
einem  Generator  oder  einer  Fernleitung  gehörige 
Apparatensatz  auf  einem  Wagen  montiert,  wel- 
cher herausgezogen  werden  kann,   wodurch  der 
Kontakt  mit  den  Hochspannungsschienen  unter- 
brochen wird.     Man   kann   dann   die   auf  dem  Wagen   befindlichen  Apparate  genau  be- 
sichtigen und,  wenn  erforderlich,  reparieren,  ohne  eine  Berührung  mit  der  Hochspannung 
befürchten    zu   müssen.      Auch    kann    man    einen    kompletten   Schalt  wagen    in   Reserve 
halten,    um  bei   Apparatendefekten   eine   schnelle   Auswechselung   zn   ermöglichen.     Die 
Abb.  395  zeigt  die  obere  Hälfte  eines  ausfahrbaren  Schalttafelfeldes  auf  einem  Transport- 
wagen; die  untere  Hälfte  des  Schalttafelfeldes  ist  fest,  doch  gibt  es  auch  andere  Kon- 
struktionen, die  ein  Ausfahren  des  ganzen  Feldes  ermöglichen. 

Die  Scbaltwagen  werden  für  Spannungen  bis  zo  15000  Volt  gebaut;  darüber 
hinaus  würden  die  Wagen  zu  gross  nnd  unhandlich  werden. 

Ein  bei  Hochspannungsanlagen  neuerdings  recht  häufig  angewandtes  Prinzip  besteht 
in  der  Verwendung  von  Schaltsaulen,  wie  Bie  Abb.  396  zeigt.  Man  kann  auf  einer 
solchen  Säule  bis  zu  vier  Messinstrumente,  sowie  ferner  die  Antriebe  für  zwei  Schalter 
und    zwei    Magnetregulatoren    unterbringen.      Die    umstehende    Abbildung    zeigt    eine 

1')  Fig.  1  nnd  2  Tafel  LXXVJU  sind  einer  Broschüre  der  A.-G.  Brown  Boveri  dt  Co.,  Fig.  3 
einer  Broschüre  von  C.  H.  Perrin,  „l.es  Installation«  de  la  compagnie  vaudoise  des  forces  motrices 
des  lacs  de  Joux  et  de  l'Orbe,  Extrait  dn  bulletin  techniqne  de  la  Suisse  romande.  1904.  S.  30  entnommen. 


1060  III.     Theodoh  Koshs.     Adsbad  von  WabsxrkbAjteh.     ICmmuMBm. 

Schaltsäule  für  einen  Drehstromgenerator.    Die  beiden   mittleren  Instrumente  sind  das 

Drehstrom- Amperemeter  und  das  Voltmeter,    das  obere   ist  der  Leistongszeiger ,    das 

untere  das  Erregerstrom-Amperemeter.    Der  Schalter  wird  durch  den  Handhebel  betätigt, 

während  der  Magnetregulator  mittelst  der  beiden,   miteinander  gekuppelten  Handräder 

verstellt  werden  kann.    Der  Säulenkopf  mit  den  Instrumenten  ist  drehbar,    sodass  der 

...    _..    _  ..       _  .  ,  Schaltbrettwärter  die  Instrumente  mehrerer  Säulen  von 

Abb.  886.    Drehbare  Sch«I(aäiilo.  „,   .  .      ,      ..       , 

seinem  rlatz  ans  beobachten  kann. 

Der  Vorteil  der  Anwendung  von  Schaltsäulen  hegt 
hauptsachlich  darin,  dass  man  die  Schalttafel,  auf  wel- 
cher dann  meist  die  Apparate  für  die  Erregeranlage 
nnd  für  die  Fernleitungen  angebracht  sind,  sehr  ent- 
lastet, sodass  dieselbe  übersichtlicher  und  kleiner  wird. 
Ferner  erhält  man  im  allgemeinen  bei  Verwendung-  von 
Schaltsäulen  eine  günstigere  Anordnung  der  Hochspan- 
nungsräume, wenn  man  die  Schalter  mechanisch  an- 
treiben will,  da  die  Hochspannungsgerüate  nicht  in  einer 
langen  Reihe  angeordnet  zu  werden  brauchen,  sondern 
geteilt  werden  können,  wodurch  sich  eine  bessere  Raom- 
ausnutzung  ergibt. 

An  Stelle  der  Schaltsäulen  verwendet  man  auch 
bisweilen  Schaltpulte  wie  dies  die  Fig.  1  der  Taf. 
LXXVHI  zeigt. 

6.  Blits-  and  Ütorswannungsacnatz.  Von  aahr 
grosser  Wichtigkeit  für  den  sicheren  Betrieb  einer 
Hochspannungsanlage  ist  das  Vorhandensein  eines  wirk- 
samen Überspannungsschutzes,  d.  hu  einer  Vorrichtung, 
durch  welche  alle  in  der  Anlage  auftretenden  Span- 
nungen, welche  höher  sind  als  die  Betriebsspannung, 
und  dadurch  der  Isolation  der  Anlage  gefährlich  werden 
können,  unschädlich  gemacht  werden. 

Wenn  sich  auch  allgemein  gültige  Regeln  für  die 
Anordnung  des  Übeirsp&nnungsschutzes  nicht  aufstellen 
lassen  nnd  geeignete  Vorschläge  von  Fall  zu  Fall  nur 
durch  Spezialingenieure  gemacht  werden  können,   so 
sollen  doch  an  dieser  Stelle  wenigstens  kurz  die  Prin- 
zipien erörtert  werden,  nach  denen  eine  ÜberspaDnungsschutzanlage  entworfen  werden  muss. 
Wenn  in  einer  Anlage  —  sei  es  durch  atmosphärische  oder  sonstige  Einflüsse  — 
Überspannungen  auftreten,  so  werden  sich  dieselben  naturgemäss  an  den  Stellen  aus- 
zugleichen suchen,  welche  am  schwächsten  isoliert  sind.    Diese  schwächste  Stelle  kann 
sowohl  in  den  Maschinen,  Transformatoren,  der  Schaltanlage  oder  sonst  einem  Teil  der 
KrafthauBeinrichtung  als  auch  im  Leitungsnetz  liegen;  jedenfalls  lasst  sich  vorher  ihre 
Lage  nicht  bestimmen.     Um  zu  vermeiden,  dass  der  Ausgleich  der  Überspannungen  an 
einer  Stelle  stattfindet,   an  der  er  Schaden  anrichten  kann,   schafft  man  künstlich  eine 
im  Verhältnis  zu  den  übrigen  Teilen    der  Anlage  schwach   isolierte  Stelle  in  Form   der 
überspannungssicherung. 

Die  überspannungssicherungen  sind  meist  kleine  Funkenstrecken,  die  dort  einge- 
schaltet werden,  wo  Überspannungen  zu  befürchten  sind,  also  einerseits  zwischen  die 
Leiter  eines  Systems  und  andererseits  zwischen  jeden  Leiter  und  Erde. 


§  6.  KbafthXuser.    B.  Die  elektrische  Einrichtung.  1061 

Die  Konstruktionen  der  Funkenstrecken  sind  ausserordentlich  mannigfach ;  jeden- 
falls ist  darauf  zu  achten,  dass  die  Funkenstrecken  folgende  Bedingungen  erfüllen:  Sie 
müssen  der  Überspannung  erlauben,  sich  auf  einem  möglichst  induktionsfreien  Wege  aus- 
zugleichen, sie  müssen  ferner  in  der  Lage  sein,  erhebliche  Energiemengen  durchzulassen, 
sie  müssen  so  konstruiert  sein,  dass  der  dem  Überspannungsausgleich  nachfolgende, 
durch  den  Maschinenstrom  gespeiste  Lichtbogen  in  möglichst  kurzer  Zeit  und  von  selbst 
erlischt  und  schliesslich  müssen  sie  sofort  nach  dem  Funktionieren  wieder  betriebs- 
bereit sein. 

Die  bekannteste  Form  der  Funkenstrecken  ist  der  in  Abb.  397  dargestellte 
Hörnerblitzableiter,  welcher  aus  zwei  auf  Isolatoren  befestigten  Kupferdrähten 
besteht,  die  unten  nur  einige  Millimeter  voneinander  Abstand  haben  und  nach  oben  hin 
weit  auseinander  gebogen  sind.  Beim  Funktionieren  springt  der  Funke  an  der  unteren, 
engsten  Stelle  über.    Durch  den  überspringenden  Funken  wird  die  Bildung  eines  Licht- 

bogens  eingeleitet,  der  von  dem  nachfolgenden  Abb  m    H«merblit»bleiter. 

Maschinenstrom  gespeist  wird.  Infolge  des 
durch  die  Wärme  des  Lichtbogens  auftretenden 
Luftzuges  und  durch  elektrodynamische  Wir- 
kungen wird  jedoch  der  Lichtbogen  nach  oben 
geblasen  und  durch  die  eigenartige  Form  des 
Hörnerblitzableiters  immer  weiter  auseinander 
gezogen  bis  er  schliesslich  abreisst. 

Es  ist  ohne  weiteres  einzusehen,  dass 
der  untere  Abstand  der  beiden  Hörner  von 
erheblichem  Einfluss  auf  die  Höhe  der  Über- 
schlagspannung sein  wird ;  man  wird  daher  die  Hörner  um  so  näher  aneinander  bringen 
müssen,  je  niedriger  die  Betriebsspannung  liegt,  damit  die  Blitzableiter  bereits  bei 
einer  Spannung  ansprechen,  bei  der  die  Betriebsmittel  noch  nicht  gefährdet  sind 
Andererseits  ist  die  Konstruktion  der  Hörnerblitzableiter  derart,  dass  man  die  Homer 
nicht  gar  zu  eng  einstellen  darf,  da  sonst  durch  zwischen  die  Hörner  fallende  Staubteil- 
chen, Insekten  etc.  ein  unbeabsichtigtes  Ansprechen  der  Blitzableiter  zu  befürchten  ist. 
Aus  diesen  beiden  sich  entgegenstehenden  Forderungen  ergibt  sich,  dass  ein  normaler 
Hörnerblitzableiter  für  niedrige  Spannungen  (unter  3000  Volt)  nicht  mehr  gut  ver- 
wendbar sein  wird.  Man  hat  daher  andere  Mittel  ersonnen  und  dieselben  in  Form 
der  sogen.  Blitzrelais  **)  und  Blitzableiter  mit  Erregerfunkenstrecke  gefunden.  Alle  diese 
Vorrichtungen  besitzen  eine  Hilf sf unkenstrecke ,  welche  schon  bei  ganz  geringen  tjber- 
spannungen  anspricht  und  hierdurch  entweder  selbst  wieder  eine  Überspannung  her- 
vorruft, welche  die  Hauptfunkenstrecke  zum  Funktionieren  bringt,  oder  aber  den  Luft- 
zwischenraum zwischen  den  Hörnern  durch  Strahlung  leitend  macht  und  auf  diese  Art 
den  Überspannungsausgleich  einleitet. 

Bei  allen  diesen  Vorrichtungen  mit  Hilfsfunkenstrecke  ist  sorgfältig  zu  prüfen, 
ob  etwa  ein  sog.  Entladeverzug  vorhanden  ist,  d.h.  ob  zwischen  dem  Ansprechen 
der  Hilfs-  und  dem  der  Hauptfunkenstrecke  eine  irgendwie  messbare  Zeit  verstreicht. 
Es  ist  von  grosser  Wichtigkeit,  dass  der  Entladeverzug  so  kurz  als  möglich  ist,  da  im 
anderen  Falle  sich  die  Überspannungen  bereits  an  irgend  einer  anderen  Stelle  der  Anlage 
ausgeglichen  haben  können,  bevor  die  Hauptfunkenstrecke  zum  Funktionieren  kommt. 
Hierdurch  würde  natürlich  die  Wirkung  der  Überspannungssicherung  durchaus  illusorisch 
gemacht  werden. 

1»)  E.-T.  Z.  v.  1905  S.  485. 


1062         HX    Thbodob  Koehh.    Ausbau  vom  WasserebIftkn.    Edizelhuth«, 

Schon  beim  Entwurf  des  Scbaltongsschemas  ist  darauf  Bedacht  zu  i 
dasa  die  Übersichtlichkeit  der  Anlage  nicht  von  Tomberein  durch  Verwendung  all  ro 
vieler  Apparate  beeinträchtigt  wird.  Ein  Schaltnngsschema,  welches  allen  Bedürfnissen 
einer  normalen  Anlage,  bei  welcher  die  Hochspannung  direkt  in  den  Haschinen  erzengt 
wird,  gerecht  wird,  ist  in  Abb.  389  gegeben. 

Abb.  889. 
Scbaltschema  fflr  eine  Anlage,  bei  welcher  die  Hochspannung  direkt  in  den  Maschinen  erzeugt  wird. 


Zeichenerklärung. 


d  Maximal-  nnd  Rückstrom -Au 

sehalter, 
e  Blitzableiter, 
f  Überspanniingsschutx, 
g  Stromseiger, 


i  Strom  tranefonnatot, 


1  Maximal-  Zeitrelais, 
m  Waaswil  rili leider, 
n  Erdplatte, 

o  Sichernng, 
p  UmBcbalter, 
q  Wattatondeasahler, 
r  Magnetregulator, 
a  Anläse- Widerstand 
t  Transformator, 
n  Drosselspule, 
v  Glühlampe, 
w  Zellenschalter. 


Jeder  Generator  erhalt  an  Mcasinstramenten  Stromzeiger,  Leiatungaieiger  und  Zlbler,  welche 
an  die  SekunäarkLemmen  tob  Mesetransfonnatoren  angeschlossen  werden. 

Die  Abschalter,  welche  jeder  Generator  erhalt,  dienen  dazu,  den  gesamten  in  einer  ef^^Ai— 
gehörigen  Apparate nsati  von  den  Semmelsehienen  abtrennen  nnd  hierdurch  gpanmingslos  stachen  is 
kOnnen,  damit  etwaige  Reparaturen  and  Besichtigungen  gefahrlos  ausgeführt  werden  können. 

Die  Erregung  der  Generatoren  wird  im  vorliegenden  Falle  durch  eine  Zentral  -  Erregemnlag* 
bewirkt.  Als  Stromerzeuger  für  den  Erregerstrom  dient  eine  von  einer  besonderen  Turbine  angetrieben 
gedachte  Erregerdynamo  nnd  als  Reserve  hierfür  ein  DrehatMm-Gleicbstrom-TJmfonner.  Ferner  ist  eis* 
kleine  Akkumulatorenbatterie  für  den  Notfall  vorgesehen. 

Die  Beleuchtung  des  Kraftwerkes  und  der  Strom  für  etwaige  Hilfsmotoren  in  der  Werkstatt  etc. 
soll  ebenfalls  von  den  Erregersammeischienen  abgenommen  werden. 


§  6.  KkafthXuseb.    B.  Die  elektrische  Einrichtung.  1053 

Die  Regelung  der  Spannung  der  Drehstromgeneratoren  erfolgt  mittelst  der  Magnetregulatoren, 
deren  Wellen  man  zweckmässig  miteinander  mechanisch  knppelt ,  sodass  die  Verstellung  sämtlicher 
Regnlatoren  mittelst  eines  Handrades  vorgenommen  werden  kann.  Die  Kupplung  ist  lösbar  einzu- 
richten, damit  man  auch,  falls  erforderlich,  jeden  Generator  für  sich  regulieren  kann.  Die  Starke  des 
Erregerstromes  wird  durch  ein  im  Erregerstromkreise  liegendes  Amperemeter  gemessen.  Den  zweipoligen 
Ausschaltern,  welche  im  Erregerstromkreise  vorgesehen  sind,  gibt  man  am  besten  eine  Verriegelung, 
da  ein  Ausschalten  unter  Strom  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  einen  Defekt  des  Generators  zur  Folge 
haben  wurde;  man  kann  diese  Schalter  jedoch  nicht  gut  entbehren,  da  es  doch  erwünscht  ist,  den 
Erregerstromkreis  einmal  spannungslos  machen  zu  können. 

Jeder  Generator  läset  sich,  wie  aus  dem  Schema  ersichtlich,  auf  zwei,  voneinander  völlig 
unabhängige  Sammelschienensvsteme  umschalten.  Diese  Anordnung  ermöglicht  es,  ein  Sammelschienen- 
system  ganz  aus  dem  Betriebe  zu  nehmen,  um  dasselbe  reinigen  oder  andere  Arbeiten  an  ihm  vor- 
nehmen zu  können. 

Aus  dem  gleichen  Grunde  sind  auch  für  die  Verteilung  zwei  Sammelschienensvsteme  vorge- 
sehen worden t  auch  gibt  die  Anordnung  der  doppelten  Schienensysteme  die  Möglichkeit,  den  lacht- 
vom  Kraftbetriebe  völlig  zu  trennen,  was  u.  U,  erwünscht  sein  kann. 

In  die  Verbindungsleitungen  zwischen  den  Generator-  und  Verteilungssammelschienen  können 
etwa  gewünschte  Zähler  für  den  Gesamtstrom  sowie  Blitzschutzapparate  eingebaut  werden,  sofern  die 
übrigen  in  dem  Schema  angedeuteten  Blitzschutzapparate  (Hörnerblitzableiter,  Wasserstrahlerder,  Drossel- 
spulen) noch  keinen  ausreichenden  Schutz  geben  sollten.  Auf  die  Frage  des  Blitz-  und  Überspannungs- 
schutzes soll  weiter  unten  näher  eingegangen  werden. 

Die  von  den  Verteilungssammelschienen  ausgehenden  Leitungen  erhalten  je  drei  an  Stromtrans- 
formatoren angeschlossene  Amperemeter,  zwei  Satz  Abschalter  und  einen  Maximal-Olausschalter,  dessen 
Betätigung  durch  drei  Maximal-Zeitrelais  erfolgt. 

Die  Spannung  der  Zentrale  wird  durch  drei  Spannungszeiger  gemessen,  welche  an  den  Sekundär- 
klemmen dreier  Messtransformatoren  liegen.  Mit  Hilfe  des  zweipoligen  Umschalters,  der  für  die  volle 
Betriebsspannung  ausreichen  muss,  kann  man  drei  verschiedene  Schaltungen  vornehmen:  sind  die  beiden 
obersten  Kontakte  verbunden ,  so  kann  man  die  Spannung  zwischen  der  unteren  und  mittleren ,  sowie 
zwischen  der  oberen  und  mittleren  Sammelschiene  messen:  sind  die  beiden  Mittelkontakte  verbunden, 
so  ist  eine  Spannungsmessung  zwischen  der  obersten  Schiene  einerseits  und  der  mittleren  bezw.  unteren 
andererseits  möglich;  sind  schliesslich  die  untersten  beiden  Umschalterkontakte  miteinander  verbunden, 
so  wird  die  Spannung  aller  drei  Phasen  gegen  Erde  gemessen.  Man  kann  mit  Hilfe  dieser  letzten 
Schaltung  also  jederzeit  während  des  Betriebes  feststellen,  ob  ein  Isolationsfehler  vorhanden  ist,  da  die 
Verschlechterung  der  Isolation  eines  Drahtes  gegen  Erde  auch  sofort  ein  Sinken  seiner  Spannung  gegen 
Erde  zur  Folge  hat. 

In  Abb.  390  ist  ein  Schema  für  eine  Anlage  mit  Transformatoren  gegeben.  Die 
allgemeine  Anordnung  ist  gegenüber  Abb.  389  etwas  vereinfacht,  indem  auf  die  Ver- 
wendung doppelter  Sammelschienensvsteme  verzichtet  ist.  Hingegen  sind  die  Sammel- 
schienen als  Ringleitxmg  ausgebildet  und  es  ist  durch  die  in  diese  eingebauten  Abschalter 
erreicht,  dass  man  einzelne  Stücke  des  Schienensystems  spannungslos  machen  kann, 
allerdings  nicht,  ohne  gleichzeitig  einen  Maschinensatz  bezw.  eine  Fernleitung  aus  dem 
Betriebe  zu  nehmen.  Dies  ist  für  viele  Fälle  aber  zulässig,  da  fast  stets  sowohl  für  die 
Generatoren  als  auch  für  die  Fernleitungen  Reserve  vorhanden  ist 

Die  Apparate  für  die  Fernleitungen  sind  genau  so  geblieben,  wie  in  Abb.  889.  Der  Hauptunter- 
schied '  gegenüber  dem  Schema  Abb.  889  besteht  darin ,  dass  jetzt  die  von  den  Generatoren  erzeugte 
Spannung  nicht  direkt  zur  Übertragung  benutzt  wird,  sondern  dass  die  Generatorenspannung  vermittelst 
der  Transformatoren  erhöht  wird.  Hierdurch  kompliziert  sich  natürlich  das  Schaltungsschema  etwas, 
doch  ist  diese  Komplikation,  wie  ein  Vergleich  der  Abb.  889  und  890  zeigt,  unerheblich,  sobald  man  jeden 
Transformator  mit  dem  zugehörigen  Generator  als  einen  Maschinensatz  betrachtet  und  zwischen  beiden 
weder  Schalter  und  Sicherungen  noch  Sammelschienen  anordnet. 

In  sehr  vielen  Fällen  wird  es  möglich  sein,  diese  Schaltung  anzuwenden  und  man  sollte  ihr, 
wo  immer  angängig,  den  Vorzug  geben,  da  sie  an  Einfachheit  und  Übersichtlichkeit  kaum  übertroffen 
werden  kann.  Manchmal  ist  es  aber  erwünscht,  einen  Teil  der  von  den  Generatoren  erzeugten  Energie 
mit  niederer  Spannung  abzogeben  —  beispielsweise  an  Fabriken,  die  sich  in  der  Nähe  der  Kraftzentrale 
angesiedelt  haben  —  während  der  Rest  der  Energie  mit  hoher  Spannung  auf  eine  grossere  Entfernung 


1064         III.    Theodor  Koehh.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    EonsELHEmv. 

Ausser  diesen  Einrichtungen  müssen  manche  Werke  noch  Laboratorien  z.  B.  für 
Lichtmessung  und  Eichung  der  Konsumentenzähler  erhalten.  Hierauf  näher  einzugehen, 
würde  zu  weit  führen. 

Schliesslich  soll  noch  der  elektrische  Wasserstandsanzeiger  erwähnt  werden,  welcher 
für  solche  Werke  von  Wert  ist,  bei  denen  eine  Aufspeicherung  des  Wassers  in  einem 
Staubecken  stattfindet. 

8.  Wahl  des  Systems,  Hauptgesiehtspunkte.  Die  Wahl  des  Stromsystems  ist 
in  der  Hauptsache  abhängig  von  der  Grösse  der  zu  übertragenden  Energie- 
menge, der  Entfernung  und  der  Art  der  Verwendung  des  Stromes. 

Wenn  man  den  Gleichstrom  zunächst  ausscheidet,  welcher  für  Kraftübertragungs- 
zwecke auf  grosse  Entfernungen  bis  jetzt  verhältnismässig  selten  Verwendung  gefunden 
hat,  so  haben  wir  zunächst  hauptsächlich  die  Vorzüge  und  Nachteile  des  ein-  und 
mehrphasigen  Wechselstromes  gegeneinander  abzuwägen. 

Bei  gleicher  Betriebsspannung  und  gleichem  Verlust  ist  der  Aufwand  an  Leitungs- 
material beim  Drehstrom,  trotz  der  Verwendung  von  drei  Drähten  gegenüber  zwei  beim 

Einphasenstrom,  erheblich  ge- 
Abb.  400.  ^  ringer  als  bei  letzterem.  Ferner 

ist    der  Einphasenmotor,    ob- 
schon    in   den   letzten  Jahren 


o 


D  D  D 


yf"** 


v2yl    (v^l    y^s\  einige  in  manchen  Fällen  als 

I   ■     i        1  '        Kranp.lihii.rfi  KrmfttrnktinnAn  »nf 


bräuchbare  Konstruktionen  auf 
den  Markt  gekommen  sind, 
doch  nicht  für  alle  Zwecke   so 


Lq^Q^Q^(Vv^       l^l^l^L^lA]        gut  durchgebildet  wie  der  Dreh- 

^■^  ^^  ^*^  ^^  ^^         strommotor. 

Man  wird  also  vorläufig  in  allen  den  Fällen,  in  welchen  auf  Anschluss  von 
Motoren  gerechnet  wird  —  und  das  ist  der  bei  weitem  am  häufigsten  vorkommende 
Fall  —  auf  die  Verwendung  von  Mehrphasenströmen  angewiesen  sein«  Unter 
diesen  hat  sich  nun  der  Drehstrom  eine  vorherrschende  Stellung  errungen,  weil  die 
Drehstrommotoren  allen  Anforderungen  der  Praxis  in  bezug  auf  Betriebssicherheit,  Ein- 
fachheit der  Bedienung,  Wirkungsgrad,  Anlaufmoment  und  Billigkeit  in  hohem  Masse 
entsprechen« 

Bezüglich  des  Oleichstromsystems  für  Kraftübertragungen  auf  grosse  Ent- 
fernungen soll  nicht  unerwähnt  bleiben,  dass  immerhin  eine  Reihe  von  Anlagen  ausgeführt 
worden  ist,  in  denen  hochgespannter  Gleichstrom  Verwendung  gefunden  hat.  Die  be- 
kannteste dieser  Hochspannungs-Gleichstromanlagen  ist  die  Kraftübertragung  St.  Mau- 
rice-Lausanne, bei  welcher  Strom  auf  65  km  Entfernung  mit  einer  Spannung  von 
25000  Volt  übertragen  wird  (Kap.  II,  §  16,  S.  460). 

Der  wesentlichste  Unterschied  zwischen  diesem  Gleichstromsystem  und  den  Wechsel- 
Stromsystemen  besteht  darin,  dass  bei  ersterem  sämtliche  Maschinen  —  und  zwar  sowohl 
die  Stromerzeuger  als  auch  die  stromaufnehmenden  —  in  Serie  geschaltet  werden  müssen, 
wie  Abb.  400a  andeutet,  während  im  Gegensatz  hierzu  bei  den  Wechselstrom- Anlagen 
Parallelschaltung  stattfindet  (vergl  Abb.  400b).  Beim  Gleichstromsystem  (Abb.  400a)  durch- 
messt also  der  gleiche  Strom  sämtliche  im  Betriebe  befindlichen  Generatoren  und  Motoren, 
während  bei  der  in  Abb.  400  b  schematisch  dargestellten  Wechselstromanlage  die  Strom- 
erzeuger D  Teilströme  liefern,  welche  sich  addieren  und  deren  Summe  durch  die  Fern- 
leitung nach  den  Verbrauchsstellen  übertragen  wird,  wo  sich  der  Gesamtstrom  wieder 


§  6.  KrafthIuser.    B.  Die  elektrische  Einrichtung.  1065 

auf  die  angeschlossenen  Verbranchsapparate,  welche  durch  die  Motoren  M  angedeutet 
sind,  verteilt. 

Man  wird  nun  zunächst  die  Frage  aufwerfen:  Warum  wendet  man  beim  Gleich- 
strom die  Serienschaltung  von  Stromerzeugern  und  Stromverbrauchern  an  und  warum 
verwendet  man  nicht  wie  bei  den  Wechselstromsystemen  Parallelschaltung?  Hierauf 
wäre  zu  erwidern,  dass  der  Grund  hierfür  in  der  Schwierigkeit  liegt,  Gleichstrom- 
maschinen über  etwa  4000  Volt  hinaus  betriebssicher  zu  bauen.  Wenn  man  also  höhere 
Gleichstromspannungen  anwenden  will,  so  ist  man  gezwungen,  Stromerzeuger  und  Strom- 
verbraucher in  Serie  zu  schalten. 

Wenn  das  Gleichstromsystem,  das  dem  Drehstromsystem  gegenüber  in  bezug  auf 
Ersparnis  an  Leitungskupfer  ganz  wesentlich  überlegen  ist  und  dessen  einfache  Schaltung 
(8.  Taf.  LXXX,  Fig.  1)  auf  den  ersten  Blick  bestechend  erscheinen  könnte,  keine  grössere 
Verbreitung  gefunden  hat,  so  liegt  dies  wohl  in  der  Hauptsache  daran,  dass  man 
gezwungen  ist,  den  hochgespannten  Gleichstrom  mittelst  rotierender,  der  Aufsicht  und 
Wartung  bedürfender  Umformer  auf  eine  passende  Verbrauchsspannung  umzuformen, 
während  man  bei  den  Wechselstromanlagen  in  den  Transformatoren  einen  Apparat  zur 
Herabsetzung  der  Spannung  besitzt,  der  kaum  einer  Wartung  bedarf.  Dieser  Übelstand 
der  Gleichstromübertragung  wird  sich  vor  allem  dort  bemerkbar  machen,  wo  es  sich 
darum  handelt,  die  im  Kraftwerk  erzeugte  Energie  an  eine  grosse  Anzahl  kleiner,  weit 
voneinander  entfernter  Konsumenten  abzugeben. 

Ein  weiterer  Nachteil  besteht  darin,  dass  die  Leitungsverluste  unabhängig  von 
der  Belastung  konstant  bleiben,  da  im  Gegensatz  zu  den  Parallelschaltungssystemen  mit 
konstantem  Strom  und  variabler  Spannung  gearbeitet  wird.  Dies  wird  überall  dort 
berücksichtigt  werden  müssen,  wo  es  sich  um  eine  Aufspeicherung  des  Wassers  handelt, 
man  also  eine  möglichst  wirtschaftliche  Ausnutzung  aller  Zuflüsse  zu  erzielen  wünscht. 

Ferner  verlangt  das  Reihenschaltungssystem  eine  Regulierung  in  viel  weiteren 
Grenzen  als  die  Parallelschaltungssysteme.  Dies  wird  klar,  wenn  man  bedenkt,  dass 
die  Spannung  bei  dem  Seriensystem  prozentual  um  denselben  Betrag  variiert  werden 
muss,  um  welchen  sich  die  Belastung  ändert,  während  bei  den  Parallelschaltungssystemen 
die  Spannung  nur  um  soviel  geändert  zu  werden  braucht,  wie  der  schon  an  sich  im 
Verhältnis  zur  Stromerzeugerspannung  geringe  Spannungsverlust  in  den  Leitungen  bei 
schwankender  Belastung  zu-  oder  abnimmt. 

Schliesslich  sei  noch  darauf  hingewiesen,  dass  zur  Erzeugung  hoher  Gleichstrom- 
spannungen, wie  sie  bei  Kraftübertragungen  verlangt  werden,  stets  mehrere  —  bei  der 
Übertragung  St.  Maurice-Lausanne  z.  B.  10  —  Dynamomaschinen  in  Serie  ge- 
schaltet werden  müssen,  da  es,  wie  schon  erwähnt,  nicht  möglich  ist,  einwandfrei 
arbeitende  Kommutatoren  für  so  hohe  Spannungen  zu  bauen.  Durch  die  Notwendigkeit 
der  Anwendung  vieler,  verhältnismässig  kleiner  Maschinensätze  wird  natürlich  der  gute 
Wirkungsgrad  der  Anlage  beeinträchtigt,  abgesehen  davon,  dass  die  Wartung  der  zahl- 
reichen Kommutatoren  die  grösste  Aufmerksamkeit  des  Bedienungspersonals  voraussetzt. 

Bei  oberflächlicher  Betrachtung  könnte  man  vielleicht  sagen,  dass  das  Gleich- 
strom-Seriensystem die  Aufspeicherung  der  elektrischen  Energie  mit  Hilfe  von  Akku- 
mulatoren erlaubt,  und  man  könnte  hierin  einen  Vorzug  vor  den  Wechselstromsystemen 
erblicken.  Dies  wäre  jedoch  ein  Trugschluss,  denn  man  erhielte,  wollte  man  mit  dem 
hochgespannten  Gleichstrom  direkt  Akkumulatoren  laden,  Batterien  von  derartig  grosser 
Zellenzahl,  dass  deren  Beaufsichtigung  und  Bedienung  eine  technische  Unmöglichkeit 
wäre.    Man  müsste  also  auch  beim  Gleichstromsystem  den  hochgespannten  Strom  erst 


1066  IIL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheitex. 

mit  Hilfe  rotierender  Umformer  auf  eine  niedrige  Spannung  bringen,  dieselbe  Operation, 
die  man  auch  bei  den  Wechselstromsystemen  anwenden  könnte. 

a)  Gleichstromsysteme.  Das  Gleichstrom- Parallelsc  halten  gs- 
system,  welches  wir  im  folgenden  kurz  als  Gleichstromsystem  bezeichnen  wollen, 
eignet  sich  nur  für  die  Übertragung  auf  kurze  Strecken  bis  zu  etwa  3  km. 
Es  wird  also  nur  dort  in  Betracht  kommen,  wo  Wasserkräfte  in  geringer  Entfernung 
von  der  Verbrauchsstelle  liegen,  ein  Fall,  der  verhältnismässig  selten  ist. 

Wenn  man  auch  in  der  Lage  ist,  Gleichstrommaschinen  bis  zu  etwa  4000  Volt 
zu  bauen,  wird  man  durch  mancherlei  Gründe  dennoch  gezwungen,  mit  der  Spannimg 
für  Verteilungsanlagen  nicht  über  500  Volt  hinauszugehen.  In  erster  Linie  spielt 
hierbei  die  Gefahr  eine  Rolle,  die  ein  hochgespannter  Strom  mit  sich  bringt  und 
die  ihn  zur  direkten  Verteilung  ungeeignet  macht.  Ferner  erlaubt  der  heutige  Stand 
der  Glühlampentechnik  nicht  die  Verwendung  höherer  Spannungen;  auch  für  Bogen- 
lampen ist  eine  noch  höhere  Spannung  nicht  empfehlenswert,  da  man  hierdurch  ge- 
zwungen wäre,  eine  grössere  Anzahl  von  Lampen  in  Serie  zu  schalten,  was  mit  Rücksicht 
auf  die  daraus   entstehende  Abhängigkeit  der  Lampen  eines  Stromkreises  voneinander 

nicht  erwünscht  ist. 
*  Selbst   die  Anwendung   einer  Spannung   Ton 

"f = — | — . — | 500  Volt  ist  aber  für  alle  Anlagen  mit  GlüUichtan- 

jL^  schluss  nur  durch  einen  Kunstgriff  ermöglicht  worden, 

\J  I     I     *  welcher  darin  besteht,  dass  man  die  Anlage  zu  einer 

sog.  Dreileiteranlage  ausbildet.    Das  Wesen  des 
Dreileitersystems  wird  am  besten  erläutert  durch  die 


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I  Betrachtung  einer  Dreileiterzentrale  in  ihrer  Ursprung- 

liehen  vom  Erfinder,   dem  Engländer  Hopkinson, 

"*~  zur  Ausführung  gebrachten  Form19).    Hopkinson 

verband  zwei  Zweileiteranlagen  derart,  dass  er  den  positiven  Leiter  des  einen  Systems 
mit  dem  negativen  des  anderen  zusammenlegte.  Wie  aus  Abb.  401  ohne  weiteres 
ersichtlich  ist,  wird  bei  gleicher  Belastung  der  beiden  Systeme  in  diesem  gemeinschaft- 
lichen sogenannten  Mittelleiter  kein  Strom  und  bei  ungleicher  Belastung  nur  die  Differenz 
der  Aussenleiterströme  fliessen.  Wenn  man  also  danach  strebt,  die  Netzbelastuog  mög- 
lichst gleichmässig  auf  die  beiden  Netzhälfteo  zu  verteilen,  wird  im  Mittelleiter  nie  ein 
grosser  Strom  entstehen  und  daher  für  den  Mittelleiter  nur  ein  geringer  Kupferaufwand 
erforderlich  sein. 

In  der  Praxis  wird  der  Querschnitt  des  Mittelleiters  gewöhnlich  halb  so  stark 
gewählt  wie  jeder  Aussenleiterquerschnitt. 

Der  Hauptvorteil  des  Systems  besteht  darin,  dass  die  Lampen  mit  der  halben 
Aussenleiterspannung  gebrannt  werden  können,  während  der  Kupferverbrauch  nur  wenig 
grösser  ist,  als  er  bei  einer  Zweileiteranlage  mit  einer  Spannung  gleich  der  Aussen- 
leiterspannung des  Dreileitersystems  sein  würde.  In  dieser  Weise  ist  es  möglich  ge- 
worden, trotzdem  man  heute  noch  keine  Glühlampen  für  über  260  Volt  praktisch 
verwendbar  herstellt,  Gleichstromanlagen  mit  einer  Verteilungsspannung  bis  zu  500  Volt 
zu  bauen. 

Der  Mittelleiter  der  Dreileiteranlagen  wird  in  den  weitaus  meisten  Filkn 
geerdet  und  bei  unterirdischer  Verlegung  des  Leitungsnetzes  als  blanker,  nicht  isolierter 
Draht  in  die  Erde  gelegt.     Der  Mittelleiter   erhält   hierdurch  Erdpotential    d.   h.    das 


19)  Die  erste  Dreileiteranlage  in  Deutschland  wurde  im  Jahre  1885  in  Berlin  erbaut 


§  6. 


KrafthAüber.    B.  Die  elektrische  Einrichtung. 


1067 


Abb.  402. 


Potential  Null,  während  das  jedes  Aussenleiters  gegen  Erde  nicht  mehr  als  die  halbe 
Betriebsspannung  betragen  kann.  Für  die  Bemessung  der  Isolation  der  Anlage  und  für 
die  Gefahrlosigkeit  ist  dieser  Faktor  von  grosser  Wichtigkeit. 

An  Stelle  der  oben  beschriebenen  ursprünglichen  Spannungsteilung  durch  zwei 
Maschinen  wird  diese  in  neuerer  Zeit  meist  durch  eine  Akkumulatorenbatterie  oder  mit 
Hilfe  eines  sog.  Ausgleichsaggregates  bewirkt,  das  aus  zwei  miteinander  gekuppelten 
in  Serie  geschalteten  Maschinen  besteht20)  (s.  Abb.  402).  In  vielen  Fällen  werden  auch  die 
Batterie  und  ein  Ausgleichsaggregat  gleichzeitig  zur  Spannungsteilung  benutzt,  wie 
Abb.  402  zeigt;  auch  sind  Dynamos  konstruiert  worden,  welche  selbsttätig  die  Span- 
nungsteilung bewirken. 

Das  Dreileitersystem  mit  2  X  250  Volt  oder  das  häufiger  verwendete  mit  2  X 
220  Volt  Konsumspannung  besitzt  den  grossen  Vorteil,  dass  eine  Kombination  einer 
Lichtanlage  mit  einer  Strassenbahnanlage  sehr  leicht  möglich  ist,  da  man  die  gleichen 
Dynamos  entweder  auf  Licht  oder  auf  die  Bahnanlage  schalten  kann,  welche  fast  durch- 
weg mit  ca.  500  Volt  betrieben  wird. 

Man  sollte,  wo  immer  angängig,  dem  Gleich- 
stromsystem in  allen  Fällen,  in  denen  es  sich  nicht 
um  reine  Kraftübertragungen  handelt  vor  dem 
Wechselstrom  den  Vorzug  geben,  wenn  die  Ent- 
fernung die  Anwendung  von  Gleichstrom 
erlaubt.  Es  sprechen  hierfür  verschiedene  Grihide, 
von  denen  wir  als  die  hauptsächlichsten  die  Möglich- 
keit der  Energie -Aufspeicherung  in  Akkumulatoren 
und  die  Überlegenheit  der  normalen  Gleichstrom- 
bogenlampen über  gewöhnliche  Wechselstromlampen  hervorheben  wollen. 

Schliesslich  wollen  wir  nicht  unerwähnt  lassen,  dass  man  die  Spannung  einer 
Gleichstromanlage  nicht  unnötig  hoch  wählen  sollte.  Die  Glühlampen  für  die  niedrigen 
Spannungen  brennen  nämlich  nicht  unerheblich  ökonomischer,  als  die  hochvoltigen  Lampen 
und  ausserdem  gestatten  die  niedrigen  Spannungen  bis  2  X  120  Volt  die  Verwendung 
der  modernen  Metallfadenglühlampen  auch  solcher  von  nicht  all  zu  hoher  Kerzenstärke 
in  Einzelschaltung,  die  mit  ihrem  geringen  Stromverbrauch  (1  —  1,5  Watt  pro  NK)  trotz 
der  heute  noch  verhältnismässig  hohen  Anschaffungskosten  bei  den  üblichen  Strompreisen 
den  Kohlefadenlampen  bezüglich  der  Ökonomie  überlegen  sind.  Man  könnte  wohl 
glauben,  dass  der  geringe  Stromverbrauch  dieser  Lampen  einen  ungünstigen  Einfluss 
auf  den  Absatz  der  Energie  haben  wird,  doch  sprechen  die  in  der  Gastechnik  bei  der 
Einführung  des  Gasglühlichtes  gemachten  Erfahrungen  gegen  eine  solche  Annahme. 

Die  Gleichstrom-Serienanlagen  sind  schon  im  Eingang  dieses  Abschnittes 
ausfuhrlicher  behandelt  worden.  Es  sei  hier  nur  noch  einmal  hervorgehoben,  dass  man 
dies  System  nur  dort  mit  Vorteil  wird  anwenden  können,  wo  es  sich  um  eine  Über- 
tragung einer  grossen  Energiemenge  von  einem  Kraftwerk  nach  einer  einzigen  oder 
einigen  wenigen  Verbrauchsstellen  handelt,  wobei  die  Belastung  möglichst  konstant  sein 
muss,  vor  allem  aber  keine  plötzlichen  Schwankungen  aufweisen  darf. 

Für  alle  anderen  Fälle  wird  man  die  Wechselstromsysteme  vorzuziehen  haben, 
welche  sich  für  Übertragungen  unbegrenzt  grosser  Energiemengen  auf  Entfernungen  eignen, 

so)  Von  diesen  läuft  die  eine  als  Dynamo  und  wird  von  der  anderen,  als  Motor  laufenden 
angetrieben.  Als  Dynamo  lauft  stets  die  in  die  starker  belastete  Netzhälfte  geschaltete  Maschine.  Es 
findet  gewisserma8sen  ein  Hinfiberpumpen  von  Energie  aus  der  schwächer  belasteten  in  die  stärker 
belastete  Netzhälfte  statt 


1068  HL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

welche  heute  schon  ca.  400  km  betragen  und  mit  fortschreitender  Entwickelung  der  Technik 
sicher  noch  erheblich  wachsen  werden. 

b)  Wechselstromsysteme.  Das  Einphasensystem  kommt  aus  den  schon 
früher  genannten  Gründen  für  Kraftübertragungen  wenig  in  Betracht.  Eine  Aus- 
nahme hiervon  bilden  neuerdings  die  Bahnanlagen  und  hier  scheint 
sich  dem  Einphasenstrom  ein  sehr  grosses  Anwendungsgebiet  er- 
schliessen  zu  sollen,  weil  die  Frage  der  Stromzuführung  zum  Wagen  hier  eine 
ausschlaggebende  Rolle  spielt.  Man  müsste  nämlich  bei  Mehrphasenbahnen  mindestens 
zwei  Fahrleitungen  verwenden  mit  den  Schienen  als  Rückleitung,  während  der  Ein- 
phasenstrom die  Anwendung  nur  einer  Leitung  gestattet,  wobei  die  Rückleitung  eben- 
falls durch  die  Schienen  gebildet  wird.  Der  wesentliche  Vorteil,  der  hierin  liegt,  hat 
Anlass  dazu  gegeben,  dem  Einphasenmotor,  den  man  eine  geraume  Zeit  lang  als  nicht 
entwickelung8fähig  betrachtete,  erneutes  Interesse  zuzuwenden,  und  es  sind  in  den 
letzten  Jahren  auch  einige  für  Bahnzwecke  sehr  brauchbare  Konstruktionen  von  Ein- 
phasen-Kollektormotoren  auf  den  Markt  gekommen. 

Für  andere  als  Traktionszwecke  eignen  sich  die  Einphasen-Kollektormotoren,  die 
übrigens  im  Verhältnis  zu  Drehstrommotoren  ziemlich  teuer  sind,  nur  ausnahmsweise, 
da  sie  die  Eigenschaften  der  Gleichstromserienmotoren  besitzen,  also  bei  Entlastung 
durchgehen.  Es  ist  mithin  die  Kombination  einer  Einphasenbahnzentrale  mit  einer 
Licht-  und  Kraftzentrale  etwas  erschwert.  Man  kann  sich  aber  hier  helfen,  da.  es 
möglich  ist,  die  Drehstromdynamos  der  Licht-  und  Kraftanlage  auch  für  den  Bahn- 
betrieb als  Einphasengeneratoren  allerdings  nur  mit  etwa  */»  ihrer  Drehstromleistung 
zu  benutzen,  wenn  von  vornherein  beim  Bau  der  Generatoren  hierauf  Rücksicht  ge- 
nommen wird. 

Bei  grösseren  Bahnanlagen  wird  übrigens  die  Energie  in  Form  von  Drehstrom 
erzeugt  und  nach  der  Verwendungsstelle  übertragen,  da  das  Drehstromsystem  eine  bessere 
Materialausnutzung  der  Maschinen  und  ökonomischere  Übertragung  gestattet,  als  das  Ein* 
phasensystem.  An  der  Verwendungsstelle,  d.  h.  in  dem  in  nächster  Nähe  der  Bahnstrecke 
gelegenen  Transformatorenstellen  wird  der  Drehstrom  durch  eine  besondere  Trans- 
formatoren-Schaltung n)  in  Zweiphasenstrom  umgeformt.  Die  auf  der  einen  Seite  liegende 
Bahnstrecke  wird  dann  aus  der  einen  Phase,  die  auf  der  anderen  Seite  liegende  Strecke 
aus  der  zweiten  Phase  des  Zweiphasensystems  gespeist. 

Als  Normalsystem  für  alle  Kraftübertragungen  im  eigentlichen  Sinne  hat  sich  das 
Drehstromsystem  herausgebildet,  wie»  wir  schon  oben  erwähnten. 

Wir  wollen  hier  einschalten,  dass  eine  Zeit  lang  von  einzelnen  Firmen  das  Zwei- 
phasensystem,  d.  h.  das  System  zweier  um  90°  in  der  Phase  gegeneinander  ver- 
schobenen Wechselströme  bevorzugt  worden  ist.  Man  kann  hier  zwei  Ausführungen 
unterscheiden.  Zunächst  das  System  mit  zwei  vollständig  voneinander  getrennten  Phasen, 
also  mit  vier  Leitungen  und  zweitens  das  System  mit  gemeinsamer  Rückleitung  für  beide 
Phasen,  also  mit  drei  Leitungen.  Der  Vorteil  des  letzteren  vor  dem  ersten  besteht  in 
der  geringeren  Anzahl  der  Leitungen  und  in  einer  Kupferersparnis,  da  sich  die  beiden 
in  der  Rückleitung  zusammenfliessenden  Ströme  geometrisch  zu  einer  Resultierenden  von 
der  1,4  fachen  Grösse  der  Aussenleiterstromstärke  addieren,  sodass  der  Kupferquerschnitt 
der  gemeinsamen  Rückleitung  bei  gleichem  Verlust  nur  das  0,7  fache  der  Summe  der 
Kupferquerschnitte  der  getrennten  Rückleitungen  zu  betragen  braucht. 


*i)  Scott  sehe  Schaltung,  8.  Uppenborn,  Kalender  für  Elektrotechniker. 


§  6.  KkafthIuseb.    B.  Die  elektrische  Einrichtung.  1069 

Der  Nachteil  des  Zweiphasenstromes  gegenüber  dem  Drehbtrom  liegt  abgesehen 
von  dem  grösseren  Kupferaufwand  hauptsächlich  in  der  Unvollkommenheit  der  Zwei- 
phaaenmotoren,  die  sich  bezüglich  Ausnutzung  des  Materials  and  Anpassung  an  den 
Betrieb  mit  den  Drehstrommotoren  nicht  messen  können. 

Das  Drehstromsystem  hat  sich  seine  dominierende  Stellung  dadurch  erworben, 
dass  es,  obschon  es  dem  Gleichstromsystem  in  bezog  auf  seine  Eignung  für  die  ver- 
schiedenen Verwendungszwecke  nicht  ganz  ebenbürtig  ist  und  namentlich  den  Vorteil  der 
Energieaufspeicherung  in  Akkumulatoren  vermissen  lässt,  für  unmittelbare  Lichtverteilung 
durchaus  geeignet  ist  und  man  sogar  die  Drehstrommotoren  in  vielen  Fällen  den  Gleich- 
strommotoren vorziehen  wird,  während  das  Drehstromsystem  andererseits  den  allen 
Wechselstromsystemen  eigenen  Vorteil  der  leichten  Überwindung  grosser  Entfernungen 
besitzt,  ohne  dass  ihm  die  dem  Ein-  oder  Zweiphasensystem  anhaftenden  Mängel  nach- 
gesagt werden  könnten. 

Es  soll  an  dieser  Stelle  noch  des  Drehstrom-Vierleitersystems  Erwäh- 
nung getan  werden,  welches  sich  in  neuester  Zeit  vielfach  Eingang  verschafft  hat  und 
welches  speziell  für  Niederspannungsverteilungsnetze  viele  Vorteile  bietet.  Die  Abwei- 
chung gegen  das  gewöhnliche  Drehstrom-Dreileitersystem  besteht  darin,  dass  noch  ein 
vierter  Leiter  an  den  Nullpunkt  der  sekundär  in  Stern  geschalteten  Sekundärtrans- 
formatoren angeschlossen  wird.  Man  hat  dann  im  gesamten  Verteilungsnetz  zwei  Span- 
nungen zur  Verfügung,  nämlich  die  eines  Aussenleiters  gegen  den  Null-Leiter  und  die 
zweier  Aussenleiter  gegeneinander;  letztere  ist  1^3 mal  so  gross  als  die  erste.  Nimmt 
man  beispielsweise  die  Spannung  zwischen  Aussenleiter  und  Null-Leiter  zu  120  Volt  an, 
so  ist  die  Aussenleiterspannung  ca.  208  Volt.  Man  hat  also  für  die  an  das  Nfetz  ange- 
schlossenen Lampen  eine  Spannung  von  120  Volt  zur  Verfugung  und  kann  alle  sich  aus 
dieser  niedrigen  Lampenspannung  für  die  Konsumenten  ergebenden  Vorteile  ausnützen, 
während  die  Querschnitte  der  Aussenleiter  entsprechend  der  höheren  Aussenleiterspannung 
wesentlich  kleiner  gehalten  werden  können,  als  bei  einem  Drehstrom-Dreileiternetz  mit 
120  Volt  Spannung.  Die  im  Netz  befindlichen  Motoren  werden  meist  an  die  Aussen- 
leiter angeschlossen.  Das  Prinzip  dieses  Systems  ist  das  gleiche,  wie  das  der  Gleich- 
strom-Dreileiteranlagen; bei  vollkommen  symmetrischer  Verteilung  der  Belastung  führt 
auch  hier  der  Mittelleiter  keinen  Strom. 

Um  Induktionswirkungen  zwischen  den  Leitern  der  Kabel  und  der  Eisenarmatur, 
sowie  Störungen  in  den  häufig  mit  Erdrückleitung  arbeitenden  Telephonnetzen  zu  ver- 
meiden, verlegt  man  bei  Drehstrom-Vierleiter-Kabelnetzen  sogen.  3 V»  fach  Kabel  d.  h. 
solche,  in  denen  die  drei  Aussenleiter  enthalten  sind  und  ausserdem  der  vierte  Leiter, 
dessen  Querschnitt  meist  etwas  geringer  genommen  wird  als  derjenige  eines  Aussenleiters. 

Der  Vollständigkeit  halber  sei  noch  erwähnt,  dass  es  nicht  notwendig  ist,  den 
Null-Leiter  bis  zum  Kraftwerk  zurückzuführen.  Es  genügt  vielmehr,  wenn 
derselbe  bis  zur  Sekundärseite  der  Sekundärtransformatoren  geführt  und  die  Hochspan- 
nungsseite der  Anlage  wie  bei  gewöhnlichen  Drehstrom-Dreileitersystemen  ausgeführt 
wird.  Bedingung  ist  jedoch,  dass  die  Hochspannungsseite  der  Sekundärtransformatoren 
Dreieckschaltung  erhält,  da  sonst  bei  sekundär  verschieden  belasteten  Phasen  auf  der 
Hochspannungsseite  Belastungsunterschiede  von  unzulässiger  Höhe  auftreten  können. 

c)WahlderSpannung.  Es  bleibt  schliesslich  noch  zu  erörtern  übrig,  welche 
Spannung  man  bei  gegebener  Leistung  und  Entfernung  in  jedem  Falle  am  zweckmässig- 
sten  anwendet.  Im  allgemeinen  wird  man  sagen  können,  dass  unter  bestimmten  Ver- 
hältnissen jeweils  die  Betriebsspannung  angewendet  werden  muss,  bei  welcher  die  Summe 


1070  III.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheitex. 

der  jährlichen  Ausgaben,  welche  sich  ans  den  direkten  Betriebskosten  und  den  Ausgaben 
für  Verzinsung  und  Amortisation  des  Anlagekapitals  zusammensetzen,  ein  Minimum  wird. 
Es  können  jedoch  auch  spezielle  Verhältnisse  vorliegen,  die  ein  Abweichen  von  dieser 
Regel  erfordern.  So  könnte  beispielsweise  bei  Anlagen  mit  beschränkten  Wassermengen 
ein  möglichst  hoher  Gesamtwirkungsgrad  der  Anlage  zweckmassig  erscheinen  und  man 
könnte  vielleicht  durch  eine  reichliche  Dimensionierung  der  Fernleitung  auf  der  Sekun- 
därseite  ein  Mehr  an  Energie  gewinnen  und  durch  dessen  Verkauf  die  Mehrausgaben 
für  Verzinsung  und  Amortisation  reichlich  aufwiegen. 

Ist  es  mithin  nach  dem  oben  Gesagten  nicht  möglich,  eine  für  alle  Fälle  zu- 
treffende Regel  über  die  Höhe  der  jeweils  zu  wählenden  Spannung  zu  geben,  so  soll 
doch  erwähnt  werden,  dass  man  in  normalen  Fällen  den  Energieverlust  in  den  Fern- 
leitungen nicht  gern  höher  als  10°/o  wählt,  bei  sehr  langen  Übertragungen  geht  man 
wohl  bis  zu  20°/o. 

Es  sei  noch  hinzugefügt,  dass  man  Spannungen  bis  zu  etwa  80000  Volt  technisch 
bereits  beherrscht. 

Wegen  der  bei  den  in  Kap.  II  beschriebenen  Anlagen  verwendeten  Stromsysteme 
und  Spannungen  sei  auf  Tab.  II,  S.  1003  verwiesen. 

9.  Leitungsberechnung.    Für  die  Berechnung  der  Leitungen  sind  folgende  drei 

Punkte  massgebend: 

a)  Spannungsabfall, 

b)  Energieverlust, 

c)  Feuersicherheit. 

a)  Spannungsabfall,  a)  Gleichstrom.  Das  Ohm  sehe  Gesetz  lautet,  wie 
schon  angegeben,  für  Gleichstrom: 

Stromstärke  =  J^i — r^-3  oder  i  =  — . 

Widerstand  w 

Diese  Formel  dient  zur  Berechnung  der  in  einem  Stromkreise  vom  Widerstände 
w  ß  durch  die  Spannungen  von  e  Volt  hervorgerufenen  Stromstärke  in  Ampere. 
Umgekehrt  ist  die  durch  den  Widerstand  im  Stromkreise  vernichtete  Spannung,  der 
Spannungsabfall,  den  man  etwa  mit  dem  Druckverlust  in  einer  Wasserleitung  vergleichen 
könnte,  gleich  dem  Produkt  aus  Stromstärke  und  Widerstand,  also 

ev  =  i .  w.  (1) 

Flieset  z.  B.  in  einem  Stromkreise  von  dem  Widerstände  S  Q  ein  Strom  von  15  Ampere  mad 
beträgt  die  Spannung  am  Stromerzenger  500  Volt,  so  wird  der  Spannnngsverlnst  in  der  Leitung  3  X  15 
=  45  Volt  betragen,  so  dass  am  Ende  der  Leitung  eine  Spannung  500  —  45  =  455  Volt  herrscht 

Hiermit   ist   das  Problem   der  Leitungsberechnung  für  Gleichstrom   im  Prinzip 

gelöst,  da  der  elektrische  Widerstand  der  verschiedenen  Materialien  genau  bekannt  ist 

Das  für  unsere  Zwecke  fast  ausschliesslich  in  Betracht  kommende  Kupfer  hat  einen 

spez.  Widerstand  von  17,5  ß,  d.  h.  1  km  Kupferleitung  von  1  qmm  Querschnitt  hat 

einen  Widerstand   von  17,5  ß.     Der  reziproke  Wert  des  sogenannten  Widerstandes 

—  spezifische  Leitfähigkeit  genannt  —  wird  gleichfalls  häufig  in  Leitungsberechnungen 

1000  1 

eingeführt;  er  beträgt  für  Kupfer  pro  m  und  qmm  -^-^  =  Q Q1?5  =~  57,  eine  Zahl, 

der  man  sehr  häufig  begegnet.  Da  man  sich  jeden  Leiter  aus  mehreren  von  1  qmm 
Querschnitt  zusammengesetzt  denken  kann,  ist  ohne  weiteres  klar,  dass  der  Widerstand 
umgekehrt  proportional  dem  Leiterquerschnitt  sein  wird,  für  je  1000  m  Leitung  also 
der  Widerstand 


§  6.  Krafthaübek.    B.  Die  elektrische  Einrichtuno.  1071 

spez.  Widerstand 

Querschnitt  in  qmm 

betragen  wird,  während  umgekehrt  die  Leitfähigkeit  eines  Drahtes  von  1000  m  Länge  gleich 

spez.  Leitfähigkeit  X  Querschnitt  in  qmm 
sein  wird. 

Ein  Beispiel  möge  das  Vorhergesagte  erläutern.  Von  einem  Elektrizitätswerk  ans  sollen 
300  16  kenige  Kohlenfaden-Glühlampen  in  einer  Entfernung  von  500  m  gespeist  werden.  Die  Spannung 
der  Zentrale  beträgt  250  Volt,  an  den  Lampen  soll  eine  Spannung  von  220  Volt  herrschen,  d.  h.  in  der 
Leitung  soll  ein  Spannungsverlust  von  30  Volt  zugelassen  werden.  Welchen  Leitungsquerschnitt  muss 
man  wählen? 

Die  von  den  300  Lampen  zusammen  gebrauchte  Energie  beträgt,  da  jede  Lampe  etwa  60  Watt 

18000 
verbraucht,  60x300=18000  Watt,  die  Stromstärke  beträgt  demnach  — ösg-  =  82  Ampere.     Die  Ge- 
samtlänge der  Leitung  —  Hin-  und  Rückleitung  zusammengenommen  —  ist  2  X  500  =  1000  m  =  1,0  km, 

1  0  X  17  5 
sodass  der  Widerstand  fttr  einen  Querschnitt  q  =  — —  Q  beträgt.    Da  wie  oben  gesagt  der  Span- 
nungsabfall 30  Volt  sein  soll,  ergibt  sich  nach  Gleichung  1: 

q 

82.1,0.17,5  AQ 

q  = 3q =  oo48  qmm. 

Man  musste  also  einen  Querschnitt  von  48  qmm  wählen.  In  Wirklichkeit  nimmt  man  jedoch 
den  diesem  zunächst  liegenden  sogenannten  verbandsmässigen  Querschnitt,  d.  h.  einen  der  Quer- 
schnitte, die  vom  Verband  deutscher  Elektrotechniker  als  Normalquerschnitte  festgelegt  sind.  In  unserem 
Falle  wäre  dies  der  Querschnitt  von  50  qmm. 

ß)  Einphasen-Wechselstrom.  Wie  wir  schon  früher  gesehen  haben,  wird 
in  jedem  Leiter,  der  sich  in  einem  magnetischen  Felde  befindet,  eine  E.M.K.  induziert, 
wenn  Leiter  oder  das  Feld  bewegt  wird  oder  die  Stärke  des  Feldes  sich  ändert.  Da  jeder 
von  einem  Strom  dnrchflossene  Leiter  ein  magnetisches  Feld  erzeugt,  dessen  Stärke  von 
der  Stromstärke  abhängig  ist  und  sich  mit  ihr  verändert,  wird  eine  Veränderung  der  in 
einem  Leiter  fliessenden  Stromstärke  zunächst  eine  Änderung  des  von  dem  Strom  er- 
zeugten Magnetfeldes  hervorrufen,  die  ihrerseits  wieder  in  dem  Leiter  selbst  und  in 
benachbarten  Leitern  eine  E.M.K.  induziert. 

Diese  Erscheinungen  fasst  man  unter  den  Namen  Selbstinduktion  und  gegen- 
seitige Induktion  zusammen.  In  der  Gleichstromtechnik  spielen  diese  Erscheinungen 
eine  "geringe  Rolle.  In  Wechselstromanlagen  aber,  in  denen  die  Stromstärke  bei  der 
üblichen  Frequenz  von  60  Perioden  in  jeder  Sekunde  hundertmal  zwischen  positiven  und 
negativen  Maximalwerten  schwankt,  machen  sich  diese  Induktionserscheinungen  erheblich 
bemerkbar  und  müssen  daher  bei  der  Leitungsberechnung  berücksichtigt  werden. 

Das  von  dem  Strom  hervorgerufene  Magnetfeld  ist  in  jedem  Augenblick  diesem 
proportional  und  mit  ihm  in  Phase,  während  die  induzierte  E.M.K.  in  dem  Augenblick 
ihr  Maximum  erreicht,  in  dem  die  Geschwindigkeit,  mit  der  die  Änderung  der  Stärke 
des  Magnetfeldes  vor  sich  geht,  am  grössten  ist  Es  sei  in  Abb.  403  die  Kurve  a  die 
Stromkurve,  während  b  die  Kurve  des  magnetischen  Feldes  darstellen  möge.  Diese  sind 
miteinander  in  Phase.  Wir  sehen  nun,  dass  in  den  Scheitelpunkten  der  Kurve  b  die 
Geschwindigkeit  der  Änderung  des  Magnetfeldes  einen  Augenblick  gleich  Null  ist, 
während  sie  in  dem  Augenblick  ein  Maximum  ist,  in  dem  die  Stromkurve  durch  Null 
hindurch  geht,  d.  h.  wo  das  magnetische  Feld  seine  Richtung  wechselt.  Die  Kurve  der 
induzierten*  E.M.K.  muss  demnach  eine  gegen  a  und  b  verschobene  Lage  einnehmen  und 
zwar  werden  ihre  Maxima  über  den  Nullpunkten  von  a  und  b  und  ihr  Nullpunkt  unter 
deren  Scheitelpunkten  liegen,  wie  Kurve  c  zeigt.     Die  induzierte  E.M.K.  eilt  somit  der 


1072 


IIL    Theodob  Eoehn.    Ausbau  von  Warakkkräften.    Einzelheiten. 


Stromstärke  um  Vi  Periode  =  90°  nach.  Im  Vektoren-Diagramm  stellt  sich  der  Vor- 
gang dar,  wie  Abb.  404  zeigt.  Der  Vektor  eB  der  induzierten  E.M.K.  steht  senkrecht  auf 
dem  Stromvektor  i  und  eilt  diesem  nach. 

Es  ist  nach  Vorstehendem  leicht  einzusehen,  dass  diese  Induktionserscheinungen 
nicht  nur  auf  einer  Leitungsstrecke,  sondern  überhaupt  in  allen  Wechselstrom  fahrenden 
Apparaten  auftreten  werden.  Bei  Glühlampen  ist  der  Einfluss  der  Induktion  minimal 
bei  Bogenlampen  etwas  stärker  und  bei  Motoren  unter  Umständen  sehr  erheblich. 

In  einem  Stromkreise  mit  induktionslosem  Widerstände  wird  die  Stromstärke  mit 
der  aufgedrückten  Spannung  in  Phase  sein;  in  einem  mit  Induktion  behafteten  (induk- 
tiven) Stromkreise  wird  sich  die  durch  die  Induktion  erzeugte  E.M.K.  mit  der  aufge- 


Abh.  408. 


Abb.  404. 


Abb.  405. 


drückten  zu  einer  Resultierenden  zusammensetzen  und  es  wird  die  Stromstärke  nunmehr 
mit  dieser  Resultierenden  in  Phase  sein.  In  Abb.  405  ist  Ep  die  Klemmenspannung  eines 
Motors,  6t  die  durch  die  Induktion  hervorgerufene  Spannung ;  die  resultierende  Spannung 
fällt  mit  der  Richtung  der  Stromstärke  i  zusammen.  Die  Stromstärke  hat  also  eine 
Phasenverschiebung  gegen  die  Klemmenspannung  und  zwar  eilt  sie  dieser  um  den 
Winkel  g>  nach.  Der  Cosinus  dieses  Winkels  wird  der  Leistungsfaktor  genannt 
und  zwar  deswegen,  weil  die  von  dem  Motor  aufgenommene  wirkliche  Leistung  die 
Grösse  Ep  i  coacp  hat. 

Bei  Wechselstrom  aufnehmenden  Apparaten  ist  also  neben  der  Kenntnis  des 
Stromverbrauches  auch  die  des  Leistungsfaktors  (cosqp),  mit  dem  der  Apparat  arbeitet 
von  Wichtigkeit. 

Dieser  Leistungsfaktor  ist  bei  reinen  Lichtanlagen  im  Durchschnitt  mit  0,9  bis 
0,95  anzunehmen  und  sinkt  bei  gemischtem  Licht-  und  Kraftbetrieb  je  üach  der  Anzahl 
und  Grösse  der  angeschlossenen  Motoren  bis  auf  etwa  0,7.  Im  allgemeinen  wird  für 
solche  Anlagen  mit  cosg>  =  0,8  gerechnet. 

Bei  der  Berechnung  von  Wechselstromfernleitungen  geht  man  am  einfachsten 
von  der  Endspannung  aus  und  berechnet  aus  dieser,  dem  gegebenen  Energiebedarf  am 
Ende  der  Leitung  und  dem  Leistungsfaktor  die  Stromstärke  nach  der  Formel 

A.1000 


J  = 


(2- 


E  cosqp' 

wobei  A  die  Leistung  in  KW  und  E  die  Endspannung  in  Volt  bedeutet.    Es  werden 
dann  in  der  Fernleitung  folgende  Spannungsverluste  auftreten: 


§  6. 


KrafthIubeb.    B.  Die  elektrische:  Einrichtung. 


1073 


Erstens  der  Verlust  durch  den  elektrischen  Widerstand  der  Leitung,  der  soge- 
nannte Ohm  sehe  Spannungsverlust  von  der  Grosse  iw,  der  mit  der  Stromstärke  in 
Phase  ist,  und  zweitens  der  induktive  Spannungsverlust,  der  um  90°  in  der  Phase  gegen 
die  Stromstärke  zurückbleibt  Die  Grösse  des  induktiven  Verlustes  beträgt  für  Hin-  und 
Rückleitung  zusammen 

E8  =  4/inlJ  (o,5  +  2  lognat ~)  10"4  M),  (3) 

hierin  bedeutet  n  die  Anzahl  der  Perioden  pro  Sek.,  1  die  einfache  Fernleitungen  km, 
D  die  Entfernung  zwischen  den  Leitungsdrähten  in  cm,  a  den  Radius  eines  Drahtes  in  cm. 

Wir  sehen  hieraus,  dass  der  Einfluss  der  Selbstinduktion  mit  der  Periodenzahl 
und  der  Entfernung  der  Drähte  von- 
einander zunimmt. 

Die  Abb.  406  zeigt  das  Span- 
nungsdiagramm einer  Einphasen- 
Wechselstrom-Kraftübertragung.  In 
diesem  Diagramm  ist  OA  die  in 
einem  beliebigen  Masstab  gezeichnete 
Endspannung  E,,  OD  die  Richtung 
des  um  den  ^Cq>  gegen  E,  verscho- 
benen Stromes,  AC  der  Ohm  sehe 
Spannungsverlust  J  w  parallel  zu  OD  und  BG  der  induktive  Verlust  E»  senkrecht  zu  OD. 
Dann  ist  die  Spannung  am  Anfang  der  Leitung  Et  nach  Grösse  und  Richtung  gleich  OB. 

Da  die  Benutzung  des  Diagrammes  ziemlich  unbequem  ist,  weil  die  Verluste  im 
Verhältnis  zu  den  Hauptspannungen  sehr  klein  sind ,  ist  das  folgende  rechnerische 
Näherungsverfahren    zu    empfehlen. 

In  Abb.  407  ist  um  0  durch  Abb-  407' 

B  ein  Kreisbogen  geschlagen,  sodass 
OF  =  OB,  ferner  ist  von  B  auf  OF 
das  Lot  OE  gefällt.  Praktisch  wer- 
den die  Punkte  E  und  F  so  nahe 
zusammenfallen,  dass  ihre  Entfer- 
nung, verglichen  mit  den  Längen  OA 
und  OB  vernachlässigt  werden  kann; 
Man  kann  also,  ohne  einen  grossen 
Fehler  zu  begehen ,  sagen ,  dass  die  AnfangBspannung  OB  =  OE  ist.  Die  Strecke  OE 
berechnet  sich  aus  der  Summe  von  0 A  und  den  Projektionen  der  Strecken  AC  und 
BC  auf  OA.    Da  diese  mit  OA  die  Winkel  <p  bezw.  R  —  <p  einschliessen,  ist 

OE  =  OA-f-AC  cos^-f  BC  sin?.  (4) 

Aus  dem  Diagramm  in  Abb.  407  kann  man  auch  die  am  Anfange  der  Leitung  vorhandene 
Phasenverschiebung,  die  für  die  Dimensionierung  der  Dynamomaschinen  von  Wichtigkeit 
ist,  berechnen.  Dieser  Winkel  q>t  wird  aus  der  Summe  <jP  +  <ft  gebildet.  Wir  sehen,  dass 

BE 

ist.    Die  Strecke  BE  ist  in  gleicher  Weise  wie  AE: 

BE  =  BC  cos 9  —  AC  sin?. 
Sieht  man  bei  der  Durchführung  der  Rechnung,  dass  BE  sehr  gross  ausfallt,  so 
folgt  daraus,  dass  der  Winkel  q>t  ebenfalls  gross  ist  und  dass  man  gut  tut,  den  richtigen 


ft)  Vergi.  Uppejiborn,  EaL  f.  Elektrot  Aufl.  08.  I.  Teü.  S.  285. 

far  Int-WlMMMh.    IIL  TtiL    13.  Bd. 


68 


1074 


III.    Theodor  Koehx.    Ausbau  ton  WaäebtäIitek.    EmsLiisrrEV. 


Wert  der  Anfangsspannung,  die  Hypotenuse  OB  des  A  OEB  noch  genau  zu  berechnen, 
da  die  vernachlässigte  Strecke  EF  in  diesem  Falle  unzulässig  gross  sein  kann. 

Wenn,  wie  dies  häufig  vorkommt,  nur  die  Anfangsspannung  gegeben  ist,  so  nimmt 
man  für  die  erste  Berechnung  die  Endspannung  schätzungsweise  an  und  beredinet 
hieraus  die  Anfangsspannung.    Ergibt  sich  hierbei  eine  zu  grosse  Abweichung  Ton  der 

angenommenen  Anfangsspannung,  so  muss 
die  Rechnung  mit  entsprechend  korrigier- 
ten .Werten  wiederholt  werden. 

In  vielen  Fällen  wird  man  die  Be- 
rechnung ohne  Berücksichtigung  der  Selbst- 
induktion durchfuhren  können,  da  sie  bei 
Kabelanlagen  gar  keine  und  bei  Frei- 
leitungsanlagen mit  geringen  Stromstärken, 
kleinen  Drahtabständen  und  geringer  Pha- 
senverschiebung eine  nur  geringe  Rolle  spielt.  In  diesem  Falle  vereinfacht  sich  das 
Diagramm  nach  Abb.  408.  Es  ist  hier  wieder  OE  annähernd  gleich  OC,  d.  h.  mit 
grosser  Annäherung  bedeutet  AE  den  Spannungsverlust  in  der  Leitung.    Es  ist  nun  aber 

AE  =  Jw  cos</> 


und,  da 


der  Spannungsabfall  in  Volt 


J  = 


A.1000 


Jw  = 


E  cosqp 

A .  1000 .  w 
E        * 


(5) 


d.  h.   der  Spannungsabfall   ist   in  Leitungen   ohne  erhebliche   Selbst- 
induktion   und    bei    nicht    all    zu    kleinem    Leistungsfaktor    von    der 

Abb  409  Phasenverschiebung     unab- 

L 


B 


hängig  und  berechnet  sich 
dann  bei  Einphasenstrom  wie 
bei  einer  Gleichstromanlage. 
y)  Zweiphasenstrom.  Das 
Zweiphasensystem  soll  hier  nicht  be- 
handelt werden,  da  es  in  der  Praxis 
jetzt  nur  noch  selten  angewendet 
wird  M). 

6)  Drehstrom.  Die  Berechnung  der  Drehstromleitungen  erfolgt  in  ganz  ähnlicher 
Weise  wie  die  der  Einphasenstromleitungen  mit  folgenden  Unterschieden: 

Die  Stromstärke  in  Ampfere  in  jedem  Draht  berechnet  sich  nach  der  Formel 

J ±ß™-,  (6) 

E .  y3  cos  9 

wobei  E  die  Spannung  zwischen  zwei  Drähten*  gemessen  bedeutet»  die  in  der  Praxis 
kurz  als  Betriebsspannung  oder  verkettete  Spannung  bezeichnet  wird,  im  Gegensatz  zu 
der  Spannung  zwischen  einem  Draht  und  dem  etwa  vorhandenen  Nullpunkt,  die  meist 

für  J  berechnen  wir  wie  bei  Wechselstrom  den  Ohm  sehen  Verlust  Jw  in  jedem  Draht,  der 


ts)  Näheres  s.  Holmboe,  Berechnung  und  Ausfuhr,  der  Hochsp.-Leitungen.  1.  Auf.  8.84—27. 


§  6.  Krafthauser.    B.  Die  elektrische  Einrichtung.  1075 

für  die  Benutzung  im  Diagramm  mit  |/3  zu  multiplizieren  ist.    Die  Formel  lautet  also 

e  =  Jw  y§. 

Hierbei  bedeutet  w  den  Widerstand  eines  Drahtes.  Für  den  induktiven  Verlust  gilt 
hier  eine  etwas  andere  Formel,  weil  bei  Drehstrom  jeder  Draht  von  zwei  anderen  be- 
einflusst  wird. 

__  —  • 

Diese  Formel  lautet: 

E8  =  2  n  n  U  (0,5  +  2  lognat  — )  10-4  (zwischen  zwei  Drähten  gemessen).     (7) 

Die  beiden  gefundenen  Werte  e  und  Eg  für  Ohm  sehen  bezw.  induktiven  Verlust  werden 
mit  der  Betriebsspannung  zu  einem  Diagramm  vereinigt.  In  Abb.  409  ist  ein  solches 
Diagramm  gegeben.  Im  übrigen  ist  der  Verlauf  der  Rechnung  genau  der  gleiche  wie 
beim  Einphasenstrom. 

Bei  nicht  all  zu  kleinem  cos  q>  und  geringer  Selbstinduktion  ist  ähnlich  wie  beim 
Einphasenstrom  (S.  1074) 

AE  =  Jw  cosy  "|/3 
und  da 


A.1000 


ö  ' 


der  Spannungsabfall 


E.cosqp.  "^3 

A.lOOO.w  ' 

e  = ü >  (8) 


E 
wobei  w  den  Widerstand  eines  Drahtes  bedeutet. 

b)  Energieverlust.    Der  zweite  Punkt,  den  man  bei  Berechnung  einer  Leitung 

beachten  muss,  ist  der  Energieverlust.    Wenn  einer  Leitung  eine  Energiemenge 

A1  =  E1J 

in  Form  von  Gleichstrom  zugeführt  wird,  so  wird,  wie  wir  gesehen  haben,   am  Ende 

der  Leitung  zwar  dieselbe  Stromstärke,  jedoch  eine  geringere  Spannung  vorhanden  sein. 

Das  Produkt  aus  der  Endspannung  Es  und  der  Stromstärke,   d.  h.   die  am  Ende  der 

Leitung  vorhandene  Energiemenge  A2  wird  kleiner  sein  als  A1  und  zwar  um  J  (Et  —  E,). 

Hieraus  geht  hervor,  dass  in  der  Leitung  nicht  nur  ein  Spannungsabfall,  sondern  auch 

ein  Energieverlust  auftritt.    Nach  dem  Obengesagten  beträgt  also  der  Energieverlust  in 

einer  Gleichstromleitung : 

V  =  J(E1-E,)  =  Je,  (9) 

worin  e  den  Spannungsabfall  bedeutet.     Da  nun  e  gleich  Jw,  gilt  die  zweite  Formel 

V  =  J2w.  (10) 

Diese  letztere  Formel  ist  sowohl  für  Gleichstrom  wie  Wechselstrom  gültig. 

Bei  Gleichstromanlagen  besteht  ein  einfaches  Verhältnis  zwischen  Energie-  und 
Spannungsverlust  und  zwar  sind  beide,  prozentual  ausgedruckt,  gleich. 

Bei  Wechselstromanlagen  ist  zu  berücksichtigen,  dass  die  Stromstärke  bei  gleicher 
effektiver  Leistung  mit  der  Phasenverschiebung  wächst  und  also  der  Energieverlust  um- 
gekehrt proportional  dem  Quadrate  von  cosqp  zunimmt. 

Bei  Einphasen -Wechselstromanlagen  ist,  der  Gesamtverlust  (in  Hin-  plus  Rück- 
leitung) in  Watt 

_2   j*     _  2  >  Ag .  1000»  w  (A  in  Kilowatt  ausgedrückt) 

E*cos29>       (w  =  Widerstand  eines  Drahtes)  '     ' 

Bei  Drehstrom  ist  der  Gesamtverlust  in  Watt  das  Dreifache  des  Verlustes  in  jedem  Draht,  also 
v  _  3  jt  w  _  3     A2 .  10002        _  A2 .  1000»       (A  in  Kilowatt  ausgedrückt)  ~ 

_    E2()/3)*cos,9  K2  cos29>       (w  =  Widerstand  eines  Drahtes)     '     ' 

68* 


1076         HL    Theodor  Eoehh.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelhei 

Bei  den  vorhergehenden  Besprechungen  über  den  Leitnngsverlnst  haben  wir  eines 
Faktor,  die  Kapazität  der  Leitung  ausser  acht  gelassen,  der  bei  nicht  ungewöhnlich 
langen  Kabeln  und  Freileitungen  allerdings  eine  nur  untergeordnete  Bolle  spielt,  den  vir 
jedoch  nicht  ganz  unerwähnt  lassen  wollen. 

Zwei  elektrische  Leiter,  welche  durch  isolierendes  Material,  das  Dielektrikum,  von- 
einander getrennt  sind,  bilden  einen  Kondensator.  Der  Kondensator  besitzt  die 
Eigenschaft,  Kapazität  genannt,  dass  er,  wenn  an  seine  beiden  Klemmen  eine  Spannung 
gelegt  wird,  eine  gewisse  Elektrizitätsmenge  in  sich  aufnimmt  und  behalt,  wenn  die 
Spannung  entfernt  wird,  bis  durch  eine  Verbindung  von  Leiter  zu  Leiter  ein  Ausgleich 
hervorgerufen  wird.  Als  Leydener  Flasche  ist  der  Kondensator  ein  allgemein  bekannter 
Apparat.  Die  vom  Kondensator  aufgenommene  Energiemenge,  die  Ladung  genannt,  ist 
der  Ladespannung  proportional  und  es  wird  also  ein  an  eine  Wechselstromquelle  ge- 
legter Kondensator  je  nach  dem  augenblicklichen  Werte  der  Spannung  eine  zwischen 
Null  und  einem  positiven  und  negativen  Maximum  liegende  Ladung  aufweisen.  Dieses 
Umladen  des  Kondensators  durch  eine  Wechselstromspannung  ruft  eine  der  Spannung 
um  90°  voreilende  Stromstärke,  den  sogenannten  Ladestrom  hervor. 

Da  nun  jede  Leitungsanlage  aus  durch  Isolierschichten  voneinander  getrennten 
Leitern  besteht,  welche  gegenseitig  und  auch  jeder  für  sich  mit  der  Erde  einen  Kon- 
densator bilden,  wird  auch  hier  ein  der  Spannung  um  90°  voreilender  Ladestrom  auf- 
treten, der  jedoch  in  normalen  Fällen  nur  einen  im  Verhältnis  zum  Arbeitsstrom  sehr 
geringen  Wert  hat  Der  Ladestrom  setzt  sich  mit  dem  Arbeitsstrom  zu  einer  Resul- 
tierenden zusammen,  die  dem  Arbeitsstrom  voreilt.  Wir  können  auf  die  Wirkungen 
der  Kapazität  nicht  weiter  eingehen,  da  eine  Erörterung  derselben  zu  weit  fuhren  wirde; 
Bemerkt  sei  nur  noch,  dass  der  Ladestrom  eine  unter  Umständen  erwünschte  Gegen- 
wirkung gegen  die  Induktionserscheinungen  ausübt*4). 

c)  Feuersicherheit.  Nachdem  eine. Leitung  auf  Spannungsabfall  und  Energie- 
verlust berechnet  ist,  bleibt  noch  zu  Überlegen  übrig,  ob  der  berechnete  Leitungequer- 
schnitt „feuersicher"  ist,  d.  h.  ob  die  durch  den  Strom  hervorgerufene  Erwärmung 
in  zulässigen  Grenzen  bleibt.  Die  Grösse  dieser  höchst  zulässigen  Erwärmung  ist  unter 
anderem  von  dem  für  die  Leitung  verwendeten  Isolationsmaterial  und  den  Ab- 
kfihlungsverhältnissen  abhängig.  Der  Verband  deutscher  Elektrotechniker  hat  Tabellen 
herausgegeben,  in  denen  die  höchst  zulässigen  Strombelastungen  sowohl  Ar  Kabel 
als  auch  für  isolierte  Drähte  festgelegt  sind.  Für  Freileitungen  liegen  solche  Tabellen 
noch  nicht  vor;  man  kann  jedoch  hier  mindestens  die  gleichen  Belastungen  mlnurm 
wie  vom  Verein  deutscher  Elektrotechniker  für  Einfachkabel  festgesetzt  sind.  Bö 
kleinen  Drahtquerschnitten  kann  man  sogar  noch  etwas  höher  gehen. 

Beispiele:  Einphasenstrom.    Von  einer  Kraftstation  soll  eine  Energiemenge  von  800 KW 
bei  10000  Volt  Zentralenapannnng  auf  eine  Entfernung  von  80  km  fibertragen  werden.    Der 
faktor  am  Ende  der  Fernleitung  aei  cos?  =  0,9.  Welcher  Drahiqaerschnitt  mnss  gewählt 
sowohl  der  Spanonngsabfall  ab  auch  der  Energieverlost  10°  e  nicht  überschreiten  soll? 

Die  Spannung  am  Ende  der  Leitung  mnss,  da  ein  maximaler  Spannungsabfall  von  10#/* 
lassen  werden  soll,  mindestens  9000  Volt  betragen.    Wir  wollen  zunächst  einmal 
Leitungsquenchnitt  85  qmm  betragt,  dann  ist,  da  die  8tromstlrke 

T      A.1000      800.1000      _  A 

j~eTSs7-  swOSr=ir7  *** 

der  Ohm  sehe  Verlest 

e  =  2. i.w  =  2. 87. IJ^-740  Volt 


**)  Näheres  s.  Holmboe,  Ber.  und  Ans!  der  Hodispannqngs-Fernleitnngen.  1.  Aufl.  8.  9— IL 


§  6.  KrafthIubbb.    B.  Dje  elektrische  Einrichtung.  1077 

Der  induktive  Spannungsabfall  hat  bei  einem  Drahtabstand  von  60  cm  die  Grosse 

E.  =  4*nJJ  A>,5  +  2  lognat  ~)  10-4  =  4». 50. 20. 87  A>,5 -I- 2  lognat ^j  10-«  =  oo 505  Volt, 

hiernach  würde  sich  als  Anfangsspannung  nach  Gleichung  2  ergeben 

E1==B,  +  ecoBy  +  E,siny  =  9000  +  740. 0,9  +  505. 0,485  =  c/>  9886  Volt 
Man  sieht  hieraus,  dass  der  Spannungsverlust  etwas  geringer  ist,  als  maximal  zugelassen;  wollte  man 
jedoch    den  nächst  kleineren  yerbandsmissigen  Drahtquerschnitt  (25  qmm)    wählen,    so  wurde  der 
Spannungsverlust  zu  gross  werden. 

Der  Energieverlust  in  der  Leitung  berechnet  sich  nach  der  Formel 

0    „  2.AM000*      l         2.800M0001   20000         othaaw  **         qjo/  j     a, 

v  =  2 .  J»  w  «  — = = ^= —  =    ^^  Atli    .  ,-  tt,  =  &o  27  500  Watt =  c/>  8,4  •/•  der  Anfangsenergie. 

E* .  cos'g>    57.  q        9000*.  0,9f      57.85  '  °         ° 

Bezuglich  Feuersicherheit  genügt  der  Querschnitt  von  85  qmm  ebenfalls,  da  die  Strombelastung 
nur*  ca.  37  Ampere  betragt,  während  man  eine  Freileitung  von  85  qmm  mit  ca.  200  Ampere  be- 
lasten könnte. 

Drehstrom:  Wir  wollen  das  soeben  für  einphasigen  Wechselstrom  durchgerechnete  Beispiel 
noch  einmal  unter  Zugrundelegung  des  Drehstromsystems  durchführen.  Als  Anfangsspannung  wollen 
wir  ebenfalls  wieder  10000  Volt  annehmen  und  zwar  soll  dies  die  Spannung  zwischen  2  Drihten,  die 
verkettete  Spannung  sein. 

Die  Stromstärke  pro  Draht  berechnet  sich  beim  Drehstromsystem  nach  der  Formel 

j^      A.1Ö0O 

Ey5  cosy 

also  für  unseren  Fall 

T        800.1000  ol.A 

j  a __ — c/>21,4  Amp. 

9000)/g.0,9 
Der  Ohm  sehe  Verlust  pro  Draht  ist  dann,  wenn  wir  einen  Drahtquerschnitt  von  16  mm1  zugrunde  legen 

e  =  Jw^21,4|^  =  c^469  Volt 

Dieser  Wert  muse  noch  mit  fö  multipliziert  werden,  sodass  sich  als  Ohmscher  Verlust,  gemessen  zwischen 
zwei  Drähten  oo812  Volt  ergibt 

Der  induktive  Verlust  ergibt  sich  aus  der  Formel 
E.  =  2*n/J  (ofi  +  2  lognat 5\  10-4  =  2*  50. 20. 21,4  (o,5  + 2  lognat—]  10-*=  156  Volt 

Auch  diese  Zahl  ist  mit  V§  zu  multiplizieren;  der  induktive  Spannungsverlust  hat  also  die*  Grösse 
270  Volt 

Hiernach  würde  sich  als  Anfangsspannung  ergeben 

Et  =  Ei.{  cosy  +  E»  sin?  =  9000  +  oo 782  +  c/>118  =  oo 9850  Volt 
Der  Energieverlust  beträgt 

T  =  8J'w  =  8.21,4t  |^^  =  oo80000 Watt  =  9,1  °/o  der  Anfangsenergie. 

Die  Prüfung  auf  Feuersicherheit  ergibt,  dass  der  Drahtquerschnitt  aasreicht 

Zum  Schluss  seien  die  ans  der  Durchrechnung  des  Beispiels  für  Emphasen-  und  Drehstrom 
gewonnenen  Resultate  einander  gegenübergestellt: 


Einphasenstrom 

Drehstrom 

Energie  am  Ende  der  Leitung 

800  KW 

800  KW 

Spannung  am  Anfang  der  Leitung 

ca.  10000  Volt 

10000  Volt 

Spannungsverlust 

886  Volt 

850  Volt 

Energieverlust 

MVo 

9,1> 

Kupferquerschnitt 

2x85  mm* 

8  X 16  mm1 

Kupfergewicht 

12600  kg 

8640  kg 

Aus  dieser  Tabelle  ergibt  sich,  dass  der  Drehstrom  dem  Einphasenstrom  in  bezug  auf.  Kupfer- 
verbrauch ganz  wesentlich  überlegen  ist,  trotzdem  man  beim  Emphasensystem  nur  zwei  Leitungen  zu 
verlegen  braucht 

10.  Zusammenfaasnng  der  Bezeichnungen  nnd  Formeln. 

Einheit  der  Stromstärke    =  1  Ampere. 
Einheit  der  Spannung        =  1  Volt. 


1078  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Einheit  des  Widerstandes  =  1  Ohm  (ß). 

Einheit  der  Leistung         =  1  Watt  (1000  Watt  =  1  Kilowatt  KW). 
Leistung  einer  Dynamo  in  Watt 

bei  Gleichstrom     =  E  .  i, 
bei  Wechselstrom  =  E .  i  cos  9, 
bei  Drehstrom        =  E .  i  cosy  VIT. 
Hierin  ist:  E  Klemmenspannung  in  Volt  bei  Drehstrom  zwischen  zwei  Aussen- 
leitern  gemessen 

i=  Stromstärke  pro  Draht  in  Amp., 

cos  g>  =  Leistungsfaktor, 

q>=  Phasenwinkel  zwischen  Strom  und  Spannung. 

1  PS  =  736  Watt. 

T.x         ,       a...           i.      .t»o        Leistung  des  Generators  in  KW 
Leistung  der  Antriebsmaschine  in  PS#  = s k^öz > 

U,  i  OO  .  TJ 

worin  rj  =  Wirkungsgrad  des  Generators. 

Praktisch  ist  die  Leistung  der  Antriebsmaschine  in  PS«  ca.  das  1,5  fache  der 
Generatorenleistung  in  KW. 

Leitungsberechnung:  Ohmsches  Gesetz  e  =  iw,  worin  e=  Spannungs- 
unterschied zwischen  Anfang  und  Ende  des  Widerstandes ,  i  =  Stromstärke ,  w  = 
Widerstand. 

Widerstand  eines  Kupferdrahtes  von  1  km  Länge  und  q  qmm  Querschnitt 

_  1 .  1000_  17,5 

-     57q   ~    q    ; 

A  1000 
bei  Gleichstrom:  i  =  — _, — ,   worin  A  =  Leistung  in  KW,  E  =  Spannung  in  Volt 

Spannungsverlust:   e  =  2iw  =  — —„ .w  Volt. 

Energieverlust:   2i,w=  — — = .w  Watt. 

A  =  Leistung  in  Kilowatt. 

w  =  Widerstand  eines  Drahtes. 

Einphasen- Wechselstrom. 

A1000    .      , 

i=— Ampere. 

Ecos  q> 

Ohm  scher  Spannungsverlust :  e  =  2  i  w  =  — ^ Volt. 

r  °  E  cos  qp 

Induktiver  Spannungsverlust :   E8  =  4  n  n  1  i  ( 0,5  -j-  2  lognat  — )  10  ~  4  Volt. 

Spannungsverlust:  Entweder  aus  Diagramm  oder*  annähernd: 

Anfangsspannung  =  Endspannung  +  e  cos  g>  -j-  E,  sin  q>. 
Bei  nicht  zu  kleinem  cos  q>  und  zu  vernachlässigender  Induktion  ist   der  Span- 
nungsverlust 

e  cos  q>  =  2i  w  cos  <p  =  — '■ — ^- Volt  (wie  bei  Gleichstrom). 

„  .    .        0.t  2.AM000*w 

Energieverlust  =  2  i*  w  =  —^r—f—m 

Bedeutung  der  Zeichen :  w  =  Widerstand  eines  Drahtes, 

A  =  Leistung  in  Kilowatt, 
n  =  Frequenz  in  ganzen  Perioden  pro  Sek., 


§6. 


B.  Die  elektrische  Einrichtung. 


1079 


Drehstrom:  i  = 


1  =  Länge  des  Leitungsstrecke  in  km, 
D  =  Drahtabstand  in  cm, 
•  =  Drahradius  in  cm. 
A1000 


Ecosy  VT 


Ohm  scher  Spannungsverlust  pro  Draht:  e  =  iw  = 


A1000 


E  cos  9^3* 

Induktiver  Spannungsverlust  pro  Draht :  Et  =  2  n  n  1  i  (  0,5  -}-  2  lognat  — )  10  -  4. 

Bedeutung  der  Zeichen:  wie  beim  Wechselstrom. 

Spannungsverlust:  Entweder  aus  Diagramm,  mit  den  obigen_Werten  für  e 
und  Et  mal  V  3  oder  aus  der  Anfangsspannung  =  Endspannung  -f-  e  V  3  cos  q>  -f-  E. 
V  3  sin  9. 

Bei  nicht  zu  kleinem  cos  <p  und  zu  vernachlässigender  Induktion  ist  der  Span- 
nungsverlust: 

,/q-                 .     ,rö-               AlOOOw 
eV3  cos  (jp  =  1  w  V  3  cos  y  = =r — . 

Energieverlust:  v  =  3i*w  =  -~ 5 — . 

0  E*  cos*  <p 

11«  Preis-  und  Gewichtsangaben«    Die  im  Nachstehenden  gegebenen  Preise  sind 

normale  Durchschnittspreise  und  verstehen  sich  für  die  fertig  montierte  Maschine  bezw. 

den  fertig  aufgestellten  Transformator  ausschliesslich  aller  Apparate. 

Tabelle  in. 

Preise  von  Drehstromgeneratoren  bezw.  Drehatrom-Synchronmotoren  für  eine  Frequenz  von 

50  Perioden  pro  8ekunde  (vergl.  die  Angaben  S.  260  u.  261). 


Leistung  als  Generator  in  KW  bei  cos  9  = 

=  0,8 

Touren- 

25 

50 

100        1         200        |         500        | 

1000        ' 

2000 

zahl 

Leistung  als  Synchronmotor  in  PS«  ca 

> 

87 

75 

155                 310 

1         _ 

780 

1550 

3100 

Mk. 

Mk. 

Mk. 

Mk. 

Mk. 

Mk. 

Mk. 

1000 

2600 

8500 

4800 

— 

— 

— 

— 

750 

8100 

3900 

5600 

7800 

— 

— 

— 

500 

— 

5100 

6600 

9100 

15200 

21000 

— 

800 

— 

5800 

8400 

11000 

17  500 

26600 

40000 

215 

— 

— 

12000 

18000 

27  600 

38200 

56  200 

107 

— 

— 

— 

27  000 

33800 

53000 

67  000 

Tabelle  IV. 
Höchste  Spannung,  für  welch«  die  verschiedenen  normalen  Modelle  gebaut  werden  können. 


Touren- 
zahl 

25 

50 

Leistung 
100 

;  in  Kw  bei  cosqp  =  0,8 
250        |        500 

1000 

2000 

hockst  zulässige  Spannung  in  Volt 

1000 

3000 

4000 

5000 

MMIM» 

_ 

750 

3000 

4000 

5000 

5000 

— 

— 

— 

500 

— 

5000 

6000 

6500 

6500 

6500 

— 

80U 

— 

5000 

6000 

6500 

8500 

10000 

— 

215 

— 

5000 

5000 

6000 

7500 

9000 

10000 

107 

» 

— 

— 

5000 

6000 

8000 

10000 

1080 


III«    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelhettek. 


Die  Preise  der  Tabelle  III  gelten  f&r  Spannungen  von  500  bis  5000  Volt  bezw. 
bei  den  Typen,  bei  denen  die  Höchstspannung  unter  5000  Volt  liegt  von  500  Volt  bis 
zur  Höcbstspannung.  Die  Preisaufschlage  für  Spannungen  über  5000  bezw.  unter  500 
Volt  sind  folgende: 

bei  5000  bis     7000  und  500  bis  400  Volt  2°/o, 


.    7000    , 
n    8000    „ 

m  yUUÜ         M 


8000 

9000 

10000 


400    „    300 
300    .    200 


.    4%. 


ff 


200 


100 


5°/o  (vergl.  S.  259). 


Die  Preise  der  Tabelle  III  verstehen  sich  ferner  einschliesslich  angebauter  Erreger- 
maschine  und  für  zweilagrige  Ausfuhrung. 

Aus  Tabelle  m  können  auch   die  Preise   für  Einphasengeneratoren   berechnet 

werden.    Die  Leistung  der  Modelle  beträgt,  wenn  die  Maschinen  einphasig  gewickelt 

werden  etwa  */*  der  Leistung  als  Drehstrommaschine,  während  der  Preis  des  betreffenden 

Modells  annähernd  der   gleiche   bleibt.    Will   man   also   beispielsweise  den  Preis  einer 

150  KW  Einphasendynamo  für  500  Touren  wissen,  so  berechnet  man  zunächst,  wieviel 

150 
das  Einphasenmodell  als  Drehstrommaschine  gewickelt  leisten  würde,  also  ~-=^  =  200  KW. 

Die  Maschine  entspräche  also  dem  Drehstrommodell  für  200  KW  und  ihr  Preis 
9100  Mk.  betragen. 


Tabelle  V. 

Nettogewicht«  der  Drehstromgeneratoren  bezw.  Synchronmotorea,  deren 


in  Tabelle  ffl  enthalten  riei 


Leistung  in  KW 

Touren- 
zahl 

25 

50 

|         100 

|         200 

500 

1000 

2000 

Nettogewicht  in  Tonnen 

1000 

1.1 

2,0 

8,4 

. 

«^ 

— _ 

__ 

750 

1.4 

2.5 

8,6 

5,5 

— 

— 

— 

500 

— 

8.« 

4.5 

6,5 

10,0 

17,4 

— 

800 

— 

4,2 

4,9 

7,4 

12,5 

17,8 

26,0 

215 

— 



6,3 

9,5 

16.5 

21,2 

30,0 

107 

^— 

"~~ 

•■"■ 

14,5 

22,5 

84,2 

45,5 

Tabelle  VI. 

Preis  und  Gewichtsengnben  für  Qleichstromdynamoe  und  Motoren. 


Leistung  bei  maximaler  Tonrenzahl 

maximale  Tonren- 
sahlen 

Gewicht 
netto  Tonnen 

alt  Dynamo 
KW 

als  Motor 
PS. 

Preis  in  Mk 

ca.    25 

ca.    80 

1200 

0,9 

1500 

.     50 

.     «2 

900 

2,1 

8800 

,    100 

.    124 

800 

8,7 

4800 

.    150 

,    188 

700 

5,1 

6800 

,    200 

v    250 

550 

8,0 

10500 

,    800 

,    875 

400 

9,0 

18000 

Die  Preise  der  Gleichstrommaschinen  gelten  für  zweilagrige  Ausführung  und  für 
alle  Spannungen  zwischen  etwa  220  und  550  Volt. 

Bei  geringerer  als  maximaler  Tourenzahl  sinkt  die  Leistung  etwa  proportional 
der  Tourenzahl   bis   zu  etwa  7t   der  Maximaltourenzahl  n.    Ist  die  Tourenzahl  noch 


§  6. 


Krafthäubeb.    B.  Die  elektrische  Einbichtuhg. 


1081 


kleiner  als  die  Hälfte  der  maximalen,  so  sinkt  die  Leistung  im  höheren  Masse  als  die 
Tourenzahl  und  zwar  beträgt  die  Leistung 

von  ca.  «  bis  j  etwa  das  0.9  fache. 
2  4 

von  ca.  t  bis  s  etwa  das  0,8  fache 
4         6 

der  Leistung,  welche  sich  ergibt,  wenn  man  annimmt,  dass  die  Leistung  proportional 
der  Tonrenzahl  abnähme. 

Aus  Tabelle  III  und  VI  kann  man  auch  Preise  von  Umformern  berechnen,  indem 
man  aus  Tabelle  HI  den  Preis  des  Drehstrom-  oder  Wechselstromteiles,  aus  Tabelle  VI 
den  des  Gleichstromteils  bestimmt  und  die  beiden  gefundenen  Werte  addiert.  Zu  be- 
achten ist  hierbei,  dass  Generator  und  Motor  gleiche  Tourenzahl  haben  müssen. 

Tabelle  VIL 

Preis  in  Mark  von  Drehstromtraiisformatoren  mit  ölisolation. 


Überspan- 
nung max. 
in  Volt 

Unterspannung 
maxiinul 

Leistung  in  KW  bei  cos?  =  0,8 

in  Volt 

1 

10 

25 

50 

100 

200 

500 

1000 

2000 

8000 

ca.    $00 

300 

750 

1200 

1600 

2500 

^mmm 

M^M 

^^^ 

m^^ 

6000 

,     500 

— 

800 

1800 

1800 

2600 



— 

— 

— 

10000 

bis  200  KW  ca. 

500  Volt,  darüber 

ca.  8000 

" 

950 

1850 

1800 

2600 

4100 

7800 

11000 
(9000) 

(18500) 

20000 
80000 

,    6000 
,    6000 

— 

— 

— 

— 

8500 
8900 

4800 
5200 

7600 
(7000) 

8400 
(7800) 

11500 
(9500) 

12000 
(11000) 

(14  500) 
(16500) 

Eingeklammerte  Zahlen  gelten  für  Apparate  mit  Wasserkühlung. 

Tabelle  Vm. 

Mettogewichte  der  Transformatoren,  deren  Preise  ans  Tabelle  VII  zu  ersehen  sind. 


Ober- 

Leitung in  KW 

• 

spannung  in 

1 

10 

25 

50       1      100      1      200      1      500 

1000 

2000 

Volt 

Nettogewicht  des  Transformators  inkl.  öl 

8000 

100 

450 

550 

900 

1400 

^ ^ 

m^ 

««_ 

«_ 

6000 

— 

500 

600 

950 

1650 

— 

— 

— 

— 

10000 

— 

550 

700 

1000 

1650 

2800 

5000 

9000 
(6800) 

(11200) 

20000 

^— 

— ■ 

— 

— — 

2200 

8200 

6000 
(5000) 

9700 
(7000) 

(12500) 

80000 

" 

^^" 

^^MM 

"^ 

2600 

4100 

6400 
(5400) 

10500 
(7500) 

(18000) 

Eingeklammerte  Zahlen  gelten  für  Apparate  mit  Wasserkühlung. 


Literaturangaben  zu  §  6,  B. 

Friese,  Das  Porzellan  als  Isolier  und  Konstrnktionsmaterial  in  der  Elektrotechnik.  1904. 
Grfttz,  Die  Elektrizität  und  ihre  Anwendungen.  Stuttgart  1908. 
Qrawinkel  A  Strecker,  Hilfsbuch  für  die  Elektrotechnik. 
Herrmann,  J.,  Elektrotechnik  (Sammlung  Göschen). 


1062         III.    Theodor  Koehk.    Ausbau  vom  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Holm b oe,  Berechnung  nnd  Ausführung  der  Hochspannungs-Leitangen.  Berlin  1905. 

Hatte,  Des  Ingenieurs  Taschenbach. 

Kapp,  Dynamomaschinen. 

Kapp,  Wechselstrome. 

Krause,  Messungen  an  elektrischen  Maschinen. 

Uppenborn,  Kalender  für  Elektrotechniker. 

Wilkens,  Handbuch  der  Elektrotechnik.  Bd.  7. 


§  7.  Fernleitungen. 

Hierzu  Tafel  LXXXI  bis  LXXXIV. 

Die  Besprechungen  dieses  Paragraphen  sind  wie  folgt  gegliedert: 

1.  Die  Entfernung,  bis  zu  welcher  man  noch  elektrische  Energie  mit  wirt- 
schaftlichem Erfolge  übertragen  kann,  mit  Hinweisen  auf  Entfernungen 
und  Spannungen  bei  ausgeführten  Anlagen. 

2.  Die  Wahl  der  Linie  für  die  Fernleitung. 

3.  Das  Leitungsmaterial. 

4.  Die  wirtschaftlich  günstigste  Spannung  der  Fernleitung. 

5.  Der  wirtschaftlich  günstigste  Drahtquerschnitt,  abgeleitet  von  dem  wirt- 
schaftlich günstigsten  Wirkungsgrad  der  Fernleitung. 

6.  Das  Gestänge. 

7.  Überführung  von  Hochspannungsleitungen  mit  grossen  Spannweiten  über 
Schluchten,  Eisenbahnen,  Flüsse  usw. 

8.  Die  Isolatoren  und  ihre  Stützen  auf  dem  Gestänge. 

9.  Die  Verteilung  der  Drähte  für  die  Kraftübertragung  und  den  Dienst- 
fernsprecher auf  dem  Gestänge,  sowie  die  Schutzvorrichtungen  gegen 
die  Gefahren  bei  Berührung  von  Hochspannungsleitungen. 

10.  Die  Blitzschutz-  und  Überspannungsvorrichtungen. 

11.  Die  statische  Berechnung  der  Leitungsdrähte  und  des  Gestänges. 

12.  Die  unterirdischen  Hochspannungsleitungen. 

13.  Die  bauliche  Einrichtung  der  Transformatorenstellen. 

14.  Einige  allgemeine  Bemerkungen  über  das  Verteilungsnetz  etc. 

1.  Die  Entfernung,  bis  zu  welcher  man  noch  elektrische  Energie  mit  wirt- 
schaftlichem Erfolge  übertragen  kann.  Vom  technischen  Standpunkt  betrachtet,  i>t 
die  Entfernung,  bis  zu  welcher  man  noch  elektrische  Energie  übertragen  kann,  fa* 
unbegrenzt.  Aus  wirtschaftlichen  Gründen  findet  aber  die  Entfernung  bei  der- 
jenigen Länge  der  Leitung  ihre  Grenze,  bei  welcher  die  Aufwendungen  für  Verzinsung 
und  Tilgung  des  Anlagekapitals,  sowie  für  Unterhaltung,  Bedienung  und  Erneuerung  der 
Fernleitungsanlage,  zuzüglich  des  Arbeitswertes  der  Effektverluste  in  der  Leitung  selbst. 
grösser  sein  würden  als  die  Ersparnisse  an  Erzeugungskosten  in  dem  fernliegender 
Krafthause  gegenüber  der  Erzeugung  einer  gleichwertigen  Energiemenge  in  einem  oder 
mehreren  in  der  Nähe  des  Konsumgebietes  zu  errichtenden  Krafthäusern. 

Bezeichnet  man  mit 

K   die   Anlagekosten    der    Fernleitung,    einschliesslich    der  Traiisfonna- 

torenstellen, 


§  7.  Fernleitungen.  1083 

mit  «  den  Vonhundertsatz  von  K,  welchen  man  für  die  Verzinsung  und 
Tilgung,  sowie  für  Erneuerung,  Unterhaltung  und  Bedienung  der  Fern- 
leitung jährlich  aufzuwenden  hätte, 

mit  At  die  in  der  Fernstelle  zu  erzeugende  Energiemenge  in  KW- 
Std.  oder  PS#-Std., 

mit  Xj  die  auf  At  bezüglichen  direkten  und  indirekten  Einheitskosten  der  Er- 
zeugung (vergl.  Kap.  I,  §  5  „Wirtschaftliche  Vorarbeiten" ,  Tab.  XI  bis  XIII,  S.  272—275) 
pro  KW-Std.  oder  PS.-Std.  in  Mk., 

mit  A,  die  Energiemenge  in  KW-Std.  oder  PSe-Std.,  welche  in  einem  in  oder 
nahe  dem  Konsumgebiet  zu  errichtenden  Krafthause  zu  erzeugen  wäre,  also  mit 
Ax  —  Aj  den  Energieverlust  in  der  Fernleitung, 

mit  x,  die  auf  Af  bezüglichen  direkten  und  indirekten  Einheitskosten  der  Er- 
zeugung (vergl.  Kap.  I,  §  5,  Tab.  XIX  bis  XXXI,  S.  296—323  „ Betriebskosten  von 
Dampf-,  Gas-  etc-Maschinen)  in  Mk., 

so  kann  eine  Fernleitung  des  Stromes  vom  wirtschaftlichen  Gesichtspunkte  noch  ratsam 
sein,  solange  K.«-j-A1x1<A1x2  ist,  also  die  Anlagekosten  der  Fernleitung 

i£ ^  &%*%      At *t 

9 

sind. 

Ebenso  wie  die  wirtschaftlich  noch  zulässigen  Gesamtkosten  einer  Anlage  pro 
Einheit  sind  auch  die  wirtschaftlich  noch  zulässigen  Anlagekpsten  einer  Fern- 
leitung pro  Einheit  sehr  wesentlich  sowohl  von  der  durchschnittlichen,  jährlichen  Ver- 
wendungsdauer, welche  jede  in  Form  von  Wasserkraft  verfügbare  PS«  findet,  als 
auch  von  den  Preisen  abhängig,  welche  man  für  eine  zu  übertragende  PS#-  oder 
KW-Stunde,  oder  für  eine  PS«  oder  ein  KW  jährlich  erzielen  kann.  Aus  Tab.  I, 
Kap.  I,  S.  244/245,  ad  18,  ergibt  sich,  dass  der  Durchschnitt  der  Anlagekosten  für 
den  hydraulischen  Teil  aus  17  Beispielen  pro  PSd  der  im  Krafthause  aufge- 
stellten Leistung  Mk.  448,3  beträgt.  Die  Erfahrung  lehrt,  dass  man  im  allgemeinen 
Veranlassung  hat,  mit  besonderer  Sorgfalt  die  wirtschaftliche  Rentabilitätsberechnung 
durchzuführen,  wenn  die  Gesamtanlagekosten  pro  PS«  der  im  Krafthause  aufge- 
stellten Leistung  mehr  als  1000  Mk.  (mehr  als  1500  Mk.  pro  KW)  betragen.  Da 
im  allgemeinen  die  Anlagekosten  für  die  Fernleitung,  die  Transformatorenstellen  und 
das  Verteilungsnetz  zusammen  nicht  mehr  als  höchstens  die  Hälfte  der  Gesamtanlage- 
kosten betragen  sollten  und  da  man  die  Kosten  des  Verteilungsnetzes  bei  einem  Über- 
schlag durchschnittlich  —  soweit  es  überhaupt  zulässig  ist,  in  dieser  Beziehung  von 
Durchschnittskosten  zu  sprechen  —  etwa  zu  Mk.  450, —  pro  KW  oder  zu  Mk.  300  pro 
PS«  der  gesamten  Krafthausleistung  veranschlagen  kann1),  so  wird  es  für  den  ersten 
Überblick  interessant  sein,  festzustellen,  ob  und  inwieweit  die  Anlagekosten  für  die 
Fernleitung  und  die  Haupttransformatorenstellen  zusammen  unter  Mk.  200 
pro  PS«  oder  unter  Mk.  300  pro  KW  der  im  Krafthause  aufgestellten  Leistung  (mit  ca. 
7s  Reserve)  bleiben.  Selbstverständlich  können  gegebenenfalls  sehr  grosse  Überschrei- 
tungen der  Durchschnittswerte  wirtschaftlich  vertretbar  und  andererseits  sehr  grosse 
Abweichungen  nach  unten  wirtschaftlich  notwendig  sein. 

Darf  man  den  gleichen  Kupferquerschnitt  und  das  gleiche  Gestänge  für  die  ganze 
Leitungslänge  l  in  m  annehmen,  so  kann  man  die  Anlagekosten  K  ausdrücken  durch 
l .  k,  wenn  k  die  Kosten  pro  lfm  bedeuten.    Danach  müsste  also  sein 

J)  VergL  die  Angaben  8.  264  über  die  Kosten  von  Verteilnngsnetzen ,  ebenso  die  Zahlentafel 
anf  S.  265. 


1084         m.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

?<A'%7kAlXl.  (2) 

Ist  der  Kupferquerschnitt  auf  den  Längen  ^,  7f ,  fs . . . .  verschieden  und  betragen  die 
betreffenden  Anlagekosten  pro  lfm.  Leitung  kl5  k*,  k8  usf.,  so  gilt  Gleichung  (2)  ebenfalls, 
wenn  man  ^kj  +  i*>  +  hK  +  •  ■  ■  =  '-k  setzt  und  da  (lx  +  Z,  +  i,  -|-  ...)  =  Z  ist, 

wird   k«    ^   'iV *7 iL  7  -L       '  *  *  *    ^  se*zen  8e™#    'e  grösser  also  das  Produkt 

aus  der  nutzbringend  verwendbaren  Energiemenge  Afl  mal  den  Erzeugungskosten  durch 
Wärmemaschinen  pro  Einheit  Xg  (Kohlenpreis)  und  je  kleiner  die  Erzengungskoeten 
durch  Wasserkraft  pro  Einheit  und  je  kleiner  ferner  das  Produkt  *.k  (jährliche  Be- 
triebskosten der  Fernleitung  pro  lfm.)  werden,  um  so  länger  darf  eine  Fernleitung  sein, 
ohne  die  wirtschaftliche  Zweckmässigkeitsgrenze  zu  überschreiten. 

Über  Anlagekosten  von  Fernleitungen  sind  bereits  im  Kap.  I,  Tab.  X,  S.  264, 
überschlägliche  Angaben  gemacht  und  in  Kap.  III,  §  6  B  (S.  1070  u.  ff.)  sind  die  Formeln 
für  die  Berechnung  der  Kupferquerschnitte  von  Fernleitungen  angegeben.  Unter  weiterer 
Berücksichtigung  der  in  diesem  Paragraphen  noch  folgenden  Mitteilungen  wird  sich  der 
Bauingenieur  einen  genügend  genauen  Überschlag  über  die-  Kosten  der  Fernleitung 
machen  und  alsdann  eine  wirtschaftliche  Berechnung  nach  den  Formeln  (1) '  oder  (2) 
anstellen  können  (vergl.  hierzu  Abschnitt  ö,  S.  1095). 

Eine  der  längsten  Fernleitungen  in  Europa  ist  gegenwärtig  noch  diejenige  der 
Societä  Lombarda  per  Distribizione  di  Energia  Elettrica  in  Mailand, 
mit  welcher  sie  von  der  Transformatorenstelle  der  Societe  des  Forces  Motrices 
de  B r u s i o  (vergl.  S.  359)  an  der  schweizerisch-italienischen  Grenze  nach  dem  Konsum- 
gebiet der  Vizzola-  und  Turbigo-Anlagen  (Abb.  227,  S.  757)  durch  das  Addatal 
über  Tirano,  Morbegno,  Collico,  alsdann  am  Comersee  vorbei  14000  KW  mit 
40—45000  Volt  bis  zur  Unterstation  Lomazzo  auf  158  und  bis  zur  Dampfzentrale 
Castellanza  auf  rd.  170  km  Entfernung  überträgt. 

Die  französische  Sociäte*  Grenobloise  de  Force  et  Lumiere  plant  von  ihrem  Kraft- 
hause  am  Drac  bei  Avignonnet  (S.  497—507)  eine  Fernleitung  nach  Lyon  von  180  km. 

Die  französischen  Ingenieure  Blondel,  Harlä  und  Mahls)  haben  1906  der  französischen  Regie- 
rang ein  Projekt  unterbreitet,  wonach  sie  in  der  Rhone  bei  G6nissiat  eine  Kraft  von  288000  PS« 
bei  nennmonatlichem  Wasser  und  mehr  als  eine  Milliarde  JLW -Stunden  jlhrlich  gewinnen  und  die- 
selbe mit  120000  Volt  auf  450  km  nach  Paris  übertragen  wollen.  Die  Kosten  der  Fernleitung 
schliesslich  der  Transformatorenhaaptstellen  sind  sn  86000000  Frs.  veranschlagt  In  dem 
werden  24x12000  =  288000  PS«  aufgestellt,  sodass  auf  die  Fernleitung  pro  PS«  der  im  Krafihaase 
aufgestellten  Leistung  nur  Frs.  126,—  entfallen.  Ausserdem  wurde  dieses  Projekt  ein  klassisches  Bei- 
spiel dafür  sein,  dass  man,  abgesehen  von  schnell  verlaufenden  Hochwassern,  sozusagen  jedea 
Tropfen  Wasser  wirtschaftlich  in  24stündigem  ununterbrochenem  Betriebe  «Be- 
nutzen kann,  da  in  Paris  selbst  und  in  den  von  der  Fernleitung  berührten  Orten  ein  genügender  Bedarf, 
sei  es  zur  Auffüllung  von  Akkumulatoren,  sei  es  für  den  direkten  Verbrauch,  jederzeit  Tnrinndra 
sein  wird. 

Die  unternehmenden  Gesellschaften  der  neuen  Wasserkraftanlage  bei  Laufenburg  am  Rhein 
(S.  19  und  8.  602)  sollen  mit  ihrer  Kraftverteilung  Entfernungen  von  mehr  als  200  km  im  Auge  hall  an 

Die  grösste  Entfernung  in  der  Hauptleitung  der  Washington  Water  Power- 
Company  in  Spokane  (Washington)8)  von  dem  Krafthause  bis  zur  UntersUtka 
beträgt  158,0  km,  wozu  noch  ca.  20  km  für  Verzweigungen  kommen  (S.  1108). 


*)  Houille  Blanche,  Revue  Generale  des  Forces  Hydro-lSlectriques.  Januarheft  1907  S.  7 
und  Aprilheft  1907  S.  88. 

8)  Clarence  Feldmann,  Reisebriefe  aus  Amerika.  Elekt  Zeitechr.  1904  Heft  28  &  596. 
Das  Krafthaus  liegt  an  den  unteren  Fallen  des  Spokane  River  und  es  liefert  mit  21,6  m  theoretischen 


§   7- 


Fernleitungen. 


1085 


Die  zurzeit  längste  Fernleitung  der  Welt  dürfte  noch  diejenige  vom  Kraftwerk 
De  Sabla  in  Kalifornien  bis  nach  San  Franzisko  mit  370  km  (S.  12)  sein.  Bis 
Oakland  beträgt  die  Länge  der  Fernleitung  332  km.  Die  Kraftübertragung  gehört 
der  Bay-Counties  Company,  welche  Strom  an  die  mit  ihr  verbundene  California 
Gas  and  Electric  Corporation4)  liefert.    Die  Spannung  beträgt  55000  Volt 

Gleichfalls  der  California  Gas-  and  Electric-Corporation  liefert  die 
Standard  Electric-Company  von  einem  Krafthause  in  Electra  Drehstrom  nach 
San  Francisco,  Oakland  und  San  Jose.  Die  grösste  Länge  dieser  Fernleitung 
von  dem  Krafthause  bis  zur  nördlichen  Umgebung  von  San  Francisco  beträgt  246,0  km. 
Der  Strom  wurde  früher  als  Drehstrom  mit  36000  Volt  geliefert.  Die  Spannung  ist 
aber  später  auf  55000  Volt  erhöht  worden,  um  die  gegenseitige  Unterstützung  mit 
dem  Krafthause  De  Sabla  zu  ermöglichen.  Die  Leitungen  beider  Gesellschaften  be- 
rühren sich  in  einer  Unterstation  in  Oakland  und  sind  dort  für  gewöhnlich  nur  im 
sekundären  Verteilungsnetz  vereinigt  Es  ist  aber  vorgekommen,  dass,  als  einmal  die 
Druckwasserleitung  in  Electra  gebrochen  war,  von  De  Sabla  aus  nach  Electra, 
d.  h.  auf  rund  580,0  km  Strom  geliefert  und  der  Betrieb  mit  genügender  Sicherheit 
durchgeführt  wurde5). 

Als  weitere  Anlagen  mit  ungewöhnlich  hohen  Spannungen  und  langen  Leitungen 
seien  noch  angeführt: 

Tabelle  L 

Anlagen  mit  ungewöhnlich  hoher  Spannung  and  grosser  Länge  der  Fernleitung. 


Bezeichnung  der  Anlage 


Länge  in  km 


Gnanajnato  Power  &  Electric  Company,  Mexico      .    . 

Kern  River  Power  Co.  Los  Angeles,  Californien      .    . 

Utah  Light  <fc  Railway  Co.     Übertragung  nach  Satt 
Lake  City«) 

Mexican  Light  6  Power  Co.  Mexico  (8.  1001)    .    .    . 

Winnipeg  General  Power  Co.     .        

Niagara  Power  Co.  

ric  Developement  Co.  Ontario 

Ontatio  Power  Company  of  Niagara  Falls  (S.  542) 

Toronto  A  Niagara  Power  Co.  (8.  548) 


8000 
10000 


8ociedad  anonima  Hidroelectrica  Espanola,  Madrid  *) 


40000 
10000 
50000 

205000 


125000,  wovon  su- 
nächst  etwa  12000 

nach  Toronto- 
Canada  übertragen 

werden  sollen 

828000) 


•60000 
67500 
40000 

60000 

60000 

60000 

60000 

60000  und 
80000 

60000 


66000 


162 
176 
145 

176 

96 

149 

149 


120 


240 


Gefälle  in  swei  Turbinen  von  je  4000  PS«  bei  800  Tonren  8000  P8e.  Der  Strom  wird  als  Drehstrom 
mit  60  Perioden  und  4000  Volt  8pannnng  von  den  Maschinen  geliefert  und  von  den  Transformatoren 
mit  Wasserkühlung  auf  60000  Volt  besw.  45000  Volt  für  die  Fernleitung  herauftransformiert. 

«)  The  Electrica!  Revue  vom  2.  September  1904.  ffiektr.  Zeitschr.  1904.  8.  1097.  Elektr. 
Bahnen  und  Betriebe.  1905.  8.  589. 

*)  Die  elektrische  Einrichtung  wurde  von  der  Stanley  Electric  Manufacturing  Co.  in 
Pittsfeld,  Mass.  ausgeführt 

•)  Elektrische  Bahnen  und  Betriebe.  1905.  8.  487. 

7)  s.  Zt  in  Ausfuhrung  durch  die  Siemens-Schuckert-Werke, 

•)  hei  vollem  Ausbau;  vorläufig  werden  16000  PS«  aufgestellt. 


1086         III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  vom  Wasserkraft».    EmzBLBSHEar. 

Die  höchste  bis  heute  in  England  verwendete  Spannung  nach  Wissen  des  Ver- 
fassers ist  40000  Volt,  mit  welcher  das  Scotch  Water  Power  Syndicate  von  einem 
8,0  km  nördlich  von  Tarbet  bei  Inveruglas  gelegenem  Krafthause  durch  eine  35,2  km 
lange  oberirdische  Fernleitung  den  Strom  nach  Benton  überträgt9). 

Eine  Übersicht  über  die  angewendeten  Spannungen  und  die  vorhandenen  Langen 
der  Fernleitung  bei  17  im  Kap.  II  beschriebenen  Anlagen  gibt  die  nachstehende  Tabelle  IL 

2.  Die  Wahl  der  Linie  für  die  Fernleitung.  Es  versteht  sich  von  selbst,  dass 
man  die  kürzeste  Strecke  zwischen  dem  Krafthause  und  der  Verwendungsstelle  zu 
wählen  bestrebt  sein  wird.  Indessen  Hindernisse,  wie  teurer  Grunderwerb,  Un- 
wegsamkeit der  Terrains,  schlechte  Bodenverhältnisse,  Notwendig- 
keit von  Überführungen  mit  sehr  grossen  Spannweiten,  Ortschaften 
etc.  können  zu  Umwegen  eine  wirtschaftlich  und  technisch  berechtigte  Veranlassung 
geben.  Für  die  billige  Bedienung  und  die  Unterhaltung  der  Leitung  ist  es  von  Wichtig- 
keit, mit  derselben  in  der  Nähe  von  guten  Wegen  zu  bleiben,  damit  man  Ersatzmate- 
rialien leicht  heranbringen  kann  und  mit  einer  möglichst  kleinen  Anzahl  von  Strecken- 
wärtern auskommt.  Wenn  sich  die  Leitung  in  der  Nähe  guter  Wege  befindet,  kann  ein 
Streckenwärter  mit  Hilfe  eines  Fahrrades  eine  Strecke  von  20  und  selbst  30  km  ohne 
Schwierigkeiten  täglich  beaufsichtigen.  Muss  der  Wärter  die  ganze  Strecke  zu  Fuss  gehen, 
so  wird  ein  Mann  nicht  mehr  als  eine  Strecke  von  10  bis  höchstens  12  km  bewachen 
können,  da  er  in  der  Regel  abends  nach  seinem  Wohnort  zurückkehren  muss10). 

Die  Möglichkeit,  etwaige  Defekte  in  der  Leitung  mit  grösster  Schnelligkeit  zu 
beseitigen,  erhöht  die  Betriebssicherheit. 

Die  Verlegung  der  Femleitung  an  belebten  Fahrstrassen  erfordert  andererseits 
unter  Umständen  besondere  Schutzvorrichtungen  oder  die  Verlegung  von  Telephon-  und 
Telegraphenleitungen  etc.,  welche  die  Anlage  so  verteuern  können,  dass  u.  U.  die  Er- 
werbung eines  eigenen  Planums  für  die  Fernleitung  vorzuziehen  ist. 

Für  die  Errichtung  von  Fernleitungen  sind  in  Deutschland  die  „Sicher- 
heitsvorschriften für  die  Errichtung  elektrischer  Starkstromanlagen 
vom  23./24.  Juni  1904"  (festgesetzt  von  der  Jahresversammlung  zu  Kassel  des  Verbandes 
Deutscher  Elektrotechniker)  und  im  nachfolgenden  Text  kurz  „Sicherheitsvorschriften* 
oder  „Verbandsvorschriften"  genannt11),  massgebend.  Ähnliche  Vorschriften  be- 
stehen auch  in  anderen  Ländern  und  es  ist  für  den  projektierenden  Ingenieur  unent- 
behrlich, diese  Vorschriften  zu  kennen  und  ihren  Wortlaut  zur  Hand  zu  haben.  Bei 
der  zeichnerischen  Darstellung  des  Projektes  sind  auch  die  vorgeschriebenen  wörtlichen 
und  bildlichen  Bezeichnungen  für  die  einzelnen  Teile  der  Leitungsanlage  zu  beachten 
(vergl.  auch  Kap.  I,  §  2,  S.  58—64). 

Da  der  ohne  eigenen  Grunderwerb  zur  Verfügung  stehende  Raum  an  öffentlichen 
Strassen  es  selten  gestatten  wird,  die  Masten  soweit  von  der  Strasse  selbst  entfernt  zu 
stellen,  dass  ein  umfallender  Mast  nicht  mehr  auf  die  Strasse  reicht,  so  wird  man  bei 
freier  Wahl  die  Leitung  auf  diejenige  Wegseite  (in  Deutschland  Ostseite)  stellen,  nach 

9)  Elektr.  Zeitschr.  1904.  S.  1098.  Das  Krafthaus  entnimmt  dem  Loch  Sloy  6000  PS«.  Das 
verwendete  System  ist  Drehstrom.  Von  der  Unterstation  in  Renton  aus  werden  eine  Reihe  von  Lndostrie- 
besirken  durch  unterirdische  Kabel  mit  elektrischer  Energie  (6—10000  Volt)  versorgt 

io)  Far  die  Strecke  Geniasiat— Paris  von  450  km  sind  50  Streckenwärter  mit  einem  Lohnsatz 
von  je  1200  Frs.  jährlich  veranschlagt 

ii)  Dr.  C.  L.  Weber,  Erläuterungen  zu  den  Sicherheitsvorschriften  mit  Abdruck  der  Vorschriften 
im  Auftrage  des  Verbandes  Deutscher  Elektrotechniker  herausgegeben.  Berlin  1905.  Vom  1.  Jan  aar  1906 
an  treten  neue  Vorschriften  in  Kraft,  welche  in  der  Jahresversammlung  in  Hamburg  am  5.  bis 
9.  Juni  1907  festgesetzt  und  in  der  Elektr.  Zeitschrift  1907  S.  882  u.  ff.  veröffentlicht  sind.  Sonder* 
abdrucke  erhalt!  bei  Julius  Springer,  Berlin. 


§   7. 


Fernleitungen. 


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III.    Theodor  Eoehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


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§  7.  Fernleitungen.  1089 

welcher  die  grössten  Sturme  erfahrungsgemäß  am  Häufigsten  wehen,  damit  ein  um- 
stürzender Mast  nach  der  von  der  Strasse  abgekehrten  Seite  fällt 

Bezüglich  der  Starkstromleitungen  an  Strassen ,  Wegen  und  an  Übergängen 
schreiben  „Die  Vorschriften  über  die  Herstellung  und  Unterhaltung  von 
Holzgestängen  für  elektrische  Starkstromanlagen*1*)  unter  anderem  das 
folgende  vor: 

„Bei  Leitungen,  welche  heftigen  Stürmen  ausgesetzt  sind,  soll  auch  in  geraden  Strecken  jede 
fünfte  Stange  mit  Verankerungen  (Verstrebungen)  derart  Yersehen  sein,  dass  ein  Auffallen  der  Stangen 
auf  die  Verkehrswege  infolge  von  Stangenbrüchen  möglichst  ausgeschlossen  ist/ 

»An  Strassen  und  Wegübergangen  etc.  muss  bei-  Hochspannungsleitungen  auf  jeder  8eite  der 
Strasse  eine  Stange  stehen,  deren  Umfallen  auf  die  Strasse  durch  Verstärkung  der  Verankerung  oder 
Verstrebung  möglichst  zu  ▼erhindern  ist.  Ist  der  Gesamtquerschnitt  der  Leitungen  grosser  als  800  qmm 
oder  muss  infolge  besonderer  Umstände,  wie  s,  B.  bei  Flusaübergangen,  su  grosseren  Stangenabständen, 
als  oben  angegeben*8),  gegriffen  werden,  so  sind  entweder  Stangen  von  stärkeren  Dimensionen  oder 
gekuppelte  Stangen  anzuwenden." 

Wie  weit  die  Kosten  einer  Fernleitung  durch  Übergänge  von  Wegen,  Eisenbahnen» 
Schluchten,  Flüssen  und  Seen,  welche  grössere  Spannweiten  und  besondere  Schutzvor- 
richtungen notwendig  machen,  beeinflnsst  werden,  l&sst  sich  ans  dem  Abschnitt  7,  S.  1119 
am  besten  entnehmen. 

In  §  23  ad  m  der  alten  und  in  §  22  ad  k  der  neuen  „Sicherheitsvorschriften" 
ist  bestimmt14): 

«Wenn  eine  Hochspannungs-Leitung  über  Ortschaften,  bewohnte  Grundstücke  und  gewerbliche 
Anlagen  geführt  wirdr  oder  wenn  sie  sich  einem  Verkehrswege  soweit  nähert,  dass  die  Vorüberkommen- 
den durch  Drahtbrüche  gefährdet  werden  können,  müssen  die  Leitungsdrahte  entweder  so  hoch  ange- 
bracht werden,  dass  im  Falle  eines  Drahtbraches  die  herabhangenden  Enden  mindestens  8  m  vom  Erd- 
boden entfernt  sind,  oder  es  müssen  Vorrichtungen  angebracht  werden,  welche  das  Herabfallen  der 
Leitungen  verhindern  oder  welche  die  herabgefallenen  Teile  selbst  spannungslos  machen,  oder  es 
müssen  innerhalb  der  fraglichen  Strecke  alle  Teile  der  Leitungsanlage  mit  ent- 
sprechend erhöhter  Sicherheit  ausgeführt  werden.* 

Die  Entfernung  von  Bäumen  muss  so  gewählt  werden,  dass  die  Leitungs- 
drähte mindestens  1,0  m  von  dem  äussersten  Ende  der  Zweige  entfernt  sind,  wobei 
auf  das  Wachstum  der  Bäume,  auf  Schneebelastung  und  Bewegung  der  Zweige  und 
der  Drähte  durch  Wind  Bücksicht  zu  nehmen  ist.  Das  Ausästen  der  Bäume  wird 
vor  dem  Ziehen  der  Leitung  veranlasst.  Falls  man  mit  einer  Hochspannungs- 
leitung einen  Wald  durchquert,  muss  mindestens,  auch  wenn  die  Leitung  nur  aus  drei 
Drähten  auf  einfachem  Gestänge  besteht,  ein  Streifen  von  3,0  m  Breite  ausgeholzt 
und  freigehalten  werden.  Das  Durchschreiten  einer  Strecke  mit  weichem  Boden,  wie 
z.  B.  bei  moorigen  Wiesen,  verteuert  die  Anlage  nicht  allein  dadurch,  dass  die 
Transportkosten  wachsen,  um  Masten  und  Leitungen  an  Ort  und  Stelle  zu  bringen, 
sondern  besonders  dadurch,  dass  man  die  Masten  tiefer  in  den  Boden  hineinstellen 
muss,  sie  also  länger  zu  wählen  hat,  und  dass  man  sie  mit  einer  tragbaren  Schicht  von 
Schotter  oder  Beton  umgeben  muss,  damit  der  Druck  gegen  die  Wände  des  Masten- 
loches pro  Flächeneinheit  auf  das  für  die  betreffende  Bodenart  noch  zulässige  Mass 
verringert  wird.    Dagegen  ist  die  etwa  erforderliche  Erdung  der  Masten  auf  solchen 


1*)  Beschlossen  in  der  Generalversammlung  des  Verbandes  Deutscher  Elektrotechniker  in  Mann- 
heim (Juni  1903)  und  in  der  Generalversammlung  der  Vereinigung  der  Elektrizitätswerke  in  Wien 
26.  Mai  1903. 

■ 

1*)  Vergl.  S.  1103  die  Abstände  nach  den  alten  Bestimmungen. 

i<)  Der  abweichende  Text  in  den  neuen  Vorschriften  ist  gesperrt  gedruckt. 

Handbuch  der  Ing.-Witsenseh.    HI.  Teil.    13.  Bd.  69 


1090         III.    Theodor  Kofhk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Etazelheitek. 


Sirecken  meistens  leicht  zu  erreichen,  weil  der  Grundwasserspiegel  nicht  sehr  tief  unter 
der  Oberfläche  zu  stehen  pflegt. 

Auf  Strecken  mit  felsigem  Grund  wird  natürlich  das  Aussprengen  der  Masten- 
löcher erheblich  teurer,  als  wenn  man  das  Mastenloch  durch  Bohrer  oder  dnreh  Aus- 
graben herstellen  kann.  Auch  ist  die  Herstellung  einer  guten  Erdung  auf  felsigem 
Untergrund  nicht  so  leicht  zu  erreichen  wie  bei  weicheren  Bodenarten. 

Da  alle  Knickpunkte  verstärkte  Masten,  Fangvorrichtungen  für  den  Draht  etc. 
erfordern  und  dadurch  die  Anlage  verteuern,  wird  man  die  Linie  der  Fernleitung  so- 
weit wie  möglich  gerade  zu  machen  suchen. 

Liegen  im  Zuge  einer  vorläufig  gewählten  Linie  kleinere  Ortschaften,  in  welchen 
die  Durchführung  oberirdischer  Leitungen  nicht  gestattet  wird,  so  ist  es  im  allgemeinen 
vorzuziehen,  die  Orte  mit  einer  oberirdischen  blanken  Leitung  zu  umgehen,  anstatt  sie 
mit  unterirdischen  Kabeln  zu.  kreuzen,  auch  wenn  die  gewählte  Spannung  noch  die  Ver- 
wendung von  Kabeln  gestatten  würde.  (Die  höchste  in  längerem  Betriebe  befindliche 
Spannung  ist  bis  heute  20000  Volt,  die  Kabelfabrikanten  erklären  sich  aber  schon  bereit 
Garantien  bis  zu  40000  Volt  zu  tibernehmen.)  Ein  Kostenvergleich  wird  meistens  ergeben. 
dass  das  Kabel  pro  lfm.  doppelt  und  dreifach  so  teuer  ist  als  die  Hochspannungsleitung 
von  der  gleichen  Leistungsfähigkeit.  Überdies  ist  es  mit  Rücksicht  auf  die  Betriebs- 
sicherheit unerwünscht,  in  einer  blanken  Fernleitung  streckenweise  längere  unterirdische 
Kabel  zu  haben. 

Die  Kreuzung  von  Telephon-  und  Telegraphenleitungen  erfolgt  am 
besten  so,  dass  man  die  Linien  der  Schwachstromleitungen  in  einem  oder  mehreren 
Kabeln  vereinigt  und  unterirdisch  unter  die  Hochspannungsleitung  hindurchlegt.  Soll 
die  Kreuzung  oberirdisch  erfolgen,  so  muss  durch  ein  Schutznetz  aus  Eisendraht  bei 
einem  Drahtbruch  die  Berührung  der  Schwachstromleitung  mit  der  Hochspannungsleitung 
unmöglich  oder  unschädlich  gemacht  werden,  oder  es  müssen  an  der  betreffenden  Stelle 
alle  Teile  der  Leitungsanlage  mit  entsprechend  erhöhter  Sicherheit18)  ausgeführt  werden. 
Ob  man  die  Schwachstromleitung  oberhalb  oder  unterhalb  der  Hochspannungsleitung 
hinwegführt,  hängt  von  der  Zahl  der  Drähte  in  dem  einen  oder  anderen  Netz  ab  (vergl. 
§  23  ad  s  der  alten  und  §  22  ad  h  der  neuen  Sicherheitsvorschriften).  Man  wird  diejenige 
Leitung  überfuhren,  bei  welcher  die  Überführung  die  geringsten  Kosten  verursacht  und 
die  Kreuzung  möglichst  rechtwinklig  herstellen,  um  die  induktiven  Einwirkungen  an  der 
Kreuzungsstelle  und  die  Kosten  der  Schutzvorrichtungen  tunlichst  zu  verringern.  Der 
geringste  Abstand  der  Hochspannungsdrähte  von  den  Schwachstromdrähten  muss  2,0  m 
betragen,  wird  aber  meistens  grösser  gewählt.  Für  die  Rücksichten,  welche  bei  Ver- 
legung von  Hochspannungsleitungen  auf  Telegraphen-  und  Telephonleitungen  zu  nehmen 
sind,  ist  in  Deutschland  das  „Gesetz  über  das  Telegraphenwesen  des  Deutschen 
Reiches  vom  6.  April  1892*  und  das  „Telegraphenwege-Gesetz  vom 
18.  Dezember  1899"  massgebend. 

Wenn  Schwachstromleitungen  mit  Erdrückleitung  parallel  mit  Hochspannungs- 
leitungen laufen,  werden  bei  Entfernungen  von  15,0  m  und  mehr  zwischen  den  äussersten 
Drähten  bis  zu  60000  Volt  Starkstromspannung  kaum  noch  betriebsstörende  Ein- 
wirkungen auf  die  Schwachstromleitungen  vorkommen,  solange  die  Starkstromleitung 
intakt  ist.  Indessen  die  in  dieser  Beziehung  gemachten  und  veröffentlichten  Erfahrungen 
weichen  in  ihren  Ergebnissen  noch  stark  voneinander  ab. 


1&)  Vergl.  die  Normalien  für  Freileitungen  ad  III  «Besondere  Bestimmungen  zur  Vermeidimg 
von  Schatznetzen",  gültig  vom  1.  I.  08  ab.  Elektr.  Zeitschr.  1907.  S.  826. 


§  7.  Fernleitungen.  1091 

Bei  der  schon  erwähnten  Anlage  der  Washington  Water  Power  Company  in  Spokane 
(Washington) *•),  hei  welcher  in  der  Hochspannungsleitung  eine  Spannung  von  60000  Volt  herrscht,  liegt 
in  einer  Entfernung  von  12,0  m  mehrere  km  parallel  mit  der  Hochspannungslinie  eine  Telephonleitung, 
welche  nur  Störungen  erleiden  soll,  wenn  ein  Leiter  der  Hochspannung  zufällig  geerdet  ist 

Bei  der  Fernleitung  der  Urft-  Tal  sperre  mit  34000  Volt  ist  grundsätzlich'  der  gegenseitige 
Abstand  von  Hochspannung  und  Schwachstromleitung  zu  mindestens  10,0  m  angenommen  und  durch- 
geführt. Zwischen  den  Orten  Heimbach  und  Unter-YIatten,  wo  die  Hochspannungsleitung  auf  der  einen 
und  eine  eindrähtige  Telephonleitang  an  der  anderen  Seite  der  Strasse  4,0  km  nebeneinander  verliefen 
und  an  der  engsten  Stelle  noch  über  11,0  m  voneinander  entfernt  lagen,  ergab  sich  eine  solche  Beein- 
trächtigung der  Sprachbetriebe,  dass  die  Fernsprechleitung  doppeldrähtig  ausgeführt  werden  musste. 
Die  Störungen  bestanden  in  einem  unausgesetzten,  trompetenartigen  Brummen,  in  andauerndem  Fall  der 
Anruf  klappen  bei  der  in  die  Leitung  eingeschalteten  Vermittlungsstelle  in  Embken,  in  knallartigen 
Geräuschen  in  den  Fernhörern  der  Teilnehmerstellen  sowie  in  häufigem  Ansprechen  der  Wecker  bei  den 
Sprechstellen  und  Verkehrsanstalten  *  ?). 

Liegen  an  einem  Wege,  an  welchem  man  eine  Hochspannungsleitung  verlegen 
will,  auf  beiden  Seiten  Schwachstromleitungen,  so  wird  man  meistens  dazu  greifen,  die 
eine  Schwachstromleitung  zu  verlegen  und  sie  mit  der  anderen  möglichst  auf  einem  und 
demselben  Gestänge  zu  vereinigen.  Lässt  sich  eine  Entfernung  von  mindestens  15,0  in 
zwischen  einer  Hochspannungsleitung  und  einer  parallel  laufenden  Schwachstromleitung 
mit  Erdrückleitung  nicht  erzielen, .  so  muss  man  die  Schwachstromleitung  zweidrähtig 
herstellen  und  sie  in  gewissen  gleichen  und  symmetrischen  Abstanden  verdrillen,  um  die 
Induktionswirkungen  tunlichst  aufzuheben.  Statt  der  Verdrillung  kann  man  auch  zu 
demselben  Zwecke  die  Leitungen  in  gewissen  gleichen  und  symmetrischen  Abstanden 
rechtwinklig  kreuzen. 

8.  Das  LeitungsmateriaL  Die  Fernleitung  des  hochgespannten  elektrischen 
Stromes  erfolgt  meistens  in  blanken  Leitungen,  welche  auf  Masten  an  Porzellanisolatoren 
festgebunden  sind- 

Das  bei  weitem  am  häufigsten  verwendete  Leitungsmaterial  ist  mittelhart 
oder  hartgezogenes  Kupfer.  Für  die  höchst  zulässigen  Stromstärken  in  isolierten 
und  blanken  Eupferleitungen  hatte  der  Verband  Deutscher  Elektrotechniker  die  in 
der  nachstehenden  Tabelle  wiedergegebenen  Normalien  aufgestellt.  Die  angegebenen 
Stromstärken  für  blanke  Eupferleitungen  werden  in  der  Praxis  schon  mit  Bücksicht  auf 
die  Energieverluste  meistens  auch  für  Freileitungen  als  höchstens  zulässig  angesehen, 
wenngleich  in  den  alten  Verbandsvorschriften  §  5  ad  b  gesagt  war:  „Auf  Freileitungen 
finden  die  vorstehenden  Zahlenbestimmungen  keine  Anwendung.* 

Auch  die  neuen  Vorschriften  geben  in  §  20  bezüglich  der  zulässigen  Belastung 
keine  zahlenmässigen  Vorschriften,  sondern  stellen  nur  als  allgemeine  „Auaführungsregel" 
den  Satz  auf: 

»Solehe  Leitungen  sind  in  jedem  Falle  so  zu  bemessen,  daas  sie  durch  den  stärksten  normal 
vorkommenden  Betriebsstrom  keine  für  den  Betrieb  oder  die  Umgehung  gefährliche  Temperatur  an- 
nehmen können." 

Aus  besonderen  Gründen  können  bei  Fernleitungen  ausser  Kupfer  auch  andere 
Leitungsmaterialien,  wie  z.  B.  Eisen,  Siliziumbronze,  Aluminium  und  Aluminiumbronze  etc. 
verwendet  werden.  Mitunter  (bei  sehr  grossen  Spannweiten)  sind  grössere  Zugfestigkeiten 
des  Materials  pro  qmm  notwendig,  als  Normalkupfer  aufweist,  sodass  schon  deshalb  die 
Wahl  eines  anderen  Materials  geboten  ist.  Für  die  Verwendung  von  Aluminium  an 
Stelle  yon  Kupfer  spricht  besonders  seine  grössere  Billigkeit. 


i«)  Clarence  Feldmann,  Reisebriefe  aus  Amerika.  Elektr.  Zeitschr.  1904.  Heft  28.  S.  598. 
17)  Archiv  für  Post  nnd  Telegraphie  Nr.  8.  Februar  1906.  8.  77  und  Elektr.  Zeitschr. 
1906.  Heft  25.  S.  590. 

69» 


1092 


III.    Theodor  Koehx.    Ausbau  von  Wabbkbkbäftkk.    Eihzblhkiteh. 


Höchste  zulässige  Betriebs-Stromstärke  für  oberirdische  Leitungen"). 


Querschnitt 
in  qmm 


0,75 

1.0 

W 

2,5 

4,0 

6,0 

10,0 

16,0 

25,0 

85,0 

50,0 

70,0 


Ampere 

fttr  isolierte    I      für  blsnke 

Leitungen 


Querschnitt 
in  qmm 


Ampere 
für  isolierte    I       Ar  blinke 
Leitungen 


4 

6 

10 

15 

20 

30 

40 

60 

80 

90 

100 

180 


4 

6 

10 

15 

20 

30 

40 

60 

80 

90 

100 

140 


95 
120 
150 
185 
240 
310 
400 
500 
625 
800 
1000 


165 
200 
285 
275 
880 
400 
500 
600 
700 
850 
1000 


190 
240 
800 

870 

480 

620 

800 

1000 

1250 

1600 

2000 


In  Amerika  hat  z.B.  die  Standard  Electric  Company  von  ihrem  Krafthanse  in  Hedn 
auf  246  km  Drehstrom  (früher  mit  86000  Volt,  neuerdings  mit  55000  Volt)  nach  San  Francisco  m 
8  Alnmininmkabel  von  je  100  qmm  Querschnitt  geleitet. 

Die  Zugfestigkeit  des  Aluminiums  ist  kleiner  als  die  des  hartgezogenen  Kupfers l9).  DesbÄ 
wurde  bei  der  erwähnten  Anlage  noch  eine  zweite  Leitung  in  8,0  m  Abstand  von  der  ersten  und  arf 
der  gleichen  Leitfähigkeit  als  oberirdisches  Kupferkabel  verlegt,  sodass  man  wenigstens  isnner  w 
Leitung  zur  Verfügung  hat. 

Bei  dem  Lechwerk-Gersthofen  wurden  zur  Leitung  und  Rückleirung  des  Stromes  uck 
den  ganz  in  der  Nähe  der  Krafthäuser  liegenden  Fabriken  in  einem  unterirdischen  Kanäle  je  16  Ab» 
niumschienen  von  18,5/120  mm  verlegt  (S.  569), 

Bei  der  Fernleitung  des  Wasserkraft  -Elektrizitätswerkes  Hagneck  ist  versuchsweise  esc 
1  km  lange  Strecke  der  Fernleitung  aus  Aluminiamdrähten  hergestellt  (S.  479). 

Bezüglich  der  Verwendung  unterirdischer  Kabel  für  den  Transport  von  Energie, 
welche  für  grosse  Entfernungen  wegen  der  hohen  Kosten  der  Kabel  selbst  und  ihm 
Verlegung  kaum  in  Frage  kommen,  kann  auf  Abschnitt  12  verwiesen  werden. 

Der  Ohmsche  Widerstand  w  eines  Drahtes  in  Ohm  ist  gleich  des 
spezifischen  Widerstand  des  Materials  in  Ohm,  multipliziert  mit  der 
Drahtlänge  l  in  m  und  dividiert  mit  dem  Querschnitt  q  des  Leiters  ic 


qmm.    Also  w  für  Kupfers© 


l .  0,0176 


& 


l 


in  Ohm. 


q  57.  q 

Unter  Leitfähigkeit  ist  nach  den  Festsetzungen  des  Verbandes  der  reziproke 
Wert  des  spezifischen  Widerstandes,  also  dem  Zahlenwerte  nach  die  Anzahl  Meter 
Draht  auf  1  Ohm  und  1  qmm  Querschnitt  verstanden. 

In  der  nachstehenden  Zahlentafel10)  sind  der  spezifische  Widerstand  ii 
Ohm,  die  Leitfähigkeit  bei  15°  C,  die  Widerstandszunahme  in  °/oo  pro  1°  C.  und  is 
spezifische  Gewicht  für  verschiedene  Leitungs-Materialien  angegeben.  Für  die  Berechnung 
der  Leitungsquerschnitte  werden  meistens  die  Zahlen  der  Spalten  2  und  4  zugrunde  gelegt 


19)  Hirsch-Wilking,  Elektroingenieur-Kalender  1904.  8. 129.  Dr.  C.  Weher,  Erllnteraafli 
zu  den  Sicherheitsvorschriften  etc.  1905.  .8.  89. 

19)  Die  vom  1.  Januar  1908  ah  gültigen  «Normalien  für  Freileitungen"  lassen  hei  hartgesegaa« 
Kupfer  12  kg/qmm,  hei  Aluminiumdraht  bis  zu  9  kg 'qmm  Zugbeanspruchung  zu.  Elektr.  Zeitschr.  M 
S.  825.  Die  »Normalien  für  Freileitungen11  sind  in  Sondeiabdrttckeu  bei  Julius  Springer,  Berlin,  Xoskj* 
Platz  8  käuflich. 

so)  F.  Uppenborn:  Deutscher  Kalender  für  Elektrotechniker.  1905.  S.  146. 


§  7. 


FEBKLKITU90SN. 


1098 


Spezifisches  Gewicht,   spezifischer  Widerstand   and  Leitfähigkeit  verschiedener 

Materialien. 


Bezeichnung  des  Metalls 


Spezifischer 

Widerstand  in 

Ohm  hei  15°  C. 

auf  1  m  Länge 

und  1  qmm 

Qaeraeknitt 


Zanahme 

pro  1*  G. 

W&rmezunahme 

in  Tausendsteln 


Leitfähigkeit 
hei  15° 


Spezifische 
Gewicht 


1 

Aluminium  gewallt     .    .    . 

Eisen  rein 

Eisentelegraphendraht     .    . 

Stahlsehienen 

Blei  gepresst 

Graphit  und  Retortenkohle 

Reines  Kupfer 

•»-k  i  \   normal 

Dentches     I        .  , 
-.     -  }  weich     .    . 

KuPfer        I  hart  .    .    . 

Englisches        *        .  , 
R. "V.     ,.  .  I   weich 

otanoaraismg        >  ^^ 

Committee-Knpfer     ' 

Nickel 

Fiatin 

Qnecksiher 

Messingdrabt  (SO°/o  Zinn)    . 


8 


0,92874 
0,104 
0,185 
0,108-0,224 
0,20 
18-100 
0,0162 
0,01667 
0,0178 
0,0175 

0,0168 
0,0172 

0,11-0,18 
0,094 
0,958 
0,085-0,065 


8,7 

4,8 
4,8-4,5 

8,7 
0,8-0,2 
4,0 
4,0 
4,0 
4,0 

402 
4,02 

4,0-8,0 
2,85 
0,878 

1,2-2,0 


84,8 
9,6 
7,4 
9,7-4,5 
5,0 
0,08-0,01 
etwa  62 
60 
58,1 
57,0 

59,4 
58,8 

9,0-7,5 
10,7 
1,049 
12-15 


2,70 
7,86 
7,65 

11,87 
2,8-1,9 

8,918 
8,918 
8,918 

8,918 
8,918 

8,9 
21,5 
18,55 

8,8 


4.  Die  wirtschaftlich  günstigste  Spannung  für  die  Fernleitungen,  In  dem  §  6, 

B.  Die  elektrische  Einrichtung  der  Krafthäuser,  S.  1070,  ist  bereits  hervorgehoben,  dass 
die  Technik  heute  Spannungen  bis  zu  80000  Volt  in  allen  Einzelheiten  beherrscht  und 
in  Tabelle  I,  S.  1085  sind  eine  ganze  Reihe  von  Anlagen  namhaft  gemacht  worden,  bei 
.  denen  Spannungen  von  60000  Volt  und  mehr  zur  Anwendung  gekommen  sind.  Neuer- 
dings hat  Thury  (S.  460  u.  S.  1084)  bei  Genf  Versuche  mit  Spannungen  von  120000  Volt 
gemacht,  bei  denen  sich  noch  eine  genügende  Isolation  ergeben  haben  soll 

Schon  bei  Spannungen  von  40000  Volt  fangen  die  Drähte  in  der  Dunkelheit 
zu  leuchten  an,  und  es  treten  bei  feuchtem  Wetter  starke  Entladungserscheinnngen  an 
den  Isolatoren  auf11).  Allgemein  verwendbare,  genauere  Angaben  über  die  Energiever- 
luste durch  diese  Erscheinungen  liegen  nach  Wissen  des  Verfassers  bis  heute  noch  nicht 
vor.  Immerhin  bieten  die  folgenden  Angaben  von  Robert  M.  Friese")  über  die  Energie- 
verluste in  Watt  an  einer  Hochspannungsglocke  nach  dem  Deltatyp  der  Porzellanfabrik 
Hermsdorf-Klosterlausnitz  (Taf.  LXXXI,  Fig.  2)  gute  Anhaltspunkte. 


21)  Dr.  Gustav  Benischke,  Die  wissenschaftlichen  Grundlagen  der  Elektrotechnik.  Kap.  14. 
Ferner  von  demselben  Autor,  Das  elektrische  Verhalten  der  Freileitungsisolatoren  und  ihre  Beur- 
teilung. —  Elektr.  Kraftbetrieb  und  Bahnen  1908.  Heft  3.  S.  41  n.  ff.  mit  zahlreichen  Abbildungen 
solcher  Entladungen. 

«)  Robert  M.  Friese,  Elektr.  Zeitechr.  1908.  S.  1080.  Ferner  von  demselben  Autor, 
Das  Porzellan  als  Isolier-  und  Konatruktions-Material  in  der  Elektrotechnik.  1904.  S.  90  n.  ff. 


1094  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Wattverlust   in   Hochspannungsglocken  durch  Randentladungen  bei  stimmenden 

Regen. 

Spannung  zwischen  Bund  und  Stütze  des  v    *„  .  .    w  ,. 

Isolators  bei  Wechselstrom  und  50  Perioden  verlost  m  Watt 


5000 
10000 
15  000 
20000 
25000 
80000 
35  000 
40  000 
45000 
50000 


Es  ist  hierbei  zu  beachten,  das*  W®> 

bei  gutem  Zustande  der  Leitung*-  0.098 

anlag«  dio  Spannung  zwischen  __. 

Bund  und  Stütze  bei  Emphasen-  0,220 

ström  nur  -=-,   bei  Drehstrom  0,892 

E  0,612 

=  -  -.  r  der  Betriebsspannung  S  A  000 

V3  0,oo2 

betragt   Nor  wenn  nach  Brach  -i  aaa 

eines  Isolators   ein  Draht   auf  i,*w 

die  Stfitae  fallt,  kann  die  rolle  1  568 

Betriebsspannung  zwischen 

Bund  und  btütre  zur  Geltung  1,985 

kommen.  a  AKfi 


Aus  dieser  Tabelle  ergibt  sich,  dass  die  Verloste  bei  dem  untersuchten  Deltatyp 
ungefähr  im  Quadrat  der  Spannung  zunehmen. 

Für  die  Wahl  der  Betriebsspannung  gilt  als  sogenannte  Faustregel  in  der  Praxis 
vielfach,  dass  man  bei  1,0  km  mit  1000  Volt  beginnend,  die  Spannung  mindestens  um 
so  viel  mal  500  Volt  erhöht,  als  die  Fernleitung  Kilometer  länger  ist,  sodass  man  bei 
80  km  40500  Volt  haben  würde.  Aus  den  auf  S.  1070  u.  ff.  mitgeteilten  Formeln 
(für  die  Berechnung  des  Querschnitts,  der  Energieverluste  und  des  Spannungsabfalls  von 
Fernleitungen)  geht  hervor,  dass  die  Kupferkosten  einer  Fernleitung  im  umgekehrten 
quadratischen  Verhältnis  zu  der  Spannung  stehen.  Wenn  man  also  einen 
Kupferquerschnitt  q  bei  10000  Volt  berechnet  hätte,  so  würde  der  Querschnitt  der 
Leitung  bei  20000  Volt  nur  q/4  zu  sein  brauchen.  Auf  S.  1079 — 1081  sind  Einzelpreise  von 
elektrischen  Maschinen,  in  Kap.  I,  Tab.  VIII,  S.  260  zusammenfassende  Preisangaben 
für  die  ganze  elektrische  Einrichtung  von  Krafthäusern  und  in  Tab.  IX,  S.  261  von 
Transformatorenanlagen  gegeben.  Auf  S.  259  sind  ferner  Angaben  hinzugefugt,  wie 
ungefähr  die  Preise  der  elektrischen  Einrichtungen  des  Krafthauses  und  der  Trans- 
formatorenanlagen von  der  Spannung  abhängig  sind. 

Von  der  Spannung  sind  theoretisch  die  Kosten  des  Gestänges  insofern  abhängig, 
als  mit  wachsender  Spannung  die  Drahtquerschnitte,  also  auch  die  Drahtgewichte  ab- 
nehmen, die  Beanspruchungen  demnach  kleiner  werden  und  das  Gestänge  schwächer  und 
billiger  werden  könnte.  Andererseits  werden  aber  die  Isolatoren  und  ihre  Stützen 
schwerer  und  die  höhere*  Spannung  erfordert  meistens  grössere  Aufwendungen  für 
den  Schutz  benachbarter  Schwachstromleitungen,  auch  wird  die  Montage  etwas  teurer« 
sodass  man  im  Endresultat  die  Kosten  des  Gestänges  als  fast  unabhängig  von  der 
Spannung  bezeichnen  darf.  Erheblicher  werden  durch  die  Spannung  aber  die  Kosten 
der  Isolatoren  und  deren  Halter  beeinflusst  (vergl.  Abschnitt  8). 

Trägt  man  in  einem  Koordinatensystem  auf  der  X-Achse  die  Spannungen  in  Volt 
auf  der  Y-Achse  die  Kupferkosten  K  =  q.y1.k.Z.n  in]  Mk.  auf  (hierin  bedeuten  q 
den  Querschnitt  eines  Drahtes  in  qmm,  yx  das  Gewicht  von  1000  cbmm  Leitungs- 
material in  kg  —  (für  Kupfer  yY  =  0,00891)  — ,  k  die  Kosten  des  Kupferdrahtes 
pro  kg  in  Mk.  frei  Baustelle,  l  die  einfache  Drahtlänge  in  m  und  n  die  Zahl 
der  Drähte),  so  entsteht,  wenn  man  etwa  für  4  bis  5  verschiedene  Spannungen  die 
Kupferkosten  berechnet  und  aufträgt,  eine  Kurve  wie  z.  B.  die  Kurve  I  in  Abb.  410. 
Wenn  man  dann  in  demselben  System  die  Kosten  der  Maschinen  und  Transformatoren 
durch  die  Kurve  II  und  die  Kosten  des  Gestänges,  der  Montage  und  der  Isolatoren  etc.  in 
Kurve  III,  —  beide  Kurven  gleichfalls  in  ihrer  Abhängigkeit  von  der  Spannung,  —  dar- 


§  7.  FsB*LnnnraEir.  1096 

stellt,  die  Kosten  ad  I,  II,  III  addiert  und  die  2(1  + II  |-  III)  in  einer  Karre  IV  zur 
Darstellung  bringt,  so  wird  der  Scheitelpunkt  dieser  Kurve  die  günstigste  Spannung 

Aas  Rücksicht  auf  die  Festigkeit  der  Kupferdrähte  sollen  nach  §  5c  der  alten 
und  §  20  ad  3  der  neuen  Sicherheitsvorschriften  Kupferdrähte  von  weniger  als  10  qmm 
Querschnitt  bei  Hochspannungsleitungen  nicht  verwendet  werden;  es  ist  damit  also  bei 
kleinen  Leistungen  eine  Begrenzung  der  Spannung  gegeben,  da  es  zu  keinen  Ersparnissen 
an  Kupfer  fuhren  würde,  die  Spannung  zu  erhöhen. 

Hit  der  Umformung  des  Stromes  von  einer  Spannung  in  die  andere  sind  stet« 
Effektverluste    verbunden.      Geschieht 

.- ,u„    „:„    u-.;    w^k».!«*.«.«    j„»~t,     AN>-  *w-     Zeichnerische  Ermittlung  der  wirtschaftlich 

dieselbe  wie   bei  Wechselstrom  durch  gumtigsten  Spannung  ein«  Fernleitung. 

Transformatoren,  so  sind  die  Verluste 
zwar  gering  (etwa  2— 3>,    S.  1047), 
aber  die  Verlaste  hören  auch  dann  nicht 
ganz  auf,  wenn  die  Leitung  unbelastet    /*A? 
ist.   Bei  der  Umformung  von  Wechsel- 
strom in  Gleichstrom  durch  sogen,  ro- 
tierende Umformer  beträgt  der  Verlust 
je  nach  der  Belastung  etwa  6— 16  %, 
bei  der  Umformung  von  Wechselstrom 
in  Gleichstrom  oder  von  hochgespanntem 
Gleichstrom    in    niedriger    gespannten    9O00O° ' 
Gleichstrom  durch   aneinander  geknp-    aoaoao' 
pelte  Motoren  und  Stromerzeuger  wird    700000  ■ 
der    Verlust  je    nach    der    Belastung     60000a  • 
12—30%  betragen.     Dieser  Umstand     sooooo- 
in  Gemeinschaft  mit  der  Rücksicht  auf     l^OO0O . 
die  Ersparnis  an  Anlagekosten  war  die     300000. 
Veranlassung,  weswegen  man  bei  einer 
Reihe  von  Anlagen  bestrebt  gewesen  ist,     teo°oo- 
die    Maschinen  Spannung    so    hoch    zu      f 00000 • 
wählen,  dass  eine  Transformierung  des 
Stromes   in   dem   Krafthanse   entbehr- 
lich  wurde.      Die   in   §   6A  (S.   1003) 
gegebene  Tabelle  gibt  eine  diesbezüg- 
liche Übersicht.    Über  die  Höhe  der 
Spannung,    bis   zu   welcher    Wechsel- 
stromerzeuger mit  vollkommener  Betriebssicherheit  gebaut    werden   können  oder   ans 
betriebstechnischen  Gründen  am  besten  gebaut  werden  sollten,  gehen  die  Ansichten  der 
Elektrotechniker  zurzeit  noch  auseinander  (vergl.  S.  1044).    Erinnert  sei  hier  daran,  dass 
die  Drehstromerzeuger  in  dem  Krafthau ee  Morbegno  den  Strom  direkt  mit  20000  Volt 
erzeugen  und  seit  Jahren    ohne  Anstand   laufen.    Allerdings  beträgt  bei  diesen  Ma- 
schinen die  Periodenzahl  nur  15  und  die  Kupferquerschnitte  sind  so  gross  gewählt,  dass 
eine  schädliche  Erwärmung  ausgeschlossen   ist   (vergl.  S.  394).    Infolgedessen   sind  die 
Maschinen  verhältnismässig  teuer  geworden. 

*■)  Carl  Fred.  Hulmboo,  Berechnung  and  Ausführung  der  Hochapannangsfernleitangen. 
Berlin  1905.  S.  52. 


1096         m.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

5.  Der  wirtschaftlich  günstigste  Drahtquerschnitt,  abgeleitet  ans  dem  wirt- 
schaftlich günstigsten  Wirkungsgrad  der  Fernleitung.  Nachdem  auf  Grand  der  An- 
gaben im  Abschnitt  4  eine  wirtschaftlich  günstigste  Spannung  rechnerisch  und  graphisch 
ermittelt  und  eine  vorläufige  Wahl  der  Spannung  getroffen  ist,  wäre  noch  die  Frage  nach 
dem  wirtschaftlich  günstigsten  Kupferaufwand  für  die  Leitung  zu  stellen,  soweit 
derselbe  von  dem  Wirkungsgrad  (Energieverlust)  in  der  Fernleitung  abhängig  ist 

In  Wirklichkeit  schwankt  der  Energiebedarf  während  des  Betriebes  in  weiten 
Grenzen  und  zwar  sowohl  innerhalb  eines  Kalendertages  als  auch  innerhalb  der  einzelnen 
Tage  des  Jahres,  und  jedem  verschiedenen  Belastungszustande  entspricht  auch  ein  ver- 
schiedener Wirkungsgrad  der  Fernleitung.    Man  kann  in  den  wirtschaftlichen  Berech- 
nungen aber  nicht  alle  diese  Schwankungen  einzeln  betrachten,  sondern  wird  sie  durch 
eine  passende  Wahl  eines  Durchschnittswertes  Aa  berücksichtigen  müssen.    Auf  Grund 
der  wirtschaftlichen  Vorarbeiten  wird  man  sich  ein  vorläufiges  Bild  über  den  durch- 
schnittlichen gleichzeitigen  Bedarf  an  Energie  A8  in  KW  an  den  Transformatorenstellen 
des  Konsumgebiets,  d.  h.  also  am  Ende  der  Fernleitung  zu  machen  haben.   Bei  Wechsel- 
stromanlagen  wird    fast   immer   auf  konstante    Spannung  am   Ende   der   Fernleitung 
reguliert  (S.  1041)  und  die  Schwankungen  im  Energiekonsum  werden  durch  die  schwankende 
Stromstärke   J  und  durch    die  Regulierung   der  Dynamospannung   ausgeglichen.     Man 
wird   bei  Feststellungen  des  Bedarfs  in  einer  projektierten  Anlage  in  der  Begel  einen 
mehrjährigen  (5 — 10  jährigen)  Abschnitt   nach   der  Betriebseröffnung   ins   Auge    fassen 
und  das  erste  Betriebsjahr  nach  der  Betriebperöfihuug,  welches  meistens  vorübergehende, 
anormale  Zustände  zeigt,  ausscheiden.     Ob  man  dann  den  voraussichtlichen  Betriebs- 
zustand im  letzten  Jahre  des  betrachteten  Zeitabschnitts  zugrunde  legen  will  oder 
einen  durchschnittlichen  Zustand  während  desselben,  hängt  von  den  besonderen 
Verhältnissen    ab.    Im   erstgenannten  Falle  würde   der   Leitungsquerschnitt  für 
die  Jahre  bis  zu  dem  letzten,  welches  der  Rechnung  zugrunde  gelegt  wurde,  vom  wirt- 
schaftlichen Standpunkte  aus  zu  gross  sein  und  das  Zuviel  der  in  v.  H.  der  Anlagekosten 
ausdrückbaren  Betriebskosten  der  Fernleitung  würde  bis  zu  dem  Endjahre  das  wirt- 
schaftliche Ergebnis  ungünstig  belasten.    Dagegen  würde  der  von  dem  Wirkungsgrad 
der  Fernleitung  herrührende  Verlust  an  Arbeitsfähigkeit  (vorausgesetzt,  dass  der  Kraft- 
bedarf allmählich  von  Jahr  zu  Jahr  wächst)  von  einem  kleineren  Wert  im  ersten  Betriebs- 
jahre erst  allmählich  zu  der  für  das  letzte  Betriebsjahr  eines  gewählten  Zeitabschnittes 
angenommenen  zahlenmässigen  Höbe   anwachsen.    Nimmt   man    dagegen   ein   durch- 
schnittliches   Jahr    als    Grundlage,    so    würden    die    Leitungskosten   dem    durch- 
schnittlichen  Kraftbedarf  entsprechen,    also    die   Anlagekosten   kleiner  und   demnach 
auch  die  in  v.  H.  der  Anlagekosten  ausgedrückten  Betriebskosten  kleiner  werden  als 
im  erstgedachten  Falle.  Die  Wertverluste  an  Arbeitsfähigkeit  in  der  Fernleitung  wurden 
in  den  ersten  Jahren  zwar  auch  kleiner,   in  den  letzten  Jahren  aber  grösser  als  der 
zugrunde  gelegte  Durchschnitt  sein. 

Wenn  die  Wasserkraft  im  Verhältnis  zu  dem  Kraftbedarf  im  Konsumgebiet  reich- 
lich gross  ist,  und  wenn  auch  keine  günstigen  Aussichten  vorliegen,  neue  Abnehmer  in 
absehbarer  Zeit  heranzuziehen,  oder  wenn  über  einen  gewissen  Konsum  Hinaus  für  den 
Rest  der  Energie  nur  schlechte  Preise  zu  erzielen  sind,  kommt  es  auf  den  Energieverlust 
in  der  Fernleitung  selbst  weniger  an.  Die  Erzeugungskosten  im  Krafthause  wachsen 
bei  Wasserbetrieb  nicht  erheblich  dadurch,  dass  man  anstatt  A,  .  a  KW-Stunden  jährlich 

A« 

— .  a  KW-Stunden  erzeugt,  sofern  man  mit  den  aufgestellten  Maschinen  noch  die  Lei- 


§  7.  Fbrstleitungen*  1097 

A 

stuug  tmax  bewältigen  kann.  A^au  bedeutet  hierbei  die  höchste  Belastung,  welche  vor- 
kommen kann  und  t]m  den  Wirkungsgrad  der  Fernleitung  für  die  Belastung  Aim%Xl  aus- 

A. 
gedrückt  in  v.  H.    —  ist  22  Aj  £ü  der  durchschnittlichen  Maschinenleistung  indem  Kraft- 
hause. Der  durchschnittliche  Verlust  in  der  Leitung  ist  demnach  =  A,  ( 1). 

Umgekehrt  wenn  die  Wasserkraft  im  Verhältnis  zum  Bedarf  klein  ist  und 
eine  sehr  grosse  Ausnutzungsdauer  (in  Stunden  pro  Jahr  ausgedrückt)  erwartet  werden 
kann,  so  hat  man  ein  wirtschaftliches  Interesse  daran,  Leitungsverluste  nach  Möglichkeit 
zu  vermeiden,  denn  man  wird  verhältnismässig  hohe  Preise  erzielen  können  und  der 
durch  den  Energieverlust  in  der  Leitung  verursachte  Verlust  in  Mk.  wird  einen  ver- 
hältnismässig grossen  Betrag  ausmachen. 

Wenn  einer  Kraftquelle  die  Versorgung  eines  gewissen  Konsumgebietes  mit  Kraft 
obliegt,  so  muss  der  Unternehmer,  sei  es  auf  Grund  von  Verträgen,  sei  es  durch  die 
Macht  der  Verhältnisse  gezwungen,  dem  auftretenden  schwankenden  Bedarf  auch  dann 
entsprechen,  wenn  dieser  Bedarf  zeitweise  unerwünscht  kommt,  und  er  muss  unter  Um- 
ständen zu  dem  Aushilfemittel  der  Reserve  in  Wärmekraftmaschinen  greifen,  wodurch 
die  Anlage  und  die  Erzeugungskosten  wachsen.  Nach  den  Angaben  S.  18  und  322 
hatten  am  1.  April  1905  von  362  im  Betriebe  befindlichen  deutschen  Wasserkraft- 
Elektrizitätswerken  237,  also  rund  65%,  Reserven  in  Wärmekraftmaschinen. 

Der  letztgenannte  Gesichtspunkt  würde  u.  U.  bei  den  Annahmen  der  Zahlenwerte 
für  Xg  (S.  1098)  in  dem  nachstehend  erläuterten  Rechnungsgange  zu  berücksichtigen  jsein. 

Der  Wert  des  jährlichen  Verlustes  an  Arbeitsfähigkeit  in  der  Fernleitung  lässt 
sich  angenähert  ausdrücken  durch 

V= A, .  (-  —  l)  .  a .  *x  in  Mk.,  (1) 

worin  bedeuten: 

A«  die  durchschnittliche  gleichzeitige  Leistung  am  Ende  der  Fernleitung  in  KW, 

a  die  durchschnittliche  Betriebsdauer  in  Standen, 

*,  den  durchschnittlichen  Nutzwert  (Einnahme  abzüglich  Ausgabe)  einer  KW-Stunde  in  Mk. 

Um  die  sehwankenden  einzelnen  Bedarfszustände  zunächst  angenähert  (vergl..  Glei- 
chung 22)  zu  berücksichtigen,  würde  zu  setzen  sein,  da  a  =  a'  -f-  a"  + &*'  ist, 

_V.a'  +  A,".a" A,»'a°' 

*■ a'  +  a"... a*'        '  w 

Ausser  dem  direkten  Wertverlust  an  Arbeitsfähigkeit  xl1  welcher  u.U.  gleich 
0  werden  kann,  entsteht  dadurch  ein  Verlust,  dass  man  in  dem  Krafthause  die  in  der 
Leitung  verloren  gehende  Energiemenge  erzeugen  muss.  Bei  Ermittlung  der  Erzeugungs- 
kosten wird  man  die  indirekten  Betriebskosten  nicht  zu  berücksichtigen 
haben,  sofern. wegen  der  Mehrerzeugung  von 

keine  Erweiterung  der  Anlage  nötig  wird.  Die  wegen  der  stärkeren  Be- 
lastung der  Maschinen  theoretisch  erforderlichen  grösseren  Rücklagen  in  den  Erneue- 
rungsfonds kann  man,  weil  sie  unerheblich  sind,  bei  diesen  Rechnungen  vernachlässigen, 
um  sie  nicht  unnötig  kompliziert  zu  machen.  Für  reine  Wasserkraftanlagen  würden 
also  die  Betriebskosten  nach  Anleitung  der  Tabellen  XI  bis  XIII  (S.  272 — 275)  zu  be- 
rechnen und  hierin  nur  die  direkten  Betriebskosten  in  die  Rechnung  einzufügen  sein. 


1098         III.    Theodor  Koehv.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheitkx. 

Bei  Erzeugung  durch  Wärmekraftmaschinen  wäre  nach  Anleitung  der  Angaben  in  den 
Tabellen  XIX  bis  XXVI  (S.  296  bis  307)  zu  rechnen.  Findet  der  Betrieb  als  gemischter 
Betrieb  von  Wasserkraft  und  Dampfkraft  statt,  so  können  die  Tabellen  XXX  und  XXXI 
(S.  318—321)  als  Anleitung  dienen. 

Bezeichnet  man  diese  Kosten  für  die  Erzeugung  der  Energiemenge  A,  ( 1] 

pro  KW-Stunde  mit  Xj  in  Mk.,  so  würden  infolge  des  Effektverlustes  in  der  Fernleitung 
in  Geldeswert  ausgedrückt 

Pi=Af(^-l).a(x1+^)Mk.  (5) 

verloren  gehen. 

Es  fragt  sich  nup,  welcher  Wert  von  t]  ist  der  wirtschaftlich  günstigste? 

Für  eine  Drehstromanlage  mit  drei  Kupferdrähten  ist  der  sogenannte 
Ohmsche  Energieverlust,  welcher  für  die  beabsichtigte  Rechnung  allein  in  Betracht 
kommt,  nach  (12)  S.  1075 : 

3J».  w  =  Af  1000  (-  —  l)  in  Watt.  (6) 

Es  ist  w  =  v7r-  in  Ohm  =  dem  Ohm  sehen  Widerstand  eines  Drahtes  (S.   1092). 
57  q 

l  seine  Länge  in  m,  q  bedeutet  den  Querschnitt  in  qmffl  und  Aa  die  Leistung  in  KW. 

Es  ist  ferner  bei  Drehstrom  mit  drei  Drähten  die  Stromstärke  pro  Draht 
in  Ampfcre  (vergl.  Formel  (6)  S.  1074) 

▼ Ag  .  1UUU  .-» 

_  Eji/Scosfl/ 
wenn  E,  die  Betriebsspannung  in  Volt  am  Ende  der  Leitung,  gp,  den  <£  der  Phasen- 
verschiebung zwischen  Strom  und  Spannung  am  Ende  der  Leitung  und  Af  die  Leistung 
in  KW  bedeuten.    Demnach  wird  der  Energieverlust 


yiooo 

Ej  V3  cos  <p2 


~  =A* .  1000  (-  -  l)  in  Watt  (8) 


'57q     -■ \fj 


und  der  Querschnitt  eines  Drahtes 

A2M000  /n 

q  = l j- c-  in  pm.  (9} 

57.(Etcos9)2)«(i-l) 

Es  betragen,  wenn  die  Leistung  At  in  KW  ausgedrückt  wird,  die  Kupferkosten  der 
Leitung  mit  3  Drähten  für  Dreh  ström 

KD  =  3q.yi.k.J  =  —  IMLy^'1^00         in  Mk.,  (10) 


Q  .    .  SAoPy.k.lOOO 

57.(E,cos9)a)«(i-l) 


worin  yx  das  Gewicht  von  1000  cbmm  Kupferdraht  in  kg  und  k  die  Kosten  für  1  kg 
Kupferdraht  in  Mk.  bedeuten. 

Wenn  man  die  jährlichen  indirekten  Betriebskosten  der  Fernleitung 

(Verzinsung,  Erneuerung  und  Tilgung)  in  v.  H.  der  Anlagekosten  für  Kupferdraht 

ausdrückt,  und  den  Faktor  mit  e  bezeichnet,  so  werden  die  jährlichen  Betriebskosten 

der  Fernleitung: 

p  =     3A8Pyik.g.10Q0     =       '£ 

57.(1^  cos  y,)*(^-l)       (~-lj* 


§  7.  Fernleitungen.  1099 

Da  die  für  die  Verzinsung,  Tilgung  und  Erneuerung  des  Gestänges  und  der 
Isolatoren,  sowie  für  Unterhaltung  und  Bedienung  der  Fernleitung  aufzuwen- 
denden Betriebskosten  nicht  von  dem  Wirkungsgrad,  den  man  zulassen  will,  abhängen, 
so  können  dieselben  durch  eine  Konstante  C  ausgedrückt  werden.  Es  werden  also  die 
indirekten  Gesamtbetriebskosten  der  Fernleitung 

P=Tr^-v  +  C  (IIa) 

Die  jährlichen  durch  die  Energieverluste  in  der  Fernleitung  verursachten  Verluste 
an  Arbeitsleistung  in  Mk.  waren  nach  Formel  (5),  wenn  A8  in  KW  ausgedrückt  wird: 

Pi«At(^l)ft+*).al  (12) 

wofür  zur  Vereinfachung  der  Schreibweise  £  ( 1 )  gesetzt  werden  mag. 

Es  muss  nun  für  den  günstigsten  Wert  von  ij  die  Summe 

^  +  Pi=7T-^+l(z-l)+C  (13) 


&"«->♦• 


n 

ein  Minimum,  also  der  erste  Differentialquotient  =  0,  und  der  zweite  Differentialquotient 
positiv  werden. 

Betrachtet  man  anstatt  t]  allein,  zunächst  den  Ausdruck  ( 1]  als  Variable 

und  setzt  ( 1 )  =  Z 

und  den  ersten  Differentialquotienten  von  (13)  =  0,  so  ist 

0  =  =£  +  f,  (14) 

also  der  wirtschaftlich  günstigste  Wert  von  Z  für  Drehstrom 

/  1 A  =  l/t  —  j/        S.F.ftk.«.!«» 

V"*?d        /        y§       |/57.(E8.cos%)«.a.(xl+xf)' 

Da  der  zweite  Differentialquotient  positiv  wird,  so  handelt  es  sich  um  ein  Minimum, 
und  der  günstigste  Wirkungsgrad  der  Leitung  für  Drehstrom  mit  drei  Drahten  muss  sein 

in  v.  H,  ifo  =  — ,-= =  — ,  = (15) 


1/I+1  ^ 


+  1. 


67  (E, .  cos  ?>,)*.  a  fo  -\-x,) 

Demnach  der  wirtschaftlich  günstigste  Querschnitt  eines  Drahtes  bei  Drehstrom 
(vergl.  9) 

A^.IOOO  -,/         a .  fo  +  x,) .  1000  .  ,1ß, 

q  = ! =  A,    /  -„-„JPZZLm  -     ..    -  m  <lmm-        (16) 


57(E2.cos?>i)«(i-l) 


zä^V 


3  X  57  (Ej  .  cosq^Y .  yx .  k .  e 


Es  bedeuten  also  hierin  A2  die  durchschnittliche  Leistung  am  Ende  der  Leitung  in 
KW,  a  die  Betriebsdauer  in  Stunden,  ^  den  Nutzwert  (Einnahme  —  Ausgaben)  einer 
KW-Stunde  in  Mk.,  k,  die  Erzeugungskosten  einer  KW-Stunde  in  Mk.  (wofür  in  der 
Regel  hier  nur  die  direkten  Kosten  einzusetzen  sind)  (vergl.  S.  1097),  E,  die  Spannung 
in  Volt,  (p2  den  ^C  der  Phasenverschiebung  zwischen  Strom  und  Spannung  am  Ende  der 
Fernleitung,  yx  das  Gewicht  von  1000  mm8  Leitungskupfer  in  kg  (=0,0089),  k  die 
Kosten  von  einem  kg  Kupferdraht  in  Mk.,   e  der  Satz  mit  welchem  nach  Division  mit 


1100         III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheitkn. 

100  zur  Deckung  der  Verzinsung,  Tilgung  und  Erneuerung  des  Kupferdrahtes  seine  An- 
schaffungskosten zu  multiplizieren  sind. 

Für  Einphasenwechselstrom  wird  der  wirtschaftlich  günstigste  Wirkungsgrad 

%  =      I  9»1      l  — (17) 

f  57  (E,  cosy,)»  a  fa  +>**)  ^ 
und  für  Gleichstrom 

*•  ~       /       o»1      ,, (18) 

Kö7E,«a(x1+xl)  +  1 

wonach  sich  die  Formeln  für  den  Drahtquerschnitt  von  selbst  ergeben. 

Es  war  nach  Formel  4  zunächst  die  durchschnittliche  Leistung  A,  ohne  Rücksicht 
auf  den  Wirkungsgrad  berechnet.  Da  aber  die  Leistung  bei  gegebenem  Querschnitt  tob 
dem  Wirkungsgrad  abhängt  und  letzterer  mit  wachsender  Leistung  abnimmt,  mit 
fallender  Leistung  aber  bis  zu  dem  Werte  von  1  zunehmen  kann,  so  ist  noch  eine 
Korrektur  nötig.  Hat  man  zunächst  einen  Wert  für  fj  und  mit  Hilfe  desselben  einen 
Wert  für  den  Querschnitt  q  berechnet,  so  kann  man  nun  eine  genauere  mittlere 
Leistung  berechnen,  indem  man  eine  zweite  N&herungsgleichung  aufstellt  von  der  Form 

(AJ.a(i-l)-V.»/(^-l)+V/.*"(^-l)+-.+Atr.»>f(^— l)  CM) 

Wenn  für  A,',  Af"  und  At*'  auf  Grund  der  wirtschaftlichen  Vorarbeiten,  wie  oben  ge- 
schehen, Annahmen  gemacht  werden,  kann  man  für  Drehstrom  aus  (8)  die  Werte 
von  tf,  t]" .. .  ff'  u.s.f.  unter  Einsetzung  des  zunächst  ermittelten  Wertes  für  den  Draht- 
querschnitt berechnen.    Es  ist  z.  B. 

„,= i 

v  A,' .  1 .  1000       ,  (20) 

(E,cos^)».67.q"*~ 


und 

/1_,\  VI.  1000 

V        /  =  (E,  cos%)» .  67 .  q  ß1) 

Daraus  laut  sich  dann  eine  genauere  durchschnittliche  Leistung  berechnen 

(AJ— iS L ^tt-A ^ ',      (22) 

wenn  man  den  nach  (15)  zunächst  ermittelten  Wert  von  tj  einführt. 

Man  könnte  dann  nach  (16)  einen  neuen  Wert  für  den  günstigsten  Querschnitt 
berechnen  und  die  Rechnung  ein-  oder  mehrfach  wiederholen,,  bis  die  gewünschte  Genauig- 
keit erzielt  ist.  Jedenfalls  ist  aber  zur  zahlenmässigen  Ermittlung  des  Wertver- 
lustes an  Arbeitsfähigkeit  nach  Gleichung  (12)  ein  korrigierter  Wert  (At)  einzuführen. 

Beispiel:  Es  sei  die  einfache  Länge  der  Fernleitung  (Drehstrom)  1  =  80000  m;  yx  =0,0096  kg, 
die  Kupferkosten  pro  kg  k  =  1,8  Mk.;  Et  =  10000  V.,  cos?*  =  0,8, 

der  Ansatz  für  Verzinsung  und  Tilgung  des  Anlagekapitals  für  das  Kupfer  ^  =  0,058, 

die  Betriebsdauer  a  =  a'  +  a"  -f  a'"  =  1000  -f  1500  +  500  =  8000  Stunden, 

A,'a'  +  A,"a"+ A,'"a"'  =  2000X 1000+8500X 15W +5000x500 =9  750000  KW-8td.jShrl, 

9750000 
also  vorläufig  annäherungsweise  A,  =  100q  ■  i^aa  \  ^qq  =  8250  KW. 


§  7.  Fernleitungen.  1101 

Die  Stromstärke  pro  Draht  ist  nach  (7) 

J=     8250   y00     9Q2S5  Ampere  (vergL  Zahlentafel  auf  8.  1092). 
10000. 1/8.0,8 

Da  a  =  8000  Stünden  sein  soll«  werden  die  direkten  Betriebskosten  einer  KW-Stunde  im  Kraft- 

hanae  gemessen  nach  Tab.  XI,  S.  278  bei  einer  Wasserkraftanlage  von  der  für  unser  Beispiel  passenden 

Grosse  x,^  0,00664  Mk. 

Der  reine  Nutzwert  einer  KW-Stunde  sei  nk  =  0,086  Mk.,  also  %x  +  *t  abgerundet  = 
0,048  ML,  dann  wird  nach  (11) 


„_8. 8250. 1000.80000'. 0,0008  1,8.0,052_  80491,8  _QgnftA 
*~~  57.(10000)».0,81  ~~    86,48    ~3nwö»4 

und  |  =  A«.a  (*  +  *,)  =  8250. 8000.  (0,048)  =  419250. 

Also  der  günstigste  Wert  von  (±  —  l)  =  IM-  =  ]/^^^  =  1^00526  tt  0,0725 
und  nach  (15)  der  günstigste  Wert  des 


i>=Tmiaom' 


Demnach  wird  nach  (16)  der  wirtschaftlich  günstigste  Querschnitt 

eotA    l/  1000.8000.0,048  -Äft 

ä825°    M7.8.10•.0,8•.0,()(»8.1,8.0^2M.869qm,11• 


8250.80000.1000 


57. 10000».  0,8».  0,0725 

Wie  dieser  DrahtQuerschnitt  auf  8  oder  mehr  Leitungen  zu  verteilen  sein  würde,  hingt  sehr 
wesentlich  auch  von  den  im  Abschnitt  11  zu  besprechenden  Rücksichten  auf  die  erforderliche  Festigkeit 
des  Drahtqueischnitts  ab.    Auch  auf  die  Mitteilungen  im  Abschnitt  10  sei  verwiesen. 

Bei  diesem  günstigsten  Wirkungsgrad  werden  die  Kupferkosten: 

K  =  8. 869. 0.0098. 1,8. 80000  =  585824  Mk. 
oder  wenn  man  nach  den  Gleichungen  10  und  11  rechnet: 

Es  werden  also  die  indirekten  Betriebskosten  P  =  585800 . 0,052  =  80486,6  Mk. 
Der  Wert  der  verlorenen  Arbeitsleistung 

Pt  =  {  /-1-  —  l)  =  419250  X  0,0725  =  80395,6  Mk. 

Also  P  +  P,  =  60882,2  Mk. 

Wenn  man  dagegen  z.  B.  iy  =  0,87,  also  [ 1  j  £fiO,18  gewählt  hätte,  so  würden  die  Kupfer- 


kosten 


K  =  ÖOT2Sa282900-°Mk- 


Die  indirekten  Betriebskosten  der  Leitung  P  =  282900. 0,052  =  14711  Mk. 
Der  Wert  der  verlorenen  Arbeitsleistung  Px  =  419250.0,15  =  62887,5, 

also  würden  P-f  P1==  77  598,5  Mk.  ergeben, 
d.  h.  um  16  766,8  Mk.  ungünstiger  sein. 
Zur  Korrektur  der  Rechnung  würde  nun  nach  22  ein  neuer  Annäherungswert  (At)  an  Stelle 
von  As  zu  berechnen  sein 

2000.80000.1000 
10000* .  0,8* .  57 .  869 


Es  wird  nach  (21)   (^  — 1\  =  t^;^;r  l"7*n  =  0,0446. 


In  gleicher  Weise  ergibt  sich  für  (--  —  l\=  0,0771  und  für  Mr,—  l)  =0,1115. 

Demnach  nach  (22) 

ik  ,      2000.1000.0,0446  +  8500.1500.0,0771+5000.500.0,1115      occo  ^w 
(A,)= 8000.0,0725 =  8552  KW- 

Der  Verlust  an  Arbeitsfähigkeit  wird  also  nach  (12)  nunmehr 

(P,)=:  8552. 0,0725. 0,048. 8000  =  88  220,1  Mk. 
anstatt  80895,6  Mk.  wie  oben  ermittelt  und  P  +  (Pt)  =  68  656,7  ML,  wenn  man  nicht  auch  noch  einen 


**)  Die  Differenz  ergibt  sich  aus  der  Abrundung  der  Zahlen. 


1102         IIL    Theodor  Eoehn.    Ausbau  ton  Wassebkräftex.    Einzelheiten. 

neuen  Wert  vom  Querschnitt  q  ermitteln  und  demgemlss  einen  nenen  Wert  (P)  für  P  berechnen  will 
worauf  hier  verrichtet  werden  soll.  Wollte  man  mit  dem  neuen  ( A,)  den  Vergleich  mit  einem  Wirkungs- 
grad von  x.  B.  0,87  wiederholen,  ohne  den  Drahtqnerachnitt  zu  verändern,  so  würde  bei  17  =  0,87 
(PJ  =5 68731,20,  also  P  +  (Pj)  =  83442,20,  also  das  Gesamtergebnis  bei  4  =  0,938  um  19785,5  ML 
günstiger  sein. 

Da  die  Kupferkosten  mit  der  hier  des  Beispiels  halber  -zu  klein  angenommenen  Spannung  von 

585800 
10000  Volt  bereits  —55—  =  19483  ML  pro  km  betragen  würden,  was  nm  ein  Mehrfaches  Ober  den* 

Durchschnitt  liegt  (vergL  Tabelle  X,  S.  264),  so  wird  man  eine  höhere  Spannung  zu  wühlen  haben. 

585300 
Nimmt  man  20000  Volt  anstatt  10000,  so  würden  die  Kupferkosten  nur  noch       ^      =  146325   ML, 

also  pro  km  nur  noch  4858,25  ML  betragen.  Die  Betriebskosten  der  Fernleitung  bei  20000  Volt  in 
dem  obigen  Sinne  würden  sein  F  =  146325.0,052  =  7608,9  ML,  das  heisst  um  30486,6  —  7606,9 
=  22827,7  ML  weniger  betragen. 

Dieser  Ersparnis  würden  die  Verluste  in  den  im  Krafthause  gegebenenfalls  aufzustellenden 
Transformatoren  und  die  Kosten  für  Verzinsung,  Erneuerung,  Unterhaltung  und  Bedienung  der  Trans- 
formatoren gegenüberzustellen  sein. 

Die  durchschnittliche  Leistung  in  dem  Krafthause  würde  sein 

^^-.8000  =  3808,8000=11424000  KW-Stunden 

jährlich.  Nimmt  man  an,  dass  8°/o  davon  in  den  Transformatoren  verloren  gehen  und  multipliziert  den 
Verlust  mit  (»1 + *,) = 0,048  ML,  so  ergibt  sich  ein  Verlust  an  Arbeitswert  von  842  720 . 0,043  =  14  737,0  ML 
Da  nach  unseren  Annahmen  die  gleichzeitige  Höchstleistung  5000  KW  am  Ende  der  Leitung»   also 

*>000 
mit  dem  Wirkungsgrad  1/"  -Q8Ö5-  & 5580  KW  im  Krafthause  sein  würde,  so  würden  etwa  7200  KW 

in  Transformatoren  aufzustellen  sein.  Diese  Transformatoren  würden  ausschliesslich  der  Baulichkeiten 
nach  Tabelle  IX,  S.  261  etwa  7200 .  11  =  79200  ML  kosten.  Rechnet  man  auf  die  für  die  Unterbringung 
der  Transformatoren  erforderliche  VergrOsserung  des  Krafthauses  etwa  150.50  =  7500  ML  hinzu,  so 
würden  im  ganzen  für  die  Aufstellung  der  Transformatoren  86700  ML  aufzuwenden  sein.  Die  Kosten 
Ar  Verzinsung,  Tilgung,  Erneuerung,  Unterhaltung  und  Bedienung  würden  etwa  betragen: 

79200 .  10 


100 

7500.6 

100 


7920  ML 
450    . 


Zusammen    8370  ML 

Es  würde  also  einer  Ersparnis  an  der  Fernleitung  infolge  der  Erhöhung  der  Spannung  auf  20000  Volt 
im  Betrage  von  22827,70  ML  eine  Mehrausgabe  für  die  Transformatoren  von  23107  ML  jährlich  gegen- 
überstehen. Hieraus  würde  man  je  nach  den  Umstanden  entweder  den  Schluss  ziehen  können,  dass  man 
die  Spannung  der  Fernleitung  statt  auf  20000  Volt  noch  mehr,  also  z.  B.  auf  30000  Volt  zu  vergrOesern 
hatte,  weil  die  Kupferkosten  der  Fernleitung  abermals  erheblich  fallen,  die  Kosten  für  die  Transforma- 
toren aber  nur  unwesentlich  steigen  würden,  —  oder  dass  man  direkt  die  Maschinenspannung  zu  erhöhen 
und  keine  Transformatoren  in.  dem  Krafthause  aufzustellen  hfitte. 

Der  Gang  der  Rechnung  zeigt,  dass  das  Endresultat  für  den  Wert  des  günstigsten 
Wirkungsgrades  der  Leitung  und  für  den  daraus  abzuleitenden  Drahtquerschnitt  von 
den  Annahmen  abhängig  ist,  welche  man  bezüglich  der  Werte  von  a,  e>  E,,  k9  jq  und 
x,  macht.  Die  Formeln  sind  aber  so  einfach,  dass  man  die  Rechnung  schnell  für  ver- 
schiedene Annahmen  durchführen  und  sich  so  leicht  eine  gute  Übersicht  für  die  end- 
gültige Entscbliessung  bezüglich  des  Wertes  von  tj  und  des  Querschnitts  q  verschaffen  kann. 

6.  Das  Gestänge«  Für  Hochspannungsfernleitungen  werden  Masten  aus  Holz, 
aus  Eisen  und  aus  Beton  verwendet. 

a)  Die  Holzmasten.  Zu  den  Holzmasten  werden  in  Europa  meistens  Tannen, 
Kiefern  oder  Lärchen  genommen.  In  Amerika  sind  bei  einigen  Anlagen  auch  Masten 
aus  Zedern,  Eschen-,  Eichen-  und  Eukalyptusholz  verwendet  worden.  Diese  Holzarten 
sind  zwar  dauerhafter,  aber  für  europäische  Verhältnisse  zu  teuer.  Die  Verbands  vor- 


§  7.  Fernleitungen.  1103 

Schriften  betreffend  das  Holzgestänge  für  elektrische  Hochspannungsanlagen  *6)  schreiben 
u.  a.  vor  (die  Bestimmungen  der  neuen  Verordnung  sind  gesperrt  gedruckt): 

1.  »Stangen  mit  geringerer  Zopfstärke  als  15  cm  sind  nur  fflr  Niederspannung  bis  250  Volt 
gegen  Erde  zulässig.    Stangen  für  Hochspannung  müssen  mindestens  18  cm  Zopfstärke  haben. 

2.  Die  Stangen  sind  je  nach  der  Bodengattung  und  Länge  entsprechend  tief  einzugraben  (im 
mittleren  Boden  je  nach  ihrer  Länge  auf  eine  Tiefe  von  in  der  Regel  mindestens  1,5  bis  2,5  m),  gut  zu 
verrammen  (in  weichen  Boden  einzubetonieren)  und  in  allen  Winkelpunkten  zu  verstärken,  zu  ver- 
ankern oder  zu  verstreben  (S.  1089). 

Bei  Leitungen,  welche  heftigen  Stürmen  ausgesetzt  sind,  soll  auch  in  geraden  Strecken  jede 
fünfte  Stange  mit  Verankerungen  derart  verseben  werden,  dass  ein  Auffallen  der  Stangen  auf -die  Ver- 
kehrswege infolge  von  Stangenbrüchen  möglichst  ausgeschlossen  wird. 

8.  An  den  Stangen  muss  bezeichnet  sein: 

a)  das  Jahr  der  Aufstellung, 

b)  die  fortlaufende  Nummer,  wobei  zu  beachten  ist,  dass  bei  benachbarten  oder  sich  kreu- 
zenden Leitungen  sämtliche  Stangen  verschiedene  Nummern  haben  müssen, 

c)  die  Art  der  eventuellen  Imprägnierung  durch  einen  Buchstaben: 
C  =s  Kupfervitriol,  Q  =  Quecksilberchlorid,  K  =  Kreosot. 

4.  Für  die  Standpunkte  der  Stangen  dürfen  in  geraden  Strecken  nachfolgende  Maximalabstände 
nicht  überschritten  werden. 

Für  Linien  mit  einem  Gesamtquerschnitt  der  Leitungsdrähte  und  Schutzdrähte: 
nach  der  alten  Bestimmung: 

a)  von  100—200  qmir.  45  m, 

b)  von  200—800  qmm  40  m, 

c)  darüber  85  m ; 

nach  den  neuen  Bestimmungen: 

a)  bis  105  qmm  80  m, 

b)  über  105  bis  210  qmm  80  m, 

c)  bis  800  qmm  50  m, 

d)  über  800  qmm  40  m. 

Für  diese  Abstände  sind  die  Zopfstärken  der  Masten  nach  der  folgenden 

Formel  zu  berechnen:  Z  =  l,2yD.H.  Hierin  bedeutet  D  die  Summe  der  Durch- 
messer aller  an  dem  Mast  befindlichen  Leitungen  in  Millimeter  und  H  die 
mittlere  Höhe  der  Leitungen  über  dem  Erdboden  in   Meter. 

Müssen  infolge  besonderer  Umstände,  wie  z.  B.  bei  Flussübergängen,  aus- 
nahmsweise grössere  Stangenabstände,  als  vorstehend  angegeben,  genommen 
werden,  so  sind  entweder  Stangen  von  grösserer  Zopf stärke  oder  gekuppelte 
Stangen  anzuwenden.  In  Kurven,  bei  Kreuzungen  mit  anderen  elektrischen  Lei- 
tungen, mit  Eisenbahnen  und  bei  Wegüberführungen,  müssen  die  Stangenab- 
stände den  besonderen  Umständen  entsprechend  geringer  gewählt  werden.  Der 
Berechnung  der  Gestängekonstruktionen  ist  in  solchen  Fällen  eine  Bean- 
spruchung von  70  kg  pro  qcm  zugrunde  zu  legen.  Als  ungünstiger  Fall  ist  dabei 
eine  Windbelastung  von  125  kg  pro  qm  senkrecht  getroffener  Fläche  der  Lei- 
tungen und  der  Konstruktionsteile  anzunehmen.  Bei  zylindrischen  Körpern  ist 
die  Fläche  gleich  dem  0,7fachen  des  Durchmessers,  multipliziert  mit  der  Länge, 
«inzusetzen. 

Die  Lebensdauer  gewöhnlicher  fichtener  oder  kieferner  Masten  kann  nicht 
über  10  Jahre  veranschlagt  werden,  und  man  muss  darauf  rechnen,  dass  man  schon 
nach  5  Jahren  mit  der  Auswechslung  zu  beginnen  hat.  Dabei  ist  noch  vorausgesetzt, 
dass  die  Masten  im  Winter  gefallt  und  vor  der  Verwendung  unter  gehörigem  Schutz 
vor  Regen  und  Sonne  1 — 2  Jahre  in  der  Luft  getrocknet  sind. 

Bevor  der  rohe  Mast  zur  Aufstellung  gelangt,  muss  er  wenigstens  2 — 3  mal  von 
der  Wurzel  bis  etwa  50,0  cm  über  dem  Erdniveau  mit  Teer  gestrichen  werden. 


'*)  Dr.  C.  L.  Weber.  Erläuterungen  zu  den  Sicherheitsvorschriften.  Anhang  S.  205  (vgl.  Fuss- 
note  S.  1086)  u.  „Normalien  für  Fernleitungen"  gültig  ab  1.  1.  1908.  E.T.Z.  1907,  S.  825. 


1104  IH    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  WASBEBKRlRmr.    Eotzelheiteh. 

In  den  meisten  Fällen  verwendet  man  aber  imprägnierte  Mäste. 

Das  Imprignierungsverfahren  wird  am  besten  nicht  länger  als  10  Tage  nach 
dem  Fällen  vorgenommen,  andernfalls  mnss  der  Mast  bis  zur  Imprägnierung  unter 
Wasser  gelagert  werden. 

Es  sind  verschiedene  Imprägnierungsverfahren  im  Gebrauch. 

Am  häufigsten  werden  folgende  Verfahren  angewendet"): 

a)  Die  Tränkung  mit  Kupfervitriol: 

Entweder  durch  Dunpfdruck  oder  unter  Verwendung  eines  hochgestellten  Mieehbotticlis  wird 
eine  Lösung  von  V/t  Gewichtsteilen  Kupfervitriol  und  100  Gewichteteilen  Wasser  in  den  Hast  hinein- 
getrieben. Die  Tränkung  ist  beendet,  wenn  blaue  Flüssigkeit  am  Zopfeode  wieder  austritt  Dieses  wird 
dadurch  festgestellt,  dass  dae  Zopfende  mit  einer  Lösung  von  gelbem  Blutlaugensalz  (1  Gewichteten  auf 
100  Teile  Wasser)  bestrichen  wird,  worauf  sich  eine  rotbraune  Färbung  zeigen  muss.  Die  Dauer  der 
Trankung  betragt  je  nach  der  Lange  der  8tange  8  bis  14  Tage.  Die  Kosten  für  die  Tränkung  eines 
cbm  Holz,  das  etwa  9,5  kg  Kupfervitriol  aufnimmt,  belaufen  sich  auf  9,0  bis  10,0  Mk. 

Die  Lebeosdauer  der  getränkten  Stange  beträgt  etwa  12  bis  15  Jahre. 

ß)  Tränkung  mit  Zinkchlorid: 

Die  Stangen  werden  in  einem  luftdichten  Zylinder  2  Stunden  lang  heiseen  Wusenfinifeit  aas» 
gesetzt,  worauf  die  Luft  im  Zylinder  binnen  90  Minuten  bis  unter  528  mm  Quecksüberstand  verdünnt 
und  in  diesem  Zustande  80  Minuten  erhalten  wird.  Hierauf  wird  in  den  luftverdünnten  Raum  die  CUor- 
zinklosung  von  8°  Besame  eingeführt  und  ein  Druck  von  7  Atmosphären  eine  Stunde  lang  unterhalten. 
Zur  Prttfung  der  getränkten  Stange  wird  eine  Scheibe  abgeschnitten,  mit  Schwefelammeniam  behandelt, 
mit  Essigsäure  abgewaschen  und  mit  einer  sauren  Losung  von  salpetersaurem  Bleioxyd  bestrichen.  Die 
Flächen  färben  sich  dann,  da  Schwefelblei  gebildet  wird,  schwarz.  Lebensdauer  der  Stange«  8  b» 
12  Jahre. 

y)  Tränkung  mit  kreosothaltigem  Teeröl: 

Die  Stangen  werden  in  die  Träokungskessel  eingelegt;  in  letzteren  wird  die  Luft  auf  weniger 
als  000  mm  Quecksilberstand  verdünnt  Nach  10  Minuten  wird  das  angewärmte  Teeröl  unter  dauernder 
Luftverdünnung  eingeführt  und  langsam  erwärmt,  sodass  die  Temperatur  nach  8  Stunden  106  bis  110*  C 
beträgt.  Diese  Temperatur  wird  dann  eine  Stunde  lang  erhalten.  Dadurch  verdampft  das  Wasser  aus 
dem  Holze,  wird  in  einer  Kuhlvorrichtung  verdichtet,  aufgefangen  und  gemessen.  Sobald  das  Belx 
genflgend  ausgetrocknet  ist,  wird  das  Teeröl  mit  7  Atmosphären  Druck  in  das  Holz  gepresst»  bis  das 
Holz  für  den  cbm  800  kg  Teeröl  aufgenommen  hat.  Der  Siedepunkt  des  aus  Steinkohlenteer 
stellten  Teeröls  (spez.  Gewicht  nicht  unter  1,0  und  nicht  Über  1,1)  soll  zwischen  200  und  400* 
Der  Gebalt  an  sauren  in  Natronlauge  von  1,15  spez.  Gewicht  löslichen  Bestandteilen  muss  wen 
10°/o  betragen.    Lebensdauer  der  Masten  etwa  20  bis  80  Jahre. 

d)  Tränkung  mit  Quecksilbersublimat  (Kyanisierung): 

Die  Stangen  werden  in  grossen  Bottichen  10  bis  14  Tage  lang  in  eine  Lösung  von  1  Teil 
Sublimat  auf  100  Teile  Wasser  gelegt  und  dann  getrocknet.    Lebensdauer  bis  20  Jahre. 

Alle  Stangen  werden  am  besten  am  Zopfende  dachartig  abgestumpft  und  zweimal 
mit  heissem  Steinkohlenteer  angestrichen,  der  vor  dem  Erkalten  des  zweiten  Anstrichs 
mit  feinkörnigem  Sande  bestreut  wird.  Ein  anderer  Schutz  gegen  Eindringen  von 
Feuchtigkeit  in  die  Stange  kann  durch  aufgesetzte  Zinkkappen  bewirkt  werden. 

Es  ist  vorteilhaft,  auch  die  imprägnierten  Masten  vor  dem  Versetzen  mit  einem 
Anstrich  aus  Karbolineum  oder  Teer  zu  versehen. 

Die  Höhe  der  Masten  ergibt  sich  aus  der  Anzahl  der  anzubringenden  Drahte, 
ferner  aus  der  Art  der  Anbringung  (ob  untereinander  direkt  am  Mäste  oder  ob  unter- 
und  nebeneinander  auf  Querarmen),  aus  der  elektrischen  Spannung  zwischen  den 
Drähten  und  schliesslich  aus  der  Spannweite.  Nach  den  Verbandsvorschriften  sollen  die 
Masten    mindestens    1,5  m   tief  in    den    Boden   eingreifen.     Die  Eingrabtiefe    hangt 


«*)  Robert  M.  Friese.  Das  Porzellan  als  Isolier-  und  Konstraktionsmaterial  in  der  Elektro» 
technik.  Aufsatz  von  O.  Otto  und  E,  Stechern. 


§7.  Fbbhlbitungen.  1105 

natürlich  von  der  Beschaffenheit  des  Bodens  ab  nnd  wird  in  Deutschland  bei  einiger- 
massen  fester  Bodenart  meistens  zu  einem  Fünftel  der  Gesamtlänge  genommen. 
In  Frankreich  nnd  Italien  gilt  vielfach  als  Regel,  dass  man  einen  9,0  m  langen 
Mast  1,5  m  tief  einsetzt  nnd  für  jedes  Meter  Mehrlänge  15,0  cm  Mehreinsetztiefe 
hinzufügt. 

Die  Starke  der  Masten  richtet  sich  nach  ihrer  Höhe  und  nach  der  Belastung  durch 
die  Drähte  unter  Berücksichtigung  von  Wind,  Schnee  und  Eis  (S.  1150).  Wenn  man  als 
Mindestdurchmesser  am  Zopfende  18,0  cm  zugrunde  legt,  so  ergibt  sich  die  geringste 
Stärke  an  der  Wurzel  aus  der  Bedingung,  dass  die  Verjüngung  mindestens  1 : 1 10  be- 
tragen soll. 

An  einem  einzelnen  Holzmast  können  in  der  Regel  6—8  Hochspannungs- 
drähte und  ausserdem  zwei  Telephondrähte  bei  den  durch  die  Verbandsvorschriften 
gegebenen  Spannweiten  angebracht  werden,  im  übrigen  entscheidet  die  statische  Be- 
rechnung. 

Die  Sicherheitskommission  des  Verbandes  Deutscher  Elektrotechniker  hat  die 
Aufnahme  der  in  der  Fussnote97)  angegebenen  Erläuterungen  bei  der  Drucklegung  der 
Vorschriften  beschlossen. 

Die  deutliche  Kennzeichnung  der  einzelnen  Masten  durch  fortlaufende  Nummern 
ist  für  die  Unterhaltung  zur  Verhütung  von  Unglücksfällen  von  grosser  Wichtigkeit 
Zur  Ausführung  von  Reparaturen  können  bei  ausgedehnten  Anlagen  in  der  Regel  nur 
einzelne  Teilstrecken  von  dem  Krafthause  abgeschaltet  werden.  Damit  nun  die  zur 
Ausführung  der  Reparatur  ausgeschickten  Arbeiter  nicht  in  Zweifel  kommen  können, 
welcher  Teil  der  Leitung  abgeschaltet  ist,  muss  die  Nummerierung  deutlich  und  ein- 


*?)  „Die  hölzernen  Stangen  sind  im  Frühjahr  nnd  im  Herbst  jeden  Jahres  einer  Untersuchung 
in  bezog  auf  die  Beschaffenheit  des  Holzes,  den  senkrechten  Stand  der  Stangen,  den  Znstand  der  Ver- 
stärknngsmittel  der  Stangen  und  der  Isolatorenträger  zu  unterziehen.  Die  Beschaffenheit  des  Holzes  ist 
hierbei  durch  Beklopfen  der  Stangen  in  der  Höhe  von  1,5  bis  2,0  m  über  dem  Erdboden  mit  einem 
harten  Gegenstand  zu  prüfen;  geben  die  Stangen  einen  hellen  Ton,  so  kann  das  Holz  im  allgemeinen 
als  gesund  betrachtet  werden.  Ist  jedoch  der  Ton  dumpf,  so  ist  noch  eine  nähere  Untersuchung  des 
Holzes  in  der  unten  angegebenen  Weise  vorzunehmen. 

Als  schadhaft  befundene  Stangen  sind  auszuwechseln;  Bchiefstehende  Stangen  sind  gerade 
zu  richten,  lockere  Anker,  mangelhafte  Streben,  lockere  Isolatoren  und  Träger  entsprechend  zu  re- 
parieren. 

In  den  ersten  10  Jahren  hat  jeden  zweiten  Herbst  eine  genauere  Prüfung  des  Stangenmaterials 
zu  erfolgen,  während  nach  Verlauf  von  10  Jahren  eine  solche  genaue  Prüfung  jeden  Herbst  durch- 
zuführen ist.  Zu  diesem  Behnfe  sind  die  Stangen  auf  eine  Tiefe  von  20  bis  25  cm  mittels  Aufgraben 
freizulegen  und  ist  dann  mittels  Einstossen  eines  geeigneten  spitzen  Instrumentes  (Stichel,  feststehende 
Messer  usw.)  in  den  Stangenkörper  der  Zustand  der  Holzfaser  zu  prüfen;  derselbe  lässt  sich  aus  dem 
Widerstand,  den  das  Holz  diesem  Eingriffe  entgegensetzt,  gewöhnlich  leicht  feststellen.  Stangen,  welche 
trotz  des  gesunden  Holzes,  das  sie  ftusserlich  zeigen,  doch  beim  Beklopfen  mit  einem  harten  Gegen- 
stande einen  dumpfen  Ton  geben,  lassen  auf  Kernfäule  schliessen  und  ist  das  Stangeninnere  durch 
Anbohren  mit  einem  Bohrer  von  höchstens  5  mm  Stärke  und  Prüfen  des  Bohimehles  näher  zu 
untersuchen. 

Falls  die  Beschaffenheit  des  Bohrmehles  zu  Bedenken  keinen  Anlass  gibt,  ist  das  Bohrloch 
durch  Einschlagen  eines  Stiftes  aus  hartem  Holz  wieder  zu  verschliessen.  Bei  Stangen  bis  zu  einer 
Gesamtlänge  von  11,0m,  welche  weder  verstrebt,  noch  verankert  sind,  kann  die  Untersuchung  auf 
Kernfäule  in  einfacherer  Weise  dadurch  vorgenommen  werden,  dass  gegen  das  obere  Ende  der  Stange 
und  rechtwinklig  zur  Leitungsrichtung  eine  Stützgabel  gespreizt  und  mit  Hilfe  letzterer  die  Stange  in 
massige  Schwingungen  versetzt  wird,  wobei  faule  Stangen  ein  leichtes  Krachen  oder  Knistern  dicht  über 
dem  Erdboden  vernehmen  lassen." 

Handbuch  d«r  Ing.-WiutttMh.    in.  Teil.    IS.  Bd.  70 


1106  IIL    Theodor  Kokun.     Ausbad  tobt  WasbekcbIftgit.     Edtzelheiteb. 

dentis   Mm-     Wenn   zwei    dreizifferige    Zahlen  nicht  mehr  ausreichen,   so   werden   am 
besten  Bachstaben  and  Ziffern  zusammengestellt. 

Taf.  LXXXII,  Fig.  1  stellt  einen  Holzmast  mit  3  Isolatoren,  Fig.  2  einen  solchen 
mit  6  Isolatoren  der  Anlage  Champ  (Füre  et  Morge)  dar.  Fig.  6  zeigt  einen  Holz- 
mast  mit  hölzernen  Querarmen  für  6  Drahte  nebst  Anbringung  eines  eisernen  Rahmens 
für  Schatsdrahte.  Die  Holzarme  ebenso  wie  die  eisernen  Rahmen  für  die  Schatzdrähte 
sind  bei  dem  letzterwähnten  Mast  an  diesen  durch  Schellen  befestigt  nnd  etwas  in 
den  Hast  eingelassen.  Ihre  Verdrehung  wird  durch  eine  Yierkantechraabe  oder  durch 
Streben  Terhindert. 

Die  Fangbüge],  wie  sie  in  Fig.  1  and  2  dargestellt  sind,  sollen  verhindern,  daes 
beim  Brach  eines  Isolators  ein  Draht  von  einem  Hast  ganz  herunterfallen  nnd  sich 
dann  dem  Erdboden  über  das  erlaubte  Mass  nahern  kann.    Bezüglich  der  Fangbügei 

schreiben  die  Sicherheitsvorschriften 
Abb.  411.    Befestigung  eines  Isolator«  am  Holzmaat  bei  der    vnr . 

Anlag«.  Morbegno  (20000  Volt,  S.  898).  TWr'  __ 

Bai  Winkelponkten  sind  Famg- 
bOgel  anzubringen,  welche  beim  Brach  vaa 
Isolatoren    das   Herabfallen    der   tj»«^^. 


In  Frankreich  und  in  ver- 
schiedenen Kantonen  der  Schweiz 
waren  früher  für  alle  Masten  solche 
Fangbügel,  die  überdies  auch  bei 
hölzernen  Masten  noch  geerdet  sein 
mussten,  vorgeschrieben.  Neaerdingi 
beschränkt  man  sich  auch  hier 
meistens  auf  die  Forderungen  der 
der  deutseben  Vorschriften. 

Abb.  411  zeigt  die  Anbringung 
der  Isolatoren  am  Mast  bei  der  An- 
lage Mo  rbegno  (20000  Volt).  Die 
Isolatorenstützen  Bind  hier  nicht  in 
den  Mast  eingeschraubt,  sondern  sie 
umfassen  ihn  mit  zwei  eisernen 
Backen  und  durch  die  Backen  und 
den  Mast  ist  ein  Bolzen  gezogen.  Auf  diese  Weise  ist  ein  Verdrehen  der  Isolatoren- 
stützen nicht  möglich. 

Wie  die  2  X  3  Hochspannungsdrähte  bei  der  Fernleitung  Marbacb.-Stuttgs.rt 
untergebracht  sind,  zeigt  Abb.  412. 

Die  Versteifung  von  hölzernen  Einzelmasten  an  den  Winkelpankten  der  Leitung 
erfolgt  meistens  durch  Holzstreben  (Taf.  LXXXII,  Fig.  4  u.  6). 

Wenn  der  Platz  zur  Anbringung  einer  Strebe  fehlt,  so  kann  anstelle  derselben 

eine  Eisenarmierung,  ähnlich  derjenigen  nach  Taf.  LXXXII,  Fig.  13  angewendet  werden 

Bezüglich   des  Ankerdrahtes  schreiben    die  Sicherheitsvorschriften  des  Verbandes  vor: 

Bei   Freileitungen,   die   1000   Volt  oder  mehr   füliren,   sind   Anherdrfthte   von  HolsmaMea   n 

erden  oder  mit  laverllsaigen  Abspann iaolatoren  über  Raichhohe  xo  versehen  etc. 

Hölzerne  Doppelmasten  werden  entweder  wie  in  Taf.  LXXXII,  Fig.  7  strebeoartis; 
gegeneinandergestellt  und  am  Zopfende  verbolzt,  oder  sie  werden,  wie  ans  Taf.  LXXXII1 


7.  ;  Fermlrituwqen.  1107 

Fig.  6*  ersichtlict,  parallel  zoeinandergestellt  ond  mit  Quertra^ersen  ans  Eisen  oder 
Hob  Terbnnden.    »Letztere  Art  kann  man  im  allgemeinen  als  die  bessere  bezeichnen. 

Ein  hölzerfies   Doppelgestänge  mit  gespreizten  Masten  wurde  neuerdings  unter 
anderem  bei  der  Kraftübertragung  Caffaro-Brescia  (Abb.  413)  Terwendet"),  und 


**}  SchweiMrische   Elektr.  Zaitachr.   1907.   i.  Jahrg.  S.  2,  18.  27,  87  und  Elektr.  Zeitscbr.  v. 
.  Sept.  1907.   3.  950.    Du  Krtfthana  befindet  nch  im  Giadicaria  Tal  in  Pont«  Cnffaro  und  ist  für 


1108  III.     Theodor  Kokhn.     Ausbau  vom  Wasserkräften.     Fjkxki.hpjtem. 

zwar  nur  auf  den  geraden  Strecken.  An  Stellen,  wo  grössere  Spannweiten  zu  über- 
winden waren,  wurde  das  Gestänge  aus  drei  in  einer  zur  Leitungsführung  senkrechten 
Ebene  angeordneten  und  durch  Versteifungen  miteinander  verbundenen  Mannesman n 
röhren  gebildet.     An  den  Knickpunkten  kamen  Gittermasten  zur  Ausführung. 

Bei  Doppelgestängen  mit  parallelen  Masten  richtet  sich  die  Entfernung  der 
beiden  Masten  nach  der  Anzahl  der  Isolatoren,  welche  zwischen  den  Masten  an  einen: 
Querarm  angebracht  werden  sollen.  Ist  der  Grunderwerb  teuer,  so  wird  nun  die 
Entfernung  der  beiden  Masten  voneinander  so  klein  wie  möglich  zu  wählen  Sachen, 
demnach  die  Anzahl  der  untereinanderliegenden  Quer- 
arme  so  gross  wie  möglich  machen  und  nur  einen  Teil 
der  Isolatoren  zwischen  den  Masten,    den  Rest  aber 


'■J?*^**  *°*_?^n,"."^*n?:     ausserhalb  auf  den  konsolartig  vorstehenden  Armteiteo 


*  —  KOlmrosr  Doppvlmut 
b   =   Einornei  ßejÜÖg*  HlKuiiniu 
rShron    fUr  grosso   Spinnwoiten  i 

««■*■  «*•<*«■  unterbringen. 

Abb.  414  stellt  ein  hölzernes  Doppelgestange  auf 
den  geraden  Strecken  der  Kraftübertragung  Cellina- 
Venedig  dar.  Bei  einer  verhältnismässig  kleinen 
Anzahl  Drähte  ist  diese  Art  der  Verteilung  der  Drähte 
für  die  Montage  vorteilhafter  als  z.  B.  die  Verwendung 
von  mehreren  Querarmen  untereinander  wie  auf  Taf. 
LXXXIII,  Fig.  5a,  weil  man  den  Draht  von  aussen 
seitlich  auf  die  Isolatoren  heben  kann,  bei  der  letzt- 
erwähnten Art  aber  von  vorn  durchziehen  mnss**]. 

Ein  etwa  notwendiger  Fangrahmen  kann  ent- 
weder an  den  Querarmen  selbst  angebracht  werden  oder 
man  kann  die  beiden  den  oberen  Dreiecksverband  des 
Gestänges  bildenden  Profileigen  (Taf.  LXXXIII,  Fig.  5a 
oder  die  Holzzangen  (Abb.  414)  über  die  Masten  hinaus 
M  soweit  verlängern,  dass  jeder  etwa  gebrochene  Draht 

aufgefangen  wird. 
Statt  des  Dreiecksverbandes  ans  Profileisen  oder  Holzzangen  kann  man  natürlich 
auch  kreuzweis  gespannte  Drähte  zwischen  den  Masten  eines  Gestänges  anbringen.  Die 
Drähte  sind  mit  Spannschlössen)  zu  versehen  und  greifen  an  Ösen  an,  welche  an  den 
die  Masten  umschlingenden  eisernen  Halsbändern  ausgebildet  werden.  Solche  eiserne 
Versteifungssvsteme  wird  man  so  hoch  zu  legen  suchen,  dass  ihr  tiefster  Punkt  ausser 
Beichhöhe  bleibt,  also  nicht  weniger  als  3,0  m  von  der  Erde  entfernt  ist  Anderenfalls 
ist  eine  Isolierung  gegen  die  Masten  durch  Abspannisotatoren  erforderlich. 

Die  zulässige  Spannweite  bei  hölzernen  Doppelmasten  hängt  von  der  gewählten 
Starke  der  Masten  ab. 

ungefähr  10000  PS«  bei  250  m  Gefille  eingerichtet.  Im  BTrafthauae  können  5  Meachineugruppen  voi 
je  3500  PSa  aufgestellt  werden.  Die  Kraft  Ist  für  eine  Sodafabrik  and  für  die  Versorgung  der  Stadt« 
Brescia,  Cremona  nnd  einer  Reihe  kleinerer  Orte  bestimmt.  Die  Spannung  in  der  Fernleitung  betragt 
40— 45000  Volt.    Je  swei  Dritte  derselben  Phase  sind  zusammengelegt. 

*•">)  G.  H.  Semem»,  Mailand:  Les  Installntions  Hydro-Electriquee  de  la  Haute  Italie,  Extrau 
des  memoirea  de  la  Societe  des  Ingenieurs  Civiles  de  France,  Paris  1905.  Das  Krafthana  an  Aei 
Celliua  liegt  etwa  90  km  von  Venedig  entfernt.  Die  Cellina  ist  ein  kleiner  Gebirgsfluss  der  Frianler 
Alpen.  Durch  eine  Staumauer  von  I&m  Hohe  and  durch  einen  Werkkanal  von  11  km  Lange,  Jansen 
gröaste  Wasserführung  auf  18  cbm/sek.  berechnet  ist,  ist  ein  Gefille  von  57  in  gewonnen.  In  Kraft- 
hause sind  6  Gruppen  von  je  2600  PS.  nnd  350  Um  1. /Min.  aufgestellt.  Die  Maschinen  liefern  den  Dreb- 
strom  mit  2000  Volt.    Die  LeitnngBspannnng  bebragt  80000  Volt. 


§  7.  FsBBLBmnroEir.  1109 

Eckpunkte  werden  bei  den  gespreizt  gegeneinander  gestellten  hölzernen  Doppal- 
masten  entweder  durch  eine  dritte  besw.  vierte  Stütze  oder  durch  eiserne  Ankerdrähte 
versteift.  Bei  den  Doppelgest&ngen  nach  dem  Muster  von  Fig.  6a,  Taf.  LXXXIII  und 
Abb.  414  können  stark  beanspruchte  Eckpunkte  durch  Hinzufügung  zweier  weiterer  Masten 
in  Form  eines  im  Grundriss  viereckigen  Gerüstes  mit  eisernen  Querverbänden  ausgeführt 
werden.  Da  aber  derartige  versteifte  hölzerne  Eckmasten  sowohl  wegen  des  Platz- 
bedarfes (Grunderwerb}  als  auch  wegen  des  Material-  and  Arbeitsaufwandes  recht  teuer 
werden,  so  zieht  man  meistens 
vor,  »•>  grö™er.n  Kaickpurirten  Akt-  «"•    *""™Sl£2?vS35"  **  F,ml"'""! 

anch    in    einem   sonst   ans  Holz  

gebildeten  Gestänge  eiserne  Gitter- 
masten za  verwenden. 

Bei  der  Anlage  der  Was- 
hington Water  Power  Com- 
pany in  Spokane  (Washing- 
ton) musste  an  einer  Stelle  das 
1000  m  breite  Bett  des  St. 
Joseph-Flusses  in  der  Nähe 
seiner  Mündung  in  den  Coeur 
d'Alene-See  mit  der  Fern- 
leitung überschritten  werden"). 

Es  wurden  zn  diesem 
Zwecke  Pfahlrostbündel  ans 
fünf  Pfählen  hergestellt,  derart, 
dasa  der  mittlere  Pfahl  von  den 
vier  anderen  Pfählen  mit  Hilfe 
von  eisernen  Ringen  und  Bolzen 
gehalten  wurde.  Der  Mittelpfahl, 
welcher  das  Gestänge  trägt,  ist 
1,80  m  tiefer  als  die  anderen 
Pfahle  in  die  Flu&sohle  einge- 
trieben. Auf  diese  Weise  war  es 
möglich,  die  Flussbreite  in  einer 

Anzahl  Öffnungen,  deren  grösste  eine  Spannweite  von  145,0  m  hatte,  zu  überschreiten, 
die  Drähte  aber  noch  so  hoch  zu  legen,  dass  sie  sich  weit  oberhalb  der  Schlote  der 
den  Fluss  befahrenden  Boote  befinden. 

Anf  Strecken,  welche  stark  ansteigen,  wird  ein  Doppelgestänge,  wenn  es  ans  zwei 
gespreizt  gegeneinander  stehenden  Doppelmasten  besteht,  durch  Hinzufugung  eines 
dritten  Mastes  und  Bildung  eines  Dreibeins  versteift,  wie  z.  B.  bei  der  alten  Fernleitung 
'  der  Anlage  La  Gonle  (Abb.  64,  S.  401  u.  402).  Der  dritte  Mast  ist  dann  mit  dem 
Doppelgestänge  oben  zu  verbolzen  oder  sonst  sicher  zu  befestigen  und  im  Boden  zn  ver- 
ankern. Bei  Doppelgestängen  mit  parallelen  Masten  wird  man  die  Versteifung  bei  steil 
ansteigendem  Terrain  am  besten  durch  Ankerdrähte  herbeiführen. 

Da  das  Verfaulen  der  Holzmaaten  an  der  Stelle,  wo  sie  in  den  Boden  eindringen, 
am  schnellsten  vor  sich   geht,*  der  in   der  Luft   befindliche  Teil   aber  oft  noch  gut 

>o]  Reisebericht  vob  Clarence  Feldman*.  E.T.Z.  1904.  S.  S&7.  Die  aornalra  Maaten  ata« 
10,7  m  lang  und  1,88  m  tief  eiageUaMn.  Ei  und  im  Winter  gefällte  Zedern  van  80,5  cm  Du.  am 
Fönende  und  20,8  ran  am  Zopfeude. 


1110  HL     Theodor  Koehm.     Ausbau  von  W*< 

und  tragfähig  ist,  wenn  die  Auswechslung  notwendig  wird,  sind  zur  Verbilligung  dei 
Mastersatzes  eine  ganze  Anzahl  von  Konstruktionen  erdacht  and  angewendet,  um  dm 
schadhaften  Fuss  des  Mastes  durch  Eisen  zu  ersetzen.  Die  hiermit  gemachten  Erfah- 
rungen lassen  es  ratsam  erscheinen,  bei  Neuanlagen  durch  eine  Vergleichsrechmmg  tob 
vornherein  zu  prüfen,  ob  nicht  die  Ver- 
Abb  415.  ll*etfu»saiwBetonimdEi»snnsch  Kastler.     wendung  kürzerer  hölzerner  Masten 

mit  Füssen  aus  Eisen  oder  aus 
Eisen  und  Beton  vorteilhafter  ist 
als  die  Verwendung  längerer, 
direkt  in  den  Boden  gesteckter 
Holzmasten.  Die  Figuren  8,  9,  10,  11 
und  12,  Taf.  LXXXII")  und  Abb.  415 
geben  einige  derartige  Konstruktionen 
wieder.  Die  in  Fig.  11  dargestellte  Kon- 
struktion wurde  z.  B.  bei  der  Anlage 
Ceres  Ala  verwendet. 

Bei  den  Konstruktionen  nach  Fig.  * 
9,  10  und  12  kommt  der  Mast  mit  dem 
Boden  in  gar  keine  Berührung  und  infolge- 
dessen muss  sich  die  Lebensdauer  erheb- 
lich v  ergrösser n.  Man  rechnet  nicht  zu 
■  ,    günstig,  wenn  man  den  Gewinn  an  Lebens- 

dauer auf  10  Jahre  veranschlagt. 

Bei  der  Konstruktion  nach  Fig.  11 
kann  man,  wenn  das  untere  Ende,  welch»-- 
in  den  Betonkörper  hineinragt,  fanl  ge- 
worden, den  Mast  heben  und  nach  Be- 
seitigung des  angefaulten  Stückes  wieder 
in  die  alte  Stellung  zurückbringen.  Man 
muss  nur  von  vornherein  anf  eine  etwas 
grössere  Länge  der  Holzmasten  Bedacht 
nehmen. 

Abb.  415  zeigt  einen  von  dem 
Ingenieur  M.  Käst ler  in  Zürich  vorge- 
schlagenen Mastfuss**}. 

Deraelbw  besteht   ans   einem    viereckigen 
Betonkörper,   der  je  nach  der  Lina«  des  Holt 
mastea  1,50  bis  2,0  m  in  den  Boden  hinein  ud 
etwa  SO  bis  80  cm  Ober  Terrain  empo macht-    In 
|      festem  Boden  braucht  dieser  Betonkörper  nur  ein* 
Seitenlange  zu   haben  von  ungefähr  dem  Durch- 
messer   des    unteren   Hastendes.     Die   Verbindung   des  Maates    mit    dem   Betonsockel   geschieht   durch 
4  Eisenschienen  ans  Flacheisen,  welche  mit  dem  Mast  und  dem  Betonsockel  verbotst  werden.    Soll 
ein  Hokinast  a ilagewechselt  werden,  so  werden  die  Isolatoren  gelost  und  die  Bolzen  aus  dem  Fun  her- 
ausgenommen.   Es  genügt  die  Fortnahme  einer  Eisenschiene,  um  den  alten  Mast  heranssanehmen  und 
einen  neuen  einiusetzen.    Nach  Kastler  soll  es  möglich  sein,  den  Mast  einer  Linie  mit  3  Drahten  in 
15  bis  20  Hinuten  aus  zu  wechsele. 


■  >)  Z.  A.  Ver.  deutscher  Ing.  1901.  S.  66S  n.  567. 
■t)  Elektrotechn.  Zeitscbr.  1905.  S.  1143. 


§  7.  Febnlbitukoem.  Uli 

Es  wurde  bereits  gesagt,  das«  man  nur  in  ganz  festem  Boden  Holzmasten  direkt 
in  ein  mit  dem  Bohrer  ausgehobenee  Loch  einlassen  darf.  Bei  weicheren  Bodenarten 
umgibt  man  den  Mast,  soweit  er  in  den  Boden  eindringt,  mit  einem  Schotterbett  oder 
einem  Betonschlag,  um  den  Druck  pro  Flächeneinheit  anl  die  Mastlochwände  zu  ver- 
kleinern. Der  Beton  braucht  nicht  fett  zu  sein,  es  genügen  vielmehr  100 — 160  kg 
Zement  auf  1  cbm  Beton.  Damit  das  Wasser  gut  abgeführt  wird,  bildet  man  den 
Betonschlag  am  oberen  Ende  kegelförmig  aus.  Zum  Schutze  der  Stelle,  wo  der  Mast 
in  den  Boden  oder  in  den  Beton  eindringt,  hat  man  wohl  noch  die  Anbringung  von 
Zinkkappen  vorgeschlagen.  Aber  abgesehen  davon,  dass  solche  Zinkkappen  sehr  häufig 
gestohlen  werden,  ist  ihre  schützende  Wirkung  auch  sehr  gering. 

Ein  roher  kieferner  Holzmast,  im  Winter  geschlagen  und  gut  gepflegt,  kostet 
bei  9,0  m  Gesamtlänge  und  0,18  m  Zopfstärke  beim  Lieferanten  etwa  8 — 12  Mk. 

Holzmasten  von  12,0  m  Gesamtlänge  und  0,20—0,22  m  am  Zopf  ende  kosten 
etwa  25—30  Mk.  Das  Eisen  und  Holz  für  die  Querarme  sowie  die  Transportkosten 
sind  besonders  zu  berechnen. 

b)  Eiserne  Leitungsmasten.  Eiserne  Leitungsmaste  für  längere  Strecken 
werden  fast  stets  als  Gittermasten  ausgebildet  Röhrenförmige  vollwandige  Eisenmasten 
sind  bis  jetzt  des  Preises  wegen  im  allgemeinen  nur  da  in  Betracht  gekommen,  wo  es 
sich  bei  Durchquerung  von  städtischen  Strassen  um  Fragen  des  besseren  Aussehens 
handelte.  Gewissermassen  als  eine  Ausnahme  kann  das  aus  drei  gespreizten  Mannes- 
mannröhren  hergestellte  Gestänge  der  Kraftübertragung  Caffaro-Brescia-Cremona 

gelten,  welches  in  Abb.  413  b  dargestellt  ist. 

Die  normale  Spannweite  bei  eisernen  Gittermasten  beträgt  bis  jetzt  60—80  m, 
indessen  geht  in  neuester  Zeit  das  Streben  dahin,  die  Spannweiten  zu  vergrössern,  um 
die  Zahl  der  Isolatoren  zu  verringern. 

Ein  gutes  Beispiel  für  die  Befestigung  der  Isolatoren  auf  Holzarmen  bieten  die  in 
Fig.  14  auf  Taf.  LXXXH  und  Abb.  416  dargestellten  eisernen  Gittermasten  der  Anlage 
Vizzola.  Abstand  und  Länge  der  Holzarme  ist  so  gewählt,  dass  die  Isolatoren  in  den 
Spitzen  eines  gleichseitigen  Dreiecks  liegen  (Spannung  11000  Volt).  Die  normale  Ent- 
fernung der  Masten  beträgt  70 — 75  m.  Für  die  im  Frühjahr  1907  dem  Betriebe  über- 
gebene  ca.  170  km  lange  Fernleitung  von  Brusio  nach  dem  Konsumgebiet  der  Anlage 
Vizzola  (40—45000  Volt,  vergl.  S.  1084)  wurden  stärkere  Masten  und  normale  Spann- 
weiten von  100,0  m  gewählt.  Die  Kosten  dieser  Masten  selbst  betrugen  ab  Werk  ca. 
35—38  Lire  pro  100  kg. 

Für   die   Fernleitung  vom   Krafthause   Novalesa    an    der    Cenischia   bis 

Turin   (Spannung  30000   Volt)    sind    die   Gittermasten   selbst   ähnlich   wie    die   von 

Vizzola,  nur  leichter  konstruiert  (S.  377). 

An  jedem  Mast  befinden  sich  9  Hochspannungsisolatoren  und  zwar  auf  einer  Seite  5,  auf  der 
anderen  4,  welche  einzeln  auf  kurzen  konsolartigen  Holzarmen  sitzen.  Letztere  sind  im  Aufrias 
0,725  m  voneinander  entfernt  und  soviel  betrigt  auch  die  Entfernung  der  im  gleichseitigen  Dreieck 
angeordneten  Drähte  voneinander.  Das  Gewicht  eines  Mastes  schwankt  zwischen  etwa  420  kg 
bei  kleinster  Höhe  und  Spannweite  und  1700  kg  für  Eckmasten  von  grOtster  Höhe  und  Spannweite. 
Die  Masten  haben  eine  normale  Hohe  von  11,87  m;  sie  sind  alle  in  einen  Kalkbetonsockel  gestellt  und 
ihre  normale  Entfernung  voneinander  betragt  75,0  m. 

Bei  der  Anlage  Funghera  wurden,  wie  neuerdings  sehr  häufig,  statt  der  Be- 
festigung der  Isolatoren  auf  Holzarmen  eiserne  Isolatorenhalter  verwendet,  welche  mit  zwei 
Backen  den  Mast  umfassen  und  mit  ihm  verschraubt  sind,  ähnlich  wie  es  für  Holzmasten 
die  Abb.  411,  S.  1006  zeigt.    Die  normale  Höhe  der  Masten  beträgt  12,65  m. 

Sogenannte  elastische  Gittermasten  wurden  von  der  Societä  Conti  per  im- 
prese  elettriche  für  die  Kraftübertragung  von  Zogno  am  Brembo  nach  Monza 


1112  IIL     Theodos  Koehn.     Ausbad  vom  WASBXRJKKin-sti.     Eiwzei-heitkw. 


AU).  416.    Einzelheiten  eines  Gittermastes  der  Fernleitung  Vizzola   (vergl.  Taf.  LXXXII,  Fig.  14  and 


§  7  Fsnumm  an.  1113 

and  für  die  Kraftübertragung  von  Trezzo  an  der  Adda  nach  Monza  und  Mailand 
verwendet  (vergl.  Abb.  41?  and  418)**). 

Die  leichten  Masten,  bei  denen  durch  sorgfältige  Rechnung  jede  Materialver- 
schwendung vermieden  ist,  sind  zusammengesetzt  aus  zwei  parallelen  U-Eisen,  welche 
durch  ein  Gitterwerk  miteinander  verbanden  sind.  Da  diese  lotrechten  U-Eisen  bei 
den  Masten  von  Zogno  2,0  m,  bei  den  Masten  von  Trezzo  2,3  m  auseinander  stehen, 
so  sind  die  Masten  gegen  senkrecht  zur  Leitnngsrichtnng  auftretende  Kräfte  sehr  steif, 

Abb.  417.      Gittermasten   der  Kraft-  ...    „„      __  ,       .      _    „_v 

Übertragung  von  Zogno   im  Brembo  Abb.  418.    Gittermasten  der  XrafUber- 

und  Treiio  a.  d.  Adda  nach  Honxa  tragung  Tretio  a.  d.  Adda  nach  Modi* 

und  Mailand. 


>*)  0.  M.  Sememe,  Hailand:  Le*  installetions  Hydro-Eloctriques  de  la  Haute  Italie.  Extrait 
dee  memoires  de  la  Societe  des  Ingenieurs  Civil««  de  France.  Paria  1905.  Das  Krafthans  der  Societa 
Conti  bei  Zogno  liegt  oberhalb  der  im  Kap.  II,  8.  860  n.  ff.  beschriebenen  Anlage  Bergamaeca 
am  Brembo.  Das  Krafthaus,  welche«  im  Oktober  1904  in  Betrieb  geseilt  wurde,  enthalt  4  Gruppen  von 
je  3000  FS.  mit  850  Uml.Miu.    Die  Entfernung  Ton  dem  KrafUmse  nach  Moni»  betragt  etwa  60  km. 

Bei  der  Anlage  Treiao  an  der  Adda  wurde  durch  Errichtung  eines  Wehres  an  einer  Strom- 
schnelle ein  Gefalle  von  8,0  m  gewonnen  und  bei  40  cfam/sek.  neunmonaÜicher  Wassermenge  sind 
3200  PS»  verfügbar.  Aus  besonderen  Bucksichten  auf  die  örtlichkeit  wurden  stehende  Turbinen 
mit  105  Uml./Hin.  gewählt  Die  elektrischen  Haschinen  liefern  direkt  12000  Volt,  welche  Spannung 
auch  fflr  die  Fernleitung  beibehalten  wurde. 

Die  Societa  Conti  ist  mit  der  grossen  Edison-  Gesellschaft  in  Hailand  eng  liiert  und   liefert  für 


1114         III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  vom  W. 

dagegen  können  sie  sich  in  Richtung  der  Leitung  an  der  Spitze  am  40  cm  im  der 
Lotrechten  herausbiegen ,  ohne  die  Elastizitätsgrenze  zn  überschreiton.  Bei  der  Be- 
rechnung der  Masten  ist  man  davon  ausgegangen,  dass,  sobald  sich  nach  Brach  eines 
Drahtes  zwischen  zwei  Masten  der  Mast  krümmt,  alsdann  durch  den  vergrößerten  Durch- 
hang der  nächstfolgende  Mast  gleichfalls  einseitig  stärker  beansprucht  wird  und  sich 
deshalb  nach  der  gleichen  Richtung,  nur  nicht  so  stark  wie  der  Mast  am  gebro- 
Fernleitung  des  Kanderwerkea  am  Thunersee.  ebenen    Felde     biegen 

wird  nnd  ebenso  der 
dritte  und  vierte. 

Diese  einfachen 
Masten  M)  konnten  aller- 
dings nur  für  gerade 
Strecken  in  der  Ebene 
Verwendung  finden.  Bei 
der  Anlage  Zogno  am 
Brembo  mosste  aber 
das  Gebirge,  welches 
das  enge  Brembo-Tal 
einscUiesst,  überschrit- 
ten werden,  nnd  es 
waren  hier  zum  Tei! 
sehr  breite  (bis  zu  280  m 
Spannweite)  Schluchten 
zu  überspannen.  Für 
diese  Strecke  sind  er- 
heblich stärkere  eiserne 
Gestänge  zur  Ausfüh- 
rung gekommen  (vergl. 
Abb.  432). 

Ein  gutes  Bei- 
spiel für  einen  grossen 
Mast  mit  Platz  für 
20  Isolatoren  bilden  die 
aufTaf.LXXXULTig.i 


der    Anlage    Champ 

(Füre     et      Morge 

(Spannung  26000  Volt; . 

An  diesen  Hasten   finden   die  Leitungen    zweier   verschiedener  Gesellschaften  platz,    und   zwar 

ist  für  jede  Gesellschaft  eine  Maatseite  vorbehalten.    Die  Leitung  Legt  zwischen  Champ  bei  Greeobk 

nnd  Heirans.    Die  Hohe  der  Maaten  betragt  13,60  m,  wovon  1,90  m  im  Boden  stecken,  sodass  die 

SpiUe  noch  11,70m  ober  Terrain  hervorragt    An  der  Basis  sind  die  Masten 0,8m  auf  0,8  m  breit    Die 

Lyra  des  Schutirahmena  ist  8,70  m  hoch  nnd  3,4  m  breit    Die  Isolatoren  sind  so  verteilt  das»  ihre 

Linien  durch  die  Spitze  eines  gleichseitigen  Dreiecks  von  0,70  m  Seitenlange  gehen.    Um  das  Arbeiten 

an   den  Drahten  einer  Seite   ra   ermöglichen,   ohne  die  Drahte   der  anderen  Seite  stromlos  zn   machen. 

ist  zwischen  den  beiden  Drahtbfindeln  ein  in  einer  senkrechten  Ebene  befindliches  Schatznetz  an»  Draht 

gezogen,  weichet  sorgfaltig  geerdet  ist 

**)  Die  Maaten  nach  Abb.  417  der  Anlage  Zogno  sollen  120  Lire  pro  Stade  gekostet  haben. 
In  grosseren  Abstanden  werden  bei  derartigen  Anlagen  wegen  der  Montage  steife  Ahapaan- 
maaten  nötig. 


|  7.  FxBSLsrruHQEzr.  1115 

Recht  zweckmässig  and  einfach  sind  auch  die  Gittermasten,  welche  zur  An- 
bringung der  Isolatoren  an  ihrem  oberen  Ende  vertikale  Holzsäulen  tragen,  wie  z.  B. 
die  Hasten  der  auf  Tai.  LXXXHI,  Fig.  5  nnd  5a  dargestellten  Eisenbannfiberffibrnngen 
einer  Fernleitung  des  Kraftwerkes  La  Dernier-Vallorbe  (25000)  and  einer  Fern- 
leitung des  Kanderwerkes  (16000  Volt).  Bei  der  Fernleitung  des  Kanderwerkes 
von  Spiez  nach  Thun  längs  des  Thoner  Sees  (16000  Volt)  wurden  Gittermasten  mit  je 
einer  HolzAule  zn  bei- 

den  Seiten  des  Mastes  Abb-  *19'  0berfBh"n«  *"  ^Ä*  der  Aak«9  H,gMck  flber  *" 
verwendet  (vergL  Abb. 
84,  S.  441,  welche  " 
auf  S.  1114  wieder- 
holt ist).  An  dem  am 
Hast  parallel  mit  der 
Leitongsrichtung  ange- 
brachten eisernen  Rah- 
men sind  die  Drähte 
von  gnt  geerdeten 
Schatznetzen  befestigt, 
welche  wie  bei  der 
Fernleitung  C  h  a  m  p- 
Hoirans  ermöglichen 
sollen,  Reparaturen  an 
der  einen  Seite  des 
Schutznetzes  auszufüh- 
ren ,  ohne  die  Hoch- 
spannungsleitungen der 
anderen  Seite  auszu- 
schalten. 

Ein  Doppelge- 
stänge mit  Masten  ähn- 
licher Konstruktion 
wurde  für  die  Über- 
führung der  Fernleitung 
der  Anlage  Hagneck 
über  den  Aarekanal 
verwendet  (Abb.  419). 

Ein  gutes  Beispiel  eines  eisernen  Doppelgestängea  mit  hölzernen 
Querträgern  zeigt  die  auf  Taf.  LXXX1II,  Fig.  2  dargestellte  Fernleitung  der 
Anlage  Turbigo. 

Ein  anderes  sehr  steifes  Gestänge  für  grossere  Spannweiten  zeigt  Abb.  420.  Hier 
galt  es,  möglichst  grosse  Spannweiten  (100  m  und  mehr)  zn  erzielen,  da  die  Fnndierung 
der  Masten  in  den  Lagunen  schwierig  war. 

Besonders  starke  Gerüste  nach  dem  Muster  der  Abb.  421  wurden  bei  der  Fern- 
leitung der  Kraftübertragung  von  den  Niagarafällen  nach  Toronto  der  Toronto 
and  Niagara  Power  Company  (S.  548  u.  S.  1085)  verwendet**). 

»»)  Electrica!  World  ud  Engineer  18.  IX.  1905.  8.  479.  Für  grosse  Antigen  und  hohe  Span- 
nungen nnd  neuerdings  mehrfach,  derartige  Gerüete  mit  Höhen  von  18  bis  25  m  nnd  normalen  Spann- 
wehen  tob  150  bis  200  m  ffir  gerade  Strecken  Torgetehlngeu.  Durch'  Verringerung  der  Anzahl  der 
Isolatoren  werden  die  Verloste  (8.  1098)  nnd  die  Umsehen  Ton  Defekten  verringert 


1116         III.     Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

Anf  je  einem  Hut  rohen  6  Kupferkabel  von  je  115  qmm  Querschnitt  Die  Feraleitneg  itt 
120  km  lmiig.  Je  8  Kabel  aollen  bei  BOOOO.Tolt  Spannung  mit  einem  normalen  Verlust  von  10*  ■ 
12500  PSa  übertragen.  Für  kurze  Zeit  und  bei  sehr  starker  Belastung  sind  auch  20*/«  Verloste  rage 
lassen  (8.  548). 

Bei  überschläglicher  Veranschlagung  der  Kosten  normaler  eiserner  Gittermasten  in 
Deutschland  kann  man  je  nach  dem  Umfang  der  Lieferung  und  der  Starke  der  verwendeten 
Profile  pro  100  kg  25— SO  M k.  in  Ansatz  bringen,  wozu  dann  noch  (abgesehen  von  den  Quer- 
armen, Isolatorenhaltern  etc.)  die  Kosten  des  Transportes  und  der  Aufstellung  kommen. 

Abb.  420.    Fernleitana;  der  Kjaftabertngnng  Cellina  nach  Abb.  421.    Eiserner  Maat  der 

Venedig  bei  Durehqnemng  der  Lagunen."  Toronto   and   Niagara   Power  Co. 


c)  Masten  ans  armier- 
tem Beton.    Das  Bedürfnis,  die 
Anlagekosten  der  Fernleitung  einet 
hydroelektrischen  Kraftwerkes  in 
massigen  Grenzen  zu  haiton,  und 
andererseits     der    Wunsch,     die 
durch   den   schnellen  Verfall  ton 
Holzgestangen  verursachte  Belastung  der  Betriebskosten  zu  vermeiden,  haben,  nament- 
lich   in    Frankreich,    vielfach    zur  Verwendung    von    Hasten    aus    armiertem    Betoa 
geführt.     Abb.  422  zeigt  die   Hochspannungsleitung   Livet-Grenoble  (36  km   Laute 
und  26—32500  Volt  Spannung),  welche  auf  Masten  ans  armiertem  Beton  mit  Holzseele 
montiert  wurde.    Im  Vordergründe  sieht  man  einen  Turm  ans  drei  Masten  von  19,0  m 
Höhe,  welcher  zur  Abspannung  dient,  da  an  dieser  Stelle  die  Leitung  eine  grossere 
Schlacht  überschreitet     Ein  Mast    der  genannten  Anlage**)    für  6  Drähte    (8,0  mm) 
hat  etwa  eine  Länge  von  12,0  m,  wovon  1,80  m  im  Boden  stehen.    Die  Masten  sind  bei 
der  Linie  Livet-Grenoble  in  ein  Betonbett  von  quadratischem  Querschnitt  und  0,6a 
Seitenlänge  gestellt  worden.    Ein  solcher  Mast  besteht: 

*<)  La  Hollille  Blanche,  Revue  generale  des  Forces  hydro-e'lectriqnes  et  de   lenra  aanli  catiaea 
Juliheft  1608. 


$    7.  FERHLEITdtGCN.  1117 

1.  Ana  einer  Seele  von  grünem  Tannenholz  mit  9,0  cm  Durchmesser  am  Zopfende 
und  19  cm  Durchmesser  am  Fassende. 

2.  Um  diesen  Mast  ist  spiralförmig  ein  Eisendraht  von  6  mm  Stärke  gewickelt, 
welcher  dazu  bestimmt  ist,  die  ad  3  beschriebene  Armatur  der  Holzseele  von  dieser  so 
weit  abzuhalten,  dass  die  letztere  überall  von  dem  Zementmörtel  ad  5  dicht  um- 
schlossen wird. 

3.  A«,    8  RMa.»rtäb,„    ™    7  mm        £*«.  J-gj^-lJ*  .  d. 
Durchmesser,  welche  in  gleichen  Abständen  die  miertera  Beton. 
Holzseele  umgeben  und  auf  dem  ad  2  beschrie- 
benen Spiraldraht  ruhen.     Diese  8  Bundstäbe 

werden  unter  sich  und  an  den  Enden  durch 
Spanndrähte  fest  in  ihrer  Lage  gehalten  und 
mit  Krampen  an  dem  Holzmast  befestigt. 

4.  Aus  einem  Drahtnetz  mit  22  mm 
Maschenweite  und  1  mm  Drahtstärke,  welches 
fest  um  die  Armatur  der  Rundstäbe  herumge- 
wickelt ist,  sodass  es  sich  nicht  verschieben  kann. 

f>.  Aus  einem  Mörtel  von  V»  Gewichts- 
teil besten  Zementes  und  ■/»  sehr  reinen,  gro- 
ben nnd  gut  gewaschenen  Sandes.  Die  Zement- 
Umhüllung  ist  am  oberen  Ende  des  Mastes  min- 
destens 2,0  cm  stark  und  verstärkt  sich  nach 
unten  zu  auf  5 — 6  cm. 

Das  Holz  muss  entweder  grün  seih,  da- 
mit es  nicht  aus  dem  nassen  Mörtel  Feuchtigkeit 
anzieht  und  sich  dann  ausdehnt  und  seine  Umhül- 
lung sprengt,  oder  es  muss,  wenn  ausgetrocknetes 
Winterholz  verwendet  wird,  8  Tage  im  Wasser 
gelegen  haben. 

Der  auf  die  beschriebene  Art  armierte  Holzmast  wird  in  eine  Form  ans  Holz 
gelegt  (Abb.  423).  Diese  Holzform,  welche  bereits  die  Verkleinerung  des  Mastdurch- 
messers nach  oben  um  je  2  cm  in  einzelnen  Schüssen  vorsieht,  wird  mit  eisernen 
Schalen   ausgefüttert  und  mit  einem  Bett  aus  Zementmörtel   versehen.    Nachdem  der 

Abb.  428.     Holiform  mit  Eieen»nrfOtt*ning  zur  Herstellung  von  Maaten  ans  armiertem  Beton. 


armierte  Mast  in  dieses  Mörtelbett  fest  hineingedrückt  ist,  wird  die  obere  Hälfte  des 
Mastes  mit  Mörtel  umgeben  und  der  letztere  nach  der  Lehre  umgelegter  halber 
Halsbänder,  welche  die  gewünschte  Form  und  Materialdicke  angeben,  znsammengepresst 
und  abgeglichen  (Abb.  424).  Eine  Kolonne  von  16  Mann  kann  ungefähr  15  Mäste  pro 
Tag  herstellen. 

Zu  einem  Mast  von  12,0  m  Länge  für  6  Drähte  gehören  etwa  200,0  kg  Zement 
und  der  Mast  wiegt  ungefähr  650 — 700  kg.  Für  Eckpunkte  und  besondere  Abspan- 
nungsstellen werden  stärkere  Masten  angefertigt.  Auf  8  km  der  schon  erwähnten  Linie 
zwischen  Livet  und  Pont  de  Gavet  wurden  Masten  verwendet  mit  um  5  cm  verstärktem 
Durchmesser,  da  hier  3  Drähte  mehr,  also  9  statt  6  Drähte  unterzubringen  waren.  Die 
Querarme  und  Querträger   werden  an  den  Masten  durch  Schellen  befestigt  (Abb.  425). 


U18         III.     Theodor  Koehk.     Ausbau  von  WasskrerXfter.     Edieelheitev. 

Man  kann  die  Masten  erden,  indem  man  einen  Drabt  der  Armatur  unten  ans 
dem  Zement  herausreichen  lägst  und  ihn  mit  der  Erdplatte  verbindet  Man  kann  auch 
den  Mast  als  Blitzableiter  verwenden,  wenn  man  einen  von  den  Rundstäben,  welche  zur 
Annatur  gehören,  über  das  obere  Ende  des  Mastes  verlängert.  Dadurch,  dass  das  Hobt 
so  gut  wie  luftdicht  abgeschlossen  ist,  wird  ein  Verfaulen  desselben  wahrscheinlich  * 
hindert.    Aber  selbst  wenn  es  vergehen  sollte,  so  wird  der  armierte  Beton  im 

eine  solche  Festigkeit  erlangt 
haben,  dass  er  allein  alle  Be- 
anspruchungen des  Mastes  er- 
tragen kann.  Die  Seele  ans 
Holz  hat  den  doppelten  Zweck, 


erstens  als  Kern  bei  Herstel- 
lung der  Betonhülle  zu  dienen, 
and  dann  den  weiteren  sehr 
wichtigen  Zweck,  die  Bewegung 
des  Mastes  schon  einige  Stunden  nach  der  Fertigstellung  ohne  Schaden 
für  ihn  zn  gestatten. 

Die  Materialstärken  des  Betons  nnd  die  Armierung  aus  Eisen  werden  so  gewählt, 
dass  die  beabsichtigte  Festigkeit  ganz  ohne  Berücksichtigung  der  Tragfähigkeit  des 
Holzes  erreicht  wird. 

Die  Lebensdauer  solcher  Masten  wird  im  wesentlichen  von  der  Sorgfalt  der  Her- 
stellung und  von  der  Art  des  verwendeten  Zementes  und  Sandes  abhängen. 

Boargoat")  verwendet  inr  Hälfte  schnell  bindenden  Zement  bei  Lufttemperaturen  unter  20", 
bei  Temperaturen  von  35'  and  mehr  wird  nur  langsam  bindender  Zement  genommen.  10  Tage  nach 
der  Fertigstellung  sollen  die  Muten  bereit«  verwendbar  sein  nnd  jeden  Transport  anahalten  kennen. 

Trotzdem  die  Masten  auf  einer  ganzen  Reihe  von  Linien  in  Frankreich  und  Ober- 
italien ungefähr  seit  1903  verwendet  sind,  liegen  natürlich  abschliessende  Erfahrungen 
noch  nicht  vor.  Nach  Wissen  des  Verfassers  sollen  sich  aber  bisher  wesentliche  Schäden 
noch  nicht  herausgestellt  haben.  Eine  längere  Erfahrung  wird  noch  lehren 
müssen,  wie  weit  die  Masten  frostbeständig  sind.  Alles  wird  darauf  an- 
kommen, ob  der  Beton  der  Masten  im  Laufe  der  Jahre  rissig  wird  und  infolgedessen 
das  Wasser  in  die  Risse  eindringen  kann  oder  nicht.  Würde  das  in  Klimaten  mit 
starken  Frösten  der  Fall  sein,  so  wäre  eine  baldige  Zerstörung  zu  befürchten.  '. 


")  Der  Fabrikant  A.  Boargeat  in  Voiron  hat  dem  Verfasser  auf  Anfrage  mitgeteilt,  daaa 
er  eine  Garantie  fflr  die  Haltbarkeit  der  Masten  auf  10  Jahre  gegen  Zahlung  einer  Vergütung  von  5*/* 
übernähme,  wogegen  er  sieh  verpflichten  würde,  alle  Maaten,  welche  innerhalb  der  Zeit  irgendwie 
beschädigt  werden,  zn  ersetzen. 

Die  nachstehende  Tabelle  gibt  eine  kleine  Übersicht  Ober  die  Biegungsmomente  in  kg/m,  welch» 
einigen  Masttypen  am  Fliese  «gemutet  werden  können  nnd  die  Listenpreise  ab  Voiron. 


§ '. 


FnonjOTDironr. 


1119 


sich  die  Masten  aber  als  frostbeständig,  so  liegt  kein   Abb.  426.  Abspuntum  bei  übersehrei- 

.,  n         j  ■•■_>•  i  Li  ttt   -         tnng  einer  Schlacht  von  288,0  m  Spsan- 

weiterer  Grand  vor,  sie  nicht  in  ausgiebiger  Weil»    we&  ^t  der  Fernleitung  der  Toronto 
zu  verwenden.  "»*  Niagara  Power  Co. 

7.  Überführung  tod  HonhsvaoMnsgvleitaageit 
mit  grösseren  Spannweiten  Aber  Schluchten,  Eisen- 
bahnen, Flüsse  usw.  Zu  den  grösseren  Spannweiten, 
welche  durch  eine  'Fernleitung  überbrückt  worden, 
zählt  die  Überschreitang  einer  Schlacht  am  Nordufer 
des  Ontario-Sees  mit  einer  Spannweite  von  2*3,0  m, 
welche  zn  der  Fernleitung  der  Toronto  and  Nia- 
gara Power  Co.  gehört  (S.  1116)").  Diese  Stelle 
liegt  etwa  48  km  von  dem  Krafthause  entfernt. 
Abb.  426  zeigt  die  Skizze  eines  Abspanntormes.  Jede 
Leitung  ist  auf  dem  Turm  auf  drei  Isolatoren  be- 
festigt. In  der  Nähe  dieser  Überschreitung  befindet 
sich  eine  zweite  Schlacht,  welche  mit  193  m  Spann- 
weite überschritten  wird. 

Eine  ähnlich  grosse  Spannweite  ist  bei  der 
Eraftübertragongsanlage  Tofrehult-Westervik  in 
Schweden  ausgeführt1"). 

Ungefähr  in  der  Mitte  (wischen  Tofvehnlt  und 
Westervik  schneidet  ein  enger  •cniffbarer  Meerbusen  in  das 
Land  tief  hinein.    Wenn  die  Leitung  um  diesen  Basen  hemnt- 


Forteebnuig  der  Fostnote  82. 
»istsfel  der  Masten  ans  armierte] 


-    .-                 _ 

Zöllen« 

DnrchmeBaer 

Hohe  in 

Preia  des  nun 

Biegung  mm  Fasse  in  kg/m 
(Hohe  X  Kraft) 

an   den   Enden 

in  Krs. 

(Rabatt*  TorbthalWai 

6,50 

1500 

20.18 

80,- 

6,50 

4000 

22.15 

60 

_ 

8,50 

1500 

22.18 

43 

_ 

8,50 

4500 

25.15 

82 

_ 

10,0 

1500 

22.13 

52 

— 

10,0 

4500 

25.15 

95 

— 

10,0 

10000 

81.22 

145 

— 

11,0 

2000 

25.13 

65 

— 

11,0 

8000 

27.15 

78 

11,0 

10000 

34.22 

174 

— 

12,0 

2000 

25.13 

75 

— 

12,0 

3500 

27.15 

98 

— 

12,0 

10000 

34.22 

19« 

— 

H,0 

2400 

27.13 

98 

— 

14.0 

5000 

29.15 

154 

— 

14,0 

10000 

84.20 

220 

— 

16,0 

2400 

29.18 

135 

— 

16.0 

5000 

81 .  15 

180 

— 

16,0 

10000 

84.17 

285 

- 

äs)  Hektr.  Zeitschr.  1905.  S.  1088. 
>■)  Arvid  Westerberg,  Stockholm,  Die  Kraftubertragnngssnlage  Tof  vehult-Westervik 
1  Schweden.    Elektr.  Kraftbetriebe  und  Bahnen.  1907.  S.  641—645. 


1120         lü     Theodor  Koehn.     Ausbau  vor  WAflBEBEK&prBtr.     EnfZRMixmK, 

Abb.  428.     Anseht  qih 
du  Hutkopfe«  mit  SUtsküaej 


Abb.  187.     Anflicht   der  Überführung  der   Fernleitung  Tofvehnlt-         Abb.  428.     Ansicht  und  Gnudrtam 
Westervik  Schweden  aber  einen  Fjord. 


Abb.  429.    Abspsnntnrm  der  Kraft  leitnpg 

TofVehnlt- Westerrik  Schweden  mit  224  m 

Spannweite. 


§  7.  Fbbhlutdhgen.  1121 

geführt  worden  wir«,  bitte  dieselbe  6  km  langer  werden  müssen  als  die  14,5  km  lange  Luftlinie  zwischen 
dem  Kraftwerk  und  der  Stadt  Es  wurde  deshalb  der  Meerbusen  mit  einer  Leitung  in  einer  Spannweite 
von  224,0  m  (Abb.  487)  gekreuzt.  Bitte  man  in  die  oberirdische  Hochspannungsleitung  an  der  Kreuzung*' 
stelle  Kabel  einlegen  wollen,  so  wäre  es  bei  der  gewählten  Spannung  von  10000  Volt  nötig  gewesen, 
besondere  Überspann unga Vorrichtungen  vorzusehen  und  zwei  Kabel  in  verlegen.  Selbst  wenn  diese 
Massregeln  getroffen  worden  waren,  wurde  die  Kreuzung  mittelst  Kabel  dennoch  eine  geringere  Betriebs- 
sicherheit geboten  haben  als  die  oberirdische  Kreuzung,  abgesehen  von  den  Kosten.  Die  Hohe  der 
Leitung  Aber  dem  normalen  Wasserstand  betragt  am  niedrigsten  Punkt  noch  40,0  m.  Als  Leiter  dienen 
4  Stahlseile  von  60  qmm  Querschnitt,  von  denen  1  als  Reserve  dient.  Diese  Kabel  werden  an  beiden 
Ufern  von  je  einem  21  m  hohen  Gitterturm  getragen  (Abb.  428  und  Abb.  429).  Jeder  Turm  hat 
4  Aasleger,  2  auf  jeder  Seite,  welche  die  isolierenden  Stützkissen  tragen.  Letxlere  bestehen  je  ans 
einem   Eichenblocke,   welcher   auf  6   Hochspannungsisolatoreu   ruht   (Abb.  480).     Die   Isolatoren,   deren 

Abb.  432.     Fernleitung  im  Gebirge  der  Kraftübertragung  von  Zogno  am  Brembo  nach  Monza. 


eiserne  Stützen  mit  Bolzen  an  deii  Auslegern  versefaraubt  sind,  wurden  in  den  Eichenblock  mit  Zement 
fest  verkittet.  Der  Eicbenblock  ist  auf  seiner  Oberseite  mit  dünnem  Zinkblech  zum  Schutze  gegen  die 
Witterung  bekleidet  Damit  die  Horizontal- Kräfte  in  den  Seilen  nicht  auf  die  Turme  übertragen  werden, 
sind  die  Stfltzkissen  der  Seile  auf  je  4  gusseisernen  Waisen  gelagert  Die  Walzen  ruhen  auf  einer  guss- 
eisernen  Platte,  welche  ihrerseits  mit  dem  Eichenblock  verschraubt  ist  Eine  seitliche  Verschiebung 
der  Waken  ist  durch  ihre  beiderseitigen  Flanschen  verhindert.  Die  Leitfähigkeit  eines  Stahlseiles  ent- 
spricht etwa  derjenigen  eines  Kupferdrahtes  von  7  qmm.  Die  Zugspannung  in  jedem  Seil  zwischen  den 
Türmen  betrügt  bei  —  30°  C  600  kg  und  diejenige  in  dem  Teil  zwischen  dem  Turm  und  der  Veranke- 
rungsstelle 750  kg,  sodass  die  grösste  Beanspruchung  etwa  12,50  kg/qcm  ausmachen  kann.  Der  Durch- 
hang der  Seile  zwischen  den  Türmen  betragt  bei  -\-  80°  C.  9,0  m.  Da  die  Seile  aber  in  verschiedenen 
Hohen  liegen  und  ihr  Abstand  in  der  Wagereehten  ungefähr  2,0  m  betrügt  so  ist  eine  Berührung  der 
Seile  ausgeschlossen.  Es  soll  sich  auch  gezeigt  haben,  dass  die  Seile  selbst  bei  starkem  Sturm  nur 
wenig  in  Schwingung  genton.  Jedes  Seil  ist  am  Ufer  im  Felsen  verankert.  Um  die  stromführenden 
Teile  von  der  Erde  zu  isolieren,  mussten  besondere  Spannisolatoren  eingebaut  werden  (Abb.  430 
und  4SI).  Diese  Isolatoren,  von  denen  je  zwei  in  Reihe  geschaltet  sind,  sind  für  je  20000  Volt  gebaut 
und  können  nach  der  ausgeführten  Probe  in  trockenem  Znstande  eine  Spannung  von  25000  Volt  aus- 
halten. Um  die  Isolatoren  vor  Feuchtigkeit  zu  schützen,  sind  sie  ganz  von  Mänteln  ans  Zinkblech  um- 
hüllt Die  Isolatoren  bestehen  aus  Hartporsellan  und  zur  besseren  Auflagerung  desselben  ist  zwischen 
Porzellan  und  Eisen  je  eine  Bleiplatte  eingelegt 

m.  Ttil.   13.  Bd.  71 


1122  III.     Theodob  Koehn.     Ausbau  vom  Wasserkraftes.     Ewzelheites. 

Bei  der  schon  S.  1113  erwähnten  Leitung  Zogno-Brembo  kommen  Spannweiten 
bis  zu  280  m  vor  und  der  Höhenunterschied  zwischen  den  Isolatoren  zweier  Muten 
betragt  z.  B.  an  einer  Stelle  58,85,  an  einer  anderen  60,60  und  an  einer  dritten  aogar 
101,50.     Einen  Teil  dieser  Fernleitung  im  Gebirge  zeigt  Abb.  432. 

Abb.  488.    Stahlturm  der  1870  m  weiten  Ober-  Abb.  434.    Stfltzkiasen  eine*  Stahlseil«  der  Überfobraag  Ober 

"    "  die  Qnarqninei  Meerenge. 


Abb.  435.    Ansicht  der  Abspann  iaolatoren  zu  Abb.  433. 


Abb.  436.     Ansicht  der  Holzschuppen 

nun  Schatze  der  Abspannisolatoren  zu 

Abb.  488. 


Die  grösste  heute  bekannte  Spannweite 
dürfte  bei  der  schon  S.  1085  erwähnten  Linie  der  Bar 
Counties  Power  Company  ausgeführt  sein40).  Die 
Hochspannungsleitungen  dieser  Gesellschaft  müssen  un- 
gefähr 30,0  km  nördlich  von  Oakland  die  Quarquinez- 
Meerenge  kreuzen,  und  man  hat  hier,  nm  die  Betriebsunsicherheit,  welche  infolge  Ein- 
schaltung eines  Kabels  in  eine  Luftleitung  durch  die  Kapazität  (Ladung)  des  Kabels  ent- 

*»)  Arvid   Westerberg,   Stockholm,    Ho  chepannungsan  Ordnungen   bei   ArbeitanbertraguageB 
im  Westen  Amerikas.  Etektr.  Kraftbetr.  u.  Bahnen.  1905.  S.  540. 


Fkrhleitukgkii. 


stehen  kann,  zn  vermeiden,  eine 
sehr  kühne  Konstruktion  aus- 
geführt. Die  Spannweite  der 
Üb  orführungbeträgt  1570,0m. 
Der  niedrigste  Punkt  dieser 
Überführung  liegt  33,0  m  über 
der  Wasserfläche. 

Jede  Leitung  besteht  ans 
vier  Stahlseilen  von  22,0  nun  Durch- 
messer, von  denen  eines  als  Reserve 
dient  Abb.  483  zeigt  den  Stahlturm  am 
südlichen  Ufer.  Der  Stotapunkt  auf 
der  nördlichen  Seite  ist  noch  unge- 
fähr dremml  so  hoch.  Abb.  484  zeigt 
das  Stlktxkissen  eines  Seiles.  Jedes 
Stahlseil  ist  hinter  dem  Turm  ver- 
ankert, und  um  das  Kabel  von  Eni« 
zu  isolieren,  sind  je  r.wei  grosse 
Abspanntsolatoren")  in  Reihenschal- 
tung zwischen  der  Ankerplatte  und 
dem  Seil  eingeschaltet  und  durch  je 
einen  Holzschuppen  geschützt.  {Abb. 
435  und  Abb.  436)  Diese  Isolatoren 
sollen,  mit  Rockeicht  auf  die  auf 
65000  Vulr.  erhöhte  Betriebsspannung 
durch  Porx eil anisul stören  des  .Cali- 
fornia Types"  ersetzt  werden,  welche 
aus  einem  .Regenschirm*  und  4  in- 
und  abereinandergreif enden  Hanteln 
bestehen.  •= 

Bei    Überführung    von      £ 
Eisenbahnen     und     Wegen      & 
werden  in  der  Schweiz  nur  gut       | 
geerdete    Fangbügel     verlangt,       « 
bei  deren  Berührung  ein  geris-       3 
sener  Draht  sofort  stromlos  wird      CS 
(vergL  Taf.  LXXXIU,  Fig.  3,      t 
5  und  5a).     In   Deutschland,       » 
Frankreich  und  Italien  wird  bei      J 
EiBenbahnkreuzungeQ  meistens      E 
verlangt,    dass    entweder    die      •§ 
Starkstromleitungen  mit  einem      n 
Schutznetz  so   umgeben  sind,      gj 
dasB    kein    gebrochener   Draht        . 
herabfallen  kann,  wie  z.  B.  bei      ^ 
der  Überführung  der   Fernlei- 
tung  des   Kraftwerkes   Avig- 
nonnet    über    die    Eisenbahn 
St.  Georges  de  Comraiers- 
La     Mure     (Taf.    LXXXIU, 
Fig.  6),    oder  dass  die  Fernleitungen  in  einer  steifen  Laufbrficke  überführt  werden, 


SP 


i>)  Hergestellt  von  der  Looke-OesellschafL 


71* 


1124         IIL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

wie  es  bei  der  spitzwinkligen  Kreuzung  der  Fernleitung  des  Kraftwerkes  Avignonnet 
über  die  Eisenbahn  Paris-Lyon-Marseille  geschehen  ist  (Taf.  LXXXIH,  Fig.  4). 

Bei  der  Fernleitung  der  Urft-Talsperre  (35000  Volt)  hat  man  gleichfalls  an 
13  Stellen  solche  Gitterbrücken  verlangt,  deren  Kosten  sich  durchschnittlich  auf  je 
1400  Mk.  gestellt  haben42).  Um  das  Durchgleiten  gerissener  Hochspannungsdrfthte  nach 
unten  völlig  unmöglich  zu  machen,  musste  die  ganze  Brückenbahn  mit  Brettern  ver- 
schall werden. 

(Nach  den  neuen  Verbandsvorschr .  wurde  Ausführung  .mit  erhöhter  Sicherheit*  genflgen. 
vergl.  Fussnoten  14,  S.  1089  und  51,  S.  1138.) 

Eine  Unterführung  einer  Hochspannungsleitung  mittelst  isolierter  Kabel  unter 
einen  Eisenbahndamm  bei  der  Fernleitung  La  Goule  zeigt  Abb.  437. 

Zum  Schluss  dieses  Abschnittes  mag  noch  ein  Hinweis  auf  den  eisernen  Ver- 
teilungstarm  der  Fernleitung  des  Lech  wer  ks-Gersthofen  Platz  finden,  welcher  anf 
Taf.  LXXXHI,  Fig.  7  dargestellt  ist.  Die  Örtlichkeit  dieses  Turmes  lfisst  sich  ans 
Abb.  136,  S.  560  erkennen.  Er  enthält  die  Schaltapparate  für  die  einzelnen  Fern* 
leitungen  und  die  Blitzschutzvorrichtungen.  Die  Bodenfläche  des  Schaltraums  misst  7,2 
auf  7,0  m  (vergl.  S.  569  u.  570). 

8.  Die  Isolatoren  und  ihre  Stützen,  a)  Die  Isolatoren.  Als  Material  für 
Hochspannnngsisolatoren  wird  neuerdings  ausschliesslich  das  Hartporzellan  verwendet 
Es  besitzt  eine  grosse  mechanische  Festigkeit  und  einen  grossen  Isolationswiderstand. 
Beim  Schlag  mit  einem  harten  Gegenstande  kann  man  zwar  Stücke  herausschlagen, 
aber  es  hält  in  der  Masse  zusammen,  ohne  rissig  und  splittrig  zu  werden.  Früher, 
namentlich  in  Amerika,  wurden  auch  Glasisolatoren  für  Hochspannungsleitungen  ein- 
gebaut. Das  Glas  hat  sich  aber  als  zu  spröde  und  sehr  empfindlich  gegen  Temperatur- 
schwankungen erwiesen.  Es  ist  immer  voller  Spannung  und  sein  Bruch  daher  nicht 
kurz  und  muschlig  wie  bei  Porzellan,  sondern  splittrig,  sodass  ein  Steinwurf  einen  Glas- 
isolator vollständig  betriebsunbrauchbar  machen  kann.  Besonders  häufig  sind  die  Glas- 
isolatoren gebrochen,  wenn  sie  nach  einer  kalten  Nacht  von  der  Sonne  beschienen  wurden. 

Das  Hartporzellan  besteht  in  der  Hauptsache  aus  Porzellanerde  und  aus  Feld* 
spat  mit  einer  Beimengung  von  Quarz.  Die  Porzellanerde  führt  auch  den  Kamen 
Kaolin  nach  der  Halbinsel  Korea  (Kaoli),  wo  von  altersher  Porzellanerden  gefunden  und 
verwendet  wurden.  Bei  der  Fabrikation  wird  die  Masse  durch  Schlemmen  und  Mischen 
vorbereitet,  alsdann  werden  die  Stücke  durch  Drehen,  Formgiessen  oder  Stanzen  her- 
gestellt. Die  aus  der  plastischen  Masse  in  der  beabsichtigten  Form  hergestellten  Gegen- 
stände dürfen  nur  in  Trockenräumen  ohne  Zugluft  und  nur  einem  langsamen  Trocken- 
prozess  ausgesetzt  werden,  durch  welchen  das  im  rohen  Porzellan  enthaltene  Wasser 
verdunstet  wird.  Alsdann  werden  die  Stücke  in  Chamottekapseln  einem  Glühprozess 
unter  einer  Temperatur  von  ca.  800—900°  C.  ausgesetzt,  wodurch  das  Porzellan  eine 
solche  Festigkeit  erhält,  dass  es  seine  Erweichbarkeit  im  Wasser  verliert,  zugleich  aber 
auch  so  porös  wird,  dass  es  begierig  Wasser  aufsaugt  So  vorbereitet  werden  die 
Stücke  durch  einen  dünnen  Glasurbrei  langsam  hindurchgezogen,  wobei  sie  Feuchtigkeit 
kräftig  aufsaugen,  die  darin  enthaltene  Glasur  aber  auf  ihrer  Oberfläche  zurückhalten. 
Die  Glasur  besteht  meistens  aus  einer  Mischung  von  Porzellanerde  und  Kieselverbindungen, 
wie  Feldspat,  Gips,  Kalk  etc.  Sie  erscheint  nach  dem  Trocknen  auf  dem  Porzellan  ab 
ein  pulvriger  Überzug,  welcher  durch  den  „Glattbrand"  ein  glasartiges  Aussehen  er* 
halten  soll.    Stellen,  welche  nicht  glasiert  werden  sollen,  werden  entweder,  solange  der 

4«)  Schwachstromschuti  b.  d.  Hochspannungsanlage  der  Urft  Takperren-Ges,  Ardür  1  Ptoot  «. 
Telegraphie.  Febr.  1906.  S.  77  und  Klektr.  Zeitschr.  1906.  S.  590.  Die  VerUndsvorschriftcn  sind  flr  dw 
Eiseobahnverw.  nicht  verbindlich. 


S  7.  FnBKUtrnnrozur.  1125 

Überzog  noch  seine  pulvrige  Beschaffenheit  hat,  durch  Abwaschen  mit  Hilfe  einer  Filzplatte 
oder  eines  Schwammen  Ton  dem  Überzug  befreit,  oder  sie  werden,  soweit  es  auf  einfache 
Weise  möglich  ist,  vor  dem  Eintauchen  in  den  Glasurbrei  abgedeckt  Das  Glattbrennen 
geschieht  in  feuerfesten,  fest  verschlossenen  Kapseln  aus  Chamotte  und  reinem  Ton, 
weil  die  Hartporzellankörper  nicht  von  der  Stichflamme  berührt  werden  dürfen.  Da  die 
Kapseln  als  schlechte  Wärmeleiter  nach  dem  Brande  ihre  hohe  Temperatur  nur  langsam 
abgeben,  findet  auch  die  Abkühlung  der  Porzellanstücke  langsam  statt.  Die  Brenndauer 
ist  verschieden  je  nach  der  Ofenkonstruktion  und  schwankt  zwischen  14  und  24  Stunden. 
Die  Temperatur  im  Ofen  steigt  bis  zu  2000°  C. 

Di«  modernen  Ofen  brennen  meistens  mit  niederschlagender  Flamme,  sie  nutzen  aber  alle  kaum 
mehr  als  15*/«  des  Heizwertes  der  Kohle  aas,  weil  zum  Ponellanbrande  eine  mit  Kohlenstoff  übersättigte 
Flamme  notwendig  ist  und  ein  Luftzutritt,  welcher  eine  vollkommen»  Verbrennung  ermöglichen  konnte, 
vermieden  werden  musa,    Abb.  488  stellt  den  Schnitt  durch 

einen  dreiato^gen  Porzellanofen  dar.  Die  unterste  Etage  G  Abb-  *88.  Querschnitt  durch  einen  drei- 
ist   rar   den  Scharffenerbrand   (Glattbrand)  beatimmt,   die  atöckigen  Poraellanoien. 

oberste  E  für  den  Gluhbrand,  die  mittlere  K  rar  das  Brennen 
der  Kapsel  (Cnamotteklsten)  *»).  Der  Ofen  ist  kreisrund 
und  hat  einen  lichten  Durchmesser  von  4,5  bis  6,0  m.  Die 
Ofenwand  ist  süssen  ans  gewöhnlichen  Backsteinen  au' 
sehr  solidem  Steinfundament  und  innen  mit  Chamotte 
siegeln  ausgekleidet,  ungefähr  1  m  im  ganzen  stark.  Die 
unterste  Etage  ist  bis  zum  Gewölbe  2,5  bis  8,0  m,  die 
mittlere  ca.  1,75  bis  2  m,  die  oberste  bis  zum  Schornstein 
ca.  5  bis  8  m  hoch.  Der  Schornstein  hat  eine  Hohe  von 
ca.  8,0  bis  10,0  m  und  eine  lichte  Weite  von  0,6  bis  1,2  m. 
Jede  Etage  hat  eine  turartige  Öffnung,  die  wahrend  des 
Brandes  mit  Chamotte  liegein  zugemauert  wird.  Der  oben 
skizzierte  Ofen  mit  niederschlagender  Flamme  hat  7  Plan- 
roste von  ca.  1  qm  Flache  (B).  Die  Flamme  dringt  durch 
den  Kanal  c  in  den  Ofen,  steigt  auf,  ttberachligt  sich  am 
Gewölbe  und  zieht  durch  eine  grosse  Anzahl  kleiner  runder 
Kanäle  (k)  im  Boden  des  Ofens  ab.  Diese  Kanäle  sind  in 
konzentrischen  Kreisen  angeordnet,  haben  ca.  15  bis  80  cm 
Durchmesser  und  vereinigen  sich  unter   der  Ofensohle  zu 

grosseren  Kanälen,  die  an  der  Peripherie  des  Ofens  zusammenmQnden,  und  zwar  so,  dass  die  geteilte 
Flamme  hier  wieder  zusammengeführt  wird,  um  in  senkrecht  aufsteigenden  Kanälen  von  ca.  40  cm  lichten 
Durchmesser  (F)  —  die  Kanäle  in  der  Ofenwand  sind  immer  in  der  Mitte  zwischen  swei  Feuerungen 
angeordnet  —  in  die  zweite  Etage  geleitet  zu  werden.  Aus  dieser  Etage  steigt  die  Flamme  durch 
eine  grossere  Anzahl  wieder  in  konzentrischen  Kreisen  angeordneter  senkrechter  Kanäle  im  Gewölbe 
direkt  in  den  Glühofen  und  von  hier  in  den  Schornstein.  Im  unteren  Scharffener-Ofen  herrscht  eine 
Temperatur  von  ca.  1500  bis  2000°  C,  in  dem  obersten  eine  solche  von  600  bis  800*  C. 

In  dieser  obersten  Etage  müssen  also  die  getrockneten  Waren  den  Glnhprosess  durchmachen 
und  zwar  in  sogenannten  Kapseln  aus  Chamotteraasse.  Die  Kapaelmasse  besteht  meist  aus  einem  fetten, 
eshr  plastischen,  feuerfesten,  einem  mageren,  feuerfesten  Ton  und  aus  Chamotte  (gemahlene,  gebrannte 
Kapseln).  Die  Kapseln  werden  in  Gipsformen  in  gleicher  Weise  wie  dss  Porzellan  geformt  und  getrock- 
net und  dann  in  der  mittleren  Etage  K  gebrannt 

Die  Druckfestigkeit  des  guten  Hartporzellans  kann  man  im  Mittel  zu  4000 
bis  4500  kg/qcmM)  annehmen.  Die  Zugfestigkeit  ist  nicht  sicher  feststellbar,  weil 
es  nicht  gelingt,  VeroucbssUbe  bo  herzustellen,  dass  alle  Teile  des  Querschnitts  wirklieb 
nur  auf  Zug  beansprucht  werden. 

«■}  Joseph  Hersog  und  Clarencn  Feldmann,  Die  Herstellung  dss  Porzellsns  fax  die 
Elektrotechnik.   Elektr.  Zeitschr.  1900.  8.  910. 

««)  Robert  H.  Friese,  Das  Porzellan  als  Isolier-  und  Konetrukäonsmateriai  in  der  Elektro- 
technik. 1904.  S.  41. 


1126  III-     Theodor  Koehk.     Ausbau  von  Wasserkräften. 

Friese  gibt  dieselbe  aus  drei  grösseren  Versuchsreihen  als  Hittelwerte  auf 
1300  kg,  1700  kg  und  2000  kg/qcm  an. 

Die  BiegaRgBfestigkeit  (Biegungsmoment  durch  Widerstandsmoment)  kann  zu 
420—600  kg/qcm,  im  Mittel  zu  490  kg/qcm  angenommen  werden.  Den  Elastizitätsmodul 
fand  Friese  aus  der  Durchbiegang  einseitig  eingespannter  Stäbe  zu  540000 — 710000, 
im  Mittel  somit  zu  625000.  Die  spezifische  Wärme,  d.  h.  diejenige  Wärmemenge, 
welche  erforderlich  ist,  um  die  Temperatur  der  Masseneinheit  um  1°  C.  zu  erhöben 
(Wasser  =  1  angenommen)  beträgt  0,17. 

Während   es   bei   dem   Schwacbstromisolator   in   erster  Linie  auf  Oberflachen- 
isolation ankommt,  welche  dadurch  erreicht  wird,  dass  man  die  isolierende  Weglinge 
von  der  Bundrille   des  Isolators   zur  Stütze  lang   macht  (Abb.  439),    kommt  es   bei  den 
Hochspannungsisolatoren  noch   sehr  wesentlich    auf  Durchschlagsfestigkeit  und 
auf  die  Verhinderung  von  Randentladnngen  an. 
telegrai.hcnglocko.  Die  Randentladungen   entstehen   besonders,   wenn   durch 

■  Sprühregen  die  Glocke  mit  einer  Feuchtigkeitsschicht  überzogen  wird 

!  Beim  Beginn  der  neueren  Entwickelung  der  Hochspannnngsüber- 

tragungen  versuchte  man  zunächst  die  alten  Telegraphen-Isolierglocken 
(Abb.  439)  durch  Vergrösserung  ihrer  Höhe  und  Materialstärke  für 
die  hohen  Spannungen  geeignet  zu  machen.  Bei  trockenem  Wetter 
genügte  diese  Art  Glocken  auch,  aber  bei  Feuchtigkeit  zeigte  sich, 
dass  die  am  unteren  Rande  der  Glocke  sich  bildenden  Tropfen  nicht 
mehr  der  Schwerkraft  folgten,  sondern  von  der  Spannongsdifferenz 
zwischen  der  in  ihnen  befindlichen  Elektrizität  und  der  Stütze  (Poten- 
zial =  0)  angezogen  wurden,  sodass  hierdurch  eine  Entladung  statt- 
fand. Diesem  Übelstand  hat  man  abgeholfen  durch  die  regen- 
schirmartige  Ausbildung  verschiedener  Mäntel  übereinander,  deren 
1  Ränder  auf  diese  Weise   von   der  Stütze   weiter   abgerückt  wurden. 

Dadurch  sollen  die  mit  Elektrizität  geladenen  Wassertropfen  verhindert  werden,  iora 
äussersten  Rande  des  Schirmes  zu  der  Stütze  zu  gelangen.  Solche  Typen  nennen  die 
meisten  Fabrikanten  Delta-Glocken  (Taf.  LXXXI). 

Bezeichnet  man  die  Betriebsspannung,  d.  h.  die  Spannung  von  dem  hinführenden 
Draht  zu  dem  zurückfahrenden  Draht  mit  E,   so  ist  die  Spannung  zwischen  der  Stütie 

(Erd- Potenzial  0)  und  Draht  bei  gewöhnlichem  Wechselstrom  -=■,  bei  Zweiphasenstrom 

E  E 

-=,  bei  Drehstrom  ■  = . 

V2  /3 

Es  kann  aber  dadurch,  dass  ein  Leitungsdraht  ans  irgend  welchen  Gründen  auf 
eine  Stütze  oder  das  Gestänge  herabfällt,  sodass  dasselbe  seine  Spannung  annimmt,  eine 
Spannung  zwischen  Bnndrille  und  Stütze  eintreten,  welche  der  Betriebsspannung  gleich 
ist.  Infolgedessen  wird  für  die  Prüfung  eines  Isolators  gegen  Randentladnngen  die 
Betriebsspannung  zugrunde  gelegt  und  zwar  kann  man  sich  damit  begnügen,  wenn 
die  Spannung,  bis  zu  welcher  die  Glocke  gegen  Randentladungen  gesichert  ist,  das 
1,6  fache  der  Betriebsspannung  beträgt,  vorausgesetzt,  dass  die  Prüfung  bei  starker  Be- 
sprengung  mit  Wasser  erfolgt  Bei  Isolatoren,  welche  in  der  Nähe  von  Meeresküsten 
stehen,  wo  auch  die  atmosphärischen  Niederschläge  salzhaltig  sind,  muss  man  die  Siebe- 
rungen gegen  Randentladungen  noch  erhöhen. 

Die  Oberflächenisolation  hängt  von  der  Beschaffenheit  der  Oberfläche  und 
der  Weglänge  ab,  welche  ein  Stromfaden  von  der  Bundrille  bis  zur  Stütze,  ohne  dn 


§  7.  Fkbhlbittogsv.  1127 


Oberfläche  zu  verlassen,  zurückzulegen  hätte.  Durch  die  Glasur  wird  die  Oberflächen- 
isolation sehr  stark  erhöht,  ganz  gleichgültig,  welche  Farbe  sie  besitzt.  Da  die  Glasur 
auch  die  Widerstandsfähigkeit  gegen  chemische  und  atmosphärische  Einwirkungen  sehr 
erhöht,  werden  allgemein  auch  die  Bänder  der  Isolatoren  und  auch  die  inneren  Mantel- 
flächen mit  glasiert. 

Die  Stellung  der  Mäntel  gegeneinander  ist  so  gewählt,  dass  Spritzwasser,  welches 
von  dem  auf  das  Gestänge  auffallenden  Tropfen  zurückgeschleudert  wird,  nicht  in  die 
inneren  Mantelflächen  hineingelangen  kann.  Bei  guter  Glasur  läuft  das  Wasser  an  der 
glatten  Oberfläche  in  einzelnen  Tropfen  schnell  ab,  ohne  dass  die  ganze  Fläche  mit 
einer  gleichmässigen  Feuchtigkeitsschicht  überzogen  wird.  Schnee,  welcher  auf  der 
glatten  Oberfläche  liegen  bleibt,  isoliert  selbst.  Überdies  wird  die  Schneedecke  an  der 
Berührungsfläche  mit  dem  Isolator  sofort  wässerig  und  gleitet  herab,  sobald  sich  nur 
der  geringste  Strom  auf  der  Isolatoroberfläche  bildet. 

Um  zu  verhindern,  dass  sich  Insekten  oder  Staub  im  Innern  der 
Mantelflächen  festsetzen  können,  sind  die  Mäntel  zueinander  so  geneigt,  dass  der 
Hohlraum  sich  nach  aussen  stark  erweitert  und  dass  das  Tageslicht  und  auch  der  Wind 
Zutritt  hat.  Erfahrungsgemäss  bleiben  Isolatoren  des  sogenannten  Deltatyps  fast 
völlig  rein. 

Bei  der  Sicherung  gegen  das  Durchschlagen  ist  zu  beachten,  dass  sowohl 
durch  atmosphärische  Entladungen  als  auch  durch  die  sogenannten  Besonanzerschei- 
nungen  wesentliche  Überspannungen  vorkommen  können.  Infolgedessen  legt  man  in 
Deutschland  ziemlich  allgemein  für  kleinere  Spannungen  bis  zu  10000  Volt  eine  drei- 
fache Prüfspannung  zugrunde.  Bei  höheren  Spannungen  begnügt  man  sich  mit  der 
anderthalbfachen  bis  doppelten  Prüfspannung,  sodass  ein  Isolator  für  20000  Volt  auf 
Durchschlag  mit  30—40000  Volt  zu  prüfen  wäre.  Übertriebene  Prüfspannungen  könnten 
leicht  im  Dielektrikum  Veränderungen  herbeiführen,  welche  noch  nicht  genügend  geklärt 
sind.  Manche  Firmen  geben  allerdings  für  ihre  Hochspannungsisolatoren  höhere  Prüf- 
spannungen «als  das  Doppelte  der  Betriebsspannung  an  (Taf.  LXXXI).  Über  die  Dauer, 
während  welcher  man  den  Isolator  dieser  Prüfspannung  aussetzen  soll,  gehen  die  An- 
sichten noch  auseinander.  In  der  Porzellanfabrik  Hermsdorf-KIosterlausnitz  z.  B.  sind 
keine  bestimmten  Fristen  für  die  Prüfungsdauer  festgesetzt,  vielmehr  wird  so  lange 
geprüft,  bis  nach  Ausscheiden  des  letzten  durchgeschlagenen  Stückes  noch  eine  weitere 
Viertelstunde  verstrichen  ist,  ohne  dass  sich  Schäden  gezeigt  haben. 

Ein  Isolator,  welcher  der  vorgeschriebenen  hohen  Durchschlagsfestigkeit  genügt, 
entspricht  bei  richtiger  Auswahl  des  Materials  und  bei  sorgfältiger  Herstellung  auch 
den  Ansprüchen  auf  mechanische  Festigkeit  Ein  Isolator  wird  in  der  Scheitelrille 
durch  das  Gewicht  des  Drahtes,  vermehrt  um  den  zusätzlichen  Winddruck  und  die  Ge- 
wichtserhöhung durch  Schnee  oder  Rauhreif,  auf  Druck  beansprucht,  dagegen  in  der 
Halsrille  auf  seitlichen  Zug.  Die  mechanischen  Belastungen  einer  Glocke  sind,  wie 
bereits  S.  1094  erwähnt  wurde,  insofern  von  der  Betriebsspannung  abhängig,  als  der 
Querschnitt  der  Leitungen  im  umgekehrten  quadratischen  Verhältnis  zur  Spannung  ab- 
nimmt. Meistens  wird  man  aber  danach  streben,  durch  Verteilung  des  für  die  verlangte 
Arbeitsleistung  erforderlichen  Gesamtquerschnitts  auf  mehrere  Leitungssysteme 
den  Drahtquerschnitt  so  zu  gestalten,  dass  er  aus  Festigkeitsgründen  gerade  noch  ge- 
nügt, und  aus  diesem  Grunde  kann  man  sagen,  dass  in  der  Praxis  die  mechanischen 
Belastungen  einer  Glocke  von  der  Betriebsspannung  ziemlich  unabhängig  sind.  Bei  den 
meisten  Normalien  von  Hochspannungsisolatoren  ergibt  sich  bei  kleinen  Betriebsspan- 
nungen eine  reichliche,  bei  hohen  Spannungen  eine  überreichliche  mechanische  Druck- 


1128 


IIL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


festigkeit.  Bei  Isolatoren  für  niedere  Spannung  (etwa  10000  Volt)  rechnet  man 
mit  einer  zulässigen  Belastung  von  etwa  1000  kg,  bei  den  grossen  Glocken  für  hohe 
Spannung  etwa  3000  kg  pro  Glocke45). 

Die  Zugfestigkeit  in  der  Halsrille  ist  in  allen  Fällen  so  gross,  dass  eher  die 
Stützen  krumm  gezogen  werden,  als  der  Isolatorkopf  abgesprengt  wird. 

Bei  guter  Glasur  und  gutem  Garbrand  kann  der  Isolator  einen  sehr  kräftiges 
Schlag  oder  Steinwurf  vertragen,  ehe  eine  Verletzung  eintritt.  Auch  sollen  in  solchen 
Fällen  nur  Stücke  ausbrechen  aber  keine  weiterlaufenden  Sprünge  entstehen.  Vielfach 
wird  der  braunen  Glasur  der  Vorzug  vor  der  weissen  gegeben,  weil  erfahrungsgemäß 
der  weisse  Isolator  einen  stärkeren  Anreiz  bietet  als  Zielobjekt  für  Steinwürfe  und  weil 
sich  bei  der  braunen  Glasur  an  der  weissen  Farbe  der  Ausbrüche  Verletzungen  leichter 
von  unten  erkennen  lassen. 

Es  ist  allgemein  üblich,  für  den  Isolator  auch  das  Gewicht  anzugeben,  weil  mit 
Rücksicht  auf  die  geringere  Belastung  des  Gestänges  und  bei  der  grösseren  Wahrschein- 
lichkeit eines  ganz  gleichmässigen  Garbrandes  bei  kleinerer  Masse  die  leichteren  Glocken 
bei  gleicher  Isolierfähigkeit  den  Vorzug  verdienen.  Bezüglich  der  Energieverluste  in 
Watt  an  einer  Hochspannungsglocke  vergl.  S.  1094. 

Die  verschiedenen  Isolatorentypen  sind  auf  Taf.  LXXXI  so  deutlich  dargestellt, 
dass  eine  Beschreibung  überflüssig  wird. 

Bei  den  grossen  aus  mehreren  Stücken  hergestellten  Isolatoren  werden  meistens 
die  Berührungsflächen  der  einzelnen  Stücke  vor  dem  Garbrande  mit  Glasur  bestrichen 
und  dann  im  Garbrande  selbst  durch  die  Glasur  vereinigt. 

b)  Die  Isolatorenstützen.  Die  Stützen  werden  heute  meistens  aas 
Eisen  oder  Stahl  hergestellt.  Das  obere  Ende  der  Stütze  wird  mit  Hanf,  welcher  in 
Leinöl  oder  in  eine  Mischung  von  Leinöl  und  Mennige  oder  Bleiglätte  getaucht  ist,  fest 

umwickelt  und  der  Isolator  aufgedreht.  Bei  sehr  stark  bean- 
Abb.  440.    Isolatorenstützen.  Spruchten  Isolatoren  namentlich  an  grösseren  Winkelpunkten 

i  wird  auch  wohl  ein  Kitt  aus  Bleiglätte  und  Glyzerin,  welcher 

*■     ^  rasch  erhärtet  und  nicht  treibt,   oder  auch  Hanf  mit  einer 

Schellacklösung   verwendet.     Vor  Aufwickelung   des  Hanfes 

wird  das  obere  Ende   etwas  aufgeschlagen,  sodass  scharfe 

Haken  und  Rillen  entstehen,  durch  welche  der  Hanf  gehalten 

<0  wird.     Man  unterscheidet  im  allgemeinen  hakenförmige 

Stützen  (Taf.  LXXXI,  Fig.  14  und  Abb.  440),  welche  direkt 
in  den  Mast  eingeschraubt  werden,  und  gerade  lotrechte  Stützen,  welche  mit 
Bund  und  Schraubenmutter  an  den  Querrahmen  oder  Querträgern  verbolzt  sind,  (Taf. 
LXXXI,  Fig.  10,  11  und  12)  und  konsolartige  Stützen  (Taf.  LXXXI,  Fig.  13  und 
Abb.  411  u.  418,  S.  1106  u.  1113),  welche  mit  wagerechten  Bolzen  direkt  an  den  Masten 
oder  an  den  Querträgern  befestigt  werden.  Bei  geraden  Stützen  werden  auch  statt  des  vollen 
Rundeisens  verzinkte  Röhren  verwendet.  Die  diesbezüglichen  Modelle  von  der  Firma 
Richard  Ginori  in  Mailand  schwanken  zwischen  195  und  500  mm  Länge  mit  lichten  Durch- 
messern von  18  bis  31  mm  (*!*  bis  V/i  Zoll).  Darstellungen  der  Stützen  mit  Gewichts- 
angaben befinden  sich  auf  Taf.  LXXXI,  Fig.  19 46). 

«6)  Vergl.  hierzu  die  Gewichtstabelle  für  Kupferdraht  S.  1142  und  die  Zahlentafeln  &  1151  wd 
8.  1152,  wonach  sich  die  Gewichtsvennehrungen  aus  Eis,  Schnee  und  Wind  ergeben. 

**)  Per  Preis  einer  Stutze  betragt  bei  195  mm  Lange  und  18  mm  innerem  Durchmesser  (500  g 
Gewicht)  ca.  0,80  Lire;  bei  300  mm  Länge  (900  g  Gewicht)  0,80  Lire;  bei  420  mm  Länge  und  25  na 
(1  Zoll)  innerem  Durchmesser  (1500  g  Gewicht)  1,20  Lire;  bei  500mm  Länge  und  31mm  (IV«  W 
innerem  Durchmesser  (2570  g  Gewicht)  1,70  Lire. 


f  7.  Fernleitungen.  1129 

Um  die  Oberflächenisolation  und  die  Sicherung  gegen  Randentladungen  noch  zu 
vergrössern,  werden  bei  einzelnen  Typen  fiir  sehr  hohe  Spannungen  (vergl.  Taf.  LXXXI, 
Fig.  8,  17  und  18)  die  Stützen  mit  Porzellanhülsen  umgeben,  die  bis  auf  den  tragenden 
Querarm  reichen. 

Das  Gewicht  einer  Hakenstütze  aus  Vierkanteisen  von  22  mm  Seite  beträgt 
etwa  2,0  kg,  das  Gewicht  einer  geraden  Stütze  von  20  mm  Durchmesser  und  270  mm 
Länge  etwa  1,0  kg. 

Da  jeder  einzelne  Isolator  sorgfältig  auf  Durchschlagfestigkeit,  Sicherheit  gegen 
Randentladungen  und  Oberflächenisolierung  geprüft  werden  muss,  haben  alle  grösseren 
Fabriken  besondere  Prüffelder47).  Ausserdem  werden  die  vorgeschriebenen  Abmessungen 
durch  Nachmessen  an  einzelnen  Exemplaren  untersucht,  der  gute  Brand  und  die  Freiheit 
von  Rissen  durch  den  Klang  beim  Anschlagen  geprüft  und  die  Höhe  der  mechanischen 
Festigkeit  durch  Versuche  an  einzelnen  Isolatoren  festgestellt. 

9.  Die  Verteilung  der  DrShte  für  die  Kraftübertragung  und  den  Dienstfern- 
sprecher auf  dem  Gestänge,  sowie  die  Schutzvorrichtungen  gegen  die  Gefahren  bei 
Berührung  von  Hochspannungsleitungen*  Den  Achsenabstand  der  Drähte  voneinander, 
welcher  bei  Telephon-  und  Telegraphenleitungen  zu  mindestens  30,0  cm  angenommen 
wird,  wählt  man  bei  Hochspannungsleitungen  mit  mehr  als  500  Volt  (abgesehen  von 
besonderen  Fällen,  in  welchen  man  besondere  Wirkungen  erzielen  will)  nie  kleiner  als 
50,0  cm.  Dieser  Abstand  ist  bis  zu  5000  Volt  zulässig.  Würde  man  den  Abstand 
kleiner  wählen,  so  würden,  wachsend  mit  der  Spannung,  sogenannte  „dunkle  Ent- 
ladungen41 von  Draht  zu  Draht  stattfinden,  welche  zu  Störungen  im  Betriebe  und  zu 
Effektverlusten  führen  würden.  Bei  höheren  Spannungen  wählt  man  den  Abstand  ungefähr 
um  je  10  cm  für  je  5000  Volt  Spannung  grösser,  sodass  der  Abstand  bei  10000  Volt 
60,0  cm  und  für  15000  Volt  70,0  cm  wird  und  so  fort. 

Zur  ungefähren  Berechnung  des  zweckmässigsten  Abstandes  in  cm  gilt  für  höhere 
Spannungen  die  empirische  Formel 

d  (Achsenabstand  der  Drähte  in  cm)=  18 . 1/^^j, 

worin  V  die  Betriebsspannung  in  Volt  bedeutet48).  Diese  Abstände  beziehen  sich  auf 
einen  Mastenabstand  von  45,0  bis  50,0  m.  Wächst  derselbe,  sodass  durch  Schwingungen 
je  2  Drähte  näher  aneinander  herankommen  können,  so  muss  der  Achsenabstand  der 
Drähte  vergrößert  werden. 

Über  den  Abstand  der  Drähte  von  Hochspannungsleitungen  von  Erde  schreiben 

in  §  23,  ad  h  die  alten  und  in  §  22  ad  b  1  die  neuen  Verbandsvorschriften  vor : 

Ungeschützte  Freileitungen  sollen  mit  ihren  tiefsten  Punkten  in  der  Regel  mindestens 
6,0  m,   bei  befahrenen  Wegflberfohrungen   mindestens   7,0m  von  der  Erde  entfernt  sein.    Diese 
Vorschrift  ist  besonders  erlassen  mit  Rücksicht  auf  die  Lebensgefahr,  welche  bei  zufälliger  Berührung, 
von  HochspannungsdrShten  für  unisoliert  stehende  Menschen  und  Tiere  besteht 

Was  die  gegenseitige  Anordnung  der  Drähte  an  einem  Gestänge  betrifft,  so  muss 
man  nach  den  verschiedenen  Systemen  unterscheiden. 

Bei  Gleichstromleitungen  hat  man  mit  dem  Abstand  nur  auf  die  Ver- 
meidung von  Entladungen  von  Draht  zu  Draht  Rücksicht  zu  nehmen,  bei  Wechsel* 


**)  Ein  solches  Prüffeld  der  Hermsdorfer  Fabrik  ist  in  der  E.T.Z.  1902.  S.  471  von  R.  Friese 
beschrieben. 

«•)  »Das  Porzellan  als  Isolier-  und  Konstraktionsmaterial  in  der  Elektrotechnik",  herausgegeben 
von  Robert  M.  Friese,  1904.  Aufsatz  des  Oberingenieum  EL  Wallern,  3.  127. 


1130 


IIL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


e 


b 

1 


m 
*- 

♦ 

4/ 

i 

t_ 

_f 

t 

A 


iL 


h 


Y 


Stromleitungen  dagegen  kommt  noch  die  Rücksicht  auf  die  Selbstinduktion  und 
auf  die  gegenseitige  Induktion  der  Leitungsdrahte  in  Betracht49). 

Ergibt  beim  Einphasensystem  die  Querschnittsberechnung  einen  Querschnitt 
von  zusammen  z.  B.  30  qmm  pro  Draht,  so  ist  es,  sofern  die  mechanische  Festigkeit 
bei  dem  gewählten  Mastenabstande  völlig  ausreicht,   vorteilhaft,   statt   2  Drähte  von 
je  30  qmm,  4  von  je  15  qmm  zu  verlegen,  weil  die  Induktionswirkungen  durch  Ver- 
kleinerung der  Stromstärke  pro  Draht 

Abb.  441.    Verschiedene  Anordnung  der  Drähte  bei        verringert  werden  (veigL  Formel  3, 

Emphasenstrom.  g    1073)    Diege  Ma8gregei  hat  auch 

betriebstechnisch  die  ferneren  Vor- 
teile, dass  man  zwei  getrennte  Sys- 
teme, also  immer  eine  Reserve  für 
den  Fall  des  Bruches  eines  Drahtes 
hat  und  dass  man  Licht  und  Kraft 
trennen  kann.  Die  Abb.  441  a— e 
gibt  verschiedene  Arten  der  Vertei- 
lung der  Drähte  an  einem  Mäste,  wobei  a  und  b  und  a'  und  b'  die  beiden  Drahte  je 
eines  Systems  bedeuten.  Für  eine  Leitung,  welche  4000  KW  übertragen  soll,  bei 
100,0  km  einfacher  Länge  der  Leitung  (nicht  Drahtlänge)  30000  Volt  Spannung,  also 
140  Ampfere  Einphasenstrommenge ,  bei  co3<jp  =  0,95,  50  Per./sek. ,  einem  Gesamt- 
querschnitt der  Leitung  (nicht  Drahtquerschnitt)  von  100  qmm 
und  einem  Achsenabstand  der  Drähte  von  80  cm  voneinander 
ergibt  sich  nach  Wallern  bei  den  verschiedenen  Anordnungen 
folgender  induktiver  Spannungsabfall: 

Bei  der  Anordnung  Abb.  441 

i     ,  A<PA  tt  I  (ein  Leiterpaar  mit  Drahthalbmesser 
nach  a)  9160  V.  p  r  =  0,566cm), 

„  b)  5186  V. 

,  c)  4750  V. 

„  d)  5030  V. 

„  e)  4690  V. 

woraus  sich  ergibt,  dass  die  Anordnungen  von  c  und  e  die  vorteil- 
haftesten sind.  Noch  bessere  Resultate  (4576  V.)  würde  eine 
Anordnung  nach  Abb.  441  b  ergeben,  wenn  man  die  Stellungen  von  ai  und  b,  vertauscht 
Für  3  und  4  Leiterpaare  ergeben  sich  als  die  günstigsten  Drahtstellungen  die- 
jenigen nach  Abb;  442  f  und  g.  Durch  zweimalige  Vertauschung  der  Plätze  der  Drähte 
und  der  Leiterpaare  miteinander  in  gleichen  Abständen  (also  nach  V»  der  Länge 
kommen  oben  links  a, ,  rechts  bx>  auf  dem  zweiten  Arm  links  b,,  rechts  a,,  auf  dem 
untersten  Arm  links  a  und  rechts  b)  würde  der  induktive  Spannungsabfall  der  Anord- 
nung 442  f  bei  4000  KW,  30000  Volt,  100  km  Leitungslänge,  100  qmm  Leitungsquer- 

100 
schnitt,  also  — ^ —  Drahtquerschnitt  ca.  4530  Volt  sein.  Wenn  bei  der  Anordnung  nach  f 

die  Drahtgruppe  a  b  unverdrillt  bleibt,    die  Gruppe  s^  bx   einmal   in  der  Mitte  der 
Strecke  gekreuzt  wird  und  die  Gruppe  as  b2  dreimal  gekreuzt  wird,  so  ist  der  induk- 


Abb.  442.  Günstigste 
Anordnung  der  Drihte 
bei  Einphasenstrom  und 
3  bezw.  4  Leiterpaaren. 


f 

m        % 

•         o 

0  • 


a 

f 

* 
t 

f 

t 

?' 

? 

»'- 

V 

(je   2   Leiterpaare  mit   r  =  0,4  cm 

und    einer    Stromstarke    von     nur 

70  Ampere  pro  Draht), 


*•)  Näheres  vergl.  EL  Wallern,  Der  theoretische  Leitnngsban,  Abschnitt  V  in  .Das  Por- 
zellan als  Isolier  und  Konatraktionsmaterjal  in  der  Elektrotechnik".  Herausgegeben  von  Robert 
M.  Friese,  S.  128  u.  ff. 


§  7. 


Fernleitungen. 


1181 


tive  Spannungsabfall  beim  obigen  Beispiel  etwa  4880  Volt.  Ungefähr  gleichwertig  mit 
der  Anordnung  g  bei  4  Leiterpaaren  würde  diejenige  sein,  bei  der  man  nur  zwei  Quer- 
arme verwendete  und  auf  jeden  Arm  je  zwei  Leitungspaare  nebeneinander  unterbrächte. 

2.  Das  Zweiphasensystem.  Das  offene  Zweiphasensystem  mit 
4  Drähten.  Auch  hier  wird  man,  wenn  es  die  Querschnittsberechnungen  nach  elek- 
trischen und  mechanischen  Gesichtspunkten  rechtfertigen,  vorziehen,  zwei  Systeme  mit 
8  Drähten  anstatt  eines  Systems  mit  4  Drähten  zu  verlegen.  Die  günstigste  Anordnung 
ergibt  sich  bei  einer  Gruppe  von  Zweiphasenleitungen,  also  4  Drähten,  wenn  man  ähn- 
lich wie  bei  Abb.  441  b  die  Drähte  der  Phase  I  oben,  diejenigen  der  Phase  II  unten 
anordnet  und  die  eine  Doppelleitung  in  der  Mitte  der  Strecke  kreuzt,  oder  wenn  man  nach 
dem  Vorbilde  der  Abb.  441  c  die  4  Drähte  auf  einen  Doppelarm  und  zwar  die  Doppel- 
leitung der  einen  Phase  links,  der  anderen  Phase  rechts  anordnet  und  eine  der  beiden 
Doppelleitungen  in  der  Mitte  der  Strecke  kreuzt.  Bei  zwei  Gruppen  von  Zweiphasen- 
leitungen, also  bei  zweimal  4  Drähten,  ist  es  am  vorteilhaftesten,  die  zwei  Doppelleitungen 
der  Phase  I  %  bt  und  V  a/  auf  der  einen  Seite  des  Mastes  und  diejenigen  der  Phase 
II  a8  b,  und  V  a,'  auf  der  anderen  Seite  des  Mastes  untereinander  anzubringen  und  die 
zwei  Doppelleitungen  der  Phase  II  in  der  Mitte  der  Strecke  zu  kreuzen.  Die  Anordnung 
der  Abb.  443a50)  ist  weniger  vorteilhaft,  aber  vielfach  verwendet.    Nach  Wallern  ergibt 


Abb.  443.    Anordnung  der  Drähte  beim  offnen 
Zweiphaeensystem  mit  4  Drähten. 

a  b 


h 

_f_ 


t 


1 


t 


& 


Abb.  444.    Verteilung  der  Drähte  bei  Drehstrom, 
a  b 

1  I 


i 


h 


et 

f. 


t 


i  i 


*      c 


I 


h 


1 4 


*  *   P 


sich  bei  einer  Leitungslänge  L  =  100  km,  n  =  50  Per. /Sek.,  einem  Leitungsquer- 
schnitt (4  Drähte)  von  zus.  50  qmm  und  einer  Stromstärke  von  70  Amp.  pro  Draht  und 
30000  Volt  Spannung  bei  der  oben  beschriebenen  günstigsten  Anordnung  ein  induktiver 
Spannungsabfall  von  4575  Volt  und  für  die  Anordnung  nach  Abb.  443  a  (vergl.  Fuss- 
note  48)  ein  induktiver  Spannungsabfall  von  ca.  5250  Volt,  auch  wenn  durch  Ver- 
tauschung der  Seite  zwischen  den  Drahtpaaren  der  Phase  I  in  der  Mitte  der  Leitung 
die  induktive  Wirkung  der  zwei  Phasen  aufeinander  aufgehoben  wird.  Bei  der  An- 
ordnung nach  Abb.  443  b   braucht   der  Abstand  zwischen  a^  und  at  nur  —   zu  sein. 

V2 

Der  Nachteil  besteht  aber  darin,  dass  man  drei  Arme  nötig  hat,  weshalb  die  Anordnung 
selten  benutzt  wird. 

ß)  Bei  dem  verketteten  Zweiphasensystem  mit  gemeinschaftlicher  Rück- 
leitung, also  3  Drähten,  von  denen  der  Rückleitungsdraht  einen  Querschnitt  gleich  dem. 
Y2  fachen  der  Phasendrähte  hat,  ist  es  am  günstigsten,  die  Drähte  in  den  Spitzen  eines 
gleichseitigen  Dreiecks  liegend  anzuordnen. 


*°)  In  der  Abbildung  sind  die  Bezeichnungen  der  Isolatoren  verdruckt  Es  m 
links  nach  rechts  am  oberen  Ann  at  bt  a't  b'„  am  unteren  Arm  b*  at  b',  a'* 


von 


1132         HL    Theodor  Kosh«.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheitek. 

3.  Beim  Drehstrom  werden  bei  mehreren  Leitergruppen  zu  3  Drahten  an  einem 
Gestänge  die  Drähte  häufig  auch  in  die  Spitzen  je  eines  gleichseitigen  Dreiecks 
(Abb.  444  a)  gelegt.  Die  Anordnung  nach  Abb.  444  a  wurde  z.  B.  bei  der  Kraftübertragung 
der  Niagara  Falls  Power  Co.  nach  Buffallo  (S.  545)  verwendet.  Bei  Anordnung 
der  drei  Leiter  einer  Gruppe  in  einer  lotrechten  oder  wagerechten  Ebene  ist  eine  ein- 
malige vollständige  Verdrillung  der  Leitung  (also  sodass  b  [Abb.  444  b]  an  die  Stelle 
von  c  kommt  und  wieder  zurück  nach  b)  notwendig.  Bei  einer  Anordnung  mit  vier 
Drehstromkreisen  (nach  Abb.  444b)  ist  die  gegenseitige  Induktion  gleich  0,  wenn 
Gruppe  I  eine  vollständige  Verdrillung,  desgleichen  Gruppe  IV  aber  nach  entgegen- 
gesetzter Richtung  erhält  und  Gruppe  II  und  III  je  dreimal  vollständig,  aber  nach 
entgegengesetzten  Richtungen  verdrillt  werden. 

Um  die  einzelnen  Stromverteilungsstellen  mit  dem  Krafthause  in  Verbindung  zu 
bringen  und  um  eine  möglichst  schnelle  Meldung  aller  von  den  Leitungswärtern  be- 
merkten Beschädigungen  der  Leitungen  nach  dem  Krafthause  zu  ermöglichen,  werden 
bei  grösseren  Anlagen  häufig  auf  dem  Gestänge  der  Hochspannungslinien  Telephon- 
leitungen angebracht  und  in  Entfernungen  von  5 — 10  km  Sprechstellen  eingerichtet. 
Die  Entfernung  der  Telephondrähte  von  dem  untersten  Starkstromdraht  desselben  Ge- 
stänges sollte  mindestens  1,50  m  betragen,  wird  aber  meist  noch  grösser  als  2,0  m  ge- 
wählt. Die  Entfernung  der  beiden  Telephondrähte  voneinander  muss  mög- 
lichst klein  sein  und  die  Drähte  sind  möglichst  in  einer  wagerechten  Ebene 
nebeneinander  und  symmetrisch  zu  den  Starkstromleitungen  zu  verlegen, 
damit  die  Induktionswirkungen  in  den  beiden  Drähten  gleich  gross  werden  und  sich 
gegenseitig  aufheben.  Die  Schwachstromleitungen  sind  ferner  in  geeigneter  Weise  zo 
verdrillen  (vergl.  §  22  i  der  neuen  Verbandsvorschriften.   Elekt.  Zeitschr.  1907,  S.  885). 

Bei  der  S.  1119  schon  erwähnten  Krafubertragungsanlage  Tofyehult-Westervik  in  Schwede« 
wurde  an  demselben  Gestänge  unter  den  Hochspannungsdrahten  eine  Telephooleitong  gezogen  und  auf 
gewöhnlichen  Telephonisolatoren  befestigt.  Die  Telephonleitung  wurde  schraubenförmig  derart  ver- 
drillt, dass  sie  auf  einer  Entfernung  von  je  5  Masten  eine  volle  Umdrehung  machte.  Die  Hochepannunge- 
leitung  selbst  ist  gleichfalls  verdrillt,  derart  dass  auf  die  ganze  Strecke  5  Umdrehungen,  also  ungefähr 
eine  Umdrehung  auf  je  3000  m  kommen.  Beim  Telephonieren  ist  zwar  ein  summender  Ton  bemerkbar, 
der  aber  nicht  so  stark  wird,  dass  das  Gesprach  erheblich  gestört  wird.  Die  Kreuzung  der  Telepsos- 
leitung  mit  dem  Meerbusen  Värkebacksviken,  welchen  die  Hochspannungsleitung  mit  der  8. 1121  hnarhrif 
benen  Überfahrung  überschreitet,  ist  mittelst  Seekabel  ausgeführt. 

Auf  die  Anbringung  von  Schatznetzen  zwischen  Hochspannungs-  und  Schwach- 
stromleitungen an  demselben  Gestänge  verzichtet  man  heute  ganz  nnd  sichert  vielmehr  durch 
entsprechende  Anordnungen  die  Sprechstellen  selber.  Zu  diesem  Zwecke  müssen  die  Sprech- 
stellen mit  Schmelzsicherungen  ausgerüstet  sein,  ausserdem  müssen  die  Telephon- 
Apparate  so  eingerichtet  werden,  dass  der  Induktor  des  Apparates  mittelst  einer  Gummi- 
kurbel  oder  eines  Lederriemens  angetrieben  wird  und  dass  durch  Isolierung  des  Sprech-  und 
Hörrohrs  gegen  Hochspannung  eine  Beschädigung  der  an  den  Apparaten  befindlichen  Per- 
sonen nicht  stattfinden  kann.  Die  Isolierung  kann  z.  B.  durch  starke  Gummischläoche, 
an  welchen  das  Telephon  und  Mikrophon  hängen,  bewirkt  werden.  Beiläufig  sei  hier 
bemerkt,  dass  jedes  Krafthaus  ausserdem  mit  den  öffentlichen  Fernsprechstellen  in  Ver- 
bindung stehen  muss,  weil  es  immerhin  vorkommen  kann,  dass  gerade,  wenn  die  wich- 
tigsten Mitteilungen  wegen  Drahtbrüche  etc.  zu  machen  sind,  der  Betriebsfernsprecher 
nicht  benutzbar  ist. 

Befinden  sich  mehrere,  vielleicht  sogar  fremde  Leitungssysteme  an  einem  Ge- 
stänge, so  kann  es  im  Interesse  der  Betriebssicherheit  notwendig  sein,  die  Drähte  in 
zwei  Gruppen  voneinander  so  zu  trennen,  dass  man  an  der  einen  Gruppe  Reparatur- 


§  7.  Febhlbttungen.  1133 

arbeiten  vornehmen  kann,  ohne  die  andere  stromlos  zu  machen.  Das  geschieht  meistens 
in  der  Weise,  dass  zwischen  den  beiden  Gruppen  ein  vertikales  Schatznetz  aus  Eisen- 
draht gezogen  wird,  welches  anf  die  sorgfaltigste  Weise  zu  erden  ist,  damit  es  unter 
allen  Umständen  das  Potential  0  behält  (S.  1114  n.  1115).  Wie  ein  Schutznetz  der 
eben  erwähnten  Art,  sind  auch  alle  Schutznetze51),  welche  bei  Kreuzungen  von  Tele- 
phonleitungen, von  Wegen  nnd  Eisenbahnen  angebracht  werden,  sorgfältig  zu  erden. 
Die  Längsdrähte  eines  Schutznetzes  bestehen  gewöhnlich  ans  4  mm  starkem  verzinkten 
Eisendraht,  die  in  Abstanden  von  nicht  mehr  als  1,0  m  anzuordnenden  Querdrähte  aus 
2,5  mm  starkem  Eisendraht.  Schntznetze  können  sowohl  offen  als  auch  geschlossen 
sein.  Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  die  Drähte  der  Schntznetze  so  weit  von  den 
Hochspannungsdrähten  entfernt  sein  müssen,  dass  eine  zufallige  Berührung  bei  Sturm  etc. 
ausgeschlossen  ist.  Bei  offenen  Schutznetzen  ist  ferner  dafür  zu  sorgen,  dass  ein  ge- 
brochener Hochspannungsdraht  auch  bei  stärkestem  Winde  sicher  abgefangen  wird.  Man 
sieht  diese  Forderung  im  allgemeinen  als  erfüllt  an,  wenn  die  offenen  Schntznetze 
seitlich  im  gehörigen  Abstände  bis  zur  Höhe  des  untersten  Hochspannungsdrahtes 
reichen.  Wie  S.  1106  schon  erwähnt,  verlangen  die  Sicherheitsvorschriften,  dass 
an  allen  Winkelpunkten  einer  Starkstromleitung  Fangbügel  angebracht  werden, 
welche  beim  Bruch  von  Isolatoren  das  Herabfallen  der  Leitungen  vom  Gestänge  ver- 
hindern. 

Als  weiterer  Schutz  gegen  Unglücksfälle  durch  zufälliges  Berühren  herabgefallener 
Drahte  sind  in  einer  Hochspannungsleitung  Schmelzsicherungen  oder  besser  Selbstschalter 
einzubauen,  welche  bei  Erdschluss,  z.  B.  infolge  von  Drahtbrüchen,  sofort  durchbrennen 
bezw.  herausspringen  und  die  Leitung  ganz  oder  streckenweise  stromlos  machen.  Diese 
Schmelzsicherungen  bestehen  in  der  Regel  aus  Bohren  von  Porzellan,  in  welche  ein  Schmelz- 
streifen eingeschlossen  ist.  Solche  Sicherungen  und  Selbstschalter  werden  in  der  Regel 
nur  in  bedeckten  Räumen  (in  dem  Krafthause  selbst,  in  den  Transformatoren  und 
Schalthäusem)  untergebracht  (vergl.  Kap.  III,  §  6  B,  S.  1047  u.  ff.). 

Um  Fernleitungen  streckenweise  ausschalten  zu  können,  werden  in  gewissen  Ab- 
ständen Ausschalter  eingebaut.  Ausserdem  befinden  sich  stets  in  den  Transformatoren- 
häusern sowie  in  dem  Krafthause  Ausschalter. 

Alle  Masten  von  Femleitungen  mit  hochgespanntem  Strom  müssen  nach  den 
Sicherheitsvorschriften  in  Deutschland  einen  deutlich  sichtbaren  roten  Zick- Zack- 
Pfeil  tragen.    In  Frankreich  und  Italien  werden  meistens  Schilder  angeheftet,  welche 


•*)  Gegen  die  Verwendung  von  Schutsnetzen  (vergl.  §  23  ad  m  der  alten  und  22  ad  h  nnd  k 
der  neuen  Verbandevorschriften  n.  8.  1090)  sind  neuerdings  viele  beachtenswerte  Stimmen  lautgeworden. 
So  äusserte  sich  z.  B.  der  Bayerische  Revisionsverein  in  der  Zeitschrift  des  Bayerischen  Revisions- 
vereins 15.  X.  1905.  S.  190:  «Dagegen  haben  wir  uns  entschlossen,  bis  anf  weiteres  die  Anbringung  von 
Fangnetzen  bei  Freileitungen,  die  Öffentliche  Wege .  berühren  oder  kreuzen,  nicht  zu  verlangen,  wenn 
folgende  Bedingungen  erfüllt  sind."    Folgen  die  Bedingungen. 

Vergl.  Elektr.  Zeitschr.  1906.  S.  55  nnd  S.  281. 

In  den  «Normalien  für  Leitungen"  gültig  ab  1.  I.  1908  heisst  es  ad  III: 

„Sollen  durch  erhöhte  Sicherheit  im  Sinne  des  §  22  h  und  k  Schutznetze  vermieden 
werden,  so  dürfen  die  Leitungen  nur  mit  der  Hälfte  der  unter  I  a  zugelassenen  Zngspannung  (S.  1042) 
beansprucht  werden.  Hierbei  müssen  die  Masten,  welche  den  Übergang  zwischen  Leitungsfeldern  ver- 
schiedener Zugspannung  vermitteln,  für  den  grOssten,  einseitigen  Zug  bemessen  sein.  Durch  be- 
sondere Befestigung  der  Leitungen  an  diesen  oder  durch  andere  zweckdienliche  Massnahmen  ist  dafür 
zu  sorgen,  dass  auch  bei  Zerstörung  eines  Isolators  die  zugehörige  Leitung  nicht  herabfällt  oder  vor 
dem  Herabfallen  geerdet  ist. 


1134         IIL    Theodor  Koehk.    Ausbau  ton  Wasserkraft».    EnfZELHxrrE*. 

die  Lebensgefahr  bei  Berührung  bildlich  (Totenkopf  mit  zwei  gekreuzten  Beinen)  oder 
durch  eine  entsprechende  Inschrift  anzeigen.  Ausserdem  sind  die  Masten  in  Höhe  tob 
etwa  3,5—4,0  m  oft  mit  einem  nach  unten  gerichteten  Stachelkranz  versehen  (vergi. 
Abb.  420,  S.  1116),  welche  ein  Heraufklettern  auf  den  Mast  verhindern  sollen. 

Früher  hielt  man  die  Erdung  aller  Holzmasten  ziemlich  allgemein  für  notwen- 
dig, und  es  gibt  auch  jetzt  noch  zahlreiche  Elektrotechniker,  welche  die  Erdung  für 
ein  notwendiges  Schutzmittel  halten.  In  Norwegen  ist  seit  1903  für  Hochspannungs- 
leitungen die  Erdung  aller  Holzmasten  in  der  Weise  vorgeschrieben,  dass  in  ca.  2,0  m 
Höhe  über  dem  Erdboden  ein  Metallband  um  den  Holzmast  zu  legen  ist,  welches  durch 
eine  Erdleitung  mit  einer  Erdungsplatte  in  Verbindung  steht.  Die  Erdleitung  wird  um 
den  im  Boden  steckenden  Teil  des  Mastes  spiralförmig  herumgewunden  **).  Auch  sollen 
verschiedene  in  Amerika  ausgeführte  Versuche  das  Resultat  ergeben  haben,  dass  eine 
Erdung  von  Nutzen  sei  und  einen  wirklichen  Schutzwert  besitze68).  Ferner  ist  in  der 
Elektrotechnischen  Zeitschrift,  1902,  S.  1129,  R.  Wilkens  für  die  Erdung  eingetreten. 
Es  ist  aber  nicht  zu  leugnen,  dass  besonders  seit  den  Mitteilungen  des  inzwischen  ver- 
storbenen Stadtbaurates  Uppenborn  aus  München  auf  der  Generalversammlung  des 
Verbandes  deutscher  Elektrotechniker  in  Würzburg  im  Jahre  1901 M),  welche  sich  auf 
eine  grössere  Reihe  von  Versuchen  stützten  und  den  Schutzwert  der  Erdung  in  Zweifel 
stellten,  man  neuerdings  doch  wohl  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  sowohl  in  Deutschland 
als  auch  in  Frankreich,  Italien,  Schweiz  und  Österreich  von  der  Erdung  absieht. 

Jedenfalls  ist  es  bemerkenswert,  dass  die  ab  1.  I.  1908  gültigen  Sicherheits- 
vorschriften in  §  22  ad  g  nur  die  Erdung  von  eisernen  Masten  bei  Hochspannungs- 
leitungen mit  über  1000  Volt  vorschreiben.  Nachdem  Tausende  von  km  Hochspannungs- 
leitungen mit  nicht  geerdeten  Holzmasten  jahrelang  im  Betriebe  sind,  ohne  dass  sich 
irgendwie  beunruhigende  Gefahren  für  die  Passanten  ergeben  haben,  wird  man  sich 
schliesslich  bei  der  Ausführung  mehr  an  diese  praktischen  Erfahrungen  als  an  theo- 
retische Erörterungen  halten. 

Es  ist  auch  wohl  unzweifelhaft,  dass  beispielsweise  die  Gefahren,  welche  theo- 
retisch durch  etwaiges  Herunterfallen  von  Strassenbahnfahrdrähten  in  belebten  städti- 
schen Strassen  entstehen  könnten,  ungleich  grösser  sind  als  die,  welche  durch  Berührung 
von  Masten  einer  Hochspannungsleitung  denkbar  wären.  Die  vieljährige  Erfahrung  hat 
aber  beim  Strassenbahnbetriebe  gezeigt,  dass  die  Gefährdung  von  Menschen  durch 
herabfallende  Fahrdrähte  so  verschwindend  selten  erfolgt  ist,  dass  man  von  erschwe- 
renden Sicherheitsvorschriften  abgesehen  hat. 

Bei  einer  defektlosen  Hochspannungsleitung  ist  die  Berührung  eines  Holzmastes 
unter  allen  Umständen  ganz  gefahrlos.  Der  Widerstand  eines  trocknen  Holzmastes 
beträgt  etwa  30000  Ohm  pro  lfm.  (vergl.  Elektr.  Zeitschr.  1905,  S.  489).  Es  wird  also 
auf  alle  Fälle  nur  eine  geringe  Strommenge  durch  den  Mast  zur  Erde  gelangen  können, 
selbst  wenn  ein  mit  Hochspannung  versehener  Leitungsdraht  auf  einen  eisernen  Quer- 
arm  herunterfällt.  Aber  es  ist  zuzugeben,  dass,  wenn  in  dem  gedachten  Falle  der  Mast 
durch  Regen  durchfeuchtet  ist  und  alsdann  ein  Mensch  den  Mast  berührt,  er  unter  Um- 
ständen einen  immerhin  gefährlichen  elektrischen  Schlag  erhalten  kann.    Indessen  ist  zu 


5»)  Mitteilungen  von  Norberg-Schulx,  Christiania,  Elektr.  Zeitschr.  1905.  8.  489. 

*t)  Vergl.  die  Mitteilungen  der  Ingenieure  8.  B.  Storer,  H.  0.  Rockwell  und  B.  K.  Dan- 
forth  Aber  Versuche  auf  der  Strecke  in  Utica  (New- York)  der  ütica  and  Mohawk  Valley  Raihray  Co, 
im  Street  Railway  Journal  vom  22.  Sept  1904.  Elektrotech.  Zeitschr.  1905.  S  239. 

A«)  Elektrotechn.  Zeitschr  1901.  S.  370. 


§  7.  Fernleitungen.  1135 

bedenken,  dass  der  Fall  eines  Isolatorbrnches  an  sich  bei  einem  gut  montierten  Leitungs- 
netz selten  vorkommen  wird  nnd  dass,  wenn  er  tatsächlich  vorkommt,  es  doch  immer 
noch  sehr  unwahrscheinlich  ist,  dass  ein  Mensch  einen  solchen  Mast  gerade  trotz  der 
Warnung  berührt,  wie  die  vieljährigen  Erfahrungen  beweisen.  Ein  derartiger  Defekt 
wird  aber  in  dem  Krafthause  sehr  bald  durch  die  Störungen  in  den  Instrumenten  am 
Schaltbrett  entdeckt.  Er  kann  auch  dem  Wärter,  welcher  die  Leitung  zu  besichtigen  hat, 
nicht  entgehen.  Der  Zweck  der  Erdung  soll  sein,  dass  durch  die  Erdleitung,  wenn 
ein  Leitungsdraht  vom  Isolator  herunterfällt  und  das  Gestänge  berührt,  ein  so  starker 
Stromübergang  durch  die  Erdleitung  stattfindet,  dass  die  Schmelzsicherungen  in  dem 
Krafthanse  oder  auf  der  Strecke  augenblicklich  durchschmelzen,  bezw.  dass  die  selbst- 
wirkenden Ausschalter  sofort  herausspringen  und  die  Strecke  stromlos  machen.  Wenn 
aber  die  Erdung  unvollkommen  ist,  so  kann  durch  die  Erdleitung  auf  längere  Zeit  ein 
Stromübergang  stattfinden,  ohne  dass  die  Schmelzsicherungen  und  Selbstschalter  in 
Funktion  treten  und  alsdann  wird  die  Gefahr  bei  zufälliger  Berührung  des  Mastes 
erhöht. 

Die  Erdplatten  bestehen  meistens  entweder  aus  2  mm  dickem  Kupferblech  oder 
aus  3  mm  dickem,  verzinnten  Eisenblech,  oder  aus  einem  Drahtnetz  mit  3,5  mm  Kupfer- 
draht und  etwa  8  cm  Maschenweite,  oder  aus  einem  Drahtnetz  aus  verzinktem  Eisen- 
draht. Die  einseitige  Fläche  einer  Erdungsplatte  beträgt  1,0  bis  1,5  qm.  Zum  Ersatz 
der  Erdplatten  wird  auch  häufiger  der  Erdleitungsdraht  zu  einem  Ringe  von  5—6  Spulen 
übereinander  aufgerollt  und  in  die  Erde  gelegt.  Man  kann  nur  dann  sicher  sein,  einen 
wirklich  guten  Erdschluss  zu  haben,  wenn  die  Erdplatte  im  Grundwasser  oder  fliessen- 
dem  Wasser  liegt.  Wo  man  dauernd  feuchte  Schichten  des  Erdreiches  nicht  erreichen 
kann,  ist  statt  der  Erdplatten  ein  ausgebreitetes  Netz  von  Draht  oder  Gitterwerk  zu 
verwenden,  auch  kann  unter  Umständen  die  Eindeckung  solcher  Netze  mit  festgestampften 
Koks  den  Übergangswiderstand,  der  nicht  mehr  als  20 — 30  Ohm  betragen  sollte,  herunter- 
setzen. Eine  gute  Erdung  ist  daher  an  gewissen  Stellen,  wie  z.  B.  bei  trocknen  oder 
felsigen  Bodenarten  nur  mit  grossen  Unkosten  zu  erzielen,  und  es  ist  besonders  in 
solchen  Fällen  wohl  sicher  das  ratsamste,  auf  die  Erdung  überhaupt  zu  verzichten. 

Da  eiserne  Mäste  als  gute  Leiter  ohnehin  Erdschluss  haben  —  wenn  sie  in  Beton 
stehen  etwas  weniger,  wenn  sie  in  blosser  Erde  stehen  etwas  mehr  — ,  so  sind  eiserne 
Mäste  entweder  mit  Erdplatten  oder  wenn  erforderlich  durch  eine  parallel  zur  Strom- 
leitung verlegte  geerdete  Leitung  zu  versehen.  Die  Kosten  für  Erdplatten  fallen  deshalb 
nicht  so  sehr  ins  Gewicht,  weil  die  Durchschnittsspannweite  immerhin  70,0  bis  100,0  m 
beträgt,  die  Zahl  der  Masten  also  in  der  Regel  weniger  als  halb  so  gross  ist,  als  sie  bei 
Verwendung  von  Holzmasten  sein  würde. 

Wo  die  Erdung  von  eisernen  Masten  nicht  mit  genügender  Sicherheit  er- 
reichbar ist,  müssen  dieselben  mit  einer  Schutzhülle  aus  Holz  oder  Beton  bis  zur  Höhe 
von  2,0  m  über  dem  Erdboden  umgeben  werden.  Dass  Spanndrähte  und  Ankerdrähte, 
mit  welchen  Holz-  oder  Eisenmasten  armiert  werden,  in  Höhe  von  mindestens  3,0  m 
vom  Erdboden  durch  Abspannisolatoren  zu  isolieren  sind,  wurde  bereits  S.  1 106  erwähnt. 

Über  die  Zweckmässigkeit  der  Erdung  von  Fangbügeln  bei  Holzmasten  sind  die 
Ansichten  auch  noch  geteilt.  Ist  bei  Schutznetzen  eine  gute  Erdung  nicht  zu  erzielen, 
so  -müssen  die  Schutzdrähte  jedenfalls  durch  Abspannisolatoren  vom  Gestänge  isoliert 
werden.    Bei  eisernem  Gestänge  werden  die  Schutznetze  in  der  Begel  geerdet. 

10.  Die  Blitzschats-  und  Überspannumgsvorrichtungen M)  (vergl.  auch  Kap.  III 

»»)  YergLDr.  A.v.  Waltenhofen,  Über  Blitzableiter.  1890.  Dr.  O.  Benischke,  Die  Schutz- 
vorrichtungen der  Starkstromtechnik  gegen  atmosphärische  Entladungen.    Neesen,  Die  Sicherungen 


1186 


III.    Theodor  Eoehk.    Ausbau  von  WasserkrXfteh. 


§  6B,  S.  1060  n.  1062).  Die  Blitzschutz-  und  Überepannungssicherungen  haben  den  Zweck, 
atmosphärische  Entladungen  und  Überspannungen,  welche  wahrend  des  Betriebes  in  den 
Leitungen  entstehen,  möglichst  unschädlich  zur  Erde  abzuleiten.  Einen  absolut  sicheren 
Schutz  gegen  direkte  Blitzschläge  gibt  es  zurzeit  noch  nicht,  und  es  kann  trotz  Blitz- 
ableiter vorkommen,  dass  durch  einen  Blitzschlag  die  Isolatoren  zerstört  und  ein  Holz- 
mast oder  hölzerne  Querarme  in  Brand  gesetzt  werden.  Letztere  Erscheinungen  gehören 
aber  zu  den  Seltenheiten,  trotz  der  vielen  Tausende  von  km  Hochspannungsleitungen,  welche 
bereits  vorhanden  sind. 

Da  die  atmosphärischen  Entladungen  und  die  sogenannten  Überspannungen  mit 
sehr  hoher  Erregung  oszillatorischer  Natur  sind,  so  erzeugen  sie  eine  starke  Selbst- 
induktion. Es  müssen  deshalb  alle  Leitungen  zur  Abführung  solcher  Entladungen  mög- 
lichst geradlinig,  kurz  und  frei  von  Schärfen  und  Krümmungen,  d.  h.  induktionsfrei 
sein.  Andererseits  führt  die  genannte  Eigenschaft  der  Überspannungen  dazu,  vor  die 
zu  schützenden  Apparate,  wie  Maschinen  und  Transformatoren,  Drosselspulen  ein- 
zuschalten. Am  einfachsten  wird  eine  solche  Induktionsspirale  dadurch  gebildet,  dass 
man  die  Leitung  in  der  Nähe  des  zu  schützenden  Apparates  zu  einer  Spule  von  etwa 
8—12  Windungen  mit  einem  Durchmesser  von  etwa  100  mm  und  einem  Abstand  von 

etwa  10  mm   aufwickelt  und  die 

Abb.  445.    Schema  einer  Blitzschutz-  und  Überspannungs- 
Sicherung. 

D  =  Dro&selpulen,  B  =  Blitzableiter,  W= Wasser  widerstände. 
Yon  abrMasc7une 


B 


D 


Xur  Fernleitung 


i^C 


s 


w 


T 


\hC 


:~-r 


i 


w 


T 


einzelnen  Doppelwindungen  noch 
durch  isolierende  Platten  von- 
einander trennt,  um  das  Über- 
springen von  Funken  zu  verhindern. 

Damit  bei  der  Entladung 
der  Betriebsstrom  nicht  zur  Erde 
folgen  kann,  werden  in  die  Erd- 
leitung induktionsfreie,  sogenannte 

Dämpf  ungs  widerstände 
eingeschaltet,  welche  für  den  Be- 
triebsstrom ein  Hindernis  bilden. 
Solche  Dämpfungswiderstande  be- 
stehen entweder  aus  Kohlenstäben 
oder  aus  mit  Wasser  oder  Öl  gefüllten  Röhren  oder  Schalen.  Ausserdem  sind  Vor- 
richtungen zu  treffen,  welche  den  bei  der  Entladung  sich  bildenden  Funken  baldmög- 
lichst zum  Verlöschen  bringen.  Die  Erdplatten,  in  welchen  die  Ableitungen  der  Blitz- 
ableiter enden,  sind  ebenso  wie  die  bereits  im  Abschnitt  9,  S.  1135  erwähnten  gebaut, 
nur  müssen  sie  grössere  Flächen  haben.  Die  Verbindung  der  Erdleitungen  mit  der 
Erdplatte  erfolgt  am  besten  durch  Vernietung  oder  Verschraubung,  welche  dann  noch 
durch  eine  Verlötung  unterstützt  werden  kann.  Man  muss  aber  dafür  sorgen,  dass  die 
Verbindungsstellen  durch  Asphaltlack  oder  Diamantfarbe  gegen  Oxydation  geschützt  sind. 

Zur  grösseren  Sicherheit  werden  oft  für  jeden  Draht  mehrere  Blitzableiter 
parallel  geschaltet,  damit,  wenn  einer  nicht  funktioniert,  die  Entladung  immer  noch 
durch  die  folgenden  abgeführt  werden  kann.    Ein  einfaches  Schema  einer  Blitzschatz- 


QE 


rde 


von  Schwach-  und  Starkstromanlagen  gegen  die  Gefahren  der  atmosphärischen  Elektrizität.  Brannschweig. 
1899.  Elektr.  Zeitschr.  1896.  S.  511;  1897.  8.828;  1901.  S.  569,  601;  1902.  8.  456  u.  1019;  1903.  S.35I. 
Dr.  G.  L.  Weber,  Die  Erläuterungen  tu  den  Sicherheitsvorschriften  etc.  7.  Aufl.  O.  Otto  und 
E.  Stechern,  «Der  praktische  Leitungsbau*  in  «Das  Porzellan  als  Isolier-  und  Konstruktion* 
Material  in  der  Elektrotechnik"  herausgegeben  von  R.  M.  Friese  1904. 


§  7- 


Fernleitungen. 


1137 


Morbegno. 

I 


und  Überspannungssicherting  zeigt  Abb.  445.    Die  denkbar  einfachste  Art  für  die  An- 
bringung eines  Hörnerblitzableiters  im  Freien  zeigt  Abb.  446. 

Die  Weite  der  zwischen  den  beiden  Hörnern  befindlichen  Fankenstrecke  ist  abhängig 
von  der  Spannung  und  so  zu  wählen,  dass  sie  von  der  Betriebsspannung  nicht  über« 
Sprüngen  werden  kann.  Man  macht  die  Funkenstrecke  der  Blitzableiter  meistens  regulier- 
bar. Die  höher  gespannte  atmosphärische  Elektrizität  überwindet  den  Voltwiderstand  der 
Funkenstrecke  und  der  entstehende  Flammenbogen 

wird  durch  den  Luftstrom  nach  oben  getrieben  und  Abb-  446-  Hö^ÄbAleiter  der  Anlft8e 
muss  abreiftsen,  da  die  Entfernung  der  Hörner  nach 
oben  schnell  zunimmt.  Der  Betriebsstrom  würde  sofort 
der  atmospärischen  Entladung  folgen  und  es  würde 
ein  Kurzschluss  entstehen,  wenn  nicht  die  in  die 
Erdleitung  eingeschalteten  Dämpfungswiderstände 
den  Durchgang  des  Betriebsstromes  verhinderten. 
Um  das  Verlöschen  des  Funkens  zu  beschleunigen, 
wird  vielfach  nach  dem  Vorschlage  von  Dr.  Gustav 
Benischke  ein  magnetisches  Feld  in  Form  eines 
spulenumwickelten  Eisens  unter  dem  Hörnerblitz- 
ableiter angeordnet,  welches  den  Funken  schnell 
ausbläst.  Die  Funkenstrecke  macht  man  niemals 
unter  2  mm,  weil  sie  sonst  zu  leicht  durch  In- 
sekten oder  Ansammlung  von  Staub  überbrückt 
wird.  Im  übrigen  gilt  als  grobe  Regel,  dass  man 
pro  1000  Volt  1  mm  Abstand  der  Hörner  rechnet, 
sodass  bei  10000  Volt  der  Abstand  10  mm  be- 
tragen würde. 

Da  bei  Blitzableitern  im  Freien  die  Bildung 
von  Brücken  zwischen  den  Hörnern  durch  Staub, 
Regen,  wässerigen  Schnee  oder  Gespinste  von 
Insekten  immer  zu  fürchten  ist,  sucht  man,  wenn 
irgend  angängig,  solche  Blitz-  und  Überspannungs- 
schutzvorrichtungen  unter  Dach  aufzustellen. 
Namentlich  bei  Aufstellung  im  Freien  macht  man 
die  Luftentfernung  zwischen  den  Hörnern,  bei 
Spannungen  unter  10000  Volt,  gerne  grösser  als 
sie  nach  obiger  Regel  sein  müsste  und  fugt,  um  ihre  Empfindlichkeit  nicht  zu  beein- 
trächtigen, sogenannte  Relais66)  hinzu. 

Zu  den  Überspannungssicherungen,  welche  neuerdings  in  keiner  Hochspannungs- 
anlage fehlen,  gehören  die  sogenannten  Wasserstrahlerder.    Fast  stets  werden  solche 


&*)  In  der  Elektr.  Zeitschr.  1905.  S.  486  gibt  der  Konstrukteur  eines  solchen  Relais,  wie  es  z.  B. 
von  den  Siemens-Schuckertwerken,  Berlin,  zur  Ausführung  gebracht  wird,  Alberto  Dina,  eine  genaue 
Beschreibung  mit  Schaltangsschema  und  bildlichen  Darstellungen.    Es  heisst  daselbst  n.  a.: 

«Um  die  Vergrösserung  der  Schlagweite  eines  Blitzableiters  bei  niedrigen  Spannnngen  zu 
ermöglichen,  ohne  dass  Hilfselektroden  in  seiner  Nahe  oder  Zwischenelektroden  angewendet  werden, 
ist  eine  Anordnung  getroffen,  durch  welche  eine  Spannung  an  den  Elektroden  des  Blitzableiters  erzeugt 
wird,  welche  unabhängig  von  der  Natur  der  Überspannungen  noch  höher  ist  als  die,  bei  welcher  der 
Blitzableiter  arbeiten  soll.  Die  Anordnung  ist  dabei  natürlich  so  getroffen,  dass  die  höhere  Spannung 
nur  an  den  Hörnern  entsteht  und  für  die  Anlage  ganz  unschädlich  ist.* 

Handbueli  der  Ing.-Wiwei»eh.    III.  Teil.    18.  Bd.  72 


1138         III      Theodor  Koehn.     Ausbau  vok  Wasserkräften.     Einzelheitem. 

Apparate  in  oder  ganz  nahe  beim  Krafthause  aufgestellt.  Abb.  399,  S.  1063,  welche 
untenstehend  wiederholt  ist,  zeigt  einen  solchen  Apparat  der  Anlage  La  Dernier- 
Vallorbe. 

In  den  oberen  Kasten  wird  durch  eine  Rohrleitung  Wasser  eingeführt,  welches  ans  drei  Dasen 
in  drei  metallene  Napfe  fliegst.  Letztere  sind  durch  Isolatoren  von  dem  geerdeten  Wssserkssten  getrennt, 
aber  leitend  mit  den  drei  Phasen  der  Drehstrom-  Hochspannungsleitung  verbunden.  Der  Widerstajd 
der  Wasserstrahlen  kann  dadurch  regulierbar  gemacht  werden ,  dass  man  die  Düsen  teleskopisch  im- 
liehbar  macht. 

Wasserstrahler  der  Anlage  La  Dernier-Vallorbe.  &>Ub»    und    Ähnliche 

Apparate  werden  im  Neben- 
scliluss  in  die  Leitung  ein- 
geschaltet. 

Ein  gans  ähnlicher  wie 
der  hier  erwähnte  Apparat  ist 
i.  B.  auch  bei  der  Anlage  Mor 
begno  verwendet  nnd  vor  dem 
Maschine nhanse  im  Freien  auf- 
gestellt Die  Betriebsspannung 
der  Fernleitung  betragt  dort 
20000  Volt  Die  Wasserstrahlen 
haben  15  mm  Durchmesser  und 
man  hat  durch  Messungen  fest- 
gestellt, dass  die  drei  Strahiei 
nur  gani  geringe  Strommengen 
des  Betriebestromes  ilnii  liltamn 
Der  Verbrauch  an  Wasser  be- 
tragt für  alle  drei  Strahlen  da- 
selbst etwa  2,5  Liter  pro  Sekunde 
(S.   395). 

Zur  Abführung  atmo- 
phärischer  Entladungen  hat 
man  bei  einigen  Anlagen  über 
den  Hochspannnngsdrähten 
Blitzschutzdrähte  aus  Eisen 
oder  Stabl  gespannt  und 
diese  streckenweise  mit  der  Erde  in  gnt  leitende  Verbindung  gebracht. 

So  ist  z.  B.  bei  der  erst  1906  in  Betrieb  gesetzten  Fernleitung  der  Toronto 
and  Niagara  Power  Company  auf  einer  längeren  Strecke  ein  Stahlkabel  Aber  der 
Hochspannungsleitung  gespannt.  Diese  Art  von  Blitzschutzdrähten  oder  Kabel  machen 
aber  auf  keinen  Fall  die  Anbringung  von  Blitzableitern  annötig  und  man  findet  sie 
deshalb  verhältnismässig  nur  selten. 

Ausser  den  Hörnerblitzableitern17),  welche  sowohl  für  Gleichstrom,  als  auch 
für  Wechselstrom  verwendbar  sind,  kommen  bei  Wechselstrom  u.  a.  die  Rollenblitzabteiter 
noch  vielfach  zur  Verwendung,  obwohl  ihr  Wert  bezweifelt  wird. 

Zu  letztgenannten  Apparaten  gehören  unter  anderem  die  häufig  verwendeten 
Wnrtzschen  Bollenblitzableiter  Sie  bestehen  aus  Platten  oder  Rollen  aus  Zink  and 
Zinklegierungen,  welche  in  geringer  gegenseitiger  Entfernung  angebracht  werden  nnd  die 
Eigenschaft  haben,  den  Lichtbogen  zu  unterdrücken. 


07)  Die  Hornsrblitzableiter  sind  »erst  von  Siemens  &  Hnlske  in  Berlin  vorgeschlagen  and 
in  den  Handel  gebracht  (vergl.  die  Abb.  897,  S.  1061). 


§  7. 


Fernleitungen  . 


1139 


Die  Rollen  haben  meistens  einen  Durchmesser  von  50  mm  und  werden  in  einem 
gegenseitigen  Abstände  von  1,0  bis  1,5  mm  montiert.  Die  gesamte  Funkenstrecke, 
d.  h.  die  Snmme  der  Zwischenräume  zwischen  den  Rollen  muss  so  gross  sein,  dass  auf 
je  einen  Zwischenraum  etwa  2 — 300  Volt  entfallen. 

Abb.  447  zeigt  ein  Schema  für  eine  durch  Rollenblitzableiter  gesicherte  Trans- 
formatorenstelle  mit  zwei  Transformatoren  für  25000/3000  Volt,  von  denen  der  eine 
ausschliesslich  für  Kraft,  der  andere  für  Licht  bestimmt  ist58). 

Abb.  447.    Schaltangsschema  einer  durch  Bollenblitzableiter  gesicherten  Transfonnatorenatelle  mit  zwei 

Transformatoren  für  25000/S000  Volt 


A  =  Amperemeter, 

a  =  Anaaehalter, 

£  «  Erdplatten, 

L  =  IndaktionMpiüen, 

R  =  Waeeerwideretlnde, 

■  Bollenblitsableiter  für  die  Zu- 
leitungen, 

rb  =  BoUenblitubleiter  /er  die  Null- 
punkte, 

S  =  Sieherangen  flu*  25000  und 
8000  Volt, 

T  =  Treuformatoren, 
Te  ss  Spennungetransfonnetoren, 
Tj  =  Stromtransformatoren, 
US  s=  ölansschalter, 

V  «■  Voltmeter. 


3000V6& 


Für  Wechselstromanlagen  werden  mitunter  auch  Hörnerblitzableiter  und  Wurtz- 
sche  Rollenblitzableiter  hintereinander  geschaltet.  Abb.  448  zeigt  das  Schaltungsschema 
für  eine  durch  Hörner-  und  Rollenblitzableiter  gesicherte  Transformatorenstelle  für 
20000/3000  Volt  der  Anlage  Morbegno  (S.  395). 

Über  die  Zahl  der  in  eine  Hochspannungsleitung  einzuschaltenden  Blitz-  und 
Überspannungs- Schutzvorrichtungen  gehen  die  Ansichten  noch  auseinander.  Meistens 
sind  dieselben  nur  in  dem  Krafthause,  in  den  Transformatorenstellen,  zum  Schutze  von 
Streckenausschaltern  und,  sofern  auch  das  Verteilungsnetz  oberirdisch  verlegt  ist,  vor 
grösseren  Anschlußstellen  angebracht. 


**)  Carl  Ferd.  Holmboe,  Berechnung  und  Ausführung  der  Hochspannungsleitungen.   Berlin. 
1905.  8.  88. 

72* 


1140         IU.     Theodob  Koehh.     Ausbau  vor  WieBKBXZlmss.    Ethzxlbkrsh. 

Überschreitet  eine  Hochspannungsleitung  einen  hohen  Bergrücken,  so  gut  es 
als  ratsam,  auf  der  höchsten  Stelle  der  Leitung  Blitzschntzrorrichtangen  einzubauen. 

Sehr  eingehend  hat  Dr.  Gustav  Benischke  die  Frage  der  Erdleitungswider- 
■tande  bei  BHtzschutzvorrichtuiigen  und  Überspaiunnigssicherungen  in  einem  im  Elektro- 
technischen  Verein  Berlin  am  28.  November  1905  gehaltenem  Vortrage  (Elektr.  Zeit- 
Bchr.,  1906,  S.  486  u.  ff.)  behandelt,  anf  den  hier  vervriesen  werden  mag,  da  ein  näheres 

Abb.  448.     Scheltnngsschema  einer  Truuformstorenstelle  mit  Transformatoren  von  20000.3000  Volt 
der  Anlage  Morbegno. 


eichen er kltrnig: 


Eingehen  anf  den  sehr  verwickelten  Gegenstand  hier  zu  weit  führen  würde.  Er  weist 
besonders  auf  die  verschiedenartigen  Anforderungen  hin,  welche  an  Blitzschotzror- 
richtnngen  und  Überspannungssicherungen  zu  stellen  sind  nnd  sagt  in  dieser  Beziehung  u.  a. : 
,Aob  diesen  Überlegungen  ergibt  eich,  dasa  eine  gute  Blitzschutz Vorrichtung  keine  gute  Spu- 
nungsaichernng  sein  kann,  weil  sie  zu  unempfindlich  tat  nnd  ohne  erhebliche  Verkürzung  der  Funken- 
atrecke  nicht  empfindlicher  gemacht  werden  kann.  Andererseits  kann  eine  gute  Spannnngssic  herauf 
keine  gute  Blitzschutz  Vorrichtung  sein,  weil  sie  zu  viel  Widerstand  in  der  Erdleitung  hat  und  die«« 
Widerstand  nicht  erheblich  kleiner  gewihlt  werden  kann,  wenn  man  nicht  Gefahr  laufen  will,  da» 
die  Funkenetrecke  von  zu  starken  Lichtbogen  in  ihrer  Empfindlichkeit  beeinträchtigt  oder  ganz  rar- 
stört  wird." 

Im  Laufe  der  Jahre  werden  sich  wahrscheinlich  auch  für  die  einschlägigen 
Apparate  und  Anordnungen  bestimmte  allgemein  anerkannte  Normen  herausbilden.  Vor- 
läufig muss  aber  die  Frage  noch  dem  subjektiven  Ermessen  des  leitenden  Elektrotech- 
nikers von  Fall  zu  Fall  überlassen  bleiben. 

11.  Die  Festfgkeitsbereehnung  der  Drahte  und  des  Gestänges  mit  einiges 
Angaben    Über   die  Hontage   der  Leitungen,     a)   Die   Festigkeitsberechnunp 


§  7. 


Fernleitungen. 


1141 


der  Drähte,     a)   Belastung   nur  durch  Eigengewicht.    Ein  zwischen  zwei 
Punkten  aufgehängtes  Seil  bildet  eine  Parabel,  deren  Bogenlänge  (Abb.  449)  angenähert 

8f* 

ist.    Gleichung  (1)  kann  zur  Berechnung  der  erforderlichen  Drahtlänge  benützt  werden. 
Es  sollen  bezeichnen: 
l  die  Spannweite  in  mm, 
g  die  Belastung  pro  mm  Spannweite  in  kg, 

/  die  Belastung  pro  mm  Spannweite  und  1  qmm  Draht-Querschnitt  in  kg, 
t  die  Temperatur  in  Celsiusgraden, 

a  =  -r  den  Elastizitätsbeiwert  =  dem  umgekehrten  Wert  des  Elastizitätsmoduls 

des  Drahtmaterials, 


f  die  Pfeilhöhe  oder  der  Durchhang  in  mm, 

H  die  Horizontalspannung  in  kg, 

d  die  Wärmedehnungszahl  des  Drahtmaterials  bei  1°  Temperaturerhöhung, 

ks  die  Beanspruchung  des  Materials  auf  Zug  in  kg  pro  qmm,  dann  ist 

f.H.  =  ^;  also  f  =  fj  und  H  =  ?- 


(2) 


«  ' 8H  8f 

Durch  Division  des  Zählers  und  Nenners  mit  dem  Querschnitt  des  Drahtes  ergibt  sich 
der  Durchhang: 


8  k, 


(3) 


oder  wenn  f  in  cm,  l  in  m,  y  in  kg  pro  mm8  und  kz  in  kg/qmm  ausgedrückt  werden, 

f=Wk7'  {3a) 

Hierbei  ist  die  Belastung  der  Längeneinheit  gleich  der  Belastung  der  Horizontal- 
projektion gesetzt,  was  bei  der  flachen  Krümmung  der  Drahtbögen  zulässig  ist. 


Gebräuchliche  Werte  von  y,  a  und  #. 
Für  die  Telegraphen -Bauordnung  der  deutschen  Reichspostverwaltung  gelten  folgende  Zahlenwerte: 


Gewicht  pro 

cbm/mm 

in  kg 


Elastischer 

Dehnungsbeiwert 

in  kg/qmm 


Wärme 
Ausdehnungszahl 


I.  Bronzedraht 

(Festigkeit  50  kg/qmm) 

IL  Bronzedraht 

(Festigkeit  76  kg/qmm) 

III.  Eisendraht 

(Festigkeit  40  kg/qmm) 


8,9 .  10 


-6 


8,65 .  10 


-6 


7,79 .  10 


75,5 .  10 


77,4 .  10 


-6 


-6 


52,9 .  10 


-• 


16,6.10 


16,6 .  10 


12,3 .  10 


-6 


-6 


1142        III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheitex. 


übersieht  über  Gewichte  von  Kupferdrähten. 

Für  die  deutschen  Verbandsquerschnitte  ergeben  sich  für  Leitungskupfer 

folgende  Drahtgewichte: 


Querschnitt  in  qmm 

Gewicht  auf  1  km 
Drahtlänge  in  kg 

2,5 

22,28 

4,0 

85,65 

6,0 

58,48 

10,0 

89,13 

16,0 

142,6 

25,0 

222,8 

85,0 

311,9 

50,0 

445,6 

70,0 

623,9 

95,0 

846,7 

120,0 

1069,5 

150,0 

1386,9 

185,0 

1649,0 

240,0 

2139,0 

310,0 

2763,0 

400,0 

8565,0 

500,0 

4456,0 

625,0 

5570,0 

800,0 

7130,0 

1000,0 

8918,0 

Nach  den  Bestimmungen  der  Telegraphenbauordnung  für  das  deutsche  Reich 
dürfen  die  Spannungen  bei  — 25°  C,  wenn  nur  das  Eigengewicht  des  Drahtes 
in  Rechnung  gestellt  wird,  nicht  mehr  als  1U  der  Zugfestigkeit  des  Materials  be- 
tragen.    Danach  ergäbe  sich 


12,5  kg/qmm 

17,5 

10,0 


» 


als  zulässige  Beanspruchung 
bei  —0,25°  C. 


für  Kupferbronze  I 
für  Kupferbronze  II 
für  Eisendraht 

Die  neuen  deutschen  Normalien  für  Freileitungen  schreiben  u.  a.  vor 
(Elektr.  Zeitschr.  1907  S.  825): 

I  a.  Für  hartgezogenen  JCupferdraht  darf  keine  höhere  Beanspruchung  als  12  kg, qmm  an- 
genommen werden,  es  sei  denn,  dass  durch  Prüfungsbescheinigung  die  Zulässigkeit  einer  höheren  Bean- 
spruchung nachgewiesen  wird.  In  letzteren  Fällen  wird  eine  Beanspruchung  bis  zur  Hälfte  der  Spannung 
an  der  Streckgrenze  zugelassen. 

Bei  Seilen  müssen  die  einzelnen  Drähte  dieser  Bedingung  entsprechen. 

Hartgezogene  Kupferdrähte  dürfen  durch  Lötung  nur  an  solchen  Stellen  miteinander  verbunden 
werden,  die  von  Zug  entlastet  sind. 

Für  Aluminiumdraht  ist  ein«  Beanspruchung  bis  zu  9  kg/qmm  zulässig, 
b.  Den  Festigkeitsberechnungen  ist  das  eine  Mal  eine  Temperatur  von  — 20  o  C.  ohne  zusätzliche 
Belastung,  das  andere  Mal  eine  Temperatur  von  — 5<>  C,  und  eine  Belastung  durch  Eis  zugrunde  i* 
legen.  Das  Gewicht  des  Eises  ist  hierbei  gleich  0,015 .  q  kg  pro  Meter  einzusetzen,  wobei  q  den  Quer- 
schnitt der  Leitung  in  Quadratmillimeter  bedeutet.  In  keinem  dieser  Fälle  darf  die  Beanspruchung  des 
Leitungsmaterials  die  oben  festgesetzte  Höchstbeanspruchung  überschreiten. 

Wie  die  Zahlentafel  S.  1147  zeigt,  ist  die  Beanspruchung  mit  12,5  kg  bei  —  25  • 
derjenigen  von  12  kg  bei  — 20°  nahezu  gleichwertig. 

Wird  mit  l0  die  Drahtlänge  bei  der  niedrigsten  Temperatur  %  ( — 25°)  be- 
zeichnet, so  ist  die  Länge  bei  einer  beliebigen  höheren  Temperatur  t: 

l  =  ^  +  ^  . » .  (t  —  g  —  (k^  —  k.) .  a .  V  (4 1 


§  7. 


Fernleitungen. 


1143 


Das  letzte  Glied  in  Gleichung  4  drückt  die  elastische  Zusammenziehung  aus.  Da 
die  Spannung  k^  grösser  ist  als  die  Spannung  k*  bei  der  Temperatur  t,  so  tritt  infolge 
Verringerung  der  Spannung  eine  kleine  Verkürzung  ein. 

Wenn  man  nun  in  das  zweite  und  dritte  Glied  der  rechten  Seite  von  (4)  die 
Spannweite  Z  für  2o  einsetzt,  weil  sich  die  beiden  Längen  nur  um  einen  sehr  kleinen 
Wert  unterscheiden,  so  wird  unter  weiterer  Einsetzung  der  Werte  nach  Gleichung  (1) 

l  +  jf^l  +  ^  +  it-tJ.d.l-iK-ltiaJ 

und  ferner  nach  Einsetzung  des  Wertes  für  f  und  f0  nach  (3) 


24  k,*      24  k 


9  +  (k„—  k.) .  a 


(5) 


Diese  Gleichung  besteht  aus  der  Differenz  zweier  Gleichungen  von  der  Form 

oder  y*P         k«a_f  ta\ 

24k,«a        T~V  w 

Gleichung  (6)  zeigt,  dass  für  jede  Spannung  sich  die  Beziehungen  zwischen  der 
Temperatur  t  und   der  Spannweite  l   durch  Parabeln   darstellen   lassen,   deren 

k    a 
Scheitel  um  den  Wert  — ^ —  gegeneinander  verschoben  sind. 

Die  eine  Schar  der  Schaulinien  der  Abb.  450  sind  die  Spannungskurven  für 
Kupferbronze  I.  Führt  man  die  in  der  obigen  Zahlentafel  gegebenen  Zahlenwerte  für 
y,  #  und  a  ein,  so  wird,  wenn  man  !inm  und  ks  in  kg/qmm  ausdrückt: 

P 


nach  Gleichung  6  für  Bronze        I         t  Ä  0,2     .  ttt  —  4,55  k« 

Aft 


für  Bronze 


n 


t~ 0,183. ^  —  4,66  k, 


(?) 


für  Eisendraht  III     tÄ  0,207  .  t-j  —  4,30  k. 

Das  erste  Glied  bildet  mit  t  die  Gleichung  der  Parabel.  Das  zweite  Glied  gibt  die 
Verschiebung  des  Scheitels  der  Parabel  an. 

In  der  nachstehenden  Zahlentafel  sind  für  eine  Reihe  von  Werten  für  ks  und  l 
die  entsprechenden  Werte  für  t  und  zwar  für  Draht  I  mit  50  kg/qmm  Festigkeit  zu- 
sammengestellt, nach  denen  die  eine  Parabelschar  der  Spannungskurven  (Abb.  450)  auf- 
getragen werden  konnte59). 

Werte  von  t  für  Kupfer-  oder  Bronzedraht  von  50  kg/qmm  Festigkeit. 


Wenn 

and  wenn  kE  gleich 

l  inm 

4,0 

6,0 

8,0 

10,0 

12,0 

14,0    |    16,0    1    18,0        20,0    |    22,0 

24,0 

26,0 

gleich 

kg/qmm  ist,  so  wird  t  in  °  C.  abgerundet. 

0 

-18,2 

-273 

—  86,4 

-45,5 

—  54,6 

-68,7 

-72,8 

-81,9 

—  91,0 

— 100,0 

— 109,2 

— 118,8 

50 

—  13,0 

-18,4 

-28,6 

—  40,5 

-51,1 

—  61,1 

-70,8 

-80,4 

-89,7 

—   99.0 

—  108,3 

— 117,6 

100 

106,8 

28,2 

-  5,2 

-25,5 

—  40,7 

—  58,5 

—  65,0 

—  75,7 

-86,0 

—   95,9 

-  105,7 

— 115,8 

150 

— 

97,7 

88,9 

—  0,5 

—  28,4 

-40,7 

—  55,2 

-68,0 

-79,7 

-   90,7 

—  101,4 

— 111,6 

200 

— 

— 

88,6 

84,5 

0,9 

—  22,9 

-41,6 

—  57,21  —  71,0 

-    88,4 

—   95,3 

-106,5 

250 

— 

— 

— 

79,5 

82,2 

0 

—  24,0 

-48,8 

—  59,8 

—   74,1 

—   R7.5 

—  99,8 

800 

— 

— 

— 

— 

70,4 

28,1 

-  2,5 

-  26,4 

-46,0 

—   62,8 

—    78,0 

—  91,7 

500 

122,5 

72,1 

+  84,0 

+     8,4 

—   22,4 

—  44>8 

*•)  Nach  G.  Nicolaus,  Über  den  Durchhang  von  Fernleitungen.  Elektrot  Zeitaichr. 
1907.  S.  896a.ff.  G.  Nicolaus  folgt  einer  von  A.  Blondel  angegebenen  Methode,  vergl.  Compte  rendn 
du  Congrts  de  la  Houille  Blanche.  Vol.  I.  p.  826  u.  ff.  Grenoble  1902. 


1144        III.    Theodor  Eoehn.    Ausbau  von  WassbrkbXften.    Eihzelhettek. 


Will  man  nun  von  einer  Grundspannung,  z.  B.  12,5  kg/qmm  bei  — 25°, 
ausgehen,  so  kann  man  von  der  in  Abb.  450  gestrichelt  dargestellten  Parabellinie  ans 
die  Spannung  bei  jeder  anderen  Temperatur  finden,  wenn  man  auf  der  Ordinate  der 
entsprechenden  Spannweite  soviel  mm  (da  der  Masstab  1°=1  mm  gewählt  wurde) 
nach  oben  oder  unten  absticht,  als  die  andere  Temperatur  höher  oder  niedriger  ab 
—  26  °  C.  sein  soll. 

Beispiel:  Es  soll  die  Spannung  bei  100  m  Spannweite  und  0°  gefanden  werden.  Man  sticht 
von  dem  Schnittpunkt  der  Ordinate  für  100  m  mit  der  12,5  kg  Spannungskurre  nach  oben  25  mm  ab 
und  findet  als  Wert  für  kx  oo  9,3  kg/qmm  oder  wenn  für  die  Spannweite  von  200  m  die  Spannung  bei 
+  25°  C.  —  natürlich  kann  an  Stelle  der  Annahme,  dass  bei  —25°  C.  die  Grundapannung  12,5  kg  sein 
soll,  auch  jede  beliebige  andere  gemacht  werden  —  gefunden  werden  soll,  hätte  man  von  dem  betreffenden 
Schnittpunkt  50  mm  auf  der  Tafel  abzustechen  und  wurde  oo  9,5 kg/qmm  finden.  Rechnerisch  wurden 
sich  die  gesuchten  Werte  aus  Gleichung  (7  1)  ermitteln  lassen.  (Für  Z=  100  m  und  kx  =  12,5  kg  qmm 
ergibt  sich  t  =  — 44,1°.  Für  eine  um,  wie  oben,  25°  höhere  Temperatur  also  t  =  — 19,1  •  ergibt  sich 
aus  Gleichung  (7)  ksoo9,3  kg,  qmm.) 

Um  nun  ferner  den  Einfluss  von  Temperatur  und  Spannung  auf  den  Durch- 
hang darzustellen,  ist  mit  Hilfe  von  Gleichung  (3)  eine  zweite  Kurvenschar  gezeichnet, 
welche  für  bestimmte  Grössen  des  Durchhangs  f  auf  den  verschiedenen  Spannungs- 
kurven liegende  Werte  der  Spannweite  l  ergibt. 

Setzt  man  die  in  der  Zahlentafel  (S.  1141)  gegebenen  Werte  von  /  in  die 
Gleichung  (3)  ein,  so  wird  für 


I  Bronze  (50  kg/qmm) 


f  =  1,112.  £-.  10-* 

p 


II  Bronze  (70  kg/qmm)    f  =  1,081 .  f- .  10~ 


i* 


»-« 


l  in  ■«  and  __ 

*»*     (8)  oder  II  f  =  0,1081^- 

kg/q»     W  *             k« 

uugtdrflckt  j% 
werden 


oder  EI  f  =  0,0974^- 


(8a) 


(9) 


m  Eisen     (40  kg/qmm)    f  =  0,974 .  ^ .  10 

wenn  man  f  in  cm,  l  in  m  und  ks  in  kg/qmm  ausdrückt.    Die  Werte  von  l  in  m  erhalt 
man  aus  den  Gleichungen  (8  a): 

Iünm   =3,00  YI7VX  )  ,  .  ,  .     .        ) 

i — -—   |     wenn  f  in  cm  und  kK  m     | 

II  l  „    „    =  3,04  Vf.k,   \  tg/qmm  ausgedrückt  werden  f 
m  l  „    „   -b  3,21  VTX  J  J 

Durch  Einsetzung  bestimmter  Zahlenwerte  für  kx  und  f  ergeben  sich  die  in  nach- 
stehender Zahlentafel  angegebenen  Werte  für  l  bei  Bronze  I,  wonach  die  Durchhangs- 
kurven (Abb.  450)  gezeichnet  wurden.  Hat  man  einmal  eine  solche  Kurventafel 
mit  den  zwei  Scharen  von  Spannungs-  und  Durchhangskurven  für  ein 
bestimmtes  Material  gemacht,  so  kann  man  damit  alle  Rechnungsauf- 
gaben bezüglich  der  Spannung,  des  Durchhangs,  der  Temperatur  und 
Spannweite  ohne  weitere  Rechnung  lösen,  soweit  es  sich  um  die  Be- 
lastung   durch    Eigengewicht    und    Stützpunkte    von    gleicher    Höhe 

handelt. 

Wenn  man  z.  B.  eine  Spannweite  von  100  m  mit  einem  Draht  aus  Bronze  I  zu  überspannen  hat, 
so  findet  man,  dass  für  eine  Spannung  von  12,5  kg/qmm  der  Durchgang  oo  90  cm  sein  muss.  Soll  diese 
Spannung  bei  —  25°  herrschen,  so  findet  man  den  Durchhang  bei  +  25°,  indem  man  vom  Schnittpunkt 
der  Spannnngskurre  mit  der  Ordinate  der  Spannweite  50  mm  nach  oben  absticht  zu  etwa  155  cm  und 
die  Spannung  co  zu  7,2  kg/qmm. 


Abb.  450.    Spannung*  und  Durchhangstafel  für  Kupferbronzedraht  (Festigkeit  =  50  kg  qmm  Gewicht  8,94 


►{  7/urtMtamiflcm 
~^  ~~\Sftn}tJitr"mt/r  l/r  /rrlS* 


pro  mm*;    W&rme&asdehntuigs-Beiwert  16,6.10-«;    Elastischer  Dehnungs-Beiwert  75,5. 10-6  kg  qmm.) 


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§  7- 


Fkbnlettunoek. 


1145 


Werte  für  d 

lie  Spannweil 

be  /  in 

m  für  Kupfer 

-  oder 

Bronzedraht 

von  50  kg/qmm  Fest 

igkeit. 

Wenn  der 

und  wenn  k*  gleich 

Durchhang  f 

4 

6 

8 

10 

12     |    14         16         18 

20 

22 

24          26 

in  cm  gleich 

in  kg/qmm  ist,  so  wird  die  Spannweite  l  in  i 

in 

10 

19,0 

28,2 

26,9 

80,0 

82,8 

85,5 

88,0 

40,2 

42,4 

44,5 

463 

48,4 

20 

26,8 

82,8 

87,9 

42,8 

46,8 

50,1 

58,6 

56,8 

59,5 

62,8 

65,7 

68,8 

40 

87,8 

46,4 

58,6 

59,8 

65,6 

70,8 

75,8 

80,8 

84,7 

88,8 

92,8 

96,6 

60 

46,5 

57,0 

65,8 

78,5 

80,4 

86,9 

98,0 

98,6 

108,9 

109,1 

118,9 

118,6 

80 

53,4 

65,4 

75,5 

84,8 

92,8 

99,8 

106,8 

118,2 

119,4 

125,8 

180,8 

186,0 

100 

60,0 

78,5 

84,9 

95,0 

104,0 

112,2 

120,0 

127,2 

184,2 

141,0 

147,0 

158,0 

200 

843 

108,9 

120,0 

184,0 

146,7 

158,6 

169,6 

179,7 

189,5 

198,8 

207,8 

216,1 

800 

101,0 

127,4 

147,2 

161,4 

180,0 

194,5 

208,0 

220,6 

282,5 

214,0 

254,9 

265,2 

400 

— 

147,0 

169,8 

189,6 

207,7 

224,4 

240,0 

2543 

268,2 

281,2 

294,0 

806,0 

500 

— 

164,8 

189,8 

212,0 

282,1 

250,9 

268,2 

284,2 

299,8 

814,7 

828,6 

842,0 

600 

— 

— 

208,0 

282,2 

254,2 

274,9 

294,0 

811,7 

828,6 

844,8 

860,0 

874,9 

800 

— 

— 

— 

268,0 

298,5 

817,8 

889,8 

859,6 

879,0 

898,0 

415,5 

482,5 

1000 

— 

— 

— 

— 

828,0 

854,5 

879,0 

402,0 

424,0 

4443 

465,0 

484,0 

1200 

884,8 

411,5 

486,0 

459,9 

482,7 

506,5 

524,7 

1400 

420,0 

448,5 

476,5 

502,0 

526,5 

550,0 

572,6 

1600 

480,0 

508,7 

586,0 

562,8 

587,7 

611,8 

1800 

589,8 

569,8 

597,0 

624,0 

649,8 

2000 

568,0 

598,5 

628,0 

656,5 

688,0 

Will  man  für  eine  bestimmte  konstante  Spannung,  z.B.  123  kg/qmm,  die  Durchhänge 
bei  verschiedenen  Spannweiten  ermitteln,  so  sucht  man  die  Spannungskurve  auf  und  kann  dann 
ablesen  für: 


die  Spannweiten  von 
die  Durchhänge  von 


80,0 
8 


40.0 
14 


50,0 
22 


100,0 
90 


200,0 
860 


cm 


Soll  ein  Durchhang  konstant  bleiben  bei  verschiedenen  Spannweiten,  so  kann  man  auf 
der  entsprechenden  Durchhangskurve  aus  ihren  Schnittpunkten  mit  denOrdinaten  der  Spannweiten 
und  der  Spannungskurven  direkt  die  betreffenden  Werte  ablesen. 

Wenn  man  also  z.  B.  einen  konstanten  Durchhang  von  40  cm  wühlt,  so  hat  man,  wenn  die 
Temperatur  dieselbe  bleibt: 


bei 


10,0 
59,0 


123 
67,0 


14,0 
71,0 


16,0 
76,0 


18,0 
81,0 


20,0 
85,0 


kg/qmm  Spannung 
Spannweite. 


m 


Wie  man  den  Einfluss  der  Temperatur  auf  die  Spannung  ablesen  kann, 
wurde  schon  oben  gesagt.  Aber  auch  der  Einfluss  der  Temperatur  auf  den  Durch- 
hang lässt  sich  ohne  weiteres  ablesen. 

Ist  z.  B.  bei  einer  Spannweite  von  100  m  und  einem  Bronzedraht  I  (50  kg/qmm)  der  Durch- 
hang  90  cm  bei  —25°, 

so  wird  bei        —20    —15    -10    —5    +0°  C 
der  Durchhang         95        101      107      118     120    cm, 

wie  man  findet,  wenn  man  von  dem  Schnittpunkt  der  90  cm  Durchhangskurve  mit  der  Ordinate  für 
100  m  Spannweite  auf  letzterer  nach  oben  (Temperaturabnahme)  5,  10,  15,  20  und  25  mm  absticht 

Den  gesamten  Horizontalzug  eines  Drahtes  findet  man  durch 
Multiplikation  des  Drahtquerschnitts  q  in  qmm  mit  ks,  also  H  =  q.ks. 


1146        III.    Theodor  Eoehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Edtzelhbiteh. 

Die  Tangentialspannung   ist   an   einer   beliebigen   Stelle  x   des  Drahtes 
(Abb.  449,  S.  1141) 

^-hVi +  (£)'.  m 

und  wenn  g  die  Einheitsbelastong  bezogen  auf  die  Spannweite  bedeutet, 


*  ^-g^-Mi^ 


oder 


tx  -  h  yr+p^)7  (12) 

und  die  gröeste  Tangentialspaiurang  am  Auflager 


%,-n.Y^-Ä 


60 


) 


«r- — »  (13) 

worin  H  in  kg  und  f  und  /  in  beliebigen  aber  gleichen  Längenmassen  auszudrucken 
sind  und  g>  den  ^C  bedeutet,  welchen  die  Tangente  der  Kettenlinie  an  der  Stutze  mit 
der  Wagerechten  einschliesst.  Bei  fast  allen  Spannweiten  und  Durchhängen  kann  man  an 
Stelle  der  Tangentialspannung  die  Horizontalspannung  setzen,  welche  ihrerseits  für  alle 
Stellen  zwischen  den  Auflagern  konstant  bleibt,  ohne  erheblichen  Fehler. 

Für  den  Gebrauch  zum  praktischen  Leitungsbau  auf  der  Baustelle  eignen  sich 
Tabellen  besser  als  graphische  Tafeln,  weil  auch  ungeübte  Leute  ans  ihnen  die  ent- 
sprechenden Zahlen  ablesen  können.  Solche  Tabellen,  welche  meistens  von  einer 
Gnxndspannung,  z.  B.  bei  — 25°,  ausgehen,  sind  vielfach  berechnet  und  im  Gebrauch'1). 
Die  nachstehenden  Zahlentafeln  A  und  B6f)  geben  in  A  die  Spannungen  in  Abhängig- 
keit von  Spannweite  und  Temperatur,  wenn  man  von  einer  Grundspannung  bei 
—  25°  ausgeht.  Die  entsprechenden  Durchhänge  würden  sich  nach  Gleichung  (8a)  be- 
rechnen lassen.  In  Tafel  B)  ist  die 
Abb.  451.  Abhängigkeit    des    Durchhangs    von 

der  Spannweite  und  Temperatur 
dargestellt,  wenn  man  ebenfalls  bei 
einer  Temperatur  von  —  25°  Ton 
einer  Grundspannung  ausgeht. 

Nach  solchen  Zahlentafeln  können 
die  Drähte  mit  Hilfe  des  Dynamometers 
unter  Berücksichtigung  der  bei  der 
Arbeit  herrschenden  Temperatur  ge- 
spannt werden.  Gewöhnlich  wird  der  Durchhang,  wo  es  angeht,  in  der  Mitte  der 
Spannweite  mit  einer  Messlatte  abgesteckt  oder  es  wird  der  Durchhang  von  den  Stütz- 
punkten abgesteckt  und  der  Draht  nach  der  Visierlinie  zwischen  den  beiden  abge- 
steckten Punkten  gespannt 

Wenn  die  Stützpunkte  nicht  in  gleicher  Höhe  liegen,  so  lassen  sich 
Berechnungen  auf  Grund  folgender  Überlegungen  durchführen  (Abb.  451). 


•o)  Deutsches  Bauhandbuch  Bd.  I.  1879.  S.  187  und  267.  Theorie  der  Kettenlinie. 

**)  Herzog,  Abhandlung  Ober  den  Durchhang  weicher  Kupferdrahte.    E.  T.  Z.  1894.  8.  437. 

**)  Robert  M.  Friese,  Das  Porzellan  als  Isolier-  und  Konstraktionamatarial  in  der  Elektro- 

1904. 


§  7. 


FEM  LEITUNGEN. 


1147 


Zahlentafel  A.    Es  ist  die  Horixon 

talspannung  in  kg/qmm 

i. 

Bei  einer 
Temperatur  von 

und  bei  einer  Spannweite  in  m  von 

0  C. 

SO 

40 

50 

60 

80 

100 

120 

150 

200 

L 

Für  Leitungen  aas  Kopfer-  oder  Bronzedraht  mit 
50  kg/qmm  Festigkeit 

-26 

12,5 

12£ 

12,5 

12,5 

12,5 

12,5 

12,5 

12,5 

12,5 

-20 

IM 

11,5 

11,5 

11,6 

11,7 

11,7 

11,9 

12,0 

12.1 

—  15 

10,4 

10,5 

10,5 

10,6 

10,9 

11,0 

11,8 

11,5 

11,7 

—  10 

9,5 

9,6 

9,7 

9,8 

10,1 

10,4 

10,7 

11,0 

11,4 

—  5 

8,4 

8,6 

8,8 

9,0 

9,4 

9,8 

10,2 

10,6 

IM 

0 

7,4 

7,7 

8,0 

• 

8,2 

8,8 

9,8 

9,7 

10,2 

10,8 

+  5 

6,5 

6,9 

7,2 

7,6 

8,2 

8,8 

.     9,2 

9,8 

10,5 

+  10 

5,8 

6,2 

6,6 

7,0 

7,7 

8,8 

8,8 

9,5 

10,2 

+  15 

5,0 

5,5 

6,0 

6,4 

7,2 

7,9 

8,5 

9,2 

10,0 

+  20 

4,5 

5,0 

5,5 

6,0 

6,8 

7,5 

8,1 

8,9 

9,8 

+  25 

4,0 

4,5 

5,0 

5,5 

6,4 

7,2 

7,8 

8,6 

9,5 

IL 

Für  Leitungen  aus  Kupfer-  oder  Bronzedraht  mit 
70  kg/qmm  Festigkeit 

0 

-26 

17,5 

17,5 

17,5 

17,5 

17,5 

17,5 

17,5 

17,5 

17,5 

-20 

16,4 

16,4 

16,4 

16,5 

16,6 

16,6 

16,6 

16,7 

16,9 

—  15 

15,4 

15,4 

15,4 

15,4 

15,6 

15,7 

15,8 

16,0 

16,2 

—  10 

14,4 

14,4 

14,4 

14,5 

14,7 

14,8 

15,0 

15,2 

15,6 

—  5 

18,4 

18,4 

18,4 

18,5 

18,8 

18,9 

14,2 

14,5 

15,1 

0 

12,4 

12,4 

12,5 

12,6 

12,9 

18,2 

13,4 

13,9 

14,5 

+  5 

11,4 

11,4 

11,5 

11,6 

12,1 

12,4 

12,7 

13,2 

14,0 

+  10 

10,3 

10,4 

10,5 

10,8 

11,8 

11,7 

12,1 

12,7 

13,5 

+  15 

9,8 

9,5 

9,7 

9.9 

10,5 

11,0 

11,5 

12.1 

13,1 

+  20 

8,2 

8,5 

8,8 

9,1 

9,8 

108 

10,9 

11,6 

12,7 

+  25 

7,4 

7,7 

8,0 

8,4 

9,1 

9,7 

10,3 

11,1 

12,3 

IL 

I.  Für  Leitungen  aus  Eisendraht  mit  40  kg/qmm 

Festigkeit 

—  25 

10,0 

10,0 

10,0 

10,0     |    10,0 

10,0 

10,0 

10,0 

10,0 

-20 

8,9 

9,0 

9,1 

9,2     I      9,8 

9,4 

9,5 

9,6 

9.8 

—  15 

7,9 

8,1 

8,8 

8,4           8,7 

8,9 

9,1 

9,3 

9,5 

-10 

6,9 

7.2 

7,5 

7,7 

8,1 

8,4 

8,7 

9,0 

9,3 

—  5 

6,0 

6,4 

6,8 

7,1 

7,6 

8,0 

8,3 

8,7 

9,1 

0 

5,2 

5,7 

6,2 

6,5 

7,1 

7,6 

8,0 

8,5 

8,9 

+  5 

4,6 

5,1 

5,6 

6,0 

6,7 

7,2 

7.7 

8,2 

8,8 

+  10 

4,0 

4,6 

5,2 

5,6 

6,4 

6,9 

7,4 

8,0 

8,6 

+  15 

8,7 

4,2 

4,8 

5,2 

6,0 

6,6 

7,2 

7,8 

8,4 

+  20 

8,4 

8,9 

4,4 

4,9 

5,7 

6,8 

6,9 

7,6 

8,3 

+  25 

8,1 

8,0 

4,1 

4,6 

5,5 

6,1 

6,7 

7,4 

8,1 

1148 


III.    Theodor  Koehn     Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


Zahlentafel  B.    Der  Durchhang  in  cm  beträgt. 


Bei  einer 

Temperatur  von 

0  C. 


und  bei  einer  Spannweite  in  m  von 


80 


40 


50 


60 


80 


100 


120 


150 


200 


—  25 

—  20 

—  15 
-10 

—  5 
0 

+  5 
+  10 
+  15 
+  20 

+  25 


—  25 

—  20 

—  15 

—  10 

—  5 
0 

+  5 
+  10 

+  15 
+  20 
+  25 


—  25 
-20 

—  15 
-10 

—  5 
0 

+  5 
+  10 
+  15 

+  20 

+  25 


8 
9 
11 
13 
15 
16 

18 
21 

28 

26 


6 

7 

7 

8 

8 

9 

11 

12 

13 

14 

15 


I.  Für  Leitungen  ans  Kupfer-  oder  Bronzedraht  mit 

50  kg/qnun  Festigkeit 


14 

22 

82 

57 

90 

128 

200 

16 

24 

35 

61 

95 

185 

209 

17 

26 

88 

66 

101 

142 

218 

19 

29 

41 

70 

107 

150 

227 

21 

32 

44 

76 

113 

158 

286 

23 

35 

48 

81 

• 

120 

166 

246 

26 

88 

53 

87 

127 

178 

255 

29 

42 

57 

92 

184 

181 

264 

82 

46 

62 

98 

141 

190 

274 

36 

51 

67 

105 

148 

198 

288 

40 

55 

72 

111 

155 

206 

292 

II.  Für  Leitungen  aus  Kupfer*  oder  Bronzedraht  mit 

70  kg/qmm  Festigkeit 


10 

16 

22 

40 

62 

89 

189 

11 

17 

24 

42 

65 

94 

145 

11 

18 

25 

44 

69 

99 

152 

12 

19 

27 

47 

78 

104 

160 

13 

20 

29 

50 

78 

110 

168 

14 

22 

31 

54 

82 

116 

176 

15 

24 

84 

57 

87 

122 

184 

17 

26 

86 

61 

98 

129 

192 

18 

28 

39 

66 

99 

186 

201 

20 

81 

48 

71 

105 

148 

210 

28 

34 

47 

76 

111 

151 

219 

III.  Für  Leitungen  aus  Eisendraht  mit  40  kg/qmm 

Festigkeit 


879 
391 
402 
418 
424 
485 
446 
457 
468 


247 
257 
267 
277 
287 


820 
881 
842 
858 


9 

16 

24 

85 

62 

96 

140 

219 

890 

11 

17 

27 

88 

67 

104 

147 

228 

400 

13 

19 

80 

42 

72 

110 

154 

286 

409 

14 

22 

33 

46 

77 

116 

161 

244 

418 

16 

24 

86 

50 

82 

122 

168 

252 

427 

18 

27 

40 

54 

87 

129 

175 

260 

486 

21 

80 

43 

58 

93 

185 

182 

267 

445 

23 

84 

47 

63 

98 

141 

189 

275 

454 

25 

87 

51 

67 

108 

147 

196 

288 

462 

27 

40 

55 

71 

109 

154 

202 

290 

471 

80 

44 

59 

76 

114 

160 

209 

298 

479 

§  7.  Fernleitungen.  1149 

Wenn  a  und  lt  bekannt  sind  und  für  kz  eine  Annahme  gemacht  wird,  so  muss 
nach  (S)  die  Gleichnng  gelten: 


(<.-!' 


8k,  8  k, 

wobei  ly  lx  u.  a.  in  mm  auszudrücken  sind. 

Sobald  l  gefunden  ist, 'lassen  sich  alle  anderen  Berechnungen  nach  den  früheren 

Gleichungen  lösen.   Auch  wenn  a  sehr  gross  ist,  wird  man  bei  der  endgültigen  Bestimmung 

des  Drahtquerschnitts  darauf  verzichten  können,  die  nach  Gleichung  (13)  zu  berechnende 

Tangentialsipannung  anstatt  der  Horizontalspannung  zugrunde  zu  legen. 

Beispiel:  Es  sei  ein  Fluss  mit  800  m  Spannweite  mit  Bronzedraht  I  (50  kg/qmm)  zu  über- 
spannen, und  zwar  soll  die  zulässige  Beanspruchung  12,5  kg/qmm  bei  —  25°  sein,    a  sei  =  5,0  m. 

Es  ist  2  =  800 on\)v»  q^a*    ^258  m,    also   die   Spannweite   für   die   um   5  m   erhöhte 

oft  .  IIP . oüü 


Stütze  2  U  —  y\  =  2  (800—126,5)  =  847,0  m. 


Olli  Z9         Olli      9J>äs 

Es  ist  nach  (8a  I)  der  Durchhang  f  in  cm  S£  ^^  £2  ^th^~  ^568  «*>  »k*  f +a^l068  cm. 

Man  könnte  nun  noch  unter  Annahme  kleinerer  Zug-Spannungen  die  entsprechen- 
den Temperaturen  nach  (7)  und  nach  (8a)  die  verschiedenen  Durchhänge  berechnen. 

Aber  auch  aus  der  Kurventafel  Abb.  450  liessen  sich  nach  G.  Nico  laus  direkt 
ohne  Rechnung  die  entsprechenden  Grössen  angenähert  finden. 

Die  Gestalt  der  für  die  verschiedenen  Spannungskurven  gezeichneten  Parabeln  ist  durch  das 

y'l1 
erste  Glied   der  Gleichung  (6)   ö/cta  bestimmt 

Der  Wert  von  f  nach  Gleichung  (8)  ist  von  diesem  Gliede  nur  durch  den  Faktor 


3k*. # 

unterschieden.  Die  Gleichung  (6)  ist  diejenige  der  Drahtkurve  für  eine  bestimmte  Spannung  und  variable 
Spannweite.  Die  Parabeln  der  Kurventafel  Abb.  450  geben  daher  Bilder  der  durchhftngenden  Leitungs- 
drähte, aus  denen  die  Durchhangsgrössen  unmittelbar  abgegriffen  werden  können,  wenn  man  die  Ordi- 

naten  mit  dem  konstanten  Faktor  und  mit  der  jeweiligen  Spannung  multipliziert. 

8*  r 

Der  Faktor  ist  für  die  verschiedenen  Materialien ,  bei  den  in  der  Kurventafel  Abb.  450 

y 

gewählten  Masstäben  (f  in  cm  und  kz  in  kg/qmm) : 

für  Bronze  I    0,56,  für  Bronze  II    0,576    und    Eisen  0,474. 

Multipliziert  man  daher  die  in  mm  abgegriffene  Ordinate  der  Spannungskurven  mit  dem 
für  das  Drahtmaterial  berechneten  Faktor  und  mit  der  Spannung  in  kg/qmm,  so  zeigt  das  Ergebnis 
den  wirklichen  Durchhang  in  cm  an.  Hiernach  kann  man  den  gesuchten  Durchhang  aus  der  Zeichnung 
entnehmen.  Soll  also  z.B.  ein  Flussübergang  von  800  m  Stützpunktentfernung  mit  Bronzedraht  I  überspannt 
werden,  derart  dass  ein  Stützpunkt  um  5  m  höher  liegt  als  der  andere  und  dass  die  Spannung  bei  —  25° 
nur  V«  der  Festigkeit,  d.  h.  12,5  kg/qmm  beträgt,  so  würde  man  als  Umrechnungsfaktor  12,5 . 0,56  =  7 
haben  und  ein  Stützpunkts-  also  auch  ein  Durcbhangsunterschied  von  500  cm  -würde  auf  der  Zeichnung 

-y  =  71,4  mm  sein.    Wenn  man  nun  zu  beiden  Seiten  der  Ordinate  für  800  m  Spannweite  (Abb.  452)  in 

gleichen  Abständen  Parallelen  zieht»  deren  Schnittpunkte  mit  der  Spannungskurve  der  Tafel  um  71,4  mm 
in  der  Höbe  auseinanderliegen  —  man  findet  ihre  Lage  durch  Versuche,    indem  man  ein  Stück  Paus- 


1150        III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


panier,  auf  welchem  die  Parallelen  gezeichnet  sind,  anf  dem  Kurrenblatt  verschiebt,  bis  man  die  Stelle 

gefunden  hat  —  so  erkennt  man,  dass  sich  die  Spannweiten  zusammensetzen  ans  258  m  (Punkt  a) 

und  847  m  (Punkt  b  Abb.  452),  und  dass  der  Durchhang  unter  der  niedrigsten  Statte  ca.  568  cm,  unter 

der  obersten  Stütze  ca.  1068  cm  beträgt.    Soll  die  Spannung  z.  B.  bei  — 13°  gefunden  werden,  so  bat 

man  für  die  neue  Spannungsknnre  an  dem  Schnittpunkt  der  800  m  Ordinate  mit  der  12,5  kg  Karre  um 

12  mm  nach  oben  zu  gehen  (Abb.  452).    Es  wurde  sich  als  Spannung  etwa  12,0  kg/qmm  finden.    Der 

Spannung  von  12,0  kg/qmm  entspricht  ein  Umrechnungsfaktor  iurdieOrdinaten  von  0,56.12,0=6,72. 

500 
Stützpunkte-  und  Durchhaogsunterschied  von  500  cm  entspricht  also  ^-=g  =  74.4  mm  Ordinatenllnge 


Abb.  452  (Ausschnitt  aus  Abb.  450). 
100         £00         3oo  *"*"      d 


ÜTTglTi 


S* 


Dieser  Betrag  ist  anf  der  Drahtkurve  für  12,0  kg/qmm  (vergL  Abb.  452)  wieder  durch  zwei  in 
gleichen  Abstanden  von  der  800  m  Ordinate  liegende  Parallelen  abzuschneiden.  Hieraus  lassen  sieh  die 
Spannweiten  bei  c  angenähert  zu  256  m  und  für  die  um  500  cm  naher  gelegene  Stütze  zu  844  m  ablesen. 
Der  Durchhang  würde  ca.  606  cm  unter  der  niedrigen  Stütze  und  1106  cm  unter  der  höheren  Stütze  betragen. 

ß)  Belastung  durch  Wind,  Schnee,  Eis  und  Rauhreif.  Es  ist  nun  noch 
der  Einfluss  der  Belastungen,  welche  durch  Wind,  Schnee  oder  Rauhreif  entstehen 
können,  zu  berücksichtigen.  Der  Winddruck  Pw  in  kg  auf  eine  zur  Bewegungsrichtung 
des  Windes  normale  Fläche  F  ist  angenähert  bestimmt  aus  Pw  =  0,122. F .rf,  wenn  F 
den  Inhalt  der  Fläche  in  qm  und  v  die  Geschwindigkeit  der  Luft  in  m/sek.  bezeichnet 
Ist  die  getroffene  Fläche  nicht  eben,  sondern  zylindrisch  gewölbt,  so  ist  der  Winddruck 
nach  D'Aubuisson  Pw  =  0,085 .  F1»1 .  vf.  Für  eine  Windgeschwindigkeit  Ton  20  m 
(Orkan)  ergäbe  sich  hiernach  ein  Druck  von  34  kg/qm"). 


•8)  Robert  M.  Friese,  Das  Porzellan  als  Isolier-  und  Koostruktions-Matetial  in  der  Elekfae- 
techoik  S.  189. 


§  7. 


Fernleitungen. 


1151 


Nach  den  Sicherheitsvorschriften  des  Verbandes  Deutscher  Elektrotechniker  ist  für 
die  Berechnung  des  Gestänges  ein  Winddruck  von  125  kg/qm  senkrecht  getroffener  Fläche  an- 
zunehmen (vergl.  die  Bestimmungen  der  Normalien  gültig  ab  1. 1.  08.  S.  1103)  und  in  Frank- 
reich, Italien,  Amerika  werden  zum  Teil  noch  höhere  Werte  für  Winddruck  zugrunde  gelegt. 
Mit  Rücksicht  auf  die  zylindrische  Gestalt  der  Drähte  wird  bei  der  deutschen  Reichspost 
angenommen,  dass  etwa  nur  2/s  des  Winddrucks  in  Rechnung  zu  stellen  sind,  d.  h.  bei 
125  kg/qm  Winddruck  0,0000833  kg/qmm.  A.  Blonde  1M)  nimmt  an,  dass  mit  Rück- 
sicht auf  die  zylindrisch«  Gestalt  der  Drähte  auf  ein  lfm  Draht 

nur  p  =  0,001 . 0,57  .  Pw  .  d  (15) 

zur  Wirksamkeit  kommt,  wenn  Pv  der  Winddruck  in  kg/qm  und  der  Durchmesser  des 
Drahtes  d  in  mm  ausgedrückt  wird.  Dieser  wagerechte  Winddruck  setzt  sich  mit  dem 
lotrechten  Gewicht  des  Drahtes  zu  einer  Resultierenden  r  zusammen,  deren  Grösse 
r  =  l/Jg .  1000)»  +  (0,001  X  0,ö7TPw  .  d)2  beträgt  und  deren  Richtung  durch 

Pw  0,001  ■  0,57  .  d 
gP~~  1000. g 

bestimmt  ist.  Dividiert  man  durch  den  Drahtquerschnitt  q  in  qmm,  so  erhält  man  die 
spezifische  Belastung  pro  qmm  Querschnitt  und  lfm  Drahtlänge 

Q=y{y.  1000)*+(— •  0,001. 0,57.  Pw.d)*in  kg. 

Für  die  Berechnung  der  Spannung  H  in  kg  nach  der  Gleichung  (2)  würde  man 
also  z.  B.  r .  10~8  statt  g  zu  setzen  haben,  wenn  man  im  übrigen  die  S.  1 141  angegebenen 
Einheiten  beibehält.  Die  nachfolgende  Zahlentafel  gibt  die  Werte  der  Drahtbelastuug 
durch  Eigengewicht  und  Wind  allein  und  durch  Eigengewicht,  Wind  und  Glatteis  an, 
wenn  man  für  letzteren  Fall  folgende  zwei  Annahmen  a  und  b  macht. 


Durch- 
messer des 
Drahtes  d 

in 


Winddrnek 

pro  lfm 

Querschnitt 

Draht  bei 

des 

Pw  =  U5kg 

Drahtes  F 

pro  qm,  also 

in  qmm 

p  =  0,001. 

0,57. 125. d 

in  kg 

Speiifisehe 

Belastung 

des  Drehtos 

Srolftn/qmm 
orchEigen- 
gewicbt  nnd 
Wind  bei 
125  kg/qm 
Winddrnek 
nachSpalt«  8 
in  kg 


Verhältnis  von 

771Q0&  d-n-dw 

spes.  Geaamtbe- 

lastnng  nach 
Spalte4  snr  spez. 
Belastung  durch 

Elfrenwicht 

(0,0089)  pro  ITm 

Draht 


Spezifische 

Belastung 

des  Drahtes 

nach 

Annahme  a 

pro  Um  in 

kg 


Verhältnis 


Ton 


y.1000 
bei  An- 
nahme a 


Spezifische 

Belastung 

des  Drahtes 

nseh 

Annahme  b 

pro  Um  in 

kg 


Verhältnis 


▼on 


y.1000 
bei  An- 
nahme b 


2 


6 


8" 


9 


2,0 
2,5 
3,0 
8,5 
4,0 
4,5 
5,0 
5,5 
6,0 
6,5 
7,0 
7,5 
8,0 
8,5 
9,0 


8,1416 
49067 
7,0686 
9,621t 
12,566 
15,904 
19,685 
28,758 
28.274 
88,188 
88,485 
44,179 
50,266 
56,745 
68,617 


0,1425 

0046 

0,1781 

0,087 

0,2187 

0,081 

0,2494 

0.027 

0.2850 

0,024 

0,8206 

0,022 

0,8562 

0,020 

0,8919 

0,019 

0,4275 

0,018 

0,4681 

0,017 

0,4987 

0,016 

0.5844 

0,015 

0,5700 

0,014 

0,6056 

0,014 

0,6412 

0,013 

5,188 
4,198 
3,588 
8,076 
2,785 
2,474 
2,269 
2,104 
1,907 
1358 
1,765 
1,686 
1,618 
1,560 
1,510 


0,021 

2,844 

0,028 

0,020 

2,226 

0.024 

0,019 

2,159 

0,021 

0,019 

2,118 

0,019 

0,019 

2,091 

0,018 

0018 

2,072 

0,017 

0,018 

2,059 

0,017 

0,018 

2,049 

0,016 

0,018 

2,041 

0,016 

0,018 

2,085 

0,015 

0,018 

2,080 

0,015 

0,018 

2,026 

0,015 

0,018 

2,023 

0,015 

0,018 

2,020 

0,015 

0,018 

2,018 

0,014 

3.181 
2,662 
2,868 
2,172 
2,034 
1,935 
1,859 
1,803 
1,759 
1,722 
1,693 
1,670 
1,650 
1,633 
1,620 
g  ohne 


*  Nach  den  neuen  deutschen  Nonnalien  (S.  1142)  soll  bei  — 59  C.  nur  Eisbelastun 
Wind  mit  einer  spezifischen  Belastung  von  0,015  kg  angenommen  werden. 

*•)  M.  A.   Blondel,   Calcnl  rapide  des  Conducton»  aeriens  au  moyen  d'un  abaque  unique. 
Compte  rendu  du  Congres  de  la  Houille  Blanche,  Grenoble  1902.  Vol.  I,  S.  835. 


1152 


III.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Edtzelheitcv. 


Annahme  a:  Eine  Eiskruste,  welche  das  Gewicht  des  Knpferdrahtes  verdoppelt 
den  Durchmesser  verdreifacht  und  ein  Winddruck  von  10  kg/qm  ebener,  lotrecht  aar 
tung  stehender  Flache  (0,57 .  10  kg/qm  der  Drahtflache).   Man  nimmt  im  allgemeinen  an,  daas  das  Glatt- 
eis bei  solcher  Windstarke  bereits  zerbricht. 

Annahme  b:  Eine  Eiskruste,  welche  den  Durchmesser  verdoppelt,  das  Gewicht  im 
1,5 fache  vergrösaert  und  dabei  ein  Winddruck  von  90  kg/qm  ebener  Flache. 

Hiernach  lassen  sich  die  Beanspruchungen  der  Drähte  leicht  berechnen.  Genaue 
gaben  über  die  Grösse  der  Eisbelastungen  sind  aus  der  Praxis  noch  nicht  veröffentlicht.  Die 
vorstehende  Tabelle  zeigt,  inwieweit  die  Ergebnisse  der  Blond  eischen  Annahmen  von 
dem  durch  die  neuen  deutschen  Normalien  festgesetzten  Höchstwert  der  Eisbelastung  ab- 
weichen. Bedeckt  sich  ein  Draht  mit  einem  Eismantel,  so  wächst  sein  Durchmesser  von  d 

auf  D  und  die  spezifische  Gewichtsvermehrung  auf  1  cm  Drahtlänge  in  kg  bezogen  auf  die 

Dt <jt 

Querschnittseinheit  des  Metalldrahtes  in  qcm  ist  =  innft  *p  wenn  das  spezifische  Ge- 
wicht des  Eises  der  Einfachheit  halber  zu  1  angenommen  wird.  Soll  die  Gewichtsver- 
mehrung auf  1  lfm  Drahtlänge  in  kg,  bezogen  auf  die  Querschnittseinheit  in  qmn  des 
Metalldrahtes  ausgedrückt  werden,  so  bleibt  der  Ausdruck 

D*  —  d* 


d* .  10*  ' 


D*  —  d* 


Für  den  Ausdruck    „     ^s   ergeben  sich  die  in  der  nachstehenden  Zahlentafel 

aufgeführten  Werte  bei  den  verschiedenen  Grössen  von  D.  Nimmt  man  das  Gewicht  in  kg 
pro  mm8  für  alle  drei  Drahtsorten  einheitlich  =  8,5 .  10~~*  an,  so  ergeben  sich  für  die  Ver- 
gösserung  des  Eigengewichtes  die  in  der  dritten  Zeile  der  Zahlentafel  angegebenen  Werte. 

Yergrössernng  des  Drahtgewichtes  durch  Eislast. 


Wenn  der  Durchmesser 
D  des  Eismantels  = 

so  tritt  eine  spezifische 

Gewichtsvermehrung 

auf    1    lfm/qmm    = 

D*  —  d* 


2d 


d* .  10» 


ein  um  rd. 


Die  Vergrtaserung  des 
spezifischen  Eigenge- 
wichtes y  erfolgt  rd. 
um  das 


3d 


4d 


3,0.10-« 


1,35 


8,0.10-» 


1,94 


15,0.10-3 


5d 


2,76 


24,0.10-s 


6d 


7d 


8d 


3,8 


35,0.10-s 


5,1 


48,0.10-3 


9d 


6,7 


10  d 


I 
63,0 .  10-3(80,0 .  1<M9&0 .  «H 


8,4 


10,4 


12,7  fedu. 


Da  in  Gleichung  (6)  das  Eigengewicht  y  und  die  Spannweite  l  in  derselben  Potenz 
vorkommen,  so  behält  die  Formel  ihre  Richtigkeit  für  Spannungs-  und  Temperaturver- 
änderungen, wenn  an  Stelle  des  veränderten  Eigengewichtes  die  Spannweite  im  gleichen 
Verhältnis  geändert  wird.  Also  wenn  man  z.  B.  einen  Bronzedraht  I  bei  einer  Spannweite 
von  80,0  m  und  einem  Durchhang  von  80  cm  hat,  so  ist  die  aus  der  Kurventafel 
Abb.  450  abzulesende  Spannung  9  kg/qmm.  Erfahrt  dieser  Draht  eine  Zusatzbelastung, 
die  einer  Verdoppelung  der  Eigenlast  gleichkommt,  so  würde  man  die  Wirkung  dieser 
Zusatzbelastung  durch  Vergrösserung  der  Spannweite  auf  das  Doppelte,  also  =  160  m 
erhalten,  d.  h.  man  könnte  aus  der  Tafel  die  Spannung  auf  ungefähr  12,4  kg/qmm  ab- 
lesen. Die  Durchhangslinie  an  dieser  Stelle  gibt  ungefähr  228  cm  Durchhang  an.  Der 
wirkliche  Durchhang  würde  demnach,  da  vorher  mit  2  multipliziert  wurde,  die  Hälfte 


§  7.  Fernleitungen.  1153 

davon,  also   114  cm  betragen.     Würde   sich  die  Temperatur   bei  der  Zusatzbelastung 

gegenüber  der  für  die  erste  Belastung,  bei  welcher  nur  das  Eigengewicht  angenommen 

war,  berücksichtigten  Temperatur  um  15°  erniedrigen,  so  würde  die  Spannung  gefunden 

werden,  indem  man  auf  der  Ordinate  von  160  m  Spannweite  15  mm  nach  unten  ab- 

200 
stäche,  also  etwa  zu  14,3  kg/qmm  und  der  Drahtdurchhang  würde  -  -g—  =  100  cm  sein. 

Nach  den  obigen  Angaben  kann  man  nun  leicht  für  alle  Fälle  die  Wirkung  von  Zu* 
Satzbelastungen  feststellen  und  danach  die  Ergebnisse  der  ersten  Rechnung,  welche 
auf  Grund  der  Annahme  einer  höchst  zulässigen  Beanspruchung  von  */*  der  Zugfestig- 
keit bei  —  25  °  bezw.  auf  Grund  der  durch  die  neuen  Normalien  vorgeschriebenen  An- 
nahmen durchzuführen  ist,  gegebenenfalls  korrigieren. 

b)  Die  Montage  des  Leitungsdrahtes.  Bei  der  Verlegung  des  Leitungs- 
drahtes wird  derselbe  neben  den  Stangen  an  derjenigen  Seite  ausgelegt,  von  welcher  er 
am  leichtesten  auf  die  zugehörigen  Isolatoren  gebracht  werden  kann  (vergl.  Abb.  414, 
S.  1109).  Lässt  sich  bei  Mehrfachgestängen  und  Querarmen  der  Draht  nicht  von  aussen 
auf  die  Isolatoren  heben,  so  wird  er  längs  des  vorwärts  oder  rückwärts  liegenden  Ge- 
stängeabschnitts abgerollt  und  von  da  über  die  zugehörigen  Querarmc  gezogen.  Beim 
Abrollen  des  Drahtes  ist  stets  mit  dem  Ende  zu  beginnen,  welches  den  Abnahmestempel 
trägt.  Beim  Abwickeln  darf  der  Draht  weder  Knicke  noch  Schlingen  bilden,  auch  sich 
nicht  um  seine  Achse  drehen  und  nicht  über  steinigen  Boden  geschleift  werden.  Alle 
Werkzeuge,  mit  welchen  Bronzedraht  angefasst  wird,  müssen  abgerundete  Kanten  haben. 
Die  Zangen,  Feilkloben  und  Klemmbacken  sind  mit  Bronze  zu  füttern.  Vor  dem  Auf- 
bringen des  Drahtes  wird  derselbe  ausgereckt,  um  in  ihm  alle  Biegungen  und  Ecken  zu 
beseitigen  und  etwaige  schadhafte  Stellen  zu  entdecken.  Das  Ausrecken  geschieht 
mit  Hilfe  einer  Drahtwinde,  wobei  der  Draht  in  einer  sogenannten  Froschklemme  oder 
Kniehebelklemme  festgehalten  wird.  Die  Anspannung  beim  Recken  darf  in  der  Regel 
den  vierten  Teil  der  Festigkeit  nicht  überschreiten.  Zum  Aufbringen  des  Drahtes  auf 
die  Isolatoren  benutzt  man  Stangen,  die  oben  mit  einem  Haken  oder  einer  Gabel  ver- 
sehen sind.  Muss  der  Draht  über  das  Gestänge  hinweggezogen  werden,  so 
sind  alle  scharfkantigen  Eisenteile,  mit  denen  er  in  Berührnng  kommen 
kann,  mit  Holz  oder  Packleinewand  oder  dergleichen  zu  bekleiden.  Die  ge- 
bräuchlichste Art  der  Befestigung  des  Drahtes  an  den  Isolatoren  ist  das  Festbinden 
mittelst  Bindedrahtes.  Letzterer  muss  aus  dem  gleichen  Material  wie  der  Leitungsdraht  be- 
stehen, um  galvanische  Wirkungen  zwischen  verschiedenen  Metallen,  welche  zur  Zerstörung 
des  Leitungs-  oder  des  Bindedrahtes  führen  könnten,  zu  verhindern.  Auf  einer  geraden 
Strecke  wird  der  Leitungsdraht  in  der  bei  grösseren  Isolatoren  auf  dem  Kopfe  vorhandenen 
Scheitelrille,  in  Krümmungen  und  Winkelpunkten,  sowie  bei  Schwachstromleitungen 
und  bei  kleineren  Isolatoren  in  der  Halsrille  festgebunden.  Nicht  selten  wird  es  aller- 
dings bei  Hochspannungsanlagen,  wenn  der  Leitungsdraht  nicht  zu  schwer  ist,  auch  auf 
geraden  Strecken  vorgezogen,  den  Draht  in  die  Halsrille  einzubinden  und  zwar  auf  der 
dem  Mäste  zugewendeten  Seite,  damit  der  Draht  beim  Reissen  einer  Bindestelle  nicht 
frei  abfallen  kann,  sondern  nur  auf  die  Isolatorenstütze  oder  den  Querträger  fällt.  Eisen- 
drahtleitungen werden  mit  verzinktem  Eisendraht  von  2  mm  Stärke  gebunden,  Bronze- 
drahtleitungen mit  ausgeglühtem  Bronzedraht. 

Die  Verbindung  zweier  Drahtenden  erfolgt  auf  verschiedene  Weise,  und 
ihre  gute  Ausführung  ist  von  besonderer  Wichtigkeit  für  die  Betriebssicherheit  der 
Anlage.    Hier  seien  nur  kurz  erwähnt: 

Handbuch  der  Ing.-Wissensch.    HL  Teü.    13.  Bd.  73 


1154  III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


a)  Die  Wickel  lötsteile.  Die  beiden  Drahtenden  werden  auf  7,5  cm  Länge 
gelegt  und  die  Enden  im  rechten  Winkel  umgebogen,  sodass  die  bis  auf  2  mm  abzufeilenden,  aufge- 
bogenen Enden  (Nocken)  entgegengesetzt  abstehen.  Alsdann  wird  die  Lötstelle  mit  feinem  (1,7  nun) 
Bindedraht  in  engliegenden  Windungen  bewickelt  und  mit  Lötsinn  (8  Teile  Blei,  2  Teile  Zinn)  fiber- 
zogen.  Der  Wickeldraht  muss  Aber  die  Nocken  hinaus  noch  jeden  Draht  in  7  bis  8  Windungen  umgeben. 

ß)  Die  Würgelötstelle.  Zur  Herstellung  derselben  werden  die  Drahtenden  mittelst  besonders 
geformter  Werkzeuge  (des  Löt-  und  Windeeisens)  in  6  bis  7  Umwindangen  in  entgegengesetzter  Richtung 
gewickelt,  die  Verbindungsstelle  durch  Überziehen  mit  flüssigem  Lötsinn  verlötet  und  zum  Schatze 
gegen  Besten  mit  Diamantfarbe  überstrichen. 

c)  Die  statische  Berechnung  des  Gestänges,  a)  Ein  einfacher 
Mast.  Wenn  V  die  lotrechte  Belastung  eines  Mastes  in  kg  bedeutet,  welche  sich  aus 
dem  Eigengewicht  des  Mastes  selbst,  dem  Eigengewicht  der  an  ihm  direkt  befestigten 
oder  auf  ihn  entfallenden  Isolatoren  nebst  Haltern  und  dem  auf  den  Mast  entfallenden 
Anteil  an  Gewicht  der  Leitungsdrähte  einschliesslich  der  Reif-,  Schnee-  oder  Eisbelastung, 
zusammensetzt, 

k*  die  zulässige  Beanspruchung  des  Mastmaterials  auf  Druck  in  kg/qcm, 

F  den  tragenden  Querschnitt  des  Mastes  in  qcm, 

so  muss  sein 

V 

kd>y.  (16) 

Die  Beanspruchung  auf  Druck  nach  (16)  wird  meistens  die  zulässige  Grenze  bei 
weitem  nicht  erreichen,  auch  ergibt  die  Untersuchung  auf  Knickfestigkeit  bei  den  üb- 
lichen Mastenhöhen  erheblich  kleinere  zulässige  Belastungen.  Nach  Abb.  453,  wenn  man 
Bich  die  Horizontalkraft  R'  zunächst  fort  denkt,  vermag  der  Mast  nach  der  L.  Eul er- 
sehen Formel  auszuhalten 

Abb.  468.  v         1  n%    E.J         1  E.J 


also 


w  4Vknh»_  Vtnh« 

W,a_    *i»7E~--  2,467 E  l1*' 


wenn  bedeuten: 

h  die  Höhe  der  Stange  in  cm,  d.  h.  den  Abstand  vom  Angriffspunkt  der 
Last  Ton  dem  als  eingespannt  sn  betrachtenden  Fnsspnnkt  der  Stange, 

£  den  Elastizitätsmodul  des  Materials  pro  qcm. 

J  das  kleinste  äquatoriale  Achsen -Trägheitsmoment  des  Mastqoer- 
Bchnittes  an' der  Einspannnngsstelle  A  in  cm4. 

W  das  kleinste  Widerstandsmoment  bezogen  anf  dieselbe  Achse  in  cm*  =   . 

a  die  Entfernung  der  am  meisten  beanspruchten  Faser  von  der  neutralen 
Achse  in  cm. 

n  eine  Erfahinngssahl  =  dem  Sicherheitsgrad. 

n  ist  fflr  Nadelholz  =  10,        für  Gusseisen  =  8,        für  Schmiedeeisen  =  5—6. 

Die  theoretisch  kleinste  Grenzhöhe  h0  würde  sich  aus  der  Bedingung  bestimmen 
lassen,  dass  die  zulässige  Knickspannung  kk  gleich  der  zulässigen  Druckspannung  k*  werden 
muss.  Die  zulässige  Knickspannung  kk  ergibt  sich  aus  (17)  durch  Division  mit  dem 
Querschnitt  F  in  qcm  und   lässt  sich  für  den  obigen  Belastungsfall  auch  ausdrücken 

durch  kk  =  Jl-i— - -,  wenn  x  gleich  dem  Verhältnis  -.-   gesetzt  wird  und  i  den 


nannten  Trägheitshalbmesser   bedeutet.    Letzterer    ist   bestimmt   durch   die   Gleichung 

i-yl  Also  h. = i/2-^fp  -  i  y m£. 

r   F  '     n.F.k*  '      n.kd 


§  7. 


Fernleitungen. 


1155 


«-»V» 


für  die  Kreisfläche  i  =  1 /*  D »  für  den 


Es  beträgt  für  das  Rechteck ~  f  - ~, 

Kreisring  mit  kleiner  Wandstärke  i  =  D  T^/s  66). 

Die  Festigkeitszahlen  für  Hölzer  sind  wesentlich  vom  Feuchtigkeitsgehalte  abhängig. 
Die  Festigkeit  nimmt  mit  wachsender  Feuchtigkeit  erheblich  ab,  mit  zunehmender 
Trocknungszeit  vergrössert  sich  die  Druckfestigkeit  bedeutend. 

Nach  Bauschinger  und  L.  Tetmajer  gelten  folgende  Werte,  bezogen  auf 
den  ganzen  Querschnitt  (Kernholz  und  Splintholz  zusammen)66). 


Art  der 
Beanspruchung 

Feuchtig- 
keitsgehalt 

ElMtisit&ta- 

modul  B 

kg/qem 

Proportfo- 
nalitito- 

grenze  <rp 
kg/qem 

Fertigkeit 

K 

kg/qem 

Feuchtig- 
keitsgehalt 
% 

Elaetiiittta- 

modul  S 

kg'qem 

Proportio- 
nalitlU- 

grense  <rp 
kg/qem 

Festigkeit 

K 

kg/qcm 

i 

Kiefer 

Eiche 

4 

Zug-   |    parallel 
Druck  '    z.  Faser 

13 

90000 

— 

790 

— 

108000 

475 

965 

18 

96000 

155 

280 

— 

103  000 

150 

345 

Biegung4') 

23 

108000 

200 

470 

24 

100000 

215 

600 

Schub  ••) 

25 

— 

— 

45 

^_ ~ 

• 

— 

75 

Fichte 

Buche 

Zug-   \    parallel 
Druck  '    z.  Faser 

16 

92000 

— 

750 

i 

180000  | 

580 

1340 

19 

99000 

150 

245 

— 

169000  ' 

100 

320 

Biegung*) 

29 

111 000 

280 

420 

17 

128000  1 

240 

670 

Schub  *♦) 

i 

38 

— 

— 

40 

■ 
i 

i 

— 

85 

*)  Der  Stammkern  liegt  in  der  Querschnittsmitte. 

**)  Abscherung  parallel   zur    Faserrichtung  in  einer  durch  die  Stainmachse   gehenden    Ebene. 
K»  für  das  Kernholz  =  0,75  K»  für  den  ganzen  Querschnitt. 


Hiernach  wird  bei  obigem  Belastungsfall  z.  B.  für  einen  kiefernen  Holzmast  mit 
kreisförmigem  Querschnitt  mit  dem  Durchmesser  D,  die  zulässige  Belastung  nach  (17) 
bei  zehnfacher  Sicherheit,  E  =  108000  kg/qcm  und  J  =  0,0491  D4 

D4 


Vk«öl310 


h2' 


(19) 


Beispiel:  Eine  Fernleitung  mit  sechs  Drähten  von  8  mm  Durchmesser  soll  auf  Holzmasten  von 
0,0  m  mittlerer  Höhe  h  und  einem  unterem  Durchmesser  von  20  cm  bei  einer  Spannweite  von  35  m 
montiert  werden.  Das  Gewicht  des  Kupfers  beträgt  35 .  50,266  . 0,0089 .  6  sg  94  kg.  Die  sechs  Isolatoren 
mit  Stütze  wiegen  etwa  18  kg. 

Die  Gesamtbelastnng  des  Drahtes  betragt  nach  der  Tabelle  auf  S.  1151,  Spalte  2  und  6  rund 
0,018 .  50,266  ££  0,90  kg  pro  lfm.    Daher  V  =  0,90 .  35 .  6  +  Isolatoren  und  Stützen  =  207,0  kg. 


6°)  Worin  b  die  kleinere  Rechtecksseite  und  D  den  Kreisdurchmesser  bedeuten.    Hütte,  des 
Ingenieurs  Taschenbuch.  1905.  Bd.  I.  S.  198  u.  S.  375. 

66)  Hütte,  des  Ingenieurs  Taschenbuch  1905.   Bd.  L  S.  363.     In  bezug  auf  die  Bezeichnungen 
der  obigen  Tabelle  ist  folgendes  zu  bemerken: 

Das    Verhältnis   -5    ---=-=  a=  v-  ist  im  allgemeinen  abhängig  von  der  Spannung  a. 

opannung        o  Jfi 

F(ir  manche  Stoffe  (z.  B.  für  Seh  weisse  isen,  Flusseisen  und  Stahl)  ist  jedoch  a  innerhalb  gewisser 
Spannungsgrenzen  nahezu  unveränderlich;  alsdann  sind  also  die  Dehnungen  £  den  Spannungen  0  pro- 
portional, und  es  ist  E  •=  ao  (Hookesches  Gesetz).  Die  Spannung  o>,  bis  zu  der  diese  Proportionalität 
stattfindet,  heisst  Proportionalitätsgrenze. 

73* 


1156 


III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  WasserkbIftkn.    Einzelheit«. 


Die  zulässige  Beanspruchung  des  Mastes  beträgt  nach  (19) 

Vk  =  1810.|j£f~257kg. 

Der  Mast  konnte  also  bis  auf  einen  Durchmesser  von 

D23 


V 


207.9001 


1310 


c/)18,8  cm. 


durchfaulen,    ohne   dass   die   zulässige    Beanspruchung   auf   Knicken   bei    lOfacher   Sicherheit    über- 
schritten wurde. 

In  bezug  auf  die  Biegungsspannungen  eines  Mastes  durch  horizontale 
Kräfte  kommen  zunächst  der  Winddruck  und  die  Resultirende  der  Spannungen  aller. 
Drähte ,  welche  an  einem  Mast  befestigt  sind ,  in  Betracht.  Letztere  wird  =  0,  wenn 
die  Drähte  in  zwei  an  den  Mast  anschliessenden  gleichen  Spannweiten  einen  ^Ca  von  180° 
bilden.    Ist  ^a<180°,  so  wird  die  Resultierende  R  (Abb.  454) 

R  =  W  +  Z2*  +  2  Z4  Z,  cosa  (20) 

und  wenn 


Zj  =  Z,  =  Z  ist,  so  wird  R  =  2  Z  .  cos  ~- 


(21) 


Abb.  454. 


Erinnert  sei  daran,  dass,  wenn  für  verschiedene  Spannweiten  die  Drahtzuge 
7jx  qnd  Z^  bei  einer  bestimmten  Temperatur  so  ausgeglichen  wären,  dass  sie  einander 
gleich  gesetzt  werden  könnten,  die  Spannungen  bei  Veränderung  der  Temperatur  sich 
verschieden  ändern,  sodass  doch  wieder  ungleiche  Züge  entstehen  können. 

Bezeichnen 

1%  und  lx  die  Spannweiten  in  m, 
\k/  XL/^\%  Pw  den  Winddruck  in  kg/qm  ebener,  lotrechter  Fläche, 

>T     y\  \  Pw  den  Gesamtwinddruck  auf  einen  Mast. 

\s    \      X»     \#  d  den  Drahtdurchmesser  in  mm    und 

z  die  Zahl  der  Drähte, 
so  ist  der  auf  die  Stange  wirkende  Winddruck,  welcher  lotrecht  auf  die  (grössere)  Spann- 
weite 2*  gerichtet  angenommen  sein  mag, 

Pw  =  -L  Pw  .  d .  0,57  . 0,001  .  z  &  -f  lx  cos  (180  —  a))i7).  (22) 


Abb.  455. 


Will  man  den  Winddruck  lotrecht  sowohl  auf  lx  als  auch 
auf  2,  gerichtet  annehmen,  und  bezeichnet  man  den  Winddruck 
auf  lx  mit  Pwi  und  den  auf  1,  mit  Pw»  so  wird  der  resultierende 
Winddruck  (Abb.  455) 

R'  =  yp^«  +  pWg*  +  2PWl .  Pw,  .  cos(180-a).        (23) 

Die  Resultierende  R'  ist  am  einfachsten  graphisch  durch 
das  Parallelogramm  der  Kräfte  nach  Lage  und  Grösse  zu  be- 
stimmen. 

Man  wird  suchen,  den  Mast  an  einem  Eckpunkt  möglichst 
so  zu  stellen,  dass  die  neutrale  Achse  des  grössten  Trägheits- 
moments lotrecht  zu  R'  steht. 

Wenn  nun  ein  einzelner  Mast  durch  eine  lotrechte  Kraft  V  und  durch  eine 
wagerechte  Kraft  R'  beansprucht  wird  (Abb.  453),  so  tritt  das  grösste  Biegungsmoment 
in  der  Einspannungsstelle  auf.  Dieses  Biegungsmoment  darf  höchstens  gleich  dem  Wider- 
standsmoment multipliziert  mit  der  zulässigen  Beanspruchung  auf  Biegung  sein,  also 

R'h  +  V.c<W.kb.  (23) 


67)  Nach  den  neuen  deutschen  „Normalien"  würde  0,70  anstatt  0,57  zu  setzen  sein  (vergL  S.  UG& 


§  7.  Fernleitungen.  1157 

kb  wird  in  ungünstigstem  Belastungsfalle  für  Kiefernholz  den  Wert  von  50—- 70  kg, 
für  Flusseisen  700 — 1500  kg,  für  Gusseisen  300  kg  nicht  überschreiten  dürfen. 

(Die  neuen  deutschen  „Normalien"  wollen  bei  Gestingen  ans  „besonderen  Materialien" 
bis  zn  V»  der  vom  Lieferanten  zu  garantierenden  Festigkeit  zulassen.   (E.T.Z.  1907.  S.  825.) 

Wenn  man  zur  Bestimmung  von  c  annäherungsweise  einen  Träger  mit  unver- 
änderlichem Querschnitt  voraussetzt,  so  ist  die  Gleichung  der  elastischen  Linie 

R^/x_lx»\ 

y_2EJ\h      3  h»/  (Z0) 

und  es  wird  (Abb.  453) 

R'h8 
c  «=  ^~^o    (Htttte  1905  l  s- m-   Yer*L  ÄUch  s- 48?)  (26) 

Es  wird  also  die  Beanspruchung  durch  Biegung 

und  die  gesamte  Beanspruchung  einer  äussersten  Faser  k  =  kb-f-kd,  wenn  k*  die  Be- 
anspruchung auf  Druck  bedeutet. 

Beispiel:  Für  eine  gerade  Strecke  nach  obigem  Beispiel  mit  6  Drfthten  von  8  mm  Dm.  und 
35,0  m  Spannweite  würde  die  vom  grftssten  Winddruck  herrührende  Horizontalkraft  nach  der  Tab.  S.  1151. 

R'  ==  0,57 .  35 . 6  =  119,70  kg  sein. 

119  7  900* 
Bei  h  =  9,0  m  würde  c  sein  =  iaqqaa   /o(uqi    20*i~3  =  ***  cnl»  wenn  man  «ünächst  einen  mitt- 
leren Mast-Durchmesser  von  20  cm  zugrunde  legt.   Also  würde  das  Biegungsmoment  sein,  da  das  Eigen- 
gewicht der  Drähte  =  50,266 . 0,0089 . 6 .  35  =  93,87  kg  ist 

119,7 .  900  +  98,87 .  34  =  107780  +  8192  =110922  kg/cm. 

Das  Widerstandsmoment  eines  kreisförmigen  Querschnitts  ist  0,0982.  D8.    Demnach  muss  der 
Durchmesser  an  der  Einspannungsstelle  im  Boden  angenähert  sein: 

110922    ^ 25 5  cm  und  D  ^  27  Qm 


=  y  70.0, 


,0982 

wenn  man  für  kb  den  Wert  57  kg/qcm  annimmt 

D*  n  98  87 

Der  Querschnitt  bei  D  =  27  cm  ist  -  ^- =  572,56  qcm ,  also  kd  =  ^;teä  °°  0>16  kg/qcm,  wenn 

4  O  t6tOO 

man  das  Eigengewicht  des  Mastes  vernachlässigt. 

Es  würde  nun  noch  zu  untersuchen  sein,  welche  Beanspruchung  ein- 
treten kann,  wenn  ein  Draht  eines  Feldes  plötzlich  bricht. 

Im  ungünstigsten  Falle,  nämlich  bei  —  25°C,  sei  die  Spannung  der  Drähte  zu  12,5  kg/qmm 
angenommen.  Dann  würde,  wenn  ein  Draht  bricht,  eine  Horizontalspannung  in  der  Richtung  der  Leitung 
von  50,266.12,5  =  628  kg  auftreten.    Also  das  Biegungsmoment  würde  628.900  =  565200  kg/cm  sein. 

Demnach  würde  die  Beanspruchung  werden  ääqqo    ,w>  ^  292  kg'qcm,   sodass  nicht   mehr  ganz  die 

doppelte  Sicherheit  gegen  Bruch  vorhanden  wäre.    Man  müsste  deshalb  gegebenenfalls  aus  dieser  Rück- 
sicht den  Mastquerschnitt  noch  etwas  verstärken,  oder  den  Durchhang  vergrüssern. 

Zu  beachten  ist  aber,  dass  sich  der  Mast  im  Moment  des  Drahtbruches  um  ein  ge- 
wisses Mass  c  cm  (vergl.  Gleichung  26)  verbiegen  wird,  wodurch  die  Spannweite  im  unver- 
sehrten Felde  angenähert  um  c  kleiner,  der  Durchhang  also  grösser  und  die  Spannung  kx  in 
den  Drähten  demnach  kleiner  wird.  Andererseits  wächst  die  Spannung  in  den  Drähten  des 
Bruchfeldes,  da  sich  der  Durchhang  verkleinert.  Es  wird  also  ein  teilweiser  Ausgleich  der 
Gesamtspannungen  in  den  beiden  zunächst  betroffenen  Feldern  herbeigeführt,  und  der  Mast 
wird  wieder  etwas  zurückgebogen.  Sobald  die  Spannung  sich  im  ersten  unversehrten 
Felde  verkleinert,  wird  auch  der  nächstfolgende  Mast  in  gleicher  Weise  etwas  durchge- 
bogen und  infolgedessen  ebenso  die  folgenden  Masten  bis  zu  einem  Punkte,  bei  dem  der 


1168        IIL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wahberkräftkn.    Eihzelheiten. 


Spannungsunterschied  in  zwei  benachbarten  Feldern  so  klein  wird,  dass  keine  einseitige 
Durchbiegung  mehr  erfolgt.  Wenn  sich  der  zweite  Mast  durchbiegt,  so  vergrößert  er 
wieder  im  ersten  Felde  nach  der  Bruchstelle  die  Spannweite,  verringert  also  den 
Durchhang  und  vergrösser t  die  Spannung.  Demnach  wird  sich  nach  dem  Bruche  bei 
genügender  Elastizität  der  Masten  ein  Schwingen  des  Gestänges  einstellen,  welches,  je 
weiter  von  der  Bruchstelle  entfernt,  um  so  kleiner  wird.  Die  Elastizität  des  Gestänges 
erhöht  aber  in  der  besprochenen  Hinsicht  für  Fälle  von  Drahtbrächen  die  Sicherheit 
des  Gestänges. 

ß)  Einzelmast  mit  Ankerdraht  (Abb.  456).     Es  mögen  bezeichnen: 

Ri  die  resultierende  wagerechte  Belastung  des  Mastes  in  kg, 

h  =  e  +  c  den  Abstand  des  Angriffspunktes  B  der  Kraft  vom  Fasspunkte  A  in  cm. 

9  den  vom  Ankerdraht  und  Stange  gebildeten  Winkel, 

F  den  Stangenquerschnitt  bei  C  in  qcm, 

W  das  Widerstandsmoment  des  Mastqaerschnittes  bei  C  in  cm8, 

q  den  Ankerquerschnitt  in  qcm, 

dann  ist  die  Beanspruchung  des  Ankerdrahtes  Z 


k,= 


siny .  q 


in  kg/qcm, 


(28) 


Abb.  456. 


Abb.  457. 


Abb.  458. 


wenn  der  Anker  so  gespannt  wird,  dass  G  seine  lotrechte  Lage  über  A  nicht  verändert 
Der  gefährliche  Querschnitt  des  Mastes  liegt  bei  C,  die  grösste  hier  auftretende  Bean- 
spruchung des  Mastmaterials  auf  Druck  ist 


^=4^+ 


in  kg/qcm. 


W      '  F 

y)  Einzelmast  mit  Strebe  (Abb.  457).    Der  Druck  auf  die  Strebe  ist 

B-(1+fc) 


(28) 


P  = 


sin  y 


kg. 


(29) 


vorausgesetzt,  dass  G  seine  Lage  lotrecht  über  A  beibehält.  Die  Strebe  wird  durch  den 
Druck  P  auf  Zerknicken  beansprucht.  Wenn  ihre  beiden  Enden  als  frei  beweglich  zu 
betrachten  sind,  so  beträgt  die  zulässige  Belastung  der  Strebe  nach  Eni  er 


p  _  ±  tj^/E  .  J  _  1    9,868 .  E  .  J 
Fk~n"       V       ~n'  1*        * 


(30) 


wenn  J  das  kleinste  äquatoriale  Trägheitsmoment  des  Querschnitts  der  Strebe  in  cm4. 


§    7.  Fernleitungen.  1159 

1  die  freie  Länge   der  Strebe  in  cm,   E  den  Elastizitätsmodul  des  Materials  der  Strebe 
und  n  den  Sicherheitsgrad  bezeichnen. 

Wenn  das  untere  Ende  der  Strebe  so  befestigt  ist,  dass  es  als  fest  eingespannt 
angesehen  werden  kann,  so  beträgt  die  zulässige  Belastung 

^       2    9,868. E.J 

P=a' P *  (31> 

Wegen  der  Werte  von  n  siehe  S.  1154.  Der  gefährliche  Querschnitt  des  Mastes 
liegt  bei  C  und  die  grösste  hier  auftretende  Beanspruchung  des  Mastes  auf  Zug  ist 

R     e      *i  (* +l*J  -  coi&<P 

k«  ="  ~ w    +  ~^ TT in  kg/qCm'  (32) 

e)  Ein  Doppelgestänge  (Abb.  458).  Wenn  in  der  Höhe  h  =  e-f-c  an  jedem 
Mast  eine  resultierende  wagerechte  Kraft  Rt  angreift,  so  wird  der  Querriegel  mit  dem 
Querschnitt  q  auf  Zug  beansprucht  mit 

R.(1+ls) 

kz  = in  kg/qcm.  (88) 

Die  Strebe  D  wird  wie  diejenige  des  vorigen  Beispiels  auf  Zerknicken  beansprucht 

durch  D  =  2.— « — —  kg. 

sin  q> 

Die  gefährlichen  Querschnitte  der  Masten  liegen  bei  C  und  Ct.  Die  Bean- 
spruchung bei  C  ist 

k.o  =  ^f+ * p (84) 

und  die  Beanspruchung  bei  Ct 

W  =  %^  (86) 

12.  Die  unterirdischen  Hochspannungsleitungen.  Zwei  leitende  Körper,  die  sich 
einander  gegenüber  befinden  und  durch  ein  Dielektrikum  getrennt  sind,  bilden  einen 
Kondensator.  Wird  ein  Kondensator  an  eine  Wechselstromquelle  angeschlossen,  so 
wird  er  so  lange  geladen,  als  die  Spannung  von  0  bis  zu  dem  positiven  oder  nega- 
tiven Maximum  zunimmt  Nimmt  die  Spannung  wieder  ab,  so  entlädt  sich  der  Kon- 
densator. Der  Ladezustrom  des  Kondensators  ist  infolgedessen  =  0  in  dem  Moment, 
wo  die  Spannung  ihren  Höchstwert  erreicht.  Es  besteht  demnach  zwischen  Ladestrom 
und  Spannung  eine  Verschiebung  von  90°  und  zwar  eilt  der  Strom  der  Spannung  um 
V«  Periode  voraus.  Sowohl  die  oberirdischen  als  auch  die  unterirdischen  Hochspannungs- 
leitungen bilden  Kondensatoren68),  aber  die  Kapazität  eines  unterirdischen  isolierten  Kabels 
ist  erheblich  grösser  als  diejenige  einer  Luftleitung  und  zwar  wegen  des  besseren  Di- 
elektrikums des  Kabels.  Aus  diesem  Umstände  entstehen  unerwünschte  Störungen,  wenn 
man  in  oberirdischen  Hochspannungsleitungen  unterirdische  Kabelstrecken  von  grösserer 
Länge  einschaltet,  und  man  sucht  deshalb  Unterbrechungen  oberirdischer  Leitungen 
durch  längere  Kabel  bei  Wechselstrom  möglichst  zu  vermeiden. 


68)  Brei s igr  Über  die  Berechnung  der  elektrostatischen  Kapazität  oberirdischer  Leitungen 
Elektr.  Zeitschr.  1898.  S.  772  u.  ff.,  1899.  S.  127  u.  ff.  und  1902.  S.  1137  a.  ff. 

Lichtenstein,   Ober   die  rechnerische  Bestimmung  der  Kapazität  von  Luftleitern  and 
Kabeln.    Elektr.  Zeitschr.  1904.  S.  106. 


1160        HL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Die  unterirdischen  Hochspannungsleitungen  werden  entweder  als  isolierte  Kabel 
oder  als  blanke  Kupferleitungen,  welche  in  isolierendes  Material  eingebettet  werden« 
▼erlegt. 

Ein  Typ  der  letzten  Art  kam  bei  der  Anlage  Che  vre  s  zur  Verwendung 
(Taf.  LXXXI,  Fig.  23). 

Hier  worden  die  vier  Hochspann  nngsleiter  des  Zweiphasenwechaelstroms  (Spannung  5500  Tolti 
aus  je  sieben  blanken  Kupferdrfthten  von  3,6  mm  Durchmesser  und  10  qmm  Querschnitt  gebildet.  Die 
vier  Leitungen  sind  zu  zweien  auf  einem  Formstflck  aus  Beton  untergebracht  und  diese  Formstficke 
sind  in  I  I förmigen  Betonkanälen  mit  Zementdeckel  gebettet  und  mit  einer  Mischung  aus  Stein- 
kohlenteer und  gewaschenem  und  getrocknetem  Eies  umgeben.  Dem  Steinkohlenteer  ist 
um  ihn  plastischer  zu  machen,  eine  Beimengung  von  Vaselinftl  gegeben.  Die  Mischung  mit  dem  Kies 
wurde  in  Kesseln  bei  einer  Erwärmung  auf  200°  auf  der  Baustelle  vorgenommen  und  die  Masse  warm 
in  den  Betonkasten  eingebracht.  Am  oberen  Rande  des  Betonkastens  ist  der  Teerbeton  mit  einer 
Schicht  von  Zementbeton  abgedeckt  Ungefähr  alle  1000  m  ist  ein  grosserer  zugänglicher  Kabelkasten 
angebracht,  um  Defekte  leichter  auffinden  zu  können  und  um  die  Möglichkeit  zu  haben,  Abzweigungen 
zu  machen. 

Da  die  Verlegung  zum  Teil  bei  sehr  regnerischem  Wetter  gemacht  werden 
mu8ste,  haben  sich  in  der  ersten  Zeit  einige  Defekte  gezeigt,  die  aber  ohne  Schwierig- 
keiten beseitigt  werden  konnten. 

Die  Isolation  unterirdischer  Kabel  besteht  ans  Gespinsten  von  Jäte, 
Hanf,  Papier  und  dergleichen,  welche  mit  Isoliermitteln  imprägniert  sind.  Zum  Schutze 
dieser  Isolation  gegen  Eindringen  von  Feuchtigkeit  wird  das  Kabel  mit  einem  Blei- 
mantel  geschützt.    Znm  Schutze  des  Bleimantels  wird  dieser  wiederum  mit  geteertem 

Hanf  oder  Jute  umhüllt  und  zum  Schutze  gegen  äussere 
Abb.  450.  Beschädigungen   mit    spiralförmig  umwickelten   Eisen- 

[***.+  bändern    armiert   (Abb.   459,    vergl.   auch   Abb.   374, 

*"*"  S.  1044). 

Bei  Gleichstromanlagen  wird  meistens  für 
Hin-  und  Rückleitung  je  ein  besonderes  Kabel  ver- 
wendet, und  die  Kupferseele  im  Innern  aus  einem  oder 
einer  Anzahl  von  blanken  Kupferdrähten  hergestellt 

Bei  Einphasenwechselstrom  werden  die  bei- 
den Leitungsstränge  in  einem  Kabel  vereinigt,  und  die 
Kupferseele  der  Hin-  und  Rückleitung  entweder  konzen- 
trisch oder  in  zwei  Drähten  oder  Seilen  nebeneinander 
angebracht. 

Bei  Drehstrom  werden  entweder  dreifach  konzentrische  oder  dreifach 
verseilte  Kabel  verwendet  (Abb.  459). 

Aus  der  nachstehenden  Preistafel  lassen  sich  die  Preise  pro  1,0  m  Kabellänge 
verschiedener  Konstruktionen  angenähert  ermitteln;  wenn  man  beachtet,  dass  der  Ge- 
samtpreis pro  lfm.  P  =  a  -f-  b  .  q  ist ,  worin  q  den  Querschnitt  des  Leitungskupfers 
in  qmm  ausdrückt.  Es  ist  in  der  Tafel  ein  Rohkupferpreis  von  60  £%%)  pro  t 
(Elektrolytkupfer)  zugrunde  gelegt.  Der  Wert  P  ändert  sich  etwa  um  0,0002  Mk.  pro  qmm 
des  gesamten  Kupferquerschnittes  für  je  1  j£,  um  welches  der  Grundpreis  höher  oder 
niedriger  notiert.  Da  natürlich  auch  die  Preise  von  Blei,  Bandeisen,  Isoliermaterial, 
sowie  die  Herstellungskosten  schwanken,  so  haben  die  nachfolgenden  Angaben  nur  für 
vorläufige  Kostenüberschläge  und  für  die  allgemeine  Orientierung  Wert. 


«»)  Im  September  1907  war  Elektrolytkupfer  mit  76  j£  notiert,  im  Januar  1908  mit  €5  £ 
10  Shilling.    Derartige  Notizen  finden  sich  regelmässig  in  der  Elektr.-Zeitschr. 


§  7- 


Fernleitungen. 


1161 


Preistafel  für  die  Beschaffungskosten  von  Leitungskabe)n70) 

P=a  +  b.q 


Kabelsorten 


Maximale 

Betriebsspannung 

in  Volt 


Wert  a  für  1  m 
Kabel  in  Mk. 


Wert  b  für  1  m 
Kabel  in  Mk. 


Einfaches  Bleikabel 
anarmiert    .... 
armiert 


Konzentrisches  Doppelkabel 

nnarmiert 

armiert 

armiert 


Konzentrisches  Dreileiterkabel 

armiert 

armiert 


Verseiltes  Zweileiterkabel 

armiert 

armiert 

armiert 

armiert 


Verseiltes  Dreileiterkabel 

armiert 

armiert 

armiert 

armiert 


3000 
1000 

1000 
1000 
3000 

1000 
2000 

1000 

3000 

5000 

10  000 

1000 

3000 

5000 

10000 


0,65 
0,80 

1,02 
1,30 
2,32 

2,54 
3,80 

1,88 
2,60 
2,33 
4,08 

2,40 
3,21 
8,90 
5,30 


0,0240 
0,0231 

0,0242 
0,0247 
0,0255 

0,0224 
0,0264 

0,0285 
0,0358 
0,0358 
0,0405 

0,0260 
0,0281 
0,0809 
0,0828 


(Wegen  der  Höchstspannung,  für  welche  Kabel  heute  schon  ausgeführt  werden  können, 
vergl.  S.  1090.) 

Es  ist  zu  beachten,  dass  bei  dem  Mehrleiterkabel  der  Wert  b  mit  dem  Gesamtkupferquer- 
schnitt des  Kabels  (nicht  etwa  mit  dem  Querschnitt  einer  einzelnen  Ader)  zu  multiplizieren  ist. 

Zu  diesen  Kosten  sind  jedenfalls  für  Kabelverbindungen  oder  Abzweig- 
stellen noch  Zuschläge  zu  machen,  die  sich  ungefähr  aus  den  folgenden  Angaben  er- 
mitteln lassen. 

Es  kostet  die  Herstellung 


1 

Querschnitt  der 

Kupferseele        ' 

i 

1 

durch  Muffen 

durch 

Loten 

einpolig 

zweipolig 

einpolig 

zweipolig 

qmm 

Mk. 

Mk. 

Mk. 

Mk. 

a)  einer  Kabelverbindung  einschl.  Material  und  Arbeit 

bis    50 

15,0 

22,0 

7,0 

12.0 

,    100 

20,0 

30,0 

8,0 

15,0 

,    200 

25,0 

40,0 

10,0 

18,0 

,    500 

40,0                          50,0 

12,0 

20,0 

b)  eines  Kabelabzweigs  einschl.  Material  und  Arbeit. 

bis    50 

20,0 

28,0 

8,0 

15,0 

,    100 

25,0 

85,0 

9,0 

17,0 

.    200 

35,0 

45,0 

10,0 

19,0 

•    500 

i              50,0 

70,0 

12.0 

22,0 

?o)  F.  Uppenborn,  Deutscher  Kalender  für  Elektrotechniker.  1905,  S.  266. 


1162         III.     Theodor  Koeh>\     Ausbau  ton  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Für  gan»  Qbersrtililglich«  Kosten  »»schlage  genügt  es  fllr  Kabel  Verbindungen  bei  Kupferquerseliaittea 
bis  zu  50  qmm,  wenn  die  Verbindungen  durch  Löten  hergestellt  werden,  etwa  4  bis  5  7«,  wenn  sie  durch 
Muffen  hergestellt  werden,  etwa  7  bis  8*,'o  des  Kabelpreises  Hirnschlägen:  bei  Kupferquernchnitten 
von  etwa  500  qmm  worden  die  entsprechenden  Zuschlüge  für  Lötstellen  etwa  2  bis  3°/o,  für  MaSta- 
verbindnngen  etwa  4  bis  5"  o  des  Kabelpreises  betragen  und  für  dazwischen  liegende  Knpferqaerschnrtt« 
kann  man  eine  geradlinige  Abnahme  der  Vonhnndertsitze  annehmen. 

Die  Verlegung  eisenbandarmierter  Kabel  erfolgt  ausserhalb  städtischer 
Strassen    meistens   in   einer  Bettung  von   reinem  Sande   von  mindestens  20  cm  Höhe. 
Die  Breite  des  Kabelgrabens  richtet  sich  nach  der  Tiefe  und  der  Zahl  der  zu  verlegen- 
den Kabel.    Sie  betragt  bei  ein  bis  tvrei 
Abb.    460.     Knbcdgraben    der   Fernleitung   Jonage-      Kabel  etwa  50 — 60  cm,  wenn  der  Graben 
'"    '  tiefer  als  1,0  m  werden  muss. 

Um  die  Kabel  in  städtischen  Stras- 
sen gegen  Verletzungen  durch  Picken- 
schläge etc.  bei  Aufgrabungen  zu  schützen, 
werden  dieselben  über  der  Sandschicht  mit 
einer  Schutzdecke  abgedeckt.  Die  am 
häufigsten  verwendete  Schutzdecke  besteht 
ans  flach  gelegten,  hart  gebrannten  Ziegel- 
steinen. 

Bin  qner  gelegter  Ziegelstein  nach  dawt- 
.       echera  Normalformat  von   25  cm  Lange  kann  ha 
'         allgemeinen  3  Kabel  bedecken.    Anf  4  bis  5  KaW 
wird    eine   Qner-   nnd   eine  Ltngaschicht  gelegt, 
nnd  die  Deckschicht  dadurch  auf  87  cm    erhöht 
Bei  6,  7  nnd  8  Kabeln  werden  iwei  Ziegelsteine 
qner    gelegt    (Der.lt seh ichtbreite    50  cm)    und    bei 
9  Kabel  iwei  Binder  nnd  eine  Deckschicht  (Sehntx- 
deckenbreite  62  cm).    Die  Kosten  dieser  Abdeckung  belaufen   sich  bei  einem  Preise  von  35,00  Hk.  pro 
1000  Ziegelsteine  frei  Baustelle   einschliesslich  der  Verteilung   der    Ziegelsteine  anf  der  Baustelle,    Ein- 
fallen einer  80  cm  hohen  Schicht  Sand  nnd  Abdecken  des  Kabels  ungefähr  pro  lfm.: 

a)  bei  25  cm  Deckschicht  auf  etwa    52  Pfennig 

b)  „    87    ,  ,  ,       ,        82        . 

c)  ,    50   .  ,  .       .       104 

d)  ,    62    ,  .  ,       .       182 

Sollen  die  Kabel  auch  noch  durch  je  eine  hochkantig  gestellte  Ziege  Isteinsehicht  seitlich  ge- 
sehatzt werden,  so  erhöhen  sich  die  Preise  ad  a— d  anf  94,  118,  144  und  167  Pfennig''). 

Diese  einfache  Art  der  K&belverlegung  ist  ■/..  B.  bei  der  Anlage  Jonage- 
Cudset-Lyon  angewendet  worden  (Abb.  460). 

Wenn  in  einem  Kabelgraben  gleichzeitig  Hochspannungs-  nnd  Niederspannungs- 
kabel  verlegt  werden  sollen,  so  ordnet  man  die  Hochspannungskabel  unten  und  die 
Niederspannungskabel  darüber  an.  Die  Hocbspannungskabel  können,  da  Anschlüsse  nur 
an  wenigen  Stellen  gemacht  werden,  in  einer  Ebene  nebeneinander  liegen.  Die  Nieder- 
spannnngskabel  werden  dagegen  besser  nicht  in  derselben  Horizontalebene,  sondern  mit 
einem  Höhenunterschied  von  ca.  dem  Kabeldurchmesser  verlegt,  damit  die  Kreuzung  der 
Anschlusskabel  möglichst  geradlinig  erfolgen  kann. 

Der  Nachteil  der  Schutzdecke  ans  einer  einfachen  Ziegelschicht  besteht  darin. 
dass  ein  Pickenschlag  in  der  Fuge  zwischen  zwei  Ziegelsteinen  durchdringen  und  dadurch 
das  Kabel  verletzt  werden  kann.    Gross  ist  die  Gefahr  nicht,  wenn  die  Sandschicht 


1  )  Elektr.  Zeitschr.  1905.  S.  821.    Angaben  von  J.  Schmidt,  Nürnberg. 


§  7.  Fernleitungen.  1163 

über   den  Ziegelsteinen  noch  ca.  10—15  cm  beträgt  und  wenn  es  sich  um  Eisenband 
armierte  Kabel  handelt,  welche  ohnehin  einen  starken  Schutz  gegen  Verletzungen  bieten. 

Bei  Verlegung  in  solchen  städtischen  Strassen,  in  denen  häufiger  Aufgrabungen  durch 
Dritte  stattfinden  können,  begnügt  man  sich  aber  meistens  mit  dem  beschriebenen  Schutz 
nicht.  Es  wurden  z.B.  von  dem  Düsseldorfer  Elektrizitätswerke  zwei  Ziegel- 
schichten übereinander  auf  die  Kabel  gelegt,  und  es  ist  ausserdem  eine  über  den  Ziegel- 
steinen angeordnete  0,25  m  starke  Schicht  von  gutem  sandigen  Boden  noch  mit  einem 
verzinnten  Drahtgewebe  geschützt.  Bei  stark  säurehaltigem  Boden,  wie  er  in  Städten  mit 
vielen  Leitungen  oft  vorkommt,  vergeht  ein  solches  Drahtgewebe  verhältnismässig  schnell, 
und  es  sind  deshalb  eine  grosse  Reihe  anderer  Abdeckungsarten  von  Kabel  in  Vorschlag 
gebracht  und  verwendet  worden.  Hierher  gehören  mit  Eisendraht  armierte  Beton- 
platten,  welche  in  Falzen  übereinander  greifen.  Die  Fugen  werden  durch  Zement 
ausgegossen. 

Die  Kosten  von  8  cm  dicken  Betonplatten  mit  Eiseneinlage  belaufen  sich  pro  lfm.  Kabellänge 
auf  etwa 

bei  20  cm   Breite   Mk.  0,60 
.    25    ,         ,  ,     0,70 

■    30    ,         ,  „     0,85 

.    40    „         ,  ,      1,15 

Für  Herstellung  der  Kabelgräben  auf  70  cm  Tiefe  und  60  cm  Breite,  einschliesslich  Aufbrechen 
des  Pflasters,  Ausheben  des  Erdreiches,  Einfallen  einer  20  cm  hohen  Sandschicht,  Zufallen  und  Fest- 
stampfen mit  gewohnlichem  Boden,  sowie  Abfuhr  des  überflüssigen  Materials  sind  etwa  1,50  Mk.  pro  lfm, 
für  das  Einbetten  der  Kabel  und  Abdecken  derselben  mit  Betonplatten  ausschliesslich  Materiallieferung 
sind  je  nach  der  Breite  etwa  0,05  bis  0,15  Mk.  in  Anschlag  zu  bringen. 

Für  die  Wiederherstellung  des  Pflasters  bei  Verwendung  des  alten  Pflastermaterials 
können  etwa  folgende  Preise  beim  Anschlag  zugrunde  gelegt  werden : 

a)  Bei  Makadam  pro  qm  1,20  Mk. 

b)  Bei  gewöhnlichem  Rundsteinpflaster  pro  qm  1,0  bis  1,50  Mk. 

c)  Bei  Granitpflaster  aus  rechteckig  behauenen  Steinen  in  Sandbettung  pro  qm  3,0  bis  4,0  Mk. 

d)  Bei  Granitpflaster  aus  rechteckig  behauenen  Steinen  mit  Schotterunterlage  und  Mastix- 
Ausguss  pro  qm  6,0  bis  7,0  Mk. 

e)  Asphaltpflaster  auf  Betonunterlage  10,0  bis  12,0  Mk. 

f)  Asphalttrottoir  pro  qm  5,0  bis  6,0  Mk. 

g)  Mosaikpflaster  in  Sandbettung  pro  qm  0,30  bis  0,50  Mk. 
h)  Bei  Gianitplatten  in  Sandbettung  pro  qm  1,0  bis  1,50  Mk. 

i)  Bei  Klinker-Pflaster  in  Zementmörtel  ohne  Betonunterlage  pro  qm  2,0  Mk. 

In  der  Elektr.  Zeitschr.  1905,  S.  923  wurde  von  J.  Schmidt,  Nürnberg  auf  einen 

Kabelpanzer  hingewiesen,  welcher  von  dem  Ingenieur  OttoWilhelmi  in  Küsnacht 

bei  Zürich  konstruiert  ist.  Dieser  Kabelpanzer  besteht  aus  einem  Drahtgewebe  zwischen 

zwei  Asphaltschichten. 

Auf  einen  Teerpappestreifen,  dessen  Breite  je  nach  der  Zahl  und  Grosse  der  Kabel  zu  wählen 
ist,  wird  eine  Schicht  aus  schwerflüssiger  Asphaltmasse  aufgegossen«  auf  diese  dann  ein  Drahtgeflecht 
gelegt  und  dieses  wiederum  mit  einer  Asphaltschicht  und  schliesslich  letztere  mit  einer  Papplage  ver- 
sehen. Diese  Panzer  können  au  Ort  und  Stelle  in  beliebigen  Längen,  meistens  werden  solche  von  etwa 
10,0  m  gewählt,  hergestellt  werden.  Die  Enden  der  Panzer  werden  übereinander  gelegt,  sodass  keine 
Querfugen  entstehen.  Man  kann  diese  Asphaltpanzerdecken  entweder  horizontal  über  dem  Kabel  an- 
ordnen oder,  falls  man  einen  Seitenschutz  wünscht,  dieselben  seitwärts  von  dem  Kabel  herunterbiegen 
(Abb.  461).  Die  Gesamtdicke  jeder  Asphaltschicht,  einschliesslich  des  Pappstreifens  beträgt  etwa  5,0  mm. 
Das  Drahtgeflecht  wird  meistens  aus  1  bis  8  mm  starkem  Draht  hergestellt,  sodass  die  Gesamtstärke 
des  Panzers  10  bis  12  mm  beträgt.  Das  Quadratmeter  eines  solchen  Panzers  soll  bei  Herstellung  auf 
der  Baustelle  etwa  4,10  Mk.  kosten,  wonach  sich  die  Kosten  pro  lfm.  bei  den  verschiedenen  Schutz- 
deckenbreiten berechnen  lassen  (vergl.  Elekr.  Zeitschr.  1905.  S.  925). 


1164         III.     Theodor  Koehn.     Ausbau  vom  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

Für  die  Verlegung  von  Kabeln  in  städtischen  Strassen  werden  ferner 
zylindrische  oder  halbzylindrische  Abdeckungen  aus  gebranntem  Ton,  Beton  oder  Eisen 
verwendet.  Eiserne  Schutzhüllen  sind  vielfach  in  Form  von  sogenannten  Zoreseisen  zur 
Anwendung  gekommen  and  zwar  entweder,  indem  das  Zoreseisen  einfach  über  das  Kabel 
gelegt  wurde  oder  indem  man  zwei  Zoreseisen  zu  einer  Röhre  vereinigte,  iu  welcher 
das  Kabel  gebettet  wurde  (vergl.  Elektr.  Zeitschr.  1903,  S.  161).  Erwähnenswert  sind 
ferner  die  Küster  man  nschen  Kabelschatz- 
**  ^JXgtiSLäSS***  eiflen'  -eiche  mehrfach  Verwendung  gefunden  haben 
(Taf.  LXXXI,  Fig.  22a-c). 

Die  Kflst  ermann  sehe  Kabelseil  ntiaisen  werden  in 
Durchmessern  von  40,  52,  65  und  100  mm  hergestellt.  Die 
Flanschen  sind  etwas  konisch,  sodass  iwei  aufeinandergelegte 
Eiaen  vermittelst  Klemmen  und  Keilen  schnell  und  einfach  xm 
festen  Rohren  zusammengesetzt  werden  können.  Die  Dichtung 
gegen  eindringende  Feuchtigkeit  wird  durch  Bestreichen  dar 
Flanschen  mit  Asphaltteer  bewirkt.  Die  Stosafngen  werden 
gleichfalls  mit  Asphalt  gedichtet  und  mit  einem  Zinkstreifen  bedeckt ,  welcher  durch  Klemmen  am 
den  Flanschen  festgehalten  werden  kann. 

Einen  sehr  guten  Kabelschutz  bieten  natürlich  auch  alle  kastenförmigen  Kabel- 
kanäle aus  glasiertem  Ton,  Beton  oder  Eisen,  welche  mit  Deckel  nach  Verlegung  der 
Kabel  abgedeckt  werden.  In  solche  I  I  förmigen  Kästen  werden  die  Kabel  auf  Sand- 
fiilluug  gebettet.  Die  Stoss-  and  Deckelfugen  werden  mittelst  Asphalt  oder  Zement  gedichtet. 
Für  Kabel,  welche  derart  geschützt  sind,  ist  natürlich  eine  Eisenbandarmierang  nicht 
mehr  erforderlich.  Dagegen  muss  die  Berührung  der  Bleimäntel  mit  Zement,  durch 
welchen  das  Blei  sehr  schnell  an  der  Berührungsstelle  zerstört  wird,  stets  durch  eine 
Umhüllung  des  Kabels  mit  Gespinsten  aus  Hanf  etc.  verhindert  werden  und  zum  Schutze 
dieser  Umhüllung  gegen  Beschädigungen  beim  Transport  und  bei  der  Verlegung  wird 
das  Bleikabel  mit  einer  leichten  Drahtarmierung  ausgestattet. 

Wenn  in  städtischen  Strassen  die  Notwendigkeit  einer  baldigen  Auswechslung  (z.  B. 
stärkere  Kabel  anstatt  der  schwächeren)  oder  eine  Vermehrung  der  Kabel  zu  erwarten 
ist,  wiederholte  Aufgrabungen  aber  der  Kosten  oder  der  Verkehrsstörungen  wegen  ver- 
mieden werden  müssen,  so  wird  häufig  Gewicht  darauf  gelegt,  die  Kabel  nach  dem  so- 
genannten Einziehsystem  verlegen  zu  können.  Za  diesem  Zwecke  werden  röhren- 
förmige Kabelkanäle  aus  glasiertem  Ton  oder  Zement  verwendet  (Taf.  LXXXI,  Fig.  20) 
Das  Einziehen  erfolgt  von  den  sogenannten  Kabelkästen  aus.  Bei  den  Kabelröhren  au 
gebranntem  Ton  werden  die  inneren  Flächen  glasiert,  bei  Röhren  aus  Zement  müssen 
die  inneren  Flächen  entweder  mit  einem  Asphaltüberzug  oder  mit  einem  Überzug 
aus  einem  Gemisch  von  Graphit  und  Paraffin  bekleidet  werden,  um  jede  nachteilige 
Wirkung  des  Zementes  auf  den  Bleimantel  zu  verhüten.  Die  Stossfugen  solcher  röhren- 
förmiger Kabelschutzstücke  greifen  meistens  falzartig  übereinander  and  werden  durch 
Asphalt  oder  Zement  gedichtet. 

Sehr  bekannt  und  verbreitet  ist  das  mehrlöchrige  sogenannte  „Platten- 
system" des  Oberpostrates  Zappe  (Taf.  LXXXI  Fig.  21). 

Für  einzelne  Kabel  kommen  auch  häufig  einfache  glasierte  Tonröhren  mit  Muffen- 
dichtung  zur  Verwendung. 

Beiläufig  erwähnt  sui,  dasa  man  zum  Einziehen  von  Kabel  in  Amerika  auch  Maschinen  Ter- 
wendet,  wenn  es  sich  um  sehr  grosse  Kabellängen  bandelt,  was  allerdings  meistens  wohl  nur  für  Tele- 
phon- ond  Telegraphen kabel  in  Frage  kommt.    Eine  selche  von  der  Fairbanka  Morse  A  Co.")  ge- 


«)  Electrica!  Review  New-York.  28.  Jan.  1905.    Elektr.  Zeitacfar.  1905.  S.  328. 


1166        IH    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

revidieren  zu  können,  werden  in  gewissen  Abständen  in  die  Leitung  sogenannte 
Kabelschächte  oder  Kabelkästen  (Abb.  462)  eingebaut.  Kabelschächte,  welche 
zur  Revision  dienen  und  in  denen  Kabelenden  verlötet  oder  durch  Kabelmuffen  ver- 
bunden werden  sollen,  haben  meistens  eine  Breite  von  1,20  m  und  eine  Länge  von  1,30  m. 
Die  Weite  der  meist  kreisförmigen  Einsteigöffnung  beträgt  0,70  m.  Kabelschächte,  in 
denen  Kabel  eingezogen  werden  sollen,  erhalten  eine  Länge  von  1,90  m.  Die  Schichte 
werden  meistens  entweder  in  Beton  oder  in  Mauerwerk  hergestellt  und  je  nach  der  Lage 
auf  die  verschiedenste  Weise  abgedeckt. 

Statt  unterirdischer  Kabelkästen  oder  Schächte  werden  in  städtischen  Strassen 
auch  mitunter  oberirdische  Kabelkästen  oder  Kabelschränke  verwendet  (Abb.  463/. 

IS.  Die  bauliehe  Einrichtung  der  Tramsformatorenstellen  am  Ende  der  Fern- 
leitung. Die  Transformatorenstellen  am  Ende  der  Fernleitung  bilden  bei  Kraftfiber- 
tragungen  mit  hochgespanntem  Strom  das  Mittelglied  zwischen  der  Hochspannung  der 
Fernleitung  und  der  Niederspannung  des  sekundären  Leitungsnetzes. 

Über  das  Wesen,  die  Bauart  und  den  Wirkungsgrad  der  Transformatoren  ist  im 
Kap.  III,  §  6  B,  S.  1044  u.  ff.  das  Wesentlichste  mitgeteilt. 

Die  Anzahl  der  Transformatorenstellen  richtet  sich  nach  der  Art  und  Weise,  wie 
die  Abnehmer  verteilt  sind,  also  nach  der  Grösse  der  einzelnen  Anschluss-Gleichwerte,  nach 
der  Art  ihres  Konsums  (ob  Licht  oder  Kraft)  und  nach  ihrer  Entfernung  voneinander. 
Grössere  Konsumenten  von  mehr  als  50  KW  Anschlusswert  erhalten  meistens  besondere 
Unterstellen  für  sich. 

Sehr  oft  wird  man  nach  Einschätzung  des  Energiebedarfs  mit  Rucksicht  auf  die 
Eigentümlichkeiten  der  Örtlichkeit  von  vornherein  auch  ohne  genaue  Berechnung  des 
Veiieilungsnetzes  in  der  Lage  sein,  die  Plätze  und  die  ungefähre  Grösse  der  einzelnen 
Unterstellen  zu  bestimmen.  Anderenfalls  niuss  es  Sache  des  Elektrotechnikers  sein, 
Vergleichsrechnungen  über  die  Anzahl  und  Grösse,  sowie  über  die  Örtlichkeit  der  Trans» 
formatorenstellen  vorzunehmen,  um  herauszufinden,  welche  Anzahl,  Grösse  und  Ver- 
teilung der  Stellen  technisch  und  wirtschaftlich  die  meisten  Vorteile  bieten.  Hierbei 
werden  natürlich  neben  den  Anlagekosten  auch  die  Effektverluste  in  den  Transformatoren- 
stellen und  in  dem  Verteilungsnetze  zu  berücksichtigen  sein. 

Nicht  selten  wird  bei  hohen  Spannungen  im  Fernleitungsnetz  am  Ende  desselben 
in  einer  oder  einigen  Hauptstellen  die  Hochspannung  zunächst  auf  eine  Mittelspannung 
für  das  Mittelspannungsnetz  abgewandelt  und  die  Abwandlung  auf  die  Konsumspannung 
alsdann  erst  in  einer  mehr  oder  weniger  grossen  Anzahl  von  Unterstellen  besorgt. 

Der  Nennwert  der  aufzustellenden  Transformatoren  beträgt  in  der  Regel  das  1,1 
bis  1,3 fache  des  zu  erwartenden  Anschlusswertes.  Die  Unterteilung  in  Einheiten 
ist  je  nach  der  Art  des  Konsumgebietes  ganz  verschieden. 

Z.  B.  bei  der  Anlage  Les  Clees-Yverdon  schwankt  die  Einheit  zwischen  10  und  50  KW 
Es  handelt  sich  hier  im  wesentlichen  um  Licht-  und  Kraftverteilung  an  kleine  Konsumenten.  Am 
Schlüsse  des  Jahres  1903  waren  bei  einem  Anschlusswert  von  1195  KW,  wobei  auf  licht  etwa  V»,  anf 
Kraft  etwa  ••  entfielen,  zusammen  58  Transformatoren  von  zusammen  1354  KW  Leistung  aufgestellt, 
sodass  durchschnittlich  auf  je  einen  Transformator  23,3  KW  entfielen. 

Man  wird  aber  bestrebt  sein,  die  Zahl  der  Typen,  welche  man  verwendet,  nach 
Möglichkeit  einzuschränken. 

So  wurden  bei  der  Anlage  La  Dernier- Vallorbe  nur  drei  Typen  von  10,  20  and  50  KW 
verwendet  Bei  der  Anlage  Füre  et  Morge,  wo  die  Energie  fQr  motorische  Zwecke  eine  ubenriegeade 
Roll«  spielt,  sind  drei  Typen  von  30,  50  und  100  K.V.A.  zur  Verwendung  gekommen,  sei  der  An- 
lage Hagneck  Einheiten  von  15,  20,  30  und  40  KW. 


1168         IIL     Theodor  Koehn.     Ausbau  ton  WubbrkrIftkk.     Etkzelhxitek. 

1.  Die  Schutzvorrichtungen  gegen  atmosphärische  and  Betriebsüberspannasgen 
für  jeden  primären  and  sekundären  7I)  Leitungsdraht, 

2.  die  Schmelzsicherungen, 

3.  die  Anaschalter, 

4.  sofern  eine  Messung  des  Stromes  in  der  Unterstation  stattfinden  soü,  die 
dazu  gehörigen  Volt-  und  Ampere-Meter  (vergl.  die  Schal tungsachemas  Abb.  447,  S.  1139 
und  Abb.  448,  S.  1140). 

Soli  auf  der  Hochspannungsseite  gemessen  werden  oder  betragt  die  Spannung  auf 
der  Niederspannangsseite  noch  mehr  als  etwa  750  Volt,  so  kommen  noch  die  Messtrans- 
formatoren  hinzu. 


Die  bauliche  Einrichtung  der  Transformatorenstellen  erfolgt  auf  die  verschiedenste 
"Weise.  Bei  der  Anlage  Lechwerk-Gersthofen  sind  z.B.  die  Transformatoren  zum 
Teil  in  eisernen  Gehäusen  untergebracht,  welche  ans  einem  eisernen  Gerüst  mit  Well- 
blechbekleidung bestehen.  Auf  den  TransformatorengehäuBen  befinden  sich  die  Gitter- 
masten für  die  primären  und  sekundären  oberirdischen  Leitungssysteme  (Taf.  LXXXIÜ, 
Fig.  8,  9  n.  9  a).  In  städtischen  Strassen,  in  welchen  Mittelspannungs-  und  Nieder- 
spannnngsleitungen  durch  Kabel  gebildet  werden,  sind  die  Schmelzsicherungen  und 
Schalter  häufig  in  runden  Anschlagsäulen  aus  Eisenblech  und  die  Transformatoren 
darunter  in  Gruben  untergebracht,  wie  z.  B.  in  Augsburg  für  die  Anlage  Lechwerk- 
Gersthofen.  Anstatt  der  runden  Anschlagsaulen  sind  daselbst  auch  an  einzelnen 
Stellen  flache  'Wandschränke  zur  Ausführung  gekommen  (Abb.  464).  Die  Grube  ist 
durch  einen  wasserdicht  verschlossenen  eisernen  Topf,  welcher  auf  einem  Betonfundament 
fest  gelagert  ist,  gebildet  und  durch  grosse  Rohrleitungen  nach  dem  Wandschrank  hin 
gelüftet. 

")  Blitwchnti Vorrichtungen  sind  für  unteriidiscbe  aekuudire  Leitungssystem« 


jj  7.  Fernleitungen.  1169 

Nicht  selten  finden  sich  auch  geeignete  Plätze  in  Kellern  oder  ähnlichen  Räumen, 
welche  mietweise  zur  Unterbringung  von  Transformatoren  genommen  werden  können. 

Eine  Unterstelle  für  2 — 4  Transformatoren  von  15—40  KW,  wie  sie  bei  der 
Anlage  Hagneck  verwendet  wurde,  zeigt  Taf.  LXXXIV,  Fig.  5.  Die  Ein-  und  Aus- 
führung der  primären  und  sekundären  Leitungsdrähte  erfolgt  durch  einen  eisernen  Turm, 
welcher  auf  dem  Dache  eines  Betonhänschens  verankert  ist.  Das  Häuschen  selbst  ist 
durch  ein  Eisengerüst  und  Stampfbeton  gebildet. 

Taf.  LXXXIV,  Fig.  1,  2  u.  3  zeigen  den  Typ  eines  ans  Monierplatten  zu- 
sammengesetzten Transformatorenhäuschens  der  Anlage  La  Dernier-Vallorbe. 
Fig.  6  derselben  Tafel  stellt  die  äussere  und  Fig.  2,  Taf.  LXXIX  die  innere  Ansicht 
einer  Unterstation  der  Anlage  Champ  (Füre  et  Morge)  in  Voiron  dar. 

Abb.  465.     Trans  forma  torpnhans    der  Societa  Lombards   per  DistribnzioDe   dl  Energia  Elettrica  (8.  358). 


Abb.  465  zeigt  ein  Transformatorenhaas  der  mehrfach  erwähnten  Societä 
Lombarda,  Taf.  LXXXIV,  Fig  4  und  7  massive  Transformatoren liäuser  der  Anlagen 
Morbegno  und  des  Kanderwerkes,  welche  einer  näheren  Erläuterung  nicht  be- 
dürfen. Die  Haupttransformatorenstelle  der  Anlage  Marbach-Stut tgart 
ist  auf  S.  575  beschrieben  und  in  Abb.  145  S.  576  bildlich  dargestellt. 

Wegen  der  Lüftungsanlagen  in  Transformatorenräumen  kann  auf  Kap.  III,  §6A, 
S.  995  u.  ff.  verwiesen  werden. 


14.  Einige  allgemeine  Bemerkungen  über  das  Verteilungsnetz,  über  die  Ver- 
wendungsarten  der  Elektrizität  und  über  die  im  Verteilungsnetz  zi  wählenden 
Spannungen.  Der  Entwurf  des  Verteilungsnetzes  gehört  ausschliesslich  zu  den 
Aufgaben  des  Elektrotechnikers.  Es  können  daher  hier  nur  einige  wenige  allgemeine 
Gesichtspunkte  hervorgehoben  und  einige  allgemeine  einschlägige  Angaben  gemacht  werden. 

A.  Man  kann  direkte,  indirekte  und  gemischte  Stromverteilungs- 
systeme unterscheiden.  Bei  dem  direkten  Stromverteilungssystem  liegen 
die  Stromerzenger  und  die  Abnehmer  in  ein  und  demselben  elektrischen  Stromkreis,  bei 
dem    indirekten  Verteilnngssystem  sind  zwischen  die  getrennten  Stromkreise 

r  Ing.- Wfmonieb,    III.  hfl.    18.  Bd.  74 


1170        III.    Theodor  Koehk.    Ausbau  ton  Wasserkräfte».    Edizelheitev. 

der  Stromerzeuger  einerseits  und  der  Abnehmer  andererseits  Transformatoren,  Umformer 
oder  Akkumulatoren  geschaltet,  welche  beiden  Stromkreisen  angehören.  Bei  dem  ge- 
mischten Verteilungssystem  kommen  beide  vorgenannten  Systeme  entweder  abwechselnd 
oder  gleichzeitig  zur  Anwendung. 

Wenn  das  Krafthaus  in  unmittelbarer  Nähe  des  Verteilungsgebietes  liegt,  so  kann 
sich  das  direkte  Stromverteilungssystem  als  das  wirtschaftlichste  ergeben.  Ist  das  Ver- 
teilungsgebiet aber  gross  oder  ist  der  Konsum  sehr  wechselnd,  so  wird  oft  ein  gemischtes 
System  von  direkter  und  indirekter  Stromverteilung  vorteilhaft,  indem  z.  B.  bei  Wechsel- 
strom die  Verteilung  für  Kraftzwecke  direkt  mit  der  Maschinenspannung  erfolgt,  wahrend 
für  die  Lichtverteilung  eine  Umformung  durch  Transformatoren  in  eine  niedrigere  Span- 
nung vorgenommen  wird  oder  indem  bei  Gleichstrom  z.  B.  während  der  Tagesstunden 
ganz  oder  zum  Teil  die  Stromerzeuger  auf  eine  Akkumulatorenbatterie  arbeiten  und  am 
Abend  die  Parallelschaltung,  von  Akkumulatoren  und  Stromerzeugern  erfolgt. 

Für  Kraftübertragungsanlagen  auf  grössere  Entfernungen  kommt  das  direkte  Ver- 
teilungssystem deshalb  nicht  in  Frage,  weil  wegen  der  Anlagekosten  für  die  Fernleitung 
eine  höhere  Spannung  notwendig  ist  als  man  im  Verteilungsnetze  anwenden  kann.  Bei 
grösseren  Verteilungsnetzen  werden  oft  zwischen  die  Fernleitung  und  das  eigentliche 
Abnehmernetz  noch  Verteilungsnetze  gelegt,  durch  welche  der  Strom  von  den  Haupt- 
transformatoren- oder  Akkumulatorenstellen  mit  höherer  Spannung  zu  den  sogenannten 
Unterverteilungspunkten  geführt  wird,  um  hier  in  die  für  das  Abnehmernetz  erforder- 
liche Spannung  umgewandelt,  oder  um  bei  Gleichstrom  in  Akkumulatorenbatterien  mit 
der  Spannung  des  Abnehmernetzes  aufgespeichert  zu  werden.  Zweck  solcher  zwischen- 
geschalteter Netze  ist  die  Ersparnis  an  Kupferkosten  für  die  langen  Leitungen.  Akku- 
mulatorenbatterien finden  bekanntlich  bis  heute  nur  für  Gleichstrom  und  im  allgemeinen 
auch  nur  für  Spannungen  bis  zu  5 — 600  Volt  Anwendung.  Bei  grösseren  Spannungen 
würden  die  Anlagekosten  wegen  der  erforderlichen  Zahl  der  Zellen  zu  gross  werden. 

Die  sogenannten  Uniformer  finden  Verwendung,  wenn  man  hochgespannten  Gleich- 
strom in  niedriggespannten  verwandeln  will  und  sie  bestehen  dann  aus  je  einem  znsammen- 
gekuppelten  Motor  und  Stromerzeuger.  Soll  Wechselstrom  in  Gleichstrom  verwandelt 
werden,  so  kann  man  entweder  mit  einem  Wechselstrommotor  eine  Gleichstromdynamo 
kuppeln,  oder  man  kann  auch  einen  sogenannten  synchronen  Motor  mit  einem  Gleich- 
stromerzeuger in  einer  Maschine  vereinigen,  indem  man  die  Ankerwickelungen  an  einen 
Komutator  führt  und  durch  dieselben  die  Gleichrichtung  des  Stromes  bewirkt.  Man 
pflegt  solche  Maschinen  als  „rotierende  Umformer"  zu  bezeichnen.  Wenn  die 
Maschine  auf  der  Wechselstromseite  durch  richtige  Regulierung  der  Erregung  ohne 
Phasenverschiebung,  d.  h.  mit  dem  Leistungsfaktor  1  arbeitet,  so  muss,  abgesehen  von  den 
Reibungsverlusten  in  den  Lagern  und  den  Verlusten  durch  Joule  sehe  Wärme  und  durch 
Hysteresis  die  Gleichstromleistung  =  der  eingeleiteten  Wechselstromleistung  sein.  Daraus 
folgt,  dass  rotierende  Umformer  wirtschaftlich  günstiger  arbeiten  als  solche,  welche  aus 
einem  mechanisch  mit  einer  Dynamomaschine  gekuppelten  Motor  bestehen.  Wie  bereits 
S.  1167  erwähnt,  kann  man  durch  Transformatoren  nicht  allein  die  Spannung  des 
Wechselstroms  beliebig  herauf-  und  heruntertransformieren,  sondern  man  kann  auch 
Mehrphasenstrom  in  Einphasenstrom  verwandeln. 

B.  Eine  ungeahnte  Ausdehnung  hat  die  Verwendung  der  in  Elektrizität  verwandelten 
Wasserkraft  in  den  elektrochemischen,  elektrolytischen  und  metallurgi- 
schen Industrien  im  Laufe  der  letzten  10  Jahre  erfahren,  und  es  stehen  hier  noch 
ausserordentlich  erweiterungsfähige  Gebiete  offen.  Meistens  wird  der  Bedarf  derartiger 
Fabrikationsarten  an  elektrischer  Energie  so  gross  sein,  dass  sie  entweder  die  ganze 


§  7.  Fernleitungen.  1171 

Wasserkraft  für  sich  verwenden  oder  dass  sie  doch  einer  besonderen,  von  dem  übrigen 
Verteilungsnetz  getrennten  Stromzuführungsleitung  bedürfen.  Während  für  die  elektro- 
chemische und  die  elektrolytische  Industrie  im  wesentlichen  der  Gleichstrom  benutzt 
wird,  findet  in  der  metallurgischen  Industrie  hauptsächlich  der  Wechselstrom  Anwendung. 
Die  Spannung,  welche  bei  der  Mehrzahl  der  gedachten  Prozesse  benutzt  wird,  ist  eine 
niedrigere,  als  in  den  Verteilungsnetzen  für  Licht  und  Kraft  zur  Anwendung  zu 
kommen  pflegt. 

Aus  den  Gebieten  der  elektrochemischen  und  elektrolytischen  In- 
dustrien mögen  hier  kurz  die  folgenden  Verwendungszwecke  angeführt  werden74). 

a)  Die  Verfeinerung  von  Kupfer,  Nickel,  Zink,  Gold,  Antimon  etc.  auf  elektro- 
ly  tischen*  Wege  oder  die  Bildung  von  feinen  Überzügen  aus  den  genannten  Metallen  (Galvano-Plastik), 
wobei  meistens  Spannungen  von  2  bis  7,5  Volt  verwendet  werden. 

b)  Die  Fabrikation  von  Chlor  und  verwandten  Chemikalien  (Verfahren  von  Castner 
&  Kellner,  Haas  &  Oettel,  Schuckert  etc.)  mit  Spannungen  von  5  bis  110  Volt. 

c)  Die  Fabrikation  von  Soda  (Verfahren  von  Jablochkof,  Höpner,  Grabau  etc.) 
Spannung  4  bis  8  Volt. 

d)  Die  Fabrikation  von  Pottasche  (Verfahren  von  Liebig,  Electron-Griesheim, 
Gall  &  Montlaur,  Blumenberg,  Franchot  &  Gibbs)  Spannung  ca.  5  Volt. 

e)  Die  Gewinnung  von  Stickstoff  aus  der  Luft  für  industrielle  und  beson  ders  land- 
wirtschaftliche Z  weck e  zum  Ersatz  von  Chi lisalp e  t  er.  Von  letzterem  werden  jährlich  ca.  1 500000 1 
im  Werte  von  ca.  300000000  Mk.  in  Europa  eingeführt  Verfahren  von  Franck  &  Caro,  Bradley 
&  Lovejoy,  Birkeland  &  Eyde)  Wechselstrom  mit  Spannungen  bis  5000  Volt. 

f)  Gewinnung  von  Ozon  aus  der  Luft  zur  Verwendung  beim  Bleichen  von  Leinwand  und 
Wolle,  Altmachen  von  Holz  für  die  Möbelindustrie,  Behandlung  von  alkoholischen  Getränken  etc.  (Ver- 
fahren von  Siemens  &  Halske,  Arnold  &  Otto,  Schneller  &  Wite,  Marnier  &  Abraham). 

g)  Fabrikation  von  Kalcium-Karbid  aus  Kalk  und  Kohle  (Ofen  nach  B ullier,  Schuckert 
&  Co.,  Soci^te*  des  Carbures  Mätalliques,  Siemens  &  Halske,  Electro-Gas-Company 
(Niagara  Falls)  etc.)  Wechselstrom  mit  Spannungen  von  45  bis  100  Volt.  Die  Weltproduktion  von 
Kalcium-Karbid  betrug  1905  etwa  schon  125  000  t,  von  denen  Deutschland  im  Inlande  selbst  ca.  6000  t 
herstellte  und  ca.  20000  t  einführte,  und  zwar  meistens  aus  Werken,  welche  mit  vorwiegend  deutschem 
Kapital  in  Norwegen,  in  der  Schweiz  und  in  Österreich  errichtet  sind7*»). 

Bei  der  metallurgischen  Industrie  werden  Öfen  verwendet,  deren  Kon- 
struktionen ausserordentlich  verschieden  sind  und  zum  Teil  noch  geheim  gehalten  werden. 
Von  den  bekanntesten  Konstruktionen  seien  genannt  die  der  E.-A.  vorm.  Schuckert&Co., 
Siemens  &  Halske,  Allgemeine  Elektrizitäts-Gesellschaft,  Schneider 
&  Cie,  Keller,  Heroult,  Kjellin,  Härmet,  Girod  etc. 

Man  unterscheidet  im  wesentlichen:  1.  Lichtbogenöfen,  2.  Widerstandsöfen,  S.Glüh- 
öfen und  4.  Induktionsöfen.  Bei  den  erstgenannten  Öfen  findet  die  Schmelzung  in  den 
Flammenbogen  der  Elektroden  statt,  bei  den  zweitgenannten  bildet  der  Boden  des  Ofens  die  eine 
Elektrode.  Die  obere  Elektrode  taucht  in  die  zu  schmelzende  Masse  ein  und  die  Schmelztemperatur  wird 
durch  den  Widerstand  erzeugt. 

Bei  der  dritten  A  rt  ist  das  Prinzip  ähnlich,  nur  dass  der  Strom  zum  Teil  in  lotrechter  Richtung, 
zum  Teil  in  der  Querrichtung  des  Ofens  die  Materialien  durchströmt. 

Bei  den  Induktionsöfen  bildet  die  im  Ofen  zu  schmelzende  Metallmasse  gewissennassen 
die  sekundäre  Spule  eines  Transformators  und  die  Erwärmung  erfolgt  nicht  durch  den  Stromdurchfluss 
von  einer  Elektrode  zur  anderen,  sondern  durch  Induktion. 

Aus  der  metallurgischen  Industrie  mögen  folgende  Verwendungszwecke  hervor- 
gehoben werden: 

h)  Die  Fabrikation  von  Aluminium,  wofür  1907  im  ganzen  ungefähr  100000  PS«  ver- 
wendet wurden.    Spannung  meistens  ca.  60  Volt.    Während  das  Aluminium  im  Anfang  der  80er  Jahre 

74)  E.  Pacoret,  La  Technique  de  la  Houille  Blanche.  Paris.  1908.  S.  701  u.  ff.;  ferner  Jean 
Es card,  Les  fours  e*lectriques  et  Ieurs  applications  industrielles,  Paris  (Dunot  et  Pinat)  und  von  dem- 
selben Verfasser:  Les  industries  llectro-chimiques.    Paris  (Beranger). 

7»)  z.  B.  in  Jajce,  Hafslund  und  Lonza. 

74* 


1172        III.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Eikzelheitev. 

der  Torigen  Jahrhunderts  noch  etwa  45  bis  50  Mlu  kostete,  ist  der  Preis  heute  auf  2  bis  8  Mk.  pro  kg 
gesunken. 

i)  Die  Fabrikation  von  Stahl  und  Eisen  und  deren  Verbindungen,  wie  Chromeises 
und  NickelstahL    Spannungen  von  25—400  Volt. 

k)  Die  Fabrikation  von  Silicium,  Coupro-Silicium  und  Ferro-Silicium*   Die 
letztgenannten  Verbindungen  werden  hergestellt  durch  Mischung  von  flüssigen  Eisen-  oder  Knpfc 
mit  flüssigem  Quarz  und  Verbrennungsprodukten  von  Koks.    Sie  finden  Verwendung  für  die  Herstel- 
lung besonderer  Eisen-  und  Kupfersorten. 

1)  Die  Herstellung  von  Carborundum  (kohlenstoffreiches  Silicium),  welches  wegen  seiner 
an  die  des  Diamanten  heranreichenden  Härte  besonders  für  die  Politur  von  Metall  gebraucht  wird.  Die 
Herstellung  erfolgt  aus  Quarzsand,  Seesalz,  pulverisiertem  Koks-  und  Sägespänen  unter  Verwendung  von 
Spannungen  von  120  bis  250  Volt. 

m)  Die  Herstellung  von  Graphit- Kohle  zur  Fabrikation  von  Bogenlampen-Kohlen  and 
Elektroden  für  elektrochemische  und  metallurgische  Ofen. 

n)  Die  Herstellung  von  Kupfer,  Nickel  und  Zink  in  elektrischen  Ofen.  Spannimg 
ca.  120  Volt 

o)  Die  Herstellung  von  Barium,  Strontium  und  Quecksilber. 

p)  Die  Herstellung  von  Glas  in  elektrischen  Ofen  (Verfahren  nach  Voelker,  Jobann 
Leihne,  Brown  etc.). 

Für  die  Verwendung  der  Elektrizität  in  den  genannten  Industriegebieten  ist 
mit  Rücksicht  auf  die  Konkurrenz  auf  dem  Weltmarkte  und  weil  die  einschlägige 
Grossindustrie  meistens  schon  sehr  billige  Wasserkräfte  verwendet,  eine  so  billige  Strom- 
lieferung  Voraussetzung,  dass  im  Grossbetriebe  die  Stromkosten  von  Mk.  80. — 
pro  KW  und  Jahr  bereits  die  obere  Grenze  bilden.  Hieraus  folgt,  dass  nur 
grosse  und  von  der  Natur  sehr  günstig  gestaltete  Wasserkräfte  für  diese  Industrien  in 
Frage  kommen  können,  oder  dass  nur  derjenige  Teil  der  erzeugten  elektrischen  Energie 
eines  Wasserkraft-Elektrizitätswerkes  in  diesen  Industrien  zu  verwenden  ist,  welcher  in 
dem  Verteilungsnetz  für  Licht  und  Kraft  nicht  mehr  untergebracht  werden  kann. 

C.  Das  wertvollste  und  wichtigste  Gebiet  bleibt  daher  für  Wasser- 
kraftanlagen die  Verteilung  von  Licht  durch  Glühlampen  und  Bogen- 
lampen und  von  Kraft  durch  Elektromotoren. 

I.  Glühlampen.  Der  zur  Zeit  noch  am  meisten  verbreitete  Beleuchtungskörper  ist  die  zuerst 
von  Edison  in  einer  praktisch  verwendbaren  Form  hergestellte  Kohlenfaden-Glühlampe,  in 
welcher  etwa  5%  der  ihr  zugeführten  Energie  in  Licht  umgewandelt  wird.  Bis  heute  wird  die  Kohle 
als  unschmelzbar  angesehen,  andererseits  verbrennt  sie  sehr  schnell  bei  Hinzutritt  von  8*uerstoff.  Des- 
halb mueste  man  das  Glühen  des  Kohlenfadens  in  einem  luftleeren  Glasbehälter  bewirken.  Der  Licht- 
effekt einer  Normalkerze  oder  HE.  (Hefner Einheit)  erfordert  etwa  8,3  Watt  Die  Lebensdauer  einer 
guten  Glühlampe  beträgt  etwa  600—1000  Stunden.  Nach  600  Stunden  nimmt  die  Leuchtkraft  stark  ah. 
Ist  das  Vakuum  in  einer  Birne  schlecht,  so  geht  die  Glühlampe  viel  schneller  zugrunde.  Auch  sind 
diese  Lampen  gegen  Spannungsänderungen  sehr  empfindlich.  Bei  einer  Überschreitung  der  Spannung  um 
mehr  als  8°/o  nimmt  die  Lebensdauer  bereits  um  die  Hälfte  ab.  Es  werden  daher  in  einem 
Lichtverteilungsnetze  meistens  nur  Spannungsschwankungen  von  2°/°  zugelassen. 

Der  oben  angegebene  Wattverbrauch  bezieht  sich  für  Kohlenglühlampen  auf  eine  Spannung 
von  110—125  Volt,  Bei  Verwendung  von  220  bis  250  Volt,  wofür  gleichfalls  in  Massen- 
fabrikation Lampen  hergestellt  werden,  ist  der  Stromverbranch  15  bis  20°/o  hoher 
und  die  Lebensdauer  kleiner.  Für  grössere  Spannungen  werden  Kohlenfadenglühlampen  bis  jetzt 
in  Massenfabrikation  nicht  hergestellt. 

Dem  Bedürfnis  nach  einer  sparsam  brennenden  Lampe  für  Spannungen  von  220  bis  250  Volt 
ist  die  sogenannte  Nernst-Lampe  entgegengekommen,  bei  welcher  nicht  Kohlenfäden,  sondern  un- 
schmelzbare Oxyde  von  Erden,  z.  B.  Magnesium  Oxyd  verwendet  werden.  Da  diese  Stoffe  feuerbeständig 
sind,  können  sie  in  offenen  Lampen  zum  Glühen  gebracht  werden.  Es  sind  also  keine  luft- 
leeren Birnen  nötig.  Ein  Mangel  ist  nur,  dass  diese  Erden  in  kaltem  Zustande  Nichtleiter  sind 
und  deshalb  erst  bis  zur  Rotglut  vorgewärmt  werden  müssen.  Deshalb  sind  die  Magnesiumstäbe  der 
Nernstlampe  mit  einer  Heizspirale  umgeben,   welche  durch  einen  im  Lampensockel  befindliches 


§  7. 


Fernleitungen. 


1173 


Elektro-Magneten  automatisch  ausgeschaltet  wird,  sobald  der  Leocbtkörper  für  den  Stromdurchgang 
genügend  vorgewärmt  worden  ist  Es  vergeht  deshalb  immer  eine  gewisse  Zeit  nach  dem  Einschalten, 
bis  die  Lampe  leuchtet  Der  Effektverbrauch  variiert  pro  H.E.  zwischen  1,8—1,5  Watt.  Die  Nernst- 
lampe  hat  für  Spannungen  von  220  bis  250  Volt  in  Gleichstromnetzen  sehr  grosse  Verbreitung  gefunden, 
während  sie  sich  in  Wechselstromnetzen  weniger  bewährt  hat.    Ihre  Lebensdauer  ist  600  bis  800  Stunden. 

Bedeutungsvoller  als  die  Nernstlampe  für  die  Ausbreitung  der  elektrischen  Beleuchtung 
scheinen  die  M  e  t  a  1 1  f  a  d  e  n  -  G 1  ü  h  ]  a  ro  p  en  werd  en  zu  sollen.  Hierzu  werden  Glühfäden  aus  den  seh  werst- 
schmelzbaren Metallen  der  Platingruppe  verwendet  Die  bekanntesten  sind  bis  heute  die  Osmium- 
lampe (erfunden  von  Auer  von  Welsbach),  die  Osramlarape  und  die  Tantallampe.  Bei  der 
Osmiumlampe  wird  der  Effektverbrauch  etwa  zu  1,5  Watt  pro  H.E.  und  die  Lebensdauer  zu  800  bis 
1000  Stunden  angegeben,  während  bei  der  Osramlampe  und  der  Tantallampe  der  Effektverbrauch  nur 
1,1  Watt  pro  H.E.  sein  soll.  Die  Osmiumlampe  wird  zur  Zeit  für  Spannungen  bis  zu  45  Volt,  die 
beiden  anderen  genannten  Lampen  für  Spannongen  bis  110  Volt  hergestellt  Ihre  Lebensdauer  beträgt 
800  bis  1000  Benutzung8stunden  und  mehr.  Während  die  Helligkeit  der  Kohlenfadenlampen  nach  etwa 
600  Brennstunden  bereits  erheblich  abnimmt,  steigt  dieselbe  bei  den  Metallfadenlampen  vom  Beginn 
nach  200  bis  300  Stunden  um  etwa  5  bis  8%  und  sinkt  oft  erst  nach  1000  Stunden  auf  den  Anfangs- 
wert zurück.  Auch  der  Stromverbrauch  bleibt  ziemlich  konstant  und  die  Empfindlichkeit  der  Lampen 
gegen  Spannungsveränderungen  ist  geringer  als  bei  Kohlenfadenlampen,  infolgedessen  es  möglich  sein 
wird,  einen  grosseren  Spannungsabfall,  von  den  Punkten  konstanter  Spannung  an  gerechnet,  in  den 
Verteilungsnetzen  zuzulassen  und  dadurch  dasselbe  billiger  zu  gestalten  als  es  bisher  bei  Kohlenfaden- 
lampen (2 °/o)  üblich  war.  Die  Metallfadenlampen  werden  heute  allerdings  nur  für  maxi- 
mal HO  Volt  in  Massenfabrikation  hergestellt  und  kosten  noch  etwa  3,—  Mk.  pro  Stück, 
es  ist  aber  anzunehmen,  dass  in  nicht  zu  langer  Zeit  auch  Lampen  für  220  Volt  ebenso  wie  die  Kohlen- 
fadenlampen anf  den  Markt  gebracht  werden  und  dass  der  Preis  ganz  erheblich  zurückgehen  wird. 


II.  Die  Bogenlampe.  Für  grössere  Lichtstärken  waren  bisher  ausschliesslich  die  elektrischen 
Bogenlampen  in  Gebrauch,  bei  denen  etwa  10%  der  zugeführten  Energie  in  Licht  umgesetzt  werden. 
Bei  den  Bogenlampen  älterer  Konstruktion  muss  man  Gleichstrom-  und  Wechselstrom-Bogen- 
lampen unterscheiden. 

Bei  Gleichstrom-Bogenlampen  beträgt  die  Spannung  zwischen  den  Kohlenspitzen  min- 
destens 40  Volt  und  nimmt  je  nach  der  Stromstärke  zu.  Bei  grossen  Lampen  (40- Ampere-Lampen) 
werden  Spannungen  von  50  bis  52  Volt  angewandt.  In  der  Regel  ist  die  Spannung  45  bis  46  Volt 
Stets  ist  die  obere  Kohle  bei  Gleichstromlampen  mit  dem  positiven  Pol  der  Stromquelle,  die  untere 
mit  dem  negativen  verbunden.  Der  Abstand  der  beiden  Kohlen  muss  immer  ein  bestimmter,  der  Span- 
nung genau  entsprechender  sein.  Er  bedarf  deshalb  der  dauernden  Regulierung,  da  die  Kohlenenden 
abbrennen.  Bei  der  oberen  Kohle  bildet  sich  bei  Gleichstrom  bald  eine  vertiefte  Öffnung  (Krater),  bei 
der  unteren  bleibt  die  Spitze.  Die  obere  Kohle  verbrennt  etwa  noch  einmal  so  schnell  wie 
die  untere,  wenn  beide  Kohlenstifte  gleiche  Dicke  haben.  Deshalb  macht  man  bei  Gleich- 
stromlampen die  obere  Kohle  doppelt  so  dick.  Die  Temperatur  an  der  positiven  Kohle  ist  etwa  3500°, 
an  der  negativen  2500°  C.  Infolge  der  Kraterbildung  an  der  oberen  Kohle  werden  alle 
Lichtstrahlen  der  glühenden  Kohle  bei  Gleichstrombogenlampen  nach  unten  ge- 
worfen, und  der  Lichteffekt  ist  deshalb  besonders  nach  unten  verstärkt.  Folgende 
Tabelle  gibt  einen  Überblick  über  zusammengehörige  Werte  von  Stromstärke,  Klemmenspan- 
nung und  Lichtbogenlänge  (Kohlenabstand) '«): 


Stromstärke : 
Klemmenspannung : 
Lichtbogenlänge : 


8 

6 

9 

12 

15 

20 

30 

40 

41 

43,5 

44,8 

46 

47 

48 

50 

52 

i 

1.9 

2,8 

3,5 

8,9 

4,7 

5,4 

6 

Ampere 

Volt 

mm 


Wird  der  Kohlenabstand  grösser,  so  wird  die  Stromstärke  schwächer,  also  auch  der  Lichteffekt 
schwächer;  und  wenn  der  Kohlenabstand  zu  gross  wird,  erlischt  die  Lampe.  Man  unterscheidet  Haupt- 
strom-, Nebenstrom-  und  Differenzial-Lampen.  Bei  allen  wird  die  Regulierung  des  Kohlen- 
abstand ea  durch  Elektromagneten  in  einer  Spule  in  Verbindung  mit  mechanischen  Vorrichtungen  (Federn, 


?6)  L.  Grat z,  Die  Elektrizität  und  ihre  Anwendungen.    Stuttgart  1908.  S.  438. 


1174 


III.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


Seile,  Stangen  und  Zahnräder  etc.)  bewirkt.  Nähern  sich  die  Kohlenstifte,  so  wird  der  Widerstand 
kleiner,  die  Stromstärke  also  grösser,  sodass  die  Elektromagneten  in  die  Spulen  gezogen  werde«  and 
der  Kohlenabstand  dnreh  entsprechende  Übertragung  vergrössert  wird  bis  zwischen  der  Federspannmng 
und  der  elektromagnetischen  Spannung  des  Ankers  Gleichgewicht  herrscht,  das  ist,  bis  die  normale 
Entfernung  wieder  hergestellt  ist.  Das  Prinzip  des  elektromagnetischen  Bewegungsantriebes  ist  fast  t*i 
allen  Bogenlampen  dasselbe,  während  die  mechanischen  Vorrichtungen  zur  Übertragung  und  Regulierung 
der  Bewegung  ausserordentlich  verschieden  sind. 

Bei  den  Hauptstrora-B  ogenlampen  ist  der  Elektromagnet  in  den  Hauptstrom  einge- 
schaltet. Infolgedessen  müsste  eine  Störung  an  einer  Lampe,  wenn  mehrere  hintereinander  geschaltet 
werdeo,  sich  sofort  auf  die  übrigen  Lampen  übertragen  nnd  beim  Erlöschen  einer  Lampe  müaaten  auch 
dio  übrigen  erlöschen.  Die  Hauptstromlampe  wird  deshalb  nur  noch  äusserst  selten  verwendet 
und  kommt  nur  noch  vor,  wenn  es  sich  um  Einzelbogenlampen  handelt 

Häufigere   Verwendung    findet 

'  Abb.  466.    Schema  einer  Differenzial-Bogenlampe  die  Nebenschluss-Bogenlampe. 

KK  die  Kohlen,    RR,  Drosselpulen  mit  Elektromagneten,     bei     welcher     die     elektromagnetische 

M  Maschine.  Regulierung  in  den  Nebenachluss  gelegt 

ist  Man  verwendet  sie  besonders  bei 
Parallelschaltung  von  Lampen,  auch 
funktioniert  sie  noch  ausreichend  sicher 
bei  zwei  hintereinandergeschalteten  Lam- 
pen. Sie  reguliert  auf  konstante 
Spannung.  Bei  weitem  am  häufigsten 
ist  aber  die  Di fferenzial- Bogen- 
lampe, welche  auf  konstanten 
Widerstand  reguliert  (Abb.  466).  Die  regulierenden  Elektromagneten  sind  sowohl  in  den  Haupt- 
ström  als  auch  in  den  Nebenscbluss  gelegt.  Die  Differenzial-Bogenlampen  eignen  sich 
ders  für  Hintereinander-Schaltung  von  Bogenlampen ,  werden  aber  auch  für  Parallelschaltung  viel 
wendet  Da  die  Klemmenspannung  einer  Gleichstrom  -  Bogenlampe  im  Mittel  45  Volt  ist,  so  muas 
durch  Drahtwiderstände  die  Differenz  zwischen  der  Netzspannung  und  der  Klemmenspannung  der  Bogen- 
lampen vernichten,  wenn  man  nur  eine  Lampe  brennen  will,  sodass  ein  nicht  unbeträchtlicher  Teil  des 
Effektes  nutzlos  verloren  geht.  Deshalb  schaltet  man  meistens  mehrere  Bogenlampen  hintereinander. 
Bei  110  Volt  Netzspannung  könnte  man  also  zwei  Bogenlampen  hintereinander  schalten  und  müsste 
ca.  18  bis  20  Volt  vernichten.  Handelt  es  sich  um  12  Ampere-Lampen,  so  würden  ca.  12. 18  =  216  Watt 
in  Draht-Widerständen  aufgenommen  werden  müssen. 

Man  misst  meistens  nur  den  hemisphärischen  Lichteffekt  der  Bogenlampen,  d.  h.  den 
Lichteffekt  auf  die  untere  Hälfte  einer  um  die  Lichtquelle  beschriebenen  Kugel.  Über  das  Verhältnis 
von  Energieverbrauch  und  Lichteffekt  von  Gleichstrom-Bogenlampen  gibt  folgende  Zahlentafel  einigt 
Auskunft 

Verhältnis   von   Stromstärke,   Spannung,   Lichtstärke  und  Energieverbranch  bei 

Gleichstrom-Bogenlampen. 


Stromstärke  in  Ampere    |      Spannung  in  Volt 


Energieverbrauch  in 
Watt  pro  H.E. 


5-6 

8 

10 

12 

Grössere  Stromstärken 


40 
41 
42 
48 
45-50 


320 
515 
700 
920 


0,75 
0,62 
0,60 
0.55 
0,50 


Bei  Wechselstrom-Bogenlampen  ist  die  Klemmenspannung  meistens  etwa  80  Volt  Da 
sich  die  Stromrichtung  fortwährend  ändert,  so  brennen  die  beiden  Kohlen  gleich- 
massig  ab  und  es  bilden  sich  an  beiden  Kohlenenden  kleine  Krater.  Die  Temperatur  des 
Wechselstrom-Lichtbogens  ist  an  beiden  Kohlenenden  dieselbe  und  schwankt  etwa  zwischen  8750*  nnd 
4200°  C.  Die  Folge  der  doppelten  Kraterbildung  ist  aber,  dass  dieHälfte  des  Gesamt- 
lichteffektes  nach  oben  geworfen   wird,  und  deshalb  ist  der  hemisphärische  Nutz- 


§  7. 


Fernleitungen. 


1176 


effekt  einer  Wechselstrom-Bogenlampe  um  etwa  80°/o  schlechter  als  derjenige 
einer  Gleichstrom-Bogenlampe.  Man  verbessert  den  Effekt,  indem  man  Aber  dem  Lichtbogen 
einen  Reflektor  anbringt,  welcher  die  Strahlen  nach  unten  wirft  Aber  die  Reflektoren  vermögen  doch 
nur  einen  Teil  des  von  der  Kohle  nach  oben  geworfenen  Lichtes  nach  unten  zurückzuwerfen. 

Die  Regulierung  der  Kohlenentfernung  erfolgt  nach  demselben  Prinzip  wie  bei  Gleichstrom- 
Bogenlampen,  da  die  Wirkungen  auf  den  Elektromotor  dieselben  sind,  gleichgültig,  ob  die  StromrichtuDg 
in  den  Regulierungsspulen  sich  ändert  oder  dieselbe  bleibt  Es  werden  die  Elektromagneten  nur  nicht 
aus  einem  Stück  gemacht,  sondern  aus  unterteilten  Eisenstücken  mit  Papierzwischenlagen,  um  die 
Foucaultschen  Ströme  zu  verhindern.  Auch  bei  den  Wechselstrom-Bogenlampen  stehen  natürlich 
Stromstärke,  Spannung  und  Lichtbogenlänge  in  einer  bestimmten  Beziehung. 

Hierüber  gibt  für  Wechselstrom-Bogenlampen  die  nachstehende  Zahlentafel  einen  Überblick. 


Stromstärke 
Spannung    .    . 
Lichtbogenlänge 


1 

1 

6 

10 

16 

20 

8 

30 

27 

28 

29 

80 

32 

!        1,5 

■ 

1,7 

2 

2,3 

2,5 

Ampere 
Volt 


mm 


Allerdings  schwanken  diese  Beziehungen  je  nach  der  Art  des  Wechselstroms. 

Die  Differenz  zwischen  der  Klemmenspannung  einer  Wechselstrom-Bogen- 
lampe und  der  Netzspannung  muss  bei  Einzelbogenlampen  durch  besondere  Appa- 
rate aufgenommen  werden.  Bei  Einzelbogenlampen  ist  es  am  wirtschaftlichsten,  einen 
kleinen  Transformator  zu  verwenden,  durch  welchen  die  Spannung  berabtransformiert  wird. 
Bei  mehreren  hintereinandergeschalteten  Lampen  wird  die  verbleibende  Spannungsdifferenz  mit  der  Netz- 
spannung durch  Drosselspulen  aufgenommen.  Eine  Drosselspule  besteht  aus  einem  Elektromagnet 
mit  kleinem  Ohmseben  Widerstand  der  Bewickelung.  Durch  den  Eisenkern  wird  die  Selbstinduktion 
der  Bewickelung  sehr  gross  gemacht,  sodass  in  ihr  sehr  starke  elektromotorische  Gegenkräfte  (Reaktanz) 
entstehen,  welche  den  scheinbaren  Widerstand  vergrößern  und  die  Spannung  verringern.  Da  aber  die 
Phasenverschiebung  zwischen  Reaktanz  und  Strom  90°  beträgt,  d.  h.  da  die  Reaktanz  ihre  Amplitude 
hat,  wenn  die  Phase  des  Betriebsstroms  durch  0  geht,  so  kostet  der  Induktionsverlust  in  der  Drossel- 
spule selbst  keine  Kohlen-  oder  Wasserkraft,  vielmehr  entsteht  der  wirkliche  Effektverlust  in  der 
Drosselspule  nur  durch  don  Verlust  an  Joulescher  Warme  und  durch  die  Hysteresis  des  Eisenkerns. 
Beide  Energieverluste  sind  viel  geringer,  als  wenn  der  Spannungsverlust  durch  Drahtwiderstände  be- 
wirkt würde.  Kleinere  Wechselstrombogenlampen  bis  zu  8  Ampere  haben  einen  verhältnismässig 
schlechten  Lichteffekt.  Der  Energieverbrauch  einer  8  Ampere-Bogenlampe  beträgt  ca. 
1  Watt  pro  H.E..  also  ungefähr  ebensoviel  wie  die  neusten  und  besten  Metallfaden- 
Glühlampen.  Bei  grosseren  Stromstärken  wird  der  Effekt  aber  günstiger  wie  nachstehende  Zahlen* 
tafel  zeigt: 

Verhältnis  von   Stromstärke,   Spannung,   Lichtstärke  und  Energieverbrauch  bei 

Reflektor- Wechselstrom- Bogenlampen. 


! 

Stromstärke  in  Ampere  |      Spannung  in  Volt 

Hemisph.  Lichtstärke 
in  HE. 

Energieverbrauch  in  Watt 
pro  H.E. 

12 
16 
20 
25 

80 

29 
29 
80 
80 
80 

860 
580 
730 
970 
1360 

0,96 
0,88 
0,82 
0,77 
0,67 

Durch  die  Einschaltung  der  Drosselspule  bei  Wechselstrombogenlampen 
wird  die  Belastung  des  Netzes  durch  letztere  eine  induktive,  und  Stromstärke  und 
Spannung  erleiden  daher  eine  Phasenverschiebung  (S.  1072),  weshalb  die  Leistung  in  Watt  im 
Gegensatz  zu  der  induktionsfreien  Glühlichtbeleuchtung  nicht  durch  das  Produkt  E.J, 
sondern  durch  E.J.  cos  9?  ausgedrückt  wird.  <p  bedeutet  den  Winkel  der  Phasenverschiebung,  und  der 
Leistungsfaktor  cos  9  wird  bei  Wechselstrombogenlampen  im  allgemeinen  zu  0,85  angenommen. 


.1 


1176        III.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Die  Brenndauer  einer  Bogenlampe  hangt  natürlich  von  der  Länge  und  Dicke  der  Kofalec- 
8tifte  ab.  Sie  schwankt  im  allgemeinen  zwischen  5  nnd  20  Stunden.  Man  rechnet  dnrebschnittliclL 
dass  in  einer  Stunde  20  mm  abbrennen.  Die  Lange  der  Kohlenstifte  schwankt  zwischen  200  mm  bei 
kleinen  Lampen  und  500  mm  bei  grossen  Lampen.  Die  Dicke  des  Kohlenstiftes  richtet  sich  nach  der 
Stromstärke. 

Um  die  Brenndauer  der  Bogenlampen  zu  vergrößern,  hat  man  die -sogenannten  Dauerbrand- 
Lampen  mit  Brenndauer  von  120  bis  160  Stunden  konstruiert  und*  an  den  Markt  gebracht,  bei  welchen 
der  Lichtbogen  durch  eine  dichtschliessende  Glocke  ganz  von  der  Luft  abgeschlossen  ist  Der  hemi- 
sphäriscbe  Lichteffekt  dieser  Lampe  ist  aber  erheblich  geringer. 

Besondere  Beachtung  finden  neuerdings  die  sogenannten  Effekt-  oder  Intensivlampen, 
bei  denen  Kohlen  verwendet  werden,  denen  etwa  5%  Fluor,  Strontium  und  Barium-Salze  oder  ähnliche 
Stoffe  zugemischt  sind.  Hierdurch  wird  der  Lichteffekt  sehr  erhöht,  aber  auch  die  Schlackenbildung 
sehr  begünstigt  und  säurehaltige  Dämpfe  erzeugt,  sodass  die  Lampen  für  Innenbeleuchtung  noch  nicht  in 
Betracht  kommen.  Sehr  bekannt  sind  die  Bremerschen  Intensiv-Bogenlampen  geworden.  Bei 
denselben  stehen  die  Kohlen  stifte  in  spitzem  Winkel  nebenein  ander,  sodass  der  gesamte 
Lichteffekt  nach  unten  wirkt.  DasLicht  istgelblich,  die  Klemmenspannung  beträgt 
45—47  Volt  und  zwar  gleichmässig  für  Wechsel-  und  Gleichstrom-Bogenlampen. 
Auch  ist  bei  Verwendung  beider  Stromarten  die  heinisphärische  Lichtansbeate 
gleich,  da  die  Kraterbildung  hierbei  keine  Rolle  mehr  spielt  In  neuster  Zeit  ist  es  gelungen,  Kohlen- 
stifte für  Intensiv-Bogenlampen  zu  erzeugen,  welche  bei  nur  wenig  vermindeter  Lichtausbeate  ein  an- 
nähernd weisses,  wohltuendes  und  warm  wirkendes  Licht  geben. 

Man  kann  mit  solchen  Bogenlampen,  welche  auch  Flammen  bogen  lampen  genannt  werden, 
bei  nur  4  Ampere  Stromstärke  hemisphärische  Lichteffekte  von  500  H.E.  erzielen.  Bei  grosseren 
Lichtstärken  (5000  H.E.)  wird  ein  Energie-Verbrauch  von  0,33—0,43  Watt  pro  H.E.  angegeben. 

Dem  Bedürfnis  nach  Bogenlampen  mit  kleineren  Lichtstärken  für  Innen-  and 
Aussenbeleachtung  hat  die  Industrie  in  zahlreichen  besonderen  Konstruktionen  entsprochen. 

G.  K  H  n  g  e  n  b  e  r  g 7  7)  äussert  sich  zu  diesem  Punkte  in  einem  „Die  Zukunft  der  elektrischen 
Beleuchtung"  betitelten  Aufsatze  wie  folgt: 

„In  den  letzten  Jahren  hat  die  Bogenlampentechnik  eine  Reihe  von  Lampenkon- 
struktionen  für  kleine  Stromstärken  hervorgebracht  Den  Anfang  hat  die  Allgemeine 
Elektrizitäts-Gesellschaft  mit  ihrer  auf  den  Namen  des  Erfinders  getauften  »Rignon-Lampe* 
gemacht.  Andere  Firmen  folgten  mit  Typen,  deren  Namen  schon  die  Kleinheit  bezeichnen 
sollten  wie  Lilliput-,  Mignon-,  Baby-Lampe  usw.  Diese  Lampen  waren  meist  für  eine  Strom- 
stärke von  2  Ampere  bestimmt  und  erforderten  eine  Betriebsspannung  von  ca.  110  Volt 
Ursprünglich  wurden  nur  Lampen  für  Gleichstrom  gebaut,  späterhin  auch  solche  für  Wechsel- 
strom. Alle  basierten  auf  dem  Prinzip  der  „beschränkten  Luftzufuhr-,  wodurch  gegenüber 
eigentlichen  Dauerbrand-Lampen  eine  bessere  Lichtausbeute  und  Ruhe  des  Lichtes  gewahr- 
leistet wird,  allerdings  mit  verminderter  Brenndauer;  letztere  betrug  bei  den  meisten  der 
neuen  Lampen  zwischen  12  und  20  Stunden.  Die  Lampen  bürgerten  sich  rasch  ein  und 
wurden  für  Innenbeleuchtung  von  Wohn-  und  Arbeitsräumen,  Schaufenstern  und  Schau- 
kästen, Beleuchtung  von  Bahnsteigen,  ja  selbst  für  Strassenbeleuchtung  kleinerer  Städte 
in  ziemlich  grossem  Umfange  angewandt.  Was  leistet  nun  eine  solche  Lampe?  Eine 
Gleichstromlampe  dieser  Type  verbraucht  bei  110  Volt  Netzspannung  2  Ampere  nnd  gibt 
eine  Lichtstärke  von  ungefähr  200  H.K.  Ihr  Energiebedarf  ist  also  1,1  Watt  pro  Kerze. 
Wechselstromlampen  von  2  Ampere  haben  zu  ungünstigen  Verbrauch;  selbst  die  3,5  Ampere- 
Lampe  gibt  nur  eine  mittlere  hemisphärische  Lichtstärke  von  etwa  100  bis  120  HJL,  der 
spezifische  Energiebedarf  beträgt  also  3  bis  4  Watt  pro  Kerze.  8ogar  die  Gleichstrom- 
Bogenlampe  ist  also  weniger  ökonomisch  als  die  Metallfadenlampe,  die  Wechselstromlampe 
ist  ihr  noch  wesentlich  unterlegen.  Wenn  man  ferner  berücksichtigt,  dass  Metallfaden- 
lampen ganz  bequem  in  Einheiten  von  100  HJL  hergestellt  werden  können,  also  als  Licht- 
quellen fast  dieselbe  Grftssenordnung  haben  wie  die  kleinsten  Bogenlampen,  dass  letztere 
Wartang  und  Bedienung  erfordern  und  Kohlenstifte  verbrauchen,  femer  einen  subtilen 
Mechanismus  besitzen,  welcher  bekanntlich  ein  sehr  wunder  Punkt  aller  dieser  Konstrak- 
tionen ist,  so  kann  man  mit  Sicherheit  voraussehen,  dass  mit  der  weiteren  Ausbildung  der 
Metallfadenlampe  diese  kleinsten  Bogenlampen -Konstruktionen  vollkommen  verschwinden 


77)  Elektrot.  Zeitschr.  1907.  S.  805  u.  ff. 


§  7.  Febnleitüngen.  1177 

müssen.  Ais  unterste  Grenze  dürfte  sich  die  Herstellung  möglichst  sparsamer  Lampen 
mit  einer  Lichtstärke  von  500  H.K.  ergeben,  wie  sie  neuerdings  durch  die  Spar -Bogen- 
lampe für  Gleichstrom,  4  Amp.  verwirklicht  sind.  Das  Gebiet  unterhalb  dieser  Grenze 
wird  an  die  Metallfadenlampe  abgetreten  werden  müssen." 
Man  könnte  nun  die  Befürchtung  haben,  dass  durch  die  Verringerung  des  Watt- 
verbrauches für  eine  bestimmte  Helligkeit  bei  den  neueren  Beleuchtungskörpern  eine 
erhebliche  Abnahme  des  Stromverbrauchs  der  Elektrizitätswerke  eintreten  könnte,  und 
dass  infolgedessen  die  im  Kap.  I,  §  5,  S.  323—336  gemachten  Angaben  über  den 
Kraftbedarf  für  die  Zukunft  nicht  mehr  zuträfen.  Voraussichtlich  wird  aber  das  Gegen- 
teil der  Fall  sein,  denn  es  ist  zu  beachten,  dass  bei  einem  einzelnen  Konsumenten  in 
der  Regel  nicht  eine  bestimmte  Helligkeit,  sondern  eine  bestimmte  Anzahl  Lampen  ge- 
braucht wird  und  dass  besonders  die  langfristige  Beleuchtung,  welche  heute  noch  meistens 
durch  Gas  bewirkt  wird,  wegen  der  Verbilligung  der  Beleuchtung  gleichfalls  der  Elek- 
trizität zufallen  dürfte.  Ebenso  werden  viele  Konsumenten  zutreten,  die  früher  wegen 
des  hohen  Preises  für  elektrische  Beleuchtung  nicht  zu  gewinnen  waren.  Es  ist  bekannt, 
dass  bisher  das  elektrische  Licht,  wenn  man  die  Kosten  einer  Kerzenstunde  miteinander 
vergleicht,  sich  meistens  teurer  stellt  als  Gasbeleuchtung,  aber  wie  wenig  dieser  Gesichts- 
punkt allein  ausschlaggebend  gewesen  ist,  beweist  die  ausserordentliche  Verbreitung, 
welche  in  der  Schwachlichtbeleuchtung  die  elektrische  Glühlampe  gefunden  hat.  Die 
bequemere  Fernzündbarkeit,  die  angenehme  Farbe,  die  leichtere  Beweglichkeit,  die  ge- 
ringe Wärmeausstrahlung,  die  Erzielung  schönerer  Effekte,  die  Möglichkeit  der  Auf- 
teilung in  kleinere  Kerzenstärken,  die  bessere  Ausnützung  des  Lichtes  durch  Anbringung 
unter  beliebigem  Winkel,  die  Möglichkeit  aus  derselben  Installation  Strom  für  andere 
Zwecke  (Heizung,  Motoren,  Ventilatoren)  entnehmen  zu  können,  die  grössere  Sicherheit 
sind  Vorteile,  welche  bisher  das  Gaslicht  trotz  aller  Verbesserungen  nicht  erzielen  konnte. 

III.  Die  zur  Arbeitsleistung  durch  elektrische  Energie  verwendeten  Elektro- 
motoren   sind  zu  unterscheiden  in:   a)  Gleichstrommotoren,    b)  asynchrone  Wechsel- 

strommotoren,  c)  synchrone  Wechselstrommotoren. 

a)  Gleichstrom-Motoren.  Während  bei  Stromerzeugern  mechanische  in  elektrische  Energie 
▼erwandelt  wird,  geschieht  das  Umgekehrte  beim  Motor.  Bei  den  Gleichstrom-Elektromotoren  ist  ein 
Unterschied  mit  den  Stromerzeugern  prinzipiell  nicht  vorhanden.  Man  unterscheidet  auch  hier  Neben- 
schlussmotoren, Hauptstrommotoren  und  Motoren  mit  gemischter  Schaltung  (vergl. 
S.   1035). 

b)  Asynchrone  Wechselstrommotoren.  Unter  den  Wechselstrommotoren  sind  für  die 
Kraftverteilung  die  Drehstrommotoren  die  bei  weitem  häufigsten,  weil  sie  ein  starkes  Drehfeld 
erzeugen,  infolgedessen  sicher  unter  Last  anlaufen  und  weil  ihre  Konstruktion  am  einfachsten  sein  kann. 

Die  asynchronen  Dreiphasen-Wechselstrom-Motoren  sind  von  einer  besonderen  Ein- 
fachheit. Wenn  man  den  Drehstrom  des  äusseren  Stromkreises  in  entsprechend  gewickelte  Spulen  des 
Magnetfeldes  eines  Drehstrommotors  einfuhrt,  so  entsteht  im  Innern  des  Ringes  ein  magnetisches  Dreh- 
feld; und  wenn  man  in  diesen  Magnetring  einen  drehbaren  Eisenkern  hineinschöbe,  so  müsste  sich 
derselbe  infolge  der  fortwährenden  Veränderung  der  Pole  drehen.  Meistens  wird  ein  spulenbewickelter 
Ring  oder  Trommelanker  verwendet,  der  in  sich  kurz  geschlossen  ist  und  an  sich  weder  Kommutator 
noch  Schleifringe  gebrauchte.  Solche  Motore  mit  Kurzschlussanker  sind  die  denkbar  einfachsten  Maschinen. 
Die  Strome  im  Anker  werden  also  nur  durch  Induktion  erzeugt  und  nicht  von  aussen  zugeleitet,  und 
man  bezeichnet  deshalb  diese  Motore  auch  allgemein  als  Induktionsmotoren.  Infolge  der  Selbstinduktion 
bleibt  die  Phase  der  Spannung  zurück,  und  es  bilden  deshalb  asynchrone  Motoren  eine  induktive  Be- 
lastung des  äusseren  Stromkreises,  sodass  die  Leistung  J.E.cosqp  wird.  Beim  Anlaufen,  wenn 
der  Motor  noch  still  steht,  wird  aber  eine  sehr  grosse  Stromstärke  verbraucht,  teils 
deswegen,  weil  der  Ohmsche  Widerstand  und  die  Selbstinduktion  der  festen  Wicklung  klein  sind,  teils 
deswegen,  weil  der  Strom  sofort  in  den  Ankerwicklungen  die  starken  Induktionsströme  erzeugt  78).  Zur 

78)  L.  Grat z,  Die  Elektrizität  und  ihre  Anwendungen.  1903.  S.  479. 


1178         III-     Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 


Verminderung  der  Stromstärke  beim  Anlaufen,  ohne  die  Zugkraft  des  Motors  zu  stören,  schaltet  man  in  die 
Ankerwicke)  nng  einen  Widerstand  ein.  Um  das  aber  pridetisch  ausführen  zu  können,  rousa  man  die  Anker- 
wicklung zu  Schleifringen  fahren,  welche  auf  der  Achse  befestigt  werden.  Auf  diesen  Schleifringen  laast 
man  Barsten  schleifen,  welche  durch  Stufenschaltung  mit  Widerstanden  in  Verbindung  gesetzt  werden  können 
f Abb.  40V).  Man  kann  dasselbe  aber  auch  dadurch  erreichen ,  dass  man  zunächst  beim  Anlassen  die 
einzelnen  Drähte  des  Ankers,  die  ja  induziert  werden,  gegen  einander  schaltet,  sodass  der  gesamte  Strom 
in  dem  Anker  gering  ist.  Ein  solcher  Motor  lauft  mit  Kraft  an:  sobald  er  eine  gewinne  Geschwindig- 
keit erreicht  hat,  werden  selbsttätig  die  Ankerwickelungen  wieder  normal  geschaltet. 

b)  Die  Synchron-Motoren.  Die  sogenannten  synchronen  Motoren  sind  iden- 
tisch mit  den  Wechsels  tromerzeugern  (S.  1036  n.  ff).  Sie  erfordern  wie  diese  eine  be- 
sondere Gleichstrom  erregu  n  g.  Ihre  Umdrehungszahl  ist  bei  gegebener  Pol  zahl  von  der  Perioden- 
zahl  des  zugeführten  Wechselstroms  abhängig.  Hat  der  synchrone  Motor  P  Pole  und  ist  die  Periodenzahl 
des  eingeleiteten  Wechselstroms  pro  S e k  u n d  o  —  p,  so  ist  die  einsig  mögliche  Umlaufzahl  pro  Minute 


120  p 


Diese  Umlaufzahl  hält  der  Motor  unbedingt  bei  allen  Belastungen  ein.    überlastet  n 


i  Drehstrommotors 


Motor  stark,  so  lauft  er  auch 
dann  nicht  langsamer,  Bondem 
fallt  plötzlich  ans  dem  Gang  und 
bleibt  stehen.  Durch  die  Er- 
regung des  Feldmagneten 
hat    man    es   in    der    Hand, 


Pha 


nng   ai 

synchr, 


chiebung 
idSpa 


nheben,    eodas 


Phase  bleiben,  be 


i  synchroner  Motor  daht 
asynchronen  Motor,  nachdem  er  einmal  augel 
Der  synchrone  Motor  kann   sowohl  für  gewohnlichen  Wechselstrom  (Einpbi 
Mehrphasen-Strom  gebaut  werden. 


dnktionsfrei  gelten.  Um- 
gekehrt wie  bei  den  Stroms- 
zeugern  wirkt  beim  synchronen 
Motor  ein  die  Ankerspulen  durch- 
fliessender  Strom,  welcher  der 
Spannung  seitlich  vorläuft,  end- 
-  magnetisierend  auf  das  Feld 
Magnet-System. 

Da  es  mit  Hilfe  der 
Gleichstromerregnng  erzielt  wird, 
dass  Strom  and  Spannung  in 
der  Bedienung,  während  man  einen 
fen  ist,  ohne  Wartung  lassen  kann. 
-Strom)   als  auch   for 


D.  Für  die  Spannung  im  Vorteilungsnetz  kommen  für  den  Fall,  dass  ans 
ein  und  demselben  Netz  gleichzeitig  Strom  für  Licht  and  Kraft  verteilt  werden  soll,  im 
wesentlichen  'nur  zwei  Spannnngsstufen  in  Frage,  nämlich  110  bis  125  Volt  oder  220 
bis  250  Volt.  Ein  Verteilungsnetz  mit  220  Volt  wird  im  allgemeinen  nur  7*  so 
teuer  wie  das  mit  110  Volt,  und  man  hat  deshalb  in  Europa  im  Gegensatz  zur  amerika- 
nischen Praxis  in  den  letzten  10  Jahren  besonders  bei  Gleichstromanlagen  einer 
Konsumspannung  von  220  Volt  den  Vorzug  gegeben.  Wenngleich  der  Stromver- 
brauch sowohl  wie  die  Lebensdauer  der  Kohlen-  und  Metallfaden- Lampen  bei  220  Volt 
um  15—20%  schlechter  sind  als  bei  110  Volt,  so  wird  doch  durch  die  Ersparnis 
an  Verzinsung  nnd  Amortisation  der  Netze  die  Möglichkeit  gegeben,  diesen  Verlust  durch 
billige  Strompreise  auszugleichen.  Nach  der  Statistik  der  Deutschen  Elektrizitätswerke 
hatten  bis  1902  von  473  Werken,  darunter  allerdings  viele  kleine,  SM  eine  Betriebs- 
spannung von  110  Volt  und  127  eine  solche  von  220  Volt,  darunter  hatten  243  Werke 


§  7.  Fernleitungen.  1179 

Dreileitersysteme  mit  2  X  HO  Volt  und  57  mit  2  X  220  Volt,  sodass  auf  1,3  der 
Werke  Zweileitersysteme  entfielen79). 

Nach  der  Statistik  der  Elektrizitätswerke  *°)  für  1906  hatten  von  1295  Werken 
520  Werke  mit  161193  KW  110  Volt,  491  Werke  mit  113425  KW  220  Volt  und 
284  Werke  mit  334504  KW  (darunter  Berlin)  gemischte  Netze,  d.  h.  solche  mit  110  Volt 
und  solche  mit  220  Volt  oder  Netze  mit  einer  von  den  beiden  Spannungen  und  einer 
noch  höheren  Spannung  oder  nur  Netze  mit  einer  noch  höheren  Spannung.  Während 
sich  also  nach  Hoppe  für  1902,  der  Anzahl  nach,  das  Verhältnis  der  Netze  mit  110  Volt 
zu  denen  mit  220  Volt  noch  wie  2,72 : 1  stellte,  verschob  sich  das  Verhältnis  zu  gunsten 
der  Netze  mit  220  Volt  bis  1906  schon  bis  auf  1,06 : 1. 

Mit  Rücksicht  darauf,  dass  die  Massenfabrikation  der  Metallfadenlampen  bisher 
nur  für  110  Volt-Lampen  erfolgt  und  dass  nach  den  eignen  Angaben  der  Fabrikanten 
die  220  Volt-Metallfadenlampen  jedenfalls  um  15 — 20%  mehr  Strom  verbrauchen  und 
ausserdem  eine  kürzere  Lebensdauer  haben  werden,  ferner  mit  Rücksicht  darauf,  dass 
für  alle  Bogenlampen  wegen  der  niedrigen  Spannung,  mit  welcher  sie  brennen,  eine 
niedrigere  Netzspannung  an  sich  vorteilhaft  ist,  weil  weniger  Lampen  hintereinander 
geschaltet  zu  werden  brauchen,  beziehungsweise  weniger  Spannung  in  den  Widerständen 
oder  Drosselspulen  abgedrosselt  zu  werden  braucht,  hat  sich  neuerdings  die  Zahl  der 
Befürworter  einer  Spannung  von  2  X  HO  bis  125  Volt  bezw.  3  X  HO  bis  125  Volt  für 
Netze  mit  überwiegender  Lichtlieferung  vermehrt.  In  dieser  Beziehung  sei 
z.  B.  auf  die  Abhandlung  von  £.  Wikander,  betitelt  „Die  Wahl  der  Verbrauchs- 
spannung für  neu  anzulegende  Elektrizitätswerke"81),  verwiesen. 

Indessen  bei  der  ausserordentlichen  Ersparnis  an  Anlagekosten  bei  Wahl  der 
höheren  Spannung  wird  immer  zu  überlegen  bleiben,  ob  nicht  die  grösseren  wirtschaft- 
lichen Vorteile  dennoch  auf  Seiten  der  letzteren  liegen. 

Bei  einer  wirtschaftlichen  Rechnung  wird  besonders  die  vorauszusetzende  Brenn- 
dauer und  der  erzielbare  Strompreis  von  ausschlaggebender  Bedeutung  sein.  Je  kleiner 
die  voraussichtliche  durchschnittliche  Brenndauer  und  je  niedriger  der  erzielbare  Preis 
wird,  um  so  mehr  wird  sich  die  Entscheidung  zu  gunsten  der  höheren  Spannung  neigen. 

G.  Klingenberg  äussert  sich  in  der  oben  zitierten  Abhandlung  wie  folgt: 

,Man  wird  also  gegebenenfalls  zu  überlegen  haben,  ob  durch  die  niedrigeren  Strom- 
erzeugungskosten nnd  durch  den  zu  erwartenden  grösseren  Anschluss  die  Nachteile  der 
schlechteren  Ökonomie  der  Lampen  aufgehoben  werden  können. 

Liegen  die  Verhältnisse  bei  den  Metallfadenlampen  ähnlich  wie  bei  den  Kohlen- 
faden-Glühlampen,  so  zeigen  von  mir  angestellte  Rechnungen,  dass  die  Verbilligung  der 
Erzeugungskosten  des  Stromes  grösser  ist  als  die  Verschlechterung  der  Ökonomie  der 
Lampen,  und  ich  bin  deshalb  abweichend  von  vorstehend  **)  wiedergegebener  Ansicht  der 
Meinung,  dass  auch  neue  Anlagen  mit  2  X  220  Volt  projektiert  werden  sollten. 

Bei  Drehstrom-Anlagen  bringt  das  Vierleitersystem,  das  sich  mehr  und  mehr 
einbürgert,  gegenüber  dem  Dreileitersystem  schon  so  wesentliche  Vorteile,  daas  hierbei  die 
Frage  der  Erhöhung  der  Spannung  keine  so  wesentliche  Rolle  spielt;  ich  glaube  daher,  dass 


79)  Fritz  Hoppe,  Was  lehren  die  Statistiken  der  Elektrizitätswerke.  Darmstadt -Leipzig. 
1903.  S.  110. 

so)  Elektr.  Zeitschr.  1907.  S.  863-417.  In  der  Gruppe  mit  110  Volt  sind  alle  Werke  mit  HO 
bis  125  Volt,  mit  2x110  bezw.  2x  125  Volt  und  mit  Mehrleitersystemen  dieser  Spannung  gezählt;  in 
demselben  Sinne  sind  die  Zahlen  für  220  Volt  zu  verstehen  und  zur  dritten  Gruppe  sind  alle  Werke 
gezählt,  welche  gemischte  Netze  mit  beiden  vorgenannten  Spannungen  oder  noch  höhere  Spannungen  haben. 

8i)  Elektr.  Zeitschr.  1905.  S.  947. 

s>)  Das  Wort  ,  vorstehend"  bezieht  sich  auf  die  Klingenberg  sehe  Abhandlung  selbst 


1180        III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

man  Drehstroinanlagen  mit  3  X  120  Volt  in  Sternschaltung  mit  neutralem  Leiter 

sollte,  unisomehr  als  es  keine  Schwierigkeiten  macht,  in  neu  hinzukommenden  Bezirke» 

gegebenenfalls  später  einen  Wechsel  der  Konsumspannung  eintreten  zu  lassen/ 

Für  reine  Kraftnetze  wird  stets  die  höhere  Spannung  den  Vorzug  verdienen  und 
bei  Wechselstrom  werden  nicht  selten  die  Kraftverteilungsnetze  mit  Spannungen  im 
Zweileitersystem  von  1000  Volt  oder  im  Dreileitersystem  mit  2  X  500  Volt  betrieben. 

Bei  den  Netzen,  welche  zugleich  für  Licht  und  Kraft  dienen  sollen,  wird  gleich- 
falls nur  eine  sorgfältige  wirtschaftliche  Rechnung  die  Entscheidung  herbeiführen  können. 
ob  die  niedrige  oder  die  höhere  Spannung  die  grössten  Vorteile  bietet. 

Literaturangaben  zu  §  7,  Fernleitungen. 

Mershon,  Die  wirtschaftliche  Grenze  der  elektrischen  Kraftübertragung.  Transactions  of  the  American 
Institute  of  Electrical  Engineers.  Dec.  1904.  —  Auszugsweise  mitgeteilt  Eiektr.  Zeitschr.  1905. 
S.  169. 

Heinke,  Handb.  d.  Elektrotechnik.  Bd.  12.  Telegraphie  und  Telephonie. 

Gra winkel  und  Strecker,  Hilfsbuch  für  Elektrotechnik. 

Steinmetz,  Theorie  und  Berechnung  der  Wechselstromerscheinungen  1900. 

E.  Arnold,  Die  Wechselstromtechnik.  Karlsruhe.  In  5  Bänden. 

L.  Grätz,  Die  Elektrizität  und  ihre  Anwendungen.    Zehnte  Auflage.  1903. 

A.  Wen  gier,  Elektrizität  und  Recht  im  Deutschen  Reiche.    Leipzig  1900. 

Prof.  F.  Meili,  Die  elektrischen  Stark-  und  Schwachstromanlagen  und  die  Gesetzgebung.  Zürich  1899. 

A.  Pf  log  hart,  Die  Elektrizität  als  Rechtsobjekt.  Strassburg  1901. 

Prof.  U.  Pipia,  L'Elettricita  nel  Diritto.  Mailand  1900. 

H.  Galluser  und  M.  Hausmann,  Theorie  und  Berechnung  von  elektrischen  Leitungen.  Berlin  1904. 

Jos.  H  e r z og  und  Clarence  Feld  mann,  Die  Berechnung  elektrischer  Leitungsnetze  in  Theorie  und 
Praxis.  Berlin  1903  n.  1905. 

Karl  Fred.  Holmboe,  Berechnung  und  Ausführung  von  Hochspannungs-Fernleitungen.   Berlin  1905. 

W.  Startsmann,  Theory  and  Calculation  af  Alt  Curr.  Transmission  Lines.  El.  Review  Dec.  1901  und 
Kennelly  El  World  Vol.  XXXI. 

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§  8.  Die  Tarife  beb  Wasserkbaftanlaoek.  1181 


§  8.    Die  Tarife  der  Wasserkraftanlasen. 

1.  Allgemeines. 

2.  Die  Tarife  für  den  elektrischen  Strom. 

a)  Panschaltarife 

a)  für  Licht, 
ß)  für  Kraft. 

b)  Zählertarife. 

y)  Zählertarife  mit  Grandtaxe  oder  Mindestgebühr  und  mit  Geld-  und 

Benntznng8daner-Rabatten. 
<J)  desgl.  ohne  Mindestgebühr  oder  Grundtaxe, 
e)  Doppeltarife  mit  Erhöhung  des  Preises  für  gewisse  Stunden, 
rj)  Tarife  mit  Hööhstverbrauchszählern  (Wrightsche  und  Wilkans- 

sche  Tarife). 

c)  Bedingungen  für  die  Herstellung  elektrischer  Anschlüsse 
und  Anlagen. 

1.  Allgemeines.  Der  wirtschaftliche  Erfolg  einer  Wasserkraftanlage  hängt 
in  oft  ausschlaggebender  Weise  von  einem  richtig  gewählten  Tarif  für 
den  Verkauf  der  erzeugten  Kraft  ab.  Deshalb  muss  der  leitende  Ingenieur  dieser  Frage 
seine  volle  Aufmerksamkeit  zuwenden  und  erst  nach  gründlicher  Klarstellung  aller  ein- 
schlägigen Verhältnisse  die  Entscheidung  herbeiführen. 

Für  die  Bestimmung  des  Verkaufspreises  der  gewonnenen  Energie  sind  massgebend  : 

1.  Die  direkten  und  indirekten  Erzeugungskosten  der  Energie 
mittelst  der  beabsichtigten  Wasserkraftanlage  in  ihrer  Abhängigkeit 
von  der  Jahres-  und  Tageszeit  und  der  jährlichen  und  täglichen 
Benutz  ungsdau  er. 

2.  Der  Vergleich  mit  den  Erzeugungs-  beziehungsweise  Liefe- 
rungskosten der  Kraft,  sei  es  durch  konkurrierende  Wasserkräfte,  sei 
es  durch  Kraftwerke  mit  Wärmekraftmaschinen. 

3.  Die  Grösse  des  vorhandenen  Bedarfes  an  Energie  und  der  Grad 
der  Entwickelungsfähigkeit  des  Bedarfes  in  einem  gewissen,  der 
Grösse  der  Anlage  entsprechenden  Aktionskreise  um  die  Wasserkraft 
herum  im  Vergleich  zu  der  verfügbaren  Wasserkraft.  Die  Grösse  des 
Bedarfs  und  ihre  Entwickelungsfähigkeit  sind  wiederum  nicht  allein 
als  ganzes,  sondern  in  ihrer  Abhängigkeit  von  der  Jahres-  und  Tages- 
zeit und  der  jährlichen  und  täglichen  Benutzungsdauer  zu  betrachten. 

Wie  in  Kap.  I,  §  5,  S.  266  u.  ff.  gezeigt  wurde,  hängen  die  indirekten  Be- 
triebskosten von  der  Grösse  des  Anlagekapitals  ab  und  stellen  die  in  Prozenten 
desselben  auszudrückenden  Kosten  für  Verzinsung,  Tilgung  und  Erneuerung  der 
Anlage  dar.  Während  die  Verzinsung  und  auch  die  Tilgung  bei  gegebener  Kon- 
zessionsdauer von  der  jährlichen  und  täglichen  Benutzungsdauer  des  Werkes 
unabhängig  sind,  hängt  die  Quote  der  Erneuerung  in  gewissem  Grade  von 
der  Benutzungsdauer  ab. 

Die  direkten  Betriebskosten  entstehen  aus  der  Unterhai tung  und  der 
Bedienung  der  Anlage,  sowie  aus  der  allgemeinen  Verwaltung  (S.  268). 

Nach  den  Tabellen  XI  bis  XIII,  S.  272 — 275  betragen  unter  Voraussetzung  der 
dort  zugrunde  gelegten  Anlagekosten:    Tabelle  I. 


1182 


III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


Tabelle  I. 

Die  indirekten  und  direkten  Betriebskosten  in  ihrer  Abhängigkeit  toi 


1 

Bezeichnung 
der 

2 

Gesamtanlage- 
kosten einschl. 
Fernleitung  pro 
PS«  der  im  Kraft- 
hause aufge- 
stellten Leistung 
io  Mk. 

3 

Die  indirekten  Betriebskosten  im  Ganzes  und 
in  °/o  der  Gesamtbetriebskosten  bei 

3000            1            7200                        8520 

Anlage 

Betriehsstunden  jährlich 

im  Ganzen      0  /      1  hn  Ganzen 

in  Mk.          /0        in  Mk. 

1            i 

0.     limGanxen     • 
0    1    in  Mk.          * 

a)  Bei  einer  Wasserkraftan- 
lage von  200  P8«  Leistung 
und  mit  8  X  100  PS«  auf- 
gestellten Einheiten,  also 
Vi  Reserve 

b)  Bei  einer  Anlage  Ton  600 
PS*     Leistung     und    mitj 
3  X  300  PS«  aufgestellten 
Einheiten,  also  Vt  Reserve 

c)  Bei  einer  Anlage  von  2000 
PS«     Leistung     und    mit' 
3  X  1000  PS«  aufgestellten ! 
Einheiten,  also  V»  Reserve ! 

i 

1383,2 

1004,6 

736,7 

16908,3 

36004,1 
88737,9 

64,9 
71,6 
77,4 

18201,8 
38056,1 
93561,4 

52,6 
60,1 
68,1 

1 

i 
■ 
< 

• 

• 

>    18744.3 

i 

1 

! 

i 

38893,1  i 
95483,4  1 

• 
49,6 

57,1 

«5,4 

Hieraus  geht  hervor: 

1.  Die  starke  Abhängigkeit  der  Erzeugungkosten  von  den  Anlagekosten  pro 
Einheit  und  von  der  Betriebsdauer  im  allgemeinen; 

2:  dass  die  indirekten  Betriebskosten,  deren  Jahresbeträge  nur  un- 
wesentlich (wegen  der  Rücklagen  für  Erneuerung)  von  der  Betriebsdauer  ab- 
hängen, pro  Einheit  der  Leistung  (PS«-Stunde  oder  KW-Stunde)  berechnet, 
stärker  durch  die  Länge  der  Betriebsdauer  als  durch  die  Anlagekosten 
pro  Einheit  beeinflusst  werden; 

3.  dass  dagegen  die  direkten  Betriebskosten  (vergl.  ad  4,  Tab.  I),  deren 
Jahresbeträge  nur  dann  wesentlich  von  der  Betriebsdauer  beeinflusst 
werden,  wenn  ein  Schichtwechsel  nötig  wird,  pro  PS«-Stunde  oder  KW-Stunde 
berechnet,  in  stärkerem  Masse  von  den  Anlagekosten  pro  Einheit  als 
von  der  Betriebsdauer  abhängen. 

Aus  den  Tabellen  XIX  bis  XXIX  (S.  296—317)  ist  die  Abhängigkeit  der  Er- 
zeugungskosten bei  Wärmekraftmaschinen  von  der  Betriebsdauer  und  von  der 
Grösse  der  Anlage  und  aus  den  Tabellen  XXX  und  XXXI  (S.  318—321)  dieselbe  Ab- 
hängigkeit bei  gemischtem  Betrieb  von  Wasserkraft  und  Wärmekraft 
erkennbar.  In  nachstehender  Tabelle  II  ist  die  Zunahme  der  Betriebekosten  pro  PS,- 
Stunde  bei  kleinerer  Betriebsdauer  als  3000  Stunden  noch  weiter  zur  Anschauung 
gebracht l). 

i)  Die  Betriebskosten  sind  nach  Tabelle  XI,  8.  272/73  so  berechnet,  dass  angenommen  wurde, 
die  indirekten  Betriebskosten  blieben  dem  Jahresbetrage  nach  und  die  direkten  Betriebskosten  dem 
Einheitssätze  nach,  unabhängig  von  der  Betriebsdauer,  dieselben,  was  allerdings  nur  angenähert 
zutrifft,  für  die  Veranschaulichung,  welche  die  Tabelle  bezweckt,  aber  genau  genug  ist  Es  ist  hierbei 
zu  erwägen,  dass  sich  die  Löhne  bei  einer  Betriebsdauer  von  weniger  als  3000  Stunden  im  Jahre  nicht 
sehr  wesentlich  verringern  lassen. 


§  8. 


Die  Tarife  der  Wa88erkraftanlaoeit. 


1183 


Tabelle  I. 

der  Betriebsdauer  und  in  ihrem  Verhältnis  zu  den  Gesamtbetriebskosten. 


4 

Die  direkten  Betriebskosten  (ohne  die  Kosten  der  allgemeinen 
Verwaltung)  im  Ganzen  und  pro  elektrische  PSe-  Stunde  in  Pfg.  bei 

5 
Die  Gesamtbetriebakoaten  (wie  ad  4 
ohne  die  Kosten  der  allgemeinen  Ver- 
waltung) am  Ende  der  Fernleitnng  pro 
elektrische  PSe-Stnndo  .bei 

3000                               7200                i               8520 

8000      !      7200            8520 

Betriebsstunden  jahrlich 

Betriebsstunden  jährlich 

im  Ganzen 
in  Mk. 

pro  PSe-    im  Ganzen  1  pro  PSe-  1  im  Ganzen 
St  in  Pfg.  |    in  Mk.    |  St  in  Pfg.  j    in  Mk. 

nro  P8e- 
St.  in  Pfg. 

Pfe. 

Pfg.      1      Pfg. 

1 

9  115,0 

1,77 

16  359,0 

1,82 

19  019,4 

1,80 

5,07 

2,80 

2,59 

14222,5 

0,92 

25  168,5 

0,68 

29 147,6 

0,67 

8,28 

1,72 

1,56 

25  840,0 

0,55 

48  692,5 

0,88 

50  508,0 

0,87 

2,42 

1,81 

1,08 

Tabe 

He  IL 

• 

Grösse 

Lange  der 
Fern- 
leitung 

in  km 

j 

Verlust 

in  der 

Fernleitung 

v.  H. 

Kosten  der  PS« -Stunde  (ohne  die  Kosten  der  allgemeinen 
Verwaltung)  am  Ende  der  Fernleitung  bei 

der 
Wasserkraft-Anlage 

3000 
in  Pfg. 

2000 
in  Pfg. 

1000 
in  Pfg. 

500 
in  Pfg. 

300 
in  Pfg. 

200 
in  Pfg. 

100 
in  Pfg. 

Betriebs- 
stunden 

200  PSe,  aufgestellt 

5 

5,0 

5,07 

6,71 

11,67 

21,67 

34,77 

51,17 

100,77 

3  X 100  PSe,  also 

V»  Reserve 

600  PSe,  aufgestellt 

10 

5,5 

3,28 

4.45 

7,97 

15,02 

24,52 

45,42 

71,42 

3X300  PSe,  also 

Vi  Reserve 

2000  PSe,  aufge- 
stellt 3  X  1000  PS« , 
also  '  s  Reserve 

20 

t 

i 

10,6 

einseht,  der  Ver- 
luste in  den 
Transformato- 
ren am  Ende  der 
Fernleitnng 

2,42 

3,35 

6,19 

11,83 

19,25 

28,55 

62,45 

. 

Mit  solchen  zahlenmässigen  Erwägungen  vor  Augen  erkennt  man  schon  deutlich, 
dass  in  der  Tariffrage  nicht  schabionisiert  werden  darf,  indem  man  etwa  einen  Tarif, 
welcher  für  eine  Anlage  A  sich  bewährt  haben  mag,  ohne  weiteres  und  unverändert  auf 
die  Anlage  B  übernehmen  darf,  sondern  dass  man  sich  mit  dem  Tarif  den  besonderen 
Verhältnissen  des  Falles  anzupassen  hat. 

Wenn  man  die  Kraftmenge,  welche  man  jährlich  erzeugen  kann  und  zwar  klar 
gestaffelt  nach  der  Jahres-  und  Tageszeit,  sowie  die  Erzeugungskosten  im 
Ganzen  und  pro  Einheit  festgestellt  hat,  so  fragt  es  sich,   ob  und  inwieweit  die  Aus- 


1184        III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

sieht  besteht,  für  diese  Kraft  Abnehmer  zu  finden.    Bei  Kraftwerken,  welche  Licht  und 
Kraft  verteilen,  liegt  die  Sache  meistens  so,  dass  zu  gewissen  Stunden  des  grössten  Licht« 
bedarfes  der  Konsum  im  graphischen  Bilde  mit  starken  Spitzen  zu  sehr  hoben  Werten 
anschwillt.  Da  ein  solcher  kurzer  Maximalbedarf,  so  unerwünscht  er  vom  betriebstech- 
nischen und  wirtschaftlichen  Standpunkt  auch  sein  mag,    vom  Werke   gedeckt  werden 
muss,   so  ist  er  für  die  Grösse  der  Maschinenleistung  im  Krafthause  mass- 
gebend.    Je  mehr  sich   die  Spitze   des  Maximalbedarfes  über  den  durchschnittlichen 
Bedarf  erhebt  und  um  so  kürzer  die  Dauer  des  Maximalbedarfes  ist,  desto  ungünstiger 
wird  die  Ausnützung  des  Kraftwerkes.     Daraus  folgt,  dass  es  vom  betriebstechnischen 
Standpunkte  aus  prinzipiell  richtig  ist,  die  Kraft,  welche  in  Stunden  des  Maximalbedarfes 
abgegeben  wird,   höher  im  Preise  zu  stellen  als  diejenige,  welche  zu  Zeiten  kleineren 
Bedarfes  geliefert  wird.    Hat  man  den  zu  erwartenden  Anschlusswert  in  PS#  oder  KW, 
so  muss  man  den  zu  erwartenden  Maximalbedarf  der  einzelnen  Anschlussobjekte  fest- 
stellen (vergl.  die  Angaben  S.  323  u.  ff.)  und  ferner  die  ungefähre  Benutzungsdauer  der 
einzelnen  Anschlussobjekte,  staffelmässig  verteilt  auf  die  Jahres-  und  Tageszeiten.     Mit 
Hilfe  solcher  Zusammenstellungen  gewinnt  man  dann  einen  klaren  Überblick  über  die 
Möglichkeit  der  Gesamtkraftlieferung  und  ihrer  Verteilung  auf  die  einzelnen  Zeiten.    Da 
sich   die  Grösse  der  Betriebsausgaben  mit  ziemlicher  Sicherheit  auf  Grund  derartiger 
Vorarbeiten  im  voraus  berechnen  lässt,  kann  man  nunmehr  auch  den  Preis  feststellen, 
welchen  die  einzelnen  Kraftlieferungen  bringen  müssen,  um  eine  Rentabilität  der  Unter- 
nehmung zu  gewährleisten. 

Bezüglich  der  verschiedenen  Arten  der  Kraftlieferung  sind  etwa  folgende  vier 
Fälle  zu  unterscheiden: 

1.  Der  Fall,  wo  durch  die  Vergleichmässigung  des  Wasserabflusses  die  Kraft- 
leistung vorhandener  Wasserkraftwerke  an  einer  Flusstrecke  verbessert  wird. 

2.  Der  Fall,  wo  die  Kraftleistung  an  einen  oder  wenige  Kraftabnehmer 
überlassen  werden  soll. 

3.  Der  Fall,  wo  die  Kraft  in  elektrische  Energie  verwandelt  auf 
grössere  Entfernung  übertragen  und  im  einzelnen  für  Licht-  und 
Kraftzwecke  verteilt  werden  soll,  und  zwar 

a)  Preisfeststellung  auf  genossenschaftlicher  Grundlage, 

b)  Preisfeststellung  von  dem  Gesichtspunkt  eines  werbenden  Unternehmers  aus. 

4.  Die  Kombinationen  der  Fälle  1 — 3. 

Der  erstgenannte  Fall  kann  nur  da  auftreten,  wo  es  sich  um  Wasseraufspeiche- 
rungsanlagen handelt,  durch  welche  das  Zuviel  der  einzelnen  Jahreszeiten  oder  Tages- 
zeiten ganz  oder  zum  Teil  zurückgehalten  wird,  um  den  Abflussvorgang  zu  vergleich- 
mässigen.  Ein  Beispiel  hierfür  bilden  die  Talsperren  der  Wupper-Talsperren-Genossenschaft 
(Be ver-Talsperre  mit  3,3  Millionen  und  Lingese-Sperre  mit  2,6  Millionen  cbm 
Stauininhalt  und  mehreren  Ausgleichsweihern).  Das  Statut  dieser  Genossenschaft  ist 
auf  S.  94—100  abgedruckt. 

Die  Hauptbeteiligten  sind  die  Stftdte  Barmen  und  Elberfeld,  deren  Hauptinteresse  in  der 
hygienischen  Verbesserung  des  Wupperwassers  und  der  Vermehrung  des  Zuflusses  für  ihre  Fabriken 
lag.  Ferner  sind  ca.  143  einzelne  kleinere  Kraftwerke  und  Fabriken  an  der  Wupper-)  beteiligt  Auf  der 
Flusstrecke,  welche  die  Genossenschaft  umfasst,  liegt  ein  Wasserspiegelgefälle  von  201,64  m.  Die  von  den 
kleinen  Kraftwerken  ausgenützte  Kraft  betrag  vor  Errichtung  der  Talsperren  ungefähr  8243  PSe  wahrend 
3000  Stunden  jährlich.  Sie  ist  bei  Benutzung  der  vorhandenen  Kraftwerke  durch  die  Vergleichmasaigong 


2)  O.  Intze,   Die  geschichtliche  Entwickelung,   die  Zwecke  und  der  Bau  der  Talsperren,  ver- 
öffentlicht von  Link.  Zeitschr.  d.  Ter.  Deutscher  Ing.  1906.  S.  674  u.  ff. 


§8.  Die  Tarife  der  Wasserkraftanlagen.  1185 

des  Abflussrorganges  auf  4058  PS»,  also  am  810  PSe  gesteigert;  sie  k&nnte  aber  noch  erheblich  mehr  ge- 
steigert werden,  wenn  alle  Werke  zweckentsprechend  umgebaut  würden.  Ausserdem  können,  an 
800  Tagen  durchschnittlich  52235  cbm»)  Wasser  ans  der  Wupper  für  Färbereien,  Waschanstalten,  Kon- 
densationen etc.  entnommen  werden.  Die  statuteninässigen  Beitrage,  abgesehen  von  den  grossen  Bei- 
tragen der  Städte  Barmen  nnd  Elberfeld,  sind  pro  gewonnene  Jahrc9wasserkraft  bei  3000  Stunden  jähr- 
lich Mk.  80,—  und  Mk.  0,50  pro  1  cbm  Wasser,  welches  je  an  300  Tagen  entnommen  werden  darf. 

Eine  Kombination  von  Fall  1  nnd  3  bietet  die  Ennepe-Talsperre 
(Taf.  LH,  Fig.  9—14  und  S.  730)  des  Kreises  Schwelm. 

Für  diese  Talsperre  hat  allein  der  Ruhrtalsperrenverein  sein  Interesse  an  der  Vergleichmässi- 
gung  des  Abflussvorganges  durch  eine  jährliche  Beisteuer  von  100000  Mk.  bekundet  und  die  unter- 
liegenden Kraftwerksbesitzer  haben  sich  zu  der  Ennepe  Talsperren-Genossenschaft  zu- 
sammengeschlossen und  steuern  jährlich  etwa  12000  Mk.  bei.  Jeder  Genosse  hat  für  jede  durch  das 
Talsperrenwasser  unter  Verwendung  der  vorhandenen  motorischen  Einrichtungen  zu  gewinnende 
Nutz-PS«  während  3000  Stunden  einen  Satz  von  Mk.  30. —  zu  zahlen  nnd  ausserdem  einen  jährlichen 
Pauschalzuschlag  zu  leisten,  der  sich  nach  der  Grosse  der  vorhandenen  Motoren  richtet  und  beträgt  für 

0—  5  PSe         Mk.  30,-  20-30  PSe         Mk.    80,— 

5—10    „  ,    40,—  30-50    „  „     100,— 

10—15    9  „    50,—  über    50        „  ,     120,— 

15—20    „  ,60,- 

Ein  Beispiel  für  den  zweiten  Fall  bietet  die  Rnr-Talsperren- Ge- 
sellschaft G.  m.  b.  H.  (S.  587),  welche  die  Urft-Talsperre  (Eifel)  erbaute  nnd 
deren  Gesellschafter  der  Stadtkreis  Aachen  nnd  die  Kreise  Aachen,  Düren,  Heins- 
berg, Jülich,  Montjoie  nnd  Schieiden  bilden. 

Von  diesen  Gesellschaftern  sind  der  Stadtkreis  Aachen,  der  Landkreis  Aachen,  der  Land- 
kreis  Düren  und  der  Landkreis  Schieiden  bezugsberechtigt,  und  es  haben  die  erstgenannten 
drei  Abnehmer  für  den  Strom  4,1  Pfg.,  der  vierte  3,7  Pfg.  für  die  KW-Stunde  zu  zahlen  und  eine 
Ermässigung  bis  zu  10  v.  H.  zu  beanspruchen,  wenn  die  Dividende  der  Gesellschaft  5  v.  H.  übersteigt. 
Dagegen  haben  sie  eine  bestimmte  Jahreskraftmenge,  welche  aus  der  Talsperre  sicher  geliefert  werden 
kann,  unter  allen  Umständen  zu  zahlen,  auch  wenn  sie  keine  Verwendung  dafür  haben  sollten.  Auf 
diese  Weise  ist  die  Rentabilität  des  Talsperrenunternehmens  selbst  in  gewissen  Grenzen  gesichert  und 
die  Stromverteilung  im  einzelnen  den  Gesellschaftern  als  Sonderunternehmern  auf  eignes  Risiko  überlassen 

Zn  Fall  2  gehören  anch  alle  grossen  industriellen  Unternehmungen,  welche  für 
ihre  eignen  Zwecke  eine  Kraftanlage  anlegen,  wie  es  z.  B.  die  badische  Anilin-  und 
Sodafabrik  in  Ludwigshafen  durch  den  Ausbau  einer  grossen  bayerischen 
Wasserkraftanlage  von  45000  PS«  an  der  Alz,  sofern  ihr  die  Konzession  vom  baye- 
rischen Staate  erteilt  werden  wird,  beabsichtigt4). 

Kombinationen  von  den  Fällen  2  und  3  stellen  u.  a.  dar  die  Anlagen: 

1.  Das  Lechwerk  Gersthofen,  welches  den  grösstea  Teü  seiner  Kraft  zu  festen  Preisen 
an  die  Zweigfabriken  der  Farbwerke  vorm.  Meister,  Lucius  &  Brüning  in  Höchst  a.  M.  verkauft 
(S.  555)  und  den  Rest  für  die  Kraftversorgung  in  Augsburg  und  Umgebung  verwendet. 

2.  D  i e  A n  1  age  L i  v  e  t  a.  d  Romanche(S.  528),  welche  hauptsächlich  Kraft  für  eine  chemische 
Fabrik  liefert,  einen  Teil  der  gewonnenen  Kraft  aber  nach  Grenoble  überträgt. 

8.  Die  Anlage  Hafslund  (S.  480),  welche  den  grössten  Teü  ihrer  Energie  an  eine  Kalzium- 
Karbid-Fabrik  in  Hafslund  liefert  und  nur  einen  kleineren  Teil  der  Kraft  nach  der  15  km  entfernten 
Stadt  Frederikstad  überträgt 

In  §  7,  S.  1172  ist  bereits  hervorgehoben,  dass  die  chemischen  und  metallurgischen 
Fabriken,  um  sich  auf  dem  Weltmarkt  konkurrenzfähig  zu  erhalten,  meistens  nur  sehr 
kleine  Preise  (höchstens  etwa  Mk.  80,  pro  KW  für  3000  Stunden  jährlich)  zahlen  können, 
weil  die  hauptsächlichsten  Fabriken  dieser  Art  bereits  über  grosse  und  billige  Wasser- 
kräfte verfügen. 


3)  Mattern,  Der  Talsperrenbau  und  die  deutsche  Wasserwirtschaft.    Berlin  1902. 
*)  Die  Wasserkräfte  Bayerns.    Im  Auftrage  des  Kgl.  Ministerium  des  Innern  bearbeitet 
von  der  obersten  Baubehörde,  München  1907.  8.  498. 

Handbuch  dar  Ing.-WisMnaeh.    III.  Teü.    IS.  Bd.  75 


1186        III.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften;    Einzelheiten. 

Der  Fall  3  ist  naturgemäss  der  bei  weitem  häufigste.  Für  die  Fernleitung  von 
Energie  kommt  nach  dem  heutigen  Stande  der  Technik  nur  noch  die  Elektrizität  in 
Frage.  Die  Kraftübertragung  durch  Druckluft,  wie  sie  in  Paris  nach  dem  System  Poppe  in 
grossem  Masstabe  versucht  ist  und  durch  Druckwasser,  wie  sie  z.  B.  in  kleinerem  Mass- 
stabe in  Antwerpen  (System  van  Rysselberg)  und  in  grösserem  Massstabe  in  Genf  im 
Zusammenhang  mit  der  Kraftanlage  La  Coulouvrenifere  (S.  443)  noch  im  Betrieb  ist« 
haben  sich  als  nicht  konkurrenzfähig  gegenüber  der  elektrischen  Kraftübertragung  er- 
wiesen. Bis  heute  erfolgt  die  Übertragung  elektrischer  Energie  ausschliesslich  mit  Hilfe 
von  Metalldrähten.  Darüber,  ob  es  im  Bereich  der  Wahrscheinlichkeit  liegt  oder  nicht, 
dass  nach  dem  Vorbilde  der  Telegraphie  ohne  Draht  dereinst  auch  grosse  Energiemengen 
drahtlos  übertragen  werden  können,  Betrachtungen  anzustellen,  wird  am  besten  den 
Spezialingenieuren  dieses  Gebietes  überlassen. 

Bei  der  Feststellung  der  Preise  für  die  abzugebende  Energie  wird  es  natürlich 
darauf  ankommen 

a)  ob  die  Kapitalaufbringung  für  das  Werk  auf  genossenschaftlicher  Grundlage 
etwa  derart  erfolgt  ist,  dass  die  Genossen  ihren  Vorteil  in  dem  billigen  Bezüge  der 
Energie  sehen,  das  Werk  selbst  also,  ausser  vielleicht  einer  massigen  Verzinsung,  keinen 
Gewinn  abwerfen  soll,  oder  ob 

b)  die  Preisstaffelung  von  den  Gesichtspunkten  einer  werbenden  Gesellschaft  aus 
aufgestellt  werden  muss. 

Als  Beispiel  für  den  Fall  a  sei  auf  die  Beschreibung  der  Anlage  Füre  et  Morge 
(S*  532)  verwiesen.  Auch  die  G.  m.  b.  H.  der  Rur-  Talsperren- Gesellschaft  (S.  1185) 
bietet  insofern  ein  Beispiel,  als  die  vier  Kreise  den  Strom  zu  billigen  Preisen  beziehen, 
aber  auch  zur  Sicherstellung  einer  massigen  Verzinsung  in  gewisser  Menge  abnehmen 
müssen. 

2.  Die  Tarife  für  die  Verteilung  des  elektrischen  Stromes.  Diese  Tarife 
lassen  sich  einteilen  in 

a)  Pauschaltarife  und  b)  Zählertarife. 

a)  Pauschaltarife.  Die  Pauschaltarife  bezwecken  eine  möglichste  Vereir- 
fachung  der  Abrechnung  sowohl  für  den  Abnehmer  wie  für  den  Lieferanten  und  sie 
bestehen  in  Preisen,  welche  für  Licht  pro  nominelle  Kerzenstärke  und  Zeiteinheit,  bezw. 
umgerechnet  pro  Lampe  und  Zeiteinheit  und  für  Kraft  pro  nominelle  Motorleistung 
(PS«  oder  KW)  und  Zeiteinheit  aufgestellt  werden.  Obwohl  man  bei  Zählertarifen  nur 
nach  KW  misst,  hat  sich  bei  dem  Pauschalverkauf  von  Motorstrom  in  Europa,  mit 
Ausnahme  von  Italien,  die  Preisangabe  nach  PS«  doch  ziemlich  allgemein  eingebürgert 
Es  wird  von  manchen  Seiten  dagegen  angekämpft  und  die  Einführung  des  KW  als 
Einheit  verlangt,  aber  es  ist  im  Grunde  genommen  doch  gleichgiltig,  ob  man  die  nomi- 
nelle Leistung  des  Motors  nach  PS«  oder  KW  bezeichnet. 

Die  Sicherheit  des  Abnehmers  über  die  Höhe  der  ihm  für  seinen  Bedarf  an  Elek- 
trizität entstehenden  jährlichen  Kosten  hat  sich  als  eine  ausserordentlich  starke  werbende 
Kraft  erwiesen,  und  es  haben  deshalb  die  meisten  Wasserkraft-Elektrizitätswerke  ent- 
weder allein  mit  Pauschaltarifen  bei  der  Betriebseröffnung  den  Anfang  gemacht,  oder  aber 
Pauschaltarife  neben  Zählertarifen  angeboten.  Meistens  wird  als  Zeiteinheit  das  Jakr  ge- 
nommen. Hat  man  eine  Wasserkraft  an  fliessendem  Wasser  ohne  hydraulische  Aufspeiche- 
rungsanlage, sodass  also  das  Wasser  in  den  Nachtstunden,  wenn  der  Betrieb  im  Krafthause 
eingestellt  wird,  nutzlos  abfliessen  würde,  so  ist  es  natürlich,  dass  man  suchen  muss, 
durch  besonders  billige  Preise  auch  eine  Ausnützung  der  Wasserkraft  während  dieser 
Zeit  zu  erreichen.  Anders  liegt  die  Sache  selbstverständlich  bei  Anlagen  mit  Aufspeiche- 


§  8.  Dib  Tarife  der  Wasserkbaftahlagbh.  1187 

rungsbecken,  weil  man  alsdann,  abgesehen  von  dem  sekündlichen  Wasserquantum,  welches 
man  mit  Rücksicht  auf  untenliegende  Interessenten  abfliessen  zu  lassen  gezwungen  ist» 
die  Kraft  aufspeichern  und  während  der  gewöhnlichen  Betriebszeit  verwenden  kann. 

Im  Gebirge  wird  (vergl.  S.  178  u.  ff.)  meistens  das  N.W.  im  Winter  eintreten,  da- 
gegen im  Sommer  wegen  der  Schneeschmelze  reichlich  Wasser  vorhanden  sein.  Deshalb  ist 
es  bei  Gebirgswasserkräften  meistens  zweckmässig,  für  Sommerkraft  besonders 
billige  Preise  zu  stellen.  Die  Zeitdauer,  während  welcher  man  unter  Umständen  solche 
Sommerkraft  oder  im  Hügel-  und  Flachlande  eventuell  umgekehrt  Winter- 
kraft billiger  abgeben  kann,  muss  sich  aus  den  Wassermengenkurven  der  technischen 
Vorarbeiten  (S.  140)  ergeben.  Liegen  gründliche  technische  Vorarbeiten  vor  und  hat 
man  ebenso  in  sorgfältiger  Weise  den  zu  erwartenden  Energiebedarf  eingeschätzt,  so 
kann  man  sich  auf  Grund  von  ausschliesslichen  Pauschaltarifen  das  verhältnismässig 
sicherste  Bild  von  den  zu  erwartenden  Einnahmen  machen. 

a)  Pauschaltarife  für  Licht.  Nach  dem  Stande  von  1903  hatten  von 
115  Schweizer  Elektrizitätswerken  36  Werke  (31  °/o)  für  den  Lichtstrom  nur  Pauschal- 
tarife, 66  Werke,  d.  h.  also  die  überwiegende  Mehrzahl  sowohl  Pauschal-  als 
auch  Zählertarife  und  nur  13  Werke  verkauften  lediglich  nach  Zählern6). 

Es  ist  nicht  zweckmässig,  die  Einfachheit  der  Pauschaltarife  so  weit  zu  treiben, 
dass  ohne  Rücksicht  auf  die  Zeitdauer  der  Benutzung  ein  und  derselbe  Preis  für 
ein  gewisses  Anschlussobjekt  verlangt  wird.  Von  115  schweizerischen  Werken  verwenden 
nur  14  Werke  (mit  Ausnahme  eines  städtischen  Werkes  meistens  ganz  kleine  Werke) 
einen  ungestaffelten  Einheitstarif.  In  den  weitaus  meisten  Fällen  findet  bei  den 
Pauschaltarifen  für  Licht  eine  Staffelung  nach  der  Benutzungsdauer  derart  statt,  dass 
die  verschiedenen  Lokalitäten,  in  welchen  die  Beleuchtungskörper  hängen,  auf  eine  ge- 
wisse Brenndauer  eingeschätzt  und  deshalb  in  bestimmte  Preisstaffeln  eingewiesen  werden. 
Die  Zahl  der  Staffeln  schwankte  bei  den  schweizerischen  Werken  1905  zwischen  einer 
und  zehn.  Nach  der  Zahl  der  Staffeln  gruppiert  ergibt  sich  folgendes  Bild8).  Es  hatten: 
Staffeln        123456789  10 

Werke        14  15         26  21  11  5         5  1  2  1 

In  manchen  Fällen  ist  für  jeden  Preis  die  maximale  Benutzungsdauer  eines  Be- 
leuchtungskörpers im  Tarif  mit  angegeben,  und  die  Werke  behalten  sich  vor,  gegebenen- 
falls durch  Einschaltung  von  Zählern  eine  Kontrolle  auszuüben.  Meistens  wird  aber  von 
solchen  Brennstundenangaben  und  Kontrollen  abgesehen,  weil  die  Abnehmer  durch  die 
damit  verknüpften  Scherereien  abgeschreckt  werden.  Da  es  dein  Konsumenten  oft 
erwünscht  ist,  sogenannte  Umschaltlampen  zu  haben,  welche  die  Möglichkeit  der 
Installierung  mehrerer,  nicht  gleichzeitig  brennender,  also  eine  Erhöhung  der  Maximal- 
belastung vermeidender  Lampen  um  billigen  Preis  bieten  sollen,  haben  sich  verschiedene 
Methoden  zur  Regelung  dieser  Frage  herausgebildet. 

Es  rechnen  13  schweizerische  Werke  die  zweite  umschaltbare  Lampe  gar 
nicht,  sondern  nur  die  Hauptlampe  (als  welche  natürlich  überall  die  stärkere  an- 
genommen ist),  18  Werke  rechnen  sie  nur  zu  einem  gewissen  Prozentsatz  des  Vollpreises, 
der  von  20 — 80°/o  variiert,  10  Werke  erheben  den  Preis  als  prozentualen  Zuschlag  zum 
Hauptlampenpreis,  der  zwischen  10—40%  schwankt,  41  Werke  endlich  haben  direkt 
feste  ermässigte  Pauschalpreise  für  die  Umschaltlampen,   welche  etwa  20—50%   der 


*)  Dr.  W.  Wyssling,   Die  Tarife  schweizerischer  Elektrizitätswerke  für  den  Verkauf  elek- 
trischer Energie.  Zürich  1904.  8.  9. 

e)  Dr.  W.  Wyssling,  Die  Tarife  schweizerischer  Elektrizitätswerke  etc.  S.  11. 

75» 


1188        III.    Theodor  Kokhn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheitex. 


Normalpreise  betragen.  28  Werke  von  102  mit  Pauschalpreisen  geben  überhaupt  keine 
ermässigten  Preise  für  Umschaltlampen.  Oft  wird  an  die  Gestattung  der  Umschalt- 
lampen die  Bedingung  geknüpft,  dass  sich  dieselben  in  dem  gleichen  Raum  wie  die 
Hauptlampe  befinden  müssen7). 

Jede  Veränderung  in  der  Installation  muss  natürlich  angezeigt  werden. 

Wie  bereits  erwähnt,  erfolgt  die  Preisberechnung  für  den  Strom  durchweg  nach 
nomineller  Kerzenstärke  der  Lampe  ohne  Rücksicht  auf  den  tatsächlichen  Watt- 
verbrauch. Letzteren  berechnen  sich  die  Werke  für  die  Feststellung  ihrer  Selbstkosten 
meistens  auf  Grundlage  des  Wattverbrauchs  der  Kohlenfadenglühlampen  nach  festen 
Skalen  (S.  1190).  Seitdem  die  Nernstlampen  und  die  Metallfadenglühlampen  (S.  1172)  mehr 
und  mehr  in  Gebrauch  gekommen  sind,  hat  man  entweder  die  Pauschaltarife  für  diese 
neuen  Lampen  ergänzt,  oder  die  neueren  Lampenarten  in  die  Tarife  für  die  Kohlenfaden- 
glühlampen derart  eingewiesen,  dass  für  denselben  Pauschalpreis  ungefähr  der  Strom- 
verbrauch der  gleiche  bleibt,  man  also  für  dasselbe  Geld  mehr  Licht  liefert 
Es  ist  natürlich  von  Bedeutung  für  den  Kraftwerksbesitzer,  die  Pauschalpreise  der  neueren 
Lampen  mit  geringerem  Wattverbrauch  so  zu  regeln,  dass  die  Einnahme  im  ganzen  nicht 
zurückgeht.  Im  übrigen  bestätigt  die  Erfahrung  mit  den  neuen  Lampenarten,  dass  ihre 
grössere  Helligkeit  das  Bedürfnis  nach  mehr  Licht  vergrössert  und  deshalb  ein  Zurück- 
gehen des  Stromverbrauchs  —  abgesehen  von  vorübergehenden  Erscheinungen  —  im 
allgemeinen  nicht  zu  befürchten  ist. 

Die  meisten  Werke  behalten  sich  für  die  Anschlüsse  nach  Pauschaltarifen  die 
Lampenlieferung  quasi  als  ein  Monopol  allein  vor.  Kann  man  diese  Massregel  mit  Rück- 
sicht auf  die  kaum  entbehrliche  Kontrolle  auch  als  zweckdienlich  bezeichnen,  so  sollte 
doch  jedenfalls  von  Seiten  des  Stromlieferanten  ein  weitgehendes  Entgegenkommen  in 
bezug  auf  den  Lampenpreis  Platz  greifen.  Von  einem  nennenswerten 
Verdienst  aus  dieser  Lieferung  sollte  man  im  Interesse  des  Stromumsatzes  und 
der  Konkurrenz  mit  anderen  Beleuchtungsarten  absehen.  Da  der  Kraftwerksbesitzer  die 
Lampen  im  Massenbezuge  stets  erheblich  billiger  einkaufen  kann  als  der  einzelne  Ab- 
nehmer, so  lässt  sich  ein  passender  Weg,  welcher  den  Kraftwerksbesitzer  völlig  schadlos 
hält,  leicht  finden. 

Unter  Zugrundelegung  von  Kohlenfadenglühlampen  haben  sich  nach  Wyssling 
in  der  Schweiz  etwa  folgende  Pauschalpreise  für  die  nominelle  Kerze  und  Jahr  bezw. 
für  die  16kerzige  Kohlenfadenglühlampe  und  Jahr  ergeben: 


1 

2                                               1 

1        • 

RrAnndAiiAr 

Preis  pro  nominelle  Kerze  and  Jahr 

Pauschalpreis  fnr 

eine  loaersige 

Lampe  im  Mittel 

in  Fr. 

io   Standen 

höchster  Preis 
in  IV. 

kleinster  Preis 
in  Fr. 

Mittelpreis 
in  Fr. 

100-200 

ca.    500 

,    1000 

,   1500 

0,81 
1,56 

2,80 

2,80 

0.28 
0,635 
0,80 
0,80 

0,458 
1,08 
1,80 
1.545 

7,88 
17,28 
20,80 
24,72 

Die  nachstehend  abgedruckten  drei  Pauschaltarife  für  Licht  geben  einige  An- 
haltspunkte für  die  üblichen  Preise  und  ihre  Staffelung  nach  der  Brenndauer. 


7)  Dr.  W.  Wyssling  etc.  S.  40. 


§  8. 


Die  Tarife  der  Wasserkraftaklaoem. 


1189 


1.  Pauschaltarif  für  Licht  des  Wasserkraft-Elektrizitätswerkes  Wangen  a.  d.  Aare 

(Schweiz).    1902.    (S.  420.) 


Kategorie  I.    Gastschlafzimmer,  Salons  and  andere  nur  ausser- 

gewöhnlich  benutzte  Räume 

Kategorie  II.     Fabriken  und  deren   Bureaus,    in  denen  nicht 

länger  als  bis  7  Uhr  abends  gearbeitet  wird 

Kategorie  III.    Keller,  Schlafzimmer,  Aborte 

Kategorie  IV.    Stallungen,  Scheunen 

Kategorie  V.    Verkaufslokale,  Bureaus 

Kategorie  VI.  Wohnzimmer,  Kflchen,  Korridore,  Treppenhäuser 
Kategorie    VE.      Wirtschaftslokalitäten    und    froh    gelöschte 

Strassenlampen 

Kategorie   VIII.      Strassenlaternen,    welche    die    ganze    Nacht 

brennen 


Normalkerzen 


8er 
Fr. 


4,- 

6,50 

7,50 

8,- 

10,- 

11,50 

18,- 

16,- 


10er 
Fr. 


5,- 

8,- 

9,- 

10,- 

12,- 

14- 

16,- 
20,- 


16  er 
Fr. 


25  er 
Fr. 


82  er 

Fr. 


8- 

12,50 

12,50 

20,— 

14,- 

22,- 

16,- 

25,- 

19,- 

80,- 

22,— 

85,- 

25,- 

40,- 

82,- 

50,- 

16,- 

25,- 
28,- 
82,- 
87,- 

44,- 

W,- 
64,- 


2.  Pauschaltarif  für  Licht  der  Gompagnie Vaudoise  desLacs  de  Jouxet  de  l'Orbe  1905 

(Schweiz).     (8.  460.) 

Der  Tarif  ist  begründet  auf  8  8taffeln  : 

Staffel  I:  Brenndauer  0 — 400  Stunden,  umfassend  Schlafzimmer,  Salons,  Keller,  Waschküchen, 
Ställe,  Scheunen  und  dergL 

Staffel  II:  401— 800  Stunden,  umfassend  Esszimmer,  Wohnzimmer,  Bureaus,  Magazine,  Werk- 
stätten, welche  zur  regelmässigen  Stunde  schliessen  (7  Uhr  abends). 

Staffel  HI:  Über  800  Stunden  jährlich,  umfassend  z.  B.  Cafes,  Klubs,  Küchen,  Korridore, 
Treppenflure,  mit  einem  Wort  Lokalitäten,  welche  dauernd  bis  in  eine  späte  Abendstunde  beleuchtet  zu 
sein  pflegen. 


Nominelle 

Jährlicher  Preis  der  Steffel  in  Fr. 

Kersenstiike 

I          1          11 

iii 

5 

5,- 

7,- 

».- 

10 

9,— 

12.- 

15,- 

16 

18,50 

18,- 

22,- 

25 

20,— 

25,- 

80,- 

82 

24,- 

2»,- 

84,- 

3.  Pauschaltarif  für  Licht,  vorgeschlagen  vom  Verfasser  für  die  Kraftübertragung 
der  Talsperren  am  Queiss  bei  Marklissa  und  am  Bober  bei  Mauer  in  Schlesien. 


1.  a)  In  Wohnungen  u.  Fremdenzimmern 
in  Gasthöfen,  sowie  PriYatstallungen 
und  Priratkellern 

b)  Auf  Floren  und  Treppen 

e )  Wenn  die  Lampen  auf  den  letzteren 
nie  langer  als  bia  10  Uhr  abend* 
brennen  nnd  in  der  in  Frage  kom- 
menden Wohnung,  benr.  dem  Hause 
die  Flur-  benr.  freppenbeleuehtung. 
in  NIL  ausgedrückt,  höchstens  10% 
des  angeschlossenen  Gesamtkonsums 
betragt 


Jahrespreise  für  die  Stromlieferung  pro  installierte 


Glühlampe  von  NK 


10        16 


3,75 
7,80 


3,75 


7,50 
15,60 


7,50 


12, 
25, 


12,- 


25 


Bogenlampe  von  Ampere 


6 


18,75 
89,— 


18,75 


24,- 
50, 


24,- 


52,— 
110,- 


52,70 


8 


10        12 


70,- 
147,- 


87,- 


87,- 
188,— 


104,- 


104, 
220, 


180,- 


15 


180, 
280, 


1190        III.    Theodor  Koehw.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


|               Jahrespreise  für  die  Stromlieferung  pro  installierte 

Glühlampe  von  "SK 

Bogenlampe  voi 

i  Ampere 

;     12         15 

5 

10    !     16 

1 

25 

82 

6 

8 

10 

2.  In  Baatanranta,  Cafaa,  GaathMan  ain- 

aehliesalieh  der  Stallungen,  Flore  und 

Treppen 
a)  falle  daa  betreffende  Lokal  konzea- 

aionamlaaig   bia   höehatena   11  Uhr 

abend«  geöffnet  aein  darf 

1 
i 

1 
i 
i 

. 

6,25 

12,50 

20,- 

32,50 

40,- 

90,- 

125,- 

156,— 

180,— 

2».- 

b)  bei  Konzessionen,  die  lftngeren  Be- 
trieb snlaaaen 

7,80 

15,60 

25,— 

89,- 

50,- 

110,- 

150,- 

189,- 

220,— 

280,- 

8.  In  Fabriken,  gewerblichen  Betrieben, 
Werkstatten,  in  Bureaus.  Coxnptoirs, 
Laden   und  den   damit  zusammen- 
hangenden Geschäfts-  und  Betriebs- 
r&nnien  bei  Benutzung  von  Sonnen- 
untergang an 

a)  bia  Ilngsiens  6  Uhr 

8,10 

6,20 

10,- 

15,50 

20,- 

45,- 

«2,- 

78,- 

90,— 

• 

i 
i 

115,- 

b)  bia  längstens  7  Uhr  abends 

8,75 

7,50 

12,- 

18,75 

24,- 

52,- 

70,—    87,- 

104,- 

180,- 

e)  Mb  längstens  8  Uhr  abends 

4,10 

8,20 

18,- 

20,50 

26,- 

55,- 

78,- 

100- 

110,— 

145- 

d)  bia  längstens  9  Uhr  abends 

4,40 

8,80 

w,- 

22,— 

28,- 

58,- 

82,- 

106,— 

116,— 

158.- 

e)  bia  lingsteue  10  Uhr  abends 

4,70 

9,40 

15,- 

28,50 

80,- 

66,- 

88,- 

111- 

132,— 

1«.- 

f)  während  der  gansen  tfaebt 

7,80 

15,60 

25,- 

89,— 

50,- 

110- 

150,- 

189,- 

22a— 

280.- 

NB.   Pauscballampen  dürfen  nur  in  demselben  Raum  einmal  umgeschaltet  werden. 

Die  Elektrizitätswerke  behalten  sich  vor,  bei  den  Konsumenten  auf  ihre  Kosten  einen 
anzeiger  einzubauen,  um  festzustellen,  ob  eventuell  der  Konsument  zeitweise  mehr  Strom  verbraucht  hat 
als  er  nach  der  Anmeldung  berechtigt  war.  Hierbei  wird  der  Anschlusswert  der  Lampen  nach  folgen 
den  Sätzen  festgestellt: 


A.  Glühlampen 

B.  Bogenlampen 

1.  mit  Kohlenfaden 

Nominelle 
Amperestarke 

Stromverbrauch 

Kerzenstärke 

Wattverbrauch 

bei  86  Volt 

bei  55  Volt 

5 

20 

5 

0,175 

0,260 

8 

80 

8 

0,275 

0,425 

10 

85 

10 

0,350 

0,585 

16 

50 

12 

0,400 

0,640 

25 

80 

15 

0,525 

0,800 

32 

100 

16 

0,550 

0,870 

2.  Nernstlampen  verbrauchen  für  jede 
NK.  1,8  Wait 

3.  Oemiumlampen  verbrauchen  für  jede 

20 
25 
80 

0,700 
0,875 
1,050 

1,070 

NK.  1,5  Watt. 

• 

4.  Metallfadenlampen       verbrauchen 

für  jede  NK.  1,2  V 

Fatt 

ß)  Pauschaltarife  für  Kraft.  Von  88  schweizerischen  Werken  *  benutzten 
31  Werke  ausschliesslich  den  Pauschaltarif,  39  sowohl  Pauschal-  als  Zahlertarife  und 
18  Werke  ausschliesslich  Zählertarife8). 

Da  man  bei  den  Motoren  in  der  Regel  eine  Benutzung  während  der  regelmässigen 
Arbeitszeit,  d.  h.  während  10—12  Tagesstunden,  bezw.  10 — 12  Nachtstunden  voraussetzt, 
so  findet  im  allgemeinen  eine  Staffelung  der  Preise  nach  der  Benutzungsdauer 
nur  insofern  statt,  als  man  in  12stündige  und  24stündige  Kraftlieferung  unter- 
scheidet und  in  der  Regel  für  die  24  stund  ige  Kraft  nur  Zuschläge  zu  der  12  stündigen 

')  W.  Wyssling  etc.  S.  56. 


§  8. 


Dik  Tarife  der  Wasserkraftanlaoek. 


1191 


von  30  bis  höchstens  60°/0  macht.    Bei  16  schweizerischen  Werken  hat  der  Zuschlag 
für  24stündige  Kraft  die  nachfolgenden  Grössen : 

Bei  je  16        15        3    Werken  beträgt 

der  Zuschlag  für  24  stündige  Kraft  %     12      30      35      40      50 

Im  übrigen  erfolgt  die  Staffelung  nach  der  Grösse  des  Motors.  Diese  Mass- 
regel hat  einen  rein  kommerziellen  Grund,  nämlich  in  dem  Vergleich  der  Herstellungs- 
kosten der  Energie  durch  konkurrierende  Wärmekraftmaschinen.  Die  Herstellungskosten 
des  Stromes  des  Kraft werksbesitzers  sind  natürlich  ganz  dieselben,  gleichgültig  ob 
der  Strom  in  einem  V*  PSe-Motor  oder  in  einem  500  PSe-Motor  gebraucht  wird.  Aber 
man  kann  für  den  V«  PS6-Motor  einen  viel  höheren  Pauschalpreis  pro  Jahr  verlangen, 
weil  sich  der  Abnehmer  die  kleine  Kraft  eben  nur  mit  ungleich  grösseren  Kosten  mittelst 
einer  eigenen  Wärmekraftmaschine  beschaffen  kann. 

Dass  es  zweckmässig  sei,  bei  entsprechenden  Zuflussverhältnissen  der  Wasserkraft 
während  Zeiten  des  reichlicheren  Wassers  billigere  Kraft  abzugeben,  wurde  schon  oben 
hervorgehoben. 

Oft  haben  die  Kraftwerksbesitzer  sich  das  Recht  vorbehalten,  Maximalzähler 
(S.  1205)  einzuschalten,  welche  anzeigen  sollen,  ob  und  inwieweit  der  Abnehmer  seinen 
Motor  über  die  Nennleistung  überlastet  hat,  und  in  den  Tarifen  findet  sich  häufig  die 
Bestimmung,  dass  die  Abnehmer  die  Pauschalgebühren  bei  Überlastungen  nicht  nach 
den  Nennleistungen  der  Motoren,  sondern  nach  der  festgestellten  Überlastung  zu 
zahlen  haben. 

Die  Einziehung  der  Pauschalbeträge  erfolgt  sowohl  bei  Licht  wie  bei  Kraft  in 
der  Regel  monatlich. 

Über  die  verlangten  Pauschalpreise  für  motorische  Kraft  in  der  Schweiz  gibt 
nachfolgende,  nach  den  Angaben  Wysslings  zusammengestellte  Zahlentafel  einige 
Auskunft : 


Grösse  des 

Pauschalpreis  pro  PS«  und  Jahr  in  IV. 

Motors 

höchster  Preis 

kleinster  Preis 

Mittelpröis 

3         ! 

15 
50 

420 
325 

I              323 

135 
105 
110 

289 
202 
180 

Im  übrigen  können  die  nachstehend  gegebenen  drei  Tarife  als  Beispiele  aus  der 
Praxis  Anhaltspunkte  für  die  Aufstellung  eines  Tarifes  bieten. 


1.  Pauschaltarif  für  Motorenstrom  des  Elektrizitätswerkes 

Wangenan  der 

Aare  (1902). 

Tarif  A.    Für  regelmässig  benützte  Kraft  (10—11  betriebsstnnden  pro  Tag) 

Grösse  des  Motors 

Preis  pro  1  PS« 

Panschal- 

Grösse des  Motors 

Preis  pro  1  PS« 

Panschal- 

in PS« 

in  Fr. 

preis  in  Fr. 

in  PS« 

in  Fr. 

preis  in  Fr. 

>/4 

300 

75 

bis    20 

190 

V' 

275 

137,50 

,     30 

185 

1 

2 
8 
bis    5 
.     7,5 

250 
240 
230 
220 
210 

ans  den 

Spalten  1  n.  2 

rechnerisch 

festzustellen. 

•     40 
,     50 
.     65 
.     80 
.    100 

180 
175 
170 
165 
160 

.    10 

200 

,    125 

155 

,    15 

195 

.    150 

150 

1192 


III.     Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


Tarif  B.    Nur  Ober  die  Tageszeit  benutzte  Kraft. 

Motoreo,  die  nur  am  Tage  benutzt  werden  (zwischen  Tagesanbruch  und  Abenddämmerung)  er- 
halten auf  nebenstehende  Preise  einen  Rabatt  von  40°/©. 

Dieser  Tarif  findet  im  allgemeinen  nur  Anwendung  für  Motoren  bis  zu  10  PSe  und  nur  dann, 
wenn  die  schon  vorhandene  Lichtleistung  hierfür  genügt. 

Wird  der  Anschluss  von  grösseren  Motoren  ebenfalls  nach  diesem  Tarif  gewünscht,  so  bleiben 
besondere  Vereinbarungen  vorbehalten. 

Die  tagliche  Betriebszeit  von  Motoren,  die  nach  Tarif  B  angeschlossen  werden,  hat  sich  nad> 
folgender  Tabelle  zu  richten: 


Monat 

-i 
I 

-- 
II 

< 

III 

IV 

V 

VI 

VII 

VIII 

IX    |     X 

~ ...        i     ■ 

XI    j         XII 

■  1                                           — 

von  morgens 
bis  abends 

9 

41/* 

8 
5 

7 
6 

6 

7 

6 

71  •* 

6 

7»;i 

6 

7«-.| 

6 

6 
6 

7 

8      !    9      Uhr 
4V.  |    8» «    . 

2.  Tarif  der  Societa  Lombarda  per  Distribuzion«  di  Energia  Elettrica  (lb9S). 

Tarif  a)    Für  kleinere  Mctoren  bis  höchstens 

100  KW.    Die  elektrische  Energie  wird  geliefert  Tarif   b)      Für    Installationen    von    mehr    als 

mit  Spannungen  von  120  oder  500  oder  3600  Volt.  100  KW  bei  einer  Spannung  von  3600  VolL 


Für  eine  Installation 
von 


1    —     1,5  KW 

1,5-    4  „ 

4-8  . 

8-12  „ 

12—24  , 

24-40  „ 

40-75  , 

75   -100  . 


Preis  pro  Jahr  und 
KW  in  Lire 


475 
430 
380 
330 
280 
250 
230 
210 


Fflr  eine  Installation 

Preis 

pro  Jahr  und 

von 

KW  in  Lire 

100-150  KW 

200 

150—250     , 

190 

250-400     „ 

180 

400-700    . 

170 

über  700     . 

160 

Diese  Tarife  gelten  nur  für  eine  Benutzungsdauer  von  12  Stunden  pro  Tag  und  zwar  für  alle 
Tage  des  Jahres  mit  Ausnahme  der  Festtage  (ungefähr  3600  Stunden  pro  Jahr). 

Der  Preis  ffir  die  elektrische  Energie  für  eine  Lieferung  während  24  Stunden  wird  von  Fall  zu 
Fall  vereinbart  (Zuschlag  meistens  ca.  40°. '©)■). 

3.  Pauschaltarif  für   Motorenstrom,    welcher    für   die    Wasserkraft-Elektrizitäts- 
werke bei  Marklissa  und  am  Bober  bei  Mauer  vom  Verfasser  vorgeschlagen  wurde. 

„Für  Motoren  kostet  die  elektrische  Energie  ohne  Messung  durch  Elektrizitätszfihler  (hierbei  ist 
vorausgesetzt,  dass  der  Tagesbetrieb  nicht  länger  als  von  6  Uhr  früh  bis  7  Uhr  abends  dauert)  pro  Jahr: 


Für  einen  Motor 
von 


PS« 


X.'4 
1  9 

1,- 

1,5 
2,- 
3- 
5- 


in  Mk. 


36,- 

G0,— 
110.— 
215- 
325.- 
880,- 
570,- 
920,- 


Preis  pro  PS« 
und  Jahr 


288 
240 
220 
215 
213 
190 
190 
184 


Für  einen  Motor 

in  Mk. 

Preis  pro  PS« 

von 

und  Jahr 

7,5    PS. 

1350,— 

180 

10.-    . 

1750,- 

175 

15-    , 

2560,- 

171 

20,-    ,         1 

3400,—        | 

170 

25,-    , 

4180,- 

167 

80-    , 

5000,-        ! 

166 

40,-    , 

6600,- 

165 

50,-    ,        ! 

1 

1 

8200,- 

164 

Bei  den  obigen  Pauschalpreisen  für  Motorenstrom  ist  vorausgesetzt,  dass  der  Tagesbetrieb 
nicht  länger  als  von  6  Uhr  früh  bis  7  Uhr  abends  dauert.  Konsumenten,  welche  den  Strom  während 
24  Stunden  ununterbrochen  haben  wollen,  müssen  einen  Preis  zahlen,  welcher  um  40°/o  höher  ist  als 

9)  Die  jährliche  Durchschnittseinnahme  pro  angeschlossenes  KW  ist  von  rd.  210  Lire  im  Jahre 
1900  auf  rd.  180  Lire  im  Jahre  1907  gesunken,  da  die  grossen  Anschlüsse  überwiegen. 


§  8. 


Die  Tarife  der  Wasserkkaftajtlageh. 


1193 


die  obigen  Einheitspreise.  Bei  Motorenanlagen  Aber  50  PSe  bleiben  besondere  Vereinbarungen  vorbe- 
halten. Für  elektrisch  betriebene  Zimraerventilatoren  mit  ca.  75  Watt  Energieverbraach  wird  ohne 
Einschränkung  der  Betriebsdauer  der  Jahrespreis  mit  20  Mk.  berechnet. 

Wird  durch  den  Maximalanzeiger,  den  die  Elektrizitätswerke  das  Recht  haben,  einzubauen, 
ein  höherer  Verbrauch  als  der  der  Nennleistung  entsprechende,  wenn  auch  nur  auf  kurze  Zeit,  fest- 
gestellt, so  unterwirft  sich  der  Abnehmer  der  Bedingung,  dass  er  den  dem  Maximalverbrauch  ent- 
sprechenden Jahrespauachalsatz  zahlt.  Hierbei  wird  der  tarifmässige  Wattverbrauch  der  Elektro- 
motoren nach  folgender  Skala  festgestellt: 


Grösse  des  Motors 

Stromverbrauch 

Grösse  des  Motors 

Stromverbrauch 

in  PS« 

in  KW 

in  PS« 

in  KW 

V* 

0,22                                       4 

3,9 

7« 

0,320 

5 

4,85 

>/i 

0,60 

V/t 

7,25 

1 

1,0 

10 

9,65 

1,5 

1,50 

15 

14,2 

2 

2,00 

20 

18,5 

3 

8,00 

Bei  grösseren  Motoren  wird  der  KW-Verhrauch  für  die  Nennleistung  in  PS«  mit  80°/o  Wir- 
kungsgrad berechnet.* 

Alle  Werke  pflegen  sich  vorzubehalten,  and  zwar  nicht  nur  bei  Pauschaltarifen, 
sondern  wie  hier  gleich  erwähnt  werden  mag,  auch  für  Zählertarife,  dass  sie  für  Strom- 
Unterbrechungen,  welche  auf  Umstände  zurückzuführen  sind,  die  abzuwenden  das  Werk 
ausserstande  war,  nicht  haftbar  gemacht  werden  können10). 

Wegen  Berechnung  des  erforderlichen  Pauschalpreises  bei  einem  beabsichtigten 
bestimmten  Gewinn  s.  S.  1197. 

B.  Zählertarife.  Es  ist  bei  den  gewöhnlichen  Zählertarifen  noch  ziemlich  all- 
gemein üblich,  für  Licht  und  Kraft  verschiedene  Grundpreise  zur  Anwendung  zu 
bringen.  Der  in  Deutschland  immer  noch  am  meisten  verbreitete  Grundpreis  für  Licht  ist 
60  Pfg.,  derjenige  für  Kraft  20  Pfg.  Bei  den  Wasserkraftanlagen  tritt  aber  die  an 
sich  richtige  Tendenz  hervor,  den  obigen  Grundpreis  für  Licht  herabzusetzen  und  dafür 
den  Grundpreis  für  Kraft  nötigenfalls  etwas  zu  erhöhen. 


io)  Im  Tarif  der  Stuttgarter  Elektrizitätswerke  lautet  die  betreifende  Bestimmung: 

•  »Die  Lieferung  elektrischer  Energie  erfolgt,  soweit  dies  die  technischen  Einrich- 
tungen des  städtischen  Elektrizitätswerkes  gestatten,  ohne  Unterbrechung  bei  Tag  und 
Nacht  in  genügender  Menge  und  Spannung.  Eine  Beschränkung  oder  Unterbrechung  der  Stromabgabe 
findet  nur  statt,  wenn  die  Erzeugung  oder  die  Abgabe  elektrischer  Energie  durch  Krieg,  Streik, 
elementare  Ereignisse  oder  sonstige  Umstände,  welche  vom  städtischen  Elek- 
trizitätswerk nicht  verhindert  werden  können,  beschränkt  oder  eingestellt  werden 
muss  oder  unmöglich  ist 

Im  Tarif  der  Sociltl  Hydro-ßlectrique  de  Füre  et  Morge  heisst  es  im  Artikel  7: 
Arrets:  „La  Socilte*  Hydro-lillectrique  aura  droit,  chaque  annee,  a  vingt  jours  d'arret  de  24  heures,  soit 
au  total  ä  480  heures  d'arret  payees  par  les  abonnes,  les  arre'ts  de  moins  de  deuz  heures  n'ltant 
point  comptees. 

Antant  que  faire  se  pourra,  les  arrets  devront  avoir  lieu  les  dimanches  ou  les  jours  de  feie. 

II  reste  entendu  que  les  Syndicataires  supporteront  les  arrets  extraordinaires  dus  aux  accidents 
de  force  majeure  et  independants  de  bon  etat  d'entretien  du  materiel.  Reciproquement, 
qnand  un  abonnä  aura  son  exploitation  arrdtee  pour  cas  de  force  majeure,  la  location  na  sera  pas  dne. 

En  cas  de  necessitl  ou  d'accident,  la  Sociltt  previendra  Fabonn^  par  visite,  telephone,  t£16- 
gramme  ou  lettre,  et  ce  dernier,  sous  sa  responsabilitä,  devra  faire  immecliatement  les  manoeuvres,  qui 
lai  seraient  indiquees  pour  isoler  son  installation  et  eviter  ainsi  tont  danger." 


1194        III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


So  enthält  der  Tarif  des  Landkreises  Aachen,  welcher  den  Strom  ans  dem  Kraftwerk  «1er 
Urft-Talsperre  bezieht,  für  Kraftlieferung  nach  Zählern  einen  Grandpreis  von  25  Pfg.  bei  Beeng 
von  Strom  zu  5000  Volt  und  50  Perioden  und  von  -85  Pfg.  bei  Bezug  von  Strom  mit*  weniger  als 
5000  Volt  Spannung  und  50  Perioden. 

Für  Beleuchtungszwecke  werden  für  Drehstrom  mit  CO  Per. 

a)  bei  weniger  als  5000  Volt  Spannung  ohne  Rücksicht  auf  die  Grosse  einer  Anlage  für 

die  ersten  5000  KW- Stunden  je  40  Pfg, 
für  jede  weitere  K W-Stunde  je  25  Pfg. ; 

b)  bei  5000  Volt  werden  um  20°/o  geringere  Sätze  verlangt. 

Abnehmer,  welche  Einrichtungen  zur  Aufspeicherung  der  elektrischen  Energie  besitzen,  werden 
wie  Kraftabnehmer  behandelt,  sofern  die  vorhandene  Akkumulatorenbatterie  mindestens  so  gross 
ist,  dass  sie  Vs  der  Anlage  während  4  Stunden  allein  versorgen  kann. 

Nach  den  Erhebungen  von  Fritz  Hoppe11)  hat  sich  für  das  Jahr  1904  bei  den 
deutschen  Elektrizitätswerken  folgendes  Bild  der  Grundpreise  ergeben: 

Tabelle  III. 
Grundpreise  für  den  elektrischen  Strom  in  Deutschland. 


Für  Lichtzwecke 

Grosse  der 
Gesamt- 
leistungsfähig- 
keit des  Kraft- 
werkes in  KW 

Ge- 
samt- 
zahl 

der 
Werke 

Anzahl  der  Werke  mit  Preisen  pro 

KW-Stunde 

S. 

von  mehr  als  60  Pfg. 

\ 

ron  60  Pfg. 

von  weniger  als  60  Pfg. 

2 

o 

Insge- 
samt 

davon  entfallen 
auf 

Insge- 
samt 

davon  entfallen 
auf 

i 

■ 

Insge- 
samt 

davon  entfallen 
auf 

private 
Werke 

städtische 
Werke 

private 
Werke 

städtische 
Werke 

private :  städtische 

Werke)   Werke 

1 

2 

|     8     |     4 

5 

6 

7 

»      8 

9 

'    10 

11 

12 

I 

über  5000 

11 

,  „ 

^^^ 

^^^^ 

5 

1 

1 

4 

1  • 

4              2 

II 

von  2000—5000 

15 

4 

1 

3 

7 

4 

3 

4 

2 

2 

III 

,      1000-2000 

23 

6 

2 

4 

14 

5 

9 

8 

2 

1 

IV 

,       500-1000 

29 

4 

3 

1 

12 

7 

5 

13 

9 

4 

V 

,       250—  500 

30 

3 

2 

1 

19 

13 

6 

8 

2 

6 

VI 

„       100-  250 

33 

2 

1 

1 

19 

19 

— 

12 

8 

4 

VII 

unter  100 

16 

— 

— 

— 

12 

12 

— 

4 

3 

1 

Summa 

157 

19 

9 

10       | 

88 

61    ; 

27 

50 

30 

20 

Für  Kraftzwecke 

Gesamtzahl 
der  Werke 

Anzahl  der  Werke  mit  Preisen  pro  KW-Stunde 

0* 

04 

mehr  als  20 

Pfe. 

20  Pfg. 

weniger  als  20  Pfe. 

2 

Insge- 
samt 

davon  entfallen  auf 

Insge- 
samt 

davon  entfallen  auf 

Insge- 
samt 

davon  entfallen  auf 

private 
Werke 

städtische 
Werke 

private 
Werke 

städtische 
Werke 

private 
Werke 

städtische 
Werke 

13 

!     " 

15 

16 

17 

18 

19 



20 

21 

22 

23 

I 

10 

1 

1 

MWM 

6 

4 

2 

3 

■ 
1 

2 

II 

16 

4 

3 

1 

9 

5 

4 

3 

— 

S 

III 

25 

4 

2 

2 

10 

6 

4 

11 

2 

9 

IV 

29 

8 

5 

8 

11 

7 

4 

10 

5 

5 

V 

28 

3 

1 

2 

11 

9 

2 

14 

5 

9 

VI 

34 

10 

10 

— 

9 

8 

1 

15 

12 

8 

vn 

18 

8 

3 

— 

8 

7 

1 

7 

7 

— 

Sa. 

|        160 

33 

25 

8 

64 

46 

18 

63 

|       32 

$i 

")   Fritz    Hoppe,   Karlsruhe   in  Baden,   Finanzielle   Ergebnisse   von   Elektrizitätswerken. 
Elektrot.  Zeitschr.  1905.  S.  673  u.  ff. 


§   8. 


Die  Tarife  der  Wasserkraftanlaoen. 


1195 


Für  die  Schweiz  ergab  sich  pro  1904  nach  Wyssling  (S.  19)  folgendes  Bild: 


Es  hatten 

für  Licht  einen  Grandpreis  pro 
KV  von 


4 
40 


1 
42 


45 


14 


50 


1 


52,5 


55 


19 


60 


18  Werke 


mehr  als  00  Cts. 


Der  Grundpreis  für  Kraft  schwankte  ungefähr  zwischen  25  und  20  Cts. 

Die  Berechtigung  dieser  Preisunterschiede  zwischen  Licht-  und  Kraftstrom  (vergl. 
Unterabschnitt  e,  Doppeltarife,  S.  1199)  ist  zum  kleineren  Teil  in  betriebstechnischen, 
vielmehr  hauptsächlich  in  kommerziellen  Gründen  zu  suchen.  Während  beim  Verkauf 
nach  Zählern  die  durchschnittliche  Benutzungsdauer  einer  Glühlampe  etwa  300  bis 
400  Stunden  jährlich  beträgt,  wird  diejenige  eines  Motors  durchschnittlich  erheblich 
höher  liegen  (S.  332).  Der  hierin  liegende  betriebstechnische  Grund,  würde  aber  allein 
zur  Begründung  eines  so  grossen  Preisunterschiedes  nicht  ausreichen.  Ausschlaggebend 
ist  vielmehr,  dass  man  mit  dem  Motorstrompreis  gegen  die  Erzeugungskosten  durch 
Wärmekraftmaschinen  direkt  konkurrieren  muss,  während  bei  der  Beleuchtung  die  Vor- 
züge des  elektrischen  Lichtes  (S.  1177)  erfahrungsgemäss  vom  Publikum  als  so  gross  an- 
gesehen werden,  dass  eine  gleiche  Billigkeit  wie  z.  B.  bei  der  Gasbeleuchtung  nicht 
verlangt  wird.  Allerdings  bildet  natürlich  die  möglichste  Billigkeit  des  Stromes  für  seine 
Verwendung  zu  Beleuchtungszwecken  gleichfalls  das  stärkste  Anreizmittel. 

Im  Kap.  I,  §  5:  Die  wirtschaftlichen  Vorarbeiten,  S.  332  sind  zwei  Zahlentafeln 
über  die  durchschnittliche  Benutzungsdauer  für  Strassenbeleuchtung,  Bahnhöfe  und  andere 
aussergewöhnliche  Anschlussobjekte  gegeben ,  wonach  entsprechende  Preise  berechnet 
werden  können. 

F'ir  Strassenbahnen  werden  wegen  der  Grösse  des  Konsums  und  der  langen 
Benutzungsdauer  in  Deutschland,  und  in  ähnlicher  Weise  auch  in  anderen  Ländern,  bei 
Erzeugung  der  Energie  durch  Dampfmaschinen  meistens  Grundpreise  von  etwa  9  bis 
12,5  Pfg.  pro  KW- Stunde  zur  Anwendung  gebracht  und  für  den  Konsum  über  eine 
gewisse  Energiemenge  hinaus  Rabatte  gewährt.  Die  Messung  des  Stromes  erfolgt  in 
der  Kegel  entweder  am  Schaltbrett  sei  es  des  Krafthauses,  sei  es  der  Transforma- 
toren- bezw.  Umforraerstelle  oder  an  den  Speisepunkten  des  Fahrdrahtes.  Je  nach- 
dem die  eine  oder  die  andere  Messteile  gewählt  wird,  ergibt  sich  betriebstechnisch 
natürlich  wegen  des  Verlustes  in  den  Speiseleitungen  ein  verschiedener  Preis  und  beson- 
ders dann,  wenn  der  Stromlieferant  auch  noch  die  Kabelkosten  bis  zu  den  Speisepunkten 
zu  tragen  hat. 

Des  Beispiels  wegen  sei  erwähnt,  dass  das  Elektrizitätswerk  in  Strassburg  im  Elsass 
12  Pfg.  für  die  KW-Stnnde,  an  den  Speisepunkten  gemessen,  bis  zu  einem  Lieferungswert  von  200000  Mk. 
an  die  Strassenbahn  berechnet  und  von  200000—300000  Mk.  5%,  von  3—400000  Mk.  10%>,  von 
400000  Mk.  und  mehr  15°,o  Rabatt  gewährt.  Das  städtische  Elektrizitätswerk  Magdeburg  berechnet 
der  Strassenbahn  9  Pfg.  pro  KW-Stunde,  am  Schaltbrett  des  Krafthauses  gemessen. 

Bei  Lieferung  ans  Wasserkraftwerken  für  Strassenbahnen  schwankt  der  Preis  in  weiteren 
Grenzen  und  ist  in  der  Regel  niedriger  als  die  oben  angegebenen  Grundpreise.    Das  ist  aus  kaufmänni 
sehen  Gründen  besonders  dann  der  Fall,  wenn  die  Strassenbahn  bereits  eine  vollständige  Dampf  zentrale 
besitzt,  welche  sie  als  Reserve  betriebsfähig  erhalten  muss  und  deren  Anlagekosten  sie  noch  zu  tilgen  hat. 

Erwähnt  sei  hier  gleich,  dass  manche  Werke  auch  besondere  Tarife  für  Wärme- 
zwecke aufstellen.  Die  Hälfte  aller  schweizerischen  Werke  gibt  Strom  für  diese  Zwecke 
nur  mit  bedeutenden  Beschränkungen  oder  überhaupt  nicht  ab.  28  Werke  wenden  ein- 
fach den  Motorstromtarif  an,  8  Werke  ohne  weiteres  den  Lichtstrom tarif,  23  Werke 


1196        III.    Theodor  Eoehn.    Ausbau  ton  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

haben  einen  besonderen  Tarif,  welcher  sich  im  grossen  und  ganzen  an  die  Preise  des 
Mötorstromes  anlehnt.  Der  Stromverrerbranch  für  diese  Zwecke  ist  bis  heute  noch  so 
unbedeutend  und  das  Bild,  welches  die  verschiedenen  Tarife  bieten,  ist  noch  ein  so 
buntscheckiges,  dass  hier  nicht  näher  darauf  eingegangen  werden  soll11). 

Die  Zähler,  durch  welche  der  Strom  gemessen  wird,  werden  vom  Elektrizitätswerk 
geliefert  und  in  Stand  gehalten,  wofür  meistens  eine  monatlich  zahlbare  Miete  erhoben 
wird,  wenn  der  Abnehmer  es  nicht  vorzieht,  den  Zähler  zu  kaufen.  Da  geeichte 
Messgeräte  sonst  im  Handel  von  dem  Verkäufer  unentgeltlich  vorgehalten  zu  werden 
pflegen,  so  dürfte  es  grundsätzlich  falsch  sein,  wenn  einige  Werke  an  der  Zählermiete 
oder  an  dem  Verkauf  von  Zahlern  verdienen  wollen  9  vielmehr  sollten  die  Mietspreise 
bezw.  die  Verkaufspreise  nicht  höher  gestellt  werden,  als  zur  völligen  Schadlos- 
haltung des  Werkes  erforderlich  ist. 

In  den  Bedingungen  des  Landkreises  Aachen  (Strombezug  aus  der  Urft-Tal- 

sperre)  findet  sich  bezüglich  der  Zählermiete  folgende  Bestimmung: 

„Die  monatliche  Miete  für  einen  Elektrizit&tszfihler  beträgt 

bis  zu  1  eingerichtetem  KW    0,50  Mk. 

,     .    2  „  ,       1,20    . 

'  -     ,   3  ,       1,70    , 

„     ,   6  „  „       2,50    „ 

über     6  ,  ,       3,50    , 

Die  Miete  -wird  vom  Tage  der  Inbetriebsetzung  des  Zählers  an  bis  zn  dessen  Wiederenifemong 
berechnet  und  ist  auch  für  die  Zeit  zu  bezahlen,  während  welcher  der  Zähler  zufolge  ausgesetzten 
Stromverbrauchs  nicht  in  Tätigkeit  war.  Bruchteile  eines  Monats,  während  welcher  das  MietsverhAltnis 
dauert,  werden  als  ganze  Monate  berechnet. 

Die  Kosten  der  Unterhaltung  der  Zähler,  der  durch  die  gewohnliche  Abnutzung  erforderlichen 
Ausbesserungen,  sowie  der  Wiederherstellung  aller  Schäden,  die  durch  das  Personal  des  Kreises  Ter- 
ursacht  wurden,  trägt  der  Kreis,  die  Kosten  für  andere  Ausbesserungen  der  Abnehmei." 

*  _ 

Weitere  Zahlenbeispiele  hier  zu  geben  wäre  überflüssig,  da  sich  jeder  Ingenieur 
leicht  Tarife  von  verschiedenen  Elektrizitätswerken  besorgen  und  sich  die  Preise  der 
Elektrizitätszahler  aus  den  Preislisten  oder  durch  direkte  Anfragen  bei  den  Elektritäts- 
gesellschaften  in  kürzester  Frist  beschaffen  kann. . 

/)  Zählertarife  mit  Grundtaxe  bezw.  Mindestgebühren  nnd  mit 
Geld-  und  Benutzungsdauer- Rabatten.  Da,  wie  bereits  erwähnt,  die  wirt- 
schaftlichen Ergebnisse  eines  Elektrizitätswerkes  sehr  wesentlich  von  dem  sogenannten 
„Belastungsfaktor",  d.  h.  von  dem  Verhältnis  des  Höchstverbrauchs  — 
von  diesem  sind  die  Grösse  der  Anlage  und  deshalb  auch  die  Anlagekosten 
abhängig  —  zur  durchschnittlichen  Jahresbelastung  —  von  dieser  sind  beim 
Zählertarif  die  Jahreseinnahmen  in  erster  Linie  abhängig  —  beeinflußt  werden,  so 
ist  die  Forderung  berechtigt,  dass  von  jedem  Anschluss  ein  entsprechender  und  möglichst 
gerechter  Anteil  an  den  Kosten  für  Verzinsung,  Tilgung  und  Erneuerung  des  Anlage- 
kapitals und  an  den  Kosten  der  allgemeinen  Verwaltung  von  vornherein  und  unter  allen 
Umständen  sichergestellt  werde.  Zuerst  scheint  Hopkinson  (im  Jahre  1882) 1S)  darauf 
hingewiesen  zu  haben,  dass  die  ideelle  Berechnungsmethode  des  Entgelts  für  Stromliefe- 
rung in  einer  festen  Summe  pro  Quartal,  welche  der  Grösse  der  Anlage  des  Konsumenten 
proportional  sei,  und  ausserdem  ergänzend  in  der  Bezahlung  für  den  durch  den  Elek- 
trizitätszähler gemessenen  tatsächlichen  Verbrauch  bestehe.  Aus  dieser  Erwägung  heraus 


12)  Dr.  W.  Wyssling,  Die  Tarife  schweizerischer  Elektrizitätswerke  für  den  Verkauf  elek- 
trischer Energie.    Zürich  1904.  S.  46. 

13)  Elektr.  Zeitschr.  1692.  S.  708. 


§  8.  Die  Tarife  der  Wasserkraftanlagen.  1197 

sind  die  sogenannten  Grandtaxen  entstanden.  Bei  der  Berechnung  der  Grandtaxen 
geht  man  von  der  Anzahl  der  angeschlossenen  KW  in  Licht  und  Kraft  aas  und 
pflegt  als  Forderung  zu  stellen,  dass  durch  die  Grandtaxen  die  durchschnittlichen 
indirekten  Betriebsausgaben  ganz,  sowie  die  Kosten  der  allgemeinen  Verwaltung 
ganz  oder  zam  Teil  gedeckt  werden14). 

Bezeichnet  man  den  Anschlnsswert,  für  welchen  ein  Kraftwerk  ausgebaut 
werden  soll,  mit  A  in  KW  und  rechnet  mit  einem  gleichzeitigen  Höchstbedarf 

A .  ff 
bei  den  Konsumenten  von  g°/o,  so  beträgt  letzterer  -r~  KW.    Bei  einem  Gesamt- 
verlust in  der  Stromverteilung  von  v%  der  in  dem  Krafthause  erzeugten  Leistung 
muss  ohne  Reserve  die  Leistungsfähigkeit  der  im  Krafthause  aufzustellenden  Maschinen 

A.ff 
betragen  tt^v-Jj-  und  wenn  r%  als  Reserve  aufgestellt  werden  sollen,  wird  die  im 

Krafthause  aufzustellende  Maschinenleistung  TT^r^j*"  (^"^"Toö")   in  KW  sein. 

Wenn  auf  das  KW  der  im  Krafthause  aufzustellenden  Leistung  k  Mk.  ent- 
fallen, so  sind  die  Anlagekosten  =     ^  _  > .  ( 1  -}-  -ttst  )  «^  und  wenn  für  Verzinsung, 

Tilgung  und  Erneuerung  in  °/o  der  Anlagekosten  s°/o  und  für  die  Unkosten  der  allge- 
meinen Verwaltung  (vergl.  S.  276)  t%  entfallen,  so  ergeben  sich  die  durch  die  Grund- 
taxe zu  deckenden  Betriebskosten  zu=  ,  ^  _   , .  ( 1  +  -tjvtt)  •  k  (  .  ^  ).  (1) 

Soll  noch  ein  kleiner  Gewinn  eingerechnet  werden,  so  wäre  t  entsprechend  zu 
vergrössern.  So  lange  tatsächlich  zunächst  der  Anschlusswert  nur  B  in  KW  beträgt, 
muss  sich  die  Grundtaxe  G  ergeben  aus 

r       100 -vV^1"  100/       V  100  /   .    „.  vw       ,  T  .  ,9> 

G  = =r in  Mk.  pro  KW  und  Jahr.  (2) 

Beispiel :    A  =  4000  KW,         g  =  50,  v  =  10, 

r  =  33,3f  k  =  750Mk.f         (a  +  t)  =  10,        B  =  3000KW, 

dann  wird  die  Grundtaxe  pro  KW  und  Jahr  des  Anachlass wertes 

°  —    «ff —  «  ™ **■ 

oder  pro  16  kenige  Kohlenfadenglahlampe  (50  Watt)  an  3,7  Mk.  pro  Jahr. 

Diese  Grnndtaxe  wurde  nach  Zählertarif  erreicht  sein  bei  einem  Grundpreis  für  Licht  von 
50  Pfg.  mit  einer  Mindestbreundauer  von  ca.  148  Stunden  und  bei  einem  Grundpreis  für  Kraft  von 
20  Pfg.  bei  370  Stunden. 

In  der  Schweiz  liegt  die  Grundtaxe  meistens  zwischen  70  und  90  Fr.  pro  KW 
und  Jahr.  Die  Preise,  welche  ausser  der  Grundtaxe  noch  pro  KW-Stunde  erforderlich 
sind,  um  die  direkten  Betriebskosten  zu  decken  und  einen  weiteren  Gewinn  abzuwerfen, 
ergeben  sich  aus  einer  Berechnung  nach  dem  Muster  der  Tabellen  XI — XIII,  S.  272 
und  Tab.  II,  S.  1183.  Wie  die  obige  Rechnung  zeigt,  kann  die  Grundtaxe  um  so  kleiner 
werden,  je  grösser  der  tatsächliche  Gesamtanschluss  (B)  wird;  und  infolgedessen  haben 
auch  viele  Werke,  welche  zunächst  Tarife  mit  Grundtaxe  eingeführt  hatten,  letztere 
allmählich  immer  mehr  und  mehr  verkleinert  und  zum  Teil  ganz  verschwinden,  lassen. 


n)  Dr.  W.  Kalimann,   Die  Stromtarife   bei  Elektriiitätswerken    und   die  Konkurrenz   der 
Blockstationen.  Elektr.  Zeitschr.  1897.  S.  239. 


1198        IIL    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Auch  hat  man  aus  kaufmännischen  Rücksichten  bei  manchen  Werken  die  Grnndtaxe 
nicht  einheitlich  sondern  mit  der  Grösse  des  Anschlusses  fallend  aufgestellt  Bei  den 
Abonnenten  haben  sich  diese  Grundtaxen  niemals  einer  Beliebtheit  erfreut.  Viele  Ab- 
nehmer bleiben  trotz  aller  Belehrungen  des  Glaubens,  dass  sie  bei  Anwendung  einer 
Grundtaxe  und  eines  Strompreises  pro  KW  den  Strom  doppelt  bezahlen.  Die  Grund- 
taxe wird  tarifmässig  entweder  nach  der  nominellen  Kerzenstarke  der  Lampen  und 
nach  der  nominellen  PS#-  Stärke  des  Motors  oder  nach  dem  umgerechneten  Anschluss- 
gleichwert  in  KW  berechnet  Für  den  Werkbesitzer  sowohl  wie  für  die  Abnehmer  ist 
die  Grundtaxe  insofern  lästig,  als  mindestens  einmal  im  Jahre  eine  Revision  des  An- 
schlusses zur  Kontrolle  und  zur  Berechnung  der  Grundtaxe  für  jeden  Abonnenten  not- 
wendig ist.  Dem  Abonnenten  wird  es  in  unbequemer  Weise  erschwert,  Änderungen  an 
seiner  Anlage  zur  beliebigen  Zeit  vorzunehmen. 

Um  das  Misstrauen  der  Abnehmer  wegen  der  vermeintlichen  doppelten  Bezahlung 
des  Stromes  zu  beseitigen,  haben  es  eine  grössere  Anzahl  von  Werken  vorgezogen,  statt 
der  Grundtaxe  Mindestgebühren  einzuführen,  welche  nicht  als  runde  Summe  vor- 
weg berechnet  werden,  sondern  nur  dann  zur  Wirkung  kommen,  wenn  die  tarifmässige 
Stromrechnung  für  jedes  angeschlossen^  KW  die  Mindestgebühr  nicht  erreichen  sollte. 
Die  Gesichtspunkte  für  die  Berechnung  einer  solchen  Mindestgebühr  ergeben  sich  nach 
obigem  von  selbst.  Von  76  schweizerischen  Werken  mit  Zählertarifen  wenden  26  die 
Mindestgebühren  an.  Der  Nachteil,  dass  jährlich  einmal  eine  Kontrolle  des  Anschlusses 
notwendig  ist,  bleibt  aber  auch  bei  den  Mindestgebühren  bestehen. 

Einige  deutsche  Werke  bieten  neben  einem  einfachen  Zählertarif  ohne 
Grundtaxe  oder  Mindestgebühren  einen  etwas  billigeren  Tarif  mit  Mindestgebühr 
an,  gewähren  also  damit  gewissennassen  für  die  vom  Abnehmer  freiwillig  geleistete 
Sicherheit  eines  Mindestkonsums  als  Gegenleistung  eine  Prämie  auf  den  Preis. 

Die  Rabatte  auf  den  Strompreis  werden  gewährt: 

1.  als  Benutzungsdauerrabatte  oder 

2.  als  Geldrabatte  oder 

3.  in  einer  Kombination  von  beiden. 

Beim  Geldrabatt  werden  auf  die  Summe  der  Jahresrechnung,  je  nach  ihrer 
Höhe,  Rabatte  mit  steigender  Skala  gewährt.  Die  Geldrabatte  begünstigen  also  nur  die 
grossen  Anschlüsse,  ohne  auf  die  Benutzungsdauer  besondere  Rücksicht  zu  nehmen. 
Ihre  Berechtigung  ist  aus  rein  kommerziellen  Gesichtspunkten  abgeleitet.  Wenn  z.  B. 
ein  Abnehmer  mit  10  KW  Anschlags  jährlich  1000  Benutzungsstunden  hat  und  ein 
zweiter  Abonnent  mit  20  KW  Anschluss  nur  500  Benutzungsstunden,  so  würden  beide 
den  gleichen  Rabatt  erhalten,  obwohl  für  die  wirtschaftliche  Ausnützung  der  Anlage  der 
erstgenannte  Abnehmer  ungleich  wertvoller  ist  Eine- Kontrolle  des  Anschluss- 
wertes bei  den  Abnehmern  ist  für  diese  Art  des  Rabattes  nicht  nötig, 
was  die  Verwaltung  vereinfacht  und  was  von  den  Abnehmern  sehr  geschätzt  wird.  Der 
Nachteil  ist,  dass  erst  am  Jahresschluss  bei  der  letzten  Monatsrechnung  der  Rabatt 
tatsächlich  berechnet  werden  kann.  Hierdurch  wird  das  Rechnungswesen  insofern 
erschwert,  als  sich  die  grosse  Arbeit  der  Rabattberechnung  und  die  Erledigung  der  sich 
daran  anknüpfenden  etwaigen  Einsprüche  der  Abnehmer  auf  eine  kurze  Zeit  zu- 
sammendrängen. 

Der  Benutzungsdauerrabatt  dagegen  wird  so  berechnet,  dass  von  einer 
gewissen  Benutzungsdauer  an  auf  die  Grundpreise  Rabatte  mit  steigender  Skala  zur 
Berechnung  kommen.  Der  reine  Benutzungsrabatt  würde  also  die  Grösse  des  Anschlusses 


§  8.  Die  Tarife  dek  Wasserkraftanlagen.  1199 

an  sich  nicht  berücksichtigen  und  vom  betriebstechnischen  Standpunkt  für  das  Werk 
der  richtigere  sein.  Er  bat  aber  den  Nachteil,  dass  eine  Kontrolle  des  Anschlusswertes 
nötig  ist,  dagegen  wiederum  den  Vorteil,  dass  die  Abrechnung  endgültig  für  jeden  Ab- 
nehmer monatlich  erfolgen  kann.  Bei  dem  reinen  Benutzungsdauerrabatt  würde  also 
der  grössere  Abnehmer  gegenüber  dem  kleinen  nicht  begünstigt.  Weil  nun  die  grösseren 
Abnehmer  nach  den  allgemein  herrschenden  Gewohnheiten  meistens  eine  besondere  Preis- 
stellung verlangen,  und  überdies  bei  einer  grösseren  Eigenanlage  (Blockstation)  der  Strom 
billiger  erzeugt  werden  kann  als  in  einer  kleineren,  so  findet  man  vielfach  sowohl 
den  Benutzungsdauerrabatt  als  auch  den  Geldrabatt  in  Kombination  und 
diese  Lösung  der  Tariffrage  gewinnt  noch  an  Boden. 

Jeder  projektierende  Ingenieur  kann  sich  auf  leichte  Weise  die  Tarife  benach- 
barter oder  solcher  Werke  beschaffen,  bei  welchen  ähnliche  Verhältnisse  wie  bei  dem 
von  ihm  projektierten  Werke  vorliegen.  Es  kann  deshalb  hier  davon  Abstand  genommen 
werden,  ausführliche  Beispiele  für  die  besprochenen  Zählertarife  wiederzugeben. 

d)  Tarife  ohne  Grundtaxe  oder  Mindestgebühr,  aber  mit  Geld-  und 
Benutzungsdauerrabatten.  Wenn  sich  auf  Grund  der  Vorarbeiten  mit  einiger 
Sicherheit  annehmen  lässt,  dass  der  grosse  Durchschnitt  der  Anschlüsse  die  im  vorigen 
Unterabschnitt  gekennzeichnete  Mindestbenutzungsdauer  erreicht,  so  ist  es  zur  Ver- 
einfachung des  Tarifs  zu  empfehlen,  auf  Grundtaxen  oder  Mindestgebühren 
von  vornherein  zu  verzichten  und  das  um  so  mehr,  wenn,  was  sich  bei 
Wasserkraftanlagen  meistens  empfehlen  dürfte,  neben  den  Zählertarifen 
auch  Pauschaltarife  angeboten  werden. 

Bezüglich  der  oben  besprochenen  drei  verschiedenen  Rabattarten  gibt  Fritz 
Hoppe    die  in  nachfolgender  Tabelle  zusammengestellte  Übersicht15). 

Zu  erwähnen  wäre  nur  noch,  dass  es  nötig  ist,  die  Preisstaffel  in  der  Pauschaltarife 
und  der  Zählertarife  so  miteinander  abzustimmen,  dass  Leistung  und  Gegenleistung 
bei  beiden  Tarifen  nicht  allzu  stark  voneinander  abweichen.  Da  der  Zählertarif  an 
sich  betriebstechnisch  für  das  Werk  der  gesündere  ist,  so  ist  es  zweckwidrig,  wenn, 
wie  man  es  oft  findet,  der  Abnehmer  nach  Zähler messung  tatsächlich  sehr  viel  mehr 
zahlen  muss,  als  er  nach  dem  Pauschaltarif  zu  zahlen  gehabt  hätte.  Der  Pauschaltarif 
baut  sich  in  Deutschland  für  Licht  etwa  auf  einer  durchschnittlichen  Benutzungsdauer 
von  4 — 500  Stunden  und  einen  Grundpreis  pro  KW-Stunde  von  50—60  Pfg.  auf.  Wie 
der  Pauschaltarif  für  Kraft  berechnet  wird,  ist  beispielsweise  aus  den  S.  1191/92  gegebenen 
Tarifen  zu  entnehmen.  Wenn  es  nun  auch  durchaus  gerechtfertigt  ist,  dass  der  Abnehmer, 
welcher  dem  Werke  die  Sicherheit  einer  einen  angemessenen  Gewinn  abwerfenden 
Einnahme  gewährt,  etwas  begünstigt  wird,  so  sollte  man  die  Rabatte  bei  Zählertarifen 
doch  60  einrichten,  dass,  wenn  ein  Zählerabnehmer  die  dem  Pauschaltarif  zugrunde 
liegenden  Benutzungsstunden  erreicht  hat,  die  Preise  für  den  Mehrverbrauch  so  stark 
heruntergesetzt  werden,  dass  die  Spannungen  zwischen  den  Jahresbeträgen  nach  Pauschal- 
tarifen und  Zählertarifen  nicht  mehr  als  10  bis  höchsens  20%  betragen. 

e)  Doppeltarife  mit  Erhöhung  des  Preises  für  gewisse  Stunden. 
Gisbert  Kapp  hat  auf  dem  Verbandstage  der  Elektrotechniker  1894  in  einem  Vor- 
trage darauf  hingewiesen,  dass  man  in  England  damals  schon,  z.  B.  in  Ipswich,  die 
Strompreise  unterschiedlich  je  nach  der  Jahres-  und  Tageszeit  festsetzte  und  die  Zweck- 
mässigkeit dieser  Massregel  eingehend  begründet. 


i&)  Elektr.  Zeitschr.  1905.  8.  676. 


1200 


IIL    Theodor  Kobbk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 


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|  8.  Die  Tarife  dbb  Wabserkraftaiculoek.  1201 

Rasch16)  hat  dann  in  einem  längeren  Aufsatz  nachgewiesen,  dass  es  vom 
betriebstechnischen  Standpunkt  überhaupt  unrichtig  sei,  zu  fragen,  zu  welchem 
Zwecke  der  elektrische  Strom  verbraucht  wird,  dass  man  vielmehr  bei  Be- 
messung des  Tarifs  nur  zu  fragen  habe:  Zu  welcher  Zeit  erfolgt  die  Strom- 
entnahme? Den  Interessen  des  Werkes  vom  betriebstechnischen  Standpunkt  aus  wird 
man  in  der  Tat  am  meisten  gerecht  werden  können,  wenn  man  den  Strom  zu  gewissen 
Stunden  des  Höchstverbrauchs  zu  einem  hohen  und  in  allen  übrigen  Zeiten  zu  einem 
bedeutend  ermüssigten  Einheitssatz  verkauft  und  die  Frage  nach  dem  Zwecke  des 
Stromverbrauchs  wenn  möglich  vollständig  fallen  lässt.  Eine  nähere  Begründung  dieser 
Auffassung  ist  nach  dem,  was  bereits  mitgeteilt  ist,  entbehrlich.  In  der  Tat  sind  diesem 
Vorschlage  in  neuerer  Zeit  bereits  eine  ganze  Reihe  von  grösseren  Elektrizitätswerken 
gefolgt.  Nach  Hoppe  (Elektr.  Zeitschr.  1905.  S.  676)  hatten  1904  von  135  deutschen 
Elektrizitätswerken  4  Werke  für  licht  und  von  121  Werken  6  für  Kraft  den  Doppeltarif 
eingeführt.  Als  typisch  kann  folgender  seit  1902  in  Elberfeld  eingeführter  Tarif 
betrachtet  werden: 

Doppeltarif  des  Elektrizitätswerkes  der  Stadt  Elberfeld. 

,Die  Stromabgabe  erfolgt  nach  einem  I.  Abend-  und  IL  Tages-  und  Nachttarif.    Der  Preis  für 
die  KW-Stunde  beträgt: 

I.  Nach  dem  Abend tarif : 

für  1—10  000  KW-Stunden  ä  55  Pfg. 

,     10000-15  000    ,  „        ,  50     „ 

Ober         15000  „  „        ,  45     , 

Dieser  Tarif  gilt  für  folgende  Abendstunden: 

im  Januar    von  41/*  bis  10  Uhr  im  August       von  81/*  bis  10  Ubr 

„    Februar    „    5Vi    ,     10    „  ,    September    ,    61/«   »     10    ,, 

,    März         ,    67*    „     10    ,  ,    Oktober        „    5 7*    ,     10    , 

,    April        ,     7l/t    ,     10    „  ,    November     ,    5       ,     10    „ 

,    Mai  ,    8V«   ,     10    .  „    Dezember     ,    41/«    ,     10    „ 

In  den  Monaten  Juni  und  Juli  wird  nur  der  im  Tarif  II  festgesetzte  Preis  in  Ansatz  gebracht. 

II.  Nach  dem  Tages-  und  Nachttarif  für  die  verbrauchten  KW-Stunden  von: 

0—1000  KW-Stunden  ä  20  Pfg.  6000-    7000  KW-Stunden  a  14  Pfg. 


1000-2000 

» 

* 

.  1»     . 

7000—    8000 

» 

W 

.  13 

2000—8000 

* 

* 

.  18    . 

8000—    9000 

■ 

ft 

,  12 

3000-4000 

* 

9 

.  "    , 

9000—  10000 

* 

» 

.  11 

4000-5000 

» 

• 

.  1«    . 

10000—260000 

t  » 

1» 

.  10 

5000—6000 

* 

P 

.  1&    . 

Aber  250000 

» 

II 

.    » 

Für  die  Anwendung  des  vorstehenden  Tarif  es  gelten  noch  die  nachstehenden  näheren  Be- 
stimmungen : 

1.  Die  betreffenden  Konsumenten  haben  die  doppelte  Zählermiete  zu  zahlen,  da  für  diesen  Tarif 
ein  neuer  Doppeltarifzähler  beschafft  werden  muss. 

2.  Motorenbesitzer,  welche  einen  Dauerbetrieb  dabin  garantieren,  dass  sie  ihre  Motoren  min- 
destens 200  Stunden  im  Monat  im  Betrieb  erhalten,  was  durch  einen  besonderen  kleinen  Zeitmesser 
festgestellt  wird,  erhalten  den  Strom  durchweg  —  also  auch  während  der  Abendstunden  —  zu  dem 
billigen  Tarif  berechnet 

3.  Motorenbesitzer,  welche  den  vorstehend  bezeichneten  Dauerbetrieb  nicht  haben,  erhalten  ohne 
weiteres  Doppeltarifzähler  and  zahlen  ihren  Verbrauch  nach  dem  Tages-  bezw.  Abendtarif." 

Unter  anderen  Städten  sind  später  Stattgart  und  Köln  gefolgt.  Das  Werk  der 
Stadt  Stattgart  unterscheidet  aber  noch  zwischen  Licht  und  Kraft. 


")  Dr.  Rasch,    Ein   Beitrag    zur   Herabsetzung   der   Stromtarife.     Elektr.   Zeitschr.    1895. 
Heft  47.  S.  739. 

Handbuch  der  In*.-Wi*s«n»eA.    m.  TeiL    IS.  Bd.  76 


1202         IIL    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzelheiten. 

Tarif  für  Stromabgabe  des  städtischen  Elektrizitätswerkes  Stuttgart-Marbaeh 

„Der  Strompreis  für  Liebt  beträgt  für  die  KW- Stunden 

a)  im  Sommerhalbjahr  (t  April  bis  30.  September) 40  Pfg. 

b)  im  Winterhalbjahr  (1.  Oktober  bis  31.  März)  in  der  Zeit  von  nachmittags  4  Uhr 

bis  abends  8  Uhr 60    , 

in  der  übrigen  Zeit 40    . 

Der  Strompreis  für  Kraft-  und  Heiz  zwecke  beträgt  für  die  KW-Stunde : 

a)  im  Sommerhalbjahr  (1.  April  bis  30.  September) 20  Pfg. 

b)  im  Winterhalbjahr  (1.  Oktober  bis  31.  März)  in  der  Zeit  von  nachmittags  5  Uhr 

bis  abends  7  Uhr 40     . 

in  der  übrigen  Zeit 20, 

Bei  Vorhandensein  von  einem  oder  mehreren  Motoren  von  1  PS«  und  darüber  ist  die  Eis- 
schaltung einer  10 kerzigen  Glühlampe  in  die  Motorenleitung  gestattet,,  wenn  die  hierfür  besonders  aas- 
gegebenen  Bedingungen  eingehalten  werden." 

Was  die  technischen  Apparate  für  die  Doppelzählung  betrifft,  so  kommen  im 
wesentlichen  zwei  verschiedene  Einrichtungen  in  Frage: 

Die  eine  Einrichtung  besteht  ans  einem  normalen  Zähler,  welcher  mit  einer  Ton  dem- 
selben getrennten  Kontaktuhr  und  einem  ebenfalls  für  sieh  abgeschlossenen  Tarifapparat  kom- 
biniert wird.  Letzterer  enthält  ein  Zählwerk  mit  springenden  Zahlen  und  kleine  elektromagnetische 
Relais  und  gibt  den  Wattverbrauch  innerhalb  der  Zeit  des  hohen  Tarifes  an.  Die  Kontaktuhr 
dient  dazu,  den  Tarifapparat  innerhalb  dieser  Zeit,  welche  auf  dem  Zifferblatt  der  Uhr  eingestellt 
wird,  einzuschalten.  Die  Berechnung  des  Stromverbrauchs  findet  also  in  der  Weise  statt,  daas  die 
KW -Stunden  des  eigentlichen  Zählers,  welcher  den  ganzen  Verbrauch  anzeigt,  zu  dem  niedrigeren 
Satz  in  Anrechnung  gebracht  werden,  während  die  Angaben  des  Tarif apparates  dazu  dienen,  den  Zu- 
schlag während  der  Sperrzeit  in  Rechnung  zu  stellen.  Der  Tarif  apparat  wird  durch  einen  an 
dem  Zählwerk  des  Hauptzählers  angebrachten  Eontakt  betätigt,  welcher  nach  einer  gewissen 
Anzahl  von  Umdrehungen  des  Hauptzäblers  den  durch  Eontaktuhr  und  Relais  des  Tarifapparates 
hindurchgehenden  Stromkreis  schliesst  bezw.  öffnet  und  dadurch  das  Zählwerk  des  Tarifapparates 
zwingt,  mit  dem  Hauptzählwerk  asynchron  zu  gehen.  Wenn  z.  B.  die  KW-Stunden  am  Tage  und  in 
der  Nacht  zu  den  billigeren  Preisen  von  Mk.  0,40  pro  KW-Stunde  und  in  den  Abendstunden  aber  zu 
Mk.  0,60  abgegeben  werden,  so  sind  sämtliche  KW-Stunden  des  Hauptzählers  mit  Mk.  0,40  in  Rechnung 
zu  stellen,  diejenigen  des  Tarifapparates  mit  Mk.  0,20. 

Die  zweite  Einrichtung  benutzt  neben  der  bereits  beschriebenen  Kontaktuhr  einen 
einzigen  Zähler,  welcher  aber  nicht  normal  ausgeführt,  sondern  mit  einem  Doppeliählwerk 
versehen  ist  und  eine  kleine  elektromagnetische,  selbsttätig  wirkende  Umschaltvorrichtung  besitzt . 
Sobald  der  Stromkreis,  in  welchem  die  Wicklung  eines  kleinen  Relais  liegt,  durch  die  Kontaktuhr  ge- 
schlossen wird,  überträgt  sich  mittelst  eioes  kleinen  Relais  und  einer  Spitzenkuppelung  die  Be- 
wegung der  Achse  von  dem  ersten  auf  das  zweite  Zählwerk,  sodass  das  erste  ausser  Kraft  tritt 
und  nur  das  zweite  registriert.  Bei  dieser  Einrichtung  zeigt  also  jedes  von  beiden  Zählwerken  getrennt 
den  Verbrauch  während  je  einer  der  beiden  täglichen  Tarifperioden  an,  und  es  würde  bei  dem  oben 
angeführten  Beispiel  die  KW-Stunden  des  einen  Zählwerks  mit  Mk.  0,40,  diejenigen  des  anderen  mk 
Mk.  0,60  in  Rechnung  zu  stellen  sein. 

Die  letztbeschriebene  Doppeltarifeinrichtung  (Zähler  mit  Doppelzählwerk  und  Kontaktuhr}  kann 
von  den  Zählerfabriken  auch  in  einer  Ausführung  geliefert  werden,  bei  welcher  wie  bei  der  zuerst  be- 
schriebenen Doppeltarifeinrichtung  Uhrwerk  I  den  gesamten  Verbrauch  (lt.  Beispiel  mit  Mk.  0,40  pro 
KW-Stunde  zu  berechnen),  Uhrwerk  II  den  Verbrauch  während  der  Sperrzeit  (lt.  Beispiel  mit  Mk.  0,20 
pro  KW-Stunde  zuschläglich  zu  berechnen)  anzeigt. 

rj)    Tarife    mit  Höchstverbrauchszählern  [Wrightsche17)  und  Wilkens- 
sche18)  Tarife].    Diese  Tarife  gehen  von  dem  Satze  aus,   dass  jeder  Abnehmer  seinen 


17)  Arthur  Wright,  Grundsätze  für  eine  nutzbringende  Stromabgabe  bei  Elektrizitätswerken 
(nach  einem  Vortrage  des  genannten  Verfassers  vor  der  Institution  of  Electrical  Engineera.  12.  De- 
zember 1901).     Elektr.  Zeitschr.  1902.  Heft  5.  S.  90  u.  ff. 

18)  K.  Wilkena,  Die  Bemessung  des  Strompreises  bei  Elektrizitätswerken.  Elektr.  Zeitschr. 
1901.  Heft  6.  S.  116  u.  ff. 


§  8.  j/ie  Tarife  der  Wasserkhaftanlagen.  1203 

richtig  berechneten  Teil  zum  Gesamtergebnis  beitragen  müsse.  Das  soll  dadurch  er- 
reicht werden,  dass  mindestens  die  indirekten  Betriebskosten  des  Werkes  sowie  die 
Kosten  der  allgemeinen  Verwaltung  d.  h.  die  sogenannten  Bereitstellungskosten  in  dem 
Verhältnis  auf  die  einzelnen  Abnehmer  verteilt  werden,  in  welchem  dieselben  an  dem 
Strommaximum  des  Krafthauses  Anteil  nehmen  und  dadurch  die  Grösse  des  Werkes 

bestimmen,    Nimmt  man  an,  dass  ein  Abnehmer  am  Strommaximum  mit  —  beteiligt  ist 

a 

und  dass  die  gesamten  Bereitstellungs-Kosten  des  Werkes  Z  Mk.  jährlich  betragen, 

2 
so  würde  der  auf  den  Abnehmer  entfallende  Betrag-  ausmachen.    Beträgt  der  Jahres- 

verbrauch  eines  Abnehmers  A  KW -Stunden,  so  würde  sein  Anteil  an  den  Bereit- 
stellungskosten pro  KW- Stunde 

s  =  — r-  in  Mk.  sein.  (3) 

a .  a 

Bezeichnet  man  die  Summe  der  Stromwerte  bei  sämtlichen  Abnehmern  zu- 
sammengenommen während  der  Zeit  der  höchsten  Belastung  im  Krafthause  mit 
M  in  KW  und  den  Stromwert  eines  einzelnen  Abnehmers  während  derselben  Zeit  mit  m, 

M 

so  ist  —  =  a  und  man  kann  Gleichung  (3)  auch  schreiben 
m 

s=mTä  (4> 

Zur  Deckung  der  übrigen  direkten  Betriebskosten  und  eines  beabsichtigten 
Gewinnes  würde  der  Konsument  dann  noch  a .  A  in  Mk.  zu  zahlen  haben  und  der  Ge- 
samtstrompreis für  einen  bestimmten  Konsumenten  müsste  betragen: 

7     m 

*  ===  \T~T  4" a  "*  Mk.  pro  KW-Stunde.  (5) 

Zu  beachten  ist  noch  bei  Berechnung  des  Wertes  von  m,  dass  die  Strommaxima 
bei  allen  Abnehmern  keineswegs  zeitlich  zusammenzufallen  brauchen.  Bei  einer  Anlage 
mit  vorwiegend  Lichtlieferung  wird  die  Summe  aller  Einzelmaxima  etwa  das  1,5  fache 
des  Höchstverbrauchs  im  Krafthause  betragen. 

Es  kann  nun  z.  B.  die  Preisberechnung  in  der  Weise  stattfinden,  dass  man  den  Höchst- 
verbrauch an  elektrischer  Energie  während  einer  Stunde  oder  Viertelstunde  des  Kalender- 
jahres festsetzt  und  einen  n  fachen  Betrag  dieses  Höchstverbrauches  pro  Zeiteinheit 
(Stunde)  in  jedem  Kalenderjahr  mit  einem  Grundpreis  pro  KW-Stunde  bezahlen  lässt, 
während  der  übrige  Stromverbrauch  im  Kalenderjahr  dann  nur  noch  mit  einer  kleineren 
Gebühr  pro  KW-Stunde  in  Rechnung  gestellt  wird. 

Ein  Beispiel  hierfür  bietet  der  Tarif  der  Oberschlesischen  Elektrizitäts- 
werke, dessen  einschlägige  Bestimmungen  untenstehend  abgedruckt  sind. 

Bezeichnet  wieder  Z  in  Mk.  die  Summe  derjenigen  Bereitstellungskosten,  welche 
nach  dem  Masstab  des  Höchstverbrauchs  auf  die  Abnehmer  verteilt  werden 
sollen  und  M  die  Summe  der  Stromwerte  bei  sämtlichen  Abnehmern  während  der 
Zeiteinheit  des  höchsten  Verbrauchs  in  KW,  xx  den  Stromgründpreis  in  Mk. ,  n  die 
Anzahl  der  Stunden,  während  welcher  der  Grundpreis  von  jedem  Abnehmer  gezahlt 
werden  soll,  so  ist  Z  =  xt .  M .  n,  also 

x,  =  -^ in  Mk.  (6) 

M  .  n  ' 

Beispiel:  Nach  Tabelle  XI.  S.  272  betragen  die  Gesamtbetriebskosten  (ohne  die  Kosten  der  all- 
gemeinen Verwaltung,   aber  einschliesslich  4,5 °/o  Verzinsung  der  Anlagekosten  der  hydraulisch-elektri- 

76* 


1204  III.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    EnrzELHEnor. 

sehen  Anlage  bis  zum  Ende  der  Fernleitung)  einer  600  PS*  Wasserkraft  bei  8000sttadigesn 
50226,6  Mk.  Zar  Deckung  der  Kosten  der  allgemeinen  Verwaltung,  sowie  der  ükUrekteei  Be- 
triebskosten  für  das  Verteilungsnetz  seien  80278,4  als  nötig  angenommen»  also  die  hier  im  erweiterten 
Sinne  aufgefaasten  Bereitstellungskosten  mögen  rd.  80500,0  Mk.  betragen.  Der  Qanamthachsiimhianch 
bei  allen  Abnehmern  möge  zu  865  KW  angenommen  werden  nnd  n  zu  500  Stunden*  dann  wird  nach  (6> 

_    80MM)     _UV9m 
*l~~  865.500   ""**  "* 

Bezeichnet  ferner  E  das  Gesamtanlagekapital  (einschliesslich  Verteilungsnetx)  und 
e  denjenigen  Prozentsatz  desselben,  welcher  zur  Deckung  der  durch  den  Grandpreis  «, 
noch  nicht  gedeckten  Betriebskosten  und  zur  Verteilung  eines  über  die  normale 
Verzinsung  hinausgehenden  Gewinnes  auf  das  Kapital  nötig  ist,  A  die  Ge- 
samtanzahl der  jährlich  abzugebenden  KW-Stunden  und  x,  den  Preis  pro 
K W-Stunde ,  welcher  für  die  den  Wert  M  X  n  übersteigende  Energielieferung  gezahlt 
werden  soll,  so  muss  sein: 

=  (A — M.n).»%,  also  x,  ~  tAA/A  *   w — ;  (7) 


100       v~      -.-#.-■,  «~-«      100(A  — M.n) 

Fortsetzung  des  obigen  Beispiels:  Das  Anlagekapital  des  Wasserimft-Eletorisitats- 
werkes  bis  zum  Eode  der  Fernleitung  sei  (nach  Tab.  XI,  8.  272)  602800  Mk.,  die  Anlagekosten  Ar  das 

Verteilungsnetz  .  =  247  200  Mk. 

Summa:  K   =  850000  Mk. 

Es  sei  ferner  «  =  8,  A  =  800  000  KW  Standen  also 

(A  —  M .  n)  =  (800000  —  865  X  500)  =  617  500  KW-Stunden. 

Demnach  *,  =  m.Tl^O  =°m  Mk-*1  ** 

Die  diesbezüglichen  Bedingungen  des  auf  dem  Prinzip  des  Höchstverbrauchs  auf- 
gebauten Tarifs   des  Oberschlesischen  Elektrizitätswerks  Gleiwitz  lauten: 

,Die  Messung  des  elektrischen  Stromes  erfolgt  unter  Benutzung  eines  von  der  Physikalisch- 
Technischen  Reichsanstalt  in  Charlottenburg  als  zuverlässig  anerkannten  Elektrixitätsxählers 
in  Verbindung  mit  einem  Höchstverbrauchsmesser,  welcher  von  den  Elektrizitätswerken  als 
Ergänzung  des  Elektrizitätszählers  ohne  Aufschlag  geliefert  wird. 

Der  Höchstverbrnuchsmesser  zeigt  an,  welcher  Höchstverbrauch  in  elektrischer  Energie  wahrend 
einer  Viertelstunde  des  Kalenderjahres  stattgehabt  hat  Dieser  Höchstverbrauch  ist  mass- 
gebend für  die  Preisbestimmung  der  abzulassenden  elektrischen  Energie  in  folgen- 
der Weise: 

Der  ermittelte  viertelstundige  Höchstverbrauch  wird  mit  4  multipliziert  und  jeder  Abnehmer 
unterwirft  sich  der  Annahme,  dass  der  also  ermittelte  Höchstverbrauch  den  Höchstverbrauch  pro 
Stunde  darstellt 

Der  500fache  Betrag  dieses  Höchstverbrauches  pro  Stunde  wird  in  jedem  Kalender 
jähr  mit  40  Pfg.  pro  KW-Stunde  bezahlt  Die  übrige  Stromentnahme  im  Kalenderjahr  kostet  alsdann 
nur  4  Pfg.  pro  KW-Stunde. 

Auf  die  für  das  ganze  Jahr  in  obiger  Weise  berechneten  und  bezahlten  Beträge  werden  folgende 

Rabatte  gewahrt: 

Von  0-1000Mk.  0°/o 

„  1000-10000    ,  10°/o 

„  10000-20000    „  20°/o 

„  20000-80000    ,  30°/o 

,  80  000  Mk.  und  darüber  40  °/o 

Diese  Rabattsatze  beziehen  sich  nicht  auf  die  ganze  in  einem  Kalenderjahr 
bezahlte  Summe,  sondern  nur  auf  die  zwischen  zwei  der  obigen  Grenzen  liegenden 
Beträge  der  Jahressumme  und  werden  für  jede  Anlage,  bezw.  wenn  mehrere  Zähler  in  derselben 
vorhanden  sind,  für  jeden  mit  einem  Zähler  versehenen  Teil  der  Anlage  besonders  berechnet. 

Besitzer  grösserer  Lokale,  welche  die  Elektrizität  auch  in  vom  HaupÜokal  getrennten  Räumen 
benutzen,  können  die  Aufstellung  mehrerer  Messapparate  verlangen,  es  finden  alsdann  die  Berechnungen 
der  zu  zahlenden  Beträge  sowohl  als  auch  der  zu  vergütenden  Rabatte  nach  Anzeige  der  einzelnen 
Messapparate  getrennt  statt. 


§  8.  Die  Tarife  der  Wasserkraftanlagen.  1206 

Die  Oberschlesischen  Elektrizitätswerke  werden  in  einseinen  Fällen  die  Elektrizität 
auch  zu  Pauschalpreisen  abgeben. 

Auf  Bezog  der  elektrischen  Energie  zum  Satze  von  4  Pfg.  pro  KW-Stunde  hat 
ein  Abnehmer  in  jedem  Falle  nur  dann  ein  Recht,  wenn  die  Zahlung  für  die  mit 
40  Pfg.  pro  KW-Stunde  zu  entlohnende  Strommenge  voll  geleistet  ist.  Ist  solche 
Zahlung  infolge  eines  beliebigen  Umstandes,  z.  B.  im  Falle  des  Konkurses  des  Abnehmers,  nicht  in 
voller  Hohe  erfolgt,  so  bleibt  das  Bezugsrecht  auf  die  billige  Stromabgabe  solange  aufgeschoben,  bis 
die  500  Stunden,  welche  mit  40  Pfg.  zu  entlohnen  sind,  nicht  bloss  verbraucht,  sondern  effektiv  be- 
zahlt sind." 

Der  Tarif  nach  Höchstverbrauchszählern  ist  starkem  Widerspruch  begegnet, 
welcher  sich  in  der  Hauptsache  dagegen  richtet,  dass  die  Bereitstellungskosten  ganz 
und  gar  auf  diejenigen  Abnehmer  abgewälzt  werden,  die  an  der  Höchstbelastung  des 
Krafthauses  teilnehmen.  Man  wendet  ein,  dass  bei  dieser  Anteilnahme  auch  Zufällig- 
keiten eine  grosse  Rolle  spielen  können.  Ferner  wird  dem  Tarif  zum  Vorwurf  gemacht, 
dass  durch  die  Vermehrung  und  Komplikation  der  Messapparate  dem  Abnehmer  der 
Strom  unnötig  verteuert  und  die  Berechnung  der  Stromkosten  sowohl  für  die  Verwaltung 
als  auch  für  den  Abnehmer  zu  verwickelt  und  unsicher  wird19). 

Da  diejenigen  Konsumenten,  welche  z.  B.  während  des  Höchstverbrauchs  im  Kraft- 
hause keinerlei  oder  nur  geringen  Strombedarf  haben,  die  Höhe  der  Bereitstellungskosten 
nicht  oder  nur  in  geringem  Masse  beeinflussen,  auch  wenn  sie  z.  B.  in  demselben  Monat 
ein  hohes  Einzelmaximum  erreichen,  so  müssten  bei  konsequenter  Durchführung  des 
Betriebs  die  Höchstverbrauchmesser  noch  mit  Zeitschaltern  versehen  werden,  welche  eine 
besondere  Messung  des  Strommaximums  der  einzelnen  Abnehmer  während  der  voraus- 
sichtlichen Zeit  des  Höchstverbrauchs  im  Krafthause  gestatten.  Dadurch  würde 
das  System  der  Messapparate  abermals  kompliziert. 

Nach  Hoppe20)  hatten  von  135  deutschen  Werken  1904  erst  zwei  für  Licht 
und  von  121  Werken  eins  für  Kraft  den  Tarif  mit  Höchstverbrauchszählern  eingeführt. 

Es  sind  verschiedene  Arten  von  technischen  Einrichtungen  zur  Feststellung  des 
Höchstverbrauchs  erdacht  und  ausgeführt  worden. 

Die  von  der  Allgemeinen  Elektrizitäts-Gesellschaft  in  Berlin  gelieferten  Höchst- 
verbrauchszähler  Type  T.M.A.  haben  z.  B.  folgende  Einrichtung: 

Der  Maximalanzeiger  Type  T.M.A.  der  Allgemeinen  Elektrizitäts-Gesellschaft  besteht  ans 
einem  Uhrwerk  von  etwa  35tägiger  Gangdauer,  in  welches  ein  kleines  Relais  eingebaut  ist, 
und  ans  einer  auf  das  Zählwerk  des  Zählers  aufgesetzten  Kontaktvorrichtuog,  welche  dieses 
Relais  von  Zeit  zu  Zeit  betätigt    Der  Apparat  funktioniert  in  folgender  Weise: 

Nach  je  30  Umdrehungen  des  Zählers  wird  einmal  am  Zählwerk  Eontakt  gemacht  und  dadurch 
in  dem  in  den  Spannungsstromkreis  geschaltetem  Relais  des  Zusatzaggregates  ein  Stromstoss  hervor- 
gebracht. Dieser  erteilt  dem  Anker  des  Relais  eine  kurze  Bewegung  und  schiebt  einen  damit  in  Ver- 
bindung stehenden  Zeiger  durch  ein  Anschlagstack  um  eine  bestimmte  kleine  Strecke  auf  einer  Skala 
vorwärts.  Diese  Bewegung  geht  stossweise  während  15  Minuten  vor  sich;  nach  Ablauf  derselben  stellt 
das  Uhrwerk  das  erwähnte  Anschlagstück  in  die  Nullstellung  zurück,  ohne  aber  den  Zeiger  mitzunehmen. 
Letzterer  gibt  also  an,  wieviel  Umdrehungen  in  den  15  Minuten  von  der  Zählerachse  gemacht  worden 
sind,  und  da  bekanntlich  die  Umdrehungszahl  des  Zählers  pro  Minute  den  durch  den  Zähler  durch- 
geflossenen Watts  proportional  ist,  so  zeigt  indirekt  der  Apparat  auch  an,  mit  wieviel  Watt  (nicht 
Wattstunden)  im  Mittel  während  der  Periode  von  15  Minuten  das  zu  kontrollierende  Netz  belastet  war. 

Das  Spiel  beginnt  nun  von  neuem  und  das  Anschlagstück  wird  unter  Umständen  in  derselben 
Weise  in  den  zweiten  15  Minuten  um  ein  bestimmtes  Stück  vorwärts  gebracht.  Ging  in  dieser  Zeit 
der  Zähler  langsamer  als  zuvor,  wird  das  Anscblagstück  den  Zeiger  gar  nicht  erreichen  und  dieser  bleibt 
in  seiner  ersten  Stellung  stehen.    Sobald  aber  in  einer  späteren  Viertelstunde  die  Belastung  des  Zählers 


19)  Etienne  de  Fodor  (Budapest),  Zur  Tariffrage.    Elektr.  Zeitschr.  1901.  Heft  a  S.  184. 
so)  Elektr.  Zeitschr.  1905.  S.  676. 


1206  III.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

gewachsen  ist,  wird  auch  das  Anschlagstück  weiter  vorrücken  and  den  Zeiger  entsprechend  «*-it 
mitnehmen.  Derselbe  gibt  also,  wie  ersichtlich,  das  jeweilige  Maximum  innerhalb  einer  bestimmten 
Ableseperiode,  z.  B.  im  Laufe  eines  Monats  an  und  zwar  genau  in  Watt  und  unabhängig  davon.  <>b 
das  Verteilungssystem  dem  Gleich-,  Wechsel-  oder  Drehstrom  und  Zwei-  oder  Dreileiternetz  angehört, 
und  ferner  unabhängig  von  der  Konstruktion  des  Zählers  selbst,  da  der  Apparat  nur  mit  dem  Zählwerk 
nicht  aber  mit  dem  Zähler  in  Verbindung  steht.  Es  ist  ferner  gleichgiltig,  für  wieviel  Ampere  <i«-r 
Zahler  selbst  eingerichtet  ist. 

Nach  Ablauf  der  Ableseperiode  wird  der  Zeiger  von  Hand  wieder  auf  0  gestellt  und  beginnt 
dann  von  neuem  zu  funktionieren. 

3.  Bedingungen  für  die  Herstellung  der  elektrischen  Anschlüsse  und  der 
inneren  Anlagen.  Für  jedes  Elektrizitätswerk  ist  es  nötig,  neben  den  Zählertarifen 
oder  mit  diesen  vereinigt,  noch  besondere  Bedingungen  für  die  Ausführung 
der  Anschlüsse  und  für  die  Herstellung  und  Unterhaltung  der  elektrischen  Anlagen 
in  den  einzelnen  Räumen  aufzustellen.  Da  es  für  jeden  Ingenieur  leicht  ist,  sich  Ab- 
drücke solcher  Vorschriften  von  einem  oder  mehreren  Elektrizitätswerken  zu  beschaffen 
soll  hier  nicht  näher  darauf  eingegangen  werden. 

Viele  Elektrizitätswerke  suchen  die  Anschlussbewegung  dadurch  zu  fordern,  dass  sie 
nicht  allein  den  Anschluss  bis  zum  Zähler  unentgeltlich,  sondern  auch  bei  grösseren  An- 
schlüssen und  wenn  sich  der  Abnehmer  auf  eine  längere  Reihe  von  Jahren  (5 — 10  Jahre) 
zu  einem  Mindestkonsum  verpflichtet,  einen  Teil  der  inneren  Einrichtung,  sei 
es  ganz  unentgeltlich,  sei  es  zu  besonders  billigen  Tarifen,  herstellen. 

Von  den  schweizerischen  Werken  übernahmen  73  Werke  nach  dem  Stande  von 
1904  die  Kosten  normaler  Zuleitungen,  darunter  eine  Anzahl  Werke  mit  der  Be- 
dingung der  NichtÜberschreitung  einer  gewissen  Länge,  bei  15  Werken  dagegen  hat  der 
Abnehmer  unter  allen  Umständen  auch  die  Kosten  der  Zuleitung  selbst  zu  tragen. 

Literaturangaben  zu  §  8,  Tarife  der  Wasserkraftanlagen. 

Dr.  W.  Wyssling,  Die  Tarife  schweizerischer  Elektrizitätswerke  für  den  Verkauf  elektrischer  Energie. 

Zürich  1904. 
Fritz  Hoppe,  Zur  Tariffrage  der  Elektrizitätswerke.    Elektr.  Zeitschr.  1904,  Heft  37.  S.  783  n.  ff. 
Fritz  Hoppe,  Finanzielle  Ergebnisse  städtischer  Elekrizi  täte  werke.     Elektr.  Zeitschr.  1905.  Heft  29. 

S.  678  u.  ff. 
E.  Wilkena,  Die  Bemessung  des  Strompreises  bei  Elektrizitätswerken.    Elektr.  Zeitschr.  1901.  Heft  6. 

S.  116  u.  ff. 
Etienne  de  Fodor  (Budapest),  Zur  Tariftrage.    Elektr.  Zeitschr.  1901.  Heft  8.  S.  184. 
Dr.  Rasch ,  Aachen,  Ein  Beitrag  zur  Herabsetzung  des  Stromtarifs  (Bezugnahme  auf  einen  Vortrag  von 

Guisbert  Kapp  auf  dem  Verbandstage  der  Elektrotechniker  1892).  Elektr.  Zeitschr.  1895.  Heft  47 

S.  739  u.  ff. 
Arthur  Wright,  Grundsätze  für  eine  nutzbringende  Stromabgabe  bei  Elektrizitätswerken  (nach  einem 

Vortrage  von  demselben  Verfasser  vor  der  Institution  of  Electrical  Engineers,  12.  Dezember  1901  u 

Elektr.  Zeitschr.  1902.  Heft  5.  8.  90  u.  ff. 
Dr.  W.  Kall  mann,  Die  Stromtarife  bei  Elektrizitätswerken  und  die  Konkurrenz  der  Blockstatioi 

Elektr.  Zeitechr.  1897.  S.  239. 


|  9.  Der  Betrieb  von  Wasserkraftanlagen.  1207 


§  9.  Der  Betrieb  von  Wasserkraftanlagen, 

Die  Besprechungen  dieses  Paragraphen  sind  wie  folgt  gegliedert: 

A.  Einige  Bemerkungen  über  die  gesetzliche  Form,  in  weicher  die 
Ausnützung  einer  Wasserkraft  gewerbsmässig  betrieben  wird. 

B.  Die  Organisation  der  Betriebsführung. 

I.  Die  allgemeine  Verwaltung. 

1.  Der  Betriebsleiter,  4.  Das  Kassen-  und  Rechnungswesen. 

2.  Das  Personal-  und  das  Lohnwesen,  5.  Das  Lager, 

3.  Die  Buchführung  und  die  Korrespondenz,  6.  Die  Statistik. 

II.  Die  Bedienung  und  Unterhaltung  des  wasserbaulichen  Teiles, 

III.  Die  Bedienung  und  Unterhaltung  des  Krafthauses  und  seiner  maschinellen  Aus- 
rüstung, 

IV.  Die  Bedienung  und  Unterhaltung  der  Fernleitung  und  der  Transformatorenstellen, 
V.  Die  Bedienung  und  Unterhaltung  des  Verteflungsnetzes  einschliesslich  der  An- 
schlüsse. 

A.  Billige  Bemerkungen  über  die  gesetzliche  Form,  in  welcher  die  Ausnutzung 
einer  Wasserkraft  gewerbsmässig  betrieben  wird.  Die  Höhe  der  zu  den  direkten 
Betriebskosten  gehörigen  Kosten  der  allgemeinen  Verwaltung  (vergl.  S.  276  u.  ff.) 
hängen  recht  wesentlich  von  der  gesetzlichen  Form  ab,  unter  welcher  ein  Wasserkraft- 
unternehmen geführt  wird.  Eine  einfache  Handelsfirma  oder  eine- offene  Handelsgesellschaft 
oder  G.  m.  b.  H.  kann  an  sich  die  sogenannte  „allgemeine  Verwaltung*  mit  erheblich 
geringeren  Kosten  führen,  als  es  bei  der  zumeist  gewählten  Form  der  Aktiengesellschaft 
möglich  ist.  Der  Vorzug  der  letzteren  besteht  hauptsächlich  in  der  durch  die  weit- 
gehende Teilbarkeit  der  Beteiligung  ausserordentlich  erleichterten  Geldbeschaffung,  und 
dieser  Vorzug  hat  sich  in  der  Praxis  doch  als  so  gross  erwiesen,  dass  die  grossen 
Bedenken,  welche  sich  sowohl  im  allgemeinen  gegen  die  ganze  Form  der  Aktiengesell- 
schaft, als  auch  im  speziellen  in  bezug  auf  die  Höhe  der  allgemeinen  Unkosten  anführen 
lassen,  zurückgetreten  sind1).  Um  bezüglich  der  hohen  allgemeinen  Verwaltungskosten 
nur  ein  Beispiel  zu  geben,  sei  erwähnt,  dass  bei  einer  grossen  italienischen  Wasser- 
kraft-Elektrizitäts-Gesellschaft mit  einem  aufgewendeten  Kapital  von  ca.  28000000  Lire 
und  bei  direkten  und  indirekten  Betriebsausgaben  in  Höhe  von  2  450  000  Lire  (diese  Aus- 
gaben sind  einschliesslich  der  sogenannten  „Abschreibungen",  aber  ausschliesslich  der 
Verzinsung  von  ca.  18000000  Lire  zu  verstehen,  welche  durch  Ausgabe  von  Aktien 
beschafft  wurden)  sich  die  Kosten  der  allgemeinen  Verwaltung  —  ohne  Wasserzins  und 
Bankzinsen  —  ungefähr  wie  folgt  gestellt  haben: 

1.  Für  Post,  Telegraph  und  Telephon 7800  Lire 

2.  Für  Bureaumiete,  Beleuchtung  und  Heizung 10700    * 

3.  Für  Bureaubedflrfnisse 6  700 

4.  Für  Reisen  des  Personals  und  des  Aufsichtsrats 23  700 

5.  Versicherungen 29  500 

6.  Steuern ..     291 000 

7.  Gehälter  der  Beamten  und  des  sonstigen  Personals  der  allgemeinen  Verwaltung  .       50000 

8.  Kosten  für  Prozesse,  Rechtsbeistände,  Generalversammlungen  etc.  26000 

9.  Stempelkosten  und  Insgemeines 1 100 

446  500  Lire. 

i)  Gel).  Justizrat  Riesser,   Die  Neuerungen  im  deutschen  Aktienrecht  nebst  Entwürfen 
für  neue  Statuten  und  Statutenänderungen.  Berlin  1899.   Verl  von  Otto  Liebmann. 


1208         III.    Theodor  Koehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Einzel 

Die  hier  aufgeführten  Ausgaben  der  allgemeinen  Verwaltung  haben  allein  mehr 
als  10°/0  der  Einnahmen  und  ca.  1,6%  des  Anlagekapitals  (vergl.  S.  277)  ausgemacht 
Unberücksichtigt  geblieben  sind  hierbei  noch  die  Vergütungen  an  den  Aufsichtsrat, 
welche  bei  den  Aktiengesellschaften  und  den  Gesellschaften  verwandter  Art  durch  das 
Statut  festgesetzt  zu  werden  pflegen. 

Bei  einer  Handelsfirma,  offenen  Handelsgesellschaft  oder  G.  m.  b.  H.  wurden  sich 
die  Kosten  ad  2,  3,  4,  5,  6,  8  und  9  recht  erheblich  einschränken  lassen.  Es  ist 
ferner  noch  zu  bedenken,  dass  bei  der  Form  der  Aktiengesellschaft  eine  doppelte  Be- 
steuerung insofern  nicht  zu  vermeiden  ist,  als  zunächst  die  Aktiengesellschaft  selbst 
den  eine  Mindestverzinsung  übersteigenden  Gewinn  und  alsdann  auch  der  Aktionär 
nochmals  seine  Dividende  zu  versteuern  hat.  In  manchen  Ländern,  wie  z.  B.  in 
Italien  und  Frankreich  existieren  ausserdem  noch  sogenannte  „Taxes  de  Circnlation* 
auf  Aktien  und  Obligationen,  durch  welche  abermals  eine  Erhöhung  der  Unkosten 
herbeigeführt  wird.  Näher  auf  diesen  Gegenstand  einzugehen,  läge  ausserhalb  der  Auf- 
gabe dieses  Bandes.  Es  genügt  auf  die  Wichtigkeit  dieser  Frage  hingewiesen  zu  haben. 
Gegebenenfalls  wird  sich  der  leitende  Ingenieur,  sofern  ihm  auch  in  dieser  Beziehung 
eine  Verantwortlichkeit  zufällt,  über  die  gesetzlichen  Bestimmungen  des  betreffenden 
Landes  bezüglich  Handelsrecht  und  Steuerrecht  bei  Rechtsverständigen  und  Kaufleuten 
genauestens  zu  informieren  haben. 

B.  Die  Organisation  der  Betriebsführung. 

I.  Die  allgemeine  Verwaltung. 

Die  jährlichen  Gehälter  und  Löhne  für  das  gesamte  Personal  der  allge- 
meinen Verwaltung  einschliesslich  des  Betriebsleiters  sollten  in  der  Regel  bei 
kleinen  Werken  1,5  bis  2%»  bei  mittleren  Werken  0,6  bis  1,5%,  bei  grossen  Anlagen 
0,2  bis  0,5%  des  Anlagekapitals  nicht  übersteigen,  wenn  man  für  kleine  Werke  ein  An- 
lagekapital (einschliesslich  Fernleitung»-  und  Verteilungsnetz)  von  1000  bis  1250  Mark, 
für  die  mittleren  Werke  von  800  bis  1000  Mark  und  für  die  grossen  Werke  von 
600  bis  750  Mark  pro  PS9  der  im  Krafthause  aufgestellten  Leistung  als  Durchschnitts- 
zahlen zugrunde  legt.  Diese  Zahlen  können  natürlich  nur  als  allgemeine  Anhaltspunkte 
dienen.  Durch  besondere  Verhältnisse  können  sehr  erhebliche  Abweichungen  betriebs- 
technisch und  wirtschaftlich  durchaus  gerechtfertigt  sein. 

1.  Der  Betriebsleiter.  Die  Betriebsleitung  wird  bei  mittleren  und  grösseren 
Werken  meistens  einem  Ingenieur  anzuvertrauen  sein.  Für  kleine  Werke  würde  es 
natürlich  zu  teuer  werden,  wenn  man  für  die  Betriebsleitung  einen  Ingenieur  im  Haupt* 
amt  anstellen  wollte.  Bei  Vereinigung  mehrerer  kleinerer  Werke  unter  einer,  von 
einem  Ingenieur  zu  leitenden  Hauptverwaltung  wird  man  die  örtliche  Leitung  in  den 
einzelnen  Werken  geschulten  Handwerkern  anvertrauen  können.  Ist  eine  solche  Lösung 
nicht  möglich,  so  wird  man  sich  bei  einem  kleinen  Werke  meistens  damit  begnügen 
müssen,  für  eine  nebenamtliche  Aufsicht  des  zur  Betriebsführung  bestellten  Hand- 
werkers  durch  einen  beratenden  Ingenieur  zu  sorgen.  Erfolgt  die  örtliche  Betriebs- 
führung durch  untergeordnete  Kräfte,  so  ist  von  Zeit  zu  Zeit  auch  die  Revision  des 
kaufmännischen  Teiles  der  Einzelverwaltungen  durch  einen  erfahrenen  Kauf- 
mann durchaus  geboten,  und  es  werden  sich  die  Kosten  hierfür  fast  immer  bezahlt 
machen. 

Der  Betriebsleiter  hat  den  Betrieb  in  technischer  und  wirtschaftlicher  Beziehung 
zu  überwachen  und  für  die  gewissenhafte  Berücksichtigung  der  einschlägigen  Gesetze, 
Verfügungen  und  behördlichen  Vorschriften,  sowie  der  privatrechtlichen  Vereinbarungen 
zu  sorgen.    Der  Betriebsleiter  ist  naturgemäss  der  direkte  Vorgesetzte  des  technischen 


§  9.  Der  Bbhobb  ton  WaHHinantArrAifLAcaar.  1209 

und  kaufmännischen  Personals,  er  ist  verantwortlich  für  die  gute,  fach-  und  sach- 
gemäße Instandhaltung  aller  Anlagen,  er  hat  die  Betriebsansgaben  dauernd  einer 
kritischen  Prüfung  zu  unterziehen,  unermüdlich  danach  zu  streben,  durch  bestmöglichste 
Betriebsmassnahmen  und  wirtschaftlichsten  Einkauf  der  für  den  Betrieb  erforderlichen 
Waren  die  Betriebsausgaben  auf  einen  Mindestwert  zurückzufuhren.  Andererseits  gehört 
es  zu  seinen  wichtigsten  Aufgaben,  durch  eine  rührige  Propaganda,  verständnisvolle 
Erforschung  der  Bedürfnisse  des  Konsumgebietes,  Entwickelung  und  Verbesserung  des 
Tarif wesens  etc.,  die  Zahl,  die  Grösse  und  den  Nutzwert  der  Anschlüsse  zu  vermehren. 

2.  Das  Personal-  und  Lohnwesen.  Man  unterscheidet  das  gesamte  Per- 
sonal meistens  in  Beamte,  Angestellte  und  Arbeiter.  Allgemein  gültige  Normen  haben 
sich  in  der  Privatpraxis  hierfür  noch  nicht  herausgebildet. 

Zu  den  Betriebsbeamten  werden  meistens  ausser  dem  Betriebsleiter  und  dessen 
Stellvertreter  die  sonstigen  Ingenieure  und  Techniker,  die  Buchhalter  und  Korrespon- 
denten, die  Lagerverwalter,  Maschinenmeister,  Werkmeister,  Zähler-  und  Fernleitungs- 
kontrolleure gezählt. 

Zu  der  Gruppe  der  Angestellten  rechnet  man  meistens  die  Schreiber,  Steno- 
graphen, die  Monteure,  die  ständig  beschäftigten  Maschinisten  und  Schaltbrettwärter, 
die  Streckenwärter  der  Fernleitung  und  des  Verteilungsnetzes,  die  Wehr-  und  Kanal- 
wärter. 

Zu  den  Arbeitern  gehören  alle  nicht  ständig  beschäftigten,  in  den  Lohnlisten  ge- 
führten Personen. 

Die  Beamten  sind  in  der  Regel  auf  Grund  besonderer  Verträge  mit  einer  Kün- 
digungsfrist von  nicht  unter  einem  Vierteljahr  verpflichtet,  die  Angestellten  vertraglich 
mit  vierwöchentlicher,  die  Arbeiter  mit  achttägiger  oder  auch  täglicher  Kündigung, 
soweit  nicht  gesetzliche  Bestimmungen  in  dem  betreffenden  Lande  eine  andere  Ordnung 
vorschreiben,  angestellt.  Die  Bezahlung  der  Beamten  und  Angestellten  erfolgt  meistens 
monatlich,  diejenige  der  Arbeiter  8-  oder  14  tägig  auf  Grund  von  Lohnlisten  und  einem 
vereinbarten  Lohnsatz  pro  Stunde.  Für  die  Dauer,  während  welcher  die  Angestellten 
und  Arbeiter  ohne  längere  Ruhepausen  beschäftigt  werden  dürfen,  ist  in  Deutschland 
die  Reichsgewerbeordnung  massgebend.  Im  Auslande  muss  man  sich  bei  Aufstellung  des 
Personaletats  für  den  Betrieb  einer  Wasserkraftanlage  die  Kenntnis  der  analogen  Be- 
stimmungen verschaffen.  Die  tägliche  Dienstdauer  der  Angestellten  und  Arbeiter  wird 
im  monatlichen  Durchschnitt  überall  nicht  mehr  als  12  Stunden,  die  gewöhnlichen  Ar- 
beitspausen eingerechnet,  betragen  dürfen. 

Die  Dienstführung  der  Beamten  (abgesehen  von  den  leitenden  Oberbeamten)  er- 
folgt auf  Grund  einer  Dienstordnung,  diejenige  der  Angestellten  und  Arbeiter  meistens 
auf  Grund  einer  Arbeitsordnung.    Letztere  enthält  die  Bestimmungen 

a)  Über  die  Annahme  und  Entlassung, 

b)  »     die  Arbeitszeit, 

e)  „  allgemeine  Vexfcaltaiigsinassregeln, 

d)  „  allgemeine  Albeitevorschriften, 

e)  „  die  Berechnung  und  Auszahlung  der  Löhne  und  Gehälter, 

f)  „  Strafbeatunmnngen. 

Die  Zahlung  der  Löhne  und  Gehälter  erfolgt  auf  Grund  einer  Anweisung 
des  Betriebsleiters,  welche  für  die  Beamten  und  Angestellten  einmalig  bis  auf  Widerruf 
gegeben  und  für  die  Arbeiter  auf  Grund  der  jedesmaligen  Lohnlisten  erteilt  wird.  Für 
letztere  sind  die  Unterlagen  von  den  direkten  Vorgesetzten  der  einzelnen  Arbeiter- 
gruppen in  das  Verwaltungsbüro  zu  liefern ,  woselbst  die  Lohnlisten  dann  anzu- 
fertigen sind. 


1210  HL    Theodor  Eoehn.    Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

Derjenigen  Dienststelle,  welche  in  dem  Verwaltungsbüro  das  Personal-  und 
Lohnwesen  behandelt,  liegt  auch  das  Versicherungswesen,  soweit  es  sich  auf  die 
Kranken-,  Alters-  und  Invaliden-  und  Unfall- Versicherung  aller  versicherungspflichtigen 
Personen  bezieht,  ob.  Meistens  wird  auch  die  Unfall-Versicherung  dritter  und  die  Feuer- 
versicherung an  derselben  Stelle  erledigt. 

3.  Die  Buchführung  und  die  Korrespondenz.  Nach  den  Prinzipien  der 
deutschen  doppelten  Buchführung,  welche  auch  wohl  als  „italienische  Buchführung4 
bezeichnet  wird    sind  zu  führen: 

a)  ein  Kassabuch,  b)  ein  Memorial  (Merkbuch),  c)  ein  Sammelbuch  (Journal'. 
d)  das  Hauptbuch. 

In  das  Kassabuch  werden  alle  Bargeschäfte  mit  Bezeichnung  des  Gegenkontos 
eingetragen.  Auf  die  Sollseite  werden  die  Bareinnahmen,  auf  die  Habenseite  die  Bar- 
ausgaben gebucht9). 

In  das  Memorial8)  werden  alle  Buchungen  aufgenommen,  die  ausserhalb  des 
Bargeschäftes  wegen  Zeit-  und  Tauschgeschäften  notwendig  werden,  z.  B.  die  Gutschrift 
einer  Rechnung,  die  zu  einem  späteren  Zeitpunkt  bezahlt  werden  soll,  oder  Zahlung 
durch  Wechsel,  Check  ä  conto  des  Bankguthabens  etc. 

In  dem  Sammelbuch  werden  die  Buchungen  aus  dem  Kassabuch  und  dem  Me- 
morial zwecks  Übertragung  in  das  Hauptbuch  auf  eine  Reihe  von  Konten  zusammen- 
gezogen, d.  h.  also  gesammelt.  Würden  sie  aus  den  beiden  obengenannten  Grundbüchern 
direkt  in  das  Hauptbuch  übertragen,  so  entständen  in  ihm  so  viel  Einzelposten  ab 
Buchungen  in  den  Grundbüchern  enthalten  sind,  was  schon  der  Übersichtlichkeit  des 
Hauptbuches  wegen  zu  vermeiden  ist. 

Nach  der  im  Sammelbuch  vorgenommenen  Ordnung  werden  alle  Geschäftsvorfalle 
aus  dem  Kassabuch  und  Memorial  ins  Hauptbuch  übertragen. 

Eine  andere  Art  der  Buchführung  hat  sich  in  der  „amerikanischen  Buch- 
führung* herausgebildet,  bei  welcher  nur  zwei  Bücher  in  Betracht  kommen  und  zwar 
a)  das  sogenannte  amerikanische  Sammeltagebuch  (Prima  nota)  und  b)  das 
Hauptbuch.  Bei  dieser  Buchführung  umfasst  also  das  Sammeltagebuch  die  Aufgabe 
des  Kassabuches,  Memorials  und  Sammelbuches  der  deutschen  Buchführung,  indem  die 
für  den  Geschäftsbetrieb  erforderlichen  Konten  schon  bei  der  ersten  Eintragung  Berück- 
sichtigung finden.  Zwecks  sofortiger  Einreihung  der  einzelnen  Buchungsposten  enthält  das 
Sammeltagebuch  einen  vorgedruckten  Kopf  mit  soviel  Spalten  als  man  Konten  einrichten 
will.  Wie  aber  die  Buchführung  auch  eingerichtet  werden  mag,  jedenfalls  ist  dafür  zu 
sorgen,  dass  monatlich  eine  Rohbilanz  ohne  Schwierigkeit  gezogen  werden  kann,  damit 
die  Betriebsleitung  über  den  jeweiligen  Stand  des  Geschäftes  rechtzeitig  und  zuverlässig 
unterrichtet  ist. 

Erwähnt  sei  noch,  dass  man  zweckmässigerweise  die  Beträge  für  „Abschreibungen* 
nicht  von  den  Anlagekosten  in  der  Bilanz  tatsächlich  absehreibt, 
sondern  dass  man  besser  die  Anlagekosten,  wie  sie  jeweils  sind,  ungekürzt  sichtbar 
lässt  und  statt  der  Abschreibungen  je  einen  Tilgungs-  und  Erneuerungsfonds  anlegt  und 
auf  diesen  Fonds  diejenigen  Beträge  in  Effekten  oder  buchmässig  sammelt,  welche  zur 
Tilgung  des  Anlagekapitals  der  einzelnen  Konten  nach  Massgabe  der  Konzessionsdauer 


t)  Max  Bert  hold,    .Verwaltungspraxis  bei  Elektrizitätswerken   und  elektrischen 
bahnen  und  Kleinbahnen".  1906.  S.  86.   VerL  v.  Julius  Springer. 

*)  Dieses  Fremdwort  ist  nach  Wissen  der  Verfasser»  in  der  Praxis  bis  heute  noch  iMMhVfc 
allgemein  in  Gebrauch. 


§9.  Der  Betrieb  von  Wasserkbaftanlagen.  1211 

und  welche  für  die  Erneuerung  nach  den  üblichen  Erfahrungssätzen  anderer  Werke 
nötig  sind.  Auf  diese  Weise  geben  die  ursprünglichen  Anlagekonten  in  der  Bilanz  stets 
ein  genaues  Bild  der  aufgewendeten  Mittel  und  andererseits  erleichtert  der  Bestand  der 
Tilgungs-  und  Erneuerungsfonds  mit  einem  Blick  die  Beurteilung,  ob  in  ausreichender 
Weise  Rücklagen  gemacht  sind.  Wegen  der  Yonhundertsätze  des  Anlagekapitals,  mit 
welchen  ein  Erneuerungsfonds  jährlich  zu  dotieren  sein  wird,  kann  auf  die  Tabellen 
XI— XIII,  S.  272  bis  275  und  die  Tabellen  XIX  bis  XXVI  S.  296  bis  307  verwiesen 
werden. 

Bezüglich  der  Organisation  der  Korrespondenz  ist  hier  nichts  besonders  zu  er- 
wähnen. 

4.  Das  Kassa-  und  Rechnungswesen.  Die  Kasse  ist  täglich  abzuschliessen. 
Grössere  Beträge  sollten  niemals  in  den  Betriebsräumen  aufbewahrt,  sondern  es  sollten 
die  Überschüsse  der  Bareinnahmen  über  die  Barausgaben  täglich  an  eine  Bank  oder 
ein  öffentliches  Geldinstitut  abgeführt  werden.  Von  Zeit  zu  Zeit  ist  eine  unerwartete 
Revision  der  Kasse  erforderlich.  Die  Bezahlung  für  die  gelieferte  Energie  erfolgt  sowohl 
bei  Pauschaltarifen  als  auch  bei  Zählertarifen  monatlich.  In  der  Stammrolle  werden 
alle  Anschlüsse  aufgeführt,  und  diese  Stammrolle  muss  sowohl  die  Grösse  des  An- 
schlusses, den  Zählerstand  von  Monat  zu  Monat,  die  nutzbar  abgegebenen  KW-Stunden, 
die  Rechnungsbeträge,  die  gezahlten  Beträge  sowie  die  jeweilig  noch  schuldigen  Beträge 
ohne  weiteres  erkennen  lassen.  Durch  geschulte  Angestellte  erfolgt  die  Ablesung  jedes 
Zählers  innerhalb  der  letzten  Tage  de»  Rechnungsmonats  und  der  ersten  des  folgenden 
Monats.  Der  gefundene  Stand  des  Zählers  ist  in  ein  Zählerablesebuch  einzutragen. 
Die  Zählerbücher  werden  für  grössere  Städte  nach  Strassen,  sonst  nach  Ortschaften 
getrennt.  In  der  Regel  wird  es  nötig,  jeden  aufgestellten  Zähler  im  Jahre  mindestens 
einmal  auf  die  Richtigkeit  seines  Ganges  zu  kontrollieren.  Bei  auf  fall  igen  Differenzen 
in  den  Ablesungen  ist  eine  Neueichung  zu  veranlassen. 

5.  Das  Lager.  Eine  ordentliche,  gut  organisierte  Lagerverwaltung  ist  für  die  c 
Wirtschaftsergebnisse  des  Betriebes  von  nicht  zu  unterschätzender  Bedeutung.  Durch 
zu  reichliche,  über  den  laufenden  Bedarf  hinausgehende  Vorräte  erwachsen  Zinsverluste, 
die  nicht  zu  rechtfertigen  sind,  sofern  und  insoweit  sie  nicht  durch  die  bei  grossen  Ab- 
schlüssen erzielbaren  Preisermässigungen  mehr  als  gedeckt  erscheinen.  Bei  der  schnell  fort- 
schreitenden Vervollkommnung  in  der  technischen  Herstellung  und  in  der  Konstruktion  der 
Betriebsmaterialien  führen  zu  grosse  Lagerbestände  sehr  leicht  zu  „Lagerhütern",  die 
unverwendbar  werden  und  der  gänzlichen  Abschreibung  bedürfen.  In  einem  Lager  sind 
zu  führen :  Ein  Wareneingangs-  und  ein  Ausgangsbuch  und  ein  Lagerbewegungsbuch.  In 
ersteres  werden  alle  eingehenden  und  in  das  zweite  alle  ausgehenden  Waren  eingetragen, 
während  das  drittgenannte  Buch  über  den  jeweiligen  Bestand  der  einzelnen  Gattungen  der 
Waren  Auskunft  geben,  sowie,  nach  Monaten  eines  Betriebsjahres  geordnet,  die  Angaben  über 
den  Zugang  und  Abgang  enthalten  muss.  Letzteres  Buch  ist  besonders  wichtig  für  die 
Kontrolle  des  Betriebsleiters,  damit  er  auf  Grund  desselben  die  erforderlichen  Neu- 
bestellungen verfugen,  etwa  unnötige  Bestellungen  aber,  welche  von  den  ihm  nach- 
geordneten Organen  beabsichtigt  sein  sollten,  verhindern  kann.  Es  versteht  sich  von 
selbst,  dass  in  dem  Lager  die  gröeste  Sauberkeit  und  eine  einfache,  klare  Übersicht 
nötig  ist.  Über  jedem  einseinen  Lagerplatz  in  dem  Regal  oder  den  Fächern  etc.  sollte 
eine  aus  fester  Pappe  hergestellte  Karte  hangen,  welche  den  Gegenstand,  die  Zahl  der 
Einheiten  und  die  Notizen  über  Eingang  und  Ausgang  enthält. 

6.  Die  Statistik.    Neben  der  Buchführung  und  dem  Rechnungswesen  ist  die 
Statistik  wohl  die  wichtigste  Aufgabe  der  allgemeinen  Verwaltung.    Zunächst  und  vor 


1212 


m.    Thbodok  Koehn.    Ausbau  ton  WasserkbIfte*.    Einzelheiten. 


AufEeichnungen  über  die  Lage  der  Visi 


Datum  der 
Beobachtung 


Erbaut  im 
Jahre 


IIa 


• 

1*2 


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S 


2 


8 

PQ 


I 


^         CO 


I 

5 


Normallage. 


3.  Aug.  1901 


1896—1898 


p 

16,60 

285,0 

250 

S.S.W. 

' 

trübe 

+  24 

i 
i 

~~      i 

* 

• 

Endlagen. 


17.  Jan.   1907 


21.  Mai    1907 


12.  Not.  1907 


1896-1898 


»t 


» 


16,60 

285,0 

250 

S.S.W. 

Nachm. 
5  Uhr 

nebelig 
trübe 

+  2 

8.&W.  i| 

i 

»» 

n 

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tt 

Nachm. 
6  Uhr 

trübe 

+  12 

S. 

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if 

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t» 

Vorm. 
II1 1  Öhr 

trübe 
Nebel 

+  5 

windstill 

i 

allen  Dingen  ist  ein  genaues  Verzeichnis  der  Betriebsanlagen,  als  z.  B.  der  Grösse  des 
Grundbesitzes,  der  Länge,  Breite,  Stauhöhe  des  Wehres  und  seiner  einzelnen 
Öffnungen,  der  Länge  des  Werkkanals,  der  Grösse  seiner  benetzten  Profile 
bei  verschiedenen  Wasserständen,  der  Hauptabmessungen  des  Kraftwerkes, 
der  Anzahl,  Grösse,  Umlaufzahl  der  Turbinen,  der  Spannung,  Polzahl  und  Leistung 
der  Generatoren,  der  Länge  der  Fernleitung,  der  Anzahl  und  der  Art  der 
Masten,  der  Anzahl,  der  Örtlichkeit  und  der  Grösse  der  Transformatorenstellen, 
der  Länge  und  der  Querschnitte  der  Leitungen  des  Verteilungsnetzes,  der  Anzahl 
und  des  Gleichwertes  der  Anschlüsse  etc.  zu  führen  und  auf  dem  Laufenden  zu 
halten.  Beim  Studium  der  bis  jetzt  veröffentlichten  Statistiken  fallt  auf,  dass  besonders 
bei  kleinen  Werken  nur  sehr  unvollständige  bezügliche  Angaben  gemacht  wurden.  Der 
Grund  hierfür  dürfte  in  dem  Mangel  einer  ordentlichen  Betriebsbuchführung  liegen. 

Neben  einem  solchen  Verzeichnis  der  Betriebsanlagen  ist  es  nötig,  dass  die  Be- 
triebsbuchfuhrung  monatliche  Übersichten  über  die  Ergebnisse  des  Betriebes  im 
ganzen  und  im  einzelnen  liefert.  Die  Grundlage  für  diese  Übersichten  bieten  die  Tages- 
berichte, welche  von  den  einzelnen  Angestellten  und  Arbeitern  für  den  von  ihnen  be- 
dienten Teil  der  Gesamtanlage  zu  liefern  sind. 

Was  zunächst  den  wasserbaulichen  Teil  betrifft,  so  ist  der  durchschnittliche 
sekundliche  Zufluss  im  Wasserlauf  nach  cbm/sek  und  die  durchschnittliche  tagliche 
sekundliche  Wassermenge,  welche  in  den  Werkkanal  eintritt,  festzustellen.  Das  geschieht 
in  der  Weise,  dass  der  Wehrwärter  drei-  bis  viermal  am  Tage  zu  bestimmten  Stunden 
die  Pegel  am  Ober-  und  Unterwasser  des  Wehres  und  Einlaufe  abliest  und  sowohl  den 
Stand  der  Wehrschützen  als  auch  aller  Schützen  des  Einlaufs  zum  Werkkanal  notiert 
Mit  Hilfe  von  Tabellen  oder  graphischen  Masstäben  kann  man  ans  diesen  Ablesungen 
leicht  die  sekundlichen  Wassermengen  feststellen.  Da  aus  der  Belastung  und  der 
Betriebsdauer  der  Turbinen,  aus  dem  Wasserstande  an  den  Überlaufen  und  ans  dem 
Stande  der  Freilaufschützen  diejenige  Wassermenge  ebenso  festgestellt  werden  kann, 
welche  am  Krafthause  ins  Unterwasser  fliesst,  so  wird  man  auch  in  der  Lage  sein,  fest- 


§  •• 


Der  Betrieb  von  WAwmaciiAJTANLAQgK. 


1213 


zu  den  Nullpunkten  der  Bevertal sperre. 


Beckeninhalt 


gefüllt 
in  cbm 


sar  Zeit 
der  Be- 
obachtung 
in  cbm 


Lage  der  Visierachse  zu  den 
Nullpunkten 


Ablesung 

m  nun 


A 


B 


Bemerkungen 


8900000 


95000 


1W 


14 


Endlagen. 


8800000 

2890000 

»f 

8285000 

»» 

240000 

»» 


♦♦ 


»I 


21,5 

22,5 

28,0 

24 

15 

14 

Ergibt  die  Ablesung  in  den 
Beobachtungspunkten 
der  Mauer  weniger  als 
12,5  resp.  14  mm,  so 
steht  die  Mauer  nach  der 
Wasserseite  zu  geneigt, 
ergibt  die  Ablesung  dar 
gegen  mehr  als  12,5  mm 
resp.  14  mm,  so  steht 
die  Mauer  nach  der  Luft- 
seite  zu  geneigt  gegen 
die  Normallage. 


zustellen,  welche  Wassermengen  durchschnittlich  im  Werkkanal  verloren  gehen«    Bei  einer 
guten  Anlage  müssen  diese  Verluste  verschwindend  sein. 

Für  Talsperren  und  Stauweiher  sind  ausser  der  Feststellung  des  Zuflusses, 
des  Abflusses  über  Überläufe  und  durch  Freilaufschützen  und  des  verbrauchten  Betriebs- 
wassers noch  der  jeweilige  Stand  des  Stauinhaltes  und  ferner  die  Zuschüsse  festzustellen, 
welche  zu  der  natürlich  zufliessenden  Wassermenge  aus  dem  Staubecken  zur  Erzielung 
einer  gewissen  Betriebsleistung  zu  machen  waren.  Tafel  LXXVII  Fig.  4  gibt  ein  Schau- 
bild derartiger  Angaben  für  die  Bever-  und  Lingese  Talsperre  des  Jahres  1907,  welches 
einer  weiteren  Erläuterung  nicht  bedarf4). 

Notwendig  ist  ferner  bei  einer  Talsperre  die  dauernde  Beobachtung  der  Bewegungen 
in  der  Mauer  mit  Hilfe  der  Visierlinie  (S.  727). 

Bei  der  Bever-Talsperre  werden  die  diesbezüglichen  Notizen  z.  B.  nach  dem  oben 
wiedergegebenen  Formular  gemacht.  Der  Einfachheit  halber  sind  hier  nur  einige  Beob- 
achtungsresultate wiedergegeben. 

Bezüglich  der  Kraftabgabe  sind  folgende  5  Übersichten  sehr  erwünscht,  welche 
auf  Grund  der  Tagesberichte  im  Büro  nach  besonderen  Formularen  in  monatlichen 
Zahlenbildern  zu  verarbeiten  sind  und  daneben  zweckmässigerweise  von  einem  Zeichner 
in  Schaubildern  dargestellt  werden.  Letztere  sind  besonders  für  die  Übersicht  des 
Betriebsleiters  von  Wert: 

a)  Eine  nach  Monaten  geordnete  Übersicht  über  die  Einnahmen  und  Aus- 
gaben im  ganzen  nebst  vergleichenden  Angaben  aus  einem  oder  mehreren  der 
voraufgegangenen  Betriebsjahre  (vergl.  Tai.  LXXVII  Fig.  5). 

b)  Eine  Übersicht  über  die  Einnahmen  und  Ausgaben  pro  PSe-  oder 
KW-Stunde  (Messung  wie  zu  c),  sonst  im  übrigen  wie  ad  a  (vergl.  Taf.  LXXVII 
Fig  6). 


«)  Die  Talsperre.   Zeitschrift  Ar  Wasserwirschaft  etc.  1908.  Heft  14. 


1214         III.    Theodor  Koehn.     Ausbau  von  Wasserkräften.     Einzelheiten. 

c)  Eine  Übersicht  über  die  am  Schaltbrett  des  Kraftwerkes  abge- 
gebenen täglichen  Energiemengen  (Taf.  LXXVII  Fig.  7). 

d)  Eine  Übersicht  über  die  taglichen  Höchstwerte  der  am  Schalt- 
brett des  Krafthauses  in  KW  oder  in  Ampfere  (im  letzteren  Falle  wird  die 
Maschinenspannung  mit  angegeben)  gemessenen  Stromlieferung  (Taf.  LXXVII 
Fig.  8). 

e)  Vergleichende  Übersichten  darüber,  wie  die  einzelnen  Kategorien  der 
Abnehmer  an  dem  Gesamtkonsum  teilnehmen  und  wie  sie  zu  den 
Gesamteinnahmen  beitragen  (Taf.  LXXVII  Fig.  9). 

Ausserdem  ist  es  erwünscht,  die  zum  Eigenbetriebe  des  Werkes  verwendeten 
Energiemengen  dauernd  zu  kontrollieren  und  bei  Abgabe  nach  Zählern  eine  vergleichend? 
Übersicht  über  die  monatlich  an  das  Schaltbrett  abgegebenen  und  die  tatsächlich  bei  den 
Abnehmern  gemessenen  Energiemengen  darzustellen,  wodurch  eine  Feststellung  der  Ver- 
luste in  dem  Fernleitungs-  und.  VerCeilungs-Netz  ermöglicht  wird. 

Da  es  leicht  ist,  sich  für  tabellarische  Monatsberichte  entsprechende  Formulare 
aus  bestehenden  Werken  zu  beschaffen,  so  kann  davon  abgesehen  werden,  an  dieser 
Stelle  ein  Formular  als  Beispiel  abzudrucken. 

Bezüglich  der  in  den  Fig.  4 — 9  der  Taf.  LXXVII  mit  Rücksicht  auf  die  Raum- 
ersparnis in  sehr  kleinem  Masstabe  wiedergegebenen  Schaubilder  wäre  zu  bemerken, 
dass  sie  zweckmässigerweise  etwa  in  vierfacher  Grösse  dargestellt  und  dass  an  Stelle 
der  hier  wegen  der  Vereinfachung  des  Drucks  gewählten  Signaturen  besser  verschieden- 
farbige Linien  und  Flächen  verwendet  werden. 

II.  Die  Bedienung  und  Unterhaltung  des  wasserbauliehen  Teils.    Wenn  die 

wasserbaulichen  Arbeiten  gut  und  sachgemäss  ausgeführt  sind,  so  werden  die  Aufwen- 
dungen für  ihre  Unterhaltung  nur  ganz  geringfügige  sein.  Die  Unterhaltungskosten 
der  Talsperren  der  Wupper-Talsperren-Genossenschaft  (Bever-Talsperre,  Lingese- 
Talsperre  und  Ausgleichweiher  Dahlhausen)  haben  im  Durchschnitt  weniger  als  1/t  v.  H. 
der  Anlagekosten  ausgemacht.  Im  Jahre  1907  beliefen  sich  die  Gesamtunterhaltungs- 
kosten der  Bever -Talsperre  (einschliesslich  der  Ausgaben  für  Wegeunterhaltung  und 
für  Unterhaltung  der  Dienstwohnung  des  Wärters)  auf  1147  Mk.  bei  1440000  Mk. 
Anlagekosten5).  Die  Unterhaltungskosten  der  Lingese  Sperre  beliefen  sich  1907 
nur  auf  563  Mk.  bei  1  070  000  Mk.  Anlagekosten. 

Für  die  Unterhaltung  des  Werkkanals  der  Anlage  Vizzola  wurden  im  Jahre  1907 
bei  4519300  Mk.  Anlagekapital  etwa  0,25  v.  H.  und  für  die  Unterhaltung  des  Werk- 
kanals der  Anlage  Turbigo  bei  2  452  000  Mk.  Anlagekapital  etwa  0,3  v.  H.  aufgewendet 

Bei  der  Anlage  Marbach-Stuttgart,wo  der  wasserbauliche  Teil  rd.  350000  Mk 
gekostet  hat  (S.  242)  sind  für  die  Unterhaltung  desselben  durchschnittlich  nur  rd. 
Mk.  200  jährlich  aufgewendet. 

Die  Höhe  der  Kosten  für  die  Bedienung  hängt  naturgemäss  von  der  Anzahl  der 
zu  bedienenden  und  zu  bewachenden  beweglichen  Teile  des  Stauwerkes  und  des  Werk- 
kanals ab.  Ferner  ist  sie  abhängig  von  der  Geschwindigkeit,  mit  welcher  die  einzelnen 
beweglichen  Teile  mit  Rücksicht  auf  die  Schnelligkeit  des  Eintritts  und  des  Ablaufs  von 
Hochwasser  und  mit  Rücksicht  auf  die  Schwankungen  des  Bedarfs  im  Krafthause  zu 
heben  und  zu  senken  sind  und  sie  ist  abhängig  von  den  mechanischen  Einrichtungen, 
welche  für  die  Hebung  und  Senkung,  beziehungsweise  Öffnung  und  Schliessung  dieser 


5)  Die  Talsperre.   Zeitschrift  für  Wasserwirtschaft,  Wasserrecht,  Meliorationswesen  und  allge- 
meine Landeskultur.  1908.  Heft  14. 


§  0.  Der  Betrieb  ton  Wasserkbaftahiagen.  1215 

Teile  getroffen  sind.  Bei  grosseren  Anlagen  wird  man  bestrebt  sein,  durch  Einbau 
motorischer  Hebemechanismen  die  erforderliche  Menschenkraft  auf  das  Mindestmass  zu 
verringern. 

Es  können  aber  die  Bedienungskosten  des  wasserbaulichen  Teils  durch  unzweck- 
mässig gewählte  Anlagen  ganz  erheblich  wachsen.  Wenn,  wie  z.  B.  bei  der  Anlage 
Jonage-Cusset-Lyon,  (S.  799)  nicht  in  ausreichender  Weise  dafür  gesorgt  ist,  Kies 
und  Sand  vom  Werkkanal  abzuhalten,  so  wird  von  Zeit  zu  Zeit  eine  Baggerung  der 
Sohle  nötig,  oder  wenn,  wie  z.  B.  bei  der  Anlage  Pont  Saint  Martin,  das  Becken 
vor  den  Turbinenkammern  den  Mangel  hat  (S.  820),  dass  der  abgelagerte  Sand  sich  nicht 
durch  das  Wasser  herausspülen  lässt,  vielmehr  von  Zeit  zu  Zeit  in  den  Betriebspanden 
von  Hand  herausgenommen  werden  muss,  so  können  sehr  empfindliche  Erhöhungen  der 
Betriebskosten  die  Folge  sein.  Wenn  schliesslich  bei  Anlage  des  Rechens  nicht  in  ge- 
nügender Weise  auf  die  Zurückhaltung  der  schwimmenden  Teile  und  des  Kieses 
Rücksicht  genommen  ist,  wie  bei  der  Anlage  Chevres  (vergl.  S.  840),  so  werden  zeitweise 
sehr  viel  Hilfsmannschaften  erforderlich  sein,  die  unnötigerweise  das  Betriebskonto 
belasten.  Im  grossen  und  ganzen  wird  sich  bei  mittleren  und  grösseren  Anlagen  der 
Betrieb  so  einrichten  lassen,  dass  man  für  die  Bedienung  nicht  mehr  als  0,5  °/0  der 
Anlagekosten  aufzuwenden  haben  wird.  Bei  der  Anlage  Vizzola  haben  sich  durch- 
schnittlich die  Bedienungskosten  nur  auf  0,20  °/0,  bei  der  Turb  i  go  Anlage  nur  auf  0,25  % 
belaufen.  Bei  der  Anlage  Marbach-Stuttgart  (S.  570)  ist  der  Einlauf  offen  und 
das  Wehr  ein  festes,  sodass  hieraus  Bedienungskosten  nicht  erwachsen.  Die  Bedienung 
des  Rechens  wird  in  der  Regel  vom  Maschinenpersonal  mit  besorgt;  nur  bei  Laubfall 
im  Herbst,  bei  Hochwasser  und  bei  Grundeis  müssen  Hilfsmannschaften  vorübergehend 
eingestellt  werden. 

Da  die  Kosten  der  Unterhaltung  immerhin  in  den  einzelnen  Jahren  grösseren 
Schwankungen  unterliegen  können,  ist  es  für  grosse  Anlagen  zweckmässig,  die  Betriebs- 
kosten jedes  Jahres  mit  einem  bestimmten  Vonhundertssatz  zu  belasten  und  die  tat- 
sächlich nicht  aufgewendeten  Summen  in  der  Bilanz  in  einem  Dispositionsfonds  zurück- 
zustellen, damit  bei  etwa  ausnahmsweise  notwendig  werdenden  grösseren  Aufwendungen 
hieraus  Zuschüsse  genommen  werden  können,  ohne  das  Jahresergebnis  zu  beinträchtigen. 

III.  Die  Bedienung  und  Unterhaltung  des  Krafthauses  und  seiner  maschinellen 
Ausrüstung.  Da  die  meisten  modernen  Turbinen  mit  selbsttätiger  Regulierung  versehen 
sind  und  die  elektrischen  Maschinen,  besonders  wenn  es  sich  um  Drebstrommaschineii 
handelt,  bei  guter  Anlage  gleichfalls  nur  einer  geringen  Bedienung  bedürfen,  so  ist  der 
Dienst  im  Krafthause  körperlich  kein  schwerer.  Die  körperliche  Anstrengung  kann 
allerdings  dann  sehr  erhöht  werden,  wenn  durch  unzulängliche  Lüftungsanlagen  die 
Temperatur  im  Krafthause  im  Sommer  eine  zu  hohe  wird.  In  solchen  Fällen  wird  im 
Interesse  der  Betriebssicherheit  eine  häufigere  Ablösung  der  Mannschaften  nötig.  Es  sei' 
deshalb  an  dieser  Stelle  auf  die  Ausführungen  im  Kap.  HI,  §  6  A,  Der  bauliche  Teil 
der  Krafthäuser  S.  995  u.  ff.  verwiesen. 

Es  hat  keine  Bedenken,  dass  ein  gut  geschulter  und  erfahrener  Maschinist  vier 
bis  fünf  Maschinen  gleichzeitig  bedient.  Bei  grösseren  Anlagen  muss  mindestens  ein 
Mann  ständig  am  Schaltbrett  sein,  und  damit  der  Maschinist  oder  der  Schaltbrettwärter 
jederzeit  abgelöst  werden  kann,  ist  mindestens  ein  Hilfsmann  erforderlich.  Wieviel 
Leute  in  der  Reparaturanstalt  zu  beschäftigen  sind,  hängt  davon  ab,  welche  Repara- 
turen im  Werke  selbst  ausgeführt  werden  sollen.  Grössere  Werke  werden  die  Ein- 
richtungen häufig  so  treffen,  dass  auch  die  Wickelungen  an  den  elektrischen  Generatoren 
durch  eigene  Kräfte  repariert  und  erneuert  werden  können.    Kleine  und  mittlere  Werke 


1216  III.    Theodor  Koehk.    Ausbau  von  Wasserkräften.    Eihzelheitrm. 

werden  hierfür  meistens  die  liefernde  Elektrizitätsfinca  heranziehen.  Bei  grossere: 
Elektrizitätswerken  ist  ein  Aufsicht  führender  Werkmeister  unbedingt  erforderten 
Der  Dienst  der  einzelnen  Angestellten  wird  durch  einen  am  besten  graphisch  dar- 
stellenden Stundenplan  geregelt,  wobei  darauf  Rücksicht  zu  nehmen  ist,  dasB  niemand 
länger  als  12  Standen  ununterbrochen  im  Dienste  sein  darf.6). 

Die  gesamten  Lohne  für  Bedienung  im  Krafthanse  Viszola  (8.  244.  ad  11  n.  8.  S51)  befangen 
1905  ca.  50000  Lire  jährlich  hei  einer  Jahresleitung  von  ca.  71  Millionen  KW-Stunden.  Es  fand  84rtflnd«er 
Betrieb  statt  und  zwar  wahrend  der  12  Tagesstunden  hei  anareichend  verfügbarer  Wassermenge  mit  8  bä 
10  Hanptmaschinensitzen,  wahrend  der  Nachtschichten  entsprechend  dem  geringeren  Kraftbedarf  mit  4  bis 
5  Maschinen.  Das  standige  Personal  bestand  aus  einem  Werkmeister  (chef  d'usin*),  5  elektrotechnisch 
und  4  maschinenbaulich  geschulten  Angestellten  und  10  Hflmarbeitern,  Für  besondere  Hilfe  worden  ca. 
40000  Arbeitsstunden  aufgewendet,  wofür  14000  Lire  verausgabt  wurden, 

Die  Löhne  für  das  ständige  Personal  im  Krafthanse  Turbigo  (S.  242  ad  8  und  8.  858)  bei 
gleichartigen  Betriebsverhiltnissen  wie  in  Viszola  beliefen  sich  1905  auf  24000  Lire.  Anoaerdea 
wurden  durch  Hilfekräfte  20000  Stunden  geleistet,  wofür  7000  Lire  su  verausgaben  waren. 

Im  Marbacher  Krafthause  (8  242  ad  1  und  8.  578)  sind  in  der  Regel  wihread  einer  8cfck» 
zwei  Mann  an  den  Maschinen  und  am  Schaltbrett  beschäftigt,  welche  auch  die  Reinhaltung  des  Tnibimi 
rechens  su  besorget)  haben  (vergl.  8.  1215).  Ein  Schlosser  und  ein  Arbeiter  dienen  als  Hüfakrifte. 
Zusammen  wurden  für  Bediennag  im  Krafthause  5x1600+1900  =  9900  Mk.  im  Jahre  1907  bei  24  stän- 
digem Betriebe  ausgegeben.  Zu  dieser  Summe  kam  noch  das  Jahresgehalt  eines  Maschinenmeisters  mit 
8400  Mk.,  welcher  zugleich  auch  die  Fernleitung  zu  beaufsichtigen  hatte. 

Die  Unterhaltung  des  baulichen,  sowie  des  motorischen  und  elektrischen  Teils 
wird  im  Betriebskostenanschlag  am  besten  mit  Vonhundertsätzen  der  Anlagekosten 
berücksichtigt.    Anhaltspunkte  hierfür  geben  die  Tabellen  XI  bis  XIII,  S.  272  bis  275. 

IT«  Die  Bedienung  und  Unterhaltung  der  Fernleitung  und  der  Transformatores» 
stellen.  Die  Aufwendungen,  welche  für  den  Ersatz  des  Gestänges  und  der  Isolatoren  der 
Fernleitungen  und  für  die  Erneuerung  der  Transformatoren  in  den  Fernstellen  zu 
machen  sind,  werden  aus  den  regelmässig  beim  Jahresabschlüsse  zu  dotierenden  Erneue- 
rungsfonds zu  entnehmen  sein.  Die  laufende  Unterhaltung  wird  durch  das  Bedienungs- 
personal mitbesorgt  (vergl.  S.  269). 

Die  Transformatoren  bedürfen  keiner  ständigen  Bedienung,  vielmehr  genügen  im 
allgemeinen  Revisionen,  welche  je  nach  den  Umständen  täglich  oder  in  grosseren  Zeit- 
intervallen vorzunehmen  sind.  Dagegen  muss  eine  oberirdische  Fernleitung  dauernd 
beobachtet  und  bewacht  werden  und  zu  diesem  Zwecke  müssen  Streckenwärter  bei  längeren 
Leitungen  die  ganze  Fernleitungsstrecke  wenn  möglich  täglich  besichtigen.  Es  ist  durch 
entsprechende  Dienstformulare,  Fernsprecher  u.  dergl.  dafür  zu  sorgen,  dass-  jeder 
Streckenwärter  selbsttätig  kontrolliert  wird,  ob  er  seine  ihm  vorgeschriebene  Strecke 
tatsächlich  besichtigt  hat.  Etwaige  von  ihm  gefundene  Defekte  hat  er  durch  den 
Dienstfernsprecher  sofort  an  das  Krafthaus  zu  melden  und  in  seinem  Tagesbericht  in  die 
entsprechende  Spalte  des  Formulars  einzutragen.  Die  Zahl  der  Streckenwärter  hangt 
von  der  Wegsamkeit  der  zu  überwachenden  Linie  ab.  Es  wurde  bereits  S.  1086  gesagt, 
dass  ein  Wärter,  der  den  ganzen  Weg  zu  Fuss  gehen  muss,  täglich  höchstens  10 — 12  km, 
dass  aber  ein  Wärter,  welcher  ein  Bad  benutzen  kann,  20  und  selbst  30  km  zu  bewachen 
in  der  Lage  ist.  Bei  der  ca.  20  km  langen  Fernleitung  der  Anlage  Marbach- 
Stuttgart  (S.  575  und  Abb.  412,  S.  1107)  genügt  z.  B.  ein  Streckenwärter,  welcher 


•)  Ein  solcher  graphischer  Stundenplan  ist  zun  Beispiel  in  der  Veröffentlichung  von  Ch.  Lepine 
„Les  Installation*  hydro-electriqnes  de  la  8octet6  de  Füre  et  Morge"  dargestellt,  wobei  die  Rnhepaasen. 
die  Dienste  am  Schaltbrett,  an  den  Turbinen,  an  dem  elektrischen  Material  und  bei  der  aDgemeiaen 
Überwachung  durch  verschiedene  Farben  gekennzeichnet  sind. 


§  8.  Der  Betrieb  von  Wasserkraftanlagen.  1217 

jährlich  1500  Mk.  erhält.  Da  die  Formulare,  welche  sich  für  die  Tagesberichte  und  die 
Kontrolle  der  Streckenwärter  herausgebildet  haben,  von  den  einzelnen  Werken  leicht  zu 
erhalten  sind,  so  kann  von  der  Wiedergabe  eines  Beispiels  hier  abgesehen  werden. 

T.  Die  Bedienung  und  Unterhaltung  des  Verteilungsnetzes  einschliesslich  der 
Aasehlüsse.  Ist  das  Verteilungsnetz  oberirdisch,  so  ist  gleichfalls  eine  möglichst  regel- 
i  massige  Besichtigung  durch  Streckenwärter  erforderlich.  Bei  unterirdischen  Netzen  be- 
i  dürfen  die  Leitungen  an  sich  keiner  Bedienung,  sondern  es  sind  nur  von  Zeit  zu  Zeit  die 
Kabelabzweige  und  Kabelanschlüsse,  soweit  sie  in  zugänglichen  Schächten  oder  Kästen 
untergebracht  sind,  einer  Revision  zu  unterziehen.  Die  inneren  Anlagen  der  einzelnen 
Abnehmer  und  die  Zähler  werden  durch  besonders  ausgebildete  Kontrolleure  von  Zeit  zu 
Zeit  auf  ihren  vorschriftsmässigen  Zustand  geprüft.  Wie  bereits  S.  1211  gesagt,  werden 
die  Ablesungen  der  Zählerstände  behufs  Aufstellung  der  Rechnungen  monatlich  einmal 
ausgeführt  und,  wenn  die  gewählte  Tarifform  es  erforderlich  macht  (S.  1198),  ist  min- 
destens einmal  im  Jaht  festzustellen,  ob  die  Anschlussgleichwerte  der  einzelnen  An- 
schlüsse mit  den  Angaben  der  Stammrolle  übereinstimmen. 

Bei  der  ausserordentlichen  Verschiedenheit  der  Verteilungsnetze  und  der  Anschlüsse 
nach  Grösse  und  Art  lassen  sich  allgemein  gültige  Angaben  über  das  für  die  Bedienung 
und  Unterhaltung  erforderliche  Personal  und  über  die  Höhe  der  Bedienungs-  und  Unter- 
haltungskosten von  Verteilungsnetzen  kaum  aufstellen.  Jedoch  unter  Berücksichtigung 
dessen,  was  im  Kap.  I,  §  5  (vergl.  besonders  S.  264  u.  265  und  277  u.  278)  und  im 
Kap.  in,  §  7  ad  17  (S.  1169  u.  ff.)  mitgeteilt  ist,  wird  es  dem  Bauingenieur  möglich 
sein,  für  jeden  bestimmten  Fall  die  erforderlichen  Kosten  in  einer  für  die  Rentabilitäts- 
berechnung des  generellen  Projektes  genügend  genauen  Weise  zu  veranschlagen. 

Die  Aufstellung  eines  genauen  Betriebsplanes  für  das  Verteilungsnetz  und  die 
Veranschlagung  der  bezüglichen  Betriebs-  und  Unterhaltungskosten  im  Einzelnen  muss 
Sache  des  Elektroingenieurs  bleiben. 


Handbuefa  4«r  Ing.-WIaMiiMb.    IIL  TiO.    U.  Bd.  77 


Sachverzeichnis. 


(Di«  Ziffern  betonten  die  Selten.  Wenn»  ein  Gegenstand  auf  mehreren  unmittelbar  aufeinander  folgenden  Seiten  behandelt 

wird,  ee  ist  in  der  Regel  nur  die  erste  Seite  angegeben.) 


Aachen,  Stadt-  und  Landkreis 
(ürfttalaperre)  587,  1185,  1196. 

Aare-Flusa,  8chweia420,  488, 478, 
474,  577. 

Aare-Kanal  (Kraftwerk  Hagneck) 
473-475. 

Abbiategraaso  bei  Mailand  (Kraft- 
werk Torbigo)  854. 

Abdampf-Maschinen  aar  Arbeite- 
gewinnung (Wirtschaftl.  Tor- 
arbeiten) 809. 

Abflussmengen,  Vorschläge  für 
eine  gleichartige  Bezeichnung* 
der  —  186. 

—  die  jährlichen  —  175. 

—  bei  Hochfluten  177. 

—  die  monatlichen  —  178. 

—  sekundL  pro  qkm  180. 
Abkühlungsverlust,  Der  —  eines 

Kessels  (Wirtschaftl.  Torar- 
beiten) 808. 

Ablagerungsbecken,  Die  —  in 
Werkkanilen  818. 

Ablaufkanäle  816.' 

Abschreibungen,  Die  —  (Wirt- 
schaftl. Torarbeiten)  266. 

Abwftnnekraftmasehinen,  Die  — 
(Wirtschaftl.  Torarbeiten)  809. 

Adda,  Flass  385,  886,  606,  1113. 

—  Wsaserkrafc  Elektrizitätswerk 
Paderno  an  der  —  606. 

Adriatica,  Societa  Italiana  delle 
StradeFerrate  Meridionali  Eser- 
cente  la  Bete  Adriatica  885. 

Aegypten,  Stauanlagen  in  —  1, 
697. 

Ahlbruck  an  der  Alb  im  attdl. 
Schwanwald,  Waaserkraft- 
BlektrizitäUwerk  Hohenfeis  der 
Papierfabrik  —  601. 

Akkumulatoren,  die  elektrischen 
-  885,  1068,  1170,  1194. 

Alleghani-Mountains  (Quellgebiet 
des  die  Morganfalle  bildenden 
Chattahocheeflusaes)  1010. 

Allgemeine  Elektrizitätsgesell- 
schsft,  Berlin,  Maschinen  der  — 
577.  583,  1171,  1176,  1205. 


Allgemeinen  Verwaltung,  Kosten 
der  —  268,  276,  1181,  1207. 

Alts  Italia,  Societh  Anonima 
Elettricitä  —  (Strombesug  der 
—  aus  den  Wasserkraftwerken 
Funghera  und  Ceres  Als)  367, 
369. 

Aluminiumindustrie,  Die  —  115, 
1171. 

AmenemahUI.  (Erbauer  der  Stau- 
anlage des  Mdrisaees)  1. 

Amerikanische  Kraftwerke  mit 
deutschen  Turbinen  8. 

Ampere,  Einheit  für  die  Messung 
der  Stromstärke  1084. 

Animas-River,  Wasserkraft-Elek- 
trizitätswerk am  —  bei  Bock- 
wood, Colorado  609. 

Anker,  Die —der  Generat  orenl080. 
Ankerbleche,  Die  —  1084. 
Ankerrfickwirkung  1038. 
Anlagekosten,  Die  —  (Die  wirt- 
schaftlichen Vorarbeiten)  284. 

—  Die — von  Wasserkraftanlagen 
242,  249,  250. 

—  von  Wasserkraftanlagen  mit 
Dampfreserve  818,  820. 

—  von  Turbinenanlagen  256. 
Anlagekosten    von    elektrischen 

Einrichtungen  der  Krafthäuser 
(vergl.  auch  1079)  260. 

—  von  Transformatorenanlagen 
(vergl.  auch  3.  1081)  261. 

—  von  Fernleitungen  262,  264. 

—  vonVerteilnngsnetsen  264, 265. 


Auspuff-Ma- 


—  von 
290. 

—  von 
achinen  291. 

—  von  Kondensations-Dampfma- 
schinen 292. 

—  von  Dampfturbinen  287. 

—  von  Ruckkuhlanlagen  292, 298. 

—  von  Leuchtgasmotoren  313. 

—  von  Kraftgasanlagen  814. 

—  von  Dieselmotoren  817. 
Anschlusswerte,  Ermittlung  der— 

826. 


Anthrazit,  Preise  von  —  318. 

Aosta-Tal  (Anlage  Pont  St  Martin 
in  Oberitalien)  378. 

Are,  Wasserkraft  -  Elektrizitäts- 
werk am  —  bei  Saint  Michel 
de  Maurienne  der  Sociele*  d' 
tiiectro-Chimie  605. 

Arve  (Nebenfluss  der  Bhone)  448, 
444. 

— Wasserkraft-Elektrizifätewerke 

Servos  und  Chavants  an  der  — 
(Haute  Savoie)  für  den  Betrieb 
des  Cbemin  de  fer  du  Fayet 
a  Cbamonix  604. 

Aifsuan  Staumauer  von  —  2. 

Ateliers  des  construotions  mecani- 
ques  in  Vevey  (Schweiz)  Tur- 
binen der  —  472. 

Atlanta  Water  and  Electric  Power 
Co.,  Kraftwerk  der  —  609, 1007, 
1010. 

Auftrieb,  Der  —  807. 

—  Berücksichtigung  des.  —  bei 
Berechnung  von  Sperrmauern 
742. 

Augsburg  555,  556,  562, 565,  570, 
986. 

—  Wasserkraftanlage  der  Spinne- 
rei am  Stadtbach  in  —  602. 

Ausgenutzte  Wasserkräfte  in  ver- 
schiedenen Ländern  18. 

Auspuffmaschinen  280. 

Auswahl  der  sekL  Wassermenge, 
für  welche  die  Wasserbauten 
auszuführen  sind  251. 

Avignonnet  am  Drac,  Isere,  Frank- 
reich, Kraftwerk  in  —  497, 505, 
507,  855,  980,  948,  985,  1128. 

Bachsche  Formeln  zur  Berechnung 

der  Wandstärken  zvlinderiecher 

Gefssse  889,  894. 
Barattieri'scher     Stabschwimmer 

199. 
Baugrund,  Der  —  281,  672. 
Bauleitung,  Kosten  der  —  265. 
Bauschingersehe  Festigksita» 

zahlen  für  Hölzer  1155. 

77* 


1220 


Sachverzeichnis. 


Bauzinsen,  Die  —  265. 

Bay  Coaoties  Power  Company, 
Fernleitung  der,  —  (Amerika) 
12,  1085,  1122. 

Bazinsche  Formel  für  Wasser- 
geschwindigkeiten 874,  778, 775, 
779. 

Bedachung,  Die  —  derKrafthäuser 
1029. 

Bedienungskosten,  Die  —  269. 

—  der  Fernleitung  269,  1216. 

—  in  den  Krafthäusern  272  -275, 
296-307,  318,  814,  317,  818— 
821,  1215. 

Beharrungsznstand  im  Wasser- 
stand 128. 

Behrendsche  Eisenbohlen  und 
Stahlspundwände  674. 

Belastung  der  Drähte  durchEigen- 
gewicht 1140. 

—  der  Drähte  durch  Wind,  Schnee 
und  Eis  1150. 

Belastung,  grOsste,  gleichzeitige 
—  eines  Kraftwerkes  330,  1196. 

Beleuchtung,  künstliche  —  des 
Krafthauses  1068. 

—  Tages  —  der  Krafthäuser  992. 
Bell,  Theodor  —  &  Co.  in  Krienz 

(Schweiz)  Turbinen  etc.  von  — 
485,  477,  869,  919. 
Bellegarde  (Ain)  an   der  Rhone, 
Wasserkraft  -  Elektrizitätswerk 
605. 

Benutzungsdauer  881. 
Benutzungsdauerrabatte.  1198. 
Benzinmotoren  310,  315. 
Beobachtungen  des  Wasserstan- 
des 140. 

Bergamasca,  Societä  —  per  Distri- 
buzione  di  Energia  Elettrica, 
Kraftwerk  der  —  360,  930,  984. 

Berieselung  (im  Altertum)  1. 

—  Wasserreinigung  durch  —  781. 
Beteiligung  des  Staates  und  der 

Gemeinden    am    Ausbau    von 
Wasserkräften  in  verschiedenen 
Ländern  20,  21. 
Beton,  Der  —  (Herstellung  und 
Mischung)  678. 

—  Talsperren  aus  armiertem  — 
712,  987. 

—  Werkkanäle  aus  Armiertem  — 
796. 

—  Druckrohre  aus  armiertem  — 
920. 

—  Freileitungsmaste  aus  armier- 
tem -  1116. 


Betrieb,  Der  —  von  Wasserkraft- 
anlagen 1207. 

Betriebsdauer,  Einfloss  der  — 
auf  die  Erzeugungskosten  822, 
1181—1184. 

Betriebskosten  266,  872.  882, 1096 
—1102,  1181  u.ff.,  1212-1217. 

Betriebskosten  t>ei  Wasser-  und 
Wärme-Kraftanlagen  272-821. 

Betriebsleiter,  Der  —  1208. 
Betriebsspannung  1069. 
Betriebszuschüsse  266,  888. 
Be  ver  •  Talsperre    (Rheinprovinz ) 

721,  1184,  1218. 
Beznau  a.  d.  Aare  Kraftwerk  — 

488,  808,  966, 1012,  1014,  1019, 

1025. 
Bianchi,  System  —  (Bedachung 

des  Krafthauses  Vizzola)  852. 
Bieler  See  478. 
Biella  (Aostatal)  878. 
Blitzableiter,  Die  - 1061,  H35u.ff. 
Blitzrelais,  Das  —  1061,  1137. 

BlitzschutzTorrichtungen     (siehe 

Blitzableiter) 
Bogenlampen,  Elektrische  — 1173. 

—  Brenndauer  der  —  1176. 
Borstendorf  in   Sachsen,   Kraft- 
werk in  —  602,  966. 

Bosnische  Elektrizitäts-Aktienge- 
sellschaft,  Kraftwerk  der  —  in 
Jajce  491,  492. 

Bourgeat,  Masten  in  armierten 
Beton  von  —  in  Yoiron  1116, 
1117,  1116. 

Bouzey,  Sperrmauer  in  —  740. 

Brembilla,  Fluss  (Italien)  Wehr 
im  —  860,  363,  641. 

Brembo ,  Wasserkraft  -  Elektrizi- 
tätswerk am  —  der  Societä 
Conti  per  Iroprese  Elettriche 
607,  1113,  1121. 

—  Wehr  im  —  860. 

Brenet  Lac,  Ausnutzung  des  — 
für  das  Kraftwerk  La  Dernier- 
Vallorbe  460,  463. 

Bremersche  Intensiv  -  Bogenlam- 
pen 1176. 

Bremsregulatoren  981. 

Brennstoffverbrauch  für  Dampf- 
maschinen 295. 

Brixsche  Formel  für  die  Trag- 
fähigkeit eines  Pfahls  677. 

Brown  Boveri  A  Co.,  A.-G.  Baden 
(Schweiz),  Maschinen  von  — 
485,  489,  452,  472,  473,  478, 
524,  540,  755. 


Brown  -  Boveri  -  Persona  sehe 
Dampfturbine  287. 

Brflckenkanal,  Der  —  des  Kraft- 
werks Viszoia  344,  846,   796. 

—  Der  —  in  Borgone  797. 

Brusio,  Kraftwerk  der  Sodete*  des 
Forces  motrices  de  —  359,  912, 
919,  940,  1028. 

BruttogefäUe  einer  Wasserkraft- 
anlage 100,  97a 

Buchführung,  Die  —  1209. 

Budau,  A.,  Formel  von  —  rar 
Berechnung  der  Druckerhtthun- 
gen  bei  Wasserschlägen  897, 
909,  912. 

Buffalo  545. 

Bnrdin,  Wasserrad  mit  stehender 
Welle  von  —  (Erste  Turbine)  5. 

Burgdorf,  Elektrisch  betriebene 
Bahn    Thun   —   (Kanderwerk) 

436. 
Borsten  zur  Stromabnahme  1085. 

Cabeoscher  8tabschwimmer  199. 

Caffaro-Brescia  (Italien)  Doppel- 
gestänge bei  der  Kraftüber- 
tragung —  des  Wasserkraft- 
Elektrizitätswerkes  am  Caffaro- 
Fluss  607,  1107,  IUI. 

California  Gas  and  Electric  Corpo- 
ration 1085. 

California  Missouri  River  Power 
Co.,  bei  Black  Canon  am  Mis- 
souri (Kalifornien)  610. 

California  Power   Co.,    Wasser- 
kraft-Elektrizitätswerke der 
Northern  —  bei  Volta  und  Ktlnrc. 
610. 

Canadian  Niagarafalls  Power  Co. 
Kraftwerk  der  —  547.  968. 

Carro,  Klappenwehr  von  —  654. 

Castellanza,  Dampfzentrale  in  — 
des   Kraftwerkes  Vizzola  853. 

Castel-Novate,  Tiefer  Emnehnitt 
bei  —  des  Werkkanala  der  An- 
lage Vizzola  344,  846. 

Catawba-River  8Ad  Kalifornien, 
Kraftwerke  am  —  609,  986. 

Cellina,  Kraftübertragung  vom 
Kraftwerk  a.  d.  —  nach  Vene- 
dig 607,  1108,  1116. 

Cenischia,  Kraftwerk  a.  d.  — 
Italien  872,  874,  876. 

Ceres  Ala,  Kraftwerk  —  (Italien; 
869,  945.  981,  1028. 

Champ,  (Kraftwerk  bei  — ,  leere, 
Frankreich)  581,  588,  585,  589. 
945,  1105,  1114,  1169. 


Sachverzeichnis. 


1221 


Chanoine,  Klappenwcbr  nach  — 
654,  871. 

Charakteristische  sekundl.  Was- 
sermengen.  Vorschlag  für  ein- 
heitlicheBezeiohnungder  — 187. 

Chattahoochee  Flues,  Kraftanlage 
an  den  Morganfällen  des  — 
N.  A.  609,  1010. 

Chedde,  Wasserkraft  -  Elektrizi- 
tätswerk an  der  Arve  bei  — 
(Hante  Savoie)  604. 

Chevenos,  Wasserkraft-Elektrizi- 
tätswerk bei  Evian  Les  Bains 
in  —  (Hante  Savoie)  605. 

Chevres,  Kraftwerk  in  —  442, 
444,  806,  842,  857,  863,  870, 
975,  989,  998, 1011, 1013, 1014, 
1024,  1028,  1063,  1160. 

Chesy-Eytelweinsche  Geschwin- 
digkeitsformel 773. 

Chinesisches  Schöpfrad  3. 

Cipolletti  Cesare,  Versuche  von  — 
am  Tessinwehr  etc.  625,  811. 

Clees-Socifttf  Anonyme  de  l'Usine 
Electriqne  des  —  in  Yverdon, 
8chweiz  402. 

Clenesso,  Kraftwerk  in  —  am 
Brembo  860. 

Colico-Sondrio  (Elektr.  betriebene 
Bahnlinie,  Oberitalien)  889,  896. 

Compagnie  de  l'Industrie  filectri- 
qoe  Genf.  Maschioen  der  — 
451.  458,  472,  581. 

Compagnie  Vaudoise  des  Laos  de 
Joux  et  de  l'Orbe,  Kraftwerk 
der  —  460. 

Compound-Dampfmaschine  279. 

Compounddynamo  1085. 

Consolidated  Lake  Saperior  Co., 
Kraftwerke  der  —  551. 

Coulouvreniere,  Kraftwerk  a.  d. 
Rhone  bei  —  a.  Genfer  See 
442,  443. 

Croton-Gebiet,  Talsperren  für  die 
Wasserversorgung  von  New- 
York  im  -  736. 

Croton-Stauwerk.    Neues  —  737. 

Curtis,  Dampfturbine  von  —  286. 

Cusset,  Krafthaus  a.  d.  Rhone  in 
—  (Frankreich)  526. 

Dale,  Wasserfälle  am  Glommen 

bei  —  Norwegen  486. 
Dämme,Herstellnngsartder  —  704. 
Dammkrone  Breite  und  Höhenlage 

der  —  706. 
Dammprofile  beiWerkkanälen  790. 
Dampfkessel  288. 


Dampfmaschinen  279. 

Dampfreserve  822. 

Dampfspannung  280. 

Dampfturbinen  282, 

Dämpfungswiderstände  (als  Siche- 
rungen bei  Fernleitungen)  1136. 

Dampfverbrauch  289,  295. 

DaroyscheVerauche  auf  der  Pump- 
station Chaillot  bei  Paris  775. 

Dauerlinien  der  sekl.  Wasser- 
mengen 141. 

Dawsongas  812. 

Delta-Glocken  (Isolatoren)  1126. 

Desfontaines,   Trommel  wehr  von 

—  654. 

Dienstpläne  für  das  Personal  269, 
1216. 

Dieselmotoren  310,  315,  316. 

Differenzial-Bogenlampen  1174. 

Düatationsvorrichtuogen  in  Rohr- 
leitungen 928. 

Dillinger  Hüttenwerke,  A.  G., 
Rohrverbindung  der  —  919. 

Dina,  Alberto,  Blitzableiter  Relais 
von  —  1187. 

Direkt*  Betriebskosten  268,  1181. 

Disposizioni  sul  lavore  delle  donne 
e  dei  fanciulli  negli  opifici  in- 
dustriali  etc.  842. 

Doell,  Klappenwehr  von  —  654. 

Doppeltarif  1198. 

Dora  Baltea,.Kraftwerk  an  der  — 
(Pont  St  Martin)  878. 

Doron,  Wasserkraft-Elektrizitäts- 
werk am  —  bei  Bozel  (Savoie) 
605. 

Dottingen  Konstruktionswerk- 
statt  (C.  Zschokke)  in  —  483. 

Doubs,  Kraftwerk  La  Goule  am 

—  Schweiz  896. 

Drac,  Kraftwerk  Avignonnet  am 

—  (Frankreich)   497/99,    503, 
506,  528,  581,  582,  588/40. 

Drahtbelastungstabelle  1151. 

Drahtgewichte  1142. 

Drahtquerschnitt,  Der  wirtschaft- 
lich günstigste  —  bei  Fernlei- 
tungen 1095. 

—  Kleinster  zulässiger  —  bei 
Fernleitungen  1096. 

Drehschatzen  869. 

Drehstrom  1087,  1088. 

Drehstromdynamo  1089. 

Drehstromleitungen,  Berechnung 
derselben  1074. 

Drehstromsystem  1068,  1069. 

Drehstrom-Vierleitersystem  1069, 
1179. 


Dreieckschaltung  1089. 
Dreileitersystem  1066. 
Dreiphasen  -  Wechselstrom  •  Moto- 
ren. Asynchrone  —  1177. 

—  synchrone  —  1178. 
Drosselspulen   zum   Sehutz   vor 

Überspannungen  1062. 

—  bei  Bogenlampen  1175. 
Druckbecken  754. 
Druckgas  312. 
Druckkammern  827. 

Druckleitungen  aus  Eisen  918. 

—  aus  Holz  921. 

—  aus  armierten  Beton  920. 
Druckluftgrundung  681. 
Druckrohre,  Die  —  876. 

—  Schutz  der  —  vor  Wasser- 
schlagen  897. 

—  Transport  der  —  928. 

—  Einmündung  der  —  in  die 
Turbinen  948. 

Diuokturbinen' 284,  949. 

Druckverlust  inRohrleitungen  886. 

Du  Buat,  Versuche  von  —  zur 
Feststellung  der  Wasaerge- 
schwindigkeiten ,  welche  zur 
Fortbewegung  von  Körpern  ver- 
schiedener Grösse  erforderlich 
sind  132. 

Docker  929,  980. 

Durance,  Fluss  (Frankreich),  Kur- 
ven der  Wassermengen  in  der  — 
bei  Bompas  187. 

Durcbflussprofile,  Berechnung  der 

—  bei  Wehren  621,  629. 
Durchhang  der  Drähte  1144. 
Durchhaogstabellen  1148. 
Duvillard ,    Lausanne ,    Turbinen 

von  —  472. 
Dynamomaschinen,  Beschreibung 

der  —  1034. 
Dynamospannung ,     Regulierung 

der  —  1041. 

East-Canyon  Creek,  Staudamm 
im  —  (Kalifornien)  709. 

Effektverinste  in  den  Fernlei- 
tungen 263,  1075,  1096. 

Egerscher  Integrier-Flugel  208. 

Eigenbedarf  an  Energie  im  Kraft- 
hause 334,  1214. 

Eigentum  am  Bette  der  Gewässer 
27. 

Ejektorwirkuog,  Ausnutzung  der 

—  an  Freilaufschfitzen  zur  Ge- 
winnung von  Gefälle  bei  Hoch- 
wasser 989. 


1222 


ftlOHTl 


:m:h  n:i,    i; 


Einlaof,  Dar  —  bei  Werkkanilen 
796. 

Einnahmen,  Berechnung  der  — 
(Wirtschaftl.  Vorarbeiten)  886. 

Einnahmen  fflr  den  Staat  aus  der 
Nutzung  des  Wassers  82. 

Einphasensystem  1068. 

Einstufige  Druckdampfturbinen 
284. 

Einteilung  der  Gefallstufen,  Vor- 
schlag fflr  die'—  bei  Sammlung 
von  Zahlenmaterial  fflr  Anlage- 
kosten 287. 

Einziehsystem ,  Verlegung  von 
unterirdischen  Kabeln  nach 
dem  —  1168. 

Einsylinderinaschinen  279. 

Eisbildung  185. 

—  Einfluss  der  —  bei  Seeregu- 
lierungen 220. 

—  desgL  bei  Stauweihern  750. 

—  in  Druckleitungen  928. 

—  in  Wsrkkanllen  766. 
Eisschlitten  657,  802. 
Elektra-Dampfturbine  284. 
Elektrochemische  Industrie,  Die — 

1171. 

Elektrolytische  Industrie,  Die  — 
1171. 

Elektrometallurgiscbe  Industrie, 
Die  -  1172. 

Elektromotoren,  Die  —  1177. 

Energieabgabe,  Die  —  auf  dem 
platten  Lande  829. 
888. 
is,  Wasserkraft.  Elektrizität* 
werk  am  Furon  bei  —  605. 

Englischer  Staudamm  707. 

Ennepe-Talsperre  (a.  d.  Ruhr)  780, 
815,  1187. 

Enteignung,  Gesetsliche  —  81, 
85,  88,  51,  58,  56. 

Entfernung,  Die  — ,  bis  zu  welcher 
man  noch  elektrische  Energie 
mit  wirtschaftlichem  Erfolge 
Obertragen  kann  1082. 

Entlfiftungsrohre  in  Druckleitun- 
gen 827,  878,  898,  948. 

Eppersoher  Flügel  204. 

Erddruck,  Berechnung  des  —  668, 
744. 

ErdleitungswidersUnde  1189. 

Erdung  von  Masten  bei  Fernlei- 
tungen 1138. 

Eriesee  (Amerika)  542,  548. 

Erneuerung  (vergl.  auch  Betriebs- 
kosten) 266,  1181. 

Erregeranlagen  1048. 


Eecher,  Wyss  A  Co.,  A.-G.  der 
Maschinenfabriken  von — Zürich 
9,  389,  415,  480,  489,  448, 465, 
488,  523,  524,  546,  547,  577, 
582,  1001. 

Etsch  werke  Meran-Bosen  580, 922. 

Eulersche  Theorie  der  Reaktions- 
räder 4. 

—  Formeln  der  Knickfestigkeit 
1158,  1157. 

Expansions-Maschinen  279. 
Explosionsmotors  315. 
Eytelwein-Chezysche  Formel  183, 
773. 

Fairbanks,  Morse  A  Co.,  Amerika, 
Einsiehsysteme  der  —  für  Kabel 
1168. 

Focht,  Annahmen  für  den  Auf- 
trieb nach  —  bei  Berechnung 
von  Staumauern  662,  742. 

Feinrechen  805. 

Feldmagnete  1080. 

Fernleitungen,  Die  —  1082. 

Fernleitung,  Kosten  der   —  264. 

—  Wahl  der  Linie  für  die  -  1066. 
Fernleitungen,  Tabelle  der  —  mit 

grossen  Langen  und  hohen  Span- 
nungen 1085. 

Ferraris-Instrumente  sur  Messung 
von  Wechselströmen  1054. 

Finksche  Zungenregulierung  für 
Turbinen  850,  858,  884,  480, 
490,  495,  524,  565,  592.  962. 

Fischpisse  659. 

Fitsner,  in  Laurahfltte,  O.-Schl., 
Geschweiftste  Rohre  von  —  919. 

Flamant  A.,  Formel  von  —  fflr 
die  Berechnung  von  Rohrdurcb* 
messen  882,  886. 

Flammrohrkessel  288. 

Flanschenrohre  915,  919. 

Fliegner,  Formel  nach  —  zur  Be- 
rechnung des  Druckverlustes  in 
Rohrleitungen  888. 

Flossgassen  657. 

Flügel  von  Amsler-Laffon  202, 208. 

—  nach  Eger  von  Amsler-Laffon 
208. 

—  nach  Epper  von  A.  Ott  204. 
Flügel  nach  Harlacber  203. 
Flugelmessung  201. 

Flut*  und  Ebbstrom,  Benutzung 
des  —  sur  Kraftnutzung  8, 117. 

Flutwellen,  Die  —  124. 

Folsom ,  Wasserkraft  -  Elektrizi- 
tätswerk bei  —  am  American- 
flösse  (Kalifornien)  610. 


Forces  Motrices  du  Rhone,  Kraft 
werk  der  SodeM  des  —  975. 

Forchheimerscbe  Formeln  ftraÜe 
FestigkeiU- Berechnung  vom 
Druckleitungen  mit  dnickfrasssm 
Scheitel  891. 

—  —  für  die  Berechnung  von 
Druckerhöhungen  in  Rohrlei- 
tungen 901. 

Fossem  (Norwegen),   Wasserfall 

des  Glommen  bei  —  486»  487. 
Fourneyron-Turbinen  6. 
Francisturbinen  8,  961. 
Franzius,  Zahlen  von  —  für  die 

Wassergeschwindigkeit,   bei 
•  welcher  Körper  verschiedesier 

Korngrösse  in  Bewegung  gesetzt 

werden  182. 

—  Zahlen  von  —  für  die  Ergiebig- 
keit von  Flössen  180. 

—  Zahlen  von  —  fflr  die  Lei- 
stungsfähigkeit von  Rammen 
675. 

Frederickstad  a.  Glommen  (Nor- 
wegen) 480,  481,  485. 

Friese,  Robert  M.,  Zahlen  von  — 
fflr  die  Verluste  durch  Rand- 
entladungen 1094. 

Frühling  A.,  Zahlen  von  —  für 
die  Erddrücke  auf  zylinderischem 
Rohrleitungen  bei  verschiede- 
nen Oberschüttnngsböhen  895. 

Fanghera  (Italien),  Kraftanlage 
in  —  872,  927,  945,  981,  992, 
1018,  1111. 

Funkenstrecken  1061,  1137. 

Füre  et  Morge,  Anlage  bei  Chaaap 

0 

der  Socioie*  Hydro  •  Electrique 
de  —  (Frankreich)  581,  532, 
537,  589,  802,  911,  920,  928, 
929,  948,  969,  970,  986,  1028, 
1166. 

Furens,  Staumauer  im  —  Frank- 
reich 781. 

Futtermauern,  Die  Berechnung 
der  -  667. 

Gadda  &  Co.  in  Mailand ,  Maschinen 
von  —  858,  384. 

Gallesche  Kette  858,  384,  438, 
515. 

Ganguillet  &  Kutter,  Formel  von 
-  844,  856,  776,  778. 

Ganz  &  Co.,  Budapest,  Maschinen 
von  —  885,  898,  495. 

Gasmotoren  810,  315. 

Gefalle,  Das  —  (Technische  Vor- 
arbeiten) 118. 


Sagbvebzbj 


1223 


Gefalle,  Wahl  des  —  bei  Werk- 
kanalen  772,  872. 

Qeftlle  in  Flussliufen  und  sus- 
gefthrien  Wsrkkanilen  (Ta- 
belle V)  119. 

Gefälle  in  15  für  Kraftwerke  be- 
nutzen Floaten  (Tab.)  248. 

Geldrabatte  bei  Stromtarifea  119a 

Generatoren  1080. 

G  enfer  See,  Regulierung  des — 224. 

Geratbofen  (Bayern),  Lech-Elek- 
triaititawerk  in  —  555,  556, 
557,  688,  689,  804,  809,  966, 
986,  1002,  1006,  1007,  1009, 
1018,  1024,   1028,   1092,  1124. 

Geschiebefohrung,  Die  —  128, 
789,  877. 

—  Vergleichszahlen  für  die  — 
aufgestellt  von  J.  Wilhelm  181. 

Geschwindigkeit ,     Die    —    des 

Wassers  196,  772. 
Geschwindigkeitsmessnng  196. 
Geschwindjgkeitsregalaioren  979. 
Gesetzgebung,   Lage  der  —  für 

Wasserkraftanlagen  27. 

—  Die  —  betreffend  Führung  von 
Starkstromleitungen  5a 

Gesets  über  das  Telegraphen- 
wesen des  Deutschen  Reiches 
Tom  6.  April  1892,  1090. 

Gesntige  für  Hochspannnngsfern- 
leitnngen  1102. 

—  statische  Berechnung  des  — - 
1158. 

—  Veranschlagung  des  —  264. 
Gewisserkunde,  Landesanstalt  für 

-  148. 

—  Jahrbuch  für  —  145. 
Gewichtsangabe   von  Maschinen 

und  Transformatoren  1080, 1081. 
Gichtgasmotoren  810,  815. 
Gileppe,    Talsperre   der   —   bei 

Verriers  698. 
Ginori  Richard,    Mailand,  Isola 

toren  von  —  1126,  1128. 
Girard,  L.  D.,  Turbinen  von  — 

7,  654,  972,  974. 
Glattfelden,  Kraftwerke  in  —  966, 

1002. 
Gleichstrom-Bogenlampen  1178. 
Gleichstrommaschinen  1080. 
Gleichstrommotoren  1177. 
Gleichstrom-  und  Wechselstrom- 

System,  Unterschied  der  beiden 

1064. 
Gleichstrom-Systems  1066. 
Glommen   (Flosa    in   Norwegen) 
80    4-488,  486-487. 


Glühlampen  1172. 

Gonle,  Sociote*  des  Forces  £lec- 

triqae  de  1s  —  Kraftwerk  der 

—  Schwell  896, 975, 1018, 1106, 

1128. 
Gradlerwerke  280. 
Grande-Eao,  Societd  des  Forces 

Motrices  de  la  —  468. 
Graphische  Darstellung  der  sekl. 

Wassermengen  187,  140. 
Grenobloiss  de  Force  et  Lumiere, 

Societ*  —  497. 
Grenstorbinen  axiale  975. 
Grossgasmaschinen  815. 
Grandeis,  Das  —  186,  884. 
Gronderwerbskosten  246. 
Gaadalantinfloss  (Sttdspanien)Tal- 

sperre  im  —  789. 
Gübsenmoos    (Kabelwerk)    8tau- 

weiher  im  -  407,  410. 


Habrasperre  (Algier),  Die  —  789. 

Häseler,  S.,  Formeln  von  —  für 
die  Berechnung  von  8tüts-  and 
Futtermauern  667. 

Hafslond,  Kraftwerk  in  —  (Nor- 
wegen) 480/81,  888,  9?7,  945, 
1014,  1185: 

Hagen,  G.,  Vertikalgeschwindig- 
keitakurve  von  —  197,  774. 

Hagneck,  Kraftwerk  bei  — 
(Sehweis)  478»  478,  640,  809, 
869,  965,  976,  984,  991,  1018, 
1014,   1054,  1092,  1115,   1169. 

Halfred  Wasserfalle  des  Glom- 
meos bei  —  Norwegen  486. 

Haielager  976. 

Hamilton  Bisetrio  Light  and  Ca- 
taract  Power  Ca  Ltd.  Kraft- 
werk der  —  am  Niagara  457, 
548,  611. 

Harlacher,  Messflflgsl  nach  — 
208. 

Hartporzellan  für  Hochspannungs- 
isolatoren 1124. 

Hartangscher  Pendelregler  894. 

Hartzig,  Zahlen  nach  —  für  den 
Widerstand  Ton  Pfählen  gegen 
Ausziehen  677. 

HauptstronvBogenlampen  1174. 

Hauptstromdynamo  1085. 

Hebervorrichtung  in  den  Stau- 
dämmen Ton  Mittershsim  und 
8t.  Christophe  728. 

Heissdampfmaschinen  279,  809. 

Heizflache  289. 

Heizrohrkessel  288. 


Heizwert  der  verschiedenen 
Brennmaterialien  289,  816. 

Hellmann,  Zahlen  für  Regenhdhen 
von  —  152,  154,  155,  282. 

Heoschel  &  Sohn,  Turbine  von 

—  6. 
Henachel-Jonvaltarbine  944. 
Hermsdorf,  Porzellanfabrik.  — 

Isolatoren  der  —  1127. 

Hersog  in  Logelbaoh  i.  E.,  Druck- 
leitungen aas  Holz  von  —  921. 

Hirschaa,  Kraftwerk  bei  —  an 
einem  Arm  der  Iaar  602. 

Hirsch-Wilking,  Elektro-Ingenieur- 
Kalender  von  —  1092. 

Hitzdrahtinstrumente  zur  Mes- 
sung von  Wechselströmen  1051. 

Hochspannungsleitungen,  Berech- 
nung und  Ausfahrung  der  — 
1074,  1076,  1094. 

Hochspannungsleitungen,  unter- 
irdische —  1159. 

Hochstverbranchs-Zfthlsr  1205. 

Hochwasssrmsngen  189. 

Hohenfels,  Kraftwerk  der  Papier' 
fabrik  Ahlbrack  a.  d.  Alb  bei 

—  (Sttdl.  Schwarzwald)  604. 
Hohenfurt,  Boomen,  Kraftwerk  a. 

d.  Moldau  bei  -  602,  912. 

Holzmasten  1102. 

Horizontalturbinen  966,  969. 

Hörnerblitzableiter  1061,  1187. 

Horseshos-Fall  (KauadaschcrTeü 
der  Niagara*Fälle)  548. 

Hudson,  Ausnutzung  der  Spier- 
fälle am  —  (Albaav  N.  T.)  609 

Homphrevs  <fc  Abbot,  Horisontal* 
geschwindigkeitskurve  von  — 
775. 

Huron~8ee  (Michigan,  Amerika) 
551. 


Jahresleistung,  Anwachsen  der  — 

in  gelieferten  Turbinen  einiger 

Turbinennrmen  11. 
Jsjce  (Bosnien),  Kraftwerk  in  — 

491,  492,  924,  981,  945»  969, 

980,  992,  1068. 
Janijflnss  (Bosnien)  491. 
Jauerburg,  Wasserkraftanlage  des 

Walzwerkes  —  (Krain)  603. 
Jecerosee  (Bosnien)  491  92. 
Ilchester,  Kraftwerk  bei  —  im 

Patapsco-Fluss  987. 
Imier  3t.  (Schweiz),  Dampfreserve 

des  Wasserkraftwerks  La  Gonle 

in  -  899,  402. 


1224 


Sachverzeichnis. 


Imprägnierangsverfahren  von 
Holzmasten  1104. 

Indirekte  Betriebskosten  266,1182, 
1197. 

Indirekte  Ermittelang  der  sekl. 
Wassermengen  149. 

Induktion  1080. 

Innsbruck,  Kraftwerk  der  Stadt  — 
an  der  Sill  602. 

Intze,  Otto,  Tabelle  Aber  17  von  — 
gebaute  Talsperren  716. 

Jonage  -  Casset  -  Lyon  (Kraftwerk 
a.  d.  Rhone)  507,  510,  770,  804, 
815,  861,  867,  980,  985,  993, 
1014,  1019,  1029,  1162. 

Jon  val- Turbinen  6,  944. 

Jonz  Lac,  de  —  (Schweiz)  460, 
463. 

Joya  (in  Grenoble),  Ausführung 
einer  pneumatischen  Fundie- 
rung durch  —  536,  (929). 

bar ,  Wasserkraft  -  Elektrizitäts- 
werk a.  d.  —  der  Stadt  München 
bei  Moosbarg  601. 

Isolation  unterirdischer  Kabel 
1160. 

Isolatoren  für  Hochspannungen 
1124. 

Isolatorenstützen  für  Hochspan- 
nungen 1128. 

Isotacheen  in  einem  Flussprofil 
211. 

Italienische  Gesetzgebung  für 
Wasserkraftanlagen  83,  58,  65, 
66—69, 

betr.  die  Führung  von  Stark- 
stromleitungen 59. 

Kabel,  eisenbandarmierte.    Ver- 
legung von  —  1160. 
Kabelkaoäle  1019. 
—  Tabelle  der  Abmessungen  der 

—  bei  11  Anlagen  1020. 
Kabelkästen ,     unterirdische     — 

1165. 
Kabelpanzer  1163. 
Kaltdainpfmaschinen  809. 
Kammlager    für   Turbinenwellen 

976. 
Kanalbrücken  796. 
Kanäle  im  Altertum  1. 
Kanalprofile,  Wahl  der  —  778, 

782,  872. 
Kanderwerk  (Kraftwerk,  Schweiz) 

945,  1114,  1169. 
Kander-  and  Hagneckwerke,  Akt- 

Ges.  Bern,  Kraftwerke  der  — 

436,  490. 


Kapazität  der  Leitungen  1076, 
1158. 

Kapitalbeschaffung.  Kosten  der  — 
265. 

Kardaun ,  Wasserkraft-Elektrizi- 
tätswerk —  bei  Bozen  603. 

Karlsbader  Kaolin-Industrie-Ges. 
in  Merkelsgrün  (Böhmen),  Iso- 
latoren der — 1126(Taf .LXXXI). 

Kassenwesen  1211. 

Kastler  M.,  Zürich,  Mastfuss  aus 
Beton  und  Eisen  von  —  1110. 

Kerntransformatoren  1045. 

Kesselfeuerung  durch  Hochofen- 
gase 315. 

Klappenwehre  363,  653,  871. 

Klausthal,  Kraftwerk  der  Berg- 
inspektion —  601. 

Kohlenfaden ,  Glühlampen  von 
Edison  1172. 

Kohlenpreis  als  Wertmesser  für 
Wasserkräfte  118. 

Kohlenpreise  295. 

Kolbenmaschinen  279. 

Kombinierung  einer  Abwärme- 
kraftmaschine  mit  einer  Dampf- 
maschine 811. 

Kommutator  (bei  Gleichstrom- 
dynamos) 1081. 

Kondensationsdampfmaachinen 

280. 
Kondensator     bei     elektrischen 

Leitungen   1076,  1158. 

Kontinentale  Gesellschaft  für 
elektrische  Unternehmungen  in 
Nürnberg,  Kraftwerke  der  — 
343,  885,  481. 

Kontrollpegel  193. 

Konusturbine  975. 

Konzessionsdauer,  Einfluss  der  — 
auf  die  Tilgung  266,  277. 

Konftssionswesen  28»  38,  84,  40, 
42,  49,  51,  55,  56. 

Kosten  (vergL  Anlagekosten,  Be- 
triebskosten and  Preise). 

Kostenanschlag  für  eine  Wasser- 
kraftanlage 285. 

Kotka,  Wasserkraft  Elektrizitäts- 
werk   Stockf ors  -  Traesliberi 
(Finnland)  608. 

Kraftbedarf,  Ermittelung  des  — 
828. 

Krafthäuser.  A.  Der  bauliche 
Teil  983. 

—  B.  Der  elektrische  Teil  1029. 

—  mit  liegenden  Schachtturbinen 
1002. 


Krafthäuser  mit  stehenden 
Schachtturbinen  1011. 

—  mit  stehenden  Gehäasetnr- 
binen  1014. 

—  mit  liegenden  Gehäosetnr- 
binen  1015. 

Kraftlieferung,  Arten  der  —  bei 
Wasserkraftanlagen  1184. 

Krantz,  Klappen  wehr  von  —  654, 
871. 

Kreislauf  des  Wassers  149. 

Kreuterscbe  Formel  zur  Bestim- 
mung der  Geschiebefahrang  789. 

Kreuzung  von  Telephon-  und 
Telegraphenleitungen  bei  Fern- 
leitungslinien  1090. 

Kristiania  460,  486,  491. 

Kubelwerk,  Kraftwerk  bei  8t. 
Gallen  (Schweiz)  407,  639.  88S, 
884,  924,  930,  981,  936,  948, 
945,  956,  972,  980.  981,  1024. 

Ktkhlwasaerverbrauch  bei  Gas- 
maschinen 312,  813. 

Kühlwasser  für  Abwärmekraft- 
maschinen  310. 

Kappelang,  Die  —  von  Wetten 
und  Maschinen  48,  976,  104a 

Kurven  der  sekL  Wassermengen 
185. 

Küstermannsches  Kabelschntz- 
eisen  1164. 

Kykkelsrad,  Kraftwerk  in  — 
(Anlage  Norwegen)  486,  915, 
961,  968,  976,  978,  981,  992, 
1014,  1027,  1046. 

Labyrinthdichtangen  (bei  Dampf- 
turbinen) 286. 

La  Dernier,  Vallorbe  (Kraftwerk 
in  —  Schweiz)  460,  461,  468, 
817,  912,  924,  931,  1025,  1028, 
1063,  1114,  1166,  1169. 

Lage  desWasserrechts  inBaden  54. 

—  des  Wasserrechts  in  Bayern  45. 

—  des  Wasserrechtes  in  Deutsch 
land  43. 

—  Lage  des  Wasserrechts  in 
Frankreich  86. 

—  des  Wasserrechts  in  Italien  83. 

—  des  Wasserrechts  inösterreieh- 
Ungarn  42. 

—  des  Waaserrechts  in  Preuseen 
44. 

—  desWasserrechts  in  Sachsen  50. 

—  des  Wasserrechts  in  der 
Schweiz  41. 

—  des  Wasserrechts  in  Württem- 
berg 50. 


Sachvekzeichnis. 


1225 


Lagerwesen,  Das  —  1211. 

Lago  Maggiore.,341. 

Lahmeyer  &  Co.,  W.,  —  Frank- 
fort  a.  M.  Maschinen  von  — 
407,  417,  420,  430,  555,  568, 
821. 

—  Wasserkraftwerk  am  Potenz* 
fluss  der  Societa  ltaliana  —  607. 

Landesanstalt  für  Gewässerkunde 
148. 

Lange,  Die  —  von  Fernleitungen 
1085,  1087. 

Längenprofil,  Feststellung  des  — 
io  Flüssen  128. 

Lanzo,  Valle  di  (Piemont)  868. 

La  Pombliere  (Kraftwerk  —  in 
8avoyen)  825. 

Laufenburg,  Kraftwerk  a.  Rhein 
bei  —  19,  602. 

Laufkran,  Der  —  998,  994. 

Lavalturbinen  288,  284. 

Lecco-Cbiavenna  (Elektr.  betrieb. 
Bahnlinie  Oberitalien)  896. 

Lech-Elektrizitätswerk  Oersthofen 
bei  Augsburg  242,  555,   689, 
1168,  1185. 

Leerlaufs  Verluste  der  Transfor- 
matoren 1047. 

Leifel  &  Co.  (Sprengfield  Nord- 
amerika), James,  Turbinen  von 
—  550. 

Leistungsfaktor,  Der  —  1072. 

Leitungsberechnung  Die  —  einer 
elektrischen  Fernleitung  1070. 

—  Zusammenstellung  der  Bezeich- 
nungen, und  Formeln  für  die  — 
1078. 

Leitungskabel,  Preistafel  für  — 

1161. 
Leitungskupfer  bei  Fernleitungen 

1091. 
Leitungsmasten,  hölzerne  1102. 

—  eiserne  1111. 

Leitungsmaterial,  Das  —  1091. 
Lengers  (Kraftwerk  in  — )  1011. 
Lenoir,  Graskraftmaschinen  von  — 

811. 
Lerf os,  Kraftwerk  am  —  für  Tront- 

jem  (Norwegen)  607. 
Les   Clavaux,    Wasserkraftwerk 

in  —  a.  d.  Romanche  (Isere) 

604. 
Les  Clees  (Kraftwerk  in  —Schweiz) 

402,  801,  975,  980,  991,   1024, 

1166. 
Leuchtgasmotoren  810. 
Liegende  Dampfmaschinen  280. 
Lingese-Sperre  709,  716,  1184. 


Liezdamm  (Frankreich)  705. 

Livet  (Kraftwerk  in  —  Isere 
Frankreich)  528,  580,  689,  922, 
1185. 

Livet-Grenoble,  Hochspannungs- 
leitung 1116. 

Locomobilen  279. 

Löffelrad  bei  Löffelturbinen  972. 

Lohnwesen  1208. 

Lombarda,  Societa  per  distribu- 
zione  di  energia  elettrica  in  Mai- 
land, Kraftwerke  der  —  841, 
848,  854,  756. 

—  Fernleitung  der  -  1084, 1169. 
Luftkühlung  der  Transformatoren 

1027,  1046. 

Lüftung,  Die  —  der  Krafthfluser 
995. 

Lüftungsrohre,  Die  —  in  Druck- 
leitungen 827,  898,  948. 

Luzern-Engelberg  (Wasserkraft- 
anlage — )  942. 

Manchester  Traction,  Light  & 
Power  Co.,  Kraftwerk  der  — 
609,  991, 1002, 1006, 1007, 1010. 

Mannesmannrohre  920,  1108. 

Manteltransformatoren  1045. 

Marbach-Stuttgart,  Kraftwerk  — 
am  Neckar 570-576, 1011, 1018, 
1106. 

—  Haupttransformatorenstelle  des 
Kraftwerks  —  1169. 

Maschinenflur,  Höhenlage  des  — 

991. 
Maschinensaal,  Höhe  des  —  993. 

—  Heizung  des  —  998. 

—  Lüftung  des  —  995. 
Maschinenspannungen  1008. 
Massenn a  N.  Y.,  St  Lawrence 

Power  Co.  bei  —  609. 

Masten,  siehe  Leitungsmasten. 

Masut  Verwendung  von  —  bei 
Dieselmotoren  316« 

Maurice,  St.  —  Lausanne,  Kraft- 
werk a.  d.  Rhone  453,  459,  720, 
824,  911,  930,  956,  980,  984, 
1019,  1085,  1041,  1054,  1064. 

Meran-Bozen,  Etschwerke  —  602, 
603. 

Messprofil  für  Wassermengen  191. 

Messung  der  Regenhöhen  151. 

—  der  Verdunstung  167. 
Metallfadenglühlampen  1173. 
Meteorologische  Institute  152. 
Michigan   Lake   Superior  Power 

Co.,  Kraftwerk  der  —  551. 


Mjösen  (See  in  Norwegen)  480/81, 
486. 

Mittelwasser  (M.-W.)  137. 

Mohr,  Trommelwehr  nach  —  654, 
851. 

Moldau ,  Wasserkraftwerk  der 
Firma  Ignatz  Spiro  &  Sühne 
an  der  —  bei  den  sogenannten 
Teufel  8mauern  602. 

Moncenisio,  Societa  d.  Forze  Idrau- 
liehe  del  -  372. 

Montage  des  Leitungsdrahtes 
1152. 

Montbovon,  Kraftwerk  in  —  a.  d. 
Sarine  (Schweiz)  606,  945,  975, 
981. 

Morbegno,  Kraftwerk  a.  d.  Adda, 
Italien,  in  —  385,  821,  980, 
945,  969,  992,  1024,  1028,  1044, 
1095,  1106,  1169. 

Morgan  fallen  (Amerika) ,  Kraft- 
werk an  den  —  987,  1010. 

Mörissee,  Der  —  1. 

Morris  J.  P.,  in  Philadelphia,  Tur- 
binen von  —  545. 

Moosburg,  Kraftwerk  der  Stadt 
München  a.  d.  Isar  bei  —  601. 

Mouche,  Staumauer  der  —  (Frank- 
reich) 732. 

Muffen,  bei  eisernen  Rohren  915. 

Muffenverbindung  bei  elektrischen 
Kabeln  1161. 

Münch8ches  Bedachungs-  System 
465. 

Mutha,  Distrikt  Manipur-(Indien), 
Staubecken  von  —  694. 

Nadel  wehre  651. 

Nagelturbine  6. 

Naviglio  Grande  (AlterSchiffabrts- 

und     Bewässerungskanal     am 

Tessin)  341,  842,  854. 
Nebenauslässe  für  Turbinen  979. 
Nebenräume  der  Krafthäuser  1028. 
Neben  schluss-Bogenlampe  1174. 
Nebenschlussdynamo  1085. 
Necaza,  Kraftwerk  am  —  Mexiko 

611,  970,  1001. 
Nernst Lampe,  Die  —  1172. 
Neyret,  Bremer  <fcCo.,  in  Grenoble, 

Turbinen  von  —  581,  540. 
Niagara   Falls  Hydraulic  Power 

and   Manufacturing   Company, 

Kraftwerk  der  —  547,  549. 
Niagara   Falls   Power   Company, 

Kraftwerk  der  —  545,  547,  782, 

980,  986,  1015,  1132. 
Niagarafälle  542,  548,  549,   550- 


1226 


Sachverzeichnis. 


Niederschlagshöhen  150. 
Niederschlagsverhältnisse 

Deutschlands  154. 
Niedrijgwasser  187 
Northern    California   Power  Co. 

Wasserkraftwerk   der   —    hei 

Kilarc  600,  912. 
Notodden,  Wasserkraftwerk  der 

Karbidfabrik  —  608. 
Novaleea,   Kraftwerk  in  —  Pie- 

mont  Italien  872,  875,  815,  888. 

928,  948,  944,  974,  IUI. 
Nutzeffekt  moderner  Turbinen  258, 

952. 

—  yon  Generatoren  1040. 

Nutzgefalle  121. 

Nutzungsrecht  an  Gewässern  27, 

88,  86,  48,  47,  51,  55. 
Nutzwert  einer  Wasserkraft  82, 

248. 

Oherflächenisolstion  hei  Isola- 
toren 1126. 

Oherschlächtiges  Wasserrad  8. 

Oelachalter  1048. 

Oelverbrauch  hei  Ab  Wärmekraft- 
maschinen 810. 

Oerlikon,  Maschinenfabrik  in  Oer- 
likon-Zflrich  Maschinen  der  — 
896,  399,  402,  405,  467,  577. 

Ohmseher  Widerstand  1070,  1092 
1098;  1175. 

Ohmsches  Gesetz  1084,  1070. 

Olten-Aarburg,  Elektrizitätswerk 
hei  — ,  Schweiz  754,  919,  928, 

Ontario  Power  Company  of  Nia- 
gara Falls,  Wasserkraftwerk 
der  —  542,  928,  969,  1024. 

Ontario-See  548,  549. 

Orbe  (Flosa  Schweiz)  402,  460, 
461,  468,  465,  468. 

Orädon,  Sperre  des  Sees  —  in  den 
franzfts.  Pyrenäen  711. 

Organisation,  Die  —  der  Betriebs- 
ftthrung  277,  1208 . 

Otay,  Sperre  von  —  (Kalifornien) 
709. 

Ott,  A.,  Selbstregistrierender  Pegel 
von  —  198. 

—  Messflflgel  von  —  208. 

Paderno  a.  d.  Adda,  Wasserkraft- 
werk in  —  60«,  869,  961,  969, 
981. 

Palazzolo,  Hydraul.  Kalk  aus  — 
(Italien)  845. 


Parallelschaltung     von     Gleich- 
strom-Nebenschlussdynamos 
1041. 

—  von  Wechsel-  und  Drehstrom- 
maschinen 1041. 

Parsonsturhine  288,  286. 

Partiotsche  Zahlenwerte  für  die 
Wassergeschwindigkeit,  bei 
welcher  Körper  verschiedener 
Kongresse  noch  bewegt  werden 
182. 

—  —  fttr  den  Gehalt  an  Sink- 
stoffen der  Loire  bei  Hochwasser 
130. 

Passiano,  Kraftwerk  in  -  967, 1002. 
Patapsco-Flass,  Kraftanlage,  im  — 

bei  Baltimore  987. 
Pauschaltarife  1185. 
Pegel  191,  192. 
Peildrähte  126. 
Pelton-Aktions-Turbinen  8, 415,466 

472,  970. 
Peltonschaufeln  "971. 
Personal,  Das  —  1209. 
Perronetsche  Zahlen  fttr  die  Trag- 
fähigkeit eines  Pfahles  677. 
Petroleummotoren  810. 
Phasenlampe  1042. 
Phasenverschiebung  bei  Wechsel- 

Strommaschinen  1087. 
Piccard-Pictet    &   Co.    in    Genf, 

Turbinen  von  —  876,  405,  504, 

545,  755. 
Pitotsche  Rohre  199,  978. 
Pitot-Darcysche  Röhre  200. 
Plattensystem   des   Oberpostrats 

Zappe  für  elektr.  Kabel  1164. 
Pliva  (Flosa  in  Bosnien)  491-498. 
Poireesches  Nsdelwehr  357. 
Polonceau-Träger  405. 
Ponceletsches  Rad  5,  6. 
Ponsonnas  (Projektierte  Talsperre 

im  Drac  bei  —  leere)  507. 
Ponte  Canale  siehe  BrOckenkanal. 
Punt  Saint-Martin,  Kraftwerk  der 

Societa  Industriale   Elettrochi- 

mica  di  -  878,  984, 1002,  1006, 

1008,  1009,  1028. 
Porzellanfabrik  Hennsdorf.    Klo- 

sterlausnitz.    Isolatoren  der  — 

1127. 
Posohiavino,  Kraftwerk  am  —  be! 

Brusio  (8chweiz)  859. 
Potenzafluss,    Kraftwerk  am    — 

(Italien)  607. 
Präzisions-Instrumente  zur  Mes- 
sung des  elektrischen   Stroms 

1050. 


Preise  der  Ai>wännekrafbiia*cbi- 
nen  810. 

—  von  Dieselmoloren  817. 

—  von  Dampfmaschinen  und 
Kesseln  291,  292. 

—  der  Generatoren  1080. 

—  von  elektrischen  Einrichtungen 
der  Krafthäuser  259. 

—  von  Transformatoren  261, 1061. 

—  von  Turbinen  256. 

—  von  Zählern  1196. 

Pretzien  Wehr  bei  Magdeburg  649. 

Privatgewässer  27. 

Profil,  Wahl  des  —  bei  Werk- 
kanälen 772,  872. 

Profilinstrumente  für  Schalttafel» 
1054. 

Profilsteine  125. 

Puentes  Sperre  (Marcia,  Süd- 
Spanien)  789. 

Puyallup  River,  Kraftwerk  am  — 
bei  Tacoma  Washington  610- 


Quarquinez  Meerenge,  Überfüh- 
rung einer  Fernleitung  Aber 
die  —  bei  Oakland  1121. 

Queistalsperre,  Die  —  bei  Mark« 
lissa  818. 

Querprofile,  Aufnahme  der  —  in 
Flüssen  128,  126. 

Quintana-Martingalindez,  Wasser 
kraftwerk  —  78  km  Ton  Bilbao 
(Spanien)  608. 


Bandentladungen  bei  Hocawf*s> 

nungsisolatoren  1125. 
Raschscher  Doppeltarif  1057. 
Rateau-Turbtne  284. 
Rauris  Wasserkraftwerk  —  an  der 

Rauriser  Acne  608. 
Reaktionsrad  4. 
Rechen  805,  888. 

—  Vorschläge  für  die  Verwen- 
dung von  liegenden  —  n  an  Stelle 
stehender  840. 

—  Mechanische  Vorrichtungen  zur 
Freibaitang  des  —  839. 

Rechnungswesen,  Das  —  1210. 
Reflektor  -  Wechselstrom  •  Bogen- 
lampen 1175. 
Regenhöben  151. 

—  durchschnittliche  155. 

—  jährliche  158. 

—  monatliche  156. 

—  tägliche  160. 


Saghvebubichuw. 


1227 


Regenhfthen,  stündliche  168. 

Regenmesser  150,  152. 

Regenmessung  in-  verschiedenen 
Ländern  152. 

Regnlatoren,  Die  —  von  Tur- 
binen 982. 

Regulierung  von  Gleich-  und 
Wechseletromdynamos  1041. 

Regulierang  des  Genfer  Sees  224. 

—  des  Luc  d'Annecy  224. 

—  der  westpreussischen  Seen  225. 

—  der  ostpreossischen  Seen  225. 
— -  des  Lago  Maggiore  226. 

—  der  Lses  de  Joox  et  de  Brennet 
226. 

—  des  Lac  Crozet  229. 

—  des  Lac  de  la  Girotte  280. 
Regulierender  Einfluss  der  Seen 

auf  den  gleichmassigen  Abfluss 
214. 
Regulierungswerk,  Lage  des  — s 
in  Werkkanälen  —  804. 

—  Standsicherheit  des  —  s  805. 

Reinigung  der  Hochofengase  815. 

Reinüberschuss  888. 

Rentabilität.  Einfluss  der  Elek- 
trizitätswerke auf  die  —  der 
Gasanstalten  825. 

Rentabilitätsberechnung  886. 
Reparaturwerkstatt,  Die  — 102a 
Reservefond  388. 
Reserve  bei  Wärmekraftanlagen 

294. 
Rheinfelden,  Kraftwerk  in  —  am 

Rhein  436,  577,  585,  642,  869, 

966,  998,  1011,  1018,  1024. 
Rhone,  Fluss  442,  458,  456,  468, 

469,  509. 
Riedlersche  Rohrverbindung  mit 

Lederstulpe  917. 
Riedler  -  Stumpf  sehe  Dampf-  Tur- 
bine 284. 
Riemenantrieb  —  1040. 
Rieter  <fe  Co.,  A.-G.  vorm.  Joh. 

Jak.  — ,  Winterthur,  Turbinen 

von  —  488,  487. 
Ringspurlager  976. 
Riouperoux,  Wasserkraftwerk  in 

—  a.  d.  Romanche  604. 
Riva»Monneret  <fc  Co.  in  Mailand, 

Turbinen  von  —  850,  857,  869, 

371,  384. 
Rohgefälle  121. 
Robnaphtha,  Verwendung  von  — 

bei  Dieselmotoren  316. 
Rohre,  eiserne  918. 

—  aus  armiertem  Beton  913. 


Rohre  aus  Holz  921. 

Röhrenmessung  200. 

Rohwert  einer  Wasserkraft  120. 

Rollenblitsableiter  1188. 

Kolische  Werke,  in  Ghoindez 
Rohre  von  den  v.  —  915. 

Romanche,  Fluss  in  Frankreich, 
528,  529,  589. 

Romanche,  Societe  Elektro-Cbimi- 
que  de  la  —  Kraftwerk  der  — 
528. 

Rosignol  <k  Detamanche,  Vorrich- 
tung zur  Ausführung  eisenar- 
mierter Druckleitungen  von  — 
920. 

Rostfläche,  Erforderliche  Grösse 
der  -  290. 

Rotierende  Umformer  1170. 

Rflckkfiblanlsgen  280,  294. 

Rur  (Roer)  Fluss  585—587. 

Rurtalsperren  G.  m.  b.  H.  585 
1185. 


Sammlung,  Vorschläge  für  die  — 
von  Zahlenmaterial  für  Anlage- 
kosten ausgeführter  Anlagen 
259. 

Sarpsborg  (Norwegen)   480,  481. 

Sarpsfos  (Fall  des  Glommen,  Nor- 
wegen) 480,  481. 

Satzturbinen  954. 

Saugbottich,  Der  —  für  die  Ent- 
wässerung des  unter  H.  W. 
liegenden  Maschinenflures  im 
Kraftwerk  der  Manchester 
Traction  Light  and  Power  Co. 
1010. 

Sauggas  315. 

Saughöhe,  Die  zulässige  —  bei 
Turbinen  959. 

Saugrohre,  Ausmündung  der  — 
in  die  Turbinenksnäle  1018. 

Saugrohrwirkung  bei  Turbinen 
959. 

Saugventilatoren  für  die  Lüftung 
von  Krafthäusern  999. 

Sault  St.  Marie,  Kraftwerk  in  — 
(Michigan)  551-554  1002, 1006, 
1007,  1008. 

Saut  Mortier,  Wasserkraftwerk 
bei  —  am  Ainfluss  (Jura)  606. 

Save  (Fluss)  491. 

Schaad,  Leitschaufelsystem  von 
—  435,  968. 

Schaltanlagen  1047. 

Schallanlagen ,  Überschlägliche 
Veranschlagung  der  —  259. 


Schaltpulte  1025. 
Schalträume  1019. 

—  Grosse  der  Bodenfläche  für  — 
1022. 

Schaltsäulen  1025,  1059. 
Schalttafeln,  ausfahrbare  —  1059. 
Schaltungsschema    1052,      1054, 

1189,  1140. 
Schätzung  der  Wasserkräfte  in 

verschiedenen  Ländern  101. 

—  der  Wasserkräfte  (Verglei- 
chende Tabelle)  112. 

—  des  gesamten  Anschlusswertes 
828,  829. 

Schaufelräder  7. 

Schieber-Dampfmaschinen  280. 

Schiffsmühlen.  Erste  Anwendung 
der  —  8. 

Schirmmessung  der  Wassermenge 
bei  Turbinen  978. 

Schleppkraft,  Die  —  des  Was- 
sers 181,  788. 

Schluckfähigkeit  der  Turbinen  951 . 

Schmelzsicherungen  1182,  1188. 

Schmier-  und  Putzmaterialver- 
brauch 270. 

Schneedecke,  Wasserwert  einer — 
151. 

Schneider  &  Co.,  Creusot,  Elek- 
trische Einrichtungen  von  — 
506. 

8chomburg,  H.  Söhne.  A.  G.  —  in 
Merks  i.  8.  und  Bossla  in  A. 
Isolatoren  von  —  Taf.  LXXXT 

Schornsteindimensionen  290. 

Schuckert  <fc  Co.,  E.  A.  vorm.,  — 
Nürnberg,  Maschinen  von  — 
850,  884.  894,  481,  488,  486, 
490,  492,  575. 

Schulz,  Knaud  &  Co.  in  Essen 
a.  d.  Ruhr  Turbinen  von  —  919. 

Schätzen,  hölzerne  808,  888. 

—  eiserne  852. 

—  mit  Rollen  851,  857. 
Schützentafeln,  statische  Berech- 
nung der  —  858. 

Schützenwehre  648. 

SchutsneUe  268,  1089, 1090, 1188. 

Schutzvorrichtungen  gegen  die  Ge- 
fahren bei  Berührung  von  Hoch- 
spannungsleitungen 1129,  1183. 

Schwamkrugturbine  7,  972. 

Schwankungen  in  der  Leistung 
der  Wasserkräfte  113. 

Schwankung  der  Wassermenge 
in  den  Flüssen  180—190. 

Schwankungendes  Wasserstandes 
in  unregulierten  Seen  222. 


1228 


Sachvebzeichnh. 


Schweflige  Stare   bei  Abwärme- 

kraftmascbinen  810. 
Schwimmermessung  199. 

Seeregulierangen  218. 

Seetiefen  221. 

8egnersches  Reaktionsrad  4. 

Selbstinduktion  1082,  1071. 

Selbstregistrierender    Kontroll- 
pegel 198. 

Serpentinierungen  der  Stromrinne 
125. 

Servomotoren,  hydraulische,  me- 
chanische und  elektrische  — 
980. 

Servoz,  Wasserkraftwerk  in  — 
a.  d.  Arve  (Haute  Saroie)  604. 

Shawanegan  Water  Power  Co, 
bei  Quebec  Canada  611. 

Sicherheitsscheiben  in  Druck- 
leitungen 912. 

Sicherheitsventile  in  Drucklei- 
tungen 911.  . 

Sicherheitsvorschriften  für  die 
Errichtung  elektrischer  Stark- 
stromanlagen 1086,  1089. 

Sicherheitsvorschriften,  Erläute- 
rungen an  den  —  betr.  die  Unter- 
haltung von  Holsmasten  bei 
Fernleitungen  1105. 

Sicherungen  von  Schaltanlagen 
1047. 

Siemens  scher  Blitzableiter  852, 
1187/88. 

Siemens  &  Halske,  A.  G.  Berlin 
Maschinen  und  Apparate  von 
—  867,  869,  879,  1188. 

Siemens-Schuckertwerke,  Maschi- 
nen und  Apparate  von  den  — 
480.  608,  1001,  1057. 

Sillwerke,  Kraftwerk  der  Stadt 
Innsbruck  602. 

Sinkstoffe  128. 

Sinkstoffgehalt  der  Flflsse  129. 

Sioulefluss,  Talsperre  im—  (Frank- 
reich) 784,  986. 

Siphon  zur  Überschreitung  der 
Urnäach.  mit  dem  Werkkanal 
des  Kraftwerks  Kubel-Herisau 
420. 

—  als  Überlauf  in  den  Stau- 
dämmen von  Mittersheim  und 
St  Christophe  728. 

Sitter,  Fluss  (Kubelwerk)  407. 

Skotfos,  Kraftwerk  am  —  bei 
Skien  (Norwegen)  607. 

8krubber  oder  Wäscher  bei  Kraft- 
gasmotoren 818 


Sohle,  Beschaffenheit  der  Fluss  — 
127. 

Soblengesch  windigkeit,  Die  — 
197,  774,  782. 

Sonne  E.'sche  Formel  forden  Wert 
o  in  der  Geschwindigkeitsfor- 
mel v=c  VRJ  bei  Rohrlei- 
tungen 877. 

Soo  -  Stromschnellen  (Michigan, 
Amerika)  551. 

Sortierung  des  Geschiebes  in 
einem  Flusse  184. 

Southfork,  Sperre  aus  Eisen  bei  — 
(Kalifornien)  710. 

Spaltschieberegulierung  bei  Fran- 
cisturbinen 968. 

Spannungsabfall,  Die  Berechnung 
des  —  1070. 

Spannung,  Wahl  der  —  im  Ver- 
teilungsnetz 1178. 

8pannung, Wirtschaftlich  günstige 
—  für  Fernleitungen  1098. 

—  Die  zulässige  mechanische  in 
Leitungsdrähten  1141. 

Spannweite  der  Drähte  1144. 
Sperrdämme  704. 
Sperrmauern  aus  Stein  707. 

—  aus  armiertem  Beton  712,  987. 

—  aus  Eisen  710. 

—  Ausführung  von  — -  718. 
Spiegelgefälle  124. 
8pierftlle,  Kraftwerk  a.  d.  —  des 

Hudson   oberhalb  Albany  609. 

Spiez,  Kraftwerk  in  —  am  Thuner 
See  486. 

Spiralgehäuse  bei  Francisturbinen 
967. 

Spiritusmotoren  810. 

8purlager  zum  Tragen  von  Tur- 
binenwellen bei  Vertikaltur- 
binen 964,  ^76. 

Srinagar  (Kaschmir)  Wasserkraft- 
Elektrizitätswerk   ffir  —   921. 

Stabschwimmermessung  195. 

Stammrolle  der  Anschlösse  1211. 

Standard  ElectricCompany,  Ameri- 
ka, Fernleitung  der  —  1085, 
1092. 

Ständigkeit  der  Wasserkraft  118. 

Stand  röhre  zum  Schutz  gegen 
Wassersohläge  908. 

SUnley-Eleotric  ManufacturingCo. 
in  Pittsfeld,  Mass.  Elektrische 
Maschinen  der  —  554,  1085. 

Starkstromleitungen,  Gesetzge- 
bung zur  Führung  von  —  in 
verschiedenen  Ländern  58. 


Stationäre  Maschinen  279. 
Statistik  der  deutschen  Klektrizi 
tätswerke  18,  322. 

—  die  erforderliche  —  f&r  den 
Betrieb  1211. 

Statut   der  Wuppertalsperrenge- 

nossenschaft  94. 
Staubecken  (Geschichtliche)  2. 
Stauhöhe  618,  618. 

—  Berechnung  der  —  621. 
Staukurve  bei  Wehren  613. 
Staumarke  618. 

Stauraum,  Feststellung  des  er- 
forderlichen — s  bei  Sammel- 
becken 219,  712,  774. 

Stauweiher  746. 

—  geschlossene  749. 

—  offene  751. 
Stauweite,  bei  Wehren  613. 

—  Berechnung  der  —  621.  630. 
Stauwerke  im  Altertum  1. 

—  Einzelheiten  der  —  612. 
Stehende   Dampfmaschinen    280. 

—  Turbinen  950,  964,  968,  1012. 
Steigerung  der  Nutzeffekte  in  den 

Turbinen  12. 
Sternschaltung  bei  Weehsehrtrom- 

maschinen  1089. 
St  Lawrence  Power  Co.  bei  Maa- 

sena  N.  T.  Kraftwerk  der  — 

609. 
8t.  Michel  de  Maurienne,  Wasser- 
kraftwerk bei  —  am  Are  605. 
Stockfors  Traealiberi,   Kraftwerk 

in  Kotka  Finnland  der  —  608, 

991. 
Stoney  —  Schützen  438,  446,  501, 

579. 
Stopfbüchsen  bei  Druckrohren  930. 

Streulinien  bei  Generatoren  1088. 

Strombücher,  Die  —der  deutschen 

Ströme  141,  148. 
Stromsystem ,  Wahl  des  —  268, 

1064. 
StrOmsnäsbruk,  Wasserkraftwerk 

der  StrOmsnäs-ßroksAktiebolag 

in  —  608. 
Strom  Verteilungssysteme  1169. 

Sulzer,  Gebr.  in  Winterthur,  Hoch- 
druckpumpen von  —  755. 

8weeiwaterdanun  (Kalifornien), 
Der  —  711. 

Synchronmotoren,  Die  —  1177/78. 

Synchronismus  -  8pannnngszeigsr, 
Die  -  1042. 

Syndikatbildung  von  Industriellen 
in  Frankreich  26» 


Sachverzeichnis. 


1229 


Talsperren,  Di«  —  698. 

—  Statische  Berechnung  der —741. 

Tamagawa,  Wasserkraftwerk  am 
—  für  Tokio  (Japan)  606. 

Tanay,  Lac  —  Kraftwerk  am  — 
(Schweis)  468. 

Tandem-Maschinen  279. 

Tangentialspannung,  Die  —  der 
Drahte  1146. 

Tansa,  Staumauer  too  —  (Indien) 
695. 

Tantiemen,Beträgeder-  888, 1208. 

Tarife,  Die  —  der  Wasserkraft- 
anlagen 825,  1181. 

Taucherglocke  682. 

Telegraphenwege  Gesetz  vom 
18.  Dezember  1899.  1090. 

Telephonleitnngen  auf  dem  Ge- 
stänge der  Hochspannungslinien 
1182. 

Telf ordsche  Zahlen  för  die  Wasser- 
geschwindigkeit,  bei  welcher 
die  verschiedenen  Bodenarten 
angegriffen  werden  128,  782. 

Temperaturkontakt  für  Ventila- 
toren 999. 

Tennessee -River,  Wasserkraft- 
werk bei  Cbattanoga  am  —  610. 

Tetmajer,  L.t  Festigkeitszahlen 
von  —  für  Hftlzer  1155. 

ThunBurgdorf  (Elektrische  Voll- 
bahn) 441. 

Thury-Regler  458. 

Thury,  System  von  —  fflr  Gleich- 
stromkraftabertraguugen  454, 
1064. 

Tbury,  Versuche  von  —  mit  Hoch- 
spannungsleitungen mit  120000 
Volt  1098. 

Tilgung  266,  295. 

Tobler,  Leo,  Elektrischer  Kontakt 
spparat  von  —  zur  Anzeige 
von  Wasserständen  417. 

Tofvehult-Westervik,  (Schweden) 
Kraftübertragungsanlege  — 
1119,  1182. 

Tolkmitt,  G.,  Zahlenwerte  von  — 
zur  Berechnung  von  Überfallen, 
für  die  Beiwerte  p,  &  p,  624, 
680,  682,  und  für  den  Stoss- 
druck  984. 

—  desgl.  über  den  Sinkstoffgehalt 
in  Flossen  129. 

Torcy-Neuf,  Becken  von  —  Frank- 
reich 705. 

Toronto  and  Niagara  Power  Co. 
Kraftwerk  der  -  544, 548, 1015, 
1115. 


Toronto  and  Niagara  Power  Co., 
Fernleitung  der  —  1119. 

Toulouse,  Wasserkraft-Elektrizi- 
tätswerk für  —  604,  948. 

Tourenzahlen,  übliche  bei  50  perio- 
digen Wechselstrommaschinen 
1086. 

Traglager  bei  horizontalen  Wellen 
876. 

Transformatoren,  Prinzip  der  — 
1044 

Transformatorenriume  1027, 1056. 

Transformatorenstellen  am  finde 
der  Fernleitungen,  bauliche  Ein- 
richtung der  —  1166. 

—  Aniagekosten  von  — "  264. 

Trentonfälle,  Wasserkraftanlage 
an  den  —  ü.  S.  921. 

Trezzo  a.  d.  Adds,  Kraftübertra- 
gung von  —  nach  Monza  und 
Mailand  1118. 

Triger'sche  Gründungsart  mit 
verlorner  Arbeitskammer  682. 

Trockenreiniger  bei  Kraftgas- 
maschinen 818. 

Trollhättan-Fälle,  Kraftwerk  a.  d. 
—  (Schweden)  608. 

Turbigo,  Kraftwerk  in  —  (Italien) 
554, 771,801,961, 967.  984, 1002, 
1006, 1007, 1009, 1013, 1029, 1115. 

Turbinenanlagen,  Erster  Entwurf 
von  —  952. 

Turbinenbremsung  977. 

Turbinenkammern  881. 

Turbinenkanäle  1018* 

Turbinenpreise  256. 

Torbinensysteme  949. 

Turbinen,  Verwendung  derselben 
bei  verschiedenen  Gefällen  958. 

Turbinenwellen,  Lagerung  und 
Kuppelung  von  —  976. 

Überfallmessung  194. 

bei  Turbinen  948. 

Überführung  von  Hochspannungs- 
leitungen mit  grösseren  Spann- 
weiten 1119. 

Überhitzer  281. 

Überläufe   bei  Werkkanälen  808. 

Überspannungsschutz  einer  Hoch- 
spann  ungsanlage  1060. 

Überspannungssicherungen    1185. 

Uferanschlflsse  bei  Wehren  619. 

Umformer  264,  885,  1170. 

Umlaufrohre  bei  Druckleitungen 
948. 

Umschaltlampen,  Tarife  für  — 
1187. 


Unica  Gas-  and  Electric  Company 
N.  A.,  Kraftwerk  der  —  bei 
Trenton  921. 

Unständige  Kraft  888. 

Unterhaltungskosten,  Die  —  268, 
269,  295,  1214. 

Unterlagen,  Erforderliche  —  bei 
Einreichung  von  Konzessions- 
gesuchen 56. 

Uppenborn,  Kalender  von  —  für 
Elektrotechniker  1068,  1073, 
1092,  1161. 

Urft- Talsperre  bei  Gemünd  in  der 
Eifel  585,  587,  922,  927,  998, 
1024,  1028,  1029,  1056,  1057, 
1091,  1185. 

Usine  de  Cnevres,  Veröffent- 
lichung Über  die  —  der  8tadt 
Genf  442. 

Usine  de  Premont  der  Socieie* 
dlClectro-Chimie,  Einlauf  bei 
bei  dem  Kraftwerk  der  —  807. 

Vektordiagramm  1088. 

Verankerung  von  Druckleitungen 
an  Knickpunkten  931. 

Verbandsvorschriften  Über  die 
Herstellung  und  Unterhaltung 
von  Holzgesläogen  für  elek- 
trische Starkstromanlagen  1103. 

Verbesserung  der  Handelsbilanz 
durch  den  Ausbau  von  Wasser- 
kräften 114. 

Verbindungsleitungen  zwischen 
Dynamomaschinen  und  Schalt- 
anlage 1044. 

Verbindung  zweier  Drahtenden 
1153. 

Verbrauch  von  Wasser  und  Kohle 
zur  Erzeugung  des  Dampfes 
280. 

Verbundmaschinen  279. 

Verdampfer  für  Abwärmemaschi- 
nen 310. 

Verdunstung  165. 

Verdunstungshöhen  167—178. 

Vereinigte  Maschinenfabrik  Augs- 
burg und  Maschinenbaugesell- 
schaft Nürnberg  A.-G.,  Turbinen 
und  Schützen  der  —  569,  861. 

Vergasung  des  Petroleums  bei 
Dieselmotoren  816. 

Vergleich  der  Betriebskosten  von 
Wasserkraft- Anlagen  mit 
Dampfreserve  und  reinen  Dampf- 
anlagen 828. 


1 


1230 


Sachverzeichnis. 


Vergleichende  Zusammenstellung 
von  Betriebskosten  bei  Wasser- 
kraftanlagen mit  und  ohne 
Dampfreeerve  252. 

Vergleicbsreehnung  zur  Bestim- 
mung   der  Dampfreeerve  322. 

Vergleich  von  Wärmekraftanlagen 
mit  Wasserkraftanlagen  278. 

—  zwischen  Wasserkraft  und 
Hochofengaskraft  815. 

Verhältnis  der  erzeugten  znr  nutz- 
bar  abgegebenen  Energie  885. 

—  des  ansnfltzbaren  zum  vor- 
handenen Gefälle  120. 

Verketten   von   Leitungen    1088. 
Verlegung  eiserner  Druckrohre  922. 
Verlusthöhen  149,  165. 
Vernayaz,   Kraftwerk   in   —    im 

Rhonetal  a.  d.  Pisse vachef allen 

606,  944,  974.  980. 
Versickerung ,   Wasserverlust 

durch  —  173,  765. 
Verteilung,    Die    —   der  Drähte 

auf  dem  Gestänge  1129. 
Verteilungsnetze,      Anlagekosten 

von  —  n  264,  265,  1083,  1179. 

—  Betriebskosten  von  —  n  277, 
1217. 

—  Spannung  in  den  — n  1178. 
Vertikalgeschwindigkeits-Kurve 

209,  774. 

Vertikal turbinen  (vergl.  stehende 
Turbinen)  950,  964,  968,  1012. 

Verwaltung,  Organisation  der  all- 
gemeinen —  1206. 

—  Kosten  der  allgemeinen  277, 
1208. 

Viertaktmotoren  311. 

Villar,  Sperre  von  —  Spanien  696. 
Villoresi-Kanal   (Anlage  Vizzola) 

341,  342,  349,  625. 
Vinci  Leonardo  da,  Oberschläch- 

tige  Wasserräder  von  —  8. 
Viutal,  Kraftwerk  im  —  (Italien) 

369. 
Vizzola,  Kraftwerk  in  —  (Italien) 

841,   625,  801,  815,  924,  980, 

931,  948,  984,  992,  1024,  1029, 

1068,  HU. 
Voit,  J.  M.  in  Heidenheim  a.  d. 

Brenz,  Turbinen  von  —  350, 

866,  890,  490,  544,  572. 
Volt,  Einbeitsmass  1084. 
Vorarbeiten  für  Seeregulierun 

213. 

—  Die  technischen  —  118. 

—  Die  wirtschaftlichen  —  284. 


Vouvry ,  Kraftwerk  bei  — 
(Schweiz)  vergl.  Lac  Tanay. 

Vyrnwy,  Talsperre  bei  —  in  Eng- 
land 734. 

Wandt,  Kraftverteilung  im  Kan- 
ton —  (Schweiz)  16,  462. 

Walzenkesse),  Die  —  288. 

Walzen  wehre,  Die  —  (vergl.  Be- 
richtigungen and  Ergänzungen). 

Wangen,  Kraftwerk  a.  d.  Aare 
bei  —  (8chweiz)  420,  786,  802, 
827,  965,  967,  991,  1002,  1006, 
1007,  1009,  1019. 

Wärmeeinheiten  der  Hochofen- 
gase 315. 

Wärmeenergie,  Die  —  in  den 
Brennstoffen  289,  311,  315,  316. 

Wärmedurchgangswerte,  Die  — 
für  die  Berechnung  von  Lüf- 
tungsanlagen 996. 

Wärmekraftmaschineq,Die  —  279. 

Wärmeüberführung,  Die  stünd- 
liche —  einer  Druckleitung  928. 

Wärmeverluste,  Die  —  in  den 
Dampfrohrleitungen  281. 

Washington  Water  Power  Com- 
pany in  Spokane  (Washington), 
Kraftwerk  der  —  1084,  1090, 
1109. 

Wasserbücher,  Anlegung  von  —  n 
30,  48,  52,  55. 

Wasserkühlung  der  Oeltransfor- 
matoren  1027. 

Wassermenge,  für  welche  ein 
Kraftwerk  einzurichten  ist  234. 

Wassermessung  in  Flüssen  191. 

—  bei  Turbinen  977. 

Wassermühlen  (die  ersten  —  in 
Deutschland,  Schweiz,  Italien, 
Frankreich)  3. 

Wasserräder  (geschichtliche)  2. 

Wasserrohrkessel,  Die  —  289. 

Wasserschläge,  Berechnung  der 
Druckerhühungen  bei  — n  897. 

Wasserspiegellinien  125,  127. 

Wasserstandmessungen  146. 

Wasserstandsprofile  140. 

Wasserstrahlerder  snm  Schutz 
gegenÜberspannungen  895,1063, 
1138. 

Wasserlinse  32,  42,  49,  276. 

Watt,  Einheitsmaas  1084. 

Wattverlust  in  Hochspannungs- 
glocken durch  Randentladungen 
bei  strümendem  Regen  1094. 

Webster  Camp  Laue  Co.,  Akron 
(Ohio),  Turbinen  von  der  —  553. 


Wechselstrom  1036  u.  ff. 
Wechselstromsysteme  1068. 
Wechselstrombogenlampen   1174. 
Wechselstrommotoren,     asynch- 
rone 1177. 

—  synchrone  1178. 

Wehre,  Die  —  (siehe  Inhaltsver- 
zeichnis) 612. 

—  Die  festen  —  638. 

—  Die  beweglichen  —  648. 

—  Ausführung  der  —  671. 

—  Statische  Berechnung  der  — 
660. 

Wehrlänge,   Berechnung  der  — 

621. 
Weissbachsche  Formeln  für  die 

Berechnung  der  Druckverlnste 

in  Rohrlaitangen  886. 

—  für  die  Tragfähigkeit  eines 
Pfahles  677. 

Werkkanäle,  Die  —  (stehe  In- 
haltsverzeichnis} 759. 

—  Ausführung  der  —  843. 

—  Linienführung  der  —  762. 

—  Schiffbarkejt  der  —  760. 
Westinghouse  Company,  Elektr. 

Maschinen  der  —  544,  554. 
White,  Josiah,  Klappen  wehr  von 

—  654. 

Wickellötstelle,  Die  —  zur  Ver- 
bindung von  Drahtenden  1154. 

Wilkens,  R„  Tarif  nach  —  1202. 

Windkessel,  Die  —  als  Mittel 
gegen  Wasserschläge  in  Druck- 
leitungen 908. 

Wintershall-Lengers,  Gewerk- 
schaft, Kraftwerk  der  —  965, 
1011. 

Wipphebel  für  Schützentafeln  860. 

Wirbelströme  (Foocaultsche 

Strüme)  Die  —  1083,  1175. 
Wirkungsgrad  von  Turbinen  952. 

—  von  Generatoren  1040. 

—  Der  wirtschaftlich  günstigste 

—  von  Fernleitungen  1096. 
Wirtschaftliche  Vorarbeiten,  Die 

—  284. 

Woltmanscher  Flügel  znr  Wasser- 
messung 199,  626,  627,  978. 

Wright,  Tarif  nach  —  1202. 

W  uppertalsperrengenossenschaft, 
Die  —  94,  1184,  1214. 

Würgeloteteile,  Die  —  zur  Ver- 
bindung von  Drahtenden  1154. 

Wurtzscher  Blitzableiter    852; 
1188/39. 


Sachverzeichnis. 


1231 


Yverdon  (Schweiz)  402,  404. 


Zihler  (fflrden  elektrischen  Strom) 
278,  1050,  1196,  1202,  1205. 

Zähler,  Höchstverbrauchs-  1202, 
1205. 

Zahlertarife,  Die  —  1186,  1198. 

Zeitrelais  bei  Selbstschaltern  1049. 

Zinsfuss  für  das  zu  beschaffende 
Kapital  266. 

Zodelscher  Gitterschieber  458, 962, 
969. 

Zoelly-Dampfturbine  284. 


Zogno  am  Brembo,  Kraftwerk  bei 

—  (Italien)  1113. 
Zogno-Brembo,    Fernleitung   des 

Kraftwerkes  bei  -  Uli,  1121. 
Zschokke  C,  Ausgeführte  pneu- 
matische Fundierungen  von  — 

25,  488,  447,  478,  577. 
—  Zahlenangaben   von   —  Aber 

die  Kosten  von  Druckluftgrfin- 

dungen  685. 
Zufrieren  eines  Werkkanals  136, 

885. 
Zündung  bei  Gaskraftmaschinen 

312. 


Zündung  bei  Dieselmotoren  316. 
—  bei  Motoren    mit    flüssigem 

Brennstoff  815. 
Zuppingersches  Rad  7. 
Zwangsenteignung,  Die  —  (siehe 

Enteignung)  81, 85, 38, 50, 53, 56. 
Zwangsgenossenschaften,  Die  — 

32.  50,  54,  56. 
Zwangsverpflichtung,  Die  —  zur 

Duldung  von  Anlagen  31. 
Zweitaktmotoren,  Die  —  311. 
Zylinderschützen,  Die  — •  867. 


1232  Berichtigungen  und  Ergänzungen. 


Berichtigungen  und  Ergänzungen. 

S  25.        Es  ma88  heissen  Cipolletti  anstatt  Cipoletti. 

S.  102—104.    Das  Resultat  der  Schätzung  der  verfügbaren  Wasserkräfte  für  das  Grossherzogtam 

ist  nach  den  im  zwölften  Heft  der  „Beiträge  zur  Hydrographie  de»  Grossher- 
zogtums Baden"  —  herausgegeben  von  dem  Zentralbureau  f Qr  Meteorologie  und  Hydrographie 
—  veröffentlichten  Mitteilungen  zn  klein.  Aof  Baden  werden  vielmehr  bei  neunmonatlichejn 
Wasser  einschliesslich  der  Rhein  Wasserkräfte  ca.  250000  PS«  zn  rechnen  sein. 

S.  242.  In  den  Kosten  ad  5  Spalte  7  sind  ca.  725  000  Mk.  enthalten  für  Erwerb  von  Terrain,  welche» 
zum  Wiederverkauf  bestimmt  ist. 

S.  591.      Es  mnss  heissen  Taf.  XLIX  Fig.  8, 4  und  6  und  Taf.  XL VIII  Fig.  7  anstatt  Taf.  XLIX  Fig.  3. 4. 6. 7. 

S.  648.  In  den  letzten  Jahren  haben  die  Walzenwehre,  wie  sie  von  der  Brflckenbauanstalt 
Gustavsburg  b.  Mainz  z.  B.  im  Main  bei  Schweinfurt  (1903),  in  der  Mangfall  bei  Kolbermoor 
in  Oberbayern  (J905),  in  der  Brahe  zu  Brahnau  bei  Bromberg  (1905),  in  der  Becwa  bei  Troubek 
in  Mähren  (1905)  erbaut  sind,  viel  Beachtung  gefunden,  da  sie  sich  im  Betrieb  bewährt 
haben. 

8.  742.  Für  Prenssen  gibt  ein  Ministerial-Erlass  vom  24.  Mai  1907  Anleitungen  für  den  Bas 
und  Betrieb  von  Sammelbecken,  Zeitschr.  f.  d.  ges.  Wasserwirtschaft  1907,  S.  218. 

S.  872.  In  der  Ableitung  von  Näherungs-Formeln  für  den  wirtschaftlich  günstigsten  Querschnitt F 
eines  Werkkanals  sind  zur  Vereinfachung  der  Rechnung  der  Beiwert  c  und  der  hydraulisch« 
Halbmesser  R,  obwohl  beide  vom  Querschnitt  F  abhängig  sind,  zunächst  als  konstant  Ange- 
nommen weil  die  Bestimmung  des  Wertes  c  an  sich  unsicher  bleibt  und  sich  R  bei  einer 
gewählten  Profilart  immer  nur  um  kleine  Werte  ändert,  selbst  wenn  es  sich  am  gross« 
Änderungen  der  Zahlenwerte  für  F  handelt. 

S.  885.      Die  Näherungsformel  (9)   muss  lauten  D  =  f/gii^8 ' a ' 100Q  '?  -  * ' k* _  wobei  an- 

*  l  K  15*sc*.yi.p.e[%'  +  isa(D'-D)] 

näherungsweise  für  D  im  Nenner  des  Ausdruckes  unter  der  siebenten  Wurzel  der  zuerst  für  D 

nach  (8)  ermittelte  Näherungswert  einzusetzen  ist. 

S.  1100.    Es  muss  im  Beispiel  der  Wert  für  y,  =  0,0089  anstatt  0,0098  heissen,  wodurch  sich  das  zahlen- 

massige  Ergebnis  etwas  ändert. 
S.  1179.    Es  ist  zu  beachten,  dass  beim  Drehstrom-Vierleitersystem  die  Spannung  zwischen  den  Aussen- 

leitern  |/^3x  120  Volt  beträgt,   wenn  die  Spannung  zwischen  einem  Anssenleiter   und  dem 

Null-Leiter  120  Volt  ist  (vergl.  S.  1069). 


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